HANDBOUND
AT THE
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UNIVI RstTY or
TORONTO PRESS
DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
VIERTEN BANDES ZWEITE ABTHEILÜNG.
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DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
VON
JACOB GRIMM und WILHELM GRIMM.
VIERTEN BANDES ZWEITE ABTHEILUNG.
H. r. j.
Bearbeitet von Moriz Hey.ne.
LEIPZIG
VERLAG VON S. H I R Z E L
1877.
■4
Druck «on J. B. Hlnchfeld In Lalpilg.
VORWORT
oeit 1867 ist meine thätigkeit dem GRiMM'schen
uörterbuche gewidmet, anfangs neben eigenen arbeilen,
später derart ausschlieszlicli, dasz ei.i;enes vollständig
zurückgetreten und auf unbestimmte zeit hinaus ge-
schoben ist. nach einem Zeiträume von zehn jähren
lege ich nunmehr einen abgeschlossenen band vor.
CS ist schmerzlich zu empfinden, dasz die treuesten
äugen, die auf dem werke geruht und es mit war-
mem interesse hegleitet haben, sich schlieszen musten,
hart bevor dieser band vollendet war. Salomon Hirzels
antheil an ihm ist ein über gelegentliche beisteuer von
citaten weit hinausragender.
Anfangs hatte ich nur den buchslaben H zur
bearbeitung übernonmien, während die buchslaben I
und J herrn professor Licae in Marburg zugefallen
waren, als dieser jedoch, nach fertigslellung der
arlikel I bis ICH (sp. 2003—2024), sich leic^er ge-
nöihigt sah, von der arbeit zurückzutreten, habe ich
dieselbe weiter geführt.
Die in diesem bände enthaltenen arlikel sind das
ergebnis verschiedener Stimmung, verschiedenen kön-
nens und Wissens, und ich kann nur wünschen, dasz
das gebotene gute ausreichend genug befunden werde,
um das weniger gelungene nachsichtig heurtheilen zu
lassen, im ganzen bin ich bestrebt gewesen, mich
von jenem umfang der arbeit nicht zu weit zu ent-
fernen, den die brüder Grimm seit dem zweiten bände
des Wörterbuchs selbst festgesetzt haben, und nicht
zu vergessen, dasz dasselbe nach Jacob Grimms worlen
fvorrede zum 1. bände s. Xlll) auch ein farailien-
buch sein soll.
Ein qu'^llenverzeichnis wird diesem bände nicht
beigegeben , weil andere bücher, als die welche in
den bisher zusammengestellten aufgeführt sind, kaum
benutzt wurden.
Basel den 16. april 1877.
MORIZ HEYNE.
H.
Der achte buchstabe des lateinischen, souie des goth&ehen alpha-
bets (in letzterem auch mit dem zahlwerte S), der siebente des all-
nordischen runenalphabets ; in dem enieiterlen ags. rvnenalphabete
nimmt er die neunte stelle ein. das h ist der jetzigen hochdeut-
schen spräche theils der reine hauchlaut (das h ist ein scharpffer
athem, wie man in die bende haucht Ickelsamer jramm. B 1*),
theils hat es gar keinen phonetischen wert mehr, insofern es {z. b.
in sehen, wehen, ziehen, blühen, hoher, floh) stumm geworden
ist, theils steht es oft nur als zeichen der dehnung eines vocals,
nicht einmal mehr mit etymologischem werte, der bucMabe ist
nach seiner enttrickelung und gellung kurz vorzuführen.
l) reiner hauchlaut von den ältesten zeiten her ist vorhanden
in den mit h anlautenden echten inier jeclionen, also in ha, haha,
ho, hn, huss, bum, in aha, ahi «. a. auch das allindische zeigt
die gleichen naturlaule auf: ha, hahi, ahahA, ahe, aho; der
Grieche lacht a a und der Lateiner ha ha he ; unserm oho gleicht
bei den römischen komikern eho und unserm hna, hum der-
selben hem.
Femer ist h ursprünglicher hauchlaut da, wo er überflüssig voca-
lisehem anlaute vorgetreten ist. wie diese erscheinung schon in den
ältesten hochdeutschen zeiten auftaucht (huns, za habande für
uns, za abande Hymn. 17,3. 18,1; reichliche andere beispiele
bei Weinhold alem. gramm. 193. bair. gramm. 192), so zetgt sie
sich auch, obwol im ganzen selten, in der nhd. Schriftsprache,
für mhd. eischen hat sich schon seit dem 14. jahrh. heisciicn
ergeben; helfenbein für eifenbein als eine bereits im mhd. ge-
brauchte und bis ins 17. jahrh. dauernde form ist 3, 413 ange-
führt; haberraiite ist aus abrotanum geworden, neft^n aberkiaue
ist baherklaue gebräuchlich, wie für eidechse auch heidechse
gilt; und dasz bückel und heikel von eckel, e\t\ nicht zu tren-
nen ist, wird unter diesen Wörtern besprochen, die mundarlen
weisen mehr der fälle auf. so sagt der Baier henchel, henkel
für enkel knüchel, der Schweizer beigen für eigen haben, und
in vielen theilen Deutschlands lautet der fremde abschiedsgrusz adieu
ade hadjes, hadje; bei Hadpt 1,25 ist darauf aufmerksam ge-
macht, dasz eine im friesischen vorkommende nebenform zu, atha
vater mit anlautendem AaucAe heil ha heita dem jetzigen hessüchen
heite, häte vater gleicht; aus Mecklenburg : bi'n pohlsches hulah-
nen-regiment Recter festungstid 10; andere beispiele aus West-
falen bringt Woeste bei in Fromm, zeitschr. 5, 345. — In einem
falle ist dagegen h an einem eingebürgerten fremdwortc gewichen,
an uhr aus lat. bora, s. unter bor. vgl. femer das 3, 52. 692 zu
ehr, er für hh, her dominus und er für die partikel her bemerkte.
Dasz der hauchlaut h ein ursprüngliches s vertritt, wie der grie-
chische Spiritus asper, ist eine wol nur auf die bairischen mund-
arlen eingeschränkte und wenig häufig vorkommende erscheinung:
hänt sie sind atis fiiederöslerrrich und andere verzeichnet Fromm.
5,106. 3,107. Weisbold bair. gramm. \92.
21 unser h ist zu dem jetzigen hauchlaute atis einem reibelaute
geworden, welcher aus dem indogermanischen k entstand, wahr-
scheinlich durch die aspirata kh hindurch gieng und schon im go-
thischen als h sicli zeigt, doch wol, icie auch später noch, mit
etwas anderer ausspräche als bei uns, die unserm ch näher kam.
möglicherweise ist die aspirata kh = goth. h noch den merovingi-
sehen Franken gerecht gewesen, die dafür die Schreibung ch ge-
währen ; man vcrgl. Childebert = Hildebert, chreo-mAsido leichen-
diebstahl der malbcrg. glosse mit goth. hraiv, ahd. hreo cadaver;
chengisto hengst ibid. mit ahd. hengist; ücho rieh ibid. mit
goth. faihu. ahd. fihu.
Der verlauf dieses h ist nach seiner sUUung im anlaut, inlaut
und auslaut zu ermessen.
IV. II.
a) anlautendes h = jo/A. h, indogerm. k. die ausspräche die-
ses lautes musz je nach ort und zeit schon im althochdeutschen
geschwankt haben, auf einen harten reibelaut weist es hin, wenn
b für ch stehen kann, wenn also brefti für chrefti, harag für
charag geschrieben wird, der name eh. den der buchslabe h in
Pariser glossen führt (erus magis per h scribitur, maer duruh
eh scripan Graff 4, 6S3) bestätigt diesz, denn nur wer den laut
mit rasura gulae sprach, konnte ihn eh nennen, wer ihn hauchte,
brauchte den namen ha. auf der andern seile spredien für schon
frühen Übergang des reibelaxttes in den hauchlaut der umstand,
dasz h oß einem mit vocal anlautenden worte überflüssig vor-
trat (s. oben), so wie der, dasz die anlautenden Verbindungen hl,
hr, hn, hw sich schon frühe in einfaches 1, r, n, w wandeln,
so wird hladan zu ladan, laden, hros zu ros, ross, bnigan zu
nigan, nigen, huer zu wer; nur in einem sichern falle hat sich
von der letztem Verbindung das h erhallen, weil der folgende
labial sich frühzeitig vocalisierte : ags. hvösta ist ahd. huosto und
unser husten.
b) im in- und auslaut tauchen seit den ältesten historischen
Zeilen unserer spräche zweierlei li auf. etymologisch einem indo-
germanischen k entsprechend ist es in ahd. zehan, goth. taihun,
lat. decem , in zioban, goth. tiuhan, M. döcere. ahd. skuoh.
goth. skühs schuh u. a. die frucht einer assimilalion ist es in
der Verbindung ht, trenn dieselbe nicht indogermanischem kt ent-
spricht {wie in ahd. naht, goth. naht-s, allind. naktam), sondern
aus gutturale und dentale geworden ist, so in goth. mahfa, ahd.
mohta, welches für mag-da, mog-ta steht, in goth. })a!ifa, ahd.
dähta für t)ak-da, dak-ta; ahd. starhta stärkie für slarkta,
starcbta «. a. dieses ass^milirte bt besteht ebenso wie das echte
in gleicher Schreibung durch das mittelhochdeutsche hindurch, ist aber
seit dem 15. jahrh. zu cht geicorden. — Zu diesen beiden arten
von h tritt nun noch im ahd. ein drittes in mihil grosz, zeiban
zeichen, pouhan Signum, joh joch, welches indes nur mehr ver-
einzeile Schreibung für mihhil michil, zeihhan zeichan, pouhhan
pouchan, joch Ut, in der rauheren ausspräche des b, die dem ch
nahe katit, seinen grund hat, und elymologisch nicht auf indogerm.
k, sondern auf goth. niederd. k, indogerm. g zeigt, dieses h für
ch, wie es sich nie allgemeiner hat festsetzen können, geht zu gun-
slcn des letzleren bald wieder unter, wenn auch noch spät spuren
davon anzutreffen sind, z. b. steht gmahet für gemacbet bundsch.
42 ; es hat aber noch in einem beispiele in der nhd. spräche nach-
gewirkt, in geruhen, ahd. ruohhan curare, welches wort im alt-
sächs. rükjan, ags. recan lautet, wo also das h ein ursprüngliches
ch, niederd. k vertritt.
Das inlautende echte, nicht aus anderm laute assimilierte h ist
nun im nhd. theik geblieben, theils zu einem andern laute gewan-
delt, geblieben, aber stumm geworden zwischen zwei vocalen und
rorr, !, ra, n: nahe, schwaher, zebe, sehen, geschehen, leihen,
ziehen, geflohen, schuhe, ähre, zähre, stahl, zehn, trähne ; in
oheim tönt es noch, in der verkürzten nebenform ohm nicht, vor
s und t ist, gerade entgegen ahd. mhd. brauche, für h Schreibung
und laut ch eingetreten : ahd. naht — nacht, ahd. nähist — nächst.
ahd. dehsala fcei/— dechsel, dihsala — deichsei ; goth. aübsus, ahd.
ohso, m/irf. ohse — ochse; aÜs.ahd.WohX. m/id. lieht — liecht. licht;
9«/A. icihls, ahd. liht — leicht. — Beachtung verdienen Übergänge
eines alten echtai h in g. die niclit mit einer gewissen regelmäszig
keit erscheinen, sondern sich auf einzelne worte oder wo<-tfamilien
beschränken, aber all sind. goth. gan6h-s genug mit seinem ver
bum ganübjan t-<:( ags. schwankend genüh und genug; ahd. ga-
nuog , ginuogan , doch blickt das alte h noch hindurch in der
Schreibung ginuoch (Graff 2, 1006), wie es sich in dem von Hner
1
H
H
Wurzel stamtnenden rerbutn ganah es genügt, goth. ganab, ags.
geneah «■AaÜen Au/, mbd.nur genuog, genuoc, genüegen, nlid.
genug, genügen, flüssiger als in diesem worle ist das verhällnis
zwischen h und g geblieben in schwäher, altd. swühur, inhd.
sweher (lat. socer) und schwieger, alid. swigar, ni/irf. swiger;
Schwager, mhd. swäger. einige starke verben mit wtirzelauslaut h
lassen denselben bald mehr, bald weniger fidußg in g wandeln:
gegenüber golh. slalian, praet. sloh, slöhuin, pari, slahan-s ist
im ahd. sowie im altniedcrd. zwar noch in den prdsensfornien h
erhalten in slahan schlagen, slah plaude, arslabit occidü, irslahe
interficiat, aber die präteritalformen haben g angenommen: sluog,
wofür nach den attslautsgeselzen auch sliiüc {neben sluoch) gilt,
sluogun, pari, gislagan; uns ül das g auch ins präsens gedrungen :
schlagen, ich schlage, schlug, geschlagen ; aber präsentiale formen
mit h hallen sicli noch bis ins 17. jahrh. Luther gewahrt den
inf. schlaiien 1 Mos. 8, 21. 2 Mos. 9, 15. 12, 12 u. ö., die form
ich schlahe 2 Mos. 12, 13 neben schlage 1 Sam. 17, 9 ; du schlechsl
5 Mos. 7, 2 neben schlegst ps. 3, 8, schlej;t 2 Mos. 21, 12. 15.
imp. schlag 2 Sam. 1, 15 ; 6. Waluis wiitu dich schlahen 111,
3,13, art schlecht nicht von art IV, 3, 25; das h fällt aus: zu
boden schlan (: abe län ablassen) Opel u. Coiin 344, 207 ; selbst
in der participialform geschlan (ibid. 262, 64), was auf früheres
geschlahen für geschlagen hinweisen kann, der Wechsel zwischen
h und g i'rt diesetn verbum ist auch den heutigen mundarlen noch
eigen: osterländisch schlahen und schlan, imper. schlag und
schlä; so auch schwäbisch schlag schlage und schlä, schlechst
du schlägst oder schlaist, inf. schlage und schlä Fromm, 2,113.
weniger durchgedrungen als bei diesem verbum ist der gleiche Wech-
sel bei ziehen, golh. tiuhan, praet. tauli, tai'ihum, pari, taühan-s ;
im ahd. entspricht ziohan, praet. zöh und zog, zuguin, pari, zogan
gazogan. wir haben das h in den präsensformen gerettet ziehen,
Jn den prälerilalformen hat sich g fest gesetzt zog, gezogen, wie-
der nicht olme ausnähme; in dem studentcnliedc 'das jähr ist gut,
braunbier ist geraten begegnet
da thu ich vor freudcn die mutze abziegen (: vergnügen),
und bei B. Waldis steht zoh für zog IH, 29, 1, zohe II, 27, 50.
III, 8, 10; auch später noch: durch diesen discurs der sich weit
auf ein mehrers erstreckte und auseinander zohe. Simpl. 1,
229 Kurz. Luther hat die form zoch Marc. 12, l. 13, 34 u. ö.,
in einigen ersten drucken findet sich auch zog; ich zoch meine
schuh wieder an. Simpl. 3, 328 Kurz, nominalabkilungcn haben
teils b teils g: ziehe educalio, ein kind in die ziehe geben,
oier zeug, zeugen, zug, Zügel, welches letztere worl ahd. schwankte :
zubil und zugil. — Gegen diese verben hat fliehen, ahd. fliohan
sein h rein zu erhalten gewust , ungleich dem ags. brauch auch
hier in den prälerilalformen den wurzeluuslaut zu g zu wandeln,
wodurcli die formen flugon, geflogen formell denen von fleogan
fliegen gleich werden, nur mundartlich erscheinen von geschehen
formen mit g: es is ^mal geschegen sagt vian im Ostcrlandc;
und das das geschege Stolle thür. chron. 115. gedeihen hat
sein wurzelhaßes h wieder hergestellt, wir sagen es gedeiht, es
gedieh, gediehen, «ras dem mhd. dihen, dech, digen, gedigen
gegenüber steht; teste des mhd. brauchcs reiten sich in das. nhd.
hinüber: welches ihn da'rum nicht besser machte oder ihm
zur Warnung gedige. Simpl. 2, 154 Ktirz; das alle pari, gedigen
verwenden wir als gediegen heute als adjediv und trennen es vom
pari, gediehen auch der form nach.
Auslautend duldete das mhd. kein b , sondern setzte es in ch
um, wodurch das lelzlere sowol der Vertreter eines golh. h als auch
eines goth. k wurde, das nhd. hat gestrebt, das auslautende h
wieder in sein altes recht zu setzen ; es ist ihr meüt, niciU immer,
gelungen: nichl in hoch, goth. bauh-s, ahd. höh, mhd. hoch,
gegen hoher, mhd. höher; Jn doch, yoth.\ia(ih, noch go//». nauh;
die präp. nach steht neben dem ad), und adverbium nahe, nah,
golh. n^bva. auch hier lange schwankendes nachklingen des mhd.
brauchs: floch {floh) i Sam. 4,10; der imper. fleuch findet sich
noch bei GorreR (1,13 gegen fleub Weckherlik 815); und sich
ineh) da» niemand zu dir kumb B. Walois I, 24, 0, rauch
rauh III, 14, 9, schucb schuhe IV, 69, 95, h.lndHchnch Garg.
281' gegen schuh ibid. ; dasz ihm die schurhsohlen liUtlen herun-
ter fallen mögen. Simpl. 3, 72 Kurz, in durch haben wir dir
mhd. form behalten {ijolh. })airh, ahd. dunili) , in niabrc et/uus
Ml das ichliesiende b untergegangen: ahd. marah, ags. roearb,
mhd. marcb.
Wo nun im nhd. auslautend das alte rtymohjisch berechtigte b
wieder ericheint, ist et stumm: sieh, »ab, geschah, der ich,
verzeih, vieh, floh, icbub , raub, die Volkssprache Idtzt jedoch
hier gewöhnUth, in fortiettung der mhd. gewotinheit, das b als ch
lauten und sagt sich, er such, es geschach «. s. w., und auch
die spräche des gebildeten verschmäht die form viech nicht, wenn
sie damit eine komische Wirkung erzielen will.
Aus- oder abfall hat h erlitten in scheuen , mhd. schiuhen,
gegen das Iransilivc scheuchen , welches sein h zu ch gewandelt
zeigt; in scheu, abscheulich, scheusal; ferner in bcfehl, be-
fehlen , golh. bifilhan , ahd. bifelahan , für welche beide Wörter
bis ins 17. jahrh. die form befelch, befelchen gebräuchlich war
(1. 1251—55 , das im inlaute beider wOrtcr stehende h kann für
nichts als ein dehnungszeichen genommen werden), in scheel und
schielen , ahd. scciah und scilaban , bair. noch scbelcb und
schlichen (Schm. 3,352), mähre equus wurde schon genannt.
c) besonders häufig hat sich h im nhd. in bildungssilben an
stelle anderer spirantischer laute ergeben ; meist des j: m/id. blsejen,
blüejen, brüejen, brüoje , draijen, vrücje, glücjen, krajjen,
ma;jen, müejen , na;jen , wajen ist nhd. zu blühen blühen
brühen brühe drehen frühe glühen krähen mühen mühen
nähen wehen geworden, dieser Übergang aber von '] in h ist be-
reits von lange her, schon seit ahd. zeit vorbereitet: neben ahd.
blajan geht blähan in arplähant (Graff 3,235), neben blojan
blohan , bluoban , »lefcen muojan muohi mühe (2, 602), mlid.
wechseln müejen, müehen, müewen mit einander und für vrüeje
findet sich auch vrüehe, wie überhaupt der wedisel der bildungs-
laule j b w weil durch die deutschen dialccle greift, das nhd.
kennt diesen Wechsel nicht mehr, ihm ist, wie eben gezeigt, nur b
gerecht oder der bildungslaul ist ganz ausgefallen wie in säen gegen
ahd. säjan sfthan sdwan. Vertreter eines w i.'!( ahd. h in ruhe
ruhen, mhd. ruowe ruowen; ferner in froh, mhd. vrö, vröwer,
neben welcher letzteren form sich doch auch schon mhd. der acc.
frohen findet (BeiN. 3, 414"). zweifelhaft ist es ob in ehe matri-
inonium das h hierher gehört und Vertreter eines alten w ist, ahd.
cwa, wofür Notker die form eha aufweist; 3, 39 ist dies Ver-
hältnis geläugnet tmd das h des Wortes nur als dehnungszeidien
genommen worden, nhd. webe ist vielleicld doch von dem mhd.
subst. wfiwe schmerz nicht zu trennen, wofür md. die form wMie
gebraucht wird. — Im 16. jahrh. finden sich noch mehrere alte w
durch b, und zwar im auslaute vertreten: Luther schreibt kalb
calvus, mM. kal kalwer (Micha 1, 16) ; falb, ahd. falo, falawer,
doch neben falb, in welcher form sich das alte v/ zu b erluirtel
rettet (o/fenb. 6, H) ; melh, mhd. mel, melwes: ein epha unge-
seuerts melhs richter 6,19; das ungeseuert melh 21; bei die-
sen Wörtern tritt das b später 7iur als dehnungszeichen in den in-
laut, gerade wie bei befehl, befehlen, s. oben, umgekehrt findet
sich ein altes ableitendes h in b gewandelt, was aus w verhärtet
ist; für scheel (schelh Aghic. spr. 29' ausg. v. 1560) schreibt
Maaler schälb, uberzwerch 345*, scbelb ansähen 349'.
3) h als dehnungszeichen. seit den ältesten hoclideutsclien zeiten
ko7nmt es bisweilen vor, dasz Schreiber einem worle ein h einfügen,
welches keine etymologische bereclUigung hat. manchmal stellt es
ganz ohne ersichtlichen grund, tlieils nach einem unzweifelhaft kur-
zen vocale wie in magahl-heüi, kiduhlt (\\ EinuoLD alem. gramm.
199), Iheils sogar zwischen zwei consonanlen, z. b. in Liutmunht
für Liutmunt (verbrüdcrungsbuch von St. Peter 43, 3); öfter er-
kennt man die absiclit, durch den hauchlaul die dehnung eines vo-
cab anzuzeigen: deohmuati , bühs (Weinh. a. a. o.). dieses
überflüssige h ist bis zum 14. und 15. jahrh. noch nicht häufig:
erst im 16. wird es sehr gewöhnlicli in der absieht verwendet, die
länge des vocals dadurch anzuzeigen, die Stellung des h ist hier-
bei oft willkürlich, teils vor, teils hinter dem vocale , dessen deh-
nung angezeigt werden soll; es begegnen die Schreibungen nehmen
und nbenien, jbar und Jahr, rabt, rhat und rath, nubr und
nhur für nur. schan im 16. jahrh. regelt sich der gebrauch die-
ses dehnungszeiclicns, das übrii/ens nicht mit consequenz, sondern
nach der laune des Schreibers ebenso gebrauciit wird, wie die Ver-
doppelung eines consonanten um dadurch die kürze des vorher-
gehenden vocals anzuzeigen, dergestalt, dasz es hinter dem betref-
fenden gedehnten vocale seine stelle erhält, ein rest des frühem
brauchs, es vor den.selben zu stellen, ist uns bis auf heute ge-
blieben in der sdireibung tb, das, wie man weL<z, mit dem nieder-
deutschen und englischen tti nichts zu lliun hat, sondern einfach
willkürlich die hochdeutsche tenuis t vertritt: unser tbat itl gleich
taht und soll nur tat ausdrücken, ebenso wie thun, thor, (biire
nur für lAn, tör, Iure stehen, es wäre befser, wenn wir die.ir
Schreibung ganz fallen lieszen , um so mehr , als .«V ohne allen
sinn (jucÄ in den fallen einrisz, wo ihr diphthong folgte, also ein
vocal, dessen hnge nicht besonders bezeichnet jh werden brauchte.
in Ihau, thcuer, Iheil, thier, oder wo ursprümjliche kürze blieb,
z b. in Ihnnn, oder zwischen zwei consonanlen . wie in thron,
H— HA
HA— HAAR
tbräne (tro die Schreibung trähne uegen der elymologie, allsdchs.
tralian , berechtigl isl\ , oder endlich im in- und auslaute nach
roraufgeganqenem consonanten, in nirth, bewirthen, wirthschafl.
man hat gleichlautende Wörter verschiedener bedeutung, die, von
verschiedener abslarnmung, erst im laufe späterer sprachwandlnng
lautlich zusammen flössen, pedantischer tceise durch die Schreibung
geschieden: thau ros schreiben trir mit th {mhd. tou) . das aus
dem niederdeutschen aufgenommene lau funis mit einfachem t ;
tlion argilla mit Ih, ton sonus ohne solches; und doch hol noch
niemand gefürditet ein thor siultus werde mit Ihor porta ver-
wechselt werden können. — Das in- und auslautende th dieser
art scheint sich eher abschütteln zu lassen als das anlautende, be-
reits seit längerer zeit machen sich Schreibungen wie mut, miete,
wirt, Wirtschaft in büchern und Zeitungen geltend; die Schrei-
bungen bluth {sanguis) geblüthe , die in Schriften des vorigen
Jahrhunderts mehrfach begegnen, haben nie festen fus: fassen können.
In einigen fällen hat dieses dehnungs-h eine eigentliche silben-
zerdehnung herbeiführen können; in den verben gehen, stehen,
mit ihren präsenlialformen ich gehe, du gehest, wir gehen, ich
stehe, du stehest, wir stehen, gegen das ahd. gdn, stän, mhd.
gen , sten , ich ge, ste , wir gen, sten ; ferner in ehe prius,
mhd. e, vergl. 3, 36. 38. ehe maitimonium und wehe dolor sind
zweifelhaft, s. oben, solche siWenzerdehnung scheint von Mittel-
deutschland ausgegangen zu sein, und Lcther, der sie getcöhnlich
anwendet und sie in die nhd. Schriftsprache eingeführt hat, fuszt
hierbei augenscheinlich auf düringischevi brauche; es finden sich
hierfür beispiele aus dieser landschaft bereits aus dem 15. jahrh.,
meist zwar nur vor r: die Statuten von Sordhausen gewähren &ne
vahere ohne gefahr, zeitschr. des sdcJis. thür. altertumsvereins VI,
2, 56 ; Stolle hat : die wile der werder gewonnen wehere
{wäre) s. 96 ; wehere geldes und gutis gnug in der stad Nusz
ibid. ; sie hetten mehir {mehr) gewonnen ibid. ; weiten nicht
meher storme (stürmen) 73; aber auch anderweit: alle blibcn
stehen 65 ; under dem wasser gegeben 67 ; lissen die dorumb
gehen 71; das stebit 104, gegen das stet gleich darauf; nu
merket mehe ( : sehe) 112. da nun derselbe chronist auch weiie
schreibt: tbad on (j7i;ien) also wehe 6S, hatte on gar weiie
gethon 87, so giebt diesz freiiich eine Vermutung ab, dasz auch
hier eine solche siWenzerdehnung vorliege.
HA, ausruf, der in grösler allgemeinheÜ einem plötzlichen aus-
bruche menschlichen gefühls ausdruck leiht, alles uns beuegende
unerwartete, ein plötzlicher einfall, freude, schreck, abscheu, Un-
willen, ausbruch des stolzes oder des hohns, läszt nach äneni
momentanen anhalten des atems den hauch scharf aus unscrm
munde entströmen, meist unter voller Öffnung der mundhöle, welche
den vocal a erzeugt, andere rocale treten dem hauchlaute hinzu,
wenn sie das unerwartete, plötzliche, näher charaäerisieren ; so
malt hu den schauder, hei das scharfe eindringen auf den gegner
bei streit und kämpf, he und ho den gri^ern, mmf unwilligen
ruf. das herzliche, volle lachen trird durch das reduplizierte haha,
hahaha gegeben, während das feine kicliern hihi bezeichnet, mäd-
chenhafter schreck aber oder weibische Verwunderung in dem ein-
fachen hi seinen ausdruck findet, alter oder grobes bäurisches
wesen dem der reine laut a schwer wird, nimmt für ha hä
und lacht hä hä oder he he. — in den partikeln aha, abi
(l, 190. 191), bei denen der ton auf der zweiten silbe liegt, ist
das anlautende a nur als reiner vorscldag aufzufassen.
ha gilt 1) als allgemeiner ausruf bä etwas plötzlich auf uns
eindringendem, uns überraschendem, sowie bei einer plötzlichen
idee, einem plötzlidien entschlusse, wobei, um den verstärkten ein-
druck zu schildern, auch die reduplizierte form erschaut: ha
vatter, was thut ir! Aimon bog. g; ha dachte ich bei mir
Selbsten. Jucundiss. 209 ; ha ! nun fallt mirs ein ! Wieland 11, 219 ;
ha! meckerte der bock, nichts kann gescheidter sein!
bei meinem bart! mir fiel der streich nicht ein.
Hagbdor!« 2, 20;
was seh' ich, ha! Kotzebce dram. spiele 2, 305;
ha ha! nun besinn' ich mich, rief Pedrillo. Wielasd 11, 221;
was heiszt es denn, sprach drauf der knabe,
rfasz ich fast nichts erkennen kann?
ha ha, nun fällt mirs ein, was ich vergessen habe,
mein vater langt es anders an. Grllert 1, 211;
sie schweigt und gräbt getrost — ha ha, nun klingt es bohl.
1, 214.
als interjedion gegenüber einer unerwarteten oder audi unverstande-
nen frage oder anrede kommt ha und hä ror; hä, he, gleich-
sam: was sagten sie? in schlesischer mundart Holtei schles. ged.
147; ha tn Kärntiien und B(üem Lexer 129, Schneller 2, 127;
Sc. ach! doctor: hä? Sc. (mit verstdrIUer utimme) ach!
doclor. was war das? Göihb 11, 175.
2) als ausdruck eines freudigen gefühls:
ha! spricht er {der fuchs) sei gegrüszt! Hacedors 2, 121;
hört von meiner auserwählten,
höret an mein schönstes lied!
ha! ein lied des neubeseelten
Ton der süszen anvermählten
die ihm endlich gott beschied. Borger 2, 76.
so giebt ha schon in einfacher, meist aber in wiederholter Stellung
das lachen wieder:
ha! lachte der kaiser, Tortreflicher baber!
Borger abt v. St. Gallen.
ha hae, hahaha interj. gauditiva. liber ordinis rerum von
1429, 31*; haha da geht es volle wol. Garg.Bl'; Crolus: ha
ha he! Witzel: wes lacht ir? Alberls wider Witzeln Ls';
da fieng der tüffel an lachen ha ha ha und sprach . . Keisers>
BEBG Sünden d. m. 24'; gelt mein guter herr Barthold, ich
habe sie einmal rechtschaffen angeführt, ha! ha! ha! Moser
9,132; ha ha ha! ich lache ja. Lessisg 1,577; ha! ha! ha!
zum kranklachen. Fr. Müller 2, 112; bahahaha! die arme
gnädige frau. Engel i)iaman< 131. auch hä! hä! bä! mit dem
teufel nehmen wir es auch auf. Kotzebce dram. spiele 2, 330 ;
hä! hä! hä! hä! warum so hitzig. 1,23.
Die interjedion in dieser anwendung schon früh; so altfries.:
da spreeck di koningh Kaerl : ha ha, dat land is myn, ende
hlackade. Richtbofex 439, 16.
mhd. friunt, ich erkenne ouch daz, bähä, bähä, bäbä.
Waltbkr 3>, 4.
3) ausdruck des stolzes, Selbstgefühls, ei fers, mutes:
les ich aber deine briefchen
und gesänge,
ha! wie werd ich stolz und stumm!
GöcKiscK lieder zieeier lieb. (1779) 103;
ha, ich bin der herr der weit! mich lieben
die edlen die mir dienen. Götbs 2, 89;
ha! eher mnsz sich des tvrannen stahl
in dem zu lange schon gesparten blute rötben.
Alxinger Dootin 9, 63;
ha! brummt er, dir will ich das handwerk zeitig legen 1
geschmeisze, wiszt ihr, wer ich bin? Hagedorn 2, 3S.
4) des spotto!, hohnes:
ha! wie will ich dann dich höhnen! Schiller 10*;
auf ihren bauchen lagen sie,
und baten leben, ha! Gleis.
ö) sehr häufig schrecken, abscheu, zorn, Unwillen malend: die
andern teufein laufen all aus der helle und schreient 'ha ha
ha', fastn.-sp. 492, 13: sprach er im gantzen zorn Mia vatter
was thut ir'. Aimon bog. e; ha! sollen sie mir die fürchter-
liche stunde ankündigen. Gotter 3,29; ha! barbar 87;
ha, ihr bunde, ihr wähntet ich kehrcte nimmer zur beimat.
Odyssee 22, 35 ;
ha, ich hefte zu strafen an Alexandros die untbat. llias 3,366;
ha sieb! ha sieh! im augenblick,
huhu! ein gräszlich wunder!
des reiters kolier, stück für stück,
fiel ab, wie mürber zunder. Bürger Lenore.
vergl. mhd.:
st {die bauem) riefen alle: ha ha hS,
ja du verfluochter bcpsewiht,
du treist des kindes hinnen niht.
Heinliart fuchs t. 352;
ir mofen ist alle; ha ha hö !
da; ist gein mir so vientlich. 353.
6) die interjedion ha verbunden mit der prdp. über oder mit
nachfolgendem genitiv: ha über die wonne!; ha über den böse-
wicht der mich verliesz!; ha des liebevollen barmherzigen
vaters, der seinen sobn wöIfen und nngeheuern preisgibt.
Schiller rduber l, 3;
ha, der frechen! Borger 56V
H.\AR, m. flachs, ahd. hani, gen. harawes, mhd. bar, alt-
fries. her (RicHTHOFEN SOS), altn. norweg. hör. das wort lebt
nur noch in Oberdeutschland, bair. öslerr. här Schm. 2, 224.
Lexer 134, schweizer, haargarlen fladisfeld Staloer 1,425; doch
hat es in niederdeutschen dialeden spuren seines ehemaligen da-
seins hinterlassen, in der Altmark härl "ein fäserchen, z. b. fladis'
Danneil 75, nordfries. herl geltechelter flachs Octzen 123 (Rictrr-
noFEN SOS) , welche ableitung sich eng an das kärntische härl
gleicher bedeutung (Lexer a. a. o.) anschlieszt. die dymologischcn
bezüge des Wortes sind dunkel, ob dieses haar, ahd. hani mit
dem folgenden haar crinis, ahd. här zu vermitteln ist, wie 3, 1700
HAAR
HAAR
nnqfdeutet wurde, so dass beide iporle ableitungen einer vurzel
liar seien , in der etwa der begriff des fadenförmigen beschlossen
war, mttsz um so mehr dalmyesteUl bleiben, als uns sichere ver-
gleidie aus den urverwanlen sprachen entgehen und icir über den
aiislaul des stammschlieszendcn consonanlen beider ivorte im un-
klaren sind; es erhellt niclil ob das r bei beiden oder einem von
beiden ursprünglich oder aus s gewandelt ist; die mangelnden
gothischen formen würden darüber aufschlusz geben.
Von haar flaclis zeigen das im ahd. haru, harawes vorhanden
ijewesene w der ableitungen noch bairische formen, jedoch zu h
vertuirtel, genitive tcie harbes, horbs bei Sciimeileii 2,224; das
adjectiv liürwen , herben flachsen (ibid. 225) hat sogar theilweise
den ableitenden co)isonanlen rein erhallen, gewöhnlich aber ist
derselbe, schon im mhd., abgefallen, das wort biiszt bald die ur-
sprüngliche kürze seines vocals ein und lautet dadurch glricli mit
liaar crinis: har linum, i'ulgariter flachs roc. ine. thcul. i l';
da kraut, ruhen, haar, brein, und dergleichen gebaut würde.
HoHBERG 1, 41'; mit Viehzucht, haar und Icinwathandel. 53*;
man soll im julio auf dem felde . . haar fangen {ärnten) und
pollen riffeln (die Samenkapseln abklopfen). 12ti'; das weiblein
(des hanfes\ gibt den subtilesten haar. 2, 46"; der winlerhaar
luusz in ein soramerland gesäet werden. 4"'; ein papierfetzen
erzählt von seiner Jugend, da er noch hanfstengel war: wir ge-
dachten nunmehr könne nichts mehr ersonnen werden, uns
arger zu peinigen, vornehmlich weil wir dergestalt von einan-
der separirt und hingegen doch mit einander also conjugirt
und verwirret waren, dasz jeder sich selbst und das seinige
nicht mehr kante, sondern jedweder haar oder hast gestehen
muste, wir wären gebrachter hanf. Simplic. 2, i'9 Kurz; nahm
drei riedel haar, Zingeri.e hausmärchen aus Süddeutschi. 2, IS ;
da hat nun ein jedes von euch einen riedel haar, den mögt
ihr zu euren mädlen tragen und wer seinen riedel am schön-
sten gesponnen zurück bringt, dem gehört unser höflein zu
eigen, ibid. ; auch spinnen die weiber der waldfrau ein stück
haar am rocken und werfen es ihr ins feuer, um sie zu ver-
söhnen. Grim» d. sagen no. 151 (aus Tirol).
HA.\R, n. pilus, crinis, coma, caesaries.
I. Form und verwantscliaft.
Ahd. mhd. alls. aUnord. hAr, ags. haer, engl, hair, niederl.
dän. haar, scliwcd. här; dem gothischen dialecle fehlte, wie es
scheint, das wort, er ersetzt es durch skuft oder tagl. ob eine
vorauszusetzende goth. form h^r oder hes zu lauten hätte, läszt sich
niclit entscheiden, für das letztere könnte das serb. kosa haar,
wend. kossmaty behaart, und das latein. caesaries sprechen, wenn
diese warte urverwant sind, das neutrale gesMecht des wortes im
nhd. ist zwar überwiegend, aber niclit ausschlieszlich ; tcir finden
in gewissen fällen haar ai(f/i weiblich gebraucht, und zwar in
solclien , wo das einzelne haar hervorgehoben wird im gegensalze
zu haar als dem ganzen haarwuchse, in welchem letzteren falle
das wort als mengenbegriff vom neutralen gescIileclUe nicht weicht :
darum scheren sie sich nicht eine haare um mich, frau
Schlampampe leben S; nicht eine haar anders, ehe eines man-
nes 11 ; in Düringen hört man sehr häufig z. b. bei einer haare wäre
ich gefallen. — Der plur. haar, har lidlt sich fast uneingeschränkt
im 16. jahrh., doch findet sich die form hare als ausnähme schon
früh, X. b. bei der Hätzlerin 80*, bei Luther (Mallh. 10, 30,
Luc. 12, 7), eine form, die im laufe des 17. jalirh. die oberhand
gewinnt, wn Opitz i. b. ausschlieszlich angewant, während auch
sptUere noch, wie Gryphius, zwischen haar und haare schwan-
ken; zu ende des Jahrhunderts überwiegt jedoch durchaus das
letztere, so dasx Stieier nur noch den plur. hare verzeichnet
($p. 7ö6>. die seltene plur. form här (wan sie meinen namen
hören nennen, das ihnen dnfiir die b!»r zu berg sieben sol-
len Alberc» Widder Jörg Wüzeln Ml'; her faslnachts.^picle HO,
171 erkidrt sich als umyelatUel aus ahd. hAiii urlwu li'ir (iiiA^-
4, 9S1, mhd. haerer Benecre-Müi.ler I, f. .
II. Bedeutung.
1) haare am menschen; gewöhnlich wird ultnc nälwie bezeteh-
nung nur du* koftfhaar verstanden , und et wul dann auch dem
hart rnt<iri)en gesetzt: ich Wen mir haar und barl schccren ;
haar und hart waren ihm herrifl; miinncr mit wilden haaren
und harten, preusz. Jahrbücher bd. 18 (ISO«) s. 58; und der
redentarl vi)m köpf bis zum fusi sieht die minder gewuhnliche
Tum baar bi» zu den «uhlen zur teile:
doch von den nülilr-n hi« tu dem baar
«rerd ich an eucli kein reii gewahr. TiccK kaii. Octav. I.
rergl. eine ilmliche Wendung unter baarftpilzc. bescha/fenhnl , farbr
und fvrm dt* haaret wird vulfach durch adjecltva uUlier be-
stimmt, weiches, seidenweiches, krauses, borstiges, struppich-
tes, wirres, dünne», spärliches haar; rauch, scheulzlich haar
horrida caesaries Maaler 202*, sträubichte haare hirsulae et
intonsae comae Steinbach 2, 736. vgl. mhd. din här was dir
bestroubet. Helmbrecht 625 ;
lese sind die wirren haare,
blutig sind die zarten bände. Lknau Klara Hebert VI.;
eure seidne haare und dunkle castanienlocken.
ZachahiX tayest. 34.
zerstreute haare, ein bild des Jammers, der Verzweiflung {vgl.
lll, 5):
sie liefen mit zerstreuten baaren,
mit äugen, die von ibräncu roth . . . Gellkrt 4, 127.
fliegendes haar, solches das nicht in fieclUen fällt (zerspreitel
haar passi capilli Dasyp.) : Amalia mit fliegeuden haareu.
Schiller 141 ';
schon steht, mit fliegendem iiaar um ihren weiszen nacken
die tocbtcr Uambos lion'nungsvoll
im magischen kreise. Wielafio neuer Amadis 2, 29; .
er schlang ihr tlicgendes haar um die faust
und hieb sie mit knotigen riemen. Bürcbr 61^
was Matthiae deutsch-lat. lex. (1761) 2, 204 frei zu felde ge-
schlagenes haar, capillus passus, solutus, ventis permissus nennt,
nach Kirsch cornttc. 2, 102", vergl. flughaar 3, 1S46.
Für vorzüglich schön gilt dem Deutschen goldnes , gelbes haar:
Columbine, die mein verliebtes herz schon lang mit ihren
goldenen haaren bestricket und mit ihren liebreizenden äugen
entzündet bat. das bärtigte frauenz. 94; an der einen getielen
mir nur die schwarzen äugen, an der andern die goldgelbe
haar. Simplic. v. Kurz 1,323; in Schwaben und Franken wün-
schen die baurcn-mägde einander zum neuen jähr einen
jungen gesellen in gelben haaren. Frisch 1, 337 ; er beschäf-
tigt sich beständig mit der erhaltung seiner glatlen haut, er
lockt seine gelben haare sorgfaltig . . Rarener satiren 4, 139 ;
komm Cynthius, lasz frische kränze binden
umb deiner gelben haare zier. Opitz 1, 72;
mit deinen blättern will ich (.4;jo//(/) allzeit, o mein liecbt,
disz güldne haar mir zieren. 1, S2;
der weisze hals, das goldgeraengte haar,
der roten lippen zier,
so musz man innen werden,
dasz nichts sich ihnen gleicht ... 1, 80;
die safranblume stirbt für ihrer haare zier. Fleming 183;
und ach! das güldne baar! so soll
ein paar der schönsten götlcrknaben
(sie bieszen Baccbus und Apoll)
es einst getragen haben. C. F. Wkiszb lyr. gedickte 2, 159;
die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar,
ihr goldnes gescbmeide blitzet,
sie Kämmt ihr goldenes haar. Hbimk Loreley.
es sind die rutilae comae , die neben den truces et caemlei
ocnli (Tacitus Germ. 4) einen hauptbestandtheii germanischer na-
tionalschönheit bildeten, und die Angilbert in seinem lobgedichte
auf Karl den groszen niciU vergiszl an dessen töchtem ausdrück-
lidi hervor zu heben :
1S5. fiilgiila colla nitent rosco simulaia colore,
cedit opinium etenim rediraitis crinibus ostrum ;
233. vox, l'acies, crines radinnti luce coruscant;
251. intcrea ingredilur vultu Theodrada corusco,
fronte venusta nitens, et cedit crinibtis aurum.
Ancilberti Carmen de Kuruto iinyno, bei
Pkntz nioMum. 2, 391 403.
ttcnn aber auch dem leufel im märchen goldnc liaare beigelegt
werden (wer meine tociiter will haben , musz mir aus der
liölle drei goldne haare von des teufels haupt holen kinder-
uud hausmärchen no. 29), so geht diese anschauung auf den ge-
uiltergott Donar zurück, der rot von antlitz. von haar und hart
war und an dessen stelle auch sonst vielfach der teufrl getreten
ist (mytlwl. l.il ff.). auch hängt hiermit zusammen die im
viütelaltcr aufkommende anschauung, dass der Irdger rotes haaret
ein böses herz habe:
Im was der hart und da{ hAr
bcldiu röt, tiunar;
von den »elben hirro ich »agen.
dat il valichiu herxo tragen, »'iyutoit 76,17;
rote haare und ellern holz wachsen auf keinem guten boden
sagt das Sprichwort in Düringen, vergl. auch DAN.tEil. 77 ;
•llernlioli un roinlg liar
lind up gucden urunde rar.
tRoai. e, 425 ((INI dem Udnsterlanrit) ;
HAAR
HAAR
10
rotli haar ist entweder gar fromm oder gar bös , sprkhwort
bei Kürte 2497, ueklies andrerseits noch die altnationale ansieht
tvn der schOnheil dieses haares vertritt, das rolk sehimpft einen
rotkopf einen rothaarigen teufel, auch rothaarigen spitzbub.
einem rothaarigen traut man iiiclä.
Sonst uird nach der färbe von hellem , dunklem, blondem
(hellblondem, aschblondem, semmelblondem, dunkelblondem),
falbem, braunem (nuszbraunem, kastanienbraunem), schwarzem
(sin här ist also palmae uuipfelä, suarz samo ein raban
WiLLEBAM ST), grauem und weiszem haar gesprochen, icie das
haar ein erkennungszeichen des menschen ist (vergl. III sp. 14)
und tcie, tvie «i'r eben salien, vom roten haar auf böses herz ge-
schlossen wurde, so zeigt falbes haar auf farblosen, ruhigen, in-
differenten sinn : durch falb haar wird das falb herz erkant.
Paracelsus 2,390*; Göthe verfocht die ansicIU, dasz der ener-
gielose, passive Hamlet nolirendig blond von haar getresen sein
müsle 19, 17S. 179. graues, greises haar ist das zeichen des
alters: graw bar ist der alten schmuck, sf/rüche Sal. 20, 29;
wenn im ein unfal auf dem wege begegnete , da ihr auf
reiset, würdet ihr meine grawe bar mit herzeleide in die
grübe bringen. 1 Mos. 42, 3S; mein Karl! mein Karll und er
hatte noch keine graue haare (war «or/i niV/i/ a//). Schiller 136";
ihr könig stolz, ihr väter Tiel,
ilir jüngliug grün von jähren,
ja auch komt her zu diesem spiel,
ihr alten greis von haaren. Spkb trtitzn. 174;
Tor sünd
und schänden mich bewahr,
auT dasz ich tragen mag
mit ehren graues haar.
liEERaA»:« '0 gotl du frommer golC ;
seit mir das alter hat mein schwarzes haar beschneit.
Opitz 1, 194;
hat er denn nicht fimf ganzer jähre
BÜr treu und redlich gedient als knecht?
als söhn geehrt meine graue haare?
KoTZEBiE dramat. spiele 1, 295.
und im Itohen aller werden graue haare tceisz, oder eisgrau : eis-
graue haare. Bctschky Kanzl. 866;
was kümmerts den,
wenn Philipps graue haare weisz sich färben ? Schilleb 255'.
aber graue haare sind auch zeichen nagender sorge:
6 sant Fridelia kern mit wisz und blaw (zur Verstärkung einer
truppenmacht),
ich het kein hör, es würd mir graw.
LiLiEMCRo;« liist. tolksl. 2, 77* u. note dazu;
und da er ihn als ein Jüngling fragte, warum doch der liebe
geistliche vater ein graueres haupthaar habe als er seinem
alter nach sollte, erwiederte ihm dieser: dieses sei ihm von
den hexen gekommen , die er zum Scheiterhaufen begleitet
habe., vorrede zu Spees trutznachtigall (1S17) s. x\.
Das lange, lockichte haar werden wir als ein zeichen der frei-
heit im allertume gleich nachher naher berühren , zunächst wird
dasselbe im Sprichwort dem kurzen mute oder sinne, nament-
lich bei frauen gegenüber gestellt:
si sagent: wip hänt kurzen muot,
da hi doch ein vil lan^ej här.
Winsbeckin 19, 1 u. note dazu;
da biet Mätzel l.inges har
und kurzen mui, ja das ist war. Witte!«wbilss ring 42;
vil manigerlei ist Trauen sid,
sie bant längs har und kurzen mut. llätzlerin 13-5, 114;
frauwen haben langes hare,
das merke recht, wer es merken wil.
u; den äugen und u^ den !ierzen,
das selbe das ist ein gewares spil.
Maszm.on denkm. 1, 136;
die vTouwen haben langl? här
und korze gemüte, da j ist war. IIaipt Jfschr. 13,333;
kurzen mut und langes har
habend die maid sunder war. fastnacht/atpiele'M'iö.
muiieres et virgincs debiles erunt et brevis memoriae, sed
I(Toli.xiorum criniura. Henricuvan.n prognost. 15. nach Schmid
srliwäb. wb. wird von unbesonnenen vergeszlichen mädchen gesagt:
lange haare und kurzer sinn, vergl. auch Kortk 249S. die
Tusammenstelhing ist weit verbreitet: so serbisch: frauen sind
langhaarig, doch kurzsinnig. Taltj 1,79; türkisch: werte der
weiber verdienen nachsieht; sagt nicht das Sprichwort : lang
ist ihr haar, kurz ihr verstand? Latifi übers, von Chalert «.2S5;
iifsetisch: dem weihe ist die flechte lang, aber der verstand
kurz. Petersb. buUriin v (tS63),440; estlmisch: der weiber haare
reichen bis ans knie, aber ihre gcdanken kaum bis aus
kinn. Ebmanx archio 14, 23. vergl. noch Reissberg -DCbincs-
FELD frau im Sprichwort 27. im englischen lieiszt es oline beson-
dern bezug auf die frauen : more hair than wit. — Andrerseits
wird der träger von kurzem, krausem, strupfichlem haar als von
kurzem sinn und ungefüge hingestellt: kraus haar, krausen
sinn brem. wb. , Schambach 115; sein kurzes aufgelaufenes
(in die höhe stehendes) haar gab indessen seinem gesiebte . .
ein unerschrockenes ansehn. Geliebt 4, 405 ; aber freilich sagt
auch das Sprichwort: kurze haare sind leicht zu bürsten.
Fbischbier (1865) flo. 1407.
Man sagt: das haar ordnen, machen, kämmen, kampeln,
Zöpfen (sie . . kampelte und zupfte ihre haare Simpl. v. Kurz
3, 278), richten (Maaler 203), strählen, bürsten, winden, flech-
ten, binden, aufbinden, knüpfen, frisieren, fassen (die haare
waren in ein durchbrochenes casquet, mit perlen und edel-
steinen besetzt, gefaszt Falke trachten- u. modenweit 1S5S, 310),
zurücknehmen , d. h. nach dem hinterkopfe surücksireichen (in
dem blonden , an den schlafen zurück genommenen haar
modenzeüg. 1866 s. 147), scheiteln (das haar auf verschiedene
weise zu scheiteln Happel acad. roman s. 50), büffen {s. 2, 492),
früher auch pflanzen, d. h. aufputzen, ordnen, das zieren,
pflanzen und büffen des haars crinalis cultus Maaler 203 ;
betrachte diese alten narren dort, welche damit sie in allem,
insonderheit bei dem urteilfälligen frawenzifl"er, einem jungen
manne gleich geachtet würden , ihre haare und bärle mit
schwarzer färbe und bleiinen strählen büffen. Puilakder 1, 65;
si pflanzt ir gelbes hare,
von gold hat es ein färb. Uhla50 volkst. 105;
das haar ziehen, streichen, pflegen, glätten , kräuseln (cala-
mistrati crines kraus haar Dasvp.), locken, wickeln, krümmen,
brennen, sengen; salben, färben, pudern, bestreuen:
doch wärst du wol so klein, die jensche trachl zu ändern,
die haare zu bestreun, den depen zu bebändern?
Zachariae renomm. 2, 369.
beizen, ausbeizen ; lösen, auflösen ; raufen, ausraufen , aus-
reiszen ; stutzen, abnehmen, scheren, schneiden, verschneiden,
abschneiden ; in der technischen spräche der friseure haare backen,
sie auf dem haarboden der perücke außleben.
Da im deutschen altertum langes lockichtes haar seichen des
freien, mündigen mannes war (rechtsalt. 146. 239. 283), so ist das
abschneiden desselben Symbol der Unfreiheit: es wird verschnitten
dem der an kindes statt angenommen wird, dem knechte, und
dem, der in den stand der knechtschaft tritt:
du solt dir an dirre naht
din här heilen sniden abe
und seit alle dine habe
von dir legen und diniu kleit . . .
des nimt in (den könig) michel wunder
und vräget dich besunder
waj disiu rede bediuie.
so sprich : ich wil dir hiute
erzeigen, lieber hcrre min_,
daj ich dir wil getriuwe sin. Barlaam IS, 5.
das abscheren des haupthaares ist ferner entehrende strafe (rechts-
all. 702) auch bei gefallenen weibern, s. 111, 2 (sp. 13), Soldaten
im biege sdinitten mitgelaufenen dirnen, deren sie müde waren, das
haar ab und jagten sie fort. \¥enden , als unfreie, tragen ge-
schnittenes' haar:
si pflagen auch zu den selben stunden
dasz ir her (plur.) nach windischen sitten
ob den oren abgeschnitten, fastnachtssp. 440, 18,
auch der narr ist aus gleidiem gründe beschoren :
den sol man scliwerzen als ein morn
und sol in beschern als ein torn. fa-stnachlssp. 310, 16;
si nam des hares czwen lock von den slalT hindann.
si macht in zu ainen toren, den tugentbaften mann.
Wolfdietr. bei Haipt 4, 43S, 31?.
Ä. bescheren 2, 1562. mönche und nonnen geben sich mit
dem Verluste iJires langen haares gölte zu eigen : d6 erschein
der beilige engel sente Petro in einis pfaffen bilde mit
uramc geschoreneme hdre mit einer platten und sprach zu
ime: alse du mich nu sihest geschorn , also sollu dich
Sehern und nach dir so suln sich alle die Sehern, die zu
gutes dineste gewihet suln vrerdcn. Letseb pred. 85, 40 ;
ins kloster. ins kloster.
da kora ich nicht hinein,
da schneid! man mir die har ab,
das bringt mir schwäre pein;
golt geh dem kläflTer unglQck vil
der mich armes mägdlein
ins kloster haben wil. Uhlamo rolks. 855.
11
HAAR
HAAR
12
endlich sdiirt man auch aus Irauer das haar:
»ind hellen ü( sime grabe
ir här gesciiorn alli; abe
von den gröjen leiden. Herbort 16869;
las dir die har abscheren und gehe kalh vber deine zarte
kinder, mach dich gar kalh wie ein adeler, denn sie sind
von dir gefangen weggefürcf. 3/Jc/iol. 16; sclmeid deine har
ab und wirf sie von dir und heule klcglich auf den höhen.
Jerem. 7. 29.
Eigenes haar tragen, im gegensatze zum tragen von fremdem
h.iar oder eincr_ferück€, icas schon frühe im gebrauclie üt:
vrömdes hör du pindest ein. SucriE'iwiRT 120', 56.
er trägt sein eignes haar, comam propriam nulril, caesarie sua
ornatur. Frisch 1, 3SS ; im übrigen sollen die Studenten auch
feine ehrbare kleidcr tragen und nicht zu viel mit ihren
eigenen oder falschen haaren prangen. Happel acad. roman 863 ;
trägt denn der Bürger eignes haar?
hat er schon frau und kinder? Göckingk bei Bürger 30".
man spricht ferner ron lebendem haar, solches das im leben-
digen Wachstum begriffen ist, im gegensalz zu totem haar, dem
abgesdtniUencn und zu kunslzwecken verarbeiteten: damit aber ist
die frage nicht gelöst, ob der haarparasit auch am lebenden
haare lebender menschen und thiere gedeihen könne, nordd.
allg. Zeitung v. 30. märz 1867.
Haare an andern Iheilen des menschlichen körpers als dem hatiple
erfahren meist eine nähere bezeichnung, vielfach auch durch com-
position: haare an der nase vibrissae Steinbach 1,699; bart-
haar: ohne das/, ich noch ein einzig härlein hart . . aufzu-
weisen gehabt hätte. Simplic. v. Kurz 3,213; der neue rent-
meisler, so des alten söhn war, hat so viel haar umbs maul
als ein laubfröschlcin. 3,323; kinnhaar:
die damen alle lieben ihn
lind rufen wie besessen :
0 hält' er nur aiicli haar ums kinn,
er war' ein mann zum fressen. Bluvauer 1, 139,
veil der hart zeichen der mannheil ist (III, 10). das keimende
haar des hartes heiszt milchhaar lanugo, auch staubhaar, gauch-
bnar, kukukshaar, hungerhaar, schamhaar, auch bei den
heimlichen haaren, pubelenus Diefendach 470; in folgender
stelle sind diese haare nicht näher bezeichnet: frisch in't här,
Süd de deern, 't giwt krösköppke Jungs. Höfer wie das volk
spricht (1866) no. 298.
2) haar an tieren ; mhd. und sd ze hant, su diu katze die
kroten also geleckef, so beginnet si alzehant dorren und gßt
jr daj här ftj. br. Berthold m Wackernageh leseb. (1859)
721, 1 ; nhd. wann ein pferd von einem wütigen hund ge-
bissen , desselbigen liundes eigener haar aufgelegt. Böcki er
kriegsschuk 950; halshaar an den thieren , als an löwen,
pfcrden «. s. v. juba Dasypodids; der wolf läszl wohl seine
haare, aber nicht seine tückc. Pistoriüs vm, no. 29; Spitz-
buben, die wie die füchsc wol die alten haare, aber nie die
alle tücke lassen. Felder sondert. 1, 206 ;
also ein kühner low, in dem sein herze brennet
für gunst zu seiner zucht, der sorget stets und wacht,
«chleiclit über allen Trost und schnee bei stiller nacht:
sein haar Lst ihm herein, es hangen an den obren *
die zapten von cr^stall. Opitz i; 3.
haar heiszl vol auch beim rosse nur die mahne und wird dem
schwänz entgegen gesetzt, wie beim menschen haar vorzugstvcise
das kopfbaar bezeichnet; eine rosshaut erzäfiU:
der strigelt und putzet mich auf,
er kempt mir hat und schwänz zum kauf.
II. Sachs 1 (1590) 375'.
Bei den kfirschnern und gerbern bezeichnet haar die seile des fei-
let, vo die haare stehen . aas die seile , wo das fleisch gesessen
hat. Frisch 1, 3«t8; auch die wolle der scliafe heitzt tedtnüch
baar: das gewalkte und ausgespülte liich wird gcrauhct und
geschoren, indem man das gefilzte haar etwas auflockert . .
nachdem da« luch einigemal ganz gernuhct ist, oder einige
trachten erhallen bat, wird dieses aus den haaren gearbei-
tete . , tuch unter die schere gebracht. Bkckhak?) technologie
(1777) t. U; haar und gnind bei den luch^cherern , ganz,
Tollkomroen , durrhgnhends. links und rechts, auf beiden
•eiten. Fbisch I,3S^: in Düringen das tuch nicht gegen die
haare bürsten (franz. conlrcpoil), wofür sonü auch gilt gegen
den strich ; wan irh vil *o)l durch bürsten kriechen, und
über z.liin und staudcn kliiniticn , so hi'.rt tneiti kiilt das
haar und mauszt sich gar. Gar^. 244*; metonymisch steht dann
haar auch für das aus haar gewebte kleid, s. u. baren :
he level alse ein klüsenör
unde kästlet sincn licham s£r,
negest sineme live drecht he här. Rcinccke fuchs 281.
haare heiszen auch die eisten fiaumfcdern junger vOgel. Stiei.er 767.
3) die zarten fdserchen an der oberflache der blätter , bluten,
Stengel und fruchte: baar an den küttcn und öpfeln, lanugo
Dastpodids, vergl. haarbeere ; auch die langen fasern des /loc/t-
ses: von wcrg oder flachshaaren. Amaranthes franenzimmer-
lexicon 3. auß. (1773) l, 1240, vergl. ein guter flachs musz schön
langhaarig, rein, linde und thätig anzugreifen sein. 1044. und
die der baumwollenblüte : es wird die erlesene oder gereinigte
baumwolle . . gekardct, wodurch der staub davon gebt und
die haare der baumwolle einerlei richtung erhalten. Göthe
23, 52 ; der haarfeine faden der rohen seide heiszt bei den seiden-
webern haar, vergl. haarseide ; ferner die grannen oder der hart
der ähre: haar am körn oder äri arista Maaler 202', Nem-
NiCH 1, 456 ; endlich auch der kurze haarfOrmige schimmel , der
auf etwas faulendem wäclist, franz. ia barbc; s. haarhaut,
haarnetz.
4) die feinen faden, in denen bisweilen das gediegene silber im
geslein liegt, heiszen haare des silbers, s. haarsilber. in gleicher
weite wird von haaralaun, haarerz, haargold, haarkics, haar-
salz, haarstein, haarvitriol geredet.
5) dichterisch lieutzt das laub haar der bäume, ein nahe lie-
gendes und schon classisches büd:
dilfugcre nives, rcdeunt jam graroina campis,
arboribusque comae. Horat. carm. TV. 7.
übersetzt von C. F. WtiszE:
der schnee zerschmilzt, das gras sprieszt auf den Auren wieder,
den bäumen keimt ihr neues haar. lyr. ged. 2 (1778), 82;
da sich ein wind anfieng,
die erde stürm erhub, die trauriekeit der lüften
stiesz ii> der bäume zier, zerstreute durch die klöften
der Wälder grünes haar. Opitz 1, 176;
tanzt dem schönen mai entgegen,
der des waldes haar verneut. Höltt, s. frucbtbatim. und
vgl. Iloral. od. 1,21,5 nemorum coma;
— vom haare der bäume
troff feuer auf mich. Schubart der ewige Jude;
zartes eis bedeckte die fläche
schimmernder landseen,
und es kräuseile sich auf ihm der buche goldnes haar.
Stolberc ged. 3ü3;
könnt ich dir die rayrthen zeigen
und der zeder dunkles haar! Novalis 1, 95;
die stürme brausen, dasz die eichen seihst
aus schrecken zittern und die banrc schüiicln.
Öhlensciiläger Atiiddin (1808) s. 537;
mag sich der zweig dem zweige wild verflechten,
der birke hangend haar den boden schlagen,
der junge busch zum bäume sich erheben. Göthr 9,322;
welch ein morgeiiwölkchen schwebet
durch der tannen schwankend haar. 41,335;
und liest daraus ein dringendes beschwören,
dasz rauschend sich des waldes haar' empören.
Lknau Faust 23;
und das gelreide haar des ackers:
des ackers gelbes haar war auch schon abgeschoren.
Wkckiiehlin 771 ;
scheint das himmelwasser teuer,
ist der erden haar geröst.
IlAKsDöRrER gcf.prächsp. 1 am nchlusse,
nach BoNSARDS les cheveux de Ceres, gräser und gestrduch, mit denen
ein hügel bewachsen ist, werden haar des hiigcls <^Mann<;
du durch die lasier selbst so weil berufner hügel,
dem Fbbus alles haar hat um sein hAupi versengt.
Klkiii<ic aonntte 2, 40.
tinrf im forstwesen heiszt ein wald oder ein berg steht ganz
voll in haaren, er üt mit holz und bäumen bewachsen. Adelung.
vrrgl. frauenhaar.
6) das gerinnen der muitermilch zu haarßrmigcn fdden, in
folge dessen sie stockt . wird haar genannt: von dem gerinnen
und stocken der milch, insgemein das haar oder der käs
genannt. Mauriceau zufalle und krankh. der srhwaniiern weilicr,
verdeutscM (1087) j. 492; da sich denn jemalcn begibt, dasz
dieselbe {die milch) gerinnet und stocket, so dann die krank-
heit verursachet, welche die wcibcr das haar oder den käs
nennen. 493.
III. Sprichwörter und redensarlen , deren einzelne schon ölten
untir II, l (<p. s. 9) erwähnt werden mtistrn, halten sicJi um das
wort haar eine ymszere anzahl angesetzt: sie fassen die bedeu-
13
HAAR
HAAR
14
tung II, 1 des «ortes theUs in ihrem natürlichen, theils in hild-
lichem sinne.
1) atif der sehünhat des gelben haares (II. 1 sp. S) fuszt das
Sprichwort: das geschieht nicht um deiner gelben haare willen.
Friscb 1, 337; schudb. um deiner geelen haare wegen ge-
schieht es nicht. Schmid schwäb. wb. 226; nd. das schut nig
um diner gelen hare willen, brem. tcb., ScoCrze holst, id.; es
will sagen, dass die getcährung eines Wunsches oder einer gunst
nicht die gewinnende Persönlichkeit des biltsletlers zur Ursache hat,
sondern aus andern gründen geschieht: das deine sünde nimer
Sünde, und vergessen sind, ist nicht deiner gelen haar schuld,
sondern der gnaden. Lgther 4, 4ti0'; es wäre dann, dasz es,
ut ajunt, seinen gelben haaien wegen nicht geschehe. Inte-
rim i06; in etwas anderer fassung : aber ich, ich sage, ich habe
sie helfen wehren, und trewlich widerraten, nicht e. c. f. g.
schönes haar angesehen, sondern arme leute. Lütheb 4, 471'.
2) der Jungfrau kommt langes, frei herabfallendes haar zu
(die haare liesz sie um den köpf fliegen wie eine junge dirne
H.uppEL acad. roman 7S3), während die verheiratete frau das haar
in die haube aufbindet, daher bezeichnet im haar gehen so viel
ab Jungfrau, unverheiratet sein; schon lex Liutpr. 6, 11 fllia in
capillo {rergl. recksalt. 286); gleichwie im deudschen magd
heiszt ein solch weibsbild, das noch jung ist, und mit ehren
den kränz tregt und im haar gehet, das man spricht, es ist
noch ein magd und keine frau. Llther 2, 242'; eine Jung-
frau oder magd, die noch in hären und im kränze gehet
und keine fraw worden ist. 8, 129' ; wenn ein mädchen ge-
schwängert wird, und, wie oftmals geschehen, bis auf die
äuszerste zeit der gehurt in haaren geht, sollen ihr die haare
durch den büttel abgeschnitten und an den kak genagelt
werden, ältere holsteinisciie Verordnung bei Kbl.mtz 20, 49S ;
si rueflea gester ainem junkling
ain maid, die für ain juukrrau gieng;
nun ist ir heut der pauch geswollen.
der will ich wol raten, wil si mir folgen,
wie si das vertreib
und dannacht maid im bar belaibt.
fastnachtsspiele 495, 33 ;
ihr töchter auch noch unrerzagt,
noch blos in gülden haaren. Speb trulzn. 143.
sp^er heiszt es, wie auch noch jetzt, im kränze gehen (s. kränz),
und wo unsere redensart in niederdeutschen gegenden noch lebt,
da iU sie verblaszt: in hären gaan, keine bedeckung auf dem j
köpfe haben, wird insonderheit von den frauenzimmern ge-
sagt. Däh.nert 175; aber Recter braucht es auch von niännern
in der bedeutung wie baarhaupt: de pastor kam in hören
äwer den kirchhof räwer tau gähn, ut mine stromlid 1, 5S.
3) graue haare entstehen wie vor alter, so auch aus kummer
und sorge (II, 1 sp. 9), daher etwas macht graue haare, macht
sorge, sich um etwas kein graues haar wachsen lassen , sich
einer sache wegen keine sorge machen : lasz dir kein graw har
darum wachsen , sorge nicht , trawre nicht , du wirst sonst
graw. Agricola no. 163 ; ich habe dir doch schon gesagt,
Sanizscho, sprach don Kichote, du solst dir deszwegen keine
grawen haar wachsen lassen, junker Harnisch US; die un-
glücklichen fdlle die mir noch bevorstehen, machen mir
nur vergeblich graue haare. Simplic. von Kurz l, 205; und
war mir nit anders zu sinn, als es würde aus jedem winkel
noch eins {ein kind) herfür kriechen, welches mir nit wenig
graue haar machte. 2,42; lasset euch kein grau haar wach-
sen. 2, 297; darüber lasz ich mir kein einzig graues haar
wachsen. Kaxse com. bum. 45; Wohlsein eines jeden! dasz
sie sich nur darum graue haare wachsen lieszen. Götue 8,31;
und mit verändertein ausdruck: dasz sie nur darum ein graues *
haar anOüge. 42, 272;
dasselb betrübet mir den leib
und macht mir graue hare. Hätzlerin 80";
oft glückt's ihm; kühn betrog er die gefahr,
doch auch ein bock macht ibm kein graues haar.
GöTUK 13, 138;
und dir, wie manchem seit hundert jähr
nächst darüber kein graues haar. 56, 9S.
4) entsetzen, schreck und angst machen, dasz das haar von der
kopßavi sich emporhebt; es wird mw/ gesagt, das haar geht zu
berge, steht zu berge, zu den bereits i, 1504 gegebenen beispielen
noch einige andere: so würden euch die haar gen berge
<lehen. Luther 5, 90*; das haar gadt ze berg, ri^ent capiUi i
metu. Maaler 203; meine haar steigen mir gen berg, ich '
mag nicht mehr von solchem jaramer hören, gespräeh dreier j
guter freunde (1592) bl. D 4; ich will ihnen etwas vertrauen, l
etwas das ihnen jedes haar auf dem köpfe zu berge sträu-
ben soll. Lessi.ng 2, 169 ; wenn ihm jetzt über der beschrei-
bung die haare zu berge fliegen. Schiller 199; was war es,
das mir den angstschweisz ausgepreszt und die haare zu
berge getrieben hatte? der deutsciu Gilblas 140; ihre haare
sträubten sich zu berge. Grimm deutsche sagen oö. 312; rergl.
mkd. vor unvlät gie ze berg min här. Frauend. 336, 4 ;
da; iu ze berge gän elliu bär. LS. i, 146.
andere Wendungen drücken sich ähnlich aus: wie mir alle meine
haar aufsteigen, ßoccacc. (l5S0) l, 5'; mord! mordl und wenn
ichs denke, stehn mir die haare nicht. Klingeb 1, 59, bleiben
nicht in Ordnung, sträuben sich;
mir gand schier alle bar zu bor.
Habeker spil vom Abraham (1592) Jiij';
die bahr kribehen unterm hut.
fruscbmeuseler II, 2, 14 Ddjj',
wozu zu vergleichen ist : mi krupen de haare up'n kopp , ich
bin toll schrecken und angst. Dähxert, und: ich . . merkte
gleich, dasz es ein gespenst war, dann meine haar regten
sich meinem bedunken nach auf dem köpf, als wollen sie
lebendig werden , oder als wann mir ein häufen würm da-
rauf herum kröchen. Simplic. von Kurz 2, 291 ;
vom bloszen gedanken empört sich jedes haar
auf ihrem köpfe. Wielaso 4, 15;
wie wol sich jedes haar
an ibm dagegen sträubt. IS, 15S;
entsetzen sträubt sein graues haar empor. Götter 2, 174;
die stund da sie gestorben war,
wird bang dem bubeo, kraust sein haar.
Götue der untreue knabe;
nasse schauer schauern fürchterlich
durch sein gramgeschmolrenes gerippe,
seine silberhaare bäumen sich. Schiller l^
5) Jammer erzeugt die gebärde des haarausraufens (vgl. 5, 917) :
mhd. von Berne der vil tumbe
kört sich weinende umbe
und vie sich selben in daj här.
Dietrichs flucht 42SI (Martin), ähnlich 9907.
da ich solches höret, zureis ich meine kleider und meinen
rock, und rauft mein heupthar und hart aus und sasz ein-
sam. Esra 9, 3 ; an allen orten da sie zuvor frölich gewest
war, rauft sie ir har aus. stücke in Esther 3,2; wir alle wür-
den noch heute die haare ausraufen über euerm sarge.
Scuiller 103'; soll ich mir das haar ausraufen? Kotzebue
dramat. spiele 2, 306 ; frau Humbrecht (kommt geloffen, rauft
sich- die haare) Martini Martini ach du lieber gottl Evchen
ist nirgends zu finden. H. L. Wagxer tindermörderin 83; da
raufte der treue diener sein haar, weinte und schrie : o wehe
mir, wehe! Immerman.v Münchh. 2,93;
man schreibet sich den schimpf ganz sachte hinters ohr,
o! warum rauft man sich die haare nicht zuvor!
Stoppe bei Steinbach 2, 228;
die traurige Sion,
die bis in den tod betrübte
die itzt waise, vor geliebte
reiszt ihre lorbeerkron
von dem zurauften haar. k. Grtphics (1663) s. 519;
ach Thisbe, was hast du gethan?
die haar will ich ausraufen mir. Peter Squenz s. 37;
und nun ! — ums haar sich auszuraufen
und an den wänden hinauf zu laufen! Göthb 12, 192.
s. haarausraufen, haarraufend.
6) einem gegner fällt man ins haar, wie knaben beim raufen
oder balgen thun: da denn dieselben {die pochjtingen) nicht er-
mangeln , über dem auflesen {hingeworfener kleiner münzen)
einer dem andern die haare mit denen fingern auszukäm-
men. Behrens Hercynia curiosa ISO; endlich kriegten sie einan-
der bei denen köpfen und lieszen ihre bände mit beiderseits
haaren cameradschaft machen. Darbennime 223 ; vil hend im
haar raufen hart. Agbic. spr. (1560) 97';
mhd. si viel der höchvart in daj här
und warf sie üf die erd ze tal. S. Helbling 7, 982.
nhd. eh ich euch in das haar eins fall. H. Sachs 5, 2, 44*;
eh ich dir platz ins haar dabei, ibid.;
Denneraark wolt was gewinnen,
Tilly greift ihm ins haar.
KOr:«er bist, tolksl. 316;
und wird oftmals eine Ursache von dem zäune gebrochen,
dasz man einem Lutheraner in die haare kommen möge.
Ermst gemüthsergelzl. 557 ; fällt ihm seine frau in die haare,
80 wird er sich darüber nicht entrüsten. Rabe.ner saliren i,
15
HAAR
HAAR
16
(1761) 106; einem in die haare fallen, involare alicui in ea-
pillos. Steisbacii 1,699; er wollte ihm gerne in die haare,
quamlibet atm illo rixandi qitwrit causam, ibid. — hierher ge-
hört auch: die hohe oberkeit . , sonsten die hände allent-
halben im haar hat. Philander 2, 484, d. h. sie sucht die
Untertanen zti bedrängen.
Feinde und gegner kommen , geraten , fallen , legen sich in
die haare, liegen, sind einander in den haaren: hie wollen
wir uns auch nicht in die har legen und fechten. Luther
4,426'; ein Christ sei das wissen, das er mitten unter den
teufein sitze, und das im der teufel ncher sei, denn sein
rock oder hembd, ja neher denn sein eigene haut, das er
rings nmb uns her sey, und wir also stets mit im zu hnr
ligcn, und uns mit im schlahen müssen. 5, 334'; kommen
wir mit einander zun haaren und reuffen uns. lischreden 403';
der mit eim vollen zu har ligt, der zankt mit cim der nit
da ist. S. Frank sprichw. 1, 64'; sie lagen einander für und
für im haar. Wickram roUw. 23 ; aber ehe man diesen strengen
process mit mir ins werk setzte , gerielhen die Banierische
den unserigen ins haar. Simplic, v. Kurz 1,216; jene kehr-
ten bald um, und also Kamen sie einander in die haare.
Happei. acad. roman 960 ; dem Hiob wollte der satan gern
in die haare, um seines unsträflichen wandcis willen. Scri-
VER seeknsch. 2,14; und seid euch einander in die haare ge-
fallen. GiiTiiF. 14, 299 ; dort unten gehen die handel schon
los! sie sind einander in den haaren. 42, 345; ich und der
hausherr halten uns über die ersten principien der moral
blosz moralisch bei den haaren. J. Paui. unsichlb, löge 1,111;
volk und adel liegen nicht blosz in Rom, sondern auch in
heuligen dörfern einander in haaren und zöpfen. 4,15; hier
prügelten sich ein paar, dort lagen sich zwei in den haaren.
KiEHL culturgesch. norellen 251;
die hänser beiderseits, Maganz und Claramonte,
die haszten sich, dasz man den hasz nicht stillen konnte,
sie hatten sich gar oft gezogen drum die liaar.
D. V. D. Wkrder Aviost II. 67, 3;
es Ihcilet Mumm sein reich mit seinem lieben weihe,
tags liegt sie ihm im hanr, nachts er ihr auf dem leibe.
LoGAU 1, 98, 5;
stj^ts sich in den haaren liegen,
wie zwei hähnc dazustchn. Götue 57, 233.
uk auch im mhd. :
der einem wirft sin lastcr vür
mit dem namcn und offenbar,
darumb get man dicke ze här
und ist den liuten unmnjen swaer.
Teichner hei Knrajan (IS55) s. Gl;
swä ich sn;>ch mit zühtcn zechen
da verdrüj mich nimmer zwar,
aber swä man g&t zc här,
da ist ein kurziu zit ze swar. s. 05.
Entsprechend diesen redensarlen gehen neben ihnen andere, welche
bedeuten feinde machen, gegner auf einander hetzen, in mannig-
fach vechselnder fassung: nach dessen (herzog Willielms) abgang
on mäniich erben hat sein hrudcr Dankred das land ange-
nommen: welchem bald band ins haar zu pringen, nam
papst Ccleslinus der 3. des oflgcdachten herzog Wilhelms
einige tochter Conslantiam, so ein nonn, ausz dem kloster
und gab sie zur che kaisern Heinrichen dem sechsten, eim
herzogen von Schwaben , mit befehl , an statt des heurhat-
guts, die reich beider Sicilicn zu holen. FiscnARrfcicnenfc. 128';
das er den adel und die bürgerschaft aneinander verhetze
imd zusammen in die hare bringe. Rutschky Patmos 903;
tgl. denn er kriegt bald fremd band ins haar, hekommt zank.
II. Sachs 4, 2, 90*;
wo man ein solch« wird besinnen,
möcht man fremd hAnd in naarn finden,
wird sieb heben ein blutvergicszen.
Wolf Imtor. volknl. 110.
ferner die hnarc zusammen binden , zusammen knüpfen : er
verliesz ein nnglückhaft teslamcnt hinder im, in welchem er
der stat Zürrch und beiden Icndcrn Schwyz und (Jlarisz die
haar zusammen knüpfet und darmit in ein langwierigen töd-
lichen krieg furdcrel. Sruiipr rhronik (I6S6I p. 362'; hiemit
ward dem herzogen und den eidgenossen das haar zesam-
men knüpfet. 5öl'; wie graf Fricdrirh von Togkenburg beiden
orten Zdrych und Schwylz die haar /(«amen »Irickt. C88*.
es fnlU auf , daiz Sciihrtii?( diese redensart in völlig entgegen-
qetrtdrm tinne braucht: ich bin guter hoffnung, ich wölj . .
inen beiden . chnr- und fürslen , die h.iir zuvnmem binden,
fich mit einander zn terainigcn. liriffr 3s, es ist die rede von
gründung des schmalkaldischen bundes, für den Schertlin in Unter-
handlungen eifrig warb.
Haar auf haar machen, commillere inter se Dasypodios; ver-
klappern , verschwatzen , verligen , har uf har machen, und
wirre werre under den freunden machen. Keisersberc sünden
des m. 46'; krieg anrichten, das haar uff jhenes haar reizen.
S. Frakk II, 103';
mancher der hat grosz frefid daran
dasz er verwirret jederman
und machen künn disz bor uff das
darusz unfrüntschaft spring und hasz.
Brant r.arrensch. 7, 3.
haar auf haar richten, wölcher den sig gewünne, confendere
duos Maaler 203. — unter den geselhchaflsspielen in Fischarts
Garganttta wird aufgezählt haar auf haar, katzenhaar. 16"'; daher
kompt auch balgen, walgen und bellum, dasz man den fuchs
nmb den balg und feil jagt, davon ist noch das spiel umb
den barchat jagen und haar auf haar, 194', und PtsioRius
Ihesaur. paroem. (1716) no. 38 führt an:
haar um haar,
wer vom andern betrogen ist
wirds wol werden gewahr,
mit der erkl/jrung : pilus pro pilo (sc. detur) , qui deceptus est ab
altero, ille damnum persentücet.
7) machen die gegner friede, so lassen sie die händc aus
den haaren: geschieht aber vielmal mehr und ehe danns gut
ist, dasz sie kaum die händt ausz den baren gelassen, rüp-
set ihnen der krieg widerumb auf. KtncnnoF milil. discipl. 206.
8) der und das widerspdnslige wird bei den haaren herbei-
gezogen: so ist gott kein zwinger, dasz er die unwilligen
beim haar gen himmcl ziehe. Agricola spr. (l560) i. 72'; es
geschieht, das alles gebogen, abgenagt und auf sein deller
beim har gezogen wird, was er im fürnimpt. S. Frank well-
buch, vorr. ; zu befestigung desselben {der auslegung einer bibel-
slelle) so holen sie den textSalomonis mit den haaren herzu.
Fiscnart bienenk. (i588) 150'; ach! ich elender mensch, der
so oftmal bei den haaren in das Unglück gezogen wird.
Happei. acad. roman p. 1 ; diese auslegung würde bei den
haaren gezogen sein. Winkei.man.n 2, 636 ; niemals that er
es aber ohne Widerwillen und nur wie von einem böseir
geistc an den haaren hingezogen. Güthe 15,187;
0 we liebes mediin nim in (den untreuen liehhnber) beim bar-
UULAND volkst. 667 ;
musz sie beim har zu mir ziehen. H. Sachs 3, 1,242',
nämlich galt die abtrünnig gewordenen menschen;
musz im als seine sache zieren,
seit ers auch bei den haarn zufuhren. B. WALDfs 2, 8, 45.
9) auch das flüchtige glück, die schnell sich darbietende gelegen-
heil ergreift man beim haar:
ein jed' gelöst ergriff ich bei den haaren,'
was nicht genügte, liesz ich fahren. Göthr 41, 315,
wie Opitz sagt:
kompt dir was gutes für, so nimm alsbald sein jvar,
dann die gelcgenheit die hat nur fornoa haar. 1, 307,
nach dem disliehon von Cato:
rem tibi quam nosces aptam dimittcre noli:
fronte capillata, post est occasio calvn.
was man erlangt hat, hat man beim haar, so der bergmann
das gefundene erz: das mancher oft hart und lang puffen und
schlagen musz , bisz er den abrauui und des crzes dach
durchsinket und das erz berüret und bei den haaren hat.
Matiies. Sarepla 40* ; aber auch die unruhe den menschen: ich
musz nur noch nach einem pferd schicken , denn die Un-
ruhe hat mich heute wieder an allen haaren. Gütiik an
frau V. fitrin 1, 71.
10) t'oWer haarwuchs an köpf und hart ist seichen der kraft,
und als mann wird im deutschen rechte der erkannt, der haare
am hart, unter den nrmen und an den schamthcilen hat: swil-
ches manues alder man nicht en wei;, hAt her hSr in dcmc
harte und nidenc und under Sciichmc arme, su sal man
wi^/.cn, lia; her zu sinen lagen komen ist. Sachsenspiegel ed.
Weiskf. h. 1 art. 42 § 1 (ed. (JiisciiK.x s. 20). daher ist drei-
haarig cii/entlich so viel, als mit manneskraft ausgerüstet, aus
dieser bedeutung enttrickelt sich die tor>/c//i/fi(j geuUzl , durchtrie-
ben; wonach das, was 1 sp. 13S3 ither dreihaar, dreihaarig
gesagt trorden, t« berichtigen ist. — Hie folgenden beuifiiele fas-
sen die mannhril unter dem bilde der haare: er ist mir zu
17
HAAR
HAAR
18
haare gewachsen, par est mihi corporis virilnis, superior mihi est.
Steinbach 1, 699 ; aber der teufel hätte mit ihm fecliten mögen,
den er auch, wie mir gesagt ward, in haaren sitzen hatte.
Simplic. V. Kurz 1,436, dJi. er hatte so viel kraft mie der teufel.
hierher auch: lasz mich machen, ich hab haar im arsz, huy
huy. dem ofen zu, zur stub hinausz. Garg. 94' ; zünd mirs haar
im arsz an. 94*. Er hat haare auf den zahnen , er ist ein
darker, ganzer mann (dänisdi at have haar paa taenderne, vaere
klog, erfaren Kristiansen 115): einer zeigt sich etwa so in
einer Wissenschaft, dasz selbst seine neider müssen einge-
stehen, er habe haare auf den zahnen. Klopstoce 12,79; dasz
sie gleich merken sollen, dasz ich nicht mit mir spaszen lasse
und dasz sie einen burgermeister gekriegt haben, der haaie
auf den zahnen hat. Prctz Holberg 258 ; haar an den zahnen
haben. Eiselein 2C6. in thcilen des Osterlandes bedeutet das
hat haare auf den zahnen es ist schwierig, verzwickt, gerade
uie wir vorhin sahen, dasz dreihaarig aus dem begiiff männlich,
manneskrdftig in die Vorstellung durchtrieben, schlau auswich. —
Man sagt auch haare auf der zunge haben : du bist ein ent-
schlossener kerl — soldatenherz — haar auf der zunge.
ScuiLLER 113; und auch hier ist es interessant zu sehen, wie
diese redewäse aus dem sinne kräpig, stark, den nebensinn
schwierig, schwer zu finden entwickelt, wie aus folgendevi hervor-
geht: denn man findet gar selten einen getreuen schäfer,
so gar, dasz auch das Sprichwort daher entstanden: der
beste schäfer hat haare auf der zungen. Düpler der getreue
tind ungetreue rechnungsbeamte 1, 120. ähnlich ist: der müUer
ist fromm, der haai- auf den zahnen hat. Pistorii thes. par.
Cent. V, 110. 5, d. h. es giebt keinen frommen m filier. — Es ist
hierbei folgendes zu berücksichtigen, wir müssen den sinn bei
den redensarlen haare auf den zahnen, auf der zunge haben
durchaus hyperbolisch fassen und dabei nicht an das barthaar
denken, das ja nicht auf und an zdhneti und zunge, sondern
iiber denselben wächst, vergl.
mir Hebet mein allerliebste frau
für schwimen über die Thuaau;
sie liept mir mer, denn steigen auf den luginslant,
und liept mir mer, denn aiu lausiges gewant, ....
mir ist von ir so vil gelücks beschert,
als mir hars auf der zungen steet. fastnachtssp. 633, 16,
d. h. kein glück, wie die zunge kein haar hat. tcir müssen bei
Würdigung jener reden vielmehr unter ausgang von dem starken
haar wüchse als zeichen der kraft und stdriie das behaartsein an
ungewöhnlichen stellen, an solchen wo sonst kein haar wächst und
wachsen kann, als zeichen einer ungewöhnlichen manneskraß neh-
men , wie die Griechen ihr /.äoiov y.f;g (llias 2, 851) und ihre
'/.äoiat f^äres {Alexander Aetolus bei Athen. 15, 699').
11 1 auch für reich sein gilt haare haben: wenn wir einen
heller setzen, so müssen sie einen gülden dran setzen, denn
sie haben bar, wir sind blosz. Llther tischreden 149".
12) haare lassen , lassen müssen , heiszt daher zu schaden
kommen, vertust leiden, wie man ähnlich, das bild vom vogel
genommen, sagt federn lassen (3, 1393), und wenn in den ersten
der folgenden beispiele der ursprüngliche änn vorwallet, so steht
er doch nicht ohne rücksicht auf die übertragene bedeutung: wo
sich der esel walzet, da musz er haar lassen. Lehmann flor.
pol. 1630 s. 127; es ist besser einige haar lassen als den
ganzen balg verlieren. Sebz 60;
die süsze liebeskrämerei, was führet die für wahren?
sie machen ihren kaufmann glat und freien ihn von haaren.
LoGAU 3, 30, 42 ;
ich achte kein heuslein so geringe, wo man sich draus weh-
ren wolle, die feinde müsten bar drüber lassen. Lotheb 4,
481* ; wenn bürger und bauer mit fürsten und henen wollen
gehen , so müssen sie gelt oder haar lassen (werden an gut
oder leib geschädigt). Lehmann 125; der gerechte wird um-
geben mit falschen zeugen und arglistigen ranken, dasz er
nicht weisz wo aus oder ein, er musz haar lassen, er musz
unrecht haben und leiden. Scriver seelensch. 2, 344; wenn
sich grosze heiren raufen, müssen die unterthanen die haare
lassen, dclirant reges, plectuntur .Kchivi. Frisch 1, 3S8 ; gleich-
wol wollt' er nicht einmal hier haare lassen. J. Paul komd i, 111 ;
vil hefen, krüg gienpcn zu grund,
und was ander den henden stund, ,
das selb musl alles lassen bar. H. Sachs 1, 514*.
solche bedeutung klingt auch an in: die {vielen länder) aszen
ihm die haare vom köpfe, bis er zuletzt so arm war. Sim-
RocK deutsche märchen 279. gesteigert ist der sinn in den fol-
genden stellen zu dem begriffe getötet werden: disz ist die ur-
soch , die alle schlämmer und Verschwender in allen raube,
IV. II.
dieberei und schinderei getriben und gejagt hat und endlich
ellich dahin, dasz sie darob haar lassen haben gemüszt.
Petrarcha trostb. S6'; wenn die hasen den löwen predigen
wollen, so gehet es wie Aristoteles gemeide zeuget, so müs-
sen sie bar lassen. MATHEsicsSarfp/all'; ein kalb und junges
böckel hieng allbereit dorten, die haar gelassen hatten. Simpl.
3, 298 {Kurz) ;
sechs hundert hat er leben lan,
sie müsten mir all har hon glan. Soltad 1, 201 ;
wanns einer im jar darvor heit gsait
und hetts ein canzleischer gebort,
so müest er warlich haar hon glon. 2, 176;
der wolf fiel in die arme heerde
und mancher bock gab baare her.
Lichiwer fabeln 1, no. 23.
Nahe liegt es übrigens auch, die redensart haare lassen auf
den bekannten Vorgang beim gerben zu beziehen, und Keisersberg
hat diesz ausdrücklich gethan : so nimpt man si {die haut) ausz
dem wasser und legt si auf ain holz und schapt dj {das) har
härab . . . ; du hangest im wasser {d. h. du Inst im kloster) . . ;
du musl dj har lassen, was ist dj har? es ist weltliche
freüd. has im pf. 6*.
13) üw die fülle des haars setzt sieh auch die redensart an :
mehr schulden haben, wie haare auf dem köpfe, jedenfalls
tinter einflusz der bibelsprache entstanden: es haben mich meine
Sünde ergrififen, das ich nicht sehen kan, ir ist mehr denn
har auf meinem heubt. ps. 40, 13 ; die mich ohn ursach has-
sen, der ist mehr, denn ich har auf dem heubt habe. 69,5;
und an den immer sich erneuenden Wachstum des haares:
noch der alten spruch und sag
Unglück und bor, das weihst all tag.
Bkani narrensch. 109, 8;
andere jar, andere har. andere zeit , andere freud. Fbank
sprichw. 1, 5o'; haar und schaden wachsen alJe tage. Kübte
2502; Unglück, holz und haare wachsen über nacht. 6151;
was in der haut ist kann man nicht abstreifen wie ein paar
hosen, steckls nn den haaren, so kann maus w ol abschnei-
den, aber es wächst doch über nacht wieder. Lebmann 197.
14) den vogel erkennt man an den federn, für mensch und
Säugetier gibt das haar ein erkennungszeichen ab; daher: andere
des gleichen haars {derselben art). Garg. 143". gewöhnlich steht
aber hier haar im plural: bistu der haar, lieber, so greif dir
selber an deine obren. Luther 1, 7* ; bistu der bare, so trolle
dich aus meinem lande. 3,47; des dank euch gott , seid ir
der har, und so froine redliche leute. 36o'. holla bist du
der haar. Simpl. 1,51 Kurz; oho, bist du der haare, sagte
herlzbnider. 1, 21S ; wai- hierauf augenblicks mit der ifuchtel
heraus, und kam auf mich zu marschieret ; da ich nun sähe,
dasz er der haare war, o sapperment. wie zog ich meinen
Cückenstreicher auch vom leder. Schelmufsky l, 40 ; im Sieger-
lande sagt man noch: hei ess der boar, man kann sich einer
solchen that von ihm versehen. Scuitz 2,15;
denn der bar ist der leidig neid,
dasz er den zeunt, mit sporen reit,
wenn ern zum ersten uberwigt.
B. Waldis Esopus IV. 77, 105 ;
ihr seid der väler haar? ihr häuft noch ihre schuld.
P. Fleming 13;
mein mann, war ich der haar,
so sag ich euch kühnlich vorwar,
ich wollts euch machen so kraus und bund
das ihr nicht kcmpt hinder den grund.
JuL. T. Bbaukscbw. 560;
der bräutigam sprach: seid ihr der haar?
SoLTAU volksl: 512 (1638);
die jungen sind itzund von gar viel anderm haar.
HOFFMAN.NSWALDAO u. o. (i. Qed. 4, 263;
ich wüste wol was bessers, so gleicher haar mit mir. tn-
terim 85 ; was sich von auszen zeiget, ist nicht gleicher haar
mit dem inwendigen. 408 ; so bringt auch die dieberei und
mancherlei abtrag einen mangel und abgang, so von den
suppeu-fressern , näschern, schüssel-spühlern , teller-leckern.
Schmarotzern und was dergleichen mehr gesindlein sich auf
dem gut einfindet, sonderlich wann die maierin auch gleicher
haai- ist und darzu hilft. Hohberg 3, 1, 45" ; und war diese
alte etwan ein weih von dergleichen haaren , welche die
jungen konte zum danz abrichten. Stacdacheb Genovefa 130;
einer haare sein, von eben der art sein, ejusdem farinae esse.
Fbiscu 1, 388 ;
— dein mitcompan,
der gleicher haar wie du. Koügehl Innocent. 40;
— der es mit dir hält,
ist gleicher haar. 65;
2
19
HAAK
HAAR
20
was? der ist leichler haar, denn alles was er mir saget, das
ist erlogen. en(jl. konwd. 1, Bb 2 ;
. drum lieber man, seid nicht so loU,
das ir euch woU ziehen in den sinn,
als ob ich auch leichter haar bin.
Heikr. Jul. V. Bbaunscuw. 605;
ist sie dann guter haar so wird sie es nicht versitzen. 409 ;
vermeine nunmehr ohne das dem Siniplicissimo zu ewigem
spott genugsam geoffenbart zu haben , von wasserlei haaren
seine beischlaferin im Sauerbrunnen gewesen. Simplic. 3,
140 Kurz;
nlm wahr, was "für haar,
dieser kauf hat grosz gefahr. Wiener Stammbuch 1630 ;
toller haare sein. Körte 2508; auch im Holsteinischen sagt man
noch er ist dullcr haar.
Bemerkensuert ist im englischen die glädie anwendung von hair :
the quality and hair or oiir attempt
brooks uo division. Suakesp. Heint-ichTV, 1 theil, 4, 1
(Tauchnitz edit. 3, 62);
a lady of my hair cannot want pitying.
liBAUMONT and Fletcuer nice valour 1, 311.
Deutsche mundarten bilden in diesem sinne zusammengesetzte ad-
jectira, so in Holstein dullhaarig^ von böser art , böse, zornig,
kctieihaarig, kitzlich, wedderhaarig, u-iders}Knstig Schütze, in
Baiern schindhärig , schinderhSrig , sdiindermäszig Schmelleu
2, 226, und in der Heanzen-mundarl leichth^rig, d. i. in leich-
ter art und weise Frommann 6, 336.
So sieht auch haar bisweilen geradezu für den träger desselben :
so bald sie von der alten
berichtet ist, das gelbe haar (Hüon) sei da.
WiKLAfiD Olieron 4, 63, vgl. 47 und 49;
der bursche war ein flottes haar,
verloren bald ihr kränzlein war.
Waldau in Pi-tUzs mus. 1, 1, 141.
15) die haare umschlagen, soviel wie säne art oder seinen
stand wechseln: solchem gewerb (dem ochsenhandcl) bedaucht
in aber das rosstauschen noch überlegen zu sein, schlug die
haar wider umb, ward ein rosskam. Kirchhof wendunm. 514'.
16) man Ondct ein haar in etwas, hat gegen etwas änen
widcrmllen oder doch eine bedenlclichkeil , 'wie gegen eine speise,
in welciter man ein haar gefunden' (Schmeller 2, 225) , auf
welche erkldrung durch die folgende stelle erwünschtes licht fällt:
ein spehvogel rufte Simpl. auch herzu und sagte, weil er
auch in einem ei ein haar finden könte, so solle er sagen
was dieser tafel mangele, oder worin der maier gefehlet
hätte. Simplic. 4,234 Kurz; da er aber merkte, dasz ich nicht
viel trinken wolle, weiln in dem gestrigen rausche eine haare
is. oben I. sp. 7) gefunden , welche mir alle die andern auf
dem köpfe verwirret, ja mein ganzes geraüthe in tiefe Iraner
gesetzt halte, insel Felsenb. 1,120; ich dachte er hätte ein
haar drinn gefunden. Kotzebue dram. sp. 2, 36 ; wenn es der
fall sein sollte, dasz die prinzessin irgend ein misfallen oder
wie man sagt, ein haar finden sollte in meiner geringen
person . . Kanne comoedia hnmana 15.
17) das einzelne haar, ein Sinnbild des klänen und winzigen,
wird rerwant, um das unbedeutende , eine kleinigkeit zu bezeich-
nen, mit negationen verbunden als bildliche Verneinung, wie schon
im mhd. niht ein här, worüber erschöpfende beispiele bei Zingerle
die bildl. Verstärkung der negation zusammengestellt sind.
a) jeder theil der sich ein haar vergäbe, hätte unrecht.
GöTBE 56,218;
et rchlte kaum ein haar, so hättet ihr verreiset
den lieben schönen tag. FLEat!«G 51 ;
sie irüDdscht eh (lammen, pfähl und höchste not zu leiden,
als dasz sie weit ein haar von ihrer ehr abschneiden.
A. Grtpuics 125;
hab ich ein haar dir in den weg gelegt? Lbnz 1, 234.
etwas anders bei Schiller, der die locke haar als bild acs ge-
ringtlen braucht: entwischt mir eine locke haar, so sollt ihr
meine zwei äugen in eine windbüchse laden und spcrlitigu
damit schieszen. Fiesco 2, 15.
b) ob du mich wol zu verschrecken meinst, achte ich doch
solche! kein haar. engl. Äcom. I, Rvij'; so fragte ich doch kein
haar darnach. Jucundits. 119 ; ich armer slcrn kam und wusle
kein haar von diesem schlusz. Simplic. 2,230 Kurz; welche
alle kein haar »chOner aU die vorige waren. 2, 2Ht ; ober
daruio tiekUmmert ich mich kein haar. 3, 303 ; indem irh
allen euren wortcn nunmehr kein haar mehr traue. Pinol
2,3ö; p«'»"'!' ""< ■11 '"irti HctiM'« «inl (!■'• "-i' !•'•'" 'i ' >r
besser oder schlimmer. Lenz 1,97; dasz es nalurmenschen
sind, die unter pracht und würde der religion und der künste
nicht ein haar anders sind, als sie in höhlen und wälderu
auch sein würden. Gothe 27, 232 ;
so ligt mein handwerk nider par,
und wüste nicht zu kriegen ein här.
V. Rebhuhn klag des armen mannes 11;
wie es denn auch dem herren Christ
nicht ein haar besser geworden ist. Göthe 2, 221 ;
aber, aber, keine lehren !
lehren nützen mir kein haar! 11, S2;
und es schadet euch mehr, als euer leichtsiim gedacht bat.
nicht ein haarl versetzte der schelm. 40, 131.
(nach nSn, schit, sprak Reinke, nicht ein hir. Heineke fuchs 3841) ;
es ist nicht zu schelten,
man lasz es gelten;
ich aber bin keifi haar
weiter als ich war. 56, 94.
hierher klingt auch an: wenn nämlich die * kunstrichter mit
Staupbesen . . in zeitungpacketen ankommen , um ihm (dem
autor schlcclUer bitcher) kein lebendiges haar, ja kein graues zu
lassen. J. Paul Nepomuk-kirche 132, d. h. ihm tiiclits zu lassen,
ihn vollständig zu vernichten. — Wir sagen auch: der knabe hat
kein haar von seinem vater, er ist ihm nicht im geringsten
ähnlich, wo die bedeulung von kein haar zwar hierher fällt, doch
auch an no. 14 anklingt.
c) ein haar breit: mhd.
geriuwet ej dich eins hfires breit,
so hän ich min arbeit
unde du den lip verlorn, ormer Heinrich 1101.
sag es deinen mitbrüdern von mir, wiewol sie mich ein heuch-
1er und abtrinnigen heiszen und halten werden, da ligt mir
nit ein bar breit an. H. Sachs dial. 75, 18 ; den widerspen-
stigen bauern auch nur ein haar breit nachzugeben. Göthe
15,34; ich . . fühlte den ganzen werlh meines enlschlusses.
ich wich nicht ein haar breit. 19, 299. ungewöhnlicher sagt
das werk ist gerückt kein haar lang RGckert Makamen l, 47.
vgl. mhd.
si schämte sich niht h&res grö;. arm. Heinr. 1196.
d) aufs haar, aufs klänste genau: vgl. und unter allem die-
sem volk waren sieben hundert man auszerlesen , die link
waren und künden mit der schlewder ein har treffen , das
sie nicht feileten. richter 20, 16 ; ich will ihnen aufs haar
hin sagen, ob sie ein mann fürs Orchester sind. Schiller 183" ;
dasz alles diesz buchstäblich und aufs haar
sich so begab. Wieland 5, 96;
das weisz ich auf ein haar. 10, 163;
doch da sie gar zu lieblich war,
so glich sie mir wohl auf ein haar. Göthe 5, 263.
dann auch bis aufs haar, bis aufs kleinste, in allen theilen : die
Prophezeiung ist bis aufs haar eingetroffen; indem sie doch
sonderlich eines jedweden milgliedes nützliche gaben . . bis
auf ein haar ausrechnen. Happel acad. roman 81; weil er
vom geiz bisz aufs äuszerste haar eingenommen und besessen
war. Simplic. 1, 348 Kurz.
e) um ein haar, und zwar steht hier die präp. um in weite-
rem sinne theils zum ausdruck der beziehung auf den gegenständ,
um ein haar also in beziehung auf eine kleinigkeit, wie mhd.
din tugent nie gcminnert
wart gegen mir als umbe ein hAr. Engelhart 1107;
ob man so tiure als umbe ein hAr
valscheite drunter mischet. JMS//. 2, 230*.
wolt von seiner nieinung umb einiges haar nicht weichen.
Wickram rollw. 93'; ich furcht die predigermünch nit umb
ein haar. Schade sal. u. pasqu. 3, 173, 19 ;
aber In Christi jubeljar
mag nicmun irren umb ein bar. 1, 40, 74;
des Luthers sach
ist noch nit schwach,
wiewol vil gwall
ganz muniglalt
widr In wird gübt,
das In nit biriiht
aU umb ein hnr. I, 161, i/f. ;
dnn unser nlcmanl umb ein har
achtel. Mi'rnbr schetment. ^*;
bexeuftto da nicht umb ein hnr
wui . . . RmcwALD Jrnwcr Eckart D8*;
bcs.icrst dich nicht umh ein har. Lt*;
die cnlllcli kunst drr alcliamei
lül Nirlcri, lic(fi>ii, trit'Kcrel.
und nllweir (alt at umb ein har.
iliwoil illl l(>i.' — • -ll". .!■• v;.,.«-,«"-."»".; 12n»;
21 HAAR
0 mein lieber son Alexaoder!
alis was die götter mit einander
beschlieszen, fehlt nit umb ein bar.
H. Sacbs 3,2,202*;
0 es fehlt mir nit umb ein har. J. Atbbr 177*;
im übrigen sag ich euch diesz fürwahr,
es soll nicht fehlen umb ein haar,
wo ihr das lachen nicht werdet lassen,
so werd ich euch schlagen auf die tascben {das maul).
A. Grtpbius Peter Squem p. 19 ;
wofür auch steht über ein haar:
und fressen die weif das vich gar,
das acht ich klain, als über ein har. faslnachlssp. 484, 5.
di'tn angegebenen sinne fällt nun auch um ein haar vor com-
parativen zu: dasz .. kein theil um ein haar besser sei als
der ander. Simplic. 3, 142 (Kurz) ; sie ist nicht um ein haar
schlechter. Wieland 8, 265 ; ich bin nicht um ein haar breit
höher. Göthe 12, 91 ; dasz der sogenannte lazarone nicht um
ein haar unthatiger ist als die übrigen classen. 28, 266; so
beschämt er sie und wird verlassen, ja vernichtet, ohne um
ein haar schlimmer zu sein, als jetzt. 49, 1S2.
Thnls hat hier um einen bestimmteren, ursächlichen sinn uegen,
indem ein haar, eine kleinigkät das motiv ist, dasz etwas ge-
schieht oder nicht geschieht: einmal entkam er nur um ein haar
einer sein leben ernstlich bedrohenden gefahr. daheim 1S6T,
sp. 92, Kelcher sinn sich zum prohibiliven wendet, indem ein haar
etwas verhindert : um ein haar war die Zeichnung verpudelt.
Göthe an frau v. Stein 1, 53 ; vgl. das folgende.
f) bei einem haare; die ältere spräche verwendet es im gleichen
sinne mit aufs haar (d) :
di (astrologie) fast mit lüg und phantasei
will eben wissen bei eim har
wi es stäts ghät das ganze jar. Schwarzksberc 120";
und, wie man spricht, bei einem har
dem herren Jesu ehnlich war. Ringwald tr. Eckart C5'.
die jüngere spräche in wesentlich anderm sinne; hier zeichnet bei
einem haar die grosze nä)ie der ausführung von etwas, das den-
noch nicht geschieht: bei einem haare hätten sie mich böse
gemacht. Lessing 1,420, d. h. sie waren so nahe bis auf haares
breite daran mich böse zu machen ; er hätte bei einem haar
das bein gebrochen. Hippel lebensl. 2, 27 ; 'ach, der handiungs-
bursche ist' . . bei einem haare hält' er ein kraflwort heraus-
gestoszen. Engel 12,324; um bewegung und ruhe zugleich
hätte mich bei einem haar die ehrenpforte . . gebracht. J.Paul
uns. löge 1,26; wofür auch der ausdruck platz greift es hängt
an einem haar: es hing an einem haar, so wurden die vor-
fahren der Catonen und sie in ihnen vertilgt. Niebchr 3, 231.
zu vergldchen sind auch ausdrücke wie mein leben hängt an
einem haar, die ganze sache hängt noch an einem haar,
s. auch faden 6, o (3, 1233) ;
wenn die rebe hängt an einem haar,
so trägt sie noch ein ganzes jähr. Bronner 76.
g) kein haar anrühren oder krümmen, nicht das geringste zu
leide thun: dasz i. f. gnaden kein haar angerühret werde.
ScHWEiNicHEN 2, 118; nicht ein haar krümmen. 150 ; Wilhelm. .
versicherte, dasz er ihn gegen jedermann schützen werde,
dasz ihm {dem harfner) niemand ein haar krümmen, viel
weniger ohne seinen willen abschneiden solle. Göthe 19, 11.
vgl. die bibelsprache : und ein haar von eurem heubt sol nicht
umbkoramen. Luc. 21,18; darumb ermane ich euch speise
zu nemen, euch zu laben, denn es wird euer keinem ein har
von dem heubt entfallen, aposlelgesch. 27, 34 ; nun aber sind
auch eure bare auf dem heubt alle gezehlet. Matth. 10, 30.
h) es ist kein gutes haar an ihm, er ist nicht das geringste
wert: wann je eins das ander ausschreiet, es sei kein gut
haar an ihm. Simplic. 1, 330 (Kurz), wann er selbst aber nobel
oder sonst ein gut haar an ihm gewesen wäre .. 3,123;
dem menschen treu zu sein, an dem kein gutes haar.
GöTHR 7, 69.
ist an dir abscheulichem menschen nun wol irgend ein ech-
tes haar? Gl-tzkow Lern u. söhne (1855) s. 5; sie {die kirche)
kündigt euch Versöhnung vom himmel an und ihr seid wirk-
lich verdammt, es ist kein haar an keinem unter euch, das
nicht in die hölle fährt. Schiller 123'. — Der ausdruck im
positiven sinne gebraucht: so dasz dieses fest ein eigentliches
frauenfest ist . weil es den frauen das zeugnis gibt . . dasz
an ihnen ein gut haar ist, dasz sie etwas wert sind. J. Gott-
BELF Schuldenbauer 32.
HA.\R
22
t) da ist ein haar vor, ein kleines hindernis. Frischbier (1865)
no. 1406; niederdeutsch sagt man auch: he het noch en bar
im nacken, dat em torugge holt.
k) haare klauben, haare spalten, kleinigkeiten pänlich sorg-
fältig untersuchen, französ. couper un cheveu en quatre;
mhd, du spaltest als ein milwe ein här,
dir Wirt üj einem orte ein pfUnt. USH. 2, 169'.
er kan das haar spalten. S. Frasi 1, 7l';
ich wil öch nun kein har spalten {nicht über kleinigkeiten vor-
würfe machen).
Eckstein rychstag bei Scheibte 8, 846.
s. haarklauber, haarspalter. — auf die haar spilen, ver-
lengeren, prolatare, auf die haar gespilt , verzogen , prolatatus
Maaler 202'.
18) man sagt es gleicht wie ein haar dem andern, was man
sonst gewöhnlich von den eiern behauptet (3, 76) : leicht möglich,
dasz der Staatskanzler darauf rechnete, Humboldt werde den
antrag, der einem exil ... so ähnlich sah wie nur immer
ein haar dem andern , unmuthig ablehnen. Prctz deutsches
museum 1867 s. 458.
19) oft fügt sich allitterierend haar zu haut:
här und hüt si abe slei^. Herbort 9755;
mit leib und seel, haut und haar. Simplic. 3, 282 Kurz, mhd.
har und hüt, höt und här, iforon zahlreiche beispiele Zingerle
allitleration bei mhd. dichtem p. 24. 26 gesammelt hat. das nähere
über diese allitterierende formel wird erst bei haut zu verhan-
deln sein.
20) eine Verwünschungsformel, deren raffinierte grausamkeit nicht
erst des näheren auseinander gesetzt werden kann, ist dasz du
haare kackst! {noch jetzt mit kräftigerem verbalen ausdrucke im
Dessauischen lebend) : Izick. ag fort is der Wechsler Goldschmid,
dem de Faust all sei geld geschosze, ich war in sei haus,
all all leer — au wäy ! mei hundert fufzig ducate. Mauschel.
dasz de hoor kakst — de goldschmid fort — mei verzig
duplonen ! krieg die krenk — 's reiszt mich in mei bauch
ganz kalt. Friedr. Müller Fausts leben (1778) 38. ähnlich im
SimpUcisämus : was? sagte hierauf der bauer, soll ich ein kind
haben, das mir nicht folgte? es musz mir den kerl wider
meinen willen nicht kriegen, und soll es haar scheiszen wie
ein wolf! 3, 319 Kurz.
21) noch zwei redensarten, die der gewerbesprache entnommen sind.
a) haare in die wolle schlagen, unredlich sein, betrügen, wie
der Wollenschläger (s. d.), der nur feines tuch bereitet, es durch
einnmcliung von haar fälscht: dafür hilft weder witzling noch
spitzling: darumb nur haar in die woll geschlagen, besser
ein ungerechter fried, als ein gerechter krieg. Fiscbart Garg. 209*
wer schlagen kan hör under woll
derselb zu hoff gern bliben sol.
Bbant narrensch. 100, 19.
noch jetzt wird gesagt hundshaare unter wolle schlagen. Eise-
lein 331 ; haare für wolle geben , das ist , einen ungleichen
tausch thun. Fbischlin nomencl. 174.
b) bei den tuchmachern hdszl zu halben haaren scheren des
tuches haare nur halb abscheren und die länge halb stehen lassen,
bis es nach andern proceduren erst fertig geschoren wird. Frisch
1, 388. hiervon die namentlich in Schlesien gebräuchliche redens-
art : eine sache zu halben haaren machen, nur halb und un-
vollständig machen, die dennoch auch eine andere deutung zu-
läszt: hunde werden oft nur halb geschoren, ihr vordertheil unbe-
schoren gelassen, datier sagt ein schlesisches sprictiwort auch halb
und halb, wie man hunde schirt. man könnte bei diesem zu
halben haaren machen demnach an die procedur beim hunde-
scheren gedacht haben, vgl. Fromman.n 3, 251.
Die manigfachen composita von haar aufzuführen, erscheint
überflüssig , da sich namentlich in der bedeutung H, 2 das «■wt
mit den namen aller haartragenden tiere verbinden kann.
HA.\R, f. höhe, berg:
0 Schwein ich wieder, wo ein bursch ich war,
auf meiner heimat waldbewachsner haar.
Freiligratb glaubensbekenntnis 19;
es singt ein vöglein auf der haar,
am Eibstrom und am Maine,
da liegt, der hier ein pflüger war,
erschlagen auf dem raine.
er war der seinen stolz und lusl,
ein bruder schosz ihn durch die brüst:
ich rausche leis im winde, ders., «estfdl. iommerlied.
Diesz alte und vielfach dunkle wort ist nur noch in gegenden
Westfalens lebend. Woeste bei Frommann 5, 348 kennt es nur
als name einzelner anliöhen einer hügelreüie, die sich im Süden
2*
23
IIAARA DER — HAARBAND
HAARBAND — HAARBEüTEL
24
der Ruhr hinzieht, neben bar erscheint das häufigere härd, icel-
dies auf denselben stamm zurückgelU; Förstemann namenb. 2,688
gewährt den Ortsnamen in Harun (Haium, Ilaran, Huren), Haaren
im Süden toa- Paderborn, der möglicher iieise hierher fällt, nur
zweifelnd setze ich notizen zur etyvwlogie her : auf der einen seile
bietet sich zur veryleichung dar griech. xo).-(or6s, xoJ.covt] hügel,
xo/.-ofc6v gipfcl , lat. cel-sus, cx-cel-lo, col-umna, cul-men,
cül-lis, das vielleicht für col-nis steht, litt, kcl-u hebe, kal-nas
höhe, kil-nas hoch, s. Curtiüs griecli. etymol. 1, no. 68; auf der
andern seite scheint noch näher zu stehen griech. xnQ-r,vov berg-
gipfel, haupt, welches aber wieder auf skr. firas köpf und damit
in eine völlig andere verwantschaßsreihe führt, die an unsicherheil
XU vieles bietet, alsdasz man weitere betracJUungen anknüpfen könnte.
HAARADER, f schwcd. harader, venu caidllaris.
HAARALAUN, n. auch fedcralaun, alaun in feinen haar-
oder federförmigen ci-ys^tallen. Nemmch.
HAARAMETHYST, m. ein amelhyst mit blutroten, haarfeinen
streifen auf blaszblauem gründe. Nemmch.
HAARANKE, f. in der Wellerau bei weiblichen personeu der
bug der unter die haube aufgeschlagenen langen haare, welcher,
unter dieser hervorstehend , den nacken bedeckt (s. anke occipul
1,378 1. damit dieser bug voller aussieht, dehnen jene personcn
ihn dadurch aus, dasz sie von beiden seilen die Zeigefinger innen
hindurch slcclen und wieder lierausziehen : das mädchen hat
eine schöne breite haaranke ; sie musz sicli^^bei ihrem vollen
haar eine bessere haaranke machen.
HAARAUFSATZ, wi. die künstliche Unordnung des haars, vor-
züglich am frauenkopfc {s. aufsatz 2, l sp. TIS): beide köpfe
haben eineriey haaraufsatz. Winkelmann 5,275; wollt eben
einen aufsatz probieren, sah einen frauenkopf auf einem ge-
schnittenen steine, der haaraufsatz gefiel mir. Fr. MiJixER 3, 139.
HAARAUSFALLEN, n. defluvium capillorum, alopccia. Frisch
1,388.
HAARAUSRAUFEN, n. : nachdem ich lang mit jämmerlichem
geschrei hin und her geloffen und mich mit haarausraufen
iibel gebärdet. Simplic. l, 4t> Kurz ; meine klagen sind ja nicht
das haarausraufen am sarg, es sind ja nur die thränen am
grabsteine. Leisewitz Jul. v. Tarent, i.acl 2.sc.;
was schlägst du deine hrust, o dit belrfibier häufen,
ihr Phrygcr weibervolk, was soll diesz haarausraufen?
Opftz 1, 223.
sprichuürllich : das ist zum haarausraufen, zum verzweifeln.
s. haar HL 5, sp. 14.
HAAR.AUSREISZEN, n. wie das vorige: in Vorstellung der
betrübnis gehl er bis auf das haarausreiszen. Winkelhann
1, 261.
HAARRALG, m. l) ein mit haaren versehener balg (s. balg 6):
man hat ebenmäszig gefraget: ob Myrons kuh mehr gefallen
würde, wenn man sie mit haaren bekleidete? und es scharf-
sinnig verneinet, weil sie dann einer kuh zu ähnlich wäre...
weil sie sodann für die kunst nicht mehr kuh, sondern ein
ausgestopfter haarbalg wäre. Herder 19, 57 {anliqu. aufsätzc).
1) Wissenschaf llich heUzl so die flaschen förmige hautverlief ung,
in weldier die haarwurzel steckt: in unmittelbarer Verbindung
mit dem haarbalgc. Kürte das deulsclie merinoschaf (1862) s. 86.
HAARRALLE, m. aegagropilus , balle von haaren im magen
ton widerkäuern: oft findet man, sowol in der kiihe als in
der ochsen in primo et secundo ventriculi lociilo runde
kugeln, so genannt werden haarballen, sind sehr leicht an
gewicht, und von unterschiedlicher grösze, etliche glatt, et-
liche rauchlicht und höckericht, Iheils schwarzglünzend, tlieils
gelb, grau und grünlicht, scheinen von lauter haaren zusam-
men gepackt. HuiiBERC 2,285*. auch haarball genannt, hüll.
haairbal, dän. baarbold, schwed. härboll Neünich 1,85. die
haarballen aus dem magen der gemsen waren bis ins vorige jalir-
hunderl offirinrll, s. gcinsenkiigel.
HAARRA.M), n. vinculum capillorum, Crinale, mhd. hirbant
(Benkcke-MCli.kr 1. 132*) und zicar nounl um das haar geordnet
zusammen zu hallen, als auch, in rrirhrrrr ausslallung , es zu
schmücken: ein schön weih on zucht ist wie ein sau mit
einem gülden hnrbnnd (gegen den griecli. text taaneQ ivuniov
iv (fivi vös). »jn-üchc Sal. 11,22; die ringe, die harband. Je«.
3, 21 ; und gab dir barband nn deine «lirn und ohrenringc
an deine obren, llrsek. 10,12; das wnrl harbanl reden ctlich
da« b »0 waich da» c» lautet barwani, ja etlirh nennen« har-
WfL wer nu nit wai-l die nigniliration und bcdeiitung dises
worli, namlicb da» gesagt isi von aincm band da man da«
bar mit bindet, wie k:iM crx tfibl >^rbr<'ili<'M i>il<'i k.Iimi '
IcKELSAMER B 4' ; harbant succinctorium , redimiculum vcl vilta
capilü. voc. itic. teul. ; reliculum vel retiaculum, i. c. parvum tele
vel hairbant. voc. ex quo 1469; harbant vitla Diefend. 624';
bald hatte sie keine rechten haarbänder, bald hatte sie alte
schuhe an, bald taugten die Strümpfe nichts. .Schuppius
(not) s. 444;
von eim land ich (ein krämer) ins ander lauf
und nacli dem dutzct mir einkauf /
nesiel, harpant und schiötterlcin,
pfeifen, Icckkuchcn und prenienwein. U. Sachs 2,4,4";
ach nein! was kontrafait, was bitten, singen, flehen?
was brief und hahreiiband? er kan nu taglich sehen
sie selber, nicht das bild. Rist Parnasg. C*.
haarbänder, wie andere gegenstände der loilettc, sciüeifen, hand-
schuhc u. s. w. wurden von damen des 17. jahrh. als liebeszeichen
ifaveurs) verschenkt, worauf die stelle Rists anspielt. — In der
Augsburgisciwn trachl hat das baarband, reich mit perlen gestickt,
lauge und noch durch das vorige Jahrhundert hindurch einen hervor-
ragenden llwil der groszen loilettc gebildet; im Altenburgischen ist
der name liormt (aus hörbant) auf einen kopfschmuck junger
mädchen übergegangen.
HAARRÄNDLELN, n.: allein mögen ire (der kaufleiUe) doch-
ter und Jungfrauen ein harebcndlin von seiden tragen, kaiserl.
reformalion guter polizei (1530) Bij'.
HAARRAÜM, m. qucrbalken, der das wasser vor dem gerinne
einer mühte in der höhe erhält. Sch.meller 2, 220; sonst fachbaum.
HAARREERE, f rubusidacus,himbeerc: das dritte gcschlecht
der erdbeeren wird zu teutsch lastbern und harbern genannt,
von wegen der weiszen, woilechtigen und haarcchtigen blet-
tcrn. Tarebvaemont. 430.
HAARREIZE, f 1) das ausbeizen der haare. 2) eine haar-
ausbeizende flüssigkeil oder salbe, enlhaarungsmitlcl , franz. de-
pilatoire.
HAARBENDEL, m. villa crinalis; ahd. fahspcndel Graff3, 1.18.
HAARBEREIFT, adj. mit reif in den haaren; von dem an-
gehenden greise gesagt, dessen dunkles haar schon weiszc stellen
zeigt, als ob reif darauf gefallen sei:
ihr, ihr süszen zuckermägdohen, ihr, ihr zartsten Pindustö'chter,
seid nicht wie die andern Jungfern, die da treiben ein gelächter,
wann ein haarhereifler buhler, wann ein gichtgekränkter freier
ihnen anzeigt seine üammen, ihnen anstimmt seine ieier.
LoGAü 3, 9t no. 77.
HAARBEREITER, m. wie flachsbereiter, tuchbereiter, der
haare zu gewerblichen zwecken zurichtet.
HAARBESEN, m. besen mit langen oorslen.
HAARBEUTEL, m. beutet in den die hinterhaare des kopfes
gesteckt wurden; eist nach dem jähre 1720 als Iheil der männer-
toilette aufgekommen, der erste deutsche lexicograph der ihn kennt,
ist Friscei (1, 3SS)'j welcher ihn (2, 140) auch haarsack, sacculus
in cervice quo conduntur capilli longiores nennt: der galante
Franzose half auch der nolh ab (nämlich die flatternden liinter-
haare unterzubringen), aber sein auskunftsmittel wurde also-
bald wieder eine zicrde der eleganz: er steckte die über-
flüssigen haare in ein zierliches, Haches, seidenes säckchen,
versah es mit schöner schleife und erfand so den haarbeutel.
Fai.ke trachten- und rnorfcnur// (1858) 2, 235; es waren die be-
dienten mit laterncn , welche die auf der schnellen flucht
verlornen hüte, pcrücken, haarbeutel. degen, schuhe, shawls,
zusammen suchten. E. T. A. Hokfjiann 8,28; trug eine seht
saubere weisze perückc mit einem breiten haarbc^ulel. 8, 108.
der haarbeutel kommt zu anfange dieses jaiirhunderts wieder aus
der mode und lebt nur noch in der redensart einen haarbeutel
haben, sich einen haarbeutel trinken, einen kleinen rausch haben,
auf welche redensart auch das bekannte HEnEi.se/ie rdtsel hindeutet .
ratlict lieber Jener, was bah' Ich Im fitin?
einer hats am köpf, ein niulror hats darin.
der Lammfell-husar wird sich einen liaarbeutel trinken zum
heiligen abend. Hoitki Chr. Lammfell 161; niederdeutsch aus
Westfalen hai heäd en harbül. Fromji, 5, 72, ebenso bei SchOtze,
Dämmert, nach Adelung towol wie nach Körte (.«. 185) soll
diese redcn.iart im sietienjdlirigen kriege entstanden sein und sich
an einen major der alliirten anlehnen , dir nach einem rauschi
statt des ordonnaninulszigen zopfcs den leichten haarbeutel trug,
ohne diesem direcl widersprechen zu können , musz doch darauf
aufmerksam gemacht werden, wir leicht solche anccdoten über dem
urspriimie nach nicht n-islandene redensarten erfunden werden,
wenigstens steht einen iKiarbeutel haben parallel dem sonstigen
n„i.;- (,,„/„■,„ .,/,/„-/,,.|i ,.|- |i;i| ,.in.<ii 7.-I'' ■■' '■■■•■'■' '•■..■■'■.■•.■ er
25
HAARBINDE — HAARBÜRSTE
HAARBUSCH — HAAREN
26
hat einen am ohr, er hat einen haken, tcelche vendungen alle
nn beschwert sein des kopfes verschämt bezeichnen.
HAARBI.NDE. f. ein breites haarband, die hauplhaare damit
surücJi zu binden. Adelcnc.
HAARBINDEN, n. viltatio, ligatura crinium. roc. ine. teut. i l'.
HAARBIRKE. f. beiida alba. Nemmch 1,597.
HAARBLATT, n. capillaria folia, haarblätter, haardünne
blätter. Nemmch 2, 841.
HAARBLEICHE, f. l) das bleichen der haare zu geverblichen
zwecken. 2) ort. tco diesz gesdtieht.
HAARBLEICHER, m.
HAARBLEICHEREI. /". das handirerk des haare bleichem.
HAARBLUME, /". trichosanthes, blume deren blütenblätter mit
hdrchen bewadisen sind. Nemmch.
HAABBODEN, m. die kopfhaut , worauf die haare wachsen.
Fbisch 1, 3SS ; oder hastu sonst keinen guten haarboden, so
setze eine baruque auf und sage so sei es die mode. Simpl.
2,311 (Kurz); ich sähe sonderlich einer veralteten groszmut-
ter zu, . . wie sie aus meel, eierklar , hirn , blut und grün-
span eine mixtur zurichtet und einem knaben einen erbgrind
daraus machte, nachdem sie ihm zuvor den allen bis auf die
gesunde haut abgewaschen und den haarboden auf ein neues
der gehürde nach abgeschoren hatte. 3, 305.
HAABBÖGEN, vi. plur., die locken der perücke: die haar-
bügen zu rüsten. Pbilander {Lugd.) 5. 2S7.
HAARBOLLE, f. jlachsknoten {s. bolle 2, 232): feuchter
grund ist ihnen [den feigenbäumen) sehr zuwider, sie hassen
die dünge und werden ungeschmack davon ; aschen , kalch
und haarbolen dangen ihnen besser. Hohberg 1,605*; har-
oder leinboilen, die samenbehäJtnisse des ftachses. Schmeller
1, 169. im Kärnthnischen das verbum här pöllen, den flachs zur
gewinnung des samens ausklopfen. Lexer 35.
HAARBOLZEN, m. ein kleiner ambos zum schärfen der sensc;
niederd. harbolten. D.\s.\eil 77. vgl. unter haaren schärfen.
H.\ARBR.\TEN, m. der ziemer eines wilden schweins. Adelc.ng.
H.\ARBREIT, l) adj. und adr. die breite eines haares habend:
ein kaum haarbreitcr spalt; eine haarbreile lücke; er wich
nicht haarbreit von seiner stelle. 2) neben diesem adj. er-
scheint auch ein subslantives neutr. haarbreit: räumt uns nur
ein haarbreit ein. Klinger 11,91;
ja solltest du auch den Homer
in Jamben übersetzen,
drob werden dich kein haarbreit mehr
die herrn minister schätzen.
(Göckingk an) BiJRGER 39'.
indes wird man dieses subslanlivum nicht als neutrum des unter
1) genannten adjeclivs in substantirem gebrauche auffassen dürfen,
es ist nur eine enge grapitische anrückunq zweier zu formelhaftem
gebrauche häufig verbundener Wörter, wie fuszbreit, handbreit,
handvoll. das gcschleclU richtet sich demnach nicht nach dem
zweiten worle , sondern wird nach dem ersten bestimmt: eine
handbreit erde, eine handvoll leute; um jeden fuszbreit erde.
Schiller 456'; Klnkels jedes eroberte fuszbreit erde {gcdichte
1S50 5. 364) scheint aus gelehrter reflexion entsprungen, man
schriebe besser um ein haar breit, wie eine band voll leute.
H.\.\RBREITE. f: werd' ich nicht um den zehnten theil
einer haarbreite über die schünheilslinie hinausfahren. Wie-
land 30. 452. s. haaresbreite.
HAARBUCHE, f. carpinus betulus. Neäxich 2, S95.
HAARBUF, »?i. plur. haarbüBfe: haarbüffc heiszen bei dem
frauenzimmer diejenigen abgclheütcn, über die stirne hoch
hinauf gezogenen und über gewisse dazu besonders verfertigte
Wülste oder haardrähter geschlagenen und angesteckten haare,
worauf der haubendraht gesetzt wird. Amaranthes fraucnzimmcr-
lex. (1773) 1, 1210. s. buf no. 4 bd.l sp. 491. — In theilen Mittel-
deutschlands ist das wort fem.: die haarbulTe, plur. -buffen.
HAARBUFFEN, n. das frisieren und nufbaw^chen des haares:
•'> einer mit haarpüffen umb gat {ist er weicldich). Diogenes
: Zürich ibhO) Gc'; fortcs, darunter müsse man nicht befehls-
liaber verstehen, welche sich in gaulluinmeln, degenstreifen,
haarbüffen, bartstrüuben, thrasonischen federn, ketten, stolzen
^ gebehrden, kleidern und worten auszeichneten, auszug aus
des landgrafen Moritz darslellung seiner reform der hessischen
Volksbewaffnung v. j. 1600, bei Rojimel hess. geschichle i,2 sp. 752.
HAARBULL, m. scolopax gallinula. Nemnich 4,1253. j. haar-
-rhnepfe.
HAARBÜRSTE, f schwed. hSrborste, womit die kopßaare
•jcbürstel werden, niirh kopfbürsle genannt.
H.^ARBUSCH, m. nnl. haarbos. 1) copiU'dium, dichtes haar
das wie an busch auf dem köpfe steht: er hat einen wahren
haarbusch. 2)capillatio, haarbusch, haarzic/ de, haarschmuck,
corymbus haarbusch der weiber. Mattbiäe lat.-deutsches lex.
(1761) 1, 214", 366*. dieser haarbusch, ein hoch hinauf geklimm-
tes gewirr sowol natürlicher als künälicher locken, ist der frauen-
toilelte des 17. wie des 18. Jahrhunderts eigen, auf ihn beziehen
sich die 2, 559 angeführten vcrse :
umbsunst ist dieser pracht,
nim doch hinweg den busch, lasz ab von deinem prangen.
Weckhkrli!« 715.
die mdnnertoilelte zu anfang des 19. jahrh. kennt den natür-
lichen haarbusch, den tiluskopf, ein wild über haupt und Stirn
starrendes haar : jabot heraus und den haarbusch des Titus seit-
wärts aufgebürstet. H. Koexig könig Jeromes carneval (1S55) 1.292.
H.\ABBÜSCHEL, m. cajillüium: mit zurücklassung eines
haarbüschels in seiner band. Immerxann Münchhausen 4.77;
an den extremitäten sind dir überflüssige haarbüschel ge-
wachsen. 2, lOS; capillitium ein haarschopf, haarbüschel auf
dem köpfe verschiedener vierfüsziger thiere. Nemnich 2. S42;
beim Schafe: jedes vliesz besteht aus einer menge mit einan-
der verbundener haarbüschel , stapel genannt. Körte das
deidsche merinoschaf (lS62) s. 90.
H.\ARCOLL.\TION, f.: derowegen dieses die beste revange
ist, wenn er {ein reisender) zur lust etwas kleine münze,
dasz es die jungen sehen, auf die erde wirfet, da denn die-
selben nicht ermangeln, über dem auflesen einer dem an-
dern die haare mit denen fingern auszukämmen , zumahl
wenn etliche darzu laufen, denen vorhero schon etwas mit-
getheilt worden, indem dieselben nicht mit aufraflFen sollen,
welcher zank denn ohne haarcollation und schlage nicht ab-
gehet. Behrens Hercynia curiosa (1703) s. 180; secundum po-
culum est litigium, die haarcollation und schrammschlagen.
GcMPELSHAiMER gymnasma de exerciliis academicorum 434. niederd.
under den godlosen ehelüden erhevet sick oft grot twist
unde strid . . . kratzebalgen und strevekatten sick tho hope,
holden haarklatzien tho samende. N. Gryse bei Schiller, meck-
lenb. thierb. 3, 7' ; harUlazien, harkollatschen, Schlägereien, da
man sich bei den haaren zauset. D.^hnert 176'. rfas ^ci^en-
seitige haarraufen wird also hier unter dem bilde einer gaslerei
gefaszt. zu der ein jeder seinen antheil steuert, s. collation.
H.\.\RDECKE, f. 1) jede mit haaren rerseliene hülle oder decke;
so das haarbekleidete feil eines tieres, z. b. des schafes: der
gröszere umfang der äuszern haardecke (vliesz). Körte
merinoschaf 125. — 2) cilicium, gewebe aus gröberen oder feine-
ren tierhaaren. Schedel waarenlex. (lS34) 1, 4S6; ohcA haar-
tuch genannt.
HAARDICHT, adj. heiszl bei den schafzüchtern das dicht mit
wolle bestandene Schaffell.
H.\.\RDRAHT, m. draltt worüber nach der mode des IS. Jahr-
hunderts das kopfhaar geschlagen und aufgesteckt wurde. Aharan-
THES frauenz.-lex. (1773) 1, 1246.
HAARDRUSE, f. capillaris glandula. Nemnich 2, 841. s. drus,
druse 1, bd. 2, 1458. da druse beim bergmann auch eine mit
krystallen ausgefüllte ncUürliche hOhlung in geslein bezeichnet
(Gätzschmann 21), so wird haardruse der kTystallinische flusz-
spath genannt, der in feinen fdden solche hühlungen erfüllt.
HAARDÜNN, adj. capillaris, holländ. haairdun, schwed. har-
funn : haardünne fihern (blätter, pflanzen). .Nemnich 2. 841.
HA.\REFLECHTEN, n. das flechten der haare: welcher gc-
schmuck {der weiber) «ol nicht auswendig sein mit harflechten
{eu7T/.oy.r;s Tor/cöi) und gold umbhengen oder kleider an-
legen. 1 Petr. 3, 3;
der schmuck der zarten Trauen steht nicht im haareflechien.
drum lassen sie sie fliegen zur linken und zur rechten.
LoGAi: 2, 60, 39,
mit beziehung auf die siile nach 1630, die haare des hinterhaupis
in locken über nacken und schultern fallen zu lassen.
HA.\REISEN, n. l) calamislrum. Frisch 1, 388, zum kräw^eln
der haare, sonst kräuseleisen , mhd. krflilisen. 2) beim gerber
das eisen, mit dem er die haare vom feile streicht.
HA.\RELOS. adj. deijilalus , calvus: der Spiegel, den ich
halte, ist nur der der eitelkeit, und doch kann ich nicht
vergessen, dasz ich zahne-, nägcl- und haarclos bin. freih.-
büchl. 74. .«. haarlos.
HAAREN, terb. in mdtrfacher bedetäung. l) transitiv depilare:
hären crinisare l. depilare. voc. ine. thetU. i l\ jetzt noch in der
technischen spräche der gerber: haaren, die haare abschaben
depilare Frisch 1, 388. daher raufen, sich in die haare ge-
Ü1
Haaren— ttAAREssPiTZE
HAARFADEN — HAARGEMENGE
28
ralen (sp. 14. 15): crinisare haren, raufen, har usz raufen.
DiEFENbAcii 158"; baareo, beim haar ziehen, iniplicare coniam
manu. Maaler 2^3 ;
ein meer ist sie, des wellen nimmer schlafen,
drauf ewig sich die tollen stürme haaren,
ein falsches meer. Uhlaisd gcd. 517.
SO mundartlich in Känüen an hären, einem die haare ausraufen.
Lexer 134, abgeblasztcr in Baiern und Tirol: baren zanken,
streiten, trorlurchseln Schmeller 2, 225. Frommann 6, 145. 2) in-
transitiv und meist reflexiv sicii haaren, die haare verlieren : das
wildpret haaret Adelung; die katze, der hund haart sich,
icofür auch die umgelautele form gilt:
im Winter wächst sein pelz, im somraer h8rt er sich.
RccKERT wi'ish. des brahm. (183(5) 1, 194.
HAAREN, verb. schärfen, namentlich die scnse scharf machen;
ein durchaus von dem vorigen verschiedenes wort, mit tirsprüng-
lich kurzem vocal, nur in fiiederdcutschlaud üblich. Dähnert l'C'.
Danneil 77. das verbum ist für die ältere spräche nicht nach-
iuveisen, ieol aber subslantivbildungen aus seiner ivurzel: goth.
hairu-s, alts. heru, ags. heoru, altn. liiarr schwert als die
scharfe, schnädende waffe führt zuruclc auf sanskr. ^r-nämi spalte,
verletze, griech. xsiqoy für xtQ-jco ; auch tat. cul-ter messer ist
dieser u-urzel ents}iiungen. dasz das goth. har-du-s, ahd. hcr-fi,
ags. hear-d, unser har-t ihr zugehört, wird am betreffenden orte
darzulegen sein. — Es musz haaren, wenn wir seine bedeutung
als denominativum genau in 'schärfe geben' fassen, auf ein subsl.
har schärfe schlieszen lassen, was erhalten scheint in dem compo-
situm haregge scharfe schneide der sensc. DXunert 176'; vergl.
auch haarbolzen, baarbaminer.
HAAREN, n. l) das haareverlieren der tiere. 2) in obei-deul-
schen mundarten (Fromm. 6, US) das raufen.
HAAREN, HÄREN, adj. cilicinus: barin crineus, est aliquid
factum de crinibus ; heren cleit cilicium , silicium, est vestis de
pilis caprarum contcxta. voc. ine. Iheut. i l', wie es viönclie und
einsiedler des gelübdes der armut wegen, auch zur kasteiung
trugen, die sonne ward schwarz wie ein harin sack und der
inond ward wie blut. offenb. 6,12; er als ein verschmitzter
weit- und ^isvogel, flick auf stück und tück, der etwan auf
dem eis, wann der Rhein ubergefroren, gemacht was worden,
halb wüllen und halb harin, wie des Juden grama. Garg. 2ll';
sie {die ketzer) geben nicht einen pfifferling um der klauszner
und einsidler bannen kieid {plur.). bienenk. 199 ; über die-
•sem abgegangenen und doch zu viclmalen verbesserten rock
trug ich das hiiren hembd (des änsidlers). Simpl. 1,65 Kurz;
ein härines sieb, ein härines tuch. Hohberg 3,1,157*. 161";
sie sprach, mein lieb die wer ir fremd,
ich trug dann an ein hefein herad
durch iren willen wo! zwei jar
und luge das nimmer ab furwar. fastn. sp. 122, 25;
si ist mir lieber als ein herer (für heriner) strick
den ich nacket gürtet ümb mich. 633, 2;
musz hart erfrieren in der meiton,
in non, vcspcr und der completcn,
ein heren hembd ich auch aiiirag
am leib, die nacht und auch den tag. II. Sachs 4, 3, 62';
denn es deckt die cdeln glieder
härenes gewand. Schiller 64' {ritter Tnggenburg) ;
als ein mönch in haarnem tuch. J. H. Voss 6, 197.
.;u« vorstehenden beispielen erhellt zugleich, dasz die umgelautele
jiirm des wortes und die nicht umgelautele bis auf die Jetztzeit
herab neben einander gebraucht werden, nur wenn das adj. den
letzten Iheil von compositen bildet (kanicelhaaren, rosshaaren,
Ziegenhaaren) ist der umlaul ungewöhnlich.
HAARERZ, n. erz in dünnen haarfbrmigen faden; vgl. haar
11. 4 und baargold, baarsilber.
HAARERZEL'GCNG, f.: pomade zur haarerzcugung uirrf 6ci
der zunehmenden kahlkOpfigkeit unserer mdnnerwell in Zeitungen
jrtzl besonders häufig angekündel.
HAARESBREITE, f.: der drcisziffste theil einer haares-
breitp. Ka>t 9, 71 ; gerücble, die so vollständig aus der lufl
gegriffen sind, dasz mit keinem bucbstabcn jemals der min-
deste anlasz gegeben ist, der einer üolcben eriindung auch
nur die haarchbreilc räum darböte, auf der eine lUge fusz
fanden konnte, or. Rismarck in der reicIistagsitUzung v.is.mdri
I><fi7. I. ha.irtircite.
HAARESDICKE, /■..- ein driltei einer haarcftdicke. Kant 9, 71.
n* Uit^s^lMTZE, f: der bewein ist »o auf einer haares-
»pr Kamt 2,325; da* gleirbgewithl , welches gc-
ttuif /i und ouf einer baarnnpitze Rcbwebt. 3,308.
t. biuirspilze.
HAARFADEN, m. haarfeiner faden. Nehmcr.
HAARFALL, «i. capillorum deftuvium. Hederich 1199.
IIAARFARB, adj. badius. Frisch 1,389. $. haarfarbig.
HAARFARB-E, f. 1) färbe des (menschlichen oder tierischen)
haars: auch hasen und fiichse linden sich in den eisregionen,
veründern dann aber ihre haarfarbe. ausländ 1867, 355'. —
2) die kastanienbraune färbe, welche bei den haupthaaren der men-
schen am häufigsten getroffen wird. Adelung ; harfarb aridorum
foliorum color. Stieler 433. die färber nennen haarfarbe eine
färbe, die aus Ziegenhaar entsteht, welcfies mit färberröte sehr
stark gekocfU ist , und die nachher zum rotfärben gebraucht wird.
Jacobsson technol. wörterb. 2,179'. — 3) färbe zum haarfärben.
HAARFÄRBEND, capillos lingens: deiowegen Henge ich an,
mich mit gänsschmalz, läussalbe und andern baarferbenden
ungventen . . . fleiszig zu beschiniren. Simpl. 3, 134 Kurz.
HAARFARBIG, adj. die färbe des haars, vorzüglich des mensch-
lichen kopßaars habend; vgl. haarfarbe 2.
HAARFASER, f faserwurzcl der pflanzen.
HAARFEDER, f. flaumfeder junger vögel; vgl. haar II, 2 (sp. 12).
HAARFEIN, adj., sctiwed. liarfin, von der feinheit eines haares:
das glas bat einen haarfeinen sprung; hier ist eine haar-
feine ritze; abstract redet man von haarfeinen unterschieden.
man sagt aber auch in anderm .wmc ein tuch, ein gewebe ist
haarfein, wenn es aus feiner wolle gewebt worden ist.
HAARFELL, n. behaartes feil: der götze ist aus holz grob
geschnitzet, mit federn und haarfeil bekleidet, pers. reise-
beschr. 3, 4.
HAARFEST, n. tendo. Hedericu 1188; Frisch 1, 388. vgl.
haarwachs.
HAARFLAÜSCH, m. büschel haare (s. flansch 3,1737); die
folgende stelle meint mit dem worle die zupfe: dasz in diese
langausgezogenen haarflausche ein böser geisl dem menschen
anwachsen könne. L. Tieck ges. nov. 8, 370.
HAARFLECHTE, /. 1) geflochtenes haar (vgl. 3,1738): har-
flechten corniculum, cirrusidem. voc. ine. theul. il'; ihre licht-
braunen haarflcchtcn. Gütiie 17, 252; für die haarflechten
legte sie eine goldene kette zurecbt. Immermann 3/t«Hc/i/». 4,127;
frauen und kiuder .. die ihre verfilzten dicken haarflechten
sonntäglich mit verschossenen bändern geschmückt haben.
Europa 1865 sp. 1540. die müde des 17. ja}irhunderts kennt auch
haarflechten auf männlichem köpf (s. haarlock, baarzopf):
verbrennet die baarflechte (von dem hauiie eures btJilen) zu
pulver, so wird euer buhler über 2 stunden zu euch kom-
men. Happel acad. rom. 342. 2) baarflechte usnea. Nemmch.
HAARFLECHTERIN, fpsecas, ornatrix. Hedebich 1188; haar-
flechterin heiszt dasjenige wcibsvolk, das den perückenmacbern
die gebacknen und aufgekräuselten haare reibenweise in lange
tressen flicht und setzt. Amaranthes frauenz.-lex. (1773) 1,1245.
HAARFLECHTÜNG, f composilio capillorum, discerniculo aut
calamistro facta. Stieler 517.
HAARFLIESZUNG, f: alopecia, die haarflieszung so eiin
das haar ausfallt. Dasypodius 292*.
HAARFORMER, m.: der baarformer und zopfprediger Meii-
seler. J. Paul Hesp. 3,205.
HAARFÖRMIG, adj. formam crinium prae se ferens: haar-
förmiges erz Adelung; haarfürmige krystalle.
HAARFOTZ, m. vitlus (s. fotz bd. 4 sp. 44) : villus ein haarlock,
haarfotz Dasypod. ; haarfotz, zott, villus Maaler 14o'. 203*.
HAARFRISLR, f. capillatio: der begriff einer haarfrisur
oder kopfbedcckung hört ganz auf. Falke modenw. 2,279; die
reiche rötbiicbc haarfrisur, welche ihr baupt bedeckt, niorfrn-
zeitung ts«« s. 109.
IIÄARFROST, »I. zoltichte reiffasern, die sich zur winlersxeü
an bäume und pflanzen hängen. Schmeller 2, M6.
IIAARFLLLE, f fidle, menge von haaren: umstünde welche
auf die baarfulle des Stapels einflusz haben. Körte «lerino-
schaf s. 121.
HAARGANS, f. fulica: hargansz voc. ine. theul. i l'. mhd.
horgans. Ben. 1,478; es i<r die gans, die auf den sumpf (mhd.
bor) des teichtmdens laucM.
HAARGEB.VrDE, f. struclura e capitlis facta : mit der Schnel-
ligkeit der milde fliegt die neue eründung durch die civili-
sierle well, um Rchon am nücbsicn tage von einem andern
haargebiiudc wieder verdrüngt zu werden. Faikk 2, 27!>.
IIAARGEFÄSZE, n. plur. haarfeine gefdsze des tierischen Ai.r-
/«•rji, cofiillaria va.ia. Nummch.
HAARGEMENGE, n..- Rilrger verfertigte einst ouf den ihm
an»(Oszigen ungebcucrn boarbcatel eines primaners ein epi-
29
HAARGESICUT— HAARUUSCUE
HAARICHT— HAARIGEL
30
gramm, welches eine sulche Wirkung auf den herrn des haar-
beutels machte, dasz es in der scbide zum haargemenge kam.
Althof IS. vgl. haarcollalion.
HAARGESICHT, «. mil haaren betcachsenes gesteht, dann auch
der träger eines solchen : pfui, Uli ! so ein haargesicht, so eine
iltishaut, so einen tanzbär. arme mann im Tockenb. Tl.
HAARGESPON.NEN: sie hett lang goldgelb haar, ja haar-
gespunnen gold, nach dem gewicht Absalons. Garg. 76', haar
welches icie goldene fäden scheint.
HAARGESTIKN, n. cometa: schwantz- oder haargestirn.
LoBE.NSTEiN- Arm. 1, 574. s. haarstern.
HAARGEZWEIGE , n. die wie haare herabhangenden zweige
(der weide) :
schlanker weiden baargezweige. Götuk 47, 52.
HAÄRGOLD, n. gediegenes gold in geslalt zarler haare. Jacobs-
so.N lechnol. üb. 2, ISO*.
HAARGRAS, h; elymus arenarius, auch sandhafer, Strandhafer,
sandgras genannt. Nemmgu.
HAARGURKE, f. sicyos. Wilbrand handb. der bolanik 524.
HAARHAMMER, m. hammer zum schärfen der sense. Adelc.ng;
haorhaomer. Da.nneil 77'. s. haaren, schärfen.
HAARHAUBE, f. 1) reticulum capillare, vitta crinalis: galeri-
cum ein haarhaub. Alberis J2'; hoerhaub. Diefesb. 256*;
harhftben villa 624'. neben der sitte, das haar frei uallend,
nur durch den schapel (s. d.) zusammengehalten zu tragen, be-
gegnet bereits im früheren mUtelaller das zusammenlegen des haars
in eine elegante hülle, nicht blosz bei frauen :
si want
in eine sidiiie hüben
da; här. Oieseb 161, 15,
sondern auch bei männern , doch ist es hier zeichen der slutzer-
haftigkeil :
in eine hüben er ej vie {das haar)
diu was von bilden wxbe.
meier Iletmbrecht 14, vgl. 275.
zur allgemeinheit wird die sitte bei beiden geschleclilern seit dem
ausgange des 15. und namentlich im 16. Jahrhundert, wo das haar
unter zum Iheil kostbarem sloff knapp um das haupt liegt: it€m
sollen die kauf und gewerbsleuthe in stetten kein sammat,
damast, atlasz oder seidenrock, goldt, silber, berlin, seiden,
golt und silbare harhauben tragen, kaiserl. reformat. guter po-
licey (1530) Biij ; desgleichen mögen sie {die von adel) gülden
ringe und harhauben .. tragen. Biij'; köstlich perlingestickte
haarhauben, und die sammele paretlin darauf, auf die Meisz-
nisch art zur seilen hangend. Garg. 2Sl'; (sie halte) kreiden-
weisz nägelein haselnüsz grosz, dardurch das leibfarb heut-
lein herfür scheinet , wie die gülden harhauben under den
w eiszen schieiern. 77' ; Mariana . . setzt ein baret über die
harhauben. Avrer 406';
als gülden haarhaubn, gheng und kettn. 112*.
haarhauben darein man das haar bindt, vitta crinalis, reticulum
capillare; die haarhauben abziehen, das haupt entblöszen
crinales sohere villas. .Maaler203'; harhaube reticulum capillare,
vitta crinalis. Stieler 792.
2) hierneben ist die haarhaube vor erßndung der perücke eine
vorläuferin derselben für kahlköpfige leute , sie wird zu diesem
zwecke mit falschen haaren ausgestopft und auf dem köpfe fest-
gebunden:
wen list von einem ritter da;
daj er kal von natura was
und äne här, da; was im leit.
DU bat er ein gewonheit,
da; er üf baut ein hüben guot
mit bare. edetstein 75, 1/f.
diese art haarhauben kennt noch Fbisch : haarhaube, eine art
perüeken 1, 388.
3) polytrichum, die sonst hiarmos genannte pflanze. Wilbrand
handb. der bolanik 651.
HAÄRHAUT, f eine hautartige schimmelbildung (s. haar H, 3
sp. 12), triclioderma, deckschimmel, haarnetz, haarhaut. Rabex-
HORST Deutscläands kryptogamen-flora 1, 259.
HAARHEMD, n. hemd aus haaren, vgl. härenhemd.
HAARHOI^, n. prunus padus, schwarze vogeVcirsche. .Nemsich.
HAARHORN, n. in form eines hornes frisiertes haar: es ist
interessant zu sehen, . . wie die haarhörner und ähnliche
gebäude sinken und das haar sich in kleinerem lockenge-
kräusei um den köpf sammelt. Falke 2, 198.
HAARHUSCHE, f. schnelles raufen der haare {vgl. husche
und huschen): eine haarhusche, ein raufen oder unver-
muthele haarrupfe. Frisch 1, 479 ; oder zeucht mir sonst eine
harhuschen. Lctbeb lischr. 206*; so wirt er uns eine gute
harhusche geben. 42ö'; und von unsert wegen höhn und
spott , streiche und harhuschen gewarten. Matuesiüs faslen-
prediyten 52' ; (sich zankende eheleute) hebben einen kattentoch
mit einander, mit mulschelligen backenscblegen und haer-
huschen. N. Gryse bei Schiller, mecklenb. Ihierb. 3,7*; neulich
gab ich ihm etliche harhuschen, wenn es wieder also käme,
so kriegt er wohl gar einen Schilling (ohrfeige). Cur. Weise
komöd. 319 ; wenn jemand deinen leib ins gedränge brächte,
da auf einer seile ein kopfstosr, auf der andern eine haar-
husche erfolgte, kl: leute 304.
HAARICHT, HÄRICHT, adj. mü haaren versehen, ags. hae-
riht; ein ahd. haroht ist bis jetzt nicht bezeugt, so wenig wie
mhd. hareht. die umgelautete form läuft neben der unumge-
lauteten her, doch namentlich für die neuere spräche in seltenerem
gebrauch: hericht, berichtig pilosus Diefesb. 435*; sie (die
bienen) schwärmen umher, von blume zu blume und ver-
bergen nachsuchend die kleinen haarichten häupter in den
kelchen der blumen. Geszner 3 (1770), 145; der Patrioten-
caspar . . umschlang die knie des alten mannes mit seinen
hageren und haarichten Täusten. Immerma.n.n Münchh. 4,28;
ein kind mit härichtem gesiebte,
das einem hasen gleicht. Gellert 1, 154;
der Spiegel warf, was er empfleng, zurücke,
ein närrisch haarichtes gesiebt
mit einer struppichten perücke. 1, 281 ;
und soll ein hericht kleid X jar tragen. Albehds widder Jörg
Wüzeln Me'; gezeserlet, haaricht, voll fasen fibratus; radix
capillamentis fibrata Hesisch 1009; haaricht silber, gediegen
silber, das wie ein püschlein haare im gestein und drusen
lieget, bergw.-lex. 280'. — Oberdeutsche mundarten, namentlich
die sdiweizerische, gewähren die erweiterte form haarechtig: haa-
rechliger stern cometa Dasypod. ; haarächtig, der lange haar
tregt oder vil haar hat ; rauch von haar und slächend gleich
ein seuwbürst. Maaler 203'; von wegen der weiszen, woll-
echtigen oder haarechtigen blettern. Taberxaem. 430.
Wie haaricht und haarig der bedeutung nach sich nicht scharf
scheiden, und im nhd. schon ton langer zeit her einander ab-
lösen können (gramm. 2,382; hang, oder harechtig crinitus,
horridus, hirsutus Serrancs syn. M 5') , so hat die letztere form
die erstere in der neuesten zeit entschieden zurückgedrängt.
HAARIG, HÄRIG, adj. und adv., crinitus, pilosus, hirsutus,
engl, hairy, schwed. härig, dän. haarig: der härig bock ist
der könig in Graecia. Reisz.ner Jerus. 2, 47' ; und wie etlicli
sagen, der äff habe ein zottächt dick haar, so sieht man
das si unden am bauch und überall an allen glideren , die
sich wie andere thier uff die erden neigend, haarig sind.
Forer Ihierb. l*; seine (des neuen Statisten) äugen sein mehr
als luchsen, auf alle renken ihme geld zu machen : hingegen
die obren , dem bono publico zu dienen , härig und mit
wachse erfüllet. Bctschky Pa/m. 297; die karfunkeln am haa-
rigen kinn. Kotzebce dram. spiele 1, 25.
Im uneigentlichen sinne sagt vornehmlich die heulige Studenten-
sprache ein haariger (tüchtiger) kerl , wobei man sicli an das
erinnern musz, was oben unter haar 111,10 (.«p. 16) über den
vollen haarwuclis als zeichen der kraft und tüchtigkeit' gesagt wurde;
auch eine sache ist haarig schwer, haarig theuer, indem die
Vorstellung der kraft und tüchtigkeit in die des hervorragenden,
ungewöhnlichen, übergeht, ferner im gemeinen leben das ist
haarig, stark, ungeheuerlich, da giengs haarig her in hohem
grade heftig oder wild; ebenso haarig schwätzen unflätig, ohne
schäm, anders ist in Baiern haarig erbärmlich, schlecht, gewöhn-
lich in Verbindung mit nissig, \ausig stehend: es get mir härig,
lausig; ein häriger, nissiger kerl Scrm. 2, 225; zum Ver-
ständnis dieser redensarten müsle man etwa an ein haar in einer
sache finden für Widerwillen, ekel haben {sp. 19) anknüpfen,
denn das von Schseller zur deutung zweifelnd herangezogene ahd.
harac lugubris (Graff 4, 465), das nur einmal gewährt wird,
steht für charac und ist das heutige karg (5, 213).
Da haarig, wie das vorhergeliende wort, nur schwankend Um-
laut erfahren hat, .<o erscheinen auch seine composila bald mit,
bald ohne diesen: blondhaarig, blondhärig; ebenso braun-,
drei-, dunkel-, dünn-, flachs-, gauch-, kraus-, kurz-, lang-,
rauh-, roth-, schön-, schwarz-, wider-haarig tind -härig, doch
bevorzugt die heutige spräche die unumgelautete form.
HAARIGEL, s<. m. homo sordidus, scJümpfwort für einen un-
saubem menschen : folgends dreilau.iige. schlöfferige. flölibeiszige,
31
HAARKALK— UAARKLEIN
HAARKLUFT — HAARLAUGE
32
hundsOöhige, düttenwclke , inistfaule, fuszschläufige, zwibcl-
stinkende harigel, blasbelg, hurenbelg, scbleppseck , zwibel-
seck (von küciienmdgdeti). Gary. 47';
dasz man noch basz niöcht kennen uns haarigel all vier
mit unserm titel nennen ä la modo monsier.
Opel h. Coun 413, 4.
Der erste llieil des wortcs ist wie in baarguns das ahd. boiii,
vihd. bor schmutz; und während es jetzt noch im volksmunde in
Baden und in der Pfalz lebt, wird iW^iia-ilen des Osleilandes das
begrifflich gleiche dreck-igel gebraucht, vgl. igel und seine com-
posUa sau-, scbwein-igel.
HAARhALK, «i. viil kdlberhaaren gemischter kalk, wtc er zu-
ucilen zu mCitlel gebraucht wird.
HAARKAMM, f?i. pecten. Steinüacu 1, S23.
HAARKAPPE, f. polytrichum . Kemmch ; nach der form so ge-
nannt, gewöhnlicher baaniiüos.
HAARKEIM, «i. keim des haares: die bildung der ersten
haaraiiiage, d. h. des baarkeiines. Kökte merinoschaf (1S62) 123.
HAARKETTE, f. 1) kette die in das haar der frauen ge-
schlungen ist:
schmelzröschen mitten drauf, liaarketten in das haar,
auch wol zum ühertlusz die nestelnadelpaar.
Racuel (noO) 140.
2) auch eine kelle die aus haaren gefcrliyt wird.
HAARKIES, m. trichopyritcs, in zarten nadel förmigen säulchen
vvrkommendtr gediegener nickel. Gluckek mincralugie (1839) 32S.
HAARKLAR, adv. accuratissime, platiissime: wann sie sie gc-
dultig anhören wollen, wolle sie alles haarklar erzählen, wie
es hergegangen. Simplic. 2, 306 Kurz. vgl. haarfein, haarklein
und aufs haar, bis aufs haar (sp. 20).
HAARKLAUBER, m. der kleiniykcilen peinlich sorgfältig be-
arbeitet (vgl. klauben bd. 5 sp. 1021. 1022): er halte fünfzig und
mehr gesellen, der eine lernte nichts als Stuhlbeine schnei-
den, der andere lernte sie ausarbeiten , und der dritte po-
liren. nach einer nolhwendigen folge behielt er diese seine
gesellen , wie sie alle haarklauber in ihrer arl und meister
lür sich waren, als faglohner neben sich. Moser patr. phant.
1, 1S2.
HAARKLAUBEREI, f.
HAARKLALBERISCH , adj.: die dispositiones rbeloricas
so genau hierin zu suchen, scheint haarkläuberisch zu sein.
MoRiioF unteir. 616.
HAARKLEID, n. kleid oder hülle aus haaren: der leib {des
fuchsci) erscheint seines ziemlich dichten haarkleides wegen
dick. Bbehm illuslr. thierleben.
HAARKLEI.N, adj. undadv.pilo sublilior; accuratissime, pla-
nissime (vgl. klein II, 1, c th. 5. sp. 10S8). es niusz ursprüng-
lich vom spinnen gegolten haben, bei welchem der faden zu der
liöclist möglichen feinheU, zu der eines haares, gebraclit werden
sollte, da ■die begriffe fein, klar (5,989) und klein als rechte
sjnnnerausdrücke erscheinen; es findet sich indes nur in über-
tragener bedeutung verwendet, namentlich in Verbindung mil ver-
ben des seitens, wissens, erfurschcns und anzeigens: sieb, sieh
die folgen davon haarklein. Hamann 1,474; wir wissen es
alles zum haarkicinsten. Sciiocn sludenlenleben ; bis ich alles
haarklein aus ihm heraus gelocket. I'ierol 2,95; und nahm
damit ein schön paar armband vor die eine und eine köst-
liche Stirnspange vor die andere der Selichae kammerjung-
fern, mit denselben schmierete sie eine nach der andern,
bis sie alles haarklein erfuhr. Simpl. 4,781 Keller; denmach
ich ihn aber freuHdlich in die arme nahm luid an nieine
brüst druckte, mit bitte mir zu erzehlen was ihm anlege
und wie ihm zu helfen sein mögle , beichtete er mir alles
haarklein heraus. Simpl. 2, 23ü Kurz; bis sie haarklein ge-
beichtet. KorzEBL'E dram. sp. 2,173; er soll alles haarklein
bekennen. Fb. .MCuer 2, ItO; sie hatte mich schon in der
gutsche haarklein berichtet. Jucundiss. 60; ich hatte ihr ..
schon alles haarklein vorgetragen. GOthe 48, lo4 ; alle . . .
werden hieniit durch mich, den berold vorgeforderl, und be-
fehligt, aUofort vor den aldcrmännern zu erscheiuen und
daselb«! namentlich, vernehmlich, wie auch haarklein, ihre
allersciligen ausrufe oder ankündigungen anzuzeigen. Ki.op-
•Toc« li, 270 (ijelciirltnref/uOliki ; darauf ur/.ehlte ich ihm alles
haarklein, üimpl. 3,72 Kurz; ich erzablii- ihr haarklein, wie
das ding zugegangen, arme mann im Tmkenb. 73; wenn sie
mir zeit la»»cn wollen, »o uill ich ihnen alles haarklein er-
zählen. \Viti.A5ih 11,301; cnlschliesz dich im augcnbliekc
iüies haarklein i\x crztibicu. Lenz I,I7i. ; wenn dr. Raphael
ankommt, so laszt euch alles haarklein erzählen, was wir
nicht schreiben können. 7, 425 ; nicht lange, so gesellte sich
der Sühn zum vater und erzählte ihm alles haarklein wieder.
GöTiiE 22, 00 ;
wir männer tadeln stets das gute l'rauenzimmer,
und wissen inmier viel und sind doch zehnmal schlimmer;
man mutzt un ihnen stets auch alles haarklein aul.
GÜMUER 4S7.
HAARKLUFT, f. enge kiuft nur von haarcsbräte (klüfte ..
sind auch bisweilen schmale gänge, oft kaum eines Stroh-
halms dicke, bergw.-lex. 33l') : schmale gänge von hornstein ;
sie kommen vor als haarklüfle , sodann in der breite einer
linie bis über zwei zoll. Götiie 51,15; ein granit .. durch
weichen feine haarklüfle, mil hornstein durchdrungen, hin-
durch gehen. 51, 124.
HAARKiSOTE.N , «j. knoten aus haaren geschlungen, eine fri-
sur: bis sie endlich die unbeschreiblichste Sehnsucht empfan-
den, ihre bäupter auch mit solchen dicken baarknoten zu
schmücken, allg. modenzcilg. IStiO «o. 27 s. 430*.
HAARKOPF, TU. hauptschmuck von haaren der weiter. Friscu
1, 338. als besondern brduleschmuck und als änen von liaaren
in die höhe gezogenen, mit büffen , zupfen, favoretlen und nest
ausgezierlen und durchschlungenen jnitz kennt und beschreibt Hin
A.MAiiANTiiEs fraucnz.-lex. (il'i) 1,1245. es gab auch solche von
falschen haaren: einen haarkopf will ich haben, versteht er
das? J. E. Schlegel 2,245.
HAARKÖRBLEIN, n. caudea Stieler 1014. caudea cisteüa
oder caudeca wird von FüRCELLiiis durch cislella e junco (binsen),
a sirnililudine equinae caudae facta erklärt; das wort bezeichnet
also einen korb, der aus haarfeinem malerial geflochten ist.
HAARKRÄUSEN, n. das krausmachen der haare: wie viel
zeit wird nur aufs baarkräusen verwandt. San\ eb. seelensch. 1, 6.
HAARKRAUSERIN , /'. die die haare kräuselt, ornatrix: zu
auszgang der säl des frawenzimniers waren die aufbutzerin,
aufzäumeriri, haarkrauseiin, bisamreicheiin, händschuchbeize-
rin, halsseiterin, anslreicbeiin. Gary. 281".
HAARKRÄLSLER, m. cinerarius, ciniflo. Stieler 1029 ; keiner
von uns mag für kleine kaufleule, pastelenbäcker und baar-
kräusler nur eine feder eintunken. J. Paul aus des teufeis
pap. 1, 81 ; er soll das accommodiren den haarkräuslern und
perückenmachern überlassen. Koenig könig Jeromes carneval
1,232. — fem.: haarkräuslerin : eine jede bojarenfamilie von
einigem anspruch hat . . ihre badefrauen, haarkräuslei innen,
kammennädchen und kinderwärlcrinnen. preusz. jalirb. bd, 18
(1866) s. 65.
HAARKRAUT, n.ranunculus aquatilis. Nemnich. batrachium,
auch froschkraitt genannt. \Vim.mer flora von Schlesien (1857) 484.
HAARKRONE, f. 1) kröne aus haaren, haupthaare kronenför-
mig geordnet : slämnie mil baarkronen wie die Kidschi, aus
land iO. jahrg. s. 872. 2)pappus Nem.nicu: der mit der frucht
verwachsene kclch gebt in eine baarkrone oder federkrone
(pappus) über. Leunis Synopsis der Pflanzenkunde (1847) 42.
HAARKRONERBE, m.: dasz sie (missethdter und kranke)
sich nach dem bedürfnis ihrer haarkronerben vermehren
werden. J. Paul liller. nacld. 4, 153.
HAARKRYST.\LL, m. krystall in haarfeinen säulchen.
HAARKUGEL, /. aegagropila. Nehnich. ddn. kaarkugle, scAwfrf.
härkula. vgl. baarballe.
HAARKÜNSTLER, «i. der die haare kunstvoll ordnet, friseur :
da jede tunangebende daine, jeder haarkünstler zu solcher
eilindung (einer neuen fiisur) befähigt war. Falke 2, 279.
HAARKUPFER, n. cuprum capillarc. Nemxicii ; von andern
wird das gediegene kupfer in haarfeinen faden haarigkupfer ge-
nannt. Jacobsson lecltn. wb. 2, 18ü'.
H.\ARLAKE.N, ii. laken oder stuck zemj aus tierhaaren ^fer-
tigt; barlachen sagum. Diefenb. 507'.
HAARLANGEM), der sich nadi haaren sehnt, haararm? mhd.
lange desidero;
harlangent, bleich, dünn, dürr und mafriM-.
H. Sachs 3, 2, 71'. M
HAAKLAUF, «i. bei den webern die obere reihe der lUsen- lli
fäden, im grgensatze zu der untern, den stelzen. Auelumc. bei
Maaleh viellciclü fem. haarlaufe: die haarlaufen «der gefesz
hinter dein wäberkainp, luinm 203\
HAARLAUGE, f. lauge zum reinigen des haars: den köpf
mit lauge waschen lixivio capillos mundare , harlauge lixivinm
ex cineribus quernis , lurivium medicalnm , alias kreulerlauge,
kopll.iuKe. Srui.HH tl(i3; richena.Hhe soll nach der meinung des
33
HAARLEIDEN — HAARNADEL
HAARNEST— HAARRAUCH
34
vulkes den kopfgrind heilen. — Wesentlich anderm zuecke, näm-
lich dem bleichen des haars, diente die haarlaiige, deren berei-
tiing schon im älteren Deutschland gekennt und die auch von
den Römern zur geu-innung einer lictüeren haarfarbe rertcendet
wurde :
fortior et tortos servat vesica capillos,
et mutat Latias spuma Batava comas. Martial VIII, 33, 19;
caustica Teutonicos accendit spuma capillos,
captivis poteris cultior esse comis. XIV, 26.
HAARLEIDEN, n. Krankheit, leiden der haare.
HAARLICH, adj. haarartig: crinicius harlich Diefenb. 137*.
HÄARLINIE, f. linia tenuissima, subtilissima Stieler 1139.
HAARLOCKE, f. cincinnus. mhd. härloc. Bes. t,1041; das
wart ist nach dem alten geschleckte ton loc noch durch das
lt>. jahrh. in der regel starkes masc: haarlock, plur. Iiaarlöck
Dasyp. ; und der baisam tröpfelt von dem haupte Christi auf
unsere hahrlöcke. Math. s. 157';
der doch hat gschaffen yedermann,
und slner heiigen haarlock zellet. trag. Joh. Siiij.
Rieben der starken form icird im 16. jahrh. seltener auch die
schwache sichtbar: die vorderen haarlocken an den Stirnen der
weiberen, antiae Maaler 203'; gekrümbt oder krausz haar-
locken, cincinnus ibid.; mit krumben haarlocken geziert oder
gemutzt, cincinnatus ibid. im l~. jahrh. gehen beide, starke und
schwache form, gläch häufig neben einander: wo werde ich aber
meinen federbusch und haarlock verkaufen können ? unwürd.
doctor 368 ; und gereuete mich fast , dasz ich nicht coch
meinen federbusch und haarlock haben solle. 369 ; es war
diesz an dicker strähn von falschem gelocktem haar, nach der
weise des 17. jahrh. an einer seile des gesiciüs herunterfallend,
s. haarzopf. ferner knüpfte sie einen haarlocken um drei
federn von ungleichen färben. Opitz 579 (Bodmer) ; der lock,
/)/. die locken, vellus, fioccus, harlocken ciiri Stieler Hol, der
auch die starke form verwendet: stirnlöcke antiae, capronae
ibid.; es wäre seine {Absalons) haarlocken den geflochtenen
goldfaden nicht ungleich, wol recht nennt man sie haarlocken,
weil sie gar oft unbehutsanie äugen pflegen zu locken, äbr.
A S. Clara merks Wien (16S0) s. 69. Unter einfluss des in
schwacher form häußg verwendeten plurals wird das wort später
fem.: die locke, plur. locken, cincinnus, annuli comarum, haar-
locke cincinnus Steinbach 1, 1067, und in diesem geschlecht hat
es sich vom IS. jahrh. ab ausschlieszlich festgesetzt, o ihre zwei
blauen äugiein, die gelben haarlocken. arme mann im Tockenb. 67.
HÄARLÖCKCHEN, n. dim.
HA.\RLOS, adj. depilis, glabcr, engl, hairless: ein haarloser
schade! ; haarloss umb die schäm , der noch kein haar an
der schäm hat, impubes Maalfr 203';
schaw zu dieser harlosser hut
ist lieber mir denn alles gut. H. Sachs 3, 2, 54*.
HääRMäNGEL, m. glabritas: er leidet an haarmangel, hat
eine glatze, ist kahlki:ipßg.
HAARMANN, m.: wann das luch aus der walke kommt,
heiszet es ein haarmann, das zum tuchscherer musz. Frisch
1,388.
HAARMANTEL, m. frauenmantel , beim frisieren des haares
über die schütter geworfen , dann auch ein theil der nachttoileite.
Frisch 1. 3S8. 2,4. Amaranthes /■rai/en:Jmmerfex. (17731 1,1246.
HAAR.MESSER , n. ein am Webstuhl der sammetwirker be-
festigtes messer zum scheren des sammets. Adelung.
HAARMILBE, f. acarus vegetans. Nemmch.
HAARMOOS, n., holländ. haairmos, engl, hairraoss, schwed.
härmossa, name zwäer pflanzen: des byssus, auch staubmoos,
haaraftermoos , haarschwamm genannt. Nemnich 1, 732, und
des polytrichum, auch jungfernhaar, goldhaar, widerton, bär-
rnoos 2, 1040.
HAARMÖRTEL, m. mit kätberhaaren gemischter mörtel.
HAAR MÜTZE, f. kopfbedeckung von falschen haaren, calien-
drum, gahricum. Stieler 1316. vgl. haarhaube 2 sp. 29.
'H.VARNADEL, /. l) nadel zum befestigen und ordnen des
haares, actis crinalis, Crinale, discerniculum, discriminale. Stieler
1343. Steinbach 2,100. musik, rollen und schnhe, wasche
und italiänische bluroen, etuis, haarnadeln, schminktöpfchen
und bänder, bücher und Strohhüte, keines verschmähte die
nachbarschaft des andern. Götue 18, 88 ;
scbmiedeie mancherlei kunslwerk,
Spangen und ring' und ohrengelienk, iianrnadeln und kettlein.
Voss Itias 18, 401.
IV. II.
Flemisg hat zwei sonette überschrieben auf die güldne haarnadel
3, 4 und 70. 2) zum kräuseln des haares, calamistrum. Dasyp.
3) in Baiern heiszt eine art zuckergebäck so. Schmeli.er 2, 6S1.
HAARNEST, n. nestförmig zusammengelegte haar flechten des
hinterhauples : die grundlage {der fristtr) war ein häubchen,
welches das haarnest im nacken umfaszte. Falke 2, 244.
HAARNETZ, «. l) netz zum bergen des hauplhaares, ein theil
der frauentoilette. 2) eine netzförmige schimmelbüdung (s. haar
H, 3 sp. 12) : trichoderma , deckschimmel , haarnetz, haarhaut.
Rabenhorst Deutschlands kryptogamen-flora 1, 286.
HAARÖL, n., scltwed. härolja, öl zum salben der haare.
HAARPFEIL, n. und m., kleiner pfeil zierlicher arbeit, von
metall oder hom , den die frauen durch das hinterhaar stecken,
um es zusammen zu halten.
HAARPFLANZUNG, /. pflege und schmückung des haares {vgl.
pflanzen; das zieren, pflanzen und büfifen des haars, crinalis
culius Maaler 203") : die menner schneiden das haar ob den
oren ab, weil bei in die haarpflanzung ganz uneerlich ist.
Frank weltb. I vij '.
HAARPFLEGE, f. crinalis cultus.
HAARPILZ , m. dematicum , auch starrfaser genannt. Raben-
horst Deutschlands kryptogamen-flora 1, 62,
HAARPINSEL, m. penicillum e pilis factum : bar- sive veh-
und ratzenpinsel , peniculus ex capillis glirium Stieler 1425.
haarpensel Frisch 1, 3S8. als wäre jedes pünktchen mit
einem sorgfältigen haarpinsel getüpfelt. Kohl alpenreisen 3,229.
HAARPLüNDER, m.: erstlich waren meine haarein dritt-
halb jähren weder auf griechisch , teutsch roch französisch
abgeschnitten, gekampelt noch gekräuselt oder gebüßt wor-
den , sondern sie stunden in ihrer natürlichen Verwirrung,
noch mit mehr als jährigem staub an statt des haarplunders,
puders oder pulvers (wie man das narren- oder närrinwerk
nennti durchstreut. Simpl. 1,65 Kurz.
HAARPOMADE, f., schwed. härpomada, unguentum ad alendos
capillos.
HAARPUDER, m. pulvis odoratus capillis inspergendus. Frisch
2, 73. das worl wird mit der entsprechenden mode zwischen 1620
und 1C40 gebräuchlich; die halbfranzösische form desselben weist
auf das land das diese mode erzeugte, nach der französischen
revolution von 1789 verschwindet der haarpuder wieder von den
köpfen.
haarpuder brauch ich nicht, noch schmink das haar zu krausen.
Simpl. 3, 2 Kurz.
Das wort erscheint auch in neutralem geschlecht: immer schad
ists', dasz ihre zarte haut durch das haarpuder so srhiimm
bemakelt wird. Simpl. l. 227 Keller, wo jedoch andere ausgaben
{Kurz 1, 143) baarpulver lesen, in theilen von ^orddeutschland
{Schlesien, Pommern) sagt man sprichwörtlich noch heute: er ist
weg wie haai-puder, von einem menschen der sich schnell aus
dem staube macht.
HAARPULVER, n. was haarpuder: es roch um sie'herum
so stark nach baarpulver, baisam, bisara, ambra und andern
aromaten. Simpl. 2,133 Kurz; sie .. hatte schier eine halbe
apotheke von allerhand schmirsel , pomaden , tonnae solis,
oleum talci, zahn- und baarpulver, gebrannten wassern und
dergleichen. 3, 349.
HÄARPÜSTER, m. puderquaste aus haaren verfertigt: {man
musz wissen) dasz der hofkaplan . . die haare, die sein kämm
auszupfte, in einen pelzfascikel oder haanerein zusammen
wickelte, um damit die übrigen, die noch standen, einzu-
pudern, welches nun wohl vom erhabensten geiste und pen-
tameter nicht anders zu benamsen ist als ein haarpüstcr.
J.Paul Hesp. 1,91; ein verlorner fremder haaipüster. 93.
HAAR PUTZ, m. zierliche anordnung der {eigenen oder falschen)
haare :
beiden, Stutzer, Philosophen kräuselten so schön ihr haar,
als im letzten singespiele Phrj-nens falscher haarputz war.
ScHö:«AicH (1753) s. 245.
HAARPLTZERIN, f. die das haar zierlich ordnet: und wie
leicht war es nicht , dasz die haarputzerinnen etwas ver-
sahen , da die damen fast alle tage neue moden das haar
in locken zu legen erfanden, hannoversche gd. anzeigen 1753
St. 103 sp. 1523.
HAARQUALLE, f. medusa capillata. Nemnich.
HAARR.\UCH, m. dicker nebliger rauch, der von dem brande
eines moores entsteht, ein vorzüglich in Friesland und Westfalen
gekanntes wort, dem indes kein hohes alter beizumessen ».«<, da wie
es scheint, das moorbrennen vor dem letzten viirtel des 17. jahrh.
3
35
HAARRAUCH — IIAARSCIIAR
HAARSCHARF — HAARSCHLINGE
36
nichl gekannt uird. die erste bekannte erwältnung des haarrauclies
findet sich in einer Verordnung Ernst Augusts ron Osnauhlck,
d. d. 20. april i'lO : nachdem seit einigen jähren wahrgenom-
men, dasz in diesem unserm fürsteiilhumc und huchstifte
sowohl als denen benachbarten landen die beiden- und lurf-
pfennen. um etwan biichweitzen darin zu säen oder sonsten
von den uiiterlhaiien angezündet werden, und dann der davon
iieigekünniicue gestanck und sogenannte haarrauch niclit
allein sehr ungesund «. s. u\ belegt für das worl aus der jetzl-
zril und aus jenen gegenden sind häufig: am Ithein und in
Westphalen am. abend an den tagen wo der nordwind den
frieslandischen baarrauch über unsere (lurcu treibt. Kölnische
ziHtung IS54 ho. Iti? ; ein brenzlicbter gerucli schwebte in der
Inft, und ein bauer der vorbeigieng sagte: es gil)t heul haar-
rauch. Immeiimann A/hhcA/i. 3, 100; alles das sah in dem nun
schon beranwehenden grauen baarrauche noch unheimlicher
und jaunnervolier aus als gewöhnlich. 108.
Da für baarrauch auch die benennung böhenraucb gebräuch-
lich ist und in Westfalen haar für höhe gilt isp. 22) , so wird
nicids hindern anzunehmen , dasz beide u-ürler dem sinne nach
gleichuertig sind und höbeurauch zu baarrauch sich nur verhalle
wie die hochdeutsche ülnrselzung zu einer provinzialen original-
form ; um so mehr als das phdnomen des haarrauches sich durch
die trübung der höhen zuerst zu erkennen gibt.
HAARRALFEN, n. vellicalio crinium:
das Terdrosz mich auf sie also vast,
das ich hab weder ru noch rast,
bis er mir bezalt ein gut harrauren.
fast II. sp. "59, 6.
HAARRAUFEND, capillos suos (prac dolore) vcllens:
o Niobe dort, sieh wie sie schlagt, liaarraufend.
Fr. Möller 2, 291.
HAARRAUPE, f larva pilosa.
HA.\RRE1CH, adj. reich an haaren oder wolle: so dasz bei
bohlen fiiden ein zeug dick erscheinen kann, ohne haarreich
zu sein. Körte merinoschaf s. 76.
HAARRICHTKR. m. ii concinnalor capillorum, der das haar
frei bulzen und zieren kan. Maai.er 203'. 2) bildlich richler
über unbedeutendes, wie splilterrichtcr (s. d.).
HAARRINDE, /. flustra pilosa, eine arl zoophytcn. .Nemnicu.
HAARRING, m., schwed. harring, fingerring , entweder ganz
ran haaren geflochten oder in goldner Umfassung mit eingelegten
haaren versehen.
HAARRÖHRCHE.N, n. enge röhre von geringem, haarfeinen
durchniesser. haarröbrlein, tubi capillares. Frisch 1,38S. — haar-
nihrchcnkrafl Maver anfangsgründe der naturlehre (IS'IZ) % 120.
1I.\ARRÜIIRE, /., was das vorige. Geulert phys. Wörterbuch
(l-S'.t) 2, 545.
HA.\RRl.'PFE, f. vellicatio crinium. Frisch l, 3SS : womit er
mir aber eine so tapfere haarrupfen zugleich mit versetzte,
dasz ich vermeinte, er würde das capitolium gar herunter
rciszen. Simplic. 1,42 Keller;
da ich wol tust gehabet hctt
dem prafT ein baarrupf'cn zu geben. U. Sachs 4, 3, 11^
HAARSACK, m. u'os haarbeutel, s. d. sp. 24.
H.\.\RSA(JK, f. säge deren zahne haarfein sind? wenn ihr
noch Jahre lang mit eucrn haar- und beinsiigen auf dem ehc-
licheu bände hin und her kratzet und streicht , so könnt
ibrs vor schmerzen nicht mehr aushalten, i. Paul Siebenk.
3, 123.
HAARSALRE, f. in doppeltem sinne: 1) harsalbe, pro alendis
capiltiJi. Stiei tH IG'3. 2) baarsalbe zum ansbeitzen der haare,
unguentiim depilatorium, drui>ax. Frisch 1,38S. Steimiach 2,337.
HA.\RSALZ, n. halotriclmm , ein aus eisenvitriol und alaun
zutamuifnijesetzte» salz in haarfeinen faden.
HAAitSAM, adj. dem haare gleich, namentlich weich und fein
tfie haare . ein zumal schweizerisches wort : haarsam , zart, fein
im anlasten. Stai der 2. 3.
HAARSCHAllEL, m. behaarter schädel: aber goll wird den
kopl »einer feinde zuschmeiszcn sampt ihrem harscheddel
{urtwem capiUi vuly., xo^tvfprjv rgtxoi Sejituag.) ;«. CS. 22.
LuTHtas aiultiiung det (il.psaims (15241 crkldrt : wiid da» hciiiil
Keiner feind zurknir»Hen, den »>< hedel mit den baren.
H.\ARS('ilAR , n. nnc mwtsarl , lycopodium cUivatum , auch
haarHebauer iitnannl. .Nkhmch 3, 475. haarschar Lomickrch
ktatUcrb. 213*. '■'■ •'■ • ilamü in Verbindung zu *ct:eu, dati
man das moo% ./ ye'jen den wrtclM-lzojif an»ali, itt
nicht Hill ijcwuli' i; ■ n.
HA.ARSl'HARF, adj. und adv., sehr scharf, so dasz spitze
oder schneide die feinheit eines haares haben : mit seinem haar-
scharfen siibel. ehe eines weibes 3!>4; Melpomeiie hat zwei
dolche. der eine ist blank, haarscharf geschliffen. 1m.mermann
Münchh. 4,42; das recht schiert haarscharf, jus exactissimc
procedil. Pistorii thes. par. VlI (1724) CO. häufig ist die an-
wendung des Wortes in übertragenem sinne: wenn er die grenz-
liuie des einen und des andern .. haarscharf ziehen will.
WiEi.A.Nü 8, 127; das geinälde gleicht haarscharf. Klinger
6, 19 ; bei einer bataille kann man nicht so haarscharf auf
alles acht geben. Tieck 5,393; ein haarscharfer unterschied;'
haarscharfe bestimmung; und nun wurde haarscharf nach-
gewiesen, dasz grobe strategische und taktische verslüsze an
allen ecken und enden begangen seien, preusz. jahrb. bd. 18
s. 340; er faszt fiagen und ineinungsverwickelungen (lugs und
haarscharf auf. daheim 1807, 395'.
HAARSCHEIDE, f. in zwei bedeutungen: l) rfj'c scheide oder
hülle, in der die haarwurzcl liegt: die äuszere haarsclieide mit
dem baarbalge. Kokte merinoschaf s. 79. 2) scheide oder grenze
von der breite eines haares: es ist wahr {schreibt man vom Ober-
rlwin 24. august) während der Luxemburger frage befanden
wir uns auf der haarscheide zwischen krieg und frieden.
Frankf. Journal 18<i7 no. 238.
HA.ARSCHEITEL, m. capillorum discrimen. Steinbach 2,396.
HAARSCHERE, f. (mhd. härschaere Ren. 2,2,158), forpex
voc. ine. llieut. i2. Frisch 1,388; /b»';)fa; ein haarschär Dasvpod. ;
Schneider- und tuchschere in specie dicUur forfex, balbir- sive
harschere autem forpex. Stieler 2046; es wird also hier das
instrumenl zum verschneiden des köpf- und barthaares verstanden,
Maaler dagegen: haarschär /br/t-x 203' «rtd Steinbach : balbier-
scheere forfex tonsorius, baarschere forfex 2, 493 verstehen die
scheere , mittels deren die haare des tuchs geschoren werden, in
beiden bedeutungen ist das wort heule üblich.
HAARSCHERER, tonsor: haarscheerer durch bestimmung,
dem iimern berufe nach lederhändler. Immerman.n Münchh. 1,25.
HAARSCHLAG, m., die eigentümliche urt das haar anzuordnen,
wie baumschlag die eigentümliche anordnung des baumlaubes ist
(s. schlag) : in den haaren, die gleich den mahnen der löwen
von dessen baupte herabfallen, von der stirne aber sich er-
beben und getheilt in einem bogen sich wiederum herunter
senken, welches kein haarschlag am menschen, sondern ge-
dachten thieren ist. Winkelmann 4, 70.
HAARSCHLAGE, /'. ein Werkzeug der saltlcr, worin die kälber-
haare zum polstern der sättel aufgelockert werden. Jacobsson
technol. wb. 2, IM".
H.AARSCHLECHT, HAARSCHLECIITIG, adj.: so das fulier
unrein oder staubicht, so bekommen die pferde alsobalden
den husten und weiden haarschlächtig. Hohberg 3, 2, 162*.
eine und dieselbe kranidieit ist berzschlechtig, baucbschlechlig,
haarschlechtig, poussiv. Pinter pferdschatz (1689) ä. 403;
das ist versuchet gar vorlengst
an einem harschlechtiRcii hcngsl,
dem umli des plowen liusteiis wiln
eins mais l'ünlihalb eisen entpliln. fasln, sp. 1198;
dasz er (ilcr gnul) nit sei rcudig noch Tiiizig,
auch nit haarschiechl, stetig mu-h stutzig.
H. Sachs 4, 3, 97".
haarschlecht, haarschlechtig ist (vergl. Frommann 5,431) trr-
derbt aus dem niederdeutschen hartslecblig, welches worl auszerdeni
in das hochdeutsche als bartscblechtig und in strengerer form ah
berzschlechtig geflossen ist und welches das pfcrd bedeutet , das
am liartslag , dem herzen samt den ihm nahe liegenden theilen
leidet; vergl. bartscblechtig, herzschlechlig. Willkürlich L<tt es
daher, wenn Stieler 1850 unter hinweisung auf scblechdich,
aequus, planus, laevis, glaber, ein harschlechlig pferd interpretiert
e(ptus scabiosus,
HAARSCIILECHTE, f subsl. ju dem vorigen: ein köstlich
pulver für die pferd . . es ist dienlich für lebersucht, haar-
schiechl. HdHRERC 3, 2, 181'.
HAARSCHLEIFE, f. schleife entweder aus haaren geflochten
oder in die haare zu stecken.
IIAARSCHLICIITERIN, f. nrnalrix , comolria. Stible« 184».
die altv spraclie kennt das masc, dazu (liArslibln're Woi.fran
Willchulm 322, 21), hur bezeichnet es einen dtr die haare glatt
klimmt, daher auch überhaujtt einen putzsüchtigen mann.
HAARSCIII.ICIITK;, im/er verderbt aus haarscblecblig {s.d.):
haar^^ihlublig. kollniscb. rotzig. Uazards lebensg. I8K.
HAARSt 'Hi.l.NtiE. f., schwed. hürslinga, schlinge aus haaren :
üclMw-rniUlbig olTiiele er das seltsam genug mit einer haar
37 HAARSCnMIELE — HAARSCHWEFEL
schlinge verschlossene billet. Bracbtogel in rfef romanznlg.
1S6<) .</>. 4S4.
HAÄBSCflMIELE, f. haarfeines strauszgras, agrostis capillaris.
Nemmch.
HAARSCHMINKERIN. f. comas fuco ornans. Stieler IS^l.
HAARSCHMUCK, m. corymbium, ornatus capillonim. Frisch
1, 3S8.
HAARSCHNEE, tn. iceiszes haar:
der juiise «chnee der haut kam zu dem schnee der haare,
auf dasi mit jenem der auf eine zeit sich paare :
das paaren eieng wol an, doch ward man zeitlich innen,
der hauischnee der war glut: der haarschnee muste rinnen.
LoGAC 3 s. SS no. 61.
HAARSCHNEIDEN, n. das abschneiden der haare.
HAARSCHNEIDER, m. der das haar verschneidet. Stieler
1900. ein barbierer und haarschneider.
HAARSCHNEPFE, f. scolopax gallinida. Nemmch 4. 1253:
{der vogel) wird zu teiitscb ein herrschnäpf, harsneff, har-
schnäpf, graszschnäpf und schnäpflin genannt. Heuszlin
vogeWuch lll. da sie sonsl auch hanschnepfe, Wasserschnepfe,
wasserhühneben, rohrscbnepfe, baarbull, ddn. rörsncppc heiszt,
so ist vielleicht der erste Iheil des namens, tcie bei haargans, haar-
ige!, das ahd. horu koth, sumpf, Ichm. doch kUI Nemmch den
namen haarschnepfe von den schmalen und feinen federn des
vogek ableiten.
HAARSCHNITT, m. 1) das abschneiden des haares, icie ge-
treideschnitt . kornschnitt , haberschnitt u. d. 2) die art das
verschnittene haupthaar su tragen, Unordnung des verschnittenen
haares : junge repubiicaner, die durch einen besonderen haar-
schnitt und einen spitzen kinnbart ihre politische ansieht
kund gaben. Europa 1SG6 sp. 414.
HAARSCHNUR, f. l) schnür oder band zum außinden und
auseinanderhalten des haupthaares der frauen ; mhd. härsnuor
Ben. 2,2,454*; discerniculum harsnur Diefenbacu 1S4'; har-
schnure, delricale est zona cum qua convohuntur crines voc. ine.
theut. 12; die haarschniir, haubenbendei, taenia Ma.\ler 203'.
die haarschnuT war ein gegenständ des putzes, sie hieng von den
haaren aus den nacken hinab, eine pergamenthandschrifl des
slädt. archivs zu Speier um 1356 enthält die anordnung: noch sol
ir deheyne (//oh) Ire zupfe oder har binde abe lassen hangen
oder vornan verlessenlichen gebunden locke machen, oder
ouch binden abe harsnüre lassen hangen in deheine wise,
danne ir bar so! uf gebunden sin ungeverlichen. aber eine
jnngvrowe die nibt mannes bat, die mag wo! ein schappel
dragen , unde Ire zopbe unde harsnüre lassen hangen , bij
daj sie beraten wirt, unde einen man ze nymet, darnach so
daj geschiht, so sol sie des schappels niht me dragen, noch
der zöphe oder der harsnüre niht me lassen abehangen, als
da vorgeschriben stet. anz. des germ. mus. 3, 175.
2) schnür von haaren, die man in ein fontanell zur ablälung
böser säpe legt. Frisch 1, 3SS. vgl. haarseil.
3) auch papieimi'dler , buchdrucker, buchbinder bedienen sich
einer haarscbnur, eines aus pferdehaaren gedrehten bindfadens,
um papier zu trocknen. Jacobssos technol. tcörterb. 2, ISl*.
HAARSCHOBER, m., dickes haar, das nie ein schober auf
dem köpfe aufgeschiclUel ist:
des dein harschober ungefär
gar köstlich zu arswiscben war.
iceimar. Jahrbuch 2, 120.
HAARSCHOPF, f?i. cirrus, villus, caprona. Frisch 1, 3S8.
mhd. härschopf:
verworren härschopf in den ougen,
swä den treit ein jüngelinc,
der gebe mir einen pfenninc. Hacpts zeitschr. 8, 552.
fürbaar, haarschopp vornen an der stiren Heniscb 1301.
HAARSCHRÖTEL. m. : plica polonica, schrötleinszopf, haar-
scbrötel. Matthi.ä lat.-d. lex. (1761) s. 1076". es uird mit diesem
Worte jene krankhape verßlzung der haare gemeint, die sonst
tceichselzopf , polnischer zopf heiszt. man schrieb ihre entstehung
dem Schrat oder schretel , auch schrötel zu , einem behaarten
hausgeuite, über den myüiol. 447 /f. gesprochen wird.
H.\ARSCHUPPE, f. cliaetodon ciliaris, holländ. ruigschubbige
klip>isch. Nexmch 2, 9S7.
HA.ARSCHWAM.M, m. byssus, ein sdiimmelarliges slaubgewächs.
Neulich.
HAARSCHWARTE, /. dt* dicke haut, auf 4er die haare wachsen :
dann ir haut war lauter hnarschwartn. Atrkr 11'.
HAARSCHWEFEL, m. haarfeiner gediegener schwefH.
HAARSCHWINGE — HA.\RSTIRNE - 3S
HAARSCHWINGE, f flachssclniinge : harschwingen oder
flach«schwingen, cifrapilium. voc. ine. theut. 12.
HAARSEGGE, f haarriedgras, carex capillata. Nemmch l, 8S3.
HAARSEIDE, f. ein einzelner faden roher, um sich selbst ge-
drehter einschlagseide. Schedel waarenlex. 1, 4S0.
HAARSEIL. n. dünnes von haaren gedrehtes seil, das in ein
fontanell zum abführen bnser feuchtigkeiten des kürpers gelegt wird,
rergl. haarscbnur 2. bildlich ■ er hatte keine andern abfüh-
renden haarseile seiner ungeduldigen laune als seine fauste.
J. Pacl unsichtb. löge 1, 69.
HAARSEITE , f. : giüne oder rohe häute heiszen solche,
die noch gar nicht bearbeitet sind, ihre äuszere haarichte
Seite wird die haarseite oder narbenseite, die andere aber
die fleischseite oder aasseile genannt. Becksianx lecbnologie
(1777) s. 160.
H.XARSIEB, n. sieb aus rosshaaren gewebt, zum sieben feiner
gegenstände, sowie zu formen für papiermacher : cribrum setac^um
Stieler 2014. Frisch I. 388. sihe ez denne durch ein rein
tuoch oder durch ein härsip. Haupts zeitschr. b.\l. bildlich: im
haarsjeb {des feilenden poeten) sasz immer die wildmeisterin
und verstopfte die kritischen löcher. J. Paca leben Fibels 101.
dini. haarsieblein zum durchsieben des erzmehls. bergw.-lex. 281*.
HAARSILBER, n.: gediegen silber, das wie ein büschelein
haare im gestein liegt. Frisch 1, 3S8. rtn den silberweiszen
haaren : der kindfcopf steht im alter oft allein auf dem
menschen mit dem haarsilber. J. Pacl vorsch. d. äslhet. 1, tt.7.
HAAUSOHLE, f. sohle aus pferde-, hunde- oder andern haaren
gefilzt, zum anlegen in schulu und sliefel. Schedel waarenlex.
1, 4S9'.
H.\ARSP.\LTEN, verb. unbedetüendes als wichtiges behandeln
(s. haar III, 17, k sp.T^): nach art der Sophisten zu spitz-
findeln und zu haarspalten. Stolberg 10, 419.
HAARSPALTEN, n..-
din gnad, herr, lasz ich walten,
dann ich fort wie biszhar,
on arglist und haarspalten,
dasz ich mich din mög halten,
in eiufalt ynher far. Th. Blaurer hei Wackemaqel,
kirclienlied (IS4I) s. 478, It.
HAARSPALTEND, part.: ängstlich, grübelnd, haarspaltend.
Fichte nachgel. werke 1, 64.
HA.ARSPALTER, m.: kein haarspalter und kein mücken-
seiger. Gutzkow" zauberer von Rom 2, 259.
HAARSPALTEREI, f.: die worte sind so unzweideutig, dasz
die haarspallereien einiger blätter . . vollständig überflüssig
waren. Hallische zeitung 1868 no. 6.
HAARSPANGE, f. spange zum zusammenhalten des kopßaars:
sehr beliebt war bei den letzteren {den griechi-^dien frauen)
eine haarspange in gestalt einer goldenen heuschrecke. atly.
modenzeitung 1866 s. 397*.
HAARSPERRSTRICK, m. als scherzJiafte bezeichnung des
männerzopfes. J. Paul biogr. bclust. 1, 174.
HAARSPITZE, f, schwcd. härspets : er ist ganz, von der
äuszersten haarspitze bis zum nagel des kleinen zehs. GüTnu
8, 48, wofür Kant die uneigentliche compoälion haaresspilze
braucht: das gleichgewicht , welches auf einer haaresspitze
schwebt. 1, 651.
HAARSTAUB, m. für haarpuder: anstatt des zeilher ...
gebrauchten haarstaubes stäubete die fürstin Oda ihr . . haar
mit gemahlenem golde ein. Lohensteis i4r»i. 2, 83.
HAARST .VUBLING, m. eine pilzart , Iricläa. Rabe.nhorst
Deutschlands kryptogamen-flora 1, 259.
HAARSTEIN, wi. granites cüpillaris. Nemnich. bisweilen ent-
hält der bergkrystall fremde köiper eingeschlossen, nament-
lich haarförmige krystalle von rutil, strahlstein und asbest.
solche steine nennt man haarsteine. Schedel waarenlex. 1.114".
HAARSTERN, «j. cometa: ein groszer haarstern. Lohes-
stein Arm. t,57l; dasz er leicht, wie es oft dem He-sperus
am himmel geschieht, für einen haar-, hart- und schwanz-
stern zu nehmen ist. J. Paul vorrede zum Hesperus s.\x; die
Sache ist diese: so lange nämlich ein biographischer haar-
stern, wie z. b. Hesperus, mit seinen bewohnern brennend
vor meiner seele steht, palingenesien 2, 87. Dastpod. gewahrt
anstatt des comjwsilums : cometa, ein haarechtiger Stern, s. haar-
gestirn.
HAARSTIRNE, f corymbium: haarstirne nennt man ein von
falschen haaren gemachtes loupet, welches bei dem frauen-
zimmer jetzt gröslentheils mode ist. äm&bantbes frauenzimmer-
lexicon (1773) 1,1246.
3*
39
HAARSTRÄHN — HAARWACHS
H A ARVVACHS — H A ARW URM
40
HAARSTRÄHN, m. strähn oder flechte haare, mhd. liärsJicne.
HAARSTUANG, m., 1) holldnd. haunsireng peucedanum. zu-
frfihesl begegnet dieser pßanzenname im mhd. : härslranc Mone
anseiger 4, 248. Ben. 2, 2, C74". harstrang nenuphar Diefenb.
37&', nywphea Albebüs FFT. haaislrang j^PuccdonnHi Maaleb
203'. Nem.mch 2, 918. 2) bei J. Paul sdierzhaße bezeichnung des
znpfes: dasz der biäutigam jetzo einen leberfarbenen ehren-
frnck antliat, und dasz er ohne halsstrang oder binde, und
ohne haarstrang oder zopf zum h. werke .. schritt. Sieben-
kds 1, 1. cap.
HAARSTRÄUBEND, pari, em neueres wort. 1) persönlich, der
die haare sträubt, empor sträuben läszt:
umringt von wildefi, die mit gräsziichen
geberden mich, den haaresträubenden,
zu ihrem blutgen fraizenbilde reiszen.
H. T. Kleist fam. Scliioffenslein t a. 1 sc.
in diesem sinne jetzt kaum mehr venrant. wir brauchen es viel-
mehr 2) sächlich, von Ursachen und dingen, die die haare empor
sträuben : wahriiaft liaarstraubend aber ist , was sie von der
beschaffenheil sagt, in der sie das lazareth fand. Europa 18G5
sp. 1550; er malt die prosa des handwerks, den kolh und
unflath der stalle in schulmeisterlicher breite und mit haar-
sträubender treue, sp. 1558; dasz die prostitution hier in wahr-
haft haarsträubendem grade alle stände ergriflfen hat. preusz.
Jahrb. bd. IS (1866) s. 62; haarsträubenden unsinn reden.
HAARSTRICH, m. in drei bedeulungen: 1) strich, riclitung,
fall der haare: streiche dreimal mit dem daumen der linken
band vom nacken bis zum schwänze abwechselnd mit und
gegen den haarstrich. MusXus 5, 105. 2) haarfeiner strich, der
die starken striche {grundstriche) der buchstaben mit einander
verbindet. 3) haarstrich so man in, etlichen cristailen sieht
oder in einen stein, capillamentitm in cryslallo. Maaleb 203'.
s. hanrstein.
HAARTOÜR, f. Unordnung der haare: sie macht sich eine
modische haartour; er hat heute seine haartour geändert;
dann auch eine art kleiner pcrücken, die nur die Unordnung der
haare des vorderkopfes tcidergibt : eine haartour, die man wohl
eine perücke hätte nennen können, trug er. Güthe 25, 130. 244.
HAARTRACHT, f. : mit dieser neigung zu decolletiren ist
die Umwandlung, welche gleichzeitig die haarlracht erlitt, in
Verbindung zu setzen. Fai.ke 1,214; kleidung und haartracht
der frauen. allg. modenzeitung 1866 s. 397'.
HAARTREü, adj.: sind die wollhaare {des schafes) neben
einander von gleicher feinheit, so heiszt die wolle haartreu.
Pabst lehrbuch der landwirthschaft (1861) s. 161.
HAARTL'CH, n. l) calantica, tuch der frauen zum schmuck
und zur bedeckung des haupthaars. Steinbach 2, 878. 2) gewcbe
aus haaren oder feinem wollenstoff: hartuch, harentuch, sagum
Diefenb. 507', zum durchseihen von flüssigkeilen. Fbisch 1,388.
HAARVERHEXÜNG, /. ; der . . wegen einer haarverhexung
auf den Scheiterhaufen gesetzte frisür. J. Paul aus des teufcls
papieren l, 87.
HAARVEREIN, m.: die haare die sein kämm auszupfte,
in einen pelzfascikel oder haarverein zusammen wickelte.
J. Paci. Hesp. 1, 91.
HAARVITRIOL, n. halotrichum, vilriolum capillare, dasselbe
was haarsalz. Nemnich 3, 104.
HAARVOGT, m. ; harvogt ist eine lauss die an der schäm
wechst, filtzlauss, platlauss, priesterkrebs, arssenten, h'anogt,
vielfuss. TfiLBNEissEB magna alchymia (15S3) 1,27.
HAARWACHS, m. und n., tendo. der erste theil dieses com-
fioiitums enthalt nicht haar crinis, sondern das ahd. harn linum,
weil u-ie bereits 3,1701 ausgeführt ward, die zähe sehne an die
Zähigkeit des flachses erinnert, wie auch die begrifflich gleichen
flachsadcr (3,1702) und flechse (1738) das bcstiitigen; (lerhs,
vulgo haarwnchs. Henisch 1128; wir müssen demnach die nicht
vorhandene ahd. form des Wortes nicht ab ii.irwahso , sondern
aU baruwahso voraussetzen , mhd. iiarwahs , was Schmem.kb
4, 14 aufführt, der zueile Iheil des Wortes in der bedeutung inrre-
mentum zeigt sich im ahd. einmal als schwaches masc. uualixo
in uuallouuahso nervui Graff 1,689, ah starkes ma.<ic. niiahs
in uiilnuuabs tibid), während die femininisrhe form uualisl
lautet (087), wiifür im niederdeutschen, speziell itn^altfriesi.<ichen
waxe gilt (Riciitmofen 1123*), im mhd. tritt die schwache form
wabM gegen dir itarke wahs selir zurück, sie schwankt zwischen
alUn drei grschirchtern {brisinelr bei SciiMKi.i.En a. n. o.). nhd. ist
bei unserm cumfaxitum nur itarke form ülilirh, für das buirurhe
in dreifachem tjeschlechl wn beim, bezeugt, ;■' ' •"■■■■ ••■■'"- .
häufig neiärum , auf welchen umstand wahrscheinlich das ganz
abliegende neutrum walis cera seinen einflusz geübt hol. iiar-
wachs nervus «ho vwdo dicitur ossium ligamcnlum. voc. ine.
theut. i2; das ander par {mtiskeln) erstreckt sich bisz in den
rücken hinauf und schickt auf solchem seinen gantzen wege
je einen theil seines haarwachs oder mauszechten fleisches
zu einem jede gleiche. Uffenbach neues rossbuch (1603) 1,133;
die zweite maus {des oberlheils vom Vorderschenkel) ist kleiner
und anfanglichs fleischecht, wird aber nachmals gegen ihrem
ende zu wie ein haarwachs. 1, 194 ; stach ihm die klinge mil
ganzem leibe unter den aufgehobnen arm ins haarwachs.
Heinse Ardinghello 1, 157.
HAARWACHS, m. Wachstum der haare; dann auch der theil
des kopfcs wo die hauplhaare wachsen: ehe der haarwachs auf
der Stirn ausgehet und dieselbe blosz läszt. WiNKEi.-'iANN 4,184;
der obere theil des kopfs, nämlich die höhe von dem haar-
wachse an bis auf den wirbel. 4, 167 ; das andere J)and . .
lieget über den haarwachs auf der stirne. 5, 56.
HAARWACHS, n. ein mit talg und auch wolriechenden wassern
zusammen geschmolzenes wachs . die hauplhaare damit glatt zu
streichen. Jacobsson technol. wOrlerb. 2, 182'.
HAARWACHSEN, HAARWÄCHSEN, adj. zu haarwachs
tendo: mit einer haarwachsenen und vesten Substanz durch-
wachsen. Uffenbach rossbuch (1603) 1,28; die erste maus ist
fast haarwächsin und von allen andern mausen des gantzeu
pferdts unterschieden, denn sie ist von vielen unterschied-
lichen käntlcin , deren je eines auf dem andern ligt. 1, 200.
HAARWACHSICHT, adj. tendinosus. Diefenb. 577'.
HAARWANGE, f. mit haaren bewachsene wange: das spitze
dornige kinn und zwei haarwangen drangen immer groszer
aus der iurienlarve. J. Paul herbstblum. 3, 13.
HAARWASSER, n. kün-Hlichcs wasser zur reinigung und kräf-
ligung der haare: durch waschung {des kopfes) mit haarwässern.
nordd. allg. zeitung vom 30. mdrz 1867.
HAARWECHSEL, m. Wechsel des haares oder der wolle beim
schafe: einen ziemlich regclmäszigen haarwechsel haben.
NATiiusius-KüNicsBOnN das wollhaar des schafes (1866) s. 41.
HAARWEIDE, f. salix vilellina. Nemnich. salix aquatica,
wasser-, werft- oder haarweide. Kolaczer Ichrbucfi der botanik
(1856) 197.
HAARWEISE, adv. capillalim: ich wolte lieber dasz die
mohren mir meinen hart haarweis ausreiszen müsten. das
bärt. frauenz. 42.
HAARWICKEL, m. wickel zum aufrollen des haupthaars : der
kleine rest meines tagebuchs? die haarwickel in meinem
puderbeutel? Thümmei. reise 6, 382; es {die morgenbriefchen)
sind, sagte er, die haarwickel weiblicher gehirnfibcrn. J. Paul
Hesp. 2, 189.
HAARWINK, m. krankheil; ausfallen der haare? {vergl. hant-
uuinc lubriiwUium Diefenb. 337') : schmire das pferd damit
auf alle viern gegen den haarwink. Albrecht rossarznei (1570)
s. 95.
HAARWIRBEL, m. vertex capitis, der wirbel auf dem luiupte,
um den sich die haare legen: kinder welche auf dem köpfe
zwei haarwirbel haben, werden reich. Unoth l, 180.
HAARWISCH,«!, peniculus setosus. Stieler 2563; vgl. borst-
wisch 2, 246.
HAARWUCHS, m. incremenlum capillorum: einen starken
haarwuchs haben ; pomade zur beförderung des haarwuchses ;
wie überhaupt in der Stellung, in der miene, in dem haar-
wuchse eine unbeschreibliche harnuinie zu bq^wundern ist.
GöTiiE 44,19; CS war um die zeit, als .. kurfürsl Wilhelm
. . auch jene Verlängerung des haarwuchses wieder eingeführt
halte, welche man im deiilschen mit dem iiamen zopf zu
belegen pflegt. Immkbmann Münchh. 1, 15. der ji/ur. wird von
diesem schri/1stcller in komi.^chir rede verwant: er kniete nieder,
lösele die bändcr welche die sechs haarwUchse {zi'fft) fes-
selten, l. 30.
HAARWULST, f. wulst, worübcr_ das kopfhaar der frauen
geschlagen wurde. Frisch 1, 388. Amarantiiks frauenttnimerlrr.
(1773) 1,1246,
HAARWUR.M, m. l) engl, hairworm, schwed. tagelmask, J^
tageldini, ist der name mehrerer würmer, von ihrer kleinen und 9'
feinen haarformigen grslall : des acarus veffctans, awc/i haarinilbe,
Nemnich 1, 21, des gordius aguaticus 3, 68, und des trichocrplialus,
4,1474. 2) Wolf oder haarwiirm {griech. t'ont]«) , nn ftechten-
arligrr um sich frrssnidir aussrlilnq liri mensrhrn . bei lliieren,
,,„',i,ilirh schufen H"'' i.i.-i.l.i, , .i/> i/.mii- ,„l,; iiiiiui-iitiiimi.ii:
41
HAARWCRZ — HAäRZUxNZEL
HAARZl'PFE — HABE
42
zähe feuchligkeit an den klauen der vorderfüsze beobachtet, auch
raupe genannt. Nemmch 5, 218. der harwurm wird erträhnt an
einer zerstörten stelle des Gräzer uurmsegens aus dem 12. jahrh.
(MCllenh. «. Scherer 140) und in Jüngern ähnlichen fassungen
{ibid. 412. 413); haarwurm ist der faul finnig erbgrind. recepten-
büchl. aus der Stadt Brugg bei Mannhardt zeUschr. f. mylhol. 4. Hl ;
vor den haarwurm. Pimer pferdschatz (166S) 412; schellwurz
mit wein gesotten und wie ein pflaster übergeschlagen heilet
den haarwunn. Tabebnaex. 106.
HÄARWURZ, f. nymphaea alba und lutea, dänisch haarrod.
Nemmch. harwurz nenuphar Diefexb. 378'. seeiblumen, gäl
und weisz haarwurtz, nymphaea Maaler 369". seeblumen,
haarwurtz. keulwurtz Hemsch 429.
HAARWTRZEL, f. 1) radix crinium, das unterste treisse ende
der ausgerissenen haare. Frisch 1. 3S9. 2) capillacea radicula:
haarwurzeln dergleichen die gräser haben. Nemmch.
HAARZANGE, f. 1) rulsella, zum ausreiszen einzelner haare.
Jacobssos 2,1S2. 2) eine muschel, mya vulsella, sonst auch bart-
kneiper, bartzange genannt, franz. tire-poil. tire-barbe. Nemkicb.
HAARZÄNGLEIN. n. vulsella. Frisch 1, 3S9.
HAARZASER, f. ßbra capillaris: haarzasern an den wurzeln,
an verschiedenen Samenkörnern. Nemmch 2, 841.
HAARZAUSEN', n. relticatio crinium : von noth wegen must
es da under nachbawren zank geben und letztlich ein streit
erheben , mit guten fausten , nageln und zänen, haarzausen,
bartausraufen , stecken und hebeln mit hörnern beschlagen.
Garg. 195'.
HAARZEUG, n. Werkzeug zürn schärfen der sense. Adei.cxg.
s. haaren sp. 27.
HAARZIERDE, f. capillatura. Steinbach 2,1095.
HAARZIRKEL, m. circinus accuratior , zirkel zu haarfeinen
messungen.
HAARZOPF, »n. 1) in einen zopf geflochtenes haar, mhd.
härzopf trica. Bex. 3, 947. am häufigsten wird, schon vom
tnittelalter her, das worl als eigentümliche anordnung des frauen-
haares begriffen: trica horzopff Dief. 595';
wie frei und weisz ist ihre stirn
und roth und frisch der mund !
wie glatt der haarzopf meiner dirn
und ihre brüst wie rund I Hagedorn« 3, 75.
Auch der haarzopf am manne erscheint sclion frühe; im H. Jahr-
hundert existiert eine ritterliche zopfgesellschafl , deren milglieder
als abzeichen einen haarzopf im nacken in reicher Umhüllung trugen
(anzeiger des germ. mus. 1866, 368. 1867, 193). als allgemeinere
modelracht enrähnt : da gienc es an , dasz man nicht haar-
locken und zöpfe trug. Limpurger chron. anno 1380. verschieden
hiervon ist der haarzopf , der zu und nach der zeit des SOJähr.
krieges zur allgemeinern tracht wird, er hängt nicht im nacken,
sondern bestellt aus langen, lose zusammengeflochtenen locken, die
rechts oder links vom gesichle abgingen; diese tracht wird in
folgendem angedeutet: sie aber kriegte eine scher und schnitte
mir mein goldfarbes haar auf der rechten seilen hinweg, das
auf der lincken aber liesze sie stehen, in aller masz und
form, wie es die vornembste mannspersonen damals trugen.
Simpl. 3,13 Kurz; Stieler nennt ihn mannszopf, crines propen-
duli rirorum, fimbriae 2633. einen haarzopf . . genommen von
dem haupt eures buhlen. Happel acad. vom. (1690) s. 341.
solche Zöpfe wurden auch von falschem haar gelragen : vor einen
halben thaler kaufte ich mir auf dem trändelmarkt einen
degen , vor einen halben thaler einen federbusch und vor
einen ortsthaler einen haarzopf. unwürd. docior 359, derselbe
wird 368. 369 haarlock genannt, vom jähre 1720 ungefähr bis
zur französischen revolulionszeit wird der haarzopf am hinterhaupte
gelragen: haarzopf, plecta capilli Frisch 1,389; mein herr,
der mir bald so gut war, als ob ich sein eigener söhn wäre,
lehrte mich frisiren , frisiite mich anfangs selbst und flocht
mir einen tüchtigen haarzopf. arme mann im Tockenb. 91 ; ein
munteres bürschchen von mittlerer grosze, schwarzen äugen
und einem starken haarzopf. Göthe 18, 15t.
21 haarzopf am pferde nenn/ man den theil der mahne, der
iwifchen den obren hindurch flieszt und auf der stirn des pferdes
herunterfällt. Jacobsson 6, b'.
3) haarzopf, die krankheit so plica hciszet. Frisch 1, 389.
vergl. haarschrötel sp. 37 und weichselzopf.
HAARZOTTE. f villus. Steinbach 2,1121. Frisch 1,389.
H.XARZUG. m. tellicalus cnnium. Frisch 1, 389.
HAARZUNZEL, m. haar welches in kleinen strdJmen oder
Zöpfen hernieder fällt (s. zunzel) : ihr habt ein seltsames aus-
sehen , die einzelnen haarzunzel hängen euch noch übers
gesicht. Arnim schaub. 2, 326.
HAARZUPFE, f cirrus Maaler 203*; das fem. zupfe steht
bei ihm für das gewöhnlichere niasc. zopf: die zupfen aufthun
oder auseinander thun. explicare comas 533'.
HAARZUPFEN, n. das zupfen an den haaren. Stieler 2633.
H.\.\RZWIEBEL, f. die würzet der einzelnen haare, von Utrer
zwiebelähnlichen gestalt so genannt: am gründe des haarsäck-
chens , der haarpapille , ist das haar mit einer kleinen ver-
dickung, der haarzwiebel, befestigt. Kürte merinoschaf s. 21.
HAB, m. halt, anhält, seltenere nebenform zu habe in der
bedeutung 2 {s. unten) :
ob mich nun, wie das schiff, des ungh'icks strenge tlut
beraubet alles habs und kränket meinen mut.
Harsdörfer gesprächsp. 7, 258 ;
gottes wort wird verachtet, als wäre es ein leerer hab, der
keine kraft hinter sich hat. Scriver seelensch. 2, 344. im
Kärnthischen scheidet sich der hab, halt, fesiigkeit, stärke, von
die habe, Vorrichtung zum halten, handhabe. Leser 129.
HABBEGIERDE, f. begierde nach besitz oder erwerb {vergl.
habgier) :
überstolzer Atreide, toH habbegierde vor allen.
Borger 187* (llias).
s. das folgende.
HABBEGIERIG, adj.:
Atreus söhn, ehrsüchtig und habbegierig vor allen
((filoycrsarc^Tavs IL l, 122).
Stolberc 11, 10,
während Voss übersetzt:
— du habebegierigster aller. //. 1, 122.
HABCHEN, n., diminutiv zu habe in der bedeutung 4, nur
in der volkstümlichen, reimspielenden Zusammenstellung iiabchen
und babchen vorkommend ; ist hierbei babchen, was 1, 1057 nicht
viü aufgeführt wurde, als gleiclie Verkleinerungsbildung zu schweizer.
babi kind, puppe Stalder 1,120, engl, habe, baby zu fassen,
so drückt die formet habchen und babchen eigentlich das ge-
sammte ägen an gut und nachkommenschaß aus. das ist mein
ganzes habchen und babchen ; er hat sein ganzes habchen
und babchen verloren, hört man vorzüglich in Mitteldeutschland.
ßr verläszt ungesäumt, sein habchen und babchen zusammen-
packend, das land. Gistel leben des freiherm von Hallberg-
Broich Berlin 1863 s. 9.*
H.\BE, f. ahd. haha Graff 4,737, mhd. habe, fries. hava
Ricbth. 798 ; seinem verbum haben entsprechend, in mehreren
bedeutungen, die sich um die begriffe halten und besitzen, zu eigen
haben, gruppieren.
1) halt, anhält, stütze, fesiigkeit:
schaw das der held nyndert kein hab
moeg gefinden. Theuerdank 47,48;
er gieng durch ain sonderen gang
von dem hohen gepyrg herab,
das pyrg was faul und bet kein hab. 69, 73;
der tachstul sänkt sich sehr, bat durchaus fast kein hab.
RoMPLBR 98;
laszt ihr die glieder nehmen ab,
so hat der leib kein stärk noch hab.
Opel und Cohn 368, 10.
2) das was etwas hält oder woran etwas gehalten wird, hefi,
griff, henkel: ein trinkgeschirr mit zueen haben, carthesium
DiEFENB. loo'; kesselhab 86' L*t die eisenstange über dem herde,
die den kesselhdlt; bair. die axthab stiel an der axt. Schx. 2,136;
nimm kelche, von des meisters band gemacht,
und kränze beide haben und den rand. Stolberg 13, 236.
habe ctiam significat manubrium et ansam rei alicujus. Stieler
723. vergl. handhabe.
3) ort zum halten, zum bergen ; jeder platz an dem etwas auf-
bewahrt oder geborgen wird: so mhd. diu habe der Speicher Bt.a.
1, 602' ; der kerkcr der hülle:
des wart vil mauic töte
behalten in der heile habe. MSH. % 3in\
ein geschützter platz im walde: du soll (die hirsche) suoclien uf
den rechten haben in den waelden . da vindt man sie och
gern, ron den zeichen des hirsches (ed. Karajan) 58; auch ge-
schützter platz der fische im wasser: haben oder backen seind
löchcr unter der erde, wohin die fische sich zu verschliefen
pflegen : zuweilen finden sich dergleichen haben auch unter
den steinen, felscn, baumwiirzlen oder unter denen mühten,
gemeiniglich aber und meistentheils zwischen zwei wässern.
jagds-ergOtzungen 5 p. 6. am häufigsten wird, wie schon mhd.,
43
HABE
HABE
44
unter habe noch m 16. joArA. der halleplalz der schi/fe darunler
rerslanden, bis im 17. jaiirh. liafen (.«. d.) sich dafür verbreUel:
haben, schifllendinen portus , insel die koiiiliche haben oder
schiflFlendinen hat, ratibiis clemens insula. Maaler 204';
das schiff sich nach dem hiinel gab
als lu einer glückselgen hab.
B. Waldis ilas päpsll. reich 3, 15;
fand on cel'ehr ein kleinen naehen :
derselb tiiet in freiindtlich anlaclien.
den dacht er zTiihren in sein haben;
ein gute frachl thet im geloben, f's«;)«.« 4, Sft, 17.
Ungewöhnlicher aber gehl habe dann in den begriff hülle über-
haupt über :
als der Ruggiero nun mit armen sie umgäbe,
da liel der niaiitel ab^^ie blieb in zarter habe.
PiETR. V. D. Werder Ariost 7, 28, 6;
come Ruggiero abbraccio lei, pli cesse
il manto, e reslö il vel sotiile e rado.
4) besitztum jeder art im allgemeinsten sinne: eigne hab,
gewonnen gut mit arbeit, peculiiim Dasyp. ; uinb hab und gut
kommen, naufragium facere rerum suarum ibid.; hab und giit,
reichthumb, substantia, opes, diviliae, facultates, pecuniae Maa-
LEB 202'; eines j etlichen haab und gut census, farende hab
res mobiles, grosz haab und gut, schätz und reychthumb gaza,
kleine und schiächte hab brevis census, eini sein haab und
gut nenmien depeculiari ibid.; es leret disz Sprichwort, dasz
sich ein jeglicher an seiner hab soll lassen beniigen {an dem
vas er hat). Aoric. spr. (lG50)llü"; also nam Abram sein weih
Sarai und Lot seines bruders son , mit aller irer habe die
sie gewonnen hatten, l Mos. 12, 5; da nanien sie alle habe zu
Sodom und Gomorra und alle speise und zogen davon. 14,11;
füret weg alle sein vich und alle seine habe, die er zu
Mesopotamia erworben hatte. 31, IS, ähnl. 46, 6; und alle
ire habe , alle kinder und weiber namen sie gefangen , und
plünderten alles was in den heusern war. 34,29; denn die
heuser in stedten der Leviten sind ihre habe unter den
kindern Israel. 3 .Wo«. 25,33; sol wider komen zu seinem ge-
schlecht und zu seiner veter habe. 25, 41 ; und sie verlieszen
ire vorstedte und habe, und kamen zu Juda gen Jerusalem.
2 chron. 11,14; die zugenge seiner habe werden schmal werden.
Hieb 18, 7 ; hunger wird seine habe sein und unglüclr wird
im bereit sein und anhangen. 18, li^ viel andere die inen
Uandreichung thaten von irer habe. Luc. 8, 3 ; das ir bei euch
selbs eine bessere und bleibende habe im himel habt. Ebr.
10,34; ire guter und habe verkauften sie. apost. gesch. 2,45;
üb ein beschädigter sein haab, die im unzweifelich zustünde,
.. von dem thäter wider zu wegen brächt. Carolina art. 214;
ein übelthäter mit gestohlener oder geraubter haabe. art. 218;
ein Staat ist nicht , wie der boden , auf dem er seinen sitz
hat, eine habe (patrimonium). Kant 5,41'); das grosze Vor-
recht, nach seinem tode noch über seine habe zu disponircn.
GöTHE 17,288;
euch geb ich allen prcisz für meine ganze habe,
Tür leben, glück und stand, euch brecii ich palmen abe.
FLEai!4G 2U0;
und ehre, glück und habe
verläszt mich doch im grabe. Gellert 2,208;
einen blick
nach dem grabe
seiner habe
sendet noch der mensch zurück. Schiller 78';
guter fliehender men.schen, die nun, mit gcrellclcr habe
leider das überrheiniscbe land, das schöne, verlassend . . .
GöTBB 40, 233;
die inanichraltige habe,
die ein haus nur verbirgt, das wohlverstihne. 40,23!);
denn es verläszt der mensch so ungern das letzte der habe.
it>iit.
in verächtlichem ifnne von etner pcrson gesagt: die fra» war auch
eine leichte habe. Acricola spr. (Ijf.o) 14«'; wir sagen jetzt
leichtes gut, geuöhnliclier aber eine leichte waare.
Häufig enttrickelt auch habe eine prägnantere liedeutung: man
mnnl damit das vertvolle eines besUztums, kustbai ketten, schiltic,
und betttmmt et oß ndlier durch ein entsprechendes adjcctiv:
und hic4z aimz ruffn grose hab
wer im der »iicht meciit hellcM ab. fanlnachimp, 1140;
sie sprach alle htih Ich ganz fermiicht (vevaclüe)
und er« neur {nur) Arn Akt ob uns ist ibi<t. 1117;
DU haben wir (n »rin^c hnnb !|
df» Ifbeni »Im«- Irurbt cmplatigcn. Weckhirlin 311;
mit lujfi-nt («nri« ht er) umi mit haab
Ihn mich, 0 Jupiter, Xivu.iht-u. ihnl. 4.'>2;
in der wogenleeren höhlung wühlten sie ehipor die erde,
senkten tief hinein den leichnam mit der rü.<tung auf dem
pferde,
deckten dann mit erde wieder ihn und seine .«tolze habe.
Pl*te:i 33* ;
gieb acht, gieb acht, o lieber knabe,
dasz du nicht dastehst trauernd einst
und um die beste, schönste habe
des menschenlebens bitter weinst!
Leiiiav vermischte ijetiicIUe: 'einem knahen''.
habe von den gütern des gci.ttes und herzens:
mit lieb umfaszts {'lax herz) die gegenwart
und dünkt sich reich an habe,
die habe, die es selbst sicli schafft,
mag ihm kein Schicksal rauben . . .
A.W. Scblegel poet. werke 1, 13.
Formelhaß wird mit habe verbunden fahrt (vergl. 3, 1265) und
gut; das erslere selten, bei Kli.ngür:. sich mit hab und fahrt,
mit herz und scelc hingeben. 1, 421 ; hab und fahrt verprassen.
3,94; vor einiger zeit brannten häuscr mit habe, fahrt und
der eingeführten ernte ab. 8,44; das letztere ungemein häufig,
wobei es ungewiihniicher ist, dasz halte die zweite stelle einnimmt :
b-iltl leut und Innd man im eingab,
das er gnug hett an gut und hab.
B. Waldis 4, 90, 21S;
was sollt ihm gut und haabe? MusÄi's kinderkl. 108;
die bürger schauten zum fenster heraus,
sie saszcn eben in saus und braus
auT gut und habe. Götiib 3, 191.
vgl. ire guter und habe {xai xa xTrj^axa xal ras vTta^^eis).
apost. gesch. 2,45; gemeiniglich wird gesagt hab und gut Dasyp.,
Maai.er 202', eine jener taulologisclicn furmeln , 'in der der ge-
dankc des ersten Wortes durch den gleichen oder vcrwanten eines
zweiten wiederholt wird, wodurch der ganze satz erhöhten, belebtem
sinn tind mehr stiirke und festigkeit gewinnt' (RA. s. 14): er
bringt sich um hab und gut. Lenz 1, 90 ; wie geschwister,
deren die meisten zu guter wirthschaft geneigt wären , eins
aber, leicht gesinnt, hab und gut der ganzen familie sich
zuzueignen und zu verzehren Inst halte. Göthe 22, 170 ; die
bauern standen auf, als sei der feind da und bewehrten sich,
um hab und gut zu schützen. Rieul culturgesch. nov. 349 ;
ich bin ümm hab und gut, und allen vorrath kommen.
Fleming IKi.
Bemerkenswert ist, dasz in dieser Verbindung ein vorgesetztes,
auf beide begriffe bezügliches adjecliv , pronomen oder der artikel
gewöhnlich im nculro steht, worin vielleicht eine freie anwendung
der reget zu suchen sein tnöchte, dasz zu zwei subjeclen verschie-
denen geschlechtes adjecliva oder pronomina im neutro treten
{gramm. 3,315. 4,283); es wird gesagt das hab und gut jeman-
des; mein hab und gut, mein ganzes hab und gut;
hab ich mein hab und gut verthan. Schwarzrmberg 114-, 1;
ist alles kummers frei,
dasz nicht sein hab und gut im meer ertrunken sei.
Opitz 1, 164;
nachdem in dieses land des papstcs liga kam
und unser hab und gut eins nach dem andern nahm.
Opitz u. Com 284, 2;
euer hab und gut sind nur wie darlehn zu betrachten. Holtei
Chr. Lammfell 152; mit allem mobilen hab und gut. Göthe
30,52. doch gibt es ausnahmen von dieser fügung:
und hat dafern es glückt, von aller haab und guth
den beutel in dem maul. Rachel snt. (I'OO) s. 50.
Man hat wol die bedeutung der formet hab und gut dahin
gefaszt, dasz habe das bcwegliclie, gut das unbeweglicJie, liegende
cigcntum ausdrücken solle; allein dieser unterschied, der erst su
ende des vorigen Jahrhunderts ausgei'pürt worden zu sein scheint
(EnEUiiARn synon. handwörterb. 419), ist willkürlich und })edantisch.
zwar bezeichnet fahrende habe, ahd. faianli scaz, nd. auch
r<ireiidc have (Kinulincer hörigk. 3S2) res mobiles und gieng
ursprümilich wol auf den Viehbestand {rergl. 3, 125s. 1259), allein
wie sich findet liegende oder farende haab Statuten der Stadt
Weiszenfels v. 1619 4. 7, liegende und fahrende habe Wiei an»
8,112, so wird auch umgekehrt schon mhd. gewährt varende guol
Waltiier 8, 14. 00, 35. I'an. 207, 10 ; ir varend gut Altdorfer
weisthum von 1439, wei.<>th. 1,13s und ebenso tinfaieiule habe:
was in, von »ulchcn teilen, von uiifai ender hab geburd, es
sein hofe, huser, arker und ander iinfaieiider halt. Hai.taus
707. Der fahrenden halte setzt man liegende gründe gegen-
über: er setzte eine dreij.'lhi ige scbal/iinKC auf erbe, liegende
grtlnde und farendt; habe. Sciil'rz l'reuszrn ss.
5) wenn mehimals habe auch in der bedeutung scJiaar, häufen
steht , so knüpft sieh diese bedeutung ungezwitniien an die unter
vm'ifer nummer erörterte an, indem der begriff des besiizes, der
45
HABE — HABEN
HABEN
46
wie wir sahen, auch zu dem der schätze, koäbarkeiten empor
steigt , andrerseits zu dem begriffe fülle, menge überhaupt, schaar
steh wenden kann:
si ziigend über ein heid hinab,
der Schwaben was ein grosze hab.
sie band sich nit wo! ghalten. Uhlaid rolkst. -141, 7,
wahrend es in einer andern fassung desselben liedes heiszt :
si zugend an dem grünen wald bar,
der Osierrichern was eine grosze schar,
si band sieh unerlich geballen.
LiLiE>CRO?i volksl. 2, -101, 12;
weist du nit, dasz in aller bab
goot und bös man linden mag. ring IS', 24;
poi velten I was körapt dort für ein schwarzes her! . . .
es ist eine seltsame gesante hab.
ich mein dasz der teufel mit seiner mutter her drab.
Schade pasqu. 1, ob, 136;
Jupiter sah von oben herab,
wie wunderlich und seltzam hab
sieh auf der erden tbun bewegen,
die tbier sieb durch einaniler regen.
B. WiLDis Esopus 1, SI.
6) vvllig von dem bisher erörterten liegt ab: die haab, ein
gemächt von bopfen , darniit die pfister {bäcker) das weisz
brot aufliybend. .M aaler 202', es ist dasselbe was das nhd. fem.
befe , mild. masc. hefe , ahd. hefo , und gehört nebst seinem
diminutiv hebel (s. d.) zunächst zu dem starken verbum beben,
wegen seiner emportreibenden eigenschaft. über die terwantschaft
der rerben heben und haben wird unter letüerm worte gesprochen.
HABEBALD, m. der bald hat oder erhält, wie die folgenden
eine imperalivische bildung; Göthe hat einen der im 2. theile
des Fausl auftretenden drei gewaliigen so genannt 41, 264.
HABEDANK, auch HABDANK, m. dank, eigentlich die formel
habe dank {s. dank 7 th. 2,730). mhd. habedauc Be.n. 1,357:
er opferte sich für ihn auf und erhielt nicht einmal hab-
dank dafür; der noch dazu keinen habedank bekömmt.
J. Faul Siebenk. 2, 82 ;
was theuer mir dort war, das hab ich hier aus gunst
des herrens der natur, um habedank zu nissen {ijenieszen)
und um gesunden schweisz. Logav 1, 51, 4,
denn die reine,
die ich meine,
winkt mir lieblichen habedank. Voss 4, 24;
jene bilder —
vom habedank aus schöner band. Plate;« 317.
umgestellt dankhab, dankbabe, s. 2, "37.
HABEGERN, m. wer gern erlangt oder bezitzt: er ist ein
reciiler habegern ; s. gern-haber.
HABELOS, HABLOS, adj. ohne habe:
mhd. unt ruochet wie ej jenem ergöt
der trüric habelös bestfit.
Hacpis zeitschr. 1, 4S4 (tcarnung 16S0);
der nopie wese diu milte bi
unt tripste nach ir güete
des babelösen gmüete. ibid. 2572.
nhd. der hablose wanderer,
den eu'r (der blumeii) anblick ergötzt und erquickt,
schüttelt das baupt
und nennt euch schönes unkraut. IIkime buch d. l. 361.
HABEN, rerb. habere.
A. Verwantschafl und form.
grAh. haban, in den frühesten oberdeutschen denkmälern hap^n,
haben (habeen Kero), in Jüngern, namentlich fränkischen, haban,
liaben, habin mit Übergang in eine andere classe der schwachen
cunjugalionsform, während namentlich die handschriften Willirams
auch die form habon zeigen, die nach den laulverhäll nissen dieses
denkmals für älteres habön steht, altsächs. bebbian und habbian,
mnd. mnl. nnl. hebben, fries. habba und hcbba, ags. babban
und iiäbban , altengl. habbe , neuengl. have. allnord. hafa,
schwed. hafva, dän. have.
Zur ermiltelung der grundbedeulung dieses vielgebrauchten Wortes
werden tcir zunächst nicIU zu übersehen haben , wie nahe es sich
mit dem rerbum heben berührt, dieses beben , golh. hafjan,
ahd. heffan hevan , altsächs. bebbian , ags. hebhan , babban,
fries. heva , altnord. heQa leiUl wie haben , zu der deutschen
Wurzel hab . wobei rücksichtlich der bestiinmung des auslauts der
letzlern zu beachten ist , wie häufig an dieser stelle h und i mit
einander tauschen, sehen wir dcis althochdeutsche im präsens von
helTan den reibelaut begünstigen, so erscheint im präteritum wieder
die media b (huob. huobun), wälirend das altsächsische umge-
kehrt von bebbian zu höf, vie das angeitächsische von hebban
zu huf, höfun .'■icJi wendet,' und nach den friesischen laut-
gesetzen das f, welches im inlaute dem dem b nähern v weicht.
im auslaute wieder hervortritt, es heiszt dort heva heben, h6vun
wir hüben, geheven gehoben, aber hof er hub, wie hefth er hebt,
so ist auch die media in unserm verbum haben nicht ohne_
schwanken geblieben, zwar hat sie sich im gothischen unter dem
einflusz ihrer Stellung zwischen zwei vocalen durchaus erhalten,
wodurch haban und hafjan streng geschieden erscheint; aber wie
sicli im cüid. neben habet , hapel , bebit er hat , doch auch die
form hevit findet (Graff 4, 725), so zeigen die altniederfränkischen
psalmenfragmente neben dem inf. hebon haben aucli hevit er hat,
und die altsäclisische handschrift des Heliand , der Monacensis,
gewährt neben der gebräuchlichen präteritalform habda hatte,
babdun hatten, auch einmal hafdun (5055); im angelsächsischen
hat sich für die präteritalformen durchaus f ergeben (häfde,
häfdun) , ein kut , der in den allnordisclien formen durchaus
wallet : hafa, prät. hafdi. — Die uurzel hab (über sie ist bereits
beiläufig in etwas anderer weise 3, 1236 gehandelt worden) läszt
sich mit sicherlieil nur bis ins lateinische und griechische verfolgen,
aber die Itier zu vergleichenden worte werfen getiügendes licht auf
ilire ursprüngliche sinnliclie bedeutung: haQa, beffu, hebe ist
genau das latein. capio, das sich mit seinen vertcanten cap-ulum
heft , cap-is henkelbecher , cap-ax fassend, cap-essere halten,
wieder zu griech. xiozt-rj griff stellt, die sinnliche grundbedeulung
der würzet ist demnach fassen, greifen; aber ihre weiterentwickelung
ist in haben und beben ihre eigenen wege gegangen, wenn auch
berührungen beider begriffe statt finden, wie in den compositis
behaben und beheben (vergl. l, 1316), die wie im mhd. das ein-
fache haben und heben mit einander vertauscht werden (Bex.
I, 643'), in den bildungen habe (vergL oben sp. 42. 43), haft und
heft , und wenn auch einzelne formen von haben und heben,
ifie wir nachher sehen werden, in einander verlaufen, die wurzel
bab hat sich in dem starken heben aus der allgemeinern bedeu-
tung fassen, greifen, zu der eingeschränktem aufnehmen, in die
höhe neltmen, gewendet; was haben, goth. haban betrifft, so ist
daran zu erinnern, dasz verben dieser schwachen conjitgations-
classe im gothischen und allhochdeutsclten meist den verbalbegriff
als eine thätiykeit mit zurückbeziehung auf das subject hinstellen,
es begreiß sich demnach leicld , wie haban den begriff fassen lu
dem mehr medialen halten, besitzen, haben ausbildet.
Bei der heranziehung der lateinischen verwanten zur ermittelung
des eigentlichen sinnes von haben ist das lat. habere vorläufig
auszer betracht gelassen worden, welches, wie es im sinne mit
haben tibcreinkommt, auch in der conjugationsart sich ebenso mit
golh. haban berührt, wie tacere und t)ahan , silere und siian,
dolere und J)ulan , videre und vitan. bei der vollständigen
formellen gleichheit der lateinischen und deutschen Stammform
würde die ersterc mit der letztern doch nur zu vermitteln sein,
wenn hab in hab-ere eine nach lateinisclien laulgesetzen mögliche
Veränderung der wurzel cap in cap-ere «. s. ir. wäre, die wahr-
scheinlichkdl dieser annähme ist bereits erörtert (Kens zeitschr.
II, 203), und darauf aufmerksam gemacht worden, dasz, wie sich
materiell die begriffe haben und nehmen berühren {altslav. ima
nehme, imami habe), formell h in habere aus c sich ebensogut
gebildet haben kann wie hi(c) aus ci, und dasz, den auslaut der
Wurzel betreffend, in der italischen familie groszes schwanken
herscht , da sich neben der lateinischen form mit b das oskische
hipid habeat und hafiest habebit , sonach mit p und f, finden.
Haben wir bisher die urspriingliche bedeutung von haben sowie
seine sichere verwantschaß mit latein. und griech. Wortfamilien
besprochen, .?o bleibt vor eingehen auf die formen des verbums
nur die bemerkung übrig, dasz die bedeutung des greifens und
fa.<!sens , die die wurzel hat, in voller schärfe noch in manchen
ableitungen erscheint, so in habe 1 und 2 {sjk 42), ebetiso wie
im sid)st. haft, mhd. haft Mnd hefte (Ben. 1.605); der heftel
am kleide ist das fassende, haltende Instrument, das worl wechselt
mit haken, mit dem es sich liier dem begriffe nach berülirt; nicJit
weniger ist das adj. haft, ags. häfl, altn. hapt-r, als passive
parlicijialbildung in der bedeutung gefaszt, ergriffen, gefangen zu
nehmen, wie wiederum habicht, ahd. hab-uh, mhd. babech nur
als der ergreifer zu deuten ist, fcorüber unter diesem worte mehr,
das französische hat aus dem deutschen entlehnt in diesem sinne
haver an sich ziehen, havet hacken. Diez altrom. gloss. 53.
Die formen von haben sind durch tlieilweisc contraction und
assimilation manigfallig geworden.
\) für die 1. sing, praes. ind. galt ahd. bap^m, geschwächt
iiaben , woneben sich aber aucJt mit abwerfung des personiil-
suffixes und übertritt in eine andere conjugationsclasse die formen
habu , babo , habe 6<'« Tatian , Willeram und Notker finden,
in andern quellen hat sicli, seltener, haben tinter verlast des
47
HABEN
I1\J{EN
4S
lubials zu hän ztisanimcngezoyen. diese form übenvicijt tm mlid.,
ofme dasz habe ungebräuchlich erscliiene. es gilt die regcl, dasz
die conirahierle form namentlich steht , wo haben hitfs zeit wort
Ist, die nicht contrahierle wo ihm die bedcutung hallen innewohnt;
doch nicht ohne ausnähme: wan ich habe ein wip . . . mir
erkorn MSF. 134, 26, ich hab verlorn daj leben min cdelstein
-1!), 74. mitteldeutsche quellen bevorzugen die form ich habe
(FJartsch «irf. ged. 12,400. 13,426. 54,502. 62,783, gegen ich
hän 7, 220. 94, 363), tras näher an den gebrauch rein nieder-
deutscher denkmälcr reicht, die nach dem allsächs. hebbiii , der
ersten schwachen conjugation folgend, mir ik liebbe bilden, die
form habe dringt im ib.jahrh. weiter vor, und es begegnen denk-
mälcr die han und habe abwechselnd brauchen, und zwar liän
in dem falle, trenn das pronomen ich unmittelbar darauf folgt,
habe ohne diesen fall, z. b. :
des han ich mich nu vil gerümt
und habs mit worten nit veriiliimt. fastn. sp. 260, 4;
da ich die jungen voraus liab genuraen. 200, 16;
nu han ich nie umbsunst gelaunt. 261,28;
dan ich grad hab iczund vernumen. 862, 23;
den namen han ich lang gehaben. 863, 9,
ein gebrauch, der sich bei Hebel noch zeigt:
dort chunnt sie scho, was hani gseit,
in ihre stille herlichkeit. alem. ged. (1808) s. 37;
se, do hesch e messer! i ha's am Blotzeraer mert g'chaurt!
s. 49.
Nach milteldeutschevi brauche sagt Luther nur ich hab oder
habe, und diese form verdrängt im 16. jahrh. nach und nach das
landschaftliche han, so zwar, dasz wenn wir z. b. im jähre 1573
noch antreffen
den liebsten bulen, den ich han,
der ist mit reifen bunden
Ublakd 584 (Münchner druck),
Fischart mit Verletzung des reims dafür gewährt:
den lieben bulen, den ich hab,
der ligt beim wirt im kellen,
er hat ein höltzins röcklein an
und heiszt der muscaieller. Garg. 85'.
Jetzt hat sich han nur mundartlich in Oberdeutschland erhallen,
so schweizerisch hän (Frommann 3,207), oberöstcrr. han (3,45.
5, 393) , tirolisch hd', han (4, 281. 5, 104) , rhein fränkisch han
(5, 279) ; auch in der siebenbürgisch-sächsischen mundart hun
(4,281); in Schwaben gilt hann und hau' (2,112).
2) für die formen der 2. und 3. sg. hapes, habest und hapfit
xeigl sich schon im ahd, die Verkürzung has , hast , und hat,
ejne Verkürzung die im mhd. die uncontrahierten formen sehr
zurückdrängt, nur dann wieder nicht, wo das verbum die concrete
hedeulung halten hat, in welchem falle meist die formen habest,
habet angewendet werden, die noch heute im bairischen du habst,
er habt dauern (Schmei.ler 2,134); doch findet sich auch in der
Stellung eines hilfsverbums noch spät:
habst du ichtes vernomen
das mir zu schaden möcht körnen.
Ilälzlerin 2,3,21 (p. 123');
habstu dalame klappert gnuog?
Juh. der täufer, trag. (Bern 1549) Rvj.
Das niederdeutsche ist einer formenverkürzung abgeneigt: tvie
sicli im altsdchs. stets hahes, hahcd, im niederfränkischen habis,
habit oder hevil halten, so gewährt auch das mnd. hefst, lieft,
das mnl. heves und hevcl, welche letztere form in dem nnl.
hceft noch dauert, das fries. des 13. 14. jahrh. hat zwar für
die 2. nur hast und ht'st, für die 3. aber neben dem gebräuch-
lichem hfith, het, hat das seltenere ungekürzte hcvet (|{ichthofen
801*). jenem fries. best , bei entsprechend Iduß auch im mhd.
neben hast, hat hcst und hcst, h<"t und het, diese formen
erklären sich als umgelautet aus den ahd. nebenformen lialiis
hebis habit hebit , und wenn auch mhd. heil er hat gefunden
wird (Ben. 1,59.5*), so steht diesz nur durch Unterdrückung des
labials von ahd. habit hebit ab. seit dem i:>. jahrh. befestigt sicli
hast, liat , siclier in der er.iten zeit noch mit langem vocal , der
jedoch bald verkürzt worden »ein musz. gegenüber diesen formen
h<d>en fich toUJie, in denen der vocal c lebt, in die oberdeutschen
mundarten zurückgezof/en : was best t' inaclie? J. (Iottiiki.f
erzähl. 4,167; ^ta» het da da» tschüppcli für äuge gemacht s. 145;
hetch gmeint, ile ncinch ellcinig do? Hibel alcm. ged. 34;
wer chrisili lebt het Tröhc muth. «. 35.
3) eine nur hochdeulfche rrsdieinung sind die rciilinhierten formen
des pluraU. brretlt im ahd. finden sich neben \\.\\ih Uir luxbt,
habAnt Jt' hnh "■rh l.'.i i.V.i ((Jhaik 1, ' ' ' '""' da vor-
züglich alemannische quellen ihrem sprachgebrauche gemäsz für
ln\hh ihr habt, habent, habinl, also die form der 3. plur. ver-
wenden , so gilt hier die contraction hdnt auch für die 2. plur.
im mhd. hat die contrahierle form auch für die 1. plur. platz
gegriffen, und es heiszt wir hän , ir hat (oder nach der heimal
der denkmäler ir hdnt), sie hänt. wieder nicht durchgängig;
neben ihnen laufen in häufiger Verwendung für jede bedcutung
des verbums unconirahierte wir haben , ir habet oder habent,
sie liabcnt. beide formen gehen noch in der ersten hnlfte des
16. jahrh. neben einander, oft in einem und demselben Sprach-
denkmale veruHtnt, bis sich der sieg der letzteren in der 2. hälfte
des m. jahrh. ergibt, vielleicht in folge des beispiels Luthers, der
nur diese braucht; doch finden sich die contrahierten formen, die
in den meisten ober- und milteldeutschen volksmundarten fast
uneingeschränkt fortleben, auch vereinzelt in der schrißsprachc bis
auf unsere zeit herab : kleider ausz, kleider an, eszen, trinken,
■schlafen gähn, das ist die arbeit, welche die lutherische thum-
herren han. Schüppius schrißen 2 ; auf dasz wir ja nicht
zweifeln dran, was wir anitz gehöret han. 195 ;
die euch, auT ihren weiten reisen,
so groszen nutzen han gethan. Canitz 217;
was für ein streich, ihr gnaden !
nun lian wirs auszubaden. Bürger 22'.
Findet sich in schweizerischen quellen des 16. jahrh. hent für
hant, hänt, so ist diesz durch umlaut entstanden und erklärt sich
durch das überschwanken des verbums aus der 2. in die 1. schwache
conjugation: sie hend mir gebürstet. N. Manuel faszn. 345;
was hend sie uz unserm gelt gmacht. 397. •
4) während der con}. präs. im nhd. nur unzusammengczogene
formen habe , habest , haben leidet (im mhd. begegnen dagegen
hä für habe, hän für haben Ben. 1,595"), wird der infiniliv
in derselben weise zu hän conlrahiert , wie wir hän und wir
haben neben einander laufen, für alle nieder deiUsche quellen ist
diese kiirzung ungebräuchlich; und zeigen sie auch mitteldeutsche
denkmäler bis zum 16. jahrh. ziemlich häufig, so siegt in diesem
dennoch für die Schriftsprache die form haben, die Luther wieder
ausschlieszlich verwendet, doch stirbt die form hän in der schriß-
sprachc nicht aus, sie ist namentlich in der 1. hälße des 16. Jahr-
hunderts noch sehr gebräuchlich (H. Sachs hat hän gewöhnlich im
reime auf an, stan, lan, gan ; hon : gon 2, 4, 75', haben auszcr-
halb des reimes), und wird von dichtem, die einen volksmäszigen
ton anschlagen, bis auf die neuzeil verwant:
noch kömmt ihr gärtner lobesan,
den sie zu han geruhn. Claudius 3, 31 ;
die wciber sollen abzug han
mit ihren besten schätzen. Borger 20*.
5) weitere betrachtung verdienen die präleritalformen. das ahd.
verwendete neben hapeta auch nach der ersten schwachen con-
jugation habita , mit umlatU hebita , wie das letztere wenigstens
die vorkommenden formen hebitös du hallest und hcbilon sie
hatten lehren, mhd. findet sich habcte , dem ahd. hapeta ent-
sprechend, in älteren denkmälern ; gewöhnlich bleiben die prälerital-
formen, wenn das wort nicht sinnliches hallen, fe.<:thalten au.u1rückt
(er habt im da bi zouine Nib. 406 llolzm.), micht in dieser voUen
gcstalt. ihre Veränderung erfolgt auf zweierlei weke: durch au.^-
fall des wurzelhaßen b t^nd Verlängerung des a , oder durch
assimilalion des b und t unter aiu^fall des ableitungsvocals zu It.
die ersterc weise ist die mhd., die schon in den letzten zeilen der
ahd. periode platz greiß (Ghakk 4, 726). neben häle geht h.-ete,
hi^te her , das sich zu ersterem verhält wie hast , hat zu h4st,
bei , und das oß Verkürzung zu lielc het erleidet, solche alle
formen scheinen noch spät nachzuklingen:
die ohrun, die ich hat, herr, dein gebot zu hören.
NVkckukrlin 318;
hftt (conj.) dein gerechter grim der sondern nicht verschonet.
330,
wo vermutlich noch langer stammvocal vorliegt, da der dichter
sonst die gemination des consonanicn um vorhergehende vocalkürze
anzuzeigen, häufig anwendet, neben häle, lu'le geht ein seltneres
liiele , bei Neiuhart z. b. als conjunctive form dem indicativen
het entgegengesetzt (05.18. 2ü. 81, II. 13 gegen 11,5. 17.6); im
llelbling als indicative form :
tlu biet dA iiilit wol gcspeht. 1, 1165,
für beide modus s.b. stets von Wittenwkiler verwant:
dn die red sich bliit vtMdrnpt,
der an Cholnian «ich gehabt
biet, der wnrf isich wieder umb. rimj 21*, 20;
fngt, wa^ liici Ir in dem «imi W, '24.
49
HABEN
HABEN
50
conj. und täten mir die zend nicht we,
ich biet euch wol geantwurt e. 20', 40;
Hagen stuond verpunden
sam in die woir geschunden
hieten. 4*, 38.
Die andere tccise, die assimilalion in den prdleritalformen , ist
eine niederdeutsche. Kährend im allsächsischen des Heliand sich
noch uncingeschrdnid ßndel haLda ich hatte, hatdi ich halte, wie
im ags. häfde, steht in der altsächsischen beichte und in der Über-
setzung der homilie Beuas die form badda, und die allnieder-
fränkischen psalnien gewähren neben habda ic habui , habedon
obtinuerunt auch eben so häufig liattus erexisti , liatta tcnuit,
batton oblinueiunl. detngemäsz setzte sich im innl. überall badde
fest, das noch im mnl. had gekürzt dauert, einen ähnlichen gang
geht das ags.: im halbsäclisischen des Lajamon taucht zuerst auf
liedde neben bafde, noch im allenglischen schwanken hafde und
badde, bis sich im millelenglischen durchgängig badde, neuengl.
had ergibt, das fritsisclw zeigt Spaltung: westfriesische mundarten
schlieszen sich mit ihrem badde dem mnl. an, ostfriesische kommen
durch Utr bede mit hochdeutscher weise fiberein (Richtuofes 801.
802), gerade wie sicli zu letzterer das scliwedische bdde, gegen
dan. ba^de, stellt, vorzugsweise die mitteldeutschen quellen müssen
wir aucJi wiederum als wenn nicht ausschlieszliche , so doch vor-
wiegende Vertreter der form hatte hinstellen, von hier aus ver-
breitet sie sich nach Süden, das alte bäte verdrängend, und
wie sich neben diesern durch die form büte hindurch ein bete,
bet, gebildet hat, so äeht neben batte seit dem ib.jahrh. bis auf
die neuzcit ein bette bälte {bei H. Sacbs immer bett) : dann
wiewoi er <ft sein tag aia grosze begirde gebapt bette, die
bailigen stell und land zuo suocben. Ehingen 11 und immer;
sein pferde wurden wol geslellet, und betten baren und
rauffen, die scbün in den gezelten gemacbt waren, buch der
liebe 265,4; da man nun gessen und getrunken bett, da bub
sich ein schönes geslecb. 266, 1 u. öper; in dieser hole hätte
sie den knaben . . ernebret. pers. rosenlh. 7, 20 s. 93 ; oflen-
babret ihren betrug, den sie ausz armutb bewogen gebrauchet
betten. Schlppics sehr. 347; wo wolt ich ein brod in der
wüsten nehmen? ich hätte mangel aller sacben. 5. 738; o wan
mir Jupiter wider geben thät die jähr so ich gelebet hält,
s. 760;
zwen grosz siifel er an hett. Hälilerin 260», 86 ;
und ich hehaglicb unterdessen
hält einen bahnen aulgel'ressen. Götue 2,283;
er hätt ein äuge treu und Itlug.
13, 125 und oft in diesem gediclile;
sie kamen bald zu jener statt,
wo Roland jüngst gestritten hätt,
der riese lag im blute. Uhland ged. 395.
indicativ und conjuncliv des prät. sind also in solchen fällen
formell niclil geschieden, seltener ist es, dasz die präteritalformen
das geminierle t ganz aussloszen, wie
bestu ein arzt zehen pfunt geben
die wem alle verlorn, fastn. sp. 362, 17,
für hettestu.
6) das pari. prät. lautet gehabt, ahd. kihabet, mhd. gehabet
neben gehebet gebebt (Ben. 1,595*): als das gold das ediesl
erlz und das costlichest lieb gehebt ist von aller menglich,
manuale curalorum 48, 2, und gebdt. die assimilierte form
gehatt, die nach hatte in voller berechtigung war und im nieder-
deutschen schon sehr früh begegnet (bibadd Heliand 3694 Ceti.,
nl. had, altengl. neben haved yhad), auch im mitteldeutschen
bevorzugt ist (gehat Rothe chron. immer, Stolle p. 107 u. öfter,
gegen gehabt s. 67), bricht sich in der nhd. schrift.'iprache dennoch
nicht bahn , obschon sie bei einzelnen schrißstelUrn des 16. jahrh.
verwendet wird (gehat : spat Rjncwald laut, wahrh. 312), hält
sich aber in den mitteldeutschen mundarten fast durdiaus; auch
in Schwaben gebell Fromm. 2, 112. Besondere beaclUung ver-
dient, dasz das parlic'tp vorzüglich in Schweizer und elsassischen
quellen starkformig gehaben lautet: o herr mein gott .. der
mich mee lieb hast weder ie kein leiblicher vatler seinen
liebsten sun lieb hat gehaben. KKisERsnERC EschenprOdel (Strasz-
burg 4*) b6*; von eim priester der uff die bulschafl gangen
wj (= was), und mit einer eefrawen ze schaffen hat gehaben
in eim dorff in Franckrych. Mane himelfarl 17*; goll der
allmechtig, der hat alle crealuren von ewigkeit empfangen,
ein anschlag von inen gehaben unn hat sie all bedacht unn
geeret im selben. 9*;
o Oesierrycb, was band wir dir ihan?
hett herzog Sigmund s laben ghan,
deren keins war uns beschähen. LiuiitcaoK voUut. 2, 406;
IV. II.
ich beisz Elsziy Tragdenknabeo,
den nammen lian ich lang gehaben, fastn. sp. 863, 9 ;
ich heisz üoly Rechenzan,
den nammen bat min vatter ghan. 863, 15;
wer sich ein wyb musz lernen lan
der hat ein scharpflen meister ghan.
McB>ER geuclimatt bei Scheibte 8, 966;
das ich hab bebstlich würd gehan. ibid. 986.
noch heute schweizerisch gehän Fromm. 3, 207, gehübe(n), geba
0, 399 ; d'frau beig (hat) d's monetgeld noh nit gha vom herr,
und e krüzer, syg e krüzer, wo si noh gha beig. J. Gotthelf
erzähl. 4, 145. es ist diesz particip formell das von heben, und
die Vermischung einer solchen form des letztem Wortes mit dem
veibiim haben gibt ein argument ab für die noch spät gefühlte
gleiche abstammung und begriffliche berührung beider Wörter,
umgekehrt findet es sich, dasz formen von heben schwach gebUdel
sind, gleich als ob sie von haben enlstammle'i , z. b. ich hab
auch kain ting mit im gemacht und angebebt mess zu lesen
am sant Martinstag 53. Rcland handtungsbuch 20, 58, wie alt-
fries. neben dem part. beven auch hevet steht. Richthofes 813*.
s. weiteres unter heben.
B. Bedeutung.
Die vielfach schillernden bedeutungen dieses Wortes lassen sich
gleichwol unter zwei hauplgesichtspunkte ordnen , wobei wir nach
dem zur etymologie entwickelten billig die gruppe voranstellen, die
die sinnliclie grundbedeutung hallen, umschlieszen mehr oder weniger
deutlich bewahrt hat.
I. Halten, fassen, umfassen.
1) sinnliches hallen, festhalten, früher in weiterem und häufigertn
gebrauch (mhd. Ben. 1, h9$'f.), und es wird die begriffliche Zusam-
mengehörigkeit von haben und halten durch eine enge altitterierendc
Verbindung betont, die weit verbreitet ist: gehept und gehalten.
weisth. 1,20; alle die recht . . stelle ze habene und ze be-
haltenne. 30; fries. biadat üs to hebbane and tö haldane alle
riucbtlike tbing. Richtkofen 343*, 16. ags.
hafa nu and geheald büsa seiest. Beov. 658;
heöld mec and häfde Ureffel cyning. 2430.
Zumal die ältere periode des nhd. gewährt belege für jene sinn-
liche bedeulung des Wortes: fulcio, ich habs, i. halts, dasz nit
fall Alb. p. 2, bairisch noch heute habs fest halte es fest Schm.
2,134; der dieb wird mit habender band ergriffen Haltads 767,
d. h. während seine hand das gestoldene gut eben hält, wir sagen
jetzt auf frisctter thal , ags. hiesz es auch ät häbbendre handa ;
wer mac sich an den himel haben? ring 5*, 13;
wiltu dasz er werd pald gesunt,
so hab im ain rossdreck für den munt,
und für die nasen einen mist,
so stet er auf in kurzer frist. fastn. sp. 686, 22;
der welcher keine müh
gespabret, des reiches recht und l'reiheit zu haben.
Weckhehlin 635;
dann er gedachte ewig an mir zu haben (festzuhalten). Simpl.
1, 182 Kurz, übertragen vom gemdnsckaßUchen festhalten unter
einander:
nun habt zusammen als die man. fastn. sp. 491, 1.
mü dem allgemeinen es verbunden, es mit jemand haben, an
einem festhalten, hangen : mit eim haben oder halten, subscri-
bere alicujus sententiae Dasyp. ; sonst sind . . die Vorsteher und
gemeinde gemeiniglich einig und babens mit einander, wie
die buben die Vogelnester, baurenst. lasterpr. 12; sobald wir
ihm das mädchen verdächtig machen . . dasz sie es noch
mit einem andern habe. Schiller 197;
die mädchen hattens unter sich
und projectirteii meisterlich. Overeeck ged. 135.
so bezeichnet in mundarten noch das intransilive haben ganz sirm-
lich das fest- oder zusammenhalten: de eem habt net, si reist.
Schm. 2, 134 ; der stecke hab nicht , hält nicht, ist nicht stark.
Le.\er 129; das züg hed guet, das zeug ist von guter dauer.
Stalder 2, 4. so braucht man dieses haben auch von dem an-
halten oder stillhallen eines reiters oder rosses:
mhd. dö sach si bi der miire zetal
einen schipnen riler haben,
der was geriten an den graben. Wigalois 12, 1.
ntid, und siehst du dort den voln
an der hefte haben?
der so! mich, mein allcriiehstes lieb,
aus groszen nöten tragen. Uulano 189, 5.
noch GöTHE fühlt die transitive bedeutung hallen, in gewahrsam
halten in haben, wenn er sa^:
51
HABEN
HABEN
52
und er besitzt dich iiiclit, er liat dich nur. 13, US,
was schwerlich ein schriftslellcr der Jetztzeit wagen würde; uns ist
der begriff hallen nur noch in ganz bestimmten fngungen gegen-
wärtig: ein buch, eine zeitung in der hand haben; er halte
sein liebchen auf dem schosz;
alle neun, sie winkten mir oft, ich meine die nnisen;
doch ich achtet' es nicht, hatte das mädchen im schoos.
GöTUE 1, 354;
die katze hatte die maus in den krallen , er hat das russ
am Zügel; er halte ihn fest beim köpfe; uftmals auch lassen
diejenigen so die band an der thür haben , einen der nicht
ires munds und siunes ist , nit gern in den garten (bildlich,
zu einein amte). Kirchhof wendunm. 452; doppelsinnig sagt Aüha-
iiAX A S. Clara: diesem fisch {in dem Petrus die münze fand}
seind nicht ungleich alle geitzige, dann was haben diese än-
derst im maul ajs nur das geld. merks Wien 71. Auf jener
bedeutung halten, festhalten fuszt die redensart etwas oder jemand
in bänden haben, gewissermaszen so fest halten, dasz man volle
Verfügung darüber hat : alle menschen hat er igott) in der
hand, als verschlossen, das die leute lernen, was er thun
kann. Iliob 37, 7. ich habe den menschen , die sache ganz
in meiner hand ; stark ist gefallen in allen das glück des
Vornehmen und angenehmen hofministers Amman , welcher
den könig allezeit in bänden gehabt, merks Wien 9 ; wenn
ich nicht schon vorschlage, antrage in bänden gehabt hätte.
GöTHE 10, 95. für diese wcndung braucht Ayrer vor sich haben :
eur keiserlich majestat
die sach recht und gut vor sich hat
im vaiterland fried anzustellen, stifc Bamberg, 130'.
2) der sinnliche begriff des haUens kann dauer gewinnen und
gehl alsdann in den begriff des führens, tragens über, so haben
•fiV gegenstände, die lange zeit oder für immer mit uns verbunden
sind, gegenstände z. b. der kleidung, die unser kürper längere zeU
trägt, kürperttieile selbst; so sagt vian: wie hast du deinen rock?
ziehe den kragen herunter; wie hast du heute das haar?
ordne es besser ; nu es aber übel steht, das ein weih ver-
schnitten bar habe. 1 Cor. 11,6; er hüte sich vor dem tbier,
das Zöpfe bat. Simpl. 1,320 Kurz; sie furcht ires hauses nicht
fflr dem schnee, denn ir ganzes haus hat zwifache kleider.
proverb. 31, 21 ; wenn du die Cananiter vertreibst, die eisern
wagen haben (im gebrauch haben, führen). Jos. 17, 18. am
häufigalen wird durch eine präposilion der ort, an dem sich das
getragene befindet, bestimmt: schuhe an den füszen haben, einen
rock auf dem leibe haben, er hatte einen but auf dem köpfe,
ein tuch um den hals , eine kostbare nadel am bemd und
ringe an den lingern ; die armen leute haben oft kein hemd
auf dem leibe; er hat vor den äugen eine brille; das mäd-
chen bat kluge äugen im köpfe; er bat lange beine unter
dem leibe, einen starken hart am munde, der hatte eine
güldene kröne auf dem heubt und in seiner band eine scharfe
sichel. offenb. 14,14; Moses .. hatte zwo tafeln des zeugnis
in seiner band. 2 Mos. 32, 15; der priester soll in seiner band
bitter verflucht wasser haben. 4 Mos. 5, 18 ; hatte ein blos
Schwert in seiner band. Jos. 5, 13 ; hatte doch gar nichts in
seiner hand. richter 14, IG; die mich on ursacb hassen, der
ist mehr denn ich haar auf dem heubt habe. ps. (J9, 5 ; da
stund ein manu in linwad, und halte einen gülden gürtel
umb seine lenden. Dan. 10, 5; das auch die priesler in secken
giengen und asschen auf dem heubt hatten. Jud. 4,14; ich
hab ein vierteil eins silbern seckels bei mir. 1 Sam. 9, 8,
wie gewöhnlich gesagt wird ich habe kein geld bei mir, er
liatle nichts (^= kein geld) liei sich; las den wein von dir
koinen, den du bei dir hast. iSam.[,\\\ der., ein feil auf
dein äuge bat. 'j Mos. 21, 20; du soll dem berrn deinem guti
kein ocliscn oder schaf opfern , das einen feil oder irgend
etwas bOse.<t an im hat. 5 Mos. 17, 1 ;
hält :iur dem hanpt einen kornähr-kranz. Götub 13, 12C.
die anwendnng des rerbums in diesem sinne ist eine freiere, wenn
eigenschaflen , absiebten oder persunen ab objeclc des tratjens oder
führen* bezeichnet werden: durch die so in gleisnerei lUgeii-
redner Rind und brandmal in irem gewissen linben. l 7'iffi.
4,2; darumb das ich euch in meinem herzen habe, l'hil.
I, 7 ; dein lebenlang bah golt für äugen und im herzen. Tob.
4, 6 ; ir nnmd i«! gleller denn bullef, imd haben doch krieg
im sinn. ps. &.'>, 22; wollet Holrbe irncbsesRin in äugen haben.
Luther /t. 5,625; ich li<i von einem lixpiebar, eini klapper-
iiinnn (iHcr ein k( liui-lrrr , ili-r \i(\ »nil m lui hiir I' m i i
scitimpf u. ernst (ir.S3) S8 ; die narren haben ir herz im maul,
aber die weisen haben iren mund im herzen. Sir. 21, 2!> ;
alles was du in deinem herzen hast , das thu. 2 Sam. 7, 3 ;
der keine Widerrede in seineiu munde hat. ps. 38,15; was
aber jene zwo verklerung in sich haben (welchen sinn sie in
sich führen, was sie bedeuten) ist gnug gesagt. Luther ü, 17".i' ;
dasz wir es in uns haben, jene macht (dersündc) zu schwächen.
Lessing 10,15; alles übrige, was er an und um sich hat,
fähigkeit, latent, reichtbum, alles scheinen nur zugaben zu
sein. Görnb 19,152; so bald etwas gescbicht, das nicht ein
.sonderliches alterlhumb an sich bat, ist es ganz und gar
nicht angenehm. Scuurfius 775; leutb welche mehr als pedan-
tische weiszbeit bei sich haben. 795 ; die frOmmigkeit auf
den lippen, nicht aber im herzen haben ; ein jeder hab Obel-
Ibat auf im, was er wöll, so hat er diese zeit Sicherheit.
Frank weUb. 203'. hieran schlieszen sich noch andere Wendungen:
ein gespräch, eine Unterredung mit jemand haben, wofür eben
so oft gebraucht wird ein gespräch mit jemand ballen oder
führen ; hab ich in der Wahrheit in vielen Worten nil anders
erfunden, die wir den abend von c. f. g. hätten. Luther br.
1, 77 ; eine sache im schwänge oder im schwungc haben, sie
gewissermaszen fortdauernd in bewegung oder auf dem laufenden
halten (s. schwang, schwung): die Türken haben ir regimcnt
. . im schwang. Luther 4, 483'. zur bczeichnung einer an-
dauernden bcgleilung : jemand um sich haben, gesellscbaft um
sich, bei sich haben; sie hat zwei mägde hinder ir her
gleichwie eine ander fromme fraw. Kalziporus d6; wenn ich
nur das mädchen in meinem hause haben dürjU;. Geli.ert
3, 2S9; sie lebt mit ihren leuten, hat die kinoer des orts
alle an sich. Göthe 10, 139.
So ferner: eine sache bat etwas, hat nichts auf sich, es
wird an ein etwas, das eine sache mit stell führt, gedacht, aber
das mit sich führen geschieht in äuszerlicher weise, durch auf, im
gegensalz zu in, ausgedrückt, ist also nur begleitender umstand,
niciU gerade notwendige folge: vergl. die münich und nunnen
meinen , wenn man inen disz wort zu legt , dj man Sprech
ein münich oder ein nun, man tbi\ es inen ausz Verachtung,
nain , es ist kain Verachtung, das wort bat es auf im . .
darumb das es in Verachtung komen ist, darumb ist es nitt
ain verachter nani. has im pf. (granatapfel 1511) a4''; will du
dich, weil gott dir keine kinder gegeben, darüber beschweren,
dasz er dich mit einer so theuren beilage, die so viel auf
sich bat, nicht beschweret? Scriver seelensch. 2,285; weil
solche wohllbaten golles gemein sind, meinen wir, sie haben
nicht grosz auf sich. 1, C41 ;
ich weisz nicht, was ein kuss, ihr Jungfern, auf sich hätte?
0, wer aufs küssen kümnit, der kümmt auch gern ins bette.
LoG.vu 1, 90, 74;
wie wenn er allen grimm der martcr überwünde?
und steil' und unverzagt an! trotzem schweigen stünde?
denkt was das au! sich hab !
A. Grvphius (1663) 27, 317 (1698 1 «. 33);
der weisen Römer volk das lern hinfort verstehn,
was ihre (der Christen) sabbaihtag und merlin auT sich haben.
212, 3t (1698 1 s. 501).
vergl. auch aufhaben 1, 659.
Anstatt der localen präposilionen steht zu oder als bei haben,
und es wird nun statt des ortes der zweck des tragens hervor-
gehoben: er hatte seinen niantel zur decke oder als decke;
zum spazierstock (als spazierstock) halle er einen jungen
bäum, den er sich im walde gebrochen hatte; der müsse
sieb gewöhnen, dasz er schmal und übel esse, und zwischen
regen und wind auf der erden schlafe, die grüne beide zu-
weilen zum Unterbett, und den binmiel zur Oberdecke habe
ScHUPi'ius .tchriften (1701) s. 544.
3) auch in folgenden, weniger sinnlichen fügungen gehl haben
vom begriffe des längeren hallens und führens aus: darzii sol
auch ein ieder richter in disen groszen sachen vor der pein-
lichen frag . . sich erkundigen und fleis/ig nachfragcns haben,
ob die missethat . . auch bescheben sei oder jtit. Carolina
art. 0; so .hoI man erfahrung haben (nachforschung halten)
nach den nnrbfolgenden und dergleichen argwünigen umb-
stUnden. art. 25; wenn man geding bat (ein geridU abhält),
weisth. I, 002;
hcttinil (hieltet) ir hu* wie die olion.
rychsing bri Schoibla 8, 840.
acht haben: schow und heb acht. N. MANUKt. ^j.^(fi. 397 ; wer
nu die epistel lisel der mu» darauf ac hlung haben. Luther
a. ii.'i*. i/i-i/iTc hiiMiidc I. ii.'i. 171. ralli li.ibcn : hab ralh vor
53
HABEN
HABEN
54
der fhat. Agric. spr. (1560) 362'. ruhe haben : wollt ihr ruh
haben. Göthe 8, 7. 42, 240. eine bitte haben ; ich habe kein
gebet mehr als an sie. Göthe 16, 79. eine beschwerde haben,
unbestimmter etwas haben gegen einen : das dein bnider etwas
wider dich habe. Mallh. 5,23; aber ich habe ein kleines
wider dich. apoc. 2.14. mit ausgelassenem objcct: ich habe
wider dich, das du die erste lieb verlessest. 2, 4. ich habe
nichts dagegen ist eine häufig geh(<rte redensart:
ich habe gar nichts gegen die menge. Götbe 3, 265.
schuld haben: doch ich will an unnüthiger Verlängerung
unserer Streitigkeit nicht schuld haben. Lessing 10, 241, gleich
häufig ist schuld tragen ; einen streit haben, wofür man auch
sagt einen streit führen:
der kuckuk und der esel
die hatten einen streit;
hierher auch: ein äuge auf jemand oder etwas haben, gleichsam
das äuge fortdauernd darauf gerichtet halten: das Heva und auch
.\dam ein äuge auf den ersten son gehabt haben. Luther
4,33'; die auf die andern ein aug sollen haben. Mathesius
126'; dero herr söhn haben ein aug auf meine tochter.
Schiller 182'; habs äuge aiifs geld. Klinger 1,130. s. äuge
1. 796.
4) haben heiszt dann treuer enthalten, in sich fassen oder
f:ihlies:en: eine Stadt hat einwohner, ein flusz hat fische;
der Speicher hat viel mause; ein pfund hat dreiszig loth,
ein eimer sechzig quart; ein bataillon hat tausend Soldaten;
der mund hat zahne, zunge und gaumen; der menschliche
köpf hat mehr gehirnmasse als der eines elephanten ; gottes
bruniein hat wassers die fülle, ps. 65,10; die halle .. hatte
stuffen, da man hinauf gieng. Hcs. 40, 49; er mas den räum
im tempel , der hatte vierzig eilen in die lenge. 41,2; ein
seckel soll zwenzig gera haben. 45,12; London hat mehr
als eine meile umfang , das enthalten des raumes ist hier me
beim kreise vom mitlelpunkl aus gedacht ; dafür sagt S. Frank :
die insel Corfun, die bei hundert und achtzig meil umb sich
hat (umfang hat), wellb. n'; es hat dieser see umb sich 110
rossleüff. 18t'; dise statt hat sehr weit umb sich, machet
das (= dasz es) vil gärten darin hat. 333*. etteas anders bei
Luther: ein igliche dieser stedte hatte ire vorstad umb sich
her. Jos. 21, 42.
5) von der persönlichen hailung , der persönlichen läge wird
haben gebraucht, in den allen dialeclen einfach intransitiv, so
(joth. {)ai ubila_ba habandans, oi y.axcüs s'/,ovr£s Marc. 2,17;
jah manvuba habandans du fraveitan all ufarhauseino, xai ev
sroiuco e/otTCS iy.Siy.fiaai Ttäaav Tiaoaxoriv. 2 Cor. 10, 6 ;
althochdeutsch stillo haben , wola haben , wirs haben Graff
4. 722. auch im nhd. noch : ich mus haben , als hette mich
<in hund gebissen. Luther 3, 3S1'; gewöhnlich aber hier reflexiv,
und wie das mhd. haben im sinne von hallen, behandeln, mit
peisönlichem acc. und adverb zusammenfügt:
swer da? verdienen künde,
daj er zer taveln von rehie saj,
den het man iemer deste baj. Wigalois 9', 22;
habt ir mich ihtes deste wirs,
ich var doch üf der mäje pfat. Parz. 369, 15,
so steht das reflexive sich haben zunächst im sinne von sich ver-
halten, sich betragen:
mhd. gein ir gruo^e ich dicke neic
und het mich dö als einen man,
dem ein wip ir hulde gan. IIahtha:«« bucht. 1, 101.
nhd. wie man sich darinne (im leben des neuen menschen)
haben sei. Luther 3,22; der junge hatte sich so züchtig,
artig und mädchenhaft, dasz er stundenlang unerkannt blieb,
wie ich ihn denn nachher als knabe für ein verkleidetes
mädchen hielt. Zelter an Göthe 432; künftig werde ich allein
{den almanach) herausgeben, und mich bei Zeiten so haben,
als einer, der allein 14 bogen mit guten gedichten voll
schaffen musz. Voss br. 3,2,125;
darumb so sehnigen, band euch still. Daniel (1545) M4';
snlt dich gesitsam haben. Ringwald laut, wahrh. 148;
darinnen er sich wol gehat. 312;
aller seh ich, wie im alltagskreise,
Irci und fröhlich, doch nach sitl' und weise,
sie so mädchenliaft sich haben kann. Bcbgkr .5*.
im frrngnanten sinne, ohne begleitendes adverb, steht es in dem
sinne sich gegen die gewöhnliche weise, auffallend gebärden : habe
dich doch niciit, gebärde dich nicht auffallend, ziere dich nicht;
begegnet mir da in der Stadt ein hengst,
in vollen sprüngen, mächtig wie ein berg,
schwarz wie die nacht, und hat sich, dreht sich, schnaubt.
TiECK 1, 206.
lieben der persünliclten haltung icird durch haben , in nur leiser
nüance des sinnes, das befinden bezeichnet, und diesz rührt schon
oß an die unten 11, 3, c aufzuführende bedeutung des worts: ich
hab mich übel gehabt, und hab mich nidergekrümmet. Luther
1.26"; es hat dem h. geist beliebet, die geschieht von einem
kranken kinde, wie sich dasselbe gehabt, in die bibel setzen
zu lassen. Scriver seelensch. l, S20 ; Herder ist erstaunlich höf-
lich , man hat sich wohl in seiner gegenwart. Schiller an
Körner . . . ; hierbei schien er sich sehr wohl zu haben, ibid. ;
Wunschformel ist hab dich wohl :
wer gott zum freunde hat,
und hat ein eignes feld, fragt wenig nach der stat,
der vortelhafleii stat, da nahrung zu gewinnen
fast jeder musz auf list, auf tück, au! ranke sinnen,
drum hab dich wol, o stat ! Logaü 1, 51.
in unpersönlichem gebrauche es hat sich = es verhält sich : Joab
antwortet und sprach, das sei ferne, das sei ferne von mir,
das ich verschlingen und verderben soll ; es iiat sich nicht
also. 2 Sam. 20, 20 ; wir wissen , dasz diejenige krankheiten
des leibs zum allermeisten gerährlich sein , welche aus den
verstopfungea erwachsen, es hat sich die sach nicht änderst
in den krankheiten der seelen. Schcppius Schriften 755 ;
lustiger freilich mag sichs haben,
über anderer köpT wegtraben. Schiller 329.
6) haben , halten in geistiger bedeutung, für etwas hallen, als
etwas auffassen, meist in Verbindung mü der präp. für, wie mhd. :
dö er in daj sagete, dö beten ej vür lüge sumelicbe.
Gudr. 1339, 4;
diz bän ich vür ein wunder gröj,
das du gest vür mich so blöj. Bartaam 19, 3;
swer für guot hat swaj er tuot. Walther 107, 9;
ich wil ej dafür haben,
swer lebt an allej hofTen,
daj er ba; wsr begraben. Laber jagd 482.
vergl. allsächs.
ef ihu wilt hnigan te mi,
fallan te minun fötun endi mi for fröhon batas.
Heliand 1103;
lät tnu thena man faran,
hirtia ina than far hedinan. 3239.
ags. me man sägde, })ät j)u for sunu volde
bere-rinc habhan. Beovulf 1175.
nhd. alle reichthumb, ehre und gewalt der werlt verschmebelc
sie alles und hat es vor nicht umb die liebe gottes. chronik
des Ciarenklosters zu Weiszenfels in den neuen miltheii. des thüi:-
sächs. altertumsvereins 11, 384 ; nu haben wir alle gelobt, das
wir in wollen für einen gott haben , laut seines gebots , da
er spricht ich bin der herr dein gott. Luther 6.124'; was
er {der papst) hat wollen für sünde haben, das hat müssen
Sünde heiszen und sein, was er hat wollen heilig haben,
das hat müssen heilig sein. 5,287'; sie .. haben den für
einen grewel , der heilsam leret. Arnos 5,10; heim velten,
herr! wenn sie sie nicht für einen narren hat, so will ich
gelogen haben. Wieland 11,189;
nun scbwygend alle, wyb und man !
man nürd üch sunst für narren ban.
^ fasln, sp. 862, 19;
in aller haiigen leben buch
nit mcr dann ainen Jäger such,
zu rechter zeit stelt er das ab,
sölchs dir für nin excmpel hab.
Schwarzenberg n*, 2;
das haben dann die alten gar
für gschickligkeit an kindeni zwar.
WicKRAM pilqer 50;
ellich haben Mentz, ellich Würzburg für die haiipislatt des
lants. Frank weltb. 52'; {die Samoiden die) ihr elendes land
und leben vor das lustigste und beste in der ganizen weit
liaben. Rist Parn. 78 ; alles was das menschliche geschlechl
für unslrafflicb und lieb bat. Schupprs 772; solch mein kurtz
eilend schreiben wollet dismal vor gut haben. Luther 6, l';
e. f. g. wollt mirs zu gnaden vor gute haben, briefe 1,207;
aber das ich nicht ein feuer auf der andern selten anzünde
bei meinen guten freunden . bilte ich , sie wollen solchen
Widerspruch mir nicht für übel iiaben. werke 1,394'; ist es
hinfort den armen menschen nit für ubcl zu haben, briefe
2,62; hat Solyman diese grosse schinach IrelTeHlich für übel
55
HABEN
HABEN
56
gehabt. FnoNSPEncER kriegsb. 3,158'; es sol auch keiner dem
andern was für uhel haben. Reuter v. Speir kriegsordn. 67 ;
heiT, ir solt mir nirht Tür uhel han,
das ich ewern rechten titel nicht geben l<an.
ein luflig ijesprccU der teuffei (15-12) hl'.
mhd. steht an stelk von für auch eine andere parlikel:
si heien Benjamin sam ir l)erren.
Jost'pli in Aeg. cd. Diemer "74;
von wie getaner ordenungc
sold er ze einem herren werden gehabt,
für daj er der werit hat widersagt
der vor des ein armmensch was?
H. VON Melk gehUiße 231;
alle mine recken sulcn in in haben z'einem herren.
Gudrun lü8, 4.
ohne die präp. für:
mhd. so ist bi ir da? herze min,
daj man mich vil oCte sinnelösen hat. VValther v, d. V.
nhd. was er hat wollen heilig haben. Luther 5, 287', vcrgi
die ganze stelle weiter oben;
wenn man eine Zeitlang musz haclien und graben,
wird man die ruh erst willkommen haben. Göthe 13, 148;
jeden andern zu schicken ist besser, da ich so klein bin.
0 habt mich entschuldigt. 40, 33,
welche ßgtingen schon nahe zu den unten II, 4, a zu nennenden
stehen.
Diese bedeutung des auffassens, hallens im gemül durchzieht
nun auch andere redeweisen: daher befichlet er euch sie in
zwiefältiger eren zu haben. Luther br. 5,739;
seit das man was die alten reclit verkeren
und die priesterschaft nimmer hat in eren.
Keller schwanke s. 44 nn. 35;
0 mein geliebter, habe mich nicht im verdacht, ich bin un-
schuldig. GüTfiK 15,65; denn ich habe in gewohnheit, die
Icule wo milgiich warten zu lassen. .]. E. Schlegel 3, 416 ; wir
habens in der art . wenn wir eine hübsche mclodie finden,
singen wir sie meist todt, dasz sie kein mensch mehr hüren
mag. GüTiiE 14,25; ...sind saubere künden diese leute, haben
es mit iiiren gnindsätzen, wie hanswurst mit seiner kuttc,
er liat immer die gleiche kutle, aber er kann sie drehen
und wenden wie es ihm kommod ist. J. Gotthei.f 11, 221 ;
ich habe es mit allen thieren so, mit den hülincrn und
katzen auch. er;a7i/. 4, 202 ;
nun sag, wie hast du's mit der religion? Göthe 12, 179.
formelhaft tat: wie habe ich es mit dir? gleichsarn uie fasse
ich das Verhältnis zu dir auf? das unbestimmte es bezeichnet,
wie in den vorhergehenden beispielen, nur einen allgemeinen bezug
auf personen oder sachen: Konrad, Konrad, wie habe ich es
mit euch ? Elisab. von Toggenburg s. 8 ;
dich macht die zeit nur gewisser,
wie du es habest mit ihm, und wie die freundschaft bestehe.
GöTUE 40, 297.
einen zum besten haben , als ein spotlziel ansehen und behan-
deln, vgl. beste 13 ; 1, 1602.
Die ältere spräche sagt etwas von einer sache haben , etwas
davon halten, darüber denken, verschieden von etwas davon haben,
einen tlieil an etwas haben oder erlangen, was unten II, 1 zu
erwähnen ist; auch hals ihm gedünkt, als fressen die vügel
auR diesem brodkorb; Joseph, was hast du davon? Abraham
A S. Clara Judas 1, 0. ähnlich was er darauf hat (hält), weisen
wol die obheruhrtcn arlikel. Llther briefe 3, 03.
n. Der begriff unseres wortes geht von seiner ersten bedeutung
halten zu dem begriffe haben, besitzen, in manigfachen abstufungen
und Schattierungen über.
I) noch nahe zu dem vorigen abschnitte steht die folgende be-
deutung von haben, die man etwa mit erlangen, erhallen, nehmen,
umschreiben kann; nur ist zwischen dem erstem und den letztem
Vi'trtern der unterschied des bef/ii/fcs immerhin nicht zu verwischen.
bei erhallen, nehmen fällt der accenl auf den moment des erfns-
trns, bei haben hinter densellien ; Itaben leijt gewicht auf ilie dauer
des fefllialleaii, den besitz, so dasz die präteritale bedeutung erlangt
haben an einigen utellen mehr, an andern weniger deutlich hervor
scheint , deutlich namentlich , wenn Ursprung und früherer besitz
bezeichnet wird: woher hast du die noiiz? W(t hast du da»
geld her? darnu« er {der sulphur) nun «ein donner, xchlahen
und klapf hat. I'arac. l,i:>l'; wo konntest du dieses doch
her haben? Kichte rillenl. 2SH; ich habe es von sicherer band,
dasz er Hieb hier aurbUll ; ferner in folgenden beuqiitlen : ich
mahnte ihn und die stunde darauf hatte ich mein geld ;
heute noch w ird er sein geld haben ; es soll nicht wieder
mitternacht werden und ihr sollt wieder haben alles, was
euch gebührt. GiiTiiE 15,26; endlich hab ich nun den Ochsen-
kopf {in Franken, das ziel einer reise), i. Paul uns. löge corr. 20.
andere fiigungen betonen weniger das erhalten haben , als das
erhalten : endlich werde ich doch ruhe haben ; man solle
nicht lang nüchtern bleiben, brod mit salz essen, und wo
maus haben kann, butlerbrod mit knoblauch. Höcüier kriegssch.
889; wolle gern, wann er von der wacht kömbl, taback,
bier und brantewein haben. Schlpi-ius 8 ; mit dem besten
weine, der in der Stadt zu haben ist. Güthe 20,274; indem
ich sähe, dasz meiner würthin tüchter so guten Zuschlag
hatten, wurde mir das maul allgemach nach neuer speise
wässerig. Simpl. 3,28 Kurz; Ulenspiegel sagt 'der wein ist
ZU deuer, ich hab nit dan 0 pfenuing, mag ich ihn dafür
haben?' Eulen spiegel bei LsPVEShURG x. 83; gute waschen hatten
l thir. auf den stein mehr {erlangten einen solchen preü) in
wollmarkisberichten ; auf dem strosack, da die meid das kind
het und es die kelnerin mit dem bad ausz schul, lasztafel
des düctor Grilkn A2'; lieben brüder, mir kompt ein ehi lieber
gast ausz Scholtlandt . . . dem «olt ir alle zucbt und reuerenz
erbieten , das wil ich von euch gehabt haben. Galmy 293 ;
gott hab imer lob, das er die gottlosen so hat weggericht.
•iMacc. 1,17; fr. Dämon: ein zufriedenes herz ist mehr als
die ganze weit. hr. Dam. : ja ich will eben das zufriedene
herz haben , und darum sollen sie geben und mir das loos
schaffen. GELr.ERT 3,323. so sagt man ferner: du wirst scha-
den haben, wenn du dich nicht vorsiehst; ich vermeinte er
w olle zum fenster hinaus springen , deswegen rief ich ihm
zu, er solle zurückc bleiben, er möchte schaden haben.
unwürd. doclor 366 , sonst auch schaden nehmen ; eben so er
will zu einer reise Urlaub haben; er hatte denn meines
gnedigsten herrn erlaubung. Luther 4, 374". die Überreichung
eines gegenständes begleitet man mit den warten da hast du es ;
da hast du deinen hut, nun kannst du gehen, so viel wie
nimm ihn hin, empfange ihn; hier hast du den Schlüssel zu
meinem Schreibtische. Gellert 4, 439 ;
da! hast du gefreit um den thron von Burgund,
da hast du diemitgift! da hast du sie, hund! Bürger.
mit persünliclwm object: es hiesz der sce müsse alle jähre ein
unschuldiges kind haben. Göthe 20, 274 ; manches niädcheii
vergieszt ein thränchen , weil sie den geliebten nicht haben
soll. Kotzebue dram. werke 2,232;
mich will er haben? mich? das kann nicht sein,
sie irren sich im namen. und was will
er denn von mir? Schiller 276;
wir sind Soldaten der Fortuna, wer
das meiste bietet, hat uns. 396;
hier, hier find ich die gesellen;
haben wir die schelmen nun? Götbr 10, 281;
zu haben bin ich, wie der alte Fritz
auf pfeil'cnköpfen und lassen. 47, U3;
nur drei töcbter sind da; sie thcilcn allein das vermögen,
schon ist die allste bestimmt, ich weisz es, aber die zweite,
wie die dritte sind noch, und vielleicht nieht lange, zuhaben.
4U, 253.
Dieser bedeutung von haben fallen ferner einige formelhafte redens-
arlen zu: so statt haben: eine bitle, ein gesuch, ein begehren
hat statt , gleichsam es erlangt räum , wird erfüllt , wie mhd.
gesagt wird
ir bete vant ncheinc slal. Mhr. 45*.
nach stattgehabter unlersuchung hat das gerichl den ange-
schuldigten frei gesprochen; ähnlich ist gebildet anwenduiig
haben: das gesetz hat (ßndcl) auf diesen fall keine anwen-
dting; dank haben; habe dank drückt aus nimm d-mh ,\u
empfange dank, sei bedankt (vergl. dank 7; 2,730);
er hitb se\h» uf und trank,
der preutgam sprach: hab dank. Ildttlcrin 261', 179;
des lial) dank herzog Sigmund
dasz crs hat richten lassen. Lilirmcro!« vnllul. 2, 27*.
voschieden davon ist einem dank haben , wo sowol dank iriV
haben in anderer bedeutung stehen [vergl. unten 3, b). der
Wunschformel habe dank .Kleben verwünschende zur seile: das
donnerwctter suilst du auf den hals haben! das iniidi hen
will er? den tciifcl soll er haben!
«I das er hnb sant Qiiirins busz ! II. Sachs 3, 3. 70^.
etwa!« davon haben, nutzen, vortheil von etwas erlangen: was
»oll ich mich um ihn kilmincrn? ich habe nicht« davon;
57
HABEN
HABEN
58
was hat man davon "? cui usui Frisch 2, 406'. ich habe nicht?
vom kästchen noch vom Schlüssel, rief er aus. dein herz
wünscht' ich zu öffnen. Göthe 23,231; wann gleich ein so
liederlicher schlingel . . durch den sommer davon komt, so
hat man nichts anders von ihm, als dasz man ihn auf den
Winter mit groszen kosten wieder mondlren musz. Simpl.
1, 408 Kur:, ähnlich ist etwas dran haben , nutzen an einer
sacke finden, ein kaufmann sagt wenn ich diese waare auch
noch so schnell verkaufe, so habe ich doch nichts daran,
erlange daran keinen profit; bei Locaü in anderm sinne:
was gott recht rechnet ausz, was gott wol misset abe.
steht nie so recht und wol, das tadel nichts dran habe
(nichts daran auszusetzen finde). 1, 202, 34.
dieses Logausche dran haben stimmt zu anhaben 2, vgl. th. 1, 364.
ist nun aber haben = erhalten, so steht dazu mehrfach die präp.
an im sinne unseres von, nn vorzugsu-eise in den niederdeutschen
dialecten herschender brauch, uo zu rerben des nehmens, erhaltens,
erlangens präp. nie an, ags. on, ät treten, die das dasein eines
zu nehmenden gegenständes an einetn orte oder einer person herior-
heben, tcährend unser von mehr auf den acl der wegnähme selbst
gehl; vgl. ags.
ic väs syfan-vintre, ])ä mec sinca baldor,
freä-vine folca, ät miuum fäder genam. ßeor. 2430;
up gitöb
fisk an flöde. Hetiami 3213;
thiio nämun sia an them liudon filo
diuria meitmös. 5S90;
ähnlich ist ahd.
ioh lesenl ihär in lante gold in irö sante. Otfrid 1, 1, 72,
lesen aus dem sande gold; nhd. etlich von den lanzknechten
kamen im auch nach, zu versuchen, ob si was an im haben
möchten (von ilim erlangen, sie wollten nämlich sold erpressen).
Wilw. V. Schaumburg 196 ; ein sterbender graf von Henneberg
läszt sich einen spiesz geben und schreit wie im kämpfe, und
nach solichem geschrai redet er vast ernstlich: du böser
veint. du hast nichts an mir, und will dich mit disem sper
überwinden. 56; der gott der mich hat zum fürslen gemacht,
der hat auch meine unterthanen gemacht, das ich nichts
mehr noch bessers an im habe, weder der geringste bawer
auf dem lande. Luther 8, 20l'.
Unselten ist die fügung dieses haben mit dem reflexiven persön-
lichen dativ (gramm. 4,705) gleich dem lat. sibi habere; mhd.
davon lobet die schrift die frouwen alze schone, diu ir selber
ir ougen 6s brach und si irme minner brachte und sprach:
habe dft dir das dir an mir behaget und las mir niowe in
der lüterkeit mines herzen. Hacpt 8, 254 ;
er sluog im üf der gigen abe die zeswen haut:
das habe dir ze botschefte in der Burgonden lant.
Ktb. I'JOO, 4 ;
wir geben dir ze diner var
unt ze diner lipnar
zwo marc von rotem golde :
diu habe dir von Isolde. Tristan 207', 20.
nhd. hab dirs, nimms für dich hin, AoAc tibi Maaler 203';
wer gewunnen oder verloren het, must ime das haben [bei
einem friedensschlusz , auf grundlage des 'uti possidetis'). Wilw.
V. Schaumb. 46 ; werden sie aber auch drüber geschlagen,
so haben sie es inen. Luther 4,445'; findet (er) alsdenn,
das in verdreusst , so hab ers im und ein gut jähr dazu.
537'; Juda sprach, sie liabs ir, sie kan uns ja doch nicht
schände nachsagen. 1 Mos. 38, 23 ; also wer sich selbs bewar
oder verwarloszt, des schuld sei sein, der hab ims. Frank
weltb. 135*; lecker was haslu mich zu lehren? lehre deine
kinder, und hab dir das fallübel umb dein angesicht. Alberus
p. 13 ; wer die stelle anders auslegt, mag sichs haben. Göthe
an Zelter 707 ;
se narr, sprach sie, hab dir die feigen (schlage).
IL FoLZ 6et Haupt 8, 515;
(ich teilt geben) ein aAz spinnredlain,
Hilla das hab dir allain. fnstn. xp. 570, 6 ;
auf hfib er da sein weisze band,
schlug sich selber an sein wang;
'se hin mein maul und hab dir das
dasz du dorh nichts verschweigen magst'. Uhland 248;
fünfzig ducaten hab dir zur schenk. H. SiCHs 3, 2, 41*;
geh von mir, hab dir dnisz und peulen. 3, 3, 13;
sehe, hab dir das, denk ir dabei. B. Waldis 2, SO, 33;
er ward schellig und nams beim bar
und sprach: hab dir ein böses jar. 4, 60, 94;
der wolf gedacht, hab dir die drüsz. E. Albbrus 118;
desz hab dir mit gebottner band
mein ehiich pflicht und treu zu pfand. Atrf.r 195';
hab dir die streich, fahr hin zum teüfel. 417";
wer schult dran hat, der mag ims haben. 9S';
die unruh wir nns haben müszn
und geht euch wenig daran ab. 142';
so erstreckt sich mein begehren
weiter als auf treue nicht!
ihre Wahrheit kan gewehren,
was mir ihre gunst verspricht.
hab ich sie, so hab ich mir
aller schätze schätz' an ihr. Flemi?«c 515;
auf rasch vergnügte,
schnellen Strichs !
der barsch besieete
habe sichs! 6öthk 40,418;
unkluger komm! so magst du's dir denn haben! Tieck 1,261.
bei neueren wird der persönliche dativ auch unterdrückt: wer
sich irgend einen solchen drang muthwillig schafft, der habe
es. Lessing 10,31; das trotzige ding dünkt sich hier oben
so sicher! wenn einer auch einmal ungezogen würde, müszte
sie's haben. Göthe 11, IS; mag sie's für meinen söhn haben,
der um ihrentwillen aus dem lande gelaufen ist. 23 ;
wenn ich nun im holden haine
unter meinen freunden wandle,
mögens meine feinde haben
die als kegel ich behandle. 47, 266.
2) einer solchen sinnlichen bedeutung von haben steht nun die
folgende zur seile, die sich auf das geistige erlangt haben, ein-
genommen haben bezieht, zunäclist ist Itier anzuführen das un-
persönliche mich hat wunder, gleichsam wunder hat mich ergriffen
(gramm. 4, 246) , wofür jetzt gewöhnlich das ganz präsential
gedachte mich nimmt wunder gilt :
den künic bete wunder und sine man alsam
umbe solhiu msre als er hie vernam. Aib. 110, 1.
mösent dise menschen in das fegefür, das het mich gros
wnder. Merswis 106, ähtilich 13S; dasz er so . . sanft ent-
schlafen ist . . das uns alle wunder hat. Luther br. 4, 362.
daneben auch andere freiere fassungen: wie het mich diz eine
so frömede rede. Merswin 31. 54; das het mich gar eine
fremmede redde. 93 ; diese redde het mich gar eine wnder-
liche fremmede redde. 55. 13S ; daz hat uns frömde und un-
billich. Königshoren 970; ritter und knecht häte e; unbillich.
Ettmüllers Jahrb. 56, 1 ; den ritter het frembd , da er sah
sein wesen. WeiszrUler 10'. die redensart wunder haben steht
auch in persönlicher fügung, namentlich im 15. und in der ersten
hälße des 16. jahrh., beispiele dafür sind gramm. 4, 247 gesam-
melt, s. b.
all landt syndt yetz voll heyiger gesehrin,
und was der seien heyl antrifft,
bibel, der heyigen vät'ter ler
und ander der glich böcher mer,
in masz das ich ser wunder hab,
das nyemant bessert sich dar ab.
narrenscliiff 2*, 5 Zarncke.
wie wunder haben uH auch hehl haben gebraucht und verlaufen,
unpersönlich steht es mhd.:
wie si ze Rine sx;e, si gedähte ane daj,
bi ir edelem manne; ir ougen wurden na;,
si hetes vaste haele, da; e; nieman künde sehen.
Mb. 1311 Lachm.
nhd. das habe ich gern nachgelassen und hat mich kein hehl,
das ein fürst und regent sei eine wellliche person. Luther
tischr. 393'; und unser gebet sol uns nicht heel haben, wol-
lens anzeigen öffentlich, werke 5,276"; für einen frembden
thu nicht das dich lioel hat [ii'cÖTtiov n).).OToiov /it; Tioa'iar^s
xm-rtTÖt-). Sir. 8. il : ir wesen hat sie kein heel (Siori vvv
iraTteti'oJd'Tj rj Söia nvrcör). Jes. 3, 9. jetzt ist das per.^ön-
lichc hehl haben gewöhnlich; die geheim gehaltene sache steht im
genitiv : ich habe meiner reue keinen hehl. Gotter 3,407; die
laster die ihrer gar nicht hehl haben. Kant 6. 194. zweifel-
haß L«t der genitiv in: Klärchen hatte es kein hehl, dasz sie
den kniegürtel der Jungfrau schon als ein slück ihrer toiletle
betrachtete. Thümmel reise 3, 2S2; für ihn tritt der accusativ
ein, als n'ichklang an die frühere gleiche unpersönliche fügung:
ich . . werde unsic frcundschafl nie hehl haben. Niebdhr
leben 2, 21.
Hierher müssen wir ferner ziehen, wenn haben eine zu fassende
oder erlangte Vorstellung oder kenntnis ausdrückt:
denkt euch ein mädchcn, das jetzt hold,
jetzt finster sich gestaltet,
und ob es lacht und oli es schmollt,
stets neuen reiz entfallet:
ein mädchen, meister im talent
die herzen anzuketten,
und schalkhaft wie ihr wenig kennt,
so habt ihr Henrietten. Gottek 1, 89.
59
HABEN
HABEN
60
ähnlich denkt euch das ross, das keiner peitsche klang
noch schreckte, kein gebisz noch zwang,
.... denkts euch, so habt ihr ihn. 1,322;
ilcr h. Augustinus berichtet, dasz er von einer glaubwürdigen
peison liabe, dasz sie gesehen wie der niagnet das eisen
beweget und umgeführel habe, obschon eine silberne platte
dazwischen war. Scriver seelensch. 2, 377 ; denn sie hattens
aus vielfailiger erfahrung, dasz sie .. nichts ausrichteten.
WiELAND 1.'), 163; und doch hatte sie aus der orfuhrung, dasz
solche personen durchs leben . . eine sehr angenehme und
liebenswürdige reife erlangen können. Göthe 17, 264.
Auch die Verbindung haben wollen gehört hierher, wenn sie
sich auf das erlangen einer beabsichtiglen mrkung , einer absticht
überhaupt bezieht: erst frage ich sie: was hat L. wohl mit
seinen furien haben wollen? was anders, als dasz es eine
arl von wilden spröden gicbf, die nichts weniger als liebens-
würdige musler der weiblichen zucht genennt zu werden ver-
dienen? Lessing 6,273; er konnte gar nicht fassen, was der
schauspicldireclor dieser todlcngräberscene eigentlich mit
allem haben wollen. J. Paul Titan l, 75. diese fügung ist häufig
und manigfach: thu wie ich gesagt, ich will es so haben;
mein Junker wolte es also haben. Schuppiüs (1701) x. 447; der
minister wollte haben, dasz sich seine beamten der poli-
tischen reden enthielten ; die sollen hinten usz ziehen und
sollen min hern von Werlhcim fernen inlassen zihen oder
sin gewalt, ob mins herrn von Wertheim gewalt das gehabt
wolt han. «'p;,s7/i. 3, 563. nicht haben wollen , nicht zugeben,
nicht leiden, nicht haben wollen, nehmlich das man es thuc,
prohibere Frisch 1, 3S9'; der gläubiger wollte nicht haben,
dasz der Schuldner sich aus der Stadt entferne.
3) am meisten steht haben in der bedeutung zu eigen haben,
im besitze haben; bei der ungemein häufigen antcendung des
Wortes hebt sich die bedeutung bald mehr, bald weniger scharf
lierror. das einfache object üt in den accusaliv gesetzt, seltner in
den theilungsgeniliv , es wird auch in gangbaren und sprichwört-
lichen redensarten als leicht zu supplieren, ganz ausgelassen :
ich habe gehabt, ist ein armes wort,
ich hätte gern, ist tiiörig,
ich werde iiahen, ist auch kein hört,
ich habe, das klingt gehörig.
drum was du hast, das nimm für viel,
bei hoffen und wünschen gibts kein ziel.
Gellert in ein Stammbuch 171G.
hab ich ist besser als hält ich sagt das Sprichwort, was in
weilerer fassung in ein Wortspiel zwischen hab ich und dem vogel
habich verlauft, vergl. unter habicht; einer der ob dem andern
hat {nämlich fcldK weislh. 3,591; wo zwen bei einander haben
{nämlich cigentum) auf dem felde an der gemein , und wolt
der eine das syn befriden, sol er thun an (ohne) des andern
schaden. 3,599; auf der mülin haben (nämlich körn). 4,50;
doch, wer der wald nur eines herrn,
man würd die bauern anders lehrn.
weil aber viel herrn haben dran (sc.lhcit). E. Alberls 144.
a) eine saclie oder eine person haben: der mann hat geld;
er hat ein groszes haus in der residenz; der mann war arm,
aber die frau hatte ein hübsches vermögen ; ich hatte aber
nicht mehr als die vier groschcn die du mir gegeben haltest.
GErxERT 3, 243 ; schöne kieider haben ; der mensch hat köpf,
leib und glicder; der vogel hat federn, der fisch hat schuppen;
habt äugen und sehet nicht, und habt obren und höret nicht.
Marc. 8, 18; ihre gelehrten . . stehen im hciszen sande immer
auf einem fusz um den andern , und haben an jedem acht
zehe. HoLLESHACEN ind. revicn 77 ; wer mein wort höret und
gleubet dem der mich gesand hat, der hat das ewige leben.
Jfih. 5,24; er hat ein sanfies ende .. ich wollte gleich mit
ihm sterben. Gellert 4,439; die slädlc .. haben ihre beson-
dern Ordnungen. Moser patr. phant. 1. 170 «. s. w. in unzähligen
Verbindungen ; darumb haben unsere hcrren wieszen iimi ilcker
hie, davon sie es nehmen sollcnl. weisth. 5, 577 ;
darniif ilim {dem dirlir) anlworl gab der bund,
gf'Äloln (liNsrh iiit mir iingeyund,
Hii ba.si<i gewJKlirh nicht mit ehm. f.. At.bkrur 146';
habt ihr nicbtü an euer «chfttzchen,
habt ihr nichu für euer lind? Götiik I, 193;
wa« haben wir neues, Marinelli? Lkrsing 2,122; sieh söhn,
da ifit ein hiibHrhes, stilles, sillsame« niiidchen, liraver ehr-
licher rllern kind , das wird zwar nur wenig halten, wird
virlleichl ntcbU haben , aber es ist in gotlesfurchl und in
.... r.ii ,..,.,... f.'.. ; . "o ,., j^ btitidinet das liiniuyiiclile
vi:beslimmte object es geradezu das vermögen, die mittel : er hals,
er kann sich schon was zu gute thun ; denn was brauchen
wir die kosten zu sparen , wir habens ja dazu. Ki.opstock
12, 354 (qelehrtenreptibl.) ; im mhd. findet sidi eine älinliclic, nicht
völlig gleiche fügung:
liAt sie oj an dem übe, sie ist ein dicnstwip ;
hat sie es an dem adel, so ist ir swarz der lip.
Wolfdielricli 18, 1 llatzm.,
d. h. hat sie persönliche vorzi'ige, hat sie Vorzüge des Standes. —
Verwünschend wird gesagt: nun hals der henker Göthe 15,15,
d. h. das vermögen, die mittel sind fort, s. iienker.
Mit persönlichem object: freunde, feinde, gegner, gönncr,
wohlthäter haben ; diese alte Jungfer halle viele anbeler ge-
habt, aber zu einem manne war sie nicht gekommen; eine
familie die sechs kinder hat ; endlich hat dich mein herz,
du gute. S.PAVi.Hesp. 2, 112; das Studium des menschlichen
körpers hat mich nun ganz. Göthe 29,212; ich habe dich
wieder! 10,156; sie haben keinen vater mehr? 10,141; die
leute die keine religion haben, haben keinen gott. 10,135;
das werd in ewige dcmantcn eingegraben,
was wir für einen gott an unscrn gölte haben. Fleming 24 ;
welch ein mädchen ich wünsche zu haben? ihr fragt mich, ich
hab sie
wie ich sie wünsche, das bciszt, dünkt mich, mit wenigem
viel. GöTnE 1, 355;
or sieht dasz du gehorciist, drum liebt dich der tyrann,
damit er jemand hat, dem er befehlen kann. 7, 4;
denn wir können die kinder nach unserm sinne nicht formen ;
so wie gott sie uns gab, so musz man sie haben und lieben.
40, 260.
oft gebrauclit von dem be.titzc des ehegalten , der geliebten : was
geht uns die liebe an ? sie haben ihren mann und ich meine
frau. Gellert 3,291; sie sagen: als mann und frau hatte
man sich nicht mehr so lieb wie vorher, es ist nicht wahr,
Rose, wie lange haben wir uns schon? Göthe 14,254;
du hast sy genommen und muost sy han,
und soll dir die seel vom lyb usz gan. fasln, sp. 2,865;
allda mich deucht, ich hält
die mir macht ein verlangen. IIoffmanjc gesellsch. licdcr 8;
Michelein will mich kurzum hon. p. 159;
ich thäte selbst, wenn ich Cytheren hätte,
was Phöbus thut, er geht mit ihr zu bette. Kästner 494;
soll Ich sie haben? Göthe 11,34 (s. 31 isl diesellie fraqe aus-
gedrückt: soll ich sie besitzen?).
dazu stellt sich das mhd.
ej hat mir an dem herzen vil dicke we getan
da^ mich des gelüste des ich niht mohte hän
noch niemer mac gewinnen, daj ist schedelich.
Jon mein ich goll noch silbcr: ci ist den liuteu gclich.
minne". frühl. S, 2.').
mit den zweck bestimmendem zusatze: diese frau hat einen aus-
länder zum manne; der mann hatte eine geborne N. zur frau;
Detz, du bist ain grad man.
wilt du Metzen zu der ec han?
er sprach : ja, will sie niicli.
Nodung sprach : Metza, gich,
wilt du Hetzen han zu der ee? Ildltlerin 260', 30.
aber ohne rfiwen zusatz wird das verbum auch in obscönem sinne
gebraucht, ein fraiicnzimtner haben, sie beschlafen: wüst ich
nicht ganz gewiss, dasz du die Iluiubrechlin gehabt hast, so
dächt icii . . H. L. \Vagm:r kindermördcrin 42 ;
cliain man sich nun henügen latt
der nil drei oder vier hat. Hiilzlerin 190", ISO.
umgekehrt von einem weibe in bezug auf miinner:
hab ir doch zwei aul diso nacht
hellen haben in einem haus. II. Sach.s 3, I, 19.
wenn eine sache . eine person dem be.tilzer verloren gegangen
»'.«/, so spottet man: nun hast du sie doch gehallt! das lass
ich wohl bleiben, es könnte mir wie dir mit Pelern gehen.
Uli hast dti ihn doch gehabt. Weiszk kum. opern (1777) 3,227.
b) cigenschapen , gei.-'tige gaben , aller , gründe , reclit , pfiirhl
U.S.W, haben: ich zweifele nicht daran, die Iraulien werden
eine bcszere arl haben, als der alle Krnl/euberger zu I{eun<.
ScHt'PPHis ns ; die gesinnungeu ihrer srhwesler zeigten si< h
schon anders; sie iialle vieles von der mutier. Göthk 11», 3r>^;
eine ihr ganzes wesen haltende nlhrung. J. PAiti. //es;». 3, 60;
das ist die wahre liebe , und die habe und hege ich im
heizen zu dir, mein Oswald, wie sie nur ein miidrhen haben
und liegen kann . . und habe sie gehabt und gehegt imiuer-
dur. l>tMtR>iA>> "' '■'' 4, bO;
61
HABEN
HABEN
62
wohl schleicht ein seufzend volk liebhaber um mich her;
doch du nur hast meiu herz, uud sag, was willst du mehr?
GÖTBE 7, "^2.
anders ist : habe einmal das herz {den mut). Lessixg 1, 247 ;
auf das sie in inen haben meine fieude volkomen. Joh. 17, 13;
wer aber weichen wird, an dem wird meine seele kein ge-
fallen haben. Hebr. 10, 3S ; deswegen hat das incognilo der
fürslen und die daraus entspringenden abeateuer immer etwas
höchst angenehmes. Göthe 25,344; damals hatte alles den
reiz der neuheit für mich. 10, 130 ;
ich hab an meinen leiden lust. Fleming 494;
hab ich doch meine freude dran. Göthk 12, 1S6;
hatten so rechte herzensfreud
an dieser erde lieblichkeit. R. Rei?(Ice 251 ;
auch sie haben verstand, und es kostet mich ein wort, so
haben sie keinen. Lessing 2,173; du willst mein mann werden
und einen willen für dich haben? 1,247; närrisches weib,
sagte dieser, 'hab ich denn launen?' o du hast, hasti E.vgel
12,77; daher habt ihr euren argwöhn. Gütbe 14,256. mis-
trauen haben ; ein arg oder ein arges gegen jemand haben,
.V. arg 1,547; ein geschöpf das mich versteht! das mitleiden
mit mir haben kann. Göthe 10,146; sie haben doch auch
viel beschwerlichkeit weniger. 10, 151 ;
selbst die glücklichste der eben,
tochter, bat ihr ungemach. Gotter 1, 85;
du hast's (dessen, gen.) auch Ursache gehabt. 14, 255 ; wollten
sie nicht ein biszchen ruhen? sie habens noth. 10,136; auf
dem lande braut und schenkt, wer lust und mittel dazu hat.
Moser patr. phant. 1,176; hoffnung haben, gewisheit haben;
ich habe keine hoffnung mehr dasz er genese ; und habe die
hoffnung zu gott, auf welche auch sie selbs warten, näm-
lich das zukünftig sei die auferstehung der todten. aposl.
gesch. 24, 15;
auch will ich trostlich hoffen han,
eure wort bleiben unverchert. Hälzlerin 199', 212,
u.s.tr. in vielen Wendungen; vom aller: ehe er noch 14 völlige
jähre halte. (Bodmer) neue crit. briefe 4; wie viel jähre hast
du? GüTiiE IS, 153; der älteste söhn mochte einige jähre
mehr haben als ich. 25, 175 ; er hatte fünf jähre mehr als
ich. 301. von der zeit überhaupt: ich habe keine zeit; ich
habe zu der arbeit keine musze ; jetzt wird er vielleicht in drei
Wochen nicht ankommen und der graf von Mesgau hat gute
zeit sich in Luxemburg festzusetzen. Schiller UDO; M. wo
willst du hin, Sora? S. in den garten, Mana. .V. hast du
so viel zeit? Göthe 14,3; unser eins hat so wenig zeit zu
weinen, als leider zu beten. 10, 132; ich hab keine eiL 10,128;
sein zorn über die gottlosen hat kein aufhören. Sir. 5,7;
das gesetz ist aus. das köpfen hat ein ende.
Schiller Turandot 2. a. 4. sc.
von geu-all, macht, ansehen, verdienst, Verbindlichkeit u. s. id.:
ir wisset, das die weltliche fürsten herschen, und die mech-
tigen unter inen haben gewalt. Marc. 10,42; jederman sei
unterthan der oberkeit, die gewalt über in hat. Rom. 13,1;
wo ich aufhören musz, sittlich zu sein, habe ich keine ge-
wall mehr. Göthe 23,257; ich bette mit gottes hülfe wol
so viel macht, das ich euch künd uhels thun. l Mos. 31, 2S;
ein mensch hat nicht macht über den geist , dem geist zu
wehren , und hat nicht macht , zur zeit des Sterbens, pred.
-. S; hat nicht ein töpfer macht aus einem klumpen zu
lachen ein fas zu ehren und das ander zu Unehren? Rom.'
•.21; warum hast du nicht auch kraft, dir das geschehene
/u verzeihen? Göthe 10,163; ich hatte nicht den raulh, ihn
darum zu fragen; ein weiser hat bei seinen leuten ein gros
ansehen. Sir. 37, 29 ;
noch viel verdienst ist übrig, auf, hab es nur,
die weit wirds kennen. Klopstock 1, 111;
beide haben das verdienst,
dasz sie ... die menge theilen, die ich finden mag.
Gotub II, 244;
du wolltest dein verderben, hab es nun.
Schiller Turandot 2, 4.
Einige hierhergehörige ßgungen sind mehr oder weniger formel-
haß; irir sagen täglich haben sie die gute, die freundlichkeit,
•lie gnade, diesz zu thun; haben sie die gutheit und erlauben
-ie mir das lotlerieloos noch auf eine minulc. Gellert 3,319;
lasz ich die ehre haben will , ihre Jungfer muhme nach
hause zu begleiten. 337; haben sie nur die gefölligkeit ein
wenig lauter zu reden und ich werde sie hören. Excel 12, 216.
ruf haben: er hat als arzt ruf; er hat den ruf eines ein-
sichtigen mannes, eines gelehrten, eines streitsüchtigen,
eines trinkers; ähnlich wir deudschen haben das geschrei
davon (lon der trunkenheil) in andern lendern. LtrrHEfi 4, 61*.
erbarmen haben , der beltler ruß habt erbarmen !
mutter erde, hab erbarmen !
freundlich öffne sich mir armen
liebesmärtyrer dein schoos! Gotter 1, 26ö.
der imi>eralio tcird in dringlicher rede auch unterdrückt:
erbarmen, lieber herr, erbarmen!
verschont den sauern schweisz des armen !
6(:rger der wilde Jäger, und noch öfter
in diesem gedichle.
recht haben , das rechte in bezug auf ansieht und meinung zu
eigen haben, recht ist das substantivisch geselzle neutntm des
adjedivs, vergl. unten 3, c kalt haben, warm haben (verschieden
ist ein recht haben, eine befugnis besiiz-en) : du hast recht, sie
hat recht, kurz, wir haben alle mit einander recht, doch
wenn du es lieber siehst , so sollst du allein recht haben.
Gellert 3, 231. dafür sagle man im mhd. und bis ins 16. jahrh.
war haben:
si sprächen, tochter, du hast war. arm. Ueinr. 499;
sie sprach, mein herr fuchs, du hast war. H. Sachs 2, 4, 35" ;
und wöllens doch nicht haben war,
betreibeus gleichwol immerdar. Ringwald g. E. lOS';
dein wort man läszt nicht haben war. Ldthrr S, 346*.
hierher auch es (gen. einer sache, vergl. 3,1129 no. IS") nicht
wort haben wollen, einen ausspruch oder zusctge nicht als eigen
oder verpflichtend anerkennen : so sind sie alle, nur wollen sie
es nicht wort haben. Göthe 18,155; Mariane dagegen wollte
nicht wort haben , dasz sie ihn so lange nicht bemerkt
hätte. 94.
c) krankheit, übel, ein körperliches bedürfnis v. ähnl. haben:
da das geschach, kamen auch die andern in der insulen erzu,
die krankheit hatten, und lieszen sich gesund machen, aposl.
gesch. 28,9; denn sie sagten, er hat einen unsaubern geist
(goth. ahman unhrainjana habaij)). Marc. 3,30; viel unter inen
sprachen, er hat den teufel und ist unsinnig (golh. unhul{)6n
habaij) jah dvalmöj)). Joh. lo, 21 ; und da war ein weib, das
hatte den blutgang zwelf jähr gehabt (goth. quinunö suma
visandei in runa blujjis jera tvalifi. .Varc. 5, 25 ; wann jemand
vom wein oder sonsten trunken, dasz er davon gar groszes
kopfweh hat. Böckler kriegssch. S8S; nicht wahr, sie hat
grosze hitze, und schon phantasiert, seit dem ich sie ver-
lassen habe ? Gellert 3, 417 ;
wer precben an den äugen het
und dem sein gesiebt wee tet. fastn. sp. 752,6;
was habt ir am leib für beschwerden,
habt ir etwann ein offnen schaden. H. Sachs 5, 340*.
hunger haben ; durst haben ; kalt haben, warm haben, heisz
haben, wo diese adjeclive in substantivischer gellung stehen, nieAr-
fach aber zu adjeclivischcr zurück kehren, wie ein gleich folgendes
beisfiiel lehrt; vergl. auch das neulr. kalt 5,85:
zwo Zungen habent kalt und warm, die ligentfe sime rächen.
Walthbr 29, II;
bald sich ein ander zu her stall,
der wil erfrieren, hat zu kalt.
Gross ausreden 102 [Hxvrt 3, 253);
ich habe kalt, mich friert, vergl. Gotthelf 2, 250. femer eine
last haben: ich habe meine last, sagt der arme mann, fünf
kinder zu ernähren und kein verdienst, hier steht last bildlich
als drückendes, beschwernis, eine sache hat ihre last (gewicht),
die kiste hat eine last von fünf cenlnern würde in die vorige
reihe zu stellen sein; seine noth haben: darüber hatte ich nun
immer meine noth mit dem abbe. Göthe 20,214; man hatte
noth Friedrichs scherze in schranken zu hallen. 20. 248.
Mit dem unbestimmten object es, welches ein übel im allge-
meinen andeutet, verbindet sich dieses haben: es auf der brüst
haben, es im hals haben, bnisL-, halstreh haben, ähnlich es im
köpfe, in den armen, in den beiiien haben ; ich habe es in
allen gliedern, nämlich übles befinden ; nach dieser conslruction
wird freier und neuer gebildet ich habe die ganze sache im
magen, gleicham sie haßet an mir wie ein magenübel ; und mit
persönlichem object einen im magen haben, ich habe den kerl
im magen.
63
HABEN
HABEN
64
So fragt man bei üblem oder nur ungewöhnlichem verhalten
was hast du?
was hast? was kneipt dich denn so sehr? Göthe 12, lü;
was ist dir? was hast du? — ach, in dem Spiegel steht der
doinherr. 14, 202 ; was hast du , Hippias , sagte sie zu ihui,
dasz du eine tiefsinnige iniene mitbringst? Wieland 1,181;
du siehst mich lächelnd an, Eleonore,
und siehst dich selber an, und lächelst wieder.
was hast du? lasz es eine Treuiidin wissen. Götue 9, 101;
was haben die zusammen? wie vertraut! 10,270;
ich sitze hier und weine,
weisz selbst nicht, was ich habe. Götter 1, 363.
hl ein übel, ein Unglück, etwas befürchtetes über uns herein ge-
brochen, so heiszt es: da haben wirs; da haben wir das un-
glüclc, die bescherung; lasz doch sehen ! ha, da liaben wirs!
Wieland 19,210; da haben sie es nun! rief die alte, ...
danken sie dem himmei, dasz . . ihnen noch ein so vortreff-
liches kind übrig bleibt. Göthe 20,88; nun da haben sie's.
wir hatten am ende doch wohl zusammen gepasst. 21, 171 ;
G. was bringt ihr? S. schlechte nachrichten. da verlieszen
wir uns auf des kaisers geheime gunst, von der man uns
so manches vorschmeichelte, nun haben wir die bescherung.
42, 332.
Dieses es haben nimmt aucli eine nodi prägnantere bedeutung
an: der hals, er steht nicht wider auf, d. h. er ist tot; der
hirsch hats, er ist erlegt, teeidw. 1,5';
bald dann ein kegel namb ein schaden,
das er thet auf dem platz auszpaden,
das war den frauen nur ein glechter,
sprachen ei, ei, das ist ein rechter,
er ist schabab, er hats, er hats,
taug nit mehr auf den kegelplatz. H. Sachs 1, Sl"*.
diesem persönlichen er hat es sieht ein unpersünlidies es hat ihn
gegenüber :
den mann hats! so nennt der sprachbrauch
dortlands jenen zustand, wo der
liebe zauber uns gepackt hat;
denn der mensch nicht hat die liebe,
nein, er ist von ihr besessen. Scheffel trompeler 62.
es hat mi, ich bin in der klemme Fbomm. 5, 444 aus Tyrol.
d) zu dem objecte im accusativ tritt bei fällen unter 3, b in
ungewöhnlicherer wehe ein persönlicher, nicht reßc.iiver dativ: bei
der Verbindlichkeit die er ihr halte. Wieland 1, 230; um mich
der Verbindlichkeiten, die ich ihm habe, zu entledigen. Merck
briefs. 2, 146 ; mein etat über den ich halten musz, wenn ich
am ende des Jahres nicht selbst anderen Verbindlichkeiten
haben will. Göthe bei Scholl 186 ; er hab euch eine wichtige
Zeitung. Schiller 115; wir lösen häufiger diesen daliv durch Prä-
positionen auf: Verbindlichkeiten gegen einen , zeitung oder
nachriebt für einen haben.
e) das objecl steht bei den fällen 3, o bis c statt im accusativ
im theilungsgeniliv ; zwar seltener, aber weit durch die deutschen
dialecte reidiend , so golh.: ei ustai'ihi silba sis vul|)aga aik-
klesjön, ni babandein vamm^ ai|i[)au maile ai|)])au hva svalci-
kaize. Eph. 5, 27 ; fravaurpanai sv6 lamba ni habandöna hair-
deis. MalUi. 9, 36 ; ags. nu liübbe ic bis her on banda. Cädmons
Genesis 678, und noch mitlrlenglisch, ubschon hier der genitiv auf
die üblich gewortiene weise durch die präp. of umschrieben wird:
of smalc houndcs haddc she. Chaucer 146 ;
m/ir/. wand ich noch einer salben hän. Iwcin 131 ;
habent si größer riterschaft. pf. Konr. 206,25;
ain man der rechter minne hat. Haupt 4, 398.
nhd. wenn ich mit mensciien imd mit cngcl zungen redet
und hcUc der liebe nicht {gegen das goth. \\i fria|)va ni habau,
^iech. uya7tT]v Si fir} i'xoj\. 1 Cor. 13, 1. 2. 3; so lang sie des
selben melwcs von Kgipten halten , also lang gab inen got
kein himmelbrot. KKfiKnsBKRC bilger 43; ich bab auch des
krauts rausch wider rausch. Garg. 94*. ungeivöhnlicher i\t diese
conslruction der neuern spräche geworden, obwol sich gegen einen
satt wie ich habe noch de» gehles das Sprachgefühl niclit strdubt;
dasz »ich etwas schlimmeres dahinter (hinter der krankheit)
versteckt halten sollte, will ich nicht hoffen, indessen hat
man der fälle. Fncel Lorenz Stark [scliriflen 12) 156. hitufiger
umuhreibt man den Ihrilungsgenüiv durdi die prdp. von : liasl du
noch von dem allen weine? der kaufmann halle noch von
dem zeuge, das ich kaufen wollte.
4) die fälle »ind nunmrhr besonders :h betrachten, wo das
oiijtri •■•' '■••' '■ • ' 'iiljectiv, partirip, advrrh nrtrr rrrhum
noch näher bestimmt oder hervorgehoben wird, die bedeutung von
haben wird hier oß unbestimmter , der begriff des besilzes tritt
nicht mehr scharf hervor, er verliert sich mehr in den des Vor-
handenseins für das subject überhaupt, den wir jedoch völliger erst
in den folgenden fügungen {no. b) walten sehen.
a) das object wird durch ein prädicatives adjecliv näher be-
stimmt, das letztere ward im mhd. oß noch in Übereinstimmung
mit seinem Substantiv flectiert:
den (lod) wüiuen sie gewissen hän. Ernst 3599;
den lip ich noch gesunden hän. Siijenot 28.
oß aber auch un flectiert:
die boume die dd stuonden gris
die habent alle ir nimve? ris
vogele vol. Nidhakt 4, 3(i;
daj si im der maget gunde, wan er die frouwen guot
bete vor in allen. Cudr. 762, 1.
das letztere ist im nhd. itnmer brauch: der gastwirt hat seine
zimmer voll; ihr habt die gläser schon wieder leer; die frau
war geschmackvoll gekleidet, sie liatle kleid und mantel reich
besetzt und den hut sehr klein ; hierauf eilustigle sich ein
jeder entweder mit tanzen oder mit singen , auszgenommen
Levion, welcher den mund stäts voll halte (== des.sen mund
stets voll war). Happel acad. rom. 42; wer zu herschen ge-
wohnt ist, wers hergebracht hat, dasz jeden tag das Schicksal
von lausenden in seiner band liegt, steigt vom throne wie
ins grab. Götue 8, 231 ; sie tragen blaue mit gold verbrämte
mäntel . . und haben das haupt bedeckt. 24, 34. eine sache
nötig haben :
herr kaiser, grosz hab ich so eben nichts nöthig.
BÜRGER 67',
woneben indes auch der theilungsgeniliv steht : ich habe dessen
nicht nötig, oder das object wird durch einen salz umschrieben :
wir haben nie nöthiger gehabt , uns genauer zu kennen.
Göthe 20, 195. eine waare feil haben : und fand im tempel
sitzen, die da ochsen, schaaf und tauben feil ballen; es stehe
sellzam und bärenhaulerisch, wenn die comoedianten auf der
bühne stehen, selber zu sehen, und äffen feil haben wollen.
A. Gryphius absurda comica 32, s. feil 3,1447;
drum sind sie auszer noth
wenn eine grosze Hut sie gar wil haben todt (= witt, dast si
tot seien). Fleming 17.
Hierher auch die fügung mit dem unbestimmten es : ich habe
es gut, ich habe es schlecht = meine ganze läge ist gut oder
schlecht ;
kein verliebter hab es besser. Göthe 1, 50;
betrachten wir das alles genauer, so hätten wir es kürzer,
bequemer und vielleicht gründlicher, wenn wir eingestünden
... 50, 03.
In den folgenden stellen zielt haben auf das Vorhandensein in
der Vorstellung oder im gemüle, hier rührt es an die bedeutung des
geistigen haltens und auffassens, die I, 6 {sp. 54. 55) erörtert wurde,
ohne Uir doch genau zuzufallen; denn ich habe einen lieb sa<?/
mehr als ich halte oder fasse Um als einen .mir lieben auf, es
heiszt er ist für mich eine geliebte person, indem das verbum den
anlhcil des sfcbjccts am objecte hervorhebt: sie hat mich auch recht
lieb. Göthe 10,133; im mhd. sagte man ebenso hold haben:
sin lip der ist so schnone, man sol in holden hän.
Nib. 102,3;
ich minne zwo Isolde
und hän die beide holde. Trist. 481*, 2 (Mastm.)
oder wert haben :
lip, lA die minne diu dich lAt
und habe die stxtcn minne wert. Walthbr 67, 39.
im mnl. findet sicli auch \H hebbcn Huyd op St. 3, 41. vhd.
dauern manche solcher Verbindungen, au.<:zer lieb haben auch
hold haben: das glück und die wcibcr haben die narren
hold. AcHicoLA sprichw. 59'; gern haben, wo gern noch adjectiv
iit : ich habe die kindcr gern ; wie manches zuckerbrod oder
biscuit oder macroiic ich euch hab zugeschoben , hab euch
immer am gcrnsten gehabt. Schiller I3i'. mit sehr gedninglem
ausdruck :
ich habe meine feinde gern »o iioli. Körnir 2, 165
= ich Äoie es gern, wenn meine feinde so stolt sind; »alt halten ;
ich habe den menschen, diese ganze sache sali; ich bahr
das gorcde recht sali. Göthe II, IIS ;
ich hnh nein ranon tnii. 7, II.
65
HABEN
HABEN
66
eigen haben:
der mensch hat nichts so eigen,
so wohl steht ihm nichts an,
als dasz er trew erzeigen
und freundschaft halten kan.
S. Dach bei Gödeke 1, 333'.
hierher auch die formel gott habe ihn selig; ferner: als ihm
in seinem todtbett der priester das höchste aitargeheimnus
nach christlichem brauch in das haus brachte , sagte mit
freventlicher znngen, herr pfarrer, was in dem kelch ist,
verlang ich nicht, dafern ihr aber begehrt, dasz ich sol auf
dero gülden kelch geld leihen, habt ihr mich urbielig. merks
Wien s. 71.
In der redensart: die kinder haben frei, ist das erste object
ausgelassen, zu verstehen ist die schule:
die schaler gehn, sie haben frei. Stoppe Parnass 35.
bildlich :
habt frei, je hört ihrs nicht? ihr arbeitsamen sorgen!
vor euch ist heute nichts zu thun! ibid. 88.
b) in der älteren spräche tritt zu dem object ein part. praes.,
den zustand oder die Ihätigkeil des ersteren henorhebend, im gegen-
satze zu den fällen unter a, die nur eine eigensdtaß bezeichnen:
wan e; hete diu vil süeje
ir lieben herren füeje
stände in ir schöjen. arm. Heinrich 461;
Rustevil was van groteme love
ein timmerraan unde hadde in sinem hove
liggende eine ecke. Heineclie fuclis 614.
het er anderswa vih stände, uästh. 1, 330. dieses part. praes.
ersetzt in jüngeren quellen ein infinitiv. beispiele für das 16. jakrh.
hat MF.csEBAcri in der gramm. 4,628 reichlich geliefert; auch
Luther schreibt: wo ihr anders recht glaubt und Christum
wahrhaftig in euch habt leben und regieren, br. 2,575. heutzu-
tage sehr gewöhnlich : ich habe geld im kästen liegen, er hat
drei pferde im stalle siehn , der meister hat sechs gesellen
sitzen u.s.w.; die fetten kapphahne, die ich auf dem hofe
herumlaufen habe. VVeisze kom. opern (1777) 3, 140. gramm.
4, 628 icard vennutet, dasz dieser infinitiv aus jenem participium
praes. vielleicht entstellt worden sei; indessen ist auf eine gleiche
fi'igung von sein aufmerksam zu machen, tco auch statt des pari,
der inf. sich bereits sehr früh findet ; so ags. :
j)ä väs säS ])anon Södöma folc
gfiffspell vegau. (ienesis 2097, bei Gbein 1, 55.
in quellen des 15. IG. jahrh. :
seit das man was die alten recht verkeren.
Keller sclitcänkc s. 44 ;
herr gott wie weh ist einem mann
der ein schön junges weih ist han.
H. Sachs 4, 3, 8', ähnlich öfter;
ebenso bei werden: sprang hinein und ward zittern, apost.
gesch. 16. 29 ; bei tragen : dy meyde trüge ore czopphe binden
nidder hangen. Stolle ehren. 190; es ist hier durch den infi-
nitiv folge und forldauer eines zuslandes hervorgehoben, wozu die
accusatieische natur dieser nominalbildung an sich tauglich ist, er
wai verkehren = er verkehrte immer, ganz so sind die bil-
dungen mit haben zu beurtheilen : ich habe geld liegen = das
liegen des geldes findet für mich längere zeit statt; eine stütze dieser
auffassung gewährt, wenn man in Berlin hört: ich habe geld
zu liegen, wir hatten ein groszes gefäsz in der küche zu
stehen, hier hebt die praep. den zweck des längern zustandes noch
besonders hervor, auch bei sein eine gleiche fügung: bisz zu
ruhen (sei ruhig). Wickram rollw. 103, 3 Kurz.
c) zu dem persünlichen oder sächlichen object tritt ein beiregung
oder ziel ausdrückendes adverb in Vertretung eines derartigen
verbums, aber nicht so, dasz man fortfall eines solchen anzunehmen
hätte: wahrlich ich sage euch, sie haben iren Ion da hin
(aTTe'xovatv top uiad-ov avrcöv). \iatth. 6, 2. 5. 16. weitere
beispiele unter dahin 2, 691.
die alte berentreiberin,
wo hat sie jetzt der teufel hin? 11. Sachs 4, 3, 206;
die aller grösten sorg ich trag
der ander zauberer hab sie hin.
Atrer 293' (1467 Keller);
vergl. mhd. hin haben Bek. 1,597*; es haben nun e. k. f. g.
die drei praebenden widderumb heim. Lcther br. 2, 529 ; von
dannen haben:
TÜ pald si im sein put swert und seinen volen nara.
ee das er cham zu im selbr, da het si es von dann.
Woltäielr. bei Haipt 4, 43", 311 cf. 312.
weg haben : der arbdter sagt ich habe meinen verdienst schon
weg; er hat seinen lohn vorweg, praecerpsit praemium Stieler
iV. II.
2456; den mund vorneweg haben für vorlaut sein; durch
haben : ir habls nu hindurch und den sieg an dem alten
drachen erobert. Lltiieb 8, 189'; oft von dem buche gesagt, das
ganz zu ende gelesen ist: Walt gab es ihm {zu lesenK als ers
durch hatte, sagte er . . J. Paul flegelj. (1804) 1, 218.
d) im gothischen drückte haban mit einem folgenden infinitiv ein
vorhaben, absieht, willen, entschlusz aus'; es übersetzte theils das
griech. fii)leiv (silba vissa ()atei habaida taujan avros yao
f^Sst Tt eueilev TioieTv. Joh. 6, 6), theils das griech. futurum
geradezu: {)aruh sa andbahts meins visan habai|) ixtl 6
Stäxouos 6 dfiös sarai. Juh. 12, 26. J)atei tauja jah taujan
haba o Si noico xai noiijaoi. 2 Cor. 11, 12. im nhd. findet
sich eine gleiche fügung, nur dasz in ihr haben weniger ein vor-
haben oder eine absieht , als das Vorhandensein einer notwetidig-
keit oder des Vermögens für das subject ausdrückt: denn ich
auch nichts scheuen habe. Lctber br. 2, 144; und als der
krank fürst zu nacht schlafen soll, hette er auf nichts ligen.
Wüw. V. Schaumb. 191. anders aber ist, wenn vor einen solclien
infinitiv noch gut tritt, der inf. ist hier als Substantiv gedacht,
gut ist sän adjectiv , die bedeutung von haben aber ist dieselbe:
denn e. f. gn. haben desz gut wissen. Ldther br. 2, 541 ; er
hat gut reich werden. Agric. no. 326; sie hat gut singen,
sie hat keine schulden zu bezahlen. Simpl. 3,426 Kurz; wel-
cher des teufeis bereits eigen ist, hat gut schwören. Pistoi
Ries 7 no. 36; der gyps hat gut reden, sagte Charlotte, der
ist nun fertig. Göthe 17,54; jüdische propheten hatten gut
weissagen. Kant 1,28t, der auch wol unter einwirkung der unten
folgenden beispiele sagt die einwohnen . . hatten gut te deum
laudaraus zu singen. 9,34;
die ersten halten da gut wohnen. Gökingk 1, 29.
e) dem objecte folgt ebenfalls ein infinitiv, aber durch zu ver-
mittelt, und den zweck hervorhebend, auch hier schwankende be-
deutung von haben.
a) in einzelnen fällen ist sie noch = besitzen, zu eigen haben :
mhd. daj er nien biete wem ze geben, welsch, gast 11527.
nhd. der buschof daer van hait des jairs wael zwei hondert
ducaeten zo verzeren. Harf 72, 12. 13 ; wenn er heute nicht
arbeitet, bat er morgen nichts zu leben ;
0 wehe, nun bab ich nichts aufzustehn,
so schluchzte sie nieder ins küssen. Borger 65'.
ß) in andern fällen bezeichnet haben nur das Vorhandensein
der notwendigkät jener bezweckten handlang: ich habe etwas zu
thun, für mich ist etwas zu thuendes vorhanden ; was haben
wir zu thun ? ich will mit der sache nichts zu thun haben ;
was haben wir mit dir zu schaffen? Luc. 4,34; wer wieder
sagt dasz du eine närrin bist, der hat es mit mir zu thun.
Lessing 2, 174. dieses 'zu thun' oder 'zu schaffen' musz in
manchen Sätzen nur verslanden werden: packe dich, du hast
nichts mit uns, wir nichts mit dir (zu schaffen). Göthe 42, 412;
die Schnotterbaum lag die nacht durch in wüthenden krumpfen,
was uns weiter nichts angieng, denn wir halten es nicht mit
ihr, sondern mit ihrem miethsmanne (zu thun). Immerma."«»
Mänchh. 2,148;
nicht du bists, den ich hier gesucht. —
ich hab es nur mit ihr allein. Schiixeb 3S3';
wir haben es
mit einem kecken feiud und sind geschlagen. 460.
zuweilen mttsz das object ergänzt werden : ich habe zu ihun
{eine arbeit); die alle zu schaffen hatten in der bülte des
Stifts. 4 Mos. 4,37.
Die unter ß angegebene bedeutung von haben erläutern noch
manche andere beispiele: des todten lichnams friindschaft, die
in von angeborner sippschaft ze rechen haben, weislh. 4. 343 ;
gnediger herre, ich Iftbe mit uwern gnaden was zu reden.
KöDiz 22.3; alsdenn soitu eine gute anzabi teulscher und
lateinischer traclätlein von meiner band zu empfangen haben.
Scauppius 127 ; da er sich wegen der in seinem handbrief-
lein gebrauchten kürze zu entschuldigen nicht gehabt. Butschkt
hd. kanzelley 65 ; oder wenn er wohl gar — was wir doch
wirklich zu fürchten haben — sie ungütig aufnimmt? Engel
12,188; der strausz, den ich noch mit ihnen auszufechten
habe. Lessing lo, 131 ; der knabe wird indessen noch stärker
werden und ich habe weniger für ihn zu fürchten. Klinger
5,338; eine gewalt unter die wir uns zu beugen hätten. Kant
1 7, 304 ; an dem gärt ner aber halte sie zu trösten über manche . .
lücke. Göthe 17, 304;
67
HABEN
HABEN
68
ich werf ihm eins wol in den hart
das er habe zu klauben draus.
Dresnicer chrixll. ritlerscliaft (1553) CT;
xum holen sind zwar ort die guten Treunda da,
doch einen der was bringt, den hab ich nocli zu sehen (den
noll ich noch sehen). Götue 7, 19;
romantische gespensler Isennt ihr nur allein,
ein acht gespenst auch classisch hats zu sein. 41, 109;
ich habe
mich über dinge mit dir zu besprechen.
ScHtLLEH Iphigenie 5, 2.
y) haben betont tveniger die mtu'cndljkeü , als rermögen und
fdbigkeit zu einer bezweckten handlung: was hat das zu bedeuten
(= was kann das bedeuten)^ hat nichts zusagen. Engei, 12, 114;
so wenig es einem verantwortlich , dasz er ein mörder an
seinem eigenen leib würde, so wenig hätte er zu verantwor-
ten, dasz er seinen ehrlichen namen nicht rettete. Scnuppios
622 ; was hat denn der hauptpastor in Hamburg dem biblio-
thekar in Wolfenbütlei zu befehlen? Lessing 10,240; laszt
mir das 'gnädige' weg, es wird sich bald nichts mehr zu
gnädigen haben. Göthe 15,51;
darneben mich zu trösten
mit gutem gwissen hab (kann mich mit einem guten
qewiasen trösten).
Hütten 'ich haljs gewagt mit sinnen'.
in negativen Sätzen auch mit verwehrendem sinne : dem vater hat
niemand einzureden. Lessing 2, 181 ;
disz wisse nur gewiss, es hat nicht anzustehn,
der sonnen wagen wird nicht oft herurab crgehn,
du wirst noch eines selbst von deinen gliedern geben.
Opitz I, 194;
sclave. du hast keine briefe zu
erbrechen, die ich trage. M. du hast keine
zu tragen, die ganz Griechenland verderben.
Schiller lihigenic 2, 1.
Analog gebaute stellen, nur mü reflexiv verwandtem rerbiim,
haben ironisciie bcdeutttng und weisen demnach die notwendigkvit
zurück:
'er liebt mich, sagst duV — o, das hat sich noch zu fragen!
er schwärrat vor lieb', er ist verrückt,
ist auszer sich . . . Wieland 21, 221.
oft aber auch nicht sowol die notwendiykcU als das vermögen {vgl.
oben): frau. gott behül uns in gnaden. Miller, es hat sich
zu behüten. Schiller 181; wie sie nun weiter forlgangen, so
treffen sie eine mutier an vor der hausthür, welche ihrem
kind die haar aiiszkamplet, und weilen solches kleine bübel
den kainpel raufens halber weigerte, hat die mutier aus Un-
geduld aufgeschrien : halt du fratz, dasz dich der teufel hol !
worauf der docior mehrmalen den teufel angeredet : waruinen
er doch das kind nicht ncmme? da hab er eine seel zum
besten, hat sich wol nemmen, sagte darauf der saubere
cammerad, disz ist nur ein gemeiner mutier fluch, es ist
ihr bei weitem nicht also uinbs lierz. hidas d. erzsch. l, 184 ;
F. was seht ihr meinen vater so an? Tr. es hat sich da viel
anzusehen ; es ist doch beinahe stichdunkel. BnENTAXO Inst.
mus. 29; ja es hat sich was zu schicken. Göthes mutler bei
DoBow rcminise. 166; ei warum kamt ihr nicht alle so ge-
drittelt? 'hat sich was zu dritteln'! die wörterschau, possenspiel
(Leipz. 1802) 74;
rath, majestät? hat sich da was zu rathen ! Schiller 587.
Dieses es hat sich ist nun ah ironische redensart in weite Ver-
breitung gekommen, der ihm folgende infinitiv wird kurzer hand
untcrdn'ickl und ist aus dem vorhergehenden satze zu ergänzen :
wir sdllen glauben, es sei um der religion willen, ja, es hat
sich fnämlich zu glaul>en). Gotiie 8,175; N. bist du nicht ver-
gnügt, die meine zu sein? D. es hat sich (vergnügt zu sein).
11,115; mcnRchlich gefülil? schäm? hat sich was (zu schämen).
Jacübi an Gothe 41 ; Cl. der keri dürfte aber wohl denken,
man steckte vor ihm zilterfedern auf. Edw. ach! es hat sich
wohl, frau Schlampampe 1.30 ; wie meint er nun wohl , herr
Till, dasz die leiile den iiieszen? 'wie? einen tiefsinnigen
k<»pf' . ja, es hat sich wohl ! einen narren. Engel philos. f. d.
w. 1«: er kommt in gdchfiften nach F'aris, vellcr? 'in ge-
«chaftcn ! hat «ich wol!' Schiller 034'; ist es (das grlrdnk)
ihm denn nicht zu stark? fragte Siegfrid. och, hat sich
wohl, »ersetzte die wirlhin, ob er wohl kein söufer ist, so
i«l M ihm doch ein schlechtes . . ein ziinlich glasz brand-
wein hinunter zu schlucken, unwhrd. docl. 701. — In freierer
ücllung: als in gewisser bcgebcnheit etliche über land aus-
gewe*lc inu«iknntrn »ich dergestalt vollgesoiren, dasz sie sich
nach haus zu p«' •■ '■■ : > ■ ': '■ f-niwegen auf
einen hochbeladenen wagen, in erinangelung einer andern
gelegenheit gesetzet, und über eine zeit ist der Schulmeister
darvon herunter gefallen, der organist aber, als der noch am
wcnigstcu betrunken, dem fuhrknecht befohlen von dem ross
zu steigen und umzusehen, dann er glaube es sei ein caput-
rock herunter gefallen, dieser aber . . erkennet, dasz es der
Schulmeister seie, von welchem er das exaudi nos iu denen
processionen öfter wiederholen gehurt, sagte er: es hat sich
wohl capulrock, es ist ja der e.xaudi nos. fiicgenwedel 7 ; heida !
wo wollte ich in meinem vorigen hin? es hat sich wohl, dasz
der herr hauptpastor den namen advocat in seiner eigent-
lichen bedeutung nehmen sollte. Lessing 10,209; Kr. je nun,
wenn ichs beim lichte besehe, so sind wir kaum dadurch
auf ein paar tage länger dem stricke entgangen. Sl. ah, es
hat sich was mit dem stricke, l, 304. -f?flr nicht ironisch, son-
dern rein einräumend hat Büiiger diese redensart gefalzt: einem
wolbelciblen dichter, der über schlechte zeiten klagt, wird entgegen
gehalten, dasz wenn er so spreche, sein ganzes duszere wider ihn
zeuge :
das hat sich wohl ! seufzt der poet geduldig.
doch gott gesegn' ihn, meinen bauch . . .
bin ich dem speisewirih noch schuldig. 03',
hier ist das hat sich wohl so viel wie das verhält sich freilich
so, vgl. es hat sich 1, 5 {sp. 54).
5) der begriff des zu eigen scins , gehören s , bcsitzens , gebt in
einer anzahl von fügungen ganz unter, in denen iiaben nicht
mehr als das blosze Vorhandensein ausdrückt und das ganz in
den Vordergrund tretende object nur eine leise beziehung zu dem
subjede bietet: wir haben gutes weiter ist fast gleich mit es ist
gutes welter; wir haben regen; wir hatten grüne Weihnachten
und werden denn weisze ostern haben ; dieses jähr haben
wir spat plingsten; in diesem sinne wird auch gesagt ich habe
zeit, etwas zu thun , d. h. die zeit dazu ist da, ist vorhanden,
also verschieden von jenem zeit Iiaben, was oben 3,b {sp. Ol) er-
wähnt ist: Eckarlh sagte, er halte zeit, dasz er geeilet halte,
wir hüllen ihn sonst wollen willkommen heiszen. unwürd.
doctor 341; Dschengis hatte, nach einem aufenthalle von et-
lichen monaten in Schescbian, hohe zeit, mit seinem unter-
gebenen unsichtbar zu werden. Wieland 7,154;
komm bruder, lasz uns eilen,
wir haben hohe zeit. Fleming 214.
ähnlich ist: wir hallen kaum noch fünf minuten, so war die
sladt erreicht; wir haben eine Viertelstunde zum nächsten
dorf, von unserer stelle aus ist die entfernung so weil; do im
aber die warnung nach einander so eilunls kamen, slunl er
auf, hört und sach selbst, das die veint daher zugen, kaum
noch eine halbe meile zum dorf, darin er lag, hellen. Wilw.
V. Schaumb. 114; wir haben nahe, wir haben weil zum thore,
wo nahe, weit in substantivischer gcltung stehen, vergl. kalt
haben sp. 62.
Das verbum steht in solcher bedeutung vielfach unpersönlich :
ich sehe dasz es keine gefahr hat. Güthe 15, 8 ;
ich will gewiss der erste sein, wo's noili hat. 10, 45;
nein, hier hat es keine nolh! 2, 287;
am ende muszle es doch geschieden sein, was seine nolh
hatte. GoTTHELF erzähl. 4,262; also hat es eine ganz ähn-
liche beschaffenheit mit unserm leben, merks Wien 14;
dergleiclien reden hören freilich gut sich an;
doch hat es allerlei bedenkliches damit. Gotui 11,214;
frage auch lleiszig darnach . . wie es ein gelegenheit lialie
umb ewer schwacheit. Luther 8,191"; aber das hat seinen
bescheid, dasz nichts draus wird auf dieszmal. br. 3,7«; es
hat seine richtigkeit. irrgarten 294 ; wenn es seine richtigkcü
hat, dasz alle dinge in der well in der genauesten beziehung
auf einander stehen. Wielano 1, 28; gut, gut, ich bins serbsl,
das hat seine richtigkeil. 11,254;
molu liebe ft'aw, es hat nit zeit,
auf diszmni mich euch hie zu nennen. II. Sachs 5, 231';
es hat gute wege, guten ungefährdeten forlgang:
wenn sonsi
nur niemand um die sacho wolsz, so hat
es gute wcgc. Lkssinc Snlhan 4, 7.
auch in ironischer uendung: o damit hats gute wege, es i.-l
weit aussehend, nicht nahe oder leicht erfüllbar: wegen der hniipl-
sachen hat es gute wege, die lassen sich nicht erdichten,
Claioius 7, 52.
Dieses unpersünlichf es liat steht auch in dem sinne des franz.
il y n « gibt, Ul vorhanden, in sehr häufiger anwendung, soteol
69
HABEN
HABEN
(0
in der schrißs^prache, als auch in oberdeutschen mundarlen, sowie
in der schksischen (Fromm. 4, 170) : wenn ein wolf ain schaf
gebeiszet, das selb feil bat ahvegen leüs, man mach beiz
daraiisz oder was man wöll, so halt es allwegen leüs darinn.
Keisersb. has im pf. a4'; matte darauf es vil müder hat.
schimpf u. ernst cap. 61; es hat dannoch schöne heuser hie
{in Leipzig), älberus tcidder Jörg Witzeln k 6'; in der Gastein
hat es vermerte wildbäder. M.\thes. Sar. 2'; zwischen Wolcken-
stein und s. Anneberg hat es auch ein wildbad. 3"; wie
auch Cadmus der Tyrer sich in Bedien als ein bergkmann
hat sehen lassen , weil es zumal disz orts vil grosze und
hohe tawern und gebirge, auch vil goldbrünne und seifen
hatte. 15"; es hat noch vil ameiszhaufen in diesem walde. 24';
sonderlich zu Manlua, allda es auch gar rösche barbaros
hat. Lelter rossarznei (1599) s. 7;
dein sach setz nit aur zeitlich gh'ick,
es hat bei im vil bäser tücls. Schwarzesberg 128, 1;
was hals so vil der bösen zungen.
B. RiNcwALD g. l. 108';
es hat auszerhalb der statt Memmingen ein badhausz. Thlr-
NEissER von wassern (1612) 117; in Schodwin hatte es einen
alten vogt. Zinsgref apophth. 74,9; es ist e. g. unverborgen,
dasz es in des künigs Perions gemach ein thüren gegen dem
garten hinausz hat. Amaäis 20; es hat in des königs Garin-
ter pallast ein geweihtes rondes gemach, von allen abgeson-
dert. 26; daher konte ich mir die rechnung leicht machen,
dasz sie nicht oben durch den wald . . gehen, sondern sich
im freien feld behelfen würden . . wiewol es daselbst einen
bösen weg hatte. Simpl. 1,270 Kurz; ingleichen hat es auch
viel schädliche crocodilie. Olearils beschreib. Orient, insuln
(1696) 147 ; in Persien hat es viel csel. pers. rosenth. 7, 20.
s. 91, anm. i; hat es auch poeten in der hüll? Philäsder
1, 20; als dan in der ersten kirchcn geschehen ist, da es
doch noch heilige leute gehabt hat, auch heilige priester.
J.Böhme 40 fragen v. d. seelen urstand 24,12 p. lll ; wieviel
hals doch zu thun, dasz man bei so mannigfaltigen schreck-
lichen ärgernis sich von der weit unbefleckt erhalte. Scriver
seclensch. 2, 285 ;
es hat bei uns auch hier sehr gutes feistes land.
Opitz 2, 87 ;
Tiel beiden hat es jetzt, so hals auch viel poeten.
LoGAU 1, 14U, 5;
viel frevler hat es noch, und wenig rechte büszer.
2, 101, 8;
wo poeten durch entzücben
sich zu guten reimen schickeu,
hat es alLeuthalben hasen,
hat es leute die da rasen,
hat auch demnach lieine nöthen
an den reimen und poeten. 2, 108,44;
reiche weiber hat es wenig. 3, 53, 80;
ein biedermann, ein biedermann, disz war ein alter tittel;
0 derer, die bald sthwarz bald weisz, hats noch in unserm mittel.
3, 204, 78 ;
es wird schon lichter haben,
die ein erhitzter trieb zu diesem dienst bewegt.
Chr. Crtphils poet. wälder 1, 350;
Freiberg ist eine grosze bergstadt,
darinnen es gar sehr viele bergleute hat.
HiLDEBRAKD volksl. 399 (f. 16431.
doch beim dreischlalt hat es das herrlichste quellwasser. arme
mann im Tockenb. 23 ; wo ein weiser und guter fürst herrscht,
da hat es vortreffliche unlertlianen. L.\vater phys. fragm.
4.thl., 10. abschn., 2. fragm.; aber hei ihnen hat es eine aus-
nähme. Lessinc 2,400; o, da hats gute sache. 41; es hatte
im dorf gut seine 4 fusz schnee, auf den bergen noch mehr.
Fei.üer NümmamüUers 89 ;
im dorfe Leinach an der Leinach
hat es eine dorfgemeinde,
der da sagen ihre feinde
allerlei nach. Rcckert ged. 4, 399,
und mit Iheilungsgenitiv :
ha, das donatgeschmeisz !
kaum hört und sicbts was neues,
so hat es gleich geschreies. BtiROER 21*.
III. Die nachstehenden redensarten, in denen die 2. sg. des praes.
hast erscheint, stehen von allem bisherigen ab. die bezeichnung einer
schnellen und heftigen thätigkeü wird gegeben durch hast du nicht,
siehst du nicht, so in der Altmark : he löpt hast du nich, süst
du nich; hi döscht (drischt, prügelt) hast du nich, süst du
nich, up am los. Dajoeil 75*; auch hast du nicht gesehen,
so im Osterlande : haste nich gesehen ging es den bergniinter;
was gibst du was hast du: da hätte er nun seine kleider
geschwind zusammen gerafft und damit zum haus hinaus,
was gibst du, was haslu. Simpl. 3, 412 Kurz; unsre magd ist
krank gewesen und ist im stall gelegen, die hat mich fort-
laufen heiszen, v^as gist do, was host. 1, 32; ich, mit er-
schrockener geängsligier seele. dachte gleichwol wie ich die-
sem mänschenfeind (dem tode) entrinnen mochte: thate desz-
wegen einen sprung zurück und davon , was gischte was
beseht. Sittewald in Wackei nageis leseb. 3, 1, 655. die form
hast scheint in diesen phrasen doch nur äuszerlich an haben an-
gelehnt, namentlich in den letzten Verbindungen; im kintergrunde
stellt wol der gedanke an hast festinatio, hastig properans, hasten
festinare, «;irf in der im Osterlande und in lileiszen häufigen Ver-
bindung was haste was kannste = so eilig wie möglich, tritt
dieser gedanke besonders deutlich hervor, die Vermutung wird ge-
stützt durch ein Sprichwort bei Schottel 1138' er wil nicht
hasten, mit der erklärung: hasten heist gleiten, weichen, fort-
gehen, was nun nicht fort wil und da kein glück bei ist,
das kan nicht hasten, es stehet und wil nicht fort; wen
wir was fürhahen, daran wir verzweifeln, sagen wir, es wil
nicht hasten, wir wollen davon ablassen.
IV. Haben als hilfszeitwort. hierüber ist gramm. 4, 146 — 176
I« ausführlicher weise gehandelt; hier kann kurz nur theils dort
gesagtes übersichtlich widerholt, theils einiges andere ausgeführt
werden.
Die ältesten deutschen dialecte bedienen sicJi zur hervorhebung
jeder art der Vergangenheit nur des einfachen praeleritums eines
verbi, das ilincn sowol für imperfectum, perfeclum, plusquamper-
fectum als aorist stellt, für das gotltische ist eine feinere ein-
theilung der Vergangenheitsstufen durch hilfsverba unerhört, im
altern althochdeutsch bis zum 9. Jahrhundert ist sie selten, von da
ab aber findet sie sich häufiger in dieser dialectgruppe sowol wie
im altniederdeutschen , angelsächsischen und nordischen, so jedoch,
dasz die alte weise, jede art der Vergangenheit durch das ein-
fädle praeteritum auszudrücken, nur nach und nach ausstirbt.
Die Umschreibung des praeleritums erfolgt im allgemeinen für
transitive verben durch liaben , für intransitive durch sein oder
werden, über diese art unter letztern beiden Wörtern, die erstere
art hatte, worauf gramm. 4, 154 aufmerksam macht, in einzelnen
fügungen der römischen spräche ihr vorbild: cognitum habeo,
de Caesare satis dictum habeo , domitas habere libidines «.
ähnl., wenn auch liier die Verbindung nicht in der bloszen be-
deutung deY Vergangenheit, sondern in der lebendigen praesentialen
des besitzens, haltens stelä. ganz gleich, wie in den romanischen
sprachen dieses sinnliche habere zum bloszen hilfsverbum der Ver-
gangenheit herabsank, haben auch die deulscJien dialecte mü die-
sem Worte verfahren, nur aber so, dasz die sinnliche bedeutung
des Wortes in manchen fällen auch in der fügung mit dem part.
praet. eines andern verbums bis auf jetzt herab dauert, z. b. :
versiegelt hab ichs und verbrieft, dasz er
mein guter engel ist. Schiller 3üy'.
Mild wenn gesagt wird: ich habe es bei mir beschlossen, aus-
zuharren, so ist diesz praesential gedacht gegen ich beschlosz es
bei mir, auszuharren.
Das part. praet., wenn es mit einer form von haben zur Um-
schreibung einer Vergangenheitszeit steht, ist der transitiven natur
von haben entsprechend, notwendig in den acc. gesetzt: diesen
acc. fühlt die alle spräche lebhaft und regelt daher die flexion in
übeieinstimmung mit dem objecte. amavit eum, eam, id, eos,
eas wurde daher ahd. wiedergegeben durch habet inan gemin-
notan, sia geminnota, Sj gcminnötaj, sie geminnöte, siö ge-
minnötö; da aber die fälle sehr häufig eintraten, wo kein casus
obliquus im satze enthalten war, wo es galt den bloszen begriff
er liebt unbezogcn auf ein anderes subject ins praet. umzuschreiben,
so wurde das particip in die unflectierle neutralform gesetzt und
von dem überwiegen dieser fälle ist der umstand herzuschreiben,
dasz man bereits in der letzten ahd. zeit unempfindlich gegen die
flexion des partic. praet. wurde und für alle fälle, in denen es
stand, die unflectierte neutralfomi verwandte.
Es ist oben gesagt, dasz die umscJireibung des praet. mit haben
für transitive, die mit sein oder werden für intransitive verba
angewandt werde, das ist nicht ohne schwanken, eine anzahl
verben der beiregung und des zustandes bilden ihr praet. mit bei-
den hilfszeitwörtern, mit haben dann, wenn die in da- bewegung
liegende oder im zustande latente thdtiykeit zum ausdrucke ge-
langen soll, mit sein, wenn niclit sowol die Ihätiykeil, als der
zustand an sich oder das ziel der bewegung ohne rücksicht auf
71
HABEN
die dabd unterlaufende Ihätigkeü des subjecles betont wird. soUJie
verba Hiid:
altern: er hat frühe gealtert und er ist frühe gealtert,
aufbrechen [abreiaen , s. 1, 62S): man soll mir gehorchet
und nicht von Crela aufgebrochen haben, ap. gesch. 27, 2t ;
der fürst ist [ilotzlich von seiner residenz nach dem Jagd-
schlösse aufgebrochen.
begegnen: wisse dasz dir gotl begegnet hat. Agbic. spr. 9' ;
PS hatten ihnen etliche Soldaten begegnet, jtcrs. rcisebfschr. 1,4;
beide hatten einander auf der bahn des ruhms und am throne
begegnet. SciiirxER S04; die gescllschafl hatte sich eben v^ieder
begegnet. Göthe 20, 221 ;
nur einem traurigen hab ich begegnet. Schiller 469';
was wiltu mit alle dem beere, dem ich begegnet bin? iMos.
33,8. J'J überlraijcncm sinne: Heinrich war ihnen auf dem
italienischen feldzug sehr gebieterisch begegnet. Schiller 1043.
beginnen: das Iheater, die Vorstellung bat begonnen; der
frühling hatte bereits begonnen;
die mailusl ist begonnen,
der liaiim hat seine grüne,
die blauer schon gewonnen.
TiKCK kaiser Oclav., prulog.
beharren : ir aber seids die ir beharret habt bei mir in
meinen anfechtungen. Luc. 22,28; auf erfolgten vorhält ist
der inculpat bei seiner aussage beharrt, ebenso verharren.
dringen : das wasser ist in die Stadt gedrungen ; der bit-
tende ist bis zum forsten gedrungen ; aber
hat dieser heldenarm selbst durch den feind gedrungen.
LoHKNSTKiN Ibr. 20, i>. 424.
ich bin in ihn gedrungen, mir sein geheimnis zu offenbaren,
wogegen Götue :
ich hab ihm zugeredet, ja gedrungen,
allein er geht von seinem sinn niciit ab. 9, 220.
eilen: hat mein fusz geeilet zum betrug? Hiob 31,5; ich
bin geeilt, die botsehaft zu bringen.
eintreffen : meine voraussage ist oder hat eingetroffen ; so
hat also doch unsere Prophezeiung eingetroffen, dasz dieses
band nicht lange dauern werde. Schiller an Göthe 398 ;
wie aber ach, wie hat der aii.sgang eingetrolTen?
A. Gkyphius (1063) s. 400, 114.
dagegen nur: der fürst ist (nicht hat) heute in seiner residenz
eingetroffen, weil hier nur das ziel einer bewegung betont wird.
entweichen : nhd. sagt man nur er ist entwichen, mhd. bei-
des, er ist und hat entwichen :
in geschach diu gcswiche
von größer heimliche:
heten si der entwichen,
so wx'ren s' umbeswichen. Gregor. 243;
Pclrapeire ich was entwichen
rchte umb den mitten morgen. Part. 491, 26.
dagegen ^dtl ausweichen im nhd. mit beiden hilfsverben : ich
bin dem trunkenen ausgewichen , ich habe der antwort auf
seine frage ausgewichen.
fahren: der kutscher hat und ist gut gefahren; hab ich
mit meiner band über den waisen gefahren. Uiub 31,21; aber
ich bin an einen ort gefahren, gegen das mhd.
durch wes liebe die beiden her gcvarn hän. Nib. 393, 4.
in abgezogenem sinne: ich hab mit euch gefaren, wie ein vater
mit seinem kind. Luther 4, 489'; meinst du ich wisse nicht,
wie du und deine gesellen mit mir gefahren habt? Ayrer
proc. 1,6 p. 124; ich bin freilich unter meinen geschwistern
am besten dabei gefahren. Gütiie 20,168; bis endlich ihr
mann . . den baron herausforderte und heute verwundete ;
doch ift der obrist, wie ich höre, noch schlimmer dabei
gefahren. 20, 17. ebenso verfahren: ihr seid zu hart ver-
fahren ;
empfonge
dein «chwert zurück, m.in hni zu roscli verfahren.
Schillkr 'hm Carlo» 6, 4.
mitfahren in der brdcutung un)i vehi wird mU sein, in der be-
deulung Iractare, behandeln mit liaben verbunden: wariimb hat
der beiT diesem lande und diesem liause aUu milgeruhren.
7chron. 7,21; also habt ir den tocbtern Israel mit gefahren.
Sut. 17. ebenso nimmt fortfahren je nach der t)rdcutung sein
oder haben zu sich: ich bin forlgefabren (im wagen); ich
habe fortgefahren zu schreiben; doch auch: ich bin in meiner
rede fortgefahren.
flirgen : die Rchwalben haben heute zum ersten mal ge-
flogen, «oy< man im frihting, rgl. mlid.
HABEN 72
ir ieglich wolde da; d& ba;
sin habech geflogen biete. Erec 2061;
und im rehte wart crkani,
das er ej was, her Trisiant,
dd het er gerne geflogen.
Heimr. v. Frkibkro Tristan .S587.
aber: die schwalben sind um den thurm geflogen, die Vögel
waren weit hin geflogen.
fliehen : mhd,
von Karkassün Trohazzabö -^
geflohen bete wenic c. Willeh. 432, 30.
nhd. er ist geflohen ; si sprach ich bin von meiner frawen
Sarai geflohen. 1 Mos. 16, 8. wenn es transitiv gebraucht wird,
steht es natürlich mit haben :
mich hat Tydeus söhn bis zu den schifl°en geflohen.
Stolberg 11, 2trl.
flieszen: meine trähnen hatten lange geflossen;
hier im bach hat mcnschcnblut geflossen. Tiedgk,
wie mhd. da »Her beilekeite flu;
dikke ü; geno3;jen h.ite. Elisab. {Diutiska 1, 480).
aber: der Rhein ist in das mecr geflossen, meine trähnen
sind über die wange geflossen.
folgen : ich habe einem gefolgt und ich bin einem gefolgt,
wori^iber zahlreiche beispielc bereits 3, 197S. 1879 gegeben sind.
gehen: wir haben eitel unrechte und schedliche wege ge-
gangen, wcish. Sal. h,l ; das er in hagelsteincn bis schier an
die knie gangen habe. Spalatin bei Luther 5,35', gegen: du
bist auf dem wege deiner Schwester gegangen. Hesck. 23, 31.
für wie ist es dir gegangen fragt der lolksmund auch wie hat
es dir gegangen.
gelangen : was sie selbs gesehen hatten und was an sie
gelanget halte. Esth. 9, 26; denn wir faren nicht zu weit,
als betten wir nicht gelanget bis an euch. 2 Ct>r. lo, 13; ich
war bis zu dieser Stadt gelangt; ich bin gelanget Steisbach
1,974.
gelingen: und es hat inen gelungen, das sie das geselz
erhielten. 1 Macc. 2,47; durch hilfe gottcs ist mir gelungen
und stehe bis auf diesen tag. apost. gcsch. 26, 22 ; wem ists
je gelungen, der sich wider in gelegt hat? Hiob 9, i; so ist
uns alles übel gelungen. Schiller 109ü'.
gerathen: der wein ist diesz jabr geralhen; aber der osler-
ländischc bauer sagt mein getreide hat heuer nicht gerathen.
glücken: es hat mir heute nichts geglückt; hätte es mir
geglückt ihn anzutreffen; es ist mir im leben schon manches
geglückt.
irren : ich bin henimgcirrt , und ich habe lange herum
geirrt.
kehren: nu weri; wol zit gewest, daj di edele frouwe
bette wider gekärt. Köoiz 57, U; sie aber seufzet und ist
zurück gekeret. klaget. 1, 8.
klettern: ich habe gestern tag und nacht
auf dem gebirg lierum geklettert. Göthe 33, 255.
aber: er ist auf den bäum geklettert; wir waren den berg
hinan geklettert; die zwei ältesten knaben waren auf die
kutsche geklettert. Göthe 10, 28.
klingen : wie oft hat alles an mir gezittert und geklungen.
Göthe 10,148;
mit meinem saitenspiele
das schon geklungen bat. Eichkndorff gc4. 27.
man sagt aber: die glucke ist bis zu uns geklungen und hat
bis zu uns geklungen.
kriechen: wir sind in dem alten gewölbe hemm gekrochen;
er hat gebettelt, ja gekrochen, ehe fr seine bitte erfüllt bekam,
landen : als er wieder buden erfaszt und so zu sagen ge-
landet hatte. Heiiel 3, 361 ; die truppcn sind gelandet,
laufen : mhd.
der harken Mn ich monogen tac
gcloulrn nncli. IIartmann liider 10,22.
nhd. als der ich nicht vergeblich gelaufen noch gearbeitet
habe. /V«l2, 16; ich habe heute schliltscbuh gelaufen , geijen
ich bin gelaufen, euch zu erreichen ; der knabe ist mir nach
gelaufen.
liegen : ich hab gestern bei meinem vater gelegen. 1 Mos.
10.34; imsere magd i<t krank gewesen und ist im stall ge-
legen. Sinipl. 1, 32 Kurz.
reisen: ich hab oft gerciset. 2 Cor. 11,26;
sehr viele relttcn nur im gelolt
und ühctTCdion dich, alt hfltien sie gcreUt Gillmt 1,4«.
HABEN
HABEN
74
aber: ich bin lange im lande herum gereist; der vater ist
nach Frankreich gereist.
reiten :
mhd. dö er geriten haete, als ej vürsten gezam. Gudr. 45, J.
nhd. bin ich nicht dein eselin darauf du gpiitlen hast. iiJos.
22,30; als wenn er auf einer brennenden rakete geritten
wäre. Hebel 3, 146.
scheinen: das Hecht der gerechligkeit hat uns nicht ge-
schienen, iceish. 5, 6. aber man sagt auch es ist mir ge-
schienen, als ob die sache nicht richtig sei.
schreiten : ich hatte . . schon zu einem recht langen briefe
geschritten. Götüe briefw. r. Kestner 75. sonst ich war ge-
schritten; er war zur ausführung seines Vorhabens geschritl-en.
schwimmen: er hat lange geschwommen, ehe er anstand
gekommen ist. aber auch er ist lange im flusse herumge-
schwommen.
schwitzen: er hat bei der arbeit geschwitzt, aber blut ist
aus ihm geschwitzt; das wasser ist durch den krug durch-
geschwitzt.
sein : niederdeutscher und nordischer brauch ist im allgemeinen,
zu diesem verbum haben, hochdeulsdier sein zu setzen {gramm. 4,
160 — 162). doch finden Schwankungen stall; im mhd. bei Flecke 6322 :
do wolle Claris sin gewesen
die stunde und die wiie
dau über hundert mite
liest die Berliner handschriß hän gewesen, in dem in Mittel-
deutschland entstandenen, noch heute gesungeneri volkslicde 'o/in
dich kann ich schon leben' heiszl es:
geh du nur immer hin
wo du gewesen hast,
und binde deinen gaul
an einen dürren ast.
Ein niederdeutscher bericht aus Zerbst von 1426 verwendet beide
rerben: wen he hadde lang van hus gewesen, neue mittheil,
des thär.-sdchs. alterlhumsvereins 2,74; des gantz unbesorgt
vor ön gewest were. 73. so schwanken aucli heulige nieder-
deutsche mundarlen.
sitzen : das ers war der umb das almosen gesessen hatte
für der schönen thür des tempels. apost. gesch. 3,10; werdet
ir finden ein füllen angebunden, auf welchem nie kein mensch
gesessen ist. Marc. 11,2;
ufm bergli bin i gesässe. Göthe 1, 169.
springen: rufe das kind ins zimmer, es hat nun lange
genug gesprungen; wir sind heute lange im garten herum
gespningen. in dem folgenden sinne wird es nur mit haben
verbunden: die bücke haben gesprungen, capri coiverunl cum
capellis. Stieler 2105.
stehen: da hat vor alten zeiten ein schlosz gestanden.
CcBTZE sagen 233; dasz hier Petrodava, welcher Ptolemaeus
erwehnet, gestanden sei, meinen etliche. Opitz 1,144; wir
haben gestern abend noch lange vor der thür gestanden;
in ä garte bin i gestände. Göthe 1, 169.
steigen : ich habe lange gestiegen, ehe ich auf der spitze
des berges angelangt bin ; ich bin auf den berg gestiegen.
das unpersönliche träumen verbindet sich im nhd. nur mit
haben : hört, lieber, was mir doch gelreumet hat. 1 Mos. 37, 6.
im mhd. mit haben und sein:
mir hat getroumet michel lugent. Iwein 3517;
mir ist getroumei hinte von engestlicher not. Nib. 1449, 3.
nach gramm. 4, 250 steht das erstere, wenn der gegenständ des
Iraumes erzählt werden soll, das letztere, wenn bloss das erägnis
des träumens gemeldet wird.
treten : ich hab unter sie getreten, das alles damit sie zu-
vor mich übermochten, zerschmettert ist und zurspritzel.
bibel von Bindseil 7,521. aber: sie sind schnei von dem wege
getreten, den ich inen geboten habe. 2 Mos. 32, 8.
verglühen : das bügeleisen hat schon verglüht , ist schon
aus dem glühen gekommen; die abendröte ist verglüht.
verzogen : denn sie hatten schon verzagt , das sie nicht
würde wider komen. Judith I3,i4; wir sind an unserm glücke
verzagt.
wachsen: also hat das evangelium am allerstärksten ge-
wachsen, beide an der zahl der gleubigen und an wunder-
barlicher kraft. Luther 8,26"; allerlei kraul auf dem felde,
das zuvor nie gewachsen war. 1 Mos. 2, 5.
wandeln : durch allen weg. daher ir gewandelt habt. 5 Mos.
1,31; habe ich gewandelt in eitelkeit? Hi(^ 31,5; wir sind
einen schönen weg gewandelt.
wandern: wird wohl niemand läugnen, der auf dem felde
der Synonymik nur einiger maszen gewandert hat. Weigasd
wörterb. der syn. 2, v; wir sind eine grosze strecke zusammen
gewandert.
weichen: hat mein gang gewichen aus dem wege. HiobZl,';
die leviten die von mir gewichen sind. Hesek. 44, 10.
wurzeln : die pflanze hat im boden gewurzelt ; der ab-
scheu davor ist in meinem herzen gewurzelt, ebenso ein-
wurzeln: ich hab eingewurzelt bei einem geehreten volk, das
gottes erbtheil ist. Sir. 24, 16 ; da alle seine kinder in diesem
boden . . gleichsam eingewurzelt waren. Wieland S, 463.
Die verba praeterito-praesentia können, mögen, dürfen, müssen,
sollen, wollen, die für das umscliriebene praet. nur haben i-er-
wenden (ich habe gekonnt), wandeln in diesem falle ihr parti-
cipium, wenn es nicht allän steht, sondern noch einen inßnitiv
bei sich hat, scheinbar ebenfalls in den infinitiv: ich habe es
nicht thun können, ßr ich habe es nicht thun gekonnt;
ich habe dich nicht hören wollen ; das hast du nicht wissen
sollen u. ähnl. , und durcltaus ungewöhnlich ist die von Tieck
gebraudäe Verbindung :
er stürzte auf sie ein mit wildem schrei,
dasz viele sterben unter ihm gemuszt (haben),
liaiser OcUav. 2, 2.
nur scheinbar ist jene form der inßnitiv , denn es ist gramm.
4, 167 f. auseinander gesetzt, dasz dieselbe eigentlich aus der star-
ken form des pari, praet. jener praeterito-praesentia hervorgegangen
ist, welche mit der infiniiirform formell gleicli war, und dass man
sie nach dem vollständigen aussterben der starken participialform,
die im mhd. schon selten genug ist, misverstdndlich für einen in-
finitiv gehalten hat. indes wurde später dieser mitverstandene in-
finitiv noch auf einige andere fälle erstreckt, wo die formelle
yleichhrit mit dem particip nicht verführen konnte, nämlich auf
die verba helfen, hören, lehren, lernen, fühlen : ich habe ihm
arbeiten helfen für geholfen , ich habe ihn singen hören,
mich hat die noth beten lehren , das kind hat erst spät
sprechen lernen , bei solchen gelegenheiten hatte er auch
die sämmtlichen angekommenen Schauspieler kennen lernen.
Göthe 19,124; ich habe sein herz schlagen fühlen, doch sind
die fügungen: mich hat die noth beten gelehrt, das kind
hat erst spät sprechen gelernt, ich habe sein herz schlagen
gefühlt wenigstens nicht ganz ungewöhnlich, anders bei lassen,
pflegen: er hat mich leben lassen; die alten haben pflegen
zu sagen. Wiedem. JuL 64; denn hieraus haben diese Völker
ein geheimnusz zu machen pflegen. Bünac l, 63, wo lassen,
pflegen als wirkliche slarkformige part. praet. ohne die vorsiibe
ge- zu fassen sind.
Die erzählende rede liebt statt des mit habe oder bin um-
schriebenen praeteritums vielmehr das einfache, dem für die längst
vollendete Vergangenheit das durch hatte oder war umschriebene
praet. zur seile tritt, die aussage von der vergangenfieil dagegen,
die etwas gethanes oder geschehenes vergegenwärtigen will, wendet
die Umschreibung mit habe oder bin an. es ist ein anderes zu
sagen ich that es oder ich habe es gethan ; im ersteren falle
erzählt man, im Idzlern legt man bestimmt dar. der volksmund,
der eine kunslmäszige erzählung nicht kennt und stels so deutlich
und anschaulich wie möglich referieren will, würde statt der Satz-
verbindungen GöTHEs: die ersten ankommenden nahmen be-
sitz von der gegend, ruhten im schatten aus, machten ein
feuer an und erwarteten . . die gesellschafl , welche nach
und nach herbeikam vielmehr sich ausdrücken haben besitz
genommen, ausgeruht , ein feuer angemacht und die gesell-
schafl erwartet , die nach und nach herbei gekommen ist.
dieses eindringliche, praesensarlige des umschriebenen perfeclums
äuszert sich anders in andern fügungen, die eine prägnante be-
deutung haben: das hat gegolten Schiller rduber 2, 3. was
melir ausdrückt als das galt, nämlich es galt in hohem grade;
ähnlich
er hat
gelebt — der streich des todes ist gefallen. Turandot t, 2,
womit das nunmehrige entschwundensein des lebens hervorgehoben
wird; besonders auch, wenn der inf. praet. in solcher Umschrei-
bung gegeben wird: ich möchte dich gebeten haben ist aus-
drucksvMer als ich möchte dich bitten, man erwartet kane Ver-
neinung mehr; das will ich dir hiermit gesagt haben; das
wil ich von euch gplmhi Iribpii, Galmy 293.
75
HABEN
HABEN
76
Das nhd. gestattet, nrzuglich in der iiidireclen und relativen
rede gern die ellipsc des hilfsvcrbums haben , wenn es seinem
parlicip unmittelbar folgt, nie tvenn es ihm vorausgeht, dieser
brauch reicht bis in das 15. Jahrhundert hinein : das sein nester
mag und freunt, den er auch wol zu Zeilen an seines vaters
statt gehalten {nämlich hatte), also clendikliclicn lag. Wilw.
V. Schaumb. ii; wiewol kaiser und köiiig die leut gern lenger
behalten {nämlich halten), woll doch das reich . . nit lenger
beleihen, s. S2; wie ihr hie oben verstanden. Garg. 103';
dasz einer auf cini halben pferd, welches ein fallender schusz-
gatter entzwei getheilet, noch etliche meilen sei geritten.
105"; Poly.xena, dessen Schwester denn ich für allen dingen
auf der weit gelicbet. Opitz 1,280;
die jura, so du zuvorhin
gegn Mülheim aliegicret,
streitn wider ilicti in rechtem sinn,
welclis dein unfug probieret. Opel «. Cohn 313, 11.
der graf von der Wahl , unter dessen commando ich mich
hiebevor in Westphalen bekant gemacht, war eben auch zu
Wien. Simpl. 2,17 A«r;;
und doch war ihm geneiget
der Sachsen unglücksstern , dasz er mein volk gebeugel
mit mehr als henkers hand. Postel WUiekind 0, 434;
0. und wäre doch hier? und wäre doch auf meinen brief
hier? M. nicht auf ihren brief. 0. den er ja erhalten, sagen
sie. M. erhalten, aber nicht gelesen. Lessing 2,165; da wir
nun so eben hei dem urtheil über Schriftsteller alle ver-
gleichung abgelehnt, so möchte man sich wundern. Güthe
(5,113; da nun aber, wie wir umständlich nachgewiesen, in
einer solchen dicht- und Schreibart das schickliche vom un-
schicklichen abzusondern unmöglich ist. s. 116 ; was aber
durchaus in einem höhern sinne beschwichtigend , tröstend,
beruhigend wird, ist dasz diepersonen, die so viel erduldet,
den Untergang mehr wie einmal vor äugen gesehen , doch
am ende noch selbst erzählen was überstanden und wie sie
aus dem unerträglichsten elend zuletzt gerettet worden,
aber nicht sowohl gerettet worden, als sich selbst gerettet.
45, 265 ;
und doch ist nichts in meinem laden,
dem keiner auf der erde gleicht,
das nicht einmal zum tüchtgen schaden
der menschen und der weit gereicht (hätlc).
kein dolch ist hier, von dem nicht blut geflossen,
kein kelch, aus dem sich nicht in ganz gesunden leib
verzehrend hciszes gifl ergossen,
kein schmuck, der nicht ein lichenswürdig weih
verlührt, kein scinvcrt das nicht den hund gebrochen,
nicht etwa hinterrücks den gegenmann durciistoclien. 12,214.
wie man sieht, bevorzugt Götiie diese construclion , die sich sehr
natürlich aus dem bcdürfnis heraus entwickelt hat, das schlep-
pende des umschriebenen practcrilums zu mildern, das miltelaller
unserer spräche bedient sich ihrer noch nicht, es geslatlel sich nur
die auslassung des auxiliaren haben in dem falle, wo zwei gleich-
artige terba, durch partikeln verbunden , unmittelbar mifeinandcr
folgen und vor dem ersten haben sclion gesetzt ist (ich iiän so
vil gesprochen und gesungen MSF. 130, i:), nicht in dem falle,
wo Verben zusammen stehen , denen ungleichartiges auxiliare ge-
biihrl und der salzbau: da sei Nathan zu Bathseba, Salomo-
nis mutler kommen und gesagt. J. B. Sciilppius 12, dessen
gleichen sich nur selten und auch nur etwa im 17. jnhrh. findet,
wäre mhd. unmöglich.
Kiihner üt es, wird haben in dem falle ausgela.<isen , wo es
nicht hilfsverbum, sondern verbales vollwort ist, es findet sicli diesz
aber nicht ganz selten: die burger (des belagerten Gent) wurden
auch so arm, dasz sie den wein nimmer zu kaufen. Wilw.
V. Schaumb. 100; wann es dem henn iiil zuwider werc oder
er zu antworten nit hedenkens, so mücht ich gern wiszcn,
wo der herr dahcimb. Jsac Winkelfelder, Augsburg \r>l', «.185;
er bete auch vielmal mit ihnen , wie er denn alle zeit ein
gebetbüchicin dcsbalben bei sich. Aüdian mitlh. 302;
bat dir ein baner etwas je geschenkt,
■0 denke da^z crs hier und diir pedenkt,
weil er «onst keinen ruliin, so sucht er diesen,
das wird das ganze dorrspiel wissen müssen.
tantrrprob des baurentt. 165;
Hör •t..,LA.. r.,,,„. \,.r ligen
von,
Ci. .v... ... ,,,. ,,,, ,il,
KoRKRa hilf. volk$l. 315 {IT. Jahrb.);
weil ihr lust zu vertreiben,
•0 treibt den Türken aus. Soltao 2, 288.
V. Zum Schlüsse noch einiges über die participia von haben.
Dasz ein part. praes., obsclion es einem transitiven verbo an-
gehört , zuweilen passivisch stehen kann , ist gramm. 4, 64 — 67
ausftVirlich besprochen tind mit fällen gestützt worden, hier sollen
nur zahlreiche auf habend bezügliche beispiele beigebracht werden,
die vomiG.jahrh. beginnend, in der neuern spräche des IS. jahrh.
selten und ungebräuchlich werden, in der heutigen überhaupt nicht
mehr vorkommen : und hat er bei habenden dingen nüt. S. Frank
2,18'; der helle bei habenden dingen nit ein heller, guldin
arch (1538) bl. 102'; dasz die lefll bei habenden dingen wol-
len verzagen, chronica 243'; weil ... sie arm mitten in der
reichthumb seind und bei habenden dingen darben. Agbic.
spr. (1500) 151'; der musz zuletzt bei iiabenden dingen ein
armer betller, die sprewer freszen und am hungertuch nagen.
274'; straf der munzfälscher, und auch derer so ohn habende
freiheit münzen. Carolina art. 111; welcher aber der münz
Ire rechte schwere gePährlicher weisz benimmt, oder auch
ohne habende freiheit münzet, ibid.; ihre habende freiheiten.
ZiNKGREF o;)opW/j. 32, 11 ; er gebrauchte sich seiner zu solchem
geschenke habenden freiheit. pers. rosenth. 1, 42; innhalts
meines habenden befelchs. Fronspercer kriegsb. 1,xiiij'; als
und hierauf aus habenden bcfehl, von gott selbst empfangen,
heischen und laden wir euch. Ayrer proc. ij,2; mit seiner
bei sich habenden armee. Micräi.ius altes Ponwiern 1, 86;
mit ihren bei sich habenden knechten, ibid.; der könig sprach
zu seinen bei sich habenden Soldaten, pers. baumgarten 2, 17 ;
wenn er seine bei sich habende edele ritter an tapferkeit
nicht zu übertreffen bemühet war. BLnauI, 59; mit den bei
sich habenden Völkern, l, 125; die königin sagte zu ihren in
der gutsche bei sich habenden leuten. poHt. slockf 19; es ist
nicht nur um das geld zu thun, . . sondern umb deine liehe
und treue, vornehmlich aber um dein zu mir habendes hohes
vertrauen. Simpl. 2, 14 Kurz; aus meinem darzu habenden
willen. BuTscuKY hd. kanzelley s. 655 ; die habende reuung.
s. 658; ihn mit vernünftigen gründen und habenden Ursachen
zu trösten. 675; ohne habende Ursache. 861; damit hat er
{Opitz) meines erachtens diesz wort poesie aus habender
seiner macht einmal vor allemal vor teutsch erkläret. Leib-
NiTZ unvorgr. gedankcn 305; ich werde das beste bei dieser
Sache nach meiner habenden autorität beizutragen wissen.
das bdrligte frauenz. 97; Magnus konte nicht disponiret wer-
den , seinem auf Sachsen habenden recht zu renuntiiren.
Haiin hislor. (1723) 3, f06; wegen der in Italien und mit
dem papst habenden verdrüsziichkeiten konte man den Tar-
laren unmöglich recht steuern. 4,211; ich möchte ihnen
einige auf dem herzen habende Wahrheiten vorhalten. Hippel
fcr. 13, 8; wegen meines in bänden habenden schlüsseis. La-
zarillo de Torrn es AI ; wenn ich die jetzt in bänden habenden
l)ücher etwas länger behalte. Leisewitz briefc 254. alle diese
fügungen haben etwas formelha/tcs an sich; sie drücken dasselbe für
das praesens oder eine dauer aus, was durch das part. prael. ge-
habt für die Vergangenheit bezeichnet wird: gehabter selbiger
freuiidschaft halber, pers. rosenth. 5, 17; während zehn jähr
in der cur gehabte kranke. RClinc beschr. von I^ordhausen II ;
die bei sich gehabten Völker giengen freiwillig zu jenem über.
BüNAU 1,125; Popponi wird die völlige beilegung der sonst
gehabten Streitigkeiten zugeschrieben. Haiin Itist. (1721)2,255
wo/, r; das herz des alten war ein an sich so guter und jetzt
durch die gehabten kleinen erschütterungen so trefflich auf-
gelockerter büdcn. Encei. 12,272. allen diesen knappen passi-
vischen fügungen will die neuere spräche keinen rechten getclimack
abgewinnen, .«»'e umschreibt di4'selbrn lieber, man wird z.b. kaum
mehr hören ein zehn jähr in der cur geiiubler kranker, viel-
mehr ein kranker, dm man zehn jähr in der cur gehabt hat.
hiermit hängt zusammen , dasi von haiien , obwol es ein transi-
tives verbum ist, das passivum nur selten vorkommt: wo aber
soll hs alles on geist und glaube gehabt wird. Luther 3, 232.
Hü hai)cn hilfszeitwort ist, werden die mit dem part. prael.
desselben gebildeten umschriebenen formen nur ungern angewen-
det , man sagt weniger gern ich halte es ihm gesagt grhalil,
icli hatte es ihm gesagt geliabt , als ich habe, ich hatte es
ihm gesagt, wodurch freilich nicht das ausgedrückt wird, was die
entern formein .^agen ; daher scheuen sich Schriftsteller von fei-
nem $j>rarligefuhl vor der schuerfälligkeit , die in diesen formell
unldugbar liegt, nicht: hätte icii nicht alleino grosze zeit vielii
inonate, aoiidern auch viel laii.send cruncn ersparet gehabt
J. U. Sciii;pritjs 404; hat uftinais junge leute vocirl, 8u noch
unter den praereptoribiis und Irhrmeislcrn gewesen und wenig
77
HABEN — HABER
HABER
78
studirt gehabt haben. 643; Mignon halte sich versteckt gehabt,
hatte ihn angefaszt und ilfti in den arm gebissen. Göthe
19, 213; heidnische tilgenden? ich hätte sie gerne gestraft ge-
habt, wenns aber nicht anders ist, so wollen wir sie ver-
geben. 57, 277 ; Dionysius . . halte während des kriegs be-
gonnen gehabt, zum schütz seiner italischen provinz eine
linie .. zu befestigen. Nieblur t, lOS; Livius sagt, der tyrann
habe die ciirie durch hinrichtungen verödet gehabt, l, 5S4.
die scliicerfälligkeit tcird gemindert, wenn die ßnile form ausge-
lassen und nur das particip gesetzt wird: welchs sie alles zu-
vor gebraucht gehabt. Garg. 103* ; er sei nur um das schlosz
hemm gestreift .. um, Philinen aufzusuchen, deren Schlaf-
zimmer er ausgekundschaftet gehabt. Güthe 18, 300; weder
würde eine Stadt, welche eine colonie ausgestoszen gehabt,
begnadigt sein. Niebihr 2, 661.
HABE.N, n. meist in der bedeutung sich dem torigen II, 3 (sp. 59)
anschlieszend : wenn ein meitschi viel erbt oder geerbt hat,
so weisz man doch noch nicht , hat man eine reiche frau
oder nicht, denn dabei kommt es nicht blosz auf das haben
an, sondern auf das brauchen. Gotthelf schuldenb. 16; eine
der es nicht am haben und nicht am können fehle, dürfe
schon etwas anständiges erwarten. FEtoEB sondert, l, 52 ;
des babcDs bunger heftiger zu stachein. Schiller 575,
d. i. den hunger nach besüz.
In der spräche des kaufmanns steht haben dem soll formel-
haft gegenüber, ersteres das guthaben, letzteres die schuld eines
drillen bezeichnend; die forn,el teilet jede abrecJtnung ein. ihr
steht zur seile das lateinische und tcol ältere debet und credit,
KOS in kattfmännisclien büchern auch heule noch dauert, debet
icfVrf schon frühe durch soll übertragen: ich Ott Ruland sei
meinem würt Hanns Archaim IS Pfd. Münchner dn. und 20
dn. RcLAND p. 2., ähnl. oft; wie vil sol er, quanlum debel?
Ma&ler 376' ; Johannes soll vor ein pfund oel, Johannes de-
bet pro pondo olei Stieler 2055; credit gab man durch soll
haben teieder: Johann Michael Lord soll . . thir. 500; soll
haben . . thlr. 500. Heyne generalinstruclion des ital. budihal-
tens (1725) s. 176 ; ähnl. öfter, der häufige gebrauch dieses soll
und soll haben und das streben des kaufmännischen Stils nach
kürze tiesz zunächst das zweite soll in Wegfall kommen, Jacobs-
S05 technol. wOrterb. (1794) 7, 367* kennt niclil mehr die abrech-
nungseinleilung soll und soll haben, sondern nur noch soll und
haben, dann werden die tcorte als formet substantivisch empfunden,
und machen sich auch auszerhalb der kaufmännischen kreise gel-
tend, man sagt das soll entspricht dem haben keineswegs;
ihr haben in ihrem contocurrent bei mir, so artig es sein
mag, bedeutet für mich so gut wie gar nichts. Di>gelstedt
(üb. land und meer 1S66, s. 75) ; wenn aber Frankreich jene
vertrage von 1S14 und iSlö . . von neuem regulieren wollte,
so darf ihm nicht verborgen bleiben , dasz dann alles soll
auf seiner, alles haben auf unserer seile sein wird. Hallüche
Zeitung 1867 , no. 296. bekannt ist Fbeytags roman soll und
haben. — Freier und docli mit anlehnung an den kaufmanns-
ausdruck soy/ Göthe: beim kamel ist es überhaupt eben das-
selbe , nur dasz beim dromedar die art und weise des ge-
schlechls nach seinem haben und sollen mehr bezeichnet ist.
55, ISO.
HABENICHTS, m. der nicJits besitzende, eine imperatirische
bildung nie habcgern , haberecht , dem sinne nach == nichts-
haber, s. d. kommen sie ins Unglück, bist du daran schuld
mit deiner heillosen feigheit, du reicher mann gegenüber
jenen fötzeln und habenichtsen. Gotihelf schuldenb. 11; bair.
babnichl der kein besitzlhum (d. h. namentlich kein liegendes eigen-
tlium) hat. ScHii. 2, 136 , wolier habnichtsteuer leibsleuer oder
kop/sleuer , ibid., in Augsburg kurzweg der babnichl genannt.
BiRi.iNGER 215*. Habenicht als personenname ist heule nicht sel-
ten, das älteste behpiel desselben liefert Matthaecs Parisiessis
wenigstens für das französische: Wallerus cognomenfo Sens-
auier vir nobilis et sirenuus. bist. angl. p. 17 ed. Wals, für
das millelaüer unserer spracite bis jetzt nicht nachzuweisen.
HABER, m. possessor, ahd. habdri in bi-habäri Graff4, 736;
mild, baber in liep-haber (Bex. 1,6011, in welchem dialecle lieber
das schwache habe ab letztes glied von compositen steht ; nhd.als
einfaches wort in eingeschränktem gebrauch, häufig aber rerwen-
dct in Zusammensetzungen wie befeblshaber, Inhaber, liebhaber,
machlhaber, rechtbaber, gewalthaber. die haab ist wie der
haben S.Frank 2,44*; zweierlei leute gibts nur in der well,
pflegte meine groszmutter zu sagen, die haber und die nicht-
haber; sie hielts aber mit den nichthabern. Soltais d.Qui-
xote (2. au/7.) 3, 20S; der geldhaber musz die waaren, der
waarenhaber das geld haben. Fichte nachgel. werke 2, 576.
Dunkel ist: haber beim begalten des baren an der bärin.
FiEMiNG teulscher jäger l, 88*.
HABER, m. atena. die golhische form des worts mangelt;
ahd. habaro, haparo , alts. (in der Freckenhorster heberoüe) ha-
voro, altn. hafri, plur. hafrar, scJiwed. hake, dän. havre ; mhd.
habere und haber, doch immer in schwacher flexion. der ags.
ausdnick für diesz getreide war äta, äte, was noch jetzt im engl.
oat dauert; doch da sich im mundarll. schottisch jetzt nocit auch
haver findet, so musz die entsprechende form dem ags. nicht un-
bekannt gewesen sein.
Zur etymologie dieses Wortes ist GDS. 66 auf den lautlichen
Zusammenhang mit ags. hafer, altn. hafr bock hingewiesen, und
habaro als speise des hapar, des bockes gedeutet worden ; schwer-
lich unanfechtbar , schon weil abgesehen ron andern gründen der
haber nicid als ausschlieszliches oder auch nur \orzugsweises fut-
ter des bockes gegolten haben kann, eine andere hiermit vorge-
tragene Vermutung geht von der besonders ins äuge fallenden ge-
aalt der haberpflanze aus. alle andern getreidearten, körn, gerste,
wetzen, dinkel, wachsen in geschlossenen ähren , nur der haber
setzt oberhalb des lialmes die feinen, beim leisesten winde sidi
bewegenden und zitternden rispen an. nun heiszt altind. kamp
zittern, sich bewegen, kampra adj. zitternd, beweglich, behende
(BöHTL.-Roin 2, 77. 7S), ^apala sich hin und her bewegend, be~
weglich, schwankend , als subst. auch das quecksilber, sowie den
langen pfeffer bezeichnend (ibid. 947), letzlern wol wegen seiner
art, in dünnen ranken empor zu schieszen. insofern nun ca-
pala aus der bedeutung beweglich in die leichtsinnig, leichtfertig
übergeht, wird nichts entgegen stehen, auch den ags. altnord.
namen des bockes häfer, hafr an diesz wort und die wurzel kamp
anzuschlieszen (tcnero lascivior haedo. Ocid.).
Oberdeutsch ist die form mit inlautendem b, niederdeutsch val-
td im inlaule v oder w (plattd. haver, hawer, haower, hawere),
f zei^t sich in milteldeutsdien quellen seit dem 15. jalirh.: ein
virtel hafifer. Micuelsen der Mainzer hof zu Erfurt s. 42 ; ein
kästen haffern. Stolle 86 ; areno, haffern (15. jahrh. Elsasz),
hafern (16. jahrh. Schlesien) Diefe.nb. 60*. die milteldeulsche
form verschafft sicii langsam eingang in der scltriftsprache , so
dasz sie auch im 17. jahrh. noch nicht sehr häufig ist: wenn
manche faule magd der hafer sticht. Schcppics 341 ; Stieler
verzeichnet beide formen haber und hafer, ebenso der spätere
Steinbach ; im 18. jalirh. wird hafer lüufiger, so dasz Aüellng
nur diese form als eine anständige gellen lassen wollte, indes
sind' es gerade eine anzahl Schriftsteller mit milteldeutsclier hei-
mat, die die form baber bevorzugen: häckerling und haben
Lessixg 10, 211; gänse theilen alles in der weit ein in haber,
den sie fressen können, und in steine, die sie nicht fressen
können. Fichte phil. journ. 5, lOI ; der haber langt auch an
sehr selten zu werden. Göthe 16,272;
wo würdest du den haber kriegeo,
der deiner scheukel siolz erhält. Gkllkrt 1, 139;
ha, lachte der kaiser, vortreflicher haber. Bcrcer 67";
behielten ja selber kein körnchen haben
Kotzkbl'e dram. werke 2, 299.
jetzt ist hafer das entschieden vorhersehende geworden.
Die declinalion des Wortes wird seit dem ende des milleMlers
die starke: haber absniden, aventare. Diefexb. 60*;
do mocht im (dem eset) oiempt den haber tragen.
ring 9', 29 ;
doch ist die schwache form noch lange und viel gebräuchlich, der
nom. nimmt das n der obliquen casus vielfach auf, wie die subsl.
backen, garten, bogen, nacken: haberen. arena Dasyp. ; mir
verbrennet kein haus, verdirbt kein habern. Agric. spr. (1560)
62*; der habern. Kirchhof wendunm. 417*;
weil der babera ist ein rossspeis.
li. Sachs 5, 356';
der hafem hat die pferde schon lang aufgefressen, kunst über
alle künsle 122, 7. noch heule gilt mundartlich der habern, so in
Baiern (Schm. 2,136), in der tt'ellerau u. a. Fischart hat alter mit
anderen nom. haber, ace. dat. gen. habern: zu nacht rührt sich
der haber im sack. Garg. 2S*; macht sich zu einem ross,
dasz er habern esz. 130*; dann ich könt ihn nit lang habern
reichen. 133'; mit habern. 228*.
Abgesehen ton der gelehrten Unterscheidung der haberarten redet
das tvlk von zwei solchen , nämlich dem wilden haber (beb-,
bruch-, dispen-, gauch-, flug-, mause-, schwarz-, taub-, wild-
haben Nemnicb 1, 350) und dem zahmen orfer saathaben ver-
79
HABER
HABERACKER— HABEIlECIIT
80
scMedene coviposita entspringen dem umstände, dasz in haber an
grundhenn und geistliclikeit gezinst wurde und auch noch wird,
tergl. forst-, haupt-, hnnde-, jagd-, rauch-, schlosz-, zins-
haber. — Von der haberkorndhnliclien gestaU wird ein geschwür
am äuge neben gerslenkorn auch augenhaber genannt, s. 1, SOti.
baber bildet das erste compositionsglied einer anzalil wildwach-
sender pflanzen , es kann sein, dasz man sie in vergleich mit
jenem als unkiaut wacfisenden wilden haber gesetzt hat: hal)er-
kirsche der wilde kirschbaum , cerasus sylvcslris, ebenso haber-
, püaunie, haberscblehe der wildwachsende schlehenslrauch ; haber-
lose, rosa canina. bei andern composUen scheint baber ffir ge-
treide überhaupt zu stehen, weil er das älteste und für viele
gegenden Deutschlands das gewöhnlichste getreide war: die distel
die im getreide wäcitst, heiszt baberdistcl, babersclireck lucusta
ist der schreck, der auf feld und wiesen hüpft (heuscbreck).
Der haber wird, wie anderes getreide, gebaut, gesäl, gesclmitten :
haveren arnen sniden. Diekenb. Co';
da man tieur den Labern schneid, fasln, sp. &S7, 31.
gemäht, gedroschen , geschroten . gemahlen , gefaszt (3, 1342) : ich
trag habern, den ich im schlosz gefasset hab. Wickram rollw.
177, 27 Kurz; gemessen: komm auf den futterboden, wir wollen
hafer messen. Immermann Müncith. l, 133, und zwar das letztere
nach mctzen, himten , scheffeln, mattem: 2 schöffeln habern.
Adam Ryse rechnung Cb'; des habern gibt mann ein schöffel
für 2 groschen. ibid.; acht mallher hafern. Mei.ander 1,149.
den Pferden wird der haber aufgeschüttet, man nennt das ge-
schwungen, vgl. mhd. :
Swing im (dem rosse) vuoter, mach ej rein,
streich im schöne siniu hein. Seifr. Hetbling 1, 391.
halt du dich zum rossstail, da man den habern schwingt.
SCBOPPICS (1701) 786;
der lindenschraid der het einen son,
der solt den rossen das fiitter tun,
den habern tet er schwingen. Uhland 359.
Der haber wird ferner gestreift, seine rispen werden vom halme
abgestreift : auch sucht er (der bär) die fiscbbäcbe gerne aus,
streifet den hafer und genieszt solchen gerne. GücnnALSE\
notabilia venatoris 41. zwä regeln in bezug auf den haberbau
sind allgemein verbratet: sehe körn Egidii, habern, gcrsten
Benedicti. Agric spr. (1560) 252*;
den liabcr soll man einkleiben,
die gerste aber einstäuben, oecon. lex. 808;
vgl, einkleiben 3, 215.
Eine oft verwendete allitterierende Verbindung ist haber und
heu , heu und haber : habern , heu. Fronsperg ton kaiserl.
kriegsrechten 162'; wie man ein pferd ohne haber und heu
etliche wochen lang reiten müge. Bückler kriegsschule 975 ;
an heu und habern. Bbocees 9,237; haber oder heu. Gel-
LERT 3, 244.
SpricIiwOrlliches und redensarten. durcheinander gehn wie
der gemäht habern, rfrüter und drunter gehen Schmeller 2, 130 ;
die ross so den habern bawen, fressen am wenigsten. Agric.
spr. (1560) 2:i2*; ein pferd, das den habern baut, das füttert*
man mit gras und heu. Lehmann 144; das pferd so den ha-
bern am meisten verdienet, bekommt am wenigsten davon,
qui maximas praeslant operas , minimis gaudent salariis. PisTO-
rids thesaur. paroem. 7 (1724) no. 15; der haber ist vor dem
körn reif geworden wird gesagt, wenn sicfi die jüngere Schwester
vor der altern verheiratet, schon bei Maai.er *204'; er verseet
seinen habern, ehe er zum acker konmiet. Schottei. 1119';
es ist gut baber säen, redensart, wenn in einer gescllschaft groszc
stille hersciU , weil nach Adelung zum siien des habers windstilles
weiter erfordert wird, ebenso plattdeutsch: im stillen is good
haber seien, wenn und wo alle schweigen auszer einem, der
dann gut reden hat. SchItze 2, 88 ; hier is good iiaver seijen.
Däiinert 180. im Gargantua werden unter den gesellschafts-
tpielen aufgezählt den habern säien 167*; der haber im sack
tbid. ; des habern verkaufcns 166*,, vgl. auch haberkauf, den
haber seen kennt als spiel auch Wesenicr Iiösc spiclsieben(\'ti2) s. 16.
Bildlich heiszt jemandem den haber schwingen einen prügeln,
das prügeln wird als fulter geben aufyefaszl {vgl. oben halicr
schwingen): Mic dem ersten also ward auch dem andern
der haber geschwungen und die flöhe abgekehrt. Kiiiciiiioi''
wendunm. 417*; in der grafschaft Mark mit anderm awdruck :
eincin draige ha«er giewcn, erae pcJlrrc fan de lange hawer
gienrcn. Fnomm. 3, 3C9.
Pferde werden wn au reichliclier haberfütlerung übermütig, sie
•liebt {reizt, kttielt) der haber: der baber plicget diejenigen
pferde gemeiniglich zu siechen, welche im stalle stehen und
nichts zu thun haben. Castimoäius polit. hofmädgen 30; auf
menschlichen Übermut übertragen : ebenso halte auch ullhiei' der
habcrn . . den simplcx zimlicli gestochen. Simpl. l. theil, 3. bucli,
O.Clip, am Schlüsse; wann manche faule magd der hafer sticht,
und sie die guten tage, welche sie bei herrn und frauen hat,
nicht länger ertragen kan, so hänget sie sich an einen tüge-
nichls. ScHUPPius 341.
I1.\BE1{ACKEH, m. acker worin haber steht: achtete .. sich
dicszmal der haferäcker und der flacbsplätze viel weniger als
das vorige mal. Gottiielf schuldcnb. 1S3; wer ross behütet
beim baberacker, kühe bei wiesen, . . bei denen ist sorg und
hut verloren. Lehmann 83. da der haber geringen, sandigen
und dürren boden verträgt, so scheint Fischart den haberacker
als bild für etwas geringes und schlechtes überhaupt zu nehmen:
0, das dpr ewig sei verschmeclit,
der die kunst iiiclit mag dulden,
und welclicn guter biiclier sohrift
ein liaheraeker ist,
und halten gute künst für gift:
ihr nam verfaul wie mist. Gurg. TIT.
HARERBART, «i. tragopogon porrifolium, bocksbart mit lauch-
blältein, blaue bafcrwuizel, blauer bafcrbart. Nemnich 4, 1468.
die pflanze ist auch dem namen nach mit dem bocksbart (2, 206)
identisch, der erste theil des compositums enthält das im hoch-
deutschen sonst nicht nachgewiesene hapar, haber bock, das nach
ags. häfer, altn. hafr zweifellos ist und von dem sich noch das
fem. heppe ziege erhalten hat, s. d.
HABERRAU, m. das bauen des habers.
HABERBIER, n. aus haber gebrautes bier: haberbrod und
haberbier sind blos in solchen gegenden gebräuchlich , die
an bessern und tauglichem getreidearten mangel habeu.
Sciiehel waarenlex. 1, 490*.
HARERBIRNE, f. birne die um die zeit der haberernte reif
wird. Nemnich. haferbirn, pyrum hordearium Stieler 167.
HABERBOCK, m. name zweier thiere: l) der heerschnepfe,
scolopox gallinago, auch bimmcigeisz, himmelsziege, haberziege,
haberUimmlein genannt. Nemnich 4,1253; sie läszt in der luft
einen meckernden ton, wie eine ziege hOren. platld. haowrbuck
Danneil, haverzegen Dähnert. vgl. habeigeisz. 2) auch die
heuschrecke wird haberbock genannt :
pingsten springen de derns as bingsten
un de Jungs as hawrhöck. Danmkil 78*.
im 17. jahrh.: da springen sie wie die haberböcke. allerhand
seltz. wärme 31.
HABEUBODEN, m. 1) boden auf dem der haber gedeilU:
das feld ist guter haberboden. 2) boden oder bühne bei den
Pferdeställen, auf dem der haber lagert, öcon. lex. 890.
HABERRRACHE, f. in der brache (2, 282) liegendes haber-
feld: wer will einen fasel geiszen immer so in schranken
halten, dasz sie nicht einem nachbar in die wiesen oder
weid gucken, wer mit so viel lüsternen thleren zwischen
körn- und habeibrachen, räb- und kabi<äckern durchfahren,
dasz keins ein maulvoll versuchte? arme mann im Tockenb. 31.
HARERRRÄTLING, m. ein eszbarer .ichwamm, agarius lacti-
fluus, nach seiner habergelben färbe so genannt. Nemnich 1, 111.
HABERBREI, m. puls avenacea. Frisch 1,390';
er bat sein tag gern baberbrei gessen.
II. Sachs 5, 356^
altes nalionalgerirhl der Deutschen : primum omnium frumenti
Vitium aveiia est , et hordeum in eam degenerat , sicut ipsa
frumenti lit instar: quippe cum Germaniae populi serant eam,
neque alia pulte vivant. Rlinius hist. nat. 18, 44.
HABERBBOT, n. brot aus haber gebacken, mhd. babcrbröl :
den flegein thiit es wo)
ein grobes habcrbrot, was für den Inndsknecht sei
musz weiüz und weitze sein. Opiti I, 104.
HABERCIIR, f. gebrauch des habers aU medizin. Fniscn 1,390".
IIABEIIDISTEL, f. serratuta arvensis Bock kräuterh. (I56.S)
317* , Carduus arenarius Stiei.er 306, serraluln Nemmch 4, 1288.
holt, haverdislel, deutsch auch «cker-, feld-, sau-dislel genannt.
HABEIlECMT, m. der immer recht hat oder haben will, eine
imprialiiisclie bildung , die neben dem abban(iigkeits-comi>ositum
rerblbaber (s. d.) gehl wie habenichls gegen nichtshaber : der
verdaninile haberecht! Lessinc 2,460;
doch dJPKor. den mnn hnberorhl mli r«chl genannt,
ist mMncr lionirKniiidelrM nnrobibnrkclt
•0 Knni gi>wi<>i,. diiitz er mir nie dn« Ictile wort,
ob i. I, ,.i..,, I, i,..,r i,M.i nii''v(..r bin, gclasucn hat.
i.tiTH» li, 245.
8 1 HABERECHTEN — H ABERFELDTREIßEN
HABERFELDTREIßEN — HABERGEISZ 82
HÄBERECHTEN, verb. immer recht haben wollen, um das recht
streiten, biUung aus dem vorigen, die vorzfiglieh Wiela.nd
gern anwendet: um mit einem so belesenen manne wie Hüet
zu Laberechlen. 14,9; zum beweise, dasz ich nicht habe-
rechten will, soll diesz zugestanden sein. 2S, 272; ich will
nicht länger mit ihnen über diesen punct haberechten. 30,
507; es ist eins von den vielen dingen, die ein mann lieber
noch einmal thun , als darüber habrechten sollte. Bode
(Trislr.Sh.) 8,39. — Der infinitiv in substantivenh gebrauch: das
haberechten. \Viel.*nd IS, 166. 21,247.
HABERECHTEREI, f.: dieses gefühl, wenn es anders wirk-
lich vorhanden und nicht blos aus haberechterei vorgegeben
war. BtßGER 35b';
um uns nun selbst zu überrübreo,
dasz wir ihn nicht mit unrectit hassen : so will die haberech-
terei,
dasz er ein abgeschmackt geschöpf und gar nicht liebens-
würdig sei. Brockes 6, 559.
HABERECHTISCH, adj.: denn ich fürchte, der haberech-
tische griesgram luszt dirs nicht so hingehn. Göthe an
Knebel 329.
HABERERNTE, f. messis aienae: haferernde Stieler 19;
haberärnte Frisch 1,390'.
HABEREN, HABERN, HÄBERN, adj. avenaceus, ahd. ha-
berin : aveninus panis haberin bröd. SchU'tLl. glossen i/ei Halft
5, 362, mbd. hjiberin, heberin ; haberin brot, avenacius. Diefenb.
60* ; ich mein es sey häbrin brot. Pauli schimpf 14;
wir essen all nit gern hebrin prey. fasln, sp. 344, 4;
£0 isz ich zuckermus lür [lieber als) hebrein prey. 857, IS;
und kocht bald einen habern brey. B. M'aldis 4, 66, S9;
gibt mir ein häbern brey darfür.
Ayrer fasln. 91* (2797, 1 Keller) ;
Docb eine peyn ist hebern brot. bergreien Su, 7;
indeme er vorhero sich die ganze woche mit milch und
grobem brod behelfen , ja wann er statlich leben wolle,
meiner meuder um einen häbernen brei zu füszen fallen
muste. Simpl. 2, iiH Kurz ; häberin strouw, häberne spreüwer,
palea avenacia. Maaler 204*. häberen hechte bezeichnet bei
FiscBART eine nicht näher anzugebende speise üus geschroleneni
oder grob gemahlenen haber, die von dem hechte nur das beiszende
und stecJiende seiner sahne haben kann: was soll man brot zu
brot brocken, mit viel häberen hechten, gsolhaber. graupen
und heidelbrei den magen verwoUstopfen. Garg. 45'; sagten
ihnen dabei, sie wäjen nicht werth, solche edele käszkuchen
zu fressen , es thuns ihnen noch wohl ein jähr gebachen
filzläusz, plaw fürz im plettlin, gerüst anspinn und würlin,
rossfeigen, kuhtladen, geiszhonen: oder zum besten west-
phalisch kleienbrot und habere hecht. 197'.
Das adj. ist jetzt in der sciiriflspraclte zu gunsten der composita
(haberbrot, haberbrei, haberspreu etc.) ungebräuchlich geworden,
lebt aber noch in süddeulsclien mundarten. Schm. 2,136, Lexer 129.
HABERFELD, n. feil auf dem haber gebaut wird: es wach-
sen zwar vil geschlecht der disteln in den fruchten, sonder-
lich aber im haberfeld. Bock kraulerb, (1565) 317* ; einen ort
. . der nicht weit von Weingärten oder haberfeldern ablieget.
jagdsergötz. 3, 53. die jetzt mehr und mehr in abnähme gekom-
mene dreifelderwirtschaß (-2, IZhO) weist dem haberfeld einegrosze
ausdehnung an, weil nach ihr in jedem zweiten jähre auf dem
felde nur sommerfrucht , gersle oder haber, gebaut werden kann,
wie nun an feld die Vorstellung des freien weiten raunies haflet
(3, 1476) und wie man ins feld hinein leben für blind, unvor-
sichtig tun leben braucht, so bedeutet auch ins haberfeld schreien
gedankenlos schreien : ja, sprach er für sich, die schreien auch
ins haberfeld hinein, sieben sinds , keine acht. k. u. liausm.
1,39 (1857). bair. mit seinen gedanken im haberfeld sein,
zerstreut sein. Schm. 2, 136.
HABERFELDTREIBE.N, n. ein rolksthümliches rügegericht in
Baiern, im land an der Mang fall, Schlierach, Aurach undLeitze-
nach {Bavaria 1,4211, da* Schmeller 4,25 recht anschaulich be-
schreibt und das in neuerer zeit durch Zeitungsberichte auch über
Baiern hinaus bekannt geuorden ist. der zweck dieses rügegericlites
ist, in nächtlicher Versammlung der am gerichte betheitiglen vor
dem hause des schuldigen diesem seine vergelten vorzuhalten, solche
vergehen werden gerügt, die auszerhalb des gericiälicften und poli-
zeilichen strafreclUs liegen, besonders Sünden gegen die volksmoral
und die sillenbegriffe des bairischen Oberlandes, am häufigsten ge-
schlechtliche vergehen, die Organisation des geiichts ist sehr un-
bekannt , weil die belhetligten darüber hartnäckig schweigen , es
sollen ihm zwölf (nach Schmeller nur ein) haberfeldmeister vor-
IV. II.
st^en, die das recht zur abhaltung ilures träbens auf Carl den
groszen zurückführen.
Erklärungen des namens können noch auf Sicherheit keinen vol-
len ansprach macJien. eine unwahrscheinliche gibt die Bavaria a.
a.o.: es soll damals {nach dem ZOjähr. kriege) üblich gewesen
sein, besonders frevler an den feldmarken oder Wucherer
auch durch Schädigung an leib und gut zu strafen , iudiMu
man ihr feld verheerte, und da im gebirge viel haber gebaut
wird, so übertrug man den namen haberfeld auf das ganze
rechtsverfahren, mehr schein hat was Schm. 2, 137 aus den
wolgemeinten paragraphcn an Baierns prediger l, 15 beibringt:
menscher gebts acht , dasz ihr nicht mit der zeit mit dem
struhkränzl vor meinem pfarrht.fe vorbei spazieren müszl oder
dasz euch bueba ins haberfeld treiben, mit der bemerkung:
es war an vielen orten Baierns die gewohnheit, dasz wenn
ein mädchen zum fall kam, sie des abends von den jungen
burschen des dorfes unter unzähligen geiselhieben in ein
haberfeld und von da wieder uach haus getrieben wurde,
der Verführer muste selbst mitmachen, es wäre also das trei-
ben itis luiberfeld zunächst ein symbol der verlorenen jungfrau-
schaß, wie sonst dem gefallenen mädchen der stroltkranz gebührt:
in einigen gegenden (Ostpreuszens) soll eine kröne von hafer-
stroh das symbol der verlorenen jungfrauschaft sein. Friscu-
biER volksreime 169 , wie an andern orten in gleichem falle das
gesclmitlene stroh, der häckerling gestreut wird, weit die gebährende
aufs Stroh kommt (Götue 40, 245 ; das sie sechs w ochen in ein
stro velt. fastn. sp. 857, 6) , und es hätte sidi das verfahren,
vielleicht utder einßuss anderer volksthümlicher gerichtsei nricläun gen,
zu einem rüyegericiU für geschlechtliche vergehen und für Verletzung
guter silte überhaupt entwickelt.
HABERFELDTREIBEN, verb.: die haberfeldtreiber sprechen
am scIUusie üires verfaJtrens den vers:
kaiser Karl musz noch kommen und 's protocoll unterschreiben,
dasz wir das näcbsimal im Attel und .\ltenhochenau baberfeld-
treiben. liavaii-j 1, 4::o.
HABERFISCH , m. an einigen orten name für die kleinsten
fische, welche die kinder mit einem iiebe zu fangen pflegen. Adellsg.
haberCschleiu, cyprinus aphya Nex.mcu.
H.VBERGARBE, fasciculus avenae: aiu jetliche huob sol aim
vorster zwo vesengaiben geben und zwo habergarben , und
aiu schuopis aiu veseugarb und ain habergarh. wei^li. l, 214.
hafergarbe Stieler 604,
HABERGEISZ, f. in mehreren bedeutungen:
1) die heersdmepfe , scolopax gallinago , plattd. haberziege:
bruchschnepflin oder habergeiszlin. Helszli.'? vogelb. lil'. der
vogel läszt zur begattungszeit hoch in der luß einen tun hören,
welcher dem fernen meckern einer ziege höclist ähnlich ist. die-
sem umstände entspringt sein name himmelsziege, himmelsgeisz ;
mit dem am himmel fahrenden gewitleryotte Donar in Verbindung
gebracht, dessen trafen böclie zogen, nannte man ihn donnerziege,
wie lettisch pehrkona kasa, und indem man eine beziehung des
Vogels zum himmlischen bockgespann hervorhob, hiesz derselbe haber-
lämmchen, haheibock, haberziege, habergeisz, mecklenb. auch
hawerblarr bockschreier ; da in dem ersten thnle des compos. nur
das ahd. noch nicht nachgewiesene, ags. und altn. belegte habar
bock enthalten sein kann [tgl. oben haherbart). es verknüpfen
sich wol auch abergläubische Vorstellungen mit dii^sem vogel, tn
liland zeigt seine stimme, wenn sie das erste vtal im jähre ge-
hört wird, den mensciien üir Schicksal an (mythol. 16S).
2) daher überträgt sich der name auf eine nachteule, strix aluco,
deren geschrei unheileerkündend und todanzeigend ist {sie heiszt
auch leichenhuhn), so namentlich in Baiern (Schheller 2, 137),
Tirol (Ziagekle sitten 42) , Vorarlberg (Vosblx sagen 25) und
Kärnten (Lexer 112). — In Franken und Henneberg heiszt haber-
geisz die krebsspinne, phalangium opilio, die sonst «eberknedä,
auch geisl und tod genannt wird.
3) dann geht der name in Süddeutschland auch auf eine Schreck-
gestalt, die man sich bald als vogel denkt (Zi.ngeble a. o. o., Vos-
BUN beitrage zur d. myth. llOi, baUi als ziege (Lexeb 112).
4) endlich heiszt so der grosze, inwendig mit pech autgegossene
brummkreisel, den man in Dünngen brummdorl, sausedorl, im
Osterlande nonne nennt: auch sonsten spiel die ins feld ge-
hören, zu üben, nestel ausz dem kreis, klotzstechen, scbleif-
fen schleiffen, ritschen rosz machen, habergeisz ziehen. Garg.
171*; rädelt vvol hundert mal heruinb wie ein habergeisz. 231* ;
ich liesz mir ein instrument durch den dreyer verfertigen,
allerdings wie eine habergeisz, damit die junge kuabcn kurz-
weilen. Simpl. i, 110 A'urz;
6
83
HABERGELB — HABERKISTE
HABERKITZEL — HAßERMEHL
84
un wie e hawwergais glych schnurre-n- un glych bnimme.
Arnold pfingstmotUdg 12.
auch schweizerisch babergeisz. Stalder 2, 8.
HABERGELB, adj. gelb wie haber: hafergelb ist das er-
wärmte eisen und stahl, nenn es den ersten grad der hilze
oder envärmung hat. Jacousson lechnol. würkrb. 2, 1S6'.
HABERGELD, »i. haberzins: die wintcrgeit git man czu
sant .Michels tag, das habergelt cze sant Martins tag und sois
ouch für den spicber entwurlen und gut körn gon. weislh.
1, 375. vgl. habergiilte, haberzins.
HABERGIFT, n. delphinium consolida, sonst rittersporn, acker-
ritlersporn, kornritlersporn genannt. Nemnich 2, 13S7.
HABERGRAS, n. : 1) habergras heiszt aller wildwachsender
haber, dän. havregraes, scliwcd. hafregräs, engl, oalgrass. Nem-
Nicu 1, 549 — 552. 2) melica caertilea und ciliata, holländ. haver-
gras Nemmch 3, 541. 542, wegen der ähnlkhketl der jtflanze mit
dem wilden haber.
HABERGRIES, m. gries aus haber:
habergries und graupengerste. Röckert 228.
H.\BERGRL'TZE, f. griUze ans haber: hafergrütz, avena trita,
decorlicala. Stieler 712. den fuhr- und andern ieutcn, welche
biszweilen pdaumen , zwetschken, hirsen , krafiraehl , hafer-
grütz. graupen, seifen, pech und dergleichen anhero bringen.
der Stadt Leipzig Ordnungen 181.
HABERGUÜTZSLPPE, f. suppe aus habergrütze.
HABERGÜLTE, f. gezehntcter haber, franz. avcnage. Frisch
diu. des passagers (1730) 129. denst, penninggulde, honergulde,
havergulde und alle plicht. Gvttinger urkundenbuch (ed. Schnmll)
$. 340.
HABERHALM, wi. halm des habers: die haberhalmc schwan-
ken im winde, ahd. gilt der plur. habirhalme geradezu für
avena Haupt 5,327; itn bair. bedeutet haberhiilm haberstoppeln,
auf die haberhälm kommen ins verderben geraten Schmeller
2, 137, denn die stoppeln sind ein bild des nichltgen (darumb wil
ich sie zurslrewen wie stoppeln die für dem winde aus der
wüsten verwebt werden. Jerem. 13. 24).
HABERHÄ.NDLER, »rt. .• als gestorben zu Frankfurt a.M. am
21. Januar 17S0 wird angegeben Melchior Hoffinann, heu- und
haberhandler, alt 84 jähr 2 monat. Maria Belli leben in Frank-
furt a. M. e, 170.
HABERHAUER, m. eine spinne, phalangium opilio Nemnich
4, 927, sonst auch babergeisz genannt, s. d.
HABERICHT, adj. avenaceus Stieler 724. Steinbacu 1, 604.
HABERKASTEN, m. kästen zur aufbewahrung des habers,
dasselbe was haberkiste, s. d. sprichwörtlich: ich will drauf
los gehen wie der bock auf den haferkasten. Interim 135, eine
grosze gier anzudeuten.
HABERKAUF, wi. 1) ein- und verkauf von haber, gebildet wie
getreidekauf, fruchtkauf, kornkauf: der bauer ist zum haber-
kauf in die Stadt gefahren. 2) ein gesellschaftssjnel :
wir werden histig spielen
theils im sitzen theiLs im lauf,
blinde kuh und liaberi<nur.
Gekfli.ncer complimentirbücltt. 181.
auch im Gargantua findet sich das spiel des habern verkaufens Um'.
HABERhERN, m. der haber als kern, im gegensatze zu dem
sdion geschrotenen oder gemahlenen haber: eben die rechnung
wie mit dem haberniähl hat es mit dem huberkern (collec-
liver sing.) auch. Frosspercer von kaiserl. kriegsreclUen (istiti)
161*. — In Baiern heiszt haberkern der enthülste haber zu habcr-
$citleim Suppen , auch eine art macroncnnudvln , welche in lany-
liclten haberahnlichen graupen beatehen. SciiM. 2, 137.
HABERKILBE, f: als nunmehr die mitte des julii samt
der gewöhnlichsten grAsten hitz des jahrs, ncinlich diejenige
zeit sich näherte, welche die Iculscbe bauern die haberkilbe
nennen. Simplic. 3 (1199) s. 119. et wird wahrscheinlich ver-
Uanden die zeil solcher kirdiweihen (». kilbc unter kirchweih 5,
8281, die gefeiert werden, wenn der haber auf dem lulme reiß;
in Mitteldeutschland , nameniUch in Diiringen und der goldenen
Aue fallen eine grOszere anzald von kirchwethfesten ende juli und
anfang august.
HARKRKIRSCHE, f. die vilde kir$ehe, prunus avium Nemnich
4, lOOtt. tonst wald-, holz-, vogcl-kirsche geniinnt.
HABERKISTE, f. kitzle zur aufbewahrung des habers, wie haber-
kasten, tgl. d. im fprichworl: »pringen so arliglirh zum sat-
te! hinein wie der bock auf die haberkiste. allerhand teltx,
wfirme 39. niederdeuUch : he Hill upn geld an de bück itp de
haberkiste. SrtoOTaANN o$nabr. id.; im lloltteintclten he «eltct
den bück up de haberkiste. Schütze 2, 88 , anderwärts fwiszt
das er setzt den bock zum gärtner.
HABERKITZEL, m. kUzel durch reicidiche haber füUeivng er-
zeugt, vgl. unter haber sp. 79: (pferde) die kein, haberkitzel
sticht. Lancbei.n 2, in.
HABERKLAUE, f. für aherklaue (1, 33), ungula posterior,
hinterklaue, uiderklaue: die inwendig an den hindersten füszen
zwei kleine haberkluuen haben, allerh. seliz. würme 87.
HABERKORN, n. das körn der haberfrucht, pl. haberkörner:
mhd. des bistu liie ze mir verlorn (sc. die perle, die der Itungernde
halm jimtel),
ich najme l'iir dich ein haberiiorn. IIalpt 7, 382.
nhd. das lange Iiaberkorn, als ihrer ernte gaben,
die kichern, die sie sonst als einen schütz vergraben (bringt
die fetdmauf). Hagedorn 1, 25.
HABERKÜMMEL, m. cuminum cyminum. Nem.mch.
HABERLACHEND, adj.: die holmäuler an den herrenhöfen
liesz er den haberlachenden pferden, die ihn wol hörten
schwingen , aber nit sehen bringen. Garg. 46*. das wort soll
wol pferde bezeichnen, die während sie andern den haber schwingen
hören, in freudiger erwartung danach wielwrn, ohne dasz der knecht
auch ihnen aufschüttet.
HABERLÄMMCHEN, n. scolopax gallinago. NEMNicn. vgl.
unter babergeisz.
HABiyiLAUS, f. aphis avenae. Nemnich.
HABER.MALCH, f. n., Iragopogon. der name kommt nicht
einer sondern mchrern sich ähnelnden pflanzen zu und schwankt
sehr in der form seines letzten theiles: bocksbart hat den namen
von der gestalt der haarechten blumeu , welche eiiu bocks-
bart vergleichet, heyst sonst habermalch und gauchbrot.
Lomcerus 127', habennach carducella voc. titeut. 1482 n3';
habermoch carduclla est herba quedam voc. ine. tlwut. h 8' ;
habermark barba senis Diefenb. 68'; habermark Maaler204';
bocksbart, gauchbart, habermilch, öcon. lex. (1731) s. 341;
hafermerk, hafermaukeln , haferuiilch, hafermalk, tragopogon
pratense Nemnicii 4, 1468 ; halfermulchen Holl 144'. in baiern
und Schwaben habeniiark , habermauchel Schm. 2, 137. schwei-
zerisch haberniark, habermargste Stalder 2. 8; habennark
Heuel aleni. yed. 1803 s. 20 (1808 s. 12).
Enthlll der erste theil dieses pflanzennamens, wie mehre andere,
das hd. hapar haber bück wegen der haarigen blumen , so wird
wol der zweite theil zurückzuführen sein auf ahd. malaha tasclie
(Grakf 2, 720), mild, maihe (Ben. 2, 1, 29), wegen der taschen-
artigen blute, die sich tags öfjuet und nachts schlieszt. das frühe
verschwinden des letztern worts aus der gemeinen spräche war die
Ursache, dasz es sich in dem bereyten pflanzennamen auf ver-
schiedene tceise verstümmelte.
IIABERMALZ, n. aus haber bereitetes malz: hafermalz polenta
arenaria. Stieler 1304.
HABERMANN, m. heiszt in manchen gegenden eine gespenstische
gestalt, die man sich im getreide hausend denkt, in Westfalen
schreckt man die kinder vom rogyenackcr mit der rede fort der
hafermann hause darin mit groszem scliwarzen hüte und einem
gewaltigen stocke. Manniiardt korndümonen s, 24.
In scliriftcn des 17. jahrh. bezeichnet das uort etwas wesentlich
anderes, zu dieser zeit bis ins 18. jahrh. hinein nennt man den
Habcrinann ein weitverbreitetes gebetbuch , nach seinem Verfasser
Johann Habermann, geb. 1520 zu Eger, gest. 1590 als Superinten-
dent zu Zeitz: den reiithenirern und stadljunkern der löb-
lichen bruderschaft der braiier und denen aufwärts fahren-
den schiffen verehre ich den Habermann , und erinnere sie
dabei , dasz an golles segen sei alles gelegen, wollen sie
nun dieses jähr den segen gotles haben , so müssen sie
fleiszig beten und arbeiten. Sciiuppius 604;
ein weih, das ziemlich Trüh da.<i volk zur arbeit jaget,
und uti nach llabt>rmanii, als nach dem brniituciri traget.
ItA<:iiEL (I'imi) s. 34.
IIARERMEIIL, n. mehl aus haber: avenatum hcbbermeyl,
baliermcel Diekknii. 60', habermül arenacca farina Dastp. ;
ein di'illheil eines Slullgarter simmern habermilhl , und da«
ein schi'ITel liabcrn 2 siminern gut breiiniihl gibt. Fronspkrcer
von kaiserl. kriegsrechten (I5tifl) loi'; man nimmt habermeel,
sauren keesz und ebcriiwiirzel eins so viel als des andern
(mit urin zu einem tcig gemacht und kugeln daraus gebildet, geben
ein gutes pfrrdefutter). RrtcKiiiR kriegsselnile 9'tt. — Dann brzeirh-
nct haberiiiehl auch das daraus bereitete gmcht, haberbrei: dann
er nit hundert gülden genommen helle, dasz er einem armen
man in seiner kuchen ein haberinel gessen helle, er solle
ihn bczuU hau. I.imburyrr dirontk {ed. Rotsei) p. 27.
85
HABERMUS — HABERRAFP
HABERRAÜTE — HABERSACK
S6
HABERMUS, n. puk avenacea, dasselbe was haberbrei, wie
brei und mus in vielen gegenden gleichwertig gebraucht tcerden
(2,353): einen brei oder habermusz vor sich hatl. Kirchhof
tcendunm. lös" ; ein habermusz oder sonst etwas grober speisz.
icegkürzer 5; auf einem ort het sie stehen ein habermusz.
Pacli schimpfet}'; wol gebrent (mit fett gerüstetes 2, 366) haber-
musz. 250;
ein habermuosz sölt im bass thuon
in sinem hus, denn ein räbhuon. trag. Job. hiiij;
's habermuesz war ferig, se chömmet ihr cbinder und esset!
Hkbel atem. ged. (ISOS) s. 106.
Bne in ein habermus fallende fliege oder mücke macht das-
selbe unlieblich, daher die folgende redensart Keisebsbergs: ein
ungeschaffen mensch zierd eben ein danz als ein muck ein
habermusz. bilg. 223"; du sähest etwas an ir (der fraii) das
dir miszviel und dir si erlaidet. da hat si ain stinkend maul,
denn halt si flixen in den äugen , da butzen in der nasen,
denn hat si geel stinkend zen und ein unlustlich gespräch,
es war immer etwas das dir ein muck in das habermusz
gegen ir fiel , das si dir erlaidet. has im pf. Aa 7* ; hastu
schon vast ein hübsche fraw. noch ist kein rüg da. es mag
gar leicht sein, dir fall ein muck inn das habermusz, das sie
dir darnach nimals lieb und anmutig ist, als sie vor was.
Maiie himmelfahrt lo'; so hastu nochten kein rüg, die muck
ist im habermusz. 10'; du hast ein hübschen man, der ist
nach deinem willen, noch so steckt die muck im haber-
musz, ietlich er hat ein muck in seinem habermusze. 13';
und wenn es ein weil geweret, so wirft der teufel die flieg
in das gebrent habermus. brOsaml. 66*.
HABERN, adj. s. haberen.
HABERN, rerb. t) haber mähen, eine biUung irie grasen gras
mähen, kirschea kirschen pflücken (5,847): aventare haberen
DiEFESB. 60'. — 2) aus einer andern bedeuiung des rerbums:
habern , häbern , den pferden hafer geben Stalder 2, 8 , er-
wächst die bedeutung prügeln, schlagen (tgl. unter haber sp. 79) : so
scimeizer. habern, abhabern (Stalder), schwäb. happern (Schmid),
scltles. habern (Fromm. 4.170), niederd. havern (Däb.nert ISO*).
HABERNARR, m. hämo petulans, ferocior , den der haber
sticht. Frisch 1,390'; ei wol schöne titul, praedicata und eren-
namen haben nicht die saubere weiber, und doch gibt es solche
haber- und stocknarren , weiche wann sie nur von einem
weihe hören, so spizen sie die obren, wie der Schimmel, da
er sieht den habersack schültlen, es schlägt ihnen die puls
als wollten sie auf der post reiten, hovio simples bei Birlinger
augsb. wb. 214' (noch mehrfach), in Nürnberg bezeichnet haber-
naiT einen, der zu viel geld an hausrat hängt, also in dieser
hinsieht mit dem gelde übermütig wirtschaftet. Schm. 2, 137. —
fem. habernärrin : freute mich von grund meines herzens, als
ich vernahm, dasz ich einen so aufrichtigen, frommen und
getreuen mann zum ehegemahl hatte; es wäre manche haber-
närrin gewesen, die einen verdrusz geschöpft, wann ihr der
mann nicht alle seine heimlichkeiten gleich so warm auf die
nase gebunden. Simplic. 3 (1099) s. 3S2.
H.\BERNESSEL, f. die wilde nessel, urtica urens. Nemnich
4, 1535. ahd. habernejjila, garganica Graff 2, 1116. mhd. haber-
nejjele Bes. 2,1,332; haberneszlen Urtica M aaler 204'; nimb
habernesseln und alt schmeer. Seoter rossarznei 252. die pflanze
heiszt sonst eiler-nesscl , heiler-nessel , rgl. auch hadernessel.
HABERNUDEL, f. Nürnberger nudel von der gestalt eines haber-
korns. Jacobssox technol. wb. 2, 187*.
HABER.NSÄGE, f.: habernsäge, sähnse Friscblin nomencL
372'. s. hab erraff.
HABERNWASSER, n. ; nur kleientrank für denselben pren-
kelschenken, oder moscowilisch habernwasser, oder tartarisch
dislilirt pferdsmilchwasser, oder apfeltrank aus Hessen. Garg.
59'. gemeint ist das aus altem roggea- oder haberbrot und wasser
bereitete säuerliche nationalgetränk der Russen, der Quas.
HABERPFLALME, f. prunus tnsilHia. Nemsich 4, 1072. hol-
länd. wilde pruim, franz. prunier sauvage. rgl. haberkirsche
und das unter haber sp. 79 bemerkte, haberpflaume wird aber
auch eine kleine pflaumenart genannt, die mit dem haber, im
august, reift. ^
HABERR.\FF, n. sense vtÜ einer Vorrichtung den gemaiden
haber zusammenzuraffen: merga haberraff, haberreff Diefenb.
357'; haberräff, sägeisen mit einem hültzinen züngle auf dem
blat, den haber züsamen zu fassen, so man damit abmalet,
merga. Maaler 204'. das inslrumenl heiszt in verschiedenen gegen-
den Deutschlands verschieden , in der Wetterau habersense , m
Baiern haberrechen Schm. 2. 137, im Gütlingenschen hawertüg
Schambach 76', im Waldeckschen hawerheck Ccrtze 470. vgl.
oben habernsäge.
HABERRAÜTE, f. ariemisium abrotanum. Nemmicb 1, 466.
entstellt aus dem griechischen worte. $. aberräute 1, 34, eber-
raute 3, IS und unten hofraute.
HABERBICKE, f. in Obersachsen bezeichnung der Saatkrähe,
corvus frugilegus. N'emmch 2, 1242.
HABERROHR, n. birtenpfeife, Schalmei, ein neueres vort, das
wie es scheint, nur eine pedantische- Übersetzung des Vergüschen
avena ist. es musi erst gegen ende des 17. jakrh. aufgekommen
sein, deutsche Vergilnbersdzungen bis 1697 verwenden es noch nirM,
in äner 1749 erschienenen Übersetzung der Aeneis (ton Flügge)
lautet dagegen der eingangs
mein lied war ehemals ein schlechtes haberrohr.
ille ego qui quondam gracili modulatus avena
Carmen ....
etwas früher schon braucht das wort Güxtber:
hier ist das schlechte lied, so ich dir schuldig war;
mein allzusichrer mund wa^ es auf die gefahr
und plagt dein zartes ohr mit einem haberrohre.
gedieht e (5. auft.) 1048,
und es ist im 18. jahrh. in häufiger anwendung:
aus dorf und büschen dringet
der Jugend kern hervor,
und tanzt und stimmt und singet
nach seinem haberrtihr. Hagedorn 3, 70;
mit der linlien flnsert er
aul seinem baberi-ohr. Fr. Mcllbb 1, 180;
ich spiel auf meinem haberrohr
so manch herzbrechend lied dir vor. Wibla!<d 26, 217;
des Waldes melodie flosz aus dem haberrohr
und siegesthaten lebten in dem liede. Schills« 23 ,
jeder Abderit nahm sein haberrohr, und jede Abderitin ver-
liesz ihr purpurgewebe und setzte sich keusch und horchte
auf den gesang. Wielasd 19, 363 ; warfen . . ihr leidiges haber-
rohr weg, um ihren verschiedenen berufsarbeilen wieder mit
ihrem gewöhnlichen guten verstände obzuliegen. 20, 4.
HABERROHRSÄNGER, m.: ein vers, wie wahrlich .. der
geringste unter euern haberrohrsängern sich alle augenblicke
zwanzig auf einem beine stehend zu machen getrauen kann.
Wieland 19.361.
H.\BERROSE, f. die kriechende rose, rosa arrensis. Holl306*;
rosa canina et spinosissima Nemxich : die dritten und vierdien
(rasen) nennet man bannrosen , haberrosen unnd feldrosen.
Bock kräuterb. (1565) 364*; fürnemlieh das wasser distiiliert
von den feldrosen, die man auch haberrosen nennet. 364'.
HABERS.\^AT, f. das säen des liabers , und die zeit wo dies
geschieht: zu der habersat an sant Waltpurg abend. weisth.l,S;
der lieb berr sant Mathias
der sietist uns auf die tur,
und lest uns den sumer herein
und sucht den pQug berfur,
so sibt man dann das aller Togel
trawern gar zuergat,
die hennen werden jaizen ser,
das macht die habersat. Rose!«pldt fastn. sp. 1103.
HABERSACK, m. sack in dem der haber für die pferde ver-
wahrt wird: hafersack Saccus arenae. Stieier 165S; spitzen sie
die obren wie der Schimmel , da er sieht den babersack
scbütllen. homo simplex bei Birlinger augsb. wb. 214'. fuhr-
leute und bfluern bergen in einem solchen sacke auch die kleinen
habseligkeiten, die sie auf einer reise führen; der bauer hängt ihn
über die Schulter, wenn er zur Stadt geht und einkaufe machen
will, daher verbreitet sich form und name des Stückes in weitere
fa-eite, dem ännern reisenden dient es als handtasche: er kaufte
mir einen habersack, ungeRihr wie man ihn den mauleseln
mit dem fulter umhängt, Ihat meine zwei bücher, mein hemde
mit den übrigen quinquaillerien und etwas proviant hinein
und trug ihn mir nach oder vor. Sedme Spaziergang 1, 153 ;
nun denke dir, wenn ein kerl mit dem habersack k.nme.
1,52; hier muszie ich abermals drei menschen, drei haber-
säcke und drei kobers mitnehmen (auf der post). Kotzebde
erinncrungen (l&Oö) 1, 3S; und wenn es in dieser bedeutung steht,
ist die form habersack auch den Schriftstellern gerecht, die sonst
nur hafer schreiben und bit auf jetzt allein üblich, der habersack
bildete ein monlierungsslück des Soldaten : auf den marschen
stopfte jeder in seinen habersack, was er, versteht sich in
feindesland, erhaschen konnle. arme mann im Tockenb. 143,
und wurde von der franzißsiscben armee mit dem deutschen namen
herüber genommen: havresac, habersack, ein kleiner sack wo-
rin die Soldaten ihren plunder tragen. Frisch dict. des pas-
6*
87
HABEnSCHAUTE— HABERSTROH
Haberstroh — habervveide
saqers (1730) 899. der namc ist den fratnöfisclien soldalen hit
heule geblieben, auch nach dem abkommen des habersacks, jetzt
wird der tornister damil bezeichnet.
Der habersack irar auch der titel eines unziiclUigen liedes
(MüR.NER lulher. narr 5"9) , das noch jetzt im Osterlande qeaungen
uird und von einem edelmanne handelt, der sich in einem haber-
sacke zu eines müllers tochter tragen Idszt. Garg. 28* stellt der
anfang dieses liedes.
HABEllSCHARTE. f. was haberdislel. Hou 208*. der name
icol weticn der einschnitte der blätter.
IIABEUSCllLEHE, f. prunus insitilia. Hou, 28t': die groszen
Schlehen heiszen habcrschichen unnd seind alle mit einander
zu lalein genannt pnina sylvestria und nicht acatia, wie in
den alten herbariis gelesen würt , auch nit poterion. Bock
kräuterb. (16651 374'.
HABERSCHLEIM, m. schleimiger absud des habers oder der
habergrülze. riß. baberseini.
HABEBSCHMIBGEL, m. ornilhogalum luteum Nemnich, die
gelbe roqel milch.
HABEBSCHNITT, m. das schnäden des habers und die zeit dazu:
weistu wol, heur im haberschnit,
das der Heinricti pei dir lag
und der lieb mit dir pflag? fnsln. sp. 586, 16.
HABERSCHRECK, m. locusta, als das im haber .springende
insect {vgl. schreck), mhd. haberschrechc (Ben. 2, 2, 2ll');
haberschieche, haberschieck, habcrscreck. DiEKENFiAcn 335';
liaberschrecken Frisch 1, 390'. nach mitte des vorigen jahrh.
wird das wort fem. {vgl. heuschreck und heuschrecke), so haber-
scbrecke gryllus bei Ne.m.mch 3. 80.
HABERSCHWADEN, m. häufe gemähten habers:
ein Jäger schlief im haberschwaden.
LicHTWER fabeln 4, no. 3.
H.\BERSCHWINGEL , m. festuca decumbens , eine grasart.
Nemxich.
HABERSEIM, m. seimiger dccoct von haber oder habergrülze,
was liabers<;bleiiTi, s. oben.
HAREBSIEDEN, n. ein gcselbchaßsspiel : an den gedachten
Sonntagen zu abend machten «ir jungen leutc mit einander
bunireihen , kettensclileuffen , habersieden, stülile verbergen
und dergleichen, arnic mann im Tockenb. 60.
HABERSPIESZ, m. wilde cornelkirsche , cornus sanguinea.
Nemmch.
HABEBSPREU, f. spreu vom ausgedroschenen haber: man vor-
mi-chet den leymen wol mit werke addir mit aynen {d. h.
agenen, s. 1, 189) von flachse addir mit haversprücn addir
mit häre. feuerordnung der stadt Erfurt aus dem 14. jahrh. in :
bericht der deutschen gesellsch. in Leipzig 1838, .v. 5; ich warf
mich auf einen häufen bafersprcu, die in einem winkel auf-
geschüttet war, und schlief ein. Seume Spaziergang 1, 159. —
Sprichu<'irllich : er ist weg wie haberspreu, spurlos verschwunden.
HABERSTOPPEL, f. stipula demessa avena manens. Frisch
1,390*. — Sprichwörtlich: der wind welu über die baber-
stoppeln, der winter ist im anzuge, weil der haber am spätesten
von ollem getrcide gemäht wird.
IIABERSTROH, n. stramen avenaceum:
Ihr aiitlitz ist gescbminkt mit nasser aus dem brunncn,
ihr but ist haberstro, ihr Itiltel ist parat
von seiden die sie selbst luvor gesponnen hat. Opitz 1, 156;
und kefiwend alle Wörter do
als unsre kue das haberstro. Mdrnkr »chetmenz. cnp. 11;
heckerling und haberstroh das ist gut kelberluttcr,
wer das mcgdlein haben will, der halt es mit der muttcr.
Amautes nmenlm D8;
in ähnlicher fassung bei Frisciibier volksr. 843.
Haberslroii dient als bild einer geringen, wertlosen sache in
manchen redentarten, mit haberstroh lohnen scidecht lohnen:
bah kain ungemach,
ob dir deine kinder nicht
dnnliin n.irli deinr zuoversicht,
won du deinen »ordern so
gelonet hast mit haberstro. ring 20', 11,
da$ geht auf die Wahrnehmung zurück, dasz der ackergaul, der
den haber bauen hilft , nur sein schlechtes stroh zu fressen be-
kommt: dem herren raumauf und den barrenhengsicn ist die
weid gewachsen , die ackennerreu mugens wol mit dOrren
rucken bawen, und haberstro frcRsen. Garg. 81'; das gell
aunzgeben wie haberstro. wrgkitrzer ino', wie man sonst sa^
geid verzetteln wie heu, davon llicgcn lassen wie sprcu; für
alle schuld soll man Iriberslro neiiien. Nkami^r spnrhw, 14;
vor cne ungewisse schuld moot man haverkalT anncmen.
brem. wb. 2, 607, weil eine alle schuld scliwer bezahlt wird, ähn-
lich auch mhd. : man muoj an boesem gelte haberstro für
guot nemen. Br. Berthold 380, 4; in bauern gehört haber-
stroh; der weise man saget: cibus, onus et virga asino, in
einen bawren gehiUet haberstro. Luther 3, 137'; in bawren
gehört haberstro: die pelerten sollen wein trinken. Peters 3,
RrrS"; in bawcrn gehört haberstro, siniiies habcnt labra
lactucas. Acric. spr. (1560) 14'; im baurcn gehöret heu und
haberstroh. Schottkl 1120'; dem bauern gehört haberstroh, ..
diesteln sind des esels salat. Pisronius tlies. par. 2, no. 59;
ich hab noch ein tochter, die ist blind,
ist rotzig gar und bat den grind,
die gib ich einem bauren do,
CS hört in dbauren haberstro.
Mi:rner narrenbeschw. 708 Sclieible;
der Gröbsten escl sind si do,
nüt nört in si denn haberstro.
geuchmall (Scheible 8, 1102).
Andere fassungen thcilen das haberstroh thieren zu: 'herr,
wann schon ich in dieser stunde an deine ehrcnstell tretten
solle, so wolle ich sie doch nicht annehmen', mein herr
lachte und sagte: das glaube ich, dann dem ochsen gehöret
haberstroh. Simpl. l, 151 Kurz;
das gmeine Sprichwort laut also,
den gäiisen gehört haberstro. ganskönig H6'.
ffer gans ist hier am wolslen:
wenn es wol geht so ist im do
gleich wie der gans im haberstro. HO".
drei gäns im haberstro si assen und waren fro. Garg. 91',
ein bis heule erhaltener reim:
fünf gänse im haberstroh,
die aszen, die fraszen,
die waren alle froh. Frisciirier vollisreini no. 774.
Die kuh weisz ein kostbares gewurz gegen ihr haberstroh nicht
zu würdigen: was soll der kuh musealen? sie isset wol haber-
stro. Luther bei Eiselein 401, Pistorius thes. par. 2, «0.59;
der muskat wird die kuh nicht fro,
ir schmeckt vil basz grob haberstro. R. Waldis 1, 1, 40;
was sol der kuh die muscatnüs,
weil ir das haberstro schmeckt süsz? 4, 23, 86.
leeres haberstroh dreschen, tt'ie sonst leeres stroh dreschen, ein
unnützes ding treiben:
und drischt ein leres haberstro.
MunNRR /ti(/i. narr 2056.
in Schwaben sagt man auch: du bist dumm wie haberstroh.
BiRi.ixGER augsb. wb. 214'.
HABERSTROHDÜRR, adj.: die slürmischen winde haben
mich so haberstrohdürr aufgetrocknet, dasz es kein wunder
ist, wenn meine biiefe wie gehacktes stroh schmeckten.
Wieland bei Mnk, briefs. 2,146.
HARERSUPPE, f. jusculum avenaceum. Stieler 1687.
HABERTR.\NK, m. trank aus gekochtem haber oder habergrüize.
AnEl.UNG.
HABERTWALCH, der wilde oder taube haber, avena falua.
dann auch die ähnliclie pflanze stipa tapillata. Nemnich.
HARERVIERLING, m. quadrans avenae. Maaler 204'*
HABERW EIDE , f die weide in den stoppeln des haberfeldes.
da der haber am spätesten von allen gelreidearten geschnitten leird,
so mag man vielleicht in einigen gegenden die letzte zeit der weide-
Iriß , unmilteUiar vor eintiieb des viehes in die Winterstallungen
haberweide genannt haben: man schlug (tiicb) vieh auf die
haberweide, liesz es noch einmal die spärlichen resle der sommer-
krauter , die auf dem gemälUen haberacker sichtbar waren, ab-
weiden, hierher teilet sich eine alle, örtlich wie es scheint auf Süd-
westdcut.<!chland beschränkte redensart, jemand auf die haberweide
schlagen, zunächst ihn kümmerlich versorgen, daher ihn zurüek-
tetzen, hintanstellen, vernachlässigen :
also habt irs mflincrs tochter than,
die ir gernngen habt durch trügenhnit
und schlugls duriioch auf di huberwuid.
fastn. si>. Ö5I, a7t
den wart wir lang auf guten bscheid,
so schlugt ir uns auf diiaberweid,
wurft uns den strosack lür dio thür,
Hanibt euch ein well ein andern für.
II. Sachs 1, 506*.
er bat mir all mein gut vcithnn,
und lint »ich geheiiKt an meine maid,
«chlcrlit mii-li jeixuiid auf dhnbcrweid. 3, 3, IV.
ein mädchen sagt in bezug auf ihre hulen:
%vann hnlil »ia nicht mehr Pfenning han.
(0 ichlag ich sie auf dhaberwotd. 3, 3, 23,
S9
HABERWEIHE — HABHAFT
HABHAFT — HABHAFTWERDUNG
90
stelle sie zurück, gebe ihnen den korb: derhalb laszt es ewer
lieb nicht verschmähen, dasz ich so früh die auf die haber-
weid schlag und gleich nun zu anfang hinder sich zurück
in die grosze Pantagruelische oder alldiirstige chronic ver-
weise. Garg. 25*. treuere belege bei Sonn. 4, 25. der die redens-
art nicht mehr als lebende kennl. auch rorsät:e werden auf die
haberu-eide geschlagen : so möcht er leichtlich villeicht vor Un-
mut sein gut fürnemmen oder intenz vergessen oder auf die
haberweid schlagen. Fischabt bien. S9*.
HABERWEIHE, f. die weihe des habers in katholischen gegen-
den, ttnd der tag da diesz geschieht {meist am Slejihanslage).
H.\BER\VELG, m. haberschleim, niederd. haowerwelj. ÜANNEa
'S*, haferwelgen trinken. Bode T. Jones 3, 184.
HABERVVENDER, m. der im Speicher den aufgeschütteten haber
wendet: van den haverwender. vortbmer holt de gemeine rad
(;k Braunschiräg) und lonet einem, de des rades havern hel-
pet up melen unde weddcr af nieten in allen steden , dar
one de rad liggen lett, unde schal den wenden unde umme
stecken, wenn he des hehovet. scriptor. Brunsv. 3, 469.
HABERWOLF, m. heiszt in einigen landschapen die letzte
garbe haber , die auf dem felde gebunden uird; der name geht
auch auf den Imdenden über. Mannh-^hdt roggenwolf 25. 28.
HABERWURZEL, HABERWUHZ, f name zweier pflanzen:
l) scörzonera oder haberwurtzel. Pierot 2, 265; wilde haber-
wurz, scörzonera humilis. Nemsich 4, 1264. 2) tragopogon, barba
liirci, wilde haberwurz oder bocksbart. Frisch 1^390', 6«
Nemmcb wilde, blaue haferwurzel.
HABERZIEGE, f. scolopax gallinago. Nejimch. vgl. haber-
geisz.
HABERZINS, m. zins, der in haber zu entrichten ist. Stie-
ler 2651.
HABESTÄTTE, f ort wo die habe jemandes enthalten iM, do-
micilium. Haltaüs 770.
HABGEIST, m. : seinetwegen hätte Joseph immer in ruhe
regieren und seine Staaten ordnen können; ja als er nach
Bayern griff, setzte eben Friedrich sich seinem ländererwerb
Mos in der absieht entgegen, dasz künftig ein so böser Zun-
der zu kriegen, der ländererwerb, in Deutschland nicht mehr
statt haben sollte, mich dünkt, dieser habgeist dorfte Joseph
nicht eben anderswo herkommen ; leider war er ja die ererbte
politik des habsburgischen hauses. Herder briefe zur befür-
derung der humanität, 1. samni/. (1793) s. 135. vgl. das folgende.
HABGIER, f. gier nach habe, ein neues, doch gut ttrie mhd.
minnegir) gebildetes wort , das noch nicht hundert jähre im ge-
brauche ist. bis ins 18. jahrh. drückt geiz noch immer nicht nur
die begierde etwas für sich zusammenzuhauen, sondern auch zu
erwoben aus. Käst 5, 264 unterscheidet kargen geiz und hab-
süchtigen geiz, indem sich aber um die miile des vorigen jahrh.
geiz ausschlieszlich zur erstem bedeutung zu verengem beginnt,
wird für die letztere bedeutung ein neues wort nötig, als die
mildeste bezeichnung des habsüchtigen geizes findet sich bei Herder
habgeist (s. oben), was nie allgemeiner geworden ist , als stärkere
habsucht , was unten zu frühest aus Hagedorn belegt wird,
und das jüngere und im ganzen weniger häufig gebrauchte hab-
gier. 1740 bei Frisch erschienen diese neuen Wörter noch nicht;
Adelij.ng hat 1775 blosz habsucht, 1796 habgier und habsucht.
dieses verbot reizte die habgier nur noch stärker. Kotzebce
erinnerungen (lS05) 3, 21 ; er . . hatte in reichem maasze die
hindutalente: schnelle beobachtung, tact, gewandtheit, aus-
dauer, und die hindulaster: knechtsinn, habgier und ver-
rätherei. Macaulays kl. biogr. schrißen , übers, v. Bclaü 1, 48.
HABGIERDE, f was habgier.
HABGIERIG, adj.: Hardikanut, der sich nur durch schwel-
gerei und habgierige bedrückungen auszeichnete. Schlosser
wellgesch. 5,272; das junge habgierige mädchen konnte sich
nicht satt sehen. Göthe 17,398.
H.XBHAFT, adj. 1) mit besitz versehen, etwas habend: dieweil
der mensch .. weisz, dasz er auch ein zweifacher mensch
ist, in guten und bösen habhaft, und dasz dieses alles sein
eigenthumb ist, und er selbst derselbe mensch ist, der da
ist gut und böse. Jag. Böhme r. d. drei principien göttl. wesens,
vorrede p. 7 ; mit habhafter band und gichtigen mund. Haltacs
769. es id die band des diebes, die das gestohlene gut eben noch
hält, in bes^ilz hat. — Daher entwickelt sich die bedeutung
2) begütert, vermfigend, woUiabend: reich und habhaft. Frisch-
Li:» deutsche dicht. 186; den gemeinsleuthen, so etwas haabhaft
seynd. Frankf. rcf. 3, 2, 1 ; das kleine Asia . . ist fünfliundert
»leiit miirhti-:, li.ihlinft und reich. S. Fbask wclthuch 2*; der-
halb es an gold und gelt nit ein habhaft stattlich volk ist
wie die Türken. 42'; Taesa, ein fast schön und habhafte
Stadt. ISO'; in diesem sinne hrstuht der Schweizer das wort
noch heute: habhaft, begütert, ziemlich reich. Stalder 2, 7.
3) die neuere spräche verwendet das wort, an die bedeutung 1
anknüpfend, nur in gewissen formelhaften Verbindungen:
a) habhaft sein, compotem esse alicujus rei. Frisch 1, 389';
ich bin des buches jetzt noch nicht habhaft.
b) habhaft werden ; die sache oder person deren man habhaft
wird, sieht gewöhnlich im genitir: das ewige sehnen nach einem
unbekannten gute, dessen er bei jeder Veränderung vergebens
habhaft zu werden hofft. W'ieland 3, 39S; um der frucht
eines baumes habhaft zu werden. 6, 4S; ein schöner mann,
eine schöne frau ! ist der director glücklich genug ihrer hab-
haft zu werden, so sind komödien- und tragödiendichter ge-
borgen. Göthe 23,23; bin ich endlich deiner habhaft gewor-
den? Kotzebce dram. werke 2,79; ebenso wenig als es mir
gelingen wollte eines von seinen büchern habhaft zu werden.
Lessing 8,467. doch auch der acc. wird vielfach gebraucht: in
mehrere anmerkung, dasz sein fürst sie nicht anders habhaft
zu werden getraute. Hofmannswaldao bei Steinbach i. 662 ; und
jede hauswirlhin so viel davon habhaft werden könte. Felsenb.
3,90; gute kinder die sich mit planen und aussiebten be-
schäftigen dich habhaft zu werden. Göthe 10, 95; man suchte
gewisse Wiener trinkglaser habhaft zu werden. 32,208; ich will
nur eilen ihn wieder persönlich habhaft zu werden, an Schiller 347 ;
die Reichardtischen briefe habe ich noch nicht wieder hab-
haft werden können, an frau v. Stein 3, 356; den man . .
habhaft werden konnte. Schiller 859. zweifelhaft ist es , ob
in den folgenden stellen der accusativ oder der genitiv gefühlt
ward (s. 3, 1134, no. 25) : um diesen einzigen gedanken will
ich das buch des Besold lesen, sobald ich es habhaft werde.
Lessi.ng II, 750; wie der gegenwärtige Übersetzer es habhaft
geworden sei , hat er nicht für gut befunden zu entdecken.
Göthe 33,24.
c) sich habhaft nennen :
wer deren eines sich wird habhaft können nennen.
Simpt. 1. Iht. 2. feudi 10. cnp. s. 145 (I6S5 u. 1713).
d) habhaft bleiben: ein fischer, indem er sein netz aus
dem meere zog, blieb der gröszern fische, die sich darin ge-
fangen hatten, zwar habhaft, die kleinsten aber schlupften
durch das netz durch. Lessing 5, 370.
e) habhaft machen; mit dem genitiv der sache: dasz erbe-
lieben wolle, sich des meinigeu habhaft zu machen. Simpl.
1, 359 Kurz; einen seines wünschens habhaft machen, facere
aliquem compotem voti. Hederich 1190; wenn mich das glück
wird euer habhaft machen , yi fortuna fecerit me compotem
vestri. Hederich »6., Steinbach 1, 662. mit dem acc: also halt
mir . . mein gnädiger herr hertzog Sigmund die bemeldt
summa . . benügig und habhaft gemacht. Haltacs 769.
HABH.\FTIG, adj., nebevform zu habhaft, 1) trie dieses, mit
besitz versehen, etwas besitzend, habend: unvermöglicher von
tugend dann die wurzel und doch an feistigkeit habhaftiger
{mehr feistigkeit habend) dann die andern beide. L. Thcrneisser
beschreibung influentischer Wirkungen aller erdgewächse IIb' S) s. 4;
die . . volkreichste und an vil gutem habhaftigste stat.
S. Frank c/ironica (1531) 14'; an wildem und heimischem vich
seer habhaftig. weltbuch 70'; schier aller guten ding habhaf-
tig und aller frücht fruchtbar. 71'; disz land ist mit vihe fast
henlich und mcchtig, auch von wildpret habhaftig. iSo'; mit
schönen habhaftigen stellen geziert. 55*; eines lehens hab-
haftig sein. Haltads 769;
sorg sprach die faulen hende
verarmen an dem ende,
emsig arbeitt desgleichen
macht habhaftig und reiche;
darum trag ein im sumer,
das du nit leidest kumer
in deines alters winter.
Berliner hdschr. der meistergesänge,
ms. germ. fol. 23 n. 88.
2) auch in passiver bedeutung, was gehabt, beses.'ten wird, wie
man habendes gut, habende dinge in gleichem sinne verwendet
{s. haben V sp. 76) : es sei gelt, gut oder kleinoter und ander
habhaftig gut. Recter kriegsordn. 38;
habhaftig gut erhalten wol.
B. RiücwALDT laut. »ahrh. 106.
HABH.^FTIGKEIT, f parlicipatio. Steinbach 1.662.
HABH.XFTW ERDUNG, f: nach der habhaftwerdung de$
diebes.
91
HABICHT
HABICHT
92
HABICHT, m. accipUer.
I. Form und vencandtschaft.
ahd. babuh, hapuh , habich, mhd. liabech ; ags. heafoc,
hafoc, engl, hawk; fries. hauk (Rir.iiTiiOFEV 801*); mnl. hauk,
nnl. havik; altnmd. hauk-r, dän. bog, schwed. bök ; für das
gothisciw iH das wort nicht belegt, für das aUniedcrdeiilschc wird
es in den Ortsnamen Havocas-brftc, Havukö-horst im Werdener
heberegisler getrährt.
Wie mhd. die form hahech uneingeschränkt gilt , so zeigt das
nhd. noch im 16. jalirh. vorwiegend babich , z. b. bei Brant
fiarrensch. 44, 4, SERnANUS diel, a 3*, Aluerus, Dasyp., Maai.er
204', Petr. 30', Garg. 122', 250", Frey garleng. 2; vom fucbs
und dem hahicb. B. Waidis 4, 44; bat ein I^ng spitzig maul
\\\e ein babich. Forer fischbuchid*. im n. jahrh. ici/d bnbicb
seltener: die gelebrten müssen vielmehr den habicben bisz-
weilen nachfolgen , welche wissen in die höhe sich zu er-
heben. ScnuppiDS 757 ;
von tauben wird niemals ein habich erzeuget.
Rist Parn. 208.
fürs 18. jahrh. kennen noch Steinbacu ttnd Frisch diese form,
die noch jetzt in den mundarten herscht: Schweiz, habch, habk
Stalder 2, 8, kdrnth. babich Lexer 129, in Tirol babich
Fromm. 5, 445, weslerwäld. habch und baweih, hawweih, mün-
sterl. havk Fromm. 6, 429. im Götting. häwek , aümärk, baofk
Danneil 76'.
Die erste spur eines an das wort tretenden schlusz-l ist aus
der zweiten hdlße des 15. jahrh., habicbt, habcht Diefenb. 7';
die Laszbergsclie liandschrift {B) von Heinzelein von Constanz
der minne lehre liest 474 hebehllin für das hebechlin der andern ;
Ldther schreibt stets habicbt : und dis solt ir schewen unter
den vögeln, das irs nicht esset, den adeler, den habicbt, den
flschar. i Mos. 11, 13; der adeier, der habicbt, der fischar.
h Mos. 14,12; ficuget der babiclit durch deinen verstand und
breitet seine flügel gegen mitlag? Hiob 39, 26; nicht die da
stünden und blücketen oder habicbt trügen, werke 5, 86*. m
17. jahrh. überwiegt schon diese form: habicbt (neben babich)
Stieler 724, habicbt Schottel 1332, kein sperber, babicht,
ahr oder weih. Schüppius (1701) 787 , im 18. tcird sie in der
schrifls])rache allein üblich.
fieben habich und liabicht geht auch das schwache habiche :
liabiche , habige Dief. 7' [vgl. havke, haavke Dähnert 180*);
Hecszi.in im vogelbuch hat der babich, der bapcb 125', aber
den habichen, dem habiclien. 129, dem hapchen. 128,131, des
bapcben 135', die astures, das ist groszen hapchen mauszend
sich gleich wie die hapchen 125', neben der .Harken form des
habicbs 126. 129; dem babich 126; den babich 123.
Eigenthümlich und sonst nicht weilei- bezeugt ist die form hapsch.
Dief. "'. die gutturalis ist unterdrückt in der form habit: soll
finden einen rick, darauf er seinen habit steile und stroc,
darauf seine luinde mögen iigen. weisthum von 1510 aus Ur-
mütz unterhalb Coblenz, weislh. 3, 826. — Für Baiern verzeichnet
SciiM. 2, 148 das zusammengezogene der hacbt, des hachten für
habicht, vgl. hacht sp. 98.
Ver umstand, dasz das habichtsmünnchen kleiner ist als das
babicht sweibchen, läszt für das erstere eine diminutivform zur an-
wendung kommen: si hallend in irer grosse gegen andern
thieren das widerspil, also, das männle ist das kleiner und
wird genennt das häbcble, das weible aber ist vi! griisser
und slerker dann das miinnle, das wirt genennt der habich . .
gemeinlich sind die hübichicin etwas kibiger dann der habich
. . es ist ein lustig weidwcrcb mit dem liabcii und hiibchle
zu beizen. Sivmpt chronik {Zürich i:>H(,) 5(i0'; der iiabichtc sind
zweierlei, der eine ist kleiner und wird babicbtiin genannt,
welches man für das männlein hüll. Becher geh. jdgercab.
cap. 30; das miinnle {des habichls) ist kleiner und beist das
habicbtiein. das weiblein ist gr<>szer , so man den habicht
nennet, und solches ist bei allen federspiel. Nehrinc histor.-
polü.-jurist. lexicon (1730) anhang 94*. vgl. mhd.
den upp.rwer unt da;^ hdiechlin
mit blöder harit m.iv niemen vftn,
er roüeic ein liiodRr drinne hAn.
lIciNZ. v. CoüsTA!« minne Ivhre 474.
Die alte aiiUitung des la(. accipitcr ton accipcre, die von
Bopp und PiM mit bezug auf ein allind. a^iipatvan , griech.
ojKvjtxtQOt zurückgewiesen ist , wird doch durch das deutsche
getluttl. ahd. hnbuh kann nur auf hrffan, gnth. bafjan, tat.
capio zurückgehen und den ergreifenden, packenden vogel be-
deuten, von dem ja Mn$t gesagt wird, er krimml und klemmt:
chrimmil eviscerat (accipiter columbam pedibus uncis) Graff 4,
608 ; singenden vogel aber und clemcnden und winde und
hezzehunde und bracken mac man wol gelden mit eime irea
glichen, der also gut s5. Sachsensinegel 3, 47.
U. Bedeutung.
1) der liabicht ist der eigentliche deutsche jagdvogel, der name
begi-eift oß auch falken und sperber in sich, Heniscii 979 führt
falck, falch, faicket, babich, sperber in dnem sinne auf; sonst
braucht man falke für die edlem, babicht für die geringem,
wie adler für die grösten raubv(~igel: alle raubvögel werden
entweder unter dem adler oder aber habicbs namen begriffen
und verstanden. Feyerabend falknerei 7*. die Jägersprache kennt
in bezug auf habicht vianclie kunstausdrncke. die weidmännische
redensarten vom habicbte seind : der babicht hat greif-klauen ;
gesteile oder fuszgestelle (sind seine Schenkel); (leug-bug-
federn, auch flügclbogen. er stehet auf der band oder Stangen ;
wird getragen [vgl. hierzu oben die stelle aus Luther 5,86');
gelocket oder bereitet; geätzet, und wenn er genug bat,
saget man, er bat einen guten kröpf; er bekommet gewolle,
der babicht jaget oder raubet; ist lustig; fähret wohl; wird
geworfen ; fleugt auf den vorloosz oder zum federspiel ;
kommt zur band; stehet zur band, ist ein guter bandvogel.
wenn der weidemann den habicht fliegen lasset , heisset es
gereicht; wenn der habicht ein rebbuhn wegführet, heisset
es geleitet, wenn der habicht an einen bach zum baden
oder tränken gestellet wird, heisset es gcschüpfet; und wenn
er zu Zeiten etliche schwingfedern zerstossen , wird er ge-
schiftet, öcon. lex. 893. die kunstausdrücke sind hiermit noch
nicht erschöpft: der babicht wird abgebunden [von der band,
die Um trägt , losgebunden) : so du yetz etuan weit für die
statt binausz kommen, den habichen abgebunden, und die
wurfriemen zusammen geläsen, umb die link band gewunden
hast, so lüg allenthalben umb dich, wo du fliegend vögel
säbist. Heuszlin vogelb, 128"; er schwingt, schwingt sich auf:
man darf nit fragen, wer die sigen
bi den die hund iiiii kilcheu sciirigcn,
so man mess hat, predigt und singt,
oder bi den der habich schwingt,
und dflt sin schellen so erklingen,
das man nit betten kan noch singen.
Brant narrcnsch. 44,4;
vcrgt. ags. ne göd hafoc
geond siil svingeff. Beovulf 2264.
der habicht stöszt vorzüglich gern auf weisze tauben. Heuszlin
131'; die weisze taube, so von den beschwerlichen habichen
verfolget wird, bärtigt. frauenz. 67. er fällt auf seinen raub
nieder, dalier bildlich: die gute mutter, welche so sorgend, da
sie unten im ströme des Icbens das fliegende bild vom nie-
derfallenden babicht des todes erblickte, nur den sobn be-
dachte. J. Paul Tilan 1,37.
Sprichwörtliches: auf etwas zufahren, wie ein babicht, unge-
mein gierig sein; mit einem groszen herrn als mit einem
todtcn habicht beizen, unter dem tilcl eines groszen herrn
böse anschlage ausführen. Frisch 1,391'; vögel die zu früh
singen kriegt der babicht , in der Welteräu üblich und auf
menschen angewendd , welclie früh am tage lusliff singen; ge-
denke an die Sprichwörter, so ein jeder bauer im munde
führet: es ist übel schleifen sonder wasser; der gewinnen
will, musz aufsetzen; mit leeren bänden ist übel bal'ichte zu
locken, reime dich 127; mcn lokt geene baviken met ledige
banden. Harrebomek , das kt auch mhd. bezeugt , wie die oben
milgelhcille stelle aus Heinz, v. Constanz lehrt; man verklagt
die liabichto nicht bei den gciern; da es thüricht gewesen
wäre die habiciite bei den geiern zu verklagen , so wurden
alle diese beschwerden unmittelbar vor den thron gebracht.
Wiei.and 8, 261. — Ein gesellscha/lxspiel heiszl der reiche vogei
und der arme habicbt in K. Rhustflkcks lustigen scIterisjHvlen.
im Kärnlisclien wird von den kindern babich und hAne {Hohn)
gesjiiell. Lexer 129.
Die alle form des wortes, die lautlich mit hab' icli ron haben
tusammcnfaUt, hat ein vielfach verbieiletes Wortspiel erstehen las-
ten: hillich ist ein böser vogel. habich ist ein guter. S. Frank
2, t2o'; man musz einem habich baweii nicht eiiirin hetlicb,
das ist, hell irhs so und so gemacht, das kost unniki/. t:cld.
Lehmann 69;
nii, boiiicli int ein vogel, hnliicli iwar hetier Ul:
doch Hichtit als iiuT ilcr bugrl, dniink iraiil iii aller Trist,
ob gott einat wolt bcschun-n die liebe pinigkvit
und euch dadurch gewehrcn der alion herrllchkeit.
JoM. Dohan lied V, der leuttchen han$$ v, 10,
93
HABICHT — HABICHTSNASE
HABICHTSTEIN — HABIT
94
besser ein habich als ein hättich. Pistobics iv no. 45 s. 220 ;
es ist besser ein dürrer üabicli als ein fetter Jiättich. s. 221 ;
ebenso Köbte 2512.
Zusammensetzungeri bezeichnen habiehlarten , die vorzugswäse
die im ersten compositionsyliede genannten thiere angreifen: finken-
habicht , ags. spear-hafoc. gänse-habicht, hühner-habicht,
liünliel-habicht, mäuse-bubicht.
2) habicbt, ein schwamm: babichte sind auch eine art erd-
schwämme, so sich wohl essen lassen , sind von ziemlicher
grüsze, etwas fahl oder graulichter färbe, und sehen wie viele
an einander gesteckte dütgen aus, wachsen gern in eichen-
buscbigten orten, ücon. lex. 893.
3) Sperber, habicbt, accipiter nennt der icundarzt auch eine
binde, die bei nasenverlelzungen gebraucht wird. Jacobsson technol.
wb. 7, 38S'.
HABICHTART, f.: eine eigenthümliche erscheinung der
thierwelt war eine habicbtart, braun gefiedert und von der
grösze der baushühner. ausländ, 40. jahrg. s. 99.
HABICHTBEIN, n. Schienbein eines habichts: der pantarbes-
stein ziecht das gold, das gold die habicbtbein, der bernstein
die spanen, das gestählet messer die glufen. Garg. 250*. es
wird auf die sage angespielt, dasz das Schienbein des habichts gold
anzuziehen vermöge: so man das schinbein von einem habichen
zu gold legt, zeucht es das wunderbarlich an sich, wie der
stein Heracleotes mit seiner kraft das eisen an sich zeucht,
als Elianus bezeuget. Hecszlis vogelb. 122*.
HABICHTER, m. accipUrarius : ein falconier oder habichter
soll ein hurtig und fertiger mann sein. Hohrerg 3,2, 351";
aucupem avibus rapacibus quibus vis utentem Germani ap-
pellant ein Weidmann : accipitribus vero privatim ein hübicher
i. e. accipitrarium. C. Gesser de avibus p. 38; falkner, ha-
bicher. fulkenfanger, falkanirer accipitrarius. Hesisch 979.
HABICHTEULE, f. strix acäpUrina. Nem.mch.
HäBICHTFLIEGE. f.: asilus, raubOiege, wolfüiege, habicht-
fliege, holländ. havikvlieg. Nemnich 1, 503.
HABICHTKORB , m. korb zum fangen eines habichts : (die
babichte) streichen im monat junio meist von der borst ab
und werden dann in habichlkörben . . gefangen. GöcHHAusEix
notabilia venaloris H6 ; habichkorb Fleming teutscher jäger 153;
habichtskorb öcon. lex. 893.
HABICHTKRAUT, n. accipitrina, hieracium Steixbäch 1, 932.
engl, bawk-weed. flecken-habichskraul, hieracium maculosum
Hemsch 1131, bei Nemsich 3, 202 geflecktes habichtskraut,
wail-babichtskraut, hypochaeris maculata. dasz kraut, habich-
kraut genennt, reibend die habichen , und triefend den saft
darvon in ire äugen , die dunkle daraus ze vertreiben , als
Plinius schreibt. Helszlin rogelb. 121.
HABICHTLEI.N, s. habicht.
HABICHT.NETZ, n. ; habichnetz, worin man die babichte
fängt. Frisch 1, 391' aus Flemings teutschem jäger.
HABICHTRINNEN, f. plur. rinnen mil darüber gezogenem
netze zum habichtsfang. Jacobsson technol. tcb. 6 s. 5*.
HABICHTSBRUST, f. wird die brüst des pferdes genannt, tceTin
sie zu hoch hervor steht. Nemmch.
HABICHTSFANG, m. 1) fang des hMchts. 2) apparat zum
fangen des habichts, aus einem korbe oder netzwerk bestehend,
öcon. lex. 893.
HABICHTSFLÜGEL, m. : dann hat ihm (einem Amor) der
mahler ein paar flügel angesetzt, die ein jagdkundiger in Ver-
suchung geräth für habichtsflügel zu halten. Kotzebce erinnerg.
(1805) 2, 97.
HABICHTSKLAÜE, /. klaue des habichts:
als ich vor unserm grafen
die taube aus den habichtsklauen schosz. Körner 2, 69.
HABICHTSKRALLE, f. kralle eines habichts:
sie (die Sirenen) verbergen in den zweigen
ihre garstigen liabichtskralleD,
euch verderblich anzuTalien
wenn ihr euer ohr verleiht. Göthb 41, 120.
HABICHTSNASE, f. nasus aquilinus, aduncus: habechsnase,
habichnase Diefenb. 44'; der ein lange habichsnase halt,
nasum habens curvum ut aquUa. iftid. habichtsnase Stieler 1333 ;
habichtnase Frisch l, 391 ; diese (alle frau) hatte ein paar
äugen wie zween irnvische, und zwischen denselben eine
lange magere habichtsnase, deren ende oder spitze die untere
lefzen allerdings erreichte. Simpl. I, 131 Kurz; dieser feine
mann mit der habichtsnase. BErriNE bricfe l, I40. — Aber
auch von einer einwärts gebogenen nase gilt das worl: silus ha-
bichsnas Alb. ee.3'; so eine kleine stampfe habichtsnase hat
Leiio nicht. Lessing 1, 379.
HABICHTSTEIN, m. hieracites Steinbach 2, 692. hieracites,
babichstein G. Agricola 70.5'; babichte sollen in ihrem haupte
biszweilen steine haben , welche man in ihrem gehirne an-
treffen soll, bergtr.-lex. 281".
HABIG , HÄBIG , adj. continens, tenax, dives. l) die eigent-
liche sinnliche bedeulung ist, vom verbum haben (sp. 50) aus-
gehend, hallend, zusammenhaltend, irie sie im ahd. erscheint : die
zesamine habige erda continens terra, mit faslhabigemo bijje
tenaci morsu Graff 4, 73S, und wie sie im compositum anhabig
(1, 364), ferner in vasthäbig, bestendig, pertinax (Dasyp.) noch
haftet, in Ulm sagt man ein häbiges (dauerhaftes) tuch. Schmid
Schwab, wb. 252, im bair. unhäbig. ungehäbig nicht zu hallen,
böse, unge.<:tüm (Scum. 2, 136) , kärntnisch unhabik zudringlich,
beschwerlich Lexer 129. daraus entwickelt sich namentlich für das
alemannische Sprachgebiet
2) der begriff zähe, sparsam, karg: tenax häbig, hebnig
Diefenb. 577'; tenax häbig, zehe, karg Dasyp. ; häbig, karg
oder kündig, restrictus et tenax Maaleb 204''; er ist etwas
häbiger oder geitiger. das.; zum andern findest du men>chen,
die verbergen iren geiz mit reichlichem auszgen (/. auszgeben),
si seind nit zach oder häbig, si gebend ausz, das ist gleich
das widerspil, aber si suchen darin wider nutz einzunemen.
Keisersb. siben hauplsünden (15101 ee4'; wo mainstu das es
herkomme, das wir also hebig und also genau und zäh sind
gegen den armen menschen ? schiff der penit. 75*. auch Stein-
BACu 1, 6G2 kennt häbig tenax als rocem non ubique usilalam.
3) habig, häbig, begütert, wolhabend, reich, lehnt sich nicht wie
das vorhergehende unmitttlbar an haben , sondern an das subsl.
habe an, wie goth. audag-s, ahd. 6tac an aud schätz, gut, ahd.
6t: mhd. habec Ben. 1,602'; ein man so häbig gewest in
seinem leben, tueislh. 2, 165 ; mit leuten oder varenden gütern,
daran sie hebig seien. Haltaos 769; geltreich, häbig jiecu-
niosus Dasyp. ; habig Frankf reform. II, 16 § 6 ;
wiewol die wiber mit geferden
die geuch berupl'en, dennocht werden
under tuseod trouwen nit
ein rieb gnug, habig domit.
MüRNER yeuchmalt, bei Scheible 8^947;
wer . . fünfizigjährig ist nicht fleiszig,
und reich an gelt, gut oder laud,
der Wirt sehr schwerlich hie auf erden
schön, stark, weisz oder häbig werden.
Weckherlin 827.
HÄBIGKEIT, f. tenacitas: häbigkeit, behebe, kargheit Dasyp. ;
hebigkeit tenacitas Maaler 215'; der sechste hock (haken) ist
karkheit, zähe und hebikeit. Keisersberg schiff der penit. 109*.
HABIT, m. und n. kleidung, anzug. die entlehnung vom fran-
zösischen habit, das dem lat. habitus entstammt, ist schon früh,
aber in einem engen sinne erfolgt: mhd. abit, mnl. abite, fries.
habit, abit (Ricbthofek 789*) bedeutet nur ein geistliches {kloster-,
priester-, ordens-]kleid. wahrscheinlich erborgle man es zunächst
aus ostfranzösischen klöstern , die zu dem westlichen Deutschland
in_ mancher beziehung standen, und man hat hierbei wol auch
unmittelbar an das lat. habitus gedacht, es heiszt sicut veslis
corpus , ita habitus animam vestit. Melber voc. varil. k 8*.
seit dem 17. jahrh. unter einflusz des dominierenden französischen
erscheint das wort häufiger und in erweiterter bedeulung, indem es
kleidung überhaupt oder doch das hauptstück einer kleidung aus-
druckt, das geschlecht bleibt bis zu anfang unseres Jahrhunderts
ausseht ieszlich masc, Adelung kennt nur solches, erst in neuerer
zeit hat auch das neutrale statt. — habit bezeichnet:
1) im anschlusz an die mittelalterliche bedeulung geistliches
(mönchs-, priester-) kleid : Isidorus der cardinal geht ein in
seinem habit. Ayrer 152' (760,6 Keller); drumb wirft er auch
den münchshabit von sich. Micräliüs alt. Pomm. 2,219; er
verlas das evangelium im habit eines diaconi. Köbler reichs-
historie (1737) s. 340 ;
sein [eines kirchenßimlen) weisz habit, sein äuge grau
lugt dniben an den fenstersprossen. Drostb-Hülsh. ged. 291.
von dem kleide eines einsiedlers: der übrige habit stimmte
mil der hauptzier überein, dan ich hatte'raeines einsidlers
rock an. Simpl. 1,65 Kurz; ich solle meinen habit {das ein-
siedlerkläd) stracks wieder anziehen. 1,72; zog ich solchen
Elianischen habit an («n kleid vie der prophet Elias). 4. IIS.
dann nennt man abgeblaszter auch die weltliche amtslrachl habit und
spricht von einem richterlichen habit, professorenhabit, hofhabit.
2) weltliche kleidung eines mannes , namentlich feine und mo-
dische: dahero ersparten wir die mühe uns wieder anzu-
95
HABIT — HABSCIIAFT
IIABSELIG — HACHE
96
kleiden, obschou der hubit auf das durchlauclitigäte bestellt
war. Jucundiss. 49 ; zog ich einen ganz schwarzen habit an,
auf die vorige niode gemacht , aus welchem meine weisze
haut hervor schien wie der schnee. Simpl. l, 3tj5 Kurz, solche
geudliUe kleiduiuj zu gewissen strecken wird durch composiliun be-
zeichnet: Ircniu halle gleichfals einen sehr koslbahren jagd-
babit angeleget. Talandeh Amor am hofe (1691) 1, 21» ; als sie
den könig in seinen nachthabit vor ihrem belle sieben sähe.
2, 241. ryl. hausliabit. — habit nird aber auch ton dem gc-
tcande eines narren gebraucht: ein brustbild eines jungen narrn
in kälbernem habil mit einem paar hasenohren, vorn mit
schellen geziert. Sinifil. l, 290 Kurz.
3) von dem hauplkleidungsstüdic oder dem ganzen anzuge einer
frau: gleich wie mir (der Courage) aber mein schwarzer traur-
habit ein sonderbares ansehen und erbare gravilät verliebe,
zumalen meine Schönheit desto hiiher herliir leuchten machte.
Simpl. 3,26 Kurz; und wunn ich die Wahrheit bekennen soll,
SO bedunkt mich noch, der alten Schachtel seic dieser habit
. . überaus wol angestanden. 3, 169.
4) die klvidung der bergleule, aus grvbenkiUd, hinterleder, berg-
kappe und schachthut bestehend, s. bcrgw.-lex. 281'.
HAßlTAZ, f. habitalio, wohminq, au f enthalt :
der kauTuianu sagt in Üöhmerlaud
in einer statt würd Prag genant,
da hat der alt sein hahitatz,
besitzt grosz guter, reichen schätz.
Wickram pil{)er V, 73.
HABITCHEN, n. Ucidciien, kleiner oder geringer anzug.
HABLICH, HÄBLICH, adj. in mehrern bedeiUungen.
1) im allgemeinsten sinne ist es das, was bezug auf die habe
hat und mit ihr zusammenhängt:
mild, waj ich jag des hin ich gereut,
aber wenn ich gcvangen hän
so ist5 bäplich girkait an.
Laszberg liedersaal 2, 688, 68,
der dicIUer meint geiz in betreff der nun erworbenen liabe; babitus
gewonheit die einer in der sei bat , beblicb besitzung. Die-
FE.NBACu 272', gewissermaszen besitz an eigenartigem wesen; in
engerer bedcutung was sich auf guter, namentlich liegende, bezieht:
setzen . . Wilhelm von Haubilz seine leibs iehenserben , . in
eine heblicbe und cörperlicbe gewalt und gewehr (eines dorfs).
Haltaus 769, Urkunde von 1546, gewalt über den besitz und die
personen derer im dorfe, dingliche und persönliche obergerichts-
barkeil ; babliche klagen oder Sprüche im gegensalze der persön-
lichen. SCHM. 2, 136.
2) in persönlicliem sinne ist hablich der mit besitz versehene,
der begüterte, woUiabende, diese bedeutung gilt namentlich für das
alemannische Sprachgebiet: Heinrich von Melchtal , ein wiser,
verständiger, eerbarer, bablicher mann. Tsciiuni 1,234; da
Anne Mareis naiur eine tüchtige war, so schosz die neue
bäurin (das gefühl, dasz A. M. nun bdwin geworden sei) nicht
heraus in aller neugebackuen anmaszung, wie über nacht
schwämme auf dem niist, sondern sie machte sich erst im
inuern, lebte wohl daran, und suchte dafür zu sorgen, dasz
sie mit ehren, d. h. hablicb und so recht erstarket, hervor-
treten könne. GoTratiF schuldenb. 293; früher ein ordentlicher
und bablicher mann, haben ihn . . Verluste . . an den rand
des öconomischen ruins geführt, neue Zürcher zeitung 1867
no. 129. auch tri Spi.vdleh ist das wort so gebraucht: der vater
war ein hablicher bürger von Czaslau. bastard (1826) 2, 13.1.
3) hablicb heiszt auch geschickt, tüchtig, hier rührt es an sich
haben im sinne ton sich terhalten, sich bezeigen (sp. 53) : so ahd.
habillcber habilis Gkaff 4, 738. dieser bedeutung fallt unhüb-
lich bei FisciiAHT zu: das er unhablich dazu (zu einer pfründe)
war, weil er ein eheweib hält, bienenk. 38*.
HAHLICH, HÄliLICii, adv. zu dem vorigen: er sitze und
Wune dann in der stat zu Wurms buwelich und hebelich.
Scherz 1,210; die sollcnt sich alle bnueiich und habeliche
in dieselbe unsere stelle setzen, das.; burger oder gebure,
die da hebelich, seszhaftig und wunhaftig daselbst sitzen und
huselicb daselbst wohnen. Hai.taub 76»; (Christus spricht:)
mein leer ist nitt mein leer, sunder desses der mich gesaut
hatl. sie \nl wol mein approbativc, hüblich und bJlbich, wenn
ich hab sie in mir und nimm sie an. dozii mein, wenn ich
hall sie. sie ist ouch mein subiectivu. Keisersbebg /»jv/i// 2,^2.
HAH!,O.S, adj. oline habe, s. habelos tp, 45.
II.MJLOSKJKtIT, f
HAbSCHAFT, f was man besitzt, eigenihum, XQ'il*'^-
arh, io niinm denn hin oim gnaden,
wai die b6*c haabfchnfl l«t,
womit icb 10 icbwer belnden. Otmo 7o,
lieber, o wer denn hat dicli erkauft mit eigener habscliaft.
Odyssee 14. 115.
noch im 16. jahrh. brauchte man, wie im mhd., für dieses worl
eigeiischaft (s. 3, loo) : peculium, eigenschaft ki kleinen zinsen.
DltFENB, 419'.
HABSELIG, adj. mit habe gesegnet, reich an habe, wie mhd.
guotsaelic: habsiilig, reich Fhisch 1,389',
HABSELIGKEIT, /. opulentia, habentia Stieleb 1993, biens,
substance Fhisch teutsch-frauz. wb. (1730) 278. bei den neueren
wird das wort in mehr ironischem sinne für geringe, wertarme habe
gebraucht: jedermann, dessen ganze habsciigkeit in diesem ver-
meinten kicinode bestehen möcbte. Kants, 266; ein glcich-
nüisziger trieb beseelte sie alle, geschwind raflen sie ihre
habseligkeilen zusammen. MusÄus die deutschen volksm. (1804)
1,216; er fragte ob die andern auch so glücklich gewesen,
ihre habseligkeilen zu retten. Göthe 19,40, ähnlicJi 53.
HABSUCHT, f. sucht oder gieriges verlangen nach habe, über
die enlslehung des Wortes s. unter habgier sp. 89: die blosze
habsucht macht denselben (den kaufmann) auf die grosze des
vorlheils scharfsichtig. Hamann 1, 30 (f. ;. 1756); habsucht,
unersälllichkeit im erwcrb. Kant 5,266; der ausdruck der
niedrigsten haabsucbl ist seinem gesiebte eingeprägt. Lavater
phys. fragm. l (1775) s. 119; ich sah das käsichen mit nei-
dischen äugen an und eine gewisse habsucht bemächtigte
sich meiner. Götue 23,106;
er tobet dasz die fenster klingen,
wann seiner hahsuclit was entgeht. Hagidorn 3, 54;
wird dich die habsucht nagen. 1, 79;
wenn eucru kindcrn
nicht waiseiiaoth
und habsucht droht. Dlcmaukr 1,180;
wenn über meine liiittenschwelle
die habsucht ihre liamsteraugen rollt.
Kl. E. Schmidt poet. briefe (1782) s. 61,
aus eifer für das gute nicht,
aus habsucht kam blosz euer Strafgericht.
briefweclisct der fum. des kiuäerfr. (1792) 12, 15;
keines Römers schuöde habsucht soll dir je dein grab versehren.
Platkn 33*.
HABSÜCHTIG, adj.: ich verstehe hier unter diesem nanien
(geiz) nicht den habsüchtigen geiz (den hang zur erweilerung
seines erweibes u. s. w.), sondern den kargen geiz, welcher,
wenn er schimpflich ist, knickerei oder knauserei genannt
wird. Kant 5,264; mit habsüchtiger liebhaberei bemäcbligle
er sich mancher vorzüglicher excmplare (ro« /oMt/ZeH). Gütiie
50,226. es ist bemerkenswert, dasz für dieses adjecliv und sein
Substantiv im jähre 1753 vereinzelt begiersücbtig , begiersucht
erscheint: begiersüchlige narren .. begiersucht eines geizigen.
OErriNGEii die Wahrheit des sensus communis s. 138. diese warte
sind offenbar in dem bestreben gebildet, fiir die nicht mehr ge-
nügenden begriffe geiz, geizig angemessene ausdrücke zu finden,
ohne dasz der aulor gerade auf die bildung von habsucht, hab-
süchtig verfiel.
HABUIVG, /■. 1) das halten, festhallen: so mag das fleisch
vil eher kummen zur habung am bein.' Würtz fradj'ca der
wundarznei (1612) 243. habung haben, halt, anhält haben: im
schusz entzündele sich die malerie, und wann nun der pfeil
an etwas hinfuhr, wo er habung halle, so blieb er stecken.
HEtiEL schatzkusll. 190.
2) das haben, besitzen, stetes bei sich füliren. Schottel haubtspr.
388* : mhd. daruinbe sag ich, da; ich niht sin mag der suu
gutes, niuwan ich habe daj selbe wesen, daj da liAt der
sun gutes, undc von haluinge des selben wesens werden wir
inte gelich unde wir sehen in als er got ist. deut.^clie myslikcr
2,41,5; weil er alzeit durch di stetige vor äugen hab- und
Zuneigung im gedächlnüsse und herzen liget seinem diner
N. N. BuTsciiKY hd. kanzeltei 90.
HACH, interj., ein grobes bäurisches lachen bezeichnend:
do sprnch sie (ilie Ixiiirrndivne) zu mir: »o narr, so,
hach, biich, ich bei »oin schir K*'l"chl,
hört, bort, wie im sein bort neiir kracht.
11. FoLZ bei Ilaupi 8, 512, 63.
HACHE, ni. und f., ein seil dem 16. jaJtrh. häufiger erschei-
nendes worl.
1) als masc. bezeichnet es einen jungen menschen, bursrJien im
allgemeinrn: den knapheus , kiiap, kuab oder sechsisch ein
kn.tjih hei-^il ein junger gad oder hach, oder den .. «ir cm
gi'scilcn hcissen. Matiiksius Sar. 13*. das wort steht mei.\t in
firmrlhaßer Verbindung mit adjcctiven: als lang einer den scckel
voller gclls hat und dapfcr uusz gibt , und sonst noch eia
97
HACHE
HACHEL — HACK
9S
l
junger hagk darbei ist, wirt er von jederman geliebt und
hochgehalten. Keisersb. nanenfch. 45'; damals war in der
aptei ein mönch , . . ein junger hach , ein wagherz , lustig,
munter, wacker, hurtig. Garg. 203';
du junger hach, gib her dein gut! H. Sacbs 2, 3, 44';
ist keiner hie der jungen hachen,
der thu vom zug ein liedlein machen?
ein Christi, zug wider den Türken C3*.
ein junger hach, feroculus, audaciüus Schönsleder ; sonst gehen
sie (die geisllichen) einher wie die kiiegsleut und freien hachen,
schämen sich des korhemds und der blatten. Hctte?« 2, 141
Bücking; Philippi son der wunderman , welchen Daniel ein
freien bock nennet (wie man die alten kriegsfürsten kerl oder
freie hdchen und habicht nennet). Mathesils Sar. 85*;
noch sind sie freie hachen,
wer wils in weren bald? Uhlahd volksl. 527,7,
tcofür 529, 11 :
noch sind sie freie knaben,
trutz wers in weren tar !
und das. 12 :
denn sie sind freie gsellen;
wenn ich ruhig könnte lachen
in Louischens weichem arm,
ungestört von stolzen hachen,
unbetäubt vom thoreoschwarm.
Novalis in Hoffmanns findlingen 1, 140.
man musz auch gesagt haben wilder hache , Fischart hat das
compos. wild-hache groszm. 60; kam umh all mein hab und
gut und ward ein armer hach. finkenritter (1550) Aiij';
ach, ach, mich armen hachen!
was soll ich wol drausz machen?
GöRiSG liebesmeyen-blühmlein (Ham6. 16Ä) 105;
der gut hach . . glaubt dem bawren seiner wort. Wicebaji
roWic. 49 (65 Kurz);
was dunkt euch nu, mein guter hach,
ist euch zur pfarr oochmal so gach?
Andrea dtis gute leben 401 ;
ie bin ich nicht ein alber hache. ßieg. bl. von 1631, in Bech-
sTEixs mus. 2,253; so packten diese groben hachen die beiden
jungen fräulein mit ihren tatzen an. che eines iceibes 94;
da lacht die unvernunfl, dasz ihr die luft entgeht,
und spricht wohl: hei, das ist ein lustiger poet.
o allzutheUrer nahm für solche grobe hachen,
kan dann ein fauler stank so bald poeten machen?
Rachel (1700) s. J19;
Jud. geschwind ruft die waeJie !
PItil. du grober hache! maulaffe 43.
Kol unter dem einflusse der letzleren formet entwickelt sich hache
zu der bedeutung junger, läppischer, grober und tollkühner
mensch M.atthiae deutsch- lat. lex. (1761) 205"; hache, termc
injurieux, cheral de carosse Roxdeac teutsch- franz. icb. (1740)
274; an tollen lachen erkennt man einen hachen. Zehneri
senlentiae (1718) s. 196. in Hessen, irie überhaupt in Mittel-
deutschland, bedeutet hache, hach einen habsüchtigen , groben
menschen Vilnar idiot. 142; es ieird mehrfach als schelte an-
geicandt:
mein mann, der hache der, macht mir so manchen strausz,
hält, wenn er gsolTen heft, als wie der teufel haus.
Rachel (1700) s. 112;
miszgeburt! Zauberer, mörder und drache!
tvgerthier! luder und rotbart und hache!
HoFniA:«:<swALDAU (1708) 4, 337.
2) zu diesem masc. stellt sich ein selteneres fem. hache, iras
soviel u-ie dirne, grobes oder leichtfertiges tceib bezeichnet: darumb
schilt s. Augustin auf die junge hachen, die ihre pliist der
Jugend in aller Üppigkeit dem teufel opfern und dasz ver-
dorret machtlosz spreweralter unserm herren gott {nach lustig
verlebter jugend nonnen irerden). Garg. 273*; keule, ein hache,
un vilain, une vilaine Rädlein 533'. eine diminutivbildung hiervon
findet sich mhd. für ein verschmitztes «reift, eine kupplerin:
w6, waj gröijer bösheit
truog diu hechel in ir!
V. D. [{ags?( gcf. abcnt. 1, 194, 39.
hache kann nicht, vrie dies: Frisch und Schmeller {wol unter
anlehnung an die oben angeführte stelle aus Mathesics) ausge-
sprochen haben, ah eine Verkürzung von habich gefaszl irerden,
bereits in ohd. zeit findet sieh das masc. hacho als eigenname in
etwas schwankender form: Hahho, Hahcho. Hecho, Heccho,
Hecko Förstema^s 1, 575, mit den diminutirbildungen Hachili,
Hachüin rfa.«. und Hachiho . Haghico 579, m/irf. Hache vater
des Eckeharl, Biterolf und Ditleib 10243 «. ö.; das ahd. fem.
IV. II.
würde hachä lauten, ist indes auch als eigenname nicht bezeugt
{wenn es nicht in Hagga Förstem. 1, 575 steckt). Die genaue
ursprüngliche bedeutung des Wortes aufzudecken, fällt schwer, viel-
leicht würde man nach dem was unten unter hacken iiber das
schwanken der die wurzel schlieszenden gutluralis gesagt wird, es
mit diesem verbum zu vermitteln haben, insofern hacken auch
das schlagen und kämpfen gegen den feind bedeutet, dasz im
schweizer, hagg, haagg, hak gauner, schalk, chicaneur bedeutet
(Stalder 2, 10), äeht, wenn diesz wort überhaupt her gehört, nicht
entgegen, der Übergang des einen begriffs in den andern ist nicht
unerhört {rergl. fechter 3, 1390. 1391).
H.\CHEL. f granne, bart der ähre: hachein ariäae Neulich.
vergl. achel 1, 162, von dem bachel eine nebenform mit vorge-
tretenem h ist.
HACHEN, rer&. sich wie ein hache gebärden :
die milchmäuler gewaltig hachten,
wollen sich hoch herfür prachten.
Castenbof plutalogus conjugalis 13.
in Hessen bedeutet hachen gierig sein, sich habsüchtig zeigen.
ViLMAR idiot. 143.
HACHIG, od;., trie ein hache; in den mundarten gewöhnlich
habgierig. Vilmar 142.
HACHSE, s. hechse.
HACHT, m. nebenform von hache mit angetretenem t: nie-
raalen sind die bauern fleisziger als wann man in die kirche
und zum gottesdienst gehen soll, . . . dasz gott und der Seel-
sorger dieweil wo! warten können, bisz der hacht fertig ist.
baurenst. laslerpr. 70; bei solchen unbesonnenen hachten. 112;
wer ist der uns disz liedlein macht,
röslein auf der beiden?
das bat getan ein junger hacht,
als er von ir wolt scheiden. ÜBLAni» volksl. 113;
da es ist kein rechtschaffner hacht,
der nicht ausz einer stolzen pracht,
mit fluchen und mit hartem schwem
könt alle seine wort bewehrn. R. Ringwals f. ip. 89;
das ist manch stolzem hachten
ein harte schwere busz. Schadk handwerksl. 66.
HACHT, «i. zusammengezogene form at/j habicht. Sch». 2,148:
kein hacht es {das täublein) stöszt, kein hagel soll es morden.
V. Birken 376.
HACHT, f, niederfränkische form für haft gefängnis ; den
namen führte vorzugsweise ein getrahrsam zu KOln: besser in
der acht dann in der hacht. S. Fraxr spncAir. (1541) 7'; diese
hoffnung bringet solche verwegene gesellen endlich in die
cöllnische hacht , nicht weit vom thumb gelegen , darinnen
sie endlich sicher, aber zu spat lernen, was die Sparsamkeit
vor ein groszes einkommen seje. Scbcppics 530.
H.\CHTEREI, f. gebaren als hacht, stolzes und grobes betragen:
der bauren hachterei ist allzuwol bekandt.
baurenst. tasterp. 68.
HACK, m. I) ictus, scfdag, handlung des haekens ; so nament-
lich im Osterlande: auf einen einzigen hack flog das scheit
holz aus einander, in Ostpreuszen hacks: einen hacks weg-
haben. Frischbier spr. 1433.
2) auch das product des haekens, was klein gehackt ist; diese
bedeutung hat das wort namentlidi in der reimenden formel hack
und mack, welche eigentlich das klein gehackte und durch ein-
ander gemengte, dalier vertrirrung überhaupt, etwas venrirrles
bezeichnet; mack und mengen stehen hinsichtlich ihres consonanten-
verhältnisses zu einander wie ags. feccan arcessere zu fangan,
und wie das düringische fackeball zu sonstigem fangeball {vergl.
facken 3, 1229) : mancher guter ehrlicher alter teutscher mann
. . höret mit Verwunderung die heutigen gespräch und tisch-
reden an und weisz oft die hälfte nicht was die leute reden,
ob es rolhwelsch, hoch- oder niderteutsch, und was für ein
hak und mak sie untereinander machen. Simpl. 4,463 Kurz;
was ist anders der bauren gerechtigkeit als ein confusum
chaos oder zusammen geschmolzenes hack und mack. batiren.^t.
laslerpr. 120; in der Altmark hack un mack Dax>eu. 72"; Giebel-
badsex liesz 1865 eine schrifl in Mansfelder mundart : nischt wie
lauf er hack un mack, alles dorch enanner dorch erscheinen.
Birger verwendet die formel für ein zusammengeirürfeltes puhlirum :
verbreite du vor hack und mack
den duft der besten thaten!
kaum wird ttaxt Schnick und kaum herr Schnack
ihn merken und vcrrathen. 64';
das heiszt in der Altmaik hack nn pack Daü^eil 72'; wie hack
so pack. Frischbier spr. 1431. s. unten backemack.
7
99
HACKBALKEN — HACKE
HACKE
100
IIACKBALKEN, »n. der oberste halken am hinlertlieil des schijfes,
worauf der liackbord ruht. vgl. hacke 1, b.
HACKBANK, f. buuk in der küclic zum zerhacken des fleL<clies :
mcnsa coqtiinaria hackbank Fuiscuu.ii iionicnd. 39?', Uuck- udcr
haubank Srii^LEa 93;
mhd. mit kiichenvarwem velle
was er üf einer hackebanc
die naht ünc der koche danc
gelegen. Wolfram W'itlch. 201, 25.
HACKBEIL, »1. ein kleines beil mil einem heim oder stiele,
fleisch und gemüse in den kächen damit zu zerhacken. Jacobsson
ledinol. üb. 2, 1S3'; liackebeil causenmachcr 18.
HACKBLOCK, »i. block zum kleinhaclicn von Icbensmitleln.
Fniscn 1, 391'. als neutr. : ein starkes hackcblock. harlequins
hochzeil- und kindlaufenschmaus (Freywald 1735) s. 11.
HACKBHET, ii. 1) brel zum zerhacken von speisen. Fmscii
1,391'; hackbret dar uff man backt, mensula, densula. voc.
ine. theut. h 8*.
2) wegen der ähnlichkcit der form ist ein musikalisches instru-
menl so genantit, über dessen viereckiger fläche dralilscilcn auf
doppelten siegen stehen , die mil holzschldgeln gerührt werden :
hackbret sambuca Diefend. 509', mnl. backberd, hackeberd;
der instrumentalwurm ist derjenige , so auf lauten, harpfcn,
geigen, bassgeigen, cornelten, bossaunen, trompeten, pfeifen,
Schalmeien, sackpfcifen , cytharen und lyren, auch auf dem
hackbret so artiglich quiiikelircn kan , dasz nicht allein die
äugen den bänden zuzusehen, sondern aucii die obren dem
gekISng zuzuhören keine genügsame kräfte haben, allerh.
seltz. würmc 43; stäubte ein altes hackbrett eilig ab. J.Paul
flegelj. 2, 30 ; sie {die prinzessin) rciscte noch abends in ihr
erheirathetes land, das künftige hackbret ihres zepters. Hesp.
1, 207, das land ist als musikalisches instnivient gedacht, es lünl
belebt unter der berührung ihres herscherstuhcs ; wo bist, ruft
einer aus den kesseln, wo bist hackbrett mil deinen messern?
mache auf, wir tanzen, kaum hat das hackbrett zu spielen
angehebt, siehe, gleich alle kessel, bäfen und pfannen springen
von dem herd herunter und tanzen gutes nuithcs in der
kuchen herum. Abh. a S. Clara etwas für alle (I7lt) 3, 451,
hier werden die bedeulungen 1 und 2 witzig durch einander ge-
worfen ;
letzlich so will ich das hackebrett schlagen
welches ich habe zur band.
GüRmc liebesmeyen-bliihmlein {1054) s. 27;
ha, wie schön das hackbret summt,
und der alte brummbass brummt! Voss.
djwi. hackbretlein : während des Wiederkauens (der ziegcn auf
dem Helikon) wurden denn nun nothfälle der verschiedensten
art in barmherzige erwägung gezogen, als z. b. . . ob man
nicht einer erlahmten und ersturamten grille eine art hack-
brettlcin aus blättchen und dürnchen zurichten lassen könne.
Immeriiann Münchh. 2, 78.
• HACKBRETEN, verb. das hackbret spielen: aber zletzt ist
mir genug gehackbrelet worden {hatte ich am hackbretspiclen
genug), und heute hat mir meine frau drausen auch gehack-
brelet {bildlich, gescholten), arme viann im Tockcnb. 264.
HACKBHETnÖl.ZCHE.N, n. hOlzchcn zum schlagen des hack-
brets : iiackbrättbültzle plcclrum, jxcten Maaler 204'.
HACKBRET-SCHLAGER, m. der das hackbret schlägt: sie
tspreitzen und werfen die (inger von einander wie ein hack-
bretschlager. Keisersuerc bei Frisch 1, 391'.
HACKBKETTÄNZER, »I. tänzer nach den klängen des hack-
brets: disz binderviertheil vom hasen .. wie düiT die ars-
backcn scheinen, sind gut für die patengrämischc backprett-
dänzcr. Garg. 241*.
HACKE, f. mhd. hacke (BEfc. 1, 007'), engl. back, das worl
steht zu dem verbum hacken wie das Substantiv baue zu bauen
(engl, hack zu ags. haccau wie hoe haue zu ags. heävau) und
Itvmmt in zwei hauplbedeutungen vor.
1, a) e» bezeichnet das insirument zum hacken ; IheUweise schwankt
da» geschlcciit in das männliche itber: grabstickel, ein hacken,
ein karst, bidens HE<tiscti 1719; hacken securis voc. inr. Uieut.
hS; tarculum, liyo hawc, hacken l'Risciu.if« nomencl. 372".
backe und karst sind in der bedeutung nicht immer scharf ge-
uhifdrn, bcidv uiirtrr werden in einigen grgenden gleicliwerlig neben
einander gebraucht, in andern ersetzt ein wort das andere, s. karnt
5,231, wahrend fuiisi der karst von der backe sich dadurch
untrr*cheidel, das: seine hackflUrJie in zwei zdhne oder zinken ge-
tpaUen ist: teilet »ie mit segcn und eisern hacken und keilen.
Ichron. 21,3; wenn sie mit ihren Scharreisen, gestielten
messerklingen, rechen, kleinen spaten und hacken und wedel-
artigen besen einheigezogen .. kamen. Göthe 17,178; (zim-
mer, gängc, wände) alles das vor der hacke des inaurers, vor
dem heile des Zimmermanns fallen zu sehen. 24, 20 ; zog
mann und mädchen aus mit kärsteu und hacken hinter die
erdäpfcl her. Gotthelk 5, 157 ;
Wallrafr nur fasst den entschlusz, seine bäume zu behauen,
und weit emsiger aU sonst, das beraubte feld zu hauen,
grcill zur uächsten axt und hacke, schneidet, pilöckct, kürzt
und bricht. Hagedohn 2, 15;
mil hacke, karst und spaten ward
der Weinberg imi und um gescharrt. Bürger 77".
redensarten: von der alten hacke reden, ton alten unnützen
dingen plaudern. Fiiiscii l,39l'; er lebt noch nach der alten
hacken, nach der alten siltc. Scumeller 2,148; auf die alte
hacke! schles. trinhpruch. Weimiold wb. 32'; eine hacke eine
hacke nennen, ein ding beim richtigen namcn: es sind deren
etliche gewesen, so in ihren aufscblagbüchern dergleichen
natürliche Wörter als ein groszes ärgernüsz vermieden . .
allein sind auch deren eine ziemliche anzahl vorhanden,
welche wie man sagt, eine hacke eine backe genennet. Stie-
i.ER vorrede; schmeisz die hacke nicht zu weit naus {mache
nicht zu groszc plane). Peter volksthüml. aus österr. Schlesien 1,
448; hack im stiel sein, vollkommeu gesund und tüchtig: er
ist nicht hack im stiel (nicht recht wohl). Friscuuier spr.
1430; der hacke einen stiel finden, sibi consilium capere, in
ordinem aliquid redigere, rationcm, viam, modum rei faciendae
excoyitare, providerc , prospicerc sibi. Stieleh 732; die berren
von Nürnberg könfen dieser hacke bald einen stiel finden,
wenn*sie einige solche personen braf abstrafeten. Dariienmme
reisebeschr. 63; ich will aber der hacke bald einen stiel finden
und dich deiner worte halber verklagen. 275; hört, vater,
der hacke will ich auch noch einen stiel finden. Vehnaleken
österr. kinderm.2; dafür sagte 7nan auch die hacke anhelmen,
ihr einen griff oder stiel machen, s. a.\lhelui 1,1047:
bald sei sie Jason haben bei ihr,
die hack hab ich angchelmet schon. Atrkr 244'.
die hacke unterstellen , in der Wellerau auf einem wege zum
ausruhen und trinken ruhen : er stellt fast bei jedem wirths-
haus die hacke unter.
Die romanischen sprachen haben in der bedeutung 1, a schon
früh dem deutschen entlehnt das franz. hache, span. hacba,
ilal. accia.
b) in mitteldeutschen gegenden bezeichnet hacke den hintersten
theil des fuszcs, wofür die benennung ferse der spräche des Vol-
kes ungewöhnlich ist; ebenso niederd. hacke, hacken (Danneil),
»in/, hak; schon aus dem 12. jahrh. findet sich die glosse haken
cakes Gräfk 4, 7C3. es ist der theil des fuszes, der die erde
hackt, schlägt, und backe steht in demselben Verhältnis zu hacken
wie lat. calx zu calcaie; das altnord. \\x\\, ags. hSl, engl, heel
ferse haben sich aus derselben anschauung heraus gebildet, da sie
detn lat. cal-c-are verwandt sind. — Das geschlecJit schwatikt,
wie oben l,a, auch hier, neben dem fem. findet sich ein wenig
gebräuchliches masc. hacken : in .N'iedersachsen heiszt die ferse
des fuszes hacke oder hacken. Jacoiisson technol. wb. 2,183;
spuren unbeschubeter füsze, von denen fünf wohlgebildete
zehen und der runde hacken dem sande eingedrückt sind.
Kestner röm. studien 103; schon in einem xylographischen ring-
budte des 15. jahrh.: wen er {der gegner) sich aufriebt, so du
in in dcui backen hast, so iiini das stuck das haiszt die halb
huft und ist ain rechtz kauijifstuck. Sirapeum 5, 34.
Eine anzalil von redeu.'tarten setzen sich an dieses hacke an :
von den backon bis zum nacken, wie sonst vom scbeitcl bis
ziu' zehe (z. b. in der Altmark, Dannem. 72') ; die hacke zeigen
oder weisen , fliehen , wie man sonst sagt die ferse weisen
(3, I5M), mit etwas anderm verbalen ausdrncl^:
dünn wandt' icli eilig ihr die llüi-liigon hacken.
HoNAVKWT. 125;
einem auf der hacke sein, proxime aliquem insequi, observare
aliqnem, ve.^ligia alicujus per.sequi. Stieleh 732; hier hat sich
die saciie mit den Studien . . etwas verändert und ich bin
ilzo den Europäern ziemlich auf den hacken. Claudius 5,58;
ich glaube der leufel hat sein spiel, dasz mir die kuinödie
immer auf den hacken bleibt. Lessing 12, 251 ;
die uingczugnn. .sagt ein grrk, liiili auf dir ehr,
indes er Rtets der Ireion anl doii harkrti liegt.
WmifiitKK;«!* filirrMhilftiii (t7<(0) ü. 22:
lul
HACKE — HÄCKEL
HÄCKEL — HACKEMACK
102
"emnnd auf die hacken treten, jemandem auf den hacken
"sitzen , ihn antreiben , eigentlich zum ronrdrtssehreiten nötigen.
* im Anhaltschcn sagt man du must dem kerle auf die hacke
gehen, Uim sdiarf zusetzen ; in der Altmark töfl ik will di
hacken maoken Dasseil, sonst heiszl es einem heine machen,
ihn eilen lassen (I, 1323); in Iheilen ron Mitteldeutschland lebt
nimm die hacken in die hand, sjw/e dich; vor dem gewöhn-
lichem nimm die heine in die halJJ hol das den rorzug der
alUlleration, die der formet gröszere trirkitng verleiht, dem rosse
setzt man die hacken in die seile, treibt es durch hackenscldage
an, gebräuchlicher ist allerdings die sporen geben: dem pfeide
die hacken in die seile setzen. Harnisch 233; dem esel die
hacken in rümpf gehen. 192.
c) den namen liacke überträgt man von dem hintersten theile
des fuszes auch auf den diesen umschlieszenden thäl eines kleidungs-
stüdces: hacke im strumpfe heiszt bei dem frauenzimmer im
stricken der unterste hinterlheil des strumpfes , worein die
ferse vorn fusze zu sitzen kömmt, frauenz.-lex. (tT73) 12G6;
die hacke des schuhes oder sliefels tcird der absatz desselben
genannt; frauen tragen hackenschuhe, hackenstiefelchen, solche
mil absätzen.
d) bei den fahnensehmiden ßhrt die kniebeuge an den Mnter-
füszen der pferde, u-elche eigenUieh aus sechs knochen bestellt, den
namai hacke, ädelcxc.
e) bildlich spricht auch der schiffer von der hacke, dem hin-
tersten theile, seines fahrzeugs , seines Steuerruders (holljnd. hak
van't roer) «. s. tr. vgl. hackbalken.
2) hacke drückt aber auch, als ein gebräuchliches tcort der
feldarbeiter und urinzer, die Verrichtung des hackens und die zeit
da diesz geschieht, aus. so hört man um Halle a.S. häufig: wo
sind deine kinder? 'sie sind auf der kartoffelhacke'; wir wol-
len auf die hacke gehen, ins feld zum hacken; es ist jetzt
kartoffelhacke, sagte ein baiier im Osterlande, da gibts viel zu
thun, er meinte die zeit des kartoffclliackens ; zu hrochacke {soll
man geben) ein weissen brot an den acker und einen sweig-
kese, und zu niracke also vil. u-eisth. 1, 69S. hrochacke für
broch hacke bezeichnet die zeit, tro das brach feld umgerissen oder
gehackt, ruracke für ruorhacke die zeit, ico das gerissene brack-
feld noch einmal gerührt, d. h. der quere nach überfahren und
gerissen wird, so vird namentlich auch beim Weinbauer hacke
gebrauciil : hacke ist eine arbeit, so der winzcr in dem ihme
anvertrauten Weinberg zu drei unterschiedenen mahlen des
Jahres vorzunehmen, und jedesmal das erdreich mit der wein-
hacke oder weinhaue zu brechen . . hat. öcon. lex. S9ö. ron
der zeit dieser arbeit : in der boyge {wenn die weinbögen im
april gebunden werden, s. böge S. 2, 219) gab man einen 12 pf.,
einem manne, der do pfclc stackte, is d., item in der hacke
ouch 18 pfenge. Stolle chron. 1S4; die andere hacke fallt
kurz vor der bliilhe {der weinstöcke) oder bald hernach . .
und es wird hiehei alles wie hei der ersten hacke beobach-
tet. Jacobsson technol. wb. 2, 1S3*.
H.\CKEFLE1SCH, n. fleisc/i durch das hackemesser gewiegt.
HACKERLOTZ , m. klotz zum hacken von holz oder fleisch,
für diese form aucJi backelklotz caudex fartorius Trochls RT,
uelclies sich unmittelliar zu häckeln {sp. 102) stellt.
HACREL, «. in Oesteneich eine kleine handaxt. Jacobsson
technol. wb. 6, 6' ; im Kärntnischen hackcl Lesfr 130.
HÄCREL, m. dasselbe was hacker, hauer, holdtauer: darnach
öffent man euch, dasz die häckel ain laufer haben sullen
von der hueb zu Chrauntal , und sol ieder eltist häckel in
der Stift sein bei meiner frawen. wei4h. 3, 722 {aus Tirol). —
Auch der bäume behackende specht heiszt im bair. baumhückel
ScHMELLER 2, HO {sousl baumhackcr). zu diesem häckel stellt sich
ganz das mundarlliclie englische ecklc, a woodpecker Halliwell 329'.
HÄCREL, HACREL, adj. u. adv. zart, wählerisch, delicat,
dasselbe was ekel c, 3, 397 : zu dem dunkt mich, dieser jung
sei ehrlicher leule kind und viel zu häckel auferzogen wor-
den, einem realer seine pferd zu versehen. Sini/-/. 3, 15 Kurz;
und jetzt ist auch die weh
umb viel viel backeier, als jener zeit, gestellt.
ScBBRFFER grooianus, vorrede;
SriELER 730 gewährt die form hekel, auch hechel findet sich,
mit Vertretung der gutturaltenuis durch ch : ich bin zwar . .
meine tage niemal so hechel gewesen , einem guten kerle
eine fahrt abzuschlagen. Simpl. 3, 71 Kurs, das ist eine streng
oberdeutsche form des sonst ursprünglich mehr nieder- und mittel-
deutschen gegenden angehangen wortes, die durch das vcrbum echelen
nauseare (DiEFE?iB. 376') bestätigt wird.
Das wori hat bereits 3, 394 besprechung gefunden, nur ward
dort zur vergleichung nichl heran gezogen das ags. acol exterri-
tus, paridus , acoi-mod pavidus animo Greis 1, f. trenn nun
RiLiAS die form ackel, eckel nausea gewährt, so darf diesz zu-
nächst mit jenem ags. adjectic verglichen werden , und es wäre
hiernach für unser adj. und siJ}st. ekel, das zudem in der Schrei-
bung eckel für die ersten Zeiten seines Vorkommens übenciegl und
vorerst nur in mitteldeutschen gegenden gebräuchlich ersdieinl, ur-
sprüngliclie kürze des vocals anzunehmen, das schwed. eckel, dän.
ekkel, kann aus dem deutschen erborgt sein, die form häckel
trörrfe sich zu dem subst. und adj. eckel , ekel nur verhalten
wie hachel arista zu achel, ahd. ahil, wie das schweizer, beigen
SU ahd. eigan oder wie heischen zu mhd. eischen, den über
gang ron der bedeidung erschreckt, zaghaft, in die zart, ekel, an
sich nichl unnatürlich, kann das kärntnische näher bestätigen, hier
bedeutet käggel bedcnklicltkeit , zaudern, ekel, wählerisches unter-
suchen. Le.xer 136. — Auch das später aufzuführende adj. heikel
wird von häckel und ekel nicht zu trennen sein, sei es, dasz
hinsidälich des vocals Übergang aus der a- in die i-reihe stattge-
funden hat, wie lehre golh. laiseins zu lesen, golh. lisan las
gehört, und wie meinen sich mit golh. ga-man, munan berührt,
oder dasz ein umlautwirkendes i aus der zweiten in die erste silbe
mit eingedrungen ist, woßir es manche beispiele gilt, ahd. inveir-
fande aduUerantes ßr arwarljande (Graff 1, 95S), eigeslihhi
für egislihhi (1, 104) , meinnisco für mennisco (2, 753) , alt-
niederfränk. einde für endi ps. 60, 3 , heinde für hendi 62, 5.
nt;c/i maszgabe der letzteren fälle liesze sich heikel aus allem
hakil, heckel deuten, und jenem ags. acol müszte ein nicder-
und miltddeutsches akil, ekil zur seile gestanden haben. — In
vcr.<!dttedenen mundartcn gehen häckel und heikel neben einan-
der: henneb. häklich , haiklich, haikel, schwäb. heikel uttd
häckel, schles. haikel, haekel, häkel. From». 2, 514.
HÄCRELN . verb. klein hacken : fleisch zu wursten häckeln.
AiERBACH dorfgesch. 2, 392. vgl einhäckeln 3, 194. — häckeln
für häkeln, s. d. letztere.
HACRELWERR, n. umzäunung eines grundstückes oder ge-
höpes: sepimentum virgulteum sive spineum hakelwerk Ciiytraecs
nomencl. lat.-sax. cap. 9 a. e.; in Ostfriesland hakelwark
Stürexb. 80 ; es ist der lebendige, durch behacktes buschwerk ge-
bildete zäun, vgl. hag und hecke : sei gung eines dags gegen
abend in den gören up un dal in den schallen von dat hoge
hakelwerk. Relter oll. kam. 4,110; wenn der sagen wollt, die
sünn is aufgegangen, denn sagt er Aurora schaut schon über
das hakelwerk. 95. der name ist auch ausgedehnt auf ein kleineres
mit einem solchen hackelwerk umgdfenes gut, Hwa ein Vorwerk im
gegensatz zu einem durch mauern befestigten schlösse, aber diese
begn/fserweiterung scheint nur in Preuszen und den deutschen Ost-
seeprovinzen zu gellen, so schon bei Jeroschin und in der livländ.
Chronik hachelwerk mit streng oberdeutscher form , s. mhd. wb.
3, 5S9; das schlosz mit dem hackelwerk und umliegenden
dürfern brannten sie in den grund. Hen.neberg 3S9 ; brauten
das hakelwerk ganz ab. Schitz Preuszen 71; das hakelwerk
und die hofstad des schlösse«. 203; zu den leufen, die auf
dem hakelwerk wohnen. 211; es ist darbei (bei der festung)
ein hackelwerk von Russen bewohnet, pers. reisebeschr. l, 4 ;
wir wurden auf jenseit der Stadt im hackelwerk eingelegel.
daselbst.
HACREMACR, n. gdiackles und durch einander gemengtes, vie
hack und mack {sp. 9S); es ut bildliche bezeichnung 1) für aUer-
hami durcheinander liegende wertlose dinge:
es schleppten mich {die perlenmusdicl) die widerwärtgen Juden,
die scbacherjudeli, um in ihrem sacke,
worein sie allen tausendscborel luden,
und steckten unterm andern hackemacke
mich noch zu unterst als das allerscblecbtste. Rcckkrt ISS;
haggamagga als durch einander. Ece schutzrede kindi. Unschuld
(1540) Rj'; auch ßr verwirrte rede, getcäsch:
verhütt, dasz nicht machst hackgemack.
Calagii's Susanna D4^
dann 2) ßir allerhand pöbel, zusa.nmengdaufenes gesindel:
lasz rüsten sich zur ewigkeit das hackemack,
sie müssen räumen das "quartier mit sack und pack.
TiECK 1, 246.
so wird es auch im Göttingischen gebraucht; aber die Verbindung
hackemack un fegesack oder stöwesack (Scoambacb 71*) be-
weist, wie nodi im bintergrunde die bedcutung 1 steht: man denkt
an einen sack den man ausfe^ oder ausstaubt , wobei aUerhand
kleiner plunder herausfällt.
7*
103
HACKEMESSER — HACKEN
HACKEN
104
HACKEMESSER, HACKMESSER, ti. culler incUorius. Stielkr
1252, Stei.nbach 2, 59. waid- i. liackniesser artamus Diefenb.
51". deni fteischer ist es ein breites beildlinliches messer, Jianient-
lich wurst/leisch zu hacken; auch der gärtner braucht es zum
behauen der bäume und äste. Jacobsso.n C, 6*.
HACKEN, rerb. ferire, concidere, pastinare, ahd. kakjan (Graff
4, 702), mhd. hacken, ags. haccan, altfries. hakia. dasz bocken
sowol me bauen auf eine vollere verbalform zurückzuführen ist,
die am Schlüsse der deutschen wurzel sowol labialis wie yultura-
lis aufwies, und von der das eine rerbum jene, das andere diese
rettete, ist in der abhandlung i. Grimms itbcr diplUhongen nach
weggefallenem consonanlen (kleine Schriften 3, ll'J) dargelegt wor-
den, die goth. form des worlcs fehlt uns, das altnord. büggva
dagegen aus früherem baggvan, bagvaii weist beide lautgallungen
auf. während aUsächs. bawan, ahd. bawan houwan die gtilluralis
einbüszten , rettete sich die lelztere bei Untergang der labialis
in ver'sdiiedenen bildungen, und wie ags. big heu zu lieävan
hauen steht, so wird zunächst bag und bagcl von bauen nicht
zu trennen sein , worüber unter diesen worlen mehr, in andern
bildungen aus die.<ter wurzel hat sich aber die gutturalis, wol un-
ter dem einflusse ihrer doppelten Stellung, nicht als media gehal-
len, sondern ist in die tenuis übergegangen, wofür in streng obcr-
deulsclten gegenden auch sogar die gulturalaspirala cb platz griff.
so erklärt sicii backen , liackelwcrk neben bacbelwerk , baclie,
wofür Keisebsberg bagk schreibt ; neben liäcksel erscheint noch
spät die Schreibung becbsel. rücksichllich dieses Schwankens in
der gutturalis vergleiche man rücken mit ursprünglicher doppeller
yuUuralmedia (alis. bruggi), wofür nach der Verschiedenheit der denk-
mäler ahd. ruggi, brucki, ruke, mhd. rugge und rucke erscheint,
die aspirata tiilt hervor in ahd. rucbilingun rücklings (Graff 4,
1140), ferner die Verschiedenheit des auslaules in ahd. quek (vivus),
wofür auch queb, quecb, queccb, quekh und clieg steht, wo-
bei zu bemerken ist, dasz auch die deutsche würzet dieser beiden
uörter in Hirem auslaute guttural- und labialrerbindung wahr-
scheinlich aufwies (Grimm kl. Schriften 3, 130. 131).
hacken ist intensiver als liauen ; wenn die thäligkeit des hauens
auch in einem anzigen schlage beschlossen ist, so bezeichnet Iiacken
vielmehr das wiederholte bauen, und setzt eine reihe von schlagen
voraus, in folgenden fällen steht es :
1) es ist verstärktes schlagen überhaupt; so niederdeutsch cvm-
plaudere mit den hennen (bänden) tosamede hacken Diefenb.
137' ; im GvUingiscIien heiszt ein backetau-braucr (hackezubruder)
ein plumper und grober gesell (Scuambach 71') als einer der gern
zuschlägt, prügelt, etwas entzwei backen ist stärker als etwas
entzwei schlagen, sireilende backen auf einander los , auf
einander ein ; sie hacken und beiszen sich seihs drüber wie
die tollen sew unternander. Luther 5, 297 ;
(mein bruier) den der barbar an die Preuszen verschacherte,
dasz ihn zu schänden
hackte der wilde kalmuck und menschenfrcsser und tutar.
Voss Idyll, 'die leibeignen'.
daher sagt man sprichwörtlich es backt alles auf uiich ein, alles
vM mir wie einem gegner zu labe; auf abwesende backen,
absentes rodere amicos Stieleh 732; dän. abgeblaszier hakke paa,
einen tadeln Kristiansen 115. — Der feind wird in die planne
gehackt, wie sonst in die pfanne gehauen, gewissermaszen zu so
kleinen einzelnen stücken vernichtet, wie sie in die pfanne gehen;
parallel ist die redensarl einen zu kochstücken bauen, 5. kocb-
»lück 5, 1504 : dieser vortbeil war das einzige mittel zur ver-
bindernUss , dasz nicht das ganze Cimbrische beer in die
pfanne gebackt ward. Lohekste'in Arm. 2, 891.
1, lüU4 begegneten wir dem ausdruck sich selbst in die backen
hauen, gleichsam .•<ich selbst verwunden, schädigen, das in diu
backen hauen war eine alte weise der kämpf Verwundung, wofür
auch galt in die hacken hacken:
hQebe «ich ein schlmpr {kampfipiel),
da^ man hacken
wiird die backen,
sa.'he inani;cn iclirimpr , . . MS. Hag. 3, 191'.
bei Fischart ist Hackenback ein gemachter heldenname :
Ton männlicher tiiecni und roeh dann inensclilichcr »tvrVe
dei »trcltwani llackenback. Carg, 'M*;
da/ür Hakbak, Hakintebak Garg.'yj'; wie crs vom groszvallcr
Hackelbark gcb'irl bat. 131*.
2) Vögel backen mtt dem sclinabel ein ding, nach eineni dinge
oder in ein ding:
mich backen die raben vom rade. KüRcRHi
da backten Um die raben in dst ani^csiicht. lollisliidi
wir backen, wie die slciudohle, nach jedem glänze. J. Paul
Titan 1,58; bildlich: da ferner unsere näscberei nur nach
überflüssigem witze hackt, werke 5,43, das Sprichwort sagt:
keine krabe hackt der andern ein äuge aus, lupus lupum non
dei'orat. Stielkr 731 ; s. ausbacken, eine milde Verwünschung
ist: dasz dich der bahn hack! Mattiieso»« cniicamusica (1726)
2,153, tt'i'e schwäbisch dasz dich das niäusle bcisz !
3) fleisch, kraut, slroh, holz, wird gebackt , durch mehrfaches
schlagen mit bell oder messer zerkleinert: ein fleisch eines swines
weich gesoten unde gebacket under ein ander. Haupt 5,12;
nini mager kalblleisch und reinen speck , hacke das klein
durcheinander, Colerüs hausbuch 1, 156 ;
dein saOVan liast zn Fenedig gesackt
und liast riudlleisch darunter geliaclit.
fiisln. sp. 478, 2;
der fleischer hackt fleisch oder leber zu wursten; fleisch
backen, cu/«f m co/icWere Steinbacm 1,004; gehackt krautmiisz
minulal Dasvp. ; heiszt palea, ist gehackt stro. Fischart bienenk.
51", vgl. bäckerling, backstroh; bolz backen, holz zu kleinen
stücken schlagen , unterschieden von bolz hauen , das holz im
walde hauend fällen, bddlich wird gesagt auf einem bolz backen,
ihn sehr schlecht behandeln, ihn yleiclisam als hackeklolz für die
schlüge seines witzes oder seiner laune haben: das, wan er (in
Ungnade) fallt, jederman holz auf ihn bakken wil. Burscnnv
liochd. kiuiz. 279; ich bin die personificirle Sanftmut, ich lassj
bulz auf mir backen, Kotzebue dram. werke 1,314.
4) sehr häufig ist backen in der bedeutuug mit der hacke das
erdreich bearbeden. es steht
a) ohne objcci, allgemein die thäligkeit vtarkierend : wolan, ich
will an diesem ort eine prob nehmen und meinen karst auf
diesen bäum werfen; bleibt er droben hangen, so will ich
mit in den krieg ziehen, fallt er aber wieder herunter, so
soll mirs ein zeichen sein, dasz ich elender tropf noch länger
hacken soll. Simpl. 3,195 (1713 *-. 153);
du Adam hackt und Eva spann,
sagt wer wa da ehi edcluiaun?
beliebt sind die Verbindungen hacken und graben, hacken und
roden .■
wenn man eine Zeitlang inusz hacken und graben,
wird man die ruh erst willkuiunien haben. Götue 13, 148;
das ich sott liackcn und rüten,
N. Manukl fasii. 340 (Grün);
wer die rut fleuclit,
und die url)eit scheucht,
und niclits leiden kan,
und wil nichts ausz stabn,
doj' bleu) Joliannes in eodem
iiiul nuisz Iiacken und roden.
I'eters teulxdi Wfiszh. Kee 7'.
b) mit object , das feld, den acker, den weinberg u. s. w.
hacken: das ärdtrich backen imd karsten, fodere terram, per-
fodere, paslinare Maaler2ü4'; ich wil in (den weinberg) wüste
ligen lassen , das er nicht geschnitten noch gehackt werde.
Jes. 5,0; nach pfingsten oder Johannis . . hacket man den
ganzen bopfengarlen nmb. Coi.erus hausb. (1604) 2,195; für
den weinberg hacken sagt man auch schlechtweg wein backen,
paslinare vites Stkinbach 1,604; ähnlich karlofleln , ruhen
backen für karloffrl- oder rübenland hacken , mit der hacke be-
arbeiten : in der fasle soll der alte hopfc gebackt und be-
schnitten werden. Cülerus 2,190; wer leilreben buwet von
dem gulzbus, der sol si zu saut CIcrien tag gebacket bau.
weislh. 4,508. — Im winter , wenn flüsse und yosseit gefroren
sind, stellt man leule an, das eis zu Iiacken.
5) bildlich gilt Iiacken in mehreren bedeutungen ; für unmäsziges
essen : er hackt slatllich drauf los , ra]>tim rorat instar lupi
famelici, devorat et ingurgital sese. Stiei.er 732; für undeut-
liches stammelndes reden (Aoei.unc), ebenso wie engl, hack,
schwed. hacka i lal, hacka i foredrag, stammeln, sloltem;
ebenso für undeutliQhe unschöne schriftliche darslellung: er schreibt
einen gehackten slil.
^ C) die milch backt sich, sie gerinnt, wofür im Osterlande
auch das frequenlalive backerii verwendet wird: die luilcb backen
sich oder ist gebackerl.
7) hacken für haken, s. d. letzlere,
HACKK.N, ». der iufiniliv des vorigen in subdantiver bedeutung :
und sie «ircnt dann ('/>■» ri'tiieln) das fuiter aus,
da ^ehlx an ein picken,
an ein «chlürren, an ein backen, GOrua 3, Ol ;
das hacken (arnfio FnisciiLiN numcnr/. 377*; aclio caedendi asaa
sive securi, aclio sarriendi, paslinandi, ronridendi Frisch l, 3«i';
105
HACKENHELB — HACKERICHT
HACKERIN— HACKET
106
das graben und hacken macht schmale backen , improbi la-
bores vires exliauriunt. Stieler 732; hacken macht Schwielen.
das.; diesen hopfen, weil er nicht gehackt, nennt man rasen-
oder grasehopfen, thut oft mehr und treget gröszere heuptcr,
als der andere, weicher viel hackens und wartens bedarf.
CoLERCS hausb. 2, 197.
HACKENHELB, m. für hackenhelm, stiel, griff der hacke :
wils {das iceib) blewen mit dem hackenhelb,
dasz ir leib wird schwarz, blaw und gelb.
II. Sachs 4, 3, 12'.
helb für heim steht wie erbel für errael (s. 3, 715) , b für m
begegnet zutccilen im baiiischen. \Veinhold bair. gram. 131. iregen
der bedeutung von heim vgl. dieses, ferner lielb, und a.\thelm
1,1047.
HACKE.NSCHAR, n. chenopodium bontis Henricus. Nemnich.
in Schlesien lungwurz, alriplex caninus. Fromm. 4, 170.
HACKE.NSTÜCK, n. beim Strumpfwirker dasjenige stück an
einem strumpfe, das am fusze die hacke oder ferse bekleidet.
JACOBSso.f techn. wb. 2, 1S3' ; beim Schuhmacher das hinterleder
des Stiefels oder schuhes 260', auch hackenieder genannt.
HACKEPFEN'MG, m. abgäbe für das hacken: in disen seihen
dinghof hürent drizehen mentage {viertelhufen) ; zue winachten
der git jeglicher achtzehen hackepfönninge. weisth. 4, 152;
fünfzehen hackepfönninge zue der liechtmäsz. 153.
HACKER, m. fossur, pastinator, sculptor, caelalor Stieler 732;
häcker Hemsch 1718. in Ostfiiesland wird hackcr derjenige
genannt, der die erde zum buchweizenbau mit einei- hacke um-
reiszt. Jacobsson 6, 6*. gewöhnlich bildet das wort den zweiten
theil von composilen : fleischhacker, wursthacker, holzhacker;
vogelnamen sind baumhacker (specht) , nuszhacker {sitta euro-
paea). — Die timgelautete form häcker {mhd. hecker Ben. 1,607),
hat sich für gewöhnlich in verengter bedeutung festgesetzt und be-
zeichnet vorzüglich im süden Deutschlands den weinbergshacker,
Winzer: anno Mcixxj ward herzog Ludwig von Beyern von
einem häcker erschlagen. S. Frank chron. (1531) 186'; gott,
der du allen kindern deiner kirchen durch der heiligen pro-
pheten stim offenbaret hast, das du an allen ürtern deiner
herrschaft der ausseer gutes samens und ein hecker der
auserweleten .rehen seiest. G. Witzel psalt. eccles. (I550) 96*;
wie kan ihnie der häcker oder winzer so künstlich mit
dem rebmesser schneiden, a. iväszheit lustg. 168 ; in der Um-
gebung von Wüi-zburg, wo die bevülkerung dicht, der grund-
hesifz sehr zersplittert ist , und ein groszer theil der bevöl-
kerung sich durch den weinhau nährt , der selbst in guten
Jahren den fleisz des häckers nur mäszig belohnt. Aiigsb. allg.
zeiig., aug. 1866. s. häckersmann.
In Schlesien ist häcker für schlag, treff, Itieb gebräuchlich
(Fromm. 3, 413 tio. 502) ; das ist gleichsam eine personification des
scfUages , ähnlich brauclä man in Düringen {Rudolsladt) tapper
{einer der zutappt) für schlagflusz.
HÄCKERCHEN, n. plur., die ersten zahne der kleinen Kinder,
sie heiszen so, weil sie gewissennaszen das Zahnfleisch durchstechen,
vgl. unten hecken in der bedeutung stechen , und denlire zahne
becken Diefenb. 173'; häckerlein denticuli infantium primi
eTnis.<!i Stieler, Frisch 1,392*; heckerlein, heckelein in der
Oberpfalz. Schm. 2, 149.
H.\CKEREI, /■. das auf einander los hacken {sp. 103), streit,
zicist, gezänk. Stieler 732.
HACKERICHT, adj. itfis'hörkericht, mit einem hücker versehen :
ir (der wett) schöne färb ist gar verblichen,
ist rostrig, schimlich, .«eiger, kamig
krumb, iam, beiiibrüchig, hackrig, liiiikeml.
B. Waldis Esop 4, 100, 171 ;
was unrecht ist, das nent er recht,
was backerich ist, das heiszt er schlecht {eben).
d. papstl. reich B 4' ;
hackericht gibbosus Diefenb. 262' zeigt die nebenform hoge-
rechtig, heverich, hoferich, hoffericht auf (hogrecht Boner
edelsl. 76, 7. 21), gerade wie ahd. hofar, ags. hofr gibber durch
die viütelform hoger {edelst. das.) zum nhd. hücker tritt, auch
mhd. hiihel, nhd. hügel darf zu der Verwandtschaft gezogen wer-
den, alles dieses leitet auf die würzet hab, haf heben, die in
einzelnen bildungen schwankend Schwächung ihres vocals zu u und
Übergang des schlieszenden consonanten in die gutturalreihe erfah-
ren hol, zunächst in die media g, die aber wenn sie doppelt ge-
setzt war [eine form boggericht, baggericht ist allerdings nicht
bekgl , aber nach dem obigen lioffericht wahrscheinlich) in ck
au$artete. unter bücker vird darauf noch einmal zurück zu
kommen sein.
H.\CKERIN, f. foemina fodiens et scalpturiens. Stieler 732.
HÄCKERLISG, »1. klein gehacktes oder geschnittenes stroh. das
wort scheint ein neueres zu sein, vor dem ausgange des 16. jahrh.
kann es nicht belegt werden ; auch hat es wol ursprünglich in be-
schränktem örtlichen gebrauche gestanden , der gemeine mann in
Süddeutschland braucht es auch heute noch nicht, für bäckerling
schiene ohne das eingeschobene r natürlicher häckling oder häcke-
ling als product der hacke, weil das stroh zu viehfulter früher
nicht geschnitten, sondern gehackt ward {vgl. häcksel und hack-
strob); aber mit gläcltem hinzugetretenen r nennt man heider-
ling den schwamm, der auf der beide wächst, agarius campeslris;
mit der nachsilbe -ling werden sonst die namen getrisser speisen,
namentlich schwämme, äpfel und kuchen gebildet {gramm. 3, 376.
462. 7s2). vom hexel oder beckerling. Colergs hausb. 3, 201
{die vorrede ist von 1596); bäckerling pateae ex frugum culmis
consectae. Stieler 732; oder wenn meine frau die fässer ein
wenig mit frischen hrunnwasser wolle füllen lassen, es hätte
aber ein schabernäckischer nacbhar beckerling in den brun-
nen geschult , dasz also die leule früh lauter beckerling im
hier finden; würde mir disz nicht eine ehre sein? Chr. Weise
erzn. (t6S0) p. 1S7;
jene lief in die schenne, wo Thoms mit gewaltiger arbeit
bäckerling schnitt. Voss Idyll. Itj^ 154.
bäckerling dient vorzüglich als pferdefutter : dem pferde fuller
mit bäckerling mengen. Stieler 732; beckerling fressen. Chr.
Weise erzn. 226; alles ist nützlich, meine herren , alles;
dornen und disteln, spreu und bäckerling. Wieland 8,67;
bäckerling und haber können nicht verscbiedner von einan-
der sein, mein gutes pferd. Lessing 10, 211. da das wort ein
colleetivum ist, so ist ein plural selten: lieckerlinge zu schneiden.
Cläldics 7, 174.
In redensarten ist bäckerling das Sinnbild einer wenig werten,
geringen und leicläen sacite:
der mann, der das wenn und das aber erdacht,
hat sicher aus bäckerling gold schon gemacht.
Bürger 67*.
der mensch bat bäckerling im köpfe (Serz 61) sagt man von
einem dummen, me sonst er ist ein slrobkopf.
bäckerling wird gefallenen mädchen am hochznistage vor die
Ihür gestreut:
das kränze! reiszen die buben ihr
und bäckerling streuen wir vor die tbür. Göthe 12, 188.
vgl. unter baberfeldlreiben oben sp. 82.
Stieler 732 will bäckerling auch in der bedeutung gehacktes
fleisch oder gemüse kennen; das würde wie fu>lländ. baksel letn,
das auch geschnittenes stroh und gehacktes fleisch bedeutet.
HÄCKERLINGSBANK, f. gerüst von holz, worauf bäckerling
mit der fullerklinge geschnitten wird. öcon. lex. 983.
H.ÄCKERLINGSBODE.N , m. boden zur außewahrung des
häckerlings. das.
HÄCKERLINGSLADE, f. was bäckeriingsbank, aber mü be-
zug auf die ladenförmige gestalt des gerüstes zum häckerling-
schneiden :
Thoms antwortete drauf und stellte die bäckerliogslad' bin.
Voss Idyll. It), 159.
HÄCKERLINGSSCHNEIDER, »i. ; bei groszen baushallungen
musz der hausknecht den . . beckerling schneiden, wo aber
dieser sonsten nölhiger gehraucht wird, pflegt man einen
besondern beckerlingsschneider oder fulterscbneider zu hal-
ten , welcher gemeiniglich vor das schock strob zu schnei-
den , vierzehen bis sechzehen groschen zu lohne bekömmt.
öcon. lex. 9'>3. s. bäckselschneider.
HACKERLOHN, »7i. merces quae caesori lignorum datur. Frisch
1, 391'.
HACKERN, x'erb. denlire Stieler 732. das kind häckert, be-
kommt die ersten zahne, häufig in Düringen und dem Oslerlande.
vgl. bäckerchen sp. 105.
HÄCKERSMANN, m. was häcker, iwiwt; wenn es nun ja
dazu kommt, so freut sich billig ein ausgescbaffter arbeiter
im geistlichen weinberg und sagt : gute nacht,
bestreut den sterbeklttel mit tulpen, majoran,
schreibt meinen grabetittel : hier schläft ein heckersmann.
Otho 270.
HACKET, f. zeit der hacke, besonders der weinhacke: so es
aber in der hacket ist, so dann die von Maisch . . zu backen
schuldig. MoNE Zeitschrift für geschichte des Obeirheins 3, 289
(t'on 1559). in der Scltweizer mundart hat das wort männlicha
107
HACKETKRAUT — IIACKSCH
HACKSCIIEN — HACKSTOCK
108
geschlecht: der hacket, die zeit des hackens , besonders in den
Weinbergen. Stalder 2, 9.
HACKETKRALT, n. anemone Maaler 204', Hederich 1190.
6« Nemsich heiszl es hackenkraut, hacketkraut, anemone ptd-
saliUa.
HACKFRUCHT, f. fruchl die die hacke aus der erde holt,
kartoffcl, mOhre , rübe, runkel. hackfrOchte {karto/feln). hann.
mag. 1842, s. C33',
HACKHOPFEN, m. hopfen der im jähre zweimal behackt und
einmal gedüngt u-ird, im gegensaiz des gras- und rascnhopfens.
Jacobsson tecbn. üb. 2, 184'.
HÄCKLEIN, n. parvus bidens. Stieler 732; hcrr Wollen-
haupt der forster geht ein , hat ein hcckicin als kumm er
vom feit. Avrer singsp. 146' (3004, 35 Keller), in der Wcttcrau
häckelchen.
HACKREISER, n.plur.: die trocknen bJiume {bei der krähcn-
hüUe) müssen nur wenige äste und gar kein laub haben,
damit die darauf baumenden vögel recht frei sitzen, man
nennt diese bäume hackreiser in der Jägersprache. Heppe
jagdlust (n84) 3, 117. da diese reiser sonst hockreiser, tritt-
reiser (GücnnAUSEN mem. ven. 126) heiszen , also reiser worauf
die zu fangenden vögel treten oder hocken, so ist hackreiser für
hockreiser zu beurtheilen wie hackericht für hockericht sp. 105.
vgl. hockreiser.
HACKSCH, m. ungeschnittenes schwein, cber; ein vorzüglich in
Franken (FROim. 2,33), Düringcn, dem Osterlande, Meiszen und
Schlesien gebräuchliches wort, dasz der stamm desselben mit Iiacken
zusammenhängt, erscheint nic/it zweifelhaft, denn wie die zahne
des ebers hauer hemcn, so gilt auch dieser selbst als hauendes,
hackendes tliier (ein hauend schwein; die starken hauenden
Schweine. Ueppe jagdlusl 1,193) und führt davon seinen namen:
keuler soviel wie scidäger 5, 650. begrifflich gleich damit ist in
den deutschen mundarten hagk, hecke! eber: verres berheckel
Diefenb. noi\ 5/0M. 379', engl, bog; wenn aber hag, hagen in
einzelnen deutschen gegenden auch den zuclUstier aiu^drückt (Sciim.
2,162; ein hagen oder ein pfar. weislh. 1,655), so führen
alle diese wortc auf eine gemeinsame würzet zurück, worüber
unten unter hagen noch einmal gesprochen wird. — Was das
Suffix von hacksch betrifft, so kommt die form hackisch als die
älteste bezeugte vor (Colica 173), und in bclrachl dessen fassen
wir am nalürliclisten das wort als ableitung mittels des sufßxes
isch vom subsl. hack 1» der bedeutung 1 {sp. 98) eben so auf,
wie etwa läufisch zu lauf, närrisch zu narr gehört, der ausfall
des suffix-vocalcs ist zu bewiheilcn wie in men-sch für menn-
isch, «firf wegen des mangelnden umlants in hacksch ist an
die ahd. nebcnform mannasc für mannisc, mennisc zu erinnern
(mannaschines chunnes humani generis, mannaskinemo sitiu
humane usu Graff 2, 756).
Das worl ist vor dem 17. jahrh. niclü bezeugt, Stieler, Stein-
bach, Frisch verzeichnen es nicht, es bedeutet:
1) das ungesdtniUene schwein, welches zum belegen der mutler-
sdtweinc gehalten wird. öcon. lex. (1731) 897. des Spanferkels
vater ist meines behalts ein hackisch oder grobes schwein.
CoUca 173 ; (ich) wolte wohl ein gebäude aufiühren, worinne
der grüste hacksch zu wohnen sich nicht schämen solle.
Causcnmacher \^ ; im bette hielt er sich nicht änderst als ein
gebohrnes hauptschwein und bei der mabizeit wie ein naliir-
licher haksch. ehe eines weibes 219. auch vom wilden eber:
und friszt sieb . . .
gleich als ein wilder hacksch an fremden cichcln sntt.
Stoppe ijcd. 2. samml. 170.
2) in Hordböhmen heiszt übertragen auch das mdnnchen der
kaninchen hacksch, wie das weibchcn saue. Fromm. 2,31.
3) hacksch als Schimpfwort: in der Allmark für einen men-
sdien, der in seinem thun sidi ungeschicki und plump benimmt.
Da.ineil 73'. das rührt an das sddes. verbum hackschen, ur-
sprünglich einen schlagen, dann übertragen schlecht von einem
reden, hacksch schlag (Frojui. 3,418), und sichert die ablei-
tung des Wortes hacksch von Iiacken. gewöhnlicher bezeichnet
man durch hacksch in unmittelbarer anlehnung an diebcdculung 1
einen unfl'Uujen , schweinischen gesellen: der mensch ist ein
wahrer hacksch ; du hacksch ! schimpft man einen , der zoten
reisit; prosit hacksch! ruft man im Osterlande einem rülpsen-
den zu.
4) im Osterlande heitxl schcunhocksch der dretcher, der den
teilten schlag in dir scheune Ihul ; wahrscheinlich in erinnerung
un die tontl hier untergegangene silte, der letzten garbc die geslalt
eines thieres, namentlich einet schweines 2U geben.
HACKSCHEN, verb. sich wie ein hacksch geberden, namentlich
unflätige reden führen, in Mitteldeutschland, vorzüglich Düringen
und Meiszen gebräuchlich, auch in der hennebergischen mundart
Fromm. 3, 134 , mit dem dazu gehörigen siä>st. gehacksch , un-
sittliches reden, in Schlesien hat hackschen eine andere, unmittel-
bar an backen reichende bedeutung, vergl. oben hacksch 2.
Studenten kennen einen hackschcoinment, wobei zotenlieder
gesungen werden.
HACKSCHEREI, f. unzüchtiges gebühren, unzüchtiges reden.
HACKSCfHG, adj. unflätig, zotig, in sludentischen kreisen heule
viel gebraucht: eine backschige geschiebte, ein hackscbigcs
lied; auch persönlich ein backschiger kerl.
HÄCKSEL, m. und n., auch in der Schreibung heckscl, hechsei,
baxel, häxel, bexel ; niederd. bakkels, holt, haksei n., dän.
hakkelse «i. kein gemeindeutsches worl, sondern auf Nieder-
und Mitteldeutschland eingeschrdnid. es bezeichnet das klein ge-
hackte, später nach erfindung der häckerlingshank klän geschnittene
Stroh, wie es vorzüglich als richfutler dient, in Schlesien sagt man
dafitr siede, in Baiern gesott, in Franken bälin, in der Schweiz
{Bern) häckcl, bcckel (Stalder 2,9); auch sonst stroh unfl
hcckel. balt. sludicn 15, 125. paica, ein süd, fit e siramento
socio, ausz baxel. Aluerus tt'. baxel slramentum minutim
sectum Bb 4". bexel schneiden. Colkrls hausb. 3, 20l', der be-
merkenswert im gcschlechtc schwankt: wer seine rosse zum bexel
gewöhnet bat, der gcwehnc sie ja nicht wieder davon . . es
musz aber den pferden der bexel aufs kleinest geschnitten
werden als immer menschlich und miiglich ist. den kühen
mag man es ein wenig grüber schneiden, buch 9 cap.H; die
armen leute mästen das viel» mit kraut und ruhen klein ge-
schnitten und unter das hexcl oder siide gemenget. b. U c. 83;
bexel von roggenstroh. IJöckler kriegsschule 972; kleiner hexel,
sagen die bauern, ist halb mengsal. öcon. lex. 982;
naclulem es (das ross) seinen licrrn aus mancher mcnschen-
schlacht
in seine bürg zurücl« peltrachi,
beiiam es tialcr, ohne hcchsel. Kl. Schmidt poet. briefe 59,
. . nur häcliscl
stall funliclniier dukatcn fand. Wielanp 1«, ISO.
häcksel streuen, wie häckcriing streuen {vgl. oben sp. 100 u. 82) :
die Vorstellung war ihr unerträglich, dasz eine boshafte band
vielleicht auf derselben stelle des Vaterhauses ihr häcksel
streuen könnte, wo einst an jedem ersten luaitag grünes mai-
laub für sie geprangt halte. Kinkel erzähl. 261.
HACKSELBANK, /. was häckerlingshank, gerüsl zum häcksel-
schneiden.
HÄCKSELKLINGE, f. klinge an der häckselbank zum liäcksel-
schneidcn. Frisch 1, 391*.
HÄCKSELLADE, f. was häckselbank.
HÄCKSELMESSER, ni. wie häckselklinge. Frisch.
HÄCKSELN, verb. häcksel schneiden: der alle bauer hörte
schon lange zu bäcksoln auf und horchte. Gutzkow n7/er
i'. geisle (1851) 7,42s.
HÄCKSELSCHNEIDER, m. wie häckerlingsschneidcr: da
rechne mir nu einer, wie viel der bexelscbncidcr vom schock
sirob zu schneiden bekömpt. Colerus hau.fb. 3, 201.
HACKSTOCK, «1. stock oder klotz zum hacken.
1) des holzcs: spensiva (i. cippus 1 truncus super quem ligna
sccantur) hack- I. holtzstock Dikfenr. 546"; in der schirr-
kammer ist auch ein starker hackeslock nölhig, damit der
Schirrmeister das knrtze schirrholtz darauf setzen und be-
hauen könne, öcon. lex. 897; er legte sie auf den hackslock
und zerhackte sie in kleine stücke. Vernaleken öslerr. kinder-
märchen 330.
2) der fleiscltspei.<ien , und hier ein gerät der küche; der obere
theil, worauf gehackt wird, ist gewöhnlich mit einem erhabenen
rande umgeben und durch einen decket zu ver.KclUieszen, so dasz
zugleich ein behäller der gehackten sfM'ii:en hergeslellt ist: hack-
stitck voll füllmagen , saltzis, gelirülon kaiton kalbsköpfcn-
krösz. Garg. 54*; bald niinpt sie iliiii {die fran dem zurück-
kehrenden niufiNf) den maulel ab, bringt ihm ein frisch nasz-
tüchlein, Iregl das beste ausz dem hackstock auf, dasz sie
von seinetwegen nil hat essen mögen. 73'. ein bauer gibt
einer braiä zum Imchzeilsgeschenk
nin frnis)!, ihiriii mii einem pock,
und itinori KUlon linck.siock,
und darxu uln puicrfasz. fastn. »v ''>'''' <
rcdcnsarlen :
er ligt bei mir «vio oln hackato( k
unrrcundlich wie ein sewdroch. II. Svtii'^ i, 2, 31*;
109
HACKSTROU — HADER
HADER
110
ich bett ihn vil lieber genommen,
als meinen herrn, den wendenschimpf,
der kan weder hofweisz noch glimpf,
ist freundlieli gleich wie ein hackstock,
und stinkt als wie ein aller bock. J. Atres 304*.
WT^iL dazu auch klotz 3, theü 5, 1250.
3) hackstöcke heiszen dem uinzer junge rebstöciie, welche aus
änem theile des alten Blockes, z. b. aus einem aüen sciienkel
{ranken) erzeugt werden , indem man diesen theil in den boden
senkt, ohne ihn rom stocke elier abzulösen, als bis er wurzeln hat.
Nemxich.
HACKSTROH, n. gehacldes stroh, häcksel, häckerling: (acker-
pferde) die den pflüg zum feldbauw . . ziehen, und doch
nichts denn hackstro fressen müssen. Kircouof wendunm. 290*.
HACKL'NG, f. paslinalio. Steixbach 1,6(34. hackunge Diefex-
BACH 410*. hackung im Weinberge, wie sie geschehen soll.
CoLERCs hausb. 2, 44. 46.
HACKWALD, wi.; im Odenwald hat man zur gewinnung
der {eichen-)rinde eine eigene bewirlhschaflungsart, hack-
wald genannt, man behandelt grosze districte auf stockaus-
schlag, theilt sie in schlüge ein und schlägt sie alle 15 — 20
jähre. Metzger landwirllischaßl. Pflanzenkunde 1, 345.
HADDIG, HJ., holldnd. haddig, in niederdeutschen gegenden
sambucus ebulus, s. altich 1, 595.
HADEL, m. zerrissenes zewj , lumpen, fetzen, mhd. hadel
(Ben. 1,608*); ahd. hadal ist vorauszusetzen nach zihadilohter
laciniosus Graff 4, SOS. alte haddeln. Interim 352; kleider
machen leute, haddeln machen lause. 464. hadel heiszt auch
die rispe an gräsern , panicula (Nemnicb), wegen ihrer zerstreut
herabhängenden einzelnen theile. das wort ist, nadi dem bekannten
Wechsel zwischen r und 1, auch formell ganz gleich dem unten
folgenden hader.
HADEL , m. tn der bergmannssprache der obere theil des
Schlammes beim schlemmen der erze. Jacobsso.n lechn. wb. 2,1S4'.
die rollere form dieses wortes ist hüuptel {bergw.-lex. 291'), woraus
hädel oder hedel entsteht, wie die form hed in krautHed, kohl-
hed aus heubt, haubt; vergl. weiteres unter haupt.
HADELGRAS, n. gramen paniculatum. Adelc.xg.
HADER, m. in zwei hauplbedeutungen.
1) streit, und zwar a) schwerer streit, solcher der in bitterer,
töllicher feindschaß entbrennt, kämpf, fehde, krieg: welch burgir
eyn hadir adir Urlaub (urlaug?) hebit. Walcii orlamündische
Statuten aus dem 14. jahrh. s. 76 ; hir nach folget eine grosse
czweitracht, krigk und hadder zwischen den von Erfort und
deme bischoffe zu Mentz, und den hern zu Missen und
Doringen. Stolle thür. chron. 146;
jetzt hebst ein newen hader an.
SoLTAü volksl. 243 (16. jahrli.);
ich sehne mich nach ruh,
sie richten hader zu. .A. Grtpbics (1663) 532
{nach Ps. 120, 7: so fangen sie krieg an);
der könig und die kaiserin,
des langen haders müde,
erweichten ihren harten sinn
und machten endlich friede. Borger Lenore;
unten (0«/ erden) ist nur mühe,
kämpf nur, wenns am besten ist,
hader spat und frühe,
dasz man dein vergiszt. Arsdi ged. (1S40> s. 4&0;
wenn des lebens stürme brausen,
feinden sich die menschen an, '
könncif nicht zusammen hausen,
friedlich gehn auf einer bahn;
wenn des odems hauch entwichen,
ist der hader ausgeglichen. Ri;cKEHT ged. (1S43) 196;
indessen kocht in seiner kleinsten ader
das leben mit dem tod den heiszen hader.
Leüau Faust 161.
es wird auch von der raufern um ein mädchen gebraucht:
von ferren schrei sein vetter,
der höret disen strausz :
fiirwar, sind da nit retler
so Wirt ein hader draus. Ublakd votksl. 656;
an solichcm zank und hader. 660;
auch mit dem folgenden : Parthel Richter . . ist eingezogen
worden, das er fast überall in allen pierheusern hader an-
rieht. Haltaüs 770, ist wol rauferei gemeint.
b) weit öfter bezeidinet hader in abgeblasztercm sinne nur den
streit mit Worten, zank, zwist, Unfrieden, Uneinigkeit: hader und
krieg, lüigium, lis roc. ine. IhetU. hs"; hader, zank, unfrid
Maaler 204'; in hader, span oder zerwürfnusz kommen, venire
in contenlionem das.; wenn ein hadder ist zwischen menncrn,
so sol man sie für gericht bringen und sie richten. 5 Mos.
25, 1 ; unter den stolzen ist imer hadder. spr. Sah 13, 10 ; der
eid macht ein ende alles hadders. Ebr. 6, 16; denn wie ich
oftmals gnug bekennet habe, sol mirs kein hadder gellen,
es bleib wein da oder nicht. Lctueb 3, 493; diese fabel Dionei
hatte fast die weiber schamrot gemacht, doch muszten sie
desz haders lachen {es hatten sich nämlich in der geschichte ein
abt und ein junyer mönch um den genusz eines mädchens ge-
zankt). Boccaccio (1593) 214'; des haders ward zimlich wol
gelacht. 456*;
der Ursprung alles zanks, und alles haders sitz.
Wkckhkrli:« 719;
ihr würdet euch des kindschen haders schämen.
Schiller 6ruu{ c. Mess. 1.
übertragen auf widerstreitende gefüläe des eigenen innern :
was will hier entflammter triebe hader
in der gottgeweihten Jungfrau brüst? Bcrger.
Man richtet hader an : ein zornig man richtet hadder an,
ein gedültiger aber stillet den zank. spr. Sal. 15, is ; macht
liad«": ein kind wie eine maus macht einen hader so grosz
als ein haus. Pistorics 6 no. 34 s. 463; stiftet hader: Erich
reiste zwisch«n Schweden und Dänemark hader stiftend. Dahl-
manx dän. gesch. 1, 93 ; sucht hader mit orfer an jemandem :
drob suchte der kaiser am pfälTlein oft hader. Borger 66*;
fangt hader an: ein hader, zank oder getätz anfaben, aüercari
.Maaler 204';
wenn eh ein hader ich volstreck,
so fang ich einen andern an,
damit ich stäts zu palgen han. II. Sacbs 1, 53S',
geräth in einen hader. Stieler 777; der hader wird gestillt,
beigelegt : das los stillet den hadder. spr. Sal. IS, 18 ; der hader
ist gestillt worden, contenlio sedata est. Heniscq 1576 ; er wird
gelöscht icie ein brand:
kein grossen hader hilf ich leschen,
sonder trag immer holz darzu. H. Sachs I, 539*.
Bäußg angeuendet ist die Verbindung hader und zank, tauto-
logischer «atur, die zusammenfügung beider wesentlich gleicher
begriffe verleiht der fonnel eine erhöhte Wirkung: als sy yetzt
alle nach dem nachtmal schlaffen gangen, der hader und
zank für und für mit dem wirt und wirtin geweret. Wickbam
TOÜw. 102, 22 Kurz; •
reich und arm thun bei einander selten gut,
zank und hader ist allzeit ir guter mut. fastn. sp. 517, 28,
machen zank und hader in der gmein.
Soltaü votkst. 2M (16. jahrh.);
wölt ir in ru und frieden bleiben,
so thut hader und zank vertreiben, n. Sacbs 1, 539';
ein muttern, ein gezänk, ein hader, ein geschrei.
Weckuerlim 720;
feindschaft, hadder, ncid, zorn, zank , zwitracht. Gal. 5, 20.;
das nicht hadder, neid, zorn, zank, afterreden, ohrenblasen,
aufhieben, aufruhr da sei. 2 Cor. 12,20; ebenso hader und
zwist: herschen freundlich und mit willen macht viel zwist
und hader stillen. Schottel 1133*.
Bisweilen drückt aber hader nur die gelindeste arl des Unfrie-
dens aus, und eine Steigerung des begriffes enthält das folgende
streit, zwist, zank : daraus entstand nun bald Unwille, hader
und streit. Göthe 23, 79 ;
thue wie dir es gefallt, dasz nicht aus dem hader in Zukunft
beiden, dir selber und mir, ein gröszerer zwist sich erhebe.
Voss //. 4, 37,
«^ rovro ye veixos OTtiaaco
aol xal ifiol ftey egtaua ftsz aufOTeQOiat yevtjrat.
so gab es ein necken hinüber und herüber, und aus dem
necken wurde hader , aus dem hader zank , aus dem zank
offener krieg. Spielhagex in reih und glied, l. buch 26. cap.
Im viildesten sinne, bei 0. vos Wolkesstei."« ist hader streit
unter li^eslcuten, liebesneckerei :
für allen schimpf des ich vil sich
zö Nürenberg frölich bestellt
mit eren, so tdt freuen mich
der hader wuniklich gesellt
von manger lieben frauen schön,
und der kain tadel nie geflöcht,
die sich dem hader machet hön,
und doch kein hader nie versficht« 83, 1, tergl. 2, 3.
Selten ist der plural hader im gebrauch: in iren hadern und
gezenken. Melanchthons anweisung in die h. schrift, deutsch von
Spalatisls (1523) f. 5;
die sich in all bendel legen,
all häder wollen riebt und schlichtn. Eteri;<c 1, 126;
gewöhnlich entwickelt hader keinen plural, namentlich in der neuem
spräche nicht.
111
HADER
HADER — HADEUBUBE
112
c) hader hciszt auch der gericblliclic streit, prozess; wenn wir
vom hader der politischen, littcrarischcn, confessionellen Par-
teien reden, so klingt diese bcdetttung noch nach, in Nürnberg
bezeichnete man durch hader den injiirienprozess, wie er vor einem
coUegium von fünf ratshcrren verhandelt wurde: die fünf hcrren
am hader sitzend. AYirnfc. poliz.-ordn. 44. 45; auf vcrhorung
des handeis durch die herrcn am hader. 48. aber hader
vuiste wol auch die einrede in äncm prozesse bedeuten, nament-
lich die frivole, die wider besseres wiesen vorgebracht wird, um
den gegncr m schädigen ; so mag es wenigstens in dem folgenden
SU verstehen sein : darumb , wer eine böse sache gewinnen
wil, der thu auch also, und wie die losen zungendrcschcr
für gericht thun , wenn sie die silbersucht und das gülden-
fibcr bestehet, schelle und liege getrost auf die pcrson, so
ist die sache gewonnen, wie jene mutler ir kind Icrel, lieber
son, kanstu nicht gewinnen, so trag hadder ein. das hcissen
solche lügen, da der lügener nicht wehnet noch irret in der
heubtsachen, sondern selbs wol weis, das er leugcl und
liegen wil wider die persoTi. Luther 8, SS'.
Die andere hauptbcdeutung von hader üt
2, a) abgerissenes oder abgeschnittenes stück zeug, fetzen, lumpen,
vielfach von lileidungsstücken gesagt, die vor alter in stüclcen zer-
fallen; mhd. hader wb. 1,608'; "hader und alte cleidcr, exuric
voc. ine. t heut, hs"; hader, lumpe, pannus FniscH 1,392"; mit
einem hader den tisch abwüschen, panniculo incnsam dctcrgere
Steisbacb 1,065; ich hab ihn noch nie dazu vermögen kön-
nen, dasz er hatte sein hofgcwand machen lassen und er ist
mir unterweilen in scheuszlichem grauem hader zu dienst
kommen, dasz ich sein mehr schand denn ehre gehabt.
Lasgenx Sidonic 36; hätte sie die katze in einen hader ge-
wickelt und weggeworfen. Chr. Weise comüd. 240 ;
0 weh dem der mit einem hadr
in seiner noth von disem badr
sich musz die kolbe lassen reibn.
B. RiNCWALD taut. warb. 34 (30).
Zu diesem starken masc. hader en^chcint auch eine schwache
nebenform, im ahd. fem. hadara Graff 4,812; ob der auch dort
aufgeführte dat. pl. hadarun diesem fem. zufällt, oder einem
starken hadar, orfer endlich einem schwaclien masc. hadaro, das
Scim. 2,150 beibringt, ist nicht zu entscheiden; im mhd. masc.
der hader, des hadern: e da; ir einem nakefon dürftigen
einen alten hadern gebet. Br. Bertiiold 59,13; und irfrouwen.
weder; wjprc iu lieber: der iu einen guoten niuwen mantcl
gaebe, der schoene liebte varwe hate, oder einen alten hadern,
den man mit einer spincln zerschüten möhlc? 383,9. diese
masculine nebenform überwiegt namentlich im pliiral im vitd. und
hat die äarke fast ganz zurück gedrängt, nur beim dat. plur.
kann nicht ent.<!chieden werden, ob diese oder jene vorliegt: da
mit sie pei im nicht gemerket wurden , er sie in zerissenc
alte hadern pante. Steixhöwei. decam. 77, 28 Keller; so kompt
denn der teiifel und stoszt dir die kudergunkel dar, an der-
selben gunkel spinst du zwilich, unplückhaftige hadern utid
küchin lumpen. Keisersrerg spinxm« (I510) a4*; die martercr
. . giengen in haddern und bösen kleidern herein. Luther
4,487'; viele meiner guten Waffenbrüder und landesverlhei-
diger haben sich geärgert, dasz die frauenzimmer von aller-
hand gattungen ihre brüst und armfleisch zu wenig oder nur
mit durchsichtigen hadern bedecken und also zu sündhaften
reizungen anlasz geben. Verordnung A. Hofers vom augusl 1809;
nach alten hadern ist mein frngen
wenn «ie die meid haben abgetragen.
fantn. Kji. 374, .34. 792, 22,
ich iirtail üml> «ein prankiern
und ümli «ein grosz» hnllorn,
dan er xchol in den hadern achlinfcn
und auch riarzu sein iinsen triefen,
und die honen geittriclicn an «ein pcin,
geleich «am aie geTalten %e.\n,
und sein xchiinh uneingeknoprelt,
und «ein hadern mit rotz bflrftprolt. 7^6, 10;
Tiel alle lumpen «ic da uml> .«ich rumMier machte,
die hadern narfn hnnd, p.h warrn liimnif Ihlaw«',
e» waren grün und gelb, p« wart-n rnih und grawr.
It. V. D. Weriikr Artiml II, W.t;
SO guck einmal, nebst deinem theunrn weihe,
auf meinen rock durch deinen rcttfiterii acheihe,
upd aieh die lull in hundert hadern wehn,
und meinen leih dem winter offen i<ichM. HEacKR 3P.
hadern oder lumpen zur papicrherrilung gesammelt. Rsoci
511» 3, 19G.
Doppelsinnig und mil beziehung auf die bedeutung I, h wird
gesagt : hader macht hader, das ist gut dem papirer. Fischart
gioszm. 103; mit hadern verleurt jederman , auszer papier-
niacher und advokaten. Lehmann bei Eiselein 268 ; manche
reisset einen hader vom zäun herunler, der oft keiner nusz
schalen werth. mägdelob 43, denn der hader wird vom zäun
(jeriasen, gehrochen, wie man das auch von streit und zank sagt:
wenn sie besteht ir böser laun,
bricht sie ein hader von eim zäun. H. Sachs 1, 504*.
b) hader sinnbildlich für ein geringfügiges ding: schämst dich
nicht, einen solchen hadern nicht zu wissen? zu einem
mädchen gesagt, das nicht wuszte, wie viel stücke zur beichte
gehören. Schm. 2, 150.
c) hader als Schimpfwort für einen nichlswerten menschen, vgL
lump : ein schlechter kerl ! nein ! gar kein kerl ! ein lump
ist er, ein hadder! Zelter 4,380.
d) fcenn hader auch eine obscüne bedeutung hat und das
herab hangende männliche glied bedeutet, so erklärt sich die redens-
arl den hJidarn ausraiben , pissen Casteli.i 160; ausreibea
heiszt heraus wenden, reiben hat für das bairische Sprachgebiet
auch die bedeutung drehen, wenden. Schm. 3, 6.
Beide bedcutungen l und 2 haben einen gemeinschaftlichen
Ursprung, allindisch (jätayämi haue, haue nieder, schlage, fälle,
irisch cath niederlage, schlachl , finden ihren verwandten in ags.
hcadu kämpf, schlaclU, ahd. hadu {hier nur noch in eigennamen
vorhanden), von welchem hader eine Weiterbildung i.<t. rücksicht-
lich der gemildeiten bedeutung ist zu vergleichen griech. xoros
groll, hasz, zorn, welches auf die gleiche wvrzel zurückführt, auf
der andern seile aber konnte sich aus der Vorstellung des abhaiiens,
Irennens, die eines abgetrennten Stückes der kleidung ergeben, wie
aus der nasalierten form lat. cento läppen, lumpen erhellt, das
ebenfalls hierher zu ziehen ist. dasz hierbei wenigstens im deut-
schen der accent nicht zuerst auf das verbrauchte, morsche, aus-
einandergehalten e , was vorwiegend dem worte hader inne wohnt,
sondern auf das von der hauplkleidung abgetrennte, isolierte fällt,
erhellt daraus, dnsz in Schlehen der schleier einer braut hader
heiszt (M. Wai.dau in Prutz' muscum 1852, 1 .t. 40), ebenso bair.
hadern kopßuch der weiber , pranghadern v\ansclwlle, schneuz-
hadern schnupituch SciiM. 2, 150. dieser begriff eines abgetrennten
Stückes zeug tritt eben so sichtbar hervor in handhadern hand-
tuch das. auch Hofer in seiner oben angeführten Verordnung
gehl bei dem gebrauch des Wortes hader von diesem .linne aus,
doch mit hinblick auf die verächtliche andere bedeutung. figürlich
heiszt in llaiern hadern auch ein kleiner häufe heu, der aus den
Schwaden zusammen geharkt wird.
Alles das bestätigt die ursprüngliche ftemeinschaflliche abkunft
der beiden jetzt so weil getrennten begriffe; sie wird noch mehr
durch zweierlei bewiesen: einmal durch die nebenform zu hadel
hader mit geschwächtem wurzelvocal hudel, huder {s. d.), welches
eben so wie hader die bedeutungen streit, zank und lumpen auf-
weist, und dann durch das begrifflich gleiche fetze, fitze mil
seiner sippe , fetze lumpen (3,157.5), gefetz streit (hader, zank
oder gefätz Maai.er 204'), fitzeln, fitzen schlagen, weben und
wirren (3,1695. 16961, oy.«. fetlian strriten,ül gefecht , streit.
rffe.«e wiirter weisen auf eine deutsche würzet fat mit der ursprüng-
lichen bedeutung zerhauen, spalten, zu der nalie (wiewol nach
dem lautverscliiebungsgesetzc nicht genau stimmend) altindisch pa^
.tpallen, schlitzen, rei.'izen tritt (Böhti..-Botii 4,377); ud-pat
hei.^zt vernichten, pata gewebtes zeug [das. 378). gemiuer zur
deutschen würzet noch stellt sich griech. rtr^üor ruderblalt, welches
eben auch auf die Vorstellung der Spaltung zurückgeht, goth. litan
gebären hat dem gegenüber aligezogencn -sinn, es marläert das
auseinandergeben der geburt.^heile.
HAUKHBALG, m. verächllirh haut, leib einer hadernden person,
nach balg 3, theil l, tos.->:
desz wird irra pentel o(\ pezwngen
und ir der haderhalg zerschlagen. 11. Sach» I, .')04* .
dann als Schimpfwort für rin zdnkL'iches wrib. Frisch 1, 392*.
HABKBBfinKN, m. in Papierfabriken der baden, wo dir vt
papier zu verwandelnden hadern lagern, der haderhoden nach
französischer, englischer oder rheinischer art eingerichtet.
HAIlKBBHIKF, m. In-ief welcher hnder verursacht: denselbigen
hadderbrief, welch« halben mich hertzog George aufrhürisch
schilt. Ldthkb 0, 6*.
HAUKHBL'BK, m lumpiger hübe, lump (rergl. hader 2, c
• ' I-
lampr hin, du kleiner haderhuh!
Oi'Ki. lind (;oili« 243, ß.
113
HADERBLCn— HADERER
lUDERFELD - HADERKATZE
114
HADERBLCH, n. l) buch enthaltend die prolokoUe über ge-
richlshändel (5. hader l,c v«/). 111), namentlich injurienprocesse und
die in diesen erkannten strafen : derer narnen , so vor dem
fünfergericht zu Nürnberg verklaget werden und stehen müs-
sen, werden ins haderbuch geschrieben, welches viele, zumal
die unschuldig sind, gar ungerne sehen und haben. Halt-
Acs 771;
es wird nichts guts, schwer ich ein eid,
wenn euch der jud hie solt verklagn;
icb rieth, ihr list die sach vertragn . . .
so ist es in dem ganzen iand
euch als eim alten herrn ein schand
, euch in das baderbuch zu schreiben.
ÄVREB fastn. sp. 24» (2455, 36 Kelter);
darumb habt ihr zu danken mir,
dasz ich euch also einher fuhr
und setz euch in das haderbuch,
dasz man euch beim Herostrat such.
FiscHART ijrostm. 45.
2) im andern sinne bei Hesisch, der darunter ein schmierbuch,
concept , kladde versteht, in das flüchtig eingetragen tcird; den
hadern in der bedeutung 2, a klebt die nebenbedeutung des un-
reinen an und so macht man einen aufsatz erst ins unreine,
schreibt Um dann ins reine: haderbuch, sudelbuch, memorial,
adversaria, liber memorialis 547.
HADERDISTEL, f. eine distelart : hadderdisteln «n/er rfen m
juni einzusammelnden und zur arznei zu verwahrenden krdulern
bei BüCKLEB haus- u. feldschule (16S3) s. 137 ; baderdistel Schscbr
liunst-, haus- u. uunderbuch (1664) s. 228.
HADERECK, m. ; asinus, scheifisch, hadereck Frischli.v
nom. 14m'.
HADEREI. f. streit und zwar a) blutiger, rauferei: ein erber
rate hat zu herzen genomen und bedacht die meniglich auf-
ruer, zweinung, misshandlung, haderei und Verwundung, so
sich bissher oft und dick erhebt haben, l^ürnb. poUzeiordn.Ai;
kurzweil tet in erleschen,
zuletzt ward haderei,
da fall man vil der reschen,
schlugen als woltens dreschen. Uhlai^d 657.
b) auch nur streit mit Worten, gezänk: es leuft auf eine
haderei hinaus, res tendit ad jurgium Stieler 777;
wann sie der hedrei stetigs haben gepflegen,
die weil ir vater ist tot gelegen, fuslit. sp. b~, 16.
der begriff mildert sich noch weiter zu dem bloszen der veru-ir-
rung , des aufsehens , lärmens , spectakels: 0 myn Chreine, ich
beger euch din selbs; weist aber, das alle dise hadery von
dynen wegen bescbehen ist? Terentius deutsch (1499) 71*, nach
0 mi Chreraes, te ipsum expeetabam.
sein tu, turbam hanc propier te esse factam?
Eunuch 4, 6, 6.
HADERER, m. den beiden hauptbedeiUungen ton hader ent-
sprechend.
1} ein Streiter, raufer, zänker: die ufsefzigen, die hederer,
die boslistigen. Jou. Plrgoldts rechtsbuch von Ortloff 20S; abe
sich ein schepfe an dem gericht verkoset, darumb er zu
busse mocht komen, do suln die andern vor ine bieten und
des sol man sie gew eren ; es wer den sache , das er ein
hedderer wer, und wulde sich daruif lassen, der sulte sin
ebentheuer sIehin als ein ander man. weisth. 3, 360 (U. jahrh.) ;
haderer und krieger, gestuosus, homo lUigiosus voc. ine. tlieut.
hs*; zorniger und unrüwiger haderer der nit ruwig ist, er
stifte dann vil zanks und haders an, aliercator turbidus et
iracundus Maaler 204'; herr, haddere mit meinen haddern
n-ar. hadderern), streite wider meine bestreiter. ps. 35,1;
ich wil mit deinen hadderern (rar. haddern) haddern. Jes.
49, 25; dise fabel ist wider die ungestOmmen zanker, haderer.
SiEiNBöwEL (1555) 41; so würde der mann gantz tugendhaft,
er wer denn gantz ein haderer. .iimon bog. GS;
betbörte badrer, laszt euch rathen,
vertraut die wolle nicht den scharfen advocaten;
oft ist, was ihr gewinnt, nicht halb der kosten werth.
Hagkdobn 2, 39;
sie wollea nun als beiden fechten
und nicht wie kleine badrer rechten. 2, 55.
Bei den Jägern heiszen haderer aucli die fangzähne des wilden
scliweines Schottel haublspr. 403, Nehmch 4, 1405, es sind die
zxhne, mit denen es streitet, kämpft, und die sonst waffen, wehr-
zahne, gewehr, gewerft genannt werden.
2) der mit hadern oder alten zerrissenen kleidern handelt : unde
du manteler und du hederer, dlner trügenheil gerätcnt die
riehen ouch gar wol: ej sint niuwan arme liute die du be-
triugest. Br. Bertiiolü S6, 11.
IV. H.
HADERFELD , n. .• mit welcher form dann .\spasia den
Xenophontem und sein hauszfraw, die alweg im haderfeld
gelegen , widerumb ainig und fridlich gemacht hat. Fucns-
perceb deutsche dialectica (1533) 49'. das vort ist gebildet wie
Schlachtfeld, der sinn gemildert nach hader 1, b sp. 109. vergl.
feld 8. b theil 3. 1478.
HADERGEIST, m. i'ois:
auf diesem {der Pallas schitd) webten badergeist und kraft
und wilde mordbegier. BcKCEa 167*.
HADERGERICHT, n. gericht für injuriensachen : ein Judi-
cium in der Stadt Coburg, welches man das Stadt- rüge- oder
hadergericht genennet. Haltacs 771.
HADERGERX, m. trico, jurgiosus. Stieleb 647.
HADERGESCHREI, n. lautes zanken und streiten: darauf der
sponheimische Schultheis die schöffen abermahl .. ermahnet,
alles dasjenige, was rugbar seie, als frevel, hadergeschrei,
blutige wunden, wie von alters fürzubringen, weisth. 2, 1S9.
H.\DERHAFT, adj. contentiosus, rixosus. Frisch 1, 392': von
unruhigen haderhaften leuthen. Haltacs 771; haderhafle
Sachen, res litigiosae , contenliosae , conlrorersae Stieler 777;
huderhaftes und zänkisches weih. Wesemgk spieUieben il'Oi) 46.
HADERHAFTIG, adj., was haderhaft: es soll aber ein
bischofif unstreflich sein, . . nicht hadderhaftig, nicht geitzig.
iTim. 3,3; ein zenkisch hadderhafligs volk. Lcther 4.126";
ein kriegsmann , hadderhaftig, war ins gefengnisz gelegt
worden , darumb dasz er einen hart verwundet halt. /i5f/i-
reden 315'; ein böses haderhaftiges und unleidesames weib.
Mentz Stammbuch der heuser Sachsen iWiltenb. lb9S) s. l'; had-
derhaftig (weib). Roth hausmutier ABC hs'; in dieser unge-
stümen und haderbaftigen zeit. B. Ringwald laut. warb. a6';
ein haderbaftigs oder zanksüchtigs wort. Simpl. 3 (1699), 3S7.
HADERHAFTIGKEIT, f. animus rixandi cupidus. Stei.ibach
1, 665.
HADERHERZ, n. .• (Christus) nimpt weg den kriegsmut und
das haderherz. Lltiier 3, ISO'.
HADERICHT, adj. nach den zwei hauptbedeulungen von hader.
1) zänkisch, streitsüchiig : haderichler mensch, homo inquietus,
turbulenlus, seditiosus Stieler 777 ; hadericht rancorosus Diefes-
BACH 4S4'.
2) lumpig, abgerissen, kämt. hAdrat lumpig, xotlig, verwirrt
Lexer 145; haderot und zerrissen, lacinosus, laceratus, pan-
nosus roc. ine. theut. hs*.
HADERIG, adj. was hadericht: 1) haderig rirosus Dasyp. ;
hiiderig, kybig, der in allen dingen das widerspil halt, all-
wägen im widerspil ligt. Maaler 204*; häderig und zänkisch
sein, delUigare, häderige dispulatz liligiosa disputatio, häderige
gericht, fora lUigiosa das.; glychsam den hadrigen wyben.
Zwi.NGLi 1, 175. in der oben unter haderhaftig angeführten stelle
1 Tim. 3, 3 lesen alte einzeldrücke des neuen testaments nicht
hadderig. Bi.ndseils bibel 7, I6I.
2) haderig, zerlumpt, in lumpen: er geht haderig imd ab-
gerissen umher.
HADERIN. f. mulier altercans Stieler 776.
H.\DERISCH, adj. zanksüchtig, streitliebend : haderisch ranco-
rosus voc. ine. theut. h s" ; häderisch jurgiosus, irrilabilis, rixosus
Dasyp.; wil auch mit haderischen leuten nit zanken. Melan-
CHTno.N bericitt und ratsciäag vom streit des heil, nacldmals (1560) 13 ;
häderisch und zankhaft. Hltte.n ton Münch 5, 187 ; es mfisz
jederman etwas haben, das er nit gern hat . . der reich und
ein unfruchtbar weib, der gnug und ein zänkisch häderisch
weih darzu, die im keinen friden laszt, der übel gerathne
kinder. Agric. spr. (1560) 154'; ein viel geschwetzigen , ge-
spötligen. haderischen menschen. Paracelscs (1616) 1,913';
die geistliche scind mehr haderisch als andere, clerus amat
Utes. Stieler 777;
doch bös hedriscb lüt zur zit
machen Uneinigkeit mit strit.
Le>z Schwnbenkrieg 26';
unverträglich, hädrisch und zenkisch.
II. Sachs 2, 2, SOf;
zinkiscb und hädriscb immerdar. 5, 227*;
hofTertig, badrisch, buriscb, hart,
das ist der ketzer vierte art.
Encert (I5S1) bei Höpfner, reformbestrebungen auf
dem gebiete deutscher dichlung c 16.
HADERKATZE, f. schelte für eine zänkische person, wie man
katze als Schimpfwort gebraucht , vergl. 5, 287. nach dem ge~
scidechle gilt es zunächst für ein büses zanksüchtiges weib; in
u;
HAOEHK.VrZE — II ADERLUMPE
HADERLUMPE — HADERMETZE
116
einem sclinanke von H. Sachs hietel ein mann kalzcn feil, eine
schmeiclielkatse, faule katze «. s. w. :
die driit das ist ein haderliatz,
die allmal marr, gron, krell und kratz
mit iiachbarn, kiiiden, magd und knechten,
stät hat) zu zanken und zu rechten. 1, öOV.
im sprichwoii wird die armut personificiert : armuth ist eine
hadei'katzc. Sciimid scliwab. wb. ('.21. ebenso häufig aber von
einer zdnkifchen , raufsüclitigen person überhaupt, ohne rüclisicht
auf das geschlechl : wenn eine hadcrkatze unter dem häufen
wSre. Chr. Weise A7. leule 202; alle stürmische und beisziple
haderkalzen. 277; und wie sehr oft ein friedliebendes herz
bemüht ist, sich von einer haderkatzen los zu wirken, so
will sie ihm doch immer in die wolle. Scriveb andachten
(1721) 29. und dann (jeradezu und ausdn'icklich von männern,
wie auch der falsche, listige mann eine katze gescholten wird:
welche die rechten Cadmesbrüder und haderkatzen und land-
aufwiegler .. sein. Mathes. Sar. 154*; von seufcrn, Spielern,
leichtfertigen , groben haderkatzen. L. Thurneisser nothgedr.
ausschreiben (I5S4) vorrede 7; gedenke dasz die heilige schrift
nicht lüge, die da sagt, dasz die geilzige, die neidige, zorn-
süchtige haderkatzen , balger und niörder . . schwerlich das
reich gottes werden besitzen. S/mp/. 3, 193 Kurz; haderkatzen
nennt Kirchhof kriegskneclüe die sieh streiten, vülü. disc. 138;
den kecken heisset sy (die weit) ein haderkatzen.
mcislerl. f. 23 «o. 245 ;
den kühnen nennts {sie, die well) ein haderkatzen.
H. Sachs 4, 3, 57''.
HADERKLOTZ, m.: ehe sie {die eheleule) sich recht wider
vereinigen, rieht er {der satan) alsbald wider unglück an,
wirft «ider ein haderklofz zwischen sie beide, zündet ein
neues feuer an. A. Musculus eheteufel (1564) bl.E*. vgl. klotz
4, 6 und c, theil 5, 1251.
H.\DERL.\DE , f. beim papiermacher ein kaslen , wie eine
futterlade, worein die hadern geworfen werden, wenn man sie
mit dem schneidezeuge zerschneidet. Jacodssox techn. wb. 2, 184*.
HADEHLAPPEN, m. linleum detritum: das köstliche tcller-
tuch, das durch öftern gebrauch des ehemaligen besitzers
etwas unscheinbar worden war, diente dem unwissenden
gerichtsschreiber zum hadeiiappen , die schwarzen fluthen
eines umgestoszenen dinlenfasses damit aufzutrocknen. Mu-
saels volksm. 152. vergl. haderhimpe 1.
HADERLAÜS, f. pediculus vcstibus insidens Steinbach 1,1001:
mich beiszen hart die haderleuss,
auch essen mir mein brod die meuss.
H. Sachs 4, 3, 62«;
desgleich peinig uns die haderleuss. 3, 3, 73';
die floch und auch die haderleuss. 3, 3, 63'.
HADERLEIN, m. n. diminuliD zu hader.
1) H.Sachs braucht häderlein in der Stellung eines ersonnenen
namens, als anrede an einen zänkkchen menschen 2, 2, 9', ferner
stellt er den hederlein als geisl des zankes hin ;
der hederlein bin ich genant,
zenkischen Icuthen wol bckant. 1, 538*,
er sprach: kenst nit den hederlein?
ich .«prach, ich hab hei meinen tagen
vom liederlein oft hören sagen,
wie das er sei des zcnkicins bruder. .538'.
2) hadcrlcin sive häderlein lineamentum Stieler 777; man
macht aber unser papier aus alten hederlein, die man stampfet
und gleich zu einem mus machet. Mathesius 97'; Christus
iigt noch heut zu tage in den papiren windelein und allen
hederlein, wie er z« Bethlehem in seiner mutter allen lüch-
lein eingewickelt war. Itl"; hüderlein aus fdselein, lineamen-
tum carptum sire roUum {wir brauchen jetzt dafür das fremde
charpie), geschabtes ra.tile, gedrehtes hüderlein tortile Stieler
777. in Bairrn bedeutet htkderlein ein hdufchen zusammen ge-
rechten heus. ScHM. 2. 150.
IL\nERLElTE, pl. Irieones Dasyp. : die man auch beschul-
digt daiz sie haderleiit wcren. Freof.r. s. hadnrmann.
HADERLUMI'E, -LUMP, -LUMPEN, m. I) fetzen, lumpe,
rorzäglich auch ein in lumpen zerfallenes kldhinißslück {vergl.
hader 2, a) : wie ein bettlersmantcl zu häuf gedickt von vielen
haderlumpcn. Luther lischr. 270'; eine bettlrrin. die den brust-
krrb» limuliert , hatte heimliche rfthrlHn von hollundcr neben
lind unter die hrnsl ge9lecket, durch welche die vermt«rhle
inilrh und bUit au« dem «chwamm in ihre untcrgestecktc
haderlumprn liefen. Happp.l ocmI. rom. '"'i;
— ists nicht die grösztc schände,
dasz mich, der ich so o(t mit seidenem gcnande
bekleidete des landes grazien,
die weit nun läszt in haderlumpen gehn? BönciiR 3t».
als bild einer verächtlichen klcinigkeil: erbtheilnng, wobei sich
die flau tante über jeden haderlumpen zankte, memoiren des
riltcrs v. Lang 1, 69. die lumpensummier, die die hadern zu.iam-
menkaufen, schreien auf der strasze haderlump ! «m rfie Verkäufer
aufmerksam zu machen, schon fastn. sp. 374, 33.
2) haderhimpe wird nun auch übertragen von der sache auf
die person die damit in beziehung steht, und zwar
a) auf den der mit lumpen handelt, den lumpensammler : ^er
haderlump ist da! rufen die kinder, wenn sie den lumpensammler
sehen, der Uinen jene abfalle der wirtschaß gegen ein bild oder
ein band austauscht, in Tirol hüderlump Fromm. 6,155; und
b) auf den der in lumpen einhergeht : er ist ein rechter hader-
lump , an abgerissener mensch; pannuäus haderlump Diefen-
rach 410'.
Das Wort i,st eine Verbindung zweier wesentlich gleicher begriffe;
das nicht recht gangbare hader mochte schon früh gröszere deut-
lichheil durch das beigesetzte lumpe erzielen wollen,
HADEHLUMPENKLEID, n.:
allein der lohn für meine trcITlichkeit
ist hungersnoth, ein haderliimpenkleid. üürgkr 31*.
HADERLUMPENMANN, ni. lumpensammler. Adelung,
HADERLUMPENSCHREIER, m. der nach haderlumpen schrrU
{vgl. oben), lumpensammler. Frisch 1, 392'.
H.\DERLU.MPER, m. pannuciarius. Stieler 1140: ein hader-
lumper , der erst heut mit fetzen umbgangen , soll morgen
schon wissen, drein zu schlagen, dasz fetzen gibt? Abr.
a S. Clara auff auff ihr Christen.
HADERLUMPICHT, adj. pannosus. Diefenr. tioi'. gloss. 278*.
HADERMACHER, m. slreUstißer : den haderniacher aber
warfen die kinder mit dreck zur Stadt hinaus. Hennkberger
landl. 455.
HADERMANN, m. zänker , streitsüchtiger mann: haderman,
haderer allercator Maaler 205": man vindet vil der hadeimann
die on ursach umb üppige ding dye richter bekümereiit.
Steinhöwel (1487) 6/. 58; des Aristoteles philosophey beküm-
mert mich nichts, dann was geet mich das an, was der
berürt haderman für ain malnung gehabt hat. Melanchthons
anweis. in die heil, schriß, deutsch v. Spalatinus (1523) 39 ; wer
hie will ein hadermann sein, der mach sich weit von leulen
und fahr in wald nach scheuten. Garg. 82'; ich sei ein scep-
ticus und hadermann. Freder;
oder trilft er kein haderman,
dasz er olin hader geht darvon.
H. Sachs 1 (1590), 312';
du (ludst an mir kein haderman. 2, 4, 26*;
du flnst kein haderman an mir. 3, 3, 45';
wiltu denn ein liadermann sein,
so fahr ins holz nach scheiten.
HoFFMANN gesellsch. 110,
vergl. oben das cital aus dem Garg. ; mit der Vorstellung des ins
holz fahrcns verband sich der neben.<!inn des nimmer wieder-
kotnmens, vergl. fahren 3, 1253 oben und holz.
Das wort wird nach dem 17. j(i//r/i. ungewöhnlich, Stieler 1235
verzeichnet es noch, heute würde man unter hadermann f/i<T
einen verstehen, der mit hadern handelt, als plural dient gewöhn-
lich haderleute {oben sp. 115), obschon auch die hadermann o6cr»
belegt i.ü Und hadermiinner nicht fremd klänge.
HADEIIMARKT, «i..- sie sollen uns nicht an Ire gerichts-
stille und haddermerkte ziehen. Li'Ther /i,sc/ir. 161*. es ist die
Stätte, wo der hader gewissermaszen als waare feil geboten wird,
leicht zu haben i.st. vergl. auch klappermarkt 5, 070.
HADEUMEIER, f»». erster unter Zänkern, erzzänker ; meier
steh! in der bedeutung major , obersler, erz-, wie in hurenmeicr
(s. (/.); neuer aber eben so gebildet ist beul meier erzheuter,
reactionär: oder was Politian aus ihnen {den homcrutchen
gedicliten) hat gestolcn und der hadermeier Lorich dürfen
holen. Garg. 22*.
HADEHMESSER, n. messer. das die für die papier fabrication
bestimmten hadern zerschneidet : in diese haderladc werden die
lumpen, die innn zerschneiden will, gelegt, die jchiencn der
walze ergreifen die lumpen und schieben sie zwischeu zwei
liaderines.xer. Jacobs^on technol. wb. 4, 24*.
HADKItMETZE. f. schelte, zunächst ßr ein zanksüchtiges »eih,
d'i uwli.c ursprünglich koseform des in niedern schichten frülur
sehr gruühiilifhen namens Merlilhild m/ und dann auch als
ir
HADERMETZE — HADERN
HADERN
118
terächtlkbe benennung eines frauenzimmers übeihaupl steht:
hadennälz altercatrix Maaler 204'; die haderaietz Xanlipe.
L. Thcbneisseb nothgedrung. ausschreiben (15S4) von. 15; zwo
böser hadermetzen und zankischer vetleln. Frey garteng. 27 ;
weiber sollen nicht hadermetzen sein, buch der liebe 2S7, 3;
gegen alte hadermätzen und kuplerinnen. Phila.nuer 1, 24. 28.
Aber das vort tcird auch auf zänkische männer übertragen , me
haderkatzc (oben sp. 115), klapperbüchse (5,967), plauder-
tasche: es ist ein uneeriich ding, da ein mensch also ein
hadermetz ist, besunder ein mannsnaro, der also immer-
meder hadert. Keisebsb. sünd. d. m. 42"; der ein (von zu:eien
vor dem bürgermeisler streitenden) war aber insunderheit ein
nidige hadermetz. Wicsram roUw. 50,24 Kurz; der fried liebt,
ist nit gern umm zankische hadermetzen. S. Frans sprichw.
(1541) 1,8';
das mich (den hedeitcin) sol furchten jederman
und für ein hadermelien hau. U. Sachs 1, 539*;
die Lösten rott er an im hat
so mans find in der ganzen stat,
damit thut er sicli täglich paign,
bawen und in dem koi umbwalgn,
er ist ein lauter hadermetz. 522'.
FiscHABT hat die u:eUerbildung : heerhuren, . . grempelfrawen,
haderbadermelzen , schloszmägd, würtsmagd, schmallzhäfen.
groszm. 83 , vielleicht nur des reimspiels icegen , icie man sonst
humpelpumpel, hampeln und bambeln gebraucht, hättebätte in
Schwaben ein einfältiger mensch. Schmid schwdb. vb. 253; doch
vergi badermagd 1, 1074.
HADER.METZIG, adj. zu dem vorigen : hadermelzige weiber.
Fischart groszm. 72.
HADEK.N, rerö. in zirei hauptbedeutungen.
1, a) streuen ; tceniger tcird der thäiliche streit, den das subst.
hader (sp. 109), uieuol selten, ausdrückt, durch das verbum be-
zeichnet, als vielmehr der streit mit warten, das zanken: hadern
und kriegen, gestire, cerlari voc. ine. theut. hs"; ich hadder
jurgo Alb. ; haderen , etwas zanks und haders mit einander
haben , jurgare , adjurgare , altercari , contendere, rixari, velitari
Maaler 204'; bescheiten, hadern, strafen, objurgare , arguere,
debachari Hesisch 303; dise stat heischet und erfordert an-
dere Sitten und geberd den zu hadern und zu kriegen. Kei-
sersberg pred. an bisch. Albr. u'; die gerne haddern sind
allzumal narren, spr. Sal. 20, 3 ; erinnere sie, das sie . . nie-
mand lestern, nicht haddern, gelinde seien. TU. 3,2; gottes
wort ist das in allen crealuren weset, in allen gleubigen
prediget, in allen gottlosen kifet, küpiet, hadert. S. Frank
4,160; wie gadts doch zu, dasz ir bauern so an einander
kommen mit hadern, fetzen und raufen? Wicrram roWic. 20,1
Kurz , hadern meint hier die gelindeste art des breites , den mit
Worten, fetzen und raufen steigern zum thätlichen ; er zöge einen
wilden hart , also daj er zu verstehen gab , was er für ein
unruhig herlz und ein willen zu hadern trüge. Kircbhof
wendunm. 370'; welche zwar für sich selbst nicht haddern
oder zanken , sie reitzen aber andere leute an zum zanken
und haddern. J. B. Schlppics 305; denenjenigen ursach zu
hadern geben, die da höher waren als ich. Felsenb. 2, 417.
Man hadert mit oder wider meinen gcgner: und das Tolk
liaddert mit Mose. 4 Mos. 20, 3 ; die mit dem herrn haddern,
müssen zu grund gehen. 1 Sam. 2, 10; hadder nicht mit
jemand on Ursache, so er dir kein leid gethan hat. spr. Sat.
3,30; ah meine mutler, das du mich geboren hast, widder
den jederman haddert und zankt im ganzen lande. Jer. 15,10;
werden die leiden
endlich euch lehren, nicht mehr wie sonst mit dem bnider
zu hadern? Göthe40, 2S6;
wenn jemand mit dir hadern will,
so raih ich, dasz du schweigest still,
und ihm nicht helfest auf die bahn,
wo er dich wollte haben han.
Fiiscubier sprichic. 1437.
gegner hadern mit einander, unter einander: und wurden
unter einander haderen. Stei>höwel (1555) bl.l; die frawen
fiengen an mit einanderen zu hadern. Pacli schimpf 55'; sy
haderend und würtlend mit einanderen wie die weiber, alter-
cantur inier se mulierum ritu. Maaler 204*; weil die wjrthin
mit ihrem mann hadert und zankte. Zinkgref apophth. (1653)
3,254; das theater hat oft einen streit mit der kanzel ge-
habt; sie sollten, dünkt mich, nicht mit einander hadern.
GöTHE 18,100; auch reflexiv er hadert sich mit einem (wie
zanken, streiten): jener Isracliter, welcher sich mit einem
andern haderte. Mistwert fluclispiegel 57; von zweien, sie ha-
dern sich: wenn sich menner mit einander haddern. iMos.
21, IS; da sie sich mit einander haderten, apoä. gesch. 7,26;
als sie sich nun lang haderten,
und mit einander schnaderten,
zuletzt begundea sich zu raufen.
B. Waldis Esop 2, 24, 9.
Der gegenständ des zankes wird durch die praep. um , über,
wegen vermittelt : wolt ir umb Baal haddern ? w olt ir im
helfen? wer umb in haddert der sol dieses morgens sterben.
ricfUer 6, 31 ; und darüber haddert man sich auch. Lltber
3, ISO' ; denn hie fahen sie an sich mit im zu haddern über
dem das er dtn wassersüchtigen gesund machet. 8,197'; das
heist recht umb geiszwollen, die doch nit viel nutzt, hadern.
KiRcuHOF tfe/idunm. 81*; man kann mit niemanden über das-
jenige hadern, was blos auf der art beruht, wie sein subjecl
organisiert ist. Ka.nt U, 152 ; es ist nicht angemessen, wegen
einer solchen kleinigkeit zu hadern;
ja du trinkst und singst dazu.
ueider nennen es zwar schuadern;
aber, ente, ich und du
wollen nicht um werte hadern. Lessing 1, 67;
sagt warumb die zwen hadern sich.
AiRBR iyl* (1918,31 Keller);
diesz in parenthesi! weil ich de gustibus
mit niemand hadern will. Wiklasd 5, 158.
Auch der freundschaftliche streit wird durch hadern bezeichnet:
hierüber geriethen wir in ein freundlich gezänke, das war
so lieblich, dasz ich dergleichen noch niemals habe hadern
hören, denn wir brachten nichts anders vor, als dasz jeder
sagte, er hätte gegen den andern noch nicht gethan, was
ein freund dem andern thun solle. Simpl. 2, 6 Kurz. WoLkE.N-
STEiN brauclit hadern für das necken und streiten unter Ueles-
leuten :
wol auf, gesell,
wer hadren well
für ungefell,
der fleiss sich freuden ungeswacht. 83, 1, 10.
RccKERT will damit nur das übermütige, leicht zu streit und
kämpf geneigte gebakren der jugend ausdrücken:
jugendbadern
iu den ädern,
zorn und glut und mild und süszes koseo;
alles lieben
jung geblieben,
seiner stiroe stehen schön die rosen.
gedickte (1843) 366 (Widmung an Gölhe).
b) vor gericht streUen (s. hader 1, c sp. Hl), prozess führen;
meist tritt der näher bestimmende zusatz vor gericht hier bei:
gerichtlich handeln, haderen, gerichtlich verfolgen, mit recht
fürnemmen, judicio persequi, exigere, actionem intendere Hemscii
1515 ; vorm richter hadern, judicio contendere Stieleb 776 ; von
gerichtshändel , wie man rechten und hadern sol. Lltheb
tischr. 270"; es gezieme den priestern nicht für gericht ha-
dern. KiRCHiiOF wendunm. 455';
niemand kein wort sie übersieht,
auch stätigs hadert vor geriebt. H. Sachs I, 504'
also mannichem mann geschieht,
der geren hadert vor gericht. 4, 3, 117';
tn Hessen, an der Schwalm, noch jetzt in diesem sinne. Vilmar
id'ujt. 143.
c) den milderen änn entfaltet hadern, wo es nur grollen be-
deutet , oder feindlich sein , sofern diesz durch worte hervortritt :
ich wil nicht iinerdar haddern und nicht ewiglich zörnen.
Jes. 57, 16 ; er wird nicht immer haddern noch ewiglich zorn
halten, ps. 103, 9 ; da er also lang mit ihm selbst haddert.
Frey garteng. 6'; es streift dem sinne nach fast schon an murren,
nur dasz der prolest gegen eine erlätene unbiil bei hadern sich
ausdrücklich in warten äuszert , bei murren in dumpfen tönen,
die nicht als wortgebilde gehört werden, hervortritt:
sie fuhr mit gottes Vorsehung
vermessen fort zu hadern. Bürger Lenore;
gediild, geduld! wenns herz auch bricht,
mit gott im himmel hadre nicht, das.;
nicht hadern darf ich jenen, die uns weckten,
und streng, die wachen aus einander schreckten.
RÜCKERT 251;
hadernd solchem truggeschicke. Pulten 32.
2) weniger ist das verbum hadern tn der zweiten bedeutung
seines Substantivs (sp. Hl) zur geltung gelangt, in Baiem bedeutet
8*
119
HADERN— HADERSPIEL
HADERSTIFTER— HAKEN
120
hadern heu in kleinen häufen siisammen rechen Sciim. 2, 150,
veil der kh'ine heuhaufen dort mil einem von den badern enl-
lehnlen bilde so heuizl. insofern nun dem begriffe hader zugleich
das unordentliche, verworrene innewohnt {sp. lll, s. auch liadcr-
bucb 2 sp. 113), konnte sicfi hadern nach dem sinne hin: sich
unordentlich , in u-irrer und haltloser weise gebaliren , entfalten :
der direclor hadderte hin und lior und alle schlugen den
tact, der eine so, der andere anders. Zelter an GOthe 3, 3(55 ;
und das mundartliche verliaddern, verlieddern zu der bcdeutung
verwirren, verfitzen, bei garn und zwirn, gclanijen (Danneii, 7^).
übertragen sik verliaddern, sich in widerspräche, unwahrheilen
verwickeln (das.); in der Schweiz braucht man ein diminutives
hädcrlen in dem sinne lallen, stamtneln, unordentlich wie kleine
kinder sprechen. Staloer 2, 9.
IIADEHN, Infinitiv zu dem vorigen in der bedeutung 1 und
in substantivischem gebrauch:
was sol das hadern und das zanken? fasln, sp. 222, 26;
was sol fremdfn Icuten solirhs klafrcn,
das zanken, kipoln, lluchen, hadern,
das dodern, plodern und auch schwadern? 256,2;
wo man viel schweren horel , da geiien einem die har zu
berge, und ir haddern macht, das man die obren zuhalten
mus. Sir. 27,15; einsmals gedacht der hoi'niann .. wie doch
der sach zu thnn wer, damit so vi! zankens, haderns, halgens
und Unruhe zwischen inen vermuten würde, garteng. (15S3)
63S'; was seid ihr vor ein mann, dasz ihr nicht eine nacht
das hadern meiner frawen mit mir, das euch doch nicht
angehet, vertragen kiint. Zinkiiref apophlh. (1653) 3,254; das
hadern rixatio Steinkach 1,665;
der elemenfe Teindlich hadern
raubt seine stille dem gelühl. Rückert 137.
IIADERNESSEL, f. urlica urens: hadernefele urlica Diefen-
BACii 63ü'. das wort ist verdunkelt aus eiternessel (3, 393),
wofür schon ahd. vorkommt heiliinej^ili , die ahd. fernere form
hedornejjüla (Diefenb. 63o') steht schon nahe zu Jiadcrnessel.
auch habernessel {sp. 85) scheint zunächst nur aus hadernessel
entstellt.
H.XÜERNSCHNEIDER , m. lumpenschneider , schneidezeug, in
der Papiermühle eine Vorrichtung zum zerschneiden der hadern.
Jacohs<on technol. wb. 2, 646*.
HADEKSACHE, f. Streitsache: einsmals ward er (der abl) von
einem guten freund verwarnt , das er nit so vil ansprachen
und hadersaciien siichen wölte. Stumpf 2,34'; er hat viel
hadersachen und ohneinigkeit bei seiner zeit mit bescbeiden-
heit geschlichtet. Zorn Wormser chronik {ed. Arnold) 182; so
thun sie nichts das zur Christenheit dienet, nur geld und
haddcrsacben umb die bistum und prelaturen treiben sie.
Luther l, 294".
HADEIISACK, m. wie lumpengack, Inmpsack, eigentlich sack
oder sackdhnliches weites gcwand in hadern, dann aber schelte für
eine so gekleidete, geringe person: '
Ir gab der herr guotcn tac,
im neic der alle hadersac {eine kiqrjüprin).
tiedcrsaal % 648, 390.
HADERSCH.MERZ, m. schmerz aus Ursache eines haders:
wirft der feind der seelen
mischen eure herzen
streit, verdacht und haderschmorzen :
0 so soid nirht siille, wartui nicht so lange
bis zum sonnenuMterganse . . .
E. G. WoLTERsiioBF lifU 'kömmt Inf reich der liehe'.
HADERSCFIREIBER , »i. Schreiber bei einem hadergericht ,
namentlich zu fiürnberg: die puss, so sie in anlgesetzt liahen,
in vierzehcn lagen dem liaderschreiber in die canzley zu ant-
worten. Sürnb. polizei-ordn. s. 1S4.
HADEHSIMKL, n. streit, rauferci:
hie solle syn ein ernstlich pricbt,
daran man gr<>chtu urteil stirlcht :
«o bracht man srhaiid- nmi lasiRrwort,
dasz sich niit 7impt an dlsem ort.
es wer im rrouwrnlius zuo vi);
ein solich iiurrixch hadpr^|lil
mit horlir-n, liadren, rxlielicn. fluochen,
da» solt man ee zuo Ziirzarh suorlien,
uff dnr Wf.rm-il heim henkernpil. fnnln. H]). M)3, 2;
dnr;l. :i lipm hadcrspil
hal.. iii<a vil
»urU Ulli irer Rllder. II. Sachs 3, 1,255*.
»piel 14 hnqenommen von der no bejrichnelen ritterlichen Übung,
t(.l. L;iiiitif«niel .',. l'i.'i und nihil, nilnpil wb, 2, 2, 502*,
HADERSTIFTER, m. sator litis. Maaler 204'.
HADEUSICHT, f slreUsucht:
boshcit und hadersucht
amsig spähend den zwist. Chr. Stolberg 1, 8;
vor hadersucht
und fehden selber warnend. Bürger 16"'.
IIADERSÜCHTIG, adj. rixosus , jurgiosus: die advocaten
werden bei dieser hadersicbtigen (so) weit dapfer advocieren
und procnriercn das gelt. Kisciiart groszm. 62.
HADERSUPPE, f. suppe mil zerfahrenen eiern: suppe, ge-
nannt hadersuppe .. man zerklopft ein paar eier, und wann
die suppe in volletn sud ist, liiszt man die eier hinein
laufen, so zerlheilen sie sich, und wird ein gehäder daraus.
frauenz.-lex. 3440. diese suppe kann Avrer in der folgenden
stelle niciä meinen , er wird nur eine schlechte, sog. beltelmanns-
s'uppe verstehen:
dann und wiewol ich bin nicht krank
musz ich doch hadersuppen essn.
fanln. sp. 70' (26S8, 33 Keller),
vergl. das folgende.
IIADERSliPPENGESlNDEL, n..- aber es {ihr), es brändclten
iiadersuppcngesindel, es babts wollen gscheiter sein? ei so
wollt ich dasz es wart, wo der pfcfler wachst. Schwade
Unten f. s. XI.
HAÜERTAG, m. tag für gerichtliche slreiligkcilen : es sollen
auch vom ratb alle hadertage auf kein tag in der wocbc
denn auf den Sonnabend gesetzt werden, so man auch ge-
richt hätte, auf dasz sich jederman auf den tag wisse zu
richten, darnach seine sachen zu warten, weimar. Urkunde von
1487, in Kreysig beitr. 4, 447.
HADEHTEUFEL, wi. spirilus rixas et caedes concitans Stieler
428. in das weih ist beute der b.nderteufel gefahren, auch
als schelle: der haderleufel!
HADER WÄSCHE, f haderndes geicäsch (vgl. wasche), zänlierei:
so hetz ich aber ander leul
und blasz (blase, störe an) zu allen hadcrweschen.
H. Sachs 1, 539";
mit seim geschwctz und haderwcsch. 5, 401'.
HADERWASSER, n. aqua contradictionis : das ist das badder-
wa^ser, darüber die kinder Israel mit dem berrn badderlen.
4 Afos. 20,13; das ist das badderwasser zu Kades in der wüsten
Zin. 27,14; da ihr baddertet am badderwasser. 5 3/os. 33, 8;
und versuchte dich am badderwasser. ps. 81,8; und sie er-
zürneten in am badderwasser. 106,32. in eiinnerung an diesz
nur biblische gewässer braucht .1. Paul das wort freier: kaffee,
das taufwasser und der altarweiu der weiber schon am morgen,
wird vollends nachmittags liebetrank und haderwasser zu-
gleich. Sicbenk. 3, 18; die Ihrline ist das haderwasser des
grimms. kl. bücherschau 2, 31.
HADESBÜRGER, m.:
ein todter hadesbürger. Stolberc 14, 152.
HAF, s. das folgende.
HAFEN, m. geschirr, topf, ahd. bafan, havan, havin, habin,
vihd. bafen (plur. h.'lfene ^ib. 117, 6 Zarncke) und haven
(Berthold 4S3, 20). das wort ist wesentlich nur ein oberdeutsches
(Luther verwemlet es nicht, dafür topfen, doch vergl. unten bei
hafncr), aber es findet sich auch über Süddcutschland hinaus in
verengtem sinne; so in der gewerbesprache der glashütlen, wo es
den Schmelztiegel bezeichnet, Jacobsson 2, 184, sogar in Mecklen-
burg und Pommern , wo man darunter ein gldsernes gefisz ver-
steht, in dem milch zum rahmen außewahrl wird (vngl. DXn-
NERT 179'). vergl. hebe, hewc im Lippischen ein milchgefdsz.
Frohmann 6, 211.
Die grundbedeutung üt nach dem zu haben sp. 4«. 50 ent-
wickeilen wul behaller. geftlsz im allgemeinsten .<tinne, so dasz man
auch die hirnschale als baupthafen bezeichnet: niin der hnfen
des haupis ist der barlest teil in dem die zilgescilten glyder
behallen werden. Gersdorf feldb. der wundarznei 3; in der
Schweiz nennt man auch eine kryslallhaltiye liMung im geslein
bafen oder kellcr; in der (dmühle ist es die höhlung , die das
zu stampfende enthält und worauf die Stampfer gelien. — Ins-
gemein aber heiszt bafen jenes zum gebrauch in der küehe be-
stimmte qeriU . wofür in Kiederdeuhchland grwuhnlich pidt, in
Mil. /(!(/ topf gesagt wird; und wenn in Iheiirn von
0' / auch die iilorke die man der hih auf der alp
uhi,,,,,;,, li.iien heisit (in liniern und Tirol Scnir. 2, l.'il. Fromm.
4, 336), to ist die ähnliehkeil der form mil einem topf massgebend
gewesen.
121
HAFEN
HAFEN
122
fieben der tuminalivform liafen findet sich auch hafe, haf:
testa ein irdin haf. kachel Da?tp. 281'; haaff, eidendopfif,
fignala, f>enlola, borcale Hci.siüs diel. 1, 69' ; das der haf wie
die deck und der salat wie der Schlund sei. kriegbüchl. des
fr. 97; der hafe Agricola spr. (1560) 96':
der haf gemacht aus laira und kat
seins maisters kunst nit wissens bat.
SCUWARZENBERG I2S*;
ein ehringer haff, cocidum aeneum, irrdiner haff, fidelia, caca-
bus Friscrlin nom. 397'; der hafe ras Stieler 724. das ist
vie rabe für ursjirünylithes raben . ahd. hraban , tcas schon in
ahd. zeü rorkoinml (rabo, rabe Graff 4,1146).
Unter hafen ohne nähern adjeclirischen zusat: versteht man in
der reget nur den irdenen topf, wie man auch bei topf zun/iehM
an einen irdenen denkt, obschon solche von kupfer und eisen vor-
kommen : häfen die wasser an sich ziehend , bibulae ollae
Maaler 204'; so nim denne ein haipmejsigen hafen unde
luo in halp vol hopphen. Haupt 5,12; des glychen wie der
dunst uff dampfet in einem svedigen haffen . und die kelle
des deckeis zücht die fliehte hitz an sich, und der selb
dunst würd oben am kalten decfcel zu wassertropfen , die
fallent dann wider herab in den haffen , also ist es euch
mit dem schnee und dem hagel. Keisersberc bilq. Sl"; die
wundergeslalte grilliscbe grubengroltische fantastische krüg,
laden, büchsen und häfen. wie wir sie heut in den apotecken
stehen sehen, von aussen bemahlet mit lächerlichen, geck-
lichen , ja oft erschrecklichen höw- und graszteufein. Garg.
IS'; gesellen die im hafen schlecken und haben die kerz im
hindern stecken, wie sie Dantes in der fegfewrigen höllen
beschreibet, das.; wie er das best im hafen mit dem indul-
tischen schaumlöffen abgehebt. bienenk. 223'; einer so topf
oder häfen feil brachte. Kirchhof uendiinm. 235'; man sagt,
so ein kleiner neunaug in einem irdinen geschirr in wasser
gesotten werde, dasz der hafen zerspringe. Forer ^.«c/ife. 160';
als er aber gessen und schier ein haffen mit milch ausz-
getrunken hett. Wickram rollu: 44. 4 Kurz; etliche solten um
gänse sehen . . einer um ein haven. Th. Pi.ater 53 ; die
Jugend ist gleich einem neuen hafen oder geschirr. Scnippics
^3; häfen und schüszien zum kochen und trinken. Simpl.
2.235 Kurz; sie steckte den leichnam des kindes in einen
hafen. Fr. Mcller 1,300; indem er sich aber diesen näherte,
fiel ihm der hafen aus der band, und zertrümmerte auf dem
boden. L. Tieck ges. npr. 4,235;
weisz nit, wie si ungefer
ein hafen mit dreck raus wird .«cbwingen,
das mir die scherben am hals bebien^en.
fasln. «p.lSSO, 19;
in einem grossen hafen tif.
FiscBART gl6ckh. tchiff 117;
lasz sein alts blut herausz
und lehr darnach den hnfen ausz.
.Atrkr 247* (1235, 7 Keller).
Durdi composita von hafen trird der zweck des geschirrs näher
bestimmt: kochhafen wie kochlopf; oelhafen olearia ampuUa
Steinbach 1,666; breihaff, breipfann pultarius Friscbl. nom.
307*; teighafen, solcher worin tag gemadit wird: die schut yn
den teighafen. kuchenmeislerei a5; gifickshafe uma , olla för-
tiinae Stieler 724. zugesetzte adjecliva drücken form und ma-
terial des hafens aus, gewöhnlich ist der irdene: irrdiner hafen
oder irrdin geschirr, olla fictilLt Ma-^^ler 206'; gehe hin und
kauf ein irrdin hafen vom hafner. Reiszner Jerus. i, 88'; be-
halt sy in glcsen hefon. kiichenmrislerei c 8 ; ungewühnlidier,
wie schon olien bemerkt, sind diese geschirre von melall: tu die
in einen erinen hafen. von guter speise 9 und ähnlich öfter,
rerql. erinhaven tel kej^el lebes Graff 4, 838, örin häfen mit
dreien füszen , Inpedes Dasvp. ; ein kupferner hafen , eacMus
aeneus Frisch 1,392';. ein gegossener hafen, cacabus e ferro
fiisus das.
Eine im singular erscheinende nebenform hefen erklärt sich als
umgelautet aus dem oben angeführten ahd. havin, hebin : hafen
olla, rulgr hefen roc. iiic. teul. hs'; heffen olla Diefe>5b. nov.
yloss. 271*.
Sprichwörter und redensarten. er guckt in nenn häfen zumal
(ist bis zum argirohn aufmerksam). Schmid Schwab, wb. 624;
kleine hafen laufen bald über; kleine häffed lauffn bald über,
ücnwABE Unten f. 80 ;
ja lieber Ifeine, du sagst recht,
und wenn der haf an Boden dächt,
■0 würd er nit bald überlaufen.
Fkischliü deutsche dicht. 24;
womit ein neuer haven erst gefüllet wird, darnach schmecket
er immerzu, Schlppics 559, wie schon mhd. : swaj zem ersten
in den haven kümet, da smacket er iemer mer gerne nach,
Br. Berthold 483, 20;
dann was man zu dem ersten thöt
in new hälen bösz oder gut
den gscbmack bebalten$ ewigklicb.
WicKR.4)i pitger N3 bl. 48.
(man erkennt) den hafen am klang, den vogel am gesang.
Schottel 1122'; ein melancholisch köpf ist des teufeis hafen
und topf. Neanoer sprichw. 11; damit sie nit sagen, das der
hafen dem kessel verweisz, dasz er berusiget sei. bienenk.
173'; deckt den haven zu, so siebet man nicht, was man
kocht. Lehmann 83; sie kochen alle in einem hafen, ziehen
alle einen sträng, sind einer wie der andere;
der babst, der bischof, der cardinal,
der geistlich stad |/. stand) gar überal,
keiser, kung, herzöge und gralen
die kochent all in einem haffen. fasln, sp. 821, 4;
feuer unter den hafen thun , eine sache energisch betreiben :
statt alsbald feuer unter den hafen zu thun, giehst du den
handel in seine band und trappest kaltblütig heim. J. Gott-
hei.f schuldenb. 177'; auf ein hollzin geschirr gehurt ein
hültzin deckel , auf einen solchen hafen gehört ein solche
stürtz (gleiches zu gleichem). Agric. spr. (I560I 103*; auf jeden
hafen deckel und für jede flasche zapfen finden. Schottel
112l'; ein weih ohne mann ist ein hafen ohne deckel. Leb-
1I.ANS 161 ; dann wer die häfen macht der darf sie auch
prechen. bienenk. I3l'; die scherlien zeigen an, dasz der hafen
gebrochen ist. 1S2'; mann sihet an scherben wol , was für
ein topf oder hafe gewesen sei. ägric. spr. 24*; wenn der
himel fiel, so blieb kein alter hafe und bäum, 273'; wann
der hafe zerbricht, so wirft man in ins kat. 96';
und haben denn viel ausgericbt,
gleich wie ein hund der hälfen bricht.
Fischart von S. Domin. c3",
als wie ein hund der häfen bricht
so wirst du dich beliebet machen. Roxpler 203.
Dieses häfen brechen in den folgenden beispielen galt als ein
gewöhnliches bild für unordentlich , lüderlich sein, es zielte wol
zunäclist nur auf die unordentliche fühntng einer eigenen wirl-
schaß , dann aber auch auf geschlechtliche ausschweifung ; von
eheleulen bricht der eine häfen , der andere krüge , sie sind
gleich sehr lüderlich, bezahlen sich mit gleicher münze: hast du
anders wo fremde häfelin zerprochen , so hat sie daheim
krüg zerprochen. Pauli 39 ; zubricht der mann gropen [topfe),
so zubricht das weib krüge. Schottel 1132';
man vörht [heim ehehruehi') kein pen noch stroff yetz me,
das schafTt, das die sind in der ee
zerbrechen krfig und häfen glich
und kratz du mich, so kratz ich dich,
und scbwig du mir, so schwig ich dir.
nnrren>c/i. 33, 7 Znmcke, vgl. die note s. 366',
du brichst hefen, so brich ich krüeg. H, Sachs 3, 3, 8;
eine ehefrau droht ilirem ungetreuen manne:
du sollst erfahren was ich thu,
und will dir gleich helfen darzu,
mii gleicher münz bezahlen dich.
brichst du häfen, so brich ich krig
(wer weisz, wer es am lengsien treibt?)
bisz uns kein kandel am rechen bleibt.
i. Atrer fnstn. sp. 81« (2748. 24 Keller).
das spiel brich den hafen Garg. 166' wird auch Itierher zielen,
man dachte, wenn hafen brechen einmal obseönen sinn erlangt
hatte, an die jungfrauschaß als gefäsz (nu sich wie reine ein
vaj du raaget du wäre, sequentia d. S. Maria bei Mlllenh. «.
Scherer 123), es brechen hies: entjungfern, in Chasminoos
kurtzweiligem zeilrerl reiber s. 311 tfirrf erzählt: eine braut läszt
sich von einem fremden manne beschlafen, die mutier schilt sie
deswegen, der bräutigam fragt um die Ursache des sdiellens: die
mutler erdenkt geschwind eine ausred. und saget : mein lieber
herr eidam . soll ich nicht zürnen ? meine lochter hat so
viel jähr ein häfelein oder töpfchen gehabt und solches jedes-
mabl woll verwahret, da man aber solches am besten
brauchen sollen, hat sie selbiges zerbrochen, der bräuligam.
diese verblümte rede nicht verstehend, schlug die muller
lachend auf die schuller, und sagte: zürnt nicht, liebe
muller, es seind noch mehr hafen in der weit, wir wollen
schon neue und bessere kaufen, die redensarl scheint uns
untergegangen , aber der brauch den sie hervorgerufen, lebt noch,
das poltern am hochzeilabend vor dem luiuse der braut, das an
dieses hafen brechen erinnern soU,
123
Hafen
HAFEN— II AFENFIIEUND
124
In einen holen hafen blasen Agric. ipr. (!5G0) 89', ver-
gebene arbeit lliun , der hole hafen birgt keine kalt zu blasende
speine. andeis ist aus einem hohlen hafen retlen , leere worle
viaclien ; vieüeiclit bezieht sich diese redensarl auf eins von den
zahliosen gauklerkunststückchen , die im 15. und 16. jahrh. im
schwänge waren, eine stimme aus einem leeren topfe erschallen zu
lassen, sie wird viel gebraucht um uvrte zu bezeichnen, die tvenn
man näher zusieht, sich nur als läuschung erweisen : des hcilands
stimm gieng aus keinem holen hafen , sondern halle ihren
starken nachdruck. Otho 1378 ; dann damit man nicht mein,
wir reden ausz eim holen hafen, so sind disz ihre eigene
wort, biencnk. ttS'; damit man aber nicht vermeine, dasz ich
diszfals ausz einem lären hafen rede. Ai.bertinus de conv. 2 ;
und dieser mein hanszwirth hat auch diszfalis ausz keinem
lären hafen geredet. Simpl. 4, ISO Kurz;
lesen, beten on verstand
als die nunnen gsiingen hand,
das mag wol sein nin h'irlistnnd
und ausz aim liolcn liafen klafTen.
MuR?(EK fchelmenzunft cap. 11.
Eine andere redensarl fuszl auf 2 könige 39, 40 (da gieng
einer aufs feld, das ei' kraul lese, und fand wilde ranken,
und las davon coiochinlen sein kleid vol, und da er kam,
schneit ers ins topfen zum gemüse, denn sie kandtens nicht ;
und da sie es ausschulten für die menner zu essen , und
sie von dem gemüse assen, schrien sie und sprachen, o man
gutles, der tod im topfen, denn sie kundlens nicht essen) :
mors est in olla, der tod ist im hafen, das ist der tod kan
weder gesähen noch griffen werden. .S. Fkank 1,214*;
worlich, der dot im hafen steckt.
Braht iiarrensch. 30, 28.
Der hafen als bild einer klein igkeit: scheiden zusammen ver-
lobte eheleut um miet und gab, oft eines hafens halben, der
über den herd ist abgefallen, bienenk. 52'.
HAFEN, m. portus. das vihd. kennt für dieses wort drei an-
dere: das neutr. hap , gen. habes {vergl. unten haff) , und die
feminina diu habe und diu habene, welches letztere suwol mnl.
als havene als auch ags. in der form häfene {Sachsenchron. 1031,
10901 wiederkehrt, habe blieb im hochdeutschen bis ins 16. jahrh.
üblich {sp. 43). das niederdeutsche und scandinavische verwandte
dafür das masc. hafen , formell ganz gleich dem vorigen hafen
olla, nur dasz die in letzlerem eingeschränkte bedeutung hier in
groszartigcr weise auf den behäller, den das meer für die schiffe
gebildet hat, gelU: ags. ist dies masc. hafen bis jetzt nur in dem
Ortsnamen ät Hafene nachzuweisen (Thübpe diplom. angl. 536),
altengl. haven (Stbatmaxn 280), havenet a small haven (Hai.i.i-
WELL 1,438), mnl. haven (Kuian 220"), altnord. höfn , ddn.
havn, schwed. hamn. diese form dringt seit dem IG. jahrh. nach
Oberdeulschland. vor, das dort übliche habe allmählich verdrängend,
sie findet sich bereits bei Dasvpouius : porluosus das vil meer-
bäfen oder schifflenden hat. Wie nun das vorige oberdeutsche
hafen olla im sing, in die schwache form überschwankt , so ge-
schieht es aucli mit diesem: es gewährt Dasyp. haafe oder schiff-
lende des meers, portus, Krisculin portus meerhaf-nomend. 35',
noch ScHOTTEL der hafe, portus, schiflande. hauptspr. 1332.
hafen ist der aiJcerplalz der schiffe meist am ufer der see:
bis «ir endlich mit gewalt hinan (an die insel der träume)
rückten und in den hafen , den sie den schlaf nennen, an-
zogen, und stiegen bei dem elphenbeinen-llior .. zu lande.
RoLLENHACEM wundcrh. reisen 187; am schiffhafen. 189; er-
reicheten etliche tage hernach den cyprischen hafen Salines.
Happei. acad. rom. 900; landeten erst nach vier tagen .. im
hafen von Palermo. Götiie 28, 02 ;
kein hafen weil und breit wird schöner nicht geschauet
als umh Cajeta her. Opitz 1, 27.
das schiff l.'lufl in den hafen und aus dem hafen, wird in den
hafen bugsiert ;
und ein ichiirieln seh ich reiten
vollen segeinuKs mm hafen. Amot <jed. (lS4(i) «. 418;
ein ofTener hafen, in den man jederzeit einlaufen kann, int
gegensalz zu solchen, die nur das einlaufen zur ßutzeit ga-latlen ;
freie liafen , deren bentäzung alten nattoneti gleich gestaltet u>l,
vergl. freihafcn 4, I, tio; im bilde:
{er) denkei, wa« er rndt, hat nirhl« bei «ich verienket,
da» andern «rhadcn bringt, er fuhrt nein hcriie bloiit,
»ein hcrizR wclclicii ihm ein schult, ein itinrkes schlosz
und freier hnft-n i<tt. Opitz 1,04;
der hafen wird geiperrt; er verhinderte den eingang de»
bafeni mit einem vcrsünkten urhilTe, faucibus portus navem
onorariam lubmersam otijiciebal. Stei.nrach 1, 000.
Auch der ankerplatz der schiffe in einem qröszeren flusse wird
hafen genannt, s. Iluszhafen 3,1858; in der Saale bei Halle ist
ein hafen, die straszc dabei führt den namen am hafen, vgl. die
Ortsnamen Karlshafen an der Weser , Ludwigshafen am Rhein.
Bildlich: Schiffbruch im hafen leiden, unglück nehmen wenn
man sich in Sicherheit glaubt: aber der schiQbruch erwartete
sie im hafen. Kotzebue erinnerg. 1,134; dasz wir, bei so
schönen hoffnungcn , ganz nahe vor dem hafen scheitern.
GüTiiE 21, 213; in portu navigare, ausser aller gefahr sein, oder
im hafen schiffen. Frisculin nom. 37;
in den ocean schifft mit tausend mästen der Jüngling;
still utif gerettetem boot treibt in den hnfcn der greis.
Schiller;
denn n>U dem hafen ist der begriff der ruhe und Sicherheit innig
verbunden :
der alte ruft: hier legt ans land,
hier in die bucht, den stillen hafen!
o kommst du endlich, friedeiisstand?
wie will ich süsz nach stürmen schlafen I
Ar?idt ged. (1840) .<!. 410.
der geborgene ruß: nun bin ich im hafen! wer sich aus ge-
schäftcn und geräuschvollem leben zurückgezogen, ist in den liafen
der ruhe eingelaufen :
seines wonnelandes hafen
hat der dulder nun erreicht. Bürger 72'.
HÄFEN, adj. figulinus, terrcus: häfenes stve häfin geschirr
fictilia Stiei.er 724.
HAFENANKER, m. anker an dem ufer eines hafens befestigt,
zum anlegen der einlaufenden schiffe. Jacobsson 2, 185'.
HAFENANLAGE, f.: die bafenanlage im Jahdehnsen.
HAFENAUREIT, f. arbeit uh einem see- oder ßuszhafen:
die hafenarbeiten in Heppens. Hall, zeitg. vom 2. april ls68.
HAFENAHM, wi. .• der hafen von Thorshavn .. wird durch
eine . . landzunge in einen östlichen und einen westlichen arm
getheiit. der östliche hafenarm . . ist kaum einen büchsen-
schusz breit, garlenlaube 18C8 s. 104*.
HAFENBAU, «i. ; dazu kam noch eine anleihc von lo
millionen, . . von der 3'/2 miliionen für Schiffs- und hafenbau
und für küstenbefestigung im jähre 1868 verausgabt werden
sollten, preusz. jahrb. bd. 20 s. 551.
HAFENBAUM, m. lecylhis major, ollaria. Nemnich 3,350.
vergl. unten hafenpilanze.
HAFENBINDER, m. der zersprungene tupfe mU droht bindet.
SciiM. 2, 154;
's lauft so waar iez gnug im land, wo bettlen und stehle,
schereschlifer, hafebinder, alti soldate,
sägefeiler, zeinemacher, anderi strolche.
Hebkl alem. ged. (1808) s. 88.
HAFENBRATEN, m.: hafenbraten, so man überhüben
fleisch hacket und widerumb bereitet, minulal, caro frixa vel
tosta. Maaler 206'.
HAFENBUCHT, f.:
Neapels schöne hafenbucht. Pl>ten 224.
HAFENBÜRGER, m. bürger eines hafenorles:
drum laszt uns scheiden, doch des hafenbi'irgers
gebrauch und ptlicht vorher an euch erfiillen,
nufs unfruohlbiire meer, von landesgaben,
zum Icbewohl, erquicknngsvorraih widmen. Götuk 9, 352.
H.\FENBUTrE, f. in der glashülte diejenige form, worin die hafen
zum schmelzen des iilasgemenges geformt werden. Jacobsso.n 2, 185*.
HAFENDAMM, HI. «io/m.-
wandelt
an einem havcndamme. Platkn 323.
HAFENDECKE, f. decke oder stürze eines topfes : otlipelra ein
haffendechk Diefenb. nov. gloss. 271'; hebe ihm ein warme
hafendeckin darauf, so warm es das ross erleiden mag.
Seuter rossarznei 222.
HAFENDECKEL, m. decJiel eines hafens oder topfes: hafen-
derkel ollipelra voc. ine. theut. li s' ; von Schaumlöffeln und
haffendeckelii. Garg. 74*.
HAFENEIN, ade. hinein in den hafen, gebildet wie himmel-
cin, bergein, feldein, waldein, s. ein 3, 140 :
kompl eine «indes braut, so geht der erden galt,
der kchilfmniin, hnfonein. Opitz 1,47;,
die sonn« sinkt, die letzten schilTe
«io ziehen tniiiiter hafenein. üöthk 41, 302.
HAFENEINFAHRT, /". os porltis.
HAFENFIlKI ND, m. otlaris amicus: dellerlecker, licchl-
butzer, hafeiifieiind , die ein giits bisziin über drei gassen
schmecken und sich selb.s zuschlagen und laden. Ac.hicoi a
Ipr. (lifio) 'M''. dnhrr hafenfienndschufl. Köbtk (l><i.i) .<. mt.
125
HÄFENGAST — HAFEN'REDNER
HAFENREFF — HAFF
126
HAFENGÄST, m. schiffer der in einem hafen vor anker gehl.
HAFENGELD, h. 1) Schlüssel- oder halter-, strick-, herd-,
hafen-, schürzengeld, geschenk des käufers eines haiises an
die frau oder töchter des Terkäufers. Gesgler deuLtches prtval-
rechl (1851) s. 367. das hafengeld wird beim hauskaufe gezahlt
tfie heim pferdekaufe das zaumgeld , beim kaufe einer k-uh das
Strickgeld; alles bezieht sich auf ein unwesentliches anhängsei des
zu verkaufenden gegenständes: piito etiam illam pecuniam, quae
in emtionibus prelio addita fuit et cessit uxori venditoris,
dictam fuisse hafgeld, vel hafpfenninggeld, quasi quod daretur
uxori ad emendas ollas, vel quod injiciatur oUis culinanmi,
quarum curam gesserunt uxores Germanorum. nam et hodie
idem solet appellari simiii significatu herdgeld. Albrecht
dissert. de arrhis emtionum (Halae 1702, recusa 1730) s. 44. ganz
verschieden davon ist haflgeld {s. unten), mit welchem ältere
Juristen es häufig vermischten.
2) hafenahgabe, porlorium. Frisch 1,392*.
HAFE.NGESTELL, n. urnarium. Maaler 206*.
HAFENGIESZER, m. der metallene ICipfe fertigt : hafengiesser
aerarii Maaler 206'.
HAFENGUCKER, m. topfgucker, der sich zuviel um kitchen-
wesen und häusliche kleinigkeüen bekümmert, in Siiddeutschland,
ScHMiP Schwab, wb. 253, Scbmeller 2, 154. — dim. hafengucker-
lein : ja von solchen dreckbatzen , kruckäntlein , kotäntlein,
muckenscheisserlein, haffenguckeriein . . Garg. 40*.
HAFENKÄSE, m.: hafenkasz, alter fauler käsz, so man
stücklin von altem käsz in ein hafen zusamen legt, und «ein
darüber schütt, und also liiszt graaten und in einanderen
faulen. Maaler 206"; ich wollt ehe haBen (oder schinir)käsz
essen. Kirchhof wendunm. 4, 167 ;
den bawren taugt ein hafenkasz. Weckberlis 4S9.
den hafenkäse einem versalzen, wie sonst die suppe versalzen,
etwas änem leid machen:
nu als er hett auszgredt die wort,
wurden sie alle gar schamrot,
weil der weisz haid Demosthenes,
ihnen versalzt den balTenkäs. Birk doppelspiler 58.
Übertragen gilt in Scliwaben hafenkäs von einer schlechten,
unbedetttenden sache; aber auch von einem wunderlichen, ladel-
süchtigen menschen, Schhid 253, man hat vielleicht dabei im äuge,
dasz dieser sich ebenso überall bemerklich macht , wie jener käse
durch seinen geruch. tm Elsasz ist eine verweigernde und ver-
nänende redensart: jo hafekjes ! (nämlich sollst du statt des
begehrten erhalten = es wird nichts daraus) From.h. 3, 14.
H.\FENKASSUPPE, f.: ich hab mein lebenlang kein confect
gessen, es gehet von eim als gehaspelt hafenkässuppen und
saurmilch am rad gespunnen. Garg. 248'.
HAFENKETTE, f. eine kette, die seehäfen und andere Zugänge
auf dem wasser zu versperren und den feindlichen schiffen den
eingang zu verwehren. Jacobssos 6, 7*. hafenketten , die den
Jünglingen die fahrt ins arbeitende meer verhängen. J. Fall
Titan 2,10.
HAFENLEUCHTE, f. was bake, feuerzeidien für die in den
hafen einlaufenden schiffe. Adelung.
HAFENMACHER, m. ßclor. Maaler 2o6'.
HAFENMEISTER, «i. custos portus.
HAFENPFLANZE, f. lecythis ollaris Nemnich, weil die fruchl
kapsei ähnlichkeit mit einem tupfe hat und zu geschirren gebraucht
wird. s. hafenbaum.
HAFENRÄUMER, m. eine maschine, die den eingeschlemmlen
hafen reinigt, was bagger 1, 1075.
HAFENKEDNER, m.;
wer geld nimpt da keines ist
und rupit mich, da mir tior gebrist.
und suchet lieb an leides stat,
auch ist bereit e man in bat,
als wir hal'enredner knnnen,
der ist vast von kiHistricheu sinnen.
Mcrmer schelmenz. caii. 11:
der bat aus hohlem hafen geredt.
der vil mehr verheiszen hält
denn leisten möcliten all sein Treund.
noch sind der tiafenredner meb,
wenn ich ihn kla^ mein noth und weh,
so sagen sie: mein lieb und gut,
alls was ich hab in meiner hiit,
ihr sollt zu mir alls guten holTen,
mein haus und bof das sei euch olTen.
ich setz fürwahr kein glauben drauf,
er tlint mir nicht den gänsstall auf.
Körte .tpiicliw. (1861) s. 192.
Der legriff teuscher , belrieger, falschredner gehl aus den beiden
stellen hervor, möglich dasz sich das wort erst nach der redensart
aus einem hohlen hafen reden gebildet hat. vergl. was über
diese sp. 123 gesagt ist.
HAFENREFF, n. lopfgestell: nachgeliends lehrt er ihn eine
schöne namenclatur und sprachserklärung, sclemsücida ein
haffenrefif, bracus pruch, vilwundus hackbank, vilhelmus stro-
sack. Garg. 140* ; (sie suchen) donnenfcopf mit bauchen der
eszlingischen jungfrawen im hafenreff. 18'; slem flirida, ein
hafenrefif. Olearius de fide meretr. 90;
dem schüsselkorb ward weh zu einem kinde,
ein hatTenreff ward gefatter so geschwinde.
Ambras, liederb. 141, 10.
HAFENSCHAFT,* m. bank oder bret, worauf in der küche die
topfe stehen {vergl. schaft , benklin, podium, podiolum Dastp.):
hat ihre hafenschäft .. eingetheilt wie ein brettspiel. Carj;. 74'
HAFENSCHARRER, »i. der das letzte aus einem topfe aus-
scharrt, beltelhafler mensch: da hetzt man den latzarmen, latz-
leren, auszgedörrten, rauchgehenkten bickingischen schnecken-
fresser und hafenscharrer bruder Lantzenstil sampt seiner lären
sackpfeifen mit kröpfigen hunden ausz. Garg. 81"; schalten
sie lumpenstecher , lumpenwescher ... baurenflegel, hund-
bengel, galgenschwengel, hafenscharrer. 197'.
HAFENSCHERBE, f. testa. Stieler 724. mhd. havenscherbe
wb. 2, 2, 195*. das musz kh an diesen herren loben , dasz
keiner, wie viel er auch verspielte, jcmahlen ist zornig worden,
hab auch keinen jemahls fluchen gehört, sondern haben nur
dazu gelachet, als ob das geld nur eitele hafenscherben wären.
franz. kriegssimpl. 1, 86. — Bildlich einem die hafenscherben
lassen, die letzten unbrauchbaren reste einer genossenen sache:
da ist dann frü und spat kein rA
bisz sies land hie und dort verderben
und lant dem- herrn die haffenscberben.
Mur^ier schelmenz. 10'.
HAFENSCHLUPF, m. .• so werden kleine windstille platze
genannt , wo kleine fahrzeuge hinter etwas verborgen und
sicher liegen können. Jacobsso?? 2, 186'. vgl. schlupf.
HAFENSCHREIBER, m. der buehführer und einnehmer des
hafengcldes m einem hafenorte, niederd. havenschriver Dähnert
179'.
HAFENSTADT, f. stadt an einem hafen gelegen: die cana-
lisierung der mehr und mehr aufblähenden hafenstadt (Meppens}.
Hallische zeitung vom 2. april 1868.
HAFENWERK, n.: hafenwerk, cenodoria est illud quod factum
est ex ceno i. luto. voc. ine. theut. hs'.
HAFENZEIT, f. heiszt die stunde des hohen wassers oder der
höchsten flul zur zeit des neu- und Vollmondes an einem bestimmten
orte. BoBRiK naut. wörterb. s. 249.
HAFER, s. haber.
HAFEREI, f. holländ. averij und haverij , mnl. haverije,
averije, jaclura sive damnum in mari Kilias 220, schwed. haveri,
ital. portugies. avaria , franz. avarie , daraus ist ein mittellalein.
wort avaria gebildet worden, was aus genuesischen quellen vom
ende des 14. Jahrhunderts ab nachgetciesen wird (Du Ca>ge gloss.
von Hentschel 1, 476'). es wird sich nicht leicht entscheiden lassen,
ob das wort haferei, das jetzt mehr in der form havarie, haverie
(s. d.) gänge ist , romanisclien Ursprung hai und sich direcl an
das nordfranz. auch auf deutschem Ursprung fuszende havre hafen
lehnt, oder ob es eine deutsche neuere bildung mit der roma-
nischen bildungssilbe ie, ei (gramm. 2, 96) ist, und sich zu haff,
haf eben so stelU wie büb-er-ei zu buhe, gast-er-ei zu gast, das
wort ist niederdeutsch, an den küsten der Ost- und .Sordsee lebend.
Im weitesten sinne begreift es in sich alle Unkosten, die ein
schiff von seinem auslaufen aus dem hafen bis zu seiner zurück-
kunft an hafengeldern, scJiaden u.s.w. hat; vorzüglich aber den
schaden, der entsteht, indem man bei einem stürme guter vom
schiffe in die see wirft und den die eigenthümer der übrigen un-
verletzt ankommenden waareii tragen (franz. grosse avarie):
jactum contributione sarcire dat (zur rettung au.s-ige\vorfene gudl
in haferye stellen. Chttraecs vom. lat.-sax. cap. 36 sp. 212.
rechlssprichwort : von bodmerei (s. 2,218) ist man keine haverei
schuldig. Plstoriüs thes. paroem. 4 no. 1.
HAFEREIRECHT, n. jus avariae: haverey-recbt Scbottel
tractat v. unlerschiedl. rechten (1671) s. 401.
HAFF, n. theil des meeres am geslade hinter einer landzutu/e,
ein vornehmlich <in der Ostseeknsle gebräuchliches wort, das für
einige dortige meerestheile geradezu zu einem eigennamen geworden
ist: die ostsee hat mehrere baffe, das frische (4, 1, 206) haß",
127
HAFF — HAFNER
HAFNEH — HAFT
128
das kurische haff; vom seestrande an bis an das frische
haff. Hennebergeb 413; es soll auch die frische neeruug in
dieser zeit (1190) durch solche starke nordwinde aufgetrichen,
denn zuvoren kein haff allda, sondern lauter see gewesen
sein Süll. 363. sprichwürtlicli in Oslpicuszen zur bczeicitnuny eines
(froszen durstes: icli möchte das haff aussaufen. Frisciiuier
spriehu: 1438. neuere sclirißsleller mil norddetäscJier hcimat ver-
wenden das uort freier und als reines afpellalivuin : dasz hier
einst haf hinter dünen war, welches allmählich in sumpf
übergegangen ist. ^IEB. t,5"l; Jahn nennt auch den Liman,
worein der Diiiepr fällt, ein haff. bereicheruntj des Iwclid. Sprach-
schatzes (ISOC) S. 82.
Die form haff ist niederdeutsch und schlieszt sich eng an das
fries. hef, ags. heaf, isländ. schwed. haf, dfii. hav, millelnieder-
sächs. haf (3. b. Script. Brunsv. 3, 67", 36) meer an , nur dasz
die bedeutung eine eingeenijtc geuorden ist. die oberdetäsche form
dieses worles war hap in der bedeutung hafen, mhd. u<b. 1, 601.
hochdeutsch scJireibende Oslpreuszen gebrauchten unter anlehnung
an diese form für haff haab: das eine ist das frische oder
prenssche haab , das ander ist das Curisch haab. Waissel
Chronik (1559) l'; die schifften durch das haab. Schütz Preuszen
20 ; auch das land an einem solchen wurde des gleichen namens
thcilhafHij :
auch leget er den Preussen abe
das wandern auf dem frischen haabe. Waissel 53;
vergl. schon mhd.
ein teil vuor euch ir her
mit schiffen oben umli daj lant,
das 'St daj vrisctie hab genatit. livl. chron. 3830.
fiijher zur niederdeutschen steht die form hav, die \Vaissel eben-
falls aufzeigt: aus der seejiat es (Preuszen) zween schöne ein-
flüsse in das land, die werden haabe oder have genannt, da
nemlich die schiffe in das land ein und auslaufen, chronik 1*.
auch bei Lütheb erscheint hav: wil die übrigen am have des
meers umbbringen {uTtoXco roi's xaraXotnovs rovg xaroi-
xovvras t^»' naQaXiav) lies. 25, 16, wofür die ausgaben seit
dem 17. jahrh. hafen setzen.
HAFFDOHN, «i. hippophae Linn., am meeresstrande in san-
digen strichen waclisend. bei Nemnich 3, 153 heiszt er auch haft-
dorn.
HAFFKUH, f. in Ostpreuszen eine arl von kühen, die ins haff
scliwimmen, um den seelang zu fressen.
HÄFLEIN, n. kleiner hafen, ollula: hafeie Maai.er 204'';
ging er gegen mir zum tisch zu und reichte mir ein irden
pfennighafelein in der band dar. Simpl. 1, 451 Kurz, im Sprich-
wort: der erster zum herd konipt, setzet sein häfelin wohin
er wil. Agric. sprichw. (1560) 229"; hei, kleine haflin laufen
f)ald über. Garg. 12s'; so noch in Tirol. Fromm. 5,445. unter
dOrflicIien gebrauchen wird aufgezählt: wa verschenkt man den
namen , wa trägt man die häfflin zusammen , wa löszt man
sich , wa gibt man richtwein , wa ruckt man den tisch , wa
gibt man die bauszrachtung, wa ertrenkt man das liecht,
wa geht das kräntziin iierumb ». 5. w. Garg. 52*.
HAFiNEN, verb. plasmare, fingere: hafnen, iiafncrwerk treiben,
ofen machen , etwas aus leim machen , formieren oder ge-
stallen. Maaler 206*.
H.AF.NEIt, m., ahd. hafanari , lopfmacher , tüpfer: hafener
lutipgulus, lebefusor voc. ine. Iheul. h S* ; ollarius, luli compvsilor
ein hcfcner voc. ex quo v. 1469; figulus heffener Diefenü. nov.
gloss. 173; plusles , laline figulus ein haffner, kachler Dasyp. ;
haffner vasaro, pignataro, boccalaro Hui.sius dict. 1, 69*. als der
hafner sitzet zu seim werke und umkercl das rad mit seinen
füszcn. bibel 1483 332', ao Lcther (Sir. 38, 32) seinem mittel-
deutschen spracligebrauche entsjireclwnd , löpfer ge.ietzt hat; das-
selbe Wort steht Jes. 04, 8, aber in einem briefe schreibt er: es
i-sl also geschrieben Ksa. 64,8: wir sein sein than , er ist
unser haffner. der Ihan musz die kunsi und band des iiaff-
ners nil meistern, sondern sich meislern und inadien lassen.
br. 2, 224, es ist ein idireiben an die Christen zu Augsburg, ilinrn
zu liebe hat er den ihm sonst nicht geläufigen süddeutschen aus-
druck gebrauclil; uff ein zeit helle ein haffiier getreit ein
leimen geldin. STKi>HöWKt. ll.'>5ö) 9fl'; die hafner haben einen
heiligen Goar erkoren, welcher ein schwartzen tcufel mit
feurigen äugen und ein hafen in der hond trügt, bienenk. 183*;
gebe hin imd kauf ein irrdin hafen vom hafner. Hki.sznkr
ierus. I, 8h'; Agathucle« war eines hafner« söhn. Schuppius
100; dicftcr »chwatzer nennet den gp"-"" >' 'vi ,.-'•— ■•y^
binatiscben bafoer. Wimkelmanm 3, 3^ i
der hälfner machet unverker
sein werk zfl schänden oder ehr,
solch macht hat got gar pillich mer.
Scuwarzknbbrc 155*;
ein hafner usz eiro erdklotz macht
ein erlich gschirr, sonst vil veraclit,
als kachlen, hafen, wasserkrfig,
do man in bösz und güttes tilg.
ItHAM ;ia)Ten.iic/i. 57, 35.
In Baiern sagt man lachen wie ein hafner der umwirft,
wenn man lieber weinen möchte; auch von demjenigen, der sich
in eine nicht genügend verstandene suche mischt, der versteht den
leim oder dreck , der musz ein hafner w erden. Schm. 2, 151.
die letztere redensart auch in andern tlwilen Deutschlands, wo für
hafner, namentlich in Mitteldeutschland, töpfer gesetzt wird.
HAFNEHEI, /. tOpferkunsl : fast will es scheinen als sei
dies der zeitpiinct gewesen, wo der eisengusz der damals
mächtig aufblühenden hafnerei bei Verfertigung kunstreicher
Öfen das feld geräumt habe. Lt}BKE über alte öfen in d. Schweiz
(1865) S. 168.
HAFNEHERDE, /". erde wie sie für den töpfer passend ist:
zeigte sie meinem caiuerad zunähest an unsrer wohnung eine
schöne art hafiiererdc, aus weicher sie . . schön irden ge-
schirr zu machen getraue. Simpl. 2, 230 Kurz; fiinflens be-
fanden wir neben dem besagten flüsziein eine überaus schöne
hafl'nererde. 235.
HAFNERGESCHIRR, n. ficlile. Calepinüs 564.
HAFNERHAND WERK, n. töpferhandwerk : es wird alsdann
in Teutschland das goldmachen so gewisz und so gemein
werden als das hafnerhandwerk, also dasz schier joder ross-
bub den lapidem philosophorum wird umschleppen. Simpl.
l,2Gi Kurz; ein paar frommes ehevolk des baffiierhandwerks.
Simpl. 3 (1699), 378.
HAFNERIN, f ficlrix. Maai.er 206*.
HAFNERKNECHT, wi. töpfergesell: ich kleidete mich wie ein
armer haffnerknccht. Simpl. 3 (1699), 365.
HAFNERKREIDE, f. figuralis crela. Maai.er 206*.
HAFNERKL'NST, /. plaslice. Dasyp.; hafneiskunst figlina
Calepinüs 564.
HAFNERLEIM, m. töpfertlwn, töpfererde: aus hafnerleim ge-
macht, fictilis et hoc fictile. Maaler 206'.
HAFNERRAD, n. rola figularis: Engers, Angors oder An-
schar . . ein erfinder des ankers, der blasbälge und des
häffnerrads. Zinkgref apophth. 1 (1653) s. 303.
HAFNERSCHEIDE, f rota figularis: zeucht er [der bauer)
aber den groben dcckel (seinen hui) gar ab, so liehet er den-
selben herum wie eine haffoerscheibe. baurenst. lasterpr. 169.
HAFNERSTUBE, f : figlina haffnerstuben Frischlin nom. 347'.
HAFNERTHON, m. töpfertlwn:
dann nirab ein halTnerstahen ich,
waich in ins wa>ser, das er sich
wie salben aufs tiich streichen lasz.
J. Ayhrr faslu. sp. 46» (2568, 11 Kellm).
HAFNERWERK, m. in zwei bedeutungen: 1) hafnerwerk,
kunst ze hafnen, figlina Maaler 206'. 2) hafnerwerk, irrdin
geschirr, figlinum opus, plasma das.
HAFT, m. vinculum, ahd. haft, mM. haft («'ft. I, 603"), ags.
häft.
Von der wurzel hab fassen, hallen {sp. 46) hat die deutsche
/spräche mittels des eine thätigkeit hervorhebenden suffixes ursprüng-
lich -ti zwei siibstanlire gebildet, ein masculinum haft, j)/i«r. hefte,
hiifte «ii( dem mehr persönlichen , allgemeinsten sinne erfasser,
haller, und ein fem. halt zum ausdruck der handlung des erfas-
sens und haltens. beide Wörter sind im golhischen nicht bczeutft,
das masc. würde hafl-s, (jen. haflis, phir. Iiafleis lauten, das
fem. haft-s, gen. haflais. t« den hochdeutschen dialecten, bereits
von alid. zeit her , haben sich zu beiden wt<ilern nebenformen
ergeben; während dir plur. des ma.ic. hefte, hafte nocVi im nhd.
dauert, findet sich schon im alid. die haflA vincula . dat. plur.
dien haften ((iraff 4,742.743), »ii; idurtrill des Wortes in die
a-declinalion , die im ags. hilft durchaus erfolgt ist. ein schwacher
plural die haften der daneben, wiewol .♦/wfer und in eingeengter
bedeutung (vgl. unten no. 3) außaucht, hat aucli einen schwachen
Singular hervorgerufen: spintJier ein hafte Dasyp.; im bairischen
bat man dann weiter wieder gebildet der haften mit dem plur.
die hallen (Scmm. 2, 160).
Zum fem. haft, rfe.wf/i mhd. gen. hefle (wb. I, 603') die olirn
erschlossene goth. form haflais stiitzt , finden sich die gleichen
nebenformen, nacli der starken a-ilecl. erseheint im aUniederfrdn-
kischen bafta : nAmi liaflu, cepisti captivitalem, ps. 67, 19 , ein
129
HAFT
HAFT
130
schwaches diu haftä üt afid. bezeugt (haftftn connexfone Graff
4, 743) und dauert auch nhd., vgl. ueiler uulen. vennischung aer
bedetttung beider Wörter liegt nahe und ist erfolgt ; das masc. haft
bezeichnet neben seinem mehr persönlichen sinne auch den acl des
fo'^sens, haUens (no. 4) , das fem. drückt neben diesem letztern
auch die bedeutung eines hafts , halters aus; im bairischen geht
die haft halt, festhalten, neben der haft gleiclier bedeutung. Scbm.
2, 160. s. ueiieres unter dem fem. haft.
Das masc. haft bedeutet
1) band, halter, etwas was zusammen faszl und verbinde, im
allgemeinsten sinne: so sind
a) hefte von den weiden abgeschnittene äste, die zum verbinden
der zaunhölzer dienen: wan aber sonst Jemants in weiden be-
sichtiget Avirth, die sein nicht seinlh, ehr schneide hefte,
zeine, neiden, ader wo zu ehr die weiden soDSt , es sei fu
reuffen ader anders gebrauchen würde. Michelses rechtsdenkm.
nits Thüringen 4SS. auf dieser bedeutung fuszen folgende verse
HOFFMAN.NSWALDAÜS :
ach, Amarillis, ach! die bitterkeit und lieben
mit steifen haften kann verbinden, getr. schäfer 11;
man spüret doch, wie sich ein starkes etwas findet,
das uns ans vaterlan^nit süszen bärten bindet,
mit halten die die im nicht zu verfaulen weisz. «. 145.
6) haft heiszt ferner die naht, die zwei getrennte theile eines
Zeuges verbindet, einer sache ein paar hafte geben, sie mit
einigen Stichen zusammen heften. Adelu.vg. der chirurg nannte
haft die eine wunde zusammenfügende naht, in diesem sinne der
plur. hefte Diefenb. 233*: der wunden ein haft geben, com-
viiltere alicujus plagae oras suturis. Maaler206'; und die hef-
tung (der wunden) geschieht in fünferley form oder weise,
zum ersten die gemeinen haft (plur.). Hieb. Braümscbweig
Chirurg. (Augsb. 14!»6) 21'; darumb zu allen Zeiten sollen die
hefte ungerad sein, wenn die wund über zwen hafte bedarf.
21* ; so so! auch die heftung (der wunde) tief geschehen, . .
das nit ein b<'>le under dem haft werde. 2l'; gib alsdann,
wie das wümllcin geschnitten, der haut einen haft, darmit \
das würtzlein {was in die wunde gesteckt) nit herausz fall, lasz
es darinnen bisz der haft selbst aufbricht. Secter rossarznei
171; nee die wunden wiedcrumb zu . . alsdann thue den haft
widerumb auf. s. 351; die wunde ward ... mit fünf haften
geschlossen. Happel acad. rom. 954;
wie du den Apel Milchschlunt
hast gehauen und in den tod verwunt,
das man dem armen bauersman
zwelf heft hat getan (die icunde mit zwölf haften zugenäht).
fastn. sp. 590, 23.
c) auch der flinlenstein hatte einen haft, die schmale fläche,
die die beiden breiten verband: man kann füglich einen solchen
durch die kunst gebildeten stein in 6 flächen theilen: erstens
aus zwei beinahe eben solchen flächen, nämlich eine obere,
welche schmal und nur meistens ',3 des steins einnimmt und
die rippe, der rücke oder der haft genannt wird. Jacobsson
5, 506" ; ein schiefer der gut gebildet ist . . musz in der mitte
nach seiner länge einen ganz flachen oder ebenen rücken,
der von 4 — 14 linien breit sein kann, haben, denn nach ver-
hältniss dieser breite entstehen die gröszern oder kleinern
steine fürs feuergewehr, indem dieser rücken den haft oder
köpf (franz. manche) ausmacht. 567*.
d) bei den gewerken ist haft in verschiedenem sinne gebräuch-
lich, dem glaser ist es ein bleiring, womit das gewöhnlche fensler-
blei in jeder Vereinigung mehrerer bleistücke an den windeisen be-
fi'sligt wird ; dem büchsenmacher ein eisenring, durch den der lauf
an dem schaße festgehalten wird.
e) Schotengewächse haben hafte, es sind die langen gewundenen
faden, durch die sie sich an ihren stützstangen anranken und fest-
hallen: die runden, langen und hole Stengel {der bohnen) mit
ihren gewerben, sampt den bicttern, ästlein, haften und schot-
ten, vergleichen sich aller ding den grossen gartenerweissen.
Bock kräuterbuch 486; (die teutschen honen) gewinnen kein
haften oder faden wie andere köchsef. 490.
2) haft, was bindet und gefangen hält, fessel, band.
a) im gewöhnlichen sinne: mit gewalle löster unsere hafte.
spec. tccles. von Kelle s. 67;
alid. suma hapt heptidun. Merseburger xpruch.
nhd. verbindet sich verstärkend damit band, er ist in band und
haft, in haft und band, wie schon ahd. die haftä unde diu
gebende Graft 4,743;
insprinc haptbanJun. Merseburger Spruch;
TV. 11.
so liumpt mein sün schnell über mich,
sagt gut gsell gib gefangen dich,
in meines jtiukern band und haft.
WicutAK pilger R 3, 64 ;
derer seufzen anzuhören,
welche (acc.) haft und band versehren. Opitz 3, 191.
b) In übertragenem sinne:
swä in siaer Sünden haft
beheftet habe von schulden,
da lä mit dinen hulden
brechen siner Sünden bant. Bariaam 361, 34;
ouch ist ej {das kreuz) niht ein kleiner haft {fessel. Zügel)
dem tumben man,
der sime übe raeisterschaft
nibt halten kau. Hartxa^x tieder 9, 25.
man sagte heften einen haft, an etwas eine fessel anlegen, da-
mit es sich nicht weiter entwickele:
des muo; ich heften einen bafl
an dirre materie ön minen danc,
wan ich füriite sie werde ze lanc. Renner 20132.
man gebraucht auch haft der freundschaft , ine freundschafts-
band (4, 1, 169) : kaft und aufenthalt einer freundschaft, no-
dus amicitiae Maaler 206*.
nhd. sprach man auch von dem haft eines rätseis, dem sinne
desselben, es ist gleichsam die fessel, die das Verständnis des räl-
sels hindert, hat man sie gelöst, so ist das rätsei verstanden, vgl.
knoten 14, th. 5, 1504. Klingsor hat ein rätsei gegeben, das
Eschenbacli mit den eingangsworten deutet:
Klingsor, ich Icese dir die knoten, :
worauf Klingsor erwidert:
ja meister, loese uns baz den baft.
ilS. Hag. 3, 9', 29. 30 ;
der mir üf sliujet disen haft,
dem gib ich lop für aller singer meisterschaft.
3, 432% 3.
diese bedetäung lebt nhd. nicht mehr.
c) in der rechtssprache steht haft neben haftpfennig in dem
sinne des draufgeldes, dieses ist das band, durch welches ein ein-
gegangener vertrag fest wird: zu der form eines solchen Ver-
trags kann ein schriftlicher aufsatz oder sogar eine gericht-
liche erklärung (insinuatio, wie wir sagen , eine gerichtliche
bestätigung) gehören, ferner eine arrha (ein handgeld, wein-
kauf, haft), bald so bald anders verabredet. Hugo heut. röm.
recht 11826) s. 258.
3) haft in eingeengter bedeutung die spange, nadel , zum zu-
sammenhalten eines klädungsstückes : ßbula haft, hack, ring
Friscbl. nom. 418*; heftete über den rock mit einem hafte
den weiten , doppelten mantel. Stolberg 11, 332. vielfach ist
hier jene oben erwähnte schwache nebenform im gebrauche: die
haften, grosze häftle ßbulae, die haften einthun infibulare Ma.a-
ler 206*; dann ich mein lebenlang nichts närrischers gesehen,
als ellenlange und klafterbreite haften auf dem hut, was sol-
len haften auf dem hut, setz sie darfür wie unser Pantagruel
auf den latz. Garj. 119*; wann der trinkend kerles seine pau-
toö'elsolen umb ein halben fusz aufblaset, die nesteln, haf-
ten und kneiflein auftreibet. 163' ; als weihgeschenke stifteten
sie daneben . . einen silbernen Spiegel, den vergoldeten pan-
toffel, goldene haften, alles zum putz der Venus gehörig.
Götue 39, 25;
gülden ketten, ring und armband,
geheng, haften und wie es wird gnant,
ist gemacht von silber und von gold.
> Atrer 111* (561, 10 Keller).
4) in abstracter weise bezeichnet haft halt, anhält, in Kämthen
haft das halten, festhalten (Lexer 130); haft, anhang, das an-
heuken adhaesio Maaler 206*. so sagt man im gemeinen leben
die sache hat keinen haft, Mit nicht, meine füsze hatten auf
dem abschüssigen boden keinen haft;
weil nichts beständig ist als Unbeständigkeit,
so kan man freilich wol nicht haft und anker finden,
wormit man sicherlich sich köndt auf freunde gründen.
FLcm.tG b<i;
diese bedeutung wendet sich auch zu der des Schwerpunkts, angel-
punkts, vornehmsten einer sache:
ö wip, du höher 6ren haft! Fraukmlob minneteich.
Maaler 206* führt eine reihe hierher gehöriger beispiele an: der
haft einer sach, der fürnembst arlikel darauf die red tringt,
Status, Justitium, continens, cardo causae, judicatio, firmamentum;
der rächt haft od«r stich einer red, aculeus orationis; daran
ligt der rächt haft oder punct oder der ganz handel . in eo
cardo rei vertitur ; der grüst haft der sach ligt am zeugen.
summa est in testibus; der rächt haft in allen dingen ist in
deinen henden und ligt an dir, ad te summa solum Phormio
9
131
HAFT
HAFT — HAFTEW
132
reriim rcdit; der fürnciubsl hall des sigs ligt daran, vidoriae
lumma in eo conslat.
5) aber andrerseits kann die vorige bedeutnng auch in die des
zuriickhaltetts, hindcrnkscs verlaufen, so kärnthniscli Lexeii 130;
der den bagendorn wil ziehen diir daj heu sunder hafte, der
miioj in gar besiiiden. d. myst. 2, 634, 27 ; da würt allaiii der
felb und baft liegen. S.Frank parad. 120' no. 177;
der halt und mangel lyt daran,
das ir gots liebe band vertan, trag, Joh. Ciij.
hierher ein schi/ferausdnicJc ein schiff läuft auf haft, slöszL auf
ein seinen lauf hemmendes hindernis: doch eins von diesen
schiffen lief unversehens auf hnft oder alte verborgene pfiilc,
so unter wasser sind und nicht mögen gesehen werden.
Waissel chron. (1559) 220*.
6) daher Iteiszt endlich auch der haft gefängliche verwahntng:
baft T71. custodia Schottel haubtspr. 1332. vgl. verhaft.
HAFT, f. custodia, adimesio. über die form des worles ist am
ringange des vorigen arl. {sp. 128) gesprochen, es bedeutet
1) vencahrung, gefangenhaltung, und ist in#/«er bedcutung zu-
nächst rechlsausdruck : einen Verbrecher zur baft bringen; da-
rum begern wir ernstlich das ir dieselben in hafte nenict.
Haltal's 772 ; und wo einer oder mehr zu haften oder ge-
fengknus gebracht, das.; es ist Anna Maria Braunin . . wegen
verdachtiger Zauberei alliier in gefängliche haft gebracht.
hexenproz.-aclen v. 16S9 in d. neuen milthcil. des thür-sächs.
ver. 9, 81; die alte wurde zur gefänglichen haft gebracht.
E. T. A. HoFFMAX.N 3, 16; er ist hierauf in haft geralhen.
Happei. acad. rom. 895 ; er wurde der haft entlassen ; der ge-
fänglichen haft erledigen. Schweinichen 3, 169 ;
so schüll wir uns denn all zerstreuen,
und es schol ie einer nach dem andern ausz gan
und den breutigan an der heft lan. fastn. sp. 787, 33;
er ist noch keiner that, so spricht man, überzeugt.
er ist urab wort in haft. A. Grtpuius (1663) s. 25, 262,
ach Talbot, ihr wart stets mein freund — dasz ich
in eurer milden haft geblieben wäre!
Schiller Mar. Stuart 3, 3;
ich will dirs reich vergelten, wenn ich einst
aus dieser halt befreit bin. Platen 235',
wenn ihr, was goit verhüte, wiederkehrt
in Ludwigs haft, so fällt auf euer haupt
derselbe uannstrahl, der auf jenen fiel.
Uhland Ludwig der Daicr s. 131.
aber nicht blosz personen, auch Sachen werden in baft gelegt, in
haft behalten, wie man von gefangennehmung der guter spri^:ht
(die güther der Studenten sollen nicht gefangen werden.
Happel acad. rom. 102) : sollich stadtsteuern in arrest und
haft zu behalten. Haltaüs 771; das (gut hat) also bisher 6
Wochen und 3 tag in baft gelegen, das. man verwahrt solclie
Sachen als pfandobjede, daher:
den spiesz musz ich mir pfänden,
ich nehm ihn mir zur halt. Uhland gcd. 425;
tgl. haft debilum, pignus Stieler 816.
2) unter anlehnung an den rechlsausdruck wird das wort dich-
terisch freier verwendet:
was ist die groszc weit? ein blockhaus, da verlangen
und angst und schwere noth mit starken fesseln drückt;
wenn uns der freie tod aus disen ketten rückt,
denn nimbt die grufi in haft die ganz erblaszten wangen.
A. Grtpuius (1663) «.697;
ein geschöpf wie du selbst, vormals theilhaft des verrinnenden
sands in der sanduhr,
Jahrhunderte lang in entsetzlicher haft, durch nie zu berech-
nenden zeitlaur. Platen 263.
3) haft bezeichnet auch den räum des gcfdngnisses, wie umge-
kehrt kerker, was gewöhnlich nur auf den bau geht, doch auch
die gefangenschaß ausdrücken kann (:>, 567) ; und sullen densel-
ben man oder wip do mite brcngen in di hafte. Freiberger
stadlrecJU in Schotts stadl- u. /anrfrecWc» (1775) 3, 182; ich ver-
lange nichts als ritterliche baft. Güthe 8,125; so sei er er-
bütig, ihm zur flucht aus seinei haft in Dresden mit pferden,
Icuten und geld an die band zu gehen. JI. v. Kleist sdirtften
(1«59) 3,83;
gibt unterm meer ein foldoch ihm zur haft.
Griex llojardo 1, 1, 53.
bitdlich: got ruor zer helle, der lip was t(^t,
er lac In grabe« hefte. Fracenlor 235, 15-,
was aber brichst du au« de* grnbes hnft?
CH*ais«o (tsnr.) «,280;
Ir' ' • ' ■ ,!ii den arm gebunden,
! mir liegt in linfl. ÜHLAnn gcd. 315.
die nicdnf ; nn dufnr i\l li.xlil. .%. sp. 98.
4) haft hat endlich auch zwei bedeulungen des masc. haft,
nämlidi
a) die von spange, lialler (no. 3, sp. i30): die hafte, unc agraffe
Frisch did. franc. (1730) 2,279; und
b) die von stütze, Schwerpunkt (ho. 4, .<:p. 130); die rechte haft
eines dingcs, continens et firmamentum rei. Steinuach 1, 661.
HAFT, n. nach Adelung , nach Nemnich m. , ephemera, ein-
tagsflicge. der name nach letzterem davon, dasz bei Verwandlung
der puppe in das geflügelte insed die Itiille an einem ufer, wo
die Verwandlung vor sich geht, bleibt oder darauf haftet:
wie kurz ist doch der schmerz der allertici'sten wunde I
weint etil unsterblicher beim leid von einer stunde?
so machte, dächt er sonst, und mäsze seine zeit,
ein halt die däUMucrung zu seiner cwigkcit.
Halleh Schweiz, ged. (1768) s-. 192.
in Hamburg heiszt das insect hatT uitd baflU. Schütze 2, 89.
HAFT, adj., ahd. mhd. haft, golh. bafts in auda-hafts glück-
selig, altniedcrd. haft, ags. iiäft, eine drred aus der würzet hab
gebildete parlicipialform mit passiver bedeiäung, ganz dem lat.
cap-tu-9 entsprechend, mü der bedeulung ergriffen, eingenommen,
gehalten, es ist demnach eine andere bildung als be-haft (1, 1316),
welches rückumlautendcs parlicip von behcflen ist. die neuere
spräche kennt haft wescnllidi nur noch, als zweiten thdl zusam-
mengesetzter adjcdive (|;lückhaft, fehlerhaft, lasterhaft «. s. w.,
gramm. 2, 562. 656) ; die ältere .^rache verwendet es auch ein-
fach in folgenden bedeutungen:
1) gefangen, gefesselt:
atls. that thena hafton man heliffös nämin
so gibundanan, that barn godcs. Ucliand 5262;
ahd. haft vinctus, liapbta caplivos Graff 4, 739 ; mhd. nu bistu
herchomin , die armin tötin , die heilichen haftin zcrlüsin.
spec. eccles. v. Kelle s. 68;
der trache wart sä da haft. kaiserdiron. 106M);
ein binde in und mache in haft (die leimrulc den voget).
Tri!:l. 23, 13.
2) von etwas eingenommen, besetzt, bestanden, noch im j. 1492
.,0m bestellten feldc: item die von Tobel habcnt mit irem vich
trat, wenn die zeig lär und nit haft ist. wevith. 4, 406 ; zwi-
schen der hoffstatt und dem brül sol ein vallenlhor hangen,
wenn die zeig uff cbnit haft ist. s. 407.
Die ältere spräche brauchte die Verbindung eines kindes haft
für schwanger:
ahd. 6r si zi theru giburti thes kindes haft wurdi.
Otfrid 1, 14, 6;
mhd. nu bäte e^ got also beschart,
der uns dicke tuot wunders vil
daj rehte an dem selben zil
was euch si worden kindes haft. Flore 569;
hie mit wirst du kimies haft. Mokr schausp. 1,155,61.
auch einfaches haft steht in gleichem sinne :
was im ij harto ungemach, dö er sia hafta gisah.
Otfrid 1, 8, 2.
3) in übertragenem sinne hdszt haft verpflichtet, verbunden für
etwas :
die {deine freunde) sint dir alles guotes haft.
Laszberc liedersaat 2, 620, 57.
4) anders noch jetzt in der Eifler mundart, wo haft die be-
deulung schwer angenommen hat: es thut im haft, es hält ihm
sdiwer etwas zu vollbringen. Fromm. 6, 15; das geht audi von der
bedeulung 1 aus, aber durch die Vorstellung des beengenden, drücken-
den hindurch.
HAFTRAR, adj. verantwortlich für etwas {s. hafl 3 und haf-
ten 4) : jemand für eine sache haftbar machen.
HAFTRARKEIT, f: die haftbarkeit des berausgcbcrs, Ver-
legers tind druckers (einer zeitung). Hall, zeitg. ISOS, no. 90.
HAFTREFEHL, m. befehl zum liaßvollzuge : so wird .. die-
ser haftbefehl wider denselben (einen flücMgen) erkannt, preusz.
staatsanz. 1868, s. 2061.
HAFTRRIEF, ni. was Steckbrief, briefliches ersuchen einer bf-
h'irdc um Vollstreckung der hafl an einem Verbrecher. Adeiüno.
HAn'DOI.DE, f. caucalis, auch klelteiikörbel, weil der same
der pflanze sich wie eine kldte anlulngt. Nkmmi:h 2,917.
HAI"TEL, »I. flbula, uncinulus. die ununnjelautete form ist
selten (z. h. in Tirol, Fromm. 5, 445). häufiger ist iiäflel, am qe-
Mü/in/if/i.v/c» aber wird jdzl liefle! geschrieben, w. m. s. Iiaflel
heiszl tm allgemeinsten sinne jedes kleid oder mantel zusammen-
haltende inslrumcnt:
für ir liru.<t (zum tunxmmrnlinllrn des rock») wart goleil
ein liariel wnl linndn liroil :
do{ wn» ein (.'i'liiri'r niliin. I'irr t.M!0
133
HAFTELDRAHT — HAFTEN
HAFTEN
134
furspang oder hafftel roc. von 1437 bei Leser 130. in Ober-
detttschland bedeutet liaftel jetzt soivol d^s häkelten an den kld-
dern, als die Ose; einzeln nennt man jenes häkchen, männcben,
kdrnthn. hanggile, dieses weibchen, niüeterle (Lexer 130. Schm.
2, 160). in ?iarnberg bezeichnet man durch häflel eine Stecknadel.
— In andere)- bedculung, namentlich in teclinischer spräche: es
ist ein haftel auch ein starker pflock, womit man eine leine
2. e. an einem zeit, oder bei der Jägerei die leinen an den
tiichern, und die windleinen an den erdboden befestiget, öeon.
lex. 897 ; häftel ist (bei der befestigung der fischnetze] ein unten
zugespitzter pfal, den man so lang rund dick machet, als es
der dienst, so er leisten solle, erfördert, jagds-ergölzungen
1, 11. vgl. auch häftlein.
HAFTELDRAHT, m. draht jvoraus haftein gemacfit werden:
hafleldraht von messing. Jacobsson 6, 7'.
HÄFTELHAKEIV , m. in der Jägersprache kleine pflöcke mit
haken, die leinen des treibzeuges damit auf dem boden zu be-
festigen. Jacobsson 2, 187*.
HAFTELN, s. unter heftein.
HAFTEN, verb. haerere, detineri, ahd. haflän (Graff 4, 744),
mhd. haften, die grundbedeutung dieses wortes einen haft oder
halt haben, fest hangen an etwas, spricht sich in maniyfachen Wen-
dungen aus.
1) in ganz sinnlicher weise haften gegenstände : der nagel haf-
tet in der wand; bei nassem weiter haftet die lehmige erde
an den sohlen; durch einen besondern kitt haftet glas auf
stein und metall; der fuszboden war so abschüssig, dasz der
fusz darauf nicht haften konnte; es haft kein eisen darauf,
es Schlacht eisen ausz, respuit hoc fem ictum. Maaler 206'';
ouch den stoup der an uns gehaftit hat von üwer stat, den
klopfe wir abe wider üch. Behaims evangel. buch Luc. 10,10;
einige scribenten berichten, dasz in dem tempel Serapidis zu
Ale.xandria ein eisern gützenbiid in freyer luft gehaftet und
gehalten worden, weil über und unter demselben magnet-
steine eingefasset gewesen, die es durch ihren zug also be-
wahret. ScRivER seclensch. 2, 378; die gläubige seele ist ein
zweig, der an ihm, als dem bäum des lebens haftet und saf-
tet, sie lebet in ihm und er in ihr. 1,824;
wie keiner spinne schmutziges gewebe
an diesen marmorwändeii h'afien soll. Göthb 9, 157.
2) übertragen ist es, wenn vian gewöhnlich sagt die äugen
haften an etwas , auf jemand , «je es von dem lange zeit auf
einen gegenständ gerichteten äuge auch hciszt es hängt an einem
oder etwas, es klebt (5, 1046 unten):
dort werd ich dich im offnen kreise sehn,
und aller äugen werden auf dir haften. Göthk 9, 265.
ähnlich haftet das herz an etwas : er merke nur wa und wa-
rauf sein herz haft, hang, ru, stehe. S. Fraxk parad. 133;
viel unsinnlicher aber haften lehren, ratschlage, e igen Schafte n : viel
guter fabeln und Sprichwörter von wenig worlen , die aber
viel nachdenkens geben und haften und kleben lange. Scnup-
piüs 833 ; diese nothwendigkeit haftet an den begriffen. Kant
2,48;
erwecke doch mein herz, wenn ich, in angst gedrungen,
zag ohne lesien trost, wenn nun kein rath'mehr haCi,
und mich der sünden grimm gleich einer blum hinrafft.
A. Grtphrs (169S) 2, 357;
schnöder sklav,
in welchem keine spur des guten haftet.
Shakesp. von Schlegel, Sturm 1, 2.
ferner andenken, verdacht: trug sy das angesicht Euriols in-
gedenk und haftende in der brüst irs hertzen. N. v. Wyle
transl. 25 Keller;
man hat mir auch von dir geklafft,
soll mir das han am herzen gehafl,
ich het kein tag noch nacht kein rue. fastn. sp. 166, 9.
Verbindlichkeiten, schuld, abgaben: es haftet demnacii hier auf
dem hofe nur ein käse (als zins). Immermann Münchh. 1,192;
damit die blutschuld nicht auf dem volke hafte. Käst 5, 169;
der h. gaist versichert dj herz mit kainer lüge, er laszt sie
auch nit haften. S. Frank 142'; die männer mögen thun was
sie wollen, so haftet das gesetz nicht an ihnen. Happel acad.
rom. 597 ; endlich haftet auch die gerichtliche klage :
und weil als was podagra tliut,
auf des §oits Jovis gheisz geschieht,
so kan die klag ja haften nicht {nicht nnhänqig werilen).
Atrer fustn. sp. 47' (2375, 24 Keller).
Die unter 1 und 2 gegebenen bci.tpicle belegen zugleich, wie der
ort des haflens, wo er ausdrücklich genannt, durch die vTuep. an,
auf. in mü dativ vermittelt wird, odm- durch die entsprechenden
adierbien: darauf haftet meine meinung. Kirchhof milit. discipl.
263; die grüste klugheit eines menschen haftet daran, das
er sich nicht über sich erhebe. Butschky Palm. 703; wenn
die katze einen reinlichen orth beschmeisset , so bedecket
sie den platz mit erde: du aber, o mensch! schläfst nach
deinen unflätigen werken, du befürchtest nicht eins, dasz dein
gesicht darüber haften solle, pers. baumg. 9, 19. — Die alle
spräche läszt auch die praep. fehlen und verbindet mit haften
einen bloszen dativ: tue unsih, herro, dir gedibtichlicheui zuo
haften, windb. psalt. s. .340;
dich mide gruo? von allen guoten vrouwen,
din särae unde ouch din sät verdorre unsüeje,
so GelböS der berc von allen touwen
verteilet ist; der vluoch dir haften müeje !
MS. Hag. 3, 53".
Selten ist es und es sclieinl nur bei Schriftstellern norddeutscher
heimat vorzukommen, dasz eine nach haften folgende praep. den
acc. regiert, womit also weniger der ort, als das ziel des haftens
hervorgehoben weiden soll (wie bei kleben, s. 5, 1046): damit
der glaube an mich haften könne. Claudius 4, 149 ; allein die
Verehrung so weit treiben, dasz man auch nicht den gering-
sten fehler auf ihn will haften laszen. Lessikg 4,100;
vergl. und sein brüst mit eim schilt verwart,
von einem schabenbalg so hart,
dasz darein haft kein pfeil noch schwert.
Fdcbs mnckenkrieg 1, 909.
3) wenn haften von personen gesagt wird, so drückt es theils
ein durchaus leidendes festgeheftet sein, hangen aus, theils geht,
namentlich wenn haften in bezug auf geistiges, gedanken , ent-
schlüsse gilt, etwas vom leben des subjecls auf das verbum iiber
und es hebt mehr bewustes, thätiges bleiben und verharren hervor.
a) so seien sie verflucht für dem herrn, das sie mich heute
Verstössen, das ich nicht hafte in des herren erbteil. iSam.
26,19; auch nachher blieb das band untrennbar haften, wie
Johanna Rodriguez . . fest am kreuze haften blieb, auf wel-
ches sie sich locker gelegt hatte. Immerm ann Münchh. t, 100 ;
ich aber muste das elend bauen und in kummer haften.
Schweixichen 1, 271; wenn sie lange an dem gegenstände
ihres Schmerzes gehaftet haben, so werden sie endlich auf
einen benachbarten abgleiten. Leisewitz Jul. v. Tarent 2,5 s. 48 ;
verbirg, herr, für mir nicht,
wann ich haft in der angst, dein gnadenangesicht.
Vogel psnlmen Davids (1638) Nvii».
ein ländlicher pfarrer verbauert,
haftet am klosz und vergeht in nichtigkeit oder erwerbsucht.
Voss Lui-se;
vgl. kleben 5, 1048.
b) weil ich nicht auf meinen worten , sondern was die
kirche erkennen wird, hafte und stehe. Luther 1,122'; diese
wort sagt er zu allen, die das sacrament empfahen, darumb
musstu an den selben mit dem glauben haften. 3,157'; stim-
men ihr (der kundschafter) etliche . . in cinerley uberein , ist
desto gewisser darauf zu haften. Kirchhof »ni7. d/se. 94; eine
nähere kenntniss . . laszt uns an diesem gedanken niciit
haften. Kant 7,307.
4) von der letzteren bedeulung (3, b) geht nun auch aus der
rechlsausdruck haften, anstehen, gewährleisten für die sicherheil
des fordernden: wannen ihr nun uns bei dem korförsten gnade
und Sicherung leibes , ehre und guts zuwege bringen und
schriftlichen daför haften werdit, so wollen wir den jungen
forstlichen sun unvorlelzct wieder bringen. Haltaus 772; halle
also um das übrige haften müssen, was nicht zugereicht
hätte. Schweinichen ), 274; dasz ich nicht (für eine verschrei-
bung) zu haften hätte. 2,42; und dieser reclitsausdruck ist aurh
der spräche des gemeinen lebens gerecht: nehmen sie das kind
auf, ich hafte für seine gute aufführung; er wollte für die
Wahrheit seiner erzählung haften; wenn seine inutter auch
eine Deutsdie war, so hafte ich dafür, dasz sein vafer ein
Engländer ist. Göthe 20, 292. die höhe der gewährleislung wird
durch die praep. auf mit folgendem acc. des zieh vermillelt : der
beklagte haftet auf das, was der kläger bei sofortiger he-
friedigung gehabt haben würde. Wisoscheid pandectenreclit
(1867) 1,328;
wie viele auch an einem werke schafften,
ein Jeder musz aufs ganze haften. RSckert ged. 397.
5) haften , wieder näher an die bedeulungen 1 und 2 ange-
srhlos.^en und unftersönlich gebraucht, wie wir zur bezeichnung
des gehindert seins , nicht rorwürls komn}ens einer sachc liegea
9*
135
HAFTEN — HAFTKIEMER
IIA FTLEIN — HAFTUNG
136
verübenden (es liegt am weiter, dasz ich nicht gekommen bin),
so sieht auch haften; es hafl an mir, an dir, an im, dasz
das nit geschieht, slat per me, per te, per illum, quo minus id
fial. Maaler 20ti*; es haftet nithl bei mir sive an mir, extra
meam poteslulrm , res mei arbilrii non est. Stieleb 817; daran
haftet es, in co cardo rci rerlitur, hie nodus est. das.; wo hafls?
quid impedil? da hafts, hie nodus est. Stei.nbach 1, 6ü2.
6) daher auch in anderer fiiyung liegen , sich befinden : also
haft die sach, aber ich hab weder holTnung noch einig Zu-
versicht zu dem legalen. Luther 1, ll'J'; etliche irrung vmd
gebrechen . . die vor cluirfiirsll. oberhofgerichte in rechtlicher
vorfarung unentscheiden haftend. IIai.taüs 772 (von 1550).
7) seilen vertritt haften das transilirc heften, nie heften (s. d.)
umgekehrt einigemal im sinne von haften steht: als einer .. ein
stecken am stock iihichl, oder ein rcb haft mit einer wid.
Keisersberg narrensch. Kit'; gcld in eines mannes hiinden,
dessen herz an die weit gehaftet ist , ist eben so viel , als
wenn es noch in bergen stecke, pers. baumgarten 2, 21 ; er
ist mit seinem gesiebt allein auf sie (ein schönes mddchcn)
gehaftet. 7, 28.
8) in allen diesen bedeulungen ist haften bildung vom adj.
hafl fixus, vinclus; in der "folgenden dagegen von dem subsl. haft
custodia: haften einen, einen in haft nehmen lassen. Frisch
1, 303'.
HAFTEN, n. der subslanlirisch geselzle inf. des vorigen: das
haften an eben denselben gegenstanden , an dem schrank
voll allen hausraths und wunderbarer lumpen hat Hembrandt
zu dem einzigen gemacht, der er ist. Gütiie 44,10; das haf-
ten an eben der gestalt. das.; nimm jetzo das haften an
einer form, das.; wie das einseitige haften an der technik
der fluch unserer gegenwärtigen musikzustände ist. Riehl
euUurstudien (1S59) s. 361.
HAFTENBLEI, n. blci woraus der glaser die haften fertigt,
s. haft 1, d sp. 129.
HAFTENM.\CHER, «i. fibttlarius, herumziehender handwcrker,
der haften fertigt : unsere hochzeit wurde auf einem Jahrmarkt
begangen, da sich allerhand landstOrzcr von guten hekandten
beifandeii, als pupaper, Seiltänzer, laschenspieler, zeitungs-
finger, haflenmacher, schecrenscbleifer, spengler, Icirerinnen,
meisterbcltlcr, spilzbuben , und was des ehrbaren gesindels
mehr ist. Simpl. 3, 261 Kurz.
H.\FTER, ni. der für etwas haßet, vas, Sponsor: ich will haf-
ter davor sein, vieo periculo erit. Stiei.er 817.
HAFTGELD, n. arrha, u-as zur befesligung eines geschlossenen
Vertrags draufgegeben wird (s. hall 4, haflung und daraufgeben
2, 7C3|, in Baiern hafllgeld Schm. 2,161. in Mitteldeutschland
ist für diesz uort vielfach mehr draufgeld (2, 13471 gebräuchlich,
in Pommern bandgeld, handgivt. Däiinert 173'. — haflgeld,
haftpfennig pignus .tponsionis , arrha Hai.taüs 772; haflgeld id
quod angelt arrha Stieler 682; mit haflgeld verpflichten, ver-
dingen anare e/ suftarrare Dasvp. ; haudireu rd haflgeld, mahl-
scbatz, arrha, arrhabo .Schottei, haublspr. 405. es wird gereicht
soii'ol bei abschlusz eines Icaufs an den Verkäufer, als auch beim
mieten eines dienstboten an den letztern (Staluer 2, 9) ; aiich
beim eheversprechen wird der braut ein haflgeld als geschenk ge-
geben. Th. Birk ehe.<tpiegel (1598) 73.
H.KFTIG, adj. und adv., seltene mundartliche neben form zu heftig
(«. d.), die auf ein ahd. haftac eben so weist, wie heftig auf h;iMc.
1) die grundbedeutung beharrlich, anhaltend blickt noch in Tirol
durch: haftig eifrig, emsig bei der arbeil Fromm. 5, 445, in Knrn-
then haftik rüstig, schnell Lexer130; aus iltr entspringt die Vor-
stellung des ernsten, strengen, rauhen: haflig rigidus , sererus,
strenuus, arduus voc. ine. tlieut. h8'; und wie heilig sich hieraus
zu seiner jetzigen bedeutung scJinell zornig, außrausend entwickelt
hol, so heiszl auch das unumgelaulete iiaftik in Kärnthen böse,
eriümt. Lexer 130.
2) haft ig die haß betreffend, zur gefänyliciien Verwahrung ge-
hörig, angelehnt an das fem. hafl 1 {sp, 131): eine huftige tat.
Haltaus 773.
3) haflig dt zweites glied zusammengesetzter adjective (leib-
haftig, Ihrilli.'ifiig, wahrhaftig) tst Weiterbildung des etn/achen
bafl («/). 1321. die schon im ahd. auflaudil.
HAKTUJKF.IT, f. severitas, strenuitas. voc. ine. theut. h 8*.
HAhTKfLII'ii, adv. gefänglich {s. oben huftig2): aus dieser
anzeigung habe man ihn haftiglich eingezogen. Prätürius
Storchs- u. schwalb, winterquart. 125.
HAFTKIK.MKH , m. htiszen die fische, deren kiemen an der
dusurn seile festgcu achten sind.
H.\FTLEIN, n. kleiner haft oder haftet, häufiger in der form
befiel, hel'llein üblich, s. d. auf dem umstände, dasz die häft-
lein zuletzt an ein kleidungsstück gesetzt werden, fuszt die bai-
risclic redcnsart vvenn die häfllcin drein kommen, am Schlüsse,
bei der beendigung, Vollendung. Scmm. 2, 160.
HÄFTLEINBIEGER, m. der haftel biegt, verfertigt, fibularius.
Schm. 2, 161.
HAFTLEINMACHER, m. fibularius, häufiger heftelmacher;
vgl. auch haflenmacher sp. 135). die mühsame kleine arbeit eines
solchen erfordert aufmerksamkeit, daher aufmerken wie ein häfl-
leinmacher (recht sehr). Schm. 2,161; ausschauen gegen einen
wie ein spilzlindiger bäflleinmacher. Arele gerichtsh. 1, 137.
HÄFTLING, m. ein in haft befindlicher, gefangener, in Oesl-
reich üblich.
HAFTLOCAL, n. gefängnis, kerker: in dem unter dem na-
raen gelängnisthurm als haftlocal benutzten gebüude. illustr.
zätg. 1867 no. 1277.
HAFTMEISZEL, m. bei den büclisenmachern ein meiizel zu
den haften am röhre, womit dasselbe an den schaß befestigt wird.
Adei.dng.
HAFTNAHME, f gefangennehmung : zur aufklärnng der sache
und vorlauligen haftnahme des Ihäters. preusz. Verordnung vom
3. Jan. 1849, § 4.
HAFTORT, m. ort wo jemand in haft gehalten wird. Dahlmann
gesch. d. franz. revol. 132.
HAFTI'FENNIG, m. geldstück zur draufgabe bei eingehung
eines Vertrags (vgl. haflgeld): haftpfennig, gotlspfcnnig arrha,
arrhae, arrhabo Maaler 206' (gotlesplennig nach dem allen
brauche, bei eingehung eines Vertrags etwas an die Icirchc oder arme
zu geben), beim mieten eines dienstboten: da halle er fürs erste
zwanzig balzen haftpfennig und dann solle er ihm zur rech-
ten zeit kommen, um anzustehen. Gotthelf Uli d. knecht 124.
HAFTUNG, f, mild, haflunge, zustand, handlang, ort des
haftcns, in mehrfachem sinne.
1) das feslbleiben, festhalten, adhacsio: mhd. d4 von mac si
(die seele) sprechen mit künig Davide 'dag guot miner un-
vergenclicher selekeit lit an der haflunge der gotheil'. d. myst.
2, 211, 37, nach ps. 72, 28 : mihi autem adhaerere deo bonum
est; nhd. Christus hat geben die haflung des heiligen geistes
in unsern herzen. Reisz.neu Jen«. 2, 151'" (ry^hubungl, sp. 96).
2) haflung bedeutet auch das, woran etwas haftet, lialler, band ;
so medizinisch: so die gebänd und haflung \plur.) der bär-
muler nachlassen. B(}ff trostbüchic lOi>; die zärle und blödig-
keit der banden und haftungen, darmit das kind {im mutter-
leibe) angehafl und befestigt ist. 72'. im folgenden werden unter
haflung die ausläufer der meszketle, an denen sie gehalten wird,
verstanden: (der feldme.sser) prauchet seine kette, welche er
an einem ort (ende) der haflung oder bucklen hallet, und die
andere haflung mit dem ring seinem gcspan übergibt. Sebiz
feldbau (1580) 474.
3) haflung das einstehen für etwas, Verpflichtung, entsprechend
dem verbum haften 4 (.«p. 134): in unmüglicben dingen gilt
keine haflung, impossibilium nulla «i obligatio. Stieler S17; über
das gewallverhaltnis hinaus erstreckt sich die haflung des
gewerbsherrn aus den geschälten des von ihm angestellten
gewerbführers. Puciita pand. § 278. daher auch das symbul
der übernommenen Verpflichtung, draufgeld, haftgeld: welcher
echalt, er sei knecht oder magd, sich verdingt und daruinb
die haflung einninit und mit in den dienst gehl. Birmnckr
aiigsb. wb. 216*; hat erhalten, dasz der kaufmann mich auf
drei jähr lang (als lehiiing) . . auf- und angenommen, anstatt
der haflung von fusz auf nuindiiel und noch vier reichslhaler
zur meszkiamel in beulel verehret, franz. kriegssimpl, (mii.\) \,;s.
i) haflung hriszt ferner die beschlagnahme einer person oder
Sache, gefnngliche einziehung: herührl gut als«» in haflung zu
behalten. Carolina art.'iW; und wenn es in besiehung auf }xr-
sonen gebraucht wird, so denkt man zugleich an den ort des ge-
wahrsams, wie bafl auch für den ort des gefiingni.ws gesetzt ist
(sp. 131) : nachdem sich in kurtzverlaufen lagen ein irrung
zusehen zweien armen ineiinern zum heyne in der dryeich,
gebrudern, begeben, also das einer den andern vom leben
zum Idde bracht hat, werden wir bericht, wie der ander inn
swerer haflung lygen »olle, ungedrurklex schreiben des kurf
Diether von Mainz an graf l.udw. v. benburg von 147«; diese
seind anno 1624 in haflung küinmen. ZiNkCRKr apophlhegm. (1053)
3, 400.
Eine nebenform liaflenung .'ichliesit sich eng dem ags. hüflnung
captivilas, custwlia, cajttio an, was sich an iiaflnan , hufluiuu
137
HAFTVOLLZÜG — HAG
HAG
138
caplare lehnt und an ein ahd. leibim haftinön neben huften
denken läszl: item wers, das diebe Stelen, und wurden die
begriffen in dem eiiegnanten gerichte, die sulde man sezen
in der vorgnanten herren von Ziegenhain fryeheit (slätle, im-
munüas, rergl. freiheit 4, th. i, l, 112) und haftenunge. weisth.
3. 333. «
5) haftung fixio Steixbach 1, 662. es sieht für heflung, vie
haften manchmal = heften gesetzt trird, sp. 135.
HAFTVOLLZÜG, »i. Vollziehung der haß, gefangennähme: der
mangel gesetzlicher formen des haftvollzugs machte auch
gemeinrechtlich die . . beabsichtigte Sicherung illusorisch.
Zachariae handbuch des d. slrafpros. 2 (1SH3) 134.
HAFTZEIT, f. die zeit der gefangenschaft: während der haft-
reit eines Sträflings.
HAG, m. und n. sepes; praedium, urbs; dumetum.
l. Abstammung und form.
hag gehört (ebenso wie ags. hig, heg heu als geschlagenes, ge-
mähtes) zu der deutschen tcurzel hag schlagen, stoszen , siechen,
welche ein goth. zwar nicht nachgewiesenes, aber mit sicherhät zu
erschlieszendes haggvan bildete, das im allnord. höggva sowol,
wie im ahd. houwan, alls. hawan, ags. iieävan widerkehrl, nur
dasz die letzteren dialecte die wurzelhafte gutturalis auswarfen,
wovon weiteres unter hauen, von der uralten deutschen sitte her,
sein gehöft und liegendes eigenthum von seinem nachbar abzu-
schlieszen (Tacil. Germ. 16) und von dem umstände, diese um-
friedigung durch gekapptes buschholz oder Stangenholz herzustellen,
wird die nächste bedeutung von hag herzuleiten sein, die aus ge-
schlagenem holze hergestellte umfriedigung, zäun; heiszl hag eigent-
liclist der schlag, die handlang des schlagens {eine bedeutung die
das wort noch jetzt im ^assauischen hat, Kehbein nachtrag 21),
so erfolgte der Übergang in den sinn Schlagholz, geschlagenes holz
ebenso, wie uns z. b. der weidenschlag einen bestand gekappter
weiden bezeichnet. — ßie unten unter 2 — 4 weiter aufgezählten
bedeutungen des wortes hag lassen sich ungezwungen als erweite-
rungen der angegebenen nächsten auffassen.
Von hag ist von an fang an der form nach geschieden das
weiter unten folgende hagen dornstrauch , das doch auf dieselbe
Wurzel zurückführt und sich in sänen bedeutungen mehrfach mit
hag mischt; während bei dem letzteren die bedeutung der würzet
in mehr passivem sinne zu tage tritt, gewährt die ableitung hag-en
den activcn sinn des stechenden, verletzenden, wie haf-en der um-
fassende, haltende, wag-en der führende ist.
Das geschlecht von hag schwankt zwischen masc. und neulr.,
belege schon für das ahd. gebrechen ; für das mhd. ist die Schwan-
kung bereits sehr gewöhnlich (rn/irf. icfe. 1, 605); das nhd. verdankt
ihr den doppelten plural häge und hiiger: was man rütet üszer
den hegen, weisth. 1,165; iiszernd den hegern. das.;
sieh auf du fauler jäger!
die sonne scheint über die hager.
Volkslied 'es gieng ein jäger jagen'.
l\. Bedeutung.
1) der zäun, wie er um garten, feld oder grundstück zur ab-
grenzung des eigenlhums gezogen ist; im bairischen ist es mehr
die leichte einfriedigung von stangen, und dem dichtem, festern
zäun, sowie der hecke entgegengesetzt. Schm. 2, 162; in andern
gegenden verschwindet dieser unterschied, in dem gröszten theile
Mitteldeutschlands ist das wort überhaupt nicht volksmäszig , wo
dann das einer würzet entsprossene hecke (s. d.) den sinn von
hag vielfach mit ausdrückt; in Siederdeutschland ist hag wenig
üblich, dafür lieber hagen.
mhd. ein bounigart umbe da; hiis lac,
den bel'ridet ein vestej hac. Wigalois 22, 9;
ich sage iu daj dar umbe (um den boumgarte)
müre noch grabe gie,
noch iu debein zun umbe vie,
weder wajjer noch bac. Erec 8705;
nhd. der hag oder zäun, sepes, seps, sepimenlum Maaler 206' ;
gelende, zäun, hag, ieinvvad, sepes, lutamentum, maceria Henisco
1457 ; daher ist auch die gemein kriegsregel, das es besser
sei, sein pferd an des nachbaurn zäun binden zu grasen,
als des nechsten gaul an seim hag grasen lassen. Garg. 195* ;
den kuchengarten . ., welcher jenseit seines lebendigen hages
begreif die rebengezelt. M. Seiiiz feldbau 2 ; springt . . über
den hag dem hollz zu. Wickram rollw. 1S2, 13 Kurz; warfen
es (das garn) .. hinter die hüge. Pestalozzi (1519) 3,66;
merk tugent plCit si in der not,
als in dem hag di rösle rot. Sciiwaizekberg 129'-.
als von des gartens engem hag umschlossen,
ich selbsigesäle bäume selber pfropfte. Götue 9, 306;
eh prang Im beet mit tausend goldnen scbeiben {spriclu
die 'ji'liitUe rose zur hugerose),
«vas schiltst du? bleib an deinem dorngen bage.
Platkn 29.
2) aus der vorigen bedeutung flieszen nun zwei verengte technische.
a) hag u-ird die einfriedigung genannt, die um einen orl zum
schütze und zur vertheidigung desselben aufgeführt ist und zwar
die aus holz- oder beckenwerk gefertigte, pall'isadenähnliche , im
gegensatze zum erdwall oder zur Steinmauer, die befestigung eines
ortes auf diese weise ist eine uralte einheimische, nach der Sachsen-
chronik ist Bebbanburg in England, ein fester platz, aerost mid
hegge belyned and J)8er äfter mit vealle. z. j. 547. eine solche
verschanzung wird livldnd. chron. 3970 ff. geschildert, von ihr
heiszl es:
si (die Cliristen) enwolden nicht gevristen,
si enhiuwen den hac enzwei. 3953;
der meister mit noeten quam
durch den hac bi dar, mer. 4065,
doch waren sie verhaget, das die Römer über etiich hag und
holz steigen müssten, dovon die feind erwachten. Livius von
SCHÖFFERLIN 71.
Die redensart vom hag abziehen, spiesz abhag abziehen, un-
verrichteler sache von etwas abstehen müssen, wird unter abhag
1, 53 i'on dem aufgeben der belagerung eines befestigten ortes seitens
der feinde hergeleitet, glcichtcol läszt äe auch eine andere deutung
zu) die, dasz die redensart an die bettler anknüpft, denen nach
altdeutschem brauche die gäbe nicht im hause, sondern über den
zäun hinweg gereicht wurde, vgl. ergattern 3, S45; wer nichts er-
hielt zog vom hag ab oder mit leeren bänden vor dem hage
ab: es ist aber solche klag so heilosz gleich ersten anblicks
I befunden worden , dasz man ibidem bisz uff diese stundt
sokhe nicht erhallen können, sondern mit lähren bänden für
dem hag abziehen müssen. Wertqeim gegenbericiU 258. die
redensart gilt auch von dem, der sich lieimlich von dannen macht:
wo bleiben meine gsellen, die ich sehr gliebet hab?
vor gricht musz ich mich stellen, sie ziehen tein s hag ab.
MezLER odaeum 327 ;
andere belege bei Schmeller 2,163.
folgendes Sprichwort lehnt sich dagegen wol sicher an die be-
deutung 2, a an : man musz umb den hag umbher ziehen,
sich wol besinnen, ehe man eine schwere sache angreift.
Lehmans 72.
b) in der Jägersprache ist hag ein zäun oder verschlag um ein
stück wald, worin das ulld gehegt wird: die teutschen brauchen
in dem gejagt der wildeu Schweinen etliche sonderbare jäge-
riscbe wort, als man macht ein hag, bindt seiler an , stelt
garn und weertücher. jag- u. weidwerksbuch 1, 5S'; ob dann
wol gelegener, es auch weniger garn und leut erheischt, lange
hager mit vilen thüren zu machen, so wird doch . . ein
meiersvogt nit unterstehn, unbefiigter weisz . . durch machung
der hager eines anderen wald zd verwüsten und zu verhauen.
Sebiz feldb. 561;
es haben durch den zeug sich auch vil schwein geschlagen,
dieselben man verfolgt und auszerhalb den hagen
geTangen halt, dasz nichts gar viel entkommen ist.
Opel und Cohm 279, 88.
3) hag geht nun auch über am der bedeutung des umziehen-
den geheges auf den umzogenen wt selbst, mag er nun ein ein-
ziges gebdude , ein landgut , ein ganzer ort sein; nur bezeichnet
hag nie den eigentlichen henensitz, das hauptgut und den wofin-
plalz des besitzers eines lerrcans, welcher sitz vielmehr stets hof,
sal, alls. seli heiszt. ahd. urbs hac Hattemer 1, 21S'; in der
grafschaft Schaumburg führen sieben dörfer den namen die sieben
freien hagen oder die sieben freien hager, weisth. 3, 307. als
ortseigenname kommt hag Iheils einfach vor, theils als zweites
glied von composilen (Förstehann 2, 626), siclier in letzlerer Stel-
lung nur da, wo solche Ortsnamen entweder den nom. -hag oder
den dat. sg. -hage, oder endlich den nom. acc. plur. -hago zeigen,
während die form -hagon, -hagen ebensowol hierher gehöriger dat
plur. (wie in -hftsen, -hausen, -felden) sein, als auch zu hagen
(s. d.) gehören kann. — i4«c/» der umzäunte Weideplatz für rinder
und schafe hiesz hag, wie allnord. hagi; daher der name jetzt
auf die stallung für das rindvieh übertragen ist: das sogenannte
haag, d. i. die einstöckige gemauerte stallung für 60 stück
rindvieh. Augsb. allg. zeitg. 1S60 no. 171, beil. s. 2S58.
4) sehr häufig ist hag in der bedeutung busch, laubiges gesträuch
gesetzt, es drückt wie busch (2, 557) bald den einzelnen Strauch
(dumus hag Oiefe.nb. 192'), bald das zusammenstehende geoüsch
aus, wie es ein gehege, gehöl: b'iäel ^ so äasj hag tni geyensalze
139
HAG
HACAMSEL — IlAGEHUTTDORN
140
2U wald mefir die ualdtge slrecke bezeichnet, tn der das unterhoh
vorliersciU , obschun^es m einzilnen fällen fast ganz an den be-
griff wald rührt, in der Altmark ist hagg das kleine dichte ge-
büsdi und unregelmdszig gewacliscnes geslrüpp. Danneil 73';
mlid. dö sich diu naiit verendet und e; bcguiidc tagen,
llürant begunde fingen, daj du bi in den liagen
^«swigeu alle vögele von sinein siiejen sauge. Gtidr. 379;
der rise mit dem nste
treib in harte vaste
hinder sich in ein dickej hac,
da; da nähen bi im lac. Wiyaluis 5S, 21 ;
da; gevilde alle; volle; lac {von todtcn)
sam ob ein raste lauger hac
wjer da nidere gevalt. Dietriclis flucht 8912 Martin;
nhd. so verblieben doch in dieser gegend alle hage mit un-
wandelbarer grüne bekleidet. Staüüaciier Genovefu 34 ;
ein stat die lit in Öclitland
2i°i vorderst an dem hag,
Friburg so ist sis genant. Liliencron volksl. 2, Cti, 3;
da lilT der hirsch, kalb und die bind
mit naoder durch ein hag geschwind.
WicKRAM bilijer F bl. 17;
in dem kamen sie zö dem hag
da Trulpreclits gelt verborgen lag, T2 bl. 70;
Trutprecht hatt uns aur discn tag
gelürt durch manchen wilden hag. das.;
ich hab erfahrn auf disen tag
dasz Woll'dieterich in discm hag
hirschen zu jagen willens sei.
AvnER 215* (1073, 10 Keller);
o leben, o freude !
wie lachet die beide,
der anger und hag! Fr. Müller 2, 3S7;
aur denn, wenn im grünen hage
neu ihr bett Aedon baut. Bürger 4*;
den hag, wo nachbars Lotte
zur veilchenlese kam. Matiuisson ged. (1794) s. 19;
das kind spricht morgen ist Feiertag,
wie will ich spielen iui grünen hag!
G. Schwab 'das gewilter' ;
grün ist das feld, belaubt der hag.
IIOFFMANN V. Fallerslebrn jcrf. (1843) 124.
Um bürgen und schlüsser liegen solche hage, parkarlige gepflegte
slridie, vgl. mhd. wb. I, 605*: eines tags gieng des keisers
luchter für den hag, in dem summer, mit viel schönen jung-
fraweu durch kurzweil, und wolten die blumeu imd den
grünen kle schawen. Luther 0,501':
mein lieb, das ligt all in dem hag,
das bett ich gereu herein (iii die bürg).
Ildt zierin s. 11", 75;
st hielten beinnnder in ainem hag,
niemand ward ir ge«var,
bis dasz si sahen dasselbig schlosz,
si lieszen sich doch nicht gar daran,
si Spanten auT ire geschosz. Uulanu volksl. 349;
und hab das kind gnommeu darnach,
liabs nunter (von der bürg) gelassen in den hag.
Ayrer lüb' (9Mi, 25 Keller);
nun löse vom zügel dein schnelles rosz,
und lasz es Irei laulen im haag am schlosz.
Armut ged. (1840) 289.
:,) von der mittelalterlichen spräche wird liac gern bildlich in
brziig auf einen gebraucld, der von etwas ganz eingenommen, ge-
uissermaszen wie von einem dichten gehege eingeengt ist:
gwen 8d verhaget der weite hac,
der rihtct küme sich von ir
und von ir giteclichen gir. Darlaam 130,22;
unt bit vür uns den süejcn,
da; wir im dienen müe;en,
daj er uns bringe ü; der verworren sünde hage.
Frauknlob 327, 9.
das klingt auch in Jüngern dcnkmdlcrn noch nach:
in leid und klag wil ich mein tag
in unraut hag mit «euTzen stets volbringcn.
Ambras, hedvrb. tS2, 14,
innerhalb des hagei der mühsal.
(j) sprichwürtliches : raiim den hag, füll den mag (der end-
lich nach verzelirtem gut dasselbe rdunirn musz). Keisküsherg bei
Fruch 1,394'; gut leben und gesunde tag stehen ninnner in
einem hag. Scuottel baubtspr. 1126'; der hag hat ein loch.
die häg streifen viel ab. über die kleinen li.'ig kann man
triebt steigen. Kihcmiiokkb Schweiz, sprichwürlcr s. 3ü9 ; sich vor
den hag hinaus wursten , durch liednliclie wirthschnß sich um
lein gut bringen: güb {wenn) ein Jahr um wiire, hiitle ersieh
vor den hag hmatikf^ewurstcl. J. (iüiTMK.Lr schuldenb. 113; einen
tiinicrm hag Hnden, alt ubducldmcn, in Millcldcuticliland dafür
einen hinterm zäune auflesen : haben sie dicii schon wieder
gefunden hinter einem hag? {fragt ein bauer). J, Gotthelf
bilder u. sagen 4,120; weil es aber doch jetzt so sei, so
müsse er in goltes namen sagen, wo der igel im hag liege
{wo der wahre grund verbürgen sei). Pestalozzi (IS19) 2, 270
abhag ziehen, spiesz ab »liag ziehen, vgl. oben 2, a.
HAGAMSKL, /". vierula alpina. Nemnich.
HAGAPFEL, m. arbiüum, ionii meerkirsche jenann^ Diefen-
BACH 45*.
HAGAPFELBAUIVI, m, arbulus, enlbeerbaum, vieerkirschen-
baum; »in/, haagappelboom. Nemnich 1,411. Fuischlin nonwoic/.
83", daselbst auch ein daraus gebildetes adjecliv arbuteus hag-
apfelbäumig.
ILAGAPKELDORN, m. : und durch krönen willen hat der
hagapfeldorn vil grosze kraft, wer en über em Ireyt, dem
enmag noch donner noch blitzen noch ungevvilter geschaden
noch keine böse vergift mag hüben in dem husche, do der
hageppeldorn innc ist. Monlavilles reise von Diemehingen , bei
Jacobs u. Uckcrt beitrage 1, 425.
H.\GAIIT, m. eine wilde faUienarl. Frisch 1, 394*. s. bagerfalk.
HAGE, VI. s. hage
HAGE, f. Schlägel, in Salzsiedereien zum abklopfen der Salz-
pfannen gebraucht. Jacobsson 2, 187*, »« Oberdeulschland mit
erweichter gutlurutis heie hölzerner hammer. Schmid schwäb. wb. 269.
HAGE, f. in Oüfriesland leichter, aber dach schwarzer lorf.
Jacüdsson 6,7*. vgl. hagetorf.
HAGEBUCHE, HAGENBUCHE, f. carfägus betulus, die weisz-
buche, die als junger stamm vorzüglich für die hecke angepflanzt
wird, weil sie das kappen besonders gut verträgt, die namen hage-
buche, hagbuche und hagenbuche gehen neben einander, letz-
lerer enthält das mit hag deni begriffe nach oß identische hagen
gesträuch, zäun, hecke {s. d.); die form hagenbuche erweicht sich
vielfach zu hainbuche, hanbuche, hambuche. Nemmcii 2,895.
atid. hagenbftcha carpenus Germania 9, 21; mhd. hagbuoche
und hagenbuochc, wb. 1,280; caprinus arbor hagebucken Die-
FENBAcn9S'; hagenbuch ornus, carpens voc. ine. theut. h s';
die zu Aulhausen wonen , haben macht im forst dürr und
liegend holz und hanbuclien zu hauwen. weislh. \,b^iS; bage-
buche sive hainbuche ornus Stieler 257.
HAGEBUCHEN, HAGENBÜCHEN, adj. zu dem vorigen:
mhd. er {ein satlel) was guot hagenbücchin, Erec 7501 ;
lanc, breit ist ir swinge
und ist hagenbüechin. Haupt 12,367;
ein hanbuchen knebel. weislh. 2,30; 6a«r, hagebuechen. Schm.
2, 163. in subslarUivem gebrauche, wo es für hagebuchenbolz ileht:
hir bring ik di husarbeil, du frostige Pcler,
schuppen un lapel un slew in warmer döns« lo klütern
inaser un schier {glattes) haboikcn im spillbom.
Voss Idytlü 'äe Winterabend'.
Figürlich heiszt hagebüchen handfest, derb, knorrig, grob, her-
genommen von dem knorrigen wüchse der hagebuche: es ist ein
hagebüchner kerl! du bist ein bagcbüclienes gewüclis. Aueh-
liACii barfüszelc 00; dann auch steif, schwer zu bewegen: mein
köpf war so hagebüchen. franz. kriegssimplic. I, 12. — In
Hessen kannte man hagebücbene gülden, solche von geringeieni
werte als gewöhnliche. Vilmar idiot. 143. s. hainbüchen.
HAGEBUCHENZAUN, m.:
dort, beim hagcbnchcnzaunc,
reitet man im starken pass, Gottkr 1, 55.
HAGEBUSCH, HAGENBUSCH, m. busch von hcckenhvh »der
hagedorn : ein hagenbusch, oder ein feuerllam oder ein wölken.
hienenk. 144*;
ist es wandel einer düstern trauer,
was am sumpT dem hagebuscli cntrnusclit? Tiedcs.
HAGEBUTTE, HAGENBUTTE, f. die butle (2, 590), fruchl.
der hagerose: hagebutte, habutte cornum Diefenr. 152*; und
waren die {halskrllen) gleich wie hagenbutten, jacohsmtischeln
und perlcmutter geformiret, Garg. lio'; ir seit nit einer hagen-
putten wert, wann euch ist das hertz entfallen, Ainwn bog. Zl,
rofi der hagebutte das roUcsrdtsel : es steht ehbcs am weg, hat
ein nitb rOckrlcbcn an und ein schwatz hülchen auf. Kehrkin
Nassau 2,107. vgl. bagebutz, hahiibulte, bainbutte. — Der
name geht auch auf den strauch selbst über: rulrus caninus e\c
bageiibiilte, hagendctrn Da^vp.
HA(;KBUrTI)()HN, m. rosa canina:
ich laiixchio mit Mollv ticT t«vi.«chen dem kam,
unii!ulti't von blülictuicin hagubuitdorn. KÜRbKR 58\
n
IIAGEBLTZ — HAGEL
HAGEL
HAGEBUTZ, HAGENBLTZ, m. andere form für das oben an-
geführte bagebutte, nii7 männlichem geschlecht und rücksiclitlich
des denlals mit streng oberdeutschem klang, tgl. bulze 3, th. 2,
ööO: cornum hagenpulz, kagebutze Diefexb. 132*; baccae cy-
nosbali hagebutzen, bahnbutten, hiefcn 120';
■wir taugen nichts gesotten, roh sind wir auch kein nutz,
so sind wir werth gebraten nicht einen hagenbutz.
Opel und Cobs 416, 20.
I»» schveizerischcn als fem. hagbutze . hagebutze Stalder 2, 9.
HAGEDORN, HAGDORN, HAGENDORN, m. t) Crataegus
oxyacanlha , iceiszdorn, cliristdorn , der dornslrauch, der vorzüg-
lich zur heckenanlage rerirendet wird, ags. h3g])orn, alln. hag})orD,
nihd. bagdorn und hagendorn:
diu klette und der hagedorn
diu tuont ga-hen Hüten zorn. Vridank IIS, 13;
65 stichet gern der hagedorn.
La^berg liedersaal 2, 603, 4;
ufr irm heubt eia krantz
von grüenem hagdorn lag. Allswert 167, 27.
acer ein hagendorn tw. ex quo von 1469; ramint/s -hagendorn
das.; hagedorn arbulus Stieler 726; während dieser begeben-
heiten sasz der alte baron . . in einem krausen und durch-
einander gewirrten husche von hagedornen, eschen und birken.
Immebmanx Müncldi, 3,113;
sieh, wie am blauen see
die hagedorne blühen. J. M. Miller ged. 361;
aber ich brachte ihm essen und lauerte hinter dem hagdorn.
Voss Idylle 'die kirschenpflückerin' ;
schwere stein' anschleppend, die rings er bepflanzte mit hagdorn.
Odyssee 14, 10.-
Ist hier überall der ganze Strauch gemeint, so beiszt hagedorn
doch auch eine einzelne qerte, stamm oder stceig eines solchen
Strauches: der den hagendorn wil ziehen dur daj heu sonder
hafte, der muo; in gar besnidcn, als unser herre Jesus
Kristus , der minne boum , der den hagendorn vor gezogen
hil dur daj heu dirre kranken weit und hat sine este . .
besniten. d. mystiker 2, 634, 27; trat sie . . in einen hagen-
domen von einer wellen. Frey garleng. 50.
2) von andern wird rosa canina, die hundsrose, u^lde rose
unter hagedorn verstanden, vgl. Nemxich 4, 116S; cynosbatus
hagdorn Diefesr. 120'. s. hagerose, hundsrose, hundsdorn.
3) endlich heiszt auch liguslrum vulgare, das lieckhoh, der heck-
oaum, hagedorn : üsz den rinden des hagdorns, der da swartze
her trätt, darfts man dinten macht. Heixr. Myxsisger v. d.
falken s. S3.
4) der nhd. eigenname Hagedorn is/ mhd. vorhanden als spott-
und schellname , bei Br. Berthoi.d «riVd ein teufcl so genannt:
du heijest nach den tiuvein unde bist halt nach in genen-
net, du heilest Laslcrbalc: s6 heijet din geselle Schandoif.
so beißet der Hagedorn, so heijet der Hellefiwer, so heijet
der Hageistein. also hästu manigen lasterbeeren als din ge-
sellen, die tiuvele, die aptrünnec sint. 136, 1.
HäGEDORNHECKE, f.: were es aber sach, dasz sie der
wein fiberneme , dasz sie verlüren ire scbwert oder sporen,
so soll der heimburg gen an eine hagenthornhecke und soll
einen sporen machen, und an eine haselhecke und ein sghwert
machen, und soll sie damit gott befehlen, weisth. 1, 759.
HAGEDRLSE, s. hegedrüse.
HAGEICHE, f. aesculus Frisch 1,394'; aesculus hageich, hat
prösser cicheln und blätter als andere. Friscolix nom. 82';
Lei Stieler 362 ist das die haseleiche , aesculus latifolia, und
hageiche ist ihm gleich Steineiche, robur ; eftenyo Maaler : hag-
eich, das aller herlist geschlächt der eichen, robur 207".
HAGEICHEN, adj. zu dem vorigen: aesculeus Fniscn; hag-
eichen holzwerk oder ghiilz, robusta materies Mialer 207*.
HAGEICHEL, f glans roborea. Stieler 363
HAGEICHIG, adj. aesculeus. Frischlis nom. $2*.
HAGEL, m. grando. ahd. hagal, ags. hagol , altn. hagall,
allengl. haggle. mhd. mnd. nnl. schired. hagel, dän. hagl, engl.
liail. golh., alts. und altfries. nicht bezeugt, die ursprüngliche
genaue bedeutung des tcortes festzustellen fällt nicht schwer, hagel
ist von jener oben unter hag angeführten deutschen wurzel ha(^
schlagen, slos::en , stechen {vgl. auch hauen) ebenso gebildet urie
ahd. huotal hütender, hüter von huotan, wie goumal Wärter ron
gouman besorgen, oder trie nagel als durchbohrender von ahd.
nagan corrodere , dilacerare. der hagel ist demnach der schla-
gende, versehrende; dieser bedeutung entsprechend wird von hagel
suwol icie von donner und weiter gesa^, dasz sie schlagen, und
welter, was in seiner ältesten und eigentlichen bedeutung den hagel
mit in sich schlieszt, insofern es ungewitter im allgemeinsten sinne,
das sich nach uralter anschauung als blilz, dbnner und hagel
manifestiert, bezeichnet, geht ebenso auf die Vorstellung des schla-
gens zurück (Delbrück bei Kultn 16, 266 /f.); wer do sicher und
on schaden svner seien wil wandlen durch den zerschlagen-
den hagel. Keisersberg bilg. 59';
ze dem wil ich mich ziehen
und solhen bü fliehen
den daj fiur unde der hagel sieht, arm. Heinr. "91 ,
tergl. tat. non verberatae grandine vineae. Horat. Od. 3, 1, 29,
s. unten no. 2 und hagelschlag; nicht minder heiszt der hagel
scharf, schneidend:
sin wolkenlose; lachen bringet scharpren hagel.
Walthbr 29, 13.
hagel bezeichnet
1) die vom himmel herabfallenden eiskömer, und zwar unter-
scheidet man getrOhnlich den hagel ron den graupen , jener be-
zeichnet die gröszern harten eisstucken, diese die kleinen graupen-
ähnlichen, im Innern weichen, wie sie viel öfter als jener hagel fal-
len; andere nehmen hagel, schloszen, graupen gleichbedeutend:
graupen, ein hagel, schloszen, granula, species grandinis Hesisch
1735. im bair. Sprachgebiete, wo hagel ein ungewöhnliches Kort
ist, tritt dafür meist schauer ein (Schm. 3, 3S6. Lexer 215), auch
risel (ScHM. 3, 1331, tcelches tco}t in der Schweiz nur den kleinen
hagel, die in Mitteldeutschland sogenannten graupen bezeidtnet
(Stalder 2, 275).
Jn der regel ist hagel «n collect tvum, seine änsdnen stücke
heiszen bagelkürner, hagelsteine oder schloszen:
jene gewaltigen wetterbäche,
aus des hageis unendlichen schlössen,
aus den wolkenbrüchen zusammen geflossen.
Schiller braut von Messina.
doch ist auch der plur. hagel /tir die einzelnen hagelstücke, icie-
wol selten, verwendet: und werden grosze hagel kommen, die
es feilen. 77«. 13, 11; die schrift nennet die hagel und blitzen
golles pfeil und speere. Lctheb 3, 257*.
hagel, donner, blitz erscheinen häufig zusammen genannt:
der christliche bilger der do sicherlichen wandeln wil durch
das ungewitter, hagel, donder, sehne und blix. Keisersberg
bilg.bi'; und da der hagel oder dunner vergieng. sünd. d. m.
33'; und der donner und hagel höreten auf. 2 Mos. 9,33;
das der regen und donner und hagel aufhöret, r. 34; tren-
nelen sich die wölken mit hagel und blitzen, ps. 18, 13 ; bei
donner und hagel, oder wenn die nacht einfällt, arm. mann
imTockenb.U. — fler hagel fällt, regnet herab, fliegt, schlägt,
prasselt, es schneit hagel: so der hagel auf sie feilet. 2 Mos.
9,19; also lies der herr hagel regen über Egyptenland. r. 23;
und der hagel schlug in ganz Egyptenland alles was auf dem
fei de war. r. 25 ;
wie donner und hagel her prasselt.
RoLLE.tHAGE:« froschm. Bbbiiij;
wie wenn es hagel schnell. Gc.ntuer 509;
wie wenn der schnee aus wölken daherfliegt, oder der hagel,
kalt und geschnellt vom stosze des hellanwchenden nordwinds.
Voss It. 15, 170;
als jetzt, ihr herm, da ich zum spning just aushol,
mir eine handroll grobgekörnten sandes . . .
wie hagel stiebend in die äugen fliegt.
Kleist terhroch. krug, 7. ait^r.
Es ist eine uralle deutsche rechtsgewohnheit, dem zinspßichligen
zinserlasz zu gewähren , wenn er auf seinem feide durch nicht
abzuwehrende ereignisse schaden erleidet: zwei solcher creignisse
vorzüglich sind allgemein gesetzlich angenommen, hagelschaden und
Verwüstung durch krieg, und werden durch die allitterierende for-
me! hagel und beer ausgedrückt: sol den herren weder her
noch hagel an iren zinsen nit schaden denne nach landes
gewonheit. weisth. 4, 11; hagel nnd her. Haltads 77S; her
unde hail. Kehreix Nassau 1, 194.
tauberer verstanden hagel zu machen : Schwarzkünstler und
Zauberer können durch des leufels gewalt nnderwicsen, wei-
ter machen, regen, donner, hagel und schauer, und andere
dergleichen ding, die sich in dem Infi und element zutragen,
fürbringen. Vogel ron bekanntnusz der zauberer u. hexen (1590)
29'; es geschah das durch kochen ron zaubcrkräutern in einem
ke.vel oder topfe, troriiber mythol. 1040 ff. ausführlich gehandelt
ist. einer ruft im zorne:
0 könt ich jeiz ain hagel kochen,
ich liesz es doch nicht ungerochen.
Fisch ART flöhhnlt 7S1.
vgl. hagelkocberin, bagelsieder, auch hagelbacher.
143
HAGEL
HAGEL
144
SpnchwMUches : ebenso unnütz als der hagel in einem glas-
kiam. baurenat. lasterpT. 18; der hagel hat geschlagen, der schade
if.t gesdiehen, es üt aus mil einem dinge: da wurde ich aller-
erst gewahr, dusz der hagel geschlagen und die helrugerin
betrogen worden wäre. Simpl. 3, C7 Kurz; der hagel hat da-
rein geschlagen, incidil amori noslro calamitas. Maalkr 20"*;
was ich in der jugenJl trihen han (;iäi;i/ic7t huhlerei),
das selb nocli in mir regen tliuot.
darztio wer mir das lierlz noch giiot,
bäl sunst der l)ugel nit driii gsclilagen. fastn. sp. 1049, 29.
einen schlägt der hagel her, er kommt pliilzücU , übenaschl
andere me ein hacielwclter : oho, du kerl, schlägt dich der hagel
auch her? ich habe vermeint, dich zu meiner heinilainft bei
dem Oiivier in unsrer höllischen wohnung anzutrefl'en. Simpl.
2,10 Kurz; guter . . die sonst ihnen erblich zugefallen wären,
wann mich, wie sie sagten, der hagel nicht hingeschlagen
hätte. 3, 120. kommen wie der hagel in die stoppeln, zu spät
und vergebens, umn kein schaden mehr anzurichlcn ist: ich
merke beiläufig, du seiest die alte Courage, du wirst zwar
wohl kommen, wie der hagel in die stoppeln, aber gleich-
wol schiere dich herunter (steige ab), damit wir hören mögen,
was du guts neues anzuliringeu hast. Simpl. 3 (1699) s. 143.
2) hagel, blitz , donner sind manifeslationen der geu'ittergotl-
heil, des Donar, daher erscheinen diese ausdrücke oft in persön-
licher geltung und sind an stelle des gottcs selbst genannt (vgl.
blitz 2,130; donner 2,1240. 1241): mit dem gab er seinem
pferdt die sporn und rant als greulichen , das es erschein
als ob ine der hagel jagt. Aimon bog. Kiiii, sonst heiszt es ah
ob ihn der böse jagt, der teufel reitet, besonders bei fluchen
und Verwünschungen, der fluch ist ja eine anrufung der goltheit
um böses:
der hagel schlag den argen kriecht I
Frisculin deutsche dicht. 45;
so schlag ihm der hagel ins maul, weils der alte scheusser
nicht hat halten können! Simpl. 3, 127 Kurz; so musz der
hagel in die gröslen häufen schlagen! 270; dasz dir der
hagel ins loch schlag! 322. mit unterdrücktem verbum: dasz
der hagel ! schenk ein. Fr. Müller l, 174 ; dasz dich alle
hagel! 's mSdcl miisz sie kennen. Schiller 183; das blaszt
üb zu einem bloszen ausruf bei etwas begegnendem, mag es freu-
dig oder schmerzend sein: alle hagel! da geht er zu Lieschen.
KoTZEBüE dram. spiele 2, 209 ; alle hagel ! das ist eine ver-
IJuchte proposition. 32S; (der Schneider sieht das masz nach):
ja wahrhaftig , deine länge, (er umspannt sie) ei alle hagel !
auch deine dicke! 2,192; der zurückgeschreckte prätendent
gerieth in eine art von wuth. alle hagel ! schrie er. Immeh-
»ANN Münchh. 3, 148; potz hagel! wenn ich noch so jung
wäre . . wie du ! arm. viann im Toclwnb. 78 ;
all der hagel I welche sprünge
that mein leutnaut und husur!
Voss Idylle 'die bleicheriit' ;
hagel! idi selbst wol möchte das wlltkommstänzchen mit ansehn!
ders. 'die leibeignen.' ;
potz bagel I was erblickt ich da !
Bluialer 2, 32 (Aeneis 2. buch).
ferner: hagel und weiter! ich würde das äuszersle versuchen.
Sciiilleb 113 ; blitz, donner und hagel ! seid still, das.; blitz,
donner, hagel und weiter! 119; blitz und hagel! Kotzebüe
dram. sp. 2, 209 ; donner, hagel, blitz und blei ! all mein gelt
ist schier verzehrt, scliaub. engl. u. fr. com. 509; aus seinen
reden merkte man, dasz seine Innern thcile nicht feiner
waren, blitz, donner, hagel, strahl, dann bei gott, teufel und
hexen, alles untereinander, beim zweiten wort. arme mann
Im Tockenb. 25S;
wolkenbrucb und hagel! Götub 7, 113;
auch in der Zusammensetzung donncrbagel, 3. donner ti, Ih. 2,
1240 und donnerhagelsaas 1244.
Man sagt daher einem alle hagel an den hals fluchen, den
hagel an den hals wünschen; wenn wir im gleich ain hagel
schwören und uns all zii tod sündigelen, so bleibt er gleich
wol got, der er ist, und ist die sünd allain wider uns, und
aigcntlich nicht wider gut. S. Frank paradoxa 6', no. 9.
3) wenn to hagel ein häufiger fluch isl , so erlangt rfoj» wort
aueit die bedeulutig von fluch, sciieltc , veneünschung überhaupt:
wann einer wa)t weniges übersihcl, da gehet man mit liagei
bialer ihm weidlich drein. Butsciikt ^"ii:{. 403; dies war der
erste hagel wider mich bei dem liauptniann, dasz es ihm
nicht gehen wollte, wie er ohne zweifcl gihoffct. Schweifiiciien
3, IT. ii// düi tirhum li.it'rlii '2, n.
4) hagei otldhch für verderben, unglück:
dö hörte ich man unde wip
jehen dirre miere,
daj ein ri.<e \va;re
hagel al der laude, llilcrotf 6481 ;
Wolfdielerich der freche ward der beiden hagel.
((. tjrusze Wulfdielrich 1052, 1;
owä dir tot! du bist ein hagel.
vil bitter riuwe Iroit din zagel
und ju.'merlichc; ende. Wiijatois 200, 6.
dahinter steht gkichwol noch der verdunkelte persönliche begriff,
wie oben no. 2, und bei donner 7 (2, 1241), wie aus folgendem
deutlich hervorgehl: rhonune u'a point de plus grand eunemy
que l'homme, ein mensch ist des andern wolf, ja teufel oder
bagel. Db'EZ diverses proverbes franc. et allem. (1079) s. 20, wo
hagel dem teufel gkichgestelU wird, im baiiischen hochlande ist
haggl eine schelte, wie teufelskerl, verfluchter kerl, in der Schweiz
in abgebtaszlerm sinne hagel grobian. Stalueii 2, 10. die Zu-
sammensetzungen bagclskerl, hagelsmenscli stammen ebenfalls
aus dieser anschauung, (ilcichwertig sind teufelskerl, teufels-
mcnsch, vgl. auch douncrkerl, blitzkerl, welterkerl, die unter
kerl (5, 588) in etwas anderer weise aufgefaszt werden. — In
solchen Substantiven gibt nachlwr das erste composilionsglied den
begiiff des hervorragenden, aber in dämonischer oder verderblicher
weise hervorragenden her, ihnen entsprechen adjeclive ähnlicher
geltung wie hageldumm, hagelmäszig, vielleicht auch hageldick,
welches letztere auch anders gedeutet werden kann (s. unten no. 6
und hageldichl) ; in den Substantiven hagelsmeile, hagelswerk
tritt abgeblaszter nur der beijriff des bösen, beschwerlichen hervor.
5) hagel für hergelaufenes volk, gesindel, pöbel, knüpß wol an
die Vorstellung des verderblichen, bösen an, was dem hagel innc
wohnt, und an seine Verwendung im fluche:
Zigeuner, zahnenbrecher,
und was des bagels mehr, als hexen, segcnsprecher,
sind alle meines volks. Komgeul Innocentia 9;
daher der ersonnene eigenname für pöbel Hans Hagel, Janhagel
(vgl. auch unter Hans) : Hanns Hagel hob rings um ihn grosz
gelächler an. MusÄus moral. kinderklapper (1799) s. 93;
wenn all die grüsze
und gegengrüsze
Hanns Hagel hört. Blumauer 1,89;
Hans Hagel glaubt, man sei nur da
zum beten und zum singen. Voss;
da gafft auf beiden seilen
Janhagel aus der see. Borger.
6) hagel als bildliche bezeichnung dessen, was diciU und schwer
auf tms niederfällt, wir reden von einem hagel von geschossen,
einem pfeilhagel, auch einem hagel von schimpfreden, einem
hagel von entschuldigungen, der uns entgegengeschleuderl wird:
laufen . . gegen den hiigel stürm, der . . einen eisernen hagel
donnernd auf sie herunter speit. Schiller 959;
verwundernd sich ab solchem wunder,
dasz ganz von blei ein hagel kom. Weckubblin 34C,
vergl. s handgeschülz gieng wie ein hagel.
KuRNüR vutkst. 15U.
7) im geschützwesen heiszt bagel einmal klein gehacktes oder
gesprungenes blei und eisen, das aus kanonen und mörsern ge-
schossen wird (Eggers kriegslex. 1757 1, 1133), ferner die kartätsche
wegen ihrer fitUung damit (5, 233), endlich auch das in körner
gegossene blei, das schrut, so weslfäl. hagel, hagelkoeren Fromm.
4, 29, dietmars. hagelbülel schrotbeutel (Müllemioff glossar zum
Quickborn): (gesehittze) welche auf 2 räder geordnet, gleich
den karubüchsen , welche man sonsten hagel- oder stein-
büchsen nennet, worausz hagel und granalen , brandkugeln,
iiiult allerhand feüerwerkssachen geschossen wird. anz. des
germ. mus. 1867, 264; das röhr musz mit grossen schroten
und hagel geladen sein, damit er (der Weidmann) etliche
(wilde gänse) auf einen schusz fallen kan. Houherg 2, 545',
ebenso 54(i';
do ward gnr diipTer gsuhossen
vun schlangen und knrthan.
die veindt ir pliTt vergossen,
die hngol liusz man gan. Soltau volksl. 21ß:
kein hacht es (dti.v läublein) stösK, kein hagel »oll ei morden.
V. lllRKK> 37Ü.
8) hagel bei den schmiden, die beim bearbeden des glühenden
risens von diesem abfliegenden eisenthcile, sonst auch siernc oder
Zunder genannt, s. Iiagelhilze.
II) hagel, rtn schwvbeband, das den doUtr im ei oben und unten
mit dem eiueisz befestigt. Nemnicii 2,901; tcol von der iknlkh-
keil mit einem hagelkorn.
145
HAGEL — HAGELGESCHOSZ
IIAGELGESCHREI — HAGELN
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10) hagel heiszt gleichfalls der ähnUchkeit halber, das gersten-
kom, ein geschtcür am äuge. vgl. auch hagelkorn.
HAGEL, adj. fein, dünn:
meine glieder zart und hägel
ihr erfüll mit höchster pein. Spee trvtzn. 25".
hägel scheint nichts als nebenform zu hager, für das in Ober-
deutschland hager gilt (Schm. 2, 163), mit Wechsel zwischen r
und I. die tinumgelautele form hagel mag vielleidd in hagel-
geschrci enthalten sein, s. d. im Nassauischen bedeutet hägel,
hegcl einen dummkopf (Kehbein 1, ISO); ist das zum adj. hägel
zu stellen, so könnte sich der begriff aus der Vorstellung des in
der entwickelung zurückgebliebenen heraus entwickelt haben. .
HÄGELBACHER, m. wie hagelkocher, hagelsieder, der hagel
erregt, hier wol durch backen oder dürren von zauberkräutern,
das demnach neben dem kochen und sieden derselben geübt wor-
den sein musz. Fischart braucht das wort abgeblaszl zur bezeich-
nung eines bösen, gefährlichen menschen :
dann es sind rechte hagclbacher. flöhhatz 842 Scheible.
HÄGELBÜCHSE, f. zweirädriges geschosz, woraus hagel ge-
schossen wird. anz. des genn. mus. 1867, 264. s. die stelle unter
hagel 6, und vgl. hagelgeschütz.
HAGELDICHT, adj. u. adv. dicht wie fallender hagel, sehr
dicht: hageldichte hiebe;
{zwei riesen) dreschen unverdrossen
so hageldicht, dasz zwischen schlag und schlag
sich unzerkniciit kein lichlslrahl drängen mag.
Wieland ii, 103.
HAGELDICK, adj. sehr dick : steuern hageldick, J. Gotthei.f
er:. 3,213.
HAGELDUMM , adj. erzdumm (vergl. hagol 4, sp, 144) : was
künt es (ihr) davor, dasz es so hageltum seid. Schwabe
lintenf. 9; auch in der Weiterbildung blitzhageldumm: bist du
denn so blitzhageldumm, Asz du's nicht merkst? Fr. Mlller
3, 75,
HÄGELEIN, n. Udner hagel: wie elwan ein sturmweiter
mit winden und ein hegelin sich erhebt under dem wile.
Keisersbebg bilg. SO",
HAGELFALL, m. niederfallen von hagel: grosze zahl von
gewittern , welche . , schaden durch Hitzschläge , hagelfulle
und wolkenbrüche anrichteten. Hallische zeitg. 1868 no. 139.
HAGELFELER, n. s. unter hagelrad.
HAGELGANS, f. ahd. hagilgans (Graff 4,220), name für
mehrere vögel; zundcfist und am häufigsten für das Wasserhuhn,
fulica, die sonst auch haargans Aei^ii (sp. 28): /"uüca hageigans
DiEFE.NB. 251' ; hagelgans /"u/ica, /"«//o; Maaler207"; die Schwa-
ben nennend die (fulica) ein blesz, blessing, item ein hagel-
gansz, Schwarztaucher, zapp und dergleichen. HEcszLi.t vogelb.
2l', nach diesem veikündet die hagelgans durch geschrei und flug-
art ungeicitter, regen und stürm, dann tcird unte:- hagelgans
auch das birkhuhn , hasclhuhn verstanden, mhd. hagelgans. wb.
1,478': mullis hagelgans Diefenb. 370', das ahd. gewährt dafür
hasilgans, mullis Graff 4, 220; endlich auch die schneegans,
anser sylvestris Frisch 1,396'; sparalus hagelgans amd. glossen,
Germania 9, 20 ; sparulus hagel-, hal-, wild-, sehne-, schnebe-
gans. Diefenb. 544'; schnegans, hagelgans nov. gloss. 344'.
wie die welsche hagelgänsz, wann sie hinder einander post-
pickieren. Fischart groszm.'O; unter vogclwildpret werden auf-
gezählt dauchentlin, haselhüner .. wasserhünlin. pfoen,schwem-
mergensz, hagelgcnsz, trappgänsz, zapgänsz. Gar^. 230';
die hagelgänsz voll nngestijm
acht kein predigt umb und umb. gansliönig H3'.
HAGELGEPRASSEL, n. geräusch aufschlagenden hageü, und
der so niederfallende hagel selbst:
lauter und lauter entrollt dem wolkengewoge der donner,
pldtzlich rauscht ihm nach mit hagelgeprassel der regen.
Borger 246'.
HAGELGERASStL, n. wie das vorige:
wenn nun die Jäger den forst mit wankenden netzen umkreisen,
soll eiitrausch«a deu wölken mit hagelgerasscl ein regeu.
Borger 246*;
aber entliesz er hierauf dem busen die mächtige stimme
und die worte gleich dem hagelgerassel des winters. 209*.
HAGELGESCHOSZ, n.:
man lud auch alle bQchsen wol
mit hagelgeschosz und ketten vol.
SOLTAU volksl. 3S5 (i'on 1547).
$. hagel 7, sp. 144,
IV. II.
HAGELGESCHREI, n.; und ist allhie zu notieren, dasz
du das grob im hörn nicht , sonder das hagelgeschrei uflf
der Lirschjagt gebrauchen soll, jag- u. weidwerksbuch 1,4';
und soll merken, dasz auf der nachsuch des hasen du nim-
mer das hagelgeschrei blasen soll, sondern wol das grob,
so viel dir gefeit ; es were denn sach , dasz der Jäger die
hund zu sich berufen und in ein ander feld reiten und sich
begeben wolt, alsdann möchte er wol das hagelgeschrei
durch einen langen hift blasen, und sol also den hunden
zu verstehen geben, dasz bierin ein unterscheid , und wenn
er das hagelgeschrei blase, der hase aufgesucht und im lauf
seL 1, 88'.
Es erhellt, dasz das hagelgeschrei als jagdruf von feinerem
oder dünnerem tone dem groben geschrei entgegen gesetzt wird,
damit stellt iich der erste theil dt^ses compositums zum adj.
hägel sp. 145.
HAGELGESCHÜTZ, n. : hagelgeschütz, dieweil es viel kug-
len scheusset, wie ein hagel viel stein wirft. Froxsp. kriegsb.
1,72'; er (galt) hat oft sein hagelgeschütz wider disz reichs
feinde abgehen lassen. Matiies. Sar. 91*, vgl. hagelbüchse.
HAGELGESTÖBER, n.;
{.itlas) immer geschüttelt vom siurin und vom hagelgestöber
zergeiszelt. Bcrger 248*.
HAGELHITZE, f. die schweiszhitze des eisens: ein eisen das
in der ess erhitzigt wirt auff das höchst, gibt es ein zeichen,
durch halle fünklin über sich in die höhe : wo solche ge-
sehen werden , ists ein gewisz zeichen einer hagelhilz : so
dann solch eisen nicht alsbald ausz dem fewr genommen,
verbrennt es gleich wie stroh. Paracelscs 1, 918'. es ist die
hilze, die das eisen hat, wenn beim alsbaldigen schmiden dessel-
ben die sog. sterne, zunder oder hagel (n. 8, .fp. 144) abspringen.
HAGELICHT, adj. grandinosus: hagelichte wölken, jiubes
grandinosae. grandine gravidae Stieler 729; hagelich, hagelhaf-
tig grandineus, grandinosus DiEFEJtB. 268'; will du durch disen
hagelechten und widerwertigen weg sicher, wol und on iirung
wandlen und kommen. Keisersbebg bilg. 59'. — Bei Maaleb
die erweiterte form hagelächtig calamitosus 207'.
HAGELJÄHR, n. ;'a/ir in dem der hagel schaden anrichtet:
bei misswachs, meusz- oder hageljahr, heerzug, wird festge-
setzt, das alsdenn der gutsherr dem meyger zu stewr komme,
und die beschwerungen tragen helfen musz. Haltaos 778.
vgl. das sp. 142 über beer und hagel bemerkte.
HAGELKOCHERIN, /. weib was hagel kochen kann (sp. 142),
hexe, wissendes weib : sprechen sy, ich hab es etwan von den
alten hagelkocherin und atzdn gehört, hörst du wie alt sy
worden seind, wie weis sy geschetzt seind, so werden sy
doch nimmer weis, es ist ain arm volk, Reisebsberg spinneria
1510 e2'.
HAGELKORN, n. l) das einzelne hagektüek: da warf das
schwarze gewitter hagelkörner. I.Pavl Titan 1,51; der (mor-
gende tag der) vollhing entweder von frühlingsregen oder von
hagelkürnera (bildlich, glück oder unglück brachte). 2, 90. vgl.
Iiagelstein.
2) hagelkorn heiszt auch das sonst gerstenkorn genannte ge-
schwür am äuge. vgl. hagel 10, sp. 145.
HAGELKÜGEL, /. hohle, mU hagel (no. 7, sp. 144) gefülUe
Stückkugel. Frisch 1, 396'.
HAGELMÄSZIG, adj., eine bildung wie teufelmäszig, das un-
geheure, scheu und furcht erweckende zu bezeichnen {vgl. hagel 4
am ende, sp. 144) :
das weiter! (fieng er an) du willst wol gar studiren?
welch haselmäszig buch! mir graut es anzurühren!
ZaCUArü 1, 225 (schnui)ft.).
HAGELMAUL, n. os nefandnm, Scheltwort. Stieler 1255. wie
donnerinaul, wettermaiil.
HAGELN, verb. grandinare.
1) im eigentlichen sinne, o) unpersönlich: es hagelt grandinat
Stieler 729; es haglet vast rfejranrfina« Maaler 207'; gran-
dinare hagelen, hagelien, haglen Diefenb. 2G8'; recke deine
band auf gen himniei, das es hagele über ganz Egyptenland.
•2 Mos. 9,22; im lande Goscn, da die kinder Israel waren,
da liagelts nicht, r. 26; der herr lies donnern und hageln,
das das fewr auf die erden schos. v. 23. — auch mit ausdrück-
lich gesetztem object: es hagelt grosze schloszen.
6) in persönlicher, transitiver fügung: oft dondert, schaurt
und hagelt Saturnus. S. Frank; ein türkischer rat spricht tu
dem kaiserlidien abgesandten, der mü krieg drolU:
10
147
HAGELN— HAGELSCHAUER
HAGELSCÜELM — HAGELSTEIN
148
sag deinem kciser dein obersten haubt,
im sei recht und unrecht erlaubt;
wöll er haglen, so wöll wir schauren,
■will er denn wainen, so wöll wir trauren.
fastn. sp. 2!)S, 6.
auch die wölken , das weiter hageln : dasz . . die unsicht-
baren dünste endlich zu hagelndcn wulkcn würden. Lohes-
stein Armin. 2, 9S9; das hagelnde ungewiller. 2, 109S.
2) in überlragencin sinne wid zwar
a) ntich hagel 2 [sp. U3) fluchen , eigentlich deu fluch hagel
aussloszen, uie nach den fluchen blitz, donner, welter, sacker-
menl die rerben blitzen (2, 132) , donnern , wettern , sackern
gebildet sind: er fieng an grausam zu fluclien, zu lästern, zu
sackern , zu donnern , zu hageln , zu leufeln , zu schelmcn,
und wolle seinen sehn erstechen und erschieszen. Wesemgk
böse spiel-sieben (1702) *. 51 ; sie donnerte und hagelte auf
mich .. los. ehe eines mannes IQO ; beide im quartier liegende
lose Vögel donnern , blitzen und hageln , dasz sie niemals
rechte ruhe haben könnten, caralier im irrgarlen 475 ; auch
transitiv :
itzt donnert, blitzt und hagelt tausend llQche
der lürste selbst.
J. C. V. Schönborn hei A. Gryphius (1698) 2, 502.
b) nach hagel 6 {sp. 144) hdszt hageln in groszer menge,
gleichsam hageldicht, niederfallen, und zwar in zwiefacher con-
struclion, indem einmal das verbum utipersünlich und mit objccl
steht: es hagelte schimpfreden, ja schlüge von allen seilen;
da Solls allererst eitel schwernver regen, hageln und schneien.
LcTiiER 3, 4S9; oder in intransitiver Stellung und indem der gegen-
ständ, der wie ein hagel niederfällt, das subject bildet:
und steine hagelten auf ihn
aus lausend mörderbändeu. Bürger 46*.
e) öfters entwickelt hageln aber auch den causativcn sinn nieder-
fallen lassen, schleudern ; und zicar entweder rein transitiv :
mhd. sunderlich dem von Bräbant der sie dö nidcr hagelt.
LoUenijr. 5Su7 ;
nhd. das sie ire ketzerische propositiones nicht widerrufen
wollen, obgleich die den es befolhen und daran gelegen ist,
wider sie eitel banne regneten und hagelten. Tetzel bei Luther
I,1S'; oder indem mehr instrumentale fügung eintritt: indem.,
deutsche edelleule . . den Römern recht in den rücken kamen,
und mit pfeilen, steinen, winfspieszen unaufhörlich auf .sie
hagelten. Lohensteis Arm. 1,773; so auch mit sdiimpfreden
auf einen hageln, «ie mhd.:
unde wart daran genagelt (Christus an das kreuz)
ür in unmilteclich gehagelt
von der Juden rotte
mit schimpriichem spotte. Martina 137, luO.
d) endlich nach hagel 7 {sp. 144) bedeutet hageln auch mit
hagel aus einem gescliütz schieszen:
und auf der frevler köpf gehagelt und kartaunl (bildlich).
Andr. Scultetus bei Lessing 8, 280.
HAGELN, fi. inßnitiv des vorigen in subst. geltung: bittet
aber den herrn, das aufhöre solch donnern und hageln got-
les. 2 Mos. 9, 28.
HAGELRAD, n. ein mit stroh nmnickeltes Wagenrad, was am
Johannisabend angezündet und einen berg hinabgerollt wird, der
.'brauch ist in Hessen und Nassau Iteimisch. Vilmar 143. Kehrei.n
S'issau 2, 144. in letzterer landschaß brennt zur selben zeit auch
•las hageifeuer, eine art Johannisfeuer, auch balefeuer genannt,
der name ist noch uneilddrt.
HAGELRASSELND, part. : so können wir mit zertrenniing
und erschütterung des schreckenden hagelrasselnden ge^ülks
unsere rebcnseligc vor ungemach vristcn {durch glocJcengeldul
bei einem gtuitter). Garg. 153'.
H.\GELHEGEN, m.:
ein hagelregen zog heran
mit blitz und donner und begann
die jagenden lu jagen.
Ulumaukr 2, 67 (Arncidc 4. buch) ;
mfinte flnstrer hagclregen
die ernte niedertchlagea. Sciiillkr 573.
HAGELSCHAUER, m. grandinis lapidatio, ags. bägclsc&r:
iwenne einer von nihte wirt erhaben
und mit den berrcn beginnet drabeii,
dir »in (iber alle nln nueh);i-litir
til erger denne ein bagctichiir. Uviiiirr IM07,
(der miniiler) hatte sich heule auf einen gesrlz-Sinai gestellt |
und (]<r .m dcMcn fusz vcrsafumclte« dienrrurhafl in die obren
gedonnert um seines (ein hünslliches uhr für schwerhörige) zu
erfragen . . . dann war er als hiigeischauer, wie ein küchen-
dampf bei windigem welter, durch die einzelnen dieneizim-
mer und wiiikel nach dem, ohr gezogen. J. Paul Titan 3, 75.
HAGELSCHELM, wi. sycoplianla sacerrimm. .Stiele« 1707.
wie donnerschelm 2, 1250. .
HAGELSCHLÄCHTIG, adj. vom hagelschlag betroffen und ver-
dorben: (;ra»(//na/Hs hagcischiechlig, das vom hagel geschlagen
ist. Dasvp. ; die frucht als unvollkummen und hagelschlcch-
lig. S. FiiANK cliron. 25o'; die hagelsclilachtigen rüben erken-
net man darbei, das die blclter anfahcn rolh zu werden.
HerhüO'; ellich schlagen allein ein nagel durch den stam-
men und wollen also aus crfarniss den hagelschlachtigen
räben helfen, das.; hagclschlechliges obst heiszt in der Schweiz
solches, das hart, roh und ungenieszbar ist. Stalder 2, 10.
Wenn das adj. von einem menschen gilt, so steht dahinter der
gedanke an hagel 5, sp. 144: Schweiz, ein hagelschlächliger
mensch Stalder; so nuistu wohl ein hagcIschlSchttger mensch
sein, wenn du eine so giewliche plag fluchest, bele nicht
umb, sondern wider den hagel! ArmtEciiT fluchABC 80, ein
hagelschlechtige kupplerin. Rirk ehespiegel 21.
HAGELSCHLAG, m. niederfallender hagel: die felder sind
durch hagelschlag verwüstet ;
ncur wenn ich bei ir (et;iem bösen toeibe) llg im peit,
so hebt sich erst mein schant und smach,
so Icbts gleichsam der bagelschlach,
so knoppt sie mich ilzo hinten, itzo forn. fasln, sp. 48, 32,
zu rugenschaiier und hagelschlag
gesellt sich lieheloser tag. Göthe 3, 182.
sprichwörtlich : ich bin aus dem Iropfenfall in den hagelschlag
gcrathcn. V. Wl'rmsaam wurmland bl, wie sonst: aus dem regen
in die traufe.
HAGELSCHLOSZE, f das einzelne hagelstück, wie hagelkorn,
hagelstein :
wenn ihr oft geschn den köiiig reiten,
gold an ihm und gold von allen selten.
edelstein auf ihn und seine groszen
ausgesät wie dichte bagelschloszen. Göthb 5, 243.
HAGELSCHNEIEN, n. das fallen des hageis wie schnee:
bei dem stärksten hagelsohneiti
erntet Unschuld rosen ein. Gü.ntuer 92.
HAGELSCHROT, n., was hagel 7 {sp. 144). KiRCHHor diso.
miL 42; hagelschrot, viereckiger hagel, die wilden enten damit
zu schieszen, auch entendunst genannt. Jacodsso.n 2, 187'.
HAGELSCHWER, adj. mit hagel beschwert:
entwickle dich, du bagelschweror Wolkenzug!
GÖTHE II, 255.
HAGELSIEDER, m. wellermacher, der durch sieden von zauber-
krdulern hagel eiregt, vgl. hagel sieden (sp. 142) und hagel-
kocherin; als scMtwort gebraucht: hagclsieder und geisterer.
RiiiLiNGER bei Kuhn l,270 (iwi 1432);
du hagclsieder gang für dich! Monk schausp. 2, 274.
fem. hagelsiedeiin : hagelsicderin , oho teufelsbrut. Fiscuart
groszm. 83.
HAGELSKERL, m., wie teufelskerl, s. liagcl 4 am ende, sp.
144: das sind euch veiQuchlc hagelskcrU. Tniio AdeUwid
tschauspiel 1779) s. 67.
HAGELSMEILE, f: blul-, iiagcis-, teufelsmeile, utpote quod
pro milliari sumatur , cum tarnen lange remottus exlcndalur.
STIEt:EK 1219.
HAGELS.ME.NSCH, n. schelte für ein tnddchcn. das donuer-
hagelsmensch ! sehr gewöhnlich gehraucht.
HAGELSTEIN, m. 1) wie mhd. liagelslein, das einzelne hagel-
slück, wie hagelkorn, bagelschlosze : dozU erschlegst du el-
lich ding mit liagelslein und ryfen (sagt dte erde zur luß).
Cyrillus 25'; ich wil einen windwürbel reissen lassen in
meinem grim , und einen plalzregen in meinem zorn , und
grosze hagcUlcine im grim , die sollens alles unibslossen.
Hes. 13,3; lies seer gruszc hagelsteiiie faUen auf die feinde.
Sir. 46,6; das er in hagelsteiiien bis schier an die knie
gangen habe. Spalati.n bei Luther 5, 35*; o goll, behül dvu
wein vor hagelslein. <ra/j/. 99';
Europa miiüzie vor durch blitz und hagelstein
zerstöret luid die weh voll LnppenlAnder sein.
1). Nkukirch ged. 115.
Hagelstciii braucld Dn. Rkrtiiold 150, 2 als eigennamen rincs
teufeb neben Hagedorn und Hellcfiwcr, die namen allittrriercn
unter sielt, wie ihr gemeinsames tnerkmal dit durch sie verur-
sachte Zerstörung ist, vgl. die ganze stelle unter hagcdorn sp. Ut.
149
Hagelstück— UAGEN
HAGEN
150
2) nach der ähnlichkeü in der form ist auch der aiigcnäern
hagelstein genannt: die ander feuchtigkeit ist mitten in dem
äuge, wird genant cnstallinus, wird auch genant hagelstein,
in der grösze einer erbes , doch nicht ganz rund. Bartisch
qugendiensl (1583) : ; rgl. die erst ist cnstaliin mitten in das
aug gesetzt und ist der färb eines crystallen, nach der form
eines hagelsteins; in dem das gesiebt ist. Gersdorf feldb. d.
vundarznei 5.
HAGELSTCCK, fJ. geichülz was hagel (T, sp. 144) schieszt,
haubitze: hagelstiick balista grandifera, scrulorum grandine con-
stipala Stieler 2220,
HAGELSTÜRM, m. sltirm der hagel mit sich führt: sihe, ein
starker und mechtiger vom herrn, wie ein hagelslurm, wie
ein stkedlich weiter, wie ein wassersturm, die mechtiglich
einreissen, wird ins land gelassen mit gewalt. Jes. 2S. 2; be-
deutende gewitterregen und hagelstürme, die auch meist von
der Westseite heranziehen. Göthe 51,202;
wie wenn ein hagelslurm mit klipp- und klapperknall
schlägt auf ein sctiindcldach.
Klaj enget- und drachenslreit D iij ;
wann die flöh die weiter necken,
wil die luft bald näsz erwecken;
wann sie sticht der böse wurm,
folgt gewiss ein hagelsturm. Logau I, 71, 86;
er, der so die tapfern niederscbmeiszt,
als wie ein hagelsturm die ähren.
Alxi>ger Doolin 8, 27.
HAGELSWERK, n. negotia molesta, odiosa, desperata. Stieler
2555. rgl. hagel 4 am ende, sp. 144.
HAGELLNG, f. das hageln: die widerwitterig wolkenfeuch-
tigung und luftgespänslige turbines und hagelung von unsern
liehen labsiiligen reben zu estranesiren. Garg. 152*.
HAGELVERSICHERUNG, f. sichersteltang gegen schaden durch
hagelschlag («.versichern), ein erst mit der ausbildttng des ver-
sidierungsuesens in den letzten 30 jähren aufgekommenes, vielge-
brauchles u-ort. davon die elu:as ungeheuerlichen bildungen hagel-
versicherungsanstalt und hagelversichcrungsgesellschaft.
HAGELVOLK, »i. gesindel, pObel, wie hagel 5, sp. 144.
HAGELWEISZ, adj. treiss icie hagel. rgl. ags. hägl byd
hvitust corna. Runenlied 9, und scliloszenweisz:
ihr bagelweiszes kleid kan ilzt kein staub versehren.
HoFFMASKSWALDiü begräbnisgcd. 58.
nd. en smuckes wief . . .
van göden wasdöm, hagelwitt. Firhenich 1, 72'.
auch in der rerslärkung schneehagelweisz, so im Henneber gschen.
Fromm. 1, 231*, auf dem Westencalde. Schmidt 203; niederd. snei-
hägelwif ScHAMBACH 199'.
HAGELWETTER, n. lapidosae grandinis imber. Stieler 2462.
unversehens brach ein hagehvetter herein. Gothe 24, 43;
das hagelwetter war entsetzlich, und noch mit einem wolken-
bruch verbunden. Pestalozzi schriflen (IS19) 2,326; bildlich:
das war ein böses hagelwetter in meine lusternte. Arsim 1,
341; als fluch: was tausend hagelwettcrl Lenz 1,270.
HAGELWOLKE, f. hagel entsendende trolke: hagelwolke, nubes
grandines minilans Stieler 2574; wollte brausend wie eine
hagelwolke, zur thür hinausstiirmen. E. T. A.Hoffmass 4, 57;
gewalTnet ziehest du mit deinen kriegern
wie hagelwolken an dem himmel auf. Collin;
die hagelwulkca der drangsale. J. Pall Titan l, 102.
HAGE.MANN, m. mann {diener, unterthan) , der auf einem
hage angesessen ist {rgl. hag 3, «p. 13S), im gegensalz zu hof-
inann, der am herrenhofe selbst seinen unterhalt empfängt, das
Korl ist als eigenname nicht unhäufig, als appellalirum bis jetzt
7iicht nachgeuicsen. der bcdcutung nach entspricht ihm der ahd.
eigenname Hagadeo: Hagadeus Förstehan.n 1,576.
H.VGEN, m. ahd. ags. hagan paliurus, mhd. hagen; in meh-
reren bedeulungen. über das etymologische s. bei hag sp. 137.
:« der ursprünglichen form hagen haben sich, ganz wie bei
liafen (471.121) mehrere neben formen des icorles ergeben, zundclist
der hägen (hinter dem hiigcn. Simpl. 3,324 Kurz), icas auf
eine frühere form hagin neben hagan, nachgewiesen bei Graff
4, 798 geht, und dann der hage, des hagen : indago ein hage
roc. ex quo r. 1469; frutectum spredehagc amd. glussen, German.
'.), 2t ; septum naturale gröner dörntön, hage, knick Chvtraels
cap.9 am ende; dein der hage zugehüret. weisth. 3,309; auch
ags. haga, geu. hagan, wo das schlieszende n des wertes als der
schicachen declination zufallend angesehen und daher abgesloszen
ward, hierdurch ist auch die formelle Vermischung mit hag ange-
batint, indem liagen durch hage zu hag so gut rckürzl werden
konnte, wie hafen durch hafe zu haf {sp. 121). die eng ver-
wandte bedeutung beider Wörter erleichterte diese Vermischung, die
auch in compositen hervortritt (hagedorn und hagendorn). eine
dritte nebenform mit ausgefallener gutturalis , hain , die im nhd.
das ältere hagen namentlich in der bedeutung 5 verdrängt hat,
wird an der betreffenden stelle abgehandelt.
Bedeutung.
1) die des dornbusches, der dornruthe waltet ahd.: hagan pa-
liurus, ligna spinosa Graff 4, 798, sowie mhd. :
dö nämen si den dorn unt den hagen,
dö wart der herre mite geslagen
vil wunderlichen sere. warnung 3569 (Haupt 1, 535);
wand iesä so der süre hagen
in also süejem gründe
gewurzelt zeiner stunde,
mau wüestet in unsanfier da
dann in der dürre und anderswä. Trist. 449, 12.
nhd. sdieiut diese bedeutung an dem einfachen worte nicht bezeugt,
aber an hagenbaum noch haftend ; unsicherer bei andern Wörtern
deren erstes glied hagen ausmacht, hagendorn kann zwar eine
jener tautologisclien compositionen sein wie haberbock, hader-
lumpen «. a., und wäre dann von hagedorn, als dem dorn der
zu zäunen verwendet wird, dem sinne nach ursprünglich geschie-
den gewesen, es kann aber ebenso gut auf hagen in der bedeutung
zäun {no. 2) zurückgehen, äimlich sind zu beurtheilen hagen-
buche und hagebuche, hagenhusch und hagebusch.
2) hagen bedeutet den kbendigen zäun, der ja vorzüglich aus
dornichtem gebüsch angepflanzt wird, hat also ganz den sinn von
hag 1 {sp. 137), mit dem es auch wechselt
ein -blüthenhaag war seine lust.
einst sah die frau ihn sinnend stehen,
und ganz versunken, unbewuszt,
so zweig an zweig vom Strauche drehen;
in gottes uamen, rief sie, mann,
du ruinirst den ganzen hagen!
Droste-Hclshoff ged. 225;
wann wir das gelt verprassen , so ziehen wir auf den bett-
lers hage, und laufen cum sacco per civitatem. de generib.
ebrios. 24; folgends schliche ich auf dem markt herumber
wie ein fuchs hinter dem hägen , wann er auf hüner oder
gänse lauret. Simpl. 3, ZU Kurz; sie {die karrer) hatten hinter
hägen und in winkeln ihre örter, wo man ihnen die ge-
stohlenen Säcke ablegte. Pestalozzi (1S19) 2, 280, er setzt zu
hägen erklirend hecken, solche hagen umgaben das besitzthum
des einzelnen, aber auch ganze Ortschaften, ferner feldgrundstücke
(vgL knick 3, th. 5, 1416):
so wie vor ihm die festen brücken nicht,
und nicht die hagen grüner kämpe stehn.
ßCRGBR 159»;
gesagt, gethan! der wildgraf schwang
sich übern hagen rasch voran. 70';
nun schlüpft er durch des hagens loch,
nun hing er an den dornenzwecken.
Droste-HBlshoff ged. 214.
auf der geest und im Lippeschen hägen. Fromm. 3, 285. 6, 210.
in folgendem ist hagen rom zäune ausdrücklich und scharf unter-
schieden : ich frage, wenn einer einen neuen hagen pflanzen
wolle, da niemals kein hage gestanden, wie er das machen
soll, dasz er seinem nachharen nicht zu nahe gepflanzet?
weisth. 3, 309 tio. 19 ; wie soll man bei hagen umgehen, wenn
sie einem zu nahe wachsen ? das. no. 20 ; der zäun besteht
dagegen aus gesteckten ruthen. das. 7io. 21.
Rechtssprichworl . dem der hagen, dem ist auch der graben.
Pistorius I, no. 30, s. 51, der graben der mit dem das eigenthum
einfriedigenden zäune meist verbunden ist.
3) an die vorige bedeutung von hagen lehnen sich xwd an-
dere an:
a\ hagen, namentlich in norddeutschen quellen, heiszt die zum
schütze und zur vertheiJigung um einen platz oder ein heerlwjer
gezogene ein friedigung {wie hag 2, was mit hagen audi wechselt) :
unde tobreken de torne unde de müren in de grünt , unde
fulden de graven unde den hagen de darumme gyngk , mit
steinen unde mit erden, scripi. i»run.<tr. 3, 38S; aber die Samen
hatten einen starken hagen von grossen beumen und ricken
vom seestrande an bis an das frische haff gemacht. Hen^e-
BERCER 413, nach folgendem :
da was ein vil größer hagen
von den Samen vor geslagen,
der was gröj unde dicke,
da enwären nicht kleine ricke,
da wären boume so grö^,
da; Sit vil manigen verdrö;.
sie wären so gevellel,
da; e; was gestcllet,
sam e{ w3?re ein bolenerc. litt, chron. 3967
10*
151
IIAGEN
HAGEN — HÄGEß
152
diese verschanzuny lieiszt Lac 3'JS2. 4065;
Sit salzten sie sich zwo der wer,
sie verhiigeien die wege,
gröj und deine in st^eier pflege,
die hagene machten sie sü grö;^
daj manigen lirisien sit vcrdrös.
7322.
vergl. viilldlat. baia Tnililaris vaUus Du Gange v. Henlscltel
3,614';
ags. syffdan llrefflingas 16 hagan |irungon.
licuv. 2%!, vorher 2'j51 i'aslen genannt.
b) Lagen ist auch die Umzäunung eines waldes, worin u'ild
iicheiit wird: indayo ein hage voc. ex quo v. 1469; ferner das
zur liege von vCiyeln angelegte zaunwerk, vogelheclie: aviaiium ein
hagen Trochus H 3*. rehhagen nennt der jägcr den mit meh-
reren (i/fnunijen versehenen wildzaun, an dem das wild beim flucht-
versuche durch diese gefangen wird.
4) Lagen der umiwgte ort (wie Lag 3, sp. 138), er mag sladt,
dorf, oder einzelgut sein:
da mite kerten sie ze hant
vür einen Lagen, der ist genant
Canuele, mit mauncs cralt. livl. chron. 6198.
in der grafschaß Schaumburg liegen sieben dörfer , die sieben
freien Lagen: in den 7 freien Lagen, weisth. 3,307; dafür:
auf die 7 freien Läger. das.; in J^iederdeutschland Iwiszen Lagen
auch llicilc eines orles, die von einerlei gewerbe oder familie, also
von geschlossenen kOrperschaßen bewohnt werden, vgl. gasscnnariwn
in Ureifstealde wie ScLüterLagen , ScLoLageu , in Stralsund
HielkenLagen (Dähnekt 16S'), t« Brauuschwcig Rosenbagen, was
allerdings auf eine corporalion zielt, deren glieder ein milielaller-
ticJier liebhaber nur im feuer der leidenscliaß süejiu rose nt';i-
nen konnte, im obern Innthale bezeichnet Lag und Lägen den
umzäunten platz vor der sennhfitte. Fromm. 5,445; im ags. Laga
das einzelne haus, wie es durch zäun vom nacMar abgegrenzt
ist: se Laga binnan port |)e AgeUic bim sylfan getimbrod
bäfde. TiioRPE diplom. (1865) s. 355. daher ist bagen tlieils ein-
fach, llieils in Zusammensetzungen ein häufig begegnender Orts-
name (FüRSTEM. 2, 628. SCHAMBACII 71*).
5) Lagen in der erweiterten bcdeutung gcbitsch, geliülz, gehege,
wie hag4: belg, een Legge oft bage dumetum Calepinüs 454;
füid. da gundten alle tliier erschrecken,
sprachen : da seindt vi! f'eindt, im bagen
haben ihr lager angeschlagen.
B. Waldis Esop 2, 2, 11.
für diese bedeulung hat sich schon seit detn 16. jaltrh. die ge-
bräuchlichere form bain ergeben.
HAGEN, «I. laurus. obwol dieses wort rücksiclitlich der wur-
:'i und bildungssilbe ganz gleich dem vorigen ist, so ist seine ge-
wunderte aufzählung geboten, weil wahrscheinlich schon von sehr
aller zeit her die deutsche spräche die identilät beider Wörter nicht
mehr fühlte, liagen der schlagende, stechende war dort auf den
durnslrauch bezogen, hier auf den stier, sei es, dasz die wajfe des
hers, seine hörner, hierbei in ansclilag kamen, sei es dasz schla-
.171 hiei- auf die geschlechtliche thätiykeit deuten sollte, denn be-
-cblagen wird in diesem sintie mehrfach von thiereii gebraucht
1, 1572, in bezug auf die letztere annahnte deuten spuren darauf
hin, dasz bagen auch von andern thicrcn galt,- dasz es viellcicIU
einmal den allgemeinem sinn männliches thier überhaupt hatte:
so wird im Ring 4*, 28 Hagen als eigenname eines tsels ver-
wandt; eine im suffix verschiedene, in der ursprüngliclten bcdeu-
tung gleiclie ableilung derselben würzet gelU in der form baigel,
Leigcl (aus bcgil, Lagil) in Schwaben auf den zuchtstier (Sciimel-
I.KR , Biblikceb) , mit ilir berührt sich nahe Lekkci in Ulm ein
eher (vgl. jedocii Lackscii sp. 107) ; auch das mannchen voni salm
wird Laagen genannt (Hüiiukkc 3,2,302'), was allerdings auf
den hakenförmigen schnalwl des letzteren bezogen wird, uufür die
Schweiz, form baggen, baaggen (Staldeb 2, II) sprechen kunnte,
Uclege: so denne von den Nelgiillern sol mau ban eber
und ocbs, das ist ein liagcn oder ein pfar. weisth. 1,665;
ihueiz. bagen zuchtocitse Stalüem 2, lu; /«r bagen «»c/iw/il die
■i' kürzte form bage, bag: Lag oder bcrdfarr initor bos Dasvi>. ;
tdtwab. Lag SciiMirt 253. die form bagen Irill in den land-
ulrichen , die die gekürzte form verwenden , in composdvn wieder
hervor, namentlich in bagcnscliwanz Ochsenziemer Schm. 2, 162.
HAGKN, rerb. in zwei bcdeutungen.
1) einen zäun maclien: Lagen, zeünen, sepire Maai.em207';
nlfi inen die Lufgülf^r tiftgezeiiliiiat siiit mit tnarkstcinen,
darinnen xond sie Lollz lioMen zc brennen , ze Lagen , ze
Ituwen an dem Lof. wrislh. 4. .'.no; schwäb. Lagen, die leben-
digcQ züunc, das baag uu»be8zerii. Scuxiu 254. hdufiy in
der Jägersprache, hier bedeutet es einen wildzaun anlegen: das
recbt einen wald mit einem gebiige cinzufangen, welcbes
man die gerccbtigkeit des bagens oder einen baag ins bolz
zu scbiagen, eine gebägte wildbabn zu macbcn, zu nennen
liQegel. Uepi'E jagdlust 3,768;
soll ich di3 gäu ha^en
und verbinden miniu seil,
so wird mir lihte ein wilt ze teil.
Laszbkkg tiedersaal 2, 297, 168.
vielfach ist bagen in Verbindung mit jagen genannt: wer darin
zu bagen und zu jagen babe mit recbt. weisth. 2, 28; zu
bagen und zu jagen bat uiemanls anders zu tbun, dan m.
gn. berr von Trier oder seiner gnaden ambtleut. 29 ; we4
mag jagen, der darf auch Lagen, qui jus habet venandi, ille eliam
jus habet cingendi silvam. Pistorius 5, ho. 55, s. 359;* soll ein
landmeyer wissen, ob er, so _er zu jagen gerecbtigkeit bat,
aucb zu bagen macbt babe. Sebiz feldbau s. 561 ;
ich hän gehaget und wil jagen.
Laszbekc liedersaal 3, 637, 7 ,
mit hetzen, beiszen, jagen,
mit pürschen, garnen und mit hagen.
FiscuART viHer v. Stauffenberg :
wann man also hagt, iagt und hetzt,
so wird das jagen recht geschätzt, das.;
transitiv gesetzt:
do wil man jagen birsch und hassen,
do hagt, verstockt man garten und wasscn (rasen).
TiitRNBissER urchiduxa (1575) 30.
2) vollständig geschieden von der vorigen ist die andere be-
deulung von bagen placere, convenirc. das einfaclie bagen in
diesem sinne ist selten, meist gilt dafür bcbagen (1,1318). die
entwickelutig der besonderen bedeulung kann das alinord. erklären :
ist dort das masc. bag-r = läge, Stellung, Verhältnisse, so lehnt
sich das nur an die sinnlichere Vorstellung des eigenen besitzlhums,
des umschlossenen eigenen landes oder landgutes (s. bag no. 3) ;
die abgezogene bedeulung entwickelt das verbum baga weiter, es
hat den sinn anordnen, einrichten, veranlassen, Lagar heiszt es
paszt sich, zieml sich (Mobius gloss. 158). dem gegenüber hat das
deutsche bagen in noch eingesclirdnluerer weise nur es paszt mir,
gefällt mir, auszudrüclien.
Die construction ist entweder
a) wie bei gefallen unpersönlich, mit dem dativ der persou:
also et gode wolde bagen.
Script, brunsv. 3, 65, 1-,
da sein auch meine hertzliehesten kinder:
nun sage, ja sage, wie hagen sie dir.
Hein, fuchs (Rostock 1650) 242.
ich legt an mein röhr geschwinde,
in dem hu
schosz ich zu,
das hagt dem kiiide. Rottmann tust, poet 248;
obs gleich uns nicht thnt hagen.
Iierl. triumphwagen 12.
b) oder persönlich, in dem sinne zufrieden sein:
VVolldietrich in dem orden, also ich uch bescheiden will,
nit wol begunde hagen, da man die spiso rieh
hegunde liir tragen und sie teilte so gar ungelich.
daj hegunde in erbarmen, d. grosze Wolldielrich 2128.
HÄGE.N, verb. s. hegen.
HAGENBAUM, vi. rhamnus: und alle bölzer sprachen zu
dem bagcnbaum: kum und gebeut über uns. er autvvurtin:
ist, das ir mich vvariicb setzet zu einem künig, so kumpt
und ruent undcr meim schatten , wült ir aber nit , so gee
aus das feuer von dem bagcnbaum und verwiist die ceder
des Libans. bibel v. 1483, 116*. Lutuer hat dafür (richler 9,
14. 15) dornbuscb.
HAGEMlliCllE, HAGENBCTTE, HAGENDORN, 5. hage-.
HAGENMIEFE, f. die fruchl des h-igendorns, düring. hauuife
(vgl. biefe): rubum banappel, beynbylT Uieke.nb. 502'.
HÄGENER, f/i. ein ßsch, ci/prinus plioxinus, sonst eh'ilze,
elderzc. Nemmcii 2, 1360.
HAGENTE, f. anas bosdias fera. Nemmch. anas fera lor-
qtiala minor: disc ent, so . . bei dorn bodensee von färb der
nüglen und desz baupts blaszent, spiegelent , anderschuo
groszcnt, incrtzent und bagent genennet »ird, ist von Klimm
und gcstall den zameii enten am Ubniicbcsicn. Htusziix
vogelb. 36'.
HAGER, m. Schützer, pfleger, und composita, s. Iieger.
HAGEH, m. sandhügel in den strömen, besondcis an ihren
mündungen. Jacoiisson 2,187*. I^nter anbügern 1,304 «/ »cr-
tnntel worden , dasi hüger aus Locker, Locker, hugel, «ntslcUt
tcin könne.
153
HAGER — HAGERFALR
HÄGERKAMP — HAGESTOLZ
154
HAGER, adj. dürr, mager, mil wenigem flehcli verseilen, ein
erst im spätem mhd. erscheinendes worl. es gilt
1) von menschen und menscMichen kürperlheilen :
mhd. din lip ist dürre und mager,
din aotlitz bleich und hager,
dio bals ist lileine und lanc.
H. T. Freibbrg Tristan 5110.
nhd. ihrer aufwärterinnen hagere rücken braun und blau ge-
schlagen, ehe rines mannes 2S3 ; Cook war ein dürrer, hagerer
mann. Lichtenberg 4,175; Calcagno verschworener, hagerer
Wollüstling. Schiller Fiesco, fersonenverzeichnis ; der dürre,
hagere, unschlüssige klügler. Clacdics '.178; er wurde ..
eine lange, hagere, in einen dunkeln inanlel gehüllte gestalt
gewahr. E. T. A. Hoffjcann 3, 2S; ein groszer, hagerer, dabei
kräftiger, in gliedern und muskeln stark gebauter mann. 3,31;
sag mir, du königssohn Ammon,
was lieget dir so heftig an,
das du bist so schnacket und hager,
so bleich, dünnbacket, dürr und mager,
nimbst ron tag zu tag also ab? H. Sachs 3, 91*;
mit bagern, welken waugen. Hagedorn 2, 113;
nun härm ich ganze nachte lang
auf schlummerloszem lager
die leichten glieder matt und krank,
die vollen wangen hager. B(;rcer 7';
liebesbücher und jahrgedichte
machen bleich und hager. Götbe 2, 267;
gleich gespenstern, stumm und holil und hager,
zieht im schwarzen todtenpompe dort
ein gewimmel nach dem leichenlager.
Schiller 1* (leichenphaniasie).
er ist hagerer als ein stein, pumice est aridior Stieier 729 soll
in besonders drastischer iceisc nur einen gfoszen grad von /leisch-
losigkeit eines menscJien bezeichnen, ohne dasz man sonst von einem
hagern steine redete; äitnlich ist
ein starker, frischer, junger kerl,
nicht dicke wie ein fasz, nicht hager wie ein querl.
Lessimg 1, 115.
2) bei personificationen :
spiele, bald wird die arbeit kommen, die hagre und ernste,
und der gebietenden pOicht mangeln die tust und der mut.
Schiller bi>',
die arbeit ist hier als hageres dürres iceib gedacht;
herr, 'ne bleiche, hagre alte
mit geschontem gingankleid,
Sparsamkeit so heiszt sie. Galdt 'der besuch';
auch sonst in übertragenem sinne: ein hagres leben, wie irir
auch von einem dürren, magern, trocknen leben reden: der
hofjuwelier hätte ihm . . das doppelte bewilligt, um endlich
auf einmal in seinein hagern juweüerleben fünfzig procent . .
in das grün^ spiegelgarn seines beuteis einzufangen. J. Pacl
komet 2. 144.
3) seltener von thieren: ein hager rind bos macilenta, ein
hager pferd equus sirigosus Stieler 729; der hagere klepper,
den er ritt. Schiller 7ii';
es (die Schnaken) sind meistentheils hagre schwarten [kerle).
FccHs mückenkrieg 1, M)9.
Wenn hager sich aus der bedetäung gracilis, tenuis, die Stieleb
729 aufführt und die durch die form hügel {sp. 145) eine stütze
empfängt, erst zu der macilentus cnttrickelt hat, so würde es dem
sinne nach zunächst an altn. haga passen, sich fügen, hag-r
geschickt, hoeg-r leicht, bequem, rühren, und damit der groszen
zahl der ableUunuen von der würzet hag {sp. 137) »>i allerdings
sehr übertragener bedeutung zufallen {vgl. unter hageii 2, sp. 1521.
liager könnte sich ab Weiterbildung zu jenem allnord. adj. hag-r
so stellen, das sich aus dem begriffe des getcandten der des schlan-
ken, dünnen, hagern noch und nach ergab. Frisch 1,396' gab
hager die grundbedeutung trocken, dürre, indem er es mit dem
aus der Frankenbergschen chronik beiyebr achten adj. hege trocken
zusammenstellte, was wieder mit ulid. mhd. hei aridus {wb.\, 647'),
scliwäb. gehai dörr, ausgetrocknet (Schmid 254) sich berührt.
H.iiGERAUCH, m. höhenraucli:
die ersten regungen in einer zarten seele
sind keine welken nicht, nur leichter hägerauch,
den sonn und witz bald tilgt. Lohenstein Sophon. 31, 369.
bair. haidampf, hainebel , hairauch, trockner dampf oder nebel
in der atmosphäre zu lieiszer Sommerzeit. Schm. 2, 127. Für
hägerauch wird gewährt hagerrauch {Hannov. seitg. 1852), wvl
mü formeller anlehnung an das niederd. haarrauch {sp. 34), «ii7
dem das worl nicht zusammenhängt, vgl. hege, adj.
HAGEitFALK, m. eine falkenarl, die vortüglich zur beize auf
grosze tögH dient, öc. lex. 616. in Heuszi.ixs vogelbuche hoger-
falk: disen (falken) nennend wir aber ein hogerfalken von
kürze wägen seines halses: dann vor den flügelbogen kan
man im das haupt kaum sähen. 153*. es ist also nach dieser
ausführung der falke , der einen lujcker zu haben scheint, und
hagerfalk verhält sich zu hogerfalk wie hackericht {sp. 105) :h
höckericht. Nemnich versteht unter hagerfalk einen alten fal
ken, der sich ein oder einige male gemausert hat. 2, 156S.
Die form hagart für hagerfalk {sp. 140), die Frisch aus
dem fürstenlhum Mümpelgard beibringt, entspriclil dem franz.
faucon hagard , engl, haggard-falcon , welches das franz. adj.
hagard wild, stolz, böse enthält, dieses adj. scheint auf deutsches
hag-hart schlaglüchtig. k-ampßühn zurückzuführen, welches vielleicht
in den eigennamen Hahart, Hechard (Förstesans 1, 5S0. 576)
enthalten ist. hagart könnte die ursprüngliche form des falken-
namens sein, hagerfalk, hogerfalk spätere, aus dem bestreben
entsprungen, sich das nicht mehr verstandene wort etymologisch zu
verdeutlichen.
H.\GEHKAMP, «i. mit buschwerk bewachsenes land : {die holz-
mark gehl) auf den wolfeskuhlen über die schönen h9ger-
kämpe. weislh. 3,303. vgl. kamp 5,135, und hag 4.
HAGERREIT, f.: hageikeit, hagrigkeit, macies, macritudo,
macror, marcor, corporis graciiitas, tenuitas. Stieler 729.
HAGERN. verb. macrescere: euer antlitz bagert, eure bände
sind lasttragerhände. Mever.x Dya A'a Sore 1, 2S6. s. aus-
hagern 1, 879, und verhagern.
HAGEROSE, f. rosa canina, cynorhodon, cynosbaton. Nemsich
4, lies ; hagrosen paliurus Maaler 207", Steixbach 2,297;
weile, von der hagerose
kühl, 0 Wandrer, überweht. Matthissom ged. 199;
unterm Strauch von hagerosen
auf dem rotbbeblümten klee. Salis (1793) 26;
um den quell
reich an losen
hagerosen. Platem 17;
wol glänzt die wilde hagerose auch
so farbenreich geschmückt wie ächte rosen.
Shakespeares sonetle c. Bodemstedt no. 151;
the cankerblooms have füll as deep a dye
as the perfumed tincture of the roses.
(no. 54 der engl. Zählung).
HÄGERT, m. corrus glandarius. Nemsich «-6. s. häher.
HAGESTOLZ, m. caelebs. ahd. hagustaJt und hagastalt
(Graff 4,762. 6,667), auch mit erweichter oder weggefallenei-
gulturalis haistald, hastald, haistold, hestold, was namentlich
mittelalt. quellen haben (Du Gänge v. Hentschel 3, 616'), altniederd.
hagnstald {Heliand 5042) und hagastold (2549). ags. hagusteald.
hägesteald, hägsteald (Grein 2, 7) ; im spätem niederdeutsch finden
sich die formen havestolt, hovestolt, hofestolt, hoffestolt (Haltacs
779), was wie namentlich die zuerst aufgefülirle wahrscheinlich
macht, nur eine entartete form ist und im ersten Iheile nicht auf
hof aula zurückgeht, das oberdeutsche zeigt bereits im 14. Jahr-
hundert die form hagestolz {weisth. 1,33), wo der nicht mehr
verstandene zweite theil des Wortes an stolz sii/jerfrus angelehnt
und damit die frühere, verbreitete etymologie einer der auf seinen
hag stolz ist, angebahnt wird, ganz verderbt und mit anlehnung
an die spätem' niederdeutschen formen ist Stielebs haferstolz
724, mit wunderlichem erklirungsversuche.
Die versuche, die ursprüngliche bedeutung des Wortes aufzu-
klären, sind manigfach. die Übersetzungen , die alle quellen von
hagastalt geben, gehen zum theil weil auseinander, ahd. caeleh< :
tirq {vgl. altn. gramr haukstalda fürst der krieger Sigurdarqii.
3, 31 , die form scheint aus bögstalda für hagu-stalda entstellt
zu sein); famulus, mercenarius; agricola über; ags. au.<!zerdem
juvenis, ephebus. sie sind indes nur die schatlierungen einer nach
und nach verdunkelten bauptbedeutung , die tief das altd'iulsciie
rechlslcben berührt.
hagastalt war zunächst udjecliv, wie nicht nur aus dem ahd.
(hagustalt liip celebem vitam Graff 4. 762), .^ndein mehr noch
aus dem ags. hervorgeht, wo hiigstealdc nienn (Gbein bibl. 1,
359,14), gen. plur. hägstealdra (ßt*or. üsOO) begegnen; die über-
wiegende substantirL<:che Verwendung erklärt sich aus der persön-
lichen bedeutung. der letzte tlieil des Wortes ahd. stall findit sich
wieder im golh. adj. gastald-s , gewährt Tit. 1, 7 in der Zusam-
mensetzung ygiait-gaslalds aiaxooicsoSiri^ wovon das golh. ver-
bum gastaltia xriiofint nur erst abgeleitet ist. auf den eigent-
lichen .^inn von gastald-s, stall, wirß sowol das ahd. masc. stall
in scafestalt caula (Graff 6, «67), irie das ags. neutr. gestcald
statio , domicilium , possessio (Gbein 1,458) liclit. gaslaMs i.^t
der Stellung habende, über eine sache gesetzte, ihrer waltende,
155
UAGESTüLZ
HAGESTOLZENALTER — IIAGSCUERE 156
wozu auch das langobard. gastuldiiis, gusluldiu, alid. kuslull
geslor, nünuiter, judex (Ghaff (>, 667. RA. 754. 755) Irüt. haga-
stalt ist der eines hagcs uallende , ihm vorstehende oder ihn be-
sitzende. H'ir milsscn uns hierbei an zweierlei erinnern: einmal
dasz liag, wenn es ein gut bedeutet, nie den sinn hat wie liof,
es ist kein lierrensitz mit den auf Uim rulienden gercchlsamen, und
dann, dusz das deutsche erbrecht, wenn es auch alle sühne au
dem erbe des valcrs thcilnchmcn Idszt, doch von den alleslen zeilcn
her den rorzug der erstgeburt kennt und festsetzt, dieser Vorzug
äuszerl sich namentlich darin, dasz der älteste so/;» das haujitgul
des väterlichen eigenlhums, den herrenhof erhält, mit ihm die
väterliche macht und die rechte, die an dic.iem hofe hapen (vgl.
HciMEVER hantgemul 19. 43); auf Um geht auch der brauch fürst-
licher liäuser zuriick, dem erstgeborenen das hauplland , nachge-
borenen nebenUnder, aber mit abhängigkeil vom erstgeborenen, zu
vererben (Schulze recht der erstgeburt 1851 s. ISO /'.). wird dem
ältesten nun nach dem deutschen erbrcchle der liof zu theil , so
wird dem jüngeren ein nebengut ohne die hufgerechtsamc, ein liag
angewie.<;en, und der hagbesitzer ist in einer gewissen, auch durch
leistungen sich aussivechenden abhängigkeil von seinem altern bvu-
der , der viil der Oberhoheit über das ganze einst väterliche land
aucli das mundium über den jungem bruder hat. der letzlere
ist daher, so lange er nicht vom väterlichen eigen förmlich aus-
wandert und sich anderswo einen eigenen unabhängigen besitz
sucht, in der gründung eines vollkommen freien hausstandes be-
hindert, er ist caelebs factisch oder doch im rechtlichen sinne, die
rechtmäszigc ehe wird auf dem licrrcnhofe geführt, diese allen
Verhältnisse haben vielfach bis auf unsere zcil nachgewirld ; so in
Westfalen, wo das recht der erstgeburt so schroff gehandhabt ward,
dasz der jüngere bruder bei dürftig ihm zugefallenen erbthciie
immer der dienslbote des erstgeborenen blieb und von ihm seinen
unterhalt empßeng und wo, wie Brand (archivwissensch., Pader-
born 1S54 .<!. 57) aus Urkunden beibringt, die Zuweisung eines
kleinen gutstheils, mit einer hecke umzogen für den jungem .<tohn
statt hatte, welcher gutstheil hagcstolle hiesz; aus solchen recht-
lichen anschauungcn cnlsprinyl es auch, wenn im Ncllenburgischcn
(Schwaben) die hurensöhne hageslölze hieszen (Fniscii 1,394'),
denen zur gründung eines eigenen voUbcrcchtigtcn hausstandes die
eheliche geburl fehlte.
fiacb dieser ausfülirung haben die alten glosscn recht, wenn sie
hagastall theils mit caelebs, thcüs mit juvenis, theils mit Uro {der
hagastalt war seinem bruder zur heerfolge verpfliclUel), theils mit
famulus und mercenarius übersetzen, IheUs endlich mit agricola
liber, da der hagastalt kein unfreier war. was die form liagu-
stall betrifft, die neben haga- stall vorkommt und die die
ältere zu sein sclicint (auch wenn das worl als eigenname ge-
braucht wird, ist sie die früher bezeugte Förstemamn 1,576), so
i.«/ wol eine frühere deutsche form liagu-s oder liagii hag anzu-
nehmen, die sich zu hag ebenso verhalten würde, wie gottt. viniru-s
;« ahd. wintar.
Im nhd. bedeutet liagcstolz
l) den noch unverheirateten, der noch Iwinen eigenen haussland
gegründet hat: es sol oucli enkein liagslolz dekcinen val (ab-
gäbe) geben, der in die vorgenanten hülle gehöret. weisth.\,'i'i;
«■in hageslolz, ein gelling (bursche), der ane wip ist und an c.
n.'.Uiü; ain hagstolz so! ouch Iry sitzen, unz er sich veren-
dert, und darnach ain jar. s. 377. wie der hageslolz ohne
eigenen haussland noch nicht zu den vollberechtigten milgliedern
der gemeine zählt, so ist auch seine strafe für ein vergehen ge-
ringer: swer ouch ein gotzhusman ist, verschuldet der einen
frevel, das sol er hessern niil niun Schillingen und [ein]
hageslolz mit drin Schillingen. Andlauer hoferechte v, 12S4, t)i
AuFSESz u. Mone anz. 3, iti.
•2) das unverheiratete indiriduum überhaupt, ohne rücksicht auf
das gfschleclU , es gilt also sowol vom manne wie vom weihe:
wa-r och, das ain hagstolz ahgiong (stürbe), es sig knahen
■ '■•• 'Wichtren. weisth. 1,240; wo ouch ain hagstolz ahgautt,
1 knahen oder töchtern, alt oder jung. s. 204; in ad-
lirr Stellung : ain hagstolz kneht oder jtingfrowe, die
ge.tundcrt gut hUat. *. 377.
3) den allem Junggesellen, der über die. garöhnliehe zeit hinaus
das eingehen einer ehe verzögert hat; rechtlich wird das alter eine*
Mlchen bestimmt: wo oldl dal ein recht hotTestolte in rechte <»in
schall, darup gefunden: ein hofTcslolle schall olt sin 50 jähr
drei mante 3 la^e. IIai.taü» 770 (aus Celle v. 1570); in andern
ir '■ ■• '■■'' das hngestidzenalter rechtlich viel früher ein: hage-
!. im Odenwald die so 25 jähr alt und nicht
li Hell, da sii- ki.iiiitcii. P'ni^cii 1,304*. — In der
neuern spräche verbindet sich mit hageslolz ausschlieszUch der
begriff des allem, unverheiratet gebliebenen mannes: als ein künf-
tiger hageslolz. Lessing 1, 229; ich habe in der liebe man-
cherlei Schicksale gehabt, war mehr als einmal entschlossen,
mein leben als hageslolz zu enden. Götiie 7, 132; ein alter
hageslolz, alle gebrechen seines Standes in sich tragend,
geizig, eitel, den Jüngling spielend, verliebt, geckenhaft. E. T.
A. lIoFFMANN 4, 45 ; obgleich ihr ein hageslolz verblieben. Holtei
Chr. Lammfell 180;
bald dünlit dichs gut, bald nicht, ein hagcstolz zu bleibea.
Lessinc 1, 19;
dem alten freibcrrii von Chrysanl
wagts Amor einen streich zu spielen,
f'iir einen hagcstolz belinnnt,
lieng, um die seclizig, er sicli wieder an zu fTiblcn. 121 ,
und sicii als hageslolz allein zum grab zu schluifeD,
das lial noch kemem wohl getlian. Götue 12, 161 ;
ein iiagestolz ist schwerlich zu bekehren. 164.
Steinbach 2, 721 verzeichnet die form der hagenstöltzc coelehy
senex.
IIAGESTOLZENALTER, n.
HAGESTOLZENEILAND, «.;
durch euer (des bräiilgams) hcispiel angereizt,
bekehre sich, wer schon allmälich an der küste
des hagcstolzeneilands kreuzt,
bekehre sich zu Hymens aliar. Gotter 1, 177.
HAGESTOLZENKRAM, m. kram, wie ihn ein hageslolz um
sich her hat (vgl. das zwcilfolycnde) :
packt aus den hageslolzen kram. Overbeck ged. S2.
HAGESTOLZENBECIIT, «. roc/i//(c/ic befugnisse und rechts-
verhällnissc eines hageslolzen. Schottei, Iractat von unlerschiedl.
rechten in Teutschland (1671) s. 1 — 32.
HAGESTOLZENVVIUTHSCHAFT, f : wir fanden bei Berol-
dingcn selbst manches gute an gcmälden und kupfern, aber
alles durcheinander gekramt, eben eine hageslolzenwirlhschafl.
GüTiiE an frau v. Stein 1, 243.
HAGETORF, m. eine abänderung des sumpßorfs , schledit,
leicht und stinkend. Neuxicii wb. es ist wol der torf, der sich
aus dem obern leichten gestrüpp des torfmoores gebildet hat.
HAGEWEIDE, f. salix helix. Nemnich 4, 1201. audi hagen-
wcidc, heckweide, niedrige buschweide.
HAGCJARTEN, m. eingehegtes land.^lück für jagdzwecke, etwa
Wildpark: baaggarte Scuottel haubtspr. i'iü*.
HAGHANDSCllUH, »i. handscliuh der beim bearbeiten einer
dornhecke angezogen wird? findl uiigferd ein par haghündt-
schuch und ein schaufcl, die legt er an (um sicIi das ansehen
zu geben , als halte er am hage gearbeitet). Wickram rollw.
182, 8 Kurz. •
HAGICHT, adj. munitus senlibus , seplus, septmento cinctus;
dumosus, sylvestris, .vjlvosus. Stiei.er 726.
HAGJUNKER, m. hcgereiler, raubrilter: listige practicierer,
schnapphiin und hagjunkern, blaue sackmcsser oder kisten-
feger und Wucherer. Fischart bien. 23ü'; nützer denn ein
solcher hagjuiikhcrr. wegkürzer 101. — rfim. unsere . . hoffrätz-
lein und hagjünkerlin. Garg. 4"'.
HAGLEH, «1. der hagel wirkt oder bringt:
Sturm von morgen und abend und mitlag, der mächtige hagler,
sliu'zen über den Pelagus her.
Schiller (fcri't. ausg. r. Kurt) I, 14, 61,
nach incuhucrc mari, lotumquo a scilihns imis
nun Kurusquc Noiiisquc nullit crehurque procellis
AlTicus. Vcry. Aen. 1, 85.
HÄGLING, »1., oberdeutsch, eine art kleiner weisz/ische, nach
Gesner albula minima. Adelung.
HAGMESSER , n. messer wie es zum beschneiden des hages
dient: hagmilsser arboria falx Maaler207'; den birnbauiu ..
mit einem hagiiiesser ein wenig behauen. Semiz feldbau 353.
der gärtner nennt es auch hacknicsser (.'■71. loi); die form hak-
messcr neben hackmesser artuwi»« Diefenb. 51* geht w<4 auf dw
tnhd. Schreibung liac <» hag zurück.
HAGRICHT, Ml';', »lurcr, macilentus, etwas hager: er hat ein
hagricht gesiebt, mncilenlu e.it orc. Stiei.er 720.
HAGSCHAl!, /. insiwtio sepimentorum. STiKitRl744; pfalten-
und hagscliau , das ist besichligung der mangelbaren zlluii,
wie auch (iberwachsender und die strasz hindernder liüge
und bilumen. urk. aus Lindau r. l.'.so bei Hai.tau»7*3. Frisch
fuhrt die form hagen^rbau auf I, 394*.
IIAGSCIIKRE, f. schere zum beschneiden eines hages, auch
zaunschcie, heckenschere, garicnschere (/rwoHn«.' ihre üppigen
157
HAGSEIL — HAH EN
HÄHER — HAHL
158
ranken mit französischer hagscheere zu beschneiden. Strausz
Schubarts leben 1, 347.
HAGSEIL, n. cktnaiis ßammula, eine rebenartige, zwischen
hecken wachsende pflanze, auch he.\enstrang, teufelszwirn.
HAGSTECKE^, m. stecken für einen hag, zaunpfahl: schnitzte
zuerst hagstecken, arme mann im Tuckenb. 20.
HAGSTOCK, m. stock, pfähl aus einem haije oder zäune: man
sprang mir mit äxten, prügeln und hagstöcken, einst gar
einer mit einer sense nach, arme mann im Tockenb. 31.
HAGTAN.NE, f. eine kleinere tannenart. s. d. folgende.
HAGT.\N.NEN, adj.: item were sach, daj deheiner von
Roggwil uns in den obgnanten unsern wäldern verachten
wölte und dorinn frevenlich hiuwe, es «ere tannin holtz
oder eichin oder ouch hagtannen , so sol er von ieglichem
böm, es sye eichin oder tannin dein oder grosz, 1 lib. pfenn.
verfallen sin an gnad. weislh. l, 178.
HAGWALD, tn.: buchenwald, hagwald, so ins gehäge ge-
schlagen, Silva banno ferino sepla. Scuottel haubtspr. 446*.
HAGZAUN, n. zäun, hecke. Haltaüs 774. vgl. hagl, sp.iZl.
HAHA, der reduplizierte ausruf ha {sp. 5), subslantivisdi ge-
setzt: ein verwundertes haha entschlüpfte seinem munde;
das haha, was er hervorstiesz, klang gekünstelt, haha wird
auch eine plvtzlich freie aussieht gewährende Öffnung in der be-
friedigung eines gartens, vor der ein graben liegt, genannt. Ade-
lung; doch sind diese den garten des buches einfassende
leere hahas auch die Wüsteneien, die ein buch vom andern
sondern müssen. J. Paul jubelsenior s. 184.
HÄHE, f. bei den Jägern das weibchen von vögeln und wild.
Jacobsson i, 187'. der ausdruck, ungewöhnlicher als sie oder
sicke (s. d.), ist von der mittel- und niederdeutschen form des
pronomens er, he, hä weiblich moviert, mit diesem pronomen be-
zeichnet man das männchen bei thieren. Fkümm. 3, 501.
HABEN, verb. suspendere, pendere. golh. hahan, praet. hai-
hah, ahd. hähan , praet. hienc, mhd. bähen, praet. hie und
hienc, ags. hon, praet. heng, fries. hua, praet. licng; für das
altniederdeutsche sind praesentiale unnasalierte formen nicht nach-
geiciesen. es ist bei diesem worte wie bei fahen (3, 1236) wahr-
scheinlich, dasz schon im gothischen eine rhinistische ausspräche
des w^urzelvocals statt gehabt habe, weil sonst nach den gothischen
vocalgesetzen in diesem falle das ungeschützte wurzelhafle a wahr-
scheinlich zu i herabgesunken wäre, und hahan, fahan sich zu
iiihan, tihan ebenso gestallet hätte, wie itan, niman, brikan aus
ehemaligem atan , naman , brakan hervorgieng. in den spätem
althochdeutschen und altniederdeutschen dialecten vergröberte sich
in den praeterilalformen die rhinbtische aussyraclie des wurzel-
vocals derart, dasz sie in der schrift ausdruck empßeng, daher
die praet. hieng, fieng ^a«s früherem haihang, faifang), part.
gehangen, gefangen; in den praesentiulen formen machte sich
statt der näselnden ausspräche die einfache ersatzlänge ä geltend,
die also wie in vielen andern fällen für an steht, so weit nicht
auch hier volle nasalierung eintrat, die form hangen ist freilich
erst spät nachzuweisen {s. weiteres das.); für das in gleicher weise
entwickelte fangen aber ist sie, icenigslens in den altniederfränki-
schcn psalmen , schon im 10. jahrh. 4m gebrauch; fangit imo
comprehendile eum ps. 70, 11; bifangi sia comprehendat eos ps.
68, 25.
Das nhd. zeigt haben nur noch selten, wältrend fahen nicht
unhäufig vorkommt und noch jetzt in erhabener spräche dauert;
ein unnasaliertes praet. hie , was auch vihd. gegen hienc sehr
zurücktritt, scheint überall nicht mehr zu begegnen.
haben bedeutet
1) aufhängen, suspendere: den diep sol man haben. Halt-
aus 780;
miuse sol man vähen,
diebe sol man bähen. Vridank 47, 19;
mau sol iu an ain galgen bähen,
oder seinen köpf abslagen. fastn. sp. 474, 10;
dasz die niiiller bei hohem wasser und eisgängen ihre müh-
len mit seilen an die Stadtmauer haben und festmachen.
Regensburger chron. bei Schmeller 2, 166.
2) hangen, pendere:
das primglöcklein darin auch hecht,
ehe danu man zu singen »nfecbi,
täglichen l'rue und vesperzeil
Wirt usz eiu ganize stundt geieüt.
Scua£LZL lübspr. 78,
m einem rätsei auf die hasclnusz:
es ist hal
uad hecht gen tal. fastn. fp. 1458;
noch jetzt südböhmisch.
man Schwester sitzt in arrest,
und man brueder hacht afn golgn. Fbom». 6, 269.
in übertragenem sinne:
das got den sünder nit erhört,
nur den der hecht an seinem wort.
ScuMELZL btindgeb. söhn 9*.
HÄHER, m., mhd. bahaere {wb. 1, 610*), nach haben 1 der
henker. Schm. 2,^166; des hahers recht. Haltaus 780; du
forchst dich, du wurdest von deiner mörderei und deub-
stahl wegen dem hacher an einen strick geantwurt. Tiroler
schmähbriefe v. 14ü8 bei Fromm. 5, 371. jetzt noch sOdböhm.
hacher henker. Fromm. 6, 272.
HÄHEK , m., ahd. hehara, mhd. heher f. picus, orix, atta-
cus, merops (Graff 4,799; mhd. wb. 1,647*), ags. higora m.:
es ist der gemeine name für zwei nahverwandte vogelarten, cor-
vus glandarius, welcher durch häher am häufigsten bezächnet
wird, und für coracias ganula, die seltener häher, blauer häher,
mehr mandelkrähe heiszt. garrulus hehtv, heger Diefenb. 258';
der geschwätzige lustige vogel gilt nach der gemeinen anschauung
als spaszmacher unter den vögeln des waldes, daher er auch
Markolt, Markwart, .Markolf, bruder .Markolf, brudet Morolf
genannt wird {vgl. 2,419, ho. 7);
Lutke de krön unde Markwart de hegger. Rein, fuchs 13;
ein ags. rätsei schildert ihn:
ic eom vunderlicu viht, vrsesne (ändere) mine steine :
hviium beorge svä huud, hvilum bl;ete svä pät,
hvilum grajde svä gös, hvilum gielle svä haloc,
hvilum ic onhyrge jione hasvan earn,
güdfugles hleöd^or, hvilum glidan reorde
müde gemahne, hvilum mseves song,
j)3er ic glado sitte. Gbein 2, 381, 25;
daher nhd. der häher ein spotvogel ist. Braut narrensch. 42, 21;
vil leidige ganuli oder häher, welche nichts anders dann
plaudern und schnattern können. Kirchhof wendunm. vorr. ;
der häher . . volget nach aller anderen vöglen gsang und
gschrei , und das lernet er nit um wol singens willen , zu
lust und fruuden, sunder aliein umb geschwätz willen. Heuszlin
vogelb. 13';
der Sänger redte nun Marcolph den schreier an,
den häher. Hagedorm 2, 130;
wie nu der cumanisch esel in der löwenhaut und der eso-
pisch häher in den pfaweufedderen von natur ebensowol
nur ain häher und esel ist als andere. Frank paradoxa 45,
no. 81 , nach der fabel Aesops , die B. Waldis behandelt hat :
vom' häher. Esop 1,29; den heher mit seiner art. 3 Mos. 11,
19 ; 5 Mos. 14, 18.
HÄHERN, verb. ivie ein häher rufen:
der schwatzende
staar, der hahernde specht. Herder 12, 144.
FIAHL, HÄHL, f. haken, um den kessel übers feuer zu hängen,
ahd. hähala, hähila, hähel cramacula Graff 4,772; mhd. hähel
wb. 1, 610", von hähan hängen (sp. 157) abgeleitet, aemacula
hala, hagel, hohel, hol, hael Diefenb. 156'; haal fenamenlum
camini Dasvp. ; calena haäl, une aemaillii're Frischlin «omenc/.
397*. das wort, ehedem mit dn- einrichtung über ganz Deutsclt-
land bekannt , ist in dem grade seltener geworden , als die alte
kücheneinrichtung mit dem offenen herd feuer geschwunden ist; es
findet sich noch in Hessen : hahle Vilmar 143 ; in Nassau hahl,
hohl, höhl, hehl Kehrein 181; bair. habet Schm. 2, 16G; in
Kärnthen häl Lexer 131, und anderwärts; in den nördlichen
gegenden Deutschlands hat das wort anderes geschlecht , im Göl-
tingischen häl masc. u. neutr. Schambach 72', auch in Rheinfran-
ken hfil neutr. Fromm. 3,556.
krautmesser, saltzvas, rechen, hähel sind nit da,
zuber, sciiapfen, häfen, gelten, macht in graw. .
Ilätztcrin fi, 31;
häl und kessel viel dahin, ring 10', 20;
tn einem stück verkehrter well wird gesagt: so hilfst du mir
den rauch ans fleisch henken und das fewer über den kes-
sel thun und die häl an die kessel henken. Ambras, liederb.
234, 36. s. kesselhahel 5, 625.
HAHL, HÄHL, adj., glatt, scldüpfrig, ahd. häli, altn. hall,
mhd. ha!le (wb. 1, 613*). es stelU
1) in sinnlicher bedeutung: hall, glatt, lubricus, häl und
schlipferig machen lubricare Maaler 205';
wenn einer iiiiil> lautt in der narren weis,
so gel er gar auf eira helen eis. fastn. np. 751, 14;
159
HAHL — HAIIN
HAHN
160
ir anschlag stat ufT hälcm ysz.
Bra.m narrensch. 110', 8;
sine {des lötoen) cläwen wären ba'le.
iliirlina 181, 70;
und manches mal gesagt, wo eigne lügend fälil,
da glänze mösz für gold, des adeis grund steh hähl [nicht fest).
KOHPLER 134.
2) ftberlragcn (jlalt, schmeiclilerisch : häle, glalto oder süszc
worl reden, loqui muha , adliibere blandilias, liebliche häle
mälz oder hur, die ire bulcr frei hiiulergoji kan, merclrix
blainia. MÄALEn205'; die kiszlingstein mit hälen worlen be-
wegen. WiRSLNC Clll. C 4.
In beiden bedeulungen ist das wort hetüe in si'iddeutschen viund-
arlen lei-breitet , namenllich bair. und Icdintn. hül SciiM. 2,160,
Lexer131, scbivdb. häl Scu.mid225, und hat manigfaclte weiter-
bildumjen aufzuweisen: käinln. häle, bair. scliwäb. häle ylälte,
scldfipfiigkeil ; hälizen in Baiern ausyleilen; hälinaulat in lidrn-
tlien glaltmäulig, glatte worlc gebrauchend ; sclnväb. hälkatze ein
mcnseh mit falsclicn, glatten warten, hälschlficher Iciselreter.
3) ein anderes hahl, hähl findet sich in tiiederdeutschland und
durch Hessen bis ins Rhein fränkische hinein : hcfs. häl und ha;l
trocken, mager, dürre, austrocknend, eine hale beide, bale stop-
peln, hal aussehen (abgezehrt atissehen). Vilmab 145 ; nicderd. de
häle wind der trockne wind Scuähb. 72"; in Nassau ein hahier
oder hohler (trvckner) wind, husten Keiirei.n l&l ; es durfte
nur eine düstere wölke die lufl beschweren oder ein hahier
trockner Ostwind, so war er keines hellen gcdankens mehr
fähig. Wesk leben des Iribunulraths llOpfner (1797) s. 39.
Da das wort seiner abstannnung nach dunkel ist, so kann nicht
gesagt werden, ob die vorstehend angeführten drei bedeulungen auf
eine gemeinschaftliche zurück gehen oder ob die no. 3 auf einer
andern wurzcl fuszt. das adj. hähl scheint nicht mit hehl,
hehlen zu vermitteln , eher würde das altind. kal treiben , be-
wegen (BüHTL.-lloTH 2, 150) zur vergleichung heranzuziehen sein.
HAHLE, f. loxia pyrrlmla, dompfaff. Nemmcii wb.
HAHLGANS, f. in zwei bedeulungen.
1) hahlgans zusammengezogene form von hagelgans fulica,
sp. 145: {twxen sind) darut so baldt uf einem besem durch
das rauchloch hinausz gefahren , in einem dahl im waldt
sich zu andern ihren milgesellen versamblet undl von dan-
nen mit einander in der luft wie die haalgensz zum dantz
gefahren. UtJoiNCER hexenproc. aclen v. 1590.
2) in Uessen und Frankfurt aber heiszl hahlgans eine dürre,
noch nicht gemästete gans, wie haelschwein, heischwein ein noch
ungeniästetcs schwein ist, hier ist hahi das oben besprochene adj.
in der bedeulung 3. eine entstellung dieses hahlgans in hagel-
gans ist in Hessen üblich. Vilmar 145. das worl bildet ein
Schimpfwort für ein noch nicht ganz ausgewachsenes mädchen:
hahlgans die du bist! ist das auch erlaubt, so was zu ver-
gessen? Fr. Müller 1,248; geh acht ulTs licht, hahlgans!
(sagt der bürgercapilain zu seiner tochter) , siehst de net, wie
die funke dervon flieje? Malsz bürgercap. 47.
HAHN, ni. gallus. goth. ags. hana, ahd. alln. hano, fries.
bona, alln. hani, mhd. han, n/. haan, ddn. schwed. haue; un-
angefochten ist die deutung säues namens als 'rufer, sdnger',
nach lat. can-ere, welches nach den gesetzen der lautverschiebung
genau entspricht, die dcclinalion des worles ist wie in den älte-
sten dialecten und dem mhd. die scitwache, namentlich im 10. und
17. jahrh. und auch, obschon mit der jungem zeit immer selte-
ner, bis zu ende des 18. Jahrhunderts hinauf, wie in den süd-
deutschen mundarlen noch jetzt: vom fuchs und dem bahiicu.
U. Wallis Esop 4, 2 ;
sieht wie die stolzen üanen
die büner übvrgchii. Opitz 1, 150;
wir wollen die bahnen kämpfen sehn. Klinger theater i,lib;
die welschen haiinen. TiscuuEi.*« bei Göthe 29, 19 ;
und ich behaglich unterdessen
batt einen bahnen aurgulressun. G6TUB 2, 283;
ich habe niemals danach gefragt:
Ton welchem scbncpfen und fatancii,
capaunen und wcischcnhnhncn
inh mein bauclielclit-n geniaKti't. 47, 77.
aber Mchon ieit dem 16. jahrh. bahnt sich die starke dcclinalion
des Wortes an , die jedoch in der Schriftsprache vor dem schluss
des 18. jahrh. nicht vollständig durchdringt, die starke declina-
tion wird wol zumlcltst veranlaszl durch eine schon frühe niciU
ungebräuchliche kiirzung des acc. dat. sing, bahnen lu bahn :
die unverständigen merk bnini han.
U, Waliiis ICsop I, I, "1 ,
der todt sähe was er für ein han
an im hat. Fccus mückenkrieg 2, 315;
mein gewehr mit aufgezogenem bahn. Simpl. 1,255 Kurz; eine
kürzung die übrigens auch im nom. acc. pl. zu bemerken ist:
wie büse han. Ringwald laut. w. 360. das bewirkt auch die
bildung eines genilivs dos liahns (des banes bei H. Sachs 2, 4,
14*, aber noch als seltene trscheinung) und eines plurals die
bahne, indem sich hier das wort der i-declination zuwendet;
diese letzlere pluralform steht schon bei Keisersberg: die alten
hen. brOsaml. 1, 2l'; die hüii. schiff d. pcn. :i;*, wird aber doch
erst häufiger in den schrißen seil ende des 17, jahrh., vorzüglich
wenn ihre hcimat mitteldeutsch ist, bis sie itn \S. jahrh. die schwache
form bahnen ganz verdrängt, die pluralform häbner , die von
neueren hin und wieder gewagt wird, hat gar keine berechtigung.
bahn bezeichnet:
1) den haushahn , gallus. obschon in Deutschland nicht «r-
sprünglich heimisch, ist er doch schon seit uralter zeit hausthier
der Germanen, und die spräche schildert sein gebühren in ver-
schiedenen, zum Iheil formelltaften Wendungen.
ü) er dient als uhr, sein lautes krähen, das man gern mit dem
klänge einer trompete vergleicht, bezeichnet die zeit des kaum erst
dämmernden morgens , wo die ruhe verlassen , die arbeit wieder
aufgenommen sein will: der han läszt sich am morgen frü
mit seinem gsang merken, dann sy die natur darzu verord-
net bat, dasz sy die menschen zur arbeit aufweckind, und
inen den schlaaf brechen süllind. Heuszlin vogelb, 76';
der wliul der weht,
der bahn der hrnht,
die fflock schlrii;t drei,
der ruhrniann hebt sicli von der streu. lounderAorn ;
am morgen bald die bancn kreiten.
WicKRA« bilg. J^l. 29;
legt sich hernach zur ruh, schlart frei von angst und sorgen,
bis ihn und sein ganz haus der hahn weckt, wann zu morgen
Aurora seilen laszt ihr rosenrotes haar. Opitz 1, 158;
kaum krähte noch der bahn bei frühem tage,
so rief sie schon: steht auf, ihr mädchen, es ist spät,
der hahn liat schon zweimal gekräht. Gkllert 1, 175,
0, der Wonne ! ha, da krähet
aus der hahn den wachen morgen.
Arndt ijed. (1840) 416;
früh, wenn die bahne krälin,
eh die stcrnlein verschwinden,
musz ich am herde stciin,
inusz feuer anzünden. Möricke;
der hulin, der als trompete dient dem morgen,
erweckt mit schmetternder und heller kehle
den gott des tages.
Shaliespeare v. Schlegel, Uaintet 1, 1:
the cock, that is tbc trumpet to the morii,
dotii witli liis lolty aiid shrill-sounding throut
awake the god of day;
wenn des hahns drommcte
das umbüschte dörfeben weckt.
llöLTV itn alm. d, d. nius. 1773 s. 121 ;
dann im bett uns lang gestreckt,
bis der bahn von neuem weckt. Voss 5, 15;
eh ein haiin vom schlaf erweckt,
den noch nicht nahen tag entdeckt.'
A. Ghvpuius (1663) s. 622;
still, der bahn erwacht! Gotuk 1,247;
in dieser nacht, ehe der hane krehct, wirstu mich dreimal
verleugnen. Malth. 26,34; und der han krehet zum andern
mal, da gedachte Petrus an das wort, das Jesus zu im sagte,
ehe der hane zweimal krehet, wirstu mich dreimal verleug-
nen. Marc. 14, 72. als lichtverkündiger verscheuclU er die gespenster
der naclU:
rapp, rappi mich dünkt, der hahn schon ruft,
bald wird der sand verrinnen.
rapp, rapp ! ich witlre morgenlufl,
rapp, lunmile dich von hinnen. Börcer Lenore.
b) aber nicid am morgen allein ertönt sein ruf; als herr des
hühnerhofes rügt er alles auffallende und ungehörige durch sein
krähen, daher sagt man, wenn man eine sache als unbedeutend
und des aufsehens nicht wert bezeichnen will, es kräht kein bahn
darnacii , nl. daar zai geen baan na kraaijen. Harreromkk
1,205: da sie dein kOiiig <^inen gülden erfroniel haben, der
musz ai obren und angen füllen, wie grosz rath da geslift
sei, aber da viel lausend gülden dafilr sind verfauhvitzl, da
krehet kein han nucb. I.ltiikr «, 14"*; versteht ihrs, ein jedes
kind ist sein» valiers, da krehet kein han nach. Garg. 79';
wie? wann dich dergleichen kerl erniordetcn oder in einer
occasion niderniacbleii? wa-i würde wol fnr ein ti.iaii ilariiacl»
161
HAHN
HAHN
162
krähen? Simpl. 3,46 Kurz; und krähte je ein hahn im ganzen
beere nach diesem herumschleichenden .. observazionskorps?
J. Paul Titan 1,69;
ich wil fein sitlich klopfen an,
leicht hörts die magd eh wann der mann,
die thut mir auf, den schleich ich gmach
ins taausz, so krät kein han darnach.
H. Sacus 2, 4, 24';
kein han fort darnach krehen thut. 3, 2, 213';
und in allillerierender Verbindung: da kräht weder hahn noch
huhn nach.
c) der hahn leidet in einem hühnerhofe keinen zweiten; daher
sprichwörtlich: jeder hahn ist könig auf seinem miste; der
hahn gilt auf seinem miste das meiste. Stei.nbacb 1, 686;
wie man spricht, der han ist nicht gut von seinem mist zu
treiben. Lutuer 4,231"; zwei hähne vertragen sieb nicht auf
einem miste. Steinbach 1,686; und wie zwei hähne, wenn sie
sich erblicken, sofort gegen einander kämpfen:
siehst die bannen einander peiszen. H. Sachs 1, 512*.
(vgl. hahnengefecht, hahnenkampi), so vergleicht man bittere
feinde mit zwH hähnen, sie hacken auf einander wie ein paar
hähne;
so blicken sie doch wie die bahn
einander auf ein seilen an. B. Risgwald /. w. 367;
stets sich in den haaren liegen,
wie zwei hähne da zu stehn. Göthe 57, 233.
hahn wird auf einen tüchtigen, streitbaren mensdien übertragen,
vgl. unten no. 3 und kampfhahn 5, 153.
d) der hahn ist aber nicht nur ein wachsamer und kühner, er
ist auch ein geiler vogel; daher
an werten ist er mönch, an thaten ist er hahn.
LocAU 3, 98, 2;
wann die henne zum hahn kommet, so vergisset sie ihrer
jungen. Pistoriüs thesaur. paroem. 10, no. 40, s. 999 ; ein übler
wundsch, dasz dich der haan hack auf dem strosack. Phi-
lander 2, 24. vgl. der han hackt die henne. gallus calcut
gaUinam. Stieler 732.
e) die mythologischen bezüge des hahns ergeben sich aus seinen
dgenschaßen. durch sein frühes krähen tageskündiger , ist sein
gefieder, wenn es weisz, wol symbol einer liclügotlheil (der weisze
hahn uird ein sonnenartig thier genannt Garg. 126') , wenn es
rol, denkt man es sich in bezug zu feuergotlheiten. er ist auszer-
dem Wetterprophet, sein verschiedenartiges krähen sagt einen guten
oder schlechten tag voraus, und wenn der letztere fall eintreten
will, ist die stimme des hahns klagend und weniger scharf; das
Volk sagt alsdann die bahne leiern, mylh. 635 ist vermutet,
dasz der rote hahn, der im mittelaüer so häufig als zins an die
geistlichkeit erscheint, ursprünglich wol opfergabe gewesen sä. der
rote zinshahn ist noch heule nicht vergessen, er lebt im sprichworte
roth wie ein zinshahn, namentlich von einem vor erhitzung oder
iorn im gesicht rot gewordenen menschen : du bist erhitzt , er-
hitzt wie ein zinshahn. Lessing 1, 286. jener oben berührten
beziehung des hahns zu feuergotlheiten verdankt ferner das bild
seine entstehung, dasz der rote hahn aufs dach fliege, wenn in
einem hause feuer ausbricht; wer feuer anlegt, setzt den roten
hahn: und ist zu besorgen, man werde noch auf viel wel-
lisch und leichtfertig gebeude, das mit armer leut blut und
schweisz beworfen und getüncbet, einen roten han setzen.
Matues. Sar. 54' ; sintemal sie in gemein verwegne böse hüben
sein und einem leicbtlich einen roten bahn aufs dach stecken
durften. Henneberger 419; den roten hahn zum gibel aus-
jagen. ScHOTTELlue'; du gleisner, knicker, menschenschinder,
dir mochte ich zuerst den rothen hahn aufs pfarrhaus setzen.
Arnim schaub. 2,153; den rothen hahn wilst du aufstecken.
2, 154;
drumb schweig und hab dir als Unglück,
eh das ich dir und deinem mann
auf dein stadl setz ein roten han. H. Sachs 2, 4, 13*.
ungewöhnlich wird rother hahn auch die durch ein feuerzeug her-
vorgelockte kleine flamme genannt:
er sprachs, blies schwamm und schwefel an,
der wind half treulich mit,
schon flatterte der rothe hahn,
als Franz den fuchs beschritt. Fr. Kind gediciUe.
durch die beziehung des hahnes zu feuergotlheiten erlangt er nun
aber auch etwas dämonisches; namentlich der hahn mit schwarzem
gefieder wird in Verbindung mit bösen geistern oder dem teufel
gedacht, schätze, die der teufel hütet, hebt man, indent man Vim
einen schwarzen hahn opfert: (es) soll dort noch geld liegen,
welches aber der teufel in Verwahrung hat. wenn man das-
IV. n.
selbe haben will, musz man einen kohlrabenschwarzen hahn
nehmen, der aber unterwegs nicht rufen darf. Ccrtze sagen 195.
Vielfach erscheint auch der hahn als preis im Wettspiele, viel-
leicht unter einwirkung des um Standes , dasz hähne gezinst, noch
früher geopfert wurden; so beim hahnenschlag, hahnensteigen,
s. d., im hahnentanz:
dorfmaid und baurnknecht,
die wollen tanzen umb den han;
und von welhem baursman
das pest wird getun an alls gefer . .
dem wirt der han gegeben, fastn. sp. SSO, 8;
daher einen bahnen ertanzen, mercedem sive praemium accipere,
pretium ferre ob aliquid. Frisch 1, 397*, und, in eigenlhümlicher
anwendung: item man hat um einen han gelogen, und der
die grüsten lügen hat tan , der hat den bahnen gewunnen.
Sender Augsb. chron. bei Birlinger 21S'.
f) eine alle, schon im 12. jalirh. bekannte rcdensart ist darüber
laufen wie der bahn über heisze kohlen , d li. eilig, schnell,
flüchtig, s. kohle 6, c, //(. 5,1585: sondern (die seele) lauft ofter-
mals dieselben hochnötigsten sachen überhin, wie ein hahn
über heisse kolen. ganszkOnig vorr.ii'}^ ; er leuft darüber weg,
wie ein han über die kolen , gustal ut canis e Mo bibens.
Stieler 749.
Eine andere redensart: dastehen wie ein nasser hahn, ein
begossner hahn, knüpft an die scheu dieses vogels vor wasser an:
wie ein beschmutzter nasser han.
ß. RiNGWALD laut. warh. 66.
g) unter dem jungen hühnervolke, das im hühnerkorbe bewahrt
wird, ist der hahn das beste und geschätzteste stück, daher hahn
im korbe sein, die höchste gellung bei jemand haben : eum qui
primas partes apud amicum tenet, appellant hahn im korb.
facet. facet. s. 164 ; (du bist der) der gern selber möchte bahn
im korbe sein. Lenz 1,275; ich war der hahn im korbe,
abweäend ward» ich gleich veimiszt , man hätschelte mich.
Götue 36,24; ich war nun gleichsam bahn im korbe bei
den guten edeln ziegen am Helicon. Immersann A/«ncA/i. 2,75;
noch ist der landsknechtisch papst Julius der ander der best
han im korb, bienenk. I3l'; dann wer dem grossen numen
am allermeisten zuwider und den menschen am schädlich-
sten zu sein befunden wird, soll unserm alten gebrauch und
herkommen nach auch der vornehmste haan im korbe sein.
Simpl. 2, 139 Kurz; der am meisten geübtester schandlapp
ist oft der beste bahn im korbe. Scuottel 1117*; und diese
wollen gleichwol auch nicht die schlimmesten hauen im korbe
sein, baurenst. laslerpr. 62 ;
samm sei er im korb der beste han. H. Sachs 5, 397'.
h) andere spiichw örtliche redensarten: die hanen haben ein
lied und sinn und krähen mit ungleicher stimm. Lehmann 187;
eine henne kan mehr verscharren, als zehn häne erspahren.
Pistorius 5 no. 77 ;
huren und buben,
rettich und ruhen,
hüoer und hanen
bleiben gespanen.
Weidnkb apophlhegm. 5 (1655) s. 221;
aus einem kapaun wird kein hahn ; ausz den kappaunen
werden doch keine hanen mehr, darumb musz man inen
dasz krähen mit dem bratspiesz vertreiben, bienenk. 13'; in
eines andern hahnes nest seine eier legen , ehebruch treiben,
vgl. unter hahnrei : Venereus muste das gelach bezahlen,
weil dieser ein fremdling, und sich erkühnet hatte, in eines
andern hahns nest seine eier zu logen , so ward er ohne
verhörung verurtheilet. Happel acad. rom. 599 ; von altern per-
sonen, bei denen sich fallen um die äugen bilden, sagt man, die
bahnen haben ihn ins gesicht getreten , bairisch nennt man
solche falten hennentrittlein (Schm. 1,503):
sie hat kein alten scheisser lieb,
dem die hanen haben trettn ins gsicht.
AvRER 443* (2229, 15 Ketter).
2) bahn, das männchen bei vögeln.
a) der männliche hühnerartige vogel. bei den groszen dieser
gattung heiszt der männliche vogel hahn , der weibliche henne,
man spricht von truthahn und truthenne, pfauhahn und pfau-
henne, auerhahn «nd auerhenne; im plural, wenn die gattung,
ohne betonung des geschlechts hervorgehoben werden soll, sieht
truthühner, pfauhühner, auerhühner. die kleinern hühnerartigen
Vögel bezeichnet man dagegen gewöhnlich auch im Singular durch
huhn, weil dieses wort eigentlich das junge, kleine des hühner-
volks ausdrückt und zwar ganz ohne rücksicht auf das geschlecht.
11
163
HAHN
HAHN
164
daher birkhuhn, hascihuhn, rebhuhn, Schneehuhn, Wasser-
huhn, troncben birkhuhn und birkhenne, lebhahn und reb-
henne {mlid. rcpheune üb. 1, 626') nur seilen erscheinen, einen
caleculischen bahnen in Afiica oder India . . der sich auf-
geblasen und die rote nasen greulich nicdcrgehengt. Rollen-
iiACEN wahrhafte lügen (1717) 2ü8; den lisch niil einem in-
dianischen hanen zieren. Schuppius 699 ; als wenn sie pfaucn
oder welsche bahnen wären. Happei, acad. roni, 853 ; vgl. auch
fas-hahn unter fasan 3, 1336. Verden die kleinern huhucrartigcn
Vögel ausdrüc/dich nach dem geschlecitle geschieden, so heiszl das
vuinnclien hahn , das u-eibchen huhn (nicht benno) : an färbe
sind sie (die haselliühner) überein, auszer dasz der bahn ein
klein wenig gröszer als das hun. Güchhausen not. vcnal.hO;
wann ihr ein wohl abgcrichtes und zahmes repluihn habt,
so konl ihr euch zu dem gesang odep gelock einer meiner
artigsten invenlionen bedienen , wodurch ein hahn so keck
und sicher wird, dasz er auch das huhn in eurer gegenwart
. . betritt und sich mit ihme paaret, jagds-ergötz. 2, 53.
b) bahn das männchen anderer kleiner vögel, das weibclwn
heiszl hier nicht huhn, sondern sie, sicke: (der linke) ist ein
ziegelrothlicher vogel am bauche, oben aber, zumabln der
bahn, ist grauiicht . . die sicke aber ist biasz. Güchuausen
114 ; der hahn (des rotschtcanzes) siebet der sicke nicht gleich. 111 ;
ich geh und will den hahn (rfer nnise/) zur sie in batier stecken;
die jungen bring ich dir, sobald die alten hecken.
Gellert 3, 461 ;
vgl. finkenbabn, canarienhahn, sperlingshahn; ein zeisighahn.
GöcHiiAüSE.N 110. auch in der diminutiv form hähiicben, baiin-
lein, s. d.
3) bahn von menschen gebraucht.
a) es knüpft dieses bild wol zunächst an das streitbare wcscn
(I, c) des hahnes an, und wie im Reinecke fuchs vom hahne ge-
sagt uird: *
de ander (haue) was em s6r gclik
unde het Cantart, ser koue uuile upricht. 309,
M tpird der kühne, tapfere ein bahn genannt:
darumb ist er ein dapfer han,
und ist unsz ein guter baupiman.
WuR>ER luth, narr 2155;
dem todt zu trotz und widerdries
hinaus zu schwimmen sich bellies.
der todt sähe was er für ein han
an im hat und wolt nicht hinan.
Fuchs mitckenkrieg 2, 315;
do hengt ein hübscher hämisch klar,
den nimpt er [der pfaff) ab und legt in an,
gedenkt, nu bist erst ein freier han,
weil ün ein starken hämisch an hast,
so darf dich nicht ein Jder andast.
Albekus conlrofaclur Bl';
dann auch der hervorragende, in gutem wie im bösen sinne, der
künig unter seines gleichen ist, wie der hahn auf seinem hofe;
unter schalem geht häufig die rcdensart: er ist bahn im latei-
nischen, im griecbisclien (er ist der beste darin); vgl. haupt-
hahn. weniger scharf im folgenden: alles dem spielleufcl zu
gefallen, halten dich auch nicht für einen spilzbubcn und
beimlichen dieb, sondern für einen rechten han aufs spiel,
für einen glückseligen menschen, der einen guten stern und
pianctcn zum spiel hat. sjiieltcufel (l5G4) Eiij"; der graf ist
der rechten bannen einer, der kaiserlicher raajestät im land
groszen schaden erzeigt bat. Immof34; da lauft einer zum
tbor hinaus, der ist der rrchlen bahnen. Götz v. Reiiliciiingen
t. Büsching u. v. d. Hagen (IS13) s. 87; vtjl. hierzu scbnapp-
bahn ; mit diesem gescbmuck allem anzuzeigen, dasz er et-
wann ein feiner hahn und ein feines feistinscidelc und farlz-
flasch werden sult. Garg. Uö'; die zimnierleut, die feinen
banen. 127*. diese brixpiele alle zeigen hahn fast in gleiclier
Verwendung wie keri (II, 4), Ut. 5, 577 ß'., deutlich auch in fol-
gendem: also jung lüt sterben auch vil ec denn die alten ..
ich bin auch ein alter han und bin ietz 61 jar da gangen
und gang noch da als lang gutt wil. Keisersuerg brüsaml.
i, 71*;
«prach, wag bist Tor ein han?
leizt dir di»z nii zu hertzen gähn,
und siehst vor äugen hie den todt?
R. Waldis i:»op 4, 13, 41.
und in noch mehr abgeblaszter Stellung:
I ! ■ liiirii,
UAbkiioan 2, 103,
Oepers zielt aber auch bahn, wenn es von menschen gilt, auf
geschlechtliche lücMigkeü, vgl. oben \,d, sp. 161 und die dort an-
geführte stelle LoGADs;
drum denket, hört er dich den tag verkünden,
jetzt mancher ehcmann
wie Petrus einst an seine Jugendsünden
und seufzt: war ich ein hutui! Blchauer 1, 131;
und aitch Reisersberg kann das im sinne gehabt haben , wenn
er sagt: das betracbt über die allen ben, die alten man
nicht, die elwau dem meitliu ein gab schicken bei eim
jungen kncclil, die gab und der jung gesel ist lieber und ge-
fall ir basz dann der alle han. brösuml. 2, 2l'.
b) dasz unter dem bilde des hahns auch das französische volk
und seine glieder gefaszt werden, verdankt seinen Ursprung dem
doppelsinne von gallus: gallus hane, han, walch Diefe.nb. 257*.
das bild ist schon alt:
0 han, du suchst anschlag und list,
wie du kompst ulT den tvtschen mist,
und meinst denselben auch zerscherren.
Brant nnrrpnsch. 155", 2 Znrncke;
lasz mond und hahn uns lausend übel dräuen [Türkei und
Frnnkrcich). Loiienstbin btumen 23;
wir griffen zu und iliatens kund
bei Waterion, beim scliniien bund —
die wird man ewig nennen.
da haben wir deni walsclien bahn
wohl kämm und sporcn nbgethan,
noch beute fühlt ers brennen. Arndt ged, (1810) 446.
so soll in der folgenden stelle der bahn an das französische volk
und seine freiheitsbestrebungen erinneim: (der kirchweih-maien-
bauni) mit einer rotlien knarrenden freiheitfahne und einem
rothen bahne. J. Palm, biugr. belust. 1, 132.
4) hahn für männliches glied. vielleicht nach 1, d (sp. 16l) und
oben 3, a am Schlüsse: bahn membrum virile Frisch 1, 397';
öfters in der Verkleinerungsform hähnchen. vgl. auch piphahn.
5) bahn auf ßsche und schallhiere übertragener name: von
ersteren heiszen meerlian zeus gallus, seebahn Irigla; von letz-
teren führt Strombus gallus den namen hahn , kanipfbahn, hol-
länd. kempbaan ; anomia vilrea , glasbobrmuschel , bahn und
henne, holl. de baan en ben. NEM^•lCH.
6) dem landwirt heiszl der männliche hanf hahn , der weib-
liche henne. — In Preszburg nennt man bahn den viertheiligen
nuszkcrn , wenn er ganz unverletzt von der schale enlblüszt wer-
den konnte. Fromm. 6, 28.
7) das bild des hahns, als lages- und wellerverkündigers, brachte
man gern an den höchsten spitzen eines gebäudes als Wetterfahne
an, namentlich auch an kirchen, wol mit anspielung auf das geist-
liche licht, was von hier aus verkündet ward, die Wetterfahne
wird daher schlechtweg hahn oder netterhabn genannt. Jacobsson
4,640*; pinnaculum der gipfel auf eim gebew, der hane oder
paner, fiinlin, petasus Dasyp. ; diszes ist der wind der da be-
wegt und kirren machet auf den hohen thürnen die hün,
die fenlin, die engel und kreützlin , so der wind wiiet, so
kerendl sy sich umb und kürrend, und kompl gern ain regeu
hernach. Keisersberg schiff d. pen. 37*.
Jn der technischen spräche hat man den namen des hahns
auf verschiedene einrichtungen gelegt.
8) bahn am fasse: epislomium ein han oder laszzapf Dasvp. ;
er ist ein kleidcrwurm bei dem der gerne zehrt;
ein bahn im tasz bei dem dem bah und gut beschert.
LocAU 3, 218.
bei Keisersberg AJer die nehenform biln: wenn es (ein kind)
einen hivn ufgewint, so louft der wein aller aus. seelenp.h\'\
bei Maaier ebenfalls, aber als neulr. : das haue oder zapf, als
an fassen oder andern dingen, qmlomium 205*. — Jede mit
püs.wikeilcn oder luft gefüllte röhre ist mil einem solchen halmc
versehen; datier bahn an wasserleUungen : pei dem weicbkessel
do ist ein schiedung des was«ers und gcet ein riSre über-
zwerch imler der erden gegen der siechen heimlich gemach
an die Itegnitz, do geet ein stock auf mit einem bannen,
darausz die siechen niilgen wasscr neinen. Tücher baumrislerb.
180.27; geet ein rOre doscibsl in die spitalkuchen mid hat
ein stock neben dem herl mit einem bannen, darausz man
wnsscr mag lassen. 181,26; r/;rri.w bahn an gam'thren, an der
luppumpe.
9) bnhti am gewehr, seit dem ende des 16. jahrh. gebräuchlich,
et ist der bewegliche, ursprünglich in bahnen form gelnldrte Iheil
am gewehrschtusse , der nach vorhergehender Spannung dadurch,
doii man ihn aufschlagen IdsU, feuer erzeugt:
165 tlAHN— HAHNEBUCHß
wie bald der han in tigel schläft,
gieng zwar als an (los) mit schlachten! klapf.
Grobs ausreden bei Haupt 3, 24tj (ton 1603);
ich .. wischte zur thüre hinaus auf den kirchhof, da ich
dann meine gesellen mit aufgezogenen hanen stehen fand.
Simpl. 1, 239 Kurz, die knappe, schon formelhafte redensart heiszl
geradezu so viel nie -schmsfertig' ; präsentirte mein gewähr mit
aufgezogenem halin. s. 255; schrie, ich solle das gewehr ab-
legen, ich antwortete, bei gotl, landsmann, dir zu gefallen
nicht! und zog den hanen über. s. 410; mein röhr muste
ich zum vorrath geladen behalten . . und indem ich mit
überzognem hahn den kutscher hallen und absteigen ge-
raachet. s. 441; liesz ich mein röhr, damit ich feuer auf sie
geben wolle, sinken, und zog den hahn wieder zurück. 2,39;
ein jeder von den fuhrleuten hatte den bahnen aufgezogen.
Stillinc Jugend {n"9) 111; den bahnen gespannt! das.; das
lelzlere war ein mUUärisches commandouorl, das schon im 17. Jahr-
hundert gebräuchlich ist: ziehet den ban auf! kürzer den hanen
auf! oder auch nur: spannt! Böckler ATi<?jssc/m/e (166S) s. 291.
295. 2S9. ein anderer solcher befchl war und ist zum theil noch
bei den Soldaten, die des hahnlosen hinterladers entbehren, hahn
in ruh! um das gewehr aus der schuszbereitschafl zu stellen.
Eggebs kriegs- und rilterlex. (1757) 1, 1134.
10) beim Uhrmacher ist hahn das stück, welches die unriihe in
der uhr bedeckt.
11) hahn, in schraclzhiilten, die körnlein silber, so im treib-
und brennofen abspritzen oder sich am brandstück setzen.
Frisch 1, 397*. plur. bahnen, bergw.-lex. 2S7', aber auch eigen-
thümlicher weise haner: haner und teslkörner ... sind die-
jenigen Silber, so im treibheerde abspringen. Nehbixg histor.-
polit. lex. (1736) anhang 46*. die beziehungen dieses technischen
ausdrucks zu hahn gallus sind unsicher.
HAHN BREI, m., auf den blechhämmern ein brei, weldier aus
Wasser, lehm und kohlenstaub besteht, und worein die bleche ge-
taucht werden, damü sie unter dem schmieden niclit zusammen
schweiszen. Adelung.
HÄHNCHEN, n., diniin. zu bahn, tgl. auch hähnlein:
1) der kleine oder jumje haushahn: auf eine zeit ging das
bühnchen mit dem hähnchen in den nuszberg. kinder- u.
hausmärchen no. 80.
2) das männeben kleinerer rvgelarten. vgl. hahn 2,6 (sp. 163):
das hähnchen eines finken, eines zeisigs.
3) auch von menschen gebraucht:
B. das ist mir wohl ein saubres hähnchen!
A. ein wahres derbes grobiäncbenl Göthb 4, 223;
und scherzhaft zur hervorhebvng des geschlecitls : ich weisz manch-
mal nicht, ob ich ein hähnchen oder sieichen bin. causenm. 81.
4) das männliche ylied, s. bahn 4, sp. 104.
HAHNEBALKEN , m. der oberste querbalkcn unter der dach-
first, wo der haushahn seinen nächtlichen sitz zu nehmen pflegte.
YiL>i.\R 148 ; czu letzt steig ich an einer leiter under das dach
und hing mich met beiden henden an einen hanebalken.
altd. bl. 1, 123 {\5. jahrh.) ; axes, dy hanenbaifcen in domo
DiEFEKB. 64';
sprak ik van eineme hanonbalken,
dar seven hönre up to siiten plegen,
unde ein hane wol vet to degen. Hein, fuclis 1540.
heiäe heiszt im niederd. Iiänebalken auch der oberste theil des
hauses. Schahbach 73\ im Nassauischen wird für hahnebalken
katzengebälk, katzenläufer gebraucht. Kehbei.n 218. vgl. das
folgende.
Brosemcs 2, 19 gewährt die form hainbalkcn , welche gegen
die allgemein angenommene crklärung sprechen und das wort viel-
mehr zu hagen in der bedeulung buschholz, kurzes holz stellen
würde, indes die sonst nicht bezeugte und junge form kann einer
falschen analogie ihre entsteliung verdanken : wie z. b. neben hain-
buche eine form hahncbuche sich festsetzte, so konnte man glau-
ben, dasz auch hahnebalken eine solche entarlung und hain-
balken die edlere form des Wortes sei.
HAHNEBANDER, n. pl. die obersten schrägen bänder des in-
nern dachwerks : sechszehn halbe hanebünder. RClixc beschr.
V. Nardhausen 70; beim holzaufzählen fohjcn nach stärke und
linqe der höher: scchsziger, fünfziger, vierziger, drcisziger
iialken, vierziger sparrcn, ganze haneb.lniler, wipfel. das.
HAHNEBCCHE, HAHNBL'CHE. f carpiuus bdulus, eine aus
hagene-buche, bagcnbuchc ZH^ammeugezoge.^c form. vgl. hage-
buche sp. 140.
HAHNEBÜCHEN— HAHNENFEDER 166
HAHNEBÜCHEN, adj. zitm vorigen, vgl. hagebüchen, bagen-
büchen sp. 140. namentlich in dem übertragenen sinne streng,
grob, in Miltcldeutschland viel gebraucht: ein hahnebüchener
kerl ; eine bahnebüchene kalte.
HÄHNEBLTTE, HAHNBUTTE, f., die frucht der hagerose,
gekürzt aus hagenebutle, hagenbutte, vgl. hagebutte sp. 140:
hahnebutlen wählte B.
aus Pomonens bunten kindern,
leidlich schmecken sie durchTrostet,
doch sie kratzen mich im hintern. Gö^bk 47, 264.
HAHNEHÜFTE, f. die frucht des hagedoms. Nehsich 4,1168.
verderbt aus hagenhiefe sp. 152. und vgl. ferner hanhiffenbaum,
heneheffenbaum, hanbeiffenbaum cornus Diefenb. 152'.
HAHNEKAMM, s. unter hahnenkamm.
HAHNEMANN, m. l) hahn, der mann des hühnervolks:
traurten all die höhnerchen,
da sie nicht tralen an
den lieben hahnemann. Hoffhak^ geseliscli. 171.
2) ein nd. glossar des 15. jahrh. gibt militaris hanemann
Diefexb. 361% das fuszt wol auf hahn no. 3 {sp. 163) und be-
zeichnet vielleicht schon früh und ironisch einen sich sehr kriege-
risch gebührenden menschen, datier ist hahnemann Spottname, i. b.
in Schleswig für den Dänen, die kinder singen dort
Hannemann kommt von Jütland an;
in dem wol über ganz Deutschland verbreiteten tolksreime aus dem
märchen von den sieben kriegerischen Schwaben:
Hahnemann, geh du voran,
du hast die wasserstiebeln an,
dasz dich das thier nicht beiszen kann.
auf solch spottenden sinn kann vielleicht der viel verbreitete eigen-
name Hahnemann zurückgehen, wenn auch die müglichkeit nicht
ausgeschlossen ist, dasz Htm ein älteres Hagene-man zu gründe
liegen könnte, das diesetbe bedeutung hätte, wie der ahd. eigen-
name Hagandeo, Heindeo (Fübstemax.n 1, 57S).
3) hahnemann verscitämte abdnderung des Wortes hahnrei:
hahnemänner. herl. triumphwagen 25. 29.
HAHNEN, veib. zum hahnrei machen, eine von Opitz gewa^e
und nur von Logaü nachgealtmte bildung :
wie oft ist reu ankommen
den lieben feuergott, dasz er geollenbahrt
Gradiv die eigne schmach, als er gehahnet ward,
das bahnen köropt von dir. Opitz 1,91;
denn ehbruch, diebstal bleibt, man hanet nur die leute.
LoG.\u 1, 4(5, 79.
HAHNENBART, »?». palea, das läj^chen am halse eines Hahnes.
Steixbach 1, 68.
HAHNENBENGEL, m.: was sollen dünne leffzen, ob schon
ihre küss besser angehen, so seinds doch böse beffzen. o
leffzen her, darvon man mit keim baurenkegel, geschweig
eim hanenbengele ein stuck abwürf. Garg. 250'. vielleicht ist
hanenbengel nur entstellt aus hanbengel für hagenbengel und
bezeichnet den zaunpfahl ; vgl. unter bengel 1,1471 die stelle aus
Keisersberg christl. bilg. 120.
HAHNENBLÜT, n. blut eines hahnes: hanenblut nimpt die
fläcken der äugen und ammälern mit wasser aufgestricben.
Heuszlix voqelb. Sl'.
HÄHNENBRÜHE, f. brühe vom kochen eines hahnes: junge
hanenbrüien ist denen gut so die rot rur habend . . alte
hanenbrßien macht den stfilgang. Hecszlix so'.
HAHNENEl , n. nennt das volk im Güttingisdien und ander-
wärts die misgeslalteten hOhnereier. man glaubte solche eier hätte
der hahn gelegt und aus ihnen entwickele .^ch ein basilisk. dann
bezeichnet man auch durch habnenei scherzhaft etwas wunderbares,
unglaubliches.
HAHNENFEDER, f. Schwungfeder eines hahnes: zwo goldgSl
bahnenfädern. Heuszlix rogelb. 78'. vielfach als schmuck auf
die kopßedeckung gesteckt:
hab nun mein hosen lassen flicken,
und nechtcn mein stiel'el geschmiert,
mein hut mit einr hanneuledern ziert.
H. Sachs 2, 4, 30*;
und hat ein Trischen Treien muth,
drei hannenfertem auf seim hut.
Atrer foitn. 73« (2705, 19 Keller);
die hnhnenreder auf dem hut. Görni 12,79;
characteristischer schmuck am hüte des teufeis:
hast du vorm rothen wamras nicht mehr respect?
kannst du die hahnenfeder nicht erkennen? 12, 127.
jemandem eine hahnenfeder setzen, ihn zum haiinrei machen,
die redensart soll das derbe und grobe, was in hahnrei liegt,
11*
167 HAHNENFLEISCH — HAHNENGRUßE
HAHNENHAFT — HAHNENPFÖTCHEN 168
verblümen und mildern , gleichsam nur daran anklingen : wann
ich gelegeuheil halte, setzte ich euch zur revange auch noch
eine hahnenfeder auf den magislershut. interim 196. das heim-
liche anstecken einer hahnenfeder an das gewand eines andern
icar dalier ein schimpf: in einer fürnehmen residenzstadl hat
einst .. ein barbierer einem pagen .. heimlich eine hans-
feder aufgesteckt, als nun dieser, dessen unwissend, damit
über den marcht gegangen und ihme, wo er gehet, von den
jungen und knaben nachgekrähel wird, verdreusls ihn heftig
. . nach wemg tagen steckt ein ander und nicht dieser page,
dem barbierer eine hanenfeder hinten auf den niantel. als
diesem nun auf der gassen auch nachgekrähel wird , erzür-
net er sich also heftig, dasz er nach hause läuft und den
ersten pagen . . alsbald ersticht. Wesenigk böse spielsieben
(1702) S. 77. 7S.
HAHNENFLEISCH, n. fleisch vom hahne: so einer den rotz
oder ein wässerig geblüt hat, sol er warm gebraaten hanen-
fleisch assen. Heuszlin rogelb. 80*.
HAHNE.NFUSZ, m. l) fusz eines habns. gern auch bildlich
gebraucht, um schlechte schrißzüge zu bezeichnen: er schreibt
hahnenfüsze; meinethalben möchte ein buch, wie die 'kritik',
mit hahnenfüszen geschrieben sein, wenn es nur sonst an
gründlichkeil und fasziichkeit dadurch gewänne, lassen diese
sich mit Schönheit vereinigen, gut ! wo nicht, so mag diese
meinetwegen reisen, so weit sie will. BIjrgeh 491'. dieses bild
ist all, ähnliches schon bei l'laulus:
an opsecro hercle iiabent qiias gallinae manus?
nam has quidem galliiia scripsit. Pscuditlus I, I, 29.
2) hahnenfusz, gewicht von sechs krinnen, wegen der ge-
stalt des eisens an der wage. Staldeii 2,12; eine krinne ist
48 loth, . . ein hahnenfusz ist 6 krinnen. Lehmann u. Deters-
HACEN palriot. magaz. von u. für Bündten (Bern 1770) s. 134.
3) name zweier pflanzen: ranunculus Nemnich 4, 1120 und
panicum crus galli 4, 844, letztere pflanze auch hahnenbein ge-
nannt; Iterba scelerata hannenfusz Diefenb. 641';
liebstöckel, haanenfusz, weidschwerlel.
W'eckherlin 759;
da find ich auch taubenkröpfel,
ebrenpreisz und banenfüesz,
wisenkraut und engelsüesz.
geisit. scliäferin [München 1650) s. 588.
dim. hahnenfüszel ist der name der anemone nemorosa, die sonst
auch waldbahnenfusz, aprilhahnenfusz, waldhähnchen heiszt.
HAHISENGALLE , f. galle vom hahn : hanengail, fürausz
eines weiszen, in wasser gesetzt und an gestrichen, nimpt die
fläcken der äugen und scherpfl das gesiebt. Heuszmn nojf/ft. 81*.
HAHNENGEFECHT, n. kämpf zweier hahne: die Engländer
ziehen häufig hähne auf und finden ein besondres ver-
gnügen an den bahnengefechlen. Amarantiies frauenz.-lex,
(1773) S. 1273.
HAHNENGEHÄÜSE, n. im bergwerk gehäuse um den wendungs-
hahn einer wassersaulenmaschine. Jacobsson 2, ISS'.
HAHNENGEKHÄH, n. gallicinium: stark hahnengekräh unten
im dorf ; bekommen ander welter. Fb. Müller 3, 291.
HAHNENGESANG, m. und n. gallicinium: auch bezeichnung
der betreffenden zeit: so tag und nacht» scheidet, gond sy (die
h/ihne) gen schlaafen; drei stund vor mitlnacbt kräyend sy;
umb millnachl aber umb die dritt stund tiumd sy das
widernmb: drei stund nach mittnacht abermals: welche zeit
man darumb das banengsang genennt hat. Heuszlin dojp//». 76'.
HAHNKNGESCHHEI, n. gallicinium:
wir krallten wie die hähne,
und kamen leute vorbei,
kikerekah ! sie glaubten
e« wäre liabueiigegchrei. Heins buch der lieder;
«n zeichen des anbrechenden morgens: indem hatte sich die
zeit bi.«z in die millernachl verlaufen und gescbichet, dasz
bei erhörtem haariengeschrci sich das glück wendet. Ernst
confecllafel 494; daher bildlich: die gpubrcn der Verwesung
ihr (der leiche) schmuck und dus erste hahnengeschrei zur
auferAlebung. Claudius 2, 7.
HAHNENGLOCKE, /. das hahnengeschrei unter dem bilde der
den morgen verkündenden glocke: würe es doch wieder morgen,
wie werde ich die hahnenglockc zchlen ! (d. h. die teil bis
dahin), interim 13S.
HAH.NKNGItl BE, f. grübe oder verließer räum, worin hähne
k'lmyfrn ; im folg. veräcluliclie bezeichnung einei kleinen theatert:
riicKC iKihncnenibe,
fallt il« die ebnen Kraiikreicfii?
ScHLKttKU Sliakcfp., Ilcinr. V., chorus 1.
HAHNENHAFT, adj. nach arl und weise der hähne.
HAH.NENHAFTlGKEiT, f.: ihre zoten seien nur wie die
krankheit der hühner, wenn sie anfangen zu krähen, ohne
gleichwohl durch solche Stimmübungen jemals die rechte
hahnenhaftigkeit zu erringen. Immermann Mnnchh. 1, lio.
HAHNENHIRN, n. geliirn vom hahn: hanenhirn mit wasser
und essich vermengt, und pfäffer darzü gellion, ist denen
seer nutz, so von einer hecknatern verletzt sind. Heuszlin Sl'.
HAHNENHODEN, f. plur. die hcdcn eines hahns; nach der
ähnlichkeit auch name der fruchte mehrerer pflanzen: a) der
kornelkirsche, cornus mascula. Nemnich 2,1226; b) einer pflau-
menart, pruna amygdalina.
HAHNENHÖDCHEN, -HÖDLEIN, n. dim. zu dem vorigen:
gebrannte hanenhödlin sollend die üssen , so stüts an das
bett harnend. Heuszlin Sl'. auch die früclite der rosa canina
heiszen babnehödchen , hahnenhödlein. Nemnich 4,1168, an
andern orten hahnenklülclien; ferner die früchlc des spindel-
baums, evonymus europaeus , hier haben auch die verderbten
formen hnhnenbütlein , bahiienröthen, neben hahnenklöschen
statt. Bechstein forstbolanik (iMO) s. SOS.
HAHNENIIÖDLEINBAUM, m. spindelbaum, evonymus. Friscb
1, 397'. sonst auch halinehütleinbusch. öc. lex. 2330.
HAHNENKAMM, m. 1) cnsla galli: hanenkamp, hannen-
kamp, hanekamp, bannekamp cn«/a Diefenb. 158*; der kirch-
Ihurmknopf gleichsam der hahnenkamm des thurms. J. I'aul
0. Fixl. 207. unter schulspiclen bei Trüchüs D 4' wird aufge-
führt succollare hanekam tragen.
2) nach der ähnlichkeil der form name mehrerer pflanzen:
a) rhinantlms crisla gallig, Idusckraul, rödelkraut. Nemn. 4, II0I;
b) bidens tripartita, wasserhau f , yabelkraut. 1,606; c) celosia,
gartenblume, zur familie der Amaranihen gehürig. 2, 930 ; d) cy-
nosurus cristalus, kammgras; e) am häuflgslcn meierkraut, eine
wildwachsende, eszbare pflanze: maier, maienkraut, meier, oder
hahnenkamm. Oc. lex. 1570; /) iw lande ob der Ens heiszt auch
der corallenschwamm, clararia coralloides bahncnkamp. Nemn.
3) name einer muschel, mylilus oisla galli. Neun. 3, 695.
4) der oberste erhabene halmenkamtnfürmige theil des siebbeins.
Nemn. 2, 1280.
HAHNEN KAMPF, m. 1) kämpf zweier hähne, in verschiede-
nen ländern , namentlich auch in England, nalionalbelustigung,
die hähne werden dafür besonders gezüchtet.
2) name einei- pflanze, verbena officinalis.
HAHNENKOI'F, in. 1) köpf des hahnes.
2) wie hahnemann sp. 160 verschämte abdnderung von hahn-
rei: ob das wcib süiuiige, wann sie solcher geslalt ihrem
hanekopf durch den sinn fäbiel. Abele künsll. unordn. s. 84.
3) bahnenkopf heiszl bei einigen anatomicis dasjenige slück
des menschlichen leibes, durch dessen beide äugen oder
mundlücher der syame in die harnruhre dringet, heiszet
also nicht um der gleichheit willen, sondern wie eine quelle
das haupt eines bacbes heiszt, wo etwas anfängt. Frisch 1, 397'.
4) hahnenkopf, ein kraut, onobrychis. Frisch das.; gelber
hahnenkopf, galetfsLi galeobdolon Nemnich 3, 14.
HAHNENKHÄII, m. gallicinium: der hahnenkräh wird den
faulen inägden nicht lieb sein. Fischart gioszm. 126.
HAHNENKUAliE'S , n. gallicinium. pers. baumg. 1,29; und
es ward getan um das hanenkreen, Ruguel gebot ze rufen
seinen knecblen. bibel I4s:t, 22.')* (Tob. 8,11).
HAHNENKUAT, m. gallicinium, mhd. hanknU, haneknil üb.
1,869': der teulel habe von gott dem hcrrn einen theil der
erde gefordert und dieser in so weit drein gewilligt: das-
jenige stück lands , das er vor hahnenkrat mit maucr um-
schlossen habe, solle ihm zufallen. Grimm deutsclie sagen (i.aufl.)
1, 237;
gieng heim schier um den hnnenkrnt.
H. Sachs 3, 3, 56*;
des nachics iimh den hancnkrat
musicn sie all aiirsiehun drat.
U. Waldis £»()}) I, 7<i, 3.
HAHNENKHOPF, wi. der kröpf des hahns ; auch eine pflanze,
galeopsis galeutnlolon , gelbe hanfnessel , gelber hahnenkopf. Nem-
nich 3, 14.
HAIINENLIED, n. gallicinium:
der freigewerlio
ollrogsarokelt bot rruhein hohneiiliede.
Halo bei Campe.
HAHNENPFÖTCHEN, n. die fruclU des ijündelbaums , sonä
hahnenhödchen, CAHrE.
169
HäHNENRUF — HAHNENTRITT
HAHNENWECKER — HAHNREI
170
HäHNE.NRUF, m. gaUicinium; zeichen des anhrecltenden mor-
gens: wir zechten bis zum zweiten hahnenruf. H.L. Wagner
Mach. 49;
ist es wahr, was mir begegnet?
oder träum, der mich bethörl,
wie er oft den armen segnet,
und ilim goldne berge regnet,
die ein hahnenruf zerstört? Borger T3*.
HAHNENSANG, m. gaUicinium :
so naht er in der finsterniss,
und weicht vor bahnensang. Stolberg 4, 169.
HAHNENSCHLAG, m. ein spiel; es gilt mit verbundenen äugen
einen topf zu zerschlagen, ein darunter steckender hahn ist der preis:
zum fröhlichen anfang wollen wir geben
einen lustigen hahnenschlag.
KoTZEBUB dram. sp. 1, 305;
zum hahnenschlag gehörig :
da ist der hahn, der topf, der stecken,
und auch ein tuch für die blinde kuh. 1, 306.
HAHNENSCHREI, m. gaUicinium: der hahnenschrei ist den
wandelnden geislern, was den Soldaten der Zapfenstreich, sie
müssen dann nach haus gehen. Brentano jründunj ftags 419.
in der gekürzten form hahnschrei: diese götter vertragen nicht
das licht des geistes. sie weichen vor ihm wie die gespenster
beim hahnschrei. Kritzler humanitdl u. chrislenthum 2, 100.
wie hahnenruf, hahnenkrat «. a. Zeilbestimmung für die an-
brechende morgendämmerung : ir wisset nicht, wenn der herr
des hauses kompt, ob er kompt am abend, oder zu mitter-
nacht, oder umb den hanenschrei, oder des morgens. Marc.
13,35; in der nächstfolgenden nacht vor hahnenschrei. Grimm
deutsdie sagen {Lauft.) 1,232; die stunde des ersten hahnen-
schreis war gekommen. Klinger Sahir (1798) s. 128.
Man sagt: zum dreikönigstage hat der tag um einen hah-
nenschrei zugenommen , hier drüclü also das worl ein recht
kleines zeitmasz aus. vgl. auch hahnenschritt.
HAHNENSCHRITT, m. schritt eines hahnes, ausdruck für an
ganz geringes masz an räum und zeit:
wie nun der bahn sieht auf ein seit,
kaum eines halben hanschriits weit,
eins edelsteins wirdt er gewar. E. Albkrüs p. 1 ;
nach neujahr nehmen die tage um einen hahnenschritt zu,
sagt eine baurenregel. hanschritt passtis gaUinaceus Stieler 1931.
HAHNENSICHEL, f. die sichelförmige scJiwanzfeder eines hah-
nes: mit dem grünen hüte und der langen hahnensichel
drauf. Zingerle kinder- u. hausmärch. aus Süddeutschi. 201.
HAHNENSPAT, m. an beiniger austvuchs an der innern seile
des spiunggelenks der pferde, der idbmung oder hinken verursacitt.
Nemnich «.'6.
HAHNENSPORN, m. der sporn am fusze des haJines; dann
auch von der ähnlichkeit als pflanzenname: des Crataegus crus
gaUij der fumaria bulbosa, und der impatiens balsamina. Nemnich
2, 1269. 3, 223.
HAHNENSTEIGEN, n. das stägen auf eine klelterstange, wo-
bei es giU , einen auf derselben angebttndenen hahn zu erlangen,
ein beliebtes volksspiel :
im sommer stecket ir {bauern) die maien,
habt kirchwei, hochzeit, tanz und raien,
kugeln, hannensteigen und laufen. H. Sachs 2, 4, 2*.
HAHNENSTEIN, m. aleclorius lapis, durchsichUger biauner stein,
den man im magen aller capaunen finden soll, bergw.-lex. 282'.
HAHNENTANZ, m. ein welUanz, dem besten tänzer kam ein
hahn als preis zu; vgl. hahn 1, e. sp. 1G2; man unterschied einen
allen hannenlanz fastn. sp. 580, und einen kurzen hannentanz
715; darnach sein etliche, die sitzen in der kirchen zusam-
men und haben ein heimlichen anschlag, wo sie nachmittag
wollen zum wein gehen, wo und an welchem orlh man den
besten wein schenke, ob man newen oder virnen schenke:
item, wo man ein abentlanz oder sonst ein hanentanz werde
anrichten. Keisersherc aarrensch. 465 Scheible.
HAHNENTAUBE, f. columba nicobarica. Nemnich.
HAHNENTOPF, m. die pflanze onobrychis. Hederich 1196. sie
heiszl sonst hahnenkopf, s. d.
HAHNENTRITT, m. l) der steife gravitätische gang des hah-
nes; gern auf geckenhafte menschen angewendet: den geckenhaf-
ten schönthuenden hahnentritt und slulzerlauf. Arnim 2, 198 ;
wie er in lächerlichen hahnentrilten vor meinem fenster
vorüber trippelt. 2, 230. auch von dem am rückenmark leiden-
den wird gesagt er hat den hahnentritt.
2) Pferde haben den hahnentritt, trenn sie in folge einer krank-
heil iies Sprunggelenks lahmen und steif gehen.
3) «ne pflanze, anagallis arvensis, sonst gauchheil. Nemnich
1, 256.
4) hahnentritt , ein kleiner narbenfOrmiger kvrper auf dem
häutchen des dotters. hier geschieht die befruchlung des eis.
HAHNENVVECKER, m.: hahnenwecker, ein frühstück derer,
so bis zum hahnenschrei lustig gewesen. Frisch I, 397*. da-
für auch die form hahnewacker: hahnewacker, ein spätes
essen, das man den dienstbofen zuweilen zu geben pflegt,
wenn sie sehr Deiszig gewesen sind und ihre arbeit über
die gewöhnliche zeit hinaus gedauert hat. St. Schütze unsichlb.
priaz (1812) 1, 209. in Halle hört man das noch mehr verderbte
hahnewackel.
HAHNENWITTIG, ni. anagallis arvensis, gauchheil. Nemmcii.
HAHNEPAMPEL, nj. Schimpfwort für einen haltlosen, hin und
her fahrenden und zappelnden menschen, wie hampelmann, hans-
wurst. der letzte theil des Wortes kUngt an ital. bambola puppe
an; der erste theil desselben ist dagegen in dieser Verbindung
schwer zu verstehen ; bildete man vielleicht eine zappelnde glieder-
puppe als Spielzeug in der form eines hahns? denn bammeln,
bampein , pampeln heiszt sonst zappeln , sich hin und her be-
wegen, vgl. 1, 1096. unser junger graf Ronrad hat einmal
wieder schlimme streiche gemacht , ihr werdet das saubre
früchtchen heut noch sehen, ein rechter . . hannepampel.
Arnim kronenw. 1, 406.
HAHNERN, verb. coire, vgl. hahn 1, d .</). 161: die Studenten
suchen gelegenheit, wie sie eure weiber oder töchter frei
sicher und ungehindert besteigen und hahnern mögen, herrl.
triumphwagen 53.
In anderm sinne wollte .Moser hähnern als Übersetzung von
coqueUieren vorschlagen {patr. p/ion/. 4, 108); er gieng , wie das
auch beim franz. coquetter der fall geicesen ist, von dem auf-
merksamen und verliebten gebahrcn des hahnes gegen die henne aus.
HAHNESPFLICHT, f.:
sind kapaunen, leisten keine hannespflicht.
LoGAü 2, 18(>, 50.
HAHNGESCHREI, n. gaUicinium: sein (des Schulmeisters)
hahngeschrei im wirihshause sollte den verläugnenden Petrus
ins bereuen hineinkrähen, i. Paul leben Fibels 177.
HAHNICHT, adj. more gallorum. Stieler 750.
HAHNTN, f. henne; nne von dichtem verwendete form, wenn
sie der henne persönliche geltung verleilien, indem sie sie als ehe-
frau des hahns hinstellen :
mit seufzen die frau hahnin sprach.
VVeckherlin 804.
HÄHNLEIN, n., wie hähnchen, kleiner hahn; auch das männ-
dien kleiner vögel {vgl. hahn 2,6 sp. 163): das hühnlein {des
rotkehlchens) siebet der sicke gleich , auszer dasz das erste
etwas schwärzere füsze als jenes hat. Güchmacsen notab.
venat. 110. endlich auch vom menschen: nun, unser hänlin
liesz sich wol an. Carg. Hl'.
HÄHNKER, f!i. ein schwärm bienen, welcher auf ein von an-
dern bienen verlassenes geu-irk gesetzt wird. Nemnich. das wort
ist in füederdeutschland üblich.
HAHNREI, m. l) der mann, dessen ehefrau ungetreu ist. das
worl ist nur hochdeutsch, dän. schwed. hanrej ist erborgt, es er-
scheint zuerst im IG.jahrh: curruca dudendop. hanrei Diefenb.
164'; cornuti nobis sunt hanrey. facet. facel. 259; das weib
auszfüren wie ein hanrei. Matiies. katcchism. IGl. auf die
ursprüngliche form des worles hahnreie werden wir eben so ge-
führt durch den gen. dat. sg. u. den plur. hahnreicn : eines armen,
bucklicht und lahmen hanreien. Chasmindo seitvcrtreiber 100;
es gibt viel hanreien. Schaubühne engl. u. franz. com. 1,253;
sie sind hanreien in der einbildung. das.; die brüderschaft
der hanreien. 1,255; als durch die starke neben form hahare'ier:
hanreiher Stieler 1578; indem. ich .. die allerholdseligste
Jungfern mit eiszgrauen eifersicbligen hanreiern verkuppele
und beunseelige. Simpl. 2,141 Kurz; durch eine solche kalte
geldliebe entspringen so viel hanreier und hanreimacher.
RiHLMANN streit der ehre u. liebe 307. neben hahnrei hat sich
häufig die form hahnreh, hahnreg geslaUel: hanreh ß. Ring-
wald /. «'. 185; qui subsessorem patitur sui matrimonü,
Germani nominant einen hahnreg. facet. facel. p. 164; zum
stundruffer {wurde unter den Ihieren erwählt) ein haan oder ein
haanreh. das letzte wurde mir widersprochen , weilen der
haanreh nicht gern kiäet, sondern als ein Cornelius man
suetus tacilusque schweiget. Abele künstl. unordn. 2. 309 ; und
man bringt den letzten theil des Wortes mit reh caprea zusam-
men: hengt {als wirtshausschild) ein reh und druff einen
171
HAHNREI
HAHNREIFARBE — HAIN
172
banen, so heist die hcrberg zum hanenreh. Zinkgref apophlhegm.
(1C53) 3, 40. Steindach 1, GS" gewahrt die form lialinerei.
Der umflauii dasz das yrammaluiche Verständnis des u-orles nach
und nach erlosch, brachte manche neue, oft seltsame elymoloyien
auf, ton denen eine noch von SciiMEr.LER 2, 198 vertreten worden
ist: bahniei von dem fianlzüsischen Henri, damit die teut-
schen die franizen aiifzielien, vcrmutlilich lieinihrend. Löbers
Owenus (lü6l) 1, 63. aber noch bis in die ersten Zeilen des 18.
jahrh. war der eigentliche sinn i/c? uvrtes erkannt, z. b. von
H. J. V. Brau.nschweig , der in seiner comödie 'weiberlist einer
ehebrecherin den genarrten ehemann Gallichüiaea nennt (scliau-
spiele s. hh'3) ; halinrci est vocabiiliini ratione originis mere
germanicum, qiiod . . a voce lialin et reye, li. c. cliorea
tantz . . descendit. Pistorius thes. paroem. 5 (IIIC) s. 396. in
der Ütal enthalt der letzte tlieil des wortes reie orfer rcicr den
begriff länzer, wie sicher durch folgendes bewiesen wird :
wer lyden mafr das man in göich,
oder man inn die schnell im scicli,
oder setzt liorner iilF die oren,
der lial ein revRen mit den doren.
'IJRANT narrtuacit. v. Znrinkc .'5.34 note.
das li. jahrh. bezeichnet sehr gern das innige verbunden sein inner-
haU) einer genossenschaft unter dem bilde eines lanzes oder reigens:
ich bin der drii, der liie wol ziert,
und disen iiarrenreycn licrt. Murnkr hith. narr 9"0;
hahnreie, liahnrcier ist demnach der, der einen reigen der hähne
mUmacht, in die genossenschaß der hihne gehört, der iiahn, als
geiler cogel, ist zwar zunächd vorbiUl fiir einen unzüchtigen men-
schen (sp. 161), und Matiiesius braucht halinrci in der that für
einen geschleditlich ausschweifenden: darumij sie {die Rötner) auch
lose und Icichtferlige Icule quadianlarios ncnneten, wie wir
eine oder einen haiirei, ein hellermann oder hellerhürre
nennen. Sar. 176. abei- wie kuckuck , der vogel der in andere
nester seine eier legt, in Verwirrung des eigentlichen begriffs auch
das bild abgibt für einen mcnsdien dem eine eheliche unbill wider-
führt, so musz hahn hier in gleichem sinne genommen werden.
die sprichwörtliche redcnsart: in eines andern bahns nest seine
eier zu legen Happel acad. rom. 599 zeigt wie sich dieser sinn
ausbilden konnte.
Das Wort erscheint häufig zumal seil der 2. hJlße des 17. jahrh: :
man saget viererlei personen müssen sich für vier andere
fürchten, ein räubcr für dem schorfricliter. ein dieb für der
wache, ein geiler und untugcndhaftcr für dem der ihn
schätzet, und ein wissenllicher williger hanrei fiir dem ru-
mormcister. pers. rosenthal 1, IS; werd ich aber darüber ein
hanrei. Abele künstl. unordn. 1,190; euer fürstl. gnaden ge-
ruhen gnädig Überbringern dessen so lang anzuhalten, bisz
ich ihm ein paar hörner aufgesetzel und zu einem hoch-
trabenden hahnrei gemacht habe, er ist dieser ehren fähig
und würdig. Happel acad. rom. 350; der junge herr soll
meinen staar kriegen, das ist ein staar! er kann ew. gnaden
in dreierlei sprachen einen hahnrei hciszen. Habener satircn
3 (1757) s. 42; die vorslellungen , dasz er ein hahnrei sein
könnte. 4, i:8; .«ie {die mndchen) nehmen jenen (einen alten
mann) ohne bedenken, im festen Vorsätze, ihn auch ohne
bedenken zum hahnrey zu machen. Lessinc 2,483; armiith
macht eben so viel hahnreie als diebe. 11,748; binnen vier
und zwanzig stunden war er licbhaber, bräutigam, ehemann,
hahnrei, patienl, und wittwer. GötiieIO, 29; witzige und saty-
rische masken sind sehr selten , . . . doch sah man einen
pulcincll als hahnrei. 29,243;
wo die winhe hahnrei sein,
kehren gern die gäslo ein.
i'isTORius Ihet. pnrocm. 5, 390;
so ists der der ein hahnrei ist. Wehmickk 254;
und jeder hicng der richtcr dann
ein loses wort fiir ihren hahnrei an. Lessikc 1, 120;
es war, mein scel! wohl mehr hailoh,
mit Kuth.ieha zu liehcln,
und Ihren armen hahnrcili so
zur weit hinaus zu hiihcln. llÜRCEn 49*;
b6ir dal der galgen da! der hahnrei in der mitten 1
GöTHK 7, iHi;
du hast mich doch trotz ollen schlAgen,
dasz du dich ott nicht konntest regen,
trotz aller vorsieht, aller wacht,
lu einem hahnrei doch gemacht.
Ti«cit Imu. Oriav. 2. I. uiif:.
Ab tclämpfwort in abijrißlatztem sinne verwendet, wie auch hure
(f. d.) togar alt iialbet kosewori dient; eine frau sagt zu ihrem
manne:
ich arme bin bemüht und fresse schjmmlicht brot,
du haanrei seufTust nur und weist von keiner noth.
Rachkl suI. 6.
2) hahnrei heiszt auch eine gehörnte Schnecke, murex comutus.
Neh.nicii 3, 639.
3) in gegenden NicderJeulschlands (Mecklenburg, Pommern, im
Göttingischen) führt ferner ein kartensj)icl den namen hahnrei.
es findet sich auch im Dänischen als hanrei. Molbecii dial. lex.
ilAHNHElFAHBE, f.: durch eine geringe und unmerkliche
bewegung wird der schöne cindruck des feuers und gokles
in die empfindung des kolhigen verwandelt, und die färbe
der ehre und wonne zur färbe der sch:inde, des abscJieus
und missbehogens umgekehrt, daher mögen die gelben hüte
der bankerottirer, die gelben ringe auf den mänteln der Juden
entstanden sein; ja die sogenannte bahnrcifavbe ist eigent-
lich nur ein schmutziges gelb. Götue 52,314.
HAHNKEIHISTOIUE, f: niemand weisz die kleinen hahn-
reihistorien so gut wie L. zu erzählen. Rabener 5, 166.
HAHNHEIMACHEN, n. das madien zum hahnrei: so konnte
dieses hahnrciinacben sehr leicht und bald in Circassien zur
mode werden. Klinger Sahir (179S) s. 201 ; dasz die so un-
schuldigen Circassier selbst anfingen, an dem hahnreimachen
geschmack zu linden, s. 289.
HAHNHEIMACIIER, m. der einen andern zum hahnrei macht:
hanreimachcr sive hornmacher, subagilator alienae uxoris Stieler
1103; durch eine solche kalte geldliebe entspringen so viel
hanreier und hanreimachcr. Hihlmann streit der ehre u. liebe iOl.
HAHNHEINUSZ, f. corylus cornuta. Nemnich wb.
HAHNHEIOHDEN, m.: ihm ein diplom einzuhändigen, das
ihn mit allem respect so in den groszen hahnreiorden recti-
figiert. Fr. MIjller 3, 219.
HAHNHEISCHAFT, f: hahnreischaft ist die vornehmste
zunft. PisTORius </icsa«r. ;)flrocm. 5,390 no. 88; ein mann, der
einmal seine frau eine ehebrecherin nennt, steckt sich selbst
das hörn der hahnreischaft auf. Knigge umg. m. m. 2, 53 ;
die rillerscliaft des Artus zu verbinden,
ersann er selbst getrünlie voller kraft;
die königin, um gleichfalls' zu erlirulen,
erfand beim spiel des köiiigs liahnreischaft.
Hagedorn 3, 44.
HAHNREIWESEN, n.: aber, wenn dieses ewige hahnrei-
wesen kein übel ist, warum fürchten sich unsere männcr
so schrecklich davor? Klincer Sahir (1798) s. 196.
HAI, m. squalus carcharias, haifisch, vi. haai, dän. hai, schwed.
haj, ein erst um die mute des vorigen jahrh. in das hochdcutsdie
aufgenommenes wort:
bald werdet ihr im meer der haicn, am gestndo
der aaren beute sein.
Hamler geil. (176(1) s. 10» (1772 s. ttO);
und dräuend wies mir die grimmigen zahne
der entsetzliche hai, des meercs hyäne. Schili.kb 64";
und die kinnlade eine.s haien
für euch als butideslade passl,
das mordgebisz in stachelreihcn
das heilige gesctz umfaszt.
Lenau Savonarola (1844) s. 42.
HAIDE, s. beide.
HAIFISCH, «1., was hai, squalus: sie könnten vielleicht ans
dem fischfange ergiebigere nahrung ziehen, und dem hai-
fiacbe nachstellen, der die Zugänge ihrer riffc belagert.
Cuamisso «wie (1852) 1,197; im Innern der gruppe Eilu wur-
den vom schin'e an verschiedenen lugen zwei haifische ge-
angelt, s. 221; ein haifisch von auszcrordentlicher grösze bisz
indessen an der angel. s. 225;
wolfeszahn und kämm des drachen,
hcxenmumic, gaum und rächen
aus des hailisclis scharfem Schlund.
Sliakenp. Mach. v. SciiLECKL 4. auf:
der Wassermann hei blit/essrhein
taucht auf in dunklen naclitrn,
der hailisch aclinappt, diu muvcn schroln —
das ist ein lustig rechten 1
KiciiRKnoiiFr ged. (IS65) 1. 15.
HAIFISCHFANr,, m.
HAIFISCIIKI.OSSE, f. ßosse eines haifisches.
HAIFISCIIZAIIN, m. .■ ob eine minute den madcnzahn oder
ein Jahrhundert den hainschzahn nn eine weit setze, das ist
einerlei, i. Pail uns. löge 2, 169.
HAIN, m. nemus, lucus. sdion frühe taucht für hagcn .71. H9
(lif form liain auf, die .»iVA aus erweichung der quituralis ijrhil-
dil hat; bis zum 15. jahrh. noch selten, doch iriw.v/ Förstkuai.n
2,630 .iclion aus dem h. jahrh. Heinbach. ans dem II. Heiu-
bahc für und nrhni M ' !■ II ...i..,i, „„.;, .,„. ,,nrm
173
HAIN
HAIN — HAINBUCHEN
174
anscheinend sdchsisdien glossar des 13. oder 14. jahrh. hat haen
dumtis DiKFtNB. 192'; auch im südlichen MitleldeuUchland in
einem wildbanne von Dreieich bei Frankfurt a. M. ans dem jähre
1338 ist hain für hageu ycselzl. weislh. 1, 49S; im IG. jahrh.
fcird die form häufiger , setzt sich aber in einyeemjler bedeuluny
fest, indem es gewöhnlich nur den sinn gebüsch, gehöh, wald
(hagen 5, 5p. 151) in mehreren schallierungen tciedi-rgibl, Ldtiier
namenllich braucht es vielfach; die bedeulung umhegter ort, stalte
(liagen 4, sp. 131) erscheint dann, wenn das trort als letztes glied
zusammengesetzter Ortsnamen dient, in Falkenhain, Groäzeokaia,
Llclilenliain, Ziegeniiain u. a.
1) ganz mit wald berührt sich bain : gelinget ime das er
schuszet , so sali er ryden tzu dem haine in eines forst-
meisters husz, da sali er ßnden einen wissen bracken. weislh.
1, 502;
du öder hein !
du wilde Wüstenei! Fleming 403;
0 dann verberget noch, ihr schauervollen haine,
den überbliebiien rest der modernden gebeine. Cronegk2, 4;
kaum zeigte sich Pliöbus mit heiterm gesiebte,
als tausend gpschlechter vom bergigten hain
erschienen, um bei der Versammlung zu sein {wal'högpt).
LicHTWER fab. 1, no. 11;
und jeder ehmann schwur, dasz in der ersten nacht
er (Pill eremil) und sein mitgenosz, der hain,
des feuers beute müsse sein. Lessi>g 1, 11»,
sieben seilen später und im eingange des gedichts heiszt dieser hain
wald.
2) gewöhnlich ist aber bain vom walde genau unterschieden;
es betont mehr die anmutige seile des ncaldes, bezeichnet den
kleinen, gehegten und gut gepflegten Itisltrald , wie auch bag 4
{sp. 13<j) mehr den park, als den eigenllichen uald ausdrückt:
inn dem umbschrenkten beine oder neidlein. M athes. Sar."';
uenn unser enges tbülcben vom jaucbzen und singen aller
Lürger der lüfte und baine erscballt. arme mann im Tockenb.
237; Lutber und wenige, die nacb ibra wie er ausbauten,
Laben den wald zum baine gemacbt {bildlich vom walde der
Sprache). Klopstock 12, 2S3. das wort ist länger als seit zwei-
hundert jähren ein lieblingsausdruck unserer dichter, in den aslen
Zeiten noch in mäsziger, im IS. jahrh. in überhäußger anwcndung:
der angenehme thon der triilenden fonteinen,
und der gesunde klang, der in den kühlen heinen
sich von den westen regt. Fleiixc 52;
so bitt ich himmel, lüft, wind, hügel, hainen, wälder,
wein, brunnen, Wüstenei, saat, hole, steine, felder,
und reisen, sagt es ihr, sagt, sagt es ihr vor mich.
Opitz 2,229;
jüngst fand ich im verschwiegnen hain
mein liebstes madchen ganz allein,
nun höret auf mit euren fragen.
zu sagen, was im husch geschah,
verbot mir meine Silvia. Cronegk 2, 296;
vielleicht irrt schon Cleanth in schattenreichen hainen.
2, 321 ;
in den lustgewohnten hain,
wo in jener schatten nacht
ihm vielleicht die birtin lacht. Hagedorn 3, 5S;
bedenkt, wenn sie mich immer mit sich führet,
sich mit mir in den hain verlieret. Gellert 3, 135;
mit entzückung wall ich im hain der palmen.
Klopstock 1, 214;
mich, dem des hains säuseln ertönt. 2, 1S4;
ruhig, wie der mondbeglänzte hain.
Matthisso:« ged. (1794) s. 121;
in dem hain erwachen lieder.
Schiller klage der Ceres;
anmuthig thall du immergrüner hain! Götue 2, 143;
wenn ich nun im holden haine
unter meinen freunden wandle. 47, 266;
im abendschein im grünen hain
da gieng ein mägdlein jung. Arndt ged. (1840) s. 180;
wie herbstwind schüttelt das laub im hain. s. 206;
ich lese bunte blumen in den hainen. s. 227.
Häufig wird der bain in Verbindung mit dem bebauten felde
oder dem gebirge genannt, daraus erwachsen die formein flur und
bain, hain und felder, hain und hügel «. a. ;
hier träuft ein steter himmelsthau von freuden
auf hain und Dur. Matthissos ged. (1794) s. 79;
was schiert mich hain und quell und flur! Voss 4, 41;
wies' und hain. Mattuisson s. 78;
umgrenzt von hain und matten. $. 82;
durch moos uiid scbilf, durch körn und hain. s. 103;
beide mit grünenden hainen und Auren.
Arndt ged. (islo) s. 248;
Stil! schweiget feld und hain. s. 516;
hain und gefilde
schwanden im licht. Voss 3, IIH);
gebirg und hain verschmelzen
im röthlicheu gedült. Mattuisson 80;
ich entflog ihr und sang, und der bewegte hain
und die hügel umher hörten mein flötend lied.
Klopstoce 1, 44;
Putbus im grünenden schmuck der prangenden hügel und haine.
Armdt 2t>3.
Llther verbindet mit bain den sinn einer waldigen, angebauten
gegend: zog Abram durch bis an die stet Sichern, und an
den bain More {eTti rr^v S^vi/ Septuag., usque ad convallem
vulg.). iMos. 12, 6; Abiam .. kam und wonet im bain Mamre.
13, IS; und der berr erschein im im baine Mamre, da er
sasz an der tbür seiner hüllen. 18, l; als nu Saul wonet zu
Gibea, unter einem bain in Hama {vtiö zr^v Üoovquv xrv
iv Pctftä ; esset in neraore quod est in Rama vulg.). l Sam.
22, 6.
3) hain der gehegte und gefridete wald, in dem eine gottheit
veiehrt wird: ire altar soltu umbstürzen und ihre gützen zu-
brechen und ire haine (rä a?.oTj Sept., lucos vulg.) ausrotten.
2 Mos. 34, 13 ; zubrich den altar Baal, der deines vaters ist,
und bawe ab den bain , der dabei stehet, richter 6, 23 ; die
vier hundert und fünfzig propheten Baal, auch die vierhun-
dert Propheten des hains. 1 kön. 18, 19 ; die stedte darauf er
die höben bawete und baine und gützen stiftet. 2 chron. 33,
19; und da er die altar und baine abgebrochen und die
götzen klein zumalmet. 34,7; und lies den bain aus dem
hause des berrn füren hinaus für Jerusalem in bach Kidron
und verbrand in. 2 kön. 23,6, hier hat hain nicht wie man an-
genommen hat die bedeutung götze, Ldther hat sich an die worte
der Septuag. und vulgata gehalten: iitireyxs ib ä).ao5, efferri
fecit lucuni ; (die barden) haben auch ihren besunderen stifft
und bain gehabt, ahn der Ilmenau, nicht weit von der Elb,
so nach ihnen Bardewig gebeiszen. Spangexberg musica 115;
ist vielleicht auf Jochsburg, bei Sunderszhausen geschehen,
welches vor zeiten ein heidnischer hain ahn der hainliten
gewesen, s. 126 ;
man Tüllte nun die weit mit tempeln und mit hainen,
und die mit götteru an. Haller ged. (176$) 33;
. . schon rauscht
der heilige hain von dem harfenlaut. Klopstock 1, 180;
seht ihr, er kommt, der jüngling Alzes kommt
in dem schimmer des hain« daher!
auf eilet, und brechet dem gotte
die jüngsten blumen der herde. 9, 290.
4) bain wird auch bildlich gesagt von fruchtpflanzen, wenn sie
in groszer zahl neben einander stehen, so rebenhain, dicht be-
pflanzter Weinberg, so dasz er einem walde gleicht, obsthain reich
mit bäumen besetzter Obstgarten:
bekränzt das haupt mir, blüthen des rebenhains!
Klopstock 2, 231;
den farbigen obsthain. Voss 3, 243.
5) hain als bild in anderer, ebenso freier anwendung , man
spricht von einem hain der ruhe, bain des friedens, um das grab
oder den mü grün bekleideten friedhof zu bezeichnen, s. friedens-
hain 4, 1, 190;
und fürt in zu des todes hein {Abraham den Isaac).
SCHWABZENBERG 156';
0 gruszet meine holde Philomele!
die klingt so hell in meines herzeos hainen.
Arndt «ed. (1840) 232.
HAIN, in freund Hain «. a., s. Hein.
HAINANEMONE, f. anemone nemorosa. Neünich 1, 297.
HAINBALKEN, m., s. hahnebalken sp. 165.
HAINBAÜM, ni. bäum des hains:
zum wuchs den hainbaum
mit thau zu frischen. Klopstock 2, 28.
H.\INBEWOHNER, m. bewohner des hains, vogel:
schnell wirds lauter in den büschen,
alle hainbewohner mischen
in der lerche lied sich ein. J. H. Millbr ged. 413.
HAINBUCHE, /. erweichte form von hagenbuche carpinus
belulus (sp. 140). Nehmcu 2,895; hainbuche omus Stei.nbach
1, 215.
HAINBUCHEN, HAIMBÜCHEN, adj. «. adv., aus hagen-
büchen sp. 140 : bainbüchen orneus Steinbaco 1, 215. sehr häußg
in übertragenem sinne derb, grob, knorrig : sie wissen sich so
beiinbücben und cinPallig mit der zweißltigen sucht zu stel-
175 HAINBUCHENFLECHTE — HAINRISPE
HAINRISPENGRAS — HÄKCHEN
176
Icn, als ob sie es nicht verstanden halten, batirenst. laslerp):h;
diese heimbiichene vögel {baucrn). 131; das buch sdbU fiihrl
den titel: des neiinhauligen und heimbüchenen schlimmen
baurenstandcs und wandeis entdeckte ubel-sillen und laster-
prob, s. qudlenverzekhn. zum 2. band; ein hainbüchener kerl,
rusUciis el agreslis homo Steinbach 1, 215.
HAIN BUCH KiN FLECHTE, f. liehen cnrpincus. Nemnicii.
HA1M5UCHENHÜSTEH, f. ulmus campestiis. Nemnich.
HAl.NßUSCH, m. für hagenbusch sp. UO: dumclum hain-
pUSch DiEFENB. 640*.
HAINBUTTE, f. für hagenbulte sp. 140: cornum hainbotte
DlEFENB. U-10*.
HAl.NDOHN , m. für hagendorn $p. U\ : haindorn mespilus
oxyacaiilha Ratzeburo stanJortsgewächse und uhkrduler {\Shd) s. 118.
HAINKEST, n. lucaria. Stiki.er 726.
HAUSEN, verb. einen wald lichten: beim hainen oder . . der
sogenannten haubergswirlhschaft. Hatzebubg slandortsycwdchse
(1859) S. 433.
HAINEUHOLZ, m. Crataegus oxyacanlha, hagedorn. Nehnich
2, 1270.
HAINGEBIHGE, n.:
jeglich wild des haingebirgs. Bürger 159*.
HAINGEFLÜSTEU, n.:
o, ich selie sie, und düster
ist ihr holdes angesiclit;
in das leise haingetlüster
mischt sich ihre "stimme nicht. J. M. Miller ged. 191.
HAINGEIUCHT, n. aus hagengerichl, gerichl für die ange-
legenheiten eines dorfes und neiner mark: ilem wiscn wir in
den 14 dürfern 14 haingericht. weisth. 2, 20S; ilem lürter
spricht der faulh (vogi) wieder die schefl'en, das sie ausgehen
mit den zwei gemeinden und das sie mit recht erkennen
alle, die sich des heingereths gebrauchen und in dem hein-
gerelh sitzen oder wonnen, und nit hie seint an diesen
ungebolten dinglag, was haben die verlorn und wie viel.
4, 570;
jetzt dachten unsre freien männer nicht
an hub- und haingericht und markgeding,
wo man um esch und hohtheil spräche hält.
UiiLAND Ernst s. 64.
HAiNGESANG, m. gesang der Barden itn haine:
willst du zu Strophen werden, o haingesang!
willst du gesetzlos, Ossians schwunge gleich,
gleich liliers tanz auf meerkrystalle,
frei aus der seele des dichters schweben?
Klopstock 1, 5;
ich beschwöre dich, o norne, verlilgerin,
bei dem haingesange, vor dem in Winfeld die adler sanken.
1, 241.
HAINGESTÄUDE, n. buschwerk eines hains:
winkt die geister der todten aus versunknen
Sarkophagen' empor, verwandelt mcnschea
bald in bäume der flur und liaingestuude,
bald in schuppige wasseruugclieuer.
Mattuisson ged. (IS02) lO.i.
HAINGÖTZE, m. gOllerbild eines hains: er setzet auch einen
haingölzen (rb ylvTixbv tov a).aovs Septuag. , idolum luci
i'«/fl.). den er gemacht hatte, in das haus. 2 kön. 21, 7.
HAI.NGHAS, n. gras, das in einem haine wdcltsl. in der Pflanzen-
kunde werden haingräser, angeigrüser , wiesengräser , weide-
gräser unterschieden.
HAI.NHECKE, f. rosa canina. Aoelung. in verderbter form
haiuliacke, hainhocken. Nemmcu.
HAI.NHIEFE, f. fruchl des hagedorns: rubum hanappel, heyn-
hyff DlEFENB. 502*. 5. hagenhicfe sp. 152.
HALNHIEFENBAUM, m.: cornus bainhiVTcnbaumc voc. ex
quo r. 1409.
HAINHOIJ!, n. aus hagcnholz, dornstrnuch, «. hagen 1 .sp. 150,
und hagendorn sp. 141: hciniiolz acer Dikfenb. 8'. Aueiung
dagegen kennt hainholz ah mundartliche bezeichnung eines ge-
uhonten waldes (entsprechend hain 2, sp. 173) im gcgensatz zu
hauhoiz, ttje auch früher schon Stiele«: üain-, hege-, und
gcbcgeholz inridua silra 854.
HAlNHUNtJEUBLüMCHEN, n. draba nemorosa. Nemnicii.
HAINQUELL, ffl. quell im haine:
mich labt der wckIO fadioln
am halnauell; mich entzückt
ein vcilciien, duH mit lAchcIn
mir die erwbhiic pflückt.
M*nuiMOii ged. (1W2) «. 13S (1701 «. 84).
HAINBISPE, f. eine fjrasart, poa nemoralis. RAnEnunc tland-
•nl-,uu trhte (ISS'J) J. 128.
HAINRISPENGBAS, n. was hainrispe. Ratzebubg das.
HAINSCHAUB, m. Strohwisch an einem umhegten orte (hagen 2
sp. 15ü), als verbot gegen das betreten desselben. Jacobsson 2, 188*.
sonst auch liegewisch, s. d.
HAINSCIINECKE, f. helix nemoralis, waldschnecke. Leünis
Synopsis der naturgeisch. des Ihierreichs (1860) s. 795.
HAINSIMSE, f eine binsenart, luzula specialis. J. Kühn krank-
heilen der culturgewächse (iSöO) s. 95.
HAINTHAL, n. waldiges Ihal:
lasz mich im hainthal singen mit herzlichkeit. Voss 3,4;
da der wahnsian zu dem brautkusz mich begeisterte, da ent-
flohst du
in das hainthal. 3, 258;
in diesem hainthal mit Silenen
und mit Kauncu? Stolbehg 5, 68.
HAINUMSÄUSELT, part.:
doch ach! welch geschrei erschallt unferno der seestadt,
driiben am Strand Arcnys, des hainumsäuselten dörfchens?
I'yrkek Tunisias 2, 230.
HAINVOLK, n.;
als Föbos-Braga sasz er mit Wodan-Zcus
im eichcntempel dort am druidcnschmaus
des frommen hainvolks, trank des meetes,
kostete menschlich die waldbcwiriung. Voss 3, 171.
HAINWALD, m.: als auf ein zeit ihr (der Feronia) gewei-
heler haiuwald von dein weiter angezündet worden, a. weiszh.
lustg. 19.
HAIROCHE, m. eine rochenarl , rata rhinobalus , im millel-
ländifchcn meere. Campe.
HÄKCHEN, n. kleiner haken.
1) im allgemeinen: seine (des Carles) weit entsteht, indem
diese theilc allerlei andere bewegnngen bekamen, als sie
zuvor hatten , die gröbsten sich zu kügelchen ahdreheten,
zwischen ihnen sich schriiubchen durchwunden, und die ab-
gehenden spänchen allerlei hükchen gaben. Kästner verm.
schrißen (1783) 2,291; sie nahm den haisschmuck, die arm-
bänder heraus und trat damit an das fenster, wo sie .. die
zierliche goldarbeit ganz nahe vor die äugen hielt , um nur
recht zu erschauen , mit welcher wundervollen kunst jedes
kleine häkchen der verschlungenen kellen gearbeitet war.
E. T. A. Hoffmann 3, 214. bildlich: aus diesen worlcn hat nun
der vizir sehr klug geschlossen, es stecke noch ein häkchen
seines machwerks in des kaisers herzen, das ein gescheidter
mann durch gewandheit vvol noch ergreifen könnte. Klinger
5,80.
2) in speciellem sinne bezeichnet häkchen den heftet am kleide,
der in die vse hakt; ferner den untersten hakenförmigen theil
einer lamburirnadel (Jacobsson 4, 368') seil etwa 17S0, und un-
gefähr seil derselben zeit auch den untersten theil einer häkelnadel,
früher waren diese inslrumente unbekannt; endlich das mil Wider-
haken versehene eisen der angelrute , an das der köder gesteckt
wird. — Pflanzen haben häkchen, wenn die Oberfläche rauh ist
und die spitzen hakenfurmig gekrümmt sind. Nemnicr 3, 106.
3) häkchen , die schleife über dem u in der sogenannten
deutschen schrifl: schon waren mir verständige und ausfüiir-
liche nachrichlen von der aui'führung des Epimenides zuge-
gangen, nun kömmst du aber mit kühner feder das lüpfchen
über das i, das iiäkchcii über das u zu setzen, und nun wird
mir die schrifl erst vollkommen lesbar. Gütiie an Zelter 222.
4) häkchen für apostroph: überhaupt gehört der gebrauch
des häkchens, ohne dasz etwas ausgelassen ist, zu den neu-
heilen, er ist aus dem englischen angenommen. Rüuiger
neuester Zuwachs 5, 142.
5) eigenlhümlicher weise ist in Mitteldeutschland hükchen für
ein kleines glas brannlwein in gebrauch: kellner, ein häkchen!
wir wollen ein häkchen trinken oder neiimen. in diesem bilde
hat die hakenförmige bewegttng, mittels daen man das glas sdmtll
zu munde führt und eben so schnell wieder absetzt, veranlassung
gegeben.
6) sprichwCirllich : was ein häkchen werden will, krümmt
üicli bei Zeiten; kleine häkchen greifen auch, von einem,
dessen geisl^nicht ganz ge.<iund ist. wird gesagt, er bat ein häk-
chen im köpfe; eine sachc hat ein häkchen, ein kleines
hinderuis ; ein liükchen auf einen haben, etwas böse auf ihn
sein: ein liäckgen , wenn man einen feindselig was nach-
trägt, daher mau sagt : er hat ein hfickgen zu ihm. H. Volk
V. Wertiu-iiii anweisung zur orthogr. (ChemnUz 1711) s. 19. vergl.
linke und hiiklciii.
177
HAKE
HAKE
178
HAKE, HAkE.N, w. uncus. ahd. haco, hägo, hacco und
haggo; mhd. hüke und hacke,, hagge, ivoneben auch eine form
haken Muß (wb. 1, ori'); ags. hüc, engl, hook; nl. haak; a//-
nocff. häki, dän. hage, sc/iu'frf. hake, was die eigenlliclie be-
deulung des Wortes betrifft, so dürjte dasselbe doch trul von hahan
hängen nicht zu trennen und häko aus häh-ko als das inslru-
ment zum hängen zu deuten sein; nicht nur die form hache
uncus DiEFENBACH 626' mit ihrer gutturalaspirata spricht dalür,
sondern noch mehr die nasalierte, in Tirol übliche form hängken
(Fromm. 5, 445). genau wie häko zu hähan stellt sich ein in
Vüiingen oft zu hörendes fem. täke ohrfeige zu Jähen in der be~
deutung schlagen {vgl. fangen -21, th. 3,1315, und tirol. einem
eine iächen eine ohrfeige geben Fhomm. 5, 223). dasz der vocal
tu hake, haken von alten zeiten her zwischen länge und kürze
geschwankt hat, wird durch die oben aufge/ührten, sowolahd. als
mhd. Schreibungen bewiesen ; weniger spmht dafür die nhd., noch
bis in dieses Jahrhundert reiciwnde und im 17. und 18. jahrh.
ziemlich aligemeine Schreibung hack, hacke, hacken , da ck in^
inlaute misbräuchtich auch nach langem vocale gesetzt wurde
(Ih. 5, ü), und überdies zur ausdrücklichen bezeugung der lange
auch haack. haacken ge^^chrieben wird; im' Bba.nt und Reisers-
BERG hocken, hogken (mit o = langem a) brauchen, indes ge-
wahrt noch KiJCKEnT die form hacken uncus im reime auf naeken
(mak. 2, 15S). das schwanken in der quantitdt des vocals befrem-
det nicht, wenn man erwägt, dasz die wurzeln von hähen und
fähen ursprünglich kurzen vocal halten, und dasz die ersatzlänge
a dafür wahrscheinlich erst eintrat, als die rhinistische ausspräche
des kurzen vocals (sp. 157) sich verlor, eine ersatzlänge die nie
allgemein wurde, wie sowol die nhd. praesensformen von häh'en,
Iahen, hecht , fecht , deren kürze durch den umlaul und die
Schreibung cht bewiesen wird, darlhun, als auch die ags. ileraliv-
form zu fähan , ags. fön, nämlich feccan , welchem das sächs.
düring. facken, fackeball (3, 1229) sidi genau anschlieszt.
Bedeutung.
1) hake , haken im allgemeinsten sinne jedes an der spitze
krumm gebogene ding, woran sich etwas hängen oder woran etwas
gehängt werden kann, ein haken kann gewaclisen sein, es ist der
krumme oder im winkel geneigte ast eines baumes oder Strauches,
da wo derselbe mit dem stamme zusammen stoszt; oder er ist
künstlich geschmiedet oder gebogen: haack uncus, einer der mit
einem haacken zeucht, hamotraho Dasyp. ; hack harpago, pfeil
beschlagen in hackens weisz, arundo hamuta Maaler 2ü4';
angel, hacken, kriÄeisen, hamus , uncus, spiculum, harpago
Hexisch 79; hacken und band ca/di«t's etplanulae das.; anker,
ein instrument im schiff von zweien hacken, welches in das
Wasser eingeworfen wird, das schiff damit zu hetestigen. 71;
der hack am anker, ancoraedens, uncus das.; dieser lad mag
aufgezogen werden mit einem hogken, der da hat drei zin-
ken. Keisersbebg pred.'ih'; ist mit krummen hacken allent-
halben uniher besetzt, gleichwie ein Stern anzusehen. Taber-
NAEM. 1081; wenn man bei etlichen piquen vorn zugleich ein
scharffen hacken macht. Bockler kriegsschule 135 ; einen hacken
an ein schiff schlagen, manum ferream navi injicere Steinbacii
1, 665; er hatte sich mit einem langen hacken gefast ge-
macht, mit welchem er . . herzu sprang und das seil ergriffe.
IIappel acad. rom. 319; bildlich: freiwillig tret ich ihnen ab
den mann, den man mit haken der hölle von meinem blu-
tenden herzen risz. Schiller kab. u. liebe 4,7; — ferner:
ein haken zum aufliangen eines kleidungsstückes; ich finde
für meinen hut keinen haken , und wahrhaftig kaum eine
ecke für meinen stock. Gothe 57,3; haken in der küche,
in der Speisekammer, woran flei.'^chwaaren hingen ; haken ist
am seil, daran der kühel i rfer fcc;y/cH/e) gehenget wird. Nehri.ng
bist. pol. lex. (1736 1 oh/i. 46"; haken an der angel, woran sich
die fische fangen: die weiber sind meine haken, mit denen
ich nach den männern angele. Fr. .Mijller 2, 43 ; endlich auch
ein hake oder haken am kleide, der in die ose gretß (vergl.
liäkchen 2) : güldene haken äve spangen spinthera aurea Stieler
730; das micder von rolhem saminl, das darunter {unterm
wamse) iiervorschaule, war nnt silbernen haken und ketten
geschninl. W. Halff phantas. im Bretner ralskeller.
Man sagte auch anatomisch ein glied sitze in seinem haken,
wenn es in gehörigem verband mit seinem nächsten leibestheil steht :
also dasz männiglich daselbst in dem wahn ist, es gehe zu
unterschiedlichen zeilen dem menschen die hirnschale oder,
wie sie reden, der köpf von einander, so weit dasz man
drei oder vier finger zwischen den risz einlegen könte, wann
nicht die haut dafür wäre, darnach setze auch der hals sich
IV. II.
aus seinem gliede abe, oder, wie sie reden, komme aus dem
haken, also dasz man in der nackengruben einen daum auf
den rückgiad setzen könne, da zuvor der hals gestanden ist.
KüLLEMiAGEx Wahrhafte lügen (1717) s. 334; darnach zieht sie
auch den hals wieder in seinen haken. 335.
Vgl. auszei-dem diecomposita ankerhaken, angelhaken, enter-
haken, fleischhaken, feuerhaken, kanthaken , kesselhaken,
kleiderhaken, schlüsselhaken, Widerhaken.
2) in verengtem sinne gerät verschiedener handwerker, von unter-
schiedener gestall und unterschiedenem gebrauche, das gemeinsame
merkmal ist die vorn gekrümmte form des geräts. Iiaken führen
als weikzeug böttcher, drechsler, eisengieszer, scliriflgieszer , seiler,
tuchscherer u. a. Jacobsso.x 2, 189. Schriftsetzer u. a. bedienen
sich für ihre arbeil des Winkelhakens, s. d. auch der schniiter
braucht einen haken :
ich liesz mir auch nachher den haken weisen,
das Werkzeug ihrer linken band,
.«0 denn nicht weniger verstand
uns zeigt, und ebenlalls vernünftig zugerichtet,
da man damit . . die ähren biegt und schlichtet,
wozu es vorn gekrümmt. Brockes 7, 231.
3) haken, hakenpflug, eine art pflüg ohne rüder und vorder-
pflug, dessen gestalt einem haken in einem spitzen winkel gleicfä.
die behauptung dasz der haken slavischen vülkern, der pflüg da-
gegen deutschen eüjCn sei (gramm. 3, 414 note) ist in dieser all-
gemeinen ausdehnung nicht richtig; das golh. höha pflüg Luc.
9, 62 kann mit haken der form nach leicht vermittelt weiden und
der haken ist der Vorläufer des pfluges, sowol in slavischen als
deutschen gegenden da zu treffen, wo entweder (wie in gebirgs-
gegenden) die geringe ausdehnung des ackerlandes auf die Ver-
besserung der Pflug Werkzeuge nicht hingewiesen hat, oder ivo die
bevölkerung an allüberlieferten gerätschaflen zäh fest hält, der
haken ist nicht nur in Siederdeutschlaud gebräuchlich (D.äiinert
16S*, Daxneil 76'), sondern findet sich auch an der oberpfälzisch-
böhmischen grenze. Schmeller 2, 164. der name des gerates wird
in mittellat. quellen als uncus aratrum übersetzt (origines Livoniac
V. Gkuuer 1740 s. 26S) ; der haken wirkt ebenso wie der pflüg,
als ein keil ... das spitze und zweischneidige oder mehr
schaufelartige schar des hakens dringt in den boden ein und
reiszt ihn auf. Schober lehrb. der landwirtschaß 11&4S) 1, 237.
nach diesem pflüge heiszt auch an gewisses ackermasz, landschaft-
lich von ungleichem gehalle, haken (Frisch 1,398'): et scholen
och de vorbenomede lüde tue ore . . van einen idtliken
haken krume tho gewen schnldich sin. urk. des bischofs von
Kurland von 1341 bei Rüszwlrm Eibofolke (Reval 1855) 1,189;
damit . . die gemeine gewisse Verordnungen wissen möge,
was sie jährlich von jedem haken landes abzutragen ver-
pflichtet sei. urk. v. 1600, das. s 193. man hat gewiss als
viaszslab für diesen landtheil die leistungsfähigkeit eines haken-
pfltigs in einer gewissen zeit, etwa einem tage, zu gründe gelegt.
4) haken als folterinstrumenl : einen in die haken w erfeu,
unco suspendere aliquem. Frisch 1, 39S'.
5) haken heiszen auch wegen der uhnliclikeit gewisse zahne des
Pferdes, franz. crochets: hei den pferden folgen nach den
back- oder slockzähnen zuerst die haken, dann kommen die
eckzähne, hierauf die mittelzahne, endlich die zangen. Nem-
NiCH 3, 322. auch der hirsch hat haken : gränel , haken , die
zwei stumpfen zahne zu beiden seilen oben im maule eines
hirsches. 2, 971.
6) haken für winkel oder krümmung, mehrfach in technischer
spräche; in da- kriegsbaukunst bezeichnet es die wendung im lauf-
graben (Jacobsson 2,189'); bei den bergleulen eine krümmung
im Schacht: wenn der gang aus seiner stunde (riclitung) ab-
setzet, so spricht man, der gang wirft einen hacken, bergw.-
lex. 28l'. das ist auch sonst gebräuchlich:
darurob er auch im hui erregt
mit plötzlicher ankuiit't zum scherz
hauptmans Mnsiibihacis herz,
dasz er ein hacken warf, auch sich
wendet, und von der wahlstadt wich.
Fccds mückenkr. 2, 727.
in der Jägersprache lieiszt es, wenn der hase durch Seitensprünge
den hunden zu entkommen sucht, er schlage haken, s. baken-
schlagen.
7) haken , ein bis in das 17. jahrh. gebräuchliches schweres
feuergewehr, mit einem haken am schaß, mittels dessen es auf
einem be.':onderen gestelle befestigt ward, ihrer grösze nach wurden
sie eingethcilt in doppclhaken (2, 1264), ganze haken und halbe
haken : als hab ich mich . . mit einem faustiohr (sintemal
12
179
HAKE — HÄKELARBEIT
HÄKELEI— HÄKELN
180
ich keinen halben hacken zu l ragen vermag) . . wider den
erbfeind beweisen wollen. B. Hincwai.ü l. w. A 4'; und also
hauszbalten, dasz . . ein halber hack nnd langer spiesz (das
wir des betlelslabs und krucken geschweigen) nicht ihr besz-
ter hauszralh sei. Matiies. Sar. 2ü'; dasz hinlürder khein
bauptniann kheines abgesturbcnen khncchts wer, riistung,
ha gen, khluider, oder paarschaft zu seinen banden nenie.
Mü.NE anzeiger lb39 sp. 171 (ronl583); ein jung weib hat ein
todl kind bracht, ehe es aber gar von ihr koinnien, hat es
einen knal inn ihrem leib gethan, als wenn man einen hacken
abschusse, ist das fewer mit heraus gt;lalirn. Nigrinus payisl.
ittquis. 682;
die kneclit thetten sie zwacken {im kämpf)
trieben sie von der wer
mit iren halben liacken. Sültau volksl. 32S (i;. 1529);
der backen dunkler blitz, der stücken trübe glut.
Flemimc 591 ;
wenn nun die hacken begönnen zu grüszen,
dasz iiicb die wölken entsetzt und zurissen;
wenn der cartaunen blitz doiincr und krachen
lustig erkuullel: wer walte nicht lachen?
A. Grvphius IööS s. 4l)S (l(Ht8 1, 617).
8) spricIiirOrtliclie redensarlcn fuszen auf der allgemeinen he-
deutuiig 1 des uortes. vcrbrcitel und uU ist das Sprichwort was
ein haken werden will, krümmt sich bei zcilen, es meint
nicht den künstliclien haken, sondern den gewachsenen hakenartigen
ast des baitmes:
mhil. swaj zeirae hangen werden sol,
das knimbet sich vil vrüeje. truj. kr. 6400.
vhd. man sagt, was ein gut liack will werden,
das krnmt sich zeitlich bei der erden.
ß. Waldis Exoji 4, 6, 45;
was auch ein guhier hak, berr Dreier, werden will,
der wird bei Zeiten krumm. Rist l'arn. I2U.
In andern Wendungen isl der haken das biUi nicht nur des
hindcrnisses. Widerstandes, aufcnlhaltes , sondern auch der wider-
haarigkeü und liedenkliclikeil : ein mann voll jmistischer und
publicislischer haken, bissig und pedantisch. Stein bei I'erlz
3,358; die Sache hat einen haken, ist nicht glall und ohne
bedenken : ha ! das musz einen haken haben, avantur. 1, 219 ;
aber die sache bat noch einen andern haken. Wieland (184ü)
23, 186 (Aristipp);
Fl. das ist das schönste pferd, das ich im leben
gesehn; mich wundert sehr, dasz es die lierni
nicht besser schätzen. W. das hat seinen haken.
TiKCK /;(iis. ücluvinn 2, 1. aufz.
ein schwedischer fluch der Ungeduld isl für tusanhakari; ferner
CS ist mit alledem so ein kleiner haken zwischen den beiden.
Lenz 1, 303, ein kleiner Zwiespalt. — Haken auch als bildlictier
ausdruck /«r anhält: er sucht einen haken, um von der sache
los zu kommen; an einem orte haken anschlagen, sich dort
festsetzen, wie man durch den enteibaken auf einem schiffe fetlen
jusz faszl:
er kan dergleichen nicht vertragen,
dasz ich in Andalus hab hacken angeschlagen,
und so viel lands besiegt. Ghkpi.incer CiU üviij';
nicderd. en haken anslan (Schütze 2, 90, DXiinert 108'), was
meist von einem heiratsluüigen gesagt wird, der in eine famdie
kommen will, haken dient endlich, wie spätren als bezeichnung
eines becintrachtiiiten, nicht völlig klaren Verstandes: er bat einen
haken, ist niclii ganz klar im köpfe, im niedad. braucld man
dutelbe Wendung hai lieäd en büken für er isl trunken. Fko.mm.
5, 72.
HAKE, f. pforle vor einem hofe oder umzäunten landslücke,
die gewöhnlich durch einen schwebenden oder hangenden, drehbaren
querbalken gebildet wird; dann überhaupt auch ein garlenlhor.
ein niederdciilsfhes wort (Fkomvi. 2, 31;!): es kann aller auf-
mcrk«anikeil uiigeacblel geschehen, dasz ein reisender oder
nachlässiges gesinde die ;>o gi-nantc h;)kc offen l.'issl, da denn
die auf dem verschlossenen hole iam enden Schweine . . ins
feld laufen, der mann dem die schweine gehören, empfindet
den ücbaden am mehrslen, weil seine lilndereien zunüchst
an der hake liegen und das vieh zuerst hierauf fallen wird.
Moser jialr. phunt. 3, 217.
HAKKISK.N, m. I) da» pflugsdiar des hakcnp flugs. Jacobsson
2, IH"»', 2) ein vorn gekiümmtes Werkzeug der zinngiesur , um
die zinnijfft-yzr ivnenduj alizudirhen das.
HAhKLAUÜLIT, f. aibeil die mit einer bäkrlnadel gemacht
irird: franze cur garnilur vun beltdecken, hUkelarbeil. baiar
186S, i. 37*.
H.\KELE1, /. l) A7e(Her zwist, zank {cgi. häkeln 2 o. e.).
nicderd. ha;kelie Sciiamhacii 71': die kleinen häkeleien eines
liebcspaares; häkeleien der gelehrten, die nur zu oft in grob-
heiteu ausarten.
2) soviel wie häkelarbeit. Hia« hört sagen das mädchen ar-
beitet an einer bäkelei ; die häkelei isl vorzüglich ausgeführt.
HÄKELHAKLN, m. der haken einer hukeluadel: da wol jede
unserer lescrinnen mit einem häkelhaken umzugehen weisz.
bazar 1868, s. 43'.
HÄKELN , verb. frequentalivbildung zum rerbum haken , oft,
namentlich in üllern quellen, backein geschrieben, aus welcher
Schreibung jedoch noch nicht ohne weiteres auf die kiirzc des vor-
hergehenden vocals geschlossen werden kann (vgl. hake sp. 177).
es stelU in nwhrcrcn bedeutungen.
1) mü hakender bewcgung fassen, greifen: wie in einem ro-
man , so häkeln sich im leben tausend leise zusammenge-
rückte geringfügiKkeiten endlich fest in einander. J. Paul
Ihsp. 4, 132; auch mit seinem doktorring häkelte er weib-
liche Seelen an sich an. 1, 48; sie müssen hacken haben,
damit sie an einander können gehäkelt werden, hamata esse
oportet, ut concalenari inviccm possint. Stei.nuacu 1,665; zu-
sammen häckcin fibulare das.;
da häckelt — jetzt hat er am längsten gelebt —
den zipl'el ein eiserner zacken. GöTue I, 23t
mir versagt klettern und sprang,
ein zaulicr bleit mich nieder;
ein Zauber häkelt mich wieder,
ich arbeite mich ab und bin matt genung. 2.93,
doch sieh die spinne rutschend hin und her,
schon zieht sie des gewehes letzten laden,
wie perlen klar, ein diiltig ellenkleid;
viel edle funken sind durin entglommen;
da kommt der wind, und häkelt es vom haid,
es steigt, es llattert, und es ist verschwommen.
Dkostk-Hülsuoff i/t'rf. 40.
GöTHE gewährt auch die form backein :
man längt den lisch, man fängt ein scbilT,
und ist man erst der hcrr zu drei,
dann hackelt man das vierte bei. 41, 3ü3.
häkeln heiszl auch ein spiel , in dem zwei gegner die gekrümm-
ten finger der hand in einander fügen und sich so fort zu ziehen
suchen, Schweiz, häggeln, ha-ggeln Stalder 2,11; kärntn. häg-
geln und hanggeln Le.\er 13;i, oberbair. bakein: zwei männer
versuchen es, mit dem mittellinger ihrer rechten hand einan-
der über eine gewisse liiiie zu zerren^ welche zu diesem
behüte mit kreide auf dem boden angebrijcht worden ist.
diese Übung, welche man hakein nennt , erfordert eine be-
trächtüclie anspaunung der muskelkraft in den ubern extremi-
täten. illuslr. zeilg. 1868 mü. 12^6. ein anderes (st eine bretzel
häkeln, hier reiszcn zwei mit gekrümmten und in die bretzel ge-
hakten fingern dieselbe auseinander ; dieses spiel wird niederd. hake
genannt. Schütze 2, 91.
2) häkeln, von katzen und andern mU klauen versehenen thie-
ren gebraucht, wenn sie mit denselben nach etwas fahren: die
katze häkelte ihm nach den äugen ; die wilden katzen ranzen
im hurnuug, und häckeln und würgen sich die kuder (kaier)
um eine katze mit einem eibärmliclien geschrei. Heite leil-
/iu»(i 296; der geicr häkelt die tauben, milvus columbas inun-
cat. Stiei.er 730. daher auch übertragen von zankenden: sie
häkeln sich.
3) häkeln, mit der häkelnadel (s.d.) arbeiten: das mädchen
häkelt schon recht gut; die tochter bat ihrem vater zum
gebuilstage eine börse gehäkelt; dann häkelt man noch eine
feste ketteumascbe. bazar itios, s. 43".
4) häkeln heiszl übertrutjen tadeln, bedenkliches an etwas finden,
nach häkelten 6 und hake S; hier beliebt Uötiie die reimspie-
lende Verbindung häkeln und mäkeln: wer nicht einsieht, wie
das wahre praktisch erleichtert, mag gern daran mäkeln und
bukeln J-i. -J.vi;
li.ihen da und dort zu mäkeln,
.111 dem niiszern rnnd in häkeln,
machen mir den kleinen krieg. 4, 372.
.'.) eine andere bildung ist häkeln in der bedeutung mit kik-
chen renrhen , in welcher es unmiltelliar zu mhd. ha'kel , nhd.
bäklein tritt; gehäkelter saine, .solcher der mit kleinen hakchen
verschen ist: sein lierz hing .«ich wie gehäkelter sauie überall
an. J. I'ai L llesp. I, 167. da hakchen, häklein auch den apo
slroph bezeichnet, so heiytl häkeln mit einem sidchen zriclwn ver-
seilen: solltü die schiifl alle vocule luuhholeii, die uiluiäh-
lich zwischen den bui lislaben unserer wöiter ausgefallea
181
HÄKELNADEL — HAKENGULDEN
sind, sie hätte nichts zu thun als zu häkeln, und wer würde
setzen mögen Eng'land, men'sch. J. Grimm kl. sehr. 1, 350.
HÄKELNADEL, f. nadel die zu der weiblichen handarbeil des
häkelns dient.
HÄKELC.NG, f. aduncilas, atlradio, lacsio. Stieler 730.
HÄKELZEüG, n. gerdischaßen zur häkelarbeil.
HAKEN, m. s. hake.
HAKEN, rerb., in mehreren bedeutungen.
1) mit haken versehen, krumm machen, krümmen: uncare
haackeu , kryinmen, hachen, beugen Diefenb. U2ü'; uncire
haacken, hacken das.; heken uncare voc. opl. 1501 Hh l\
2) mü haken fassen: die angel hakt den fisch; der heftel
hakt in die oese; mich däucht das ühel miiszte bei der tief
in die Verfassung liakenden würze! angegrilTon werden. Stol-
BERG 8, 2S9; hnndert kleine fingerlange garstige kcrlchen
hakten sich fest an dem ganzen leibe des herrn Dapsul von
Zabelthau und warfen ihn rücklings nieder in eine grosze
Schüssel. E. T. A. HoFFMAXN 4,329. von einem gesagt, der sich
mit gekrümmlem arme an seinen begleiler hängt: mein freund
hakte sich in meinen arm und wollle mich fort ziehen;
das üt wie niederd. in haken, den arm eines bcgkilers annehmen.
Schütze 2, 90. — In i^iederJeulschland heUzl auch jenes kampf-
sjiiel, was unter häkeln 1 erwähnt ist, haken. Müi.le.nhüff gloss.
2. Quickborn.
3) haken, wie ein haken hapen; die angel hakt am fische;
der heftel hakt fest in der cese. daher übertragen: da hakt
es, wenn eine sache nicht weiter will; er hakt fest in seinen
spitzfindigen grübeleien ; niederd. dat hakt sik, «•/// nicht fort,
stuckt. Schütze 2, 91.
4) endlich nach hake 3 bedeutet haken auch mit dem haken-
pßuge arbeUen, die äcker mit haken umbringen. Dähnert 1<;8'.
Der slammhaße vocal dieses wortes hat wol, ebenso wie das
subst. hake, ton alters her neben überwiegender länge auch kürze
gezeigt, ist die Schreibung hacken dafür, wie oben {sp. 177) aus-
geführt, an sich noch nicht beurisead, so doch die in Iheilen von
l\iederdeutschland, namentlich Mecklenburg, herschende au-tspraehe,
man hört dort mü kürze es hackt lest ; zwei blälter hacken
{hängen , kleben) an einander, es hat also /«'«• formale ver-
vnschung mit hacken sp. 103 statt.
HAKENÄUTIG, adj.: die einbildungskraft hat nichts da-
wider sich die haarspitzen hakenartig zu denken. Gütiie
6, 107.
HAKKNAST, m. der gekrümmte nebenasl eines baumes, an dem
die fruchte desselben sich ansetzen: hakenäsic, fruchläste, im
gegensalz der ghederäsle oder holzäste. Nemnich wb.
HAKENBAND, n. mit einem Ohre versehenes eisernes band,
das sieh um einen haken oder eine angel [Ihürangel) dreht. Adeiung.
HAKENBAL.M, m. das vordertlwil des ackerhakcns, an den die
och.-^en, die den letzteren ziehen, gespannt werden.
HAKEN BEIN, n. eine kleine erhnhung hinten im knie, über
der knieiirhle der pferde. N'emxicii.
HAKENBLLME, /". crinum. Nemnich 2, 127S.
HAKENllOiniEB, m. bohrer mit einem haken vorn, utn brun-
nenrOhre auszubohren. Jacobsson 2, tsy'.
HAKENBÜCHSE, f. grüszere Handfeuerwaffe , die mittels eines
hakens auf einem gcstctlc befestigt wurde (vgl. haken 7 sp. 17s»):
also hat aian auch hackenbiichsen , die seiiui etwas kleiner
und ringer denn die doppelhucken. Fro.nsp. kiiegsb. 1, 32';
ihr edelluut füren den nieislen teil hackenpuchsen zu rosz.
wahrhaß. u. gewisse newe zeilg. (154:J) B';
hackenbuclisen zwene grosse wagen
haben si fanden ul' dciue luger.
LiLiBNCRON vulksl. 2, 87' (». 1470).
H ARENFORM, f. form eines hakens: ein eisen in haken-
forin; ein ast in hakenform gewachsen, auch die form Hnes
ackerhalcens , hakenpflugs: die hakenform ist durchaus nicht
befähigl, zum glattuniwendeu (des ackers) zu dienen. Schober
lehrbuch der landwirtselmß (1S4S) 1, 235.
HAKE.NFÜHMIG, adj. unciniformis, aduncus: die kronläpp-
chen der blume (crinum) sind hakenförmig gebogen. Nemmcu
2, 1278.
H.\KENGELD, n. geldpreüs für die besten schüssc aus einem
haken, vgl. Frisch 1,399*: uinbs backengeldl scbieszen. Kirch-
hof milU. duscipl. 80.
HAKENGLLDEN , m. als preis ausgcietzlcr gülden für die
besten Schüsse aus einem haken : wollen die hauptleul die
schützen lassen uml» den hackengülden , nach ii er gewon-
Ueil, schiessen. hiRCHiioir wcndunm. üö'; so viel naher oder
HAKENHAUE— HAKEN^VE^^)ÜNG 18^
v\eiler einer nun nach dem vorgestelten ziel oder Scheiben
troffen, so viel mehr oder minder wirdt im vom hackengül-
den geben, milil. diicipl.
HAKENHAUE, f. breite eingebogene haue, womit minierer den
lehmigen und festen boden aushauen. Jacobsson 2, 190*.
HAKENHLFE , f. in ISiederdeutschland ein gewisses feldmasz,
vgl. hake 3 sp. ITS: hakenhove, ein stück von 15 morgen
landes. Dähnert 16S'; iu den fiirsilichen emptern aber sollen
von einer jeglichen hakenhufe zweene gülden geliefert wer-
den. MicHÄL. alt. Pommern 5, 204.
HAKE.NJOCH, n. der jochbaum des hakenpflugs. Jacobsson 6, 9".
JL\KENKOFF, m. beim seiler ein geluiuse am obern theile des
Spinnrades, in welchem die haken befestigt sind, die den zu spin-
nenden faden tragen.
H.\KENKHEUZ, n. an den enden mü haken verseiwnes kreuz
(lu^aldisch). Adelung.
HAKENLACHS, m. das männchen des lachses, wegen seines
hakenförmigen ansalzes an der untern kinnlade; schwed. krok-
lax. sonst heiszt dieser fisch auch hagen, haggen. vgl. sp. 151.
HAKENLILIE, /. crinum. Nemnich 2, 127S.
H.\KEN.MÖHSEB, m. handniarser , um granatcn daraus zu
werfen. Frisch 1,399". vgl. hakenbüchse und haken 7 sp. 178.
HAKENNADEL, f. eine eiserne nadel mü einem haken, die
stärke des metalls an einem geschülze durch das Zündloch zu
messen. Jacobsson 2, 190*.
HAKENOCHSE, m. der geschnittene ochse, der zum ziehen des
hakenpflugs verwendet wird. Jacobsson 2, 190*.
HAKENPFEIL, wi. pfeil 7nü Widerhaken : degen oder Schwer-
ter, hackenploil oder andere kriegswaffen. Paracelsos cliirurg.
schrißen (lülS) s. ö";
Cupido treit syii bogen blosz,
uir yeder .syt ein kodier grosz;
in eini hai er vil hockeiiptil,
do mit trifft er der narren vil;
ilie sint scharpT, gülden, hockecht, spitz. /
Bkaist narrensch. 13, 27.
HAKKNI'I-LUG. m. eine ort pflüg, was haken 3 sp. 178.
HAKENPFLÜGEN, n. das arbeUen mit dem hakenpflug:
übrigens soll man die felder nach dem haackenpOügen oder
balkenstreifen nicht bald einegen, weilen sich der erdboden
sonst zu sehr zusammen ziehet, ücon. lex. SS4.
HAKENPLLVEH, «. besondere arl pulva- zu den hakenge-
schülzen. Frisch 1, 399'.
HAKENBAÜ, n. in den uhren ein rad (Belgrad), dessen zahne
kleinen haken gleichen. Campe.
HAKENSCHAIt. h. schar des hakenpfluges.
HAKENSCHEIBE, f. in der landuirtschaß eine eiserne scheibe
mü einem haken, welche an den achsenschenkel geäecJü wird, das
dritte auf der wüdbahn gehende pferd daran zu spannen. Adelung.
HAKENSCHLÄGEN, n. : bakenschlagen sagt man, wenn
der hase durch absprünge den hunden zu eulkommen sucht.
Beulen jagdcalechismus (tS2S) s. 238. vgl. hake 6 sp. 178.
HAKENSCHLÜSSEL, >». Schlüssel, der anstatt des hartes nur
einen haken hat, nachscidüssel, dietridi: einige solcher Schlüssel
(nachschlüssel) sind nur ein haken oder vornen kium ge-
bogenes eisen, die heiszt man hakenschlusscl. Frisch I, 197';
der kleinschmied kam endlich gegen den abend mil seinen
hakenscblüsseln an und eröBnele die thüre. Pierot 4,144.
HAKENSCHÜTZE, m. der aus dem haken (7 sp. 17S) schieszt:
hakenschülze sclopetarius SuEi.ERTiO; die backenschülzen, so
an den fliiglen neben den raisigen angehenkt gewesl, von
denselben ist nicht ainer davon koiuen. wahrhaß. u. gewisse
ncwe zeitfi.([bri) Aiiij"; schickten ihm hierauf ausz gemeiner
siewr sechs und zwenizig vierzeben niillion, zwo cronen und
ein halb pistolet, von volk aber fiiiifzehen tausend gerüste-
ter lüszknecht, treissig zwei tausend liiiger pferd, vier und
zwenizig neun tausend backenschülzen. Guri;. 262'; zwei lau-
sendt backenschülzen. Kirchhof mihi, discipl. 195; und die
deutschen doppelsoldner und hakenschülzen schössen so hef-
tig auf die feinde, das sie endlich vergebens mustcn ab-
weichen. Waissel 239.
HAKENSTOCK , m. stock, dessen oberes ende in einen haken
ausläuß: ich risz cpheu von der mauer herab und machte
kränze und schwang sie mit meinem hackenstock, mit dem
ich hinauf geklellerL war, weit ii"Ndie DulL Bettine briefe 1, 276.
IlAKENWENDüNG, f die umwendung mü dem halcenpfluge
beim stürzen des ackers; dann auch ein Lingenmasz , das einen
so langen räum umfaszt, als man mü einem haken oltne umzu-
wenden zu ackern pflegt, Jacobssüs 2, 190*.
1S3
H AKENWIRBEL — HÄKLEIN
HXKLICH — HALB
184
HAKEiWVIPiBEL, m. eine gattung infustonslbicre , brachionua
uncialus. Nemmcii 1, 65S.
HAKENZAHiN, m. sinlzer zahn der fferde zunächst bei den
eckzahnen (s. haken 5 sp. 178): diese Laackenzühne wachsen
ellkhen pferden von einem jähr zum andern langer, und
\Yerdcn oflermahis so hoch, dasz die pfcrde dadurch am
fressen verhindert werden, öc. lex. S83.
HAKENZEUG, n. das sensengeslell, wegen der daran befestig-
ten, zum sammeln der gelreidehalme dienenden haken: bock,
bockzeug, hakenzeug, das hölzerne gesteile zu einer korn-
sense. Jacobsso.n 1, 24ü*.
IIÄKEU, m. l) der mit dem hakenpflug pflügt; knecht, arbeits-
mann. Dämxlrt 16G'.
2) der kleine bauer , der sein land nur nach haken (sp. 178)
messen kann, im gegensalz zum hiifncr, dem groszbancr : hüker,
eine art geringer unterthanen, incola qui parvam agri partem
habet. Frisch 1, 395'.
HÄKEÜGÜT, m. das gut eines häkers, kleinbauers. Frisch
1, 395'.
HAKICHT, adj. mit haken versehen: uncinus hakich, «nfi-
nosus haeclielht Diefenb. C2G'; häckicht vncinatus , hamalus
Steixbach 1,665; in der band zwei hackichte spiesze. Lohen-
STEiN Arm. 1,1162;
die (pfeile) sind scharpf, gülden, hockicin, spitz.
Bkant nnrrcnscli. 13, 27.
HAKIG, aJ;. einen haken habend:
. . komm auch, Jüngling, des haiiigen pllnge.s erfinder.
Viryils läiidt. ijed. von Voss 3 s. 5,
nach uncique puer monstrator aralri. gcorg. 1, 19;
. . mit scharfhacliiger angel. Odyssee 12, 332.
HÄKLEIN, n. dim. zu hake.
1) kleiner haken: unculus ein hcckliii Diefexu. 026*; bäckle
Itamulus Maaler 204*; und machet fünfzig gülden hccklin,
und füget die teppicb mit den becklin einen an den andern
zusamen, das eine wonung würde. 2 Jlfos. 3(i, 13; und machet
ja fünfzig elirne becklin , da mit die hüKe in eins gefüget
würde, v. 18 ; und brachten die wonung zu Mose, die hüllen
und alle ire gerele, becklin, breiter, riegel, süulen, füsse.
3?». 33; dise kartenslengel bringen oben an den gipfeln rauhe
igeisköpflein, mit scbarpfen rnmbgebogenen bäcklein, zwischen
denselben häcklein dringen kleine weisse blümlein berausser.
l?ocK kruulerbuchna'; hiiklein sive gabicin an den Weinreben,
clacicula, claviculus Stieler 730; üäklein am kleide, zum zu-
hükeln desselben:
auch liab ich nudeln, pursten und kern,
Ijiigcrhuot, taschen unri nestcl vll,
belllein und lieklein, wie niansz wil.
fasln, sp. 477, 27.
2) häklein 6JW/jc/j /«r (fos, was einem anhaßet, rnakel: jedoch
ist er darvon kommen, vom richter absolviert, doch nicht on
nachlhcil, mukel und bäcklin, er tragt schaden oder scband
davon. Acnic. spr. (l56ü) 55*,
3) eine sacbe bat ein bäklein, etwas an ihr haßendes , so
dasz sie nicht glatt und klar zu tage tritt, ein bedenken, ein aber:
mild, ich alite da^ sie biJerbc st
und doch niht arger liste vri;
da si vil lihte ein htikcl bi. Ilelhtirnj I, 1U92;
nhd. danimb wie wol golt alles in allen wirkt , so hat es
doch ain sonders bäcklin und ortbandlin mit dem men.<!chcn,
das golt nicht on in, das ist, on seinen willen, mit gewalt
wirken wil. S. Fraxk paradoxaZ'i', no. 46; noch kan ich mit
der labiiinlischcn krausen nicht ferlig werden, es bat ein bäck-
lin, ein heimlichen gang. Gnrg. loo'; und mit weiterer aus/iih-
rung des bilües: derhalben musz es ein ander bäcklin haben,
daran der lisch behäng. 194*; es ist gult, alle wahre freunde
haben, aenn bei den neuen gemeiniglich ein häklein. UursciikY
kattzl. 334.
4) ein häkiein auf einen haben, einen groll gegen einen, der
sich im grmüte wie ein hakchen schmerzhalt und stechend fcst-
g^lirftet hat; im Oslerr. Schlesien er bood a heckla of mich,
Irdijl mir etwas nach. l'trER vulkslhüml. aus itstr. Scides. 1, 448 ;
es hei aber sust ein all; heklein, doriimb er in {im turnier)
gern geschlagen bei. ani. d. germ. mus. 1, C7;
1, 1. (.,,, !,. ,,.;. I. v.,r .!,.,• MnrtKch iilloin,
'in aul' nilcli,
' fi lind nui.'li ich
•'• >......;..,.. ,i, .i.m gHchrci.
11. SACim 2, 4, 13*.
vgl. häkrhen A. ffjr b.tklein, häkchen i« diesem sinne wird
Much wol da» bild dei pike rerwanät: er hat eine pike auf mich.
MÄKLIl H, adj., von der form eines hdkleins, übertragen {nach
bäklein 3) bedenklich, verdiieszlich, schwer:
ich hob ein häklich ding,
das ich noch tliun musz.
Slwkesp. V. Schlegel, köni<] Lear 2, 1.
das wort ist seinem Ursprünge nadi von hackel , bäckel sp. 101
ganz geschieden, mit dem es doch dem sinne nach sich berührt.
HÄKLICHKEIT, f.:
nur wie? ist überhaupt
wenn man verbessern will, zumal in sachen
von dieser haklichkeit, viel schwerer als man glaubt.
WiKLAND 5, 187.
HÄKLICHT, adj. mit haken versehen, gekrümmt: häkelicht
aduncus , hamalus, uncinatus Stieler 730; ein hekelicbler
Schnabel os uncum das. auch in übertragenem .mne: häkc-
lichle bände manus rapaces das.; und andrerseits in der be-
deutung schwierig, bedenklich, spitzfindig: es war ihm nämlich
eingefallen , dasz die streiiigkcilen unter den luftaclionären
häklicht und spitzig ausfallen konnten. Immerma.nx Münchh.
2,44; eine hekelichte rede oratio captiosa Stiei.er 730.
HAKSCHEIT, n. , starker slab, woran in den sahwerken die
Pfanne mit ihren haken cingchald wird. Adelung.
HAKSOHLE, f. ein stück eisernes beschlages an dem haupte
des Pfluges. Jacobsson 6, lo'.
HAKZAPFEN, m. ein zapfen, wodurch der Zimmermann zwei
bauhülzer vereinigt, die in gerader linie neben einander laufen.
Jacobsson 2, 190'.
IIALA, interj., beim singen von Wiegenliedern:
hala lain leichen,
fücbsclien legt ein eichen,
asz es ganz uileine,
liesz dem kiiidclicn die bcine.
Fhisciiiiikk volksreime 11.
HALALI, jagdruf bei erlcgung des hirsclies , wie die meisten
ausdrücke bei der parforcejagd französischen Ursprungs und im
17. jnhrh. für Deulscli land noch nicht bezeugt. Döuei schreilit noch
ha, la lil: ist endlich der birsch gefangen, dazu nach rech-
tem brauch ha, la lil gerufen und geblasen worden, jügir-
praclica 2, 134*; im beimschieszen wird den bunden ha, la
lit (ha, da liegt er) zugerufen und die so benannte fanfare
fleiszig geblasen. 135*. die heutige jiigerspracite kennt: der
birsch ist halali,^ der birsch ist hulali gemacht;
ankenciicn schon die linnde,
herr gott, zum halali. Freilicrath glaubensbelt. 204.
HALB, adj. und adv., dimidiiis, semi-.
I. Formelles und etymologisches.
Das wort ist allen deutschen diakcten eigen: goth. halb-s, alts.
half, ags. beaif, fries., engl., nd. , nl. half, allnord. half-r,
schivcd. half, ddn. baiv, alul. mhd. Iialp. zur ermillelung der
ursprüngiichen bcdeutung versuchte Bopp {eergl. gramm. 2, 61) eine
Zerlegung des woiies in ba-lb, indem er es als verdunkeiles com-
posilum auffuszle und ha als res! des Zahlwortes skr. eka eins,
11) aber als aus golh. laiba Überrest geblieben , hinstelUe, so dut-z
das ganze den sinn enthielte 'änen Iheil begreifeüd'. dicsci' künst-
lichen deulung gegenüber liegt es näher an die giieclt. tat. würzet
carp zu denken, der der doppelte begriff von losrmzen und eilen
inneirohnt, welcher in tat. carp-ere pflüclien, carp-lim slüclctreise,
griech. xnQ7i-6i fruchl, xaQTinXiftoe reiszend schnell, XQaiTiiüi
schnell, heftig, zu tage tritt; es bezeichnet demuadi halb eigent-
lich das abgeschnillene , das gcthcilte. von den frühesten zeileu
aber unserer spräche scheint man halb in di'm sinne einer lliei-
lung gefaszt zu haben , dasz ein gleich groszer theil zurürkhiieb,
wrnig.stens ist das wort in den (iltern dialecten in dem gcnaiwn
sinne des gleich getlieillen , halbierten, auischliesziidi üblidi und
die bedeutungen, die diesen sinn melir surüdc treten lassen, bilden
sich erst nach und nach tfus.
Als nachklang des mhd. bniurhes, auch das praedicatiec. adjcc-
liv zu flectienn, »'.</ die wrsteinerte form halber ziniick geblidien,
die nicht mehr blosz da eintiilt , wo das zugelmrigc subiJuntie
masc. im nominativ ist, sundern auch in andern fallen {s.grumin.
4, 40S /.). der wlksmund reitet noch jetzt nicht nur ich bin
lialber im Iraum, sondern auch die nacht isl halber bin (/«/-
hallte), er bat ihn halber zu schänden geschlagen {für hal-
ben), CS war halber drei in der nacht; du im die orcn b.il
licr abgcscbnillen waren. Cyrii.lus spec. sap. 35; uU ihn der
k'inig halber todiwniid und überall mil blnt licrunnen sähe.
hudi d. liebe lil'; ir leidl und jamcr tmicht einer nil halber
erzeleii. Aimun bog. Fl; wann ich alles halber hinweg hüUe
185
HALB
HALB
186
schenken wollen. Simpl. 1,27" Kurz; der oberste leufnant. so
sich bereits halber bierscheliig gesoffen. 3,61; derselbe krieg
gefiele mir nicht halber. 3, 25S;
maacher liesz sich halber schinden.
Brätst narrensch. 67, 65;
der cardinäl rott
ist krank und halber todt. Opel u. Coh» 267;
und an diese form scMicszl sich eirie schwäzerische advcrbialbil-
dung halbers an : es komme ihr haibers vor, wie es gestürm
{etwas nicht kluges). J. Gotthelf schuldenb. 120.
II. Bedeutung.
l) halb im eigentlichen sinne.
a) halb bezeichnet den einen von zwei gleichen Iheilen; so
«) bei grüszen , räum- und maszbeslimmungen : ein halbes
pfuiul; ein halber eimer; eine halbe eile; ein halber gülden;
ein halbes dutzf nd, auch in ungefährem sinne, s. dutzend 2, th.
2,1774; also gab Jlose den kindern Gad und den kindern
Rüben und dem halben stamm Manasse des sons Joseph
das königreich Sihon. 4 Mos. 32,33; ich gab das halbe ge-
birge Gilead mit seinen stedten. b Mos. 3,12; da namHanon
die knechte David und beschur inen den hart halb , und
schneit inen die kleider halb ab bis an den gürtel. 2 Sam.
10,4; wenn du mir auch dein halbes haus gebest, so kerne
ich doch nicht mit dir. 1 kön. 13, S ; wir baweten die mauren
und fiigeten sie ganz aneinander, bis an die halbe höhe.
fieh. 4.6; ein tag vor des herren auffahrtstag soll dasz halb
theil des dorfs zu Ahe liefern zu Öhren ins kloster jeder ein
burd meyen; den sambstag vor dem h. pfingslagh dasz ander
halb theil auch ein jeder ein bürd meyen. u-eisth. 2, 2SS;
es ist besser ein halbes ei als gar keins. Pistorics thes.
paroem. 3 no. 98 ; scherzhaft : hätten wir sein geld zu theilen
und ich bekam es zweimal halb, so möchte er am galgen
sein, inlerim 336. auch in mehr abgezogener bedeiitung von men-
schen, der aus zu-ei hälften bestehend gedacht wird: zum philo-
sophiren ist schon der halbe mensch genug und die andere
häifte kann ausruhen ; aber die musen saugen einen aus.
ScniLLER an Gvlhe 29. ang. 1795;
alszdann soll man ihr beide beiu
zu halbem theil ablösen fein. ganMnig C4';
der alte fromme Kliraps, bei jedem bissen brot,
den er genosz, sprach: segne gottl
den schönen spruch nicht halb zu lassen, sprach
und stirb! sein frommes weib mit Hiobs weib ihm nach.
Lessing 1, 22;
nun ein halb gläschen
von diesem safte. Göthe 11, 148.
der halbe mond, unter dem man entweder die uns sichtbare
häifte der mondkugel versteld (roUmond) : das kind hat ein ge-
sicbtchen wie ein halber mond {so rund);
seht ihr den mond dort stehen?
er ist nur halb zu sehen,
und ist doch rund und schön. Claudiis;
oder die hälße des uns sichtbaren mondes {viertel), namentlich auch
oft wenn es bildlich gebraucht wird: dicht vor uns sahen wir
nichts als feindliche cavallerie, die . . sich bald in die länge
ausdehnte, bald in einen halben mond. dann in ein drei-
und Viereck wieder zusammenzog, arme mann im Tockenb. 148 ;
um den erhabnen dorn, wo einst Zenide .stand,
zieht sich ein halber moud von lieblichen gebüschen.
WlELA!(D 17, 286,
vgl. halbmond.
Wie mann und frau zusammen öine person ausmachen, so
nennt der. mann sein weib sein halbes theil:
was folget, giebt sich selbst, wenn wir zu witwern werden, -
und unser halbes theil verscharren in die erden.
Abschatz vermischte (jed. (1704) s. 104.
vgl. häifte.
Wer. die häifte von etwas gefundenem oder son-H erlangtem in
anspruch nimmt, ruft dem finder zu halb part! vgl. unten halb-
part; der kaufmann der ausnrkauft , gibt die waare um den
halben preis: glauben sie wohl, dasz er das holz, das darinne
geschlagen wird, fürs halbe geld verkauft? Lessing 1,488;
der unreelle händlcr schlägt das halbe vor, man kann ihm die
häifte des geforderten abhandeln; Nürenberger geholt ist halb
ab, das macht rächte kimff. S. Frank spr. 2,37'; saget der
kaufmann den rechten tax seiner wahr . . so kerel sich der
keufer nit dran, wil mit ihm auf nürenbergisch, umbs halb
ah, mit ihm handien. 3"'.
Bei maszbeslimmungen wird kurz gesagt eine halbe {nämlich
inasz), so riamentlich in Baiern und anderwärts (Scuji. 2,177,
Leser 131) : ein icder von den selben solien die scheffen mit
einer halben weins erkennen, weislh. 4, 763; so zahl mir
eine halbe, arme mann im Tockenb. 61 ; auch ein halbes, ver-
standen mäszchen {vgl. wolt aber . . ein halbs meslein wein
trinken. Wickram rollu: 142 A'ur;); er hies im ein halbs bringen
und ein brot daizu. rollw. 142; hernach kam der junge Sim-
plicissimus, Hesse ihm ein halbes langen. Simpl. 3. 396 Kurz,
ß) bei Zeitbestimmungen : ein halber tag; eine halbe stunde;
ehe eine halbe Viertelstunde verflossen. Happel acad. rom. 1S2;
die festgesetzte zeit war erst halb vergangen;
o wer die nacht nur halbe hin! H. Sachs ö, 226*;
der hund, itzt fallt mirs ein, war erst ein halbes jähr.
Gellebt I, 150.
bei beslimmung von stundentheilen ist halb häufig veruendet, seine
Stellung ist eine verschiedene, gewöhnlich, wenn in Verbindung mit
uhr und g\ocke, gesetzt, eine formelhafte : für es war eine halbe
stunde nach acht keiszt es es war acht und ein halb uhr,
halb neun uhr, die glocke war halb auf neun;
denn die, die hat glock halb auf elf im garten,
merkt wohl, bevor der krug zertrümmert worden,
worlwechselnd mit der Ev' ihn schon getroffen.
H. V. Kleist zerbr. kiiig, 9. auflr.
daneben die uhr schlägt halb, trenn sie durch schlagen die ver-
flossene häifte einer stunde bezeichnet: es schlug halb eins, als
wir ankamen; daher wieder schlag halb eins kamen wir an;
und in folge dessen auch andere fügungen: wenn sie dort durch
das eichholz hindurch sind, gehen sie eine geschlagene halbe
glockenslunde dnrch seine feldcr. Imnerxann Münchh. 1, 131.
— Verschieden von diesen Stundenbezeichnungen ist die Verbindung
die halbe uhr, der ganzen uhr oder- dem ganzen seiger ent-
gegengesetzt; diese zeigte nach italiänischer art die ganzen tages-
stunden von 1 bis 24, jene dagegen zwdmal von l bis li: des
morgens um 6 der halben uhr, . . umb 1 der halben uhr
nachmiltage ... zu abend umb 9 der halben uhr. aufzeich-
nungen Hans PijCklers von 1604 — 19 in der zeilschr. des Vereins
für geschicide Schlesiens bd. 6, s. 276; zu morgens frühe umb
halbe eins in der halben uhr. s. 281.
y) halb, ein beim rechnen in verschiedenen Stellungen gebrauch-
ter ausdruck: die zal seiner monden wird kaum halb bleiben.
Hiob 21,21; nun ist aber die rede hier von einem halben
drittel, oder einem drittel . . halb. Seriander rechtschreiherei
u. rechen kunst {l'iO) 5,415; die 16 thun 32 halbe, das.; denn
IV2 ist 3 halbe, das. die gemeine rede lehnt an diesen reclien-
atisdruck formelhafte Wendungen an , in denen der begriff halb
an- schärfe verliert {s. unten 2,b): professoren hat man zum
überflusz, man hört sogar sagen, mehr als d's halbe zviel.
J. Gotthelf schuldenb. 74; wenn alle tage sonntag wäre, es
wäre mehr als zhalb zwenig zessen auf der weit. s. 83; und
mit der negation: das gefällt mir nicht halb so gut, als jenes;
das eilt nicht halb so sehr; du hast nit halb so fast dörfen
jagen . du werst noch wol zu rechter zeit kummen. Ulen-
spiegel 46 Lappenberg; die erfassung des kunstschönen ist
nicht halb so abhängig von den groszen culturgeschicht-
lichen Voraussetzungen wie des naturschönen. Riehl cultur-
studien 6S. eigenthümlicft dagegen ist äne mit halb durchgeführte
mulliplicntion im sinne von noch einmal so viel, indem man ein
früheres ganzes als die häifte des jetzt erlangten auffaszt : umb
das halb meeren unrd wachsen duplicare Maaler 207' ;
und schickt in wider heim zu husz,
halb uarrechter dann er kam drusz.
.^ Bbant narrensch. 6, 4C;
der knaster schmeckt bei kaltem welter
noch halb so kräftig und so rein. Gönther 4 (1733) s. 32C
S) bä Zahlbestimmungen ist von alters her die enge Verbindung
von halb mit einer Ordinalzahl gewöhnlich, um auszudrücken,
dasz die in der Ordinalzahl angezeigte letzte stufe der summe erst
halb erreicht sei, viertehalh heiszt die drei vorausgegangenen nicht
genannten ganz, das letzte vierte nur halb, vgl. anderthalb 1,
313; schon allsächs. fifte half muddi gerstinas nialtes. Frecken-
horster rolle -i9; sivondon halvon fmbar honegas. Essener rolle
18, «PO, wie man sieltt, die Verbindung noch eine lose und keine
composilionsartige ist, wie sjnter im mhd.:
si wären vil unmücjic wol vümphlehalben tac.
AjT). I2III, I;
und nhd. er heiszet maistcr Uncian,
der siben kiinst er aclilhalbe kan. fnsln. sp. 3()5, 12;
in neuntbalben stunden verlor er land und leut.
Uhlatid totksl. 515;
er hat wol fiinfihalb tusend man.
LiLiKiscao» to/*.?/. 2, 101'.
187
Halb
HALß
188
Die feinere xprarhe verschmäht jetzt diese Verbindung mehr und
mehr, für driltehalb wird lieher das schlefipende zwei und ein
halb u.ähni. rjchraiicht ; -nie war ohnedem nur beiden einfachen und
den 2usammen(ieselzten zahlen bis zu zwanzig recht in (jebrauch,
zwanzigstehallt bildet das volk noch, dreiszigstelialb, vierzigsle-
lialb ist als nicht njf/ir recht überschaulich nicht gebräuchlich;
für acht und zwanzig und ein halb bezeugt Scmmelikr 2, 176
ncuntlialb und zwanzig an der Pegnitz.
e) der gebrauch von halb in dem vorstehend a — y aufieffihr-
len sinne erstreckt sich nicht blosz auf eine in zwei theile ge-
schiedene eigentliche einheit, sondern auch auf aus vielen einheilen
bcstelunde mengenbegriffe, die sich von einander scheiden , gerade
wie ganz auch im sinne von alle gebraucht wird;
mhd. ourh Iiüt uns bispcl gegeben
zehen junger niegede leben,
der waren äiie wisen sin
die halben vunCe under in;
den andern viiiifcn was bereit
höher sin bi wisheit. Barlaam 90,4;
nhd. die halben schuh wurden im {die Hälfte von den schuhen).
Uienspifgel 6 Lappenberg; so sagt man noch: der könig war mit
einer groszen armee ausgezogen , aber die halben soldalen
waren schlecht bewaffnet ; es hatten sich zur begrüszung
über hundert leule eingefunden , aber kaum die halben er-
langten zutritt.
t) seilen ist die Stellung des adjeclitischen iialb vor artikel und
possessieum, wie bei all 1,207: sich, halp min gftt, herrc, gebe
ich den armen. Bebaims evang., Luc. 19,8;
halb eine roeile von der Stadt.
RiJCKRBT H'oish. d. br. 1, 202,
wie rnhil. e; ist wol halb ein himelrichc. Walthkr 46, 5.
weitere beispiele unten 3, a unter iialb-halb.
»/) für den substanlirischen gebrauch der neutralen form halb,
in der bedeutung hälfle folgen einige belege: und was müslen wir
ihr (der zu verheiratenden tochtcr) erst zur haussteuer gel)en?
gescliweige jetzt ihren voraus, den wir ihr vor allen dingen
hinaus geben und dardurch unsere ganze nahrung umbs halb
schwächen müstcn. Simpl. 3,319 Kurz;
drum geht es nach gebühr,
wann sich zusammen halt madam und dann monsieur,
und gleiches gleiches sucht, die nur mit stummen sitlen
und siegell'estem mund ihr angesicht erbitten,
»^ie larvcu ohne hirn : die lügen nicht liieher,
jnd ihres beites halb bleibt billich kalt und leer.
LoGAU 2, 13;
wiszt ein ehrlich getheiltes halb
frommet mehr wie ein ganzes. Voss 5, 48.
9) der gegensatz von halb , ganz steht mit ''jenem oß in for-
melhaßer Verbindung, dieselbe ist im nd. durch alliUeralion noch
enger, da für ganz hei gesetzt wird; sie bezeichnet dos vullsldn-
dige, alle seilen einer snclie umfassende:
nicht menet he juwe vordßl,
men sin egen geit vor, beide half unde h61. Bein, fitchs ö.')00,
nach GöTHES Übersetzung:
euern vortheil besorgt er nicht selir; zum halben und ganzen
wcisz er den seinen zu fördern. 40, 185;
nd. nig half un nig heel eine nicht gute, unvollendete arbeil.
Schütze 2, 93; ich halte auch weder* ganzes noch halbes
glück darinnen {gar Iceins). SimpL 3, 258 Kurz.
i) anders ist in ganzen oder halben trinken, was sich auf
den trinkcummenl bezieht , ein dargebracittes glas ganz oder halb
zu leeren :
di8Z glägzlin n-cin.s das gilt dir halb. Garg. SO*;
was gibst mir für ein b<;chcid,
will den becher gar oder halb,
zeig» an bei rechter zeit. WA*;
da war nichts anders denn fressen und saufen zu ganzen und
halben. Scnl^rz rrri(.(:en tn2; halb und ganz saufen, saußeufel
Kh'; zu halben luid ganzen. K3';
hamu luKi halb odr heel zu saulTn.
liEnriiiMD Chr. riller l'iHO h^';
noch jetzt bei den studentischen Irinkgrlagen ich komme ilir ein
halbes, ein ganze« (vgl. kommen 3«, e, th. r», l«'0).
6) halb bezeichnet mehr den endpunlU eines ron zwei gleichen
(heilen, als diesen Iheil selbst, es llszt sich dann durch mitte er-
setzen; $o bri zeilbcütmmungen, für mitlernnchl wird auch ge-
%ag/l die halbe nacht :
■ u*z entte« enrgcm rat
bat «le ein kind geboren
wol tu der halben nacht. Uuu:«t) vulknl. S78,
die fraw von Ircm manne clagt
der Jtumc vom nein halb in die nacht, fasln, sp. 1111;
auch in der häiifung die halbe miltcrnacht:
komm heint umb halhermitternacht!
Uhlanii volksl. 179, vol. 186. 247,
mundartlich, namentlich in Mitteldculschland , ist viel verbreitet
zum halben abend, nachmittags drei ulir , weil der abend von
sechs ab gerechnet wird, vergl. ferner halbmitlag; bis in den
halben tag schlafen, in medium dormire dicm. Frisch 1,399';
auf der halben zeit sein, in der hclfte der schwangerlage sein.
das.; die sollcnt auch alle iare imszerm herren geben ein
Schilling heller czu halben mcyhe. weislh. 2, 22S; bis ich halb
September aufs land gehe {mitte scptemlicr). Götiik 29,63;
im jenner ist er hold, iialb falsch im fchruar,
ganz ungetreu im marz, und feind ums lialbe jähr.
IIauehükn I, 41 ;
ferner bei bcslimmung einer strecke:
mild, so sohle der turnei sin
zwisclien Tunebroc und Prurin •
da;^ was in gliche wol gelegen,
in boden ze lialbcn wegen. tVec 2242;
idid. da er ulf halben weg kam. Böiiei.kr köiiiij^lnrhler tS88;
darzwischen sasz die multer mein
zuo halben teil {des wencs) ulf der strnszen. 5.')27;
da sie gen Haran kamen, welches auf halbem wege ist gegen
Nineve. Tob. 11, 1; ich gebe ihnen pferde bis auf halben weg,
dann nehmen sie posl. tiüniE 20, 14S ; es ist mir immer,
wenn ich an dich denke, als wenn icii dich halben wegs zu
mir anträfe, an frau von Stein 2, 212; einem auf halbem wege
entgegen kommen, auch bildlich:
wenn dein danken meinem grusiz
halbes wegs entgegen käme. Boie hei Weinliolil s. 321,
veryl. unten halbwegs; ähnlich in andern Wendungen: da aber
Jcsaja noch nicht zur stad halb hinaus gegangen war, kam
des herrn vvort zu im. 2 kön. 20,4;
das Vorspiel war fast halb . . (his zur milte gekommen).
Rost vorm. geil. 66;
anschlagen auf den halben mann, die büchse auf die mitte
des manncs richten. Frisch 1,399*.
c) halb von dem gesagt, was einen von zwei gleichen theilen
angeht oder von ihm ausgeht: kinder die gleichen valer und un-
gleiche multer, oder umgekelui, haben, hciszen halbe kinder, vgl.
kind 11,2,/', Iheil 5,710 unten, halbe geschwistcr, von ihnen
wird gesagt z. b. synes vatir bruder eiucnthaiben (von einer
seile her, seines valers Halbbruder). Magdeburger fragen s. 102;
ein kint ist gestorben unde hol gelosen eine sweslir einent-
halben. ,s-. 103; diesen halben briidern und sciiwestern werden
ganze oder volle entgegen gesetzt: ein man hat einen halben
bruder unde einen ganczen swestir son. Magdeb. fragen 9!i;
nach mugdebin'gisclu'm rechte nimpl der halbe bruder erbe
vor volle swesler kint. s. 98 notc ; dessen (des kindes) ganzen
und halben gesch« istern. Moser werke 4 (|79S) ."!. 339; vergl.
iiallibnider, halbschwesler, halbgeschw ister. solche kinder sind
kinder halber geburt, dieser ist entgegengesetzt' die volle geiuut :
ein man ist gestorben unde hol ge'ossen einen ganczen
swestir son vollir gebort und einen h.ilben bruder son iialbir
gebort. Magdeb. fragen 99. rechtssfirichworl : die halbe geburt
tritt um einen grad zurück. Iluüo encgclopiidic (1830) s. 274.
Die anwcndung von halb in diesem sinne ist schon alt, der
Ilealfdeiie des Demulfliedcs brzrichnel einen mann, der nur von
einer seile Her ein Dune ist, eine ausldndi.'irlie muller hat, atinlich
die ahd.eigennamen Halpdurinc, Ilalpwalah. fi//.,«7n;mm. 2,033. —
Es gehört ferner hierher, wenn halb auch auf den baslmi bczuqen
wird, der adlichen valer (vatcr von geburl') aber nicht adliche
tnullar oder umgekehrl hat. vergl. unten halbling, hälherling und
hali)biirtig; aus ähnlicher an.tcktuung ist entt'prungen heras ein
halber got Diefe.nr. 276*, vgl. halbgolt.
rf) an die bedeutung c rührt der schifferausdruck halber wind,
es Ul der, der gerade auf die eine .vc/Vc des schi/fes hinweht : wir
ftet/len mit schwaciiem und iialbem winde unsern weg fort.
GöiHK 28,84; uijistuist la\nle er (der reiler) von einer seile
zur andern wie ein schiff, das mit halbem winde fährt, die
Volksmenge trieb ihn fort. Arnim kronenw. 1,193;
»ein eifer lint In iibern'undon,
er gehl mit liniboni wind xu aogeln. R. S*cm 4, 3, 9'.
i] das wart halb verliert den liegriff einer genaueren Iheilung,
M drückt im iinjenfalz zu ganz ««/er voll nur einen grvszern oder
geringeren Iheil atu.
189
HALB
HALB
190
k
o) halb == nicht rCllig: halbe feiertage, sokhe die nicht so
streng tvie die ganzen beobachtet werden; halbe trauer Irauer-
kkidung die nicht lief schwarz ist; ein Laiber schlaf ein niciU
völliger: wie lange ich so im halben schlafe gelegen, wiiszte
ich nicht zu sagen. Güthe 2S, 230 ;
dasz halb verhüllt der reiz uns mehr gefällt.
Michaelis yeii. (ITb'.i) s. StiS;
halb erschlossen geist und sinn. Göthe 41,335;
'wir haben wol recht viel geld wegzuwerfen', sagte meine
mutier halb ärgerlich. Seüme mein leben l>: bei halbem zürn
{der zorn kommt nicht völlig zum durchbruclie). i. Paul leben
Fibeln IS; wenns nur der ofßzier erlaubte, oder auch blosz
halb erlaubte, arme mann im Tockenb. 144; 'wenn nur das
junge volk hier nicht dabei wäre', flüsterte sie beschämt,
indem sie sich halb zu ihm neigte. \V. Hauff jihantas. im
Bremer ratMler ; zuweilen erhob er sich mit halbem leibe,
um aufzustehen. Immerman.n Münclüt. 4, 3 ; gegen vier uhr
morgens endlich , als die gegend noch im halben dämmer
lag. 4, 5. Die technische sfiraclie verwendet halb mit Vorliebe in
diesem sinne: halbe brettnägel sind etwa zwei zoll lang und
kleiner als die ganze brettnägel. Jacobsson 2, 191*; halbe
kaslorhüte nennt da- hulmacher solche, die nicht ganz von biber-
haaren, sondern ans einer mischung von solchen und wolle ge-
fertigt sind {das.); halbe Stiefel, deren schäße nicht ganz über
die wade reichen, vergl. halbstiefel ; halbe tücher bei den Jägern,
slelUücher die niedriger sind als die hohen tücher (Döbel jdjer-
praclica 2, 62') ; halbe vorhänge, die nicht das ganze fensler be-
decken : ein halber Vorhang an einem häselnen stöckchen am
fenster. Weisze kom. opern 2,213; in der gcrichlssprache halbe
beweisung,. der gnugsamen beweisung entgegengesetzt , Carol.
art. 23; tn» kriegs^vesen der altern zeit werden unterschieden
halbe carlhaunen, halbe schlangen, halbe feldslücken , von
ganzen: die ganze carlhaune «o^ 64 centner und war 11V2
schuh lang, die halbe carthaune nur 44 cenlner bei einer länge
von 10 '/a schuh (Böckler kriegssch. 145. 14ti); man theilte auch
noch wdter in viertel carthaunen; desgleichen halbe piken
(Friscu 1,399') kürzere als die ganzen, vgl. halbspiesz;
er tet gar manchen schütz, was gflt,
ausz bocken und baibeu schlangen. Uuland volksl. 507.
Man bietet feil halbe hausapotheken , solche in denen eine an-
zahl medicamente, die in der ganzen mit enthalten dnd, fehlen :
Apollo hat, als arzt, viel herrliches zu kauf . . .
ein oel, das jede krankbeit zwingt,
und apotheken gnug, zu ganzen und zu halben.
Hagedorn 2, 73;
die grammalik redet von halbvocalen , lauten die viel von der
natur der vocale an sich tragen; halber thon oder halber laut,
semivocalis voc. ine. Iheut. hs'.
Die allere spräche nennt einen halben mann einen solchen, der
noch niclU vollwachsen ist, einen knaben, jüngling:
sie kamen daher on alls gefär,
ir war zwelUhalb und auch nit mer.
Uhland vulkal. 651,
eilf mannet und ein junge; der ausdruck wird leicht spöttisch
verwandt :
die von Braunsweig sind binden leicht,
sie druwen viel undt thuen uns nicht;
sie haben einen reuter und halben Soldaten,
da mit wollen sie sich vor Scheppenstedt machen.
Mo.NB am. 4, 43;
die sladi schickt anderthalbeu man (zum kämpfe).
das ist ein bausknecbt und ein knab. Soltal 232;
so schickeus anderthalbeu man. s. 239;
was soll diT Brandenburger ihun
und drilthalb betlellörsten'? s. 492.'
so heiszt ähnlich das maulthiei- ein halbes pferd, ein thier was
nicht völlig ein pferd ist: unser herr der abt oder sein schult-
heisz oder diencr soll herkommen mit dreien pferden, dasz
soll ein halb pferd sein, dasz halten wir vor ein maul, weislh.
2,393; der vougt sol kumen mit ahtimhalben russe, dag
sulent siben phert sin unt ein mul. Mone anzeiger 5, 304.
in gleicher weise sieht halb als erstes glied ron composilen : halb-
vogel ein nicht vollkommener vogel, dtr slrausz wird z. b. so
genannt, weil er nicht fliegt; halbente, halbfisch u. ähnl. ; vgl.
auch halbsoldat unlen für trommler oder pfeifer.
b) halb bezeichnet einen guten Iheil, einen Iheil der nicht mehr
die genaue hälße ausmacht, sondern den man eher geneigt ist,
sich gröszer zu denken:
mhil. swelch kristen kri^teninomes gibt
an Worten und im werken niht,
der ist wol balp ein beiden.» Waliuer 7, 13,
obsehon hier halp «eye» des vorausgehenden Worten — werken
noch an die bedeutung 1 angelehnt ist; nhd. ich schweifte halbe
tage lang durch die wälder; er kam manchmal halbe jähre
lang nicht in sein haus; dasz ich röche, als wann die halb
apothek mit mir marschirle. Simpl. 4,57 Kurz; trank ich mir
einen halben rausch an. s. 70; guter keller halber hrauer.
SiMROCR 5549; als wir einst die halbe nacht durch marschier-
ten, arme mann im Tockenb. 142; es ist mir wirklich sonder-
bar, dasz diese vier zarten bändchen, die resultale eines
halben Icbens, mich in Hom aufsuchen. Göthe 29,86;
was spricht man von der nachtigall?
'die ganze Stadt lobt ihre lieder.'
und von der lercbe? riel er wieder.
'die halbe Stadt lobt ihrer stimme schall.'
und von der amsel? fuhr er fort.
'auch diese lobt mau hier und dort.' Gellert 1, 28
das halbe dorf musz in das amt. s. 42;
der wird die halbe weit bekriegen,
wer allen wahn der weit entzieht, s. 72;
und eh ihn halb Paris nur einmal ausgepflfTen,
ist zweimal unter uns sein göttlich werk vergriffen.
Michaelis ged. (1709) s. 344;
ich kann die%alben gläser,
biicbseu und schachteln,
mein halb dispensatorium
hinunter schlucken,
eh ich den schaden
wieiler aus meinen gliedern
rein heraus zu spülen
im Stande bin. Göthe 11, 155;
dieser bauer ist ein halber gelehrter, er hat an gutes stück
von einem gelehrlen in äch, verschieden von halbgelehrter (s. d.),
wo halb in der bedeutung 2, c gebraucht ist, vgl. semidoclus halb
gelart Diefesb. 525'.
Daher hat halb, wenn es adverbial zu andern redetheilen Irttt,
auch den sinn zu einem guten Iheile, ziemlich, fast, wie oft lat.
semi- ; so in folgendem: also fürt er den wagen wider auf
und rolt davon, und nuiszt der pfaff zu fusz gon. dem ge-
schach auch halb recht [ziemlich, im ganzen und groszen recht).
WiCRRAM rollw. 6S, 12 Kurz, die negation Itiervon ist formelhaft
auch jetzt noch viel in familiärer rede verwendet: da man jetzo
so geschäftig ist, die geringsten kleinigkeiten . . zu sammeln
und der weit milzutheilen. so wäre es nicht halb recht ge-
wesen, wenn man uns diese gedichte länger vorenthalten
hätte. Lessing 3, I6S; dasz die kleine freundin, bei so einem
unangenehmen anlasz und in einer so kritischen zeit , die
reise macht, ist mir nicht halb recht. Göthe an Schiller 104.
dann auch weiter: die zogen ihn aus und schlugen ihn, und
giengen davon , und Hessen in halb tod liegen (mehr tot als
lebendig). L«f. 10, 30 (a§«. forletou hine sämcucne); hätte man
mich aber sehen können, wie sollen mir wol die halb volle
bauren den buckel abgeraumet . . haben. Simpl. 3, 317 Kurz,
bauern die schon ziemlich betrunken waren ; nun hast du schon
halb gewonnen, sprach sie bei sich selber. Happel acad. rom.
267; wo! angerant ist halb gefochlen. Schottel 1115'; bekant
ist halb gebüsset. 1I30'; begnnnen ist halb gewunnen. 1132";
frisch gewagt, ist halb getban. Gotter 1, 49;
ich antwortete ihm mit halb niedergeschlagenen äugen, und
mit einem feurigen und beredten küsse. Gellert 4,254; wollt
halb krepieren vor lachen, wenn mich dann das luder so
giftig anstierte. Schiller 2,25 Kurz (räuber 1,2); halb betäubt,
bestürmt von den widersprechendsten gefühlen. E. T. A. Hoff-
M.^NN 11, 97;
wirst du einmal durch die Sträuche
halb verirrt spatzieren gchu. Günther I (1733) s. 139;
krank aber kam sie wieder,
und fiel halb todt auts ruhebette nieder. Gellert 1, 113;
und jeder blick, den er auf Lorchen warf,
kam wo nicht ganz, doch halb erhört zurücke, s. 107;
er sah nunmehr die richtiTiscbe brücke,
und lühlte schon den beinbruch halb. *. 150,
wie ilräun, halb dunstig umnossen,
die felskolossen ! Matthisson ged. (1794) s. 69;
blickt einer noch vom spiellisch um
halb lüstern. Voss 5,60;
eh nun^ halb nackt ist wohl der junge schön. Göthe 41,85.
in solchen Verbindungen bildet halb seltener in der älteren spräche,
häufiger in der jüngern . namentlich seit dem letzten viertel des
vorigen jahih., auch mit fügendem adjectiv oder particip ein
compositum.
c) halb ist tn der weise gegensätzlich zu ganz oder voll ge-
faszl , dasz ein wesentlicher Iheil an dem ganzen oder vollkum-
191
HALB
HALB
192
menen feläl; halbe worter, solche die an worlciehilde gleülisam
nur anklinycn , noch keine eigentlichen worle sind; etwas mit
haltieu äugen seLen , oder etwas nur halb sehen nicht rull-
kommen, undeutlich, flüchtig; halbe maszregeln eigieilen, unge-
nügende; ein kranker ist nur ein halber mann; duch dieses
tbut er gleichsam mit halben äugen. Ciiu. Weise kl. knie 268 ;
mit halben blicken. 24 ; sah mich kaum mit halben äugen an.
LicuTE^BEBC 5 (lSü3) *. 175; ich brenne vor begierde, die letzte
band an meine Minna von Barnhelni zu legen; und doch
wollte ich auch nicht gern mit iialbem köpfe daran arbeiten.
Lessing 12,160; Seraphine hat meine eitelkeit zuerst übm-
wunden und mich überzeugt, dasz ein bloszer beobachter
nur ein halber mensch sei. Lenz 1, 251 ; ja, versetzte sie mit
halber stimme. Götue ls,324 ; aber ihr hattet sonst nie einen
halben willen, wie ists? J.Paul TU. 4,193;
eins nians red ist ein halbe rcü,
man sol die part verliöreii bed. S. Frank apr. 2, 6S';
ein halber keniier
Terdient lum höchsten nur das miileid kluger maniier.
Hagedohm 2, Vi'J;
. . . holt dann auf z&rtliclien armen den erstling der liebe,
ein aulblüheudcs niädchen, das iliA rcizungeii traget,
und die giiie des herzens in lialbeu worten erst stammelt.
Zacuakias 2, lU;
hatten für die sach nur ein halbes herz.
SciiiLLEH yVallensl. luger, 5. auflr. ;
aar gebahnten weges mitte
wankt er tastend lialbe schrille. Göthk 41, 310;
die natur im rriihling^kleide
seh ich nur mit halbem sinn.
Ulusauisr 1, 2S.
Hierher auch das mhd. ein balbej bröt {Helmbrechl 1796) brol
von nicht guter bvschafjenheit, geringes; ferner nhd. halber mann,
verschnitten, nit eins manns wiirt, semimas Maaler 207', ver-
scliieden von jenem halben mann oben 2, o; neu wie die sacke
isl die Verbindung die iialbe weit, die damen der halben weit,
eine pedantische itberselzung des franz. demi inonde, es soll damil
die gesellscliafl bezeichnet werden , die nur äuszerlich etwas von
der gtUen an sich Irayl, Treitsciires ausdruck dafür isl weil
yemäszer : die eigenlhiuuliche fäulniss der Pariser sittcn liegt
Tielmehr darin, dasz die grenzen der guten und der verwor-
fenen geselischalt sich mehr und mehr verwischen, prcusz.
Jahrb. 22 $. 57. Weiler sind hierher zu ziehen zahlreiche adver-
biale fügungen: man musz nichts gutes halb thun. Willanü
13,78; mein vater, der nicht gern etwas halb that. (Jöthe
24,197; so machst du deine sache nur kalb. ScaiuEn 179;
nichts halb zu thun, ist edler geister art. Wielaisd 22, 2U3-,
ja wohl, herr Schulmeister, aber noch verstehe ich ihn nur
halb. Weisze kam. oj>ern 2,220; ich verstand das letzte nur
halb, gab aber doch den einreden meiner muttcr nach. Seuhe
mein Üben 24; ich genosz in der träumerei über den köpf
den schonen Salvator Rosa im andern ilügel nur halb. Spazier-
gang 2, 83 ; nd. de is man balv klok , das isl ein halber narr
Däu.nert 170';
aprel und biern zerstrewet lagen,
waren halb reif von bäumen gschlagen.
B. Waldis Esuji 3, 94, 190;
der herr sieht halb {ist blödsiclitiy); was kann der dicner sehn?
Hagedorn 1, 86;
die dinge tiefer cinzuschn,
die schulgeleiirte halb verslchii. 2, 154.
So erlangt iialb denn im gegensalz zu der bedeulung 2, b eher
den dnn eines Ueineren Iheiles:
mhd. es wiirde deheinem wibe
ze liden halp min senediu not,
e{n müese schiere sin ir töl. Hart«ann 2. btichl. 341;
nhd. «olt ich dein poi>heit halbe sogen,
man sprecb, dich soll das ertrich nit tragen.
faktii. np. 254, 37;
wir haben an unsern mannen grosz geprechon,
der wir nicht halji türu aus/ gespreclien. 7U'J, 21 ;
was ich dir gnh, iit untchuldgc urzcnci, . . .
e* war aucli nichu halb »chailliclies daht;i. Göthk tl, l.'^7;
$0 auch in dem sjirichirurle getheilte freudc do|fpcllc freude,
gelbeiltcr schmerz halber schmerz, wo doppelt eine sehr grvsze
Weigerung der freudujen empfindungen, halb eine muglichul starke
Verringerung de» »chmerzes bezeichnen soll; ferner recht prägnant
in folgendem, wo dat adt. halb in den mn rou 'nur irgend wie'
triU: alle Veränderung, so ohne wichtige Ursache geschiebel,
i»t gefährlich, wer iialb [im dienale) bleiben kan, der bleibe.
Scaumot zu; vergl. auch balblheil, halbwegs.
d) halb von characler und Stimmung des menschen, der seines
Zieles und seiner Ihalkraft sich bcwusle isl ein ganzer mann, der
unentschlossene , unzuverlässige und laue ein halber; hier in
dieser halben, unsichern Stimmung der nation. preusz. Jahr-
bücher 22 s. 71;
wollen wir nach deinem wink
unnbläszlicli streben
uns vom halben zu entwöhnen,
und im ganzen, guten, schönen
resolut ZU leben. Gotue 1, 140;
da die dummen, eingeengten
immerlorl am stärksten pochten,
und die halben, die beschränkten,
gar zu gern utis untcrjocliten. 5, 98,
drum muthig drein imd nimmer bleicn
detm gott ist allenthalben :
die Ireiheit und das himmclrcich
gewinnen keine halben. Arndt ged. (1840) s. 352.
in diesem sinne auch Maalers ein halber und nichts sollender,
liederlicher mensch der nichts wärt ist, homo semmis 207'.
3) halb in widerholter Stellung hol verschiedene nüancen der
bedeulung.
a) halb — halb betont zwei auseinander zu haltende, /Tu- sich
bestehende gleiche tlwile: halb ein mensch und halb ein Ihier,
infans ambiyuus Maaler 207', wie ahd. halbe man unde halbe
ros (centauren). Graff 4,890;
mlul. dö sach her vure sich vliejin
nianigin visc gröj^in,
halt visc half man. Annolied 221;
«/id. da stuond daran (im briefe) mein frow wer gnesen,
und wiiszl nieman was es wer,
es wer halb ein kind und halb ein bcr.
DÜHELKR königstocilirr 5540 ;
ihr schönen kinder sagt, wo kommt die Sehnsucht her,
euch, die ilir Jungfern seid, einander selbst zu küssen?
ja, wenn halb frau, halb mann an euren gliedern war,
so thätet ilir noch reclit, die seltne tust zu biissen.
GÜ>TUER 1 (1733) s. 159;
doch welch entsetzen! seine schöne,
sein liebliiig, war halb mensch, halb fisch. Gellert 1,257;
in der reclitsspraclw auf halb und halb zusammenkommen,
wenn jedes von zwei kulen die hälfte des gemeinschaftlichen besilz-
thums zu beanspruchen hat: niuibl das überlebende Iheil nach
allem landrechte, sagende dasz mann und frau auf halb und
halb zusammenkommen , den halben tlieil aller verlassen-
schaft, nichts davon ausbescheiden. ScHLicHtnoRST beilr. 2, los.
b) zwei solche geschiedene theile treten lücht hervor, die veibin-
dung halb — halb hat tveniger scharfe bedeulung, in einzelnen
fällen rührt sie fast an theils — theils: es ist halb ausz,
halb inn, hetrugliche anlwort, medium responsum Maaler 207";
zog Wilhelm . . etwas aus dem busen , das halb wie eine
brieftasche, halb wie ein besteck aussah. Gothe 21,56;
*
unsterblich, doch des todes raub,
sind wir halb engel und halb staub.
Cronegk 2 (1700) s. 100;
doch ihr [bäume) steht gebunden fest,
halb dem himmcl, halb der erde
unterthan. Arndt gett. (1S40) s. 79;
Ihre lichten haare schweben
aufgebunden, scherzend lose
halb in lüften, halb auf schultern.
TiECK kiiis. Oclavian 2. Ih. 1. uct;
junge, wirst du ewig nicht satt? sagte einmal meine mutler
halb froh, halb traurig. Seume »»Wh leben 10; Felix erzählte
ihm ein miihrchcn über das andere, halb übermülhig, halb
verlegen. Güthe 21,62; diese spbüre der einzelnen Wissen-
schaft und knnst, dieses halb bewuszt, halb unbewuszl sich
regende und entfaltende leben der culturkrcise. KiiUzler
humauilal und chrislenthum 2,72;
halb zog sie ihn, halb sank er hin. Göthk I. 186.
c) die vielgebrauchte formet halb und halb will die bedeulung
des einfachen halb (2, o sp. 1S9I noch ver.-itärken , das unvoll-
kommene zu bezeichnen, das trotz des zwiefach gesetzten halb
nidil zum vollendeten und ganzen wird:
hnIbthOnicr solltut ihr sagen,
wo halb und halb kein ganzes macht.
GöTiiR 3, 2^i
leset beide giiecbiscbe uiul rlimische gescbichlen , »o flndul
ir, das die statt Alba, so der erst model und pntrun der
stall Itom gewesen . gcbawet und genant sei worden nach
einer weissen saw, die da gefunden wtirden. wer sie schwarz,
oder halb und halb, wie man die hund schiert, gewesen,
sie beltens dahin uicbl gebawl. Garg. im' ; selbst bei vielen
193
HALB
HALB — HALBBESCHÄFTIGT
194
mitteln sind wir immer nur halb und halb zu hause, beson-
ders auf dem lande , wo uns manches gewohnte der Stadt
fehlt. GöTiiE 17, 318 ; ihr seid zur see gewesen ? ja, halb und
halb. RiEHL nvvellen 422. dann gehl halb und halb in die
bcdeutung ziemlich, beinahe, fast über: mir grawet auch schier
halb und halb, wir müssen aber ein herze fassen. H. Jol.
V. Biuü.NscuwEiG 95;
er bringt sein red weitleiiflig für,
das halb und halb miszdüuiiet mir. s. 60S;
wodurch sie das vorhabende geheimnus halb und halb ent-
deckt hätte, poiit. slockf. 129; da sie sich halb und halb er-
holte, unw. dodor 101; Mathilde: verstehst? Steffen: so halb
und halb. Fr. Müller 3, 210; so lange mein vater lebte,
wurde ich halb und halb zum kaufmann bestimmt. Secme
mein leben 23 ; zwar sei er halb und halb erwacht und es habe
ihm geschienen, als erblicke er fremde personen im zimmer.
E. T. A. HOFFMANN 11, 159.
HALB, praep., nach einer seile hin; wegen.
Der acc. des fem. halbe, ahd. halba seile, richtung , nahm
bereits im ahd. eine adverbiale und praepositionale bedeutung an,
indem er äch in der abgeslumpflen form halp festsetzte (vgl. gramm.
3, 141 «. nole). die bedeutung dieses casics spaltete sich in eine
locale und eine causale.
1) local in den adverbialen fügungen zeswün halb nach der
rechten seile hin, eina halb nach einer seile hin, mit abgeworfener
flexion sunt halb südwärts, winistar halb nach links, u. a., und
mit abhängigem geniliv dise halp der berge, ujerim halb dero
ecclesiae (Graff 4, 8S2 — 8S4». mhd. leben diese fügungen in
' groszer anzahl fort, namentlich in disehalp , dishalp, einhalp,
jenhalp, oberhaip, niderhalb, ruckhalp auf der rücliseite u. a.
(mhd. wb. 1, 616). nhd. ist geblieben auszerhalb, dieshalb, wofür
misbräuchlich dieserhalb platz gegriffen hat (2, 1141), einhalb
(3, 194), enhalb (3, 482), hinterhalb, innerhalb (was auch zeit-
liche bedeutung annimmt: innerhalb dem name Darioleta dinten
und pergament. Amadis 29), oberhalb, seilhalb, unterhalb,
der abhängige casus davon, wo er eintritt, ist regelrecht der geniliv,
doch findet sich auch der dativ verwendet (vgl. auszerhalb 1, 1034);
ferner handhalb nach der handseile hin, sattelhalb nach der
saltelseite hin: ist das sattelross handhalb und das handross
sattelhalb creuzweis über einander gefallen. Schm. 2, 175;
waldeshalb nach der waldseite hin : wir theilen auch unseren
herren die fach zu brechen waldiszhalb. wei^th. 2,152; aus
Urkunden des IG.jahrh. wird beigebracht Schwabhalb, Baierhalb
nach der Schwaben-, Baiernseite hin, Gersthoferhalb Birli.nger
schwdb.-augsb. wb. 217*. allenihalb, beidenhalb, beiderlhalb,
einenthalb gehören nicht hierher, hier ist -halb nur Verkürzung
von -halben (vergl. unten halben).
2) in causaler bedeutung, betreffend, um — willen, wegen, ist
dieses halb bereits seit IVotkers zäl bezeugt: zites halb ad con-
ditionem lemporis, din halb, min halb meinet-, deinetwegen
Graff 4, 885 ;
mhd. swie unhovebsere
gewamles halp er waere. Trist. 102, 30-,
Isöt diu hxte Isolde
Tristaudeu muotes halp genomeii. 481, 23;
nhd. bis auf die neuere zeit herab in vielfachem gebrauche, obschon
durch halben und halber (s. d.) oft beeinträchtigt, der regierte
casus ist wie ahd. mhd. imtner der genitie, der auch stets voran-
gesetzt wird: propter naturam der natur halb, propler oleum
ursach halb des olesz Diefe.nb. 466'; wie er söllicher krank-
heit halb vor dem altur sant Gallen gestorben sye. Oheims
Chronik 40,12; do ward Arnolfus .. irs emsigen gepetz halb
bewegt, inen laussen ainen fryhailbrief schriben. 66, 29;
Galeotus Malatesla, des nam loplicher sachen halb, bede in
fride und in kriege begangen in welschen landen wyt und
brait erkant ist. Wyle transl. 139; das er dem künige geld
brechte, und in etlicher nötiger sachen halb erinnerte. 2 Macc.
4,23; alters halb etwas wo! mögen thun, per aelalem posse,
Jugend halb nit mögen thun, per aetatem non posse Maaler 207*;
hast du deiner geschafften halb so vil wil oder musz, tan-
tumne ab re tua est otii tibi das.; der halb (deswegen). Frank
parad. 55*; welche etliche händel eines feinds liaib betten.
Götz V. Berlich. 63; wann er was misztröstig der vergange-
nen geschichten halb. Aimon bog. 5; damit sie sich mit ihm
des rilters halb besprechen möchte. Galmy 84 ; dasz ir hohes
geschlechtes halb nicht fehlen soll, euch redlich und mannlich
zu hallen. Amadis 71 heller; folgendts sprächet sie mancherlei
IV. II.
Sachen halb mit ihnen. 257, seid der löwio halb uner-
schrocken. SiMKoch 2,278;
0 nachbewrin hilf du und rhat . . .
dasz ich vom mann bleib ungeschlagen
und wird der gezücht auch darbei
desz pfafTen halb ledig und frei. H. Sachs 4, 3, 12';
das ir eurs Stifts halb willign wolt,
das desz orths ein bisihumb sein seit.
Atbbr 137* (691, 13 Keller);
so ist er ein solche person,
dem ich schön halb nicht feind sein kan.
438" (22U1, 16 KelUr);
weil dir ja kein held (das sei gnug)
der vor dir in der cronic stehet,
wie immer khün, gerecht und klug,
verdiensts und lugent halb vorgehet. Weckherlw 368,
• kricgs halb und friedens halb. 440;
den herrn erfragend fürstlicher hochbegrüszung halb.
GÖTHK 41, 200.
s. ferner derhalb, deshalb, weshalb.
HALB.\BE.\DBHOT, n. brot was zu halbem abend (sp. 188)
genossen mrd ; in Nilteldeutschland üblicher ausdruck für vesperbrot.
HALBADELICH , adj., von einer seile her adelich, vgl. halb-
bürlig: sie vermeiden die groszen gewissensbisse, die nach-
weit mit halbadelichen kindern zu verwahrlosen. Rabe.ver 3,336.
HALBADEPT, m.: ob ich gleich als halbadept vor den
apothekern und allen denjenigen, die mit dem gemeinen
feuer operirfen, sehr wenig respect hatte. Güthe 25, 204.
HALB.\FFE, m.: der mensch ist der halbaffe, in dem
typus der höchsten entartuog, im turpe brutuin ar.imal, ist
er zur weit gekommen. Kritzler humanildt u. chrislenthum 2, 90.
HALBAMTLICH, adj., so hat man in neuerer zeit das fremde
ofßciOs übersetzt: das halbamtliche blatt der östreichischen
regierung. volkszeitg. 1863 no. 184; die halbamtliche presse.
llallische zeilung no. 222, 1868.
HALBÄR.MEL, w». ein kurzer ärmel an der frauenkleidung,
der höchstens bis zum eilenbogen herabreicht, davon das adj.
halbärmelig: halbärmelig gekleidet sein, solche ärmel tragen. —
Man nennt auch ärmel von länwand, die über die gewöhnlichen
ärmel gezogen werden und vom handgelenk zum ellenbogen reiclien,
halbärmel. Adelung.
HALBART, /'. subspecies: halbarten, arten die sich nur mit
groszer mühe von einander unterscheiden lassen, aber doch,
aus samen gezogen, beständig dieselben bleiben. Nemnich
4, 1306.
HALBALFRECHT, adj.: der kranke nahm eine halbauf-
rechte Stellung; mit seinen halbaufrechten augenbraunen.
J.Pal'l Hesp. 4,32.
HALB AUSTER, f. palella, eine gattung Schnecken die mü der
auster ähnlichkcit hat. Nemnich.
HALBBARBAR, m. semibarbarus.
HALBBARBARisCH, adj. : überseeische heerfahrten in halb-
barbarische länder. preusz. jahrb. bd. 22 s. 55.
HALBBARFLSZ, adj.:
und bruder graurock trat hervor,
halbbarfusz ohne schuh. Bcrger 46*.
HALBBÄRTIG, adj. mit eben erst sprossendem harte: halb-
bärtige kriegjünglinge. J. Paul dämmerungen 32.
HALB BATZEN, m. geldslück im werte eines halben batzens.
Schm. 1,227; dabei wir dannoch nachmals geordnet und be-
fühlen wollen haben, dasz halbbatzen, auch dreicreuzer und
anderer- geringerer sorlen münz . . endlich ab- und einzu-
stellen. Regensburger reichstagsabsch. von 159S, §56; diobolares,
halbbatzen-mägdlein. facet. facet. 430.
HALBBALER , «i. l) gegensatz des Vollbauern oder ganzen
bauern , der nur halb so viel als ein volles bauerngtä besitzt,
niederd. halvbuer Dähnert 171*.
2) Pächter, der von dem eigenlhümer eines landgutes feld in
pachl nimmt, und stall des gcldzinses die hdlße des natural-
ertrages gibt. öcon. lex. 912.
HALBBALEREI, f. pachtung von feldgrundstücken auf die
hdlfle des naluralerlrages. öcon. lex. 912.
HALBBAUM, m. halb aufrecht gewachsener bäum, dessen hdlße
auf der erde kriecht.
HALBBEDECKT, pari, semitectus: mit der einen band öffnet
sie zitternd das fenster, . . mit der andern zieht sie den
Vorhang vor das halbbedeckte gesiebt. VVezel Tobias Knaul 1
(1773) S. 96
HALBBESCHÄFTIGT, pari.: diesen {streit) zu führen und
zu unterhalten übertraf nun Lenz alle übrigen un- oder halb-
beschäftigten. GöTBE 26, 248.
13
195
HALBBEUTE — HALBDEUTSCn
HALBDUNKEL — HALBE
196
HALBBF.ÜTE, f. vas halb und halb erbeutet ist: wir freuten
uns schon auf liie guten wurste und braten, die uns von
dieser halbbeule (einem halb mit gewalt erlangten Schweine) zu
theil werden sollten. Göthe 30, 117.
HALBBEWISZT, jiart.: fahigkciten werden vorausgesetzt,
sie sollen zu ferligiioiten werden, diesz ist der zwecii aller
erzichung, diesz ist die laute deutliche absieht der ellern
und vorgesetzten, die stille nur halbbewuszte der kinder
selbst. GüTHE 17,60; Ottilie . . die in halbbewuszter Jugend
mehr ähnele als sah. s. 319.
ll.XLBBEZECHT, pari, semigravis vino. Stieler 2004.
HALBHIER, n. das nachgebraute, schlechte bier, auch dünn-
bier, kofent genannt, hausbier sive lialbbier cerevisia secun-
daria Stieier 14ß.
HALBBILD, n. unvollkomvicnes bild: halbbilder heiszen sie
{die duppelbilder des rhombischen durchsichtigen kalkspalhs) .weil
sie das object, in absieht auf die stürke seiner gcgenwarl,
nur halb ausdrücken. Güthe üo, 5.
HALBBILDUNG , f. unrolUiommene ausbildung des viensch-
lichen geistes: die dilettantische halbbildung fast aller unserer
bühnenleiter. grenzboten 1S46 no. 43 5. 175; kleinigkeilen, von
denen der referenl behauptet, dasz sie lediglich der halb-
bildung und kleinbürgerlichkeit ein Interesse ablocken, blatter
für lilter. Unterhaltung 1866 s. 761. vgl. halbgebildet.
HALBBLAU, adj.: mit einem halbblauen äuge davon kom-
men. Cijkuuius 1, 2, 126.
HALBBLIND, adj. semicaecus, caeculus. Stiei.er 195; ihre
halliblinde liebe für den bruder. J. Paul Titan 2, 151.
HALBBLUT, n. der abkömmling von eitern verschiedener race:
halbblut von einem Europäer und einer Indianerin, auch
vom pferde getagt , das von einer seile her edlen (arabischen)
Ursprungs ist: als er auf seinem halbblute dem schlösse zu-
sprengte. Freytag soll u. haben 1, 31.
HALBBLÜTIG, adj.: die neuseeländerinnen schlieszen oft
ehebündnisse mit Europäern , und aus diesen Verbindungen
geht die schönste classe von haibblüligen hervor, die es
vielleichl in der weit gibt, ausländ 1S46 «. 1396.
HALBBOGEN, m. hemicyclus. Stiei.er 138. dann auch der
haWuelheiUe bogen papier (s. böge 9, theil 2, 219): WeluTrilz
schwur, er habe selber zugesehen, dasz er die iiteraturzeilung
so gelesen, wie sie in einander halbbogen- weise steckte.
J. Pacl Titan 5 s. 11.
HALBBUUDEB, m. bruder von gleicltem vater aber ungleicher
multer, oder umgekehrt (s. halb 1, c sp. 188): halbbruder, qui
eundem palrem scd aliam matrem habet Frisch 1, 144'.
HALBBBÜTIG, adj. scmianimatus : halbbrütige eier ova urina
Stieleb 249. Steixbach 1, 207.
HALBBÜWGEB, vi. ein nicht das volle bürgerrecht besitzender,
gegensatz zu vollbürger: meistentheils nur freigelassene und
halbbürger. Niküuiir 1,649; geisterseher für halbbürger einer
andern vselt halten. Kant 3, 82.
HALBBÜRGERSTELLE, f. wohnstclle auf der nicht die vollen
bürijergerechtsame ruhen: halbbürgerstelie zu Bederkesa, hannuv.
amtl. bckanntm. 1853.
HALBBÜRTIG, adj. l) uterinus, abunolalere: halbbürtiger
bruder Stieier 96; halbbürtige geschwister (Adelung).
2) nicht roll legitim, bastard (s. lialb l, c am scidusse sp. 188):
halbbürtgcr bursche!
(haU-biooded lellow).
Sliakusp. von Schlegel, I.enr 5, 3.
HALRCATTÜN, m. cattun, der aus baumwollenen und leinenen
fiden gewebt ist. Schedel waarenlex. 1, 49l'.
HÄLBCHF.N, n. scherzend für halbe im sinne von hall>e masz
{sp. 186): es ist durstig wetler. ihr herren , wiire nicht ein
hälbchen anzulegen? inlerim 193. in Tirol a halbele aus-
slcchcii (trinken). Fromm. 5, 417.
HALBCHRIST, m. unvollkommener, schlechter. Christ: er wil
sich das auf seinen reisen unter den liallikri«len gesehene
wülleben nicht verabieilen lassen. Rutsciikv hd. kanz. 44.
HALBÜÄMMERUNG, f.: blickte ich sie . . in der halb-
dammerung rtcharf an. (inrns 52, 36.
HALRDENKER, m.: die inconsequenzen und Widersprüche,
die »ich in den köpfen unserer halbdenker unaulhurlich
heruuitiinitneln. Fichte pltU. journ. 0. 301.
HALIiDEUiSCII, adj.: in den hulbdeutschen ostprovinzen
{Frankreich*), preusz. jalirb. 22 s. 02. in sittlichem sinne: dem
kleinmülliigcn, unedlen, hnllxleulHchen Ki<ii»iTocH 12, lOü;
denn der ist nur ein klciiiiiiiiiliii.rr, ein Ii:i1IiiIciiImIh'i. einer
der sein Vaterland verkennt, der es noch erst lernen musz,
dasz der ächte deutsche, der kernhafte mann der nation
alsdann gewiss ausführt, wenn er auszuführen beschlossen
hat. s. 204.
HALBDUNKEL, adj. subol)scurus :
halkdunkler gruftlampe vergleichbar. Platb» 132;
vergnügten uns an dem seltsamen hulbdunkel dieser breter-
hülilen, die nur durch des glühenden otens geringe Öffnung
kümmerlich erleuchtet werden. Göthe 25, 328.
HALBDURCHSICIITIG, adj.: das edle halbdurchsichtige des
gelblithen, der fleischfarbe sich nähernden Steins ist ver-
sclnvunden. Göthe 27, 244.
HALBDUBCHSICHTIGKEIT, f.: überhaupt aber ist das
kennzeiclien des doppel- und nebcnbildes die halbdurch-
sichligkeit. Göthe 52, 108.
HALBDUTZEND, n. zahl von sechs, auch unbestimmt, in nur
ungefährem sinne verwandt; die form ist weil weniger gebräuch-
lich als halbes dutzend, halb dutzend (vergl. 2, 1774): wie
können sich ein hulbdulzend kluge leute so lang bei einem
Schreibfehler aufhallen I Güthe 56,190;
haben wir wol rechl gezählt,
wenig am halbdutzeml lehlt. 1, 125.
HALBE, f. hälße; seile.
Beide bedeutungen , die sich aus der ursprünglichen abschnitt,
theil is. sp. 184) natürlich ergeben, treten bereits vor in dem ags.
subst. healf, fries. halve, während alid. halba, mhd. halbe,
alts. halba nur den sinn seile, dann auch gegend, region ent-
wickeln, das goth. halba üt nur in übertragener bedeutung be-
zeugt, vergl. unten 4. das hochdeutsche hat das wort mehr in
einzelnen, adverbial und praeposilional gewordenen casus gepflegt,
in dem acc. halb und dem dal. pl. halben (s. d.), als in seinem
eigentlichen frischen sinne, daher es, abgesehen von den eben
genannten casus, im nhd. nicht oft erschaut; wogegen es im
niederd. , wo es von allen zeilen her sehr gebräuchlich war, in
lebendiger anwendung hau/ig dauert.
Die bedeutung.
1) hiiilfte, halber theil ist wenig bezeugt : halbe medietas, dimi-
dium Stieleh 736 ; ich kann nur die halbe von ihm sehen,
ab altcro solum laterc conspiciendutn se dat. das.; niederd. halve
in I'ommern Dähnert 170'; halwe in der Altmark Dan.neil 74*.
2) seile, als bestimmte der mitte entgegengesetzte fläche: rechte
halbe, linke halbe; diese halbe, jene halbe, die andere halbe,
so namentlich niederdeutsch Schütze 2, 93. Schambach 72' {vgl.
auch behalben zur seile, bd seile gelassen 1,1320);
de egel ör up der andern (cncn?) siden sat,
und de csel up der andern halve. Liliencro« 2, 213'.
vgl. mhd. nu gcriten si bede einen wec,
an dirre silcn Erec,
unde jenentlialp er. Erec 6863;
an beide halbe, zur link und rechte seiden, weisth. 4,648;
auf die andere halbe führen. Harnisch 238; auf die halbe
gehen, secedere, latire Stiei.er 736. Hierher namentlich nieder-
deidsche redensarten: up der halwe lin auf der seile liegen,
umgefallen sein, krank liegen. Schambach 72'; 6nen von der
halwe anseien von der seile ansehen, verächtlich; 6wer de halwe
bringen auf die seile schaffen , fortschaffen, heimlich tödlen, was
auch ins hd. übertragen ist: es ist zeit, dasz er auf die halbe
geschafft werde, der dörfle mir die karte falsch machen,
wenn er sich entdeckte. S. v. Birken Margenis 136 (der verf.
lebte eine zeit lang in liraunschweig und mag die redensurt dort
gehört haben); mein valer, meine mutler, meines brudern son,
meines brudern weih seind alle dahin, nun ist mein bruder
noch übrig, wie ich den auch über die halbe helfen möge,
wolle ich gerne ewre meinung hören. H. J. v. Bhaunschweic 384.
3) neben der vorigen bedeutung entwickelte sich die landlheil,
landstrtch, gegend, schon ahd. (Grakf 4, 886), altsdchs. (Heliand
15)87);
mhil. man «ngit da; dar in hnivin (in diesen landslrichen) noch fin
die dir diuii.ochrii »prucchin,
iugett'in Indio vili verru. .iunotied 313;
was in dir neuern spräche nur in einigim der unter dem adver-
bial gewordenen aee. halb is/i. luoi so wie unten unter halben
mügeliieilten (ormrln nachktin<it, im übrigen nicJd mehr bezeugt i.«t.
4) die übertragene bedeuluni) der richlung, bezieliung, rückuchl,
die schon ijoth. erscheint: ei Inolluli unsnra so fram i/.vis ni
vnur|ii lausa in |iizai liaibai. 2 ('or. 9,3, lial nur noch in den
beiden adverbial gebraucliten casus halb und halben (s. d.) ihrt
fortduuer.
197
HALBE — HALBEN
I
HALBE, verstanden masz, s. halb sp. 186.
HALBEDEL, adj. von nicht vollkommen edler geburl: die-
selben Stattjunkern und balbedlen. Keisersberg narrensc/i. 137 .
HALBEDELSTEIN, m. stein von viinderer härte und sciwnheü
als der eigentliche edelstein.
HALBEHE, f.: die tauben geben uns ein symbol der
christlicben ehe, die gänse der altjiidischen, die bühner der
mahomedaniscb türkischen; die puter aber erinnern uns an
die lockere hulbehe vieler . . heidnischen volker. Hamburger
mag. 1S44 s. 333.
HALBEILÄND, n.:
und blickten nach Bonas
halbeiland, das einst dem sclnrmentlen Hermes geweiht war.
Ptrker Tunisias b, 'iti.
HALBEIMERFASZ, n..fasz das einen halben eimerhält: der
kellermeister Balthasar aber rollte ein halbeiinerfasz herbei.
W. Hacff phantas. im Bremer ralskeller.
HALBELMERIG, adj. einen halben eimer haltend: halbeime-
richt fasz semissis situlae Stieler 2S.
HALBEINSAMKEIT, f.: leben sie recht wohl in ihrer halb-
einsanikeit. Göthe an Schiller 591.
HALBEN, ivrb. dimidiare, ahd. halben (Graff 4, 8&S), mhd.
halben, im mhd. tcb. 1,617* nur einmal bezetnjt , weil dafür
schon das halbfremde halbieren eingetreten üt : dimidiare halben
DiEFENB. 182*; die gehalbte contribution. halt. sind. 15,131. —
Lcther braucht die umgelaiäete form, die auf ein ahd. halbjan
furücku-eist : aber genze oder helbe den Christum wie du will,
so gibst du gleichwol das ganze sacrament nicht. 6, 32l'.
HALBEN, adv. und praep., eigentlich der dat. pl. des sub-
stanlirs halbe {vgl. oben), bereits ahd. in solchem gebrauche.
1) der ursprüngliche locale sinn zu seilen, auf seilen tritt im
ahd. in den formein pedem halbüm, allen halbon (für letzteres
auch das componierte alahalbon) hervor, welche worte schon mhd.
in eins zusammenwaclisen : bedcnthalben, allenthalben, mit cin-
gesclwbenem t, das nach 2,912 unter deinethalben (veigl. auch
gramm. 3, 217) etymologische bedeulung nicht hat. diese adver-
bialen fügungen dauern im nhd. als allenthalben, beidenthalben
(verderbt beiderthalben 1, 136b) fort, die formen allenthalb,
beidenthalb entstanden, indem das letzte der zusammengerückten
Worte die dativisclie flexion abwarf, während sie im ersten blieb.
Auszer diesen starren formein ist aber nhd. das einfache halben
als praeposilion in vielfachem gebrauche, wenn auch nicht mehr
im localen sinne, sondern in übertragener, mehr ursächliclier be-
deulung. der regierte casus ist der gcniliv, der dem worte voran-
geht; die Volkssprache namentlich in Mitteldeutschland gestattet sich
auch die fügung mit dem dativ: mir halben, dir halben meinet-
wegen, deinetwegen; dem dinge halben (darum) gehe ich noch
keinen schritt.
2) an die locale bedeulung rührt es nocli am näclisten, wenn
halben zur bezeichnung des Ursprungs, abkommens verwendet
wird :
der denn von metzgergschlecht ist worn
seiner muter halben geborn. H. Sachs 3, 2, 151';
vgl. mhd. und zwäre, herre, ich han noch kiut,
diu min von goies halben sinu Trisl. 105, 10,
von goU habe ich sie erhalten, daher der mutter halben ein
erb sein, von mütterlicher seile lier. Avemin bei Schm. 2,175.
3) halben hat die bedeulung in rücksicht , in beziehung , be-
treffend: Ulenspiegels ward wider vergessen seiner speisz
halben. Ulenspiegel 29 Lappenberg; und nicht hunger brots
halben leiden müssen. Jer. 42,14; nicht sage ich das des
mangels halben. Phil. 4,11; das ich mich so auf eine ferne
reise, in so grosze fahr, dazu so schwach von leib und aller
ding arm der zerung halben, hieher zu komen begeben.
Luther 1,122"; so ist die schrift des türken halben schon
erfüllet. 4,476*; wäre ichs mein halben wohl zufrieden, br.
3,99; mit einem etlicher sachen halben reden, una cum
aliquo communicare omnia quae cura aliqua a/ßciunt. Maaleb
207*; inüssig sein, etlicher ding halben zeit und weil haben,
ab aliqua re otium vel tempus habere, das.; ich bekümmer
mich heftig dieser sach halben, wo sie doch hinausz wolle.
Amadis 28; soll es keinen unterscheid der gute halben unter
uns haben. 254; ir soll allen zweifei meines gesellen halben
von euch schlagen. Gulmy 286; die alte, die des preises
halben bereits mit ihm Uberein gekommen war. Wibland
3, 262 ;
man beckt auch da gut weck und brot,
Qeiscti halben leidt man auch ki-in noht.
E. Albshcs 141;
HALBEN— HALBENTE
was sorg ich ihrer kriegesart
und ihrer treffen halben? Lessiug 1,47;
198
wiewohl die schritt sie nicht der treue halben preist.
WiELAHD Uberon b, 72;
auch in der Verbindung um — halben, wie um — willen, um —
wegen (vergl. um) : ich .werde noch ein wenig umb dieser
Sache halben sprechen. Schlppics 5S8.
4) am häufigsten hat halben rein ursächlichen sinn, aus grund,
weijen, erlangt: da ain wort für ain anders gebrucht wirt
etlicher gelychnüsz halben der dingen, so sy betüttent. Wyle
Irans/. 352,31; du weist das ich nicht böser lust halben diese
meine Schwester zum weihe genommen. Tob. 8, 9 ; dieser
hoffnung halben . . werde ich von den jüden beschuldiget.
ap. gesch. 26,7; einer kam von sinnen siechtagens halben.
Falli schimpf 7ü'; der empfangenen wunden auch blutens
halben krafllosz worden.' Kirchhof wendunm. 14*; dasz sie
arinuth halben die tochter . . nicht wuszten zu versorgen.
Frey garteng. 1*; ganz heftig erfreuweten sich beide könig
irer unverhofften erkanntnusz halben. Amadis \h; dieser rede
halben lacht Oriana. s. 55; Oriana .. welche in ganz freundt-
lich und wol emplieng, zum theil von des Amadis wegen, der
in lieb hatte, zum theils aber der guten tractierung halben, die
ir in Schotten bewiesen worden, s. 261 ; ob wir nun gleich
desz klettern und steigens halben fast müde waren. Opitz
2,288; er muste in seinem hohen alter theurung halben in
die frenibde ziehen. J. B. Schlppils 173, ainpts halben musz
er zürnen, s. 292; da man kaiser Rudolf fragte, weszhalben
er sich nicht zu Rom wolt krönen lassen, s. S32; gegen den
abend kahmen sie an einen verdächtigen orth, welcher der
räuber halben gar unsicher, pers. rosenlh. 3,27; wegen des
liderlichen anmulens , so ich, glümpfs halben, nicht wider-
hdlen mag. Butschky hd. kanzl. 322; er beklagte sich sehr
ihres redens halben, unw. doctor 115; itzt musz ich, amtes
halben, auch deinem gegentheil ein obr verleihen. Wielaxd
26, 219 ; was hier des Vortrags halben wie im zusammenhange
geschildert ist. Göthe 48, 46 ;
als er nun k.im zu seinen tagen,
und kundt die last nicht länger tragen,
und krankheit halben umb ihn stundt,
daj er die läng nicht leben kundt. E. Alberüs 67;
weil er {.Mars) niemals winters halben
weichet wie die falschen schwalben. Logad 1, 73, 94;
Reinecke fuchs, der schelm ! der viel begangenen freveis
halben des hofs sich enthielt. Göthe 40, 5;
siehe den Kleiios entfiihrte die goldenthronende Eos
seiner Schönheit halben. Odyssee 15, 250.
auch hier, wie oben 3, die häufung um — halben: dasz umb
dieses lasters halben oft ganze slädte seind ruiniret worden.
ScMüPPiüs 507; wie ihn (den Hafis) denn auch noch jetzt, un-
bewuszt mehr als bewuszt, kamel- und maulthiertreiber fort-
singen , keineswegs um des sinnes halben , den er selbst
muthwillig zerstückelt, sondern der Stimmung wegen, die er
ewig rein und erfreulich verbreitet. Göthe 6, 71.
Ursächlichen sinn (oft an die bedeulung 3 streifend) haben die
adverbialen fügungen meinenthalben , deinenthalben , seinent-
halben, unserntbalben u. s. w., die häußger in der form mei-
nelhalben (nieinlhalben Wieland 10, 157) u. s. w. erscheinen,
und die nebst ihren kürzungen meinethalb, deinethalb u. a. an
ihrer stelle nachzuscidagen sind, ihnen nach ist gebildet ebrent-
halben, ehrentbalber 3, 66. desgleichen sind derhalj)en, dero-
halben, derenthalben, deshalben, weshalben, wo halben mit
ilirem casus eng verbundene praeposition ht, am beireffenden orte
behandelt, solche enge zusammenrückung hat man sich auch erlaubt
in amtshalben (1, 2S3), ebrenhalben : ehren- und namens-
halben. ScHUPPiüs 622, rechtshalben, scbandchalben.
HALBENGEL, m.: ich wüste nicht, ob ich einen menschen,
ein frauenzimmer oder einen halbengel sprech(;n hörete, oder
ob es gar ein volkommener engel sei, der seinen himmel
verlassen. Zesen Assenat (1672) s. 30.
HALBENS, erweiterte form der praepos. halben: vom dienst
gesetzt werde ebebruchs halbens. Schupprs 645.
HALBENTBLÖSZT, part.:
ich schlief in einem garten,
den res und mynhe zierten,
in dem drei holde schönen
den halhentblö.<ztcn busen
mit frischen blumen krönten. Hagedor;« 3, 67.
HALBENTE, f. eine kleinere entenart, anas querquedula. Nem-
Nicn 1,2^1. niederl. middel end; in französLichen mundarten
halbran, halcbrand, was nach Diez roman. wb. 657 auf einein
deulsclicn halber ent {masc, nach mhd. ant entrich) fuszt.
199 HALBENTSEELT — HALBEUSCIlUOCKEN
HALBENTSEELT, pari:
als, missethätern gleich, von der tyronnen schaar
umringt, und lialbentseelt mich dem verhasztcn gatten
mein valer übergab. Gotter 2, 405.
HALBER, praep., neben halb und halben in uilllifirlicliem
gebrauch, ist eine entarkle form des erslcren. als für das adj.
halb die form halber {sp. IS-l) sich festsetzte, wurde auch für
das praepositionale halb, eigentlich acc. des fem. halbe, jenes
halber gebräuchlich , u-eil die beiden gleichlautenden formen inis-
brduchlich gleich behandelt wurden. Es kann seil dem 15. jahrh.
nachgeteiesen werden, in Verbindung mit einem yenitiv , der dem
Worte gewöhnlich vorgeht: huflart halber. Tercntius deutsch (U'j9)
9"; doch auch Uim nachfolgt: halber der Verachtung, das. —
halber hat dieselben übertragenen bedcutungen wie halb und
halben.
1) in bcziehung, aus rücksicht, in hinsieht: diesem versprechen,
welches ich euch desz Atnadis halber gethan. Amadis 292;
alle Adamskinder sind unter einander gliedniaszen, dann sie
.■^ind ihres geschlechts und natur halber alle aus einerlei
malerie. jters. rosenlh. 1,12; niemand soll seiner stärke halber
pralen. Lokmans fab. 3(i.
2) rein ursächlich, aus grund, wegen: sie waren in groszer
betrübnisz ircr kinder halber. Aimon bog. d; wurden sie der
festen platz halber erfcrl (erschreckt), bog. i; armut, so sie
desz manncs schwelgerei iialber litte. Kincunor wendunm. 294';
dasz nach anscbawung der fürtreUenlicben Schönheit ewers
gnedigen fräwlins Elisena ich in solche unüberscbwenkliche
peen , irer liebe halber, gerabten. Amadis 18; aber als sie
vermerkt, dasz ich meiner durch der andern empfangenen
wunden und viel vergossenen bluts halber ganz schwach.
s. 59; wie er glückhaft seiner sterkmiitbigkeit und tugendt
halber, s. 155; dieser rede halber stundt Amadis still, s. 2Sü;
zween »itter .. die deszhalber, wie ir vermelden, kiimpfen
wollen, s. 415; und der weg, räuberei halber, sehr unsicher
war. pers. rosenlh. 7,18; das lamm kann seiner wolle halber
gekauft werden. Lokmans fab. 20; evv. woledl. hochw. und
hochgel. gunst. haben als meine ordentliche hochgeehrte
Obrigkeit tragendes ampts halber darüber geeifert, und solch
pasquill conlisciret. Schlppius 620; man stellt dieses princip
nur ehren halber in der metaphysik auf. Kant 2,110; des
dadurch zu erreichenden Zweckes halber. 6,278; wie ihn ein
patron nach dem andern fortjagte, schclmstreichc halber.
GöTBE 8, 200 ; wenn das mädchen in dem hause geschürte
halber herumging. 15, 131. vgl. ferner desbalber 2, 1030, wes-
halber. — ]n der Verbindung um — halber (vgl. um — halben):
dasz man, um deiner hinterlistigen höflichkeit halber, die
gute Sache verlassen und dir beipflichten wird. Gottsched
bcredsamkeit (1764) s. 137.
Zusammenriickungen des casus mit der praep., wenn der erstere
oline artikel stelU, sind schon seit dem \6. jahrh. nicht ungewöhn-
lich, vergl. amtshalber 1,283; ehrenhalber 3, 61; lusthulber
deliriarum causa .SiEiNnACii 1,669; nothalber ^marfw 275.353;
schandehalbcr; spaszeshalber. hier tritt, doch erst seit dem
id. jahrh. , bei mehrsilbigen weiblichen subflantiven , namentlich
denen auf -heit, -keit, -ung, -schaß, jenes sonst nicht erscheinende
genitivische s an, über das gramm. 2, 934 /f. gehandelt ist: schön-
heitshalber, vergnügungshalber, ordnungshalber, wirtschafts-
halber.
HALBEF^BE, n. gegensatz zu vollerbe, kleineres vom vater
auf den söhn erbendes bauerngul im Westfälischen {vergl. unter
erbkotte 3, 727) : man thcilet sie {die bauemhöfe) in ganze,
halbe und viertel, oder nach unserer art zu reden, in voll-
erbe, halberbc und erbkotten ein. Moser 5,4; der Inhaber
eines erbes, halberbes oder koltens. 1, 333.
HALBEBBE, m. haeres ex parte dimidia. Frisch 1,400*.
HALBtBMABEN, pari.: halberbabcne arbeit, opus dimidii
anaglyphi vel dimidine fronlis. Stieler 1693.
HALBEBLEGE.N, pari.:
führ auH den groxzen Höhten
miiin halbcrlcgne soci. Flihing 27.
HÄLBERLLNG, m. baslarl , namentlich in der fischzucht von
karauschin und kaqifrn. Nkmnich.
HALBfcBLOSClIKN, pari.: halberloschenes feucr;
»ein halbcrlonchneii niige «tarn. Gottir 1, 3bi;
mit haiberioschnera ange. 2, 104.
nALBEBSCHBOrKEN, pari.: vmrihi, »aglc der herr halb-
er«chrocken. i. GoTiiitir tchuldenb. «.
HALBERSTARRT — HALBFUANZBAND 200
HALBERSTARRT, pari.:
zuleizi dringt Ihn die noth zur flucht,
und lialberstarri kehrt er zurücke. IIagkdorn 2, 28.
HALBEBTODT, adj. für halblodt:
(das wild) verbirgt sich for der kalt, und ligt als halbertodi.
ROHPLER 87.
HALBERWACHT, pari, nicht völlig wach. Ki.isger 6,5.
HALBESEL, m. equus hemiunus. Nem.mch 2, 1515.
HALBFÄHIG, adj.: oft ist die thcilnabme halbfäbigcr,
anmasziicber naturen fruchtlos, ja schädlich. Göthe 36, 183.
HALBFARBE, f. mittelfarbe , die als Verminderung stärkerer
{heller oder dunkler) färben erscheint, franz. demi- leinte, ital.
niezzatinta. Jacohsso.n 2, I94*; ein bemooster fcis, ein Wasser-
fall bäh meinen blick so lange gefesselt ... seine hohen und
tiefen, seine lichter und schatten, seine färben, halbfarben
und wiederscheinc, alles stellt sich mir im geiste dar. Güthk
16,212; der weg von der nacht zum t<ige wurde schon mit
halbfarben belegt. J. Fall Uesp. 3, 142.
HALBFASTEN, n. : bald war mein kleiner vorralh aufge-
zehrt, und mein magen war bei der ganzen portion auf ein
sehr unbehagliches halbfasten reduzirt. Seume mein leben b6;
wuszte niicli bei guten freunden i-n der nachbarschaft nach
dem heutigen hyllilaslen wieder zu erquicken. Göthe 24,328.
HALBFAL'L, adj. zum yroszen theil verfault: das gekrüchz
hungriger raben , die an meinem halblaulen antecessor zu
dreiszigen hiengen. Scuiiler 120 (2, 60 Kurz) ; ein paquetchen
halbfauler häringe. Grabhe dichtunyen (1S27) 2, 82.
HALBFELCH, »i. ein noch nicht völlig ausgewachsener laclis-
arliger fisch {salmo lavaretus). Stieler 465. Nemnich 4, 1212.
vergl. belebe 1, 1439.
HALB FENSTER, n. fcnsler dessen höhe der breite gleich ist
oder 7iur zwä drittel der letzteren ausmacht. Jacobsson 1,149".
HALBITGUR, f ßyur von der nur der obere Iheil ausgearbeitet
i4: die halbligur eines triton. Göthe 29,153; obgleich [im
abendmahl Leonardo da Vincis) zwölf personen sitzen oder sich
doch hinter dem tisch befinden, daher als halbliguren anzu-
sehen sind. 39, 119.
HALB FISCH, m. l) pleuronccles, plattfisdi, seitenschwivimer,
ein fisch mit zusammengedrücktem körper, von alters her häufiges
nahrunymUtel in üeutschland: das hätte er aber wohl gesehen,
dasz seinem hause (in Annaberg) gegenüber ein krämer halb-
fisch mit krantstriink gekocht, einen tisch aufgerichtet und
mahlzeit gehalten habe; er vermuthe nicht, dasz die huiide,
wenn es ihnen vorgeschüttet worden wäre, an diesz gericht
würden gerochen haben. J. K. Seideman.n beitrage zur reforma-
lionsgcschichle 1, 165 (Dresden 1840).
2) die noch nicht völlig ausgewachsenen weiszfelchen, wenn sii
im fünften jähre sind, heiszen halbdsche. s. belebe 1, 1439.
HALBFLACH, adj., franz. meplat , nicht völlig flach: halb-
flach wird beim maier von den runden partien des körpers,
die ein wenig platt sind, gesagt. Jacobsson 2, 192*. der kupfa--
slecher arbeitet in baihflacher manier zur Verstärkung der schatten
und bestimmung ihrer grenzen,
HALBFLECK, m. kleines stück starken leders , woraus der
Schuhmacher die absulzc zusammensetzt. Aoelung.
HALBFLEISCH, n. halb ausgewachsenes, noch nicht völlig
reifes fleisch; namentlich im .Kpridiworte kalbfleisch halbfleisch.
Lehmann floril. 1,444; kalbfleisch, balblleisch , junge leute,
dumme leute. Schottel 113;('; nd. kalifleisch halfflcisch. Scham-
BACH 96*.
HALBFLOSSER, wi. coryphaena hemiptera, wegen der nbife-
kürzten rückenflusse so genannt. Nemnich 2, 1255.
HALBFLÜ(iELF(H;.MHi, adj., eine häufig gebrauchte bezetch-
nung für chiviere. deren tafelform der flügelform sich nähert.
HALBFOHLEN, n.: denken wir uns dieses gc-schlechl {der
centaurcn) nun auch als gewaltige wilde berg- uml forstge-
schiipfc, von jagd lebend, /u allen kraftübungen sich sliih-
lend, ihre haihlohlen zu gleich mächtigem leben erziehend.
Göthe 3», 19k.
HALBFUHBE, /; eine geringere fohrcnart {^, {f,l(i), characinus.
Nemmcm 4, 1201.
ILM.IIFRANZBANI), m. bächereinband mit ledernem rücken
und ecken {s. franzband th. 4,1,60): die besten in fmnz- oder
halbfranzband gebundenen büchcr. Göthe 24, 38. dafür auch
die kürzung halbhanz : ortavbJlnde aus Griechenland in halh-
franz, Irinen und saniml sind nicht von bcdeulung. arbeiur-
frriiud IKCT t. 104.
201
HALBFREI — HALBGELEHRT
hälbgenossen —Halbgewendet 202
HALBFREI, adj.: der schwan lebtauf den gröszeren wa«ser-
Lecken in einem halbfreien zustande, hannvv. mag. 1844 *. 328.
HALBFREIHEIT, f.: in der gegenwartigen epoche der
farbenlehre erhielten nunmehr jüngere^ geistreichere, ernst
und treu gesinnte menschen eine gewisse halbfreiheit, die . .
einen jeden auf sich selbst zurückwies. Göthe 54. 212.
HALBFREMD, adj.: derweil ... der Elsasser bei allem
Patriotismus auf die wälschen Franzosen wie auf ein halb-
fremdes Volk herabschaut, pretisz. jahrb. 6rf. 22 s. 27.
HALBFREUDE, f. gaudium anceps, ambiguum. Stieler 552.
HALBFREU.ND. m. nicht erklärter freund; dessen gesinnung
sich zu einem AiHHo'gf.- einen halbfreund der Franzosen. Göthe
31.27; indem er einen halbfreund von sich stiiszt. 33,214.
HALBFHLCHT, f. (jemenye von körn und wetzen bei der aus-
saut, s. haibgetreide.
HALBFLDERIG, HALBFLDERIG, adj. 1) icas eine halbe
tragenladung ausmacht : halbfiiderig, halbgriffig, ein bäum, der
nur ein halbes fuder ausmacht, so dasz man zwei dergleichen
bäume auf einem wagen mit vier pferden fahren kann. Jacobs-
sos 2, 192*.
2) ein halbes fuder als masz haltend: ein balbfuderiges wein-
fasz; ist aber dag vaj halpfuederk. Augsb. stadtr. 116.
HALBGANZ, adj. nur zur hälfte ganz, abgebrochen, unroU-
kommen:
Echo in flem holen pfade
der gebirge sol den scliall
nicht nur tialbganz hören lassen,
wie sie sonsten widerklingt;
sie soll jeden seuTzer Tassen,
den ihm unser herz erzwingt. Opttz 1, 213.
HALBGEBACKEN, part., nicht vollständig, nicht ausgebaeken :
halbgebacken semicrudis panis Frisch 1, 46'. vielfach in bild-
lichem sinne : so in Baiern von menschen und Ihieren nicht recht
frisch, schvächlicJi Schm. 1, 144; nd. halfbacken von rohen
ausgelassenen jungen letiten. Schütze 2, 93; halbgebackenes
franzöiäch-teutsch, lingua teutonica gallico idiomate deturpata
Stieler 75. vgl. halbgesotten.
HALBGEBILDET, part. mit nur unvollkommener bildung {vgl.
halbbildung sp. 195): hatte gern halbgebildete menschen ge-
sehen. Stolberg 6, 13 ; der grosze häufe der halbgebildeten.
Beckers wellgesch. 14, 445.
HALBGEBRAUCH, m. ; theils hat man von meinen an-
sichlen . . in gröszern und kleinern Schriften eine art von
halbgebrauch gemacht. Göthe 54, 318.
HALBGEBROCHEN, pari., admodum defidens, getcöhnlich von
stimme, ton und blick {s. brechen 2.343): halbgebrochene laute;
mit halbgebrochener stimme; halbgebrochene äugen. Klinger
10, IIS; ihre halbgebrochnen äugen bekamen wieder etwas
von ihrem vorigen feuer. Rabe.xer 4, 147; halbgebrochne
blicke, s. 203;
ein aage, das sich schlieszt. ein lialbgebrochnes herz,
beiscbt einb throne doch, und eines freundes schmerz.
Gotteb 1, 141.
HALBGEBLRT, f. partus unilaleralis, vgl. unter halb sp. 188.
reclässprichirorl : halbgebuhrt tritt einen grad zurück. Pistorids
Utes, paroem. 10. no. 52.
HALBGEFISCHT, part. halb uie ein ßsch gestaltet: wie ge-
lesen wird von den greifen , kleinen zwergen , einäugigen
ariinasperen, halbgeßschten Jungfern und dergleichen fratzen.
Reishold reime dich (1673) p. 12.
HALBGEGENWART, f.: lassen sie uns doch ja der an-
mulh einer nachbarlichen schnellen communikation genieszen;
eine solche halbgegenwart ertbeilt eigene reize. Göthe bei
Jahn 37^.
HALBGEGNER, m. nicht entschiedener gegner. Götbe 59,273.
HALBGEHEILT, part.: daher etliche .. die halb-geheüten
wunden wieder aufkratzen. Weise polit. redner (I6S4) 574.
HALBGEHEIMMS, f.: wer der Verfasser sei, ist bis jetzt
ein haibgeheimniss geblieben. Göthe bei Jahn 309.
HALB GEISTLICH ER, m. niciU voller geistlicher, gewöhnlich die
scherzende bezeichnung für einen Schulmeister, wdl er die niedern
lärcliendiensle mit zu verrichten hat; ein Schulmeister sagt:
nun fordert.« meine schuld, dasz ich zu ihm hingeh,
weil ich halbgeisilicher auch mit verptlichiei steh.
Hartequins huchzeil 4t.
HALBGELEHRT, part. semidoäus: einen baihgelehrten,
welcher mit der logica nicht umzugehen weisz. Weise kurz-
weiliger redner 33.
HÄLBGENOSSEN, part.:
balbgenossen glitscht die freude
über meinem herzen bin. Blcmacer 1, 28.
HALBGERAUBT, part.:
(trenn sie) . . mir bei balbgeranbten küssen
den sonst verdeckten busen zeigt. Göthk 47, 10.
HALBGEREIFT, part.:
halbgereifle pachtgedanken. Platk5 326.
HALBGERINNE , n. im hüttenwesen ein nur aus irei seüen
bestehendes gerinne, bergw.-lex. 2S2'.
HALBGESAGT, part. : todtengebeine balbgesagter gedanken
und empfindungen. Herder briefwechsel 1. 145.
HALBGESANG, m.: bald dieser bald jener freund liesz in
declamatorischem halbgesange eine klopstockische ode ertö-
nen. Göthe 26, 122.
HALBGESCHLOSSEN, part.: sie halte sich mit halbge-
schlosznen äugen aus dem zimraer gewagt. Rabe?(er 2, I29 ;
schaue dann müszig unter das buch gebückt hinauf in ihr
halbgeschlossenes gesenktes äuge. J. Paul briefe u. bevorsi.
lebenslauf 162;
zwischen das haar
der balbgeschloszneo wimper. L. Stolberc 1, 60.
HALBGESCHMACK, m. ; um nützlich zu sein, muszte es
(das theater) sittlich sein, und dazu bildete es sich im nörd-
lichen Deutschland um so*mehr aus , als durch einen ge-
wissen halbgeschmack die lustige person vertrieben ward.
Göthe 26, 195.
HALBGESCHOSZ, n. geschosz oder dockwerk am hause von
der halben höhe änes vollen Stockwerkes, franz. entresole: in
palästen bringt man auf beiden selten eines groszen saals
ein halbgeschosz an, und der saal geht nicht nur durch sein
eigentliches, sondern auch durch das halbgeschosz durch.
Jacobsson 2,193'; von hier aber war kein weg in das halb-
geschosz wo sie wohnte. Göthe 17, 128.
HALBGESCHWISTER, n. plur., geschwister von einer seile
her; vgl. halb 5p. ISS. Stieler 1975.
H.\LBGESELLE. m. der ausgelernte aber noch nidd von der
innung losgesprochene lehrling eines handwerks. Jacobssos 2. 193*.
in freier und witziger anwendung für einen lesen lehrenden Schul-
meister:
vielleicht gedeiet er zu nithen oder stecken,
des Kadmus balbgesell, die kinder nur zu schrecken.
Rachel sat. 4. 239.
HALBGESICHT, b. gesteht wie man es von einer seüe her
sieht, proßl: das ganze angesicht des Jünglings ist viel ein-
nehmender und anziehender, als das um etwas zu lockere,
zu gedehnte halbgesicht. Lavater bei Göthe 4«, 153; die person
der man das halbgesicht durch die nische {silhoueltierend) ent-
wendete. J. Pall Hesp. 1. 66. Spottend von einem dürren und
spitzen geäehl , das gewissermaszen keine fläche hat: und der
kerl da mit dem halbgesicht . Schatte (and this same half-
faced fellow, Shadow). Shaiesp. von Schlegel, Heinrich IV.,
2. th., 2,3;
weil er ein halbgesicht hat, wie mein vater,
möcht er mein lehn ganz ITir das halbgesicht.
sein groschen mit dem halbgesichtsgepräge
brächt ihm alsdann fünfhundert pfuiid des jahrs.
könig Johann 1, 1,
becanse he bas a half-face, like my father,
with half that face would he have all my laod:
a half-faced groat Dve huudred pound a year.
HALBGESOTTEN, part. semicoctus; in ähnlicher übertragener
venrendung trie halbgebacken {sp. 201), nur halb reif, niciU vdl
männlich: Edgar ist ein halbgesoltner ungestüm und er weisz
nicht, was er will. Börne 1, 57.
HALBGESPENST, n ; sie kann weder essen noch schlafen,
sie schleicht herum wie ein haJbgespenst. Göthe 57, 14.
HALBGETREIDE, n. zur aussaal bestimmUs getreide, halb aus
weizen, halb aus körn bestehend, ücon. lex. 914. 794. s. halb-
frucht, halbtreid.
HALBGEWACHSEN, pari.: halbgewachsen, nondum ad
juslam artatem provectae. facel. facel. 393; ein junger halbge-
wachsener bär. Kirchhof weudunm. 473*. vgl. halbwachsen.
HALBGEWENDET, pmt. nur zum theil umgekehrt: mit halb-
gewendetem gesicht. bei Klop^tock rofii glauben fast abgefaUem
{s. wenden):
er brachte der halbgewendeten Christen
Tiele zurück lu dem blutenden menschenfreunde, zum himroel.
4, 212 (Messias 10, 392j.
203
HALBGOTT — HALBHEIT
HALBUELLE — HALBICUT
204
HALBGOTT, m. semideus^ ahd. balbgot (Graff 4, 151): setni-
deus halligot. hulffgot Diefenbach 525'; gedachte ich .. den
Herculein selbst zu übertreffen und also mich den allen be-
rühmten heidnischen haibgöltern gleich zu machen. Sinipl.
4,168 Kurz; dasz für eine jugendliche phantasie nichts erfreu-
licher sein könne, als in jenen heitern und herrlichen gegen-
den mit göttern und halhgütlern zu verweilen. Götue 25,315;
stolz wie ein halbgutt. Wiklan» Agathon vi. buch, '.cap.; er
wurde in seiner Vaterstadt mit den ehren eines halbgoltes
bestattet. Schlosser ivelty. 2, 451 ;
o mondos silberstirn, o wo dir ist bewiist,
wo der halbgoticr schar auf lioint sucht ihre lust,
so lehne mir dein licht. A. Grypuius schwärm, schäfer 08;
Hontmartin, der halbgötter zier,
und von <len lutisen selbs gesclimücliel,
das lob so ich von dir formier,
ist nicht ausz rremdem sciimucli (re.^tücliet.
Wkckherlim 373;
halbgötter, beiden, götter, ja diimonon,
sie fiihrien mich im irren lier und hin. Göthk 41,213.
auf hervorrayende menschen gewendet:
dein bildniss mfist in ertz und stein
den tempeln neue pracht verleihn,
und als ein halbgott opl'er tragen.
Gü>TUKR 1 (1733) s. 139;
{Hans Hagel) nimmt nun den mann
ohn all grefahrde
zum lialbgott an, •
fällt hin zur erde
und betet an. ISluhauer 1, 89.
HALBGÖTTIN, f. : wie sie denn überhaupt als typus für
alle beroinen, musen und halbguttinnen gelten muszte. Götüe
29, f>^.
HALBGÖTTLICH, adj. und adv.:
du (Chiron) hast die gröszten deiner zeit gesehn,
dem edelsten in Ihaten nachgestrebt,
halbgötllich-ernst die tage durchgelebt. Götue 41, 129;
ist dieses der vorzug der halbgöttlichen Vernunft, dasz man
die weite und ungebahnte bahn der weit unvernünftigen ge-
schöpfen einräumet, und hingegen seinen wohnplatz in dem
engen stalle des finstern Vaterlandes aufgeschlagen hat?
Weise polit. redner 157.
HALBGRIFFIG, adj. was mit einem halben griffe umspannt
werden kann; im forstwesen , wo der griff oder die spanne als
masx dient, werden halbgrifdge bäume von eingriffigen, zwei-
griffigen unterschieden, vgl. eingreifig 3, 193.
HALBGHrM), tn.: es sind viel falsche oder halbgründe
angeführt. Heruer 19, 72.
HALBGUT, ;t. bei den zinngieszern gemisch von halb zinn und
halb blei. Jacobsson 2. 193*.
HALBGUT. adj.: halbguter character. Schiller 1133.
HALBHABT, adj. subdurus , vom mineral gesagt, das nicht
(euer schlägt und sich mil dem messer etwas schaben Idszt.
Jacorsson 6. 13'.
HALBHASE, m., cavia leporina, hasenmaus, javanischer halb-
hase. Nemmch 2, 922.
HALB HA LEB. m. cinscimeidiges schwert , das nur von einer
seile zum hauen dient, im gegen satz des zweischneidigen: unter
Schwertern werden aufgezähll beiderseiter, schweizerfochteln,
schlachlschwerd, . . . halbhawer. Garg. HS'.
HALBHAUS, n. offener vurbati eines hauses: da er in einem
offenen freien luftigen halbhaus am hause sitzen . . konnte.
i. Paul flei/elj. 3, G5.
HALBHEIT, /". unenlscltiedtnes , schwankendet, zweideutiges
wesen und Ihun , ein wort nach halb 5p. 192 im vorigen Jahr-
hundert gebildet: mit aller dieser halbhcit. VVieland 3,150;
diesz allein. Hippias, war die ur«arhe der halbhcit, deren
du mich mit mehr strenge aU billigkeil beschuldigest. 3, ino;
militairischc lialbheiten hatten ihm in seiner Jugend viel zu
schaffen gemaciil; er hatte deswegen den dienst verlassen.
GfiTHK 17, 194; zu reservalionen. halbheiten und lügen ist es
(das franzüsisclie) eine treffliche spräche, t», 21ü; uns peinigt
die halbhcit solcher zustünde. 26,223; wodurch eine haihheit
und verderbtheit in den köpfen entsteht. 65. «s ; Oexlerreich,
»on allen mächten verlassen, erntete jetzt die fruchte seines
hnrhmuth« und jener polilik der halbheit , welche Busziand
tödilich btleidigtc, ohne den westmächten zu genügen, preust.
Jahrb. ttd. 22 t. H2. Auch von ungenügendem ««.«h und ki'mnen:
eines recht winden und au«üben gibt höhere Lildung als hulb-
bcit im bundcrtfuliii^cn. Goriie 21,227.
HALBHELLE, f. unvollkommene, gedämpfte. Göthe 15,299.
HALBHEMDE, n. indusium inferiore parle truncatam. Frisch
1, 400*. franz. Chemisette
HALBHEBSCHELIG, adj. halb und halb einen herren spielend,
herrensille nachahmend {s. hcrscheln) : man war im dorfe nicht
früh, es waren viel halbherrschclige Icute darin. J. Gotthelf
scliuldcnb. 340; auch halb wie ein herr gekleidet: schwärmten
männer umher, halbherrschelige, auch halbieinerne, fast wie
bauern. s. 3,
HALBHEItZIG, adj. gelhvilten , schwankenden herzens: senii-
cors haibherlz, halbhcrizig UiEKtMi. 525'; aus solcher halb-
herzigen und nur zu parleizwecken versuchten thäligkeil
kann folglich auch nichts entspringen. Frantz critik aller
Parteien s. 18.
HALBHEBZIGKEIT, f.: halbhcrzigkeit zwischen gott und
dem mamnum. Claudius 4, 5«.
HALBHOCH, adj., nicht die volle, rechte höhe habend: ein
grober, halbhoher, starkzerknitterter lilzhut. daheim 1868
s. 754".
HALBHOF, m. bauernhof mit halb so viel grund und boden
als ein vollhof: niemand der nicht so viel als einen vollen
hof zum eigenihum besitzt, braucht sein ganzes leben dem
Staate aufzuopfern, zwei halbhüfe, vier viertelhöfe und acht
markkölter sind dem Staate im verhäitnisz mit jenem nur
ein leben oder einen mann zum heerbanir zu stellen schuldig.
Moser patr. phant. 3 (1798) s. 256.
HALBHOHL, adj.
wie wenn man mit der band an die bejahrten rinden
halbholiler weiden stöszi. ZacmariX t, 54.
HALBHOLZ, n. 1) bauholz welches entsteht, wenn man einen
bäum eiuniul der länge nach sägt oder spaltet. Aüeiunc.
2) in Baiern, bei den holzarbeitern des gebirgs hoiszt halbhnlz
ein block hohes, der an den festyesetzlen umfang eines hulzblockes
(werholz) noch nicht reicht. Scn.vi eller 2, üjo.
HALBHOSE, f. kurze, nur bis an das knie oder den halben
Oberschenkel reichende hose, wie sie zu anfang des 16. jahrh. gegen
die allgemeine mode der landskneclU trug, den die ganze hose,
die in straffer Spannung über das knie bis zu den füszen reichte,
an rascher bewegung hinderte:
in warames und haJbhosen mösz er {äer landukneclu) springe.
UllLAND volk^l. 517.
HALBHÖSLER, m. Schimpfname für landsknechle oder um-
herschweifendes gesindel: naschige, sackblodcrige, seckelschnei-
dige galgenschwengel, halbhOszlcr, galgenasz, rabenfuter.
Garg. 47*.
HALBHÜFNER, m. bauet der nur eine halbe hufe besitzt, im
gegensalz zum voll- orfer ganzhüfner: richtig ist es, dasz hier.,
alles und jedes seine Ordnung, zeit und den gewiesenen platz
hat, jedermann die ihm gebührende reveienz genieszt, so
dasz ich den halbhüfner, den költer und wer es sonst sein
mag, jeden bei seiner gebühr nennen musz. Immerhann
Nünchh. 3. 53.
HALB^U^DERT, n. seltenere form für halbes hundert: eine
gros/.e, von bunten wachssföcken flammende torte, deren ins
lialbhundert sich belaufende anzahl einander zu schmelzen
und zu verzehren drohte. Götme 31,1I(). vgl. halbtausend.
HALBICHT, adj. und adv., zur kälfte, halb.
t) tm eigentlichen sinne nur noch in mundarlen verwendet, so
bair. halbel: halbet mir und iialbet dir, ein halbcter apfel,
das halbet geld. Schm. 2,177; tn Tirol a halbcts brüt , und
mil der adverbialbildung halbels: halbcts fertig (zur hälfle).
Fromm. J>, 447.
In der Schriftsprache erscheint das worl nur im übertragenen
sinne.
2) wie \ia\h sp.\^2 unentschieden, schwankend, nicht genügend:
die kleine ejaculation über tlas halbichle wesen u. s. w. hat
mir meines orls eine gar gute stunde gemacht. Wielani» m
Merks briefs. 1,249; viele der wichtig'iten begriffe sind mir
noch halllicht . . und manche mögen auch so halbicht bleiben,
wie ich sie hinwarf. Engel uri Wielund , musen 1813 *. 231.
Aehnlich wird in Kärnthen gebraucht a halbeter mensch, der
nichts reddes tu stände bringt. Lexer i;it.
3) in adverbialer Stellung heiszt es rietfach einiiferma^
wenig, wie halb sp. 191 : aber das gesinde, wenn es nui n.n-
bicht ein rechte sachc hat, jiMcget jet/.l «ider herrn und
frawen also zu sagen. I'. Glaser gesindteuffil (\:,r<^) F*; die
vornehmen aber, so tmr halbicht b<-i mittel sein, werden
vcrbraiidt. Wiedeman^ ;uN((ur 5.42; nun dürfte mau halbicbt
205
HALBIEREN— HALBIG
HALBIG — HALBKOPP
206
ein wenig auf worte denken, anhang 27; wo wir nur halhicbt
unterliall finden. Chr. Weise fiberß. yed. 2, 37; die logica
naturalis durfte halbicbt im discurriren esercirel werden.
erzn. 156;
es ist penung, wenn nur die haut das hembtie deckt,
uod halbicbt, ob auch schon diesz oder jenes bleckt.
grulian 3.
Heben halbicbt geht die form halbig zum theil in glncher bedeu-
tuvg , s. d. vertverfUch ist die form baibigt: Frissino scheint
nur ihre namen geändert zu haben , und auch diese nur
halbigt. (Bodmer) neue crit. hriefe 227.
H.^LBltREN, verb. dimidiare.
1) das mild, halbieren {wb. 1,617') mit romanischer enditng,
galt, uie das franzfis. mi-parlir, zunächst von der kleidung, die
nach einer im li.jahrh. aus Frankreich herübergekommenen mode
in gelheillen färben getragen wurde, so dasz jede der beiden seilen
aus andersfarbigem sloff bestand:
scharlachrot unde brnn
was sin niantel gelialbiert. Wigamur 4CS5.
diese mode hielt sich schwankend lange und bis an fang des IQ. Jahr-
hunderts: (dy manne) trugen ouch .. lange hoszen gebalbert
mit mancherlei färbe. Stoli.e chronik bei Haupt 8,319; der
hatte gehalbirte cleider unde werihlichen gesnetbin an. Rothe
cliron. 464 s. 382. auch der schild des ritlers war in dieser weise
getheilt :
ich sagiu wie er fuort den schilt.
gehalbirt nach dem swert zetal.
da; ober teil daj was geinäl
rebt als ein lieht saphire plä . . .
da; nider teil gab selben schin
▼ou kelen röl, wij von hermelin,
ze abt stucken meisterlich gesniten.
fraueiidienst 171, 5.
2) ist das wort so zu frühest modeausdruck, so kommt es doch
auch auszer diesem falle, in der allgemrinen bedeutung in zwei
hälßen theilen, bald in aufnähme, und wieder in slrengeiem und
freierem sinne.
a) in strengerem sinne, als rechnenausdruck : halbire die zal
die kommen ist ausz dem dupliren, so korapt die erste auff
gelegt zal wider. Adam Ryse rechnung Ab' {der sonst statt ha\-
biren stehend mediren gebraucht); die zabi sechs kann zugleich
halbiert und gedrittelt werden. Loiiexstein Arm. 2,203; da
multipliciret den gröszten nenner mit dem kleineren . . was
kömmt ist der hauptnenner und kan derselbe mebrentheils
halbiret werden. Seriasuer rechlscitreibung u. rechenkunst 418;
sie haben die erbschaft halbiret, in duas partiunculas heredi-
tutem secuerunt. Stieler 737; nimm von dem halbirten einen
theil hinweg, welchen du willst, dimidialam portionem alleru-
tram cape. das.; so braucht auch Ka.nt halbiren von einer zwei-
theilung der seele oder des beuusztseins 2, 320.
b) in freierer anuendung: spricbet der vrysz man, das ein
wiser mensch halbiert sin tag, spricht David, viri sanguinum
et dolosi non dimidiabunt dies suos, dz dut der schalkhaftig
betrüglicb sündig mensch nit, der halbiert nit sin tag, der
volendet ewiglich in boszhcil. Keisersberg bilg. I9b*; brot-
meyer, die den bauch im schubkärcblin führen, halb pfaffen
und halb landszknecbt, gehalbiert menschen vom bischof und
bader. Garg. is'; auch haben wir bemerkt, dasz doppelbiider
als balbirle biider, als eine art von durchsichtigem gespenst
erscheinen. Göthe 52,107; man kann hier nicht halbiren
und ein mittelding zwischen recht imd nutzen aussinnen.
Kant 5, 459 ;
ein vertrauter freund im leben
der balbirt uns unser leid,
duppelt gleichfalls alle Ireud. Fleming 374.
mhd. vom schwanken des gemüles: als6 da; er einen rebten
ker des willen gewinnet, da; er niemer me dekeine sünde
welle geluon . . und sol aber ein ganzer wille sin, nit ein
gebalbierter wille: ich enwei; ob ich e; aber morne tuon.
d. myst. 273, 21. vgl. halb sp. 192.
HALBIF.RER, m. partitor, sector, divisor. Stieler 737. daselbst
das fem. halbirerin.
H.XLBIEKUNG. f. biseclio. Frisch 1,400*.
HALBIG, adj.. neben balbichl, zur hälfle, halb.
\) in eigentlichem sinne:
sie schelten {schoxsen) die maur wol halbig ein.
Soltau 2, 113 (16. jahrh.);
sein schnlTlein wider suchen thet,
die er balbig hehnlien het,
und ward ein scIielTer gleich wie vor,
den halben theil willig verlor. Et«81no 1, 133;
halb schlaffen thet und halbig wacht. 1, 172;
aber was könt es schaden,
v-enn Ichs schon halbig fresz?
Atrer fa!,tn. 112' (2897, 20 Keller).
in Niederdeutschland jetzt nur noch bei Zeitbestimmungen gebräuch-
lich: halwig sesse, bet halwig achte, hahveg twe. Scham-
BACii 73*. Däii.vert 171*. doch vergl. unter halbweg.
2) übertragen unrvllkommen , beschränkt: welche die Jugend
angewöhnt, überall mit unzulänglichen begriffen und dem
balbigen verständniss der kunstwürter zufneden zu sein.
Lessijjg 3, 162.
HALBIG, m. im hültenwesen der hebearm an der pochwelle,
welcher den Stempel hebt. Jacobssox 2, 193*, nach dessen ver-
mulhung das wort aus hebling verstümmelt ist.
HALBINSEL, f. peninsula. im IQ. jahrh. noch als zwei worte
gebraucht: peninsula, ein halb insel, das nur mit eim theil am
erdtrich hanget. Dasyp. ; cliersonesus, insel die sich anlandet,
halb insel. FRiscHLi>f nomencl. 34*; es ist noch wenig gebräuch-
lich, Mij.NSTER umschreibt den begriff: und feiet nit mehr dann
an einem ort, so were es (Italien) ein insel. cosmographei
(1560) 5. 166. spdler nur als compositum gefaszt: halbinsel
Stieler 892; dann auf einmal tragt er uns, wie auf einem
zaubermantel, über die halbinsel Indiens hinab. Göthe 6, 1S8;
von der halbinsel Malaoca trugen mich meine sliefel auf
Sumatra. Chamisso Schlemihl cap. 10.
HALBIRRTHL'.M, m.: ganze, halb- und vierteis -irrthümer
sind gar schwer und mühsam zurecbt zu legen , zu sichten
und das wahre daran dahin zu stellen , wohin es gehört.
Göthe 49,23.
HALBJAHR, m.: man sech {die Jungfrauen) an, die in der
ee sind, ee si ain halbjar darinn sind, so würt d; ermest
eilendest ding darausz. Keisersb. grana/ap/i?/ (geisll. spinn.) Ol*.
HALBJÄHRIG, adj. ein halbes jähr umfassend: ein halb-
jähriges kind ; halbjährige zinsen ; halbjährige kündigung,
solche die auf ein halbes jähr hin geschieht.
H.\LBJ.\HRL1CH, adj. je einem halbjahre zufallend: ein halb-
jährlicher Wechsel des aufentbalts ; halbjährlich einmal kehrte
er in seine Vaterstadt zurück. Oß mit dem vorigen halbjährig
vernüschl, für halbjährige kündigung kört man auch halbjähr-
liche; sie erhielten aus der universitätskasse ein Stipendium
halbjährig. Heyne in den briefen an J. v. Müller, bd. 2 (1S39)
s. 140.
HALBK.\FER, m. necydalis, ni. basterdbokje. Nemmch 3,711.
HALBKAP.\UN, m.: ein schlecbt gekappter oder halbge-
schnittener bahn heiszt ein balbkapaun. Nemsich 4, 941.
H.\LBK.\RAL'SCHE, f. baslard von karausche und karpfen.
HALBKELLER, »j. kellerhaus, das mit dem obern theile seiner
umfassungsniauern über der erde steht; man sieht solche in Düringen
häufig, wo sie auch noch den allen namen tunk führen {vergl.
Germania 9, 337, und dunk 2, 1532) : am tage hatte ich zwei
wagen weisze rüben einfahren lassen, die noch im hofe vor
dem sogenannten balbkeller oder tunk lagen, grenzboten 1866
s. 144. (aufzeichnungen eines pfarrers in Klein fahner bei Erfurt).
HALBKE.N.NER, m. unvollkommener, mangelhafter ; vgl. über
das aufkommen des woris kenner 2, th. 5,547: wo ein balb-
kenner den künstler unter der natur geblieben zu sein . .
urlheilen dürfte. Lessing 6,376; so entzuckt der halbkenner
sein wird. Herder 17, 200; von halbkennern sollte eigentlich
gar die rede nicht sein. ja. wenn man es streng nimmt, gibt
es gar keine halbkenner. Göthe 36, 253.
HALBKEN.NEREI, /. Reinhard an Göthe 137.
H.\LBKENNERISCH, .^rf;.; so will man .. ihm das weitere
gröszere verdienst halbkenneriscb abläugnen. Göthe 36, 174.
H.\LBKLOTZ, m. als bezeichnung eines rohen und plumpen
menschen, vergl. klolz 3, th. 5,1250: derohalben auch ihre
kinder solche lumme und wilde hirne oder viehische inenschea
und halbklötzer werden, baurenst. laslerpr. 116.
HALBKLLG, adj.: der eigendünkel eines halbklugen
egoisten. Götde 14,188; der gedanke des ebestandes bat für
ein balbkluges mädchen gewisz etwas schreckhaftes. 19,283.
im Volke hört man öfter du bist wol halbklug als viilderen aus-
druck für dumm; vgl. haihnarr.
HALBKOPF, »I. mensch mit ungereiftem verstände, Scheltwort:
einige halbköpfe in den vorslädlen von Korinth. Wieland
13,12; diese halbköpfe, die nur einen sonnenblick brauchen,
um, gleich den fröschen im frühling, in zahlloser menge aus
den sümpfen am Parnass bervorzuwimmeln. sat. des Horaz
1,260; hier, verslebt sich, ist nur von guten, graden menschen
207
H ALBKÖPFIG — HALBLATEINER
HALBLAUT — HALBMANN
208
die rede, halb- und schiefköpfe werden gleich ohne umstände
mit der wanne gesondert. Götiie 29, 1ü6; Nicolai halte sie
[icine gegner) in üfTentlichen Schriften qiiecrköpfe genannt . .
man hätte denken sollen , eine zusanimensetzung mit kupf
sei der andern werth, und die benennung des halbkopfs,
der ja wohl noch wachsen kann , sei immer noch milder,
als die eines völlig in die queere gedrehten kopfcs. Kicute
!^icolais leben 50; er ist ergrimmt über die halbköpfe. Bückh
ges. kl. sclinflen 2, 442.
HALBKÖPFiG, adj.: nur was halbköpfig und halbherzig
ist, pllegt im allgemeinen dem constitutionalismus geneigt
zu sein , welcher freiheit und Ordnung zugleich verspricht.
Frantz kiitik aller parlcicn s. 101.
HALBKÜPUGKEIT, f. : in derselben akte . . verweist Nicolai
Schellingen und Fichten die Unanständigkeit sehr ernstlich,
dasz ihnen zuweilen ihren gegnern gegenüber so ein wort
von halbköpiigkeil entschlüpft sei. Fichte Nicolais leben 50.
H.\LBKRE!S, «i. semicirculus : hemisi>ltaeria halbcirkil o. kreij
DiEFENu. b4l'. das worl üt erst seit dem vorigen Jahrhundert
in grOszere aufnähme gekommen , früher ersetzte es nwist halber
cirkel; jdsl braucht es auch die gewöhnliche spräche häufig: die
kiuder standen in einem halbkreise um den lehrer; im halb-
kreiic um ihn hatfer, sich menschen angesammelt; der knabe
füiirte ihn mi halbkreise durch die wenig entblätterten, bunt-
belaubten bäume. Götiie 15, 330; vor der Orangerie befanden
sich in einem halbkreise grosze tische. Weslermanns monats-
hefle febr. lSü7 s. 497'. der landmann beschreibt beim viähcn
mit der sense einen halbkreis: wie regelmäszig ihre sense den
lialbkreis durchrauschle. Felder reich und arm 126.
In der baukunst wird für rundb(igen auch der ausdruck halb-
kreisbogen gebrauclU. leilfaden f. den Unterricht in der kunst-
geschichte (186S) s. 29.
HALBKUGEL, f. hemisphaerium.
1) im allgemeinen sinne: jeder gröszte kreis theilt die kugel
durch seine ebene und die kugeifluche durch seinen um-
kreis in zwo gleiche hälften, welche man halbkugeln nennt.
Jacobssom 6,13'; die halbkugeln an der luftpumpe.
2) nach der kugelgestall der erde theilt man diese ein in eine
östliche und westliche, oder in dne südliche und nördliche
halbkugel : im strengsten winler der südlichen halbkugel.
Chamisso Schlemihl cap. 10.
3) das gehirn ist durch den sichelfortsatz der harten hirnhaut in
zwei UieiU getlteill, die man halbkugeln nennt. Nemnich 3,132.
4) halbkugel, eine art drehwurm , volvox dimidialus, nach
seiner geslalt. Nemnich.
HALBKUGELFÖRMIG, adj. hemisphaericus.
HALBKUGELIG, adj. hemisphaericus : Ihünerne, halbkugelige
näpfchen. dalwim lisüS, 759'.
HALBKU.NST, f. in zwei bedeulungen.
1) kunst, welche zugleich viel handwerksmäsziges an sich trägt,
oder handwerk , welches fast zur kunst sich erhebt: es gibt so
gewisse halbkünste, welche handgcschicklichkeit und hand-
werkslust verlangen . . dahin gehört die wüchsmahlerci. Götiie
27,233; zu damaliger zeit genosz der goldschinied vor vielen,
ja man möchte wohl sagen vor allen liandwerkern einen
bedeutenden Vorzug, die kostbarkeit des matcrials, die rein-
lichkeit der bchandlung . . alles versetzte die genossen dieser
halbkunst in eine höhere sphaere. 30, 35t ; einer iialbkunst zu
gedenken, welcher wir in absieht auf färberei sehr vieles
.«chuldig sind, ich meine die tapelenwirkerei. 52,246; dieser
mann . . war in seinem handwerk, in seiner halbkunst {fdr-
berei), wie man es nennen will, wohl zu hause. 54, 247.
2) unvollkommene , nicht wahrhafte tunsl : die kriegeskunst
ist in absieht auf die Unmöglichkeit der völligen anwendung
nur halbkunst. Klopstuck 7,26;
durch scböiiheit, wie der halbkunst tierainii
Ichret. 2, 25.
HALBKÜNSTLEB, m. unvollkommener, niciU wahrer künsller :
diener gute alte mann {ein zeichenmeister) war freilich nur ein
halbkünsllr-r. Götue 2t, 1S2.
HALBLADEN, m. der nur das halbe fcnster bedeckl : sie fing
daher an , von zeit zu zeit durch ihre vorhänge und halb-
laden nach der slrasze zu sehen. (Jöthe 15, 157.
HALBI^AKKN, n. gewebt, dessen aufzug aus hänfenem garn,
deurn einsctilay aber au$ werg oder fladis besieht. Jacoiisson
2, 193*
HALBLATF.INER m. in Hessen spottende bvieichnuuo einei
halbgelrtiäeten.
HALBLAUT, m. semitonium. Stieler 1093.
HALBL.\UT, adj. und adv. mit gedämpfter stimme, leise, was
früher vielfach kleinlaut liiesz (5, 1115) : sie reden unter sich
mit halblauter stimme; dieser erwiederte halblaut. E. T. A.
HoKFMANN 11,101; er greinte und sagte halblaut für sich.
Immebmasn Münchh. 4, 7 ; der herhergsvater und seine frau
gingen in der stube auf und ab, wie es schien, zuweilen
halblaut mit einander streitend. Bieol eiilturgesch. novellen 348.
HALBLAUTER, m. semivocalis.
HALBLEBENDIG, adj. und adv. semivivus. Hederich 1199.
ags. healfcvic.
HALBLEHEN, n. lelwnuetse hingäbe auf eine gewisse reihe von
Jahren, getvOhnlich neun. Stieler 1126. Frisch 1, 400*.
HALBLEINEN, adj. was zum Iheil aus leinenem, zum tlieil
aus wollenem garne gefertigt ist; zeuge dieser art trtig namentlich
der baucr , daher: vor hielte in jederman für einen narren,
jetzunder hat man ihn für einen halbleinen schult heissen
erkoren. Frey garleng. 40, zu einem dorfschuhen; halb leinen
und halb Schweinen, halb herrisch und halb bäurisch /im;t
es in Baiern von landlculen und geringen bürgern, die sich vor-
nehm tragen wollen. Scii.M. 2, 472. t'(/i. haibleiiiern, hulbliniieii.
HALBLEI.NEN, n. l) gcuebe aus kinenem und wollenem garn
vorzüglich für die baucr nkleidung: dasz .. der mann in heilem
balblein prangt oder höchstens in hellem railteltuche. J. Gorr-
HELF bilder u. sagen 4, 46.
2) in neuerer zeil heiszt halbleinen auch das aus leinenem und
baumwollenem garne gefertigte getvebe.
HALBLEINEBN, adj. wie halbleinen: halbleinerne, mäuse-
graue und pechschwarze kullen. J. Gottiielf schuldenb. 314.
von leuten, die in halbleinen gekleidet sind : schwärmten man ner
umher, halbherrschelige, auch halbleinerne, fast wie baucrn,
nur dasz die kutlcn wohl stark verwetzt waren, s. 3.
HALBLEIN WAND, f l) gcwebe aus län und woUe: halb-
wüllen haibieinvvand, tela ex subtegmine inlexto slamine linteo.
Stieler 2406.
2) halb leincjies, halb baumwollenes gewebe.
HALBLEUTE, m. plur., leute die in halbpachl sitzen, vergl.
halbbauer sp. 194, halbmann 3 und halbpächter: die viehe-
zucht und Schäfereien werden gleichfalls gemeiniglich denen
halbleuten um ein gewisses geld verpachtet, oder aber, gleich
dem feldbau, auf die helfte des nutzens und Schadens aus-
gethan. cicon. lex. 912.
HALBLICHT, n.: dieser Widerschein ist eine art gemäszig-
ten lichts, ein halblicht, ein halbschatten. Göthe 52,240;
halblichter, halbschalten. 59,230; von dem schönen gesiebt,.,
das von einem grünen halblichte verschönert war. 21,77;
besonders mag er immer mehr auf licht und schallen acht
geben, licht und halblichl, schatten und halbschatten von
einander sondern, damit die gegenstände rund werden und
auseinander gehen, an Knebel 332.
HALBLINDE, adj. nennt der goldschmid eine feile, die nicJit
viel mit einem male abnimmt. Jacobsson 2, 193'.
HALBLING, m. l) halber, unentschiedener mensch: die armen
Schacher und halblinge. Varnhacen v. Ense tageb. 6, 2S9.
2) in der Schweiz ein un gezimmerter klotz, knüppel von jungen
lannen. Stalueh 2, 13.
Das wort ist üblicher in der umgelaulelen form und Schreibung
lielbling, und wird an dicker stelle ausführlicher behandelt.
HALBLLNNEN, adj., wie halbleinen: auf gleiche art werden
auch halbwollene und halblinnene zeuge unter dem namen
von woliacken im hause verfertigt, aber alles grob und für
die noih. Moser werke 5 (17»S) s. 105.
HALBLOHNEB. m. (ie!)ensalz des ganzlöhners, ein bauer der
nur mit zwei pferden oder ochsen dient. Xüf.ivnc.
HALBLOTHIG, adj. ein halbes loth wiegend (Hier fassend : eine
halbbilhige bürhsenkugel; ich kaufte mir zwei maas hranle-
weiu, färbte ihn mit safTran, füllele ihn in halblölhige glils-
lein. Simpl. 1,387 Kurs.
HALBMANN. wi. in mehreren bedeulungen.
1) unvollkommener nutnn in bezug auf das geschlechtliche,
caslrat , eunuch: ahd. Iiaipmnn srmtrir. spado, castratiu Graff
2,744; semivir halhman. halfmaii Diefknr. 52(i', Ai.ii. Hb 2';
gcschiiillen,' auszgfhawen, hallunaiin, eunuchus IIkmsch 1543;
ein lialbmanu, . . ein schmutziger eunuch. Schili kr 5S6. —
auch suiUer: hermaphrmhlus, semivir halbmann Stikleh 1235.
2) unvollkummrn in bezug auf .••illliehen wert, nach halb spalt«
192: inil aufopfcruMR von 22 vi-r^ien , worin es blosz darum
zu thuii ist, etliche utheuischc balhiuUnner wegen ihrer feig-
209
HALBMANN — HALBMESSER
HALBMETäLL— JlALBrÄCUTER
210
heil und weithlichkeit dem gelächfer des pObels preis zu
geben. Wielasd im all. inuseum 2, 2, 132. vergl. halbmanns-
gesindel.
3) balbmann, soviel vie balbbaner, der entweder soviel wie
die kilfte eines vollen bauerngutes beälzt: der balfnaan zum
Hann. iretoV/i. 4. 764 ; vorher rausz ich ihnen aber sagen, dasz
er sie nach ihrem wahren Verhältnisse in ganze, halbe und
vierlelleuie eiiigelheilt . . auch soviel immer möglich gewesen,
die pUichtcu jeder klasse gleichförmig gemacht , und zum
exenipel den halbmann zu der hälfte desjenigen verbunden
Labe, was der ganze völlig zu entrichten schuldig ist. Moser
werke 3 (iiys) 22u; — oder der dtis gut eines andern für die
luiiile des naturalerlrags bewirlschaftel : da der eigenthümer eines
lundgutes den acker- oder feldbau um die hellte besäen oder
arbeiten lasset, doch also dasz die felder vor der Übergabe
erstlich ordentlich besäet und bestellet sein müssen, welche
dann der annehmer oder sogenannte halbmann . . in eben
dergleichen zustande wieder abtreten nmsz. ücon. lex. 912.
4) halbmann lieiszl auch der noch ganz ungeüble vi<Urose, der
nur halbe Iteuer erlulll.
HÄLBMA^^"SGKSL^DEL, «. ; er hat nicht Ursache, sich vor
diesem lultigcn halbmanusgesindel zu fürchten. Blbger 243';
(.4.'ne(is) eiu zweiter lüsterner Paris,
pracber, und pochend uut' nichts als weniges halLmanDsgesindel.
24V.
HALBMÄSZIG, adj. ein halbes vias: hallend, int mhd. und
fn'iheien nhd. tioch haipmejjic, balbmessig, nach dem neulr.
mej moiz gebildet, was aber gegen das häufiger gebrauchte gleich-
bedeutende mäj schon mhd. zurücktritt, und die spätere dnderung
«/» halbmüszig hervorruft.
1) im eigentlidien sinne: mhd. so nim denne ein halp-
mei^^igen bafen. Haupt 5, 12 ; nhd. nam ein balbmessig käntlin
und lief in den keller und holet zu trinken. Pacli sdtimpf üi' ;
das balbmessig käntlin. Gl'; endlich erwischt der welscb
büszwicht ein halbuiässige kandt. gespräch dreier guter freunde
(1592) C2; henk das in ein balbmäszigea steininen krug.
Taherxaemont. 99 ; ergriffe derowegen einen silbernen halb-
massigen tischbecher. Sim/*/. 3, 329 A'ur;; einen balbmässigea
becher voll hippocras. s. 354.
2) in übertragener bedeutung: es ist nicht zu sagen, was
obnunterbrochener fleisz auszrichten kan , auch bei einem
halbmessigen , geschweige was bei einem sonderlichen und
herrlichen ingenio. ScaüPPius 653.
HALBMAST, f. die buchmast für schweine, weil sie nicIU so
gut mästet als die eichelmast. Jacobsso.x 2,193\ der name geiU
auch auf die zu dieser mast dienende fruclit der fagus silvalica
über, Nemmch 2, 1560.
HALBMEIEH, m. besUzer eines halben meierguts. Adelung.
H.\LBME1STEB , m. name für den lieiiker , der zwar meisler
seines handwerks ist, aber als ein unehrlicher nicht die rechte an-
derer meisler genieszl: der alte, welcher einem balbmeister
ähnlicher sähe, als einem krammesvogel. Irrgarten 196. nd.
im Gültingischen halfmester.
HALBJIENSCH, m. in mehrfachem sinne.
1) ein unvollkommener mensch, nameittlicli in siltliclier beziehung :
wie die laster einen menschen dergestalt verstelleten , dasz
er, wo nicht gar zum vieh, doch halb-vieh halb -mensch
würde. Loiienstein Arm. 1,342; nun ist er zahm geworden,
wie alle die balbmenscheu, neun sie an die auflösuug denken.
GöTHE IS, 31ä; wiewohl ein halbgolt »ich öfter mit einem
balbtbier als mit einem halbmenschen schlieszt. J. Paul
Titan 1,34;
halbuieii^iclieo, die sich iii vollem dunimeu ernst für höhere
weseu lialleu als uns. Klop^siock 2, lt.
2) cenlaur {cenlaurus haifwijf halfvie Diefekb. 112*):
der ball<ioeM:ich lühli bereits das schmetternde gewicht
de« riueriicheu achwerts und seine dounerschläge.
WlBLASD IT, 72.
3) aucli vom äffen gebraucht:
zum ulTeu sagt er draur: du halbmeoscb, deine rainen,
dein gauieii weseu Lauo lu nichts als kurzweil dienen.
ilAGEOOH.f 2, 115,
wie andrerseits der mensch auch halbaffe genannt wird (sp. 194).
H.\LB.MtSSEB , m.; radius, semiiliameter , der halbmesser.
malhemal. lexicon (1747) 1, 1071. das wort ist, wie dnrchmesser,
in die deutsche spräche eingeführt von J. C. Sturm , der es in
seinem teutsclien archimedes (1670) zuerst braucid und es im vor-
bei icJUe dazu unter den von ihm anstatt der griech. und kU. neu
gebildeten deutsclien kunstwvrtern aufzählt.
iV. u.
H.\LBMETALL, n.simimetallum : die glänzenden balbmelalle
unserer verwundenen münzen. Möseb werke (179S) 1, 166.
HALBMIITAG, m. in Tirol die zeit mitten zwisclien morgen
und mittag, zicischen 9 — 10 uhr vvrmiltags; balbmittag halten,
das zweite frühstück essen. Fromii. 5, 447. vgl. halb sp. ISS und
balbabendbrod.
HALBMITTE , f. tautologisch ßr das einfadie mitte, mittel-
punkt, in Aassau. Keurei.n 1&2. in Baiein halbe mitt Scum.
2, 651. vergl. die häufung halbe mitternacbt für miileniachl
sp. 188.
HALBMOND, m. 1) semiformis luna, erstes oder letztes riertel
des mondes, im gegensalz zu voUmond.
2) übertragen auf dinge von der form eines halbmondes; so
heiszt balbmond, halber mond ein auszenwerk an festungen
(Eggebs kricgslex. 1, 1137) ; desgleichen ein Werkzeug der Schlosser,
um dem eisen erhabene figuren mitzutheilen (Jacobsso.n 2, I9l') ;
zum angriffe ordnet sich eine flotte im balbmond ; truppen werden
im balbmond aufgestellt (vgl. unten balbmondweise);
im balbmond . . dehnte reich sieb eine stadt. Platb5 323;
dann durchgleiten wir, in umschäumter barlie,
des lemaniscben halbmouds (Genfer sees) grüne fluthea.
Mattuisson Schriften 1 (1S26) s. 1S5.
3) Symbol des Islams, dalier balbmond für Türkei: als die
orientalischen wirren begannen und fanatische popen die
rechtgläubigen russen zum kriege gegen den balbmond ent-
flammten, preusz. jaJirb. bd. 22 s. 66.
HALBMONDFÖRMIG, adj.
HALBMONDVVEISE, adv.: umgäbe uns ein groszer häufen
Wölfe , welche uns anfänglich von hinderwärts balbmonweis
umbschlossen hielten, gleich als wie die Türken ihre Schlacht-
ordnungen zu machen pflegen. Simpl. 4, 2S Kurz.
HALBMUTTER, f. für Stiefmutter, «örerca. Stieler 41.
HALBNACHT, f.: allein wie bohl und leer ward uns in
dieser tristen atheistischen balbnacbt zu muthe, in welcher
die erde mit allen ihren gebilden , der biramel mit allen
seinen gestirnen verschwand. Götue 26, 70.
HALBNACKEND, adj.:
da dan halbnackend sie
mit küssen trösten beid ihr grosze bitz.
Wkckheblis 765.
HALBNARR, m.: tboren und gescheidte leute sind gleich
unschädlich, nur die halbnarren und balbweisen, das sind
die gerährlicbsten. Göthe 17, 262. riei früher ist das wort
in etwas anderem sinne, als milde schelte ßr einen thörichten
menschen verwandt:
was nur der balbnarr an werd fangen.
H. Sachs 4. 3, 9'
P. ei ein rechter balbnarr du bist;
wiltu mirs sagen, so sag her.
/. ^a wol! was ists dann aber mehr?
ich sei gleich ein balbnarr odr nit,
so hat er gnommen sein abschid.
Ayreb 177« (SS4, 24 Keller);
sich, balbnarr, wo kompst du daher?
77' (397, 3 Kelter);
Miller wie ein balbnarr in die höbe springend. Schiller 210.
aucli von einem weihe: ich musz gestehen, dasz der bimmel
mir balbnarren ein schweres blech an den hals gebangen
bat. .\lbertine t. Gbi;« in Mercks briefs. 3, 255.
H.\LBN.\RRHE1T, f.: wobei ihm .. immer seine halb-
narrheit, ein gewisser von jedermann anerkannter, bedauerter
ja geliebter Wahnsinn, zu statten kam. Götue 60, 220.
HALB.NATÜR, f.:
herbei herbei! herein herein!
ihr schlotternden lemuren,
aus bändern, sehnen und gebein
geflickte halbnaturen. Götub 41, 318.
H.\LBNEID1SCH, adj. und adv.: dasz ich soviel ich wollte,
herrliches butterbrod hatte, da mancher arme leufel hungrig
balbneidisch vorüber schlich. Secme mein leben 16.
HA LB. NEUE, f. heiszt bei den Jägern der am morgen auf-
tauende Schnee.
HALBOFFEN, adj. semiapertus: die halboffene thüre; sei-
nem hall>offnen maule. Gbabbb dichtungen (1S27) 2, 122; ein
halboffner wagen, wagen mit nur halbem verdeck;
die erste Jugend scheint auf ihren frischen wangen
balboIUen rosen gleich nur eben aufgegangen.
WitLA:(D Juno u.^Gangmed 120.
HALBPACHT, /. pachiung eines gutes gegen abgäbe der hälfte
des naturalerlrags.
HALBPACHtER, m.
14
211
Halbpart— HALBRUND
HALBBIIN Ü — HALBSCHEIÜLER
212
HALRPART, tu. lucdidas, media, dimidia pars. Stieler 1412.
geuöhnlicli als formet reruendel. um sich einen gemeinscliaßlichen
gleichen antheil an etwas (lefiindenem oder sonsl erlangtem zu
sicliern; «it bei einem funde gegi'ntrdrtiij ist, ruft dem ßnder
halbpart zu; zwei gemcinscliaftlichc gewinner machen liall)p;ut,
2itei sjneler spielen auf liallipart gegen ihre gcgner. nieder-
deutsch \\a\\\tarl bollen gewinn und rerlusl halten. DähnertI"!';
Ar. seine iiiir soll er so richtig müssen da lassen — ha sieh,
da kommt er gleich, hurtig geh fort ! ich will mein meister-
stück machen. St. aber halbpart! halbpart! Lessinc 1,305;
ich mach halbpart mit euch (I am your accessary). Shakesp.
V. Schlegel ende gul 2, 1 ;
seht nur, wie der den kroalen prellt!
halbpart, schütze, so will ich schweigen.
Schiller Watleustcins lager 3. sc,
das Wort wird auch freier und adverbial gebraudit: halbpart
schenk ich euch den profit. Bürger 303*.
HALBPFAFFE, m. name der pflanze hryonia alba: wilden
zitwen oder brionien oder halbpfaff oder allpfaff. M. Sediz
feldbau (15S0) .-!. 57.
HALBPFEILER, m.; die niedrigen pfeiler, welche bei einem
attischen werke befindlich sind, wo sie ein gesimse tragen,
weiden auch halbpfeiler genennet, math. lexicon l (1747), 1006.
HALBPFEHD, n. 1) der mongolische Dschikketai ■, cquus hemi-
onus. Nesimch 2, 1515.
2) name des spitzen ampfers, rumcx acutus: halbpferd, halbe
gäule. Nemmch 4, 1183.
HALBPHILOSOPH, m.: flickwerk von stümpern und halb-
philosüphen. Lessinc 12,410.
HALBBASEND, part. :
ser suchen ich began
als ein halbrasendcr man,
ob ich das res raoclit vinden. fastn. sp. 1395.
HALBBEDE, f. ein in recken nicht völliger beweis, scmiplcna
probaliü. Frisch 1, 400*. vgl. halb, halbe beweisung sp. 1S9.
HALBREIF, adj. scmimaturus, zunächst von fruchten: halb-
reifes obst ; die kirschen waren erst halbreif; dann auch von
menschen, in leiblicher wie geistiger rücksicid: ein halbreifer bube;
halbreife gedanken.
HALBREIFE, f.: eine widerhaarige, unlenksanie Selbstge-
nügsamkeit zeigt uns deutlich den unvollkommenen zustand
der halbreife, wo der holde leichlsinn der Jugend verloren
gegangen und die festigkeit der erfahrung noch nicht gekom-
men ist. Jiinius briefe deutsch von Buge s. 67 (3. aufl.).
HALBHING, m. semicirculus : die halbringe an den hinter-
leibern der inseclen; halbringe aer bleiarbeitcr , um die ablei-
tunysrohre an den hdusern zu befestigen. Jacobsson 6, 14. im
halbringe um einen mittelpunct gruppiert, auch die uns sicht-
bare lujlfte des himmels, der im kreise die erdkugel umgibt, heiszt
halbring: emisperium halbrink als weit als einer den himmel
siet . . der halb bimel den wir sehen. Diefenb. 20o\ s. him-
melscirkel.
HALBRITTEB, m. nicfU vollkommener ritter, mann von schlich-
ter abkunft, der riltcrdienste Ihut und nach ritterarl lebt:
bescheidet uns noch eins, des wir biten,
von dem die lialpriiter sint,
und (loch ungern gehcnl ir kint
uns Rebüren, wie doch ir adel
mer gcsippe si dem sladcl
deniie e;; dem rittcrsatel si.
si sint niht eigen und nilit fri. Renner 1504.
HALBBOH, ad), semicrudus; entweder im eigentlichen sinne:
halbrohes fleisch, halbrohe speisen; oder übertragen auf die
gemtlung und bildung der mensdien: ein halbrohcs volk. (>othk
4ft, 332.
HALBRUINF, f. nicht völlige: die halbruine des septizo-
niums Seveii gab noch den ungefähren hegrilT von diesem
verschwundenen gcbiitide. GftTiiK 29,150; das alte verf.illene
srblosz (:u Heidelberg) in seinen groszen und ernsten halb-
ruinen. 43, fil.
HALBRUND, adj. semirolundus, nadi zwei beiiehungen hin.
I) von einer fläche gesagt, die nicht völlig rund ist: ein halb-
runder lioch; halbrunder scbild ;iri/a Stieler 1(i40; halbrunde
haiianlagcn; wir nahern un» dem schlösse und werden durch
die arme eine» halbrunden vorhofs empfangen. Gi'iTiie 28, 115;
die zerbrochenen sr|ieib<>n de« halbrunden dachfensters. über
land u. meer isßs, *. 73o'; halbrunder meiscl .. dessen ende
roodl;-'' ■ • ■• • ;r.
2) von erhabenen körpern: liemisperius dat half ront is
DiEFENii. 200'; semiteres halbrund, auf der einen seile platt,
und auf der andern walzenluimig rund. Nemmch 4, 1277; oben
ofi°en ist das halbrunde gcmäuer, das sie sämmtlich um-
schlicszt. GöTUE 27, 207 ; das innere buch . . hangt in zwei
liorndecken , welche halbrund über dem rücken schlieszen.
arbeiterfreund 1867, s. 164.
HALBRUND, ti. körper oder fläche von nicht völliger rundung.
HALRSACRAMENTEB, m. bezeichnung eines, der das sacra-
ment des abcndmahls nur zur hälfte gercicIU haben will, mit aus-
schlusz des kclches: das mich wundert, wie die schismalici,
parteiischen römischen Christen und halbsacramenter nicht
rot oder bleich dafür werden. Luther 1, 418'.
HALBSATT, adj.: sich nur halbsatt essen; ich war daher
nur halbsalt geworden. Immermann Münchh. 2, «7.
HALBSCHATTEN, m., franz. demi-teinte, die Schattierung
zwischen licht und schatten, oder der Übergang der eigentlichen
lichter in die schallen: dieser wiederschein ist eine art ge-
mäszigten lichls, ein halblicht, ein halbschalten, der auszer
seiner gedämpften natur die spccifische färbe der flache mit
abspiegelt. Güthe 5?, 210; es sind aber keineswegs lichter,
sondern halblichter, halbschatten. 59,230; denn die farbigen
streifen sind und bleiben halbschatten, durch sireilende, sich
kreuzende halblichler hervorgebracht. 00,111; besonders mag
er immer mehr auf licht und schatten acht geben, licht und
halbiicht, schatten und halbschallen von einander stmdern,
damit die gegenstände rund werden und auseinandergehen.
an Knebel 332. auch bildlich: dem "menschen kömmt seine
quäl und seine frcude zu grosz vor . . weil die mitteltinle
und der halbschatten so breit ist, der sich zwischen beide
trennend legt. J. Paul biogr. belust. 1,119; {da) die ganze dar-
slellung {der schottischen und imchen urzeit) in einen poetischen
halbschatten gehüllt ist , der keinen sichern blick zuläszt.
Schlosser weltg. 5, 229.
HALBSCHEID, HALBSCHIED, f das halb gelheillc, die hälfte.
ältere form ist lialbscheid, ahd. Iialpgisceit dimidium (Graff
6, 438) , niederrhein. helsched Harff 13, 3. 44, 28. die form
halbschied konnte gleichwol schon früh eintreten, schon zu der
zeit, als im spätem mhd. neben der allen reduplizierten form
scheiden, schiel, gescheiden die ablautende schidc, scheit, ge-
schiden sich gellend machte; doch gebrechen belege für die älte-
ren Zeiten, das wort scheint weniger ein streng oberdeutsches, als
ein mittel- und niederdeutsches zu sein, da es oberdeutsche idio-
tilccn nicht verzeichnen , Schriftsteller oberdeutscher heimat , so viel
zu ersehen, nicht verwenden; dagegen gelten im nassauischen die
formen halbscheid und halbschilt (Kehrein 182), in Hessen halb-
scheid und halbschied (Vilmar 146), im waldeckschen halfscIiM
(CuRTZE 469), niederd. halfscheid (Schasiiiach 72". Danneil 73*).
es bezeichnet die hälfte in sirengerem nialheniatischen und in mil-
derem sinne: halbscheid dimidia pars adjndicula Stikler 1749
{adjudicala jedenfalls siiner etymologischen ansieht zu liebe, da er
an bescheiden adjudicare denkt, wie das auch Frisch 1, 40(»*
thut); der auf dem punkt war, seinen garten zu verkaufen,
und nun wohl kaum die halbscheid dafür bekömmt E. C.
König an Lessing Vi, 3M; die von euch angebetete Zoe stammt
. . von der sippsrhaft der feien ab und nur zur halbscheid
nus sterblichem geblüt. Musaus volksm. 392; dasz kinder ..
Statur . . von ihren eitern auf die halbscheid ererben sollten
(wie man sagt : das hat das kind vom valer, das hat es von
der multer). Kant 10,76; der moderalismns, welcher auf die
halbscheid (:uisf/'cn dogmalismus und skeplicismu.t) ausgeht.
3,400; d'Agnasseau macht einmal die bemerkuug, wer sein
leben schreiben wolle, solle dies nie vor dem vierzigsten
jähre thun . . und nie nach dem fünfzigsten . . in dem einen
falle würden die färben zu stark, in dem andern zu bleich
aufgetragen; gleich der natur neige sich der ideenkreis des
menschen in der ersten halbscheid des tages dem uiorpcn,
in der zweiten dem abend zu. blatler für litcr. unterhallg. ls(,o
s. 760 ; Protestanten welche etwa die halbschied der oiinvoh-
ner ausmachen. Büi.ing besclir. v. /Voni/irim 247 ; mit der balb-
schied desjenigen, was sie der gemeinen anstall kusiii. Mnsin
tDCrke 2 (1708) ». 17»;
dei wcgcs andre halbKchled. Gökinok 3, i
HALBSCHKIDLER, m. ; hofschranzcn, lumpenh.<s/.lir, halb-
scheidler, glücksteiber. Fisciurt qroszm. 72. wahrscheinlich sind
leute gemeint, die suh mit anderen zu leichtem und unredlichem
gewinn auf die halbscheid verbinden {vgl halbpart), glücksrittcr,
diebereigenossen.
213
HALBSCHELM — HALBSEITIG
HALBSEITIGKEIT — H ALBTHÄTIGKEIT 2 1 4
HALBSCHELM, vi.: ich will einen solchen grauen, red-
lichen , ausdauernden , der zeit dienenden halbschelm {den
Poli/nius) aufs allerhüflichste vorstellen und vortragen. Gütue
19, 177. — halbschelmen-streiche. 25, 114.
HALBSCHIERIG, adj. s. halbschürig.
HÄLBSCHI.ÄCHTIG, adj. in suei bedeulungen.
1) einer unterart zufallend oder eine unterart bildend {cergl.
Schlacht = arl und halbart): das naturell, das in der Ver-
mischung mit fremden halbschlächtig anartet. Kam 10, 27;
von solchen , unausbleiblich und zwar selbst in der Ver-
mischung mit andern klassen , dennoch halbschlächtig an-
artenden eigenschaften. s. bü ; bei andern thieren artet fast
alles, was man an ihnen varietät nennen möchte, halbschläch-
tig an. s. 77.
2) keiner beslimmlen art zufallend {s. halb 5p. 192) , daher
namentlich ron menschen und menschlichen Verrichtungen, unent-
schieden, schwankend ' ein halbschlächtiger mensch; halhschläch-
tige maszregeln ergreifen.
HA LOSCH LAG, m. 1) paralysis lemme oder der halbschlag
Dasyp., im geycnsatz zu ay^plexia ganzschlag das.; bei Maaler
halberschlag hemiylexia 207'.
2) halbschlag, unterart, halbart {s. oben halbschlächtig l):
ein halbschiag {der indi.<chen race) ist auf der andein halb-
insel Indiens und einigen nahen inseln. Kam 10, 50.
HALBSCHLL'.M-MER, m. leider, nicht tiefer Schlummer (.«..halb
sp. 189) : der warme druck kräftiger freundeshände weckte ihn
wieder auf aus seinem halbschlummer. Felder sondert. 2, 170.
HALBSCHNEPFE, f. scolopax gallinula, auch mittelschnepfe.
Nemmcu 4, 1253.
HALBSCHUH, m.pantoffel: die zierlichen halbschuhe. Götue
19, 169.
HALBSCHÜHIG, HALBSCHCHIG, adj. das masz eines halben
Schuhes haltend: semipedalis halbschüchig Frischm.n nowe/ic/. 309*.
HALBSCHÜRIG, adj. l) in eigentlichem verstände von der uvlle
der Schafe gesagt, die jährlich zweimal, im frühjahrc und lierbst,
abgeschoren wird, und die in folge dessen gegen die einschürige
wolle, die man zu pßngsten abnimmt, in hinsieht der länge und
feinheil mehrere mdngel hat. Jacobssos 2, 194'. 4, G70*.
2) in übertragenem sinne nicht vollkommen, nicht durchgearbei-
tet, mangelhaß, schwächlich ; eine nuisik die den heiligen und
profanen* character vermischt, ist gottlos, und eine halbschü-
rige, welche schwache, jammervolle, erbärmliche empfindungcn
auszudrücken belieben findet, ist abgeschmackt. Gütue 22,
228; da unser Staat und halbschürige republik gewiss einer
der allerkleinsten Staaten ist. Tieck nov.-kranz 4, 314. die
neben form halbschierig stellt sich rücksichtlich ihtes zueilen theils
vol unmittelbar zum rcrbuni scheren , während der zweite theil
ron halbschürig auf dem subst.schm, »iM scuor, fuszl: wenn
ein halbschieriger einfall, eine Unbesonnenheit, ein Wortspiel,
langsam und stotternd vorgebracht wird. Lessing 7, 43. diese
form ist mitteldeutsch, in Düringen sehr gewöhnlich, wo man hört
ein halbschieriger bengel, eine halbschierige {nicld tüllig er-
wachsene) dirne.
HALBSCHWERT, n. kurzes, messerartiges schwert {s. halb
sp. 1S9 mitte): semispata halpswert, sahs. Diefenb. 525*.
HALBSCHWESTER, f. Schwester von gleichem vater aber un-
gleicher multer, oder umgekehrt, vgl. halb sp. ISS.
HALBSEHE.ND, part.: einer irrigen, halbsehenden, verführ-
baren menge. Dya iVa Sore 4, 330.
HALBSEIDE , f. stoff aus seide und wolle oder gam zusammen-
gewebt.
HALBSEIDEN, adj.: semisericum halb sidin Diefenb. 525';
olosericum g;ir sidin, bombicinum halb sidin voc. o. 13, S2;
halbseiden wand, tela subserica Stiei.er 2406; halbseidene zeuge,
deren aufzug oder die kette entweder ganz von seide oder
auch von seide und Schafwolle gemischt . . der einschlag
aber von wolle, baumwoUe oder auch leinengarn ist, Jacobsso.x
2,194';
handelsbfibchen, die stets am soriiilag drüben sich zeigen,
und um die, halbseiden, im sommer das läppchen herumhängl.
GöTHK 40, 254.
HALBSEITIG, adj. nur der einen von beiden seilen angehöriq;
1) im eigentlichen sinne namentlich medizinischer ausdruck : ich
musz gleich anfangs berichten, dasz ich den ersten mai aus
dem bette stieg, und daraus einen köpf voll halbseitigen
kopfweh .. mitbrachte. J.Paul palingen. 2, 5S; durch oedem
der entsprechenden gehirnhemisphare bedingte halbseitige
iähraung. Niemeyer handb. der pathohgic (5. au/1.) 2, 175.
2) übertragen, nicht alle seilen umfassena, unvollkommen : alles
bestreben der nationaloeconoraie, wenn sie nicht die lehre
des Malthus von der volksvennehrung in sich aufnimmt, ist
durchaus einseilig, halbseitig und eitel. Minerva 1847 s. 462.
HALBSEITIGKEIT, f. nach dem vorigen 2: der ganze ver-
such kränkelt überhaupt an halb- und Viertelseiligkeit. J. Pall
Vorschule d. dsth. 2, 216.
H.\LBSILBER, n, platina: den namen des halbsilbers füh-
ret es {das platinametall) deswegen, weil es die färbe des Sil-
bers hat. Jacobssos 3, 26l'.
HALBSOLD, m. halbe löhnung eines sddaten: Offiziere auf
halbsold gesetzt.
HALBSOLDAT, m. {vergl sp. 1S9 unten):
es war ein uüszger halbsoldat,
wies dort viel müssiggänger hat,
ein trommler oder pfeifet. MisÄus kinderkl. 15.
HALBSPAN.NER, m. semiyeometra , eine raupe der ein theil
der bauchfüsze fehlet und die deswegen einen buckligen gang hat.
Nemnich 4, 1276.
HALBSPÄN.N'EB, m. besitzer eines halben anspanngutes.
HALBSPARREN, m., kleinerer dachsparren zwischen dem dach-
balken und gratspar ren.
H.ALBSPIEL, n. ein ausdruck der kartenspieler, der eine zu
einem spiel gegebene bestimmte anzahl kartenblllter von mir mitlel-
miJ.<>ziger qualilät bezeichnet, gegensatz ist hauptspiel. Stieler
kennt diesen noch jetzt in Düringen gew'ihn liehen ausdruck: halb-
sive mittelspiel, handspiel Charta mediocris 20S7.
HALBSPIESZ, m. kleiner oder kurzer spiesz, <»« Frisch halbe
pike hasla brevioris modi (1,399*): indem Schlüssen die muter
und tochter die türen vor im {einem landsknechte) zu, boten
im sein halbspiesziin zu einem schlilzfenster hinausz. Wick-
PAM rollw. 67, 10 Kurz.
HALBSTADT, f.: die mir ungeheuer scheinenden gebäude,
die . . groszen bürgen , ja halbstädten ähnlich sind. Göthk
25, 48.
HÄLBSTÄMMIG, adj. änen stamm von mittlerem umfang
habend, so werden bäume genanrU, die weder zu den hohen noch
zu den niedren gerechnet werden. Nemsich.
HALBSTARR, adj.: nichts ward versäumt, den schönen
halbstarren nackten körper wieder ins leben zu rufen. Götoe
17, 332.
HALBSTIEFEL , m. Stiefel mit niedrigen scMßen : will uns
Homer zeigen, wie Agamemnon bekleidet gewesen, so musz
sich der konig vor unsern äugen seine völlige kleidung stück
vor stück umthun ; das weiche Unterkleid, den groszen man-
tel, die schönen halbstiefeln, den degen. Lessi.ng 6, 466. —
halbstiefelicht semicruraltbus peronibus indutus Stieler 2112.
HALBSTRAFE, f.: Marco erhält, als gnädige halbstrafe, den
auftrag. Göthe 38, 263.
HALBSTLBCHEiV, n. ein masz, die hälfte eines stübchens {s.d.):
halbstübichen oder viertelkanden. Mathes. Sar. loo'.
HALBSTCCK, fl. portio dimidiata. .Stieler 2222.
HALBSTLNDCHEN, n.;
ir. wie weit ists auf das vorwerk? .4. ei! ein kleines
halbstündchen. H. v. Kleist zerbr. krug, 5. auftr.
HALBSTÜNDIG, adj. dimidiam horam durans. Frisch 1,400*.
HALBSTÜNDLICH, adj. jede halbe stunde stall habend; der arzt
verordnet medizin, in halbstündlichen dosen zu nehmen.
HALBTALENT, n.:
weitschweiOgen halbtalenten sind
präcise formen aberwitz. Platkji 300.
HALBTAUMELND, part.:
lief
baibtaumelnd bin zum spiegel. Götter 1, $9.
HALBTAUSEND, n. für halbes tausend, gebildet wie halb-
hundert sp. 204: ein halbtausend hinter einander folgender
tage. H. V. Kleist d. 5. od. 1803 {bei Wiibrandt lt. v. Kleist s. 203).
HALBTEÜFEL, m.: er überlegt oft, ob er zu einem nie-
senden sicher sagen dürfe: gott helfl weil man fragen könnte:
aber wem? dem teufel, oder den halbteufeln, oder den halb-
göttern, oder welcher partei? J. Pall sphinxe 156.
HALBTH.\TIG, adj. : dasz er eigentlich hier seine bestim-
mung nicht erfülle und im gründe blos in einem halbthä-
tigen müsziggang hinschlendere. Göthe 17. 133.
HäLBTHATIGKEIT, f.: dasz sie persönlich etwas besseres
Ihun können, als sich einer solchen didaskalie zu unterziehen,
bin ich selbst überzeugt, es käme darauf an. ob ich bei
meiner jetzigen halblhäligkeil dazu nicht am besten taugten
Gotiie a« Schiller 7S9.
14*
215
HALBTIIEIL — HALBTOLL
HALBTHEIL, m. und n. dimidia pars, hälße. dan qcachlecht
schivankt, nie das von tlieil, seil aller zeit. mhd. halpleil [wb.
3,22), fries. lialWel, lialdil (Hichtiiofen 792'), in de)- Schueiz
LiilJel (Stamiek 2, 15). das abd. veruendel beide tlieile des wortes
noch uncompmiert : den halben teil, ;)/«r. diu liaibiu teil (Graff
5. 402), nie auch mhd. und nlid. der halbe teil neben halbleil
Muß (s. sp. 185):
mhd. mir ist min frre rede cnmitten zwei geslagen :
dar eiue lialbe leil ist mir verboten gar.
Walthkh BI, 34.
das ifort ist im hochdeutschen in älterer (jeltuvg ah hiilfte (s. d.)
und u-ird neben seiner Substantiven gellnng auch adverbial gebraucht.
1) substantivisch in genauem oder minder geuauein sinne: ge-
wan im ab schier das halbleil seines lands. Frank chron.
(I53S) 210; wan ir das halbtheil thut .. so beger ich nit
nierc. Aimon bog. f; nier dann das halbtheil . . erschlagen
wurden, bog. g; er wolt lieber das halbtheil seines reichs
verloren haben, bog. h; ich gib euch das halbtheil (des
goldes). das.;
soliches nam er an on alle scharo,
damit er vil gfits überkam;
er hei aucb die in groszen eren,
die im sein bosheit liulfen mcren,
und den andern auch verhenpen tet,
doch dasz er den baibteil darvon bet.
LiLiENCBON volksl. 2, 139, 46;
rerschneit das kindlein das noch lebt,
und jedem weib ain balbtail gebt.
SCHWARTZENBF,RG 108';
das oft kaum war den halbtheil werdt.
11. Sachs 3, 3, 27;
herzlieb, du halbtheil meiner seel. 3, 2, 48.
2) adverbial, uie halb, bald im sinne von 2, c sp. 191: weil es
uns .. nur halbteil sawr wird. Lijtiier 5,443'; ta/d wie halb
2, b sp. 190 :
0 pfui teufel, wie thuts da stinkn !
der (todte) biscbof ist schon halbtheil faul.
Atrfr fasln, sp. 5* (2357, 23 Keller);
bald endlich, nach halb 1,6 sp. 187, in der bedculung mitten: mach
von bolz ein spitzig ding wie ein pfriemen und stich das-
selbig in die kugel halbtheil. Fronsperc kriegsb. 2, 204*.
HALRTHIER. n. zur linifle thier.
1) in körperlichem sinne, vorn centaur {vgl. halbmensch):
edel-ernst, ein halhthier liegend. Göthe 3, 131.
2) übertragen und auf den rohen menschen gewendet, weil das
thier als bild der rvheit und nicdriißeil dient : rohe, ungebildete
balblhicre durch cultur zu menschen veredeln. Wielanb 8,311;
wiewol ein halbgotl sich öfter mit einem halhthier als mit
einem halbmensclien schlieszet. J. Paul Tilan 1,34.
HALBTHLM, ni.;
irrthümer sollten uns plagen?
ist nicht an unser licii gcdaciit?
halbthümer solltet ihr sagen,
wo lialb und halb kein ganzes macht. Götiis 3, 286.
HALBTOD, VI.: hei weiten der gröszie theil derer, die
dieses Unglück {zu erblinden) erleiden, die diesen halbtod,
möchte ich sagen, sterben, sterben ihn freilich unverschuldet
durch zufalle. Lichtenherc 5,341 (1803 5, Kl).
HALBTODT, adj. semimortuus, seminex, ahd. halptot (Graff
6, 432), mhd. lialplöt {vb. 3, 63), nlid. in der altern zeit häu-
figer, in der Jüngern .<teUener als zwei worte gegeben {v(jl. hnlb
sp. 190): halb tod semivivens roc. ine. theut. h s'; semianimis
halb lod IIasyp. ; sprang zu dem halb doten mann. Wilw. v.
Schaumb. 44; Valer und Juliane sind wie halb lod. Kessinc
1, 2C8; uoneben das compositum halbtodt auch in der form
halbelodt mit beirahrtem themavocal {wie in golh. göda-kurids,
ahd. mihbila -mi'id) erscheint: man ihn halbelodt ausz den
schranken tragen inuszi. Galmy. 148. — Ilelege für halbtodt :
semimortuus halbtodt Diefenb. 525*; sie haben ihn halbtodt
unter den erschlagenen gefunden, seminecent cum in acervo
caesorum eorporum inrefierunt. Stiei.eii 2292; das zelcr- und
mordiogeheu! so vieler lausend elender, zerquetschter, halb-
todtcr opier dieses tapes. arme mann im Tockenb. VA ; sie bat
mich heute halbtodt gcquillt. Arnim 2,214;
lie rain sich auf und iitrirzt halbtodt
)n ihrer frcundin zimmer. Gottir 1,94.
HALBTOLL, adj.: {Un:) treibt . . es bis zu den läcbcr-
lichslen demonstrationen des Selbstmords, da man ihn denn
für halbtoll erklaren und nach der Stadt schalTcn kann. GörnB
CO, 221.
HALBTON— HALBVERDElTSCHÜNa 216
HALBTON, m. in mehrfachem sinne.
1) in der musik der swischen zwei ganzen tönen in der mille
liegende Ion: da eine chromatische octave 12 halbtone hat.
Jacobsson 4, 412'; man kann eine octave nicht von einem
halblone zum andern stimmen, das.
2) daher in freierer Verwendung, unenUtchiedener , unharmoni-
scher ton, dissonanz: ist ein fremder, unheiinlicher halbton
einmal zwischen alte harnionien zweier wcscn wiederkehrend
durchgedrungen, so schwillt er immer feindlicher an und
übertäubt den grundton. J. Paui. Tilan 3, 28; nichts wirkt
stärker als der lustige, der einmal in die balbtoiic des kum-
mers fällt, uns. /or/e 2,105; der einzige kleine haihton in die-
ser vollen harmonie einer gerüsteten tugend. 3, 26.
3) auch die maierei redet von balbtonen, mittelfarben bei den
Übergängen vom licht zum schatten.
HALBTOPP, m. die mitlc des obern theiles am maslc eines
schi/fes; eine flagge auf halbtopp orfer auch halbtopp hissen,
sie bei trauerfällcn tlieilweise niederlassen : die Novara hat einen
traucrflor aufgezogen und die flagge halbtopp gehiszt, ebenso
alle anderen schiffe im hafen. Wiener presse.
HALBTRAUEU, /". 1) unentschiedene Iraner, trauerähnlkhe
Stimmung des gcmiUhs: indem sie (die rede) unsern geist er-
hob, unser gemüth in eine halbtrauer versetzte. Göthe an
Jacobi 249.
2) i'on der kleidung, die gegen das ende der trauerzeit gelragen
wird und die nicht mehr lief schwarz ist: frauen, kinder in
halbtrauer gekleidet, auch freier, von dunkler kleidung über-
haupt: Wchmeier, . . mit Unterleib und schenkein in der
schwarzsammtnen halbtrauer der kandidaten pulsierend. J. Paw.
Tilan 1,104.
HALBTRAUM, m.: Philine weckte ihn {den die Mignon be-
Irachlcnden Wilhelm) aus seinem halbtraume. Göthe 18, 154.
HALBTREID, n. mischung von körn und weizen zur aussaal
(s. haibfrucht, halbgetreide) : halbtraid, halbgetraid, gemang-
korn. ücon. lex. 914.
HALBTRUNKEN, part. semigravis. SriEtER 2332.
HALBTCCH, n. 1) wollenes luchzeug von leichlerem und fei-
nerem gewebe. Jacorsson 2, 195*. schon im mittelalter gefertigt
und wenigstens im \h. jahrh. nachztiweiscn : ein haihtuch. Monk
zeilschr. f. gesch. des Obenheins 9, 146 (ron 1476).
2) bei den Jägern slelltücher , die niedriger sind als die hohen
tüchcr {vgl. halb sp. 189). Beulen jagdcalechismus 253.
HALBTüGEND, f: schielende, schwankende halblugcnden.
Ki.inger 11,11; halblugenden semiviiiutes Stiei.er 272.
HALBUNSINN, m.: unterwegs sang ich mir seltsame hj-m-
ncn und dilhyramben, wovon noch eine, unter dem titel
Wanderers sturniiicd, übrig ist. ich sang diesen halhunsinn
leidenschaftlich vor mich hin. Göthe 20,119.
HALBL'NSINNIG, adj.: er munete wider das gestirne, ja
endlich gar wider gott selbsten ; und in solchen halhunsin-
nigen geuiübtsbewegungen kam er zu seinen brüdern. Zeskn
Assenat (l672) s. 77.
HALRVATER, m. Stiefvater (s. halb sp. ISS): hier sieht er
traurige Mcgara, mit zerstreuten haaren näher kommen, wel-
cher der alle Amphitryo, der balbvater des Herkules, lang-
sam naclifiilgl. Lessing 4, 228.
HALRVERBRANNT, part. semiuslus. Stieler 229:
ein dorrendes gcripp, ein lialbverbrandtes aas.
A. Grtpiiius (Iü»i3) ». 292;
norli crinnr ich mich beute des baihverhrannien gcbSIkcs.
GöTiiK 40, 251.
HALBVERBRECÜEN, h. .• nun lagen diö directen und in-
direclen folgen solcher narrheiten als verbrechen und halh-
verbrechen gegen die majeslilt vor mir. (Jöthk 30, 207.
H.M.HVEItltllENMJNG, f: wir trpfl'cn es {das schwarze) im
vegclabilischen reiche bei lialbverbrennungen an, und die
kohle . . zeig! uns die scbwar/e färbe. Göthe 52, 211.
HALBVERDECK , n. auf schi/fen der unter dem rordercastell
befindliche räum. Aüei.cnc. an einem wagen das nur über den
ritcksitz reichende verdeck, vgl. iialbwagcn.
IIAI.BVERDEl rsCIllNG, /. ; der deutsche . . begab sich
bei den Franz<isen in die schule, um lebensailig zu werden,
und bei den Römern, um sich würdig auszudrücken, dicsz
soillfi aber auch in der miillersprache geschehen; da denn
die unmillelbare anw«ndung jener idioine und deren halb-
verdeiilschimg sowohl den well- als gcschäflsslil lächerlich
muchtO. GöTHK 25, 72.
217
HALBVERDORBEN — HALBVOGEL
Halb VOGEL — HALBWEG
218
HALBVERDORBEN, part. , in dgentUchem und moralischem
sinne: halbverdorbene speisen, halbverdorbener wein; einer
grn^zen und halbverdorbenen volksmasse. Güthe 26, 197.
HALBVEREIMGLNG, f.: das ineinandergreifen der glät-
testen glasplallen, welches so stark ist, dasz sie fest in-
einander hängen, bringt eine halbvereinigung henor, die jeder
von beiden flächen etwas an glätte und durchsichtigkeit ent-
zieht. GöTiiE 52, 195.
HALBVERFALLEN, part.: halbverfallene bürgen; halbver-
fallene gänge (eines Schlosses). \V. Hadff phantas. im Bremer
ratskeller.
HALBVERHALTEN, pari.: Ruhens gab dem gesicht des
Philosophen bittern ausdruck des halbverhaltnen spottes.
iSrOIDERG 6, 9.
HALBVERHÄLTMS, wi.; in so viel neue familienverhält-
ni«se war ich ohne wirklichen antheil, ohne niitwirkung ein-
geklemmt, es dauerl£ nicht lange, so wurde mir dieser zu-
stand ganz unerträglich, aller lehensverdrus, der aus solchen
lialbveriiältnissen hervorzugehen pflegt, schien doppelt und
dreifach auf mir zu lasten. Ghthe26, 225; am ende hat ihn
(To«) doch Reinhardt abgehalten; denn dasz diesem bei
seinem halbverhältnis zu uns nicht wohl sein kann , ist nur
zu deutlich, an Schiller 170.
HALBVERKLUNGEN, för/..- halbverklungene töne; eine ajte
halbverkluDgene sage. Im.mermasn Münchh. 3, 56.
HALBVERLOREN, pari.:
um Sicherheit des daseins ruft zuerst
aus tiefer noih, ein halbverlorner noch. Göthe 9, 342.
HALBVERLÖSCHEND, pari. :
balbverlöschend, noch wild, drehte sich sein aug.
F. L. Stolberg 1, S9.
HALBVERMODERT, pari.: erblickete das gelbschwarze runz-
lichle angesicht der alten halbvermoderten kupplerin. Happel
acad. rorn. 253 ; hier faulen stamme zu lausenden über einan-
der, und junge sproszlinge keimen in unzahl auf halbver-
moderlen vorfahren. Göthe 25, 330.
HALBVER.MÖGEN , n. : nur das halbvermögen wünschte
gern seine beschränkte besonderheit an die stellie des un-
bedingten ganzen zu setzen. Göthe 22, 160.
HALBVEIRSCHOLLEN, par(. .• halbverschollene begebenheiten.
Göthe 46, 90.
HALBVERSTECKT, pari.: ein halbverstecktes lächeln.
H. Heine werke 1, 119.
HALBVERSTOHLEN, pari.: halbverstohlen hintern bäumen
nach einem umblicken. Claudius 1, 73.
HALBVERWELKT, pari.:
unter halbverwelkten malen
schläft der liebe freund so still. Göthk 3, 56.
HALBVERZEHRT, pari.:
dasz mir dein absein nicht die halbverzehrte seele,
die so nach dir verlangt, bisz auf das sterben quäle.
Fleming 30.
HALBVETTER, m. verwandter aus einer yemischlen oder un-
ebenbürtigen ehe (rg/. halb l, c am schlus.^e sp.l%S): es könnten
die patricier künftig sich einigen , jenes genehmigungsrecht
gegen die halbvettern in der that auszuüben. Niebuhr 2, 3S2.
HALBVIEIL n. l) von einem menschen, der zu thierischer roh-
heit neigt: und ein balbgott und ein halbvieb. J. Paul flegel-
jahre 1, 20.
2) rieh , dessen nutzung zwn je zur hälfle ziehen , indem der
eigenthümer dasselbe dem andern auf dessen weide oder in ab-
warlung übergibt, ein verfahren kleiner leide mit wenig eignem
grnndbesitz , das bei Mone zeilschr. f. d. gesch. des Oberrheins
3,402. 407 bereits aus dem W.jahrh. belegt wird, und was auch
SciiMEi.i.ER 1,626 aus Franken erwähnt.
HALBVOCAL, ni. so hat die neuere grammalik das lal. semi-
vocilis wiedergegeben, doch in anderm sinne, indem ihr j und v,
die unter umständen in die vocale i und u übergehen, halbvocale
sind: ein bedeutender unterschied zeigt sich .«ogleich zwischen
diesem halbvocale (r) und dem andern, nämlich dem j. Grimm
yramm. 1 (1S22) .<!. 5S.
HALBVOCALISCH, adj.: j und v haben halbvocalische
natur.
HALBVOGEL, m. l) name für die kleinern vOgel, namentlich
kleinere drosselarten, im gegensatz zu grosz- oder ganzvögeln:
halbvögel nennt man die kleinen drosselarlen , staaren, Sei-
denschwänze u. 8. w. , wovon 8 solcher vigel einen spiesz
-geben. BEBiEii jagdcalechismus Ihi ; wann ihr eine arasel, oder
einen krametsvogel, oder einen halbvögel (welches eben fast
so vil ist, als ein krametsvogel) gefangen habt, jagtsergölzungen
2, 79; auf dise {mistein) seind die kramets- und halbvögel
sehr begierig, s. 88 ; nachdem (über tisctie) bei das brahtens
(vgl. 2, 311) so vil halbvögel nach unser zal aufgestellet nnd
ihm einer fürgelegt, schneid er denselbigen auf. Kirchhof
wendunm. 207*.
2) in anderm sinne wird der strausz ein halbvögel genannt,
weil ihm äne wesentliche eigenschaß der vvgel, die flugfähigkeil
mangelt (vgl. halb sp. 189. 190). folgendes distichon hat die über-
schriß der halbvögel :
fliegen möchte der strausz, allein er rudert vergeblich,
ungeschickt rühret der fus« immer den leidigeu sand.
Schiller 1, 336 Kurz.
HALBVOLL, adj. semiplenus: halbfoll voc ine. theut. h 8'.
auch von fast trunkenen menschen : ein halbvoller kerl ; in ge-
trennter Stellung: die halb volle bauren. Simpl. 2,zn Kurz.
HALBVORSATZ, m.: als abkömmlingen Pandorens ist den
schönen kindern die wünschenswerlhe gäbe verliehen, anzu-
reizen , anzulocken und mehr durch natur mit halbvorsatz,
als durch neigung, ja mit frevel um sich zu versammeln.
Göthe 48, ISO.
HALBWACHSEN, part. nicht völlig erwachsen, der bildung
nach ein alles wort, was seinen gegensalz im ahd. follawahsan,
folwassen (Graff l, 687), mhd. volwahsen hat. nd. en balf-
wassen minsch ein junger, im wachsthum begriffener mensch.
Schütze 2, 93 ; en haifwassen swln , en halfwassen bengel.
Schambach 72; 'n halfwassen jung einer von 14 bis 16 jähren.
Dax.veil 73'; du bist noch ein halbwachsener bengeL Arnim
1, 122. vgl. halbgewachsen, halbwüchsig.
HALBWÄCHSICHT, adj. planta mediiincremenli. Stieler 2400.
HALBWÄCHSIG, adj. von halbem, noch nicht vollkommenen
wüchse, im gebrauche wie halbwachsen, im nassautschen halb-
wechsig Keiirein nachtr. 21. vgl. halbwüchsig.
HALBWAGEN, m. wagen der vorn offen ist, nur ein halbes
verdeck hat. Klinger 8, 1S2; der mann hat . . einen halbwagen,
der unbrauchbar geworden, verkauft. E. T. A. Hoffmann 8, 44.
HALBWAHN, wi. ; dem poelen schadet der aberglaube nicht,
weil er seinen halbwahn , dem er nur eine mentale gültig-
keit verleiht, mehrseilig zu gute machen kann. Göthe 45, 299.
HALBWAHNSI.NNIG, adj.: verzeihen sie einer halbwabn-
sinnigen, rief sie aus. Göthe 19, 134.
HALBWAHR, adj.: er {^Vatter Scott) benutzte den vortheil,
bedeutende aber wenig bekannte gegenden . . kunstreich auf-
zustellen und so seinen kleinen halbwahren weiten interesse
und beifall zu verschaffen. Göthe 46,90; falsche oder halb-
wahre begriffe, v. Savicw system 1, x.xxii ;
habt mich
auf halbwahren werten ertappt und halber Verstellung.
Göthe 40, 270.
HALBWAHRÜEIT, f: wiewohl nicht zu läugnen ist, dasz
der iman hier einige Wahrheiten oder halbwahrheilen vor-
bringt. VViELAXD 6, 130; ich hörte nicht etwa die wunder-
lichen Schicksale des abenteurers, die übertriebenen halb-
wahrheilen eines beschränkten reisenden. Göthe 20,54; der-
gleichen halbwahrheilen und die daraus entspringenden irr-
sale mögen, poetisch dargestellt, aufregend und unterhaltend
sein. 26, 272.
HALB WEG, HALBWEGE, adv.
Beide formen sind zusammen aufzuführen, da sie beide zu-
sammenziehungen accusalivischer natur sind, nur dasz die erstere
einen acc. sing., die andere einen acc. plur. in sich schlieszt, was
aber die bedeulung bnder worte nicht von einander scheidet. —
halbweg flieszt zusarnmen aus halben weg, was zunächst nach
halb sp. 188 inne Idngenerslreckung bis auf die mitte eines wegs
bezeichnet, nachher in abgezogene bedeulung sich verliert; so be-
reits mhd.: etwenne wert si sich halben wec und volget hal-
ben wec, als der sieche, der dem trinken nach luoget da;
im der arzät verboten hi\l. d. myst. 1, 312; sü stet er wol
halben wec müejic. Br. Berthuld 17,8;
so war min klage wol halben wec gestillet.
;". Tit. 5142, 4.
fiocÄ heute sind in Baiern und Franken entweder beide Iheile des
Wortes, wie im mhd., für sich bestehend: halben weg, halben
weg so vil , halben weg lod (Schm. 4, 45) , oder zusammen-
geflossen in die form halniig (H. Sachs 2, 4, 82'), halnii (Schm.
2, 177. Fromm. 5, 517), die ihre entstehung aus halben weg deut-
219
tiALBWEG
II ALB Wtr.S — HALBWÜCHSIG
220
lieh zeigt, ähnlich ts< das ags. adv. calnig seniper (Grein 1, 244)
aus calne veg yetrorden. gegenüber jenem lialmig, liuliui sieht
eine andere, bairiscUe und milleldeutsclie form balbeg, die in nichts
mehr das accusalivzeichen des ersten Iheils der zusammenrückung
bewahrt hat, und dadurch, namentlich wenn sie in der form balbig
(H. Sachs a. a. o., Schm. 2,177!, nd. balwig (Schütze 2, 9:;)
auftritt, mit dem adj. und adv balbig {sp. 205) sich rermücht,
so dasz beide u-ortc nicht immer scharf auseinander gehalten wer-
den können. — halbwcgc ist aus balbe wege entstanden, und
der form ball)e\vcgc bedient sich noch Göthe {bei Merck briefs.
1, 99); wie bei balbweg ist znniichst örtlich an die erslreckung
bis auf die mitte eines ucgs gedacht , nur dasz das singularisclic
balliweg aus dem gesicidspunkte einer person gefuzl ist, das plu-
ralischc lialbwege aber aus dem yesichtspunkte zweier pcisonen, die
sich in der mitte begegnen, von denen also jede einen weg macht.
Die bedeutung beider wortformen ist zunächst eine örtliche, dann
eine zeilliche, endlich, und am häußgsten, eine abstracte.
1) die accusativische nalur von balbweg, balbwege würde be-
sonders deutlich hervortreten, wenn deren Verbindung mit praepo-
sitionen bezeugt werden könnte; die wcndung einem auf balb-
weg enlgegeiiküiTimen, auf lialbwcg zu einem kommen, er-
scheint nicht unnatürlich; in ähnlicher, nicht völlig gleicher Ver-
bindung findet sich zu balbe wegk lange boszen. Stolle bei
Haupt 8, 319 , lang bis auf die mitte des beins, halblang, rein
adverbial wird balliweg in loculcr bedeutung z. b. im Oslerlande
angewendet, so bei Ortsbeschreibungen : gebe lialbwege diese slrasze,
dann kommt ein weg, der links alifiibrt ; auch ist iii diesem
sinne das wort in praepositionaler Stellung gebraucht: dil scal
de rad don halfwege Brunswik unde Horneborcb. deutsche
slädtcchroniken bd. 6 s. 108. vgl. balbwegs.
2) in zeitlichem änne wird balbweg, balbwege, wie halb sp.
1S6 bei stundenbeslimmungen verwandt, das rührt noch an die
örtliche bedeutung des Worts, denn die uhr gebt ja auf eine stunde
hin {s. auf II, 12 th. 1, C09) : nd. et geit up balwege es wird
bald halb schlagen Schütze 2, 93 ; im nassauischen es ist balb-
weg 4 ubr. Keurei.i182;
haibweg zu mitiernacht. Rothe Elisabeth 2042-,
den 2. augusti nacb balbweg ai)ends (d. i. nach drei ulir nach-
mittags, vgl. balber abend sp. 1S8). B. Ringwald tr. E. B2';
dieser actus . . bat gewiiret l'/z stunde, von 12 uhr bisz
uff balbweg zwei. DnEVHAUPT Saalh'eis 1,235 (von 1546); war
es aber balbeg oder drei viertel {an der uhr). unw. doclor
547 ; um balbweg viere hast du bei Strömen sein sollen.
J. E. Schlegel 2, 142;
kömpt an in disz casiell, des morgens haibweg ncim,
und bat bei ihm nicht mehr, als einen kneclit allein.
D. V. D. Wekuer .^rlusl -l'J, 82, 7.
3) der abstracte sinn von balbweg, balbwege, miltclmdszig,
tiemlich, notdürftig, geht el)en auch von dir bedeutung 1 aus,
insofern er Stellung, läge, beschaffenheil einer person oder eines
gegenständes andeutet; so hess. balbweg neben balbweges Vil-
MAR14C; in Üüringen es getil so balwege mit ibm, er befindet
sich leidlich, dhnlicli in der Allmark (Danneil 74") : nd. wenn et
halwege geit, wenn es irgend möglich ist Schambach 72*; be bell
balwfge rrcbt nicht ganz unreclil Dähnert 171*; der kammer-
berr biill gewis keinen balbwege gescbeidten menschen eine
stunde langer in Montpellier auf, Thümmel reise 6,175; alles
was dem mcnsciicn gut dünkt und nur balbwege so aussiebt.
Claudius 4,96; falls er sie nur lialbwege zur bcweguiig der
zunge angehalten hätte. J.Paul liier, nuchl. 4,52; der wisch
ist von Bösen — ja, wenn das wellcrwcibsen nur schreiben
kann, und balbwege ein jähr in der sladt gewesen ist, so
ist kein ehrliciicr mann mit seiner slirne sicher. Wall die
beulen bitlels «.13; so lange einem essen und trinken schmeckt
und man nur haibweg gesund ist. Tieck tischlerm. ],1U5;
drum wer die louit; hnihwepc orgotzi,
wird gleich in alle Kpruch iiherüctiet. tcitriflen 13,331;
GöTiiE bedient sich des Wortes mit Vorliebe: bei balbweg einer
freien, edlen, iinerwarlclen Ibal. 16,6"; ein glücklicher ein-
fall, hdibwcge deutlich , und nur gleichsam symbolisch dar-
gestellt. 3S, 136; ein mensch, der balbwege abenteuer zu be-
stehen weisz. 57,210; einer der haibweg was werlb ist. 213;
»o einen politisch-moralischen grindkopl balbewegc zu s.'iuhern.
tffi Merck 1, «9 ; haibweg schadlos halten, an Voigt 278 ;
et Ist ein nfirrifirh ding um nin ompflodllch blui!
es pocht, WKiiii m.in auch nur hotbweg wiifi li''is(t« Unit.
7, 64 ;
tind wenn ihr halliwffr phrhnr lluit. l'i, KM).
4) die Volkssprache hat dieses balbwege auch adjectivisch ver-
wandt, man hört im Oslerlande und Düringen die frau ist bei
baiui'ger gesundbeit, ein balwt-ger kerl ein leidlich hübscher;
nd. eu balwi'gen |)ris kiigeii. Schamhach 7'i'; unter anlehnung
an diesen brauch hat Haiieneh: so viel ihre bauerjungeu von
golles Worte brauchen, will ich ich ihnen doch wohl vor-
sagen, für armer leute kinder mag es haibweg sein, saliren
3 (1757) s. 41.
HALBWEGS, adv., tvn dem vorigen formell geschieden, indem
CS sich aus der genitiven formet halbes weges (.v;*. 188) zusam-
menzieht; in örtlicher und abstracler bedeutung.
1) örtlich heiszt es auf halbem, d. h. auf der mitte des weges,
da genitivc im deutschen .tctir oft in locutirem sinne stehen : u cnn
ich von dein letzten orte zurückkomme, und man begegnete
mir balbwegs , würde es noch schöner sein als das vorige
mal. GöTHE an frau v. Stein 2,181; donnerstags . . geh ich
von Ilmenau auf Weimar, wenn mir doch da etwas freund-
liches balbwegs begegnen könnte, s. 182; dasz .. mein herz
dir balbwegs auf meiner zunge entgegenkonmien soll. Schiller
146; es wird auch, «le balbwege, praeposiliunal verwandt: halb-
wegs des gedankens fallt ibm ein. IIehkl (1832) 3,487.
2) abslrucl gebraucld wie balbweg 3 im sinne von miltelmaszig ,
notdür/lig , einigermaszen: und wenn du nur noch halbwegs
lenksam bist, wie sonst. Güthe 10,93; unter diesen umstän-
den ein balbwegs gutes ziinmer zu erlangen. Ma.ximilian v.
Mexico reiseskizzcn l, 96; es bedurfte ein Jahrhundert, um
wieder balbwegs zu kraft zu kommen. Bbau.n vier briefe eines
Süddeutsclien, vorrede 18,
HALBWEIHE, f falco pygargus. Nemnich 2, 1584.
HA LB WEISE, «(/;. .• nur die balbnarren und die halbweiseii,
das sind die gefährlichsten. Göthe 17, 262.
HALBWELT, f., franz. demi-monde, ein neues wort, vgl. halb
sp. 191 : das treiben dei französischen balbwell in den deut-
schen bädern. Hallische zeilg. 1868 no. 222.
HALBWEHK, n. bei lorfgräbereien ein häufen gestochenen
torfs , wie er etwa die leistung eines halben tagewerks ausmacht.
Adelung.
HALBWILD, adj. semiferus. Stieler 2418.
HALBWLNNEU, «i. colonus partiarius , halbbauer, halbmann
(3, sp. 208). Haltaus 780. vgl. halte.
IIALBWIBTH, m. von einem der die geschäfle eines wirls aus-
helfend besorgt. Göthe 28, 189.
HALBWISSEN, n. ober/lächliches, liaWes wissen.
HALBWlSSEiVD, pari.: wer andere lehren will, kann wohl
oft das beste verschweigen, was er weisz, aber er darf nicht
haibwissend sein. Güthe 21, 49.
HALBWISSEB, wi. der etwas oberflächlich wekz.
HALBWITWE, /'. ; also (nachdem nämlicli der mann davon
gelaujen) wurde ich nun zu einer balbwiltib, welcher stand
viel elender ist, als wann eine gar keinen mann bat. Simpl.
3, 40 Kurz.
HALBWITZIG, adj.: die afteigeburt irgendeines müszigeu
halbwitzigen kopfes. Kr. Müller 3,30; indessen brachte er
CS doch weiter als viele, die sich für mehr als balbwilzig
halten. J. Goithelf schuldenb. 15.
HALBWOLF, m. namc für den wolfshund.
HALBWOLLE, f. sto/f der zum tlieil aus wolle, zum theil aus
buumwolle oder leinengarn besteht.
HALBWOLLEN, adj.: balbwüllen-halbleinwand, tela ex sub-
tcgviine intcilo slamine lintco Stieler 2406; auf gleiche art
werden auch halbwollene und halblinuene zeuge unter dem
namen von wollacken im hause verfertigt. .Moser Osnabrück,
gesch. 1 (I810) s. t05 {werke bd.h).
HALBWÜCHSIG, adj. 1) einen halben, noch unvulUsommeuen
wuchs habend: der kiiabe, indem er säugt, blickt nacb dem
Vater hinauf, er ist schon halbwüchsig, ein beldeukiud, niilil
bewustlos. (iöTHE 39,68; strich sich den balliv\üch»igen Lut.
J. I'aul Siebenkis 1,96;
halhu'üchsigor knabc bist du; duch die Trauen
sie müclitcu dich num auxguwactiscii scliuucii.
(iöTHR 41, 4:t,
der amdruck ist namentlich auch waidmdnnusch hinsichtlich i/r.v
hosen: halbwüchsig nennt man einen jungen hasen, der seine
halbe grOsze erreicht bat. Beulen jagdcatccJiismus 254;
und ein hiilbwOchsigter haso. Zachariü I, 250.
2) einen unvollkommenen , zwüterhaßen wuchs habend: diese
widerwärtige erscbeimiug (der Vermischung von edlem und gc-
metneni bei einem sich selbst iibrrlü.s.Hiien talenlei mag imn frei*
221
HALBZEHENT— HALDE
HALDE — HALDEN'
222
lieh oft genug eintreten, wenigstens erklärt sich uns in sol-
cher Voraussetzung am leichtesten der umstand, dasz so
manchen der geliildeten eine art von apprehension gegen
diese halbwüchsigen naturerzeugnisse auf dem bodeu der
cultur und kunst anwandelt. Güthü 45,238.
H.\LBZEHE.NT, «j. und n. der zwanzigste Iheil von ausgebrach-
tem Silber, tcelches ein berguerk dem tandeslierrn abgibt, so lange
äne volle ausbeute noch nicht statt ßndel. Jacodsso.n 4, 731'.
HALBZEIT, f. hälpe einer bestimmten zeit: {der pastor soll)
ieder wochen drei messen zu .Meil in der kirchcn thun, und
der pastor soll die kirch halbzeit beleuchten und die kirth-
meisler von wegen der kirchenguteren die ander halbzeit
beleuchten, weisth. 4, 763.
HALBZEKSTÖKT. part.: sprach von diesen veralteten halb-
zerstörten dingen. Göthe 31, 214.
HALBZEUG, m. in der papiermühle «oc/i nicht völlig zer-
sloszene lumpen: die gröblich zerstampften lumpen oder der
halbzeug. Beckmann lechnologie (1777) s. 71. davon halbzcug-
kaslen. trog zur aufnähme des halbzeutjes. Jacobsson 2, 195'.
HALBZIMMER, n. zimmer in einem hulbgeschosz.
HALBZIBREL, m. l) halber kreis: hemicyclus ein halbcirkel
DiEFüNB. 274'; zeichnete einen reinen halbcirkel darein. Göthe
35, 69; das dorf ist ziemlich regelmäszig im halbcirkel . .
gebaut. 17,71; in einem geräumigen saal des palastes saszen
an der einen seile die richter im halbzirkel. 27,116.
2) weilizeug der schiffer, tcomit die livhe auf der see genommen
wird. Jacobsson 2, 195*.
3) in der musik eine art hiufer, aus vier noten bestehend, wo-
von die zweite und vierte auf einer und derselben stufe stehen.
Adelung.
HALBZWILLING, »?i. ." könnte man in eines autors gehirn-
uterus nachsehen . . welche menge zurückgebliebener glieder,
ja ganze halbzwillinge des buches würde man darin aufge-
speichert finden. J. Pacl leben Fibels 80.
HALDE, f ahd. halda (Gbaff 4, S94), mhd. halde (wb. 1, 619),
im allgemeinsten sinne eine geneigte, abhängende stelle, es ent-
spricht bis auf das geschlecht dem griech. xkl-ros hügel, abhang,
welches mit xU-fia und xli-oia, sowie viit dem lal. cli-vus auf
eine wurzcl cli neigen zeigt, die im deutschen Iheils in der um-
gesetzten form hal, theils {u-ie auch im griech. lat.), in erweiter-
ter, als hlin erscheint, worauf unter lehne und lehnen noch
einmal zurückzukommen ist. — Neben dem fem. halde macht
sich seilen, aber schon frühe eine masculine nebenform bald gel-
tend, die zum altnord. hall-r abhang tritt, so bald clivus im voc.
opt.; clivus, rupes, bald, naige Frischlin nomencl. 36*;
funilen wir disen an eim lialdt.
WicKRA« pitger bl. 59.
halde assimiliert sich in halle : clivus halle Diefenb. 127', nament-^
lieh wo es im bergmännischen gebrauche in der bedeutung 2 ist;
beL^piele hierfür folgen unten.
Bedeutung:
1) die abschüssige seile eines bergcs, bergabhang, zunächst ober-
deutsch, namentlich alemannü<ch, Sciimid schwäb. wb. 256. Sciimel-
LER 2, 178; die halden, stütz, gäbe devexitas, clivus, dejeclus,
nutatio, nutus Maai.er207'; dasz der herd an der gehen hal-
den davon war gerissen. Tu. Plater 2S ; dieser bcrg bat ein
aJ)sleigende halden gegen der undcrn statt. Reiszner Jcrus.
1, 8'; auf diesem berg und an den halden dieses bergs rings-
weisz war die understatt. 22'; drängten den feind die halde
eines bergs hinan. Niebchr 2,277; in berg und thal, auf first
und halden. Hebei. schalzkästl. 28; mittags rasteten wir ge-
wöhnlich auf einer sonnigen halde. Immermann Müncith. 1, '0 ;
wie mit perlen und edelgcstein übersät, prangen die beleuch-
teten, kräutcrduftenJcn halden in ihrem glitzernden thauge-
schriicide. gartenlaube 1^66 s. 671;
ihr gärten, weiuberg, hirst, ihr äcker, halden, baiden.
VS'kckiierlin 3CK>;
ich st.ind auf berges halde. Rückkrt 89;
du zeigst an schattger halde
mir den beschilften see. Uulano ged. 310;
als singend an der halde
ein madchen beeren las. s. 374.
in Schwaben heiizt auch das an einem solchen abhang liegende,
gctröhnlirh mit gras oder holz bewachsene grundslück haldc.
ScilMID 2".7.
■J) bei den bergleulen heiszt halde ein beim schacht aufqeschüt-
tttrr hügel erde odei gesteins: halde wird genannt derjenige um
einen Stollen oder schacht am tage aufgeworfene und aus
dem gebäude geforderte berg und erden. Nehrixg hist.-polit.
lex. (1736) on/i. 46'; so füret aus der kau (schachthfUte 5,310)
beider {jeder von beiden) sein laufkarren und schiitlel in aus,
also geschichts, das wann die tiefe schacht gesunken wer-
den , ein grosze halde bei der kau des gezeugs aufgeht.
Bechiüs vom berguerk (15571 132; auf den halden und ge-
birgen höret man die schönen geistlichen bergreien singen
und klingen, das bcrg und thal davon hallet und erschallet.
Mathes. Sar. vorrede; ich hatte das glück ,. auf einer ver-
lassenen halde Ibonschieferplalten mit krenzwcis laufenden
sich mehr oder weniger verschiebenden quarzgängen zu finden.
GöTiiE 32, 99. die assimilierte form halle geht im nnmle der
gewöhnlichen bergleute: wie zwar auch ir bergleut alle taube
und lere bergart und hallen falsch ding pfleget zu nennen,
das kein silber oder ander gültig metall bei sich hat. Mathes.
Sar. 10b'. der bergmann klaubt die halde aus, sucht das dort
etwa noch vorhandene erz; stürzt etwas auf die halde, wirft gestein
auf einem dazu angewiesenen orte vor dem schachte zusammen.
Jacobssos 2, 195'. einen auf die halde setzen, nämlich an einen
ort, wo kein erz vorhanden, heiszt zunächst eine gewerkscliaft aus
dem felde vertreiben (Jacobsson das.), und zwar mittels gericlit-
lichen Prozesses: da im aber ein ander fündiger gang in sein
vierung feilet, fahen seine benachbarten gewerken ein hader
mit ihm an und wollen ihn ausztreiben und auf die halle setzen.
Mathes. Sar. 2l'; das ist auch als redensarl in freierem gebrauch:
to treibet er den heiligen geist wider ausz, oder wie ihr
bergkleut redet, er setzet ihn wider auf die halle und feilet
ausz dem glauben. 114'.
3) eigenthümlich steht halde für die durch die geneigten zweige
eines baumes gebildete laube: J. Goropius lobt den lindenbaum
für all andere bäume wegen seines Schattens und das man
darausz schöne weit umb sich schweifende halden machen
kan. a. weiszheil lustg. 435; die schattechten halden dieses
baumes. 760.
in einer halden grün,
mit manchem pfersichbaum und epheu überschattet.
Weckherlin 773.
4) im niederdeutschen erscheint die umgelautele form helde als
techni.n-her ausdruck der schiffer: von beiden löpen wird vom
schiffe gesagt, wenn es voni Stapel läuft. Schütze 2, 129; auch
hier hat also helde die allgemeine bedeutung einer herunlerwärts
gehenden, abschüssigen stelle.
HALDEN, verb. sich neigen, denominaliv aus dem vorigen,
ahd. halden (Graff 4, 8941, ein vorzugsweise dem alemannischen
Sprachgebiete zufallendes woit: halden, sich senken oder neigen,
Maai.er 207' ; die äst haldend oder bückend sich von schwäre,
rami nutant pondere das.; die weinraben haldet oder senkt
sich gägen der erden, vitis acclinata terrae, das.; über eiohiu
halden oder hangen, so einem etwas ob dem haupt hanget,
glych als ob es fallen wolle, impendere. das.; halden pünc//(T,
vergere deutsch- franz -lat. Wörterbuch (Gen/" 1695) 155; vil ander
hoft'art die sy tribent, das gar lang weret bisz schier uff die
vespeizitt, das sich die sun vast haldet und denen von Bern
under ougen schein. Etterlin chron. der eidgenossen (1507) bl.
26'; gegen mittnacht haldet der berg Sion in das thal Ty-
ropeon. Beiszneu Jerus. 1. 7',
Hat so das wort nur intransitiven sinn, so findet doch auch
umschlug in den transitiven und berührung mit dem folgenden statt:
schwäb. halden , mit der Weiterbildung haldelen bedeutet sowol
abschüssig sein, als auch neigen. Schmid 257.
HALDEN, verb. in transitivem sinne etwas neigen, inclinare,
auch der näheren abstammung nach verschieden vom vorigen, in-
dem es sich zunäcltst an das ahd. adjediv bald. mhd. halt pro-
clivis, pronus anlehnt; ahd. haldjan, mhd. beiden {wb. 1,619').
seiner verlireitung nach geht das wort weiter als das vorige, in-
dem es nicht mehr dem alemannischen Sprachgebiete vorzugsweise
zufällt, sondern bis ins niederdetttsche reicht: alts. aflieldian neigen
(Heiland 3486), ags. heldan, hyldan, nordfries. helde; auch im
scandinavischcn auftritt: altnord. hella, schwed. hälla, ddn. h<elde.
Umschlag in den intransitiven sinn hat stattgefunden im nd. hellen
nach einer säte überhangen Schütze 2, 129, wie auch schon im
ags. beide bedi^ungen des Wortes sich zeigen. — Belege: beiden,
neigen inclinare Dasyp. ; sich beiden vergere, devergere, inrer-
gere , für sich geheldet pronus. herzu beiden acclinare , nid
sich geheldet, under Mch geheldet declivis el dcclivus, ob sich
geheldet, aufgerichtet acclivis das.; halden für naigcn prompt.
r. liiis /jci ScHM. 2. 17** ; halden. faire pencher, inclinare deutsch-
franz.-lal. wörterb. ((iV/i/" 1695) 155; ein fasz halden, dasselbe
223
HALDENSTLRZ — HÄLFTE
HÄLFTE
224
hinten höher als vorn legen Stalder 2, 13 ; alle unsere neigung
hüldet sich zum bösen. Zwingi.i 1, 545 ; ein kindstui {gcbähr-
stuhlf so! buben vier bcin oder füsz, mit einem rugkbrett
binder sieb gebeldel. Rüff Irostbüchle 31*.
HALDENSTUHZ, m. 1) die befugnis, die ausgeförderlen berge
oder scidacken auf einen gcuissen platz zu bringen. Jacubssun
2, 195*.
2) der platz selbst, worauf berge, erze und scidacken gestürzt
werden, das.
3) auch das gerüsl, auf welcliem die grubenhunde auf die hal-
den umgestürzt und so entleert weiden.
HALDICHT, adj. etwas abschüssig, geneigt: clivosus baldiibt
DitTENB. 127'; leg die zeine auf einen giuszen maimoislein
. . der stein sol etwas wenigs baldecbt und an einer seilen
gesenkt sein. L. Tiiühneisskr von wassern {\6V1) b\. die weilci-
bildung baldecblig, baldacbtig int im alemannischen Sprach-
gebiete gewöhnlich: baldecblig proclivis, baldecblig ort calabalh-
mus Dasvp.; clivosus baldecblig Dikfenb. 127'; baldacbliger und
stotziger wäg trames clivosus Maai.er207'; baldacbtig ein bis-
chen steil, abschüssig Stalder i, 13.
HALDIG, adj. neben form des vorigen, in gleiclur bedeulung,
ahd. baldig in uobaldig clivosus , nideibaldig reclinus (Graff
4, 893. 894), mhd. mit umlaul beldic. die umgelaiäetc form ist
auch nhd. neben der nnumgelautetcn gebräuchlich, clivosus bal-
dig Frischlin nomencl. 30*; proclivis nyddei-beldig und assi-
miliert nideiballig DiEFENB. 461*; baldig, ballig .s(«/, abschüssig,
baldig, bellig was schief oder schräge liegt Stalder 2, 13 ; wann
jetzt die sonne die bügel vergoldele , denen ich mit meiner
beerde entgegenslieg, dann jenen baldigen bucbenwald. arme
mann im Tockenb. 27; baldig und sanft steigt (die liaWinsel)
von beiden Strandseiten gegen die niitle empor. Falmerayer
besucli auf d. berge Alhos, in hfa(jvrs Icsebuch 3, 384.
HALDLNtJ, f. declivüas, inclinatio. Maaler 207'; Calepin.
375; das kraut wacbszt gern iun den wiesen oder matten so
im gebirg liegen, an den baldungen und reeben. Tabernaem.
kräuterbuch (läSS) 309.
HALE, f dompfaff, blulfink (Hohberg 3, 2, 372'), s. hahle
5p. 159.
HÄLFE , m. halbbauer (vgl. sp. 194) ; die form gehört den
niederdeutschen Rheingegenden an, sie scheint geworden aus älte-
rem baifwinne, colonus parliarius , wie die um Aachen neben
hälfe gebräuchliche nebenform balfer (Mijller u. Weitz Aachner
mundart 78) wol auf baifwinner zurückyeltl: auch in der um-
gegend rissen die klöstcr alimäblicb das grundcigcnlbum an
sich, so dasz man um Köln kaum selbständige bauern mehr
kannte, sondern nur halfen (baibwinnei), ein name der sich
aus dieser zeit auf unsere jetzt selbständige bauern über-
tragen bat. Wesirzeiluny 1853 no. 2976.
HÄLFTE, /. dirnidia pars, ein ahd halbida (gebildet wie
ganzida ganzheil Graff 4, 222, fullida fülle 3, 493), mhd. bel-
bede ist nicht zu belegen, um den bcgrijf aut:zudrücken bedient
man sich entweder des neutrums vom adj. halb, oder der Ver-
bindung da; iialbe teil, sjjdler balbtheil (s.d.); das ahd. kennt
noch eine weitere si>äter untergegangene bildung balilanod dimi-
dium (Grasf 4,891), die zu unserm worte in näherer formeller
Verwandtschaft nicht slihl. die form ballte ist nieder- und vtü-
leldeulsch; sie lu.'tzt sich zuf ruhest nachweisen im altfriesischen als
Lalfle und belfte (Kiciitiiofen 792*); im milleldeulschen : im
vvrden (scJiilde des kaiserlichen siegeis ist) eyne teilunge, der
belfte mit drven kleinen lewen und mit einem striche.
Hallische Urkunde von 14U9 bet Dreymaupt SaaUirewt 2, 443. auch
im iskndiscfien wird ein, virllriciu junges, helft dimidium gewährt
(Haliiarson 1,54ü'). das durch LLiiitR vielgebrauchte UHtrt bürgert
sich erst nach und nacli in die deutsche sein iflsjirache völlig an. —
Aüc/i den bedeiUungen von halb bezeichnet bälfle
1) den halben theil, in genauerem oder mildirem sinne: und
Mose nam die belfte des bluls und thtts in ein becken, die
ander helft sprenget er auf den altar. 2 Mos. 24,0; eine helft
(der teilte standen) neben dem berge Grisiin , und die ander
helft neben dem berge Ebal. Jos. 8.33; des vulks Israel war
nur die belfte da. 2 Sam. 19,40; teilet das lebendige kind in
zwei teil, und gebt dieser die hellte, und jener die belfte.
1 kün. :<, 2r>; es gescbacb hinlürder das die junglinge die
helft Ihelen die erbeit, die ander helft hielten spiesze, Schilde,
bogen und panzer. iSeh. 4,10, was lodderslu? auch die belfte
des königreichs itol dir gegeben werden. Ksllier 5,3; gab im
die helft« aller si-iner guter. Tob. 10, tl; was du wirst von
mir bitteo , wil ich du geben , bis an die heiflc niuincs
kCnigreichs (goth. imd baiba jiiudangardja meina, mitteldeutsch
in Behaims evangelienbuch daj halbe teil mines riches). Marc.
0,23; sibe berr, die belfte meiner guter gebe ich den armen
(goth. halbata aiginis meinis, md. bei Behaim halp uiin gut).
Luc. 19,8; was aber über drei gülden, gibt ein erliarer rath
die helfte an solchen strafen in das aml. statulen von Üorn-
burg a. S. von 1625, in der zeilschr. des Vereins f. Ihüring. geseh.
7, 280; belfte, der halbe theil. Duez diciionar. (Amsterdam
1664); auf unbewegliche guter soll die belfte dessen, was sie
an ihrem orthe werlb sein, gegeben . . werden. Leipziger
banliordnung 1699 , Tit. lo, 1 ; ob ich es ihm (einem verstüm-
melten offizier) gleich gerne würde zu gute geballen haben,
wenn er die eine belfte, so er von seinem cörper noch übrig
hatte, wacker heraus gestrichen hätte, um sich über den ver-
last der andern beirie zu trösten, span. Robinson 3 (1736) s. 91;
ist es wohl so die bälfle von seinem vermögen , was das
mädcbcn mitkriegt? Lessing 1, 407; ich mache kein äuge zu,
so schlage ich mich mit ihm herum (im träume), hätte er nur
erst die bälfle von allen den schlagen ! 509 ; sie (die yerechligkeil)
drückt das äuge bei der bälfle deiner veibreclien zu. Sciiiixbr
254'; der kleine häufen erbot sich zum drillen Iheil des
landes, zur bälfle, zu mehr. Kiopstock 12, 293; fühlte er nur
die bäille meiner quälen. Güthe 57, 20 ; der volle putz raubte
ihr die bälfle ihrer fesligkeit. Lmmermanm Münclih. 4,129; die
trümnier der uralten Osteroder bucg . . bestehen nur noch
aus der bälfle eines groszen, dickinauerigen, wie von krebs-
scbäden angefressenen Iburms. H. Heine werice 1,17; wenn
mau die obere bälfle des Brockens besteigt. 1,75;
und wenn er lebt,
so ist die halftc dieser beutel sein. Lessing 2, 331;
6« den webern besteht ein doppelzwirn faden oder letze aus zwei
gleich langen hälften , die sich in der halben höhe des schajles
ergreifen. Jacobsson 2,195';
noch lag mit halbem leibe (die andre hüllte sasz)
der ritter neben ihr auf dem soplia.
WiELAND neuer Amadis 2. ges., 7;
im goldnen käflch eingeschlossen,
verlebt ich armer ungenossen
die hhlfte meiner lebenszeit. Glki« 1, 197;
ists nicht genug, die halfte meines lebens
^eschäl'tge Martha sein?
ists liochverraili, ists thorheit, ists vergebens,
der Weisheit kaum die andre hallte wcihn?
GöcKiNGK lioiter xweicr lieb. (1779) 65;
dasz dir werde die nacht zur schonen liälfte des lebens.
GöTHK 40, 273 ;
dich ins huus zu führen, es war schon die ballte des glückes;
aber nun vollendest du mirs. s. 33J;
steht vor mir, der sich gcrühmel
in verineszner praliierci,
dasz ilim nie mehr als die hälfte
seines geistes nöthig sei? Uhlanü ged. 284.
A'üc/i dem spruclie, dasz mann und weib ein leib sind, ist die
frau des mannes bälfle (s. halb sp. 185 und ehehälfte 3, 43) :
wie das weib dem mann gegeben
als die schönste hallte war,
ist die naclit das halbe leben,
und die schönste hallte zwar. Götiir 19, 196;
meiner nunmehr selgen hälft ein ebren-denkmal. Brückes 6,
584; ich und meine bälfle nehmen herzlichen anlbeil an dem
guten fortgang meines kleinen palhens. Wielanu bei Mnck
2,131; sich des aufgebrachten ebemanns gegen seine pllichl-
veige~seiie bälfle annehmen. Götter 3, 23; hier kommt ein
anderer seines gleichen, der . . seine schöne hälfte mit sich
bringt. Göthe 29, 239; und um eure frau werdet ihr euch
wenig bekümmern? gar nicht, wenns beliebt, das beste be-
tragen gegen seine liebe bälfle bleibt iiniupr das zu tbiin,
was ihr ansteht. 36, 57; bebainmen wissen die znkunft der
weiblichen hälfte. J. E'all leben l'iM.« .v. 57;
midi nicrk* kein iiiir, und alle blicke winkoD
uut mciiiu siuUc ballte mir. Sciiillkr 26';
und mit beziehung hierauf Iwiszt es:
ich bin dein treues weib,
und meine hallte lurdr ich deiiies grames. 519'.
den ausdrtick wendet GöTiiK auch nur auf dir braut oder gdieble :
meine schöne bälfle sprang vor frcudeu ouf und verkündigte
mir mit enlziicken die ankiinfl ihres herrn vaters. 23,99;
cm freund . . dem es an einer hälfte . . ermangeln mochte.
25, 2H; und um4)eki-lut auch auf den yehcbten: es fehlte nicht
an jungcu uiUnucru, die sich ciuzuscbicicken wuszicn, fast
225
HÄLFTE
HÄLFTEN — HALFTER
226
jedes mädchen fand einen freund; nur sie war ohne Lälfte
geblieben. 25, 25.
der liebttaber nennt in feuriger rede seine geliebte die Lälfte
seines herzens, seiner seele: o Wehe {liebe frau) l helfte mei-
ner Seelen! pers. baumg. 4,11; seine reine seele fühlte, dasz
sie die hälfte, mehr als die hälfle seiner selbst sei. Güthe
!■», 44.
2) die lormcln die hälfte {acc), zur hälfte, um die hälfte,
auf die hälfie, an die hälfte ersetzen das einfache adverbiale
halb , itunifiillicli auch, wenn es den ungefähren dnn zu einem
grOszern uder kleinem ilwile {sp. 189. 190. 191) hat: aber das
uberlenge an den teppicheu der hütten soltu die helft lassen
überhangen au der hütleu. 2 Mos. 26,12; ob ers wol vermag,
{^ibt er# (geliehenes gdd) kaum die helfte wider. Sirach 29,7;
zur helfte blus semiitudus, zur helfte zerrisseh seiiiilacer, auf
die helfte offen semiapertus Stiei.üu "36 ; ach, es ist mehr als
die helfte zuviel. Schaubühne engl. u. franz. com. 1,49; W. was
sagen sie? T. es geht dich nur zur hälfte an. Lessixg 1,554;
sie haben mii diesen Iriuniph um die hälfte verluimniert.
2, isi ; der ist ein slümper, der sein werk nur auf die hälfte
bringt. ScniutR 129 ;
so merk ich, dasz du (die nacht Ut angeredet) last
dich au die helfte schon von aas entzugen hust.
Fleüimc 623;
sie kennen mich
zur hälfle nur. Scuilleb 295*.
-namentlich in negativen Sätzen betonen solche formein einen klei-
nen, gelingen theil : und ich habs nicht wollen gleuben , bis
ich komen bin und habs mit meinen äugen gesehen, und
sihe, es ist mir nicht die helft gesagt, du hast mehr Weis-
heit und guts , denn das gerüchl ist , das ich gehört habe.
1 kOn. 10, 7; so hat auch Samaria nicht die helft deiner
Sünde gethan. Hes. 16, 51; die gottlosen haben viel vergeb-
licher ansehlege, die sie nimmer zur helfte bringen. Luther
5, 2"; unterwegs reuete es mich fast, dasz ich in meinen
allen tagen erst solle einem solchen herren aufwarten, der
. . die hellte nicht so viel verstünde als ich. Simpl. 2, 301
Kurz; er höret mit Verwunderung die heutigen gespiäch und
tischreden an, und weisz oft die hellte nicht was die leute
reden. 4,463; hingegen seine gemahlin, so sehr sie irauen-
zimmer war, kannte diese kunst nicht zur hälfte so gut.
VVezel Tobias Knaut 1, 128. -doch kann eine solche formet auch
das geqentheil bezeichnen: machte einer ... mit der Quintina
ein gezänke, und nannte sie eine alte pulverllasclie. daran
lengst du die helft nicht an, du alter hornträger, gab sie ihm
zur antwort {du lügst das ganz und gar). Happel acaä. rom. 43.
3) hälfle für den endpunkt eines halben tlicils, die mitte, nach
halb 1, b sp. IST: hier ist die hälfte des wegs; noch vor
Völliger nacht erreiche ich wohl den ort auf der hälfle weges,
da schlafe ich und bin morgen in der frühe am ziel. Immer-
mann Münchh. 3,64; schon geh ich der hälfte meines hiesigen
anfenthaltes entgegen, die andere wird auch bald verlaufen.
tjoTHE an Toiyt 250. bei alters- und Zeilbestimmungen: die blut-
gierigen und falschen werden ir leben nicht zur hellte bringen.
ps. 55, 24; nim mich nicht weg in der helft meiner tage.
102,25; in der hälfle des juli. Güthe 26,282; daher begab
ich mich hälfle decenihers nach Jena. 31, 89.
4) der ungenaue und nur ungefähre sinn, den hälfle auch hat,
spricht sich besonders aus, iccnn von einer groszen und kleinen,
gröszern vnd kleinern hälfle geredet wird: das deutsche dorf
Balzers , die groszere hälfte des Staates Lichtenstein, volks-
zeitung 186S no. 249. eine ähnliche ttngenauigkeit schlieszt die
bessere hallte, die beste hälfle in sich:
sollt ich nur so glücklich sein,
und das schöne schinkenbein,
das ich — doch ich inags Dicht sagen,
wo ich dieses hingetrageu.
werd ich wiederum gesund,
will ich dir bei meinem leben
auch die beste hallte geben. Gellert 1,69;
des geisies beste hälfle, mäunerkraft. Schiller 251";
vgl. oben t auch schönste hälfte.
HÄLFTE, in adjecttvischer fügung , wie auch die Substantive
drittel, viertel u.s. w. in manchen Stellungen adjectivisch empfun-
den werden: also hebt er auch allhie an in uns den tod zu
schwachen, das er an uns nicht mehr gewinnet, on das er
die Scherben und nur das helfte stück an uns wegnimpl.
Luther 6,211"; wie du durch so manches land, ja den hell-
ten I lieil der well schon durcbwaudclt. engl, komdd. 1, L 7.
IV. II.
HÄLFTEN, verb. in zwei Hälften abtheilen: und endlich wuide
durch den held Achilleus, der zugleich halbgott und halb-
mensch war , das götter- und meuschengedicht schön mit-
spielend eben so zu einer mensch-gotlheit gehälflet. J. Paul
vorsch. d. ästhel. 2, 106.
HALFTEK, /". capistrum, camus. ahd. halftra, haleftra,
halftera (Graff 4,925), mhd. halfter, ags. hälftre; nd. halfler,
belebter und halter. Was abstammung und ei<,entlichc bedculuug
des Wortes betrifft, so kommt zunäck4 in betracht das ahd. mhd.
halp, griff, handhabe, nhd. helb {s. d.) , was nach dem grund-
sinne des an äch ziehens und reiszens wol eben so wie das adj.
halb {sp. 1S4) mit lat. carp-ere zusammenhängt, das su/fix ahd.
dara , tara , skr. tarä , bildet feminina , u-elche Werkzeuge aus-
drücken, so dasz half-ter, ahd. half-tara in allgemeinster bcdeu-
tung das Werkzeug zum erfassen ist, in eingeengtem sinne auf den
zäum bezogen, der zum festhalten eines tltieres dient, das suffix
-tra erscheint in folge der Verbindung mit einem andern mehrfach
in der form -stra, und hierauf gründet sich die bair. ncbenform
halsler (Scum. 2, 184) mit amstoszung des letzten jrurzelhaften
consonanten, eine ausstoszung, die wol auch in der nd. form
hal-ter statt hatte {wenn diese neienform sich nicht überhaupt an
halten anschlieszt), während in dem gleichfalls nd. belebter das
auslautende f der wurzel nach namentlich niederfränkischer und
friesisdier gewohnheil sich in ch veikehrte. die form baffter
(DkEFENB. 97"), die auch bei Frischlin nomencl. 3s2' erscheint,
dür/le wol aus assimilation des If in ß entspringen.
halfter bedeutet:
1) der zäum ohne gebisz, der zum festhalten der thiere dient:
ca/*<*/rum halfter, halftern, halster Diefenb. 97'; habena, half-
ter, helfter, halter 272*; halfler, ein band, ein strick, camus
Cai.epi.x. 190; halfter, maulkorb capistrum Dasyp. ; ein halfter
anlegen capislrare Maaler207'; wann ein pfert ledig wirt von
dem barn , so es sich schon w ol von dem barn abzerret,
nichts destminder kegt im die halfter biudeunach und mag
leicht hämen , so fachet man es wider. Keisersberg getstl.
Spinnerin, 3.pred. M3'; man soll dem füllen eine halfler an-
legen und ein zäum an die barre binden. SebizISO; zur aus-
mundierung hat- ein reiiter von nöthen . . ein starke halfter.
Bückler kriegsschule 2S1 ;
mancher wehrt von den mütlern sofort die gesonderten böcklein,
und umbettet die schnauze von vorn mit gestachelter halltei.
Viryits tänät. yed. von Voss 3, 497;
multi jam excretos prohibent a matrious hoedos,
primaque l'erratis praeüguut ora capistris. geury. 3, 39'J.
spmhwörtlich : der halfter an dem barn nicht vergessen, nicht
vergessen icas zu einer sache gehört. Eck bei Luther 1, 163".
2) hdliler für hosenträger, schon ahd.: halftra //cacAia/e Graff
4,925; jetzt noch oberdeutsch, namentlich bairisch: halfter und
halsler Scum. 2, ISl ; jrt Kärnthen halfter und haschler Le.xeb
131 ; in Tirol gesaszhalfter Fro.mm. 4, 447. in Schwaben heiszt
halfter das sirickband an gefäszen zum tragen. Scmmid 258.
3) die oben angegebene weitere bedeutung von halfter erhellt
auch noch aus dem rechtssprichworte : dem gläubiger wird der
Schuldner an die band und halfter gegeben, debitor crediloiis
dijicrettoni traditur. Pistoriüs tites. paroem. 5 no. Sl s. 381, in
aknlicher fasyung : do sie aber solche zu wiegen nicht ver-
möchten , so wurden sie vorniuge sechsischer rechte dem
beschedigten an die halfter uberantwort, ihnie dasselbe ab-
zudienen. Leipziger schOppensprudi v. 1545 bei Hai.taus 782, was
auf Sachsensp. buch ä ari. 39 fuszt: swer schult vor gerichle
vurderel üph einen man, des her gelden nicht ne mach noch
bürgen setzen, der richtere sol ime den man antwarden vor
daj gelt, den sol her halden glich sime ingesiude mit spise
unde mit arbeide. hier hat halfter den allgemeinem sinn band,
fessel, und wird auch so glossiert: in eine halfter oder fessel
spannen. Leipziger sch<>ppenspruch v. 154S bei Haltäus 782;
gleicherweise in folgendem: die Winden underslunden sich, sich
ausz der halller der bairischen königen zu ziehen. Aventix
bei Schm. 2, 381, was als sprichwörtliche redensarl gebt, da auch
Frisch 1, 401* sich aus der halfter reiszen sediiiose agere aus
WuRSTiSENs Basler chronik beibringt.
4) halfter i*/ bei den Wundärzten eine arl binden, die unter
die kinnbacken gemaclu wird, und oben auf dem köpf zusammen
geht. Frisch 1, 401*.
5) halfter, holländ. halfter und halster nennt man auch bei den
vvtjeln den rand des schncd)els nach dem köpfe zu. iNemmch 2, 843.
6) halfler für hulfter, holfter, pistolenhulfter , Ist wol nicht
vor dem 18. Jahrhundert angewendet (Fbiscb 1, 474'), vgl. bolf-
15
227
HALFTERBAND — HALL
HALL
228
ter und hulfter. ähnlidi wird auch liulTter für halfter gesellt:
als jener seine seele um einen trunii dem lenfel vergeben,
nahm ihn dieser mit leib und seci, sagend, weil er ein pferd
gekauft, so würde er auch den zäum oder .den. hulfter wohl
mitbezahlet haben. Scriver scelcnsch. l, 22.
7) schwanken des geschlcdUs. Schiller brauchl das worl als
ueulrum: wer ist der erste, der das haifler über den liger
wirft? 170; in der unter 6 angeführten stelle Sciuvers ist es ein
masculinum
HALFTERBAND, n. zügel an einer halfter:
es ging ein mann in STrerlaud,
liihrt ein k.iniei am halClcibaod. Röckert U7.
HALFTEBFÖUMIG, adj. nach halfter 5: capistratus, mit einem
halfterfürmigen rande umgeben. Nemnicii 2, 843.
HALFTEUGELD, n. geschenk an einen knecht bei verkauf
eines pferdes: halftergeid sive zaumgelt douarium pro capislro
Stieleh 6s2. wegen des brauches vgl. haiengeld sp. 125.
HALFTEHKAPPE, f ein stück leder auf dem kummete.
Jacobsson 6, 1")'.
HALKTEItKETTE, f. eiserne kelle an einer halfter, womit das
pfad an seinen stand befestigt wird. öcon. lex. 914.
HALFTEKN, vcrb.
1) eine haifler anlegen, capislrare: habenare halfterefl o. zeu-
men Diefenb. 272'; halftern cfl;/(s/;are Stieler 747; er halftert
das pferd, equum capistrat. Steinbach 1,6G9.
2) bildlich, sich abquälen, cigenllich wol wie bei der arbeit des
halfterns an änem unbändigen pferde; so slelU namentlich das
nd. haltern in beiden bedeulungen. brem. wb. 2, 473. reflexiv
ijcbrauclU sich durch etwas hindurch halflern, sich durch eine
mühe oder gefahr hindurch arbeiten : bis dahin haben wir beide
lins so dadurch gehalftert. Jung Stilling gesch. des herrn v.
.Morgvntliau 1, 270.
H.\LFrEUU.\G, f. capistrandi aäus. Stieler 747.
IIALFTEWEGS, adv., in der mitte des wegs, wie halbwegs 1
.<tp. 220: mein freund begleitete mich, wir schienen schon
unzertrennlich ; als ich aber hälflewegs um erlaubniss bat,
ihn mit in des amtmanns wohnung zu nehmen, verweigcile
es die pfarrerin. Göthe 22, 196.
H.\LFTIG, adj. u. adv. eine hälfte bildend oder ausmachend:
sieben süulen theilten den luftigen saal hälftig ab. Scueffel
Ekkehard (1855) s, 44.
HALIZEN, verb. ausgleiten: häliczen labi Diefenb. 3U";
mundartlich noch in Ober- und Mütcldeutschland : bair. Iiälizen
ausglitschen Scii«. 2, 166; kürnln. halitzen labere, lubricare
Lexer 131 ; im Vvigtlande helzeln auf dem eise schleifen, kuscheln,
was schon in einem ostlechischen vucab. von 1432 erscheint: labi
lieliczen oder schleifen auf eisz Fhomm. 4, 304'. es gehurt mit
xchwed. hal-ka ausgleiten, ausglitschen, halkning das ausgleiten,
lial-ke i/latter weg, hal-kig glatt, schlüpfrig zum adj. hahl, hUliI,
mhd. hiele sp. 158.
HAI.L, m. sonus, mhd. hal, ahd. nicht aufgewiesen, für den
hegriff eines weithin sich fortpflanzenden tones hat die deutsche
>Iirache mehrere worte mit nur verschiedener anlautsstufe , neben
itlid. ha! gehl gal , und diesen zur seile steht wieder das ahd.
rrrhum kallon, challon laut rufen, nhd. kallen (5, 69). f« die-
(71 Wörtern prägen sich alle drei stufen der anlautenden gnttu-
iiilis aus; es ist anzunehmen, dasz sie bereits in sehr früher zeit
h nrzelhaß geschieden waren, wenn auch vielleicht selbst diese wur-
-.7)1 in nähtrer Verwandtschaft stehen, wenigstens wird hall nebst
trillern cerbum mhd. hßllcn, mit dem altn. hall-ina;li iibele nach-
ifJe, tndel, und hallma.'la bislern , von griech. y.a?.e'oj , lat. ca-
l:ire, /(/. kal-ba rede, geredc nach dem gesetz der lautver-
rliiebung nicht zu trennen sein, während zu mhd. gal das skr.
khara-s rauJi , scharf, stechend, was nach BOhtl.-Uotii 2, 600
li infiy von raulien , stechenden lauten gebraucht wird , sich stellt,
uint kallen wol wieder mit skr. gar rufen, preiszen (Hüiitl.-
lloTii 2, 6S'J), lat. garrire, garrulus in nächster Verwandtschaft
slHil. zu hall und seinem verhum mhd, höllen gehört auch das
!■ ."fflich gleiche schall mit dem verbuni mhd. schi^llen , alid.
■' ' 111, welchen Worten s vorgetreten ist {vgl. schmelzen und ags.
nie I an, narr und mhd. snancn), was ursprüngliches k gegen
die tautrrifcJiifbung sclihtzle. hall und schall, mhd. auch hal
undc gal weiden formelhaft verbunden: hall und 8ch;i!l. Unr-
nuch 210; der gal und der hal. d. mysl. 2, 2<»6.
hall wird gebraucht
1) aWjrtnein von jedem weithin hürbarem laute und vollem,
tonendem gerduteh: »onus hal Dierf.Nn. 612*; crejntus hal t57";
wann ich cioeo solcbeu kiicbclborirrcKsigen namen bette,
der von getbün und hall den leuten auszusprechen ein last
gibt. Garp. 107'; die irdenen gefäsz bewärt man im hall, aber
die menschen in der redt. S. Frank chronica loS', gut gebrannte
irdene gefäsze müssen beim anklingen einen vollen Ion von sich
geben ; denn gleichwie das regal, positiv oder orgel, wenn es
keinen wind in sich empfangen , durchaus keinen ton , hall
oder schall von sich gibt, wie heftig auch der organist be-
mühet , also kann solches auch von unsern leibern gesagt
werden. Fioravanli kunsl- u. wellspiegel, übers, v. Jennis (lois)
s. 10; ihat es einen hall. med. maulaffe 435; zwischen dem
knall oder hall und der gcgenstimine oder echo gibt es
keinen geringen unterscheid. Happel acad. rom. 208; der hall
der schritte in öden straszen;
do ging das piilter one (an),
mit piucm starken knale
saat Jörg [ein mit pulvcr grfiitllcs, in den ofen gesciw-
bciifs Iwlzliild) mit lautcin halc
ein ritte durcli den ofen. meistert, fot. 23 no. 22t.
2) von einem durch die luft widerklingenden tone, Widerhall,
echo: mhd. zuo glicher wis, als obe einer stüende vor eime
hohen berge und ruofte 'bistu da'? der gal und der hal
ruofte wider bistu da'? d. mysl. 2,286;
nhd. bis ein fertiger gcsang
mutiiig durch die lüfte drang
und den ball zum nachrut zwang. Hagedorn 3, 58;
und stellest du auf dem leisen,
traut liebclien, ich rufe dir zu;
die balle sagen es weiter,
doch niemand hört es, als du. Uhland ged. 45;
es liebet
einen schatten Narziss, aber ihn liebet ein hall. s. 144;
und jeder hall, in spalt und klull versteckt, s. 157;
wie dt-n gesaug, den zu des liebchens preise
der schaler angestimmt aus voller seele,
gedankenlose halle wcitertreibeu. s. 180;
ich weisz mir eine groitc,
gewölbt mit bergkrystalle;
die ist von einem gotte
begabt mit seltnem halle:
was jemand sprach, was jemand sang,
das wird in ihr zu glockcnklang. s. 397,
wann seines Jagdhorns liehewockend ach
zog durch die walder, öiriiel ich die tippen,
und lispelt es mit leisen hallen nach. Hückert 83;
ich bin das bild, der Spiegel, der hall und Widerhall.
s. 327.
bair. hall geben, auf einen ruf durch gegeniuf antwort geben.
SciiM. 2, 166; in der Heunzen-mundart hiiU gehen Fromm. 6, ls:i.
3) namentlich vom klänge der stimme, der worte, des liedes:
wann gols wort ain eusserer hal, stimm und worl were.
S. Frank .sp. 2, 79 ; wird singen ein lied .. des bull erschal-
len wird bis an der weit ende. Jer. 25, 30 ;
der hall gadt durch die ganzen wäit,
das uns der lieb gott nit mit galt
noch keim zyillchen werde
geloset hat vons tülels r&l.
A. Ulaarer ein ijsang uff den pfingslug
des gedankens zwilling, das wort, scheint hall nur,
der in die lul't hiullieszt ((iic'/i(.s als tccrir lUuiuj).
Klopstock 2, 59;
wenn von diesen (liandlungen) bis zum lernsleii
hall sich jede verlor, zum letzten
lispel sich, redet es (dos geisicswcrli) laut. s. 82;
uun höret ich doniier, nun harfen,
dann die stimme der rufer um thron; doch der stimme gedanken
könnt ich nicht lassen , denn einzelne halle nur hört ich ver-
nehmlich,
und die andern versanken im rauschenden ströme der donner.
6, 132 (Mesniiis IS, 4^0);
todesbauch verwehte deinen ball. Kühckr 76';
zu l'riams bürg ruft uns der stimmen Inut.siur ball.
SCIIILLKR 33;
ofl zu gebrochenem laute der ningdlein
zwang er den maniilicheii hall. Voss 3, 247.
von der stimme dir nachtigall:
still, wie leisen hall
einer nachtigall
oll üio nachgeionei. Voss 5,202,
ärmoj- JDt die iiachiignll,
die nicht kann zcrtlicsien,
sondern nur drr M'liiisnrhi hall
lasset sich ergieüzcii. Kückrnt I, 8.30.
4) dann auch besonders häufig von dem durchdringenden klang«
der fmsaunen und hurner, der glocken, der trommeln :
mild, ich wjiiiM'h du;; im ilit helle
nii dem KTeil sin nailhorii,
AiH e( den hal hab vurliirn,
und Ol werde liiumor {dHmpf), ticdirs. 2, 427|
220
HALL — HALLE
hallr
230
nhd. als das volk den hal der posaunen höret. Jos. 6, 20;
{das ross) zitterl und tubel und scharret in die erde, und
achtet nicht der drommetcn halle. Hiob 39, 24; meine seele
hürel der posaunen hall. Jer. i, 19; er hat der drometen hall
gehöret. //<•.-'. 33, h ;
und grüszten da den lieben tag
mit tVommen und trommeten schal),
da es gab durch den see ein hall.
FiSCBART silüff 197-
schweigt, unglückliche trommeten!
eines vaters eingeweide
wenden sich bei eurem hall. Herder Cid 36;
sobald der hall
der cvmbeln und drommeten uns den dank
des chors verkündet. Stolberg 4, 172;
zog ihn der hall von Friedrichs siegreicher troinmel nach
Bübinen. ScbillerIIo;
nur einer schellen schall,
die mit vercrebnem ball
uns in die obren dringet. Opitz 3, 107;
0 gebenedeites,
heiliges getön,
wann des grabgeläutes
dumofe halle wehn. Voss 5, 2.30;
nach dem letzten hall der sterbeklocken
denkt kein mensch des guten Jünglings mehr.
Matthisso.i geil. (1791) $. 127;
und es tönt der hall der glockeo. Platet« 5;
das Test der pfingsten kommt im hall der glocken.
Geisel ged. (lS.i>>) s. 271.
von dem melaUencn tone der uaffen, fesseln :
{das:) die felder nicht, die berge von dem hall
geschlagner waffen, schilderklang ertönen. Tieck 2,27;
die lieb ist reines spbärenrauschen,
darein kein ball von fesseln klirret. Rcceert 32S;
roro lone des donners, tgl. donnerhall 2,1244; bildlich:
einem anderen chor entströmeten halle des donners.
Klopstock 5, 113 (Mef:sias 12, 145).
5) endlich auch von dem klänge eines ktisses:
wo die freierischen westen
buhlen mit den schwanken ästen,
und wehn einen llall darein,
als es selten küsse sein. Flesi?ig 443.
HALL, n. sahwerk, vas halle 3, nur in Schtraben und Baiern.
ScHM. 2, 167;
welcher in seim jungen tagen
zu Hall im hall (rar. hal) bat block traeen.
Peter Live 62 (ireim. jahrh. 6, 4-26).
das geschlerld fällt auf; das wort mit Schm. zu salz s« stellen,
so dasz wie früher vielfach angenommen wurde, den sonst in die-
sem Worte erscheinenden sausclaul hier ein hauchlaul ersetze, kann
'in keiner weise gerechtfertigt werden, wie auch unten der Zusam-
menhang von halle salzwerk mit salz geläugnet ist. das unge-
wöhnliche neutrale geschlecfU des wortes sclwint durch allmähliche
kürzung eines composilums veranlaszl, ahd. hiesz salina halhils
(Graff 4, lO.'.S), das hat sich sfxiter in Schwaben zu halles rer-
flüchtigl (Scimiu 255, woneben haal n. sotcol den platz der salz-
siedehäuser, als auch die siederschaß selbst bezeichnet) und ist in
der form hall noch weder zurück gegangen, so dasz von dem nun
ganz gewichenen haus nur noch das geschlecM zeugt.
HALL.\SCH, m. salzschiff kleinerer arl in Baiern. Schm. 1, 122.
vgl. asch 1, 57S.
HALLBLBE, m. troi ein bube, der sich an den terkaufsliallea
des marlUes umhertreiht , straszenbuie , gassenjunge: denn wie
Vergerius dcsz bapsls legat in Tculschhinde war, da holten
in die haliliuben, als des bnpsts muller, schier mit dreck zu
lode geworfen. Li;ther tischreden 245*.
HALLBLT.SCHE, f bursche der im salzwerke (halle 3) be-
schälligt Vit, salzsieder. Frisch 1, 401'. tergl. unter hallor.
HALLE, f. im ullgemeiii'^en .<tinne überdeckler räum, das wort
ist in den deutschen diaUclen , wiewol in etwas verschiedenem,
nachher näher anzuführendem sinne weü verbreitet: ahd. halla,
mhd. mnl. nnl. halle, oUs'ichs. hallü, ogs. heal , engl, hall;
altn. holl, schwed. hall, dän. hal. irte vert^hieden auch die
hallen ihrer bauanlage nach sein mi'gen , ein f,enietnsames merk-
mal kennzeichnet sie, es ist das, dasz die brdachung entschieden
hervortritt, die seitenwände untergeordneten rang einnehmen, sei es,
dasz die letzteren bis auf ffdter oder räuhn sich verflüchliiien
[offene hallen), sei es dasz in dem groszen räume, den eine halle
einschliesit , dem beschauer die decke des gebäudes viel mehr zur
gellung kommt, als die cutfirnlcr stehenden und unbedeutender
sich zeigenden seitenwände. von dieser vorzüglich ins äuge fal-
lenden eiyviischaß der halle, die somit wesentlich als überbau er-
uheint , scheint sie auch iliren namen emjifan(,en zu haben , der
wol mit tat. oc-cul-ere verdecken, verbergen, cel-are verbergen,
griech. xahvTixeiv verhüllen, bedecken, xovTireip verbergen in
engem etymologisclu^n zusammenhange steht, zur verwandtschaß
Qfhiirt auch das goth. hallu-s fels, den man sich audi son.4 als
deckend, überhangend vorstellt, sowie goth. haija, mhd. helle,
nhd. hülle, waiüber unter diesem worle mehr. — balle 5iW< unter
anlehnung des eben erwdhntin golL hallus zunächst als steinbau,
felsensaal zu denken, geht, wenn man die eigenheilen der ältesten
deutschen bauart betücksiciüit,!, in keiner weise an.
halle bezeichnet:
1) das wesenllicli an den seilen offene, nur überdachte bautceik,
das theils als htoszer schuppen in schlichter ausführung sich zeigt,
so landschaßlich in Baiern: holzhalle, Wagenhalle, zeughalle
Scu». 2,166; lugurium halle Diefenb. 60l'; phala halle 223*;
thnls in reicherer ausführung als gebäude erscheint, das wenig-
stens von nner seile ohne wand isl; so heiszen die ölfentlichen
niederlagen von handeUwaaren hallen, und ist dieur ausdruck
für die sache schon all, da bert-its das millellat. halla, iMwie das
franz. halle das wort in diesem sinne veruentitin: Sempronius
hat die hallen oder gäden zu ^der gemein gekauft. Bibel
Ltr. 802; als doch gcwonlich alle stelle in iren hallen zu
Frankfurt ordenung haltend. Straszburger quelle des 16. jahrh.
bei Scherz I, 596; halle, laberna, domus mercium, und daher
auch forum rerum venalium bei Kiiun; so heiszl ferner der nur
theilweise mit seitenwdnden versehene vorbau eines hauses , eines
ölfentlichen gebäudes, einer kirche eine halle, was mhd. auch als
loube bezeichnet wurde {vgl. auch verhalle) : porticus halle
DiEFE.M!. 44S'; hall potlicus Alb. x3'; in der halle oder vor-
schupfe Petrarcha 86" ; und sind alle diese dinge geschehen in
dem dürfe N. mehrgenanut unter der hallen vor des zent-
grafen hus. weislh. 4, 544 (im selben bände s. 662 no. 25 ist für
halle hahle zu lesen, ein kessel und ein hahle, vgl. sp. 15S).
in dem Idzlern sinne wird es von Luther häufig angewendet, es
übersetzt, wenn in der sepluaginta nirlu das hebr. ai/.äu stthen
geblieben isl, griech. avod, lat. porticus: bawet eine halle für
den tempel, zwenzig eilen lang, nach der breite des hauses,
und zehen eilen breit für dem hause her. 1 kün. 6, 2; er
bawet auch eine halle von seulen. 7,6; und bawet auch eine
halle zum lichtstuhl. v. 7; für der Ihür am tempel des herrn,
zwischen der halle und dem altar, da waren bei fünf und
zwenzig nienner. Hes. 8, 16; bis an die halle am Innern
thor, da man hineingehet. 40, 15; (das tbor) hatte sieben
stuffen, da man hinauf gieng, und hatte seine halle davor.
40, 22; und er inas die lenge des gebews ... das war auf
jeder seilen hundert eilen mit dein Innern tempel und hal-
len im vorhufe. 41, 15; und Jhesus wandelte im tempel in
der halle Salomonis (goth. in ubizvai Saulaumonis, ags. on
Saloniones poilice, bei Behaim in den schöpfen Salomunis).
Joh. 10, 23; lief alles volk zu inen in die halle, die da heisset
Salomonis. ap. gesch. 3, 11; und waren alle in der halle Sa-
lomonis einraiiliglich. 5, 12. auch von den offenen hallen um
einen heilkräßigen teich: es ist aber zu Jerusalem bei dem
schafhause ein leich , der heisset auf ehreisch Bethhesda,
und hat fünf halle. Joh. 5, 2. nach Luther trtrd doch das
wort in gemeiner rede nicht melir reclU gebraucht, Sri euer 737,
STEi.NB.\ca 1, 670 verzeicJmen es zwar, aber, wie namentlich aus
Steisbachs erklirung prodomus templi, vestibulum templi herror-
gehl, doch nur, weil sie es in der bibel fanden. Friscb 1, 40l'
kennt das wort nur ah veraltetes; auszer im technischen gebrauch
{s. auch unten 3) und in einigen Zusammensetzungen {s. oben l)
mociüe es wol um 1740 nicht mehr vorkommen.
2) die erneuerung des worles geschah nach der 2. hälfte des
IS. jahrh. , Basiler in der etnleilung in die schönen wissiensch.
1774, 1, 222 zählt es unter den allen Wörtern auf, die dichter
wieder aufnehmen: anstatt verdeckte gänge oder vorhöfe sagt
ein poet die halle, änßusz auf das wiedererscheinen des wor-
les hal wol zunJdist einerseits das englische gehabt, wo das worl
in stetem lebendigen gcbrauclie war und ist, andererseits das alt-
nordisclie; wenigstens fällt das neue vorkommen von halle mit der
zeit zusammen, wo man sowol mit Vorliebe den englischen familien-
roman und 0.<^i<in in deutschen Übersetzungen las, und wo das
inliresse an Sliakesf'Care sich in reger weise gellend machte, als
auch, wo man in l>eutschland das Studium der Edda beli-ieb und aus
dieser den ganzen npparat altnordischer gollheUen in die deutsche
' lilteratur einzufültren strebte, aber durch diesen einflusz erlang:e
n\
HALLE
Halle— HALLEN
n^
zufjMrh daa irort neben seiner bleibenden bedeiilung t (wir sprechen
noch heule in diexeni ainne von einer offenen halle), die durch die
autorität der bihelsprache gesliUzt tcurde, einen modificicrlen sinn.
Üas alls. halla , ays. Iical , engl, hall , alln. hüll , halle im
gegen.-al: zu der bed. 1 den qroszcn, an den seilen geschlossenen
raunt mil breiUm dache bezeichnet, den hauplhau eines hofes, den
raunt, der qroszen rersamtnlunqen , bewirtungen und ernslen ge-
sch'ipen dienle, und der im alts. auch seil, seli-hus, ahd. sal,
mhä. sal hiesz, was in lelzlerem diulerie nicht itnmer streng von
dem fremden palas geschieden ül. auch auf den luiuptbau eines
yolteshofes war das uurl bezogen norden, ags. lieal heiszt auch
leniplum , eine bedeulung , die bis ins ahd. hin überreicht: halla
templi Graff 4, S59, so 31«^ uie alid. sal Icmplum bezeichnet
(«, 17ti). hierauf hin wurde halle in dem sinne eines weilen und
groszcn, einheitlichen raumes verwandt, mochte die Überdachung
desselben gewölbt sein oder aus brellerdecke bestehen und das ge-
bdude heiligen oder profanen zwecken dienen : diese merkwür-
digen hallen und pfeilcr (des Kölner donts). Götiie 2(5,287;
wirke ! das ist das grosze gesetr, in der halle
marmor gehauen. Klopstock 2, Kl:
auT! schon tönet ihr schritt, naht die vortrcITlichkeil
in der halick s. 8~ ;
der tempel schwieg, wann dumpf die klock erklang;
gehemmt sank erdwärts der gedankcn fing;
der hallen weisze grabsleinwänd' enilang
verschwand ira dunkel der vestalen zug.
Matthisson ged. (1794) s. 58;
wie wenn . . urplötzlich wild,
der hörner lärm, der bässe rauschen
die halle rüllt. Gotter I, 154;
in diesen mauern, diesen hallen,
will mir es keineswegs gefallen. Göths 12,94;
mit göttern erfüllt sich
die irdische halle. Schiller 50';
freude war in Trojas hallen. 61";
nimmer lausch ich deiner walTcn schalle,
einsam liegt dein eisen in der halle, niiiber 2,2;
hier prangte vor zelten ein lustiges schlosz,
das längst scnon in schult und in triimmer zerschosz.
noch wolhten sich keller und halle.
DÖRCKR l^eitardo u. Btandine;
du schauest in des tcmpels hallen. Uhland ged. 3;
die sarge seiner ahnen
standen die hall entlang, s. 198;
vernahmst du aus hohen hallen
Saiten und festgesang? 2ii7;
als knahe stieg ich in die hallen
verlaszner bürgen oft hinan. 22;i;
in der hohen hall sasz könig SiTrid. 22b;
die mauern liegen nieder, die hallen sind zerstört. 392;
ihre {dfr hiiriji'ii) mauern sind verfallen,
und der wind streicht durch die hallen. Ki'gler;
doch wie der krieger ans dem schalle
des ehrnen fehles still zurück
sich sehnt nach seines hauses halle,
des lebens heim geblicbnem gliick. Rijckert 221.
auch von dem grabgewölbe, der gruft:
in des grabes halle
verstummen pllicht und recht. Götter 3, 342,
wofür UntAND schlumnierlialle braucht:
drunten in der fichliimnicrhalle
ruhen sie beisammen alle. ged. s. G.
und in ganz freier anwendung :
auf des moders halle feiert
fruhlingsfeste die natur. Salis 125.
10 hat sich das wort vollständig wieder eingebitrgert und wird viel-
fach nicht nur von dicldern gebraucht, und zwar in dem dojtpel-
ten sinne eines offenen, nur bedachten' raumes , und dem eines
seülich gesclikissenen groszen saalhaues ; so haben wir einerseits
inarkthnllen, die dem kaufe und verkaufe dienen : es {die kreuz-
gange) .sind bcdetkle hallen, meistens mil kiftizgcwolhen
versehen, im viercck einen garten oder lie({iiiliui-pialz uin-
scblieszend. LChkr abrisz d. gesch der baukun4 (IS(>I) s. 144;
andrerseits nennt ein Schenkwirt der dem publicum ein geriiumiiies
iocnl eröffnet, dasselbe »eiiihiille, hierhalle, der kaufmann seinen
yrotzen laden kuurhalle, waareiihulle; und je nach den darin
verkauften gegennliinden sprirJit man von einer tiirlihalle, Icin-
wandhall«, Icdcrhalle; lurner bezeichnen das gebuude, worin $ie
ihre (ibungen anstellen, als lurnhalle ; ein groszrr saal für eon-
Cftte heiszl tonhallo, für die ausstcUung und den verkauf von
kiintlgegenstiindrn kiinslhalle, hildcrhalle; diclilerisrh hat man
uudi ton einem platt, über dm das laub hoher bäume sich wölbt,
baumhalle gebildet, vgl. auch buchenhalle 2, 471, schon aus dem
j. 1779, wofür etwa gleichzeitig auch buchengewölhe erscheint.
3) halle der platz für die bereitung und aufbcwuhrung des
.Salzes, man hat geglaubt, dieses halle i'o« deulschrm Ursprünge
vtillig lösen und ilim auf grund des kymrisdien hal salz eine
keltische abkunfl zulegen zu müs.ien; indes Diicfenbach in Jahns
Jahrb. 1S5S .<f. 751 fg. hat uns belehrt, dasz die.'^es wort, sowie die
nach ihm gebildeten Ortsnamen Halle, Hallcin, das echt deutsche
halle üt , hier auf den offenen .schuppen in dem die salzwirker
arbeiten, xar t^o%^v bezogen, wofür auch die Zusammensetzung
salzhalle neben salzkoihe (Frisch 1,401') .spricht: komet onch
eine clage usz der halle umh kothstete . . so sollen die
boincmcister mil den scheppen zcu band darczu gehen mit-
einander. Ilallisches Ihalrecht aus d. 14. jahrh. in den millhcü.
des thür.-sächs. altcrthumsvereins bd. \l .f. 441; armen knechten
die sich in der halle vorcibeilhet haben, s. 442; vor der ..
bornknechte hänser, die nicht gar zu weit von der halle
oder den lliale gelegen seind. Hoiindoüf bcschreibg. des salz-
werks zu Halle in Sachsen, neu von Dreviiaupt s. 35. in Baiern
und Schwaben steht dafür das ncutr. hall, über das oben sj). 229
gesprochen ist.
HALLE für halde, vgl. sp. 221.
HALLEBAHTE, f. s. hcllebarte.
HALLELU-IAH, HALLELUJA, der hebr. juhelruf rT';-^VVr;
preiset gott, der ans den psatmen {als alickiia) in die lateinischen
hymnen der christliclten kirche, durdi Luther auch tn das deutsche
kirchenlied übergieng :
des wir sollen frölich sein,
gott loben uiul dankbar sein,
und singen halcluia, haleluia. werke 8, 359'.
seit dem 16. Jahrhundert vielfach gebrauclä, in hymnen und andern
stücken religiösen schwu7iges:
halleluja dem ders gemacht!
halleluja dem ders gegeben! Fr. Müller 1, 19;
lebst noch, herz? lebest, ach ja!
du lebest, 0 halleluja !
wer hat dich errettet, wer dich beschützet?
der aus den wölken auf verräthcr blitzet.
halleluja 1 3, 2o7 ;
auch als substantivum :
wenn ich mich in die jnbelchöre. . . .
mich in den ruf der frohen halleluja dränge,
der laut entzückungen ruft. Klopstock 7, 2'.M;
daher: seit der stunde singt es' durch alle meine gedanken
und empfindungen immer und immer wie ein himmlisches
halleliijali. Immekmann Mnnchh. 4, 136. aber es ist auch volks-
mdszig geworden und scherzend in profanen gebrauch übergegangen ,
wer mit einer schweren arbeit fertig geworden, ruß liallehijah,
freudiges bewegtes leben, auch in einem wirlshausc, hört man im
Osterlande ein halleliijah nennen, wol nicht ohne dasz die sub-
stantivisch gebrauchte interjection bailoh (s. unten) hierauf ein-
gewirkt haben mag; bekannt ist die triviale rvdensart aus dir
wird nichts, halleliijah, die 'einem allem studentenliede ent-
stammt, und in der, wie auch sonst öfter und namentlich in
den oben von MCi.t.ER gegebenen stellen die betonung hulieliijah
der hall61ujah yeuichen isl.
HALLELLJALIED, n.;
will ich mein volles herz
in hciszern hnllelnjaliedern,
ewiger vnter, vor dir ergieszen ! Klopstock 1, Gl.
HALLEN, verh. sonare, eine bildiing aus dem subst. hall, die
das starke verbum hellen tönen , mhd. hi llen , prt. hal , seil
dem 16. jahrh. schon allmählich verdrängt hal. obwol das wort
schon im 15. jalirh. auftaucht (sonorus Ini halend DitrENH. 542'),
i.\t es doch bis ins IS. jahrh. hinein noch in sellencrm gebrauch,
vgl. erhallen 3, S34, hallen .sonare clangere, strqiere Stiki.er 734;
recht häufig wird es erst, namentlich in der dichlersprache. seil der
zweiten halfte des ]H. jahrltundeits. die uligemeine liedeutung einen
lauten, within schallenden ton von sich geben, ul in mehrfacher
weise aiisgesjnvchen,
I) rein pas.siv, das subjeel wird durch fremden, nicht von ihm
ausgehenden hall bewegt, den es aufnimmt und rerbirttel : das
berg und thal davon {ron den liergreien) hallet und crschollel.
Matiiksiu» Sar. vjrrede ;
der nymphen gAtliu singt, die frohen hainn hnllen.
Magkdorm 2, 11* ;
die Ifillo
hallen von reliergalopp und gol>«ll dfr »prirendfn meui«.
ill'NI.IR 2l(i*i
233
HALLEN— HAUENKffiCHE
bXller
234
im Strome der melodie zum hallenden ocean
der allvollkommeoheit. IIeroek 'in, iil;
bt dir nicht wohl beim näheren himmel?
nicht wohl im hallenden reisen? Stülberg 1, 105;
im donner der hallenden Telsen. s. 104;
wir schweben, wir wallen auf hallendem raeer.
Herder der ehtunz (tolkslieder 2, 287);
hats nicht gedonnert? ja! es hallen noch
die berge dumpr. Duland litulwig 1U!>;
vgl. niederhallen.
2) actic, der hall geht vom subjecle aus. wird aus demselben
erzeugt; und zwar ist das subject ein unbelebtes, der aus ihm
entspringende hall das product fremder tlidligkeit ; so hallen laut,
stimme, «fort, lied, tOne. glocken, w äffen : ein dumpfes stöhnen,
äciizen und todesröcheln und gelieul der Verzweiflung hallte
in dein felsen. Ki.inger 5, 3t;f>; er läszt seine Jamben den
mächtigen hallenden gang fortsetzen . «ler unserer spräche
eigen ist. Birger 140'; das fodienlied musz noch in deinen
ehren murmeln, das deinem valer zu grabe hallte. Scdiller
124 (rdtj^>eT 3, l) ;
auf ödem strande,
wo keines menschen stimme hallt. Götter 3, 454 ;
trauertöne hallen
durch die öde luft. n. 530;
todt', erwacht.' die posaun hallt! Klopstocx 6,274;
fröhlich hallte der pokale läuten.
Mvrraisso;« ged. (1794) s. 31;
unter dem ahorn, an der felsenquelle,
horcht ich sinnend der nachligall; elysiscb
hallten, gleich harmonikatöneo, ihre
silbcraccorde. s. 4S;
wo der .*ee, mit grüner welle,
dumpf der moosbedeckten zelle
schroffe klippenwehr umschiiumt,
ballt dein nam in stiller feier. ;. 115;
kühn liesz ich durch die todtenstille nacht,
verlorne müh ! der stimme klang erschallen,
liesz durch ganz Ilium den theuern namen hallen.
Schiller 37;
töne drein, gewölbte leier!
ball am felsen, wiederklang.' BL'rger 1';
hallend stürzt er dahin, und über ihm klirrte die rüstung.
•219';
hört, es hallen herdenglocken
auf der trift am hohen roggen.
Seiik der tag der heuerxtie ;
dort, wo des heiles schlage fallen,
einsame waldhornklänge hallen. Ublakd ged. 296;
klinge, prophetischer klang! halle, verfliegendes wert!
Ar^ot i]ed. (1840) «. 189;
man hörte walTen ballen den beiden an der band.
Sihroce Sibel. 1915, ^
xcofüT im mhd. texte nach der oben gemachten bemerkung noch
das starke rerbum hgllcn steht:
des hört man wäfen bellen den_ beiden an der hant.
1»15, 3 Lachm.
Eier wird auch die fftgung mit dem unbeslimmlen es gebraucht,
venn man das hallerzeugende subjecl nicid näher bezeichnet : es
hallt im walde; es hallt auf der strasze, sind das nicht
schritte der Soldaten? oder trenn die uraache des halls durch
von noch ausdrücklich hervorgehoben tcird: es hallt im walde
vom gesange der vögel.
3) das subjecl ist ein belebtes, das den hall in eigner thdligkeil
hervorbringt :
ihr {der freihrit) nabt ein drommeterbeer,
das lauter ballte, denn die eisen
klirrten, und knieend sie gOttin nannte.
Klopstoc« 7, 29;
und in dem beiligthume hallen
um deinen magischen allar
durch blOihenflocken nachtigaUen
dem schonen neucebornen jähr. Sscig der mai.
4) hallen vird endlich tramniir verwandt, wie die ähnlichen
Wörter brausen, klingen, schallen, tönen:
ihr gestirn hier in der strasze des lichts, ballts feirend,
des erlösenden lob! Klopstock R, 251 ;
es darf das lied der holden nachtigaUen
mich, hingestreckt auf flaumen oder moos,
wol in den schlaf, wol aus dem schlafe hallen. Bcrger 69';
Laura betet! engelharfen ballen
frieden gottes in ihr krankes herz.
Matthissoh ged. (1794) s. 124.
HALLENGANG, m. bedeekler, an den seilen offener gang, nach
halle 1 und 2 am Schlüsse: ein breiter, auf der einen seile
mit pfeilern gestützter hallengang. Stolberc 7. 44.
H.XLLENKIRCHE, f. kirche mit drei gleich hohen und geräu-
migen achiffen ; der name für diesen doch schon früh miltelalter-
üchen bau ist etn ganz junger, obtrol bereits eingebürgert : in-
zwischen hatte sich schon während der herschaft des rund-
bogens eine merkwürdige richtung . . in der westfjilischen
architectur bahn gebrochen, welche auf eine völlige Umge-
staltung des basilikenbaues . auf anläge von gleich hoben
schiffen bei gleichen gewölbtheilungen ausging, man nennt
diese neue form am bezeichnendsten hallenkirche. Lübke
abrisi der gesch. der baukunst (i861) s. 150; daneben tritt nun
auch die hallenkirche schon in frühgotbischer zeit auf. s. 203.
HALLER, HÄLLER, m.
II nunimulus, obolus. die gemeine meinung, dasz diese münze
ihren namen von der reichsstadt Schwabbch-Hall , wo sie zuerst
geprägt sei, empfangen habe, und dasz haller elliptisch statt Haller
Pfenning stehe, wird dadurch gestützt, dasz in Schwäbisch- Hall
schon frühe und reichlich münzen nach eigenem wertsystem geprägt
wurden, die einer grOszem Verbreitung genossen, und dasz wie es
Haller pfund gab (quadringenlas libras Hallenses. Du Gange
t. Henschel 3, 61S'), so auch bn Schm. 2, 168 haller phenning
nachgewiesen werden , für welche bereits um 1300 die lateinische
bezeidinung Hallenses statt denarii Hallenses iMich war. dem
gegenüber haben ältere forscher, namentlich Frisch und Adei cxc,
die ansieht verfochten, dasz haller von halb nicJit zu trennen und
auch etymologüch mit der gleichwertigen münze bclbling {$. d.)
in engen Zusammenhang zu stellen sei; aber diese ansieht fällt,
da haller erweislich eine oberdeutsche münze mit oberdeutschem
namen ist, die sich erst im Ih.jahrh. bis nach ^iederdeutschland
verbreitet (denarios hallenses auch in Friesland, Richthofes 793*)
und im oberdeutschen halber sich nicht in haller assimilieren
kann, gleicher bildung wie haller sind Ihaler. früher Joachims-
Ihaler, das von Joachimsthal kommende, Schreckenberger, das aus
der grübe Schreckenberg bei Annaberg stammende geldstück, ferner
Münchner, Wiener, Regenspurger, *. Schm. 2, 16S. neben der
form hallcr, mhd. hallaere {wb. 1, 013*) ersclieint die umgelautete
form heller, über die an ilirem orte weiter gesprochen wird, zuerst
im 15. jaiirh., häller , fräs nocft Lessing (3, 72) braucht , etwas
später.
haller, häller kleine münze von geringem wert: obulus haller
DiEFENB. 39l'; tArer zwei maclien einen Pfennig aus: uncia ein
Pfennig, semuncia ein haller Dasyp. ; für ein tennen lallen
von sant Lorentzen walde ein pfenning zu havten, drei heller
zu fueren , facit 5 haller. Tucher baumeisterbuch 74,32; von
einem sleinknil zu schweiszen {bekommt der schmid lohn) drei
haller und 2 pf., für ein lumer ein haller und ettlirh zn
dreien hallern. 100.20; wollen im aber die von Baden nit
höh geben nach siner notturft ze husen, so möchte er selbs
howen zem unschädlicheslen, das er gehusote, und uff yeden
Stumpen vier haller legen und solle damit dan gebüst haben.
veisth. 4, 400 ;
mancherlei muntz, bäller und pfennig.
H. Sachs 4, 3, 80*.
haller für münze oder geld iiberhaftpl:
was mir dorinn (im dorfe) die bewerin
geben ist lauter guter gwin,
es sei schmalz eier oder heller,
darmit speisz ich mich armen waller. 4, 3, 80*,
wir seiut die selben frumen leut,
ob man uns nimmer haller geit.
McRMER sclietmenzunft 14*.
In mancherlei weise wird der umstand hervorgehoben, dasx der
haller einen müglicltsl kleinen wert hat:
frau, wie gebt ir der zwifal ein schock?
die zellt mir her in meim rock!
west ich neur, das sie mir bekemen,
ich wollt ir für ein ganzen haller nemen.
faxiH. sp. 3<>9, 29;
ich gib ein halTer an der steur,
der ist mir doch vil zu schwer,
albeg steht mir mein seckcl ler. 1350;
namentlich in sprichwörtlichen redensarten, den haller nicht haben,
gar nichts, keinen häller bezahlen : diesernegen !>oll$l du auch
keinen häller für mich bezahlen. Lessinc 3, 72 {nach: libellam
pro eo argcnli ne duis. IHaulus caplivi 5,1, v. 947);
ja, hastu mir einen halier da glan {gelassen),
so mues ich niemer bie binnen kon {Itommen).
fasin. sp. 840. 20,
dann disem volk ist wo! darmit,
dasz man den bandel trölt und trjbt,
dasz uns nit ein haller blybt. Mi, 7;
und wer die sach noch so krumm,
so wiri mir nit ein haller drumb,
weder iezund, vor und nach. SV9, 18,^
235
HÄLLER — HALLO
HALLO — HALLOR
236
ein spiller Iiei verspillel al sein güeter,
das er nur ein hiillcr heliielt.
»Hci.s7ci(/(?s. der lierl. hiischr. /"o/. 23, ho. 3.T,
alles bei hinein liallcr verlieren, ad assem vmtiia ficrdne.
Maaler 207';
was gebt ir dann, ir schwarzen liunt?
sucht CS neur als herftir zu slunl!
ich liesz euch nit ein hallers wert, fiistn, sp. ISH, 24;
in summa, die wirdlin woll im ein hailer nicht nach lassen
{an der zeche). Wickram rollw. 143, 26 Kurz;
do hall ich ierlich zweihundert guldin von,
do gut mir nii ein liallcr ab. N. Mani'EI, fastn. 302 Grün;
sondern du niu«:! mir zaln darneben
mein esel bei cim häller glat. H. Sachs 4, 3, 79';
nicht einen bäller wert sein, gar nichts;
der dieb ist kaum drei häller wcrth. fl. Sacu»« 4, 3, 20";
zum hiiller gehören sein, zu geringem;
an dir ist alles frlfick verlorn
und bist zu dem baller geborn,
darumb kompst du zu keim groseben.
i. AVHBR 217' (I0S3, 23 Keller),
weiteres unter heiler.
2) nach der münze irird auch ein kleines: weiszbrol, um diesen
freis rerkauß, ein hiiller genannt. Jacobsson 2, 197*.
HÄLLER, ni. assimilierte form für liäller (s. d.), fischbehälter :
polt hat seine groszen teichc und häller, das mecr, die see-
slröme und (lüsse, da wimmclls ohne zahl, beide grosz und
kleine thiere. Scriver andachten (1721) s. 393.
HALLEKDE, f. die steinigen thcile, welche sich beim sahbereUen
absetzen. Jacorsson 6, irA
HALLEHWEItTIG, adj. eines hcllers wert: halt (liiell) im sin
wiitschger (ranzen) für. Anaximenes schweig still und gieng
heim, do sprach Diogenes : was ernstlicher red ist das gwäsen,
das ich sy mit einer hallcrwiirligen tuschen gstillet han?
Diogenes (1550) 6'. es entspricht die.'iem tvort das bairischc subst.
hallerwert , ding das einen heller wert ist (Sciim. 1, 31G), was
auch in den formen halbert, helbert (Schm. 2, 169) erscheint.
HALLFAHRT, f. eine fahrt oder ein transport salz auf der
Salzach. Schm. 2. 167.
HALLFORST, m forst, der zu einer saline gehört. Schm. 2,107.
HALLICHT, adj. .tonorus, sonans: hailichte saiten, chordae
sonorae, sonabiles. Stiei.er 734.
HALLIG, HÄLLlG, adj. proclivis, für haldig, baldig, wie
halle sp. 221 aus halde wird. Herr Sencca bei Lessing 11, 624.
HALLFAHR, m. im alten testament jubcl- und fcierjahr, das
durch den hall der posaunen verkündet wurde: und ir soll das
funfzigst jar heiligtn, und solts ein erlasjar heiszen im lande,
allen die drinnen wonen, denn es ist ewer halljar, da sol
ein iglicher bei euch wider zu seiner habe und zu seinem
geschlecht koinen , denn das funfzigst jar ist ewr hallj/ 1.
ir soll nicht seen , auch was von im selber wechst , nicht
erndlen, auch was on erbeil wechst im Weinberge nicht lesen.
3..V0S. 25,10. 11; las die pricsler sieben posaunen des hall-
jars nemcn. Jos. 6, 4 ; wenn man des halljars linrn bleset.
»'.5; kund man abermal nach dein gesctz Mos! solchen kauf
meistern, das man das halljar in solchen saclien hielte und
nichts ewiglich vcrkeuftc. Luther 1,19s'; daher in freier und
bildlicher Verwendung: und es wird ein ewigs frei jubel- und
halljar sein. Mathesius Sar. 04"; unter jedem regierenden
genic — in der philosophic und in der dichtkunst — tritt
gleichsam ein erlasz- und halljahr ein, wo nicht gesiiet werden
durfte und die freie ernte den sklaven , armen und thieren
gehörte. J. Paiii. kom. anhang z. Tit. 1,102;
wollin des adicrs [itex k4iiferK) aufsieht blickt,
da musz disz Jahr ein halljahr heiszen.
Gartmrr prov. 128.
HALLKNECHT, m. arlmter im snlzwerlce zu Halle a.S. Hohn-
noRr lirsrhreibung des salzwcrks ; s. hallor.
HALLLEUTE, plnr. die arbeiter im salzwerke zu Halle a. S.
{renjl. halloren) : daher . . die hall-leule selbige nacht die
Zugänge nach der halle mit salzkürben verschanzten. Drey-
IIAI Pf S'ialkrrii 1, 970.
HALLM KISTER, m. siedemeisler in einem salzwerk.
HALLO, HALLOH, latäer antreibender zuruf. eine impera-
livische bildung, die sieh in dojipeller form festgesetzt hat, insofern
die interj. Iiulla (.«. d.) nur aU eine nebeuform zu hallo erscheint,
zu gründe liegt du» ulid. rerbum halön , holöii tGiurr 4, H50),
pilni ll.llfl unil hl. In tiilrti^li, 1/ ■-' I/il/<-r ||..1<m, ..,„•/„„■.,,-■..■., ,,,,,/
die eigentliche bedeutung erschallen lassen, rufen, dann herbeirufen
innc wohnt, der anstaut des Wortes enthält jene mhd. paitikel i*i,
die sich an auderc laut atuigo-ufcnc Wörter {sowol imperative als
Substantive und partikehi) hängt und sie dadurch sinnlich zu intcr-
jectionen stempelt (gramm. 3, 200). so ergeben sich zunächst die
formen hali und liola , roti denen die erstere noch jetzt in der
bauernspraclie in Düringen lebt, wo man hälä ruft, wenn man
sich vor einer thüre meldet und ungehörige des hauses herbeiziehen,
will, während hold als zuruf an diener und aufwartende bereits
mhd. erscheint {gramm. 3, 306) und namentlich auch um den am
andern ufer befindlichen fährmann herbeizuziehen verwendet wird:
hola, ferg! Zarncke univ. im ni/V/c/«//«- 94, 13. unter dem ein-
flusz einer verschieden sich gestaltenden bctonung gehen beide worl-
formen mehr auseinander : bei hola, holla bleibt der ton auf der
eisten silbe, während er bei hallo ungewis .teil wann {das düring.
oben genannte halA, hallä ist wie holla betont) auf die letzte
überspringt, jedenfalls deswegen, weil man die letzte silbe hier beim
lauten ruf lang ausklingen liesz , was zugleich die Verdunkelung
des ursprünglichen ä in 6 hervorrief.
hallo, hailoh steht
1) imperativisch , als zuruf an entfernte: scss ein man im
dorf zu Costheim und bette ein schifflin oder ein nachen,
und sess ein mcntsche hinsit Meyns, oder uff diser sitten
und riff dri male hallo, hallo! woll der ferge ine dan nit
halen, so mag ine dere mit sym schifTelin oder nachen halen.
weislh. 1, 530 {von 1471); so ähnlich die gewöhnlichen ausrufe
hallo! leute herbei!; hallo! ist niemand hier? dieser gebrauch
auch beim engl, halloo, vgl. Sliakespears kaufmann von Venedig
5, 1, wo Launcelot zwar sola! sola! ruft um leute herbeizuführen,
Lorenzo aber antwortet: Icave hallooing, man. dann ist haüoh
hetzruf bei der jagd:
der wild- und rheingraf stiesz ins hörn:
bailob, hailoh, zu f'usz und ross!
UcRG&R 71' (der wilde Jäger),
so z.b. auch an hunde, Gockingk 3, 18, das franz. haier haller
hunde anhetzen mag hiernach aus dem deut.tchen erborgt sein,
endlich und häu/ig .«(e/i/ hailoh auch als lauter an- oder ausruf
bei fällen einer erregung, freudiger oder zorniger:
hailoh ! wach auf, du fürst von Burgund !
dein königsgeschmeide besudelt ein hund !
BÖRCKR 33',
'hailoh, nun drücke sich, wer zagtl
austritt der Rbeinstrom mit gebrause,
schicszt in die gassen ungefragt,
und macht sieb breit vor jedem hause.
Freiligp.ath gtiiuhcHshekennln. 221 ;
wofür Bürger auch die erweiterte form halloha braucM:
halloba ! halloha! werft zu nun, haut zu! 60'.
im ausbruch der freude ist ein balli balio gewöhnlidi, so im
studentcnliede :
halli hallo, halli hallo,
bei uiLs gcbts immer so;
halli hallo, balli hallo !
buclibinder sind stets froh. Sciiadb handwerkslieder 17.
2) hailoh wird substantivisch verwandt, für getümmel, ge.^chrei,
lärm, ähnlich wie ans dem rufe all arme das subst. alarm, lärm
erwäclist (l,20ü): kam von vielen Sachen, um die .sie anderer
orten ein groszes haiioli erhei)en, nichts über die geniarkung
hinaus. Immernann Münchh. 4,110;
was für hailob, du teufclsweib? IttncKR 49';
und mit hihi, haha, hoho
verführ ich ein beständiges hailob. Göthi It, 339;
wie der wilde jitgcr
bin ich zurückgekommen, wie der Sturmwind,
noch saust der köpf mir von dem tollen rennen,
und hinter mir die beiden mit bailoh!
TiKCK kais. Octnvian 7, 4. nrl.
HALLOR, m. arbeit^ im salzwerke zu Halle o. d. Saale.
Wie man halle i« der bedeutung salzwerk {sp. 232) versucht
hat , als einen in Deutscidand gebUebeuen real keUisrhrr spräche
hinzustellen, so führte man hallor «/oic weiteres auf ein kymrisrhes
bal-wr salzmann, salzbereiter , zurück, abgesehen davon, dasz
ein .solches wort im kymrisrhen nicht nacligewiesen werden kann
und thal.'iäcläicli nicIU existiert, uU sunärJisl darauf aufmeik.uim
zu niaclwn , dasz hallor rtHC sehr junge erscJieinung ist. dir vor
dem tiizlen viertel des \1. jahrh. nicht auftaucht, so zahlreich auch
die notizen über das salzwerk zu Halle seit dem 14. jahrtiunderl
sind, so wird das wort doch nirgends gelirauclil. weder in uikunden,
iiiiih III iiisilitrliliuliru iiiili-i-ii ■ ilir lliiiliinliiinii! tili.', ilim 14.)(l/ll/l,
237
HALLOR — HALM
HALM
238
braucht dafür salzkneclit , ein name der sich sehr lange erhält,
daneben geht in einer aufzeichnung von 1535 (bei Dreybaupt
Saalkreis 1,970) halivolk und hailleute, Oleariüs halygraphia
(1660) gewährt hallbursche 1, 369 und Hoh.ndobfs beschreibung
des sahwerks 2u Halle (1670) hallknccht. zuerst kann ich das
icort nachweisen in der beschreibung einer erbhuldigung von 16SI,
ICO es bereits als gewöhnlicher ausdruck erscheint: so sind aucli
die lialloren sr. churfürstl. durclil. entgegen gezogen. Dret-
HAüPT 1,510; kam eine compagnie haiJoren und salzknechte
nnit musquelen in iiiiem gewülinliclien babit. das.; ferner von
1689: marschireten die balioren mit fliegender fabne und
klingenden spiel, s. 521; seil dieser zeit erscheint das wort oß.
hallor scheint, wie auclt die undeulsche betonung hali6r be-
stätigt, aus halle durch anlidngung einer fremden endung gebildet,
vian mochte vietleiclu in einem lateinischen gelegenheilsgedichle der
zeit, was die gewerke Halles erwähnte, neben pistores, tonsores
«. a. auch ein hallores für die sahsieder oder hallbursche gebildet
haben , was in die spräche des gemeinen lebens eindrang, die
eigenthüm liehe form halloium, die sich zu ende des 17. und bis
ins 18. jahrh. hinein , wiewol im ganzen selten , daneben zeigt,
sielU wenigstens aus als ob sie der lateinischen endung des gen.
flur. ihre entstehung verdankte, vielleicht dasz halloium öfters als
Iheilungsgeniiiv jenes vorausgesetzten hallores figuriert hatte: bei
diesen an nach der wage zu hatten sich die hallorum postiret.
Drevhaüpt 1,511 (lOfj 1681); derselbe gewährt bilder der halloren
mit der unlerschrifl : ein hallorum mit seiner braut; ein hal-
lorum salz tragend.
HALLUNG, /■. sonus, clamor, lonus, clangor. Stieler 734.
HALLUNKE, s. haluuke.
HALLVOLK, n. in Halle die arbeiler des sahwerkes (s. halle 3
(sp. 232) : einige aus dem halivolk. Dreyhalpt Saa/Areis t, 971;
unterdesz tanzet das übrige halivolk nach der trummel und
pfeifen. Houndorf beschreib, des sahwerks zu Halle cap. 16 s. 70.
HALM, m. calamus, culmus, festuca, stipula.
Ahd. mild, halm, ags. healm, engl, halm, haulm, nl. schwed.
dän. halm. das altnord. halm-r hat die bedeutung stroh, streu
(.MüBics 161). als urverwandt ist längst erkannt worden tat.
calamus und culmus , griechisch xälafios röhr und xa/.äfcrj
halm, kirchenslav. slama halm; sanskril kalama-s (Bühtl.-Roth
2, 155) bezeichnet eine reisart und ein schreibrohr. wenn diese
Wörter nicht etwa, wie vermutet worden ist, aus den semilischen
sprachen frühe in die indogermanischen eingedrungen sind, so
liegt es zur ermittelung der ursprünglichen bedeulung von halm
nahe, an die Wurzel kal treiben, bewegen, zu denken, der sanskrit.
calali er bewegt sich, kalayati trabt, grie'ch. xdXleiv treiben, be-
wegen, litt, kelti erheben, tat. cel-sus, e.\-cel-lo zufallen; sei es,
dasz man an die nalie liegende beobachtung anknüpfte, wie der
schlanke dünne halm auf dem felde vom luflzuge in bewegung
gehalten wird:
aber bald wird das ganze gefild von gebogenen haimen
rauschen. Klopsiock 2, 130;
sei es, dasz man das emportreibende, sprieszende der halme her-
vorheben wollte, welchem begri/fe das genannte tat. celsus, excello,
ferner das alls. hol-m erhöhung , hügel, klippe, griech. y.o}Mvrj
hügel zufallen.
Die pluralform von halm ist eine dreifaclie, neben halme findet
sich schon früh aucli helmer, hälmer: culmina heluier Diefe.mj.
161'; pullulare ufgeen in die helmer 472'; Lintzenhelmer, wald-
rohr, lolium rubrum, pliocniv Hemsch 389; die hälmer pers.
rosenlh. 6, 1 ; ein jedes körn vom rocken bringet 7 oder 8
hälmer herfiir. Tabeh.naem. Aräu/erft. 585; auch der p/ur. halme
wird von Stieler 7;;S aufgeführt, und empfängt durch die bair.
Schwab, pluralform hälm (Schm. 2,181) seine beslätigung ; helme
Keisersberg narrensch. 75', vergl. die stelle unteti 6, und die
formen hälmmesser, helmschneiden, helmziehen für halm-
messer «. s. w. daneben geht eine schwache form der halm,
des haimen, plur. die haimen: mit dem bahnen, uriith. 1,706;
da sie je nicht schweigen wolt, nam er ein bahnen, und
legt den fiir sie und sprach: fraw, dieweil ihr je krieg und
unfriedt haben wollet, so krieget mit diesem haimen. buch
der liebe %7, 4;
(sah) . . seiner scbniuer fleisz die schönsten haimen mahn.
Hagedorn 2, 5.
halm steht in mehrfachem sinne.
1) es bezeichnet den Stengel der grasarten, vorzüglich des ge-
treides , aber im gegensatz zu der bedeulung 2 begreift es auch
den obern theil des slvngels , die ähre , kolbe oder lispe in sich,
oder sondert Um doch zum wenigsten nicht scharf aus. so heiszen
im alid. habirhalme (Haupt 5, 327) die stengel des habers mil
der fr acht;
mhJ. ein bulm ist tireftec uude guot:
waj er uns allen liebes tuoi!
er l'röil vil luanegcm sinen muot:
wie daane umb sineu sämen? Waltukr 17,31-,
nitd. wiltu wider ein fliegend blat so ernst sein , und ein
dürren halm verfolgen? Hiob 13,25; das land ist dürre, es
wachsen kaum einige halme darauf; Heniscus binizenhelmer
oben meint die ganze pflanze, samt der ri.^pe; vgl. auch grashalm;
so webt den Schmetterling, der kaum enthüllt,
am haira der klippe fe.<tgeklammert bebte,
der Sturm ins meer. Matiuissom ged. (179J) s. 55;
begläuzt vom rotheii schein des bimmels bebt
am zarten halm der thaii. / s. 119;
speer wird der dünne bahn. Arndt ged. (IS40) s. 3&4.
dichterisch steht halm gern , niciU sowol auf jedes gras , als auf
saat, getreide bezogen:
getränkte haimen erheben
froh ihre bäupter. E. v. Kleist 2,43;
auf halm und blume läszt geheim
der vater labsal tliaueu. Voss 4, 271;
gedeihn hast du gesandt,
voll balme grünt das land. 5, 12;
und liund und mann und ross zerstampfte
die balmeu, dasz der acker dampfte.
Bürger der wilde Jäger;
zertret er goldner saaten liälrae
mit flügelschnellem Siegeslauf. Götbe 13,278;
seine sichel entfällt hier dem Schnitter,
eingesungen von harfengeziiter,
träumt er geschnittene halme zu sehn.
Schiller etysium (1,97 Kurz);
die körner, deren halme jetzt noch grün,
sie nehmet mit zur aussaat in die fern. Uhlan» ged. 3S2;
heil dem frommen geschlecbte,
das in den furchen sein nest baut und die haimen bewohnt.
Arndt ged. (1S40) s. 164.
daher bildlich: wann . . die reiche ernte der misselhat in
vollen haimen steht. Schiller 259. auch in Baiern werden
die vier gäieidearlen, weizen, roggen, gerste, habcr, die vier hälm
genannt. Scum. 2, 1S2, und die allitterierende formel nach halm
und heu schlieszt sich hier an , indem sie die vollbrachte ernte
sowol des getreides als des heues bezeichnen will: dirre bof het trü
gedinge alle jar, eins zu mittel hornung, und eins zu mittel
meigen , und zu alter halme und howe. weisth. 1, 673 ; und
zu after halme und howe , so sol der kirwart geben eine
gans. s. 674 ; — vgl. unten auch balmklauber , halmleser für
ährenteser.
2) halm bezeichnet den stengel des grases oder getreides ohne
die rispe oder ähre, die für sich allein genannt oder doch ver-
standen wird: im treumet abermal, und sähe, das sieben
ehern wuchsen aus einem halm vol und dicke, l Mos. 41,5;
der halm ist lang, mil knoden und gleichen unterscheiden.
Tabernaemo.nta.nl'S 517 ;
du kommst auch jetzt zu rechter zeit,
und zeigest wie natur und lieben,
wofern man nur gut ausgestreut,
den kern der Iruchtbarkeit aus guten haimen schieben.
Günther 4 (1735) .s. 79;
er {goll) hebt mit dem balme die ähr empor,
reifet den goldenen apfel, die purpurtraube.
Klopstocic 2, 103.
dieser bedeutung fällt auch zu die redensart das getreide auf
dem halme verkaufen, niederd. dat körn upn halm verköpen
(Däii.nert 169'), insofern nach der fassung der.<elben das kauf-
objecl die ähre auf dem halme bildet: keinem bauer ist es er-
laubt, seine fruchte auf dem halme zu verkaufen. § 12 allg.
preusz. landrechl 2, 7.
Dann hciszt halm der gras- oder getreidestengel , der seiner
frucht odlecrl und dürre, also zu siroh geworden ist {wie altnord.
halmr), vgl. Strohhalm : Waltiier 66, 5 «. 7 wendet halm j<;id
stro in demselben sinne an; es gehören viel halme zu einem
bund Stroh, multi calami ad fascem stramentorum requiruntur
Stieleb 738 ; in Baiern hälm die zu häcksel zu schneidenden
Strohhalme, aber auch die stoppeln des getreideackers Schm. 2, ISI;
ebenso in Schwaben Sciimid 258 , daher in Kärnthen haimach
Stoppelfeld Lexer 131. mil solchen haimen wird rfos dach ge-
deckt , und an den umstand, dasz dieselben alle Unbilden der
Witterung tragen müssen, ktiüpft das Sprichwort an sich leiden
{geduld haben) wie der halm auf dem dache: disz {die ver-
schämten hausarmen) allein seindt arm leut, die leiden sich
239
UALM
HALM — IIALMENJUKGFRAU
240
etwa, das gott wol weisz, wie der Lahn auf dem tacli.
S. Fra>"k sprichw. (1541) 2, 76'.
3) Lahn, auch der siengel des rolirs: alnr einer llf und fülle
einen swanip mit ejsige und legile en unime einen Lahn
(steckte in auf ein rLor LuTiiEn), her gab ime trank. Bckaims
iraiig. buch Marc. 15, 30. ein solcher halm diente zum schreiben :
altir di krigescLen büciiere und di alden Löchere, di nu vil
von gewouLeit latinischer lesuiigc ungiicL trögen, di LaLe
wir mit gcLejjirler ziisamenelragnnge alse mit eime scrJbe-
halnie getempirt. Behaims ev. buch, l. vorrede bl.3; daher ward,
als man sicli slatl des halmes zum schreiben der feder bediente,
sein name noch manchmal auf diese übertragen:
waj aber ich mit dem hnlme,
mit der vederu meine icli, schribe,
daj holTe icli ei ie blibe
nütze über manegen tac. ejiUog des heiliijenlebens.
4) dasz halm etwas geringes, leichtes, wenig wertes ist, spriciU
sicIi in manigfachcn Wendungen aus: welcL oiinmäcLtige made
ist docL der mensch , der nicht einen halm Lervorbringcn
kann, der das ganze jalir nur darauf passen musz, was iLm
die erde hervorbringe, arme mann im Tockenb. 324;
zwar nicht garbeu erat ich,
aber duch halme. Klopstock 2, 214;
dann dorre, arm, zum dürren ast!
dann werd ein halm dir ceniuerlast!
Arndt geä. (1810) s. 214.
SO dient auch bei negativen, messenden oder vergleichenden salzen
der Lalm mit seiner geringen breite als bild der Verneinung:
mhd. man möht mit einem halme
dazwischen oiht, so wxn ich sie umbrähen.
Hao. V. Labeh 517,
nhil. raiszt alles,
fehlet die breite um keinen hnlm nicht.
Klopstock 2, 34.
5) ein alles, bei Franken, Baiern und Alemannen in schwänge
gewesenes redilssymbol war das fortwerfen , hinschleudcrn , ver-
scliieszen eines Lahnes zum zeichen feierlicher auflassung , enl-
sagung oder kündigung , namentlich bei auflassung von yrund-
stücken durch gesclienk, verkauf und Verpfändung, ein brauch der
bereits in dem satifchen geselze erscheint tind über den reclUsaller-
thümcr s. 121—130 ausführlich gehandelt ist: wer guter Lat, die
in den dingLof zins geben .. wer die verkauft, der sol sie
mit dem Lahnen ufgeben , als es gewonlich ist , vor dem
meier und dem schullheiszen. weisth. i, 70ü; auch eygcn unde
fryen wir jn dy Luben als ander ir gut gehyet unde geeigent
sint.. . und vorzyLen uns alles rcLlen mit vorscLissung der
Lalrae vur uns und alle unser erbin. urk. von 1328 bei Haltaus
782. die formel wird auch gegeben mit mnnd und Lalm, wenn
auszer der werfung des halms die ausdrückliche cntsagung, ferner
mit muiid, Land und Lalm, wenn auszer beiden noch das ge-
lobnis durch handschlag, den vertrag zu hallen, hervorgehoben wird:
Laben daruff desz genanten iLeils unsers zeLends freye und
lediglicL abgelretten, und desz aucL mit mund, Land und
lialm, als in diesem land sitten, herkommen und gewonheit
ist, Verstössen, verzieLen und enleusert, urk. von 1507 bei
Haltaus 7S2.
(i) zur bestimmung durch das loos wird der halm in verschie-
dener weise verwendet; man zählt seine knoten oder glicder und
läszt den letzten knoten eine bejahende oder verneinende entschei-
dung /allen, ein noch jetzt gebräuchliches kinderspicl, wie es sclion
Wai.thkh recht anschaulich beschreibt :
midi hat ein halm gemnchct l'rd:
er gitit, ich sül geni'ide vinden.
ich iiiii^ Aar, selbe kleine htrö
als ich hic vor ges.-irh von kinden.
ml liirret unde merket oh si^ dennc tuo:
'i\ tuot, si entuot, si tiiot, si eiitiiot, si tuot.'
«wie dicke ich; lete, f>f) was ie dag^ ende guot.
das tra'stet mich; da beeret ouch gcloube zuo. 66, 5;
oder es werden unter melireren halme von ungleicher länge ge-
zogen, wer den langern zieht, für den fallt die günstige enl-
tchrulung (vgl, den kürzern zielten für unterliegen unter kan);
franz. tirer ä la couric paillc, mhd. grSselhi ziehen:
iö ziehe wir zwei grAKcliü . . .
ich mach ein; kurz, da; aifder lanc:
weder; wll nu ziehen nn
da; leogcr, loi gewuiMicn hin.
Ln>i»titio liertert. 1, 145;
mocLlen sy aber des nit eins weiden, so stillen dy darunih
yder einen Lalnien zilien ongevcide, u«z einem dache ader
scUuube, welcher dan Jen Icugcsten halmeti zuge, der soidu
die kufe haben, under den zweyen ye einen kysen zu einen
obennan. urk. von 1403, bei Haltaus 782; unser leben ist uüt
anders dan das helmc ziehen, einer wönt, er wel ein vast
lang heimle ziehen , so würt eim etwan das alh-rkurzest.
Keiskksbekc narrcnsch. 75*; wir wollen Lalme zieLen, wer der
älteste ist (we'll diaw cuts for iLe senior), EscuEMiURC Sliakesp.
cumödie der irrungen , sc///«.<;; in Haiern Liilnilein ziehen,
.•ichueiz. das Lülmli zielirn (Staldeii 2, lö), rnit halmchen von
verschiedener länge das loos ziehen, für die halme werden auch
Iwlzclwn, papierchen und ähnliches verwandt, ohne dasz die bezeicii-
nung sich ändert. Schm. 2,181.
7) Lalm führt Adelung als den namcn eines dünengrases in
Holstein tind Schleswig auf; das wiid aus der hclgoländer mund-
art als Lalletn verzeichnet (FKoaM. 3, 34*), mag aber trotz dieser
form nichts anders sein, als das hier nur auf ein bestimmtes
gewäclis gewendete allgemeine Lahn, da das helgoländ. hallem
sich zu halm nicht anders verhält, als helgoländ. hentiep (das.)
zu hanf.
HALM, »1. manubrium, capulum: halm capulum als an einer
a.\. Maai.er 207'. mhd. halm {wb. l, 013'). dieses worl, was
sich in dem alul. compositum joL-Lalm, joL-LaImo lorum, mhd.
giecLLalme (wb. 1,014') wiederfindet, ist vollständig von jenem
oben abgehandelten halm verschieden, es luU vor sänem letzten
buchstaben, der der ableitung zufallt, den auslaut der würzet ein-
gebüszl und steht in der nächsten Verwandtschaft mit half-ter,
über das sp. 226 gesprochen wurde; unter den für dii'ses halm
gebräuchlichem formen helb und heim ist noch einmal darauf
zurückzukommen.
HALMBAiNK, f. bank zum häckselschneiden, fulterlade , nach
halm 2 sp. 238, bair. hälmbank (Schm. 2, 1S2):
dein schetikel wern auch niclit zu lank
zu Stollen in eine balmbnnk.
Ayrkr fastn. 74» (2708, 30 Kelter).
HALMBRACHE, f. das erste umreiszen des ackers nach der
ernte, so dasz die stoppeln in die erde kommen und den winter
über faulen mögen, öcon. lex. 915. 2387.
HÄLMCHEN, n. kleiner halm oder theil eines halmes:
so singt er in der winterstunde,
wo nicht ein armes halmchcn grünt. Göthe 21, 81;
ich risz ihr {dir liäiiftiiigc) armes bauschen ab,
das sie nach gastrecht mir vertrauet,
lind sich von moos und stroh erbauet,
zu dem ich nicht ein halmchen gab.
C. V. Weiszk kleine tyr. ged. 2 (177S) s. 19ü.
allgemeiner, bild für eine kkiniglwit :
kurz, stuhlen nacht für nacht den ganzen garten leer (roii frücliten),
und Veit behielt kein halmchen mehr. Hühger Veit Elirenwort.
HÄLMELN, verb. in den speisen herumklauben, besonders wenn
die eszlust fehlt. Schm. 2, 350. es ist ein bild, hergenommen von
dem sorgsamen auflesen einzelner halme oder ähren vom acker,
des.<en volle ernte man nicht beansprucld ; vgl. unten halmklauber,
halmleser für ährenlescr.
HALMEN, verb. tialmen belmmmen, in die halme schieszen :
das bindgras halmel stark. Adelung.
HALMENDACH, n. Strohdach (s. halm 2 */>. 238):
hier bei fruchten und milch unter dem halmendach
weil, 0 Ireundin, bei mir. IIölty (1801) 76;
führt
buchenstapel auf lautknnrrender axe hin
zum gastfreundlichen hulniendacb. Voss 3, 7.
HALMENFELD, n. ähren feld, Saatfeld (s. halm 1 jp. 238):
mir steht kein halmenfeld im gau,
das musz dar reite warten. Rückkrt 39!).
HALMENHUT, m. Strohhut:
am hüttchen dort bekränzt ich dir, umllossen
villi abendKliit,
mit immergrün und jungen blülensprossen
den haliiieiihut. Mattiiisson tjed. (I7ii4) $. 131;
wann thau am grase noch blitzet,
treib ich, weil Hurtig hellt,
vom hiilnicnhiite besihützet,
des valers hcerd ins leid. Voss 4, 180.
HALMENHCrrE, f. strohgedeckte hülle:
{wo) ein Inndliclistilles gArtchen
die halmenhütt umhliUit. MArtHissOM ged. (l't»4) $. 17.
HAI.MENJLINC.FHAU, f.:
Kpiit, wann dies' (//iV piiltrlldittrruug) Im »tnubgewimmel
laiiKsl di.s itiinerths biisze tuhll,
«irfllil' in dies pnnier i^emiilt,
AdonlilA, wIn am himmnl
Uwri «üo halju«ujuugrrau slrablt I Bürgir 75'.
241
HALMENMEER — HÄLMLEIN
HÄLMLEIN— HALS
242
HALMEiN.MEER, n.:
die ahren so »licht, so reich, so schwer,
es wullt und wogt, wie ein halmeumeer. Goiue 45, So.
HALMENMOTTE, f. phalaena culmella. Nemsicd ; halmuiüttc,
die den halm diirclilüchert. Frisch 1, 401'.
HALMENSAAT, f.:
singenden Schnittern entgegen
rauscht die wankende haimensaat, F. C. Siolbebs 1,54.
HALMENSPIEL, n. spiel viil halmen, bildlich für etwas ijc-
ringci, leidiles, rergl. die sUlle aus Absdt unler halra 4 sp. 239 :
straff sind die sehnen meiner jugendkrafl;
ich bin gewandt zu ringen; meinem arm
ist Phöbus' goldnes sciiwert ein halmenspiel.
BiJRGER 41*.
HALMFRLCHT, f. fruclU von den grasarten, getreide; im
geyensalz zu hackfrucht, baumfiucht.
HALMGROSZ, adj. von dem umfange eines halmes: alsz dy
wurmlein halingrosz und vingersz laug, kudienmeiilerei c}.
HALMHACKER, m. der aus !-lroh häckeiling maclU , was
frülter durch kleinhacken yeschah, tgl. liäcksel sp. 108 und hatk-
stroh ij). 109:
do ich heim kam von uuserm acker,
und heit bestellt ein halmhacker. fastn. sp. 4SI, iS.
HALMICHT, HÄLMICHT, adj. calaviis abundans, ctUmos
referens. Stiei er 73S.
HALMIG, ad], halme habend, in halmen aufgesdiossen : hal-
miges gras, halmig Frisch 1, 402*.
HALMKLALBER, w. der die zurückgelassenen ähren eines ab-
geärnlclcn /Wrfi's an / klaubt , aufliest: ein baimclauber spicarius
roe. von 1419 bei Schm. 2, 350.
HALMKNOTEN, m. der am Stengel der gräser befindliche
knoten: gemVi'/Hm halmknod Diefe.>b. 260*, Dastp. ; halmknode
geniculum calumi Frisch 1, 401'.
HÄLMLEIN. n. kleiner halm oder stück eines halmes, mhd.
halmel, helmel («-6.1,613'): hülralein caidiculus herbae Frisch
1,402"; als ein narr, dem gibt man ein beliiilin in das iiiaiil
und stoszt das helmlin in ein spellung, so bleibt er also
still ston und wenet er sei gebunden. Keisersberg brösamt.
1, 33". es haben sich um das tcorl verschiedene redensarten an-
gesetzt.
1) über ein bälmlein fallen , in einer kleinigkeil etuas ver-
gehen: es war ein edelman der sucht allwegen ursach an
seine bawren , damit er sie aufs allcrhücbst plagen und
schelten möcbt; es mocht einer gar leicht über ein hälm-
lin fallen, er straffet sie aufs aller buchst. Pauli st/rimp/'UiU'.
2) jenes unter halm 6 {sp. 239) bemerkte loosen mit dem liälm-
lein machte den zum sieger in einend Wettstreite, dem das längere
hiilmciien zu banden kam ; auf diesem umstände fusz4 eine for-
met des l^.jdirh., einem das hälmlein vergönnen oder geben,
Htm den ersten preis, den vofrang zugestehen: wült im das
helmlin nit bald fergunnen. Karslhans aa4';
so ist es uns ein grosze schandt
das wir den wybren dj helmlin landt.
Ml'r^er geuchm. njj*;
sy müeszendt im all s hälnili geben
iu l'rombkeit, heiiger leer und leben, trag. loh. Evj.
3) einem das hälmlein vorziehen , mhd. daj halmel vor
ziehen (wb. l, bis'), eine im mhd. geläufige redensart für foppen,
teuschen , lehnt sich wol an eine sptelerei mit jungen katzen an,
vor denen man einen halm in langsamer bewegung hin und lier
zietU, um ihn, wenn sie dm erspringen wollen , schnell empor zu
heben und so ihre anstrengung ntäzios zu maclten; wenigstens
wird im mhd. es so aufyefaszt:
du {wett) ziuhest mir den halm als einer jungen katzen vor,
diu lÖD ist als ein richer troum. Br. WER^ut:R, .MS. 2, 163*.
die redensart auch noch im 16. jahrh.:
ei, 80 zeucht sie mir
das hclmelein zuvor, bergreihen 124, 3.
4) tni 16. u. 17. ;a/ir/i. erscheint einem ein hälmlein durchs
maul ziehen, zunächst für schöne worle sagen, schmeicheln;
das man einander das helmlin durchs maul zeucht, das süsz
umb die obren und den falben hengst streicht. S. Fba.ik
sprichw. 1,105'; das helmlin durch das mul strichen. 2,147';
streich ihm das hälmliu wol durchs maul. Pauli sc/nmp/'so';
aber so sie vor den herren selbst sind, ziehen sie ihnen
das helmlin fein wol durcli das maul , können auch den
fuchsschwanz dcrmassen streichen, dasz man ire böse tiick
IV. u.
nicht an ihnen merken kan. wegkürzer 2l'; auch glaubt . .
nicht, das der herhohen und heidnischer halbgötter glück-
seligkeit, die sie auf dem elisischen. oder elsessischein, oder,
«ie etlich wollen, schlesischem feld haben, in geniessung
ihres affodillenkrauts, arabrosien oder amelbrosam und nec-
tar oder neckerwein stehe, . . sonder nach meiner meinung
auf Verbesserung in gebrauch eines nürlingischeu gänslins,
und das heiszt das halmlin durchs maul gestrichen, und nit
das härin seil durch den hindern gezogen. Garg. 139"; dem
frommen und aufrichtigen armen landvolk aber, welche sich
mit schaafen und gaisz- oder schweinhüten härliglich niihren
müssen, will er damit {mit dem lob der vwlizudit) das hälm-
lein durchs maul (wie man im Sprichwort redet) ziehen,
und ihnen solcher gestalt einen lust machen, was für eine
gesegnete und edle nahrung sie haben. Simplic. i, 1, 2 s. 8
(1,35 Keller); die redensart ist schwierig zu erklären (was Schm.
2, l&l unter berufung auf ein bairisches ünderspiel sagt, hat keinen
bezug auf die oben angeführte bedeutung , sondern nur auf die
gleich naddtcr zu erwähnende), sie scheint, wenn man das gleich-
bedeutende einem das maul schmieren erwägt, auf dem dar-
reiclien von fetten kckerbissen zu fuszen ; vielleicU dasz man, um
sokite zu kosten, mil einem halme in den behäUer derselben tauchte
und dann den halm durch den mund zog. das hosten auf diese
weise gewahrte wol eine angenehme empßndung, aber ste war
vorübergehend und unbefriedigend, dalter konnte sich du redens-
art zu der bedeutung durch glatte worte teuschen, betrügen, ent-
wickeln :
bawer, du hast mich betrogen,
das helmlein durch das maul gezogen.
li. Sachs 5 (1579), 383*;
dieser hat nun den Friesen so meisterlich das helmlein
durchs maul zu ziehen wissen, dasz sie mit ihme gütliche
tageleislung gepflogen, dardurch er den handel so lang auf-
gehalten und verzogen, bis graf Gerhard wiederumb zu lande
kommen, uuJ die Friesen gemerket, dasz sie bei der nasen
heruinb gefühiet worden. Haxelma.m« 253 ; ich habe euch wol-
len um nanenseil führen, das hälmlein durchs maul ziehen
und Stroh in den hart flechten. Cocay Uutsdier labyrinlh 45.
HAL.MLESE, f. ährenlese. Adeldsg.
HALMLESER, »i. der die beim abarnlen des ackers zurück-
gebliebenen halme au/liest, ältrenkser: spicarius halmleser, helmer-
leser Diefe.nb. 54b'.
HALMLESERIN, f. älirenleserin. Adelorc.
HALM.MESSER, «. messer zum schneiden des häckerlings, nach
halm 2 5p. 23S, dasselbe was häckselmesser; bair. hälmmesser
Schm. 2, IS2.
HALMPFEIFE, f. pfeife »on einem slriMalm gemacht. Faiscu
1. 401'.
HALM PFLANZE, f. culmifera planta, gramen. Nemricu
2, 1316.
HAL.MRÜßE, /. rübe, die gleidi nacli der ämte in die stop-
peln des ackers gesät wird, audi Stoppelrübe. Frisch 1, 401*.
Adelu.ng.
HALMSCHNEIDEN, n. Iiäckselschneiden, nach halm 3 sp. 23S.
verboten ist das helmschneiden bei licht und scbleiszeu.
anspach-baireulh. feuerordng. bei Scumeller 2, 1&2.
HALMZIEHEN, ». loosen durch zielten der halme (halm 6
sp. 239) :
mann, darnach {urotten wir) die helmlein ziehen vorab,
wer unter uns den vorstreich hab.
weih, ich kann auT deiu helmziebeo nicht härm.
U. Sacu« 2 (159V), 4, 21' i
wegen des umlauts dieser form vgl. halm sp. 237.
HALS, m. Collum, die nhd. nominativform ist auch die go-
thische, ahd., mlui., frtes., nL, dän., schwed.; ags. heals, nord.
hals ; der Engländer hat das wort zu gunsten von neck aufgegeben,
was Hint nidU nur, wie unser nacken, den länterthetl des halses,
sondern den ganzen hals bezeichnet, ähnlich wie bei uns nacken
in manchen Wendungen einen erweiterten sinn angenommen hat:
im nachtgewand, das wie ein nebel kaum
den schönen leib umwallt, lahrt jene aus den laken,
und lalli entzückt der amme um den nacken.
WiKLANB Uberon 5, 13;
oder wie entgegengesetzt mhd. k£l für den ganzen Itals gesetzt wird
{tgl. unten I, l). als pluralform erseheint ahd. halsä (GaArr
4, 927); das nt/id. helse {frauendiensl 203, 20), das sich auch
im friesischen neben halsar geltend macht, sowie wiser plur. halse
weitt auf ein ahd. unbelegtes halst suriick. ungewöhtilich ist die
form hälser:
16
243
HALS
HALS
244
von dauneii wollen sie, mit ausgt;l)rochnen felsern,
mit holz und kalk und stein, das sie aut eignen halsern
bin auf den berg gebracht, den himmcl werfen ein.
KoNUKUL InnoceiUia (iO.
Aus den urverwandten sprachen hat sich zur verglekhuwj nur
geboten das lal. collum, das wenn es aus colsum entstanden,
narJt lal. celsus, excelsus, excello dem haU die eigentliche be-
deulunt) des einpor ragenden kürpertlieils verleihen würde.
Bedeutung.
I. bals im eigentlichen sinne ist der zwischen brüst und köpf
gelegene körperllieil bei menschen und Ihicren, und zwar gehl das
Wort sowol auf die auszenseilc (1 - lo) als auf die innenseite (ll)
desselben.
1) schwanken des begriffs. die gegebene bedeutung ül in einigen
fällen erweitert, in einem andern verengert worden. — Wenn wir
noch heute hören einem eine an den hals {d. h. eine ohrfeige)
geben; Satban scliiegt im an haiz. Ayrer fasln. 21* (2474, 6
'Keller); einen an den hak schlügen colaphum infnngere alicui
Frisch 1, 402", eine wendnng liie schon im ahd. halsslagün
culapliizare (Graff ti, 774), mhd. halssiagen hervortritt, so ist
damit die forlselzuny der hcüsUnie nach dem ohre hin , wo hals
und wange sich berühren, Itervorgehoben , und die bezeichnungen
ohrfeige , backenstreich betonen tluerseits wieder nur einen von
den drei körpertheilen , die der schlag trifft, redet man ferner
von kleidern, die man am halse trägt: cleider am halse haben.
Freiberyer stadtreclU 286; das also sein kleid teglich an seim
halse sein mus. Luthers, 311; die dem armen nechsten seine
alle kleider vom Imlsz gerissen . . haben. Schuppius 248 ; so
werden unter diesem ausdrucke auch die dem halse ndclisUiegcn-
den brüst- und sclttilterlhetlc mit begriffen, vgl. unten II, 1, ferner
halsberge und halschen ; ähnlich ist mhd. den schilt ze halse
nemen Erec 3215, der schild deckt mit dem halse auch den
Oberkörper :
an dem Schilde er sich nibt betruoc,
der wart ze halse gehangen. Crone 7431.
dagegen ist in der fügung den hals abschneiden, wenn 6^e
namentlich von mensclten gebraucht wird, der begriff des Substan-
tivs verengt und nur auf den vorderhals bezogen, sie ist gleich-
bedeutend mU die kehle abschneiden 5,396: fünf muiiale
nachher schnitt sich die unglückliche den hals ab. daheim
Ibli!» s. 119*. wenn aber mhd. dichter bei Schilderungen wäblicher
Schönheit umgekehrt für den ganzen hals kel setzen (5, 395), so
entspringt das devi umstände, dasz der dichter die zu schildernde
scliönc frau geistig vor sich sieht, ihr yleicitsam ins anllitz schaut,
und daher den namen des ilim entgegen leuclUenden vordern hals-
Iheiles für den ganzen hals braucht; später werden hals und
kehle auch zusammen genannt:
darzu hat auch die wolgehoren
ein häUlein und ein kehlen weisz. H. S^chs 5, 330*.
2) am menschen wird Itervorgehoben der lange hah», und rfew
kxrzen haUe entgegengesetzt: sein langer gänsehals. Schiller
rnuber 4,2; wenn ich einen schönen langen hals sehe, musz
ich gleich wider willen denken: der ist gut küpfen. Goihe
8, 208;
nur Babekan, den seines nahen falls
kein guter geisi verwarnt, dreht seinen langen hals.
Wieland Uberon 6, 35,
ähnlich heiszt et ein dünner, hagerer hals tm gegensatz zum
fetten, dicken, welch letzterer auch krankhaß ist:
tief iu den höchsten steierfelsen
kenn ich ein dörflein, wo man meint:
der mond wird schuld an dicken halsen,
wenn er in einen brunnen scheint.
Lbnau neue ged. 240;
dir steife hals, entweder die folge einer krankheit, ich habe einen
steifen hals nagt z. b. derjenige, dessen halsdrüsen geschwollen
sind; oder leidten des hochmuls: darumb dasz die töchter Ziun
stolz sind, und gehen mit aufgerichlem halse. Jes. 3, 16; oder
endlich zeidien des Starrsinns, namentlich im Sprichwort: er bat
solch einen steifen hals wie ein wolf. Klein qnadrupedum
dupositio 60 , vgl. halsstanig. dagegen neigt der demütige und
traurige den hals, wie sonst er btszl den köpf hangen (5,1753):
Atrix halsz nid sich oder giigen der erden henken, petere ter-
rani cervia .Maalei 207*. ycpiiesen vird der lange, weisze, wol-
yerundete halt des weites: dein haU ist wie ein olfenheinen
tburni. hoheliedl,*, auch in dei bihel ron 11S3 6i. 31t'; »chnee-
weiitzcr halsz niwsae cervict», weiszer glatter halsz wie helfen-
bein eburnea cervix , niveum collum Maalcr 207*; ich wollte,
irb konnte den nachtihaii in eiiiiern auffassen und (Iher ihren
weiszen hals ausgieszen. II. v. Kii.isr Kathciien, 2. ad 3. >
der weisze hnlsz, das goldgemengte haar,
der roihen lippen ziclir. Opitz 1, bO,
vgl. alabastcrhals 1, 20U; auch Schwanenhals hebt, wenn vom
treibe gebraucht , die beiden cigenschaften der länge und wcL\ze
hervor, die feine haut des habes läszt den blutlauf durclischim-
mern und haucht das weisz rosig an, daher redet man von einevi
rosigen hals wie von einem rosigen nacken, und Maaler über-
tragt rosea cervix durch hüpscher schöner halsz 207*. auch
lebhaftes erröten kann noch den hals ergreifen : da ward das
mannlciii so roth am hals wie ein krebs vor zorn. Göthe
s, 25; i'r hörte ihr herz klopfen und sah ihren hals geröthct.
Imherman.n Mitncith. 3, 38 ;
und glut ihr plötzlich bis zum hals hinab
das antlitz färbt. II. v. Klkist 1, 125:
du schämtest dich? ganz i'cclit. auf meinen antrag.
du wardst glutrotli bis an den hals hinab.
hiUhclicn V. llcUbr. 1, 2.
Der hals wird, wie brüst und arme, mit wertvollem schmucke
verschen, behängt, vgl. halsgeschineide, halskette, haisschmuck:
hieiig im ein gülden keten an seinen hals. \Mos. 41,42; denn
solchs ist ein schöner schmuck deinem heubt, und eine ketten
an deinem halse, spriiche Sal. 1,9; des überausz schönen Sma-
ragds, den sin am hals halte. Simpl. 3,97 Kurz; ein anderes
frauenziinnier . . tragt die schönste corallen ilm ihren weiszeo
halsz. AiiR. A S. Clara Judas (l6&7) 1,392;
dem wil die küiiigiu das halspant schenken
und im das selber an seinn hals henken.
(astn. sp. 763, 14;
jetzt band die wibschen man gelert,
und schmieren sich mit affenschmalz,
und dönt entblöszen iren halsz,
vil ring und grosze ketten dran,
als ob sie vor sant Lienhart stan.
Brant narrensch. 4, 7,
dieses 'den hals enlblöszen' wird durch die heute übliche fügung
in bloszem halse gehen als modelrachl angedeutet, da in eigent-
lich ein kleidungsstück einführen soU.
3) natürlich wird hals, wie vom menschen, auch von den thie-
ren gebraucht: nam die spangen, die an irer kamelen helse
waren. ricIUer 8,21; er (der Icviathan) hat einen starken hals.
Hiob 41, 13; der obertheil des halses, darauf die mahn wächst
{heim Pferde). Böckler kriegsschule 966; die kupferschlange,
auch kreuzotter, hat einen platten, eirunden köpf, dünnen
hals. HtHEL schalzkästl. (I8b9) «. 30;
itzt naht sie (die taube) sich dem groszen spiegel, . . .
besieht den weiszcn hals, bewundert ihre flügel.
Gellbrt I, 18;
wie schön der kub das band zu halse steht. Scuillbb 517.
An dem pferde wird besonders hervorgeliüben der starke hals:
es was Euriolo ain apfelgrawes pferd ains starken ufrüstigen
halses mit dickem kampe uff die rcchlcn sytcn geworfen
und ains kleinen houptes sich wol zömcnde. Wvle transl.
27, 19 heller; ein solcher hals galt wol ah zeichen der ausdauci-
eines pferdes, und daher scheint starker hals formelhaß für ein
ausdauerndes pferd gesetzt zu sein: und sol der vogt riten ein
tag und ein naht, wu den hof oder das dorf not an got,
mit starkemc halse, weisth. 1,699 {von 13201.
4) es haben sich an hals in der bedeutung 2 eine anzahl mehr
oder weniger formelhafter redensarten angesetzt.
a) neiiißer und verlangen lassen den hals recken, maclien den
hals lang: die leute machten lange hlilse, um den fremden
zu sehen ; die leute unten auf der sirasze machen lange
halse. Kotzebde werke 9, 159 ; der cardinai hob sein haupt
empor und reckte den hals, daheim t«s69 s. 114";
ihr wenigen jedoch, die ihr bei zelten
den hals gestreckt nach jenem himmelsbrote.
Daniel pitradies von Wim 2, 10,
voi altri pochi che drizzasi« 'I collo
per lempo al pan dugli angoli.
6) lebhafte begrüszung , heftige zartltchkrit macJien, dasz man
um den hals fallt, am haUe klebt, hangt.
iiinha sinen bals er im vil,
mit gröjeme jAniere du geschach.
pas\ioii(it IK'), Ib llnhn;
W8D er von frewdcn weinde,
und fiel im umb den halsi zu ilund,
und kutte in dick an seinen munt.
ntid. ifed. *. A>/f«r 104, 20;
Ksiiii aliiM lief im entgegen und herzet io, und fiel in umb
den hals und kUsAet in. t Mos. 33, 4; und er fiel seinem
i'""ier Benjamin uiub den hals und n^-mk'! i liminnin
245
HALS
HAI.S
246
weinet auch an seinem halse. 45, 14 : lief und fiel im unob
seinen hals (golh. draus ana hals is). Luc. 15, 20; sie sähe
ihn an, öraut fiel sie ihm an hals. «nie. doclor 333; cares-
siret eure braut ein wenig, oder wollet ihr, dasz sie euch
um den halsz Üiege? Happel acad. roni. 41; ich hofte, sie
würde mir vor freuden um den hals fallen. Lessing 1, 2S5 ;
er fällt ihr weinend um den hals. Göthe 8,131; ist das der
sopha, wo ich an ihrem hülse in wonne schwamm? Schiller
Täuber 4,1; hier, hier lag er an meinem halse. 4,4;
der bauer Stephen nahm auf öffenilicliem plati
die Griete bei dem liais und gab ihr einen schmatz.
Philasdsr V. D. Li>DB ijiitnute 'jeil. (\'li) <. W. ,
yoniehmlich must du dich ihr ganz allein ergeben,
nie aus dem hause gehn, ihr au dem halsze kleben,
und wo es jungfern'giebt, nicht einmal freundlich sehn,
sonst ist es allerdings um ihre guns-i geschehn.
scheizliiilic yeti. (I7l3) s. 15;
wenn mil geivalt an deinen bnis
sich allerliebste mädcheu hängen. GöiBi 12, 15 ;
das madchen bats gesungen,
da klang es in dem walil,
da hing an ihrem halse
der Schmucke jager bald. Rüimick /jeder (1857) ». 199.
c) aber auch der gegiiei geht einem an den hals, will einem
zu halse, wie sonst geht an die kehle, an die gurgel; das
bild ist ößers an die lietzjai.d gelehnt , «o die lutnde das wüd
am halse packen: die ru^mde inegare I ist das nicht der dritte
reichsritter . den sie mir, einem hund gleich, auf den hals
hetzt, um mir diese landschafl abzujagen! H. v. Kleist
hdlhchen v. Hedbr. 2. 3 ; dasz, so bald wir gleichwol für uns
ausz freiem geist etwas nützliches erfunden . ein jedwedes,
Italien, Frankreich oder Engelland, uns alsofurt auf den hals
springen wii. H appll acarf. rom. S2; wer aber jedermann über
den hals steiget, nicht leiden kann, dasz ein «ndrer neben
ilim sein auf- und auskommen haben soll , reiszt ihm den
bissen brod. den ihm gott gönnet und gibt, vor dem munde
weg, der bilde sich golles segen nur nicht ein. Otho 3>>7;
wie sie mir denn gerne auf den hals wären gewesen. Schwei-
MiCHEN 1, 287; da man nun die cammer öffnet, fället der
rasende mensch auch andere an, und da er auch einem, so
ein röhr in der band, zu halse ge«üll, soll er von demsel-
ben durchschossen worden sein. Eh.nst hi^lor. confecUafei 454 ;
wil mir darumb iemand zu halse, dasz ich sein abgeschmackt
factum erzühlel. polii. maidaffe, vorrede; sie will ihrem mann
mit einem messer zu halse laufen und es auf die spitze an-
kommen lassen. ScRivER seeiensch. 2, *2S.2; dasz die Universi-
täten in Teutschland mir würden an h;ilsz geralhen. Schuppics
SuO ; der hjpochondrist, . . dem arzl iraiiur zu halse gehend,
der mit ihm seine liebe noth hat. K.\m in, 227; sie fuhr
mir nur zu bald mit einem: was belieht ihnen mein herr?
auf den hals. ThChnel reise 3, 153 ; mein weih fährt mir mit
ungeheurer leidenschaft und mit entselziichcm Ouchen auf
den hals, tractirt mich als Pluto. Götiie 14, tj2; es hätte
mir 's herz abgefressen, wenn ich ihnen nicht sollte an hals
gekommen sein. 42,71;
könnt ich ihm nur an hals, wie wollt ich ihn zerzausen.
7, 1U2.
Demnach vnrd die redensarl einen gegner, feind, einen zu-
diinglichen sich vom halse schaffen , laer angelehnt werden
können: es komme nun allein darauf an, sagte er, sich den
Dion vom halse zu schaffen. Wielaxd 2, 304; so bald man
sich nur erst den Dion auf eine oder andere art vom halse
geschafft haben würde. 3, 127; dasz er sich seinen neben-
buhler gern vom hals geschafft hätte, glaub ich ihm herz-
lich gern. Schiller kab. u. liebe 1,5; den feind ab dem halsz
treiben, a ceriicibus averlere hostevi .Maaler 207*; aber sie wird
auch, namenüich wenn sie von nur lästigen personen gebraucld wird
oder gar auf dinge gefU, an deti hals als lasten tragenden anzu-
knüpfen sein {vgl. unten 8, /i). der gegner, der friede machen
will, läszt vom halse: nun so wollen wir dir nicht ehe vom
halse laszen, du thust es dann {unsern willen). H. J. v. Bhaln-
schweic 181, 22 Holland.
d) die alle sitte, dem an den pranger gestellten Verbrecher eine
lafel mit der angäbe seiner schuld, dem siechen und narren ein
warnendes blech an den hals :u hangen (vgl. kiemperlein 5, 1143)
klingt noch in redensarten nach; so sagte ein madchen nun habe
ich die schände am halse; er wird einen unnamen am hal<e
haben, ehe er sichs versieht, und eine christliche geineine
macht ein kreuz vor ihm. Gothe 50, 224; solt eineu fuchs-
sch«\anz an hals henken. Gurg. 122% der fuchsschwanz war
zeichen für einen verläumder , s. 4,353; ich musz gestehen,
dasz der himmel mir halbnarren ein schweres blech an den
hals gehangen hat. A. v. Grü» in Mercks briefs. 3, 255 ; in
vielen Wendungen, nie schon in der letzten , ist das hOchst abge-
blaszl, weniger sciiande und schmach, als allgemein übles, schlim-
mes ist das was man am halse hat, was am halse hdnr^:
würden sie mir ihre verwandten an den hals hängen, welche
einen injurienprocess mit mir würden anfangen wollen.
ScBDPPics 501 . und die redepsart vermischt sich mit der unten
8, c aufzufiihrenden.
e] verschiedene Wendungen heben die Verletzungen des halses als
lödlliche hervor, nainentlicli das brechen, abfallen, abstürzen deslial-
ses: mhd. ich «ande etweune wie wir fliegende sollen wer-
den, und kloMi üf einen boum: ich mOrhte uen hals b4n
ob gevallen. </. myst. 1,295; nhd. seine anderen gesellen er-
schracken des falls sehr übel, liefen hinzu, meinten er wer
den hals gar abgefallen. Wickra« roÜir. 170, 7 Kurz: dann
ich hatte so wenig im sinn zu meinem regiment zu gehen
als den hals abzufallen. Simpl. 1,351 Kurz; über welchen fall
(rotn Pferde in einen graben hinab) er den hals gestiii-zet. Ernst
kistor. confecttafei 299;
und solt ich . . den hals über ein spindel abrallen.
fasin. sp. 2t>7, 1 1 ;
wenn trotze tyrannei den strengen halsz abstürzt.
A. GRtPuii's iü(>3 j. 394;
alter bampelmann,
im schreien wird er noch den hals abstürzen.
Tuet kais. Uctatiun II, 2. acl;
fiel er zu rück vom stuel am thor, und brach seinen hals
entzwei , und starb, t Sam. 4. 18 ; hie feilt dieser den hals
entzwei. Lltber 3, 384 ; A. ich bin aus dem fenster gesprungen.
R. so wollt ich , du hättest den hals gebrochen. Kotzebge
werke 9,196; und wir haben fast die halse gebrochen. Göthe
14, 83 ;
der Junker bricht den hals. HAeutoRH 2, 144;
auch hals und hein brechen , mit dem halse auch die übrigen
knodten: wenn der strick zurisse, so fiele ich herunter und
bräche hals und bein. A. Gryphics fet. Squenz 6: darin ist
er klüger als mancher mensch, der schon hals und bein ge-
brochen hat. Hebel schatzkästl. {iS59) s. 105. der teufel bricht
bösen den hab : da ihnen der teufel lange die halse gebrochen.
ScHOCH stud. leb. D* ; feinden bricht «lan den hals, hals und bein :
das ist ein gutes Patrimonium, welches man im husen trägt,
wer einem das nimbt , der musz einem den hals brechen,
und alsdann bedarf er kein brodt mehr. Scncppics S6; dasz
sie dem armen David . . solle den hals brechen, s. 227 ; da-
rumb wolt er dem Simei damals den hals nicht brechen
lassen, s. 279 ; so mag ich ihm den halsz brechen. Chr. Weise
kl. teilte 20#; oder meint er. dasz ein abgedankter ofBcier
nicht auch ein officier ist, der ihm den hals brechen kann?
Lessing l, 512;
i-!s recht, dasz man den eid und (lirsten halse bricht!
A. Gktphios (1698) 1, 82;
auf dem (dem bnnket) nach langer ebr
er seines vatern brüst mit eigner Taust durchstochen,
und seines bruders hals, o greuel, hat gebrochen. 1, 138;
wer nicht gleich accordirt, dem bricht man hals und bein.
Philander v. d. Limde schtrzU. ijed. (1713) s. 121.
streitende brechen sich die halse: es wären zween fremde ker-
len an einander gerathen , die weiten einander die hülse
brechen. Chr. Weise erzn. 28;
um ein billet sich fast die bälse bricht. Götuk 12, 10.
so teird endlich von einer bösen, gefältrliclien sacke gesagt, dasz
iie einem den hals bricht. Um ins verderben, in den Untergang
bringt : das bricht ihm den hals, er soll erfahren was das
heiszt , einen Spanier mitten in der bürgerlichen ruhe zu
befehden. Göthe 10, 107; ah, nun hab ich dich herrchen!
das bricht ihm den hals, heisz mich einen Schreiber, wenn
ich den buhen nicht in zwei tagen im gefängnisz habe.
10. Sl; wie so vieles in diesem feldzuge, was ihm den hals
gehrochen haben würde, wenn er einen groszen feldherm
gegen sich gehabt hätte. Niebcrr leben C. fiiebulirs 1,562. —
Mit anderm verbalen ausdruck dreht man^einem feind den hals
um : komm nur heraus vor die thür, ich drehe dir den hals
um. KoTZEBCE werke 8,218. was sonst aucli vom teufel gesa^
wird: der teufel . . rief ihm nach: das war dir gerathen,
denn wärst du zurückgetreten, hält ich dir den hals umge-
dreht. Grimm deutsche sagen no. 202.
247
HALS
HALS
248
/) der hals spielt nun in dem peinlichen gerkhtsxerfahren eme
grosze rolk. da die lebenxstiafen gewiihiilicli am halse, durch ent-
haupten oder hänyen vulhofien werden, die oberste gerichtsbarkeit,
die über das leben eines unterthanen gvwalt hat, wird durch die
allUlerierende formet gericht über hals und hanpl bezeichnet:
die hoisten geiiclite iiher hals und heubt. weisth. 1,556 note ;
sie bekennen und weisen einen graven von Wiede in gp-
meltem bezirkh vor einem gewall herrn zu gebieten und ver-
bieten, zu richten über hallz und huubt. i. S33; sollen und
mögen Ihnen richten über den leib , halsz und haubt, dieb
und diebin. und alle andere slraflliar inisslhciige menschen.
2,153; vgl. das fries. thet he sines halses ieftha sines häf-
des scheldech wfre. Richthofem 12', 8. ähnliche furmvln sind
gericht über hals und halsbein, vgl. unten halsbein; gericht
zu hals und bauch. Haltaus 784; s. bauch 2, //i. 1, 1164. eine
andere formet richten über hals und band betont die befugni^,
den Verbrecher am leben zu strafen oder Um gefesselt zu halten :
daj gerichte si über hals unde über hanl. Suc/i-wns/). 3, 52, §3;
und ich in dem seibin dorf habe czu richlin ubir hals und
ubir hant , czu hengin und czu blenden. Maydcburger blume
1, 107 ; sie haben so gesunde begriffe von der gewalt über
hals und band. Rabener satiren 3, 118. im peinlichen prozesse
geht daher die klage für den misselhäter an den iials : wez, leip
bricht, dej leib sol bessirin. alle ander sachin ghen an den
hal;, wo ij abir einr ungerne tet udir in notwere, der hört
genode czu. Magdeb. blume 2, 5, 9 ;
und zeugen wider die, die mit gescliminktem schein
auf ihres liönigs hals selbst part und richter sein.
A. Ghvphils 1603 s. 301.
der kläger gewinnt dem Verbrecher den lials an (s. angewinnen
I, 352): smaheit dy man einem ralmanne tut in siczindim
rate, mag man vorderen vor einen fredebroch, und mag den
frcdebroch mit seinem eitgenosin ubirczugin , und gewint
ime an seinen halj, ob er in peinlich dorum anspricht.
Magdeb. blume 2, 2, 245 . indem er für die Wahrheit seiner be-
zicitiigung viit dem eigenen halse haftet: würd es falsch befun-
den , beulst du deinen hals der strafe des mords und des
ehebruchs? Göthe 8, loo. der schwere Verbrecher ist auf den
hals gefangen, unter der aussiciU das leben verwirkt zu haben
(vgl. auch unten g\:
darinne ligt ein Junger knab
aul .«einen hals gelangen. Uhiand t'otts/. 300.
das beireffende urtheil uird über den hals gesprochen : Jona mus
... selbs ein urleil über seinen hals feilen, das sie in er-
seuffen müssen. Lltiier 3,206';
musz mein vertroffen blut ja zum gericlit aufstehn,
80 lasz den ausispruch nicht aul' iniands hals ergehn.
A. Gr»puius HH)3 s. 353;
ists vrahr, dasz könige noch henkor fürchten müssen,
und dasz ob deinem halsz ein lodesurtheil schwelilV
i'HiLANüKH V. u. Ll^DK ijitluiile ijed. (1713) s. 15;
Jer rtc/i/rr gebietet und verbietet bei dem halse , wenn auf die
Übertretung sein« befehls lebensstrafe stelü: vrede sal man {beim
goUesgerichl) deine warve bieden bime halse , da; se nieman
erre au irme kampe. Sachsen.ip. 1, 63, 4; auch bei hals und
wiede, die wiede diente zum aufknüpfen des Verbrechers (vergl.
halsniede) :
wer dem andern tnot die hant,
w;er er über daj drille lant,
der li;ete getriuweliclien vride
bi dem halse und bi der wide. tivt. chron. 4U23;
und die hingäbe des halses ist die sühne auch für das grösle
verbrecheri , nach dem rechlssprichwort : mit dem hals bezahlt
man alls. I'i^tobius thes. paroem. lo, uo. 51, s. 1015.
Von disser formelhaften Verwendung des halses in der rechts-
sprache sind Ane anzahl redentarten in das gemeine leben ge-
drungen, so von der anklage her, die an den hals gehl: das
ist eine biise geschichle, die geht an den hals; auch das
geht an hals und kragen, vergl, kragen; dasz ein Judiriuni
turpe . . eine causa capitis ist , so wenig »ie auch an den
baU ging. NiEbUHR 1,642;
mild, dat es im an den halt gil,
«wer ein kint zu tude tlit. pasnionat M, 48 Khfike;
von dir vollilrcckuny da urtheils lu-r : duinit wir .. in Unglück
und uuib die häNe kommen. RtUTtR von Spkik *riff;.«>r(/n. 31 ;
er und seine Kühne kamen auf einen tag umb die h!ll«e.
N:HiiPMi:it 3VV; so dasz sie unvernieikt einer nach dem an-
dern um den hals kamen. Heiima"'- /'v ■' "" 1 •- mmIcii
möchte anderwerts bei disen weiter einen umb den halsz
bringen. .\. Ghyphius seugammel^; wenn jenes durch enthaup-
ten geschieht, heiszt es den hals kürzen , wie sonst einen eines
kopis kürzer machen, vgl. 5,1751:
ich machen etzelichen den hals kurt,
de nu levende is ind gesund. Karlmeinet 48, 27.
gleichfalLi aus dem peinlichen rechte sind die formein an seinen
besten, an seinen einigen hals aufhängen, in die gemeine rede
aufgenommen, formein die wol nichts wollen, als die wiciüigkeit
des halses für die vorzunehmende execution besonders hervorheben :
und sol in führen bei einem grünen bäum , da soll er in
ankuüplen mit seinem besten hals. Reuter v. Speir krieys-
ordn.i'; gestalt ihn unser general alsobald an seinen aller-
besten hals aufhengen . . liese. Simpl. l, 204 Kurz; als ein
meineidiger uberläuler mit seinem allerbesten hals an einen
baiini geknüpft worden. 3,43; ähnlich: schildwacht, gieb wol
aclilung auf deinen poslen, .. dasz du Ja nicht etwan schlafest,
sonst kostet es deinen besten lials. Hamlet bei Coltn, Shakesp.
in Gennany s. 247. noch Lessi.ng braucht sache meines ein-
zigen halses für capilalsaclie : ich fieng so ruhig an, so fest
entschlossen, alles was ich zu sagen habe, so kalt, so gleich-
güllig zu sagen, als ich bin, wenn ich auf meinen spazier-
gangen vor langer weile schritte zähle, und ich ende so
bewegt, kann es so wenig in abrede sein, dasz ich vieles
so warm, so theilnehmend gesagt habe, als ich mich schä-
men würde, in einer sache meines einzigen halses zu sprechen.
10, 120. — Wer noch eben durch klugheit die strafe für ein ver-
brechen von stell abwendet, von dem sagt man, er ziehe den hals
aus der schlinge (nämlich des Strickes der ihn hängen soll): und
der einnehmer wird auch sehen, dasz er den halsz aus dei
schlinge zeuciit. Chr. Weise bdur. Machiavell 105.
Üie Imifige strafe des henkens erzeugte einen kunstausdruck :
der Verbrecher stüszt oder zieht den hals am galgen ab, da er
ihm durch den henker , der den gehängten an den beinen zieht,
gebrociwn wird: wer nicht alt will werden, stosz den hals
jung am galgen ab. Gary. I70', dieser ausdruck ward freier
auch auf einen bezogen, der sich in quäl und not ums lehen
bringt: bergkarbeit ist ein rossarbeit, und mancher hebt an
schweren berg und wasserhaspeln , das er nicht allein blut
auszwirft, sondern zeucht oft auch den halsz gar daran abe.
Matiies. Sar. 145"; sogar von untauglich werdenden dingen: denn
man wil auch sagen , das der magnet seinen halsz abziehe
und kraft verliere, wenn er neben eisen ligt und schwebt
im compast. 142'.
Die furcht vor der lodesstrafe spricht sich in manchen Wendungen
aus, die ein gewisser humor durchzieht: behüte der himmel,
meine beste und gnädige! dem Überbringer müszte der hals
eben so jucken , als der schreiberin. Schii leb kab. u. liebe
4, 9; ja, so denkt jeder zuerst: was sollst du mit deiner
nase voran ? hängt doch der hals gar nah damit zusammen.
Göthe 8,198;
allein, gesetzten falls,
ich zeigte mich! ja dann — es krabbelt mir am hals!
7, 66.
Neben all diesen Wendungen ist der gemeinen spräche bis heute
als besonders häufig gebraucld verblieben das kostet den haU,
das verbum betont hier die zu kUtende vergeliuny für etwas ije-
thanes, ursprünglich doch als strafe . yleicli ist : das kostet den
köpf, s. 5,1869; oft in ganzer schärfe gesetzt: das ist eine böse
sache, die kann den hals kosten ; wenn er zu seinem herrn
Saul ftele, so inöchts uns unsern hals kosten, l cliron. 13,19;
oft in milderm sinne: du blutest ja — was hast du gemacht?
5. narr, einen spasz, der mich bald zwei beine und einen
hals gekostet hätte. Scnii.i er niwfcer 3,2; namentlich dann ab-
tjeblaszt, wenn es negativ das kostet den hals nicht slelU: \vird
dir denn ein vergebener gang gleich den hals kosten? Lhs-
MNC 1, 275; das bischen dahlen wird doch den hals nicht
kosten sollen! RABE^•EH satiren 3,57; was sogar häufig bei
Preisangaben gebraucld wird, um zu betonen, dasz eine sathe
uidU bedeutend tlieuer sei: kaufen sie doch den schiuuik, er
kostet den hals nicht ;
ei, was branrlit man um glücklich lu teia !
das wird ja den lial.i nucli nicht kosten.
Ancilt ffüt ilrr liunAwi-iki'i.
der Verlust an schärfe wird, wie hier, auch noch an andem wen^
düngen deutlich; eine von der olien t (.<;*. 2 n) gegebenen ver-
schiedene rrdensart an den haU schlagen kniipft rigentluh an
den riilhaui'lru.lfri luul.ii i;ii . cv steht alifi nur li/.^ inii.li' um-
249
HALS
Hals
250
Schreibung für umbringen: wann er nur einen kerl ansüLe,
der ihm sein tag niemalii nichts leids gelhan, so hätte er
ihn gleich an den hals schlagen mögen. Simiil. 3, Hb Kurs;
gotl schlaget manchmal einen harten und unvernünftigen
Nab:il an den hals, und machet eine kluge und tugendhafte
Aligail frei. Scbi\ t.n seeUnsdi. 2.282, nachlSam. 25. 3S ; ähn-
lich hals und köpf verlieren für umkommen: hingegen aber
musten sie sich auch befleiszen einzutragen und in solcher
arbeit weder tag noch nacht zu feiern , und sollen sie hals
und köpf darüber verloren haben. Simfjl. 3. 84 Kurz; noch
verwischter i^t : welcher kummer meinen vater um den hals
gebracht (ei uar vor kummer gestorben). Schweinichkn 1,2^1;
soyar von dinyen gesagt: wann dieser stürm noch 2 stunden
wehrete, lieget das schilT am legcrwall und ist umli den
hals. pers. reisebeschr. 2, 2, d. h. ist zerstört, unbrauchbar ge-
macht; dJinlich mitd.:
eine; lieijet: $inirw die hant.
dd da; kom in ditziu lant.
dö was dem retit der hals abe.
Tkichüi* 91 Karajan.
Bemerkensuert als unverstandenes füierbleibsel eines alten pein-
luhen recläsyTundsatzes ist die in yiederdetitschland lebende redens-
art hals geben für gestehen, verraten, ausplaudtrn :
wenn du von de geschicliten hals deist geweii,
deuo bew'k kein raulige stuo' in miiien ganzen lenen.
Keitkr rei' nach üelliijen 260;
nach altem rechte konnte nur der geständige veibreclurr lebensstrafe
erleiden, und das bekennlnis der misidhat zog den verlast des
halses nach sich, uie es im sprichuvii heiszt : was das maul sagt,
das musz oft der hals bezahlen. Lehmann 201.
g) man sielU aus dem vorlter gehenden, wie der hals so symbol
des lebens wird, und dies tritt noch in mancher äfmliclien weise
hervor :
das ist gar ein engstliclier zol,
den man beim tials bezalen sol,
seit dai ir mordes waltet.
Dietrichs erste ausfahrt 144;
derhalben habe ich öfTenllich dispuliil, das ist jederman,
hohes, millelniesziges und niedriges Stands zu meinem groszeu
Unglück, ja wider meinen hals erregt. Lutueb 1. 55'; derhal-
ben gilts uns nu binfurt den hals an die freiheit zu setzen,
sie zu erhalten. 3, 206'; so das sie dennoch mit gewehrter
faust ihre halse nach der acht Iheuer genug verkauft haben.
ScHtrrz Freuszen 102 ; welche haben für mein leben ihre helse
dargegeben. P,0tn.l6,A; sein halsz darstrecken, sein laben in
gefaar setzen, ein anderen bei dem laben zii erhalten. .Ma.\ler
20S'; und solle mich, so lieb mir der hals würe, in keines
andern herrn dienste nicht einlassen. Sciiweimcuen 1, 29G;
und ich war bei meiner eigenen gesellschaft meines halses
nicht sicher. 3, 61; die haben sie in das höchste ungliick,
um ihre Wohlfahrt, und ihrer ein theil um ihre hülse ge-
bracht. SciicpPiLS 22S; fechten wir nicht für hals und freiheit?
Schiller räuber 2, 3 ; mein ganzer einflusz ist in gefahr, wenn
die partie mit der lady zuiückgeht, und wenn ich den major
zwinge, mein hals. kab. u. liebe 3, 1.
h) ab von den bisherigen liegt die redensarl hals über köpf,
über hals und köpf, dänisch over hals og hoved , eine siüi
überstürzende eile zu bezeichnen, über die mit manchen ähnlichen
unter köpf 5, 1750 berichtet wird, besonders drastisch sciieinl
hals über köpf, es malt, wie unten hin iicIiOiiqes zu oberst er-
scheint: stürzte sich hals über köpf den thurm hinunter.
Grijui deutsche sagen no. 205; daher eine verwirrende etle: als
ich zur bestimmten stunde nach seiner wohnung gieng, fand
ich das leere nest; hals über köpf »var er abgereist. Immer-
«*!«."« Münelih. 1, 170; gebräuchlicher ist über hals und köpf:
dasz ich nicht unbehend auf den darbei stehenden tritt sprang,
aber in einem hui über hals und köpf herunter purzelte.
Simpl. 2, 273 Kurt; die (ziegen) sprangen über köpf und hals
mir Tor, dasz ich bald keinen schwänz mehr sah. urMie mann
im Tockenb. 34; dasz ich beschlosz über hals und köpf zu
heirathen. Kotzebue weike 8, 153; der söhn .. stürzte sich
über hals und köpf in das abenteuer. Gütue 21, 86; damit
ich sie über hals über köpf forlschicken kann. Weisze kom.
opern l, 50;
es ist hier nicht genug, die arme rede iwingen,
die sinnen über haUt und kupT iu reime bringen,
der »orter beokt-r sein. Ohti 2, 28.
i) andere bilder . von einem erregten oder erschrockenen wird
gesagt ihm <:i-hlägt dn-^ herz bis an den hals; gestern, denkt.
gingen von seinen leuten vorbei und sangen lobliedchea auf
ihn . . das hei^ schlug mir bis an den hals. GöruE ^,194;
der volkswitz spottet, es habe einer studiert bis an den hals.
so dasz nichts in den köpf gekommen sei ; wer viel zu Üiun hat,
klagt er stecke bis an den hals in arbeit, ähnlich sagt man
von einem tief verschuldeten er stecke bis an den hals in schul-
den. er ragt eben nur noch mit dem köpfe daraus hervor, so
dasz er nicht ganz versinkt, vgl. eine ähnliche Wendung: und
also fehlete es an nichts Solanden zu vergessen und die
zu halse getretene heiratb mit Armatim zu vollziehen. polU.
stockf. 315. die heiral war nachgerade so dringlich i/eworden, dasz
sie in vergleich zu dem sclion sehr hoch getretenen was>er bei einer
übirsclucemmung gesetzt wird, wer in der hiiciisten bedränynis
ist, dem liegt der strick, die vtiede am halse {sonst das mes-
ser an der kehlei, ein bild hergenommen von der thätiykeit des
henkers: bei glück und guten tagen thut man nicht viel nach
Christo fragen, wenn aber das wasser über die körblein gfht
und uns die wid am halse ligt, wie man sagt, da ist nichts
über gottes wort. Otuo 979.
h) unsern vorfahren war der freie hals symbol der persön-
lichen freiheit , und es bildete sich läernach ein adjectivum ahd.
frihals Über, eigentlich freien hals habend, und ein in den allen
dialccien weit verbreitetes, abstraü gewordenes Substantiv yoth. frei-
hals freiheit, ahd. fries. frihals, ags. freols, altn. frials, was
noch im scktced. friils, dän. frels fortlebt, am lebendigsten ist
die alte sinnliche bedeutung im friesischen gewahrt , und es geht
hervor, dasz ursprünglich nicht, wie 4. 111 gesagt wird, der freie
hals der ist , welcher kein joch auf sich trägt , sondern der der
von der halsfessel, der gefangenschaß ledig ist, man le>selte unter-
vor/ene, gefangene am halse, und dem freien halse slelU der ge-
fangene hals gegenüber: gefangner halsz. wenn ein gefangner
ein kettin am halsz hat, capltva cercix .Maaler20:';
in das g-efängnisz gehn?
den hals ins eisen stecken?
II. V. Kleim zerbrach, krug, 11. aufir.,
schon tu Cädmons genesis ist der aufrühreiisch gewesene und von
golt wieder unterjochte satan in dieser weise geschlossen :
licgad nie ynibütan
heardes Irenes h.ite gcslä^eue
grindlas sreäie, mid |)y rae god haratf
gebalted be t>am halse'. Usö;
bei Jen Friesen luUle uh lange die tradilion erhalten, dasz sie als
unterjochte des Üänenb:nigs Radbod eine hölzerne fessel um den
hals trugen, von der sie Karl d. gr. löste: thd lethogade bi ös
fon Redbade, tha deniska kininge, and fon thera clipskelde.
and fon thera ^tszena withtha, liier alle Frisa and thä hiara
halse drögon. Richthofes 539*. 9; al deer eefter kaes Magnus
den lettera ker, ende alle Fresen oen sine ker iechten, dal
ma da Fresen da holtena witta fan da hals spaude, ende se
ymmermeer wolden wessa fryheren. 44ü', 23. man sieht wie
die fesselung des hal-'i-^ jedes einzelnen zeichen der unlerjodiung
eines ganxn volkes i^(, und es ist ganz sinnlich aufzufassen,
wenn es heiszt: Ihä urjef fls thi kining Kerl frine hals and
fria spreka, londriucht and liodkesla. 127', 2S; indem ihnen
verslattel ward , das zeichen der unter wer fung abzulegen , verliäi
vian ihnen wieder die reclUe freier männer.
6) der hals dient dem tragen von lasten : sie binden aber
schwere und untrügliche bürden, und legen sie den menschen
auf den hals. Matlh. 23,4; ich gang und trag, das mir der
hals kracht. Vlenspiegel s. II Lappenberg; als er nun gessen
und trunken hat, nimpt er die burdy mit den kleidern auf
den halsz. Wicera« toUw. 181, 23 Kurz; er kann centner-
schwere last auf dem halse tragen, pers. msenlh. 2, 36; du
löszit mir ein recht werden , sintdemmüle das her di dübe
{das yesloldene) öf dem halse hat iträgl). .Voiideb. fragen 3, 5, 1.
biUilich: dasz er . . so grosze last der regieinug auf deiu halse
trage, peis. roscnth. 3, 38 ; lieszeu mir die bürde auf dem hals.
SCIMVEIMCHEN 3, 132.
7) das zugthier trä(it ein joch am halse und ist durch dasselbe
jedes eigenen willens bar ; man wendet rf« yerne auch auf den
menschen, namentlich in der bibelsf>rache : wird ein eisern joch
auf deinen hals legen. 5 Mos. 28, 48 ; wer seineu hat« nicht
wird unter das joch des kimigs zu Babel geben, solch Volk
wil ich heimsuchen. Jer. 27.8; was versucht ir denn nu gutt
mit auflegen des jochs auf der jünger helse, welches weder
unser veter, noch wir haben mügen tragen? up. yach. 15,10;
und es wird geschehen, das du auch ein herr. und sein joch
von deinem halse reiszen wirst, l Mos. 27, 4u. zu der zeit
251
HALS
HALS
252
wird seine last von ileiner schulder weichen müssen , und
ein joch vun deinem halse. Jes. 10, 27 ; das ick sein joch von
deinem halse zubrechen wil. krem. 30,8;
die erste fraw »war warf das joch
der sünd an unsern hals. Locau 1, 37, 38.
daher den hals beugen , sich unterordnen , demütigen, wie das
llüer sich beugt, wenn Htm das juclt aufgelegt wird: hastu kinder
so zeuch sie, und beuge iren hals von jugent auf. Sir. 7,25;
zu dienst gottcs den hals beugen und sich neigen, pers.
rosenth. 6, 7.
8) es erscheinen nun eine grüszeie anzahl von redensarlen, die
alle beschwerendes, drückendes, hinderndes bezeichnen sollen; in
den meisten fallen lassen sidi dieselben ebenso gut an das laslen-
tragen als an das jochtragen des halses anknüpfen.
a) auf dem halse liegen, von sachen : derohalben euch nichts
gewissers , denn gleich urteil auf dem halse ligl. LuTiitn
3, 122'; das gesetze lag inen noch aut dorn halse, künden
nicht davon los «erden und das gewissen frei machen. 26ü" ;
das uns diese sach nicht aliein auf dem hals ligt. 5,7*;
dieweil ich achte e. e. selbs wol wissen , wie viel mir teg-
lich auf dem halse ligt. 6,506'; dann ich sehe, dasz die ver-
lierung all meines guts und froud mir noch auf dem halsz
ligt. Amadis 2s; daher inen {bei feuersbrünslen) nicht geringe
gefährligkeiten auf dem hals ligcn. KinciiiioF milil. discipl. 178;
und finde oft, dasz solche grosze herrn ein creutz auf dem
hals haben liegen. Schuppiüs 176. vun lästigen personen: Her-
mans de lyt my dach und nacht upmc halse, liebesbrief des
15. jahrh., Germ. 10, 392; ein regiment knecht , welche mer
den armen leuten auf dem halsz ligen. Kirchhof milU. discipl. 215.
b) auf den hals legen: gott legt im imer ein creuz über
das ander auf den hals. Lcther 4, 187'. so yhn doch dise
macht, etwas auf den hals zu Icyen, nicht on ursach geben
ist. Frank «'W/6. 45*. ähnlich sich auf den hals binden ; ich
weisz im ganzen umfang, was das heiszt: sich das Schicksal
eines menschen mehr zu den übrigen lasten auf den hals
binden. Göthe bei Scholl 16S.
c) an, auf, über dem halse haben, tragen : wir haben am
halse den faulen schelm , den alten Adam. Luther 4, 226' ;
so sind wir doch nimer on sünde , unsers fleischs halben,
so wir noch am hals tragen. 413*; tragen den allen Adam
am hals. 420"; lieber solle einer tau.send pestüenz am hals
haben, als ewig gebunden sein. Ohio 1344; wenn einer dir
goltes wort in zweifei zieht, so meide ihn mehr als einen
der die pest am halse hat. Scriveh seeleusch. 1,00; gleichsam
als wann ich die schwindsuchl am hals gehabt hätte. Sinipl.
4,93 Kurz; ich habe da noch Jäckeln iihern halse, der reist
mir mächtig in beutel. Sciiocu slud. leb. H o'; die kanadischen
weiber haben alle häuslichen angelegenheilen auf dem halse.
Kant 7, 438; du hast das siedende donnerwetter am halse.
Schiller I83. von herangekommener später zeit: barfusz, in dem
hembd, on allen Irost und lioflnung, mit der nacht auf dem
halsz, in liefern schnee, nicht wuszte wohin. Bocc. löSO, 1,44';
weil . . der winter auf dem hals. ScMEini in briefe 31.
d) über, auf den hals kommen : meine schwere sünde sind
durch seine strafe erwachet , und mit hänfen mir auf den
hals komen , das mir alle meine krall vergehet. Idagel. Jer.
1,14; wer dem andern schaden Ihun wil, dem kompts selbs
über seinen hals, das er nicht weis wo iier. Sir. 37,30; sich
mein traun , ist uns doch der abend übern halsz kommen,
ehe wirs gedacht hatten. Schoch stud. leb. H6*; von einem
übel . . das dir zufällig und unverschuldet über den hals
kommt. GüTiiE 15, 11;
dnrgeeen lest gott manchen nnimmen
tek'licnen über sein halsz kumnaen
vil Unglücks, trübsal und anlechlung.
H. Sachs 3, 1, 236'.
lästige personen laufen einem über den hals: als nun der
Zahlungstermin kam, lief mir der Jude, der lumpenhund, oft
in der «ochen zwei dreimal übern hals. Schuppios 582.
t) über den hals ziehen , führen , schicken , bekommen
u. dhnl.: sie sollen fragen, ob sie auch durch eigene schuld
«olch Unglück ihnen über den hals pezopen. Scriver seelensch.
2, 203; indem er »ich vielleicht mit huren geschleppt und
dadurch dieic krankheit {die Fmmosen) an haU gezogen hab.
ScHLPPics l«5; gedrückt von einer schweren s< huldenlast,
dir er »ich durch leichtsinnige lebensart . auf den hals ge-
zogen. Klimcür 3,8; ein unglurk einem andern auf den hnl«
zicbeo. Kant 1,136; «ich »orge, neid und narh-'lellung auf
den hals ziehen. 4,40; wie leicht künnen sie uns aber ein
regiment dragoner über den hals ziehen. Gütiie 15,26; sich
allerlei krankheiten auf den hals laden. Scmuppius 237; sie
wird ihnen die sorge um eine heerde kinder auf den hals
laden. Lessinc 1, 260; das zufür kommen {um das zu ver-
hüten) schaffet got den frommen je ein unglück über das
ander auf den hals. Agr. sprichw. (1560) 152'; es würde auch
. . ein seltsam ansehen gewinnen, wenn i. f. gnaden fremde
doclor über den hals sollten geführel werden. Scmweinichen
3,321; ich wolle ihm einen advocaten über den halsz führen.
Chb. Weise erzn. 95; (die menge von geschaften) die mir der
minister .. über den hals geschickt hat. Götter 3, 19;
ich will ein ubern lials dir schicken. [I. Sachs I, 525';
er hat deu zürn auf ihren halsz geschicket. Opitz ps. 78, 25;
gott verzeihs dem adel, dasz er uns diese neue geisel über
den hals gelassen hat. Göthe 8,241; einem andern ist ein
büser engel über den hals gewiesen, der ihn mit geistlichen
anfechtungen ängstet. Scriveh seelensch. 2, S9; und da schoben
sie denn nachher jede ähnliche ausschwcifung ganz getrost
der frau auf den hals. Engel Lorenz Stark cap. 23 ; einen in-
jurienprocess an den hals bekommen. Chr. Weise erzn. 4;
sollte ihm gleich ein injurienprocess an den halsz geworfen
werden, causenm. IIG. diese wendung wird auch von personen
gebraucht, die durchaus eine ehe sliflcn oder eingehen wollen: musz
ich nicht jeden augenblick befürchten , dasz irgend ein be-
rühmter waldhornisl oder ein geigenspieler hier ankommt,
dem dein vater dich an den hals wirft? Kotzeole werke
23, 13 ; wie kannst du einen jungen mann wie Leotychus . .
verschmähen, um dich einem miszgeschaffnen .. Büotier an
den hals zu werfen? Wieland Krales u. Hipp. lO.brief; sich
einem iVauenzimmer an den hals werfen. Kmnger 1,488;
wenn nun ihr vater stirbt, was will sie anfangen? da musz
sie sich dem ersten besten an den hals werfen. Göthe U, 14 ;
von zudriniflich liebenden überhaupt: ihr seid gewohnt, dasz
sich euch alles an den hals wirft. Gütue 19. 131 ; dann in
noch anderer antrnidnug: man wirft jemand ein gesclienk an
den hals, immer mit der absieht, sich selbst dadurch von einer
last zu lösen, so nd. enem en paar daler an den hals smiten,
einen mit einem geschenke laufen lassen. Dahnekt 170*. anders
aber jemandem alles an den hals hängen, von reicher be-
sehe nkung , das knüpft an den schmuck an . rfer um den hals
gehängt wird, vergl. ohen spalte 244. — Weitere fügungcn: ein
hitziges lieber an hals saufen. Mülmann 35; daher er ihm
{sich) eine krankheit an den hals gesoffen. Schoch slud. leb.
K3; dasz du ihm eine so unerliägiiche plage an den hals
schwatzen willst. Lessinc l,25i>; sich eine kiankheit an den
hals ärgern ; ich fürchte dasz ich mir noch die Schwindsucht
über dein plaudern an den hals ärgern werde. Lessinc 1, 355.
ß an , auf den hals bitten , wünschen : das unglück bat
ihm {sich) der vater selbst an den hals bitten müssen, pers.
rosenth. 7, It; einem den blitz an den hals wünschen. Albrecht
fluch-abc 65; es gibt ehegeiiossen, die einem bösen ehepat-
ten alles übel an den hals wünschen. Scriver seelensch. 2,'1^'i;
die (pest) kriege ich nicht, ich bin pestfesl. in iNmnbeig
hat sie mir meister Sturm jeden tag zwanzig mal auf deu
hals gewünscht, und sie ist doch nicht gekommen. Hiehl
culturgesch. novellen Ali ; die beiden allen lluchen dir alle teulel
auf den hals. Kotzebue werke 30,49; ironisch: dasz ich den
verwundeten obrisl-leulnant aus der hattalia und todsgefahr
errettet und zu den unserigen geführt , darvon schriebe er
ihm so wenig ehr zu, dasz er mir meiner mühe nicht allein
mit polz-velten dankte, sondern auch, wann er mich sähe,
mit griszgrammenden minen eiröhlet, und mir, wie leicht zu
gedenken, lauter glück und heil an den hals wünschte. Stmj4.
3, 4« Kurz.
g) auf dem halse lassen, vielfach von ihtigen personen:
machls klug, so viel sag ich euch, dasz ihr mir sie nicht
auf dem halse laszt. Lessinc 2, 407 ; da liesz er uns denn
das mädchen auf dem halse. Kotzebuk werke 9,165;
der liit.oewicht !
hat mir sie auf dem halse gelassen. GöTii« II, 179;
ahnlich am halse bleiben : wäre zwar bald ge'Jchelieii , dasz
mir der Killlilzen tochler am halse wttre geblieben. Scnwti-
Nirm < 1,11)8; das elende gesöfle musz ihm über dem halse
bleiben {er wird es nicht los). Chr. Weise erzn. 11«.
h) vom halse lösen , nehmen , schaffen (rer;;/. oben 4, e),
lassen, wünschen: den andern ward warlegcld gegeben, dast
253
HALS
HALS
254
itU sie i. f. gnaden vom halse gelose. Schweisicbe;» 1, 233 ;
seitenmal sie im zumal viel müh und angst ab dem halsz
nemen. Amadis 43-2 ; schafft mir diese Strohmänner vom halse !
GöTBE 16, 60 ; geschichte schreiben ist eine art, sich das ver-
gangene vom halse zu schaffen. 49,45; auf diese weise hab
ich mir die betteleien der verliebten vom halse geschafft.
KoTZEBüE werke 9,323; ich wünsche mir die sache um jeden
preis vom halse. 8, 52; du fragst, ob du mir meine bücher
schicken sollst? lieber, ich bitte dich um gottes willen,
lasz sie mir vom halse I Götbe 16,10;
ich hab dis einige kind, ir habt der zween dabejm,
nocb dunkets uns so gar gut und so mächtig sein,
wann wir sie ban zur schulen abgefertigt bin, _
das wir ir doch einmal vom bals los worden sin.
Hat!<kccics com. A6';
vom halse schaff ich mir den burschen noch vor nacht.
KoTZEBLK drnm. spiele 2, ISO.
i) vom halse bleiben : blos dasz mir der Schulmeister vom
hais bleibt. Fr. Mcller 1,246; bleib mir mit den vornehmen
Verwandtschaften vom halse. Kotzebüe werke 9, 170 ;
ach, bleib mir mit deiner Weisheit vom halse. 8, 276.
9) auf den hals treten, ein zeichen der Unterdrückung; es
weehseU mit auf den nacken treten, vgl. oben im cingange und
nacken : da aber die fünf künige zu im eraus bracht waren,
rief Josua dem ganzen Israel , und sprach zu den obersten
des kriegsvolkes die mit im zogen , korapt erzu und treltet
diesen königen mit füszen auf die helse. und sie kamen
erzu und tratten mit füszen auf ire helse. Josua 10,24; auf
ire helse wirstu tretlen. Baruch 4,25;
die auT der Unschuld hals einst übermüthig traten.
üi 2, 21.
10) hals bei genealogischen angaben, das mittelalterliche recht,
bei seiner aufzählung der verwandlschaß nach gliedern, gestattet
der glieJcrung des menschlichen leibes einflusz auf abslufung und
benennung solcher Verwandtschaften (rechtsalterthümer 46S) ; wie das
hnupt valer und mutler darstellt, so der hals die rechten kinder:
in deme houbete is bescheiden man unde wiph zu stände,
die eleke unde echtleke zusaraene komen sin. in des halses
lede die kindere, die äne zweiunge vater unde rauter geboren
sin. Sachsensp. 1,3 §3; in dem gelyde dej halsis sten dye
kindere, dy one czweiunge borin sin {ganze geschwister).
Magdeb. blume 2, Ij 16.
11) hals meint nun im gegensatze zu dem bisher gegebenen
den innern hals, die speise- und luftrOhre, wie kehle 2 und 3
(5,396. 397):
ich habe eine tochter, er sprach,«
die lidet raichel ungemacb,
wände ir der hals geswollen ist.
passional 161, 34 Hahn;
auch als Verwünschung:
daj dir der hals geswelle! Dioclet. 3526;
ich habe mich müde geschrien , mein hals ist heisch, ps.
69,4; füsze haben sie und gehen nicht, und reden nicht
durch iren hals. 115,7; der mensch hat nur zwei tüne im
halse. Kotzebüe werke 23,33; der halsz ist mir dürr, arent
fauces Maaler 207*; Ton der bräune und bösen hülsen.
Böckler kriegsschnle S99; allhie solle man den hals mit gurgel-
wassern und audern bnlzen. s. 902; wer sich erkältet, bekommt
einen rauhen hals, oder hat es im halse (s;>. 62 unten); bei
einem streite werden die zahne in den hals geschlagen : und wurde
mir von selbigem sträich so türmisch im köpf, dasz mich
noch wunder gibt, dasz er mir nit alle zän in hals geschlagen.
Siiupl. 3, lOS Kurz; ich schlage ihm die zahne in den hals,
wenn er noch ein wort sagt. Gothe S, 204. aber Fischart
dehnt das gebiet des halses weiter aus, er spricht von zahnen im
halse, die nach dem gewöhnlichen sprachgebrauche im munde
liegen: wie ihr dann ein Sprichwort von einer alten pflegt zu
haben , welche , wiewol sie keinen zan im halsz hat , doch
alle morgen bona lux sagt. Garg. 125'. und auch sonst musz
hals noch die mundhOle viit bezeichnen: honigseim ist süsz in
deinem halse, spr. Sal. 24, 13 ; ire einwoner gehen mit liegen
umb, und haben falsche zungen in irem halse. MicJia 6, 12.
das Volk spricht sogar von einem unrechten halse und meint
damit die luftröhre , weil es sich aU wichtigsten und eigentlichen
bestandlheil des innern halses die Speiseröhre, den Schlund denkt :
he helt et in'n unrechten hals kreegen, es ist ihm etwas auf
die lußrölire gefallen SchI^e 2, 94, ähnlich Dähnebt 170* ; un-
rechte hals, lußröhre brem. wb. 2, 572.
Atich hier erscheinen eine anzahl mehr oder weniger formel-
hafter redensarten.
a) an den bals als verzehrenden lehnen sich an : er kann den
hals nicht voll kriegen sagt vian ton einem unmäszigen , vgl.
auch halsfüllen ; glatte und wolschmeckende speise bleibt nicht
im halse stecken; eine speise von der man zuviel genossen hat
oder deren man überdrüssig ist , steht bis an den hals , was
man nachher auch freier und bildlich von einer widerwärtigen
Sache behauptet; das bild wird sogar kräftig gesteigert, indem man
sagt ich habe nun jene speise so oft essen müssen, dasz sie
mir zum halse heraus hangt, zum halse heraus wächst;
soitu arm sein, so wirt dir nichts zu gut gedeien, du sorgest
und arbeitest gleich wie vil und lang du wilt. dann es hilft
nicht fru aufstehen, nit spat nider gehen, sich abhungern
und vom hals ersparen, .\gricola sprichw. (1560) 5'; ja ja,
bettelkerlen, die den halsz bei uns wollen ernehren, kriegen
wir genung daheim. Chb. Weise comüd. 310; der prediger
wird dürr abgespeiset, man reichet ihm die besoldung auf
einem spänlein dar, zehlet ihm alle bissen in den hals.
Otho 995;
, will doch mit wein erst füllen mein flaschen,
auf dem weg meinen halsz zu waschen.
H. Sachs 3, I, 24f;
frist sie mit haut und haar in ihren halsz hinein. Wesexick
sjrielsieben (1702) s. 10; und mit dem nimpt er die eiger beide,
und schlecht sie uf, und schüttet eins nach dem andern zu
hals, i'lensp. 124 Lappenb.; nicht zu halse wollen, von schlechter
speise: so wenig einem, der beständig Zuckerbrot und andere
delicatessen genossen, ein haferbrei zu halse will, so wenig
wolte mir das bäuerliche leben gefallen, seltsame avanturen
(172S) s. 40;
kein essen wjl nicht gehen
zu halse wie zuvor. Opitz 3, 207 {ps. 107, 10);
bruder komm und iesz mit mir; haus und wirth {nämlich schnacken)
soll für dir stehn :
doch iesz nur den wirth , das haus möchte nicht zu halse gehii.
LoGAC 2, 93, 80;
nachdem ich ihnen so viel tausend reichslhaler, und so viel
fuder wein ihnen durch die halse gejagt hatte. Schuppius 231.
vergl. freszhais, saufhals.
b) den hals als sitz der stimme betreffend: köret den altar
umb , und schrie von halsz mit lauter stimm. Frank cJtron.
(1531) 7S'; könnt ihr das? ja wol sprachen sie mit vollem
hals. Otho 1350; und schrye . . mit vollem halse, pers. rosenth.
4.12; mit vollem halse lesen. 4, M; er sprang mit beiden
füszen die stiege hinab, risse die hauszthür auf, und rief
jenem mit vollem halsz. Happel acad. rom. 804; mit hellem
halse . . schreien, kalzenveit (1692) s. 67 ;
und wann er sang, so wars mit iust,
aus vollem hals und freier brüst. Hacedork 2,66;
dafür auch andere Wendungen: du treuer gott, wie schreien
oft gewissenhafte prediger . dasz ihnen der hals kracht.
ScRivER seelensch. 2,350; afferre cachinnos omnes, lachen was
einer von hals vermag Fbisius 167', wir sagen heute was aus
dem halse will; ihr alter andächtiger hals überschreit eine
ganze christliche gemeine. Rabeser 4,143;
so trillert jedem ohr
sein liederreicher hals ein gassenliedchen vor. üz 2, 84;
hierher auch ein Jägerausdruck: mit hals und hörn jagen, wenn
der Jäger seine jagd mit rufen und hornklang begleitet:
von bals und mit dem hörne
jag ich ze raangen stunden
in sän und oucn mit zorne. Laben jagd 446,
vgl. Weimar, jahrb. 3, 355 ; von einem guten jäger wiii' verlangt
dasz er laut von halse sei: und macht dahero die gesunde
und ganze lunge einen Jäger laut vom halse. Göchhalses not.
ven. (1741) b4'; als z. e., wenn er (der jäger) seine läufer,
holzhaucr, zimmerleute, oder andere Waldarbeiter, item seine
sich etwa an wildpret verjagte hunde. u. dergl. wiederum an
sich rufen will, da findet er, wie wohl ihm das laut voin
halse sein zu statten kömmt, b 5\
Wer befangen oder sonst beirrt ist, dem bleibt eine rede im
halse stecken, will nicht heraus: die oration blieb im halse
stecken und wolte nicht fort. Schcppius 34; umgekehrt, wer
gut reden kann, dem stäubt die rede aus dem halse: je sie
studieren und zulescn sich immer, dasz ihnen das lateini-
sche zum halse heraus stäubt, wie schimlich brodt. ScaocH
studentenleb. D 6*.
c) vielfach gebraucht ist das lügst du in deinen hals I «
soll angedeutet werdm , die strafe des lügens mnge auf den hals
iuritckfallcn nach dem giundsatze, dasz der mensch an dem ißicdo
255
HALS
HALSAB — HALSBAND
256
gestraft wird, KOtnü er t^unduß; diese strafe vutsi im erslicken
bestehen, denn man sagt sonst: wenn du an der ersten liige
erstickt w. liest, so lebtest du längst nicht mehr: herr, sie
liegen alle in ire hälsz. Bocc. (1580) J,4l'; er leugt in sein
halsz. WicurtAM rollte. 4l' (61,5 kurz); du leugest in deiiirn
haUz hinein alles was du sagest. H. J. ?. Braunschweig \Vi;
ich lüge entweder in meinen hals, oder es ist wahr, d.isz
er mich heliogcn hat. A. Gryphius (I69S) 1,SS4; sagt dus/i
alle .. in ihren hals hinein gelogen. SciiititR 1105;
das leugsl du, PoU, in deinen hals,
das leugst ilu al« ein schelm. Lessimg I, 16.
dafür sonst: das lügstu dein hals voll, ülensp. s. n Lappcnberq.
vgl. lügenhals, fluch, reruünschung und lüge gehen am eigrnrii
halse aus, fallen auf den hals des sie ausspreclienJcn ziuncli
{s. ausgehen 1, S7l): also ein unverdienter flnch trifft iiit.
also ists alles der Christen , d; inen auch ire fcind diem-ii
müssen, und in vermaledeiung wolsprechen und segnen, und
geht alles an ihrem hals nusz. FnA>K urltb. Il"'; wiewol es
an iren hals ausgeet und man diso arme Icut nit darum
verrolgen soll. 160';
must an irm halse ausgehen,
kunten mit lügen nicht bestehen.
Wagmkr untreu) Ev».
d) den leuten in hals kommen , machen dj man von im
sagt, tentre in sermonem hominum Maaler 20:'; einen der
weit in hals hringcn, und zu einem gespölt machen, mittere
aliquem in fabulas et sertiwnes das.
e) foUiendcs Sprichwort wird im texte erklärt:
wie im Sprichwort, hei unser zeit,
oft wird gesagt, wo jemand hett
etwann bei nach zuvil gcredt,
das er spricht, das war gut, dasz ich
ein langen halsz liet, sonsten mich
mein sprach bald übereilet hell,
das ich zuvil alhier gercdl. gnnskönig Gii*.
/) ein stinkender hals, dessen atem übehiechend ist, ans dem
halse stinken, animam foelcnlem habere Frisch 1,402", daher
als Schimpfwort du unllats halsz! H. Sachs 3,3,8'. in sehr
derber rede wird von einem menschen , einer sache gesagt , dasz
sie einem zum hülse heraus stinke, um den höchsten grad von
Widerlichkeit zu bezeichnen.
II. hals in übertragenem sinne.
1) für das den hals umschlieszende kleidungsslück , gerade wie
kragen beides, den hals und seine bekleidung bezeichnet; schon
ahd.: änu hals sine cucullo (superhumeralc) Graff 4,927;
nihd. diu sper da schön man brechen sach;
an bedcn heisen daj geschach. Flauend. 203, 20,
«a$ das kotier , den den hals umsclilieszenden Ihvil der rnstitng
meint; ähnlich ist der nach ADtLü>G in Oberdeutschland geltende
ausdruck ein hals perlen zu nehmen, er bezeichnet soviel perlen
als zur Umfassung eines halses {zu einer halsscliniir) niitig sind,
lolqende falle dagegen sind zweifelhaft, wie man einen heim
köpfe nimmt (6, 17.S5), so kann auch heim halse nehmen im
eigentlichen sinne gefaszl werden (vergl. oben 1,4.6 und c); da
aber das alldeutsche recht die Verhaftung eines Verbrechers derge-
stalt vorschreibt, dasz derselbe beim hnhkleide umiefaszl wird, ein
verfahren, das in England heule so weil verwischt ist, dasz nur
noch die schütter des zu verhaftenden berührt werden musz , so
meint die folgende stelle unter hals vtelteicM das halskleid: heiiwt
hee {cm Holzdieb) dan den vcirden hatiw, so sali in der
»orster myt dem hals ncmen , und sali in zo Flamersheiin
up den höeir breiigen. weLilh. 2, 6«*ti ; mögUcherweise auch in
folgendem :
ir wftren iwA in der stuhen,
mit einander »! in schuhen
hin m mit dem hals. get. ahcnl. 2, 231, 501.
2) hal», von halsahnliehen gegenständen.
a) bals an (aiteninstrumenten : hals an einer laute oder geige,
eoUutH tesludtnu vel fidium Frisch 1, 402'.
h) bals an etner flasche, einem gefasi : hals an einem glas,
Collum tUreae anipuUae Frisch 1, 402*;
ein hohl gefisie,
dran ein hals von kleiner grAiie. naoc»r.^ :. s^<k
man tv(t daher scherzend und mit beiug auf I, 4, d einer flasche
Ana ball lirerhen, ne austrinken.
e) hals in der baukunst: bei den doritehen und toskanischen
Mtulen ut t$ ein schmälet , durch einschnUle begrenztet glird
iwischen dem schafte und dem eapital ; an einem thnrm der theil
unter dem knöpfe: ich erstieg ganz allein den büchstcn gipfcl
des münsterthurms, und sasz in dem sogenannten hals,
unter dem knöpf oder der kröne, wie mans nennt, wohl
eine Viertelstunde lang. Göthe 25, 252.
dl hals als technuicher ausdruck verscldedener anderer geweibe :
hals an den raketcn ist der ort, wo sie am Zündloch gebunden
werden; hals am ankcr, der ort wo die arme mit der riUe ver-
einigt sind; bei den büUchern ist der hnls einer tonne der
schmalere Ihcil auf beiden seilen des bauches , neben dem obern
süwol als dem unlern boden. Jacobsso.n 2, rJ7' ; die flügel eines
schleusenihors haben einen hals, ein schmales glied oben, wo
sie befcsligt werden, s. halseisen 3, halsklammer, halsklauc ;
bals eines kellers, vgl. kellerhals 5,517; hals einer kanonc,
der theil hinter dem vordem ringe: ahmessen mit einem groszeri
gekrümmten zirkel, . . damit man also alle Iheile hinten hei
dem Zündloch, hei der nahen oder zapfen, und vornen hei
dem halsz, hiiilcr dem vordem ring, visirt. Böckier kriegs-
sclmle 104. 7h der anatomie ist bals das den gelenkkopf mit
dem Schafte des knochens verbindende schmale glied; an einem
bruchsacke der engere theil desselben, der ähnlicIikeU mit dem kaU
einer flasche hat.
3) hals, eine forllaufende schmale anhöhe, wofür nach Schm.
2,184 iK den setlc communi ein fem. halse gilt: die gellil•g^-
leiitc nennen häufig einen hals einen mäszigen hergrücken,
der quer zwischen hüheren läuft und sie verbindet. Stifter
Studien 5, SG. schon mhd., wb. 1,617':
durch den hals s6 gienc ein grabe,
einweder halb gescbroten abe,
durch ganzen vels gehouwen. Ilngrns heldenb. 2, 173.
hals heiszl auch die schmale erdzunge , durch die eine halbinsel
mit dem festen lande verbunden ist: wo sie auf dem hnise der
halhinsel ein fort anlegten. Heilmanns Tlmcijd. 515; Thapsus,
so eine halhinsel an einem schmalen halse ist. s. 898.
4) der Schiffer nennt hals, aber mit dem plural halsen, taue,
womit man die untern ecken der segel spannt und nach vom
zieht: hals des be/.aan'segels. .Iacohsson 6, 16.
HALSAK, wie kopfab 5,1770, kragab 5,1915, eigentlich der
befehl hals ab! halsab sive kopfab, Iruncatio , decollatio Stie-
ler 2; es heisset halsab, peiiculim capitis imminet das.:
leicht her Stangen und stahl
pesscr ist kenipleii, dann hals ab. fasln, sp. 509, 9,
wie schon mhd.:
ir habt gehört vor mancgcn ziten
bejjer kämpf den bals ab. Teichner 25 Knrnjnn.
HALSABSCHNEIDEB, m. eigmllich decollator ; in derber rede
nennt man so den wacherer, vgl. kopfahschneider 5. 1770.
HALSADER, f. 1) oder am halse: halsader fibra voc. inr.
llteul. hs*, DiEFENB. J32'; halsadcin /wac llEnERicn 1202 ; hals-
ader veno jugularis Steinhach 1,10; den pferden , wenn die
krankheit {mandelgeschwulst) noch neu, soll man eine hals-
ader öffnen, öcon. lex. 1507.
2) da ader der altern spräche überhaupt sehne, nerv bedetdet,
so ist halsader die sehne des hinlern halses, die diesen aufrecht
hält, und steht für den naeken überhaupt: .<o ahd. halsAdaia
posterior cervix Graff 1.157; mhd. halsader wb. 1. 10*; cervix
halsader Diefesb. tl.">'; diirac cen'icis homo einer starken hals-
adern Schm. 1,35 (2. aufl.); pertinax ein halszslarker, ein
harter halszcderiger Diefenb. 43ü'.
HALSAB REIT, f scherzhaft für die pein des hängens: Mar-
colfo, den man wolle hcngken . . erlangte, das er selbst
einen bäum, daran er gerne hicng , erwehlen m«~\chle; aber
es war ihm keiner gerecht: errettet sich also von der halsz-
arbeit. anm. ueishrit luslg. lüO.
HALSRAM), fi. Inrqnes, mhd. halsbant. für das neutrale
iieschlechl verwenden scItrift.-'trUer norddeutscher heimat das männ-
liche, nach dem zu band I, inOS bemerkten: tnrques ein gewun-
dener halsbandl. torqualiui de einen halshandl drecht ChytrXus
cnp. 42; sie liesz den heiligen halsband {den kragen nnrs
Predigers) fallen. Wirrm. lebensl. l, U. dies stimmt zu dem
brauche in dem millelfr,inku!chen , i. b. im gedichte Harlmeinet
42, 1«. 02, 34, «0 indes halsbant jenes um den hals i^eschlungene
metallene geflechl , einen theil der rüstung . be:riclnu-l , was sonst
halsbcrge' (.«. d.) heiszt. — Per plural lautet nel>en -l.rtnder auck
-bände, so bei Lither: schmückt sich mit stirn«pangen uod
halshanden. Hos. 2,13; vergl. auch unten 8. — Ua$ wrt steht
in mehrfachem 'inne.
257
HALSBAND — HALSBERGE
HALSBESTECKT— HALSBCRGE
25S
1) balsband an menschen, vorzüglich schmuckgegenMand der
frauen: halsbant torques, est ornamentum colli voc. ine. theut.
bs'; item mag ein edelfraw an ketten, deszgleichen an
heftlin, balsband und andern kleinoten, auszerbalb der ring,
auf zwei hundert gülden werlh, und nicht darüber, an ihr
tragen, refonn. fiuter polieey Augsb. 1530, xiv §7; das balsz-
band, gwundner balszring /or^M«, coUare. moniie Maaler 20S';
ein balsband mit perlen und edelgesteinen, monile margarilis
et gemtnis conserlum Steisbach 1, 219 ; wer einen weisen straft
der im gehorcht, das ist wie ein gülden Stirnband und gülden
balsband. spr. Sal. 25, 12. im rolksmäszigen scherze vird der
strick an dem halse eines Verbrechers ein hänfenes balsband
genannt: wenn ihr (ein vom galgen abgeschnittener) entdeckt
werdet, so könnt ihr noch einmal gehenkt werden, und ich
dazu, und wenn auch nicht , so habt ihr ein balsband an
eurem hals getragen, das für euch und eure venvandten ein
schlechter Staat war. Hebel schatzkäsü. (1S59) s. 192; denn
als ihm dieser {der henker) das hänfene balsband hatte an-
gelegt. .<;. 209.
2) balsband, die eiserne fcssel, die der gefangene am halse
Irä^: cdlariuni halsbant, balseisen Diefenb. 132*; cdlare, ein
halszband oder halszeisen. Serrancs diel. eS'; weg von der
metze, junge! . . wenn sie nur erst das eiserne balsband
um hat, wird man sie schon mit steinwürfen aufwecken.
Schiller kab. «. liäje 2, 7. vgl. balseisen.
3) balsband an thieren: numella , ein hülfzen ring, damit
man das vich an die kripfe bindet, hültzen balsband Dastp. ;
an den eseln , welche halftern oder halsbande tragen, pers.
rosenth. 7, 20 «. 91 anm. 1 ; hauslhiere tragen es auch :um
schmuck: die halsbande irer camelen. richter 8,26; das bals-
band mit dem glöckcben {eines lammes). Weisze kom. opern
1,154; halszband für die hund millus Däsyp. ; was wirt ver-
gebens gelts auf die zier und schmuck der hund, auf ge-
stickte und gewirkte kappen, leitriemen, halsbande . . .
gewandt I Spangenberg ja^ieu/'W, theatr. diabol. (1569) 313 ; E. gib
auf die deputirten räthe acht , die groszen goldnen ketten
stehen ihnen zu gesiebt — G. wie dem Schwein das bals-
band. GöTHE 8, 117.
4) balsband in der spräche der geverbe: bei dem bütlcher ein
reifen, der die dauben oben vorläufig zusammen hält, beim stück-
qieszer der vorderste gürlel nahe an der mündung einer kanone.
Jacobssox 2. 197*. halsbänder in der medizin heiszen die die
knochen des halses verbindenden haute.
HALSBANDEN, verb.. mit einem balsband versehen: wie be-
quemlich stund ein gehalszhandete kel under minem bar-
tischen antlitz. Cteill 6/. 27.
HALSBANDRING, m. millum, annuli numellarum canum.
Stieler 1649.
HALSBANDSCHELLE, f. schelle an einem halsbande:
als . . ein hund mit bellen
und rasseln vieler balsbandschellen
aus einer prennigscbenke sprang. Bcrgbr 32*.
HALSBEIN, n. l) hakknochen, genick, ahd. halspein coUicium
Ghaff 3,129, mhd. halsbein icb. l, lOt";
dö trat er üf einen stein,
und sluog in an das halsbein,
das es also lüte erclang. alld. blätler 1, 264, 43S;
das Tolk ist hertes halspains {durae eerricis). bibel 1483,49';
der hals- und rückenbeiner rei
hangt ja noch so und so beisammen.
A. Grtphics 1663 s. 488.
die formet richten über hals und halsbein bezeichnet die oberste
yerichtsbarkeit über das leben eines Verbrechers: muste man tedinge
halten von hals und halsbeine. treisih. 2.2; oberst grundt-
berren . . über balsz undt über halszbein , über dieb und
diebin. s. 162; zu richten über hals und halsbein. s. 166.
2) halsbeine, ossa duo a collo ad humeros extenso Stieler 124,
meint die Schlüsselbeine.
HALSBEINIG, adj. harten halsbeincs, haUstarrig : ich sihe das
dis volk ist halspeinig, lasz mich das mein grimm werd
erzürnt wider sie. bibel 1483, 48*, nach 2 Mos. 32, 9 : crnio quod
populus iile durae cervicis sit.
HALSBENDEL, m binde zum trdrmen des halses: fötale, ein
halsbendel, damit mann ein gute stimm machet, oder den
mann umb den hals ihut, wann einer heiser, ist, wann eim
der wee thnt. Alberls diel. cl*.
HALSBERGE, f ein Iheil der rüslung, ahd. und mhd. doppellen
qeschlechts , neben dem f. auch mase., ahd. halspirc und hals-
perga Gbaff 3, 174, mhd. halsberc und balsbergc vb. 1, 159*.
IT. II.
Die früher von Wacrernagel vertretene meinung, das mhd. hals-
berc aus albere 'der alles bedeckt oder birgt' entstanden sei, ist
in hinblick auf die ahd. form unwahrscheinlich und auch ton ihm
selbst wieder aufgegeben, es ist der theü der rüstung der mit dem
halse zugleich den Oberkörper deckt (vergl. hals 1 sp. 243), und
steht ursprünglich den beinbergen ocreae {ahd. bei Graff a. a. o.)
als den den Unterkörper schützenden gegenüber, das fcorl erscheint
noch in voce, des \h. jaltrh. als gebräuchliches: Ihorax halshemde,
halsberge, halsberch Diefenb. 588, aus einem voeabular von
1482 hat es auch Frisch 1,402' aufgenommen; spätir icird es
mit dem abkommen der rüstung ungebräuchlich und ist erst seit
dem 18. jahrh., trol zuerst durch ritterromane , erneuert worden,
es ist, icie begreiflich, nur bücherwort geblieben, oß ohne klares
Verständnis des alten sinnes angewendet: so wie vor der ge-
löseten halsberge die gräszliche wunde offenbar ward. Focotri
zauberring (1841) 3,145; der kämpe hatte seinen köpf unter
die hohe halsberge gezogen. Bechstein märchen 95.
HALSBESTECKT, adj.: demnach gerüst mit seilen und
prnstwehren von gedörrten, gereucherten, gesottenen, gepra-
tenen per omnes casus und species wursten, halsbesteckten
leberwursten. Garg. 54*. gezielt ist vielleicht auf die form der
wurst, indem der dorm an seinem ende in einen knoten, einem
köpfe vergleichbar, geschlungen trird, unter dem man die wurst
speilerl, sie mü einem dünnen holze durchsteckt.
HALsBEüLE. f. beule am halse: halsbeulen, mandeldrüsen
adenes Stieler 110.
HALSBINDE, f 1) halszbind ober halszgeschmuck, monile,
segmen Serrancs synon, 92'; halsbinde coUare Steinbach 1,222;
fasciola circa collum, linteolum a collo dependens Frisch 1,402':
jetzt führte man mich in die montirungskammer. paszte mir
hosen , schuh und Stiefeletten an und gab mir einen hut,
halsbinde und strumpfe, arme mann im Tockenburg 119 ; zu
gleicher zeit faszte mich der herbergsvater bei der halsbinde.
RiEHL cuüurgesch. noveilen 351. scherzweise wird in Franken und
Düringen eins hinter die halsbinde gieszen orfer schütten ßr
einen trttnk thun gebraucht.
2) nne klifffischart, chaetodon collare. Nemsich 2, 987.
HALSBR.\TE.N m. der streif wildprct neben dem Schlünde und
der luftrvhre. Beulen jagdcalechism. 254. ahd. hiesz es kelbräto,
mhd. kelbräte. vgl. kehlbraten 5, 395.
HALSBRÄUNE, f. angina.
HALSBRECHEN, n.: da fieng er wieder an zu wüten ..
dasz ich nichts anders als vom halsbrechen und bände in
blut Wäschen verstehen konte. Simpl. 1, 336 Kurz.
HALSBRECHEND, pari., ein nach der redensart den hals
brechen (,<jr. 246) gebildeler, wie es scheint junger ausdruek für
gefährlich: sich in halsbrechende gefahr zu geben, bärtigl.
frauenz. 48; dasz er sich alle augenblicke getraute, dieses
halsbrechende abenteuer zu nagen. Wikland 2, 203; ich habe
indessen einen brief von ihr selbst bekommen, worin hals-
brechende Sachen sind . nb. für den hals meiner modestie.
Sophie la Roche bei Merck briefs. 1, 31; kopfbrechend, wie
mystische grübler, halshrechend, wie genies , oder herz-
brechend, wie empfindsame romanschreiber dichten. Kant
7,200; aber es wird wohl eine halsbrechende arbeit sein,
den köpf wirds wenigstens kosten. Schiller läuber 2,1; wir
beide gabeln halsbrechend auf dem gelehrten bäume des
erkenntnisses herum. J. Pacl Q. Fixl. 201.
HALSBRECHER, m. collum seu cerricem frangens, effringens.
Stieleb 230.
HALSBRUCH, m. homieidium, nach den hals brechen .<!p. 246.
Haltacs 784. Steinbach 1, 197.
HALSBROCHIG, adj. was einem den hals bricht, zum tode
gereichend: di Undankbarkeit ward bei den Persern hals-
briichtig. Gregor Wagner untrew (1547) vorrede Bij; im ver-
botenen und balsbrücbigen duell ertappen und niedermachen.
Wiede«. april 1.43; oder sonst halsbrüchige rathschläge ge-
pflogen worden, december 63; so soll das landgericht ... nicht
des reichen, wann er gnug geld gibt, oder des armen, weil
es die Unkosten nicht austragen, in baisbrüchigen und baupt-
Bächlichen lästern verschonen. Hohberg 1, 35'; halsbrüchiges
laster. Lohessteis Arm. 2, 134 ;
ch weist, dasz mein beginnen
halsbrüchig laster sei. Sophon. 31, 344.
HALSBU.ND, m. der bund an einem mannshemde, womit man
da.^selbe oben um den hals hefesligl. Jacobsson 2, 198*.
HALSBÜRGE , m. vas . Sponsor pro aüero in re capitali.
Stiele« 163. davon halsbürgs^baft s. 164.
17
259
HALSBUSZE — HALSEISEN
HALSEISEN — HALSEN
260
HALSBUSZE, f. poena capüis: mit der halsbusze gestraft
werden. Frisch 1, 402', atu Sigismunds deutscher conslil. in
Pieuszen.
HÄLSCHEN, n. l) kleiner oder zierlicher hals: hälsgen coUum
subiUe Stieler 739; hälschen collulum Steinbacr 1,672; dieses
kind bat ein dickes hälschen; eine andere würde sich doch
noch zieren (beim ktisz), ein bischen umstände machen, aber
die Jungfer reckt ihr hälschen selber hin, wie ein täubchen.
KoTZEBGE werke 9, 326 ;
gncktest du nicht stets herum,
würdest inicli nicht sehen;
nimm dein hälschen doch in acht!
wirst es noch verdrehen. Ubl\nd ged. 31;
iween goldne ringe lieszen sie bereiten,
die man, den zarten tingern noch zu weit,
an bunten bändern um die hälschen hieng. s. 172.
2) hälschen, ein Ideines, den hals umschliesscndes slück der
kletdung, krägelchen, hahluch: als sie aber den sack meel nicht
hin zum bachtrog tragen konte, denselben auszuläeren, un-
angesehen sie sich daran abmergelte, dasz sie auch den
darauf liegenden schmierkäsz überall mit dem hälsigen zer-
knettet, und sich ohne ihr wissen damit besudehc. Simpl. 3,388
Kurz; die kragen (hälsichen) werden mit sicifsel (amedum,
kraftmehl) gestärket (gesteifet). Comenius sprachenümr von Doce-
Mics § 'iSl ; so viel aber die im lande geklüppelle (spüzen)
betrifft , soll ihnen zwar an halsziüchern , hälszgen, hemden
und schürzen dergleichen zu tragen zugelassen sein, der Stadt
Le^zig Ordnungen s. 480.
HALSDREHER, m. iynx lorquilla, der Wendehals. Nemnich
3, 276.
HALSDROSSELADER, f. vena jugularis {s. drosselader
2, 1437) : hieb ihm eins Streichs die halstrosseladern sampt
der weinstrasz bisz zum luftror ab. Garg. 256*.
HALSDRÜSE, f. mandel im halse, tonsilla: halszfrüsen
tonsillae Maaler 20S\
HALSDüCATEN, m. ducalen , der als Schaumünze am halse
g^ragen wird:
Richters Hanne dreht den halsducaten
recht verlegen an der schwarzen schnür.
Fr. Kind gedickte.
HALSE, f. 1) das halsband des leilhundes, woran er auf der
jagd geführt uird, mhd. halse wb. 1, 618" : (der jdger musz haben)
eine starke halse und ein gutes hängeseil , auf das er dfu
hund daran führen, regieren und zwingen könne. Heppe lett-
hund 472.
2) in oberdeutschen gegenden führt das kummet des Zugviehes
den namen halse: ein halsen, daran die rosz oder rinder
zeuhend, liellium Maaler 208*.
HÄLSEBRECHEN, n.:
ich war auch einmal jung, und auf ein hälsehrechen
kam mirs durchaus nicht an. Körner 3, 170.
HALSEIGEN, adj. von einem hörigen, über dessen leben der
herr verfügt (hals 4, f und g sp. 246. 249). Haltaüs 785. gegen-
salz ist halsherr, s. unten.
HALSEISEN, n. 1) das eisen mittels dessen der gefangene am
halse gefesselt ist (vgl. hals 5 sp. 250), mhd. halsisen wb. 1,756*:
columbar halseisen Diefenb. 133'; halszeisen coUare Dasyp. ;
ergibe deine füsze in ire fessel, und deinen hals in ire hals-
eisen. Sir. 6,25; und ire fessel werden dir ein starker schirm,
and ir balseisen ein herrlich kleid werden, v. 30 ;
ze lest müst wir in brisen
in ein starke^ halsisen. lieders. 2,235,896;
darnach euch auch der amptmann streit
und legt euch beid in die naischeissen.
H. Sachs 4, 3, 27*
(balsch-eisen steht hier für hals-eisen und zeugt für eine t^r-
gröberte ausspräche des auslautenden 6 in hals);
vergl. den hals erkenn Ich
in« eicen ihm, und weil er ungebührlich
lieh gegen «einen richter hat netragen,
fcbmeitz ich ihn in« vergitterte gclangni«.
H. V. Klkist terbr. krug, II. auftr.
Wurde der gefangene ühellhaler zur warnung iiffentlich ausgestellt,
so trug er zum zeichen setner gefangenschuß das halseisen, das
an der tchandsdule gleich befestigt war; daher kommt et dasi
pranger und halseinen oß in gletrher hedeutung gebraucht werden,
und dm letztere im sinne des ersteren steht: öffentlich an pranger
oder bal.izciten gesielt. Carolina \9k; das halszeisen oder
brangen, numrllae tertalile*, an das halszeisen oder broiigen
gcstelt, nnmellis publicis insertus Maaler 208'; er mus nicht
dastehen, als ein hübe am pranger oder balseisen geschmidet.
Luther 3,355; als an etlichen orten der brauch ist, das
man straft mit dem balseisen, lasierstein oder korb. Pauli 7;
o galgen! o sträng! o halseisen! o fcuer! A. (jrvphius 1698
I, 916; ich ersuche sie, den ehrlichen mann für sein meister-
stiickchen ein paar Stündchen ans balseisen stellen zu lassen.
67ei;/r. v. Lindenberg 2,49; dann wollte unser Barthel her-
fallen über ihn mit leibeskrafl, und zu schänden machen deu
mann, der ihn weiland ins halseisen bringen wollte, s. 163.
Et« halseisen wird auclt von einem Verbrecher ausserhalb der
gefangenschaß oder des prangeis gelragen , zum zeichen dasz er
sich einer missctiiat schuldig bekennt:
wie dasz könig Lucar haben wöll,
dasz er sich persönlich her stell
anf iinsern saal und sich purgir,
mit oidenlichem recht auszrünr,
wariimb er tmsern vatter erschlagen,
dicweil soll crs halszeisen tragen,
aiil dasz man ihn kenn desto basz.
Ayrkr 301* (1520, 12 Keller);
dasz sich eur majestntt für ihn stellen,
sich desz todtsclilags piirgirn sollii,
den sie an könig Triinipliart than.
die zeit sollt ihr auch tragen an
an eurem halsz selbst ein hals7.Pisoii.
305'' (IbT,, ö» Keller).
2) halseisen, eine nach dem halbkreise gebogene platte schiene,
die in den sieinniauern einer schleuse befestigt ist, um die schleusen-
thürflügel oben am halse zurück zu hallen. Jacobsso.\ 2, 198'.
HALSEN, HÄLSEN, verh. hrachia injicere collo.
Das ahd. braucht, so viel zu überselien, nur die schwaclie form
des verbums nach alten drei conjugationsarten, als halsjan, halsen
und halsöii (Graff 4, 92!>), von denen die letztere sich formell
zu ags. healsian fJehenIlich bülen , stellt, das mhd. zeigt neben
dem aus halsjan entstandenen schwachen helsen ein .ilarkes halsen
mit dem praet. hiels. und dieses prael. erscheint nach Birlinceh
schwdb.-auysb. wb. 217' noch im lö.jahrh. in bairischen quelUn ;
ein particip gehalsen ist neben gehalst mundartlich noch jetzt in
Kärnlhcn üblich, Lexkr 132. sonst sind dem nhd. nur noch
schwache formen des verbums gerecht , das öfter vorkommende
halsen geht auf ahd. halsun, halsen, das seltenere hülsen, helsen
auf nhd. halsjan zurück, eine form heischen filr helsen (vgl.
unlen «o. 4) zeigt vergröberung des inlautenden s. das worl rer-
scliu'indel, wenigstens in seiner einfachen form, seil dem l^.jatirh.
aus der Schriftsprache, lebt aber noch mundartlich fort, so auszer
in Kiirnlhen in Franken und Oberhessen, halsen Kehrein 183,
halsen Vilmar 146, scliwäb. halsen Schmid 258, bair. halsen
und halsnen Schm. 2, 183, auch niederd. sik halsen .«ic/i um-
armen Dähnert 166'.
halsen steht in verschiedenem sinne.
1) die eigentliche bedeutung beim hahe fassen tiilt nhd. noch
manchmal hervor:
halsen will mich eine kette,
soll ich denn gefangen sein?
V. Birkkn osll. torberhnin 3S8;
disz ist das eppichkraut, das den zu hoden wirft,
den es umbarmt und halszt. Lohkkstkin Ihiati. 37,372;
der ephcw soll umhrangen nichts so sehr
als eure arm euch halsen beide, nnm. weish. tuslg. 649.
2) das letzte beispiel U^el über zu der bedeutung sidi kosend
umarmen , liebkosen : und zu ihm gienge und in hUlsel. Bocc.
(1580) 1,79*; halse und uinbfahe diu Lucrelia. Wtle tränst.
51,38 Keller; es wer dann daz ich dich euch nuichl halsen
und mit minen armen umbfahen. 45,38; hals mich doch,
mein freund , ha so umbfang du mich für meinen segen.
Garg. 240' ; er dankt im deiszigklich und halst ine durch
grosze lieb i4tflion bog. xl; sie halset die fürsten. daselbst;
gleichwie zwei creatiiren, die in groszer liebe sich mit ein-
ander halsen oder würgen. J. BruiNK i4uiora {Slutlgarl 1835)
s, 150; ich küsse dich, wie Simeon , ich halse vdich, wie
Maria. Othü 1312;
mit di-rer ich sch&lzchen und herzchen mich hetsxe, . . .
mit der ich mich hal«e, mit der ich mich paare.
LocAii 2, 12«, 34;
reit' weiter? und ich hah ihn nicht gehal.st,
gedrückt, geküsit, vor liebe nulgcrre.-i.scn?
TixcE Oi-invian 2. 2. act, itchlutt.
Das halsen auch ausdrurk der bewillkommnung : und da er «ie
kommen sähe, er aliindt auf und reicht in die handt und
sprach zu Hejnharlen: haben! kein Verwunderung danimb
das ich euch nil helsen , dann mir ist fast we. Aimon bog.
261
H.VLSEN — H ALSFLOSSEB
HALSFRAÜ — HALSGEKICHTSZEICHEN 262
m iiij ; da stundt Magis von im {ilem pferd) ab und hälsel
Beinharten gar freundtlichen. bog. o; und ging zu inen, sie
von liebe freundllich üalsent. bog. oj; ward er seiner büch-
lich erfrewet und halsel Beinharten zu yil malen, bog. s ij.
Formelhaft iind oft verbunden halsen und ki,issen ii. ähnl. :
auf stunde, zu im ging, in halset und an sein «ang küsset.
Steixhöwel 100,26 Keller; einander zu küssen und halsen.
kriegsbüchl. d. frides 71; halsen und küssen, uegkiirzer :t3'; sü
wil ich dich nit für die lang weil halsen und abschmatzen,
dasz ein art hat. Scbwabe lintenf. 62 ;
und halset und küsset in an ain packen,
und ward in in den tiindern zwacken, fustn. ap. 325, 4;
ich habs oft selber gehalst und gekust. 733,27;
umb den verwunden herrn er arm iiiul bände schhig,
und ihn bisz an den raiid gedachten bninnens trug,
er batt und fängt ihn an zu halsen uiul zu küssen,
er werde ja nunmehr von keinem zorne wissen?
D. V. D. Werder .4riost 23, 171, 5;
kommt tretet näher her, das schöne kind zu grOszen,
zu tragen auf der band, zu halsen und zu küssen.
Opitz 3, 199.
3) dasz halsen auch eine obscöne bedeulung erlangt, liegt nahe:
halsen, mit einem weih gfatlerlen, coire, fovere aliquam .Maa-
LER 208'; so auch schwäbisch halsen Schmid 25s; auch die
folgenden stellen der faslnacMsspiele icerden hierher fallen:
ain lippenlapp, der niht kan besinnen,
das frauen lieber helsen, dan spinnen. 316, 23;
niemant sol si helsen,
wann ich, die lieben Elsen. 397,28;
ich mein ir seit gewest pei edelleuten,
die wol künnen halsen und treuten. 66!), 17.
4) vielleicht hat halsen auch einen allgemeinem sinn ange-
nommen, sich zuwenden, anhängen : will ein weih haben, das
ihr mann ein kind mehr liebe dann das ander, so geh sie
iiim zu essen beide zypflin von den ehren seines hunds, die
ein heischet [ihm?] und die andere heischet dem kind. so
sollen sie sich so iieb haben, das der ein von dem andern
nicht soll bleiben können, des Spinnrockens evantielia 1568 G l'.
5) die mundartlich schwäbische bedeutung von halsen, jemand
zum geburtstage glück wünschen (Schmid 258) fuszt wol auf der
silte des um den hak fallens und stelU somit zu oben 2 in ver~
bindung.
6) ftrn dem bisherigen liegt halsen, ein schiff durch die halsen
ror den wind bringen {vgl. hals II, 4 sp. 256) : es vvurde mög-
lich, das schiff westwärts zu halsen. Weseizeilung ; daher büd-
lich: in einigen (wOrlern) der art, wie in der partikel als,
wird es sogar wenigen gelingen, eine kürze herauszuhalscn,
F. Ä. Wolf Horat. l. salire (1813) 19.
HALSEN, HÄLSEN, n. der substantivisdi gesetzte inßnitiv des
vongen, gewöhnlich in der bedeutung 2: sölich süsz küssen und
halsen. Wyle tränst. 52, 6 Keller; als aber sy zwüschen halsen
und küsen iren Euriolum recht erkant, redt sy. 49,2; da
ist ein liebliches und heiliges halsen, küssen, schmecken,
fühlen, hören, sehen und riechen J. Böhme /luroro (S/ui/j. 1S35)
i. 159; dasz sie ihn mit ihrem liebkosen, guten werten, hal-
sen, henen, doch falschlich betrogen habe. anm. weiszheit
lustg. 649; diese macht nachmals dem herrn schultheisen
ilurch küssen und halsen eine solche opinion , dasz der
lienkermäszige vor einen Agamemnon und tapfer officierer
gehalten wird. Schlppiüs 531 (not 1,501);
denn was kan doch sie nicht, mit lachen, schimpfen, scherzen,
mit ihrer freundlicbkeit, mit halsen, küssen, herzen
erlangen? Ron«AS!» tust. poet. 77.
Äiich in obscöner bedeutung: das halsen, fleischliche gespill-
schaft mit einem weih, coüus venereus Maaler 208*.
In Schwaben heiszt halsen auch ein zum geburtstage gegebenes
geschenk (Scbmid 258) nach der oben 5 gegebenen bedeutung des
verbums.
H.\LSENTZLNDL)NG , f. entzündung des inneren halses: an
halsentzündung leiden. Ehruart viediz.-chir. zeilg. 1828 J. 222.
H.\LSEB, m. buhle, mhd. heiser wh. 1,618*: weil du geredt
hast, er »eye der arbeitsamest halser, und dein rechler ehc-
mann. L. Thurneisser nothgedrung. ausschreib. (I5S4) 3, 102.
H.\LSFEDER, f. feder am halse: halszfaderen an hanen,
die sy im zern streüszend, jubae galUnaceorum Maaler 2ü8'.
HALSFESSEL, f. collare ferreum, boja. Stieler 438.
HALSFLOSSER, m. jugularis pisds , ein fisch bei dem die
bauchßossen vor den bmslflossen sitzen. Nemnicb 3. 203. s. kehl-
Ou^ser,
HALSFRAU, f. herrin über leib und leben, nach halsherr
i (s. unten) gebildet: unterdessen wäre es genung, dasz sie
meislerin der armenischen grundgesetze, und also ihrer aller
halsfrau worden wäre. Lohexsteix Arm. 1, 311 ; den ärzten, . .
deren Unwissenheit durch unsere hinrichtung sich erfahren,
; ihre Verwegenheit aber sich zur halsfrau über unser leben
macht. I. US.
HALSFCLLEN, n. das vollfüllen des halses {vgl. hals L U, a
' sp. 254), unmäszigkeit : du hast dir, wie ich höre, an deinem
; halsfüllen nicht noch genügen lassen. Butsciikv kanzl. 384.
I HALSGEBEI.N, n. genick, knochengerüst des halses. wie hals-
I bein 1 [sp. 257): trifft es (das gerichtliche verfahren) aber ein
halsz und halszgobein, so wysen sye das dem hochgerichte
zu. weisth. 2. 77.
HÄLSGEFÄHRLICH, adj. gefahrbringend für das leben (hals
I. 4. 3 sp. 249):
wos halsgefährlich ist, da stellt mich hin!
Schiller 531.
HALSGEHÄ.NGE, n. schmuck der um den hals hängt: ich
begehrte von ihr .. zwei ohrgehäng, ein köstlich halsgehäng,
das sie eben anhatte, ihren gürtel und liebsten ring. Simpl.
3, 135 Kurz ; balsgehänge von schaupfenningen zum äuszern
schmuck. Dya Na Sore 2, 279 ;
zart edle frau so ist mein bitt, . .
mir, eur dabei zu gedenken,
eur balszgeheng zu trafen schenken.
Atrer 460' (-2315 Keller);
aber, junker, das halszgbeng mein
das gib ich euch. itas.
auch in der form halsgehenk: die morgenlufl flosz wie ein
kühles halsgehenk auf seinen beiszen busen umher. J. Paul
Hesp. 1, 126. — am halse getragenes amulet wider krankheitcn :
halsgehänk, wider krankheiten, amuletum Hederich 1203.
HALSGEKRÖSE , n. nannte man scherzend den vielgefalteten
spanischen kragen, den man einem gekrOse verglich : ein Wäscherin,
die dergleichen abscheuliche halsgekröse zu bereiten pflegte.
J. Praetorics saturnalia (1663) 370.
HALSGEPRÄNGE, n. vioniüa. Stieler 1474.
HALSGEBICHT, n. in zwei bedeutungen.
1) die befugnis über den hals {sp. 246) zu richten , obere ge-
richtsbarkeit : daz gerichte über schulde, gulde und bruche,
mit dem gerichte des bluts, daz man nennet das halsgericht?.
Haltads 785; die .\ii tafeln übertrugen die halsgerichte an
sie als die allgemeine nationalversammlung. Nieburr 2,361;
das wollenvieb und hirsch und stiere
gehörten vor sein [des teopnrden) halsgericbt.
Hageuorn 2, 130.
2) das gehegte gericht selbst: {Verordnung) halszgericht be-
ireffend. Begensburger reichstags-abschied 1532, iii; indem aber
Ungermann an das hebe peinliche halszgericht gewiesen.
Happel acad. rom. 648 ;
was hfib ich nicht vor straf und sträng und glut verdienet!
ach leider! flel ich bei dem tollen halsgericbt?
A. Grtpbics (1663) 413;
kein armer Verbrecher fühlt mehr schwulität,
der vor bochnotbpeinlichem halsgericbt steht. Borger 66'.
auch in freierer anwendung: was gehen mich itzt die arm-
seligkeiten des Stils und theaters an, itzt da ein so schreck-
liches halsgericbt über mich verhangen wird? Lessi.ng 10,175;
. . feit trewis in eottes zorn
und in das ewig balsgericht.
B. Ri>cwALO taut. wnrh. 33.
HALSGERICHTSBARKEIT, f. jurisdiclio criminaUs. Haltads
785.
HALSGERICHTSHERR, «i. eigner des halsgerichts.
HALSGERICHTSOBDNUNG, '/". Ordnung eints halsgerichts;
tnsgcmcin und damit das gesetz Carls V. über die handliabung des
peinlichen gerichts von 1530 und 1532 bezeichnet, das sich zwar
tm tfxt selbst nur peinlich gerichtsordnung nennt, von dem aber
der tiiel halsgerichtsordnung sonst ofßciell ist: der halsz- und
peinlichen gerichtsordnung halben, abschied des reichstags zu
Augsburg 1.530 §97; nachdem auch die halsz- oder peinlich
gerichtsordnung auf jüngst gehaltenem reichstage zu Augs-
burg für die hand genoinmeu. absch. des reichst, zu Regensburg
1532, in; dasz gedachte halszgcricbtsordnung in truck gegeben
. . . werde. daselb<;l.
HALSGEBICHTSZEICHEN, n. abzeichen eines halsgerichts.
Haltal's 785. als solche dienten stock und galgen , die an dem
orte aufi)i'rirhtet uiirrlen lirr die hnhqericht.' rirlnl ho'a'^z.
IT»
263
HALSGERINGELT — II ALSUEM
ilALSHERSCIlAFT — HALSKULLER 264
HALSGERINGELT, adj. am hdse mit ringeln versehen : Ualsz-
geriaglete tuub, die ein schön ringle hat umb den halsz,
lurqauitis palumbus Maaler 208\
HALSGERUCH, »i. graveolentia oris. Stieler 1530.
HALSGESCHMEIDE, n. torques. Stieler 1880: ein kirsch-
Laum, aus welchem das brüst- und lialsgeschnieide eines
blühenden jelängerjeiieber wie eigne blüthe hing. J. Call
fiegelj. 1,103.
HALSGESCHWÄR , n. l) eüerung der hahdrüsen: halsz-
geschwär, anliades , tonsülae Dasypüü. ; halszgescLwür anlias
Serranos synon. 92*; anlias halszgeschwer, mandelgeschwer
diction. b3'.
2) bräune, atigina. Diefenb. 35*: dienet auch wider das
sorgliche halsgeschwär, anginam. TAiiERNAEinoNT. 448.
HALSGESCH WULST, f. geschwuht des Halses, sowol des
äuszern, als des inncrn ; halszgeschwulst angiiia Diefenb. 35*.
HALSGESCHWÜR , n. gescitwür in oder um halse. Aüell'sg.
H.\LSGEZ1ERDE, n. halssclimuck : halszgezierd, halszbaud,
das man an den halsz henkt, monile Maalek 2os'.
HALSGICHT, f. giclü und davon herrührende lähmung des
halses. Adelung.
HALSGOLLER, s. halskoller.
HALSGRUBE, f. grübe am ende des halses nach der brüst:
das oberkleid, das von der schulten zum eilenbogen herab-
hangt, ist unter der balsgrube zusammengeheftet, daher die
Schulter eingehüllt. Guthe 39, 23.
HALSGÜRTEL, m. gürlel, kelle mj« den lials: lorques hals-
gurtel, nd. halsgordel Diefenb. 589'.
HALSHAAR, n. mahne: halszhaar an rossen juba Maa-
ler 208*.
HALSHAKEN, «i. plur. die mandeldrüsen im halse, wegen
ihrer abhängenden und gebogenen form: hat über sich an dem
menschen vom gaumen herab das zäpflein hangen , und zu
beiden seilen die mandeln (halszhacken, tonsillas). IL Scuaevii
analom. abrisz bei Würtz, wundarznei s. 34.
HALSHEMD , h. fiemd das vom hals nur bis über die brusl
reiclit, wo es vom mieder zusammengeliallen wird; in reicher aus-
slallung schmuckgegensland der frauen: auch sollen frowen und
junkfrowen, burgerin und invvonerin dieser statt, hinl'üro nit
mer tragen einich halshemhd, das mit gemechte und aller
ander zierde und zugehorung über zwen guldin cost oder
werdt sei. l^ünib. polizeiordnung 9' ;
auch so hast du mir jbene wochen
ein halszbembd in der wesch verlorn.
H. Sachs 1, 512'.
HALSHERR, m. herr über den hals- oder leibeigenen: mit
reisen, sturn (steuern), butten und verholten und aller pflichl,
so dann ein leibeigen mensch seinen balszherren nach dem
landsbrauch schuldig ist. Haltaus 78C ; sturb er dann (der
eiyenmann), so soll unserm gnädigen herren von sant Gallen
und sim gotzbus der beslho|)tfal werden vor desselben ab-
gangnen halsherren. weislh. 5, 145 (von i4Ss) ; hinwiederum
vermeintend, die Turtaler Schwytzer werind ire landlülh, und
nit halszherren. Blllincer 2,15; daher spreiszlen sie aber-
mals ihre federn, und schärften ihre sebeln wider die römi-
schen landvögte, oder vielmehr schärfste hulsherrcn. Loiien-
stein Arm. 2,75; und umb nur an unsern feinden gütige
halsherren zu haben. 2,290; gesinde, heuerleiile, leibeigne
und solche menschen . . welche zur zeit der Werbung nicht
frei und ohne Widerspruch eines halsherrn aufgefordert werden
können. Moser patr. ylianl. (1798) 3,255;
der mintte von dem rolk ist halsherr des tyrannen.
A. GiiTPHius (1098) 1, 79i
kein bebend sclave zittert,
wenn sich aur seine scbuJd sein tiaiszhcrr hat erbittert,
in seinen fesseln so. Lohcnstiin Ibiah. 33, 170.
m demiUiger ge$innung nennen toyar bürger der freien reiclis-
stadl Rolweil den kaiser ihren haLslierrn: de.slcr williger und
gewisser wollen mir och allzyt sein, wu dio kay. ml. unser
allergnedigsler natürlicher halgzherr und landsfürsl uns zu
schimpf oder ernst gepruiichen woll. Mone anz. 0,105 (v. 15U).
Dem iialsherrn gehört dir ausübung dir obersten ijerichtsbarkeil,
er ist Inhaber des halsqericbls (np. 202) : dtMii abt als ihrem
recbirn nalurlichen erb-, grund-, leben-, slap- und uberslcn
halshenn. Haltaus 780.
Quellen des 10. und M.jaltrh. übertragen das fremde lyrannus
durch kalsberr: baNzherr, wUlericb, tyrannus Maaleh ios*;
unlfideulicber baUzhcrr iiäuleundus lyiannus, eiii*^r dt-r ein
halszherren und tyrannen umbbringt, tyrannicida das.; stock-
meistcr, halszherren, wüttrich, tyrannen, blulhund. Fiscuart
gioszm. 70; halsherr, u/i tyran, tyrannus diclionar. (Genf 1095) 15j.
HALSHERSCHAFT, f. lyrannis, la lyranie. diclionar. (Genf
1095) 155.
HALSHERSCHER , m. tyrannus: der tyran oder halsz-
herscher Dionysius. Fischart eliezudUb. 33.
HALSHUH.N, n. huhn als zins eines haheigenen an den hab-
herrn. Haltaüs 780.
HÄLSING, HÄLSIG, vi. strick, seil, mhd. helsinc strick zum
hängen wb. 1, 018': laqueus haising Diefenb. 319*; bälssing
reslis , laqueus Maaler 205'; mit einem bälssing oder strick
erwürgen, animam laqueo claudere daselbst ;
eh das solchs weeren kan der hirt,
das viech vom hälsig ledig wirt. ftKBMüiN 40t).
IIALSJOCH , n. joch was den ochsen um den hals gehängt
wird: man hat (vom joch) zweierlei arten, nemlich balsjoche
und kopijoche. ein halsjoch bestehet aus zwei langen, oben
und unten mit riegeln zusammengefügten holtzern , welches
einem ochsen um den hals gehänget wird , also dasz ein
ieder ochse sein besonderes joch hat. Ocon. lex. 1131.
HALSKAl'PE, /■. 1) die kappe, Iheil der menschlichen kleidung,
die mit dem köpfe zugleich auch hals und schultern deckt (s. kappe 5,
llieil 5, 191): cucullus , cucullio balskapp Alberus diel, liij*;
cucullus ein gugel oder halskupp Dasyp.;
ausz meinem teil (des luclws) icli mir denn mach
ein halskappen den winter kalt. II. Sachs 5,351';
man sielU wie die halskappc den zweck hat gegen die unbilden der
willeniny zu scliülzen, Ayrer kann datier bildlich sagen :
ich hab mir ein gute halszkap an,
das ich vor im wol bleiben kan. 118' (597, 17 Keller),
d. Ii. ich weisz mich wol vor ihm zu wahren.
2) halskappe bei den fferden ein Überwurf, der den hals vor
den Stichen der inseclen schützen soll. Adelung.
3) halskappe für halssack, x. d. letzlere, offenbar wegen der
sackförmigen geslalt, die die kapi>e als kopfbedeckung halle.
HALSKETTE, /. iMe um den hals, vorzüglich schmuckgegen-
sland: monile, ein halszband, hulszgeschmuck, balszketten,
das man an den halsz henkt. Serranüs diä. pl'; du hast
mir das herz genomen , meine Schwester liebe braut , mil
deiner äugen einem , und mit deiner halskelen eine, hotul.
4, 9 ; hier diese halskctte, diesen ring, mehr buh ich nicht ;
da nimms ! Fr. Müller 2,137; ich habe nichts als die silberne
halsketle von meiner seligen muller. Kotzebue teerte 9,220;
damit in der goldenen halsketle der liebe kein gelenk ab-
ginge. J. Paul Hesp. 4, 153. — diniin. halskeltchen. halsketllein.
HALSKISSEN, HALSKÜSSEN, «..- halskuszen cervical voc.
ine. Ik'ul. h s'.
HALSKLAGE, f accusalio capitalis. Haltaus 780. vgl. hals
L 4, f sp. 240.
HALSKLAMMER, f klammer durch welche die sehleusenlhor-
ßügel oben am halse befestigt werden. Jacobsson 2, 198*.
HALSKLAMPE, f. klumpe (s. 5, 942) zur befestigung der halsen
eines schi/fes. Jacobsson das.
HALSKLAUE , f. gekrümmies eisen am halse der scldeusen-
Ihorflügel zum festhalten derselben (Jacobsson), dasselbe was hals-
eiseii 3, halsklaminer.
HALSKLEID, n. kleid, was mil dem halse zugleich den uber-
küiper deckt (sp, 243), oberlrieid . namentlich der frauen : sein
ehewcib in ihrem besten halsklaid. Scum. 2, 183, wo noch
mehr belege.
HALSKNIPFEN, n..* das würfelknipfcn bringet halsknipfeu.
GuHPELziiAiHER de excrcU. acad. 350. die würfet knipfeu hiesi
beim Sfiiel sie betrügerisch behandeln, s. 5, 1435, die form wecItscUe
mit knü[ifen, daher das Wortspiel, weidies Fisciiart in ähnlicher
fassung gewährt: würfelknipfer , die nachher uieister Bartel
(der heiikrr) knipfct. gioszm. 88.
HALSKNOPF, »i. knöpf in der halsgegend eines kleidet: wenn
signora die silbernen halsknOpfe ihres schwarzseidenen kleides
eiilliäkelte. IL Heine werke 2, 208.
IIALSKNÖTLEI.N, n. der knoten oder kröpf des menschliclwn
halses, franz. nucud de la gorge: aus dem folgt nubii, dutz
er in den hals kompt und setzt sich zum krgpf, das ist zum
balsknödlcin. I'aracklsus op. 1 (loio) 289 c.
HALSKOLLER, m. und n. hahkUid , kragen um hüls und
brusl, eine eigentlich lautohyi.<iclw zusummensetzung , indem dem
fremden aus collare entstandenen wortc das driilsJie hals zum
bessern Verständnis vorgesetzt ward, die form schwankt ucrschie-
265
HALSKRAGEN — HALSPANZER
HALSPERLE — HALSSCHMUCK
26G
dentlich (cergl. koller 5, 1614): von einem wollen halskoller
j gr. Letpz. stadlordn. 1544 Bs"; des halszküllers. Cyriil 27;
Lalsgüller mammillare Hesisch lii7S; epicolarium halsgoller
(unter den neugemachteii laleiniicheii Wörtern). Gary. 141'; auf
ein ander mal nam ich darzii der jungfrawen halszgolter und
uberuiiiter. 13(i'; nvck jetzt wird im nassauischen der halskoller,
ein waitierler unlerwamms mit niedrigem steifem kragen, hier und
da von bauermädchen getragen. Keureix 1S3.
HALSKRAGE.N, m. kragen um den hals, ein theil der klädung:
halskragen coWa/e Steinbacu 1,924; frülier auch Ifieil der rüslung :
(liesz er) d; zeughausz, wie dj römisch capitoli zum unfriden
aufthun, hämisch, halszkragen, ringkrügen, kraut und lut . ..
ausztheilen. Gary. 100'; hingegen der münch versatzt ihm
mit dem creutzstock so ein unsaubers zwischen den halsz und
halszkragen aufs acromibein , dasz er ertaubet und schwin-
delet. 254*. Vögel, fische, Schnecken haben einen halskragen, der
theils durch längere federn , tlieih durch schuppen , durch häutige
auswüchse u.s.w. gebildet wird. Nemnich 2,1102.
H.\LSKRAL'SE, f krause die um den hals getragen wird: ach
nein nein, da ist die kappe und die halszkrausze darzu. Cur.
Weise comüd. 336; er besieht sich im spicgel, zupft die hais-
krause zurecht. Kotzebue werke 9, 41. im scherze für henker-
strick, tcie halsband {sp. 257): wenn er (der henker) manns-
und Weibspersonen die bänder ümb die arme, wie auch die
runden halszkrausen von hanf allzu feste gebunden. Cur.
Weise kurztveil. redner (l681) s. 79C. — An einigen orten tragen
lutherische geistliche noch die hohe und vielgefällelle haiskrause,
ein Überbleibsel der spanisclien tracht aus dem ende desiG.jahrh.
HALSKR.\LT, n. name mehrerer pflanzen.
1) der campanula trachelium oder ceivicaria, glockenblume :
halskraut, zapfenkraut, nackenkraut. Oeliiafes elench. plantar.
(1643) 12; chamaedaphne , zapfenkraut, halskraut, heckenblat
Alb. DD 2'; halskraut hat seinen namen daher das es zu den
weetagen des balses seer dienstlich ist. Fccus hist. stirpium
(1542) C. tG4.
2) auch prunella vulgaris, gauchlieil, führt den namen huls-
kraut. Nemxich 4, IOC'.
H.\LSLÄH.MIG, adj. mit noch lahmem halse, der den köpf
noch nicht frei bewegen kann : und (die kinder) so halszlamig
ungwisz tasten. Fiscuart anmanung 'i.
HäLSLäSTER, n. schandlhal die am leben gestraß wird? vgl.
hals sp. 246 : die mit ofifentiichen halszlastern beladen sind,
als Zauberer, gotslesterer, Wucherer, dieb, rauber, mörder,
knabenschender, kindvertrucker. S. Fraxk chron. 3SS'.
HÄLSLEIN, ti. kleiner oder zierlicher luüs: häislein collulum
Steinbacu 1, 672;
(ien aim lie; er slifen,
und leite in under ir helselin.
H. V. Fkkib. Triitan 755;
darzu hat auch die wolgeboren
ein tiälslein und eiu kehlen weisz. H. Sacus 5, 33ü*.
H.\LSLING, HÄLSLING, m. strick der zunächst dem umlegen
um den hals dient: helszling, strick, iaq«e«i Dasvp. ; item und
wenn ein herr ze Constanz wil ziehen über den Arieberg zu
einem pabst, so sollen Engkwiller im einen süumer khoffen
um fünf pfund pfening, fünf Schilling pfening, minder oder
mehr, den sollen sy ihm geben an einem halszling ohne
satel und zouni. weislh. l, 2S5. s. hälsing.
HALS.MANTEL, m. kurzer, hals und brusl deckender, mieder-
artiger Überwurf von leinwand : ein halszmantel, gOller, ami-
culum Dasyp. 290'; halszmantel humeralc .Maai.er 20>'; hals-
mantel strophium, amiculum linteutn Stieler 1226; zu dem
andern so seind es die weichen tüchlin, halsmentlen, die
sie (die frauen) under den wullinen rücken tragen , bringen
nutz, dasz die ruhe (rauhigkeü) des rocks sie nit beiszet.
Keisersberg vom kaufmannsschatz 96'.
HALS.M.\RTER, /". ; verlibten die halsmarler bald ange-
hangen, ist am rälhlichsten. Butschkv hd. kanzl. 233; dafür
steht nachher der kinder geilheit einen gebisz bei Zeiten ein-
legen. Es scheint also eins jener gebisse gemeint zu sein, welche
der Zügelung junger wilder pferde dienen und dazu, wie die
kandare, eine kinn- oder haUkette mit verwenden.
HALSOFEiN, w. stubenofen mU einem halse, vermittelst dessen
er von auszen geheizt wird. Adelu.nc.
HALSPA.NZEH, m. theil der rüstung , die hals und schuitern
deckt, wie halsberge: derwegen und dieweil ihn Florestan
blosz vermerket , versetzt er ihm zwischen dem heim und
halszbanizer solchen streich, dasz er ihm das haupt für die
lusz danider schlüge. Amadis 430 Keller.
H.^LSPEHLE, /". perle die an einer schnür um den }ials ge-
tragen wird: du .. zähltest deine lialsperlen. Fr. Müller 3,32".
H.\LSPFE1FE , f leichtes folterinstrument mit einem runden
loch, das eines verbiecliers hals enge umscidosz:
daruiub du solst deinem weib sagen,
sie soll dich hinlort nicht mehr schlagen,
. und dich berr lassen im hausz sein,
oder mau soll sie legen eiu
in die haläzpl'eilTen oder geigen.
AiRER 3b6' (1938, 26 Keller).
HALSPOLSTER, m. und n., gepolstertes kummet des Zugviehs:
lumex halssbulsterlin Diefenb. 5S7'.
HALSPROCESS, »i. process der an den hals geht (sp. 247),
piinlicher process : nach dem, was ewr. excellenz mir von dem
auftritt in seinem hause gesagt haben , wird nichts leichter
sein , als den vater mit einem halsprocess zu bedrohen
Schiller kab. u. liebe 3, t.
H.\LSPULSADERN, f. plur., cariAides arteriae, die ädern xu
beiden seilen des Halses, die das blut dem yelärne zuführen. Nem-
Nicu 2, S94.
HALSRICHTER, m. richtet über den hals (sp. 246), oberrichter:
zu einem schultheiszen , welcher sonst genennet wird ein
landtrichter, oder aber ein halsrichter. Reuteb v. Speir kriegs-
urdnung 35.
HALSRING, m. ring um den hals, mhd. balsrinc wb. 2, 1, 70S*
Uieils als schmuck: torques halsring Diefe.-^b. 589'; theils zur
lesselung eines gefangenen : halszring so man den gefangenen
anlegt, collaria Maaler 20S*;
wand ir sun gevangen wart
und bevestent vil hart
in kerker und in balsrinc. yes. abent. 3, 470, 11;
theils um den hals von thieren gelegt: halszring so man den
Jagdhunden anlegt, mitlum .Maaler das. ein natürticher hals-
ring, von andersfarbigen federn gebildet , ist mehreren vogelarten,
z. b. der ringeltaube eigen.
HALSROHR, n. Schlund, Speiseröhre: darauf wissen, das
unser mag, das ist der erst m»g, um halszroLr hangend,
allein von einander scheidt das da faulet. Paracelsl's upp. i
(1616) s. 51 C.
HALSROSE, f. heiszt im miltelrheinischen und weslerwdidischen
eine grosze malve. Kehrei.n 1S3, es ist wahrscheinlich nur die
umdetäschung ihres fremden namens, alcea rosea.
HALSSACHE, f. mhlssache, die für den besdiuldigten an den
hals geht {sp. 247), peinlicher process: in haissachen, wo ein
verbrechen gegen die gesammte naiion gerügt ward . . be-
schlossen sie (die centurialcomitien) allein. Niebchr 1,535. audt
freier, sacke von Wichtigkeit und gefährlichkeit : ich wette, es ist
eine kleinigkeit, und der alte wird sich einbilden, dasz es
haissachen sind. Lessi.ng 1, 39S.
HALSSACK, m.: mantica, ein halszsack oder halszkap, die
foinen und hynden abhangt, wadsack. Serranus dict. o l*. in
der Wetterau gergelsuk, gärgelsack, zwerchsack. der name
halssack ist offenbar daher, weit er auch um den nacken ge-
hangen werden kann, so dasz die beiden endllteile auf beiden seilen
der brüst herabhangen, in der Wetterau hört man auch der
hintenundVornsack. s. auch garge.
H.ALSSCHELLE. f.: halsschelle sive -eisen columbar Stieler
172S. vergl. beinschelle, handschelle.
HALSSCHL.\G, m. scfdag an den hals, backenstreich (s. hals
Li ^;). 243), niVid. halsslac: halszschlag colaphus voc.inc.theut.
hs'; cerrica halszschlag Diefenb. 115'; dö spielen si Ö5 in
sin antlitze und slügin en mit halslegen. Behaims evang. buch,
Matlh. 26,67; slügen en mit halslegin. Marc. 14,65;
die ür ir minneclichin nack
ir gäben mengen halsslac. Martina 15, 43.
M.ALSSCHLAGEN, verb. halsschläge, backenstreiche geben, ahd.
halsslagun, mhd. halsslagen, halsslegen : colapliizare halsslagen
ÜiEFESB. 131"; so ist mir gegeben ein slachel meines fleisches,
der enget Sathanas, daz er mich halsschlag, spiei^l mensch-
licher behaltnusse (1492) 52".
HALSSCHLEIFE, f. sdileife die zur zieide am halse gelragen
wird.
HALSSCHI.ITTEN, »i..- esseda halsschlillin, ein kerchlin das
men an dem hals zucht. Brack voc. (Diefenb. 210').
H.ALSSCHMERZ, m. schmerz am oder im halse.
HALSSCHMUCK, m. sclimuck um den huLi: damit hätte ich
\ielleicht nicht einmal die uhren mit dem zu jeder gehörigen
hals-, köpf- und ohrenschmuck bezahlen können. .Moser
patr. phanl. (179'>) .';. sS ; in Amerika wird eine schlänge mit
267
HALSSCHNITT — HALSSTARRIG
HALSSTARRIG — H ALSSTEüER
268
rothen, schwarz eingefaszlen flecken und citronengelben quer-
streifen wegen ilirer ausnehmenden Schönheit zum Staat als
hulsschmucR getragen oder in die haare geflücüten. Hebel
schatzliäsll. (lSö9) 5.29; kroat mit einem haisschmuck. Schiller
]\'aUensl. lager 3. aupr.
HALSSCHiMTT, m. schniU in den hals: einen durch hais-
schnitte ermorden, gienzboten 1846 s. 4*3.
HALSSCHNL'R, f. schnür, z. b. von perlen, die zur zierde um
den hals getragen wird.
HALSSCHWINDSLCHT, /.
HALSSEIFEIUN, f.: zu auszgang der sül des frawenzim-
niers waren die aufbutzerin, aufzäumerin, liarkrauserin, bisam-
reucherin , liendschuchbeizerin , halszseiferin , anstreicherin,
die muszten beid mann und frawen , wann sie zusamen
spaciren wolten, vor zurüsten, aufräumen und behobein.
Garg. 281*.
HALSSTARK, adj. s. halsstarrig.
HALSSTAliRE, f. 1) letanus: die halszstarre ist ein krank-
heit dardurch einer musz den hals auszgereckt halten und
mag in weder hinder sich noch für sich bücken. Maaler20S';
dafür halsstürre voc. von ICIS bei Sciim. 3, C51.
2) übertragen halsstarre contumacia, pcrtinacia Maaler 208'.
vgl. das folgende.
HALSSTARRIG, adj. und adv., tetaniciis; perlinax.
1) die form, das Kort kommt ahd., so viel zu ersehen, noch
nicltt vor, und ist erst aus dem spätem mhd. als halsstarc be-
zeugt {mhd. wb. 2, 2, 597*), eine form, die neben halsstarrig bis
ins 16. jahrh. hinein dauert, die berechligung indes, atis derselben
ein von halsstarrig verschiedenes adj. halsstark gleicher bedeutung
zu folgern, erscheint zweifelhaft, einerseits will das wort nicht
einen muskelstarken, aufreclU stehenden, kräftigen hals bezeichnen,
sondern einen dem die fähiykeit abgeht sich zu neigen, für den
sonst auch der ausdruck steifer hals (sp. 243) gebraucht wird oder
den das adjecliv starrhelsig lelanicus Dasyp. andeutet, andrer-
seits konnte ein nach ahd. staren (Ghaff 6, 701) vorauszusetzendes
adj. alid. starag oder starig starr, was sich von ahd. starah,
mhd. Stare stark, der form wie der bedeutung nach unterschied,
später eben so zu stark werden , wie aus ahd. cliarag die form
kark sicli enluickelle , neben der karicli , karig, karrig, karg
gehen (5, 2t3l. nur mag zugegeben werden, dasz halsstark üfler
und misbräitchlich eine formelle anlehnung an .stark forlis erfuhr,
wodurch das auslautende k auch dann <ieschiilzt wurde, wenn es
bei flexion oder comparation in den inluul trat (ttnten 2, b). die
rermittelung zwischen halsstark und halsstarrig bildet die form
halsstarg, Liliencron volksl. 1,178*, s. die stelle unten; eine
umgelautete form halsstarrig ist selten: halszsterrig pcrvicax
Serranus synon. 92'. die form halsstörrig {vgl. halsstörrigkeit)
stellt sich zum nd. starren starren, steif sein iSchambach 21«'),
sturr starr, steif (Schütze 4, 219).
2) bedeutung : a) halsstarrig ist zunächst der, der die krank-
heil der halsstarre hat und in folge dessen seinen hals nicht be-
wegen und beugen kann: lialszsiarrig, krumlialsz, der die
krankheit (nämlich die halsstarre) hat, tetanicus Maaleh 208*.
b) das wird auf den eigensinnigen , ungehorsamen , widersetz-
lichen übertragen , der seinen luils unter fremden willen niclit zu
beugen vermag {s.sp.ihl oben): cervicosus hartneckig, haiszstark
Serranus diä. d7'; pcrvicax hartbeisz, kyfig, haiszstark, hart
s3'; hartbeisz, pervicax, keibig, haistark Dasyp. 179'; so du
besorgest , das er do von dester halssterker werd und un-
lorchtsainer werd. Keiskksiiebc liilg. 43*; wann didi aber
dünket, er wiird erst bosz, hart, haiszstark darvon (von der
ylrafe), so losz underwegen. 212*; dasz sein sun nit halsz-
^lark werd. Sünden des munds (i7'; dasz er den halszstarken
riiaiiseeru und gleiszner« antworten mag annotat. Homer icr-
druliclu 64 ; das sie nicht durch ire gerechtigkeit , sondern
als die halsstarrigen und ungehorsamen, das i.st mit grossen
blinden und unverdienst, allein aus gneJi){er verheissutigc
gottes, das land haben eingcnonien. I.ctheh 8, 84'; ich sehe
das ein halsstarrig u»lk ist. 2.Wos. 32, 9; unser veler wurden
btolz und haiüslarrig. AV/i. 9,1b; pochet nicht so hoch auf
cwer gewall, redet nicht halsstarrig, ps. 7.'», <i; wer wider die
strafe halsilarrig ist , der wird plot/.lich verderben on alle
hülfe, ipr. Sal. 29, 1 ; aber die halsstarrigen Juden neideten.
apoit.getch.21,:,; derhalben »ol das lialsslarrig gesinde wis-
»cn , das sie den sabbat nit brechen , wenn sie yren hrrn
atu feierlag helfen, wo Hie merken das yrer houszhern güller
verlürben. Carlstad vom mhbal cij*; weil sie wol vermerkt
dasz e» vergebene arbeit und er ganz buiszslarrig. Amadis
362 ; dann der könig war also halsstarrig, dasz er sich nicht
ergeben wolt. Kirchhof «endunm. 46"'; aber die beginen von
s. Francisci dritten reget . . blieben . . baiszstarrig bei ihrem
Wesen. Wurstisen Basler chron. (1580) s. 207 ; wann ich so
trutzig und halsstarrig dis geringe geld ausschlug. Simpl.
3,152 Kurz; da ich denn trocken halsstarrig fortblieb. Seume
spazierg. 2, 5t ;
von Swarzburg biscliof Geiiiart
der hielt sine burger zart
sciirimfitig unde weiche;
drumb hob sich grosz gelciche.
sie wurden im so halsstarg,
ir üppikeit sich nit verbarg.
Liliencron volkst. 1, 17S*;
des ward er bös und baisstark gar.
WicKRAM jntger M 3, bt. 45;
denk ob dein weis schon bewriscli sei,
so bis doch stoltz und frech darbei,
halsstarrig, trutzig, Irevel gnug,
das alle menschen auf dich lug.
qrobianus (1552) b2».
c) halsstarrig von köpf und herz gesagt, die als träger mensch-
liclien willens erscheinen :. helle einen bösen halszstarrigen köpf.
Frey garteng. 17; ich habe geglaubt, wenn ich ihnen die lieb-
sten wünsche meines herzens aufopferte, würde die gewalt,
die ich mir anthat, mich reize in einer Verbindung finden
lassen , die mein halsstarriges herz soust nicht darin fand.
Lenz 1, 25t;
er {uoli) wird auf ir weisz hend nicht sehen,
sondern in ir falsch geitzig herz,
halsstarrig, hart, gleich wie das erz.
Tiscmart i'. S. Domin. G i '.
d) halsstarrig von einer krankhvU die niclit weichen will, wie
wir ja auch von einem hartnäckigen fieber reden: allen alten
fiebern , so sich uberjahren und mit der artzney ubermühet
und zu haiszstark worden sind. I'abacels. o/yp. t (t616) i. Ittü.
HALSSTARRIGE, f l) steifhähigkeU : telanus starrige des
hals, oder kiümuie auf ein seit. Dasypodius.
2) Widersetzlichkeit, ungehorsam: halszstarrige per/inacia, con-
tumacia Maaler 20S*. dafür die form halsstark: die barfuszer,
so bei den ruhten groszen anhang wuszten . . gaben ihren
beginen, welche schon bei drithalb jaren verwiesen gewesen,
uocii iiniiicrdar haiszstark (ßöszten ihnen widersetzliclikeil ein).
WuiiSTiSEN Basler chron. (1580) s. 212.
HALSSTARRIGEN, verb. zur Widerspenstigkeit reizen zu dem
sind sie noch über das von dem bapst und dem cardinal
von i>olliriugen durch unterschiedliche schreiben in ihrem
blutdürstigen vornehmen gestürkel und gehalsslarriget «orden.
Thuunus deutsch von Kopf (1621) >■. 1082; denn sonst ein guter
Vogel dadurch leichtlich gehalsstarrigt oder verderbt werden
kann, falconaria von 1617 s. 11. s. verhalsslurrigen.
die nebenform halsstiirken des 16. jahrh. erscheint duszerlich
an stärken confurtare angelehnt (vergl. oben halsstarrig) : dasz
die curtisanen mit ihrer praklik die bäpst in ihrem fürneh-
men halsstärken. Hotten 5,424 Mfnich; ihnen zu keiner mut-
willigen . . rechlfertigung rathen, noch sie darzn halszsierken.
l'rankf. reform. 1, 5, 8 ;
wie man das am Naso wol merkt,
der nu su gar ist gehalsterki,
und bat sein wilii in groszer ehr,
als wenn er in keirn orden wer.
G. NicRlNUs affcnsjtiet (1471) f2*.
HALSSTARRIGKEIT,/", pcrtinacia, contumacia: perlinacia
halszstarckail Uiefenb. 430'; pervicacia halszstarrigkeil. Ser-
ranus diel. s3'; das ich eurn stolz und halsslarrigkeit breche.
3 .A/cs. 26, 19; denn ich kenne deinen ungehorsam und iials-
slarngkeit. S^/o». 31,27; eigensinnige halsslarrigkeit. Lehsia.nn
102; diese halsslarrigkeit gibt mir keine gute meinung von
ihnen. ScMiLLKB jHirasit 2,4; die schule mit aller ihrer hals-
stari igkeit. Giithk 54, 36.
HALSSTARRIGLICH, adv. jH'rlinacitir. Maaler 20S'; er leuft
inil dem köpf au in, lind ficht !ials><tarriglich wider in. Hiob
i:>. 26; gar halsslarriglirh. Lütiikb 3, 4.'>'; die übrigen zween
{widertnufrr) wolten nicht allein keine snnd bekennen, smidern
verllieidiglen auch ihre ding ganz halsslarriglich. Kibchhuf
ire«(/uHm. 46s'.
HALSSTELEH, f Steuer die ivn einem leibeignen an den hals-
hrrrn entridUel und: sy {die besilzer dei herschaft Stein) inogent
oiich den iren iimb halsstür nachjagen uswendig irs ampt!«
nach ffewonheil. aii/nria 1862/63. .«.172; ob joch eines herrii
oder gol-lius cigenni.inn jar und tag ver-i!/et und dem nach
269
HALSSTÖRUIGKEIT — HALSUHR
HALSÜNG — HALT
270
Hier jaren, wenn dann lieinsclben nachgejagt wird von sinem
herren , lat man ygliclien lien en gegen sinen eignen iüten
«in gerechtigkeit: also mil erkennung eines Tasnachthuons,
väll und ungenossami. aher dhein hafsstiir. s. 201.
HALSSTÖRRIGKEIT, f. pertinacia, conlumacia {s. 5p. 267):
des Tolks halszstörrigkeit. Weckherlin 674.
HALSSTRACK, adj. mil steifem halse, hartnäckig, slürrisch
(vergl. strack):
halsstrack, hartnackig, die nicht erken
was man ir weist, zeigt oder lert.
TuuKNEissER archidoxa (1575) 7.
HALSSTRAFE, f. strafe die am halse vollzogen wird, lebens-
strafe. Stieler 21S4.
HALSSTREICH, m. schlag an den hals, backenstreich (wie
halsschlag sp. 266) :
unde gäben im dar nä
mangen smreben halsstreich,
daj im der ougen kraft entweich.
VValthbr V. Rheimau 16.3,53;
colaphizare halszsfreich geben Diefenb. 131; halszstreich cola-
phus Maaler 20S'; wie sie oft und dick ir haisstreich zu-
gefügt hett. Keisebsp.erg eschengrüdel a7'; da haben sie im
ins angesicht gespien und im halszsfreich geben. Reiszner
Jerws. 2,110'. Mdlich: (eine Schwachheit, die) nicht ein natür-
liche schwacheit gewesen were, sondern ein halsstreich des
satans. Luther 3.402*.
HALSSTREICHEN, rerb. halsslreiche geben: geslagen und
gehalsslraicht colaphizatus Schm. 3,678;
und lie sich halstreichin
ir wijin neck so weichin. Martina 54, 10.5.
HALSSTREITIG, adj.: dann wie ein unbendigs, aygen-
willigs, halszstreitigä, hartnägkigs kind nit wol wirt zogen.
S. Frank trunkenheil 1531 E4\ es soll mit dem vorte der im
äuszersten grade streitsüchtige bezeichnet werden ; auf einen solchen
gehl in Meiszen und koI auch anderwärts die redensart einem
etwas in den hals hinein streiten, eine redensart, die zur
erklärung des uorles dienen kann.
HALSSTREITIGKEIT, f: ir verwägene balsstreitigkeit macht
sie unüberwindlich. S. Frank vioriae encomion 4S'.
HALSSTRE.NGE, f eine bräuneart : halszstrenge, ein krank-
heit die einen würgt, cynanche Maaler 20S'.
HALSSTÜCK, n. stück fleisch des untern buges am halse eines
qcschlachteten viehs. Jacobsso:« 2, 198*.
HALSSTÜRZER, wi. ; hihgegen dise daukawer, mucken-
kawer, kamelschlucker, häuserschlucker, goldvernagelte zungen,
die recht sprechen, nicht recht thun. halszstürzer guter Wörter
inn Parira vom Pnteo , die liebhaber der rubricpfenning.
Garg. 159*. es werden damit rechlsklügler in ihrer tcortverdrehenden
Ihätigkeit bezeichnet.
HALSTASCHE, f. lasche um den hah, quersack, vergl. hals-
sack, halskappe : halstasche pera Stieler 2259.
HALSTUCH, n. tuch um den hals, ahd. halstuoh: collarium
halsthug DiEFENB. 132"; focale halstuch 241*. von beiden ge-
schlechter n , aber in verschiedener weise getragen, bei männern
gewöhnlich nur den hals deckend : den kröpf verbirgt ein künst-
licher kragen, halstuch oder Überschlag. Simpl. 2,311 Kurz;
dusz er . . sein seidenes halstuch abreiszen und ihr die bände
damit auf den rücken binden muszte. Göthe 17, 324, bei
frauen schultern und brusl mit verhüllend {vgl. brusttuch 2,451) :
denken sie denn, dasz ich noch ein junger Student bin, der
nicht weis, wie er einem frauenzimmer das halstuch stecken
soll? Gellert 3,282; die fran aber war schon im begriff,
den mund zu öffnen und etwas von ein paar dutzend gold-
gestickten hauben, seidenen halstüchern und dergleichen zur
spräche zu bringen. Hebel schatzkdstl. (1859) s. 113; indem
sie zuletzt . . einem mädchen ihren Strohhut und einem alten
weihe ihr halstuch zum schlage hinaus warL Göthe 18, 150 ;
schaff mir ein halstuch von ihrer brüst,
ein stnimpfhand meiner liebeslust! 12, 136.
HALSLBEL, n übler zustand, krankheit des halses: an einem
halsübel leiden. .
HALSLHR, f. uhr, die an einer halskelte getragen ward: ver-
ehrte ihm auch eine schöne schlagende halsubr zum freund-
lichen valete, so ich aus des rittmeisters felleisen bekommen
hatte. Simpl. 1, 277 Kurz, seil dem 16. jahrh. verfertigte man
kleine räderuhren, die in jeder läge, ohne gewicht die stunden
zeigten und schlugen, selbst wenn man sie in den busrn oder in
die lasche deckte; vergl. Barfijsz, gesch. der uhrmacherknnst 1856
s. 146. der wachtelschlag, der af» morgen und abend regelmäszig
erschallt, wird einer solchen uhr verglichen: gehe mit mir zur
angenehmen Sommerszeit ein wenig hinausz, einen günstigen
luft zu schöpfen, da wirst du gleich hören der nachtigall ihr
vielstimmiges flötl , des gimpeis sein abgeschmachtes feilen,
der wachtl ihr schlagende balszuhr. Abr. a S. Clara Judas
der erzschelm 1, 11.
HALSUNG, f. l) das umhalsen (vgl. halsen sp. 260) : halsung
complexus et osculalio Maaler 208'.
2) in der spräche der jäger das breite lederne halsband des
leithundes: das bängeseil ist ein von bockshaaren oder von
hanf und haaren gemachtes seil , an demselben sitzt ein
ledernes halsband, welches die halsung heiszel und dem
leithund umgeschnallet wird. Heppe jagdlust (1783) 1, 43.
HALSVERBRECHLICH, adj.: wofern es nicht halsverbrech-
liche Sachen sind. Relter v. Speir kriegsordn. 49.
HALSVERBRECHEN, n. verbrechen, das am halse gestraft wird.
HALSVERBRECHUNG, f. dasselbe: das betrifft kein hals-
verbrechung. Reuter v. Speir kriegsordn. 48.
IIALSVOGT, m. versitzender des peinlichen gericlds: v*as auf
den höfen und lande in Adenstedt delinquiret wird, musz
der iedesmalige halsvogl . . zu Bettmar einwrogen lassen.
Haltaüs 787.
HALSWASSER, n. künstliches wasser zur heilung des halses:
halswasser, arzney vor einem bösen hals. Friscb l, 403".
HALSWEHE, ni. und n., schmerzhaße enlzündung des halses,
synanche: haisweh, von etlichen das wulchen genannt (an-
gina). WiRSLNG arzneibuch (1597) s. 203; für den halswehe
ist disz folgende gurgelwasser oft bewährt worden. Hobbekg
1, 275*.
HALSWIEDE, f sträng zum hängen:
rise grosze, noch gib mir dineu fride,
erlasz mich fürba; mere diner halswide.
d. grosze Wolfdieteiich 467 Hohm.
HALS WINDER, m. tynx lorquilla, der Wendehals. Nemsich
3, 275.
HALSWIRBEL, m. den hals tragender wirbelknochen.
HALSWURZ, /. campanula trachelium, halskraut. Nem.nich.
HALSZAPFEN, m. utula, der zapfen im hals.
HALSZÄPFLEIN, n. uvula: risz die kopfpfannen aus den
fugen und angcl, zerstiesz ihnen das halszzäpflin. Garg. 205*.
trenn der halszapfen in folge von enlzündung anschwillt und sich
verlängert, so sagt das volk, er falle: s. Blasi {plage die leute)
mit halszzäpflin fallen. Garg. 258* ; und daher konnte wol der
name des halszdpfleins auch die halsentzündung selbst andeuten,
denn das zäpflein macht sich nur bei einer solcfwn dem gefühic
bemerkbar: halszzepflein, anjina, si/uancAe Serranls synon. 92*.
HALSZANGE, f. mit einem hake verseliene zange, womü der
nadler einfache keltenglieder festhält.
HALSZIERDE, f., ahd. halszierida, haisschmuck: halszzierd
von grünen edlengstein viria, eingschlossen halszzierd als
bysemknopf, bulla, guldine halszzierd bulla aurea, silberin
halszzierd argenlea bulla Maaler 208*.
HALT, m., nach dem verbum halten in mehrern bedeutungeii.
1) der begriff des Zusammenhalts und innigen verbundensein.-.
der einzelnen theüe, der nach der zu halten gegebenen etymologw
voranzustellen isl , scheint gleichwol erst in der modernen spraciie
häufigere Verwendung gefunden zu haben, mit ihm veibindet sich
die nebenbedeutung der festigkeit und stätigkeil. so wird von dem
halt einer kette, auch eines laues, eines gewebes gesprochen, in dem
die einzelnen fäden fest verbunden sind: wir sehen an der stelle
des Schlosses eine fünfte schale, um dem ganzen rückgrats-
weise halt und Zusammenhang zu geben. Göthe 55, 327;
bleibt nichts als die weisze und durchsichtige asche. gibst
du dieser die feuchtigkeil und den halt wieder, so kehren
die körper in ihren ersten zustand zurück. 53, 225. Öfter
übertragen auf seelische zustände des menschen : das Studium der
kunst wie das der allen Schriftsteller gibt uns einen gewissen
halt, eine befriedigung in uns selbst. Göthe 30.192; eben
so nöthig scheint es mir, gewisse gesetzt auszusprechen und
den kindern einzuschärfen, die dem leben einen gewissen
halt geben. 20,178;
geb er mir muth und Treudigkeit und halt,
wenn laut und fordernd mich der tag umscballt.
FiEiLiGRATU gtaubcnsbek. 34.
2) nahe zum i<OTigen steht die bedeulung des anhalts , untev
schieden dadurch, do-sz die hallende kraß, der Stützpunkt, auszer-
halh des gehaltenen suhjeäs liegt: halt, sustentaculum , worauf
271
HALT
HALT
272
etwas hält oder steht Frisch 1, 404*; es hat keinen halt mehr,
non est ijuod iUud retineat, sustineal dax. ; eine mauer hat keinen
hall, wenn das erdreich unter ihr sich nicht Iragfdhig erweist;
der ein mittclpunct
Tür viele tausend wird, ein halt, sich hinstellt
wie eine feste säul, an die man sich
mit Inst mag schlieszen. Schiller ;^5';
das zuverlässige biid, das sich ein wohlgerathenes kind so
gern von seinen eitern macht, verschwindet ; bei dem todten
[vattr) ist keine hülfe , und an der lebendigen {der trieder
rcrheiralrltn mtUler) kein halt. Göthe 19, "4 ; die deutschen
dichter . . , genossen in der bürgerlichen weit nicht der min-
desten vortheiie, sie hatten weder halt, stand noch ansehen.
25, 2S9 ; zur erinnerung und um dem gcdächtnis einen halt
zu geben. Niebühr 2, 4.
3) halt, das haüenbleiben, verharren auf einem platze, nd. häld,
halt, stillstand Schambach 72':
die zeit, so wir verschlieszen,
pflegt als ein ström zu flieszen,
der keinen halt nicht weisz. Opitz 2, 131;
nach Tacilus bezeugt Schnelligkeit furcht, zauderung slch-
muth und halt. J. Paul dämmeningen 29; deren {der Schauspiel-
kunst) gänge und halte wird diese Zeitschrift nie aus dem
blicke verlieren. Börne 3, 12S; halt machen an einem orte
anhalten, Koßr die allere spräche gewöhnlich das fem. halte (s. d.)
verwendet: ein im marsche begriffenes corps trouppen machet
auch . . einen halt von einer guten stunde, um die Soldaten
ein wenig ruhen zu lassen. Egcers kriegslex. 1, 1141 ; in Thessa-
lonich machten wir halt. Immermann Nünchh. 2,58;
jedoch wir machen,
hier weislich halt. Cl. E. Schmidt poef. bricfe 33;
die .letzten gründe alles existirenden und gedachten können
nur in dem absoluten geiste gottes halt machen, evangcliscltc
kirclwnzeitung 1866 s. 67'i; daran schlieszl sich : dergleichen bc-
trachtungen anzustellen versammeile sich eine grosze gescll-
schaft, die überhaupt wo es halt {auf dem marsche) gab, sich . .
immer zusammenfügte. Göthe 30, 58 {campagne in Frankreich).
4) halt gehl daher auch auf den ort, wo halt gemacht wird
und man sicii lagert oder birgt, und ist namentlich der technischen
spräche einer streitbaren trappe eigen [vgl. hinterhalt): donnerstag
vor trinitatis beweiseten sich bei fünfzig Polen auf dem llaber-
berge und hatten einen halt wol bei dreitausend. Waissei.
chron. (1559) 267'; der vor dem häufen her zöge, die strasz
und hält (plur.) zu besichtigen. Rihel Liv. 625; sie ritten
sämtlich so geschwind und unordentlich in unsern hall, als
wann ein jeder der erste hätte sein wollen, die beste schlappe
zu holen. Simpl. 1,271 Kurz; der feind hielt sich still, als
wir in ihren halt kamen. $.304;
do licngcn in die Nürnberger reiter gut,
die hielten auf in in dem halt. Uhland volksl. 350;
und suchten in [den kOnig) mit gewalt
in zu schlachen us sin {so) haldt.
Lknz Schwabenkr. 120";
{eine rosthaut klagt) must oft stehn in eim Unstern wald
tag unde nacht in einem halt,
bisz er {mein herr) eiwan kaiifleut erdappt.
H. Sachs 1, 500*;
ein reiieriknechl redet
ich bin oft dauszen in den halt
80 ubl erfroren und crkall
dasz mirs herz oft im leib hat zittert. 5, 339';
hier log er (Cupiilo) oft im halt
mit rosen wol verhägt. Logaü 2, 64, 57.
ein solcher halt wird geschlagen, gesteckt, gelegt:
do si Sachen der lantzknechte gewalt,
do schlugen ti bald ein halt. Linz Schteabvnkr. 40*;
macht der hauhtman ein anschlag, steckt zu mittag einen
halt, nit vnsl weit von Brüssel, liesz darnach für die stat
rennen. WiUr. von Schaumburg S2 ;
als er im Lykierlande gewählt die tapfenten mttnncr,
legt er den halt. Ilian 6, ISO.
Einen halt bezogen auch früher die geUilsreiler, die auf straszen
und in Wäldern zur Sicherung der kauflcuU wachten: das furo
alle sampstag die zwen amptman zu Lonsen und Ampstetten
umb zwölfe zu mittag in ir hall ziehen. Ulmer verordn. von
152« 6« ScBMin tehttdb. wb. 2.">(i; daher auch die beuachung der
Inndslrasien selbst rtn halt genannt wird: den hall bereiten,
die unterlhancM zur besichtigung der Htranzen im wald auf-
bictben. Krisch l, 404'; vergl. halt, locus uln clientcs s(^enl
moraii loc. ine. theul. h 8*. in der Schweiz hciszt halt ein jdger-
mahl, mahl im freien (Stai.der 2, 15), die bezeichnung der stelle
wo das geschieht, ist auf die Verrichtung selbst übertragen.
5) eine ähnliche Übertragung hat stattgefunden, wenn halt n«n
t'on den personen gilt, die an einem solchen orte .tind: der halt
[die im hinterhalte liegende mannschaß) brach auf. Aventin bei
ScHM. 2,188; wurde ihr versteckter halt in guter Ordnung
herfür brechen. KiRcnnor milit. disäpl. 189.
6) halt für gehalt, das enthalten einer bestimmten werlmenge:
der ander ober bronnen . . führt in seinem halt alaun 9 part.,
Schwefel 2 part, badbeschräbung von 1629 im oberbair. urrhiv,
27. band s. 24; ein rechenmeister, der keine zahl schreiben
wollte, deren halt er nicht zugleich bedächte und gleichsam
an den fingern abzählcte. Leibniz 451. namentlich gebraucht
von erzen und münzen: halt der ertz ist, wie reich der häufen
ertz an metall sei. Nehrinc hist.-polil. Jurist, lexicon (1736)
anh. 46"; damit man ausz einer prob eines quintel schwer
den halt erfinden kan wider centnerwerk kupfer oder groszcr
stück Silber, was für silber oder gold drinne ist. Mathesius
Sar. 143'; das sie {die silberkuchrn) ihren gebürlichen halt und
prob haben. .■;. 147'; die {kette) befandt sich am golt sehr fein
und lauter, darzu am halt nicht geringe. Kirchhof wendunm.
285'; fressen und saufen was sie finden, bezahlen aber nichts,
dann auch die münz im halt sehr gering und ungangbar ist
bei ihnen, milit. dm. 215; was halts ist es {das gold) an der
gute? Pnii.ANDER 1,225; (münzen, die) nichts in sich haben
als kupfer am halt. 2,154-, an der münz wird das gepräge
immer zu zierlicher, der halt aber an schrot und kern nimmt
abe. ScRivER seelensch. 1,854;
das erz wollt er probieren,
damit er recht möcht spüren,
wie reich es war in halt.
R. Köhler alle bergmttnn.üicdrr 108,
dann wird von diesem ertz auch etwas eingewogen,
dasz man den halt erfährt, nachdem man es probiert.
bergw.-tccicon (1743), vorrede.
in bildlicher Verwendung: und ist unsere gute teutsche sprach
diszmal in ein recht kipperjahr gcrathen, ein jeder beschneidet
und bcsliinnicll dieselbe, wie er will, gibt ihr einen hall und
Zusatz wie er will , eben auch wie es mit dem münzen zu-
gehet. Simpl. 4, 463 Kurz.
7) halt, in der tonkunst das längere aushalten einer note als
es der tacl vorschreibt, auch das zeiclien dafür (T).
HALT, adv., in zwei bedenlungen.
1) die ahd. partikel halt, magis, potius, die auch im alL^ächs.
als bald sich vorfindet, im goth. und allnord. als comparativ-
bildung haldis, heldr erscheint, lebte im mhd. in manigfachcr
anwendung fort, in der ursprünglichen noch bis in spätere zeiten,
vergl. Schm. 2,184: wie men die ackere solle eren und hacken
und bereiten , dasz sü deste halt körn gebent. Königshoveh
chron. 17; häufig aber {mhd. wb. 1,618') in concessivsätzen ver-
wandt, wo es auch, wenn auch, ausdrückt: gehieje er dir halt
guot, er mac sin dannoch nihl gelcisten. Br. Berthold 343,4;
swie halt mir min dinc ergd
ich wil dem phluoge widersagen. Helmbv. 570;
ich wil niemer >vlder komcn
ejn si daj ich in gesehe,
swaj halt mir dar nach geschehe. Wigat. 38, 6 Pf.;
von einer wunden sihte
der trüwei sie vil wol genesen,
ob sie halt tiefer wser gewesen. Cronc 12498.
auch über das mhd. hinaus wird das uorl in diesem sinne ver-
wendet :
ob- ich halt nimmer wurd erloszt,
ich wolt euch ee mein höchsten trost,
nimmermer gesehen. Ilältterin 186*, 251;
P. wie, mainsiu. ich turr nit zu dir ^en?
B. ich fleuch dich nit, weren hall deiner zwen.
ftLslii. sp. 37, 26;
so wol an, wir wellen scitlan,
und sol man uns halt olle vahn. 4S7, tl.
2) halt, in abgeblaszter , vielfach blosz füllender Verwendung,
etwa durch freilich, eben, wd, ja zu übersetzen, obschon diese
{tbersetzun<fn den sinn nicht gelreu widergeben, weil ihre bedeti-
tung eine noch zu schhrf umgrenzte üt, erstreckt sich durch 06er-
deuLichland hui naclt MilteldcutschUind hinein: mhd. wioret ir
hall zwei jir von in gewesen. Br. Bkhtholü 322,36;
hall in allen diutschen riehen
kom mir nl« dehciner zi'o,
der heidi« »pAt unde fruo
lA wol an trinken tilro.
vrinfchtrelg in Wiicknn. kmihii/i (IS6I) 7.t9, 5;
273
HALT
HALTBAR — HALTEKIND
274
nhd. Harn fiel nacli der »iiidflut und bai; ...... • i.. . .i..
LcTHER 4,4b'; aber es sind halt BiücardiscLe schwindelLini.
Fischart grosziii. 75; es gieng lialt nacb dem alten Sprich-
wort gleich iiud gleich gesell sich gern. Simpl. 3,52 Kurs;
das mag halt niemant understaD. fastn. sp. SUS, 10;
nu wart, wie piii ich also stei,
das ich solcbs dings {dvr liehe) halt uit tet?
ich »olt sein halt ungern pßegen.
ich botr, ich sei halt noch ain raiuer degen. 622, S;
ist dirs halt unverborgen? Spek irutzn. 14.
Dte neuere schripsprache hat halt den mundartai überlassen und
verwendet es nur, trenn die rede mundartlich anklingen oder eine
trauliche färbung empfangen soll: so wird halt der gute junge
lang hier bleiben müssen. Mercks briefs. 1,221; weil sie mich
nun halt dauerten. \Viel4.nd 11, GS;* ich babs ihnen ja schon
olt gesagt, ich mag nicht madam heiszen ; ich bin halt frau
schlechtweg. H. L. Waoer Ai/irfermörrfcn« 13; ei sie belieben
halt zu vexiren. 17; was kann ich halt machen! ich musz
v\ohl. 62; ihr seid doch mein goldiger Junker — freilich halt
<ui biszchen locker gewesen. Schiller 131; so haben wir
halt unsern lohn. 133 ;
ein groszer mann
ist halt ein mann, der alles kann. Wielasd IS, 205;
ist halt, dacht sie, ein geschenkter gaul. Götue 12, 145;
berr baupimann, seid ibrs? gott sei dank,
haben euch halt erwart't so Tang. 13, b3;
bemerk ich nun das und sinne darüber,
nun, so spiel ich halt auch meiii spiel. 4U, 133;
ein alter bettlet mit der krücke
spricht: kind, hier gibts halt keine brücke.
Fb. Kind gedickte;
mir gings halt wob! zu Wien. Uhland Ludwig 51;
Th. sie thun sich alles bittre lierzeleid.
>'(. ist tialt nicht recht, sind doch gesippte Treunde. s. 53;
nur fünf und siebzig blieben
da sitzen stumm und trist;
sie wollen halt nicht lieben
und jubeln nicht zur trist, iiladderadalsch lSü6, s. 162.
Es ist unentschieden geblieben, ob halt in der bedeutung 1 und 2
eines Ursprunges sei. das alid. adrerb halt, das sielt dem Ur-
sprünge nach vom rerbum halten nicht trennen Idszt und dem
die Vorstellung des Zusammenhaltens, geistigen erfassens, sowie dih
rich'ung nach etwas begehrtem hin, zu gründe liegt, konnte, nenn
es einmal parlikelhaß in concessivsätzen gebraucht ward, recht wol
zu jener oben unter 2 aiifge/ührlen , fast nur ausfüllenden Ver-
wendung gelangen, und die in Ostreich gebräuchliche neben form
halter, die auch sonst {iiic haltl in der schrißsprache erscheint:
weil sie balter meint, dasz sie allein sei. Wiela.nd 11, 221 ;
unser einer bats halter gut in geistlicher herren
landen, ihr Joch ist sanft, und ihre lasten sind leicht.
ScuiLLER xenien, die geislt. flösse ;
kann diese annähme stützen , da sie sich am natürlichsten als
cum paraliv form des adr. halt fassen und an golh. baldis , aün.
heldr anlehnen Idszt; auch ein Superlativ haltest, bäldest in der
bedeutung ehestens, nächstens, alsbald, sogleich, erscheint dazu,
ScHM. 2, 1S4. SU hat sich ähnlich ein oberrheinisch - hessisch-
düringitclies als (1,247), die kürzung von alles omnino, in die
nachdrucklose bedeutung freilich, eben, verloren und wird vielfach
im sinne von halt 2 verwendet, andrerseits hat zuerst Schmeller
(2, 1S6) halt in der bedeutung 2 als ein von halt 1 verschiedenes
wort gefaszt und als l. pers. sing, des verbums halten in der
bedeutung meinen, glauben, genommen; das empfängt bestätigung
einmal aus dem ahd. halto (Graf> 4,911), das seiner ganzen
anwendung nach als Schwächung der verbalform haltu opinor sich
erweist, sodann durch mundartliche formen wie schles. haldich,
hailich, hälich, hach (VVeinhold 32*), henneberg. heiiücb, eilich,
ellich (Keinwald 1, 26), bei denen das pronominale ich sich noch
zeigt , und die daher mit dem adv. halt nicht vermittelt werden
können {rgl. halten II, u, /" unten); ähnlich hat sich mhd. wäne,
wa;n {mhd. wb. 3, 497) aus wsene ich, Schweiz, denkh aus denk
ich, oberpfälj. glau aus glaub ich, ergeben, und das nieder-
deulsche man, das ganz wie halt 2 gebraucht wird, kann auch
nur die 1. sg. des rerbums alts. ags. munan glauben dafür halten,
sein, eine sichere entscheidung wird sich schwer treffen las.ien, \
und die von Lexer 132 vertretene annähme ist die natürlichste, '
dasi die parlikel halt potius, magis mit halt aus halt ich opinor
sich gemiscfit habe, eine Weiterbildung von halt ist das seltene
haltig: ich gedenke haltig, berr wolf, dasz ihr wülfe seid.
Simpl. 1, 1, 3 s. 13 ; wie sich glächmdszig aus halter im frdnkisch-
hennebergischen ein balterig entwickelt hat. Fromm. 3, 224.
H.^LT, interj., s. halten sp. 2S0.
IV. 11.
HALTßAK, adj. was halt hat, ftrmus durabüis; nach dem
oubst. halt 1 und 2 in verschiedenem sinne:
a) von dem inncrn zusammenhält der einzelnen theile eines
gegenständes: ein hallbares tucb; baltbares leder, papier;
0 wenn die lüge eine so haltbare färbe hat, wie gieng es
zu, dasz sich kein teufel noch in das bimmelreich hinein
log? Schiller 201'.
b) von dem gesagt, was halt und stütze von auszen empfängt,
gehalten werden kann: einer dem es darum zu thun gewesen
wäre, seine schüler mit den phänomenen im ganzen umfang
bekannt zu machen, um daraul eine ballbare theorie zu
bauen. Götme 54. 105; in diesen stunden malt ihm seine
Phantasie keine glänzenden bilder vor, noch erlegt ihm der
verstand, der scharfe schütz, einen baltbaren satz. Immeünann
Münchh. 3, 201. Es ist technischer ausdruck im kriegswesen : halt-
bar, tenahle, wird im kriegswesen von festungen gesagt,
welche im defensionsstande und so angeleget sind, dasz man
sie verlbeidigen kann. Eggers kriegslexicon l, 1141; als er sich
überzeugt hatte, dasz sie (die Stadt) nichl länger haltbar sei.
ScuiLLER S45; jeder nur irgend hallbare ort muste mit dem
degen geöffnet werden. 8SS.
Das wort ist, wie das folgende, ein vcrhällnismäszig junges,
früher nicht gekannt und durch hübig isp. 94) ersetzt oder durch
dauerhaft mit vertreten; erst Stieler 742 führt es auf, bezeugt
aber, dasz es selten gebraucht sei.
HALTBARKEIT. /. .• die haltbarkeit eines zeuges; hier wird
von nun an um die haltbarkeit oder unhalibarkeit des New-
tonischen Systems gekämpft. GOtiie 54, 35.
HALTE. /., wie das masc. halt, in mehrfacher bedeutung.
1) Weideplatz für das vieh: ahd. halta cupla (für copula,
s. koppel 3, theil 5, 17S6I Graff 4, 906, mhd. halle cupfd,
pastura wb. 1, 623", mundartlich noch mehrfach verbreitet, so
Schweiz, die halt, Weideplatz in der nähe eines gutes Scav. 2, l$l.
kärntn. halt, halte, die handlung des weid'ens und der weideplaiz
Lex ER 132; hessisch schon verblaszter der ort, wo das weidecieh
in der mitlagszeit ausruht \u.m.\hH6; daher kann auch der ab-
gegrenzte platz in oder an einem bauernhofe , in dem man die
gänse hält, eine halte genannt werden : säubert das taubhausz,
das luinerhausz und die halt, dahin sich die pfauen und
gänsz pflegen zu fügen. M. SEniz feldbau (l5S0) s. 51.
2) wie halt 3, der stillstand, das verharren auf einem platze,
namentlich in der jurmel halte machen (in das französ. als faire
halle übernommen) : also muszte ich halte machen, um aus-
zuruhen, span. Robinson 4, S6; indem er an öden stellen der
käste Calabriens, wo nichts zu zeichnen war, halte machen
muszte. GöTHE 37,301;
und macht an jedem port, an jeder insel halle. Wielasd 23, 134;
auch vom anhalten in einer handlung:
die ursach ich, o berr, erzählen will hernach,
warumb dasz ich allhier im singen halte mach.
D. V. D. Werder Ariost 3, 77, 8.
GüTHE hat die formet in noch knapperer weise verwendet, indem
er ihr verbum unterdrückte: den schönen lauf, den ihr söhn
gerade zum geheimenrath und gesandten ansetzte, so auf
einmal halte zu sehen. 16, 108.
3) halte, wie halt 4. der ort wo eine kriegerische truppe lagert,
Stellung die sie inne hat: bliesz und schwung die trommet
dreimal uinb den köpf, rilt zu der halt, und begert mit dem
könig zu parlauieulieren. Garg. 214';
do die Schwyizer waren in der halt,
so weltens den kung mit gewalt
augrilen. Le.nz Schwabeukr. 119*;
wie der gtritt punt (Uraubünden) wer in halt, das.:
auch hinlerhalt : ein heimlich halt (die), insidiae, in ein halt
legen einen auszzespäben, ponere in insidiis .Maaler 20"»'.
HALTEFEST, m. der fest halten soll, eine imperatirische bil-
durig, gewöhnlich bezeichnung für die häscher oder büttel, zunächst
als eigenname : Haltfest, der büttel, geht hin. Avrer fasln, luü'
(2S42, 36 Keller);
dort ibut der Haltfest gleich berführn
diesen leichtfertigen baurskiiabn. lOO' (2814, 3);
aber auch als appellalivum gebraucht, so dasz sich sogar ein
plural entwickelt: am andern morgen kamen die hallefeste
und brachten ihn in gewabrsam. Ey harzm irchenbuch 192. —
GüTHK hat einen der im 2. theile des Faust auftretenden drei
gewalliiien Hallefest genannt 41, 264. rgl. baltunsfest.
HALTEKIM), «. kind das sich in fremder pflege befindet,
Ziehkind (vgl. halten H, 0,6)r als sogenanntes ballekind von
li i-niden blinden . . erzogen, über land und meer 1S69 s. 29-'>'.
IS
275
HALTEN
HALTEN
276
HALTEN, citstodire, teuere.
A. Formelles und etymologvtchcs.
Das irort ist allen deiUschen sprachen eigen: goth. altnicderd.
haldan. fries. halda, ags. healdan, engl, hold; altnord. h.ilda,
schwed. hälla, dän. holde; ahd. haltan, mftd. halten, das hoch-
deutsche häü von allen zeüen her die inlautende Verbindung It
nicht durchaus fest, sondern setzt sie bisucilen in Id um, nach
der neigung , das einem I, r, n fehlende t in d zu verändern,
wodurch denn das tcort in der nicderdeiilschcn form ersclieint.
wie sich schon im ahd. seltener haldan, (.'ihaldan (Giiaff 4,898.
<»99) neben haltan, gihailan findet, mhd. halden:
sime herzen liebe ge.schach,
dö er jenen lialden sach. Iirrin 2558,
so dauert dies bis in die zeilcn des W.jahih. fort: der mensche
von im selber etwas heldel. llieol. deutsch 27; wie es sich inn
der warheil auch also lieldet. Spai.atin Melanchlhons chrisll.
erinnerung von den lieben engrln (1536) 1; und hiciden die
pfarrer zum studio und das volle zur disciplin. Mi-xanchthon
hriefe an Albrecht ep. 14. die praesensformen der 1. und 2. sg.
setzen sich erst im 17. jahrh. in der heutigen gestall du hältst,
er lialt fest, in den allem zeiten des nhd. herscht schwanken,
indem, wie im mhd., Iheils der umlaul nicht völlig durchgedrungen
i<il , theils neben volleren formen zusammengezogene statt haben,
die 2. sg. erscheint in der unumgclauleten vollen form hallest,
oder in der umgelaulrlen hellest, in dieser namentlich in Luthers
bibel, der sie so von der optativform haltest scharf scheidet (z. b.
h Mos. 2S. 1 gegen 9), als haltest bei Rihei. Livius (1598) 471;
daneben sieht mit ausfall des flexionsvocales hellst, hüllst {zahl-
reiche beispiele unten) , und mit ausstoszung des wurzclhaßcn t
vor der flexion helsl, eine form, deren auch Lessing sich noch
bedient: wofür hülst du sie? 10,203. Fiir die 3. sg. sind die
formen eben so wanigfach: die volle unumgelautctc dauert bis
ins n. jahrh. : dieweil niemand das geselz rechl haltet. Jonas
Im Luther 6, 40S';
in ewigkeit sein wort
wahrhaftig haltet er. Wkckhkbliji 231 {ps. 105,8);
daneben gehl eine um die bildungslaule verkürzte, halt: der es
darfür halt. Agricola spiichir. (i560) 156", deren Fischart häufig
sich bedient {Garg. 43*. 48' u. oft, neben hell 51*, haltet 61');
die volle umgelautele form heiszl hellet: er hellet sich an die
▼erheiszung der gnade. J.Jonas bei Lidher 6, 412'; dicselbigen
werk hellet man nicht für göttlich. 6, 439', eine form die noch
in Stein BACHS öfterem häitt (1,672 — 674) nachklingt, ihre Ver-
kürzung ist hell, schon im mhd. seltener aufkommend, im IG.jh.
namentlich auch von Lcthek vertreten, und bis ins 17. jahrh.
lanein dauernd, wo sie der Schreibung hüll platz macht:
sein irewer liund wird nimmer wanken,
er hell ihn «wig in gedaiiKen. Opitz psnlinen s. 198;
die ungereclite weit,
die aber nicht bei dir als eine schwe.ster hell.
Fleming sonelle, b. 1.
Dem 16. jahrh. ül es eigen, die i. plur. des indicalivs und impe-
ratirs haltet m halt zu verkürzen :
wenn ir halt fried und einigkeit.
Waldis t>op 1, 51, 19.
Sehen der praeterüalform liielt, die aus ehemaligem redupltcierten
haihald geworden ist {noch Ki.no geteährl p'üiehih, Graff 4,906,
später hialt, hielt) findet sich auch weniger häufig im nhd. hielte,
mit anklang an schivaclte conjugationsfurmen nach analogie von
sähe für sah, stunde für stund, liesze für liesz ii. a. gebildet,
eine form, die bis auf Göthe dauert:
und ich könnt ihn zehren sehn;
hielte mein (.'<;fiihl zurück,
gönnt ihm keinen holden blick. 10, 32*^.
.Zur ermittrlung der ursprünglichen bedeulung des wortes ist von
FiCK wb. 35 hingewiesen auf den Zusammenhang von ballen,
goth. haldan mit goth. hairda herde , altind. pardhas, 9ardha
fchaar {besonders von der schaar der Marutns gebraucht) . und
goth. hairdeis Air/, und da hallen zufrühest in dem begriffe von
vieh hüten gebraucht erscheint, in welchem es auch heute noch
nicht ausgcttorben ist , so wird dieser bei anfzählung der maniii-
fachen Imleutungeu des Wortes vorausgestellt werden müssen und
sind ihm die andern, als ypntvr entwickelte, nachgeordnet, hierbei
ergeben sich zwei , dodi nicht völlig scharf geschiedene (iruppen,
die eine betont mehr die örtliche seile des hütens , den aufenIhaU
an einem orte und die Ih'ltigkeit , die aus einem solchen sich
erzeugt ; die andere geht von der reinen handlang m bezuq auf
das object aus, indem sie sich auf grund der bedeulung fest hallen
ii'-iln autbildri.
B. Bedeutung und gebrauch.
1. halten hüten, acht haben, waclien , — sich wo verweilen.
aufhalten.
1) im golhischen steht haldan, so viel zu ersehen, nur m dem
sinne von vieh hüten, weiden: insandida ina haijijös seinaizös
haldan sveina. Luc. 15, 15; skalk aigands arjandan ai|)jiau
haldnndan. 17,7; iivas haldi}) a\c\>\ jah miluks |)is av6[)jis
ni niatjui? 1 Cor. 9,7; auch durch die hochdeutschen dialecte geht
noch dieselbe bedeutung , obschon seltener, weil hallen mehr in
anderm sinne gebrauclil und jener begriff durch andere verba aus-
gedrüclU wird:
ahd. so hiiii tlier tliar heiiit joh sines felies weltit.
Otfrid 5, 20, 32 ;
mhd. dö begunde er halten diu swin,
daj was diu lipnar sin.
Sprachdenkmale vdii Karajan 49, 5;
nhd., wie es sclieint, auf den gebrauch in den bairischen mund-
artcn eingeschränict : in Baiern die ros halten, pferde hüten
ScHM. 2, 187 ; in Kärnihen halten pasccre , das vieh weiden
Lexer 132 ; in Tirol halta rieh hüten Fromm. 3, 16.
2) die alten dialecte übertrugen in naiier wei.'se diesen ältesten
sinn von hallen auch auf die regierung über menschen; wie im
ags, Bcövulf 611 der könig folces hirde, im Heiland 5551 Pilatus
werodes hirdi genannt wird, so stellt im 05,«. öfters healdan /"'(/
ein voll: leiten, regieren :
heöld |)enden lifde
»amol and güd-reöv, gläde Scyldingas. Bedvulfb';
und auch im ahd. weist Notkers er haltet gentium greges
(Graff 4,897) auf diesen sinn hin, auf grund dessen sich die
aUgemeiner-e bedeulung acht haben, hüten, wachen, in mehrfacliei
Verbindung atisbildet.
a) in absoluter Stellung ist das wort auch im ahd. gebrauclil und
besonders auf die geistliche hat gewendet , formelhaß ist nament-
lich bis ins frühe mhd. der hallende Crist, Christus als seelcn-
hüler: von diu irsluogen si ir harren, den haltenden Christ.
physiologus in Wackernagki.s leseb. (IS6I) 173,25; auch später
noch in diesem sinne, in dem folgenden beispiele: und wenn du
nimer heltesl und schützest, so hilft kein schütz noch krafl.
Luther 6, 132*.
b) gewöhnlich aber mü praeposüionen , die theils, mil dem
accusativ verbunden, die riclilung der handlung hervorheben, theils.
in der fügung mü dem dativ, nur die bcziehung eines objecls zur
handlung andeuten.
a) so über mil dem acc: 0 hall über uns, verlasz uns
nicht. A\rer proc. 2, 8 ; — von dingen und meinungen : ahev
unser vviedersacher halten nur so hart über den ehelosen
stand. Melanchtiion Aug.'^b. conf. im corp. docl. clirkt. (|560|
.<. 199; mich dünkt, dasz ich ein wenig zu eifrig über diese
ineinung halle. Hoffmannswalhac steib. Socr. 106; wer e'ut
gcselz gicbt, iiuisz auch über solches ballen. I'istohius //ir.
paroem. 9 »10. 62; Conrad hielt wie über andre gute ort!
nungen , also auch über den landfricdeii mit groszem eifer.
Hahn bist. (1721) 2,11 note b; (der diencischaft , die) über
den arlikcl der ehre noch weil wachsamer zu hallen pllogi.
ScHii.iEn 738; mein etat, über den ich hallen niusz. wenn
kb am ende des Jahres nicht selbst andern Verbindlichkeiten
haben will. Götiie bei Scholl 186; dasz sie der gemeinde und
ihren veitretein die pflichl auflegen , über die gesi" •<> 7 ■
halten. Stüve «wen w. rcrf. 129;
sollst halten über ehr und recht. Göthk 13, 126.
ß) über, oh, mit dem dativ: meine band sol ob dir halten,
bis ich für ubor gehe. 2 Mos. 33, 22 ; indem brechen fünfzig
kürüser, die ob den iren liinler ainer kirciien gehallen hellen,
her für. Wilw. v. Schaumb. »1. das wort ist hier, in dem tinne
perwaen bewaclien. schützen, techniich, nach ball 4 .«p. 271 ; das
klingt auch in folgendem an:
''Min gott üb den gerechten holt.
H. RiNCWALT) geifit. tieder Av*;
rerutschter i.-'l die bedeutung. wenn das vcrbum von fiegenstanden
und meinungen gilt: und allein s. Petrus, Paulus und Hai-
iiabas über diesem stück liiellen, wider den ganzen häufen
aller giciibigen. I.itiier .'.. i;j2* ; wann wir . . über unseren
und unserer hocliseligen viufaineii desfalls gcmachlcn Ver-
ordnungen mil nacbdiuck gehallcn haben wollen, urk, von
10^5 bei Grefe salzdebit der Lünebiirgrr .saline s. 33; dasz »ie
.lieh darnach gebührend achlen und bei Vermeidung unserer
Ungnade, auch schiitferer bestrafung, über dessen inhalj mil
nnchdruck hallen sollen, urk. von I7I0, ebenda s. 41 ; so blieb
HALTEN
HALTEN
278
dem folgenden künige nicbts übrig, als mit der genauesten
Sorgfalt über der beoluichtung dieser geselze zu halten.
WitLANO 7, 223; hielt er standhaft über den Vorrechten seines
Stuhls und seiner kirche. Schiller I03S.
y) zweifelhaß ob accitfiUivische oder datitische fügung gefühll
wird, ist wenn über in der Verbindung darüber, worüber s(e/(/;
{goU hat befohlen) das alle menschen sollen schuldig sein mein
zu schonen, helt auch drüber, und wo es nicht geschieht,
hat er das schwert befohlen zur strafe. Lutuer 6,312*; denn
er (gotl) gibt mir sicher geleit, iieit auch drüber, und leszts
liicht ungestraft ... wo jemand solch gebot und geleit uber-
trit. 312'; daiumb haben etliche Völker hart darüber gehalten,
das der osleriag soll gleicher zeit gehalten werden. Melax-
CHTHO>- Augsb. conf. im corp. doct. Christ. (I5U0) s. 104; wenn sie
{die obrigkcili Ordnungen macht und nicht steif und fest dar-
liber halt. Schcppics IM ; statuen . . welche in der äbnlich-
k^?it der personen und nicht über Icbensgrösze sein muszten,
worüber die richten in den spielen genau hielten. \Vi\rel-
VA.NN 4,15; denn indem diejenigen blatter und nsclibildimgen,
die er mir zu eigen verehrt, des besten dankes werlh sind,
so hat er durch den schätz von duichzeicimungen, der nun
vor mir liegt, das ehreiividlste vertrauen bewiesen, ich halle
aber auch darüber auf das sorgfältigste. Güiiie an Zelter (iSO;
haltet darüber, dasz weder sie noch ich schaden leiden.
ScBiLLER 10S4; über einige dinge, worüber ich sie bitte, ge-
meinschaftlich mit mir zu halten und zu wachen, mündlich.
(i.-i Gölhe S62.
S) für über tritt auch die praep. auf ein, die der heuligen
.yrache gewöhnlicher ist, als jene: der kaufmann hält auf gute
waare. wacht darüber, dasz sie stets in gutem zustande sei; er
hält bei tische auf ein gutes glas wein; er hielt auf die
rarsten bücher. Göthe S. 201 ;
ob hier ehich nienuiiid fast auf dieses weeseii holt,
so bist liu (loch nocii da, dem der mein fleisz gefällt.
Fleüing 93;
Rellando kan vortrefTIich tanzen,
und hält besonders auf den siaat. Picaxder 2 (1734) s. 260;
ein mann der recht zu wirken denkt,
musz auf das beste Werkzeug halten. Göthe 12, 12.
mit dem dativ:
wo man das graue aller elirt.
auf mannerrath und warnung'ljört,
und olTenherzig bandelt;
auf guten, streiiireii sitten hält,
und nicht die einlalt erster well
■ in neuem prunk verwandelt.
J. M. Miller gedidile 195.
Von hier verlieit sich halten aus dem sinne hüten , wachen,
in den sinn beharren bei etwas, und sind die ausläufer dieser
bedevtung unten unter 6. 7 verzrichnel. •
c) das acht haben , vaclien , kann auch in feindliche)- absicU
geschehen, nicht um lu schützi'n, sondern zu verderben; es läszt
sich dann durch auflauern umschreiben , und ist nach halt 4
sp. 271 zundclist auch technisch, ein reiterwort :
er reit in eulgu^'-on in den wald,
da iieogen in die Nürnberger reiter gut,
die hielten auf in in dem halt. Uhlamd cottisl. 330;
als er das erfur. bewar er sich under dem hofgesint und
hielt mit siben pferden auf in. W'ilw. v. Schaumb. 72 ; klaget
zu Schotten , wie er . . on alle zuredselzuiig unuberwundes
rechtes auf in gehalten, s. 73; wenn ich hette gewuszt. das
so viel teufel auf mich gehallen betten, als ziegel auf den
dechern sind, were ich dennoch mitten unter sie gesprungen
mit freuden. Llther 2, 79*; Abimelech stund auf bei der
nacht, und alles volk das bei im war, und hielt auf Sichem
mit vier häufen, richter 9.33; errettet uns von der band der
feinde und die auf uns hielten auf dem wege. Esdra 8. 3i;
die Phariseer, welche oftmals auf Christum hielten. Schlppics
599 ; dafür niederdeutsch auch nd enem haldeii. Chroniken der
deutschen stddte 6. 4SS. Von hier aus kann sich halten in der
bedeutung zielen entwickeln: da die teufel alle aiigenblicke auf
uns jauren, halten und zielen. .Neandek vom sei. absterben^
Avij'; haltet tief und jeder nehme seinen mann scharf aufs*
körn. Ilallische zeitung 1869 no. 71 ;
er tod all augenhiick und stund
auf uns wart, geiht, horcht, zielt und halt,
und hat uns in eira hui gefeilt. Ctaus narr 1602 s, 91,
-.lenn nicht ein object bogen, armbrust, gewehr zu dem verbum
zu ergänzen üt, in welchem falle das letztere einer andern hedett-
tung (5; zufällt.
3) in jener leilung und hülung der personen und dinge, wie
sie in no. 2 erscheint, liegt die fortdauernde behandlung deiselben
eingeschlossen, die dann deutlich hervortritt, wenn halten mit
einem die art und weise Jiiihcr bestimmenden zusatze steht: nitidus,
v,o\ gehalten, umb den es wol stehet, der gut tag hat. Alb.
uu4'; hat er uns doch gebalten als die frembden. 1 Mos.
31,15; denn so sollt man einen münch halten. Lcther br.
1,317; dieweil ich dich doch nie änderst dann einen bruder
und nit als einen gesellen gehallen. Galmy 43; wenn sie
einen gar verächtlich halten wollen, so nennen sie ihn einen
poelen. Opitz poelerei 5 ; darnach das ampt ist, darnach wird
einer gehalten. Lehmann 17; wie einer sich hält, so wird
er wieder gehalten. 174 ; es bekümmert mich, dasz ich soll
schimpflich gelialien werden. Lokmans fab. 4; ihr müst mich
aber hübsch halten, weil ich ein gelehrter bin. A. Grvpuics
IiiOS 1, S29; wollen gern sich, ihre weiber und kinder bürger-
lich halten. Schlppils 7 ; ich bin lange zeit auf Universitäten
gewesen, da ich bin gehalten worden, wie bei den Soldaten
ein fenderich. 237; so lange ich bei ihm im hause war, hielt
er mich strenge. Habexer sat. 4 (1757) s. 175; ach, Lisette,
hört er denn auf deszwegen mein mann zu sein . weil er
mich übel gehallen hat? Lessing 2.434; seit meines vaters
zweiler heirath werde ich zu hause nicht zum besten ge-
halten. GüTHE 18, 72;
ein ehman sol gedültig sein,
sein weib nicht halten wie ein schwein. Lcther 8, 345';
(sie) ehrt ihn, ie mehr er herscht, und hält gewisz darfür,
ie schärfer er sie hält, ie hulder sei er ihr. Fleximg 72 ;
halt mich wehrt, wie ich dich theuer. 522;
kein höher schätz ist in der grpszen weit,
als nur die zeit, wer die nach würden hält,
wer die recht braucht, tiüizt tod und noih.
A. Grtphics 169S 1, 224;
sieh, ich hin dir gut und du
hältst mich immer schlechter. J. M. Miller gcdiclUe 22S;
hallet sie wohl! ihr werdet, so lang sie der wirthschafi sich
annimmt,
nicht die schwester vermissen, noch eure eitern die tochter.
Göthe 40, 314.
4) nahe zu der vorigen steht die bedeutung einen anhalten.
be.<itimmen , zu etwas bringen; zweck und richtung einer fort-
dauernden behandlung tritt hier hervor, dutrh die praeposition zu,
orfer adverbien, wie hin. dahin, angedeutet : ej was in Doringin-
lande gar ein richer ritter, der hatte gar ein schonij wip.
si enhattin ouch keinen erben noch kint . . der ritter . .
hilt die frouwen mit gutin wortin dar zu, ab si von eime
andern tiecbtig mochte werde. Kodiz 21,30; du solt deine
tochter nicht zur hurerei halten. 3 Mos. 19, 29 ; ich holt aber,
das auch die oberkeit hie schuldig sei die unterlhanen zu
zwingen, ihre kinder zur schulen zu halten. Lcther 5. 1S6';
{wenn kai-ter und künige uolUen) in {den papst) dabin liallen,
das der dem spruch . . müste genug thun. S, 240*; denn
wo sie wollen pfarrherr haben, ist e. k. f. g. arapt, sie dahin
zu halten . dasz sie dem erbeiter auch lohnen, briefe 3, 51 ;
so der thetter die offen unzweifenlichen übelthat freventlich
widersprechen wolt, so solt in der richter mit peinlicher
ernstlicher frage zu bekantnusz der warheil halten. Carolinu
art. 16; darum komme ich zu dir, bittende, du wollest den
Jüngling darzu halten, dasz er anzeiget, wo mein tochter ist.
buch d. liebe 22S'; so ruffe ich alle mit unglück betroffene
menschen auf den renpiaz dises laufs der weit, sie mit den
krüften meines Unglücks dahin zu halten, das si bekennen,
es sei keiner unglückseliger als ich. Bctschky hd. kanzl. 65t ;
M eil seine mutier . . ihn darzu gehalten , ei-zogen und rath
darzu ^legeben, dasz er goltlosz worden. Schuppics 83. Die
praeposition zu wird auch unterdrückt und »>/ zu ergänzen: dasz
sie die leut wollen halten alle ihre sund zu beichten. Lütber
briefe 2,416; wahrscheinlich aber dasz hier die Unterdrückung die
folge eines gefühles für wollaut ist, um rin doppeltes zu zu ver-
meiden, häufig ist das ballen dieser bedeutung in passiver fügung:
auch eine jede obrigkeit darüber {über diese gesetze) zu hallen,
bei ihren pflichten darzu obligirt und gehallen. Schlppics 675;
wol, liebes kind, ich bin gehalten, dich um gottes willen
besser zu unterrichten. Simpl. 1,29 Kurz; er sollte aber auch
gehallen sein , auf eigne kosten leute zur einsammlung des
geldes und zu hesorgung der anslalten zu halten. J. E.
Schlegel 3, 255 ; so sollen , zur hemmung des neuen Übels
diejenigen, welche andre in einer Wissenschaft, in der sie
kaum buchstabieren können, zur redehaltung anleiten wollen,
gehalten sein, dasz sie zuTor . . . Klopstock 12, 87,
IS*
279
HALTEN
HALTEN
280
i>) wieder sclilieszt sich vun den voriijen nn hallen an, was
die riclitung eines subjects nach einer beslimniten seile hin aus-
drückt und zwar in strengeiem und abgeblasziereni sinne.
a) liallen steht absolut, eine richlung nehmen: Frilz fährt mit
einem Inder heu die wiese her, und halt aus allen h'ihes-
kräfien auf ebnem boJen, dasz es nicht umwerfe, arme mann
im Tockenb. 2S6; als schi/ferausdruck :
oft hab ich im ozean dem norde zu
gegen die Telsengestade gel):iitoii,
und in ilire bucliten zu steuern gestrebt.
Klopstock 10, 252;
auch mit der praep. zu, und in bezug auf peisoncn : er hüll zu
mir, er hielt zu einer partci; wenn ihr getreulich zu mir
hallet, so werde ich .so viel vermögen, als ihr alle zusammen
genonmien. \Vieland 3ö, 42; hier wird auch die reflexive Stellung
des verbums mit einer leisen schatlierung des sinnes nach dem
intensivem hin viel gebraucht , vergl. unlcn c. die alte spräche
brauchte hier zu halten mit ciiieui. vergl. zuhalten : aber etliche
seien sint zeniäle grob als daj wajjer unde haltent mit der
erden zuo , die miigcnl gote niht gevoigon. deutsche mysliker
2, 236, auch von einem concubinal gesagt: der dritte Herodes
der liesz sente Johanne.s den touffer enthouplen umbe d;is
her on strafte, das her seines bruder weip dem bruder enl-
phurtc unde mit ir zu hill. Hotue chron. (iS; sie hat lange
«eile mit einie bulin zu gehaltin. 437; von Hessin lanfgrave
Heinrich . . der hill zu mit eime andern weihe zu Cassil. 566.
fc) halten reflexiv und rein iirtlich: wo so! ich mich denn
hin hallen, dasz mir endlich geholfen werde? .Matmesius
Sür. is'; halt du dich zum roszstall, so kan dirs glück auch
dein lüglich kornlein bescheren. Schuppiüs 837. Bei der be-
schreibung eines weges weist man den wanderer an, sich rechts,
links zu halten; halten sie sich immer linker band, und
gehen fort, bis sie endlich zu einem verfallenen palast kom-
men. VVlELA.ND 12, 174;
wir wellen uns wider gen holT halten, fastn. sp. 414, 11.
c) in bezug auf soeben und personcn: sich zu einer sache
halten, sie angehen, sich ihr zuwenden und sie in besitz nehmen:
auch als gewonheit gewesen ist bei nnsern ellern bis uf uns
iiieher, dasz nach eines iziicben der vorgeschribenen pfarrer
lüde unsere amptleute sich gehallen haben zu irer habe . .
dieselbige habe sie namen one Widerrede iedermänniglichen.
Haltals 788 (von 1397). so sagt man als ermunlerung sich einer
Sache bald zu bemächtigen, hall dich dazu; Klotz bat sich früh
dazu gehallen, die briefe aucii in seiner biblioliiek zu recen-
siren. Lessing 12, 217. der gegensatz ist sich davon hallen :
mein lieber söhn,
halt dich davon. Götbe 12, 123.
ferner: er hüll sich zu einer person, einer parlei: und alli;
Tolc hill sich des morgens zu ime (omnis populus manicabal
ad eum] in dem tempele en zfi horene. Behaims evang. buch,
Luc. 21, 3S ; allein sähe ich auch dahin , zu wem ich mich
hielt. ScuHEi.MCHEN 1, 66; die hauptsache aber war. dasz das
überhaupt des reiches, könig Friedrich HI, sich auf die seile
des pabsles hielt. Hanke reform. 1,48;
darumb wil ich mich zu im halten, fastn. sp. 3<J2, 10;
der nach tngent stült,
der nit in pa»z gesclsclial't I'alt,
und sich zu Irumen leuten hält. Schwarzenberc 128';
für die praeposUion sieht seltener auch der einfache dativ:
wann ein indianiscli mann stirbt und wird verbrennt,
dann wird «eines wcibes tr(;w ricliiig dran erkennt,
wann «ie .springet in die glut. o in unsrer weit
springt kein weib, dieweil sie sich einem andren lieh.
LoGAU 3, l(Hi, 26,
HO der sinn von hallen, weil in gegensalz zu springen gebracht,
mit dieser no. und der M, 1 (festballen, anhalten) spielt.
G) durch hallen wird längeres verweilen an einem orte oder
in einem zustande hervorgehoben, die fügungcn sind manigfach.
a) intransitiv wird das verbum häufig gebraucht in dem sinne
von stille stehen, anhalten an einem punkte: ich wil stille halten
und schawcn in meinem sitz. Jes. is, 4; mitten auf dem wege
stille hallen, in ipsa via subsidere Steinracm 1,673; jagte ihn
diesztnal scibsl voran, alles drüben nnfzu stöbern, damit wir
nicht /u lang halten dürfen, wenn wir dort ankommen.
Fr. MliLKR 3,0; und so dünkt mich, ist es fast immer ge-
gangen, wo wir die alten in der nähe einer ivaiirbeil oder
erflndung halten sehen, die wir ihnen gleiciiwohl al)<<precbcn
müe'-r-n, Lfssix, 8.153: ich bleibe hier stehen und bullen.
GOrnt.
dein leben, mensch, und tod hält stets auf deiner zungen.
A. Gryphius 1698 I, 23;
hier hält das opferthier ermüdet still. Lessing 2, 284;
sie schweift in fernen weiten
und nirgends halt sie still. Uhland ged. 62;
oß gesagt von dem .^till hallen mit wagen und gescbirr : in dem
sähe der koufman us dem wagen, da hielten sie undcr dem
galgon. Ulenspiegcl s. 93 Lappenberg; oder mil dem pferde , wie
sclion häufig mhd., uh. l.oiü': deines bruders son haltet da
auszen an der schiltwachl. buch d. liebe 226'; jener general,
welcher eine feldschlacht angeordnet h:ilte, und hielt auf
einem hohen berge, als er nun sähe, dasz es gute stüsze
gab, da ritte er davon. Scncppius 816; Thiebrechl erlegte
ihren fürstcn, der noch zu lande hielt, um die einschiffung
zu decken. Mascov 2, 51 ;
des ganzes gaues bauern stehn um den ort geschaart,
und mitten hält zu rosse der alte Rauschebart.
ÜHLAND ijed. 361 ;
häußg von dem slill hallen eines hecrcs und militärisclier ausdruck:
sie giengen hin auf den hinterhall, und hielten zwischen
Bethel und Ai. Jos. 8,9; da sie kamen, hielten sie an der
wassergruben. 2 kön. 18, 17; die könige aber, die komeii
waren, hielten im Iclile bcsoiuier.s. l cliivn. 10,9; als es nun
zur offenbahren fcklschiacht kommen solle und man beider-
seits darzu in Thüringen allbereit gegen einander hieile,
ScuLPPius 388. in der Jägersprache sagt man vom wilde es hält,
wenn es den jäger nahe herankommen läszl , ohne auszureiszen,
BEniEN jagdcatechismus 254;
vom dicliicht rausciit vor Hin ein reh,
un<l linit und will nicht fliehn.
Lenau gid. 132 (waldeslrosl) ;
in obscönem sinne: haltet mir einmal, usuram corporis mihi
praesta Stieler 740. dann auch bildlich: gleichwol seh ich,
dasz, ich jetzt in einem ganz fremden fclde halte. J. Paüi.
leufels pap. 1,109; hinter dem berge halten, an einem orte,
wo man nicht gesehen werden kann, daher von leuten ge-a;//. die
heimliclikeilen nicht kund thun wollen : sie Ihun das maul nicht
auf, sondern kriechen zu winkel, halten hinder dem berge,
und ziehen die pfeifen ein. Lutuer 5,369'; so sag heraus,
narre! was hüllst du hinter dem berge? Lenz 1,277.
Dieser bedeuluiig fällt zu der imperativ hall I der nicht immer
als verhalform mehr gefühlt wird und einen plural haltet! (halten
sie! Lessing 1,594) seltener und in mehr gemdszigter rede ent-
wickelt ; häufig ist er vielmehr zur inlerjcciion abgcblaszl und
formell so erstarrt, da.iz er auch mehreren personen zugerufen
wird: die muszquetierer giengen auf sie losz und schrien:
halt, halt! jene aber antworteten mit röhren. Simpl. 1,49
Kurz; halt! ich will ihn noch ein wenig zappeln lassen.
Lessinc 1,289; halt! halt! herr burgermeisler. Kotzebue
dramat. spiele 2,313; rief der alle frohnbote überlaut: halt!
Immehman."« Münchh. 4,58;
doch halt! ietzt meri< ich erst den braten. Picandes 2, 371.
es ist militärisches commandowort , zu stille stehen auffordernd.
z. b. sclion bei Bücki.er kriegsschule 292 ; es wird endlich auch
substantivisch als ncutrum verwendet: als .. dem schieichenden
ein gebieterisches halt entgegenschallte, gartenlaube isaa «.71.
die nachdrückliche , durch angehängte interjcction verstärkte form,
mhd. hallA:
haldä, raorder, halt! er rief, pas.üonal 15, 30 Köpke;
und haltä du, getriuwer degcn. irojun. krieg 30304;
dauert noch in den frülteren zelten des nhd. fort: halla schau,
da komt qualerdausz. Garg. 97'.
b) transitives iialtcn, soviel wie aufenihalt geben, beherbergen :
vorfemede, vorwisede und vorfunle lüde halden, hiisen, her-
bergcn. Urkunde von 1453 bei Wernrke fehnigerichte (lH(i\) 5.75;
lieber kriegszmann, ich habe seer vil kind und pesindt,
darumb weisz ich dich auf diszmal nit zii hallen. Wickran
rollw. 64,27 Kurz; in mil ihr in ire kammer führt, da sie
in eliirhe tog mil groszcm murmeln der andern nunnen hielt.
geschichlen und hislorien (1583) 283"; und datier reflexives sich
hallen gebraucht von dem längern aufenihalt an einem orte: es
hall sich kain jnd in allen myns gnedigen fürslen und herru
von Wirtemiierg landen oder geliielen. Heccmlin verslentnus 2';
durch einen Venediger, der ein zrill.ir.g allhic und zu Leiitizik
sich gcliaiten. Meianciitiion r;i. an Albrechl 'iS ; also hat sich
in solcher hesziichen wohntmg (ron einem kürper gesagt) »<t\cl\vi
feiner schätz und Irefflicher verstandl gehalten. F.. Alrerus l';
der künig hell sich nit über zwen tag in den gemeüren,
sunder lü feld in gezellen. Fra.ir wtllb. 7'; Note Hob für
281
HALTEN
HALTEN
282
Pliarao, und hielt sich im lande Midian. 2 Mos. 2,15; Char-
lottens niedeikunft nahte heran, sie hielt sich mehr in ihren
zimmern. Gotiie 17,298;
haltend sich auf deiner wahrheil pfad. Weckiierlin 109;
als er auf seine guter gieng, und hier
nur einen tag sich hielt, war er sogleich
Ton dir erfüllt. Götuf. 10,206;
wo aber hielt er sich? Schiller 670.
auch in freierer anwcndung: dis sind die obersten unter den
helden David, die sich redlich mit im hielten in seinem
königreiche bei ganzem Israel, ichron. 12,10; hält sich mit
den Carmelitern. Göthe 6,201; die bemerkung, dasz die
geistlichkeit sich so lange als möglich mit dem herrscher
halten mag. 24, 327;
wo Parteien entstehen, hält jeder sich hüben und drüben.
1 , 402 ;
durch einander gleiten sie her, die schüler und meisler,
und das gewöhnliche volk, das in der mitte sich hält. 407.
in Oslpreuszen heiszl sich mit einem halten in unerlaubtem ge-
scbkchllichen verkehr mit jemand stehen. Frischbier sprichw. 1453.
c) sehr häufig ist sich halten mit bestimmendem zusatze ge-
braucht, um dauer eines zustandes, verweilen in einer bestimmten
[lösition zu bezeichnen ; zunächst von körperlicher haltung : der mann
liiilt sich gerade; der soldat halt sich stramm; dann auch
mehr geistig : wie man sich dann mit solcher angeschlagender
pfendten halten soll, weisih. 1,613; fleiszend euch nun, daj ir
euch von allen menschen scheidend, seliklichen ballend und
mü got in ewrem herczen zu allen zeiten umbgangcnd. Sl'so
briefe s. 49 Preger ; die 16te eigenschaft des bügers ist, das
er sich vernünftig und behutsainlich halte gegen dem wirte.
Keisersberc prerf. 44'; so haltet er sich als ein mnter gegen
iren kind. narrensch. 75'; damit sich aber richter und ur-
theiler an den peinlichen gerichten, die der recht nit gelernt
haben, in solchen feilen dester rechtmesziger zu halten « issen.
Carolina art. 138 ; lieber meister Peter, ich gebs euch so gut,
als ichs habe, und wie ich selber mich mit beten halte.
Luther 6,308'; wer sich also helt am feiertag. der heiliget
den feiertag. 311"; wie man sich christlich halten soll, zeit-
lich gut zu erwerben und zu halten, briefe 2, 595 ; wie seine
kinder sich scbendlich hielten. 1 Sam. 3,13; indem hielten
sich die Hispanier also ungebürlich mit rauben, Stelen. Frank
ivdlb. 223'; dasz ich mich dermaszen in meiner kindheit er-
zeigt und gehalten. Götz v. Beri.. 6; wie und was ich mich die
zvveen tag gehalten hett (im kämpfe). SO; sich zu halten in
reiner keuschlieit. Bocc. (1580) 1,86'; und welcher sich gegen
inen mit fluchen , wüten , toben , nur tyrannisch gnug kan
halten, der wird vor den besten geachtet. Fro.nsperg kriegsb.
1,90*; doch hielten sie sich hierinn also heimlich, dasz
keines dem anderen sein bulerische anfechtung entdecket.
Amadis 47; hierinn hielt sich das fräuwiein listig und lieb-
lich. 362; und sich so mannlich hielt, dasz der für den
be-jten ritler ■ gehalten war. 412; der feind hielt sich still.
Sinipl. 1,304 Kurz; wir sollen uns gehalten haben, dasz man
liichts böses von uns argwähnen können. 337; der sich leut-
selig gehallen. Schuppius 23; ich habe mich zwar nicht ge-
halten in kindlichem gehorsam , wie sichs gebühret hätte.
431; haltet euch wul. H.\ppei. acad. rem. 86; ich hielte mich
:iuch, dasz ich nicht viel bücher kaufte, als die nur lustig
zu lesen waren, gefl. ßnken 16 ; du hast dich wacker in den
schulen gehalten. Schiller 127; Melina befahl sehr strenge,
sie sollten sich nunmehr ordentlich halten. Güthe 18,262;
man applaudirte sich wechselsweise, man hatte sich selten
so wohl gehalten. 19,21; die fuhrleute, die sich noch wegen
ihrer pferde am hartnäckigsten gehalten hatten, wurden
niedergeworfen und gebunden. 19,40; mit der mutier und
den leulen wuszte er sich gut zu halten, und so war er nach
und nach ein glied der familie geworden. 19,278; halte dich
brav, bräunchen ! {zu einem pferde gesagt). Immermann Miinchh.
J, 133;
da? wir wellen
uns halten brüederliche. Engelhart RS5;
wie well wir uns nun halten
in diser groszen geschieht,
die so schwärlich wider unsern herren ist?
Uhland voUist. 482;
Woltrost streich gütlich seinen hart,
und bilt sich nach der weisen art,
sein antwort was nit gar in eil. Scbvva8ie;<bbrc 157';
also helt sich die schnöde weit,
wann einr sich freundtlich lu ihr helt.
E. AlBBHl'S 144';
bericht mich, wie hals ein gestalt,
dasz ir euch so ganz übel halt.
Gr. Waoer untrew Biij';
ir ist gestolen alles gelt,
darumb sie sich so übel helt. Cj";
seht ihr, wie die grosze well
sich nach art der kleinen hält! Fleming 45;
so komm doch, schöner tag,
dasz ich mich gegen ihn recht dankbar halten mag. 98;
den sieg hat er bei sich, wenn er sich tapfer hält. 109;
wer andern dient, ist hcrr, so fern er from sich hält.
LOGAC 1, 77, S;
frau Schnipsen hatte körn im stroh,
und hielt sich weidlich lecker. Borger-,
SO werd auch ich ja wohl auf meiner hut
mich mit dir halten müssen? Lessing 2, 309;
du sagst mir, so möchte
meinetwegen die menge sich halten im leben und lesen,
wie sie könnte. Göthe 1,341;
so lerne was rechtes, und halte
dich gftnügsam, und nie blicke nach oben hinauf! 402;
ich hab nun zwanzig jähr mit ehren mich gebalten. 7, 43;
er begann sich noch mehr als früher von den Zusammen-
künften der schloszbewohner fern zu halten. Immebhann
I Münchh. 2.30; hielte man sich von einseitigkeit frei. Göthe
I 52,306; sich bereit halten; dann schwitzten wir jungen frei-
lich an allen fingern, wenn wir bei einem gebüsch oder
i gehölz vorbeimarschirten und uns verfaszt halten muszten.
j urme mann im Tockenb. 141. auch unsinnlicher sich allgemein
j halten, in einer rede, einer darlegnng , wenn man auf ent-
j Wickelung von einzelverhdltni^'isen nicht angeht.
\ d) ältere quellen brauchen halten in diesem sinne auch ohin'
sich: schantlich halten, turpiter se gerere Dasyp. ; halten s»
' enge, reden so kleine, als wenn sie die aller ehrlichsten
I wären, engl. com. 1, cc2'; desgleichen (lese man) Curtiuin von
I den babilonischen Weibspersonen, wie sie in gastereien erst-
lich fein züchtig gesessen und sehr enge gehalten, hasenjand
1629 5. 64; die Jungfern {in der stadt) tragen ja dinger wie
die weiber. nein , bei uns musz eine magd wie eine magd
halten, inteiim 355;
das er so unbedächtig helt,
und in ein grobes lasier feit. B. Ri.ngwald /. w. 216;
wenn er seine zeit ersieht,
so helt er wie ein bösewicht. 377.
e) in gleicher weise steht sich halten von gegenständen , die
länger in einem zustande dauern: im winter hält sich fleisch
lange frisch; speisen, die im keller aufbewahrt wurden,
hielten sich lange schmackhaft; er helt sich selbs feucht.
Agricola spr. (1560) 16'; lästs (das fleisch) also eine Zeitlang
im salz liegen, hengt es hernach in den rauch auf, so hält
es sich lang gut und Wohlgeschmack. Böcki.er kriegsschule 978.
Der bestimmende zusatz wird , als leicht zu ergänzen , vielfach
unterdrückt, wir sagen: das weiter hält sich, das weiter hält
sich noch immer, verstanden in guter beschaffenheit ; das weiter
halt nicht mehr lange. J. Paul unsicJitb. löge 3.105; halten
ding, die sich minder als der welsch wein über jar halten
lassen. Gary, isg"*; {das brot) wird hart und Wohlgeschmack
und hält sich 2 jähr. Böckler kriegsschule 972; hierbei ist aber
auch zu wissen , dasz dieser wasserwein sich nicht länger
als drei wochen aufs längste halten wird. 977; die hole war
zimlich proviantieret mit eiern , welche sich in derselbigen
, übers jähr halten. Sinipl. 2. 262 Kurz ; das sei wie geräuchert
fleisch, speck, mettwüiste, bering, bickling und dergleichen,
das könne sich wol über sommer halten, und entgehe ihm
nicht. ScHCPPiüs 163. die gleiche fügung von der dauer eines
Verhältnisses:
I früh oder spat, es konnte sich nicht halten,
1 wir muszten brechen (die freundscliaft). Götiib 9, 197.
j f) so wird ferner auch sich halten verwandt , um stand und
I beschaffenheit einer suche oder angelegenheit zu bezeichnen : quid
j ergo? wie nun? wie helt sichs denn? Air. uu4', die ge-
I brechen, so sich halten zwischen . . cleger und beclagten.
I Haltaus 787 (fon 1499) ; weil es nicht gewis ist , wie sichs
I mit den todten hell, si> kan man den spruch nicht wol dahin
■ deuten. Llther 2,367"; on zweivel verstehet irs. das sichs
, also helt. 4, 377"; aber so helt sich diefse sache. s. 18l';
: sage mir wider, wie sichs helt. i Mos. 37,14; mit dem goi
lo-en halt es sich aber nicht also. Acricola sprichw. (1560)
152'; mein .Mcodeine, es helt sich mit diser newen und
gei«' liehen gehurt, gleich als wenn du in einem starken
283
MALTEN
HALTEN
284
winde gehest. Mathesius Sar. 33'; denn mit Gijjo» hell sichs
one zueilVl im gründe also: Giges ist ein iandsasz oder
edelman in Lidicn. I6i'; die vergleiciiung, conformitet, pro-
porz und ziisamnienreimung darinn halt sich also folgender
maszen. Garg. 127'; aber die sache hell sich viel änderst.
W türz practica d. trundarzn. (1612) 192 ;
ich musz g-en hören wie sichs heh,
dasz sich ineiii weih su hiirniig stell.
Gii. Wagiskr uiilrt'iL' liiiij';
das ht die wei.sz in dieser weit,
liu weist, dasz sichs nicht änderst helt.
E. Albbrus löS^,-
(ilii liübesl) in dem grund verstanden,
wie sich das singen halt, auf pfeifen, lanten, geigen,
und vilein bftimmzeug mehr. Rosipler 7«,
venß. rerlialten. auch hier trill {wie bei d) die ßgung ohne
sich auf: wie hält es denn mit Liseltens ausslaltung? Les-
stNC 1,287;
doch niemand sorget nicht vor das heqiiemst» mittel,
wie es im ehestand um das vergnügen hult.
PlCAiSDEIl ■!, IMI!),
allein, wie hfdt es nun mit unsers feindcs haut?
Hagedorn 2, .iO;
wie hälts? wir sind wohl von der spur? Göckingk 3, 17.
g) die redensatt es läszt sich noch halten mag hier ange-
schlossen werden , sif deiilet an , dasz eine von andrer seile als
tinqewölinlick lien'ori,chobene sache immer noch als in normalem
zustande befindlich angesehen werden kann: mache sie sich
immer nicht so grosz. ich dächte, es liesze sich mit ihrem
verstände noch hallen. Gellert 3, 190; es läszt sich mit
meinen jähren noch wohl halten , und meines allers wegen
könnte ich noch lange lehen. s. 211; die neugierde der bc-
wuszten person ii;ich dem mannscript hat sich halten lassen.
er hat nicht eher wieder daran gedacht, als bis er mich vor
einigen tagen wieder zu sehen bekam. Lessing 12, 2S2.
h) verharren und bleiben bei einem oder etwas bezeichnet eine
dir altern spräche gdäußgc fügiing von sich halten viil dem
geniliv, eine fügung die nach dem vorbilde der verba des warlens,
p/Jegens , gewohnens gebraucht wird (gramm. 4, 657) : mhd. ej
was oiich in der kraft Daniel begäbet unde hielt sich gotes,
deutsche mystiher 2,351; nhd. die sich nun ihrer weiber hielten,
theillen sich nach der gefenknis von disen. Frank «ceW». lOi'-,
sich der kiinigen halten, umb seines nutzes willen, regibus tili
Maaler 20!)' ; an vier sachen erkennet man einen menschen,
■)b es räthüch sei sich seiner zu hallen, oder zu entschkigen.
Bltsciiky l'almvs 157; häufig von sachen, lehren, griindsätzen
u. niini, wo durch die fügung das unwandelbare der gesinnumj
hervorgehoben wird: mhd. si (die seele) helt sich des götltchen
gesmackes. d. mystiher 2,342; si hallet sich liiich der gäbe,
da mite got sin aller liebesten friunde begäbet hat. 412;
nM. wo nicht, halt ich mich des Spruchs, man mus got
mehr gehorchen, denn den menschen. LiJTnER l,lis'; wes
sül ich mich nu hallen, wenn es so v\idernander dringt?
4,120*; wes sich auch die prieslei' mit dem canon halten
sollen, wissen sie wol. 344'; halle dich nur der schrill. 43i>';
die Prediger und pfairherr sollen sich dieser genanter lere
halten. 5,243'; die andern haben sich gehallen und halten
sich noch des Spruchs, s, 129'; so sind sie doch für im
alle gleich sein lieiie geste, so sich seines worls und beleihs
halten. 2U2'; und ich mich desselben pacts so steifgehalten.
briefe i, 237; wesz er sich halten soll, wenn er . . die kappen
sdll wieder anlegen. 3,456; müssen wir uns des sprüchworts
iiallen. 5, 363 ; diszcs seind anzöigungen , deren sich ein
yegklichcr chirurgicus halten soll. Gersdorf fcldb. d. wund-
urznei 21 ; bei dem g ihnen urteil Ideiben und sich drssel-
bigen hallen, in eo qnod jntlicdliim est sture Wkm.er 2()9'; sicii
der kürze hallen und flei^/cn, brcvilalem cnslodire 'joy'; der
sich ihrer {der götter) gebotl helt, und wo kein hofTimng
mehr bei den menschen zu erholen, so kommen sie zu liülfT.
buch d. liebe 217'; wir hallen uns hie der scbrift, welcher
wir s-ichcr glauben können. Matiiesics Sar, is'; aber die
königin . . hat des Dunieli.<) nicht vetgessen und sich seiner
lere auch gehallen. S4*; sondern sich seines prlldgirlen ter-
mins und zeit zu hallen. Atber proc. 2,9; er v\i! «ich das
«uf seinen reisen unter den halbkrislen gesehene uolleben
nicht Terableilen lassen , bondern hillt sich des vulerlandes
und aposloli^chcn glaubens. Bi tscuky hd. kanzellei 44 ;
mein frnnr, bis «lAit in triucn.
halt dich desz gleich von mit
vveisz nicht, wes niirli hiulUrter halten.
It. Waldis Emi}) 4, 3, 21 ;
das sich das reich halt eurs bescheidts
und uemh denselbn zum keiser an.
AvRKR I2ti' (636, 10 Keller).
7) von dem begriffe des ueilens steigert sich halten zu der
bedeiUung aushallen, ausharren, wieder in mancher weise.
a) absolut : halten, bei eim ding beharren und dem nach-
kommen mit allem treüwen. Maaler 209'; wer mag die Iftiige
{in die länge) halten? Luther 6rie/"e 2, 64 ; fielen zu rück und
verachteten alles, wie ire veter, und hielten nicht, gleich
wie ein loser bogen, ps. 7S, 57; denn es .sind viele freunde,
weil sie es genieszen können, aber in der noih halten sie
nicht. Sirach 6,8; es sind auch etliche lischfreunde, und
halten nicht in der nolh. 6,10; omachen sie, dasz mir das
wolkenbild halte, und ich will meine glühenden arme darum
schlagen. Schiller 740; alle diese phrasen werden .. mit
einem langen haltenden ton auf der vorletzten . . sylbe aus-
gerufen. Götue 29, 273;
desto fester sei bei der allgorarinen erschüttrung,
Oorolhea, der bund; wir wollen halten und dauern.
GÖTIIB 40, 337;
eine milde wärmende
hallende begeisterung. Rückert 369.
für ein beharrliches bitten und drangen : hab ich an m. Philippus
gehallen . . die schrifl zu lesen. Lcther briefe 2, 491 ; vergl.
anhalten 1,365. sprichwörtlich: er hält, wie der hase bei der
trummel, animus in pedes decidil Stieler 740; hält wie ein
zerbrochener armbrust. Schottel 1116'. kleider, tuch, schuhe
halten, dauern eine benutzung aus; aber auf die länge kann
dieses mährchen nicht halten. Güthe 14, 144; ein kranker hält,
bä einer schmerzhaften Operation, das kind hält sagt man, wenn
es bei etwas unbequemen die geduld nicht verliert; sie hielt wie
ein lamm. Leipz. avant. 1,121; er hallt in der marter stille,
sine motu corpus praebel cruciatiii Steinbacii 1, 673 ; der herr
hat den staur, einen gefährlichen slaar! er kömmt nicht aus
meinen bänden , bis ich ihm denselben gestochen habe !
halte der herr im guten, oder ich brauche gewall I Habeneb
sat. 2 (1761) 245.
Vielgebraucht ist fest halten, wo fest adverb in der bedeiUung
beständig, tapfer ist {vcrgl. 3.1561): sein knecht hielten vest,
schlugen sich über in her. Wilw. v. Schaumb. 73;
hierumh, lieber kaiser, halt fast.
LlLIENCRON votlisl. 2, 58";
ähnlich id hart halten , standhaft , dann auch hartnäckig aus-
harren: were is sache, das die von Helfenstein hart hiel-
ten, und woklen dem manne ader tier personen nil ende
geben, so stille der herre vom lande ime ende geben, weisth.
1,601; und meint Wilwoll nil änderst den das dise, damit
er sich schlagen must , ungerisch waren , darumb si vasl
hart hielten. Wilwoll von Schautnbiirg ~,1; die gliedmas seines
tleischs hangen an einander, und halten hart an im, das
er nicht zerfallen kann. Hiub 41, 14; sie halten so hart
an dem falschen goltesdieiisl , das sie sich nicht wollen
abwenden lassen. Jer. 8, 5. in unpersönlicher fügiing hat sich
bei hart hallen ans dem begriffe des slnndlialtens, der ausdauer,
der des hemninisses ergeben: nirgends hielt es härter, als au
obgemellen glatten ort. Simpl. 1, :>7 Kurz; es wird hart hallen,
den schiisz herauszubringen. Immermans Nünchh. 1,151; fui
hart hallen wird nachher auch schwer hallen gebraucht: es
würde vielleicht nicht schwer gehalten haben, die wiikung
seiner natürlichen Unbeständigkeit um etliche wucheii zu be-
schleunigen. WiELAMi 3, 5s; wo find ich einen weisen mann
in Indoslan? es wird schwer hallen, gnädigslcr herr. S,4lu.
/<) auch unjiersönlich : ich wills überwinden und sie heul
nicht sehen, wenn es hält, bis abend. Götiik an frau von
Stein 1,39.
c) mit i'irtlich heslinimeniieni zusnlee: «erden sie .. im ganzen
aber immer auf einem hekeiiiilnisse hallen. Göthk 38. 9 ; je
illler wir werden , je fester, hart nackiger hallen wir auf
unscrn mcinungen, iiiaxiinen, gewohnhrilen. Klinuer ll, 245 ;
denn bis auf die zeit hielten ir noch viel an dem hause Saul.
] c//ron. i:i, 20; halten an der angeboten hofTnung. welche
wir haben als einen sIcIrmu und festen anker unser secle.
//rbr. 6. ts; andre haben in ihrem Unglücke das glücke, das
ihre freunde bestiludig au ihnen hallen. IlLiscnnY hd. kan-.l.
424; sie hall mit ihr gröszieii dciimth an den ehrbaren silten
ihrer vorfahien. Geimmt :t. im -o unüin «n f.st au ein-
ander halten. Gönn
2S5
HALTE-N
HALTEN
286
drum haltet lest zusammen. Scuiller Teil 4, 2;
(Amor) der seine lieblinge für ernste proben spart;
doch dem geprüften, dessen heldenglaube
fest an ihm hält, ein weibchen guter art
zum schönsten erbtheil aufbewahrt. Götter 1, 253;
haltet fester nur am echten. Uhland ged. 'Jl ;
die von Augsburg halten fast übel bei gottes wort und iien
Predigern. Spalatix bei Luther 5,35'; bei ihm ehrlich und
getreu zu halten. Scuiller 351;
wijl dem, der bei ihm {Jesus) hält!
A. Grtphics 1ü9S 2, 394.
statt des dativs wird mit der praep. der acc. der richtung ver-
bunden: auf seinen vorsatz halten {von ihm nicht abwachen).
Klinger 9, 264, der wol auch in folgendem gefühlt worden ist,
wo auf einander halten das beharren bei gemeinsamen interessen
an zagt : nachdem die pauren mit dem kalck, den sie zu der
stat füren, sere auf einander halten , und eiiier des andern
schont, darmit sie denselben iren kalck auf das höchst
mochten an werden. Tücher baumeisterbuch 93.
d) transitiv, etwas aushalten : was wirt Abraham in den hun-
dert jaren Unglücks unter äugen gestoszen sein , das sein
herz manchen harten puff hat müssen halten. Lltber 4,136';
dasz er oft den tod geschrien , aber umb jeden schrei vier
streich mit der karbatsche auf die waden halten muste. Phil-
ander (1650) 2,583; ohne zu bemerken, wie wenig sie die
probe hält. Wieland 14,325; ich bin fleiszig, was nur mein
köpf halten will. Göthe 29,279;
und welches mädchen hält wohl diese feuerprobe? 7,51.
so in mehreren formelhaft gewordenen redensarten , wie stich
.halten, mit einem wol vom turnier hergenommenen bilde, da der
ritter von einem speerstiche nicht aus dem saltel gehoben wird:
das sich solche nicht gern zur disputation geben, noch einem
richtig unter äugen gehen , als die den stich nicht trawen
zu halten. Ldther 4,449'; wer sie {die heiligkeil) gerecht, so
hielt sie den stich. 4S7'; der halben das buch den stich
nicht halten würde, so es sollt von den Widersachern ange-
fochten w erden, briefe 2, 325 ;
doch möcht er meiner notli vergessen,
den honig gar alleine fressen.
denn damit hält er keinen stich.
frosclimeuselnr I 2, 11, Lij".
ähnlich ist stand halten: ich wollte den mann zur rede setzen,
aber er hielt nicht stand, beharrte nicht auf der stelle wo er
war, sondern zog sich zurück; allitterier.end verbunden ist stand
und stich halten: hilf mir, dasz meine Atalanta endlich stand
und stich halte, inlerim 131; früher sagte man auch fusz halten:
nun, du wirst dich noch besinnen,
dasz ich bei dir ganz und gar
fusz zu halten wfllens war.
Opitz pocmalo (1625) 176;
kehr um und halte fusz. Fleming 623.
Wer recht fleiszig ist, arbeitet was das zeug halten will, das
knüpft an die Iragfähigkeit und dauer eines viel benutzten getcebes
oder tuches an. von wasserdichten stiefeln wird gesagt sie halten
das wasser oder halten wasser, bewahren im wasser die cigen-
schaß der undurchdringlichkeil: diese Stiefel halten wasser, sie
lassen kein wasser iiinein , in his ocrcis pedes non madeßunt
Frisch 1, 403' {verschieden davon ein andres wasser halten,
■'S. no.S,b); gute schiffe hallen ebenso die see: konten die see
nicht hallen. Mascov 1,109; in dem seetreffen wurden sieben
schiffe auszer stand gesetzt, das wasser zu halten. Heilmanx
Thucyd. 947.
h) halten hat sich zu der bedeulung anhalten , zurückhalten,
hemmen gewendet; es berührt sich hier mehrfach mit no. 6.
a) in absoluter Stellung, mit dem sinne sich zurückhallen,
stocken, säumen, ist es wenig gebraucht:
als dem richtcr schon nah, ihr lührer, ein biramlischer jiingling:
folge I noch einmal der seele gebot, und sie von des todes
schrecken nun ganz sich ermannete, hielt sie im schweben.
Klopstock 6, 31 (Messias 16, 445),
eimge verse später wird dieselbe Situation durch noch säumte der
todle bezeichnet; wann ich nur länger gehalten hätte, so wäre
ich noch wol höher ankommen. Simpl. 2, 19 Kurz, es war ihm
line hauptntannsstelle angeboten und er hatte ohne überlegen zu-
geschlagen; der alhem hielt an ihrem herzen. Klisger 5, 297.
In bürsenberichten heiszl es Verkäufer hallen noch aus dem
iiMrkle, säumen mit dem verkauf der waare bis auf günstigere
hedingungen: haupteigner hallen noch aus dem markle. Weser-
zeilnng 1S50. 4S7(i.
b) transitiv, einen, etwas zurückhalten: quämen bi^ zu ime
und bilden en {dclinebant illurii). daj her nicht schide von en.
Behaims evang. buch, Luc. 4.42 ; (der vogt soll) die {zinsen) halten
so lange bisz er {der abt) gehorsam wird, wästh. 1,573; in
bezug auf Verbrecher, gefangen halten: suUent in da nemen und
in da halden bis an das neeste geriechte. weislh. 2, 2(i5 ; dann
in manchen andern fü:]ungen : das wer und hicsz den namen
Ot einen recht geieret , der in verstendig machet der zwo
klaren und deutlichen vereuderung oder theil dises worts.
als nemlich dg er zum ersten hört den starken buchstaben
{das 0), der alle rosz hell. V. Ickelsamer b7; ein schwerl
hält das andere in der scheide. Pistorics //ies. par. 7 wo. 63;
er hilf ihn im zäume, eum continebat in officio Steinbacu 1,674;
um die feinde Spaniens in furcht und zäume zu hallen, span.
Robinson i {l'3b) 1'.»'.); nach endigung des vorigen ahenteuers
liesz sich der baron nicht länger ballen, sondern brach wirk-
lich auf. Münchtiausens reisen 104; hallen sie mich nicht! ich
lasse mich nicht halten I Güthe 14, 1S3 : ich danke für den
antheil an meinem befinden, auch darüber bitt ich sich zu
beruhigen, denn wir halten durch keine sorge einen menschen
unter den lebendigen. Giitiie bei Scholl 181; es ist tod in dem.
was du lachend sagst ; wie mag das aussehen , was du an
dich hältst? Schiller 199; er ist nicht mehr zu halten wird
von einem menschen gesagt, der von einem gefaszlen entschlusse
nicht abzubringen ist oder auch, dessen verderben nicht mehr ge-
hemmt werden kann;
unsre iegliche kan iren man wol hallen,
wolt ir all als ich,
so merkent eben mich,
wir sein starker beiden drei,
und vor unsren mannen frei, fastn. s;). 490, 2S;
der angenehme thon der trillenden fonteinen,
und der gesunde klang, der in den kühlen heinen
sich von den westen regt, und ander süszes thun,
das hielte meinen sinn und hiesz mich länger ruhn.
Flehimg 52;
doch des Weinens
stimme hielt sie, und bald auch wieder den schnelleren athem.
Klopstock 5, 131 (.Messias 12, 4sl)-,
den hält er in der mitte seines laufes. Scuiller 230;
wohntet ihr dem ritterspiel nicht bei?
D. mich hielt mein amt. 415;
fromme nonnen hält der strenge zwang. 503;
länger hält die mutier nicht das zürnen. Göthe 1, 248;
aber die armen, sie hält strenge des orkus gewalt. 1, 273;
wenn ihnen eine tust im busen brennt,
iiält vom verräther sie kein heilig band. 9, 22;
■ um deinetwillen halt ich länger nicht
die menge, die das opfer dringend fordert. 9, 24;
ich trete sacht, ich halle puls und ödem. 13, 281.
Die ältere spräche brauchte dieses halten in der bedeutung zurück-
hallen mit vor verbunden, vergl. enthalten C,b,d theil 3,553,
vorhalten und vorenthalten: darumbe so were ej wider gotes
güeti, das ^'^ *5ch uns vor hielte, deutsche mystiker 2,479;
wenne her gab dem vorgenanten gotishus einen walt widder
den sin vatir dem gotishus manche zit unde vel jar vor ge-
haldin hatte. Ködiz 51, 31 ;
wser diu stat so vesie
da; man in hielte vor diu tor.
Biierolf u. Dietleib 71S5 Jänicke;
bi hielten im vor burc und ouch marc.
Hagens lieldenb. 1, 268, S6S.
Das in derber rede oft gehörte das maul , den mund halten
mag hiei angeschlossen werden , es soll vom plaudern zurück
gehalten werden, sonst heiszl es auch das maul zuhalten : schweig
und halt das maul zu. richter 18,19;
schweig, alte, halt dein waschen zu!
H. Sachs 3, 3, 7»;
lieben kinder, lernet das maul hallen, denn wer es halt,
der w ird sich mit worten nicht vergreifen. Sir. 23, 7 ; hörstu
wol, das du das maul haltest. H. J. v. Brad.nscbweig 344 ; er
aber hiesz mich das maul hallen. Simpl. i, 335 Kurz; hall
dein maul ! Lessing 1, 289. Göthe k, 7 ; so haltet euer maul !
14,282; halts maul! Lenz 1,99.
das wasser hallen, urinam inhibere Frisch I, 403", verschieden
von dem oben 7, d angeführten ; nach dem kranken , der das
wasser nicht halten kann, sagt man witzig auch von einem Viel-
schreiber, er könne die linle nicht halten.
Unpersönlich lieiszt es es hält einen nicht, wenn er fort slirhf :
es hielt ihn nicht mehr in dem orte, wo er so viel ieid
crfabrcn; was hall uns, dasz wir nicht gehen?
287
HALTEN
HALTEN
28S
c) das ztirückhallen einer ausbrechenden ewpfindung wird dttrdi
sich halten oder an sich halten gegeben: Hipjiias, der sich
nun nicht länger hallen konnte, in ein lautes gelächter aus-
zubiec4ien. Wieland l, 2s4; wenn ihm einer nur das geringste
in den weg legt, kan er sich nicht halten, miuinio lacessitus
aul rcrbis aut verberibus excedil. Steinbach 1,674;
parten sich zum küssen immer,
hüten ohne sicti sich nimmer. Logao 3, 100;
Maria
Magdale hielt sich nicht mehr. Klopstock 4, "7;
Ailnm sah ihn um! hielt sich nicht mehr, mit glühender wange,
mit hinlliegendem haar, mit offenen hebenden armen
eilt er hervor. 111 ;
und die seraphira hielten sich nicht, und strömten ihr loblied
hin in den wonnausruT des aul'erstandnen ^rerechten. 5,26;
niemand hielt sich alsdann, »nid laut auf lachten die mädchen.
GöTHK 40, 255;
halt an dich, nit Schlags kind hisz dir der zorn vergat.
Keisebsberg siben schaiden h6'; red selten, halt an dich, das
du nil zu allen zelten redest, pred. 130'; söliche menschen
halten ewigklichen an sich und lugen, wie sie für sich sparen
und zusammen sanilen mügen. 53"; ich war zeuge von scenen
... die mich so empörten, dasz ich nicht an mich halten
konnte. Klinger 4,225; Wilhelm, der wohl merkte, dasz er
langer an sich zu hallen nicht im stände sei. Gothe 20,241;
ich konnte mich erholen , meinen vorsatz stärken so lang
als möglich an mich zn halten. 23,170; wie mich aber die
ältere bei licht besah, brach sie in ein lautes gelächter aus:
denn sie konnte wenig an sich halten. 26,11; er hielt an
sich und stand endlich, um sich zu verspäten, i. Paul Ilexp.
I, 164.
II. Besonders häufig hat sich halten in transitiver fügung und
in der mehr oder weniger scharf hcrvorlrclcnden bcdeulung fest
lialten , längere zeit führen oder haben, entwickelt, es ist bereits
unter haben (sp. 50) darauf aufmerksam gemacht, dasz wie oft
beide Wörter hallen und haben sich begrifflich berühren und eins
für das andere steht, ihre verwandtschaß auch äuszerlich durch
eine enge allillerierende Verbindung hervorgehoben wird: er hielt
und het auch stets oder gewfendlich vier oder fünf fürsten
an seim hof, den er . . soid gab. Wilw. v. Schaumb. 17; es
gezimmet sich nicht, das ich sie zugleich für eine ehfrau
upd auch eine bulerin halte und habe. Fisciiart ehzuclitbüchl.
440 Sciteible. nur ist der gebrauch von hallen «« diesem sinne
im mhd. zwar vorhanden , aber doch viel mehr eingeschränkt als
im Tthd., mekt steht haben dafür , wie noch jetzt oberdeutsche
mundarten das letztere gegen das erstere bevorzugen. — halten
bezeichnet
1) sinnliches fest halten: die multer hält das kind; der
knabe hält ein buch; die katze hält den vogel; fidcio ich
habs, i. halts, dasz nit fall Aluerus p2; do ginc her in und
hilt ire band {lenuü manum ejus). Bchaims evang. buch, Mallh.
!J, 25; und si suchten en zi"i haldeiie {quaerenles cum teuere).
21, 46 ; das feber halt den menschen , der strick den vogel,
der angel hallet den fisch, also golt halt den reichen.
KEisEr.sBEBC narrensch. 108*; der strick wird seine fersen
halten. Wio6 IS, 9; ich halt in und wil in nicht lassen, hohel.
3, 4 ; hall was du hast , das niemand deine kröne nemc.
o//en6. 3, 11 ; wie man sich christlich halten soll, zeitlich gut
zu erwerben und lial'cn. Llther briefe 2,505; halten ihn,
lialten ihn, man wird mich wol hallen. Garg. 04'; wer da gibt,
dem gibt gott «ider. und wer da hell, der hat. Mathesius
Snr. 20* ; d; sie (die alten hunde) mit iren stumpfen zänen
die hasen nicht mehr halten können. Schiltbürgcr 1599 s. 20;
ich habe, sagte sie, meinem Philips das kleine zu halten
gegeben. Göthe 16, 19;
da.« manche .'■prlclit: Heinz hör doch auf,
ec ich dich hui dem hör rauf,
und halt dich, pisz du ausz getobst.
fasln, tp. 385, 30 ;
ain plinder haltet wol ain liechi,
das mancher dabei recht geRJccht.
SciiWARZRNRKHU 133';
will dich faxücn,
»ill dich halten. Götk 1, 2.30; 1
"[>t<T hall ich hier, e« fehlt mir noch die kröne. <
12. 125; ;
mein biisen drAngt
»i(li nach ihm hin,
o dürft ich r.iiiiieu
und hnlicn ihn! 12, t7H-,
halte Hau ilu gloMbiil, ja ichmif
fcanz i\n\ vollen hitnnirl im. .\«iiit i/nl. ( l*»40) ii".
auch mit nnlerdriicklcm objecl, halt einmal .voi;/ man zu einem,
dem man änen gegenständ zu halten hingibt : halt fest {ein ding),
lasz nicht fallen ; vergl. auch haltcfest für den Itäscher sp. 274.
.'sprichwörtlich einem den dauincn halten, favere alicui , juvare
aliqucm, vergl. damiw 2,848. däumchen 2,845. ein jluch ist:
der teufel soll dir das licht hallen : ertapte ich noch ein-
mal so ein schindhund, der teufel soll ihm das liecht hallen,
ich will ihn gewisz wieder ängsten, das herz im leib sol ihn
knacken. Schocu stud. leb. I).
Dem vcrbum treten locale beziehungen zu: in der band, am
kleide, bei dem ärmel halten; sie hielten aber die fackeln
in iier linken band und die posaunen in irer rechten band.
richler 7,20; da sie aber zu dem man gottes auf den berg kam,
hielt sie in bei seinen füszen. 2 kön. 4, 27 ; in seinen benden
helt , füret und bewaclü, das inen kein haar vom haupte
fallen kan. Mathesius Sar. 3'; da er sein .. müllerhäublein
in der band hielte und .. reverenze machte. Sciiüppids 114;
(der tag) halt die morgenröthe .. schon um 1 uhr nachts in
der band. J. Paul fiegelj. 1, 27 ;
und halt ich dich in den armen
auf freien bergeshöbn. Uhland gvd. 33;
also helt si in stets bei ir, und liebt in so herzlich, dasz
sie ire augeii ab im nit ersettigen mögen. Amadis 402; halt
in gedächtnis Jesum Christum. 2 Tim. 2,8; sy halt in in
meisterschaft , sy handlet rauch mit im, habet illum arcle
contenti'que. Maaler 208'; sie hielten die offnen bände empor.
IIabener sat. 2 (1761) s. 248. unsinnlicher wird gesagt jemand
beim worte . beim veisprechen halten , das gegebene wort ist
das band, durch das einer fest gehalten wird,
Locale beziehungen, wenn sie durch an vermitteU werden, treten
entweder in den daliv: der mörtel hält einen stein am an-
dern; er hielt seine band an der lehne; so auch wenn sich
das vcrbum reflexiv fugt: das kind hält sich an der multer;
halten sie sich an ihrem tröste, dasz sie an alle dem Un-
glück nicht schuld sind. Lessi.ng 12,320; ich halte mich an
der billigen forderung. Kant 2,48s; er hielt sich an einem
historischen gange. Göthe 32, 181 ; bei dieser suche glauben
wir . . ganz richtig zu verfahren, dasz wir uns erst am ge-
wissesten halten. 51, 287; lebe recht wohl und halte dich
auch am lleisze. an Knebel 204; daher hält sich die juristi-
sche beurtheilung an den momenten, welche verhältnismaszig
die erkennbarsten sind. Trendelenbliic nalurrecht (l862) .v. 112;
— oder richtung und ziel des fa^lhullens werden durch den accu-
sativ hervorgehoben, wobei dann zugleich im verbum der sitm der
dauer etwas zurücktritt und mehr das momentane des ergreifens
sich gellend macht: das kind hält sich an die mutier; um
nicht ins wasser zu fallen, hielt er sich an das geländer der
brücke. Übertragen sagt einer ich halle mich an das fleisch,
an das geniüse, wenn er seine e.szlusl vorzugsweise daran befrie-
digen will; freilich musz ich mich an deine schafe hallen,
wenn mich hungert. Lessing 1,160; unsie vorfahren hielten
sich an den Unterricht, den sie in ihrer jugeiul empfangen ;
wir aber müssen jelzt alle fünf jähre umlernen. Göthe 17,48;
allen ansprucli auf erüiidung hatte er aufgegeben ; er hielt
sich an seine umrisse. 17,216; ich hielt mich tapfer an u:r
arbeil. 23,103; der mann der durch seine thätigkeit glück
befördern sollte, hielt sich au das traurige . . geschiifl, Un-
glück abzuwenden. Klinger 7,227;
ein Junggeselle kann sich nicht
stets an den liimniel li.ilten. 1'icamdkr 2, 313;
im ganzen, haltet euch nn worte. Göthr 12, üS.
auch bei rectitsansjtrüchen ball man sich an einen, der für befrie-
digung derselben einstchen musz: wenn der voigt den köhr zur
rechten zeit gefodert, und nicht ausgeben würde, sol sich
der herr an die guter halten, uristli, .i,V>:\; dasz dieser sich
an mich halten könne. Kamt 5,111; ich halte mich in ge-
dankeii ofi an sie. Göthe an Auguste Slulberg 61.
Genau uie un verhalten sich andere praepositinnen die :;■■•'■•■■■'■
dativ und accusativ regieren, namenihch auf. hinler, i
über, unter, vor, zwischen, ruhifie dauer der handlang i ,
den daliv, bewegung derselben nach einer richtung hin dm aceu-
i(Uiv. danach ist untnschieden : er hielt die band hinter dem
rücken oder hinter den rücken; mau hält ein kind über die
Iniife {all palhe, von dem halten ülier das taufwasser), auch über
der laufe; die fiuu hiill den schirm vor den äugen; in der
linken hielt sie ein feriiglas, welches nie aber nicht brauchen
konnte, weil sie blind war; gleichwohl merkte uh. dasz sie
289
HALTEN
HALTEN
290
es für ihr gesiebt hielt, um den mangel der äugen zu ver-
bergen. Rabener sal. 2 (1761) 5. 243; wie um das mädchen
zu schützen hielt er die band über sie; und hellest deine
band über mir. ps. 139,5; wo gott nicht band ob mir ge-
halten hätte. Philakder 2,38; über ihr halten schirmende
geister die bände. Immermann Münchh. 1, 215. denselben ge-
dchtspunkten unterfallen adverbiale fügungen, wie er hält den
arm unten, und er hält den arm herunter; ich mein nrt das
man gute Übung underwegen lassen soll , man soll sich all
zeit üben, man sol aber nicht darauf bauwen, noch daruff
sich halten. Taller {Basel 1522) 33*.;
der die ehre oben hält. Abkdt ged. (1840) s. 237.
Die lelzleren beispiele zeigen zugleich, wie das festhalten in die
bedeutung schirmen, stützen übergreiß, die letztere tritt auch ander-
ueil hervor:
so kommen wir, so brausen wir,
und schwören rothe räche,
und gott der herr ist mit uns hier
und hält die rechte sache.
Ab«dt ged. (1S40) s. 234;
so auch in der redensarl einem den rücken halten :
gott geb euch auf die reis gelück,
und halt euch euer engel rück. H. Sachs 2, 2, 252";
und halte nicht dem böseivicbt den rücken.
KoHGEUL innocentia 56.
Sicht mehr verstanden dem Ursprünge nach ist einem die slange
halten, ihn schützen, seine partei ergreifen, es geht das von einer
alten form des Zweikampfes aus, in welchem der kampfwärter dem
an der erde liegenden überwundenen eine stange vorhält, um
weiterem eindringen auf Hin zu wehren, s. Schm. 3,648: ich
habe mich weidlich vor einigen wochen über das dumme
.\Itonaer postpferd geärgert, welches noch immer den hage-
dornischen lesarten die stange halten will. Lessing 12, 51S;
religion ist auch parthei; und wer
sich drob auch noch so unpartheiisch glaubt,
hält, ohn es selbst zu wissen, doch nur seiner
die Stange. 2, 298.
2) der vorigen bedeutung schlieszt sich ein Spielerausdruck an,
etwas halten im spiele, von dem festhalten eines einsalzes gegen
einen andern: er wolle alles halten, wenn er nur noch ein
äuge mehr hätte (in der karte). Wesesigk spieisiefren (1702) s. 103;
2. Spieler, die würfel her. wer hält diesz klümpchen? Faust, ich.
Fr. Möller 2, 83 ;
daher auch das spiel halten:
denn einer der sin sl.rtekeit
an ein einig vrouwen leit,
und nit lebt denn wie diu wil,
der haltet ein verlorn spil. tiedersaal 1, 213, 102;
man hat dir iez ain wal aufgeben,
der bösen karten so vi),
nun lug bei leib und auch bei leben
und halt kain böses spil. UBLAno rolkst. 482;
beim hazardspiele die bank halten:
ich habe niedrig nie gespielt,
seit ich das spiel begonnen,
und wo dem feind die bank ich hielt,
da habt ihr stets gewonnen. Ri;cKERT 208;
eins halten, ein spiel: (drei vagabunden .. würfeln), komm
doch Crugantino, halt eins. Güthe 57,166; ferner ich halts
beim zu- und wetltrinken Scbm. 2, 186.
Von diesem spielerausdrucke scheinen zwei Wendungen in die
gemeine spräche eingang gefunden zu hohen.
a) grosze stücke auf einen, auf etwas halten, gewissermaszen
als einsatz, in der sichern hoffnung zu gewinnen, das stück gebt
auf das geldstück: sie können sich gar nicht vorstellen, herr
Selicour, wie grosze stücke mein söhn auf sie hält. Schiller
parasit 1,6; die andern uhus aber hielten grosze stücke auf
den raben. Eichendorff Lucanor 122; auch viel, wenig, nichts
auf einen halten {unlerscineden von viel, wenig, nichts von
einem halten , vergi. 11, g, doch ist bei der groszen ähnlicfikeit
beider fügungen und weil der Ursprung der hier behandelten redens-
arl nicht mehr lebendig gefühlt wird, Vermischung eingetreten, wovon
ein bezeichnendes beispiel am Schlüsse dieses abschnittes, vergl.
ferner das auch in der form hier anklingende auf etwas halten
oben sp. -lil) : ich wil! viel auf dich halten, wenn du das thust,
hoc praesta et mihi magnus eris Apollo. Stei.nbach 1, 674 ; er hältt
viel auf die bäder, magnam adscribit virlutem balneis das.;
F. also wird sie uns wohl nicht zu tische behalten? L. ich
zweifle sehr daran, sie hält gar nicht viel auf das essen.
Gellert 3,147; beide hielten viel aufeinander. Güthe 24,182;
dasz sie ein mädchen sei, die etwas auf sich halte. 18,71;
IV. II.
auf das empfindsame volk hab ich nie was gehalten. 1, 402;
unsere nacbbarn, die Franken, in ihren früheren zelten,
hielten auf höflichkeit viel. 40, 318.
In der fügung grosze stücke von einem halten hat vermiscimng
mit 11,5 stattgefunden: ist das war. seid ihr herr Florettrip,
davon mein herr Aminla so grosze stücke hell? engl. com.
2, G7.
b) es mit jemand halten , das unbestimmte object soll doch
das spiel bezeiclinen, das mit einem gegen einen andern gehalten
wird: lagen ime zwo stet, namblich Linz und ßeinmagen
bei dem Reinstramb (ström), die es mit herzog Ruebrechlen
und herzog Kailn hielten , im weg. UV/«', v. Schaumburg 21 ;
hieltentz mit denen von Friburg wider die von Bern. Elterli.n
chron. d. eidgen. (1507) 27'; die es nit mit uns halten. Garg.
224"; derer ist mehr als zu vil, welche meinen, indehm sie
gott in ihren sünden duldet, er halte es gar mit ihnen.
BcTSCHKY Patmos 781; wer die tochter haben will, der musz
es mit der mutter halten. Pistorius thes. paroem. 6 no. 53 ;
wer das megdlein haben will, der balt es mit der mutter.
amanles amenles D8;
der verdacht hat mich ergriffen, hält sies mit ihm? sage,
hat sie sich von seinem glänz verblenden lassen? Klinger
theater 3,188; ich halts mit herrn Tomm. Engel philos. für
die well 21;
het nuhn der bischoff recht gethan,
das evangeli genomen an,
und hets mit uns gehalten. Hildebra;«d volksl. 189 (r. 1534) ;
doch ists ein alter brauch,
wers mit den weibern hält, der bat die männer auch.
GöTHE 13, 23;
sonst hielten wirs mit der nachbarin . .
mit der hat er uns auch entzweit. 60;
ich halt es mit dem schlichten sinn,
der aus dem volke spricht. ÜHLAnii ged. 90.
3) halten kann auch ein länger dauerndes fest halten aiu-
drücken , es Idszt sich dann etwa durch behalten, bewaltren um-
schreiben.
a) oder wer wil erzalen die guttheten die uns bewisen hat
sin gotheit? er hat uns beschaffen, er regiert uns, er ver-
sieht uns, er halt uns in wesen, er beschirmt uns. Keisers-
BERG bilg. 49"; die steiukolen . . halten fewer wie die meiler-
kolen. Mathesics Sar. 57* ; nun wüste ich wohl i. f. g. brauch,
dasz sie nicht lange zorn halten konnten. Schweimchen 1,125;
dieser jüngere Endymion, welcher biszher in Thüringen ein
gnugsamb groszen acker baute, und seines geschlechts würde
mit bäurischer einfalt gehalten hatte. Schcppios 734 ; sie sind
um einen hauptmann verlegen , vor dem alles volk respecl
hält. GöTHE S, 139; auch ihm wird die zeit vergehn, der köpf
schwindeln, und die dinge wie zuvor ihren gang halten. S, 219;
dasz nun auch die spräche herrscht, höchlich gilt und lieb-
lich schilt,
dieses macht der tbeure held, welchen altes Anhalt hilt.
LoGAD 3, 105, 18 (auf ßrst Ludwig von Anhalt,
den Stifter der fruchlbr. geseltsckaft) ;
ohne leben lebt der weit,
wer nicht gut gewissen hält. 3, 211;
wenn nur unwandelbar dein herz mir treue hält.
GoTTKB 2, 375;
und so haltet, liebe söhne,
einzig euch auf eurem stand. Göthk 3, 294;
die Zither ist entzwei! an der ist nichts zu halten. 12, 194;
lebe wohl, du nimmst mein herz mit,
denke drauf, wie dus willst halten. Tikck Octarian 2, 4. act.
Einige hierher gehörige fügungen sind mehr oder weniger formel-
haß , so das feld halten , zunächst von der behauplung des
Schlachtfeldes: die noch das feld hielten. Mascov 2,108; wie
Hannibal und die Römer auf dieser wasserlosen brennenden
tläche den sommer hindurch das feld halten konnten, ist . .
unbegreiflich. Nieblhr 3, 227 ;
ea fehU an volk, er kann das feld nicht halten.
Schiller 451";
die färbe halten , zunächst von der echten färbe der garne und
zeuge gesagt, dann auch auf gesinnung und zusage bezogen, zahl-
reiche beiipiele stehen 3, 1323: die Vertraulichkeit meines ...
manns verursachte, dasz ich ihm gleichwol färb hielte (treu
blieb). Simpl. 3, 35 Kurz; Laquinde, welche auch solche ver-
liebte neigungen hegte, die ihrem mann im geringsten nicht
färbe hielten. Salinde 101;
herr Hüoq, als er sie gar ehrbar aufgehoben,
erwiedert ihren d.nnk mit aller höflichkeit
der guten alten ritterzeit.
die zwar so fein, wie unsre, nicht gewoben,
doch desto derber war, und besser färbe hielt.
WiELA>D 22, 11« (06eron 3, 39);
19
291
UALTEN
HALTEN
292
\Nort halten, versprechen *baUen , von der beuahrung und
scMieszlicJten eifüUung einet' gegebenen zusage, manchmal noch
gam sinnlich aufgefaszt: was ich promitlirt habe, wil ich mit
beiden bänden halten. Happei. acad. rom. 93; meine leser
werden mir verzeihen, dasz ich hierinnen mein versprechen
halten musz. Rabener sat. 2 (1T61) s. 239;
der herr hat wori an uns gehalten,
wie er verlieiszeii hat den alten, trag. Joh. Hj;
nun, verrälherisch halt er sein wort. Götub 1, 2*8;
an slelle von vrort erscheint ein unbestimmteres object:
und wenig gehalten und vil versprochen.
fasln, sp. 727, 6 ;
o ir narrischen bauren grob,
pralzgraQscben sprechen: ich gelob I
was haben si euch allen gehalten?
LiLiENCRON volksl. 2, 504';
ja was man redt und halten thut,
das kompt zu gutem gelten. Ambr. twderb. 46, 17;
doch bleibet, Tantasieii ! bleibet, träume!
ihr dünne schatten bleibt, die ewig lügen,
doch mehr uns halten als das dicke leben!
Arndt ged. (1S40) 225;
ähnlich dem wort hallen sind andere fügungen: das er seinen
eid hielte, den er ewren velern geschworen hat. 5 Mos. 7,8;
die ir uns nach ewerm zusagen und versprechen trew und
glauben zu halten und zu leisten schuldig und verbunden.
Schillbürger 1599 s. 18; treu und glauben halten. Butscmky
Patmos 195; ein .. gerechtigkeit liebendes gemiit, das trew
und glauben haltet. Kirchhof tvendunm. vorrede; so doch den
Christen geboten ist, auch feinden .. glauben zu hallen.
LcTHER 8,27*; schütz, friede holten: wann einer köstliche
haushaltungen hat, vil pankete ansteUet, auch heilosen lieder-
lichen leuten schuz hält. Butschry /irf. ftawr/, 311 ; die wilden
thier auf dem lande werden fried mit dir halten. Hiob 5, 23;
ruhe halten: schweig und ball ruhe!; dasz er ihn gleich zum
hause hinauswerfen werde, wenn er nicht ruhe halte. E. T. A.
HoFF.MAX.'» 10,265; pflichl halten:
und dj ich Woltrost {dat.) halt mein pflicht,|
brait ich sein leer durch disz gedieht.
SCUWARZKNBERG 159*;
sübst eine aussage halten : (zeuge) hell auch solches bei
seinem eide. Reuter v. Speir kriegsordn. 50; ferner den ton
halten:
nun kommt, ihr habt den ton gar brav gehalten.
TiECK 2, 203 ;
reinen mund halten : ich aber antwortet ihm in gleicher
sprach: und du bist wohl ein schelm, wann du die geheimnus
dieses stücks nicht verschweigst . . er versprach, reinen mund
zu hallen. Simjil. 3,217 Kurz; ich bin auch verschwiegen;
ich will es keinem menschen sagen; ich kann so gut reinen
mund halten, als du. Cronegk 1 (nes) s. 35; reine hahd halten:
Clifford war ohne viele mittel, man rechnete es ihm um so
höber an, dasz er in den geldgcschäflen reine band hielt.
Raxke engl, gesch. 4, 391 ; endlich auch die wage halten , die
Stange hallen {terscliieden von jenem oben l .i/). 289 anqcjhhrlen),
das gleichgeu:icht bewahren: seine lugenden und seine fehler
halten einander die wage; daher kan man eines mit dem
andern also vermengen, dasz so sie einander die wage hallen.
HOUBERG 1, 361';
so ist kein mann der weit,
der diesem ungethüm von kind die stange hält.
RücKKKT Hohlem (ls:j») 43'.
6) zum object Irill ein bestimmender znsalz: einen im ge-
wahrsam halten;
acb, io halt man mich in meiner klause! Götue 1,243;
in gehorsam halten :
dei berren gegenwerdigkeit
bell in gehorsam knecht und meid.
Schillbürger 1599 «. 13;
in ehren halten: halt seine (gdtes) priester in allen ehren.
Siraeh 7, 31 ; weh, die verborgen sein wollen für dem hcrrn,
ir furntmen zu vcrhelen , und ir thun im (Instern halten.
Jes. 29,15; dasz viel Icule mich in verdacht geballen, als
bütte ich das traclätlein gemacht. Scnuppius Ol.'>; etwas im
Stande halten, in dem zustande bcuahren, in dem et sich be-
findet, er ball seine wirtbschaft im stände, in gutem stände;
der ziuaiz ist auch aeggelassen : an dem eingangc eines parks,
den prini Chigi, der besitzen, auf eine wunderliche weise
halt, nicht unterhalt; — hier bildet sich eine wahre wildnis.
(»r<TiiE 28, 6, im gegensatze zu dem unterhalten, uas eine pflege
hervorhebt, soll hallen hier nur das bewahren im zustande eines
parkes überhaupt bezeichnen;
die ganze Christenheit auf erden
helt in einem sinn gar eben. Luther 8, 362*.
Der bestimmende zusalz ist ein adjectiv: ich sprichc mc das ir
gar lüccel und wennig ist in diesen serclicben gegenwertigen
eilen die das fule stinkende fas . . also sufer und also
schenne hallent, das das fas noch der eddelcn seilen wrde
smackende. Merswin 63; so an dir hängen, so um dich sein,
so in dir leben — dasz doch mein ganzes leben von dir
abhängt? dasz ich docb so nichts für mich übrig hielt?
Klinger thealer 4,142; etwas bereit halten: weil sie 4 sauber
meuhlirle zimmer jederzeit bereit hielte, cavalier im Irrgarten
(1738)33; eine Zeichnung, einen characler zart halten; etwas
geheim halten; hieltest die leichen heimlich in deinem hause.
Tob. 12,12;
so halt die ding noch still ein zeit,
bisz ichs dem König zeige an.
Atrer 43' (230, 28 Keller) ;
einen gefangen halten; die uns gefangen hielten, ps. 137,3; da
hielt in Arsaces gefcnglicb, und lies in bewaren. lAfacc. 14, 3;
wie hält sie meinen sinn gefangen! Uhlako ged. 25;
furmcl hält uns nicht gebunden,
unsre kunst heiszt poesie. 40;
wie? hielten schwere träume mich befangen? 131;
er hielt meine knie . . . fest umschlossen. Rabener sal. 1
(1757) s. 265; slraszen, das haus, zimmer, den kürper rein
hallen ; ihr pharisäer haltet die becher und Schüssel aus-
wendig reinlich. Luc. 11,39; ich will nur meine thüre rein
ballen. Lessing 8,198; Götue hat mit weglassung des objects:
nicht jedes mädchen hält so rein. 12, 138;
gclränke kühl, kalt halten; einen munter, rüstig, auf den
beinen halten;
schweisz und masz in deinem thun, und die gottcsfurcht dabei,
dich zu halten lange frisch, sind genugsam diese drei.
LocAU 2, 156, 187;
aber die nachte hindurch hält Amor mich anders beschäftigt.
GÖTHE 1, 265;
dann glüht ein lämpchen noch auf dem verdeck,
ein docht, vor windesungestüm verwahrt,
und hält dem Steuermann die nadel hell.
Uhland ged. 121;
da hielt ich deine lieder aufgeschlagen. 127;
die eine hielt den rechten arm erhoben,
hindeutend auf gebirg und ström und aue;
die andre hielt, damit sie besser schaue,
die linke band der sonne vorgeschoben. 135;
vater, mutter schnarchen leise
in dem nahen schlaTgemach,
doch wir beide, selig schwatzend,
halten uns einander wach. II. liBi:«E werke 1, 60.
so wird das verbum auch vom festhalten des körpers oder einzelner
körperlheile in einer bestimmten läge, einem zustande gebraucht:
stolze leute halten den köpf hoch; haltet eure äugen offen;
das mädchen hält den körper schief; die obren steif halten,
für unverzagt sein, weil das tliicr , wenn es kleinmütig ist, die
obren hängen Idszl : aber da kommen sie, nun ballet die obren
steif. Pkltz Ihlberg 557; das war wohl gesprochen, sich den
magen warm zu halten. .'^cHlLI.KR rduber 2,3; wollene strümpfi-
hallen die füszc warm ; bei kleidungsstücken wird gewöhnlich
auch das object ausgelassen : der pelz hält warm.
Formelhaft, wie schon manches der vorhergehenden beispiele, üt
einen kurz halten, ein bild hergenommen von dem kurz fassen
des Zügels beim pferde und gewendet auf eine pcrson der man
wenig freiheil gestaltet: halten sie ihn kurz, ich bitte sie.
GOthe 21,110;
so treibt sies fort mit spiel und lachen,
es holTt der oft bctrognc ihor;
doch will er .«ich ein bischen unnütz machen,
hält sie ihn kurz als wie zuvor. 2,94;
ferner einen frei hallen, vor der rtrp flichtung bewahren, etwas
verzehrtes zu bezalden: habe ich dich nicht jenen abend nur
noch frei gehalten? Lessinc 1,414; wo ein mann, der eine
edle that getban, gleich auf zeitlebens in allem frei gehalten
würde. Göthk 14, S9; dafür steht einen zu gaste bSilen: ja
ich hielt bursch von andern rcgimenlern zu gast. Simpl.
1,278 Kurz; endlich einen schadlos hallen, damnum praeslare
Frisch 1,022'; mOgc doch das gute, das ihnen aus unserm
freundsrhafliirben Verhältnis entspringen kann , sie einiger-
maszcn schadlos b^ilieii für die leiden, die sie in der zwischen*
zeit ausgestanden haben. Göriie 13, 9.
293
HALTEN
HALTEN
294
Auch adve)-biale Verbindung hol slatl: dasz du mir .. immer
fein selbst nach deinem rappen siehst , hab ihn dir darum
geschenkt, dasz du ihn auch wohl hältst. Fr. Miller 3,42;
hier ist der mantel, er hat mich wohl gehalten. Göthe an
frau V. Stein l, 70.
c) so kann diesz halten, von besilzlhum jeder art gebraucht,
den sinn zusammenhallen, im besitze bewahren, annehmen: der
treffliche mann, kraft und vermögen haltend. Göthe 21,97;
und das tritt vorzüglich hervor, trenn das verbum in der formet
zu rathe halten gesetzt ist: ich hielt das meinige zu rathe;
wer ihr aber vorwirft , dasz sie das ihrige nicht zu rathe
hält, der begeht keine geringe Verleumdung. Gellert 3,148.
4) in ähnlicher •u-eise wird halten t« bezug auf eine uaare
gebraucht, der man einen getvissen preis bewahrt: weizen wurde
zu 90 thaler der wispel gehallen , in börsenberichten ; an der
Oberweser hört man nicht selten klagen , dasz das körn
keinen preis halten wolle. Moser phantas. (17"S) 1, 307 ; in
dem märtyrerbuch des L. Rabi wird erzehlet , dasz einsten
in Niederlande ein bildschnitzer ein künstlich marienbild ver-
fertigt habe, den ein mönch gefraget wie hoch ers hielte?
als nun jener das bild etwas theuer gehalten. Ernst gemfits-
ergelzlichkeiten (1697) s. 557; wie hoch haltet ihr ihn {den
Sklaven), mein freund? Wieland 1,62; hier erblickte er die
Statue des Jupiters, und fragte den künstler, wie theuer er
sie halte? Lessing 6,427 note; die gerügte und stuhle sind
früher besetzt, obgleich die platze theurer gehalten werden.
Göthe 29,270; rappsamen ab Eider . . wird jetzt 2 thaler
bco. pr. last höher gehalten. Weserzeitung 1S59, 4872 ;
Lucinde (wer sie kennt), hält kuss und scherzen theuer.
PiCAKDER 2, 295 ;
du wirst wohl sehn, wie theuer man es {ein crucipj:) halt.
Lessing 1, 110.
5) gegen einander gehalten werden dinge bei rergleichungen
oder abwägungen , um ihre eigenschaflen zu beurlheilen: wenn
man dieses tuch gegen jenes hält, so erscheint das letztere
besser; deine gründe gegen meine gehalten, magst du wohl
recht haben ; die abgeschrift oder copey gegen dem rächten
original halten, conferre descriplionem cum tabulis .Maaler 209';
die letzten ding gegen den ersten hallen , conferre noiissima
primis das.; ein exempel oder beispil gegen dem anderen
halten und vergleichen wölches das besser oder das böser
seye, exempla aliorum conferre das.; dasz die plagen und con-
tributionen sehr schwer gewesen, wenn man solche für sich
allein betrachtet, und nicht gegen andere zeiten und exempel
gehalten werden. Schuppics 7S3; so man zwei widerwertige
ding inn ihrer art und specie, als gut und bösz, tugend und
lasier, warm und kalt, schwarz und weisz, lust und schmerz,
freud und leid und andere widerstrebende sachen zusamen
halt und vergleicht. Garg. 124*. Dagegen aus einander hält
man dinge die in keine gegenseitige beziehung treten sollen.
6) halten vom steten be-jbaclüen , innehalten der feste, Satzungen,
geböte, brauche, u. ähnl. : drei mal soll ir mir fest halten im
jar. 2 Mos. 23,14; darumb so haltet meinen sabbath. 31,13;
haltet meine feiertage. 3 Mos. 19,3; meine feire haltet. 30;
und Mose redet mit den kindern Israel, das sie das passah
hielten. 4 Mos. 9,4; die hochzeit ward mit groszem könig-
lichen pracht gehallen, l Macc. 10, 58 ; und begeren , das ir
itzt wolt die kirchweihe mit uns hallen. 2 Macc. 1, 9 ; da man
DU das grosze spiel zu Tyro hielt. 4, 18 ; ich wil bei dir die
Ostern halten. Malth. 26, 18 ; wie die engel alle unsere feste
mit freuden gehalten, also sollen wir auch tuhn. der engel
Gabriel hielt das fest der Verkündigung Maria. Bctscbky
Patmos 174 ; Weihnachten halten. Ranke engl, gesch. 2, 538 ;
ob gleich beruff und stand pflegt sabath-tag zu halten,
soll dennoch stets sein amt das christenthum venvalten :
den lästern ist geschafft zu hallen feiertag:
der tugend ist vergunt zu würken, wann sie mag.
LoGAU 1, 207, 59;
wir wollen eine lustge faslnacht halten. Scbillkr 391 ;
gestern ist meine freitagsgesellschaft wieder angegangen ; ich
werde sie aber wohl nur alle vierzehn tage halten, Göthe an
Schiller 222; dasz ich . . in einer tonne wohne, von höhnen
und wurzeln mahlzeit halte. Wieland 13, 13 ;
dem ritter sag,
dasz er mit uns das nachtmal halt.
hisloria Magelond ipilweis Biiij;
geh hin und bit sie überall,
mit uns in halten da< abentmal. Cviij;
gotl sprach zu Abraham , so halt nu meinen bund. 1 Mos.
17,9; meine Satzung soll ir halten. 3 Mos. 18,4; die wege
des herrn sind eitel gute und warheit, denen die seinen bund
und Zeugnis halten, ps. 25,10; das alle ander gesetz aufge-
haben . und allein des herrn gehalten sol werden. 2 Macc.
2,23; denn die pharisäer und alle jüden essen nicht, sie
waschen denn die hende manchmal, halten also die aufsetze
der elteslen . . und des dings ist viel , das sie zu halten
haben angenommen. Marc. 7.3.4; wer meine gebot hat und
hell sie, der ists der mich liebet. Joh. 14, 2i wer mich liebet,
der wird meine wort halten. 23; was eine mutter den kin-
dern heiszet. wil er (der herr) gehallen haben. Sir. 3.3; wir
leszen ettüche ding nit das wir sie halten, sunder das wir
sie verwerfen. Reccblin augensp. ll'; darum verordnet die
kirch das man die bücher ßuffini und Origenis hallen sol.
12'; die apostel haben verboten, blut und ersticktes zu essen,
das hellet man itzund nicht mehr. Lcther 6,377'; er hielt was
die gelerten lehren. Garg. 45'; des landcs Satzungen hallen.
GöcKiNCR 3,154; demnach unser generalfeldzeugmeister strenge
kriegsdisciplin zu halten pflegte. Simpl. l, 282 Kurz;
mhd. er hielt mit vli^e den orden
an allej widerfehten. twölfjähr. mönchlein 46;
nhd. ein ieder gierig nach seinem wahn.
und hielt verloren sitten. Llther 8, 364*;
so wollen wir, was gott gewollt,
mit rechten treuen halten. Arndt ged. (1840) 194.
am königlichen hof in Egypten waren viel böse brauch, allein
Joseph hielte sie nicht. Schcppics s. 141 ; die . . Perser halten
den gebrauch in ihren gottesdienslen. pers. rosenth. 2, 13,
anm. b;
wie die kinder sich begehn, also hält den brauch
Curttus mit seiner fraw: kinder kratzen auch.
Lociu 3, 233, 81 ;
für den brauch halten wird vielfach kurzweg es halten gesetzt:
als ire vorfahren und eitern daz also gehalten und . . . her-
pracht hellen, weislh. 3,368 (von 1469); nachdem die erben
verzeichnet sein, ob den welche weren, die nicht gezeichnet,
wie maus dan halten sol? 3,280 (von 1688); so wurde es
ehemals gehalten, hie oltm mos fuU. Frisch 1,403*; wann es
ordentlich im hause gehallen wird. Schuppics 27; jedoch wer
es auch in unserer teutschen (spräche) halten wil, und zier-
lich fortbringen kan , der mag es thun. Weckberlin vorrede
zu den ireltlichen gedichten;
wills aber einer anders halten,
so mag er nach belieben schalten. Göthe 2,203;
die Werdens alle ganz anders halten. 3,294;
auch keinem hats den schlaf vertrieben,
dasz ich am morgen weiter geh,
sie konntens halten nach belieben,
von einer aber thut mirs weh. Uhland ged. 60;
nur wenige winke, wie es mit dem hausgeschäfle zu halten
sei. Göthe 17,66; hör er, auszenmensch ! sagte der ehr-
liche nachtwächter, ich habe einmal wo gelesen, wie es seine
alten vorfahren mit leuten, wie er einer ist. gehalten haben.
Klopstocr 12, 300. — Bei handwerkcn wurde das geschenk
gehalten, der brauch beobachtet, durchziehende gesellen mit einem
geschenke zu verseilen: köntest doch nur jetz das allerverächt-
lichste handwerk, das sein mag, so fändestu gleichwol meister,
die dich des handwerks halber aufnehmen, und dir das ge-
schenk hielten, wann sie dir gleich keine arbeil geben. Simpl.
3,153; die beiden freunde hielten regelmäsziger die stunden,
ja die minuten der Zusammenkünfte. Göthe 17,68; weil er
tag und stunde halten und überall richtig eintrefifcn müsse.
23, 56 ; der lauf des himmels hält seine bestimmte ordent-
liche Veränderungen. BüTscHKY Paini. 7; takt. masz, Ordnung,
richtung halten; halte masz in allen dingen; ich sich nit
das man ein maasz halle, fieri modum non video. Maai.er 208';
abher si wellent der ciistenlicher ordenunge nüt halten.
.Merswin 56; dasz sie die schranke halten konnten. Dahl-
«ANN politik 1, 22.
7) hallen, etwas fortdauernd führen, in leitung und aufsieht
haben; so haus halten: so hielt er auch sonst auf Diogenisch
in der teschen hausz. Garg.bb*; mit halben kosten hell man
auch haus. Schottel 1124'; *■. eure weiber, halten die gut
haus? Tr. haus halten sie wol, das unglück ist nur, dasz das
haus sie nicht halten kann. Prutz Holberg 568 ; haus und hof
hallen. Weckherlin 233, s. haushaltung, hofhaltung; recht
halten : man sagt ein geiziger iandvogt halle gar schlimmes
recht, bärt. frauem. 18 ; buch halten, ein kaufmännischer aus-
19*
295
HALTEN
HALTEN
296
druck, vgl. buch 6, thcil 2, i&S : o wie lierüch, das solche reiclie
herrn als Fuggar und Medicos, nicht allein stattlich buch
halten , sonder auch herrliche bücher aufhalten , auch die
gelehrten wul vergelten. Garg. 275*; dazu die genuesische,
llorenzischc und venedisch buchhaltung. 190';
Eulenspiegcl sich geliigct hat
darnach zur Weser in ein statt . . .
und woll auch schier buch halten Ichrn (lernen),
weil sehr viel kaufleut dahin kehrn. Euleinp. 216".
neben buch halten geht register hallen: indem ich alle morgen
das fleisch , so eingckaufct wurde , sehen und register dar-
über halten wolle, span. P.obitison 3 (1730) .<t. 125.
8) daher auch etwas ausführen, von einer handlung, die nicht
im momente beschlossen ist, sondern eine längere lhäliijl;eH fordert :
eine rede halten, tcofür es im millelaller hies: eine rede tunn,
hin : der abgeordnete N. hielt heute im rcichsfage eine zwei-
stündige rede; mit groszen herrn soll man nit lange sprach
hallen. .Neaxopk 23; solches war der inhalt des gesprSche«,
das ich mit dem Joseph Navarro hielt, span. Robinson 1 (I7:t5)
290; meineslu, dasz ich dieserwegen eine vorrede halte?
t'vlsenb. \. vorrede ; haben sie collegia gehallen, haben andere
dociref. Schupimus 787; ufT wyhennachten ein sermon, von
dreyerley geburlen , gezogen uff die drey messen , die man
uff denselbigen lag hell. T.kvler (Basel lh2^) bl.l'; da hielten
sie ein seer grosze und bittere klage. I Mos. 50, 10; vers nach
der Lateiner arl, die sie hallen in metris trocbaicis. P. Reb-
Hiirji klag des armen manns 5; nicht unbequem, ein Verän-
derung zu hallen, das.; in einer schlacht, die er mit den
Indianern gehalten. Simpl. 1, 147 Kurz; ich muste der zeit
erwarten, weil man mir zu gefallen doch keine schlacht ge-
halten. 3, 41 ; allwo er auch erfuhr, was ich vor eine schlacht
«ehalten, ehe ich zu ihm kam. 3,20; in der schlacht, die
Antonius mit Auguslo gehallen. Bctschky Palmos 26S; nach-
dem er fünfzig feldschlachlen gehalten, und allezeit victori-
siret. SciilppiijS 92; hätte er nun eine feldschlacht mit ihm
gehalten, s. 107; andachl halten; nach gehaltenem gebet.
Fr. Nicolai im leben desseWen vonGückingk s. 13; kirche, schule
hallen; wache, obacht hallen; ralh, gericht halten; und der
könig hielt einen ralh mit seinen obersten. 2 chron. 30,2;
und sie kamen zusamen mit den ehesten, und hielten einen
rat. MaUh. 28,12;
da thronen sie beisammen und halten eifrig rath.
UuLANU ged. 'HA ;
wer den hoff inne hat, sal in der zeit kein gerichte halten.
weisth. 3, 526 (ton 1380); ir haltet das gericht nicht den
menschen, sondern dem herrn. 2 chron. 19,6; in der allit-
lerierenden formet geding heegen und hallen, weisth. 1,581; die
kammer hat eine silzung gehallen; er selbst wollte nach
Schottland sich begeben, um das parlament zu hallen. Rankk
engl, gesch. 2,493; daselbst pflegten sie sich allzeit zu ver-
sammeln und gemeinde zu halten. Schiltbürger 1599 s. 26 ; ab-
recbnung hallen. Rabener sat. 4 (17.') 7) .v. 204; ein spiel hallen,
partei halten; das frauenzimmer hielt Elbensfeins parlhie
gegen die caraliers. cav. im trrj/arlcn (173S) s. 37 ; können sie
wohl glauben, dasz ich ihre partei gegen meine Schwester
habe hallen müssen? Lessing 1,405;
wollen da auf ihrem {der geliebten) scbosz
tafel halten. Göckihck lieder zweier lieb. (1779) 25;
musik halten, auch ein lied hallen: denn es ist kein nea
lied, das er hell, es haben viel irriger leut vor auch gehallen.
FcK 6« Luther 1,14S"; miltagsruhe hallen; rast halten;
dort steigt der graf vom rosse, dort hfilt er gute rast.
UuLAKD gcd. 358,
9) halten geht über in die bedeulung längere zeit führen oder
liaben, es berührt sich hier mit haben sp. 59, nur dasz bei hallen
die fuhrung det eigenthums zu bestimmtem zwecke oder bestimmter
rnwendung vorausgesetzt wird, die Verbindungen sind hur, wie
bei der vorigen bedeulung, zahlreich: der kaufmnnn hilll von
dieser naare stets reichen vurrat , er h.'ill ein lager von
weinen; wir hallen eine zeitung; es wird fortw.'ihrcnd feuer
auf dem herde gehallen; ein sciiifl" halten; dasz die fOrger
ein schiff halten sollen, weisth. 1,020; ferner sollen die fOrger
einen riarheu halten, der nnbefchlosscn ist. das.; halte keine
gemeinscbaft mit dem untiichligen pöbc! ; '- ' ■■tmg. 9,1«;
wir wollen gute freundscliafl hallen;
die mit um hall':, ' ju um r.n im %inyii.
I.OOAU I, 205, 4H,
die Spanier, welche ein Simulation mit der andern vertreiben
und disz böse Sprichwort halten: sage ein lügen, und du
wirst die warheit ergründen. Scmuppius 763; bei Luther sogar
kosten halten, wie jetzt kosten haben : herr George zu Sachsen,
der wie einem löblichen christlichen fürslen geziemet, die
dispulnlion zugelassen, geordnet, und nicht ein wenig kosten
daroh gehalten hat. l, loo'. formelhaft ist einen zum besten
halten , als spotlzicl haben und brauchen {vcrgl. beste 3, theil
1, 1662), einen zum narren hallen.
Steht halten liier in bezug auf lebende wesen , so trtU die be-
deulung unterhalten, ernähren, besonders deuilich hervor: o wollt
gott dasz du . . von einer pfrund oder deinem väterlichen
erb dich halten mochtist. Luther briefe l, 509 ; reiche leute
hallen viel dienerschafi; dasz man dafür gar reichlich drei
bediente in livrei hallen könnte. Rabener sal. 3 (1757) s, 20;
bald heist es: gieb mir geld zum spiel,
bald: halte mir noch mehr gesinde. Picander 2, 285;
hier werden gaste , kosigängcr gehalten ; dargegen soll der
Orden schuldig sein zu hallen einen stier, ein hier (eher),
ein wider, ein bannen, und ein stettigs fewr uf dem hoeff.
weisth. 1,611; ein kind hallen, es ernähren, aufziehen, s. halle-
kind sp.2H; huren hallen, scorla ducerc Steinbach 1,672; der
mann hält sich ein reilpferd; ein pferd auf der streu halten,
equiim alere Stieler 740; daher wieder ein Steckenpferd halten :
und hält er [der weise) ja ein slcckenprcrd,
so ist es diesz : der weit zu lachen. IJöcsingk 1,26;
auch sagt man, hält er (.4po/io) einen schwan. Borger 28V
10) hallen für enthalten, in sich schlieszen: ein scheffel hält
16 melzen, ein eimer 60 quart; dieser band hält zweihun-
dert blätter; gekurnis (silber), des die mark zwölf lot fein
oder darüber hielt. Nürnb. polizeiordn. ibl; das fasz hält zwei
eimer, istud dolium duas amphoras conlinet. Stieler 739; sie
mögen wol ellich thalmud haben, die kainen sundern schmäh
noch kelzerei hallen. Reuchlin verstentnus 13'; das es {das
herz) ernstlich begere, was die wort halten. Luther 1,239*;
das erste capitlel hält in sich die naraen derer persohneu.
jwrs. reisebeschr. 2, 1 ;
ir feindsbrief hält vil päser wort,
und trat der Unschuld raib und mort.
ScawARZSRBERG 153';
ein comedi . . .
die hell inn ein historia. U. Sachs 5, 213';
in unsrem land ist alles, ja auch das nichts geschätzt,
wir sind als alcliymisteii in höhern rühm gesetzt;
sie machen gold ausz kupfer, wir aber geben geld
von dem was gar kein wesen, kaum einen namen liält.
LooAU 3, 176, 17;
sagt, ob auch die natur noch ein solch Stiefkind hält?
Gdntuer 935.
auch mehr äuszerlich , umfassen : diese dramaturgie soll ein
kritisches register von allen aufzuführenden stücken halten.
Lessing 7,3;
(und dasz) mein katalog der schönen geister
kaum eine viertelseite halt. Götter 1, 451.
Dieses halten findet sich auch absolut gebraucht, von schrift
und rede , in dem sinne uruseres inhalt haben , lauten : meine
regel hell also. Luther 3, 469*; so mus Lucas te.xt nach
Ecolampads meinung also halten. 3,496'; und schrieb einen
brief, der hielt also, apost. gesch. 23,25; und von dem datum
eines briefes: euer königlichen wird schreiben, des datum hell
zu Grenwick am zwenzigsten tag des februarii, haben wir
empfangen. Luther 2, 2is'.
11) hallen gehl endlich auf das geistige erfassen und festhalten,
und gibt meinen, beurtheilen, schätzen, in mehrfacher weise wieder.
a) mit einfachem oliject im nccusativ: aber die andern spre-
chen, es sei in die sIjiII Dan gesetzt worden, das haltet
auch sanclus Hieronimus. Ihank «r//6. 17t'; was denn ir guti*
nachbarn hallen und gleuben würden. Luther 3,33; E. wo
es dazu kommt , so mögen darnach auch du und ich pfaff
werden. //. das halt ich auch. Hütten 5, 2«b Münch; bei
disera ersten opfer . , , wollen es die geleiten halten, habe
der sone gotles Adam eiserne schlachimesscr gezeigrt. Ma-
THKSIÜ9 Sar. 7*; es sein zwei, welche ein christlicher mann
hallen und betrachten soll, wie ncmlich er in diesem und
im zukünftigen leben wol möge leben. Schuppius 762. hierher
auch die bis heute häufige frage was hallst du davon ? was hast
du für eine meinung wm der suche {verschieden von dem viel,
wenig von rineni mirr cuviv IiiInmi inii.n ,A- \v:is IliIihi ihr
davon? GOtiik 14, IVI
297
HALTEN
HALTEN
298
b) das object ist näher bestimmt: einen solchen unver-
schempten büsen wurm hette ich e. cardinalische heiligkeit
nicht gehalten. Luther 1,361*; unser schwermgeisler .. wollen
noch grosze lerer gehalten sein. 4,502'; gott will den nicht
unschuldig halten , der leichtfertig und falsch schwere!.
Mathesics Sar. 20"; die alten haben diese art zu schreiben
nicht so gar geringe gehalten. A. Gryphius 169S 1,2; also
wird er auch nicht kleinmütig werden , wann er ärger ge-
halten und für boszhaltiger ausgeschryen wird, als er in der
that ist. ScHDPPiLS 309 ; dasz Christus seinen glauben vor-
zöge und gröszer hielte als aller pfaffen. 360; dasz gleiche
begierden und gleiche zuneigunge nach unterschied der zeiten
und Personen jetzt lugenden, jetzt aber laster gehalten und
geachtet werden. 531; bei denen so die tugend gering hallen.
561; jetzo auch werden sie {die handverke) von vielen schmäh-
lich gehalten. 737; ein lachen, welches er zum nachtheil
seines Zwerchfelles länger zurück zu halten unnüthig hielt.
Wieland 1, 98 ; die spartanischen Jungfrauen scheuen sich
nicht, in einem aufzuge gesehen zu werden, wodurch in
.\then die geringste metze sich entehrt hielte. 1,148; auch
hielt sich Hippias sehr überzeugt, dasz es so v»eit nicht
kommen würde. 1, t7S ; diejenigen unter seinen getreuen, die
er dieser belohnung würdig hielt. 8, 14 ; Nurmahal hielt sich
. . . ihres sieges über die schwärmerische leidenschaft des
Sultans gewisz. 8, 449 ; o ihr menschen, die ihr euch so klein
haltet , haltet euch von der andern seile nicht so grosz.
Klopstock 11, 109 ; denn die ganze Stadt des siegers hielte
sich heil widerfahren. Winkelma.n.n 4,16; der gnädige herr
hielt euch todt. Schiller 131; die wir eben so unveränderlich
hielten, als das haus und die Stadt selbst. Götbe 18,104;
liebte sie mit den knaben die kleider zu wechseln , ... ob
es gleich von ihren pflegeitern höchst unanständig und unzu-
lässig gehalten wurde. 20,273; da hielten die niedern agenten
der rohen gewalt ihre zeit gekommen. Sybel geschickte der
revolutioiiszeil 2, 248 ;
hält sich doch nicht geringer,
als der, so viel gesehn. P. Flehisg 134;
der sich entfreit von angst und ketten hält.
A. Crtphius 1698 1, 51 ;
nur meuscheo,
die, den unsterblichen nachzuahmen, thiere wie er sind,
hält er schätzbar. Klopstock 3, 193 {Messias 4,612);
ach, er hielt es nicht raub, gott gleichen!
5, 114 (Hess. 12, 157);
nach den stunden, der erde nestimmt, ist am abend die stunde,
welche richtet, gekommen-, ihr hieltet wabn sie; sie aber
ist gekommen. 6, 128 (Mess. 18, 416);
kennst du ihn denn? ich hab ihn todt gehalten. 9, 31;
ich weisz, dasz ich ein trunkener schien,
und so hielten mich auch die gesellen, schonten den kranken.
GöTHB 1, 3U0;
die geschichtlichen symbole —
tbörig, wer sie wichtig hält. 4, 379;
doch hielt ichs besser, wenn er strenge wäre. 8,209,
du hältst unmöglich, was dir mühe kostet. 9, 66;
erst gegen sie, die ich so heilig hielt. 9, 8t ;
unsittlich wie du bist, hältst du dich gut. 9, 157;
ob alle deine diener diese that
so unbedeutend halten, zweifl' ich fast. 9, 163;
du hältst es recht! 9, 165;
ich halte recht, was er behauptet.
Shakesp. Heinrich VI., I, 2, 4;
ein frei gemüth,
das ehrlich jeden halt. Othello 1, 3.
c) der beslimmende zusatz tcird durch für {vgL 4, 628 — 630),
vur, als vermittelt: Plato ist hiebevor auf allen schulen und
Universitäten für den weisesten mann gehalten worden, und
wird noch von vielen philosophicis vor einen weisen poli-
ticum gehalten. Scbl'ppius 6; so würden sie ihn nicht für
ihren freund halten, s. 7; der reiche hielte dem weisen solche
bitte sehr für übel. pers. rosenih. 3, 13 ; die welileute sind in
der that nicht zu verdenken, wenn sie uns andre für ein
wenig mondsüchtig halten. Wieland 1,99; so halt ich mich
von zeit zu zeit für den prinzenhofmeister. J. Paul palingen.
62; er genosz was die alten künige, vornehmlich jener
Saloino, als die freude des lebens hielten. Stifteb 5/i((//>;» 4,13;
ein andrer musz sich schmiegen,
den er für schlechter hält. Flk.*i!4g 134;
,{iebt die verblichne frau auf unser winseln acht?
ich halt es nicht davor. Ch«. UnTPaii's poet. teälder 2, 221 ;
-ie hält e« ihr vor eine gute,
wenn ihr i.'inaiid ein maulgen giebt. Picandek 2, 280;
aus eines bischofs schätz verlor ich ein smaragd,
in dem ein helles grün mit reinen färben spielte,
deu, wegen strahlenreicher pracht,
ein jeder, der ihn sah, für unvergUichlich hielte.
Hagsdor?! 2, 43;
du, der schlagendes leben für seele. sie erbin des grahs hielt.
Klopstock 6, 128 (Hess. 18, 422).
statt dessen steht ungewöhnlich der genitic: ich würde es meiner
Obliegenheit halten , durch die that zu zeigen , auch das
Sprichwort: weise leute sind starke leute, sei ein wahres
wort. Klopstock 12, 263.
d) es folgt ein abhängiger satz, mit oder ohne dasz eingeleitet :
sonderlich die eins angefangen lebens sind, die wollen nun
nicht halten, das sie Sünder sind. Lcther 1,32'; ist auch
nicht zu hallen, dasz Habel gott gefallen habe des opfers
halben. 4,33'; widemmb halten sie {die Türken), das kein
erger volk sei denn die Christen. 484"; ich halt, das noch,
viel leute zu Magdeburg leben, die es auch gesehen haben.
6,10'; aber ich halte es nicht, das der keiser des bapsts
halben ein krieg anfahen solle, tischred. 6'; es halten et-
lich, das solche bildtnus der buchstaben anfenglich nit on
geferde gemacht sein worden. V. Ickelsamer s 1 ; halte ich
doch, dasz eure rüstungen zum theile im teich liegen.
ScBWEiNiCHEx 1, 3G0 ; ich halle, dasz der mann seine fordere
Zähne verloren hat. pers. baumg.~,30; o gott! ich habe noch
nicht lange gelebet, iedoch halle ich, das ich alle die zeit
meines lebens, die ich nicht zu deinem dienste angewendet,
zu vil gelebet habe. Bctschky Patm. 191; ich halle wohl dasz
mancher meinen wird. Chr. Weise erzn., vorrede. In der Ver-
bindung dafür halten, die die heutige spräche gern anwendet : bei
einer gegend. welche vor zeiten darfür gehalten worden, dasz
sie dem paradeis gleichete. Schcppics 723; ich halte dafür,
dasz der der nöthig zu haben glaubt, vom so genannt«n
pöbel sich zu entfernen, um den respect zu erhalten, eben
so tadelhaft ist als ein feiger. Göthe 16, 11 ;
so halt ihrs freilich selbs dafür,
dasz mir das ander theil gebür. E. .'Vlbibcs 25";
und haltest du on allen spott,
das unser glaiben ist von gott. Schwarzfnbibc 154',
denn ich der viel gesehen, bin selbs auch einer gewest, hall
wol, ir sollen noch viel im bapslum sein. Lctheb S, 235' ; die
Essener hielten, nach dem tod wer ein seligs land. Reiszxer
Jerus. 2, 6S'; aber Pirkeymerus hell, es sei on zweifei die
.Mosel. Frank weüb. 26*; etliche meister hallen, die lindine
kohlen seien die besten, so halten etliche, häszlin kohlen
seien die besten. Fronsp. kriegfb. 2,212'; ich halt, wer ein
rechter christ sein will , der ist verpflichtet , dem herrn
Christo zu folgen. Creidics 2,377; ich halt, es schmeckt dir
gut. ScBOcH stud. leb. E ij ;
man helt, es sei ein solcher man
so seltzam als ein schwarzer schwan. E. Albercs 29';
man helt, sie bett uns geben nicht
ihre beste kleinot umb sunst. .\trer 462' (2321, 27 Keller).
e) es folgt acc. c. inf : und das halt ich auch wahr sein.
LtJTHER 6r. 1, 313; die philosophi oder weltweisen halten das
spitzfindige disputiren höher und besser sein, als erbar,
weiszlich leben. Schcppids 534;
das halten sie für unwahr sein. P. Gerhard 26, 27;
ich halte es auch viel zuträglicher zu sein den unterthanen,
ihrer Obrigkeiten gehcisz und befehl zu gehorsamen. Schüppiüs
415; das lieblichste und lauterste wasser hält man das zu
sein, was über viel kieselsleine und schroffen sand rieselt
und rauschet. Scmser seelensch. 2, lio; ich halle unnöthig zu
sein, dasz ich hierbei mich länger aufhalte. 2, 121.
f) andere ßgungen: kommen nicht die Römer von geraubten
mütern, die Gölten (wie Jornandes helt) von aufhockem?
Garg. 29*; was machen sie denn nun? was thun sie denn,
wenn sie wollen staudenten werden? ich halte, nichts. Schoce
stud. leb. D; dasz wer glauben wolle, dasz der weit kräfte
abnehmen, dafür hallen müste, als wenn die göttliche gewalt
selbst aufhörele. Schuppids 776; es sind, halte ich, keine
Völker, die mehr als die Perser an bunten färben sich be-
lustigen, pers. rosenih. 7,20 s. 91 anm.c; dasz die arme tröpfin
in den schönen herrn verschossen ist, das ist, halt ich, ein
Unglück und keine sünde. Gotter schausp. (1795) 246;
schaw, sagt er, diesen platz hab ich schon eingenommen,
so nah, halt ich, wird mir wol leichilich keiner kommen.
D. V. D. Werdkr Ariost 5, 35, 2.
veryl. unter der parlih'l hall oben sp. 273.
299
HALTEN
HALTEN — HALTER
300
g) halten uendet sich in intensiver weise zu der bcdeulung
schälzen, achten: er wolle meine worte eben nicht halten, als
wann es oracula delphica weren. Schüppios 3G8 ;
Jas ihr die ehr mehr dan das gelt,
die Zucht mehr dan ein Idcinot haltet.
Wkckherlin 340;
dasz tugend und laster mehr noch weiter nichts geltelen,
als nur so weil und ferne sie von dem gemeinen manne
gehalten und aestimirel würden. Schüppiüs 554; diejenige
Studenten, welche sich nach ihren vorgeschriebenen regeln
verhalten, sind hoch zu halten. IIafpel acad. roin. 10; ich
halte sie hoch, aber ich habe noch keine lust zu heirathen.
Geilert 3,185; dasz er euer andenken su werlh hält. Göthe
14,64;
wems herze schlägt in treuer brüst,
und ist sich reiti, wie icli bewuszt,
der halt mich wohl am höchsten. 1, 190;
und der vernünTtigste mann ist wie ein andrer gehalten.
40, 287 ;
hier steht auch intransitives halten, mit dem sinne eine {gute)
meinung haben: so gar hoch helt gott von dem edeln. Luther
8,102';
das sind die weisen in der weit,
kein frommer aber von in helt. E. Alberus IKt;
von zeichen helt sie nichts: vom wesen hält sie hoch:
ist vieirach eine Traw, und geht im kränze doch.
LOGAD I, 140, 4.
dann nichts, viel, wenig von jemand halten: über dise ge-
ringe sach klagt einmal .. eins kaufmans knecht von Leipzig,
der sagt er hielt nichts von dir. Ickelsamer klag etlicher brlhhr
(1525) a4';
der hier begraben liegt (ein koch], der hielt sehr viel vom essen.
LoGAU 1, 7;
sich selbst verachten, ist der thoren eigenthum.
wer von sich selbst nichts hält, hat niemals was erjagt.
A. Grtphics 1698 1, 6CS;
weil man vom nehmen mehr, als wie vom eeben hält.
PiCANDER 2, 200.
In: etwas einem zu gute, zu gnaden halten tritt der het/riff
aclUen, rechnen hervor: haltet mir meine lange schrift zu gut.
Luther 5,140"; aber gott kan denen so busze Ihun und inn
sich selber schlagen .. viel zu gut halten. Matiie.«iüs Sar. 83';
halte mir meine freimiithigkeit zu gut. Wieland 8,252; mit
schmälen und predigen, halfen sie mirs zur gnade, macht
man euch herren nicht frömmer. Rabener satiren 3 (1757) 38;
halten sie mir diesen scherz zur gnade. 39 ; das war nur so
meine meinung, herr — halten zu gnaden. Schiller liabule
u. liebe 2, 6 ;
haltet mirs zu gnaden. Lichtwer fnb. 2 no. 8;
ich sah in seine äugen — halte mir
den rückrall in die Sterblichkeit zu gut.
Schiller Carlos 5, 10.
IIL Das parlicip der Vergangenheit gehalten hat sich neben den
fällen, ICO es in den bisher angeführten bedeutungen des rerbums
gebräuchlich ist, auch zu einer selbständigen, adjcclivischcn beden-
tung losgelöst, die sich zunächst an 1, 8 anschlicszl, und etwa mit
maszvoU, gemessen, zu unuschräben ist. dieselbe ist erst der
neuern spräche eigen, vnd heute vielfach gebraucht : je gehallner
und gemeszner sein ganzes wesen ist. Göthe 19,152; und
wer un ein gehaltenes kunstwerk gewöhnt ist , sieht sich
zuletzt ungern ins gränzenlose getrieben. 26,196; als einen
mann von gehaltncm Charakter, der auf sich selbst vertraut.
37,10; eine so undurchdringliche, so gehaltene Verstellung.
ScHiiLER 1071; schon .\risloteles bemerkt, dasz der charaktcr
nicht gehalten ist. A.W.Schlegel 5,164;
was du siehst, versetzte darauf der gehaltene jßngliiig,
das ist unsere wobnung. Göthe 40, 319;
und schaute des miidchens
stillen verdrusz und gehaltenen schmerz und thrSnen im augc.
40, 327.
/usammemetzungen des verbums sind laldreich, mit untrenn-
baren Partikeln nur behalten, enthalten, erhalten, unterhallen,
verhallen, frfilur auch gehalten; mit trennbaren abhalten, an-
halten, aufhalten, ausiialten, durchhalten, cinhallrn, hinler-
ballen, mithalten, nachhalten, niederhalten, übcrhalten, uui-
ballen, unlerballen, vorhalten, zuhalten, zutammenrückungen
mtt adrerbien finden ebenso häufig statt, wenn sie auch besser
versdimahl biteben, man schreibt aufrecbthalten , beisammen -
ballen, bevurhallen, darhatten, emporhalten, entgegenhallen.
fiuihalten, herhallen, herabhaltcn, heraufhalten, beraushalten,
hereinhallen, hcrvurhalteu , herunterhalten, hinhalten, inne-
halten, weiterhalten, zurückhalten, zusammenhalten u. a. ,
aucli für haus hallen, liuf halten (II, 7) ist mit zusammen-
rtickung haushalten, hofhalten ge^chncben worden, s. d. dojfeltc
Partikel, wovon die erstere trennbar, die zweite untrennbar, haben
aufbehalten, ausbehalten, beibehalten, einbehnlten, nachbe-
halten, vorbehalten, vorenthalten, aberhalten, zuerhalten.
HALTEN, n. der substantivisch gebrauchte infinüiv des vorigen,
in allen bedeutungen, die dem vcrbum zukommen; so in der be-
deutung sich verhallen, sich benehmen (1,6, c): desgleichen seines
haldens halben stattliche caution und burgschaft angenomen.
Lanz Karl V., 428.488; in der bedeulung zurückhallen (1,8):
ist aber ja kein halten mehr,
so segle mit geneigten winden. Göntder 281;
in der bedeulung halten, bewahren (II, ;t): freigebigkeil ist eine
tugend die dem manne ziemt, und fest halten ist die tugend
eines weibes. Göthe 15,286; nac't wort halten sp. 291: schon
die Weisheit auf der gasse sagt geloben will ein halten haben,
die geistlichen werden doch nicht den andern spruch dieser
Weisheit bestätigen wollen : versprechen ist eins und halten
ein anderes? ev. kirchenzeilung 1S66 s. 741.
HALTEPL.\TZ, m. platz wo ein fuhrwerk anhält: die Polizei-
behörde hat die halteplätze (</«• omnibus) allmählich immer
weiter von der mitte der stadt hin ausgerückt, garienlaube
1869 S. 55'.
HALTEPUNKT, HALTPüNKT, m. punkt der zum anhält und
zur stütze dient: zunächst besasz es (l'reu.izen) Erfurt, einen
sehr wichtigen haltepunct. Göthe 31, 247 ; in abgezogenem
sinne: in der kraft des lebendig machenden wortes den
wahren haltpunkl und träger der völkergesammtheit erkennen,
welcher von dem Jahrhundert der begriffsweisheit im gleich-
gewichte der massen gesucht worden war. Becker wellgesch.
14,398. dann auch punkt wo angehalten, still gehalten wird,
namentlich mit dem eisenbahnzuge : Kosen, ein hallepunkt der
düringischen eisenbahn.
HALTEK, m. custos, servator, delentor.
ahd. hallari im geistlichen sinne, saivator, salutaris (Gbaff
4,907), mild, haltaere wb. 1,623'; im nhd. erscheint neben der
unumgelaulclen auch die umgelautele form hälter. diese letztere
form hat sich einer besondern eingeschränkten bedeulung zuge-
wendet, die im folgenden artikel abgehandelt wird: sie hat den
sinn eines ycfäszcs oder ortes wo etwas aufbewahrt wird, ange-
nommen (x. behälter), namentlich wird der außewahrungsort von
fischen damit bezeichnet, aber die formelle Scheidung dieser form
hälter von halter ist nicht all und noch bis anfang des vorigen
jcdirh. niclit vollständig durchgedrungen ; toie häller neben haller
die bewahrende, aufsieht habende person heiszl {unten 4, s. haus-
hälter tieften haushalter), so steht noch bei Hohberg l, 140" in
fischbaltern, wofür es nach heutigem sprachgebrauclie nur -hältern
heiszen könnte, vergl. ferner kalter 5, 89 aus gehalter, behält-
nis, fisclilcaslen.
halter hat, nach seinem verbum halten, verschiedene bedeu-
tungen, die sowol auf personen, als auf gerate gehen.
1) hirt, hüter, so bair. halter, viechhaller Schj«. 2,187; in
Kärnthen haltar hirle, haltarpue hirtenknabe Lexer 132 ; so aber
in einer pfarrmcnig kain halter zu dem viech wer, da wurd
jederman laufen und schreien. Scdmelzl verl. söhn 3';
llnrpago schafTi man das er nnm
das kind (Cijrus), solt es eim halter gebn. Saul 8';
die andern hnlicn durch die nasen
gnaurt, und wie die haltar blasen. BtuvAUKit werke 1,93.
2) halter, derjenige der zu einem hält, anhänger: derwegen
wir densclbigen Martinus und alle seine anhengigc, halter
und günstige aus ganzem herzen erinnern, ermancn und in
gott bitten. Luther 1, 2üü'.
3) halter ist nach halt sp. 271 und halten sp. 277 der im
hall liegende, auflaurer, sjtälicr. Frisch aus Schmter I, 404'.
4) dann auch der fest haltende, in gefvalirsam hallende: also
das der imgeber {verbrechcri.^che) mensche alda gehallen sal
werden drij tage und sechs würben , und sal der helder
solchen ungcber menschen ye zu vierziehen tagen an das
gerichl zu Heltheim bringen. icm/Är. 2, 207 ; bcldcre der diebe.
s. 205.
5) der bei etwas beharrende, etwas au.iführende (halten x/j. 290):
zugesagten frieden» (mverbrüchlirhe balter (udrrn rfie Rumer).
Kirch Hor wen dun m 35</;
301 HALTER— HALTIG
merk all gewält di sen von gott:
dem haller seiner hailigen pot,
als man lint vil der früraen thon {thun),
den wirt gemert die ewig cron. Schwarzenberg 134*.
6) in einer reihe von Zusammensetzungen hat halten nach halten
sp. 294 den hegnff eines die leitung und aufsieht einer sache
habenden: so in gasthalter, gerichtshalter, haushalter, hof-
halter, posthalter, Statthalter, in Stammhalter dagegen be-
zächnet es den, der zusammenhält, stülzt {sp. 293).
7) halter ist endlich ein gegenständ, der zum festhallen eines
andern dient; so im allgemeinsten sinne: durch diese totale
reform . . erhielt zuerst das einheitsbaad . . einen ganz an-
dern träger und halter. Fichte grundzüge der gegenw. zeit 433.
es gibt halter für die Stahlfedern, s. federhalter, für gardinen,
einen halter am tcinkelhaken der Schriftsetzer, der instrumenten-
macher braucht einen halter um die feinen gerate der Wundärzte
zu schlafen Jacobssox 2,199*; in komiscliem palhos: ich ent-
zündete das feuer des herdes, ich nahm die herkömmüchen
abwaschungen der dem dienste geweihten gefäsze vor, ich
setzte die maschine in gang, mit welcher der spiesz zusam-
menhing, des bratens halter; kurz, denn wozu Umschrei-
bungen? ich war küchenjunge. Immerhann Mündih. 1,109.
8) halter in der musik, der ton der über den tact ausgehalten
wird, fermate (icie halt 7 sp. 272). Campe.
Von halter ist weiter gebildet halterin in den Zusammen-
setzungen gasthalterin, haushalterin (-hälterin, s. oben im ein-
ijdnge des artikels), hofhalterin, statlhalterin u. ähnl.; halterei
in ähnlichen compositen , wie gasthalterei , posthalterei , statt-
halterei u. a., und halterschaft in Statthalterschaft.
HALTER , m. die uingelautete form des vorigen, die sich na-
mentlich in der bedeutung behältnis für fische festgesetzt hat:
etliche schone karpfen wären gefangen worden und stünden
in hältern. Schweiniches 1, 354; und war bei den hältern
niemand als der teichwärter. das.; lieszen i. f. g. aus den
hältern aufladen allerlei fische, das. ; die fische aus dem
hälter. 355; die bauern .. die musten in die hälter steigen
und fischen. 359;
sonst geht ihm der kizliche ßscher
schwerlich zum hälter hinab. Voss 2, 283.
neben hälter steht die assimilierte form häller, s. sp. 235.
HÄLTERSCHIFF , n. bei den fischern ein kahn mit einem
fischhälter oder fischkaslen, worin die fische, besonders Seefische,
verfahren werden. Jacobssos 2, 199*.
HÄLTESEIL, H.\LTSEIL, n. tau womit das schiff am ufer
zurückgehalten wird, TiQvut'riaiov:
da entschliefen sie neben den halteseilen des schiffes.
BÜBGER 191' (Utas) ;
weder ein anker zu werfen noch anzuknüpfen ein haitseil.
Odyssee 9, 137;
lösten darauf vom durchlöcherten steine das haltseil. 13, 77.
HÄLTESTELLE , HÄLTSTELLE , f., stelle an weldier fuhr-
werke, bahnznge, schiffe regelmdszig anhalten, um personen, fracht-
gut, briefe u. dergl. aufzunehmen: bei der eisenbahn ist eine
neue haltestelle an einem dorfe errichtet.
H.VLTEVIEH, n. fremde schafe, die man bei überflüssigem
fuUer und dem mangel einer verhältnismds-igen herde in fülte-
rung nimmt. Jacobsso» 6,17*.
HÄLTHÄUER, m. ein häiier dem die arbeit nach den gelie-
ferten erzen, deren gehall, bezahlt wird. Gätzschhasn 41.
HÄLTIG. HäLTIG, adj. halt habend, in mehrfachem sinne.
1) nach halt l (sp. 270) ausdauer habend, ausdauernd: ein
gutes reuterpferd . . solle auch hältig, thätig und auf beiden
seilen k tera tera hurtig, wendig, geschwind und zaumrecht
sein. BöCKLER kriegsschule 960.
2) in anderm sinne, von dem festhalten eines Spieleinsatzes oder
eines Spiels selbst {nach halten II, 2 sp. 289) .
dem trunken ist nütz ze vil,
es si haltig oder lassig spil,
es ist im als gelich. teufets netz 666.
3) nach halt 6 {sp. 272) gehalt habend, namentlich von erz,
gestein, metall , münzen: haltiges gestein bei den bergleuten
folches das erz birgt, im gegensatze zu taubem: wie .. der rubel,
bis 1700 eine blose gedankenmünze geblieben, durch Peter I
eine wahre haltige münze wurde. J. Padl nachdämmerungen
*. 83; übertragen:
der teufcl stellte sich gewaltig,
und Christoph war an trene haltig.
Arm DT ged. (1840) 308.
HALTKETTE — HALTSTATT
302
Zusammensetzungen sind ziemlieh zahlreich, in denen allen
das fehlen des umlauts übeiwiegt; der ersten bedeutung fallen
zu probehaltig, stichhaltig, nachhaltig, der dritten erzhaltig,
metallhaltig, silberhaltig, goldhaltig, säurehaltig u.a.m. von
diesen abgeleitete substantiva, prohehaltigkeit , nachhaltigkeit,
goldhaltigkeit begegnen.
HÄLTKETTE, f. kurze kette, die die brusl eines pferdes mit
der deichsei eines wagens verbindet, ücon. lex. 916. s. deichsel-
kette 2, 908.
H.\LTLOS, adj. ohne hall (s. sp. 270), ein neueres wort, zuerst
von Campe icrzeichnet : der stürm hatte den jungen bäumen
ihre pfähle entrissen, sie schwankten haltlos; dazu war ihm
mit der Zuversicht auf sein talent seine ganze Vergangenheit
zertrümmert , er war so halt- und ratlos. G. zu PciLrrz die
halben s. tl2 ; die eindrücke des Weihnachtsabends . . klärten
das haltlose ihres wesens, und zum ersten male fühlte sie
sich wie in einer heimat. 5.140; das land, geleitet von dem
Stumpfsinn der feigheit, eilte haltlos dem verderben entgegen.
H. V. Treitschke aufsälze 3. aufl. s. 50.
HALTLOSIGKEIT, f: allein die unerwarteten physika-
lischen und chemischen entdeckungen auswärtiger natur-
forscher . . offenbarten schon binnen wenigen jähren die halt-
losigkeit des Systems. Dolloger Universitäten (1867) s. 20; die
völlige haltlosigkeit der aufgestellten behauplung. kölnische
Zeitung vom 22. märz 1869.
HALTMACHEN, verb., das anhalten an einem platze, von
einer kriegstruppe gebraucht, nach halt 3 sp. 271: da wir diesen
ganzen tag nur ein einzig mal haltmachen , und stehenden
fuszes etwas erfrischung zu uns nehmen durften, arme mann
im Tockenb. 139; dann auch von den treibleuten bei einer jagd:
haltmachen heiszt bei den treibleuten so viel als stillstehen.
Behlex jagdcatechismus 254.
H.ALT.\.\GEL, m. eiserner nagel an einem sattelwagen, der
hinter der achse durch den langbaum gesteckt tcird, damit dieser
nicht zurückweichen kann. Jacobsson 2, 199*.
HÄLTNIS, HÄLTMS, f. und n. 1) das festhaUen an einem
orte, außalten, hindernis : detentio festunge, haltenisse Diefen-
•bach 177';
ich weisz nicht was für haltnüsz doch
der schmeichlend Amor in sich heget,
der freiheit pasz wird mir verleget,
ich kan ausz seinen zauberketten
mich durch kein einig mittel retten,
60 sehr beschweret mich sein joch.
Schwieger geharnischte Venus 27.
2) das etwas festhallende inslrument, haller: abgesonderte
oder freistehende glieder einer figur wurden . . der heutigen
art gemäsz, durch eine hältnisz (puntello) mit der figur selbst
verbunden. Winkelmax."« 5,103;
als nun der beide siht, dasz sich es nicht will reimen,
bei solchem zustand jetzt, das stolze thier zu zäumen,
fast er am sattelknopf ihm schnell ein hältenüs,
und sprang zur linken band sich runter auf die füsz.
D. v. D. Werder Ariost 2, 7, 7;
sein pferd Rinaldo drauf für andern fortbeweget,
zum treffen seine lanz auch in ihr hältnisz leget. 16, 30, 2.
HÄLTRITT, m. das bereiten der landstraszen für die wahrung
der öffentlichen Sicherheit (cgi. halt jp. 271 unten). Frisch 1,404*.
Haltacs 789.
HALTRUF, m.: der zug wälzte sich gegen Golos wohnung
zi^, bis er, dem haltrufe Meinhoids gehorchend, im schatten
eines hauses stehen blieb, novellenzeitung 1866 s. 647. vergl.
halten sp. 280.
HäLTSAM, adj. tenens, continens. Stieleb 742. haltsames
zeug, dauerhaftes, davon haltsamkeit, facultas lenendi. das.
HALTSTATT, f. 1) der ort wo man sich birgt um feinden
oder vorüberziehenden aufzulauern {nach halt 4 sp. 271), mhd.
haldestal wb. 2, 2, 601" : da leith ein holz und ich sagt un-
gefährlich zu dem buhen, da wäre eine guthe haltstatt, wann
du einmal ein reuter wirst, dasz du es auch wissest. Götz
V. Berl. 101; er aber ist auf der kaufleut wagen gewesen,
als sie nun auf die hallstatt kommen, sind die reuter herfür
gewüscht zum wagen, und nicht gewuszt, dasz der fürst
drauf gesessen. Melanchihon oral, von herzog Ernsten ,' deutsch von
Laüterbeck (1563) 17 ; wir mögen woll ausz unser haldstat
rucken, denn ich sihe meinen bruder und Magis kernen. Aimon
bog.k; und da sie ausz irer haldstat ranten. das.; Magis er-
sähe, das der streit am hertesten was, er randt ausz seiner
haldstat. bog. liiij; solche .. orte, haldstätte und passe genug-
sam durch kundschaftet erforschet. Kirchhof milit. disdpl. 101.
303
HALTSTÄTTE — H ALTING
HALTUNG — HALTUNGSLOSIGKEIT 304
2) tialtstatt, der ort wo die jäger im walde sich versammeln.
Beulen jagdcatcchismus 254. in dieser bedeutung ist auch eine
assimilierte form hattstatt gebräuchlich. Jacobsson 2, 227".
HALTSTÄTTE, f. neuere, aus dem plural entwickelte singular-
form des vorigen, die sich ergab, als für den plural haltslälte
die schwache form lialtstälten sich eingebürgert halte: haltslälte,
ein ort des hinterhalts , locus insidiartim. Frisch 1,404'; «ir
sehen die kriegerischen reitersmänner die haitstätten wahr-
nehmen. Ranke deutsche gesch. 1, 136.
HALTTAU, n. tau zum festhallen eines schi/fs oder schiffstheils :
banden ihn (den mast) Test mit den halttann.
Odyssee 15, 2s9.
HALTUNG, f, mhd. haitunge {wb. 1, 623*), nacli dein verbum
halten m mehreren voschiedenen bedeulimgen entwickelt.
1) anhält, sUllsland (halten I, 6, a sp. 279): hatten sie im
rückzug die feinde auch nur durch scheinbare haltungen
verweilet. Dya Na Sore 1, 151.
2) nach halten 1, 6, b sp. 280. gewahrsam: und wer der
priester ist, der den brief niiner botschaft hat, und den niit
enlisct vor dorne volke , und den birget in siner haitunge
(in seinem gewahrsam festhält, verheimlicht), der ist gottes fienl
und behalte nüt sin gebot. Close.ner chron. 92.
3) sehr häußg und namentlich in der modernen spräche hat
sich haltung nach halten I, 6, c (sp. 281) in der bedeutung des
rerweilens in einem zustande, einei- bestimmten geistigen richtung
■ ergeben: man sah wohl, wie die anständige hallung in einer
gewissen ruhe und anspruchslosen Zierlichkeit, in der sich
die residenz erhielt, von dem hofe ausgieng. E. T. A. Hoff-
MANN 6, 158. das wort geht auf personen wie auf sachon.
a) bei personen bezeichnet es die arl und weise des sich rei-
haltens, das gebühren jemandes; und zwar sowol körperlich : der
Soldat zeigt eine stramme hallung; die truppen waren staul-
bedeckt, ihre haltung kräftig, die Stimmung wohlgemuth. volks-
zeitung 1866, no. 167 vom 20. ju/i; die haltung beim tan/e
musz gerade und ungezwungen sein ; als auch sofern es recht
eigentlich das widerspiegeln einer seelischen und gästigen lliätigkeil
ist: andern alles nachsehend, streng gegen sich, überall mit
ruhiger haltung. ßyo Na Sore (1840) s. 94 ; mit seiner gewöhn-»
liehen ruhigen haltung. Göthe 31,233; die eitern schrieben
diese weiche haltung {ein inildes, stilles wesen) dem stadtleben
zn. J. Pacl Tilan 2,230; der küster verschlang in ernster
haltung ungeheuer zu nennende portionen. Immermann Münclih.
1,191; keine mariage, mein raeisler, erwicderte das fräulein
in würdiger haltung. 2, 6; auch in dieser vertrauten hin-
gebungsvollen stunde blieb er bedienter in vvort, gebärde,
haltung. 2,16; — in borsenbcridUen : je mehr sich die indigo-
auction ihrem ende nähert, desto gröszer zeigt sich der be-
gehr und fester die haltung der eigner. Weserzeitg. iShi,SiOi;
es kann die rechte haltung
im kleinsten haus nicht sein,
bis ihr erst zur gestaltung
das grosze laszt gedeihn. Röceert 177.
in prägnantem sinne und ohne begleitendes adjecliv heiszt haltung
das gemessene würdige verhalten beim umgange mit andern : sie
ist eine frau von haltung; was die Franzosen contenance
nennen, haltung und harmonie im äuszern betragen, gleich-
mOthigkeit, Vermeidung alles ungcstUms, aller leidenschaft-
lichen ausbrüche und Übereilungen. Kmgce umg. mit menschen
I, 86. vergl. unten 4.
b) von Sachen gesagt, die weise wie etwas gehalten ist und in
folge dessen uns erscheint; so ist die haltung eines gemäldes
bestimmt nach der verlheilung von licht und schatten auf dem-
selben (Jacobsson 2,199'); mir war ge,«tall, färbe, hiilinng
jener vom günstigsten himinel umschienenen landschaft noch
unmittelbar gegenwärtig. Göthe 30, 203. die kaufmännische
Sprache braucht das wort »o« zum verkaufe gestellten waaren
häufig: spiritus in steigender, fesler, flauer, weichender,
sinkender haltung; harz in guter haltung {d. h. feste preise
hallend). Weserzeitung 1S53 no. 3008.
4) gesteigert wird dann hultung auch (nach hallen I, 7 sp. 283)
zu dem tinne festes, energisches verhalten: kautn aber würden
»ein (des Columbus) muth und seine haltung die schiffHlcute
länger im zaiim gehalten haben. ItKCKER weltgesch. 7, 21 ; die
regierung Frankreichs war ohne kraft und hallung. 11, 442.
5) balinng drückt, nach der zweiten hnupllirdrutung seines
verbums (sp. 287), rin festhalten aus, rntwcdn in aclivem sinne,
so da*z durch das wort das thdiige des slülzrns und haltens be-
xmchnel wird: ge«im«e, die wenig haltung haben und nicht»
unterstützen. Kakt 7, 39s; oder leidend, ein gehaltensein bezeich-
nend, so dasz die hallende kraß auszerhalb des subjects liegt [wie
halt 2 sp. 2701: die bedingungen des daseins stützen sich
immer wiederum auf andere , ohne jemals in einem selbst-
ständigen dinge als urwesen unbedingte haltung und stütze
zu bekommen. Kant 2,373; eine neigung die ohne haltung
und ohne grundsälze ist. 7,391; einem ungestümen geiste
bestimmtere haltung zu geben. Dya Na Sore l (1840) s. 58.
6) im allem nhd. schlicszt sich haltung vorzüglich gern der
bedeutung 11, 6 seines vcrbums (sp. 293) an und wird von der
beobachtung der geselze , Satzungen verwandt , wo die moderne
spräche lieber den substantivisch gebrauchten infiniliv halten dafür
setzt: unser end ist der lod, unser end ist haltung der ge-
holt, unser end ist das ewig leben, unser end, ja das aller
'endlichst end ist gotl der herr. Keisersrerg schiff 71'; sind
wir Christen nicht mehr an solch euszerliche , sondere hal-
tung gebunden. Li;ther 8, 19c'; haltung des gesetzes. Melan-
chthon Augsb. conf. im corp. doctr. Christ. (i560) s. 59 ; in hal-
tung gemeiner christlichen kirchensatzung und ceremonien.
Augsburger relig. abschied von 1548 §9; durch die hallung der
geholt erlangt der mensch vollkommene gerechtigkeit. Reiszner
Jerus. 2, 102' ; welcher ein mal zii haltung der reinikeit ein
schlecht gelübd gelhon, der ist zu immerwärender keüsch-
heit verbunden. Wurstisen ßas/er c/iron. (1580) 202; man solle
einen fürsicn erkennen bei reiner strasze, guter münize und
haltung beschehener zusage. I'istorius Ihes. paroem. 1 no. 96;
dasz du auf haltung meines wortes desto böquehmer warten
könnest, span. Robinson 4, 206 ;
also unsciiiitzlicli zier hei gotl
find wir durch haltung seiner pot.
.SCUWARZENBSRG 106*;
bleibe stets gelreu der haltung
des gesetzes. Tieck üclavian 2, 3. act.
7) sodann auch von dem abhalten der feste, zusammcnkünflc
u. ähnl. : haltung kirchgangen oder process in einer leich,
funeraria actio Maaler 209*; haltung eines spils mit groszer
versamlung desz volks, celebratio ludorum das.; dieser herzog
. . war . . mit viel graven, herren, rittern und knechten, umb
hallung einer fasznacht in diese sein pfandfschaft kommen.
WuRSTiSEN Basler chron. (1580) 189 ; und in diesem sinne ver-
wendet es auch noch die moderne spräche nicht ungewöhnlich:
ejlasz, betreffend die haltung eines allgemeinen beltags.
preusz. Staatsanzeiger 1866 s. 2055; die haltung des ... nach
Braunscinveig ausgeschriebenen frauentags. illustr. xeitung vom
24. Od. 1868 S. 278'.
8) 10?» unleihalten und ernähren (halten II, 9 sp. 296) : hal-
tung andres wilds und geflügels. Sebiz feldbau, inhaltsverz. ;
unnötigkeit der reigerhaltung. s. 557; lebe der hoffnung, du
werdest mit selbigen (meinen poetischen kindern) nicht allzu-
strenge verfahren, damit sie nicht gezwungen würden, über
ihrer passionirten Stiefmütter allzuharte censur und üble
hallung zu schreien. Amaranthes proben der pnesie (1710) ror-
rede ; — vom stellen und gewältren musikalischer instnimente auf
kosten jemandes: daselbsten ihnen von gemeiner Stadt wegen,
mit haltung trommeln und pfeifen, ein hammel, den mägden
aber etlich ehien barchet zu verlaufen , und ein seckel zu
vertanzen verehrt, wiirlemb. Schäfereiordnung von 1651, 6« BiR-
LiNGEB voUcslhüml. aus Schwaben 2, 282.
9) haltung bezieht sich auf den inhalt eines schrißstückes (nactt
halten II, lO s}). 296): noch lule und haldunge des houbt-
brieves. Haltals 789 {von 1405) ; sodann u-ird dadurch das
lecltnisch-musikalische tenor verdeutscht: tenor, hallung, haltung
im gesang Diefenb. 577', weil bei den motellen der wesentliche
musikalische inhalt des stürLt, die melodie, in dieser stimme lag,
die andern nur die figuration davon ausführten.
10) endlich kann hallung auch auf das bewahrende, inne hal-
tende gefäsz gehen (wie behältnis 1, 1.'I24) , und Kt von den
reliquienbehallern gebraurhl: kam ich gen st. Maximin, da man
st. .Maria Magdalena haupthaar, eine wunderpcrliche pix,
ander vil und grosz haltung und gar vil köstlichkeit zaigl.
gnrlle bei Hirmncer srhwäb. -augsb. wb. 217*.
HALTlJN(;SLO.*N, adj. keine hultung habend: anfange standen
sie da, stumm, starr, regungslos . . dann aber ergriflT sie der
hallungsloseste taumel, und sie rannten nach allen richlungrn
riienfnlls auseinander. Immkrmann Miinchh. 2, 88.
IIALTl'.NGSLOSIGKEIT, f: man erbaut ans weisen maximen
eine mauer um sich, welrhr die eigne hallungslosigkeit decken
Bull. Feuchterslebkn diätetüi der scele, vorrede s. 3.
305
H ALTUXSFEST — HALUNKE
HALü>'KEREI — HAME
306
HALTL'NSFEST, m. nnme für den häscher und bilUel, vergl.
haltefest sp.i'4: o laute! rief er, schmeisz doch einer von
euch das weib mal so lange in den schweinekoben, bis der
hultunsvest kömmt. J. G. Mcller Siegfried r. Liudenb. (1790)
3,95; R. wer untersteht sich, an meinem kammerdiener sich
zu vergreifen ? P. die herren haltunsfeste. Kotzebce werke
23, S4.
HALTWORT, n. zusage der die erfüllung folgt: halt- und
tahtwort, rerbvm euvi effeclu et re. Stieler 2578.
HALUNKE, m. homo nihüi, ein derbes schimpfirort.
Es kann erst seit dem 16. Ja/irA. aufgewiesen Verden und zeigt
sieh seit dieser zeit in mehrfacher form. Weig.\nd erbringt den
bis jetzt älle^ten beleg aus Albercs der barfuszer münche Eulen-
spiegel und Alcoran, Wittenberg 1542 no. 94 in der form halluck,
verwildert aussehender mensch, dem 16. jahrh. noch gehört die
form halunke an, die in einem Slraszburger Hede von 1592
erseheint :
die frembd welsch halunken
zu harren nemen an. Stöber .ilsatia 1S5S, $. 112,
vnd die bis jetzt dauert, oft mit doppel-l geschrieben: ihr halunken
miteinander! Philander 2,507; schlug er ihn mit der linken
band an hals und sprach, halunke. verrichte du das deinige,
und lasz dich umb ander ihr thun unbekümmert, unwürd.
doetor 313; er hielte ihn vor keinen rechtschaffenen medicum,
so lange er eines unverständigen halunkens seine arzenei
approbirte. 662; komt, oder ich halle euch vor einen nichts-
werthigen halunken. Schaubühne eni;l. u. franz. com. 1, 520 ;
hast du denn schon dein zartes hrüderlein gesehen , den
Konrad, den halunken? Arnim kronenw. 1,472; ich habe die
ehre, dir dort . . den h. kirchenrath Schäpe . . vorzustellen,
einen v\eichen hallunken. J. Paul Titan 2,31; da sieh seinen
tutelarischen hallunken! Sid'cnk. 1,51; ich sollte dich prü-
geln, du halunke. Kotzebce dramat. spiele 2,294;
«a lustig courage getrunkea,
wer singet ein lustig runda,
laszt trauern die kühlen halunken.
Kbil deutsche stuäentenlieder des 17. IS.jh., 134-,
ermorden, erstechen,
erschieszen will ich
dich lümoiel, dich vetter
halunken dich, dich. Fr. Möller 1, 328-,
hui da, was wollt ihr nur? verdammt!
zu mächtig sind mir die hallunken!
pRSiLiGRATU ylaubensbek. 171;
auch in der form halunk: sag, bists oder bists nicht? halunk!
Fritz, v*ie kommst hieher? Fr. Müller 1,316; das wolle gott.
erwiederte der andere hallunk. Hebel schatzkdstl. (1&59) 69;
was will der bauer da? fort, halunk!
Schiller Waltensi. lager 2.
Die form holunke, hollunke ist neben halunke dem 17. und
18. johrh. eigen : schau, das gehöret einem solchen holunken,
(schlägt ihm. A. Gryphids 1699 l, 737; holunk homo rilis,
semissis Stieler 850; nicht als ein holunke in seine Vater-
stadt kommen . . . mögte. Salinde 261; ich verstehe dich,
hülunke! Lessisc 1,423; aus einem ehrlichen mann einen
hollunken zu machen. Schiller räuber i, 2, die spätem aus-
gaben ändern in hallunken ; jetzt denke ich. wären gnädiger
herr und hollunke quitt. Ficsco 3,4 in der ersten ausgäbe, später
ebenso in hallunke geändert, eine form hailunke, die Schm.
2, 23 aus den nachbam am Isarslrom von 1703 beibringt, ist ver-
däclUig und leicht bloszer druckfehler für hallunke.
Das Wort gibt sich schon durch seine bctonung halunke, die
auch das schwanken des a und o in der ersten unbetonten und
dumpfer gesprochenen silbe veranlaszt, als undeulsches zu erkennen,
früher dachte man zur erklärung des worts theils in wenig glück-
licher weise an das isländ. halloka knecht (Haldarson 1,323),
theils an das franz. haillon lumpen, theils sah man das wort als
slavisch an. diesem letzlern fobjend knüpß Weicasd, wie es
selieinl mit recht an an bühm. holomek nackter bcttler, wicht,
niditswürdiger , ron bOhm. holy kahl, nackt, blosz, arm. für
slavisciie herkunß kann auch sprechen, dasz das wort zuerst aus
einem grenzgebiete deutscher und slavischer spräche bezeugt ist,
und wenn jene böhmische bedeutung des nackten, bettelhaften sich
im deutschen gebrauche mehr verwischt hat, so tritt sie doch in dem
ehemals slavischen Pommern noch deutlicher hervor, wo hallunk,
holunk den hcrumldrmenden gassenjungen, dann auch den nuhts-
würdigen bedeutet, mit einem davon hergeleiteten verbum hallunken,
auf den gössen herum lärmen Dährert 169*. vergl. auch ein
ähnliches Schimpfwort bohumke 2, 229.
IV. II.
HALUNKEREI, f. vilitas, tuqjiludo: ich lache über seine
halunkerei. Schaubühne engt. u. franz. com. 2, 129 ; holunkerei
Stieler 850; es ist holunkerei mit den Sachen, haec res in
inanitate versaiur. das.
HALUNhlSCH, adj. vilis , turpis: sich holunkisch halten,
inglorium virere , in sordibus versari. Stieler 850; das thust
du nicht, das thust du nicht, du schurkischer hallunkischer
Pasquale! E. T. A. Hoffmasx 4, 103.
HAMBUCHE. f. carpinus bclulus. Nemnicb ; eitie aus hagen-
buche unter einßusz des b gewordene form, vergl. hagebuche
sp. 140.
HAM BUTTE, f. frucht der hagerose, und der diese frucht tra-
gende Strauch selbst, aus hagenbutte entstanden, vergl. hagebutte
sp. 140.
HAME, HAMEN, m. netz, fanggarn, ein worl was seine rechte
heimat in ?\ieder- und Mitteldeutschland bis nach Franken hinein
hat, vereinzelt auch südlicher reicht, wo sonst dafür büre, beere
(1,1127. 1244), mhd. ber, oder garn steht; altd. hämo cassis
gloss. trerir. 9, 20 ; mhd. ham :
in der gunden bamen
sich alle tage verwirret. Marlina 122', S.
Es ist von dem folgenden hamen der abslammung wie der be-
deutung nach verschieden, wenn auch die Wörterbücher eine solche
Scheidung niclit durchführen; in einzelnen fällen, wo die schrift-
lichen denkmdler allgemein reden, mag sie freilich schwierig sein.
hamen für fangnelz verzeichnen oberdeutsche Idiotiken, «fieScHiiEL-
LER, Lexer, Staldeb, Schmid nicht ; wäJirend das nachherfolgende
gleichlautende wort gerade häufiger aus Oberdeutschland belegt wird,
obuol es auch den nördlichen gegenden nicht fremd ist. die form
scliwankt mehrfach: nach mhd. weise stüszt sich das auslautende
e ab in rele ham Diefenb. 495'; zugleich mit Wahrung der ur-
sprünglichen kürze durch die Schreibung hamm , die auch noch
später vorkommt : der hamm. pers. rosenlh. 3, 23 ; hierzu begegnet
oft die vollere form hanime, hammen, belege unten, dagegen
wird die später erfolgte Verwandlung der ehemaligen kürze in der
Stammsilbe zu einer länge durch die .Schreibungen hahme, haame
angedeutet, am häufigsten aber in der scJireibung hame, hamen
unbezeichnet gelassen.
hame drückt aus:
1) ein beuleiförmiges netz mit einem stiele zum fischfange, ähn-
lich wie küscher 5, 24S: wie die fisch gefangen werden mit
eim schedlichen hamen {iv afitpiß).r]arocti xaxcö SeiAuag.)
pred. Sal. 9, 12 ; sie ziehens alles mit dem hamen (dv auf in
ßhfjarQw)., und fahens mit irem netze, und samlens mit
irem garn. Habakuk x,\h; fischharaen, den man fürsetzet,
wenn man in einem bach wil fische fangen. Luther tischr.
330* ; der störer, damit man die lisch in hamen jaget, das.;
diese hamen, netze, garn. werke 3,239'; der groszen ham-
men oder fischbeeren hat man zweierlei sorten. Hohberc
2,487'; es kahm ein groszer fisch in eines fischers hamm.
pers. rosenlh. 3,23; der hamm hat sonst allezeit die fische
heraus gezogen, nun aber zeucht der fisch den hammen.
das.; man fanget ihn (den lachs) in groszen fischnetzen, auch
zum öftern, in der Saale, in groszen hahmen, die vor klei-
nere fische eingesetzet worden. Göchualses not. ven. 340;
die bootsknechte hatten einen haamen mit auf dem schiffe,
sapperment ! was fiengen die kerl da vor zeugs von hechten.
Schelmuffsky l, 13" ;
als mit still bedächtgem schritt,
mit dem rüder, korb und bamen
Ullo in die päppeln tritt. J. F. Ki:«d gedichle.
In bildlicher Verwendung: dem glücke ihren güldenen haamen
vorzusetzen, und den fetten lax dieses dienstes einzufangea.
colica 1S2; nun du deinen mann in dem hamen hast, must
dus auch fein schlau anfangen, dasz du ihn hebst. Schiller iis'
{räuber 2,3); spriciiwürllidi : wenn ein mägdgen von iemandcn
einen kusz bekommt ohne sich zu spenen als ein frosch im
hahme , so musz sie gleich den verdächtigen namen eines
verliebten dinges führen, das bei academien lebende frauen-
limmer 5;
du mindest, dat da visched heddest,
un baddest küme den hamen sat.
Zeno 543 (Bruns t. 51);
viel bezeugt ist eine redensart vor dem hamen fischen, die indes
in den folgenden beispielen nicht wie 3, 1683 angegeben wird, ein
verkehrtes, sinnloses unternehmen, sondern ein schlaues gewinn-
süclitiges bezeichnet, der zug der fiscJie geht nach dem hamen,
am eingange desselben nimmt sie ein anderer hinweg und ver-
20
307
HAMEN
HÄmSCH — HAMM
308
eiteU so des hamenstellen muhe: das hiesze freilich recht für
dem hamen fischen und gewalt für recht gebraucht. Lüthkr
br. 3, 321; wehre denen, so heimlich durch den zäun stechen
und vorm hammen fischen. Mathesics Luther 179'; köndest
du raht finden, diesen gülden zu bekommen ehe dir ein
ander vor dem hamcn fischte. Kirchhof wendunm. 64'; es
ist kein geringer schimpf, wann man einem seine liebste
also vor dem hamen hinweg fischet, das bärligte frauenz. i\i ;
ich sorg, das ich vergebens kutnb,
ihretithalb ein lecrs stro irisch
und umb sonst vor dem hamen fisch.
Atekr 411' (2059, 20 Keller).
2) bei den Jägern ist hamen ein zum hühnerfang gAraudüer
langer garnsacJc, vorn weit, nach und nach aber immer enger
zugehend und inwendig mit reifen unterbunden. Jacobsson 2,199';
rephOner bei tag mit dem peeren oder hamcn zu fahen.
jagtsergölzungen 2, 7.
3) in Niederdeutschland ist hamen die nachgeburt der kuh.
Schütze 2, 96, Vilmar 147 ; anderwärts in der Verkleinerungsform
hamel, brem. ab. 2, 574.
hame ist, wie neuerdings wieder in Kuh.ns Zeitschrift 17,239
ausgeführt wird , das ahd. alls. hämo , ays. hania decke, hülle,
kleid in speeialisierter bedeutung, wie z. b. ähnlich das allgemeine
tuch beim jäger den eingeengten sinn stelUuch für die treilijaiid
hat. über seine herkunft von der wurzel skani bedecken veryl.
das weitere unter henide.
HAME, HAMEN, m. in mehreren bedeutungen :
1) es ist eine hölzerne gebogene fessel, zum leiten und festhalten
eines thieres: wie ein metzger ein schwein bei dem hamen
zu der metzige füret. Keisersherg .see/e«par. 38'; wenn er [der
feind) in mag erwüschen bei dem hamen der unkeuscheil,
so füret er in damit zu dem ewigen tod. das.; numella ein
kuwham, kamwid, ein holzen ring, damit man das vich an
die krüpfe bindet, hülzen halsband. Dasypod. 155*. 360'; im
vd. westf. ham ist der name auf das kummel des pferdes gewen-
det, wie im engl, hame kuntmel;'in der Eifler mundarl hamen
kummel. Frommann 6, 15.
2) eine allgemeinere bedeutung scheint hervor, wenn viminelum
durch hame glossiert wird , es meint das schwanke holz wie es
»u ftechtwerk verwendet wird, betont also auch, wie vorher, die
eigenschaft des biegsamen und zu krümmenden : viminetum widc-
ham, een ham van widen Diefenü. Gl'.)', aus einem nieJerlund.
ylussar.
3) unter vermillelung der vorigen bedeutung hat sich hame,
hamen zu der bedeutung angel losgelöst, die, über Süd- und
Norddeutschland gleiclimdszig verbreitet, den Zusammenhang mit
den beiden ersten nicht ohne weiteres noch klar zeigt, ursprüng-
lich verschieden von angel, was zunächst den köderhaken beim
fischfange bezeichnet, war hame die schwanke, gebogene anyelrutc,
wie atis Graff 4, 946 liervorgdit , wo calamum durch hamon
übersetzt wird; der name gieng nacldier auf das ganze instrumenl,
den anyelhaken inbegriffen, über : kanstu den Leviathan ziehen
mit dem hamcn (ii> äyy.iaTQ(^ Sepluag.)'i Hieb M,iO; so er
(der fürst) durch ungerechte mittel, böse streiche, falsche
hamen und angeln, ein stück landcs erfischet. Butsciiky
Patmos 524;
auTs glück der flscher warf sein ham,
gur bald ein kleines flschlin kam,
\vardt mit dem hamen auCgezohen.
B. Waldis Esop 1, 83;
TerDlendte sterbliche! die bis zum nahen grabe,
geiz, ehr und wollust st&ts an eitlen hiiraen halt.
Hallbr yvd. (l"6h) i. 43;
doch stilll was seh ich dort, vor jenem boot,
im Wasser hin und wieder fliegen?
heim dement! ein fetter hissen brot!
er {der Itecht) schnappt ihn iitif, und Iftszt, dem netze kaum
entgangen,
sich nun durch einen Immen langen. Pfkffel.
4) in der spräche der fischer Niederdeutschlands bezeichnet man
durch hamen einen etgentliumlich geitaltelcn angelhaken aus ztun
oder messtng, in form eines kleinen ßscfies, mit einem Widerhaken
versehen und an einer scimur hängend. Jamm tyn. $. 6.
An eine enllehnung diesen Wortes, das, wie man sieht, mit dem
vorigen hamcn keine Verwandtschaft hat, aus tat. liAinus ist schon
atu lurmeUen gründen nicht zu denken, weil das deutsche wort
•m ahd. mhd. kurzen , da» lat. langen vocal zeigt, alle bedeu-
tungen des Wortes führen auf die Vorstellung des gelmgenen, krum-
men zurück , und zrugi-n für eine deutsche wund liiini litegen,
kr„mu,,„ ,.in,->,„-„ ,(, /,.,„ „Ijrinlyrtu- ••■!> I ■ •■ !.i>n-
mcs lahm, gichlbrüchig (Graff 4, 945) hervortritt . zu der sicher
das iriscite cam krumm, lat. camurus einwärts gebogen, gekrümmt
(camura cornua Vergil.) verglichen werden können, und die wul
auch dem unten folgenden hamin , hanime zu gründe liegt , in
etwas geänderter bedeutung wahrscheinlich auch dem hammel ;
eine wcilerlnldnng derselben, wie in griech. xä/iTiT] bieyung , er-
scheint schon in goth. hamfs, ahd. Iiami, alts. hdf handlahm;
rergl. unten hampel und humpeln, auffallend berührt sich mit
Itame der form wie der bedeutung 1 nach das fem. kämme,
kanipe 5, 107, das dennoch seinen Ursprung nur in einer begii/J-
lich verwandten wurzel, aber mit ungleichem anlaute, haben kann.
HÄMISCH, adj. und adv. subdolus , zuerst aus dem späten
mhd. als hemisch bezeugt mhd. wb. l, 661", seit dem 15. jalirh. ak
hämisch, hemisch, liiiinisch oft vorkommend, insofern das wort
adjectiv zu dem subst. ahd. hämo hülle, decke, kleid {spalte 307
oben) ist, ist seine grundbedeutung zunächst verhüllt, dunkel, heim-
lich, der übertritt in die bedeutung versteckt boshaft erfolgt, gerade-
wie heimisch und heimlich {s. d.) auch öfter diesen sinn nach-
ahmen, oder wie alts. derni, ags. dyrne aus dem begriff ver-
borgen in den heimtückisch, boshaft übergeht (Grein 1, 214), oder
wie endlich auch lat. nebulo der durchtriebene mensch sich aus
dem begriff des dunkeln, trüben enlwiciielt. der Übergang tritt
klar hervor, wenn hämisch zunächst eine gedrückte, düstere ge-
mütsstimmuny bezeichnet: nordböhm. h-diiisch reizbar, empfindlich
Petters andeul. 28;
mir ist oft so hämisch, so damisch und dumm.
Fr. Möller 1, 314.
belege für hämisch, listig, boshaft: hämisch, versulus , astulus
roc. ine. thcul. il'; in Tirol hämisch, tückisch, boshall Fromm.
5, 447 ; da liat er (gott) Adam und Heva abermal ir gewissen
gekützelt, denn die wort (i Mos. 3,22) sind hemisch und
spöttisch geredt. Luther 4, 30'; das sie nicht hemisch oder
neidisch auf einander sind. 5, 34o'; disz 38ste jar ist ein
büsz und fehrlich jar, ein recht hemisch jar, wirt viel schwere
grosze krankheiten bringen, /isc/tr. 354'; alles, alles wird dem
seestädter gelassen, der mit runzelnder stirne und hangenden
iippen die Ungeduld des lanJstädters . . hämisch demüthigel.
Moser patr. phant. 1 (1798) s. 10; mich dem hämischen oder
stolzen mitleide meiner nachbarinnen blos zu stellen, s. 337 ;
der hämischen freude aller neiderinnen. 3,25; hämische
neugier. s. 32; hämische liist an der blosstellung der fehler
anderer. Kant 5,306; die kühnheit der hämischen ST;heel-
siclitigen. Klopstock 12,91; ja er sticht ihn hämisch an, wo
es ihm am empfindlichsten ist. Nicoi.'ai an Herder in des letz-
teren lehensbeschr. 1, 2, 311; (die bösen geister) zerknicken
hämisch jede rosenknospe des neuen frühlings. H. Heine 3, 70 ;
falsch und hemisch. Locao 3, 189, 95;
des glückes hämscher cigeosinn
wirft viele scliätze dieser erden
unwürdigen besitzern hin. Hacioorn 2, 43;
so braucht ein arzt das gift,
das auszer seiner band nur hnmsche morde stifl.
I.EssiNC 3, 346-,
nicht kann verrath und häraischa list
dein göttlich leben tödten. Göthe 1,217;
0 lassen sie es länger nicht geschehn,
dasz hämische bosheit ihre gute absiebt
durch giftige, verhaszte deutung schwfirze.
Schiller IHrcol. 1, 2;
wieder begann zu jenem Melanthios, hüter der geistrift:
götter! was redet er da, der hund voll hämischer tücke !
üityisve 17, 248.
HÄMLEIN, Tl. 1) kleiner hamen, netz: fahen und schöpfen
in {den bernstein) .. mit gestrickten hemlein. Mathes. Sar. hl'.
2) tJOn der ähnliclikeit , der klingelbeulel in dir kirche: häni-
Icin, eine art klingebeutcl, in der kirche geld einzusammeln.
Frisch l, 4oT.
HAMM, m. 1) «n vorzüglich niedersdchsisdies und friesisches
Wort, nach dem brem. wörterbuche 2,473 jeden umzäunten oder
gehegten ort bedeutend, wiese, wald . haus, meierhof , vunuglu-h
aller für eine eingefriedigte ipiese verwandt, es berührt sich dnn
begriffe nach mit kainpe 5, 134, gerade wie hame gebogene fe^ut
zu kamiiip, kampe stand, s. sp. 3U7 unten, das altfiiesische luit
das wort nelien dem compositum hain-inerke [versetzt in haiii-
rcke), lioni-nierkc in der form hein und in der bedeutung riv-
gehegler räum, darf iHichthofen 795) und es zeiiß die i.'. ,
coniotiani in dem dativ hemme, da-iz hier kürze des slamti.
vorliegt und das wart nicht mit ht'^in — ahd. heim irruritism
werden darf, im Oldent)urif.srhen lebt es noch jür eingehciße wiese :
,{,..... ,|,,.i I.'......,.. I .', /,.,<.. I,. Mi ,1,'. Il,.rl,i l.iil.' iMul <<>M'
309
HA3IME
HAißffi— HAMML
310
strasze. oldenburger anscitje 1853. auch zu Gieszen ist hamm
/lurname, der einen bezirk von gärten dicht bä der Stadt bezeichnet.
2) dann erscheint bei rheinischen Schriftstellern hamm für ufer :
die Tiber war über ihren hamm gelaufen. Rihel Limus s. 5
(159S); dasz wann der Rhein ausgetreten gewesen und sich
wieder gesetzt hat . . man sagen pflege, er stehe wieder im
Lammen. Melrer uasserrecht s. 22; und obwol die altwasser
gemeiniglich brüche des Rheins sind und sich alsdann be-
geben , wann der Rhein aus dem hammen läuft, s. 23. der
liegriff des eingeengten tritt hier in anderer weise zu tage: platt-
deutsche gegenden kennen noch jetzt an versteinertes hamm holln
im zäume hallen Dänneil 74'; in Pommern dat het hamm das
ist verboten zu thun , das musz man nicht anrühren. Dähnebt
ITl'; vergl. den hessischen zuruf an kinder harn! ham! zurück!
VlLMAR 147.
3) das wort iU auch als fem. hamme bezeugt, und heiszt in
Dithmarsen und andern sächsischen gegenden eine befriedigung,
ychege. Adelung.
HAMME, f. der theil vom knie bis zur hüfte, dickbein, lende,
Schenkel; ahd. hamma suffrago , poples, mhd. hamme, seiner
Wurzel nach, die unter hame sp. 307 angeführt ist, das sich
krümmende, biegende glied, im begriff öfter nnt bug (2, 494) sich
berührend, von welchem wonte eine ähnliche grundbedeutung be-
hauptet wird, es kommt in mehrfachem sinne vor.
1) wie engl, ham bedeutet es, freilich in derb scherzender rede,
Schenkel im allgemeinen, und ist auf den menschlichen schenket
bezogen :
ain red pringt die andern:
von übrigem wandern
da werden müd hammen,
doch tot sich geren sammen
yeglichs gleich zu seinem gleich. Hätzlerin s. 201'.
2) bei den Jägern heiszt hamme die hinterkettle des rotu-ild-
prets^ Jacobsson 2, 199', die bei IS'emnich hamel , hamer ge-
nannt wird.
3) gewöhnluh ist hamme da- hinterschenkel des Schweines,
Schinken, wie mhd., wb. 1,625*; schweizerisch hamme Fromm.
6,414; schiebt er aber ain klain swin, so sol er die ham-
men da mit gen. weisth. 1,375; Schweine hammen essen.
Keisersberg narrensch. 109'; wie sauer der essig ist, mit dem
man iszt die schweine schultern oder hammen. lio' ; da
würstelirt man , sawmagirt man mit hammen und pachen.
Garg. 48*; den dritten, welchen er gehöret, dasz er gerne
bier trinke, schickt er zu den westphälischen hammen oder
Braunschweiger würst. Schüppics 698 ; was von dem einge-
salzenen fleisch , speck oder hammen überbleibt. Hohberg
1,212'; item siedet man rothe ruben in essig und reibt die
hammen wol damit, darnach legt mans in ein schaff, so oft
eine leg hammen, so oft eine lege rothe ruben. 213";
wenn sie paid ir faist seu stechen,
so schülens vier bammen zum wein tragen,
davon so füll wir all ander kragen,
und woll wir denn trinken und essen, fastn. sp. 610,24;
wir wollend zösamen schlagen,
recht wie man die bammen zerlait. Uhland volksl. 307;
pratwfirst, jung sew und bamen
sol man uns tragen her. 610;
pachen und hammen gros und klein.
.4m6r. liederb. 142, 33;
kesz, ziger, würst, hammen und allerlei war.
N. Mancil fastn. 352 Grün;
TOD einer wiszen saw ein hammen. «. 397;
und hammen pawerszvolk fail bat.
ScusELZL lobspruch 93.
aber hamme kann auch den Schenkel des Schweines schlechtweg
bezeichnen: hamm ein schweinener schenke], perna, vorderst
hamme pelaso , die hinderst petasunculus. promptuar. von 1618
bei ScBM. 2. 191.
4) das wort ist auch schwaches m<isc.: diese Steckmuschel
solle billicher perna genennt werden, dann sie sich einem
Schweinen hammen vergleicht. Forer fischbuch 138*;
schlug (die ader) mit eim westfälischem bamen.
H. SiCHs 1, 529',
nimm da den sack, thft speisz darein:
ein dürren hammen, broilt und wein.
Berchtold redn. s. 55;
der aufTabrtslag manchen bewegt,
weil man den bammen da zerlegt.
Spangkkberg fangbriefe Mv';
bei ScHOTTEL hamm m. perna, jambon 1333 ; jetzt noch bairisch
der hammen Scbn. 2. I9l ; ea bachen und hameu von der
sau. 1,143, wogegen aus Tirol das wort als fem. hamm ver-
zeichnet wird Fromm. 5,447; Schwab, der hamme Schmid 259.
HAMME, /■. landschaftlicher ausdruck für verschiedene thak
der sense.
1) in Obersachen ist es der hintere breite theil der sense, im
gegensatz zur spitze. Jacobsson 2, 199*.
2) anderwärts theile des sensengriffes : so in der Schweiz die
oberste handhabe am stiel einer sense Stalder 2. 16; im Fuldaschen
das querholz am sensenwurf, in welches die zum fassen der ge-
treidehalme dienenden stäbe eingefügt sind, auch das eisen an der
sense selbst, mittels dessen der sensenwurf an die sense befestigt
wird. ViLMAR 147 ; im westfälischen arm oder griff einer sense.
Fbommann 5,347.
3) eine männliclte nebenform hamen wird aus Waldeck ver-
zeichnet: es ist der theil der sense, der vermittelst eines ringes an
den sensenbaum befestigt wird. Cdrtze 469.
Das wort scheint dem grundbegriffe nach identisch mit dem vor-
hergehenden , nur ist dieser grundbegriff in beiden Wörtern ver-
schieden specialisiert worden.
HAMMEL, vervex, multo.
1) der begriff den wir heute mit dem warte verbinden, scheint ihm
nicht von alten zeiten her eigen und noch im mhd. nicht bezeugt,
ahd. begegnet das adj. hamal, durch welches mutinus (/. mutilus\
übersetzt wird Gräff 4. 945, mit einem compositum hamalstat
richlplatz, catvaria 6, 641, was auch im mhd. hamelstat fortlebt,
das auszer dieser bedeutung noch die des zeirissenen. abschüssigen
terrains hat; ferner mit einem verbum pihamalijn truncare, mu-
tilare, das auch im ags. hamelian, engl, hamble die knieflcchsen
durchschneiden und so Wimen, wiederkehrt, ein seilen vorkom-
mendes mhd. subst. hamei drückt anen abgehauenen stumm,
klotz, Stange aus, auf der ein habicht festgebunden wird:
ei stuont ze einen stunden
ein habech üf einen bamel gebunden,
als man noch dicke sihet tuon.
Haupts Zeitschrift 7, 356.
vergl. unten das verbum hammein in der bedeutung 1.
2) auf einen verschnittenen und so verstümmelten Schafbock
wird das wort erst, soviel ersichtlich, im spätem mtttelalter be-
zogen {denn ein ahd. hamal muliones , was man in multones
gebessert hat, Graff 4, 945, ist verdächtig): vervex hammel
DiEFENB. 615'; hamel muto {für multo), aries castratus voc. ine.
theut. hs'; vervex ein verschnitner widder, hammel Dasyp. ;
ein hammel wirdt auf teutsch genent der wider welchem ver-
schnitten ist. Forer thierb. (I5S3) 142*; mit der mehrzahl die
hammel: der widder, der hemel, der bocke, der ochsen.
Hesek.39,lS; viel guter feiszter schaf und hammel. Wickraji
ro//ip. 72; einige hämrael aus einer heerde wegzutreiben.
Schiller 855 ; vorzüglich in der neuern zeit hat auch die mehr-
zahl hammel statt: wenn sie mir alle hammel von ganz Tibet
versprächen. Kotzebue werke 18, 63.
3) einige nebenformen finden sich schon früh, so ein r statt
des auslautenden 1: multo hamer Diefenb. 371* {niederdeutsch.
15. jahrh.) ; häufig und namentlich mitteldeutsclt ist die umgelautete
form hammel im singidar: vervex hemel Dief. 615*; er stahl
einen hammel. Mlsäds kinderkl. 91;
es gilt meinen besten hänimel,
gib nur einem bauren geld,
der kaum weisz was disch und scbemmel,
wo ers nicht bringt in die weit?
Nkcmare lustwätdchen 103.
Die Verlängerung der kurzen Stammsilbe, die im schrifUiochdeutschen
nicht stattfindet, geht durch eine reihe von mundarten, namentlich
durch cäle niederdeutschen, so hamel bei DähiNert, Schambach,
im brem. wörterb., haomel und häümel Danneh, 77*, im Olden-
biirgschen hämel , homel Fromm. 6, 82 ; aber auch durch ober-
deutsche, henneberg. hamel {mit gleidiem plural), am Däringer
walde hffimel 4, 310.
4) indes liat sich der begriff des worles nicht durchgängig in
der oben 2 genannten weise festgesetzt, in Baiern heiszt h.nmiuel
tieften vervex auch ein männliches schaf das keine hörner hat. es
sei verschnitten oder nicht. Schm. 2, 191, wie lat. mutilus zugleich
verstümmelt und hörnerlos bezeichnet; im Oldenburgschen ist das
wort mit verändertem stammvocal huinmel auf hörnerloses rind-
vieh bezogen Fromm. 3. 496 ; vergl. huminel. hummelbock.
5) hammel wird auch der unverschniltene Schafbock, widder
genannt: es stunden vil schöne grosze zottichte hammel, mit
schwarzer woll bedeckt, ausz denen nam ich die aller ster-
kisten und rauhisten. knüpfte ye drei und drei . . mit widen
oder pästen aneinander, und under drei hammel hd".d ich
311
HAMÜIEL — HÄMMELCHEN
HAMMELFELL — HAMMELSACK
312
alle mal ainen menschen, also das der mitier hammel trug,
die cussern zwen auf der seilen hallen hülfen, under allen
war ain wider, an lenge, griisze, sierke und schone alle an-
dere iiberl reffend. SciiAioExnKiszEn Oi/yssfu 39' bei Fromm. 6, 83.
C) hammel für caslral , cuniich; allein es blieb dabei, er
wolle kein hammel sein. Chr. Weise erzn. 50. vgl. hümmling.
7) hammel , ein Schimpfwort für einen wmerlen menschen,
in Tirul für einen geistesschwachen FnoHM. 5,447; in Nassau für
eine unreinliche person Keiireis 183, in Schwaben für eine gut-
mulige, auch einfällige neibsperson Sciihid 259, in dem folgenden
aber für eine ausschweifende dirne: und eine jede dieser gar-
stigen hammel zeigete ein paar platte fleischlappen an der
brüst, welche, wann sie angekleidet waren, in die höhe
gerückt uurden, jetzo aber auf den bauch hinunter hiengen.
Happel acad. rom. 35.
S) es wird aber auch als koseworl verwendet, so in Batern:
du lieber hammel I Sciim. 2, 191; namentlich häufig in der Ver-
kleinerungsform hämmelchen, s. d.
ö) man sagt sprichwörtlich er ist dumm wie ein hammel,
geduldig wie ein hammel. eine rcdensart , mit der man ein
toiher abgebrochenes yesprdchsthema wieder aufnimmt : um auf
besagten hammel zurück zu kommen, ist zunächst nicfd ein-
heimiscli, sondern begegnet am frühesten in französischer fassung
revcnons ä nos moutons , die sich nach Littre auf eine farce
des M.jahrh., l'avocat l'alhelin von l'ierre Blanchet zurückführen
liszt, in welchem ein process wegen unterschlagener hammel ver-
handelt wird. FisciiARTS kehrt zu seinen bammeln Garg. 129',
von dem knaben Garganlua gesagt, der seine kinderslreiche immer
von neuem beginnt, ist mit anklang an diese redensart gebildet
{Babclais: relournoit i ses moutons). aber geläufig und
spiichwOrtlich verwendete er sie nicid, denn Rabelais' retournans
h nos moutons , je dy que . . im 1. cap. des Garganlua um-
schrieb er frei: aber laszt uns den wider auf unsere hämel
widerbringen, davon uns der bock gebracht hat. ich sprich
das . . Garg. 30*. Recht eingebürgert in Denlschland scheint die
redensart erst durch Kotzebues luslspiel die deutschen kleinstädler
zu sein, wo dieselbe in frischer weise angewendet wird: der bürger-
meister von Krähwinkel erzählt dasz der amimann von Rummels-
burg einen hammel der Krähwinkler stadtherde gepfändet habe, er
wird in seiner erzählung unterbroclwn , knüpft aber dieselbe mit
den Worten wieder an: wiederum auf besagten hammel zu
kommen, werke IS, 62. in dieser oder freierer fassung erscheint
die phrase nun öfter: doch um wieder auf besagten hammel
zu kommen , im collegium des herrn geheimraths Schmalz
hörle ich das Völkerrecht. H. Heine 1, 247 ; besagten hammel
anlangend, hat uns die Solostimme recht freundlich ange-
lächelt. Castelli allgem. musical. anzeiger, Wien 1831, s. 127.
10) mundartlich weit verbreitet ist hammel in der bcdeutung
kotrand an einem kleide {rergl. behammeln 1, 1325) , so wol in
fiiederdeulsehtand, brem. wb, 2, 575, als auch in Oberdeutschland,
SciiH. 2, 191; im GOUingenschen daneben auch bei tliieren die
klunkem von mist oder dreck, welche sich der wolle oder den
haaren anhängen. Sciiamb. 73'. hier klingt das engl, hem säum,
rand , einfassung an, das als eingebogener llieil eines klcidungs-
ttücks eben auch auf jenes mehrfach erwähnte alle ham krumm
{sp. 307) zurückführt, das deutsche hammel , als uritcrbildung
hiervon , berührt sich hiernach mit dem oben 1 — 9 aufgeführten
hammel veriex zwar nach Wurzel und bildungslauten , hat aber
selbflänJig einen weil abliegenden begriff entwickelt.
11) im hcnnebergitchen fteiszl hammel auch der tannen- und
fichtenz'ipfen. Fromm. 4,311.
H.XM.MtLBHATE.N. m. braten von einem hammel : Altenglands
einfach gute ki)Sl : rosibeef, hammclbraten. H.Heine werke
4.139. auch in uneiqentltcher composition, die sich, wie bei manchen
der folijcnden cowposila, neben der eigentlichen festijesctzt hat:
nun, da hüben wirs, da hat mir der hund den hammels-
brafcn peslnh'en. Kützeble ircrÄc 23,40.
HAMMKLItitCHE, f brühe von hammel fleisch.
HAMMELHUG, m. schuller vom hammel, armus verveeinus.
Fbitii I, 4i)7'; ilem ferner im lext, verschanzt mit hnm-
men, hindervierlheiin vom schups, baraelcbug von Frankfurt.
Gary 5a*.
HAMMKLCHEN, n. kleiner hammel; gern ein liebkosungswort,
$0 gegen ein mddchen: ja, mein hamuielchen ! Fii.idor ver-
meinler prim (Kios) 32; rlwin. hämmelchc, hammeiche, von
ellern gegen ihre kleinen kinder Kkiirein 1S3 ; henneberg. hnm-
melr, hcrzehommele Fromm. 4,311, audt tchwäbiscU bammele,
tchmeidielname für kinder. Schmid 259.
HAMMELFELL, n. feil des hammeis.
HAMMELFLEISCH, n. fleisch vom hammel: man möchte
auch zwar sagen, das wann das schaaffleisch nicht so ge-
mein wäre, so würde kein wildprett so köstlich und angenem
sein, als eben das hämmcineisch. Sebiz feldbauMb; pastete
von hammclileisch, warm oder kalt zuzurichten. ANARANTUca
frauenzimmerlex. (1773) 2432.
HAMMELFRESSEU, m. für den wolf:
endllcti liesz der dirke wald
einen starken hinlerhalt
frischer tiammellresser sehn.
LiCHTWKR fab. 3, no. 18.
HAMMELJÄHRLING, m. ; diesen namen (nämlich hammel-
lümmer) behalten die junge lämmer {die geschnitten worden
sind) bis um Michaelis auf die schaafrechnung, denn sobald
sie alsdenn eingeschrieben worden, heiszen sie Lammeljühr-
linge oder jiihilingshämmel. öcon. lex. 2133.
HAMMELKEULE, f. kcule vom hammel: hamelkeule femur
vervecinum Frisch 1,407'. öfter in der form hammelskeule:
macht eine brühe von wein, zucker, zimmet..und gieszt sie
sodann über die hammelskeule. Amaranthes frauenzimmer-
lex. {l''S)zlbS; der sitzt ja schon seil ein paar stunden im
Vorzimmer bei einer hammelskeule. Kotzebüe werke 23, 87.
HAMMELKNECHT, m. dem die besorgung der hammel anver-
traut ist.
HAMMELKORN, n. hordcum zeocrühon, bartgerste, reisgersle.
Nemnich 3, 178.
HAM.MELLAMM, n. das geschnittene männliche lamm. öcon.
lex. 916. 2133.
HAMMELLAüFEN, n. Wettlaufen um den preis eines hammeis.
BiRLiNGER volkslhüml. aus Schwaben 2, 282.
HAMMELMAUS, f. am Rheine die hausgrille, heimchen, gryllus
domeslicus , dann auch schmeichelwort für kinder. Kehreim 183.
der name wegen ilirer springfüsze , s. unten hammein 4; die
schweizerische form hammemauch (Stalder 2, 16) zeigt die ur-
sprünglichere form des zweiten Iheiles des namens, der mit ahd.
müh heimlich, goth. möka-mödei Sanftmut zusammenzustellen sein
wird {vgl. mhd. wb. 2, 1, 226'), so dasz also eigentlich der name
ein springimmchen auszudrücken hat. das ahd. möhheimo grylliu
(Graff 2,654) ist eine tautologische composilion die auf die spring-
fähigkeil des thieres keine rücksidd nimmt.
HA.MMELN, HAMMELN, adj. vom hammel: verveeinus häme-
lin, vervecina coro hämelin fleisch Dasypodiüs.
HAMMELN, HAMMELN, verb. 1) beschneiden, verschneiden in
allgemeinem sinne (nach hammel l 5p. 310): bestreich die hepen,
damit man die bäum hamlet, mit knoblauch, oder henk
knoblauch an die büum, so thut inen kein vogel schaden.
Herr feldbau 92".
2) zu einem hammel machen: bammeln, die jungen lam-
mer männlichen geschlechts verschneiden. Jacobsson 2, 199*;
hamelen, hemmein, castrare arietes Stiei.er 748; niederdeutsch
hameln, die bücke verschneiden. Dähnert 17l'.
3) bei Fischart auch in einem etwas andern sinne, als hammel
leiten, führen: dievveil sie (Moscoviier, Indier u.s.w.) von den
Romanisten nicht wollen gewidert und gebammelt sein, groszm.
131, wollen sie nicht für ihre leithammel ansehen, nach Rabelais'
etre par les Romanistes belinez (belin leithammel).
4) aber ein ganz anderes hammein, das mit dem vorigen nicht
zusammenhängt , braucht eben auch Fischart in der bedeutung
hüpfen, springen: da danzlen , schupften, hupften, lupften,
Sprüngen, sungen, hunken, reieten, schreielen, schwangen,
rangen, plöcheltcn, fUszklöpfeten, gumpelen, plumpeten, ram-
melten, bammelten, vollirten . . sie. Carj, 82'; darnach wann
er erwacht, gumpet, blitzet, strabelt, geilet, rammelt und
bammelt er ein weil im bell herumb, die lebliclikeil der
sinn und müligkeil des geislcs und fleisches etwas aufzu-
muntern und zu erfrischen. 159*. die Zusammenstellung mit
giimpen, plumpen, rammeln, strabcln, blitzen zeigt dasz ein
ungeschicktes tliierisches springen mit dem ganzen beine gemeint
vt , im gegensatze :u dem kunstvoll mit dem fusze ausgeführten
tanzen ; svmit stellt sich das uort zu hamme sp. 309. r<T>;i.
hummclmaus, und das folgende hammclochs, «ort« bampci,
hampeln, auch humpeln.
IIAMMELOCHS, m. ochse der zum bespringen der kühe ge-
hallen wird, auclt springochsc. öcon. lex. 301. vgL den vorher-
gehenden arlikrl am ende.
HAMMKLSACK, m. scrolum vervecinum. SniLKR 10»8. auch
name einer groszen birne. NitMitica.
313
HAMMELSBRUST— HA.MMER
HAJDIER
314
HAMMELSßRUST, /'. bruststück eines hammeis: hammelsbrust
zu füllen. AsciRANTHES frauensimmeriex. (n'3) 3154.
HAMMELSCHLÄGEL, m. Hammelkeule : versähe ich meinen
ranzen aus der kuchen mit einem schunken und hammel-
schlägel, der mit knoblauch gespickt war. Simfl. 3, 3S6 Kurz,
in der form hammelsschlägel: haminelsschlegel , stockfisch-
pläwige eingemachte lummel. Garg. 53*.
HAM.MELSCHNITT, m. das auswählen der von den schaßal-
lem für die erlaubnis, auf der herschaßlichen hule zu xceiden,
an die landeshersciiaß zu entrichtenden hammel. der name daher,
weil jedesmal der zehnte hammel auf das kerbholz geschnitten
wurde. Vh>i.ar 147.
HAMMELSCHWANZ, m. cauda verveeis, auch pflanzenname:
groszer oder gelber hammelschwanz , königskerze , verbascum;
kleiner hammelschwanz, Odermennig, agrimonium. Kehbei.n 1S4.
HAMMELSHODE.N, f plur., oder maliasier, werden die groszen
schwarzen, guten wein gebenden trauben einer weinstocksart ge-
nannt. Nemnicb.
HAMMELSKOLBEN, m. hammehkeule: und wann ich so
über einen hammelskolben kam, der mit knoblauch gespickt
war, und eine gute kanne hier daneben stehen hatte, so
erquickte ich leib und seele. Simpl. l, 225 Kurz.
HAM.MELSKOPF, m. köpf eines hammeis : hammelsköpf unter
erlesenen fleischwaaren Garg. 53*.
HAMMELSMÖHRE, f paslinaca sativa. Nemnich.
HAMMELSSCHüLTER , f Schulterstück eines hammeis {cergl.
hammelbug): läszt die hammelsschulter am spiesze braten.
A»ARA5THES frauenzimmerlex. (1773) 3164.
HAMMELSWANST, f7i. tränst eines hammeis. audi eine apfd-
förmige, säuerliche birnenart. Nemsicb.
HA.MMELSZUNGE , f zunge eines hammeis: pastete von
hammelszungen. Amaramhes frauenzimmerlex. (1773) 2434.
HAMMELTALG, m. talg vom hnmmel: wenn man gute ge-
gossene lichter machen will, so nimmt man zur hälfte rinder-
und zur hälfte hammeltalg. Jacobsson 4, 367*.
HAMMELTANZ, m. weltanz um den preis eines hammeis.
BiRLOGER rolksthiiml. aus Schwaben 2, 289.
HAMMER, m. malleus.
ahd. hamar, mhd. hamer; altnd. hamur, fries. homer, n/.
hamer ; ags. hamor, engl, hammer ; aünord. hamarr, ddn. ham-
mer, «cÄicerf. hammare ; nur golh. nicht aufgewiesen, eine hoch-
deutsche, zum niedcrd. neigende nebenform des 14. 15. jaltrh. ver-
tauscht das auslautende r mit 1 und lautet hamel : cudere mit
dem hamel slahen Diefenb. I6l'; vgl. auch hammerschlag 2.
die pluralform ahd. hamarä lebt noch in dem seltenen nhd. die
hammer (Steinbach l, 685, der aber gerade diese form für häu-
figer ab die umgelautete ausgibt), gewühnUch ist seit der mhd.
zeit der plur. die hömmer,
mhd. als ob tüsend bemere
da klQngeo. Engelhart 2730.
Die seü lange erkannten etymologischen bezüge des wortes ergeben,
dasz dieses uralte deutsche als Handwerkszeug wie als waffe be-
nützte gerät ursprünglich ein steinernes war. wie noch aUnord.
hamarr neben hammer auch fels, klippe bezeichnet, so ist aus
den urverwandten sprachen verglichen altslav. kamen' stein, litt.
akmu , lett. akmins, griech. axucov, sanskr. a^man, Wörter die
nur ein von dem deutschen verscliiedenes bildungssuf/ix tragen und
der Wurzel skr. a9 sich schnell, heßig bewegen, zufallen, zu der
dann ferner skr. a^an stein, wurfgeschosz , acjini keil, grieeh.
fixtov , lat. acies fallen, das sanskr. a9man bezeicJinet stein,
schleuderstein, felsstück, dann die himmlische Schleuderwaffe, den
donnerkeü (Böiitl.-Roth 1, 516) und dem entsprechend war auch
im deutsclien derjenige hammer, den man dem donnergotle zu-
tlteilte {cergl. unten 2) üßer und wie es scheint älter als keule
oder keil aufgefaszt, deutsche mythol. 164/'.; und wenn noch nhd.
kornhararaer (5,1825) für den dreschßegel stellt, so mag hierin
die älteste keulen- oder schleuderähnliche form des hammers nach-
klingen.
hammer ist in verschiedener bedeulung geraucht.
1) eigentlich, malleus: und ein iederman quam mit sinen
wergkgeczuge, ein ackerman mit siner geiszeln, ein stein-
metze mit siner bicken, ein smed mit sinen hammer. Stolle
bei Haupt 8,313; da nam Jael das weih Heber einen nagel
von der hülten und einen hamer in ire band, richler 4, 21 ;
das man kein hamer noch heil, noch irgend ein eisen gezeug
im bawen börete. l kOn. 6,7; es «chmidet einer das eisen
in der zangen, erbeitet in der glut, und bereitets mit hem-
mem. Jes. 44,12; heftet sie mit negeln und bemmcrn. Jcr.
10, 4 ; wenn er so mit dem groszen hammer das eisen zu-
sammen schlug. Gbimm deutsche iagen no. 556 ; mancher klopft
mit dem hammer an der wand herum und glaubt er treBe
jedesmal den nagel auf den köpf. Göthe 49, 45 {sprichwörtlich) ;
schwingt den hammer, schwingt,
bis die form zerspringt. Schilleb gtodu;
ich hör meinen schätz,
den hammer er schwinget. üaLA;<D ged. 31;
schönes eisen, du der freien freude,
schmuck der tapfern, köstlichstes geschmeide,
das der bammer aus metallea schlug!
Arsdt gedickte (1840) 512.
Zusammen genannt werden unter den schmiedegeräten besonders
oft hammer und ambosz: macheten mit dem hamer das blech
glat auf dem ambos. Jes. 41,7; müssen blasbäige, zangen,
ambos, hammer und alles andere an der band sein, damit
man die rechte zeit treffe. Bütschky Palm. 667; 'daj mir,
daj dir', sprach der hamer zuo dem ambos. Sprichwort des
14. jahrh. bei Waciersagel leseb. (lS6l) 986, 20 ; der ambos
erschrickt nit vor dem hammer. Garg. 212';
du musrt herrschen und gewinnen,
oder dienen und verlieren,
leiden oder triumphiren,
ambosz oder hammer sein. Göthe 1, 144;
eine peinliche läge zu bezeichnen dient die redensarl zwischen
hammer und ambosz sein, alt und weit verbieüet: jam quod-
dam est et apud nationes tritum vulgi sermone proverbium,
ut de bis , qui anxietatibus et ingentibus malis prerauntur,
dicant: inter malleum sunt et incudem. Orige:»es in Jeremiam
homil. 20 ; griech. fiera^ tov äxuovoi xai ofai^as.
Bildlich wird von einem hammer des Schicksals geredet, wie
sonU das Schicksal scliläge austheilt: reine demanten , die fest
und glänzend unter dem hammer des Schicksals blieben.
J. Päcl Titan 4,210; auch von einem hammer des (strafenden)
gesetzes: mein ganzes herz ist durch den hammer des ge-
setzes zerknirschet und geschlagen. Scecppics 486; diese
klopfte er erst von glied zu glied mit dem bammer des
gesetzes ab. J. Paul Titan 2, 47; engl, the hammer of heresies
(die geiszel der ketzereien) in Hakewills apology. auch die schla-
gende faust heiszt ein hammer: aber soll er dir einen land-
junker schröpfen, der seine bauren wie das vieh abschindet,
oder einen schurken mit goldnen borten unter den hammer
kriegen . . da ist er dir in seinem element. Scbilleb räuber
2.3. vgl. hämmern, der obere theü eines hammers wird einem
köpfe oder haupte verglichen (s. köpf 5, 1769, haupt, hammer-
hanpt, hammerkopf) und seine einzelnen theile nach thälen des
kopfes benannt: hammerauge, hammerbacken, hammerstirn,
auch hammerhaube.
2) der hammer war das altribut des deutschen gewiltergoUes,
des Donar; da dieser gott zugleich da- das land segnende und
bewahrende gott, und der Schützer der reclüsgeschäße war, so
diente in soldien fällen sein hammer als symbol. wie in der
hädnisciten vor zeit unter diesem zeichen ehen geschlossen wurden
irechtsalt. 163. 431, die ehe war an kaufgeschäß), so wirkt, zum
theil noch in unserer zeit, bei besilznatime und veräuszerung der
hammer mehrfach mit.
a) die beslimmung der grenze eines landstridies , der nicht durch
zäun, graben, hügel oder anderes fest abgegrenzt ist, gescltieht in-
dem der hammer geworfen wird, wo er einfällt, ist der grenz-
punkt {vgl. rechtsalterth. 55—59): so dasz unser herr von Mentze
daselber uf einem rosse soll riden in den Rine als fer er
mag und als fer er mag mit einem hubhammer gewerfen in
den Rine, als ferre get sin gericht. weisth. 1,534 (von 1324);
die marktfreiheit . gebet an . . von den hainbuchen bis gen
Erlich in den Rhein, so weit als man mit einem pferd reiten
kann und dannoch mit einem bufhammer fortwerfen kann.
1, 638 (von 1670); statt des hammers wird mit der axt geworfen:
der möchte seinem wild also fherne in den vorgenanten wald
die Fossenhelde nachvolgen , alsz derselbe grave, uff einem
ross haltend vor dem ebgenanten walde und mit einer axe
in den selben wald gewerfen könte. weisth. 1,682; oder auch
mit dem pflugeisen. 3, 309. vergl. hammerwurf.
b) in Niedersachsen, Düringen und Franken ist für den theil-
haber an einem gemeindewalde der hammer zeichen des mitbesitzes:
derselbe ist mit den anfangsbuchstaben des namens seines eigen-
Ihümers versehen, und mit ihm werden die zum fällen bestimmten
bäume gezeichnet, das recht einen solchen hammer zu verleihen,
gebührt nur dem obersten vorsieher der mark: es soll auch der
bolzweiser, holzmeisler und forsten nicht macht haben einen
315
HAMÄIER
HAMMER — HAMMERBACKEN
31G
hainmer auszugeben hinter und ohne den gemeinen märker.
Kirburqer weisthum in den rechtsaüerth. 163.
c) in einigen dürfein Obeisachsens beruft ein herumgescbickler
hammer die bewohner zum rat und schütz der gemeinde. Abkldrc.
d) (iffenükhes ausgebol von gegenständen geschieht unter dem
zeichen des liammers, der durch aufschlagen den meistbielendeii
in den besitz der sache symbolisch einweist : der auctionalor ling
von vorn , und um jedermann zeit zu lassen , sich zu be-
denken, mit gedehnter stimme an: einmal vierzig — zum
zweitenmal vierzig dukalen. der hammer war schon aufge-
hoben, als aus der fernsten ecke des zimraers unvermuthet
eine helle stimme mit einem halben dukaten überbot. Thüm-
MEL 2, 114; vergl. Zuschlag, zuschlagen, daher kommt eine
sache unter den hammer, wenn sie öffentlich versteigert wird,
auch engl, heiszt es davon go to the hammer: auf das büd
zu bieten , das so eben unter den hammer kommt, garlen-
laube 1S6!) s. Hl'.
3) wie blitz, donner, hagel als kundgebungen des Donar öfter
persönliche verv-endung erlangen und für die gotlheit selbst stehen,
so ist die iraffe des gottes, die ja zundclist donnerkeil ist, für den
gott selbst bei fluchen, Verwünschungen , abgeblaszter auch bei
bloszen ausrufen des Staunens genannt {vgl. deutsche mythol. 106):
dasz dich der hammer schlag! Abele «norcfnjiHp 4, 3; nieder-
deutsch dat die de hamer! dasz dich der hcnker! brem. wb.
2. ."iTö; i vor den hamer! ei zum henker! das.; di schall de
hamer! Dähnert 17l'; de hamer kennt se all, der henker
mag die alle kennen. Schütze 2, 96; verwundernd: potz hamer!
ScHAMBAcu 73*; dat war de hamer! Dähnert 17l'; den hamer
uk ! brem. wb. 2, 575 ;
lueg au, er cha si nid halte, er ihuet bim hammer na's feischier
uf. CoHRODi de herr viluiri 11.
Auch der durchtriebene, dräste mensch wird landschaftlich an
hammer genannt {vergl. hagel 4 .f. 144): dat is en hamer!
brem. wb. 2, 575 ; mit einem davon abgeleiteten adjecliv hamcrsk :
en hamersken kerl, ein verzweifelter kerl , einer der sich an
nichts kehrt, daselbst.
4) wie Donar seinen hammer im streite gegen seine feinde führt,
so ist der gebraucii dieses geräts als waffe ein uralter, wie der
des beils, der axt, vergl. streilhammcr. aber er verliert sich
schon im deutschen allerlhum , so dasz das schwert an die stelle
tritt, und ^Niederdeutsche wie Angelsachen erhalten nur noch den
namen bill {slreithammer, Streitaxt) , mü dem sie nunmehr aber
das schwert bezeichnen {Hildebrandslied 54, Beov. 1558). nhd. ist
hammer als waffe in der bibel gewährt: du bist mein hamer,
mein kriegswoffen , durch dich habe ich die beiden zu-
schmissen, und die königreich zustöret, ier. 51, 20; auch
sonst : als waffen der bauern bei raufhändeln werden im \l.jahrh.
Steinhämmer, achtThämmec genannt. Schmeixer 2, I'J2; sehen
sie, da kehre ich meine laschen um, und es ist nichts darin,
weder messen noch hammer, noch sonst etwas, womit ich
sie erstechen oder erschlagen könnte. Immerman.n Münclih. 4,20.
5) an der eingangslhür änes gebdudes befand .\«c/i früher ein
hammer, durch dessen aufschlagen an eine melallplaltc der thiir
man einlasz begehrte: hammer an der thiir, corn'ix Kirsch;
vergl. klapper 5,965; daher die redensart: wer mit einem sil-
bernen hammer anklopft, dem macht man gleich auf, fccuniae
ubediunt omnia. Stei.nbach 1,6S6; in anderer fassung: jener
obrister war nicht unschuldig, dasz er ihm die pfort der
vestung mit einem güldenen hammer liesz aufschlagen. Leh-
mann 202; Ual. il martel d'arieiit(t spezza le porte di ferro.
6) die glocke , die die stunde verkündet, wird durch einen
liamraer bewegt: zeiger, unruhe und hammer (rfpr uhr). Mathes.
Sar. ZU*, es heiszt daher neben die glocke schlägt , auch der
bammer schlägt; der hammer hebt aus {zum schlage);
»cbliit; zn'öirmal xrlioii des thurineü hammer,
■0 stehen wir vor liebrhens haus.
llniiNTAiio die tiisl. mmikanlen 33 ^
da HrOhnt der hammer dumpC imd schwer
zwöiTmal vom grauen l<irchilinrm her.
lJui.4!<b ijed. 320.
vergl. uhrhammer.
7) grusze durch wasser- oder dampfkraß getriebene h9mmer
rerarbetten in betondern gebduden das metall zu blechen : hammer,
gro«zer bammer, der durch mühlräder bewegt wird, malieus
major in variit ofßcinis qui machinis regüur. Fnisca 1, 408* ;
die werlie Idappern narlit und »ng,
Im Licin portii (tpr hftnr
und hild>ain von den i; ' Iclien,
DUiz lelbit da» eiien < n.
>cuii.i.i;b 'j-iii-j 'li'i d. eifrnhammer.
lautes foclicn des hcrzens wird einem solchm hammer veigliclten:
in meines herzens kammer
da pocht es wie ein hammer. C. F. Wrisz«;
hier srhiui? Ihr, indem sie im schweisze zerquoil,
das bebende herz wie ein hammer. bÖRcss 65\
Dann wird der name auf die anstatt seihst übertragen, in der
solche hammer gehen : hammer, ein ort, wo man eisen, kupfer
u. d. g. zurichtet, officina ferraria, aeraria etc. Steinbach 1.686 ;
ej sol auch nieman kainen hamer haben bei den zwain
weiden. A'ürnft. polizeiordn. 169; dieser Tubal Cain welchen
hernach die beiden Vulcan . . nenneten . . und erstlich in
Lemno , darnach im berg Ethna seinen hammer, esz und
Schmitten setzten. Mathesius Sar. 7o'; da bawet der alte
Vulcanus und römische meister Loy hemmer, polier- und
Schleifmüllen, das.; brauhüfe, mahlmühlen, hammer. Secken-
DORFF s. 43;
hinaus zum hammer schickt man mich.
Schiller gang nach d. eisenhamnier.
es findet sich auch hammer für eine blosze schmiede, bei der
maschinenartiger betrieh niclit anzunehmen ist: kam in die Ruhia
zu einem hammer oder waldschmiede. Grimm deutsche sagen
no. 556. vgl. eisenhammer, kupferhammer, hammei-werk.
8) in den münzwerken diente in älteren zeiten ein hammer
zum prägen der geldstücke, vergl. münzhammer; daher niederd.
den hamer leggen, die münze ruhen lassen Dähnert 17l'; den
hammer verleihen, das münzrecht verleihen: die von Lübeck
verleiheten den hammer und schlugen neue Schillinge. Faust
lüb. chron. bei Frisch 1, 408". hei den jetzigen prägwerken ist
hammer der zwischen zwei leitslangen gehende guszeiserne körper,
dessen unleres ende ein Stempel iit.
9) bei den freimaurern ist der hammer das zeichen des meisters
vom stuhl:
er (.4mor) selbst will euch jähr aus Jahr ein
der meister von dem stuhle sein,
und euch recht sanft regieren-,
den deputirten braucht er nicht,
so längs ihm nicht an kralt gebricht,
den hammer seihst zu führen. Bluhauer werke 1, 270.
10) hammer in noch andern teehnüchen bedeutungen: am
forlepiano ein hammerförmiges hölzchen das an die saiten schlägt
und sie zum tönen bringt; an dem gradbogen genannten nautischen
meszinstrumenle ein auf dem pfeile bewegliches knie; bei grob-
schmieden und bildhauern eine art von stempeln oder meiszeln
mit horizontalem stiele.
11) hammer, malleolus , einer von den vier kleinen gehür-
knochen, der ähnlichkeit mü einem hammer hat. Nehnich 3,494;
ein anderer dieser knocken führt den namen ambosz, incus.
12) hammer, eine muschelart, ostrea malieus, auch polDischer
hammer. Nemnich 4,812.
13) hammer für hammerfisch, squaliis zygaena:
schwarz wimmelten da in grausem gemisch,
zu scheuszlichen klumpen geballt,
der stachlichte röche, der klippenOsch,
des haminers grauliche ungestah. Schiller taucher.
14) hammer für ummer. eine vogelart, emberiza (l, 279): gold-
hammer emberiza ciirinella Nemnich 2. 1477, auch englisch the
j'cilow hammer. rergl. h.lmmerling 8.
15) hammer ist endlich in Kärnthen auch der name der nies-
wurz , veratrum album (Lexer 132), die bei Nemnich 4,1550
liemern, hemcrwurz genannt wird.
Die zahlreichen zusummenselzungen des wortes bezeichnen ent-
weder seine form, haiihammer, knlbenh.imnier, pinnhammer,
spilzhammer; oder lieben seinen zwecJc und seine anwendung her-
vor: liaarhammer (.7). 29), bleclihammcr. breilhammer, deiigel-
hamiiier, formhamnier. gliillhaminer. hufhainmer, klempner-
haminer, polierhaiiimer, schiniedehaiumer , Streithammer,
stimmhammer. uhrhammer. zurkcrhnmmer u. a.
HAMMKHAMHOSZ, m. bei den kupferschmieden der ambosz
wiirauf die groszen slüeken geschmiedet werden. Jacoiissok 2, 201*.
HAMMKilAUBKITKH, m. arbeiter auf einem hammerwerke.
HAMMKHAUrip;, n. das loch in der slirn des hammers, rer-
mittelst dessen der letztere an den hammersliel befestigt wird,
mineral. lex. 284*.
HAMMKHAXT. f. hammer der an si^nem haupt zugleich mit
einem meUzel oder einer art iv»« kleimr axt versehen ist und
zum kalfatern der schiffe gebraucht wird, um werg in die fugen
zu treiben. Jacohsson 2. 201*. vgl. huiihaminer.
HAMMK.HHACKK.N, f. plur. die seilen fldehen des luimmtr-
kojifrs bintf ■— r'iärfe. mineral. lex. 2S4*.
3r
HAMMERBAHN — HÄiülERLEIN
HÄ3ÜIERLEIN — HÄMMERLLNG
318
HÄMMERBAHN, f. das brdtere ende des hammerhopfes. Frisch
1, 40S'. s. bahn 12, Uieil l, 1078.
HÄMMERBAR, adj. mü dem hammer zu bearbeiten.
HÄMMERBABKEIT, f.: hämmerbarkeit, malieabilität, ist
die vielen metallen zukommende eigenschaft sich unter dem
hammer nach mehreren richlungen zugleich ausdehnen zu
lassen. Karmarscb 2, 221.
HAMMERBEERE, f. raccinium rüis idaea, die preiszelbeere.
Nem.mcb 4, 1540.
HÄMMERBEIL, n. hammer der an einetn ende seines hauptes
ttie ein heil gestaltet ist; von den bergleulen bei der Zimmerung
der scIiäclUe gebraucht, minerat. lex. 2S4'.
H.äM.MEREISE.N, n. der eiserne köpf eines hammers.
HAMMERER, HÄ.MMERER, m. maUeator , ahd. hamaräri,
mhd. hameraere : hammerer. bammerschmid ferrarii, malleatores
Maaler 209'; hämmerer mdlealor Stieler 759.
H.äMMERFINNE , f. die der bahn gegenüber stehende spitze
seile eines hammerkopfs, wie hammerpinne.
HAMMERFISCH , m. sqiialus zygaena. Nem.mch 4 , 1357.
5. hammer 13 sp. 316.
HAMMERFORM, f. form eines hammers.
HAMMERFÖRMIG, adj.
H.\MMERGEPINK, n.;
mir hat freude gemacht der feurige glänz {aus einer schmiede)
in dem dunkeln,
und das getcbärtge bammergepink. Toss Idyll. 17, 10.
HÄMMERGERÜST, n. in einem hammerwerke das gerüst,
innerhalb dessen der hammer geht. Jacobssos 2, 201*.
HÄMMERHAüBE, f. der hinlere theil des hammerkopfs, der
das hammerauge umsdüieszt.
HAMMERHAL'PT, n. der ganze obere, zum sddagen bestimmte
theil des hammers, im gegensatz zum hammerhelm, bammer-
sliel. vergl. bammerkopf.
HAMMERHELM , m. stiel des hammers. Friscd I, 408*.
s. heim.
HAMMERHERR. m. herr eines hammencerks. Fbisch das.
HAMMERHCTTE, /". hätte in der ein hammer geht, hammer-
verk. Jacobsson 2, 201*.
HAMMERKOPF, vi. tras haramerbaupt : er stemmte den
hammerkopf zwischen den holzbalken der grabesthür und die
klammer des Schlosses. Silberstei.n alpenrose von Ischl 2, 54.
H.äMMERLELN. n. l) klaner hammer: molleolus hemerlein,
bemmerlin Diefexb. 344'; hämmerlin Maai.er 203'; hämmer-
Sein Stieler 759; die allein darinn (in ein unzerbrechliches
glas) gefallene bäulen oder buckeln mit einem häramerlein
dergestalt mit klopfen ohn einigen risz oder bruch heraus
triebe. Pbilander 1642 l. 450.
2) als eigenname ist Hänimerlein an das altribiU des donner-
gMes angelehnt (oben sp. 314) und eine verblaszte personification
des letzteren {myth. 166), die auf den teufet, aber auch auf den
henker (tri« der henker öfter an stelle des teufeis tritt, s. henker)
und endlich auch auf gauklet übertragen tcird. das dem eigen-
namen stets vorgesetzte meister bezeugt, dasz man sich den Ham-
merlein zunächst als obersten der bOsen geister dachte.
a) HSmmerlein für teufet: und sol sich ein Christ täglich
üben mit seinen herrlichen Sprüchen, die er wider den teufel
und die sünde brauche , wenn er einmal sterben sol , da
meister Hämmerlein denn nicht feiern wird. Neakoer menschen-
spiegel 12'; es musz ein fein engelchen sein, so in meister
Hämmerleins himmel gehöret, k-unst über alle künste 30.
6) bezeichnung des henkers: man musz in (den Lutherschen)
mit meister Hemerlin begegnen, der wirt in wol die bibel
umb das maul schlagen, neue zeitung 1546 A4'; unlängsten
ward ein Hesz zum sträng venirtheilt. als dieser jetzo sein
gebärende hänfine portion von meister Hämmerlin solle be-
kommen . . viszbadisch wisenbrünlein öS ; meister Hummerlins
gerüst (der galgen). Pbila.iüer 1642 1,374.
c) werden auch gauklet Hämmerlein genannt, so führt der
name darauf, dasx man sie steh zunächst als zauberer dachte,
die teufelskünste trieben u. hexenmeister): in summa, man gibt
oft etlich balzen oder stiber, ein meister Hemmerlins spil
oder andern gaukelmarkt zu sehen, bienk. iso'; beitschen-
schleger. stengleinlaufer, meislerhemmerlein, affenboszier.
groszm. 88. spater wird der name auf blosze possenretszer über-
tragen Stieler 759. Frisch l, 408", auch auf marionetlenspieler
ScH«. 2, 192. Hie namen eines solchen pwsenreiszers. Hanswurst
Hailekin, als Scheltwort für unverständige leute dienen, so finden
«tr auch Hämmerlein in dieser bedeutung gebraucht:
wann aber nit wil gelten tren, lieb und treglich last,
wie man dann findet selten ein holz gerad obo ast,
und selten companeyen, darin nicht meister sein,
so lernt euch ferner freien von solchen Hemmerlein.
DoMA^i lied von d. kante, bei Gödeke,
d. dicht. 1, 231", 60.
vergl. hämmerling 4.
3) Hämmerlein, der name eines poUergeisles, mag wie Frisch
a. a. 0. anführt , direct daher entstanden sein , dasz der geist zu
klopfen pflegt und andres getöse macht, wie man in Kärnthen den
im holze boltrenden wurm , dessen klopfen nahen lad verkünden
soll, toatenhammerle nennt. Lejer 132.
4) meister Hämmerlein für den tod verzeichnet Scbm. 2, 192,
auch sonst wird von dem tode gesagt, dasz er klopfe, anpoche :
der tut, der böte unsers herren gotes Iciopfet zuo türe.
predigten von Leyser 126. doch sciteint der gedanke berechtigter,
dasz wie oben 2, a, so auch hier die abgeblaszte person des
tödtcnden donnergottes zu gründe liegt, wie in der allüterierenden
formet tod und teufel verbunden sind; im Alsfelder passionsspiel
bl. 24 — 26 führt der tod eine keule, gerade wie der hammer
Donars von Saxo clava genannt wird.
5) hämmerlein, der taumelloUh, lolium temulentum. Scbh.
2, 192.
HÄM.MERLING, m. im eigentlichen sinne der änen hammer
habende oder führende, wie plättling der platteniräger , mönch,
brötling (2, 404) der in brot sldtende , diener , günstliog der
gunst besitzende, u. a. das worl steht zunächst (1 — 3) als eigen-
name wie das vorige (2 — 4) , zeigt ausgang von denselben Vor-
stellungen und im allgemeinen gleiche entwickelung der bedeutung.
1) meister Hämmerling, der teufel: Hämmerling, meister,
ein beiname des bösen geistes. Lessi.ng 11, 624 aus Scberäcs
sprachenscliuie (1619); wir sind alle arme sünder, und wenn
wir nicht umkehren und werden wie die kindlein, so kommt
am ende meister Hämmerling, und holt die genien so gut
wie die gemeinen leute. Wielaxd 8, 89.
2) beiname des henkers: dehne und strecke das wort wie
meister Hemmerling Buschwalpen. räm dich 62; meister
Hämmerling, der fürchterliche wahrheitsforscher, wurde her-
einberufen , durch die beredsamkeit seiner stählernen argu-
mente (der foUeruerkzeuge) ihn zu vermögen , gott und der
obrigkeit die ehre anzutbun , sich um den hals zu beküm-
mern. Mdsäüs Volksmärchen 2,65; meister Hämmerling. der
Scharfrichter. 5, 240 ; weil ja seit mehr als dreiszig jähren
unter so manchen muthwilligen, lästerlichen und schandbaren
büchern . . meines wissens nur ein einziges, flüchtiges, harm-
loses blatt vom meister Hemmerling geopfert worden. HAVAN.f
4.104;
dem birten und der klugen Trau,
dem meister Hämmerling,
berichtete der erbe schlau
wie kläglich ihms ergieng. Job. Fb. Kihb gedickte.
H. Heine braucht eine form meister Hemling, die willkürlich
uuÄ Hämmerling verstümmelt zu sein scheint: meister Hemling,
der dir dein haupt abschlug, armer Thomas Münzer, er war
in gewisser hinsieht wol berechtigt zu solchem verfahren :
denn er hatte das schwert in bänden und sein arm war
stark, über Börne 140.
3) meister Hämmerling wird auch (wie Hämmerlein 3) ein
gespenst, böser geist genannt: wenn der herr dieses alles nicht
glauben kan, so gehe er nur eins über das schlesische
Riesengebirge, wo das berufene gespenst, der RübenzabI
genannt, hausirt; da wird er innen werden, ob dieser meister
Hämmerling kein weiter machen könne. E. Fra.xcisci die
lustige schaubidme, Mrnb. 1702, s. 218, wenn der geist hier niclU
als Zauberer oder hexenmeisler bezeichnet werden soll, der «elter
maclien kann (vgl. unter hagel sp. 142 und hämmerlein 2, c).
4) wie Hämmerlein (2, c) als name auf gaukler und possen-
reiszer übergegangen ist, so verzeichnet auch Stieler 759 meisler
Hämmerling in solchem sinne und setzt ihm den Hans Wurst
gleich; Rist belegt einen unverständigen ladler mit diesem namen:
verhoITe unterdessen , dasz ich sowohl dir meinem freunde,
als meister Hämmerling meinem Feinde . . ein genügen werde
gethan haben, parnass vorher. b6;
niemand wird disz lied verdriesren,
als nur meister Hämmerling,
der sehr weit von solchen sachen,
welch uns überirrdisch machen. 179;
ein gedieht ist überschrieben: an seinen unverständigen meister
Hämmerling, welcher sich einbildete, dasz alle die erdichtete
namen der Schäferinnen wahrhafte und von dem Dafnis hoch-
gehaltene weibesbilder weren; es heiszt darin:
319
HÄMMERLING— HÄMMERN
HAMMERN — HAMMERWERK
320
Hämmerling hat das ergründet,
Uämmerling, das haubt der narren,
der so gar verstehet nicht,
was nur hetsz ein itunsl^edicht,
Tril doch immer mit drein schnarren.
Gödeke d. diclit. 1, 315^ 64.
Als appellativum siebt hümmerling, oder auck un umgelautet
hammerling, in mehrfach anderem sinne.
5) hammerling, der laumeUolch, lolium temulentum, wie liäm-
merlein 5.
6) hammerling, knotenhoh der rebstöcke , fächser: fechser,
hammerling, scliieszling, malleolus, surculus nodosus aptus ad
germen et incisionem vUium generandam. Hemsch 1027.
7) hammerling, name einer kirschenart, prunus amarella, von
säuerlichem geschmack; sie heiszl sonst in Obersachseti und Düriiujen
ammer, der name ist aus dem lateinischen in ziviefacher form
entstellt, gerade wie der rogelname ammer sich auch als hammer
und hammerling {no. 8) findet: wenn man aber wolleben und
ein gutz müllein haben will, so thiitz ein scharpf kes und
brod, oder eine alte berghenne und ein ungemachtes kraut
und gescharne ruben nicht, damit sich die kinder des Hechtes
in irem elend, wie hernach Elise schüIer, behelfen müssen,
nnd oft hemmerling. oder ir obs derren , es gehören volle
kröpf und schleckerbiszlein darzu und ein gutz trünklein.
Mathes. Sar. 9*. ir obs kann nicht suum pomum sein, sondern
musz irres obs, obst das nicht zur reife gekommen, schlechtes
obsl, bezeichnen, wie solches oft zum dörren gebraucht wird.
8) hammerling endlich für ämmerling (l, 279) , emberiza
cttrinella, wie hammer 14 sp. 316 /"ür ammer : pa/pu/us hemmer-
ling G. ÄGRicoLA animantium nomina; hammerling dicilur avis
nomine chlorion Stieler 759;
auch streut itzo der morgen aus Schneegestöbern und nebeln
bunte heerden von hämmerlingen über den hoT aus.
Zachariä tageszeilen (1757) s. 20;
nur der güldene hammerling sitzt auf dem haselgebüsche ...
und singt immer sein einTörmig lied. s. 40.
HAMMERMEISTER, m. l) der besüzer oder auch nur leUer
eines hammcrwerh. miner al. lex. 284*.
2) 6« J. Paul einer der den hammer als meisler führt: als
plötzlich der hammermeister des hackbrets (das hackbreit wird
mit einem hammer gerührt) seinen musikalischen fäustel auf
die besaitete tenne fallen liesz. TUan l, 99.
HAMMERMÜHLE, f. hammerwerk dessen betrieb, wie bei
mühlen, durch flieszendes wasser erfolgt. Jacobsson 6, 21*.
HAMMERN, HÄMMERN, i;er6. vialleo contundere, cudere,
tnhd. hemeren wb. l, 625'. die unumyelautele form, seit dem
Ib. jahrh. nachweisbar, aber wol viel älter : hameren , malleare,
malleo perculerc voc.inc. theut. il"; malleare hemeren, hameren,
hemmeren, hämmeren Diefenb. 344', ist gegen die umgelautete
weniger im gebrauch, das wort steht
1) intransitiv und in der bedeulung
a) mit einem hammer sddagcn : also ein schmid, der mus
bei seinem ambos sein und seiner schmitle warten . . das
hemmern schlegt im die obren vol. Sir. 38,30; der Dürr ist
drohen in der teufelsschmied und hämmert, als sollten heut
noch zwölf paar hufeisen fertig werden. Immermann Münchh.
2, 44;
auch "sie hört schlag auf schlag
dumpf über ihren häuptern hammern (: oejammern).
TuünaEL d. Iteit. KUiun 47;
Indessen die Zyklopen hier
aus allen krälien hämraern.
Dlumaler werke 2, 208 (.4rn. 8. buch).
b) bildlich, anhaltend und mit regelmäsxigkeit klopfen, wie es
mit einem hammer geschieht : so hümmert der specht, wenn er
mit seinem schnabel die bäume nach Würmern beklopft: wöhrend
der Schwarzspecht neidisch jeden genossen von dem bäume
|Ogt, an dem er hämmert. Tschudi tluerleben der Alpenwelt S4 ;
wer ungestüm und anhaltend an einer thür um einlasz pocht, von
dem sagt man, er hümmcrt an der thür; auch das dauernde
louclilagen auf einen gegner mit stock oder fausl wird hSmmerii
genannt:
({relfl der stets 1 • isier
nochmals zum l> 'bc,
bAmmert auf di> . >,<lxtcr. Göthi 4, 874.
c) auch rein passiv, wie ein hammer bewegt werden und
klopfenden Ion von sich geben : eisenwerke, maschinen, pocb-
werke hämmern ; daher bildlich von herz und brusl, deren klopfen
einem hammer verglichen wird {tp. 316): hämmernde brusl.
J. Paul Q. Fixlän l&S; hlmmernde schlafe;
horch! wie mein herz im busen hämmert! Göckinck 2,69;
es (das hert) hftmmerl und klopfet bei tag und bei nacht,
es hat mich schon längst um den schlal' gebracht.
11. IIeink buch der lieder 39.
2) transitiv, mit dem hammer bearbeiten: der schmid häm-
mert das eisen, vom klempner wird das blech gehämmert;
wol gehämmert malleatus Dasyp. ; der porphyr . . will mit
pickeisen, welche zugespilzet sind, allgemach und mit groszer
geduld gehämmert sein. Winkelmasn 3,134;
rings von den höhen des dorfes
tönt die gehämmerte sens', als tönete glockengebeier.
Voss Idyll. 17, 4».
auch mit angäbe der Wirkung, die sense scharf hämmern, eisen
zu bleche hämmern, und bildlich (mit bezi^'hung auf l,b oben):
er thal mich zu einem küfcrmeister in die lehre: dem lief
ich davon; darauf zu einem Schlosser: Hlen hätte ich bei-
nahe selbst in einem streite zu blech gehämmert. Riehl
culturgesch. novellen 421.
HAMMERORDNüNG, f. Ordnung eines hammerwerks. mineral.
lex. 284*.
HAMMERPINNE, f. die der bahn gegenüberstände dünnere
fläche des hammerkopfs. s. hammerfinne.
HAMMERRAD, n. rad, welches im hammerwerk einen hammer
in bewegung setzt. Jacobsson 2, 201".
HAMMERSCHLAG, m. i) schlag mit dem hammer, mhd.
hamerslac wb. 2,2,383': wenn die hamraerschläge kamen,
schalt er den herrn, und hiesz ihn hart werden wie eisen.
Grimm deutsche sagen wo. 556; nach grade wäre es mir selber
lieb, wenn ich dem dinge bald den letzten hammerschlag
geben könnte. Kotzebue werke 9, 319 ; {der schlossergesclle sagt)
mit jedem hamnierschlag rück ich dem ziele {der hochzeit)
näher, dramal. spiele 2. Sl ; kettengerassel und hammerscblüge
hallten durch das gewülbe. E. T. A. Hoffmann «,232; von
meinen armen mit meines herzens hammerschlagen ange-
schmiedet. Arnim schaub. 1, 127.
2) scoria, abfall von dem durch den hammer bearbctleten
melall: fomes zundel oder hamerschlag Diefenb. 241'; scona
hamelslach 520*; ma/iicif/tum hamerslag, hamelslag 345'; spodios
hammerslag Trochus L4'; bei den kupferschmiden findet
man von dem rohen und schwarzen kupfer in der beisze
wie auch in den seigerhütten den gröbsten hammerschlag,
und auf dem ambosz nach dem treiben und hemmern den
kleinen oder subtilen hamraerschlag , welchen man kupfer-
braun nennet. Mathesiüs 5ar. 65'; man nimmt darzu (zudem
kitte) bolus, hammerschlag oder zünder, der vom eisen ßllt,
wenn man es schmiedet, öcon. lex. 1216. — Weiblich ist eine
nebenform scoria hamerslage, hamcrslagge, hamerslaggen
Diefenb. 520'; verhärteten auslaut zeigt hamerslayck das.; latura
illud et tenue, quod evolal per percussionem a ferro, der
hammerschlack. Cur. Encelids de re metallica (Frankf. 1551)
s. 58. vgl. schlacke.
HAMMERSCHLAGEN, verb. malleo cudere: ahd. kehamir-
slagöt ward percussus Gbaff 6, 774 ; wenn man daj golt hamer-
sleht, so kiserl e; sich. Megenberg 475, 16.
HAMMERSCHMID, m. schmid in einem hammerwerke. mineral.
lex. 285'; di hamersmide di schyn und schar wurkenl. Nömft.
polizciordn. 160; da; der meisler der hamersmit selber z8 den
heiligen swern sol, da; er und sein gewalt dhein coln ni;;en
und brennen sol von beden weiden jenseil und disseil der
Pegnitz. 170; die Chalibes. welche «lern stahel und gobertetem
eisen den namen geben und in Iberia und Colchide neben
den Mossoneken gewonet, sind auch berflmpte hammer-
schmide gewesen. Matiiesius Sar. 78'.
HAMMERSTIEL, m. .f/id des hammers.
HAMMKHSTIRN, f die schlagende fläche des hammerkopfs.
HAMMEUSTRAÜCH, m. ceslrum , dem kreuzdom verwandte
pflanze. Nemmch 2,981.
HAMMEHSTUEICH, m. streirJi mit dem hammer: dieser stein
ist seinem nicisler nicht widerspenstig, sondern nimmt dessen
hammersircich sehr fruchtbar und gedeilich an. S&rronAaT
academie (1675) 1, 11.
IIA.MMEItrNG, f. adus cudendi; sonus el lomu malleorum
ex percussione edilus. Stieler 759.
HAMMERWERK, n. wcrkhaus in dem grosse hdmmer durch
wasser- oder dampfkraß bewegt werden (wie hammer 7 sp. 816).
Frisch 1, 408'; als Lieschen . . die rrlaubnis verlangte auf
dem nächsten bammerwrrkc diesen abend zuzubringen. GOthb
23,192. bildlich: im lärmenden bammer- und inüblenwerk
der Stadt J. Paul Hesp. 4, 16.
321
HAMMERWTRF —HAMPELMANN
HAMPELMANN — HAMSTER
322
* HAMMERWURF, m. gienzbestimmung durch das vcrfen eines
hamniers {nach hammer 2, a sp. 314). Haltals 789. redäs-
allerth. 56 /f.
HAMMERZANGE, f. bei dem grobschmid eine grosze sänge
mit gekrümmten kneipen, icomit die hdmmer feü gehalten werden,
wenn ihre finnen glühend gemacht und geschdrß werden sollen.
Jacobsso.n 2, 20l'.
HÄMMLEIN, n. kleiner hammel; bei Göthe, indem er über
frömmelnde lammesverehrung spottet:
und gläubige sie alle zusammen
mit hämmleins lämmleiiis liebesflammen. 57, 256.
HÄMMLING, m. easiratus, eunuchus. GorrscnED in seinem
nOlhiyen torral 1, 39 braclUe den ältesten beleg für dieses tcort
bei, aus einer su Ulm 14S6 gedruclden Übersetzung des eunuchus
ron Tcrenz , in der es hciszt: eunuchus, dus ist in teutscli
hemüng; ein jedenfalls ron dem Übersetzer nach hammel 2
{sp. 310) beliebig gebildetes wort, das sich sonst ireder gleichzeitig
noch später nachweisen läszt. durch Gottsched irard das wort
neiler bekannt und in büehern häufiger verwendet, ohne dasz es
aber mehr als künstlich aufgefrischtes bücherwort geworden wäre:
der hemling Careslini war. wie man sagt, eins der lieblich-
sten pfeifchen, die das stimmmesser je aus italienischem
röhre geschnitten hat. Licbtenderg; Schach-Gebal winkte ihm
Uerhei , und entledigte sich seines geheimnisses in die nie-
drige seele eines verächtlichen hämmlings. Wieiand 8,414;
meinst du, wir wären türkische sullaninnen? läszt du dich
zum elenden hämling brauchen? Kotzebce werke 8,192; ein
solcher {starker wille) ist nicht der Stoizismus, welcher blos
über innere missethäter oder hämlinge oder krieggefangene
oder kinder gebeut, sondern es ist jener genialisch-energische
geist, der die gesunden wilden unsers busens dingt und bän-
digt. J. Pacl Titan 2,22; gekrönte, gestirnte, infulierte hämm-
linge. uns. löge 3,31;
die schwarzen bämmlinge muszten den höchsten gipfel be-
steigen,
allein da wollte kein goldnes schlosz sich zeigen.
WiBLA^D 5, "0 (neuer Amadis 25, 6),
die ertte ausgäbe las noch die schwarzen verschnittenen;
und wie auf glattem eis
sieht man den imam selbst mit einem hämmliog walzen.
Oberon 5, 47 ;
also jüngst,
da ich an einem Opernhaus vorübergieng,
mit mächtigen trillern einen hämmliog hört ich krähn.
Pritz polit. Wochenstube R4,
ebendaselbst hämmlingsmelodie ron dem gesange eines solchen
caslraien. H. v. Kleist braucht das wort in anderm sinne, ganz
wie hammel 2 sp. 310:
Var. wa3 also, sag mir an, was hab ich
Ton jenem Herrmaan dort mir zu versehen?«
Vent. Quintilius, das fasz ich in zwei worte.
er ist ein dHUtscher.
in einem bämmling ist, der an der Tiber graset,
mehr lug und trug, musz ich dir sagen,
als in dem ganzen volk dem er gehört.
2, 443 {Hermannsschlacht, 6. auftr.).
H.\MML1NGSGEKL.\TSCH, n.: alle diese fragen haben im
hintergrund lauter hofintriguen . . alles bezieht sich zuletzt auf
lauter weiber- und hämmlingsgeklätsche. H. Heine werke 5,38.
HAMPEL, m. landschaftliches, durch Oberdeutschland gehendes
Scheltwort fftr einen iölpelhaßcn menschen: so in Hessen hampel
einfallspinsel Vilmar 147 mit dem adjectiv harapelig unanstellig,
ungeschickt, albern im benehmen; in Franken und der Welterau
hampel, hambel: sie wehrn ahner vun dene gude hambel
vor die s schad wehr, dasz se nel glei mit herner uf die
weit kumme wehrn. Streff des barschen heimkehr 115; bair.
haimpel, hamballe, guter narr, tropf Scdm. 2, 197 ; kämthnisch
hampele, heampele schwachsinniger mensch Leier 132; schwdb.
hampel tölpel Scbmid 259.
Es gibt audi ein fem. die hampel, einfältiges weib, s. dorf-
hampel 2, 1281.
Die bedeutung des Wortes ist nach hampelmann und hampeln
(j. unten) wol zunächst hergenommen ton dem zappelnden und
kindisdi springenden gebahren eines narren, der auch sonst ron
seinem ungeschickten gehen den namen taps, Hans Taps trägt,
wenn im niederdeutschen hampel, mit der Verkleinerung häm-
peiken das männliche glicd bezeichnet (Fromm, 5, 347), so ist hier
das springen nach der gesdilechllichen seile hin bezogen , s. oben
hammelochs.
HAMPEL. f., s. hampfel.
HAMPELMANN, m. geschnitzle oder pappene puppe mit beweg-
lichen durch ziehen zu regierenden gliedern, ein kinderspielzeug,
IT. II.
das in Düringen auch zappeimann, zappelpiippe hei.'izt : ich
habe wohl puppen und auch einen hampelmann. Rabener
biicfe 48; Cliaritas hat mir ihren hampelmann geschenkt. 49;
die dürren glieder flogen während des hämmerns wie die
theile des kinderspielzeuges , welches hampelmann genannt
wird. Immebmank Mündih. 2, 145 ;
wie man das liebe geld den leuten aus den sacken,
wie mit dem hampelmann die kinder locken kann.
A14RANTUES proben der poesie (1710) 443;
einst gab die gute mutier
ihr einen hampelmann
von wachs zum beilpen Chrisle.
Pfefpel poel. vers. 5, 145.
?ieben der unum geläuteten geht eine umgelautete form hampel-
mann, hampelmann in quellen des 16. 17. jaluh. :
gemeine hempelraänner,
das kleine dockenwerk wird öliers ehr verkauft,
als das, wornach man auch in beides Indien lauft.
ScBwiEGER geharn. Venus, Zuschrift tum sechsten zehen.
Der name der geschnitzten puppe wurde auch auf kubolde i\ber-
tragen , von denen man fratzenhafte bilder auszuschnitzen liebte,
daher lachen wie ein hampelmann, tgl. deutsche rnythol. 470. 475.
ISarren und einfältige leule nennt man in mildem spotte ham-
pelmann: ja, mein lieber hempelraan. Katziporus (1558) L7';
der hampelman sprach. Ls'; Wellington, dieser eckig ge-
schnitzte hampelmann, der sich ganz nach dem schnürchen
bewegt, woran die aristokralie zieht. H. Hei.xe teerte 3,66;
alter hampelmann!
im schreien wird er noch den hals abstürzen.
TiECK 1, 268:
Emanuel, du hampelmann!
willst du mir denn nichts sagen?
Dbostk-IIülsuoff ged. 228.
HAMPELMETHODE, f. : es will schon was sagen, die ver-
derbte sperrbeinige Pariser hampelmelhode (beim ballcUanz)
in sanfte Schlangenwindungen des schiinen kürpers umzu-
bilden. Zelter an GOthe 6, 401.
HAMPELN, terb. zappelnd oder ungeschickt sich mit den füszen
bewegen: auf einem Schlittschuh allein laufen, humpeln oder
hampeln. Jahn turnkunst (1847) 1,431; henneberg.hampela nach-
iässig gehen Fromm. 3,132; niederd. hampeln sich hin und her
bewegen {dann aber auch auf die geschlechlsarbeit bezogen) b,3i' :
engl, himple. lahm gehen, hinken; vgl himpelhampel. erwägt
man das gleichbedeutende hammein 4 sp. 312, so scheint hampeln
sich nicht anders dazu zu terhalten wie bammeln zu bpmpeln
(l, 1095. 1096). an auch in der bedeutung etwas verschiedenes
i.mpeln (l, 279) darf aber wol nicht zu dieser reihe herangezogen
werden.
HAMPFEL, f. quantum manu capilur, entstanden aus hand-
voll, t«e arfel (1,563) aus armvoll, mumpfel aus mundvoll,
was die schweizerische form handfei, handfeie neben hampfel,
hampfeie (Stalder 2, 16) deullidi zeigt, der ausdruck gehl durch
die ober- und mitteldeutschen dialede in der form hampfel {vgl.
Lexer 132) oder bamfel (aus dem Elsasz Fromm. 6,2601; in Ober-
sachsen mit der diniinulivbildung hümfelchen, ein hömfelchen
salz; milleldeulsch ist hampel mit verhärteter labialis, z. b. in
Hessen Vilmar 147. so heiszt audi ein kleines, mit der hand zu
erraffendes bündel ihren , deren mehrere in eine garbe vereinigt
werden : handvoll, et conlr. eine hampfel sive hampfel pugillus,
manipulus Stieler 752;
wie sich dein froh gesinde bückt,
aus hampeln garben macht, und die zur .scheune schickt.
Wermke 266.
s. handvoll.
HÄ.MPFLIG, adj. was die hand füllt, oder ras neh mit beiden
hohlen händen fassen läsa, schwäz. bampflig, ghampflig Stalder
2,17;
die Glarner kartend sich umbe,
si tatend ein widerschnall.
s! wurfend mit heropfllgen steinen,
dasz in den berg erhall. Uhlaivd volkst. 411;
daher auch in übertragener bedeutung: ein hämpfeliger junge
in Schmalkalden ein voller, dicker, starker junge, 'der eine hand-
toll gibt' Vilmar 147; in Koburg derb, grob in der rede Fromm.
2, 192. s. handvöllig.
HAMSTER, m. mus cricetus.
1) alle quellen bezeichnen mit diesem worte den kornwurni,
curculio: alid. hamastro, hamistro Graff 4,954. auch mit der
nebenform hamelstre gurgulio das. wahrscheinlich war das wort
auch weiblich, wofür amstra gurgulio (a a. o.), sowie ein att-
niederdeutsdies hamstra gurgulio in den Straszburger glossen zeugen.
21
323
HAMSTER — HÄMTÜCKISCII
HAN — HAND
324
2) später erst geht der name auf das vicrfnszige, dem mausge-
fchlechte angehOrige thier, das nur in wenigen gegenJen Deutschlands,
u>ie namentlich in Düritigen und dem Elsasz bekannt ist: ciicetus
hamster Diefenb. 15"', hamstra, liamzira nov. gluss. 119'; mit
den nebenformen hampster Dief. a. a. o. ; hanbester damna
voc. ine. Iheut. hs'; hansler, hamslel, hemmester, hamerster
damma , dammula Dief. 165'; istius generis (rirerrarHm) est
etiam hamester, quem quidam cricetum nominant. Agricola
de animantibus sublerraneis 41; das gcschlächt der meüszen
so man hamester nennet, ist ein klein, gschwind, gar zurnig
thier, wonet in der erden, die färb desz ruggcns sol sein
wie der hasen. Forer thierb. (1583) Itl". als zorniges und hab-
gieriges thier bekannt, dienl der hatmler häufig zu vergleichen,
borstig wie ein hamster wird von einem heßig aufbrausenden
gesagt; er l>rnstet wie ein hamster, grunnü more criceti Frisch
1, 40S*; gierig, gefräszig wie ein hamster sein; ein geitzhais
der . . über dem todten metall ärger als ein hamhster über
seinen eingesambleten gelreide, nusse und dergleichen sitzt
und wache hält. unw. doclor 201; vergl. hamstcraugen; in
Düringen und Obersachsen ist auch ein verbum hamstern gierig
zum munde führen, gebildet worden, was auch im nassauischen
gekannt wird Kehrei.n 184; einhamstern, tras 3,196 fehlt, in
dem sinne habsüclUig ztisamnieu^charren, ist landsdtaftlich weiter,
wie es scheint, übei- ganz Mitteldeutschland verbreitet.
Zur etymologie kann nur eine andeutung beigebracht werden.
aus urverwandten sprachen bietet .nch zur verglcichung einzig das
allslav, cliomestar' animal quoddam (Mikiosich lex. palaeo-slov.
1093'), das wieder wurzelhaft zusammenhängt mit ru.w. chomiäk
mus cricetus. da slav. ch nach den geselzen der lautverschiebung
nicht deutschem h entspricht, so kann das wort beiden sprachen
nicht ursprünglich gemeinsam sein, sondern es musz enllehnung
stattgefunden haben, von wessen seile, wird mit bestimmtheil schwer
zu entscheiden sein, wenn man aber berücksichtigt, dasz im
.tlaviscben das wart mit zwiefachem ableitungssufßx erscheint, also
dort lebendig ist, ferner dasz der hamster einen groszen tlieil des
slavischen gebietes, namentlich Ruszland, Polen, Böhmen, bis über
Ungarn hinein bewohnt , während er in Deutschland nur strich-
weise auftritt, so wird man eher annehmen, dasz das wort den
Deutsciten von den Slaven zugekommen sei. wenn sich mit dem-
selben in Deutschland nur der allgemeine begriff eines dem gelreide
schädlichen thieres verband, dann konnte es in gegenden, wo der
hamster nicht bekannt war, auch wie wir oben 1 gesellen, auf
den kornwurm bezogen werden. — Das altslav. ch in Wörtern die
nicht erUlehnt iiind, üt aus einem älteren s entstanden (Schleicher
campend. 2491, so dasz choniestar' gar wol mit dem sanskr. sam
mit, ahd. samanön sammeln zusammenhängen und sammler be-
deuten könnte.
HA.MSTFKAHTIG, adj.: die meisten menschen nun haben
etwas elster- oder hamsterartiges und sammeln gerne schätze,
.. die sie verbergen bestmr)glich.st. J.Gotthelf scAu/rfenft. «.151.
HAMSTPJRAUGEN, n. plur.:
wenn über meine hüttenschwelle
die habsucht ihre hamsteraugeii rollt.
Kl. E. Schmidt iioet. briefe 6t.
HAMSTERFÄNGER, m. der den hamsterfang gewerbsmäszig
treibt: dasz mancher hamsterfönger nur an dem von zehen
bis zwanzig hamstern eingetragenen vonalh sich und die
«einigen auf den winter mit brod und hülsenfrüchten ver-
gehen kan. öcon. lex. 918. s. hamstergräbcr.
HAMSTEKFELL, n. pellis criceti. Stieler 405; hamsteifell
. . . dient zum unterfulter der gewöhnlichen frauenpelze. Ja-
cORSSo^r 2, 201'.
HAMSTEHFUTTER, n. hamsterfell zu fulUr : sehr gut gieng
es mit hamsterfulter. I.eipz. messberichl im frankfurter Journal
|(!67 no. 296.
HAMSTKRGRXRER, m. der auf den feldern die Wohnungen
der hamster aufgräbt und das thier tödtet. Jacorsson 2, 20t'.
HAMSTERLOCH, n.: lieber hättet ihr sie {die brillanten)
auf die »trasze werfen, in ein hamsterloch vergraben sollen.
Kotzrbce dramat. sp. 3, 250.
HAMSTERMÖHRE, f. wie hamsterloch, der hau des hamsters
und lU'iang zu demselben.
HAMSTERSCHRANK, m. nennt man in gegenden MiUel-
deulichlandi eintn grosxen schrank, der ahnlich wie der bau des
hamtters in viele fäeher eingethetlt ist und eine menge Vorräte
fatsl.
HÄMTCCKISCR, aij. teräeckl bothaft, t. hSmUch tp. 308,
und itickioch: von hlmlfickiichen pfafTen. Ekuktng 1,420;
aber so eine grobe , aus der hift gegriffene , hämtückische
{lüge) ist mir doch lange nicht vorgekommen. 8, 19".
1I.\N, m. mitteldeutsche zusammengezogene form für hagen
sp. 149, die sich in mehreren folgenden compositen ßndet , land-
schaftlich , wie in der Wetterau , auch selbständig begegnet, die
l'inge des vocals lial auch die Schreibung iiahn ergeben, vgl, hahn-
buche, hahnbutte sp. 165. lf>6.
HANBREI, m. s. hahnbrei sp. 165.
HAINBUCHE, f carpinus belulus , aus hagenbuche .f. 140.
Nem.mch 2, 895.
HANBUTTE, f. aus hagenbutte (spalte 140), die frueht der
hagerose :
ach, deine rothe wäneelein
die sind roth wie hanbutten fein.
Sacer reime dich 63.
HANBUTTENGESTRÄÜCH , n. Kleist frühling (1754) s. 45.
HAND, f. manus.
A. Formelles und etymologisches.
Die älteste deutsche form des Wortes, im gothischen gewährt, ist
handus; dieselbe hat sich am besten noch im altnordischen hüml
aus liaiidu erhalten, in dem allen niederdeutschen sprachen gemein-
samen band , souie in dem ahd. mhd. hant aber ihres charac-
teristischen auslauls ganz entledigt, das wort tritt im hochdeutschen
in die i-declinaiion über und entwickelt daher im plural , in der
altern spräche auch im dat. gen. des Singulars, umlaut , nicht
ohne dasz jedoch von dem altern declinationsverhällnisse spuren
bis in die heutige spräche hinein blähen, die sich in dem fehlen
des Umlauts an der betreffenden casusform geltend machen, der
gen. sing., ahd. henti, lautete mhd. hende, woneben sich eine
erstarrte, von dem nom. hant nicht unterschiedene form ausbildete,
lue unserer heutigen genitivform zu gründe liegt; daneben steht
indes auch eine alle, dem goth. handaus verwandte, aber durch
abfall des Casuszeichens s und Schwächung des atislauts zurück-
gegangene form hande, bis in die nhd. zeit hinein dauernd, und
namentlich dann verwendet, wenn band art, weise bedeutet, vgl.
unten IV, 2. gleiche formen hat der dat. sing., neben band ist
hande (goth. handau) dem altern nhd. nicht ungewöhnlich:
was zog er von seiner hande?
von goid ein lingerlein. Vilmar volksl. 129, 14,
namentlich in der adverbial gewordenen Verbindung zu hande :
zu hande gehorchen {confestim obtemperare). Frontin v. Tacius
bei Fronsp. 3, 229' ;
darnach tot man zu hande
den Hagenbachcr .schier. Liliencron votk.<!l. 2, 28, 5;
daneben häufiger die form hende, gekürzt hend, die noch durch
das m. jahrh. hindurch dauert: in der hende. Bocc. 1, 70';
was' trag ich auf der hende? Ubland votksl. 587;
er nam sie bei der hende,
bei Ir schneweiszen band,
er fQrt sie im ein ende,
do er ein gertlein fand. 672;
und eh ein unglück hat ein endt,
ist schon ein anders vor der hendt. H. Sacbi 3,1,237';
rieht ahn, das dich potz marter schent!
wil dir denn nichts gelin ausz der heodt? 237'-,
wag hat 8ic :m ir hende?
von gold ein ringelein. GönisKB u. Tittmann liedeib. 47, 19;
die blaterii, die sie {die sonne) euch nun brennt,
und die ir schalTot iiin der liend,
werden eucii dienen noch zum rhßm.
FiscuART ytfickh. schiff {Höileke d. dicht, i, 194', 121.
vergl. auch behende 1, 1336.
Der gewöhnliclien form des nom. acc. ahd. henti, mhd. hende.
nhd. bände, bis ins n. jahrh. auch hende geschrieben, gekürzt
hend: das er ihnen unter die hend . . gerhiet. Garg. 131*.
stellt bei Opitz bände vereinzelt gegenüber, das er aber nur in
der Übersetzung von Grotiu.i' Wahrheit der chrktl. religion wagt,
und auch nur im reime, offenbar durch das holländische original
beeinflusst :
und dleset int der bund, so durch des Moses handa
darn.'ich heiilegelt i<t mit weil mehr andrem pfände. *• 387;
von euch wird fest geelniihi, änat uhcr viel hnilande
(oU ein gPMilbeter iiurh kiuiimen, dcü.scn hAiido
euch bringen Holten glück und fried und volle huld. x. 38S;
wdlirend auszerhaUi des reimet , s. h. t. 362. 4o6 das ihm auch
tonst allein gereclite umgelautete bände steht, etien auch vereinsrll
tst eine tchwache pluralform bänden : in der kraft meiner bänden.
Ki.iNCKn Iheater 3,111, die auch sonst zu dem sprarhqehrauclir
dieses dichtert und tu dem ebenfalls gewagten die ti lichten 3, 114,
dir steinen 3, 124 stimmt
325
HAND
HAND
326
lieben der dalivform häuden , tnhd. henden , ahd. hentin,
hantln, sleM , nocli im nhd. nicht unhäufig, Kenn auch im ge-
brauche eingeschränkt, das unumgelautele banden, ahd. hantum,
hantun, als deutlichster rest der allen u-flexion. es wird von
den ältesten zeiien des nhd. her nicht verwendet, wenn das Korl
in ganzer sinnlicher kraß steht, und das bei Opitz gewährte,
vereinzelte :
der samarit, nicht wert von Petrus banden
zw werden angerührt. U. Grolius icalirheit, s. 'Mb,
ist nach dem oben gesagten zu beurtheilen; uol aber in einer
reihe durch praepositionen eingeleiteter stehender /onneln. in denen
die sinnliche bedeutung des vortes zurücktritt, und die meislen-
Iheils rein adverbial empfunden werden, wie daraus hervorgeht,
dasz sie auch stehen, wo man eine accusalivform erwarten müste
{unten b, d, h). die umgelautele form bänden ist in solciien ver-
Otndungen die seltenere, es sind:
u) bei banden (vergl. die zusammengerückte form beihanden
1,1373):
lug, hab allzeit solch prob bei banden,
so kömpstu nimmermehr zu schänden.
grobianus (Erfurt 1552) c4";
gern hätten uns die guten männer einen abdruck mitgegeben,
es war aber nichts bei banden, was zu irgend einer art von
form tauglich gewesen wäre. Güthe 28, 120.
b) vor banden: als ob er selbst {der feldherr) vor äugen
und banden wer. Wilw. v. Schaumb. 106, es ist hier noch ganz
sinnlicli gedacht, gleiclu^am greifbar; nicht mehr so im folgenden :
ich hab ein gescheft vor banden. Bocc. 2, 74*; ir unrQwig
leut, sind ir aber vor banden? Wickbam rollte. 19,23 Kurz;
wie er wider den türken
ein z&g vor banden hat.
ein christenl. zug leider den Türken C4';
rerql. unten II, 1. h, und vorhanden, ganz ohne gefühl für den
casus ist die Verbindung gesetzt:
menschen musz stets viel geTabr,
creuz und leid für banden gehn. Opitz 1, 2S2,
die so sie (die poeten) als ein leichtes ding vor banden zu
nehmen unbedacht sich unterstehen, abzuhalten, poeterei vjr-
rede A 2.
c) ob banden, wie vor banden, in die bedeutung da, gegen-
wärtig, itbei gegangen, auch zusammengerückt obhanden geschrieben:
es muszte länger gekocht werden , besonders wenn Sauer-
kraut ob banden war. J. Gottbelf schuldenb. 83;
wie manch und vielerlei
blutmordspektakel ihm der Juden tyrannei
an dir zu sehn gedacht, schien dir als gott obhanden.
Sci'LTKTDs bei Lessi.ng 8, 299,
davon das adjectiv obhanden: die obbandene gefahr. Scbm.
2, 203.
d) unter banden, oft zusammengerückt unterbanden ge-
schrieben :
Rüdiger ist mir ab gestanden,
ein andern han ich unter banden,
der ist ein stolzer Jüngling, fasln, sp. 549, 4;
indessen aber hatte ich auch drei doppelhaken . . unter-
banden. Simpl. 1, 25" Kurz; es ist schon wol zwanzig jähr,
. du hatte man diese sach auch schon unterbanden. 3,312;
ich erinnere dich deszjenigen. so du unterbanden hast, mit
bedachtem mut zu tbun. buch der liebe 208'; dasz ich die
conlinuation {des buclies) unter banden hab. Schüppiüs 587.
GöTHK wendet hier die umgelautete form an: wer seine sacbe
empfiehlt, musz sie doch jemand empfehlen, und wem em-
pföhle man sie besser als dem der sie unter bänden hat.
26.132; bedenke man zunächst, dasz seine mehresten werke
ihm nicht lange unter bänden waren. 37, 91. aucti hier, wie
bei b bleibt die als adverbium gefühlte dativische Verbindung, wenn
das folgende verbum auch einen accusativ verlangt : was ihn {den
wild gewordenen pferden) unter banden kam, rannten sie zu
boden. 6uc/i der liebe 226'; sorgen, so der liebe gott mir
zugeschickt und unter banden hat stoszen lassen. Schwei-
NiciiEN 3. 242; sorgen, so mir das vergangene jar unterbanden
gestoszen. 24 1.
e) zu banden, zuhanden: nam seinen spiesz zuhanden.
Aimonbog.b; der riller .. sein spür zu banden nam. Galmy
323 : als nun Reymund sabe das grosz ungefell. das im zu-
handen gangen was. buch d. liebe 2^3'; das ungefell, das mir
zu banden gungen ist. 264"; lieber die gerährlicbe scblacbt,
dann den heilsamen Verzug wollen zu banden nemen. Fronsp.
kiiegsb. 3,137*; meinen djerichtsslab) wider zubanden möcbt
nemmen. Kircbhof milii. diseipl. 227; so mir auf einmal zu-
gleich, neben dem verlangen ihn zu kennen, und den willen
ihme zu dienen, zu banden gegeben. Bctschkt M. Aanii. 39 ;
wann alle deutsche für ihr Vaterland sich recht fridlich ver-
einbahren möchten, so wirde zweifeis ohne noch wohl etwas
auszuncblen und das entzogene wider zu banden zu bringen
sein. s. 360; wann ich erwege, was dir noch zuhanden stoszen
wird, unwürd. doclor 817; denselben morgen aber, da ihr
solches zu banden gestoszen. Grihh deutsche sagen no. 176;
nachdem sie die schönen frauen, die er zum Staate mit sich
führte, nebst allen kostbarkeiten , die er bei sich hatte, zu
banden genommen. VVielasd 6, 76; den gescbäften des fürstea
nicht allein , sondern auch der erziebung der kinder sollte
nun Schlosser wo nicht vorstehen , doch mit rath und that
willig zu banden sein. Götue 25, 83; nun aber kam die kritik
der urtheilskraft {Kants buch) mir zu banden. 50,52; ver-
schiedene bücber sind uns ungeachtet aller bemühungen nicht
zu banden gekommen. 53, S ; mir sind nicht alle documente
dieses wichtigen ereignisses zu banden gekommen. 54,206;
80 stöst mir, gott erbarms, das gröste noch zu banden.
Flui:<g 116;
kein leid stöszt mir zwar zu banden. 398;
habt ihr doch vielleicht verstanden,
was der Venus gieng zu banden,
da sie den Adonis liebte. Logau 3, 99, 10;
fünf tausend krönen wären mir zu banden. Göthi 41, 69.
In dieser formel ist das umgelautete bänden nicht so gewöhnlich:
es ist uns ein exemplar unsers dichters (des Logau) zu bänden
gekommen, das sich aus der Stollischen bibliotbek herschreibt.
Lessing 5,108. das adverbiale der fftgung tritt zurück, wenn
ihr ein possessivum oder ein näher bestimmender genitiv beigesellt
ist: er erkant wol, das er Montabon .. mit gewalt niemmer
zu seinen henden brecht. Aimon bog. x iij ; audi hier wird
indes, selbst von neuern, die unumgelautele dälivfarm gesetzt:
der seiner grösze zu des rechtes banden
sich so entäuszert. Shakesp. könig Heinrich Ff, 2, 5, 2;
that would deliver up his greatness so
into the hands of justice;
herr, meine seel
zu deinen banden ich empfebl. Uhla>o ged. 415.
/) aus banden : welches ich als ein sonderbares kleinod,
ausz banden eines groszen und gottsfürchtigen reichsfürsten
empfangen. Scucppiüs 267; des berrn vettern rath, dem ich
disz orts nicht ausz banden gehen . . werde. Simpl. 4, 41 Kurz,
daneben öfter aus bänden : weil dennoch meinem grosg. hn.
belibet. solche unreife fruchte (reimzeilen) zu kosten, habe
demselben ich nicht entsein, noch aus bänden gehen können.
BcTscBKT hd. kanzl. 165; so liesz er keine gelegenheit aus
bänden. Bümac 1.80; noch die gelegenheit die Römer zu
züchtigen, aus bänden gelassen haben. 1.147; ich feilschte
schon 4 Wochen darum, konnte es aber doch am ende nicht
aus bänden lassen. Göthe an Voigt 369.
g) von banden: die arbeit gebt ihm schnell von banden;
von banden lassen. Redchl» augensp. 13'. auch ab banden,
S-. abbanden t, 54.
h) an banden , eine von Götbe besonders bevorzugte f&gung,
findet sich, entgegen der 1. 366 geäuszerten ansieht, gerade in Ver-
bindung mit Verben , die sonst den accusativ an die band , an
die bände fordern, nämlich mit geben und gehen, ist also nur
noch adverbial gefühlt, und demnach öfters auch anbanden ge-
sclineben : wenn uns nicht jemand ein sehr genaues und voll-
ständiges ideal anbanden geben will. Siegfr. v. Lindenb.Z,l2i
gott erweckt seinen auserwehlten immer herzen, die mit
pQege und hülfe ihnen an banden geben. Scriveb seelenseh.
2, 76 ; sie zeigte sich überall thäfig und ging der mutter in
allem an banden. Göthe 25. 346 ; dieser unermüdliche kunst-
freund .. bescbäfti(.'t und begünstigt mehrere sich entwickelnde
talente, unter welchen hr. Wendelslädt ihm unmittelbar an
banden gebt. 43,346; wobei ihm die gebildeten schon als
unterlehrer an banden gingen. 352; eine unzählbare menscben-
masse, durch alle grade der gescbicklicbkeit , dem meister
an banden gehend, s. 434; dasz sowohl directoren als custoden
sich wecbselsweise . . an banden gehen und das nöthige ein-
ander mittbeilen. 55,162; er gesellte sich gar bald zu uns,
die sich freuten, ihm nn banden zu gehen. 58, 94.
i) ähnlich steht in banden , in bänden nicht nur in Verbin-
dung mit Verben, die den dativ fordern: in banden und gewalt
des bapsts stünde. Ldther 6,328*;
•21*
327
HAND
HAND
328
mir hat die bestfilipiin? jenem gerehlt,
die linbt ilir iiua kosiiicii in häiiden. Görns 1, 227;
als der knabe nach <ler schule
das pcnnal in liaudcu ging. 4, lOS;
sondern auch ml reiben , die den acc. nach sich ziehen : der
beiT giiits oft andern mcnsciien in bänden, was zu unser
notliduift dienlicli ist. Scuivk« scrlensch, 2,216.
Iiand ist clymolofjisch zusanimengrtdelU mit dem goth. verbum
bin|)an , icas nur in den zusummenselzuiiiit'n fraliin|)an und
usbinjian gefangen nehmen rorkomml, und als greifende, fassende
gedeutet tcorden. allein die hedcutung von liinj)an irird nicht vom
greifen, sondern von dem gefangen fortführen, bergen ausgehen,
trie aus dem gvth. Iiiin|>-s m'xfinXcaoia Eph. 4, 8, ags. böd,
ahd. bunda, mlid. gebündc beute hervorgeht, liinjian ist das
sanskr. cat verbergen (BouTi..-RoTn 2, 926); ein mit dieser verbal-
u'urzel zusarnmenhingendes adjecliv (fatura schnell, rasch, ge-
schickt, gewandt, veisrhmitzl {das. 927) ffilirt zunächst auf ein
Substantiv calu {wie mndliiira süsz , honigbegabt auf madbu),
«•(15 bis auf den nasal genau zu guth. handu-s stimmen und
dem Worte etwa den grundbcgriff der gewandten, geschicIUen, beweg-
liclirn, verleihen würde.
B. Bedeutung.
I. Die menschliche hand; vielfach ausdrücklich als solche durch
composilion oder adjecliv hervorgelioben, s. mensclienband : dem
anbau {des bodens) duich menscblicbe bände. Immermann Münchh.
1,172; oß stehen nachdnicksvoll possessiva oder das adj. eigfin
dabei: das babe icb mit meiner band gescbrieben; erbeitet
mit ewern eigen benden. i77im5. 4. U; sieb mit eigner band
nmbbringen. im selbs den tod anibun, parcre sibi lelhum manu
Maalei! 210"; bieb zuweilen vor grimm die weicbenden mit
eigner band nieder. Zigler Banisc (1700) 528;
der bfirger zündet seine Stadt, der landmann
mit eignen bänden seine saaten an.
iiCHiLLK» jiingfr. 1,5;
dem adressafen ein scbreiben zu eignen bänden übergeben ;
und dieses billet soll icb seiner bocbfiirsilicben durcblaucbt
zu böcbsteigenen bänden übergeben? Schüler kab.u. liebe 4,9;
in meiner königin seJbsteigiie hand
bel'alil sie mir den brief zu übergeben. >
Maria Stuart 2, 4 ;
vgl. auch eigenbändig 3, 97. etwas auf eigne hand sein oder
tbun, s. unten II, 6. i.
1) der umfang der hand wird gewöhnlich bestimmt von dem
handuelenk bis zu den ßngerspilzen , und die ßnger sind in dem
begriffe mit eingeschlossen: da aber die sticbelworle allzu ge-
meine wollen werden, sabe sieb Solande genötigt los zu
brecben und dem gröszten under dem baiifen eine hand voll
f)nger auf die nasen zu werfen {einen schlag ins gesicht zu
geben), pol. siockf. 2S6, wie ja die band auch den fingening trägt:
also vlrts min vrouwe ir vingeride.
d4 si den kruraben reien üt dem anger trat,
dd wart et ab ir hant, seht, an !r danc genomen.
Kkiouart bO, 'iO;
Glnover gap ein vingerlin
Gasozein ze minne pfaiit,
dal siie; er ir an die hant. cronc 13859;
was zog er von den benden sein?
von rotem gold ein viiigerlcin. Uhlano vutksl. 175;
wenn er zehn fingcr an jeder band gehabt hatte, er hätte
sie alle zwanzig voll ringe gekriegt. Lessing 1,552; den ring,
den er noch an einem linger der rechten hand trug. Im.mer-
»A?i.\ Münclih 4. 81 ; ungewöhnlich werden die finget zur hand
uicIU mit ijrrechnet:
in wurden die vinger nai
bis binden zu der hand. ilaitlerin 361^ 168.
2) die form und beschaffenheU der hand wird durch adjectiva
bestimmt, als hohe Schönheit gilt die wcisze, feine, zarte,
»cblanke. kleine hand, nicht blosz am weihe: ihrer alabasternen
bände. Simpl. 4,91 Kurz; ihre wohlgcbililcten bände. Zicler
Banint (1700) 206;
KAedinei swester Isdt,
diu mit den wijen banden. Tri»t. 476,3;
die für mir her pei ir scbneeweiszen hant. {aaln. ip. 585, 1-,
er nam -'■■■ ■■'••' '' 'ipn pdle
pel der > hand. Uolaho volkU. 199;
•n die I jch preinen
deine klcuii wv.^in band. 11. Hilf« b. d. t. 217;
trotz aller orbeit war die band weich und zart geblieben.
IjiMkRMANR MüiicIJt. a, 29 ; auch die madcben haben «ich für
ihre zarten bände einen geeigneten enverb ausersehen. Steub
Tirol 119;
bricht, wie glas, durch zarte hfinde
Stab und riegel. Gökingk Heiler der lieb. (1779) 127;
das gestrickte mit den nadeln ruhte
zwischen den gel'ahiien zarten bänden. Götuk2, 105;
und wo ich mi*h erkühne,
die woileinveiciie linnd
in demuth zu iimiangen.
PmilaVüer v. d. Lindk verliebte ged. 70;
und deine seidenwei-clie hand. Amara>ithes 10;
ihn streichelt ihre sanfte hand. IIagcdob:« 2,81;
auch beim manne:
svä him mid
]>ä bvitan hondaand
ags. svä him mid n&glum burhdrifan nidhycgende
' pä hälgan löt
hd.
16t. CriKt IUI;
der Schreiber b(Jb uf sin wisze hand. Uuland volksl. 749;
seine bände waren blendend weisz und icb küszte sie oft.
es ist mir, als röche icb noch ihren siiszen duft und er
dränge mir stechend ins äuge. Heine «erAe 4,85.
Ihr entgegengesetzt ist die grobe, dicke, fette, plumpe, raube,
harte, schwielige band:
in ihren bänden,
die grob durch arbeit sind. Opitz 1, 138;
das feine, spitze ding, besorg ich nur,
in meiner plumpen liand zerbricht. Lessimg 2, 270;
diesz feine saiienspiel zerbrach in ihrer
metallnen hand. Schiller Carlos 5,4;
eine dürre, hagere, magere, knöcherne, knocbicbte band:
sie darf nur ihre düne band zum fenster hinaus strecken,
so zittert der ganze bof. Kotzebue dram. sp. 3,232;
nimm mich! .«ie fragt: worauf? auf diese dürre hand:
die soll uns wohl ernehren müssen (spriclit ein bettler).
Lessing 1, 13;
vergl. jjnochenband 5, 1459 ; in rücksicht auf geschicklichkeit wird
von einer leichten, schweren hand gesprochen, namentlich auch
beim wundarzte: seine {des Wundarztes) manieren waren mehr
rauh als einnehmend, doch seine band leicht, und seine hülfe
willkommen. Götue 19,44; die Operation, welche durch die
schwere band des Chirurgen peinigender wurde als nöthig.
Immermann Münchh. 3, 22.
Man unterscheidet die äuszere und innere hand , jene wird
als rücken der hand gefaszt, s. handrücken , diese als fläche
derselben, daher die flache, platte band genannt {auch hand-
teller, s. d.) : flach hand palma Dasyp. ; offne hand, oder zer-
thone flache hand, manus explicita Maaler 209*;
wächst mir ein kornfeld in der flachen hand?
Schiller Jungfrau l, 3;
hier diese flache hand, versichr ich dich,
ist ausdrucksvoller als ihr angesicht.
IL v. Kleist 1, 125.
Auf ihr wird gereiclU , was ein anderer hinnehmen oder be-
schauen soll, was allseiligor keniUnis dient: euszerliche Satzungen,
die man nicht aufs gewissen schlegt, sundern die allein auf
die band gelegt {vor andern zur schau getragen) werden. Llther
4, 18S'; daher von etwas ohne miihe zu erkennenden: das liegt
auf flacher band, auf platter band: so hält er {Göthe) uns
die Schattenrisse der köpfe blos auf der weiszen seile bin ;
er selber kennt freilich besser als einer die schwarze be-
.stimmtere des kopfes, die ihm auf platter hand liegt. J. Paul
kl. bücherschau 1,4; dafür wird aucli blosz gesagt auf der bund:
es bedarf keiner erörterung, da die sache auf der hand liegt ;
es liegt doch auf der hand, dasz die . . einericiheit der bc-
ziehungcn unter stolTtbeilen nur eine äuszcriiche isL evangel.
kirchenzeilung 1806 s. 740.
Der gegensalz zu auf der hand ist unter der band, was unter
der hand liegt, ist dadurch verborgen und heimlich: im gegen-
theil biengen und verhetzten sie dieselbe unterderhand heim-
lich mehr und mehr wider einander. Happel acad. roman. 48;
meine hciiulichen feinde waren weil entfernt meinen masz-
iiehmungcn öfl'enilich zu widerstehen , aber unter der band
desto geschäftiger, ihren natürlichen erfolg zu hemmen
Wieland 2,107; Filistos hrochle unter der hand zeugen auf,
die in dem kabinelte des prinzen verschiedene umstünde aus-
«agtcn. 3,107; was tbun wir im gründe anders, als dasz wir
ihnen unter der hand zu verstehen geben, dasz sie unrecht
haben. 12,59; weise mDnncr lassen den knahen unter der
band dasjenige flndcii, was ihm gcinäsz ist. GörnE 21,227;
dai fr&ulelii wor eine der wisibegicriiren tcelen,
die, unter iler hnnil, vnn lhr(>n iLtchrieii no gern
die anekdoten erl'ortchen. Wula;«» 4, 5t.
329
HAM)
HAM)
330
Aus den Unten der hand fläche tcird gewahrsagt: chiromantici
und dergleichen, welche einem nach dem andern under sich
die hände besahen und wahrsagten. Philander 1642 1,395;
gib mir deine hand .. dasz ich dir sage die Wahrheit, die
gute wahrheil {spricht eine zigeiinerin). Götbe 42, 177 ; sie faszte
mich am arm und sprach: ich will euch die Schicksale eurer
Wanderschaft prophezeien, und begann in den linien meiner
hand zu lesen. Riehl euUurgesch. norellen 360; alles diesz
konnte man dem römischen reiche auf Jahrhunderte aus hand
oder faust lesen. J. Pacl sphinxe 154.
Die hand tjf offen oder geschlossen, hohl, gekrümmt, ge-
ballt ; offne hand wird dem der gäbe wartenden bettler beigelegt :
hier dränget sieh der unzufriednen stimme,
der uDverscbämteD offne hand nicht nach. Göthb 9, 250,
während eine krumme hand sowol der geber macht, der etwas
heimlich zusteckt: wäre er nur ein einziges mal mit krummen
bänden kommen, so würde er mehr ausgerichtet haben, pol.
hofmädg. 172, als auch der die gäbe empfangende oder ihrer war-
tende, daher den habgierigen und beslecJiUdien krumme hände
zugeschrieben werden: man wüste nicht, ob die schuitheiszen
krumme hände hätten? baurenst. lasierprob 23. endlich macht
auch der dieb beim stehlen krumme hände, wie sonst krumme
finger. — Mit der hohlen hand schöpß man; wasser aus der
hohlen hand trinken.
Die hand ist blosz, sie wird tom gewande nicht mehr bedeckt,
daher blosz wie eine hand, ganz nackt:
er reit äne gewant,
unde blöj sam ein hant. Iwein 3236-,
etwas in der bloszen hand tragen , offen und allen fährlich-
fxüen ausgesetzt: uns allein allen gefährlichkeiten unterwerfen,
und so zu sagen unsere seelen in der bloszen hand tragen
sollen. Felsenb. 4, 297. der hand wird als bekleidung der hand-
iclmh gegeben, und es gilt als unfein, frauen die blosze hand
zu reichen: grobian , wer wird denn ein frauenzimmer mit
der bloszen hand führen wollen? Lessing 1,290; auch bild-
lich sagt man von einer schwierigen und zart zu beluindelnden
Sache, dasz sie nicht mit bloszen bänden angefaszt sein wolle;
rergl. unter handschuh. — blosze hand ist ferner im gegensatz
gebracht beim genusz von nahrungsmitteln zu der hierzu mit ge-
schirr versehenen hand, daher essen, trinken aus bloszer hand
[auch von der hand weg, wie von der faust), ohne esz- oder
trinkgerät :
ein guter reiner trunk schmeckt ja so wohl aus holz,
und gar von bloszer hand, als aus dem tbeuern golde.
Fleming 93;
wir andern müssen oft genug aus der hand speisen, dasz
jeder gedeckte tisch uns festlich erscheint. Göthe 42,374;
aber auch in gegensatz zu bewehrter, bewaffneter hand: der
fürst viel vom land herein erfoddert , mit gewapenter hand,
im hämisch fast geputzt. Luther 3,417; Wiedereroberung mit
gewaffneter hand. volksblatt 1S66 s. 1345;
iu sluoc einer mit blöjer hant. Iwein 3%;
ferner zu voller hand, indem durch die blosze hand die besüz-
losi^ieil angedeutet wird: mit voller hand, uberflüssigkiich,
plena manu Maaler 210'; dessen vornehme voreitern haben
verlassen . . ihr hab und gut , und sind umb der religion
willen mit bloszen bänden gangen in ein fremdes land.
ScHOPPiTis 130. eben das heiszt leere hand : sie freuete sich
meiner ankunft gar sehr, vornehmlich als sie sähe, dasz ich
nicht mit leerer hand angestochen kam. Simpl. 3,50 Kurz;
ich kan nichz kauten mit lerer hant fastn. sp. 7S4, 31;
wir kommen auch mit leeren binden nicht. Scbillkh 331.
daher einem die hände füllen, ihn beschenken: wer nicht halte
die hände mit güldinen männlein zu füllen, der muste unter-
liegen. Piiii.ANDEn 2 (1043) i. 158; die groszc reiche Hansen,
welche einem die hände mit reichslhalern oder rosenobeln
füllen können. Schuppius 423.
Eine lange hand wird reichen und mächtigen bildlich beigelegt:
wie dann die herrn auch lange hände haben, und einen über
viel meiln wegs beim haar erwischen und greifen können.
SdtiUbärger 1599 s. 85; grosze herren haben viel äugen, viel
obren und lange hände. Scbottel 1122'; herren hand gehl
durchs ganze land, grosze herren haben lange hände, an
nescis bngas regibus esse manus? Frisch 1,409*;
wie (Jas alt sprlchwori ihut erkleren :
die L'enaltitig fanlien lanse hend,
ereiren weit umb sich. fl. Sachs 4, 3, 45',
wie dem machtlosen eine kurze hand : ein schlimmer und ver-
leumderischer kerl, wenn er auch noch so viel wesens macht,
; hat doch nur kurze hände, oder ist ohnmächtig, pers. rosenth.
■ 8, 65. — lange hand. kurze hand als zeitmasze, s. unten
\ IV, 1,6.
Die reine hand. im eigentlichen sinne, sieht im gegensatze zur
i unreinen, ungewaschenen, unsaubern hand :
so neraet hovelich da; gewant,
und jucket damit: da; zimt ba;
denn iu diu hant unsüber wirt.
H.41-PT zeitschr. 6, 491 ;
mit gemeinen , das ist mit ungewasschen henden das brot
: essen. Marc. 7, 2 ; und mit anlehnung an diese bibelstclle bildet
sich die redensart aus etwas mit ungewaschenen bänden thun,
ohne dazu befugt oder befähigt zu sein; als wann sie mit un-
gewaschenen bänden ins predigtampt kommen. Schlppics
643; ferner: wilst du dasz .. unser vermögen, wie auch der
saure schweisz meines Leonhards in gemeine bände gerathe?
A. Grypbics seugamme s. 128. eine in Düringen gemeine redens-
art von äuszerst derber fassung stelU es als schimpf hin, wenn
ein viensch seine bände sich von eines andern kot besudeln Idszt,
darauf spielt eine stelle bei Lcther an: trit man uns darumb
I mit füszen und Ihut uns beide hende vol, das müssen wir
j für gut nemen, und nicht wundern, denn es nicht uns, son-
I dern viel mehr im geschieht. 6, 5S'; daher in bezug auf
1 menschen die beschimpft und beschämt sind: nun stehen wir
I hie, als ob uns in die hände geschmissen wehre. Schiübürger
I 1599 s. 64. — Bildlieh ist die reine hand die, die keine sünde
I gethan hat:
die fahne trag uns vor in reiner hand.
I Schiller Jungfrau 2, 4.
j 3) empßndungen des herzens gelangen für die auszenwell durch
j bewegung der hände zur anschauliclikeit.
I a) der golt im gebet anrufende hebt die hände empor, faltet
I die hände: hüben alle Ire hende auf gen himel. und beteten.
I 2 Macc. 3, 20; so wil ich nun, das die menner beten an allen
I orten, und aufheben heilige hende. 1 Tim. 2. 8 ; welche sam-
1 mentlich mit aufgehebten bänden gott um hülf und barm-
herzigkeit anruften. Abb. a. S. Clara Merks Wien (1680) s. 119;
wie sie die hände aufhob und über sie betete. Götbe 16, S5;
beide erhoben vor dem alfare betend die hände. I]f]tEBXAN5
Münchh. 3, 40 ;
da hebt er hoch die hände, der ritterliche greis :
der flnk hat wieder samen, dem herrn sei dank und preis!
Uhlamd ged. 370;
welche die religion in äuszerlichen dingen , ... in gebets-
formeln , in kläglichen tönen , in gefaitnen bänden , in ver-
zagten schritten suchten. Gellebt 3, mrr. s. 3;
was suchen wir beweisr, weil sie die bände falten
für geistern die sie doch für böse selbst gehalten?
Opitz Groiius' Wahrheit, s. 362;
die mutter faltet die bände,
ihr war, sie wuszte nicht wie;
andächtig^ sang sie leise :
gelobt seist du, Marie! Uki« buch der lieder 275.
6) der segnende legi die hand auf: und leget die hende
auf sie, und segenet sie. Marc. 10, 16; er führet sie aber
hinaus bis gen Bethania, und bub die hende auf und segenet
sie. Luc. 24, 50; der diaconus stand zwischen ihnen mit leuch-
tendem anllitz und hielt seine hände segnend auf ihren
scheiteln. Immervan.n' Münchh. 3, 40 ;
0 blickt mich an, mein vater, und erbebt
zum segen eure hände über mich, könig Lear 4, 7;
0 look upon me, sir,
and hold your hands in beoediction o'er me;
mir ist als ob ich die bände
aufs haupt dir legen sollt,
betend, dasz gott dich erhalte
so rein, so schön und hold. Hbi5K bnch d. lieder 215:
so werden in gebet und segnen durch auflegen der hände krank-
heiten geheilt, ein biblischer brauch: und sie brachten zu im
einen tauben der stum war, und sie baten in, das er die
band auf in legte {golh. bedun ina ei lagidfdi imma handau).
Marc. 7, 32 ; darnach leget er abermal die hende auf seine
äugen {goth. aftra galagida handuns ana ))d auguna is), und
bies in abennal sehen. 3, 25 ;
sie {die mutter gottes) beugte sich über den kranken,
und legte ihre hand
ganz leise auf sein herze. IIki5i buch d. lieder 274,
331
HAND
HAND
332
c) auch der bittende, flehende streckt die band empor:
das Vaterland
bat hüirios mit erhabner band. Uz 1, 165-,
der betller streckt die liaiid dar nach der gäbe; herr ich ruffe
dich an teglich, ich breite meine hende aus zu dir. ps. 88,20;
sink ich in sünden nieder,
so richte du bald wieder
mich auf, dasz ich die bände
zu dir, hcrr Jesu, wende. Scuuppins 963;
wie ferner der besiegle ge^en den sieger die hünde empor streckt,
die hände faltet, ijleiclisam um gnade flehend:
für ir vüeje er sich bot
mit üf gerahien henden. Wigatois 110,37;
min bende leb valde
mit triwen algernde üf ir füe;e.
LicuTKNSTEiN 394, 26;
alle alten hallend die hend gegen dem keiser auf, oder er-
gabend sich, omnes maiores natu manus ad Caesarcm tendere.
M AALER 205*; streck die band dar, bekenn dich überwunden
sein, dede manus. 210*. bei huldigungen nach khnrecld faltet
man einem die hände, rechlsalt. 139.
d) der schwörende hebt die band auf, er deutet damit nach
qoU , der ilim zeuge sein soll , ebenso wie er , wenn in anderer
iveise der eid durch außegen der hand auf reliquien oder die bibii
geleistet wird, auf diese sich sum zeugnis der Wahrheit beruft:
es ist ouch zu wissende, das der vorgenant schoefel ein eide
zuo den heiligen mit ufgehebter band gesworn hett. weislh.
5,488;
ir berro, gelobt uns auch also,
hebt auf die bend und sprechet: jo! fasln, sp. 463, 10;
pott der gerechtigkeit! ich hebe meine hand auf!
ich bin an dieser ungeheuren that
nicht schuldig. Schiller Wallensl. tod 5, 11;
beiheuernd wird die band aufs herz, auf die brüst gelegt, zur
hindeutung, wie gedanke und wort übereinstimmen : die hand aufs
herz! Kli.nger 1,378; die hand aufs gewissen, redlich ge-
sprochen. GöTHE 36, 38 ; mit dieser gebärde leisten frauen einen
eid, rechlsalt. 897. — Das handaufheben ist endlich zeichen der
Zustimmung :
ir berren, wellt ir all also,
so recket auf die hend und sprechet: jol fastn. sp. 447, 2');
wer dazu stimmt, erbebe seine bände. Schiller Teil 2, 2.
e) freude und wolyefallen äuszern sich durch das reiben der
bände: alle stimmten in das lob ein .. und der wirth zum
weiszen lamm wuszte recht gut sich die hände reibend zu
verbeugen. E. T. A. Hoffma.n!« 12,215; er rieb sich vor ver-
gnügen die bände. Immermanx Münclih. 4,39; drücken und
schütteln der hand ist zeichen freudiger begrüszung und Zustim-
mung: er schüttelt ihm die band (und spricht): ihr ehrlicher
mann! Kotzebue dram. spiele 2, 334; ein verdienst für das
ich ihm, so sehr ich in theoretischer hinsieht sein gegner
bin, . . im geiste mit wärme die hand schüttle. Lasalle ant-
worlsdireiben (lS63)s. 11; sie umschlangen sich mit den armen,
drückten sich die hände, dasz mans knacken horte. Hiehi.
cuUurgesch. nov. 254; in zdrlliclJxU wird die band gedrückt,
gestreichelt:
wart ilit da friuntliche getwungen wijiu hant
von berzeniicher miniie, das ist mir uiibokant.
Nib. 44,7 Zarnckc;
ich werde . . dir die band väterlich drücken. Rabener sul.
3 (1757) 35; wie zärtlich drücken Aranth und Javolen ein-
ander die hände. 4,378;
do sach ich in zu snnd Moritzen
einer die hent gur freuniiicb drucken, (aün. tp. 543, 17;
drück ihr riie hend und scherz mit ir,
10 uberkompt sie lust zu dir. grühiaiiut {Erfurt l5/i2) C 2' ;
drucktest noch so freundiit.'b gestern abend
mir die bände. Gothb 2, 1U2;
traulich kam die muiter horbci und kü<<zte sie herzlich,
schüttelte band in band; es «chwiegea die weinenden rruueii.
40, 334 ;
er setzte sieb am belle nieder und streichelte die decke, als
streichle er ihre band. Immerhan*! Münchh. 4,38;
aufirrlri^t »iliil ilir«.(> ZIlllilTliaiul«
<i' 'ii-ichlingen,
II irtiii
»'. ,:lich. GöTMt2, lOfl;
vgl. bandcdnick. — Das küiRen der b«nd ist ein Uehttteichen,
ull duicli fn-adr i.lrr irhnirrt herVOTgeluCkl :
von gröjen freuden kuster dö
siner juncfrowen munt,
beude und ougen tüseni$iiiiit. [wein 'it'H;
laszt mich eure band küssen. Sciuller räuber 4,3; sie fielen
neben dem bette nieder im ausdrucke des unbändigsten
Schmerzes, küszten ihm die hände und den mund. Göthe
16, 192; in unterwürfigem danke wird die hand geküszt: gnädiger
herr, muszt du rufen, und dich tief, tief bücken, thu nur
als wenn du mir die hand küssen wolltest. Rabener sat. S
(1757)35; eine so liebenswürdige groszmutter ist werth, dasz
man ihr die bände küszt. £.215; die zufriedene lochter küszt
der einfälligen mutier die hände dafür. 4,307;
bab ich dir darum im leben so freundlich die bände gektistet?
Zachariä Munier (1757) s. 23;
daher handkusz bei einer audieni:
doch einmal noch ist mir vergönnt, die band
der besten königin zu küssen? Schiller Carlos 4, 20.
für das zulassen zum handkusz bei einer solchen brauclU Oleariu»
den knappen ausdruck an die band kommen: kamen die
pristaffen, sagten an: dasz ihre zaarische majestät morgen
den herrn gesanten öffentliche audienz geben wolle .. nacli-
mittage kam der jüngste pristafl' wieder uns zu vergewissern,
dasz wir morgen an ihre zaarische majestät hand kommen
würden, pers. reisebeschr. 1, 7.
/) die haud wird gegeben, gereicht, geboten, ergriffen zur
begrüszung und zum empfange als symbol der Vereinigung : eya,
tund auf, tund uff dem zarten ewer herczen, bietend im die
hand. Suso briefe 35 Preger ; zu bofe gibt man viel hände und
wenig herzen. Schottel 1133*; er reichte seinem schwiegei-
vater stillschweigend die hand. Immernann Afünc/i/i. 3, 30 ; auch
beim abschiedsgrusze :
wenn zwei von einander scheiden,
so geben sie sich die band. Heine b. d. l. 147;
eine band zuwerfen, nur die gebärde des handreicitens machen :
er warf sich auf sein pferd, ich lief auf den balcon und
rief ihm nach; er kehrte sich um, warf mir eine hand zu,
entfernte sich eilig. Göthe 20, 64. ferner zur bekrdfligung eines
vcrsprecliens : gut, da hast du meine hand darauf, künftige
mittwoche sollt du zwei stück bekommen, reisender avanlüi.
(l'ifi) 1,100; 'sei ihre mutter'. ich gab ihr die hand draul.
'du versprichst viel'. Göthe 16,85;
doch müszt ihr mir die hand drauf geben,
dasz weil doch eine nur die schönste heiszen kann,
der andern keine mich dcszhalb befeinden wolle.
Wieland 10, 164;
datier gibt man ein versprechen in die hände jemandes:
der ritter schwört zu banden ihrer dame
Lauretten ewige lieb. Wielahd 21, 184;
versprechen sie mir dieses? königin,
versprechen sie's in meine band?
Schiller Carlos 4, 2t;
schwur meinen irrthum ab in seine bAnde.
Maria Stuart 1, 6;
bei eingehung eines Vertrages scidagen die verhandelnden die hande
in einander zur bekrdßigung , s. handschlag, handlreue, dar-
schlagen 2,789 und kauf i,d, tlieil 5,317:
ich fürchte,
irgend ein jOngling besitzt diesz herz und die wackere band hat
eingeschlagen und schon dem glücklichen treue versprochen.
GöTUB 40, 301 ;
das hiesz auch einem in seine hand greifen Scim. 2, 204 ;
zeugen eines solchen Vertrages achlagen durch die so gereidden
lutnde, um symbolisclt den abschlusz des Vertrages ansudeulen:
die mutter weinend lachet,
sie trauet kind und freund, gibt ihrer liehe pfond,
sie schIhKt mit eigner Tiiist durch die gepaarte hand,
und spricht es sei also. FLEamo 154.
man verspricht mit hand und iimnd , durch wort und hand-
reichung: wie trewlose leut beiszen, die ir eid und pflicbl
und was sie mit hand und mund zugesagt, vergessen. Ma-
TUEsius Sar. Ill*; sie versprach ihm mit band und inutid.
Engel 12,303; der knabe schied, versprach aber mit band
und mund. beute abend an dieser wniderke meiner zu warten.
Göthe 22,196; daher in mund und bänden gelreu, seiner Ver-
pflichtungen eingedenk: nebiiiet «las zum andenkeii, das/, wer
in der weit im mund und bänden gelreu ist , habe überall
genug, unw. doci. 362; gi-Ircue band Iml wiiuirr der, der ici
srmc, i/ciubten und ubrniiitntiniirn ;i//i(/(/( ii mclit iastt :
333 HAND
itzt trauen dir zu treuen bänden
Zyiheris und ihr junger söhn
der süszea liebe milden lohn,
indem sie dir disz mensch verpfänden. Flesisg 369;
durch eine treue band gelingt es mir,
ihr mein verändert herz zu offenbaren.
Schiller Maria Stuart 2, 8;
ihm die lande wieder zu überantworten, welche ich dir zu
getreuer band bevolilen habe. Seskeüberg sei. jur. 3,326; es
wurden tage gesetzt und sich in denen dingen bedacht, dasz
man nicht unrecht und zu gutem glauben die rechten erben
des landes entwehret und die getreue band beschlossen und
zugehalten hette. 334; und da Magis den (erbetüelen, überdies
kaisers seit befindlichen goldenen) adler in getrewe band be-
volhen het. Aimon bog. s iiij ; sprichtcörtlich trewe band geht
durch alle land, untrewe iiand gehet hin, komt aber nicht
herwider. Neasder sprichtv. 26;
warer mund und trewe hand
wandern durch alle städt und land. 30;
eine getreue hand geht durchs land. ttntr. doctor 362.
Die hand tcird ferner gegeben bei einem bündnis:
dann reichen sie zum bunde sich die bände.
Chlam) ged. 440;
namentlich auch bei Verlöbnis und eheversprechen:
und kumt her, meine liebe kint,
als lieb und holt ir einander sint,
und pietet an einander die hent. fastn. sp. 578, 2;
wol mir zu disen stunden i
ich hab meinen gleichen gefunden {einen geliebten)
nach meines herzen gir . . .
gib her dein hant, du edler bort!
ich pin mit dir hie und dort. 620, 8;
desz hab dir mit gebottner hand
mein ehlich pUicht und treu zu pfand,
darzu den ring von rotem golt. Atrer 195' (071, 19 JfeHcr);
Truffaldino lachte, Smeraldina jammerte, endlich kam Pan-
talone und legte ihre bände in einander. Heine werke 2,107;
jetzt werden unsre bände in ewigkeit nicht in einander ge-
legt werden. Riebl culturgesch. nov. 232. darum heiszt die hand
gehen jemand heiraten , die hand anbieten , zur ehe begehren :
mit einem worte, du bist glücklich, gieb ihm deine hand.
Rabexer sat. 3,242; ich gebe ihnen meine hand, um mich
dem jungfräulichen zwange zu entreiszen, und als frau thun
zu können, was ich will. 24S; gieb deine band dafür, bei-
rathe ihn, er will dich nehmen. Arnim schaub. 1,312;
eher wollt ich meine hand
dem Geszler selbst, dem Unterdrücker schenken,
als dem naturrergesznen söhn der Schweiz,
der sich zu seinem Werkzeug machen kann.
Schiller Teil 3, 2;
dem duc von .\nJou schenkt sie thron und hand.
Maria Stuart 1, 6;
glücklich ist der, dem sogleich die erste geliebte di'e hand reicht.
GöTHK 4U, 2sO;
er hoffe, sie werde ihm ihre band nicht versagen. 18,61;
(meine freunde) versichern mir so viel gutes von ihnen, mein
herr, dasz ich mich nicht länger bedenken darf, ihnen meine
hand anzubieten. Rabexer saf. 3,251; wollen sie meine hand
annehmen? 255; wenn sich nun aber einer fände, der es auf
alles das hin wagen wollte, ihnen seine hand anzubieten?
Göthe 7, 131 ; dasz er jenem trefflichen frauenzimmer sein
herz und seine hand angeboten. 20, 181. dann steht band für
die 3u ehelichende person selbst:
ists der verwandten mächiger wille nicht,
der über eure hand tyrannisch waltet?
Schiller Teil 2, 2, *
{vgl. unten III) ; jemandes hand besitzen , mit ihm verheiratet
fein : Seladon redet von nichts als von dem glücke, das er
sich wünscht, die hand eines so liebenswürdigen kindes
ewig zu besitzen. Rabeneb sat. 4, 367; die hand dieses mannes
ist frei, er ist nidd oder nicht mehr verheiratet; wie ferner die
durch den tod gelöste ehe die gebrochene band heiszt: ist da; die
hant gebrochen ist, daj under zwein ellichen lüden eins ahe
?angen ist. Mone anz. 7,361; vgl. die hand verbrechen, xur
iweiten, dritten ehe schreiten Schm. 2, 205. Haltads 795.
lue hand wird endlieh als zeichen der Versöhnung gereicht:
er bittet um ihre hand, als um ein zeichen des friedens.
GßTHE 14, 209 ;
ehrwürdger vater, gebt mir eure hand !
gebt mir die eurige! -Melchthal, auch ihr!
bedenkt euch nicht! o, wendet euch nicht weg!
SCHlLLFf 7." ' -^
HAND
334
g) ma« winkt mit der hand, zum grusze, oder audi einen
einzuschlagenden weg anzudeuten :
ich soll zurückgehn, winkt sie mit der hand.
Heine buch der lieder 159;
das nehmen, fassen bei der hand ist zeichen der herzlichkeit
und Vertraulichkeit, man führte noch lange nach dem mitlelalter
an der hand zum mahle, zum tanz, su gesellschajt , das fassen
unter den arm galt für bäurisch:
ie zwischen zwein frowen stuont,
als si noch bi tanze tuont,
ein ritter an ir beude:
dort an enem ende
ie zwischen zwein meiden gie
ein knabe der ir hende vie.
dö stuouden videlsere bi. Helmbrecht 97—103;
de nam ers hei der hende,
bei ir schneweiszen hant,
er fürets an ein ende,
do er ein Wirtshaus lant. Dbland volksl. 671;
das kind nem in pei seiner hand,
unde für in für die reine maget.
LiLiENCROX tolksl. % 20, 420.
band in hand stehen , gehen u. ähnl. ist so zachen inniges
Verbundenseins :
band in hand! und lipp auf lippe,
liebes mädchen, bleibe treu! Göthb 1,60;
komm zu mir und setze dich nieder,
wir kosen band in hand. Heins b. d. l. 17S;
manche irrungen und verirrungen . . theilten und bestanden
die geschwister hand in hand. Götbe 25,22; hand in hand
müssen genie und kritik schreiben. J. Paul grönl. proc. 2,3;
die frühe sich verloren hatten,
begegnen sich im abendschatten,
und gehen hand in hand zur ruh. Goiteb 1. 10.
h) bei lebhaßent ausbrucli des gefühls werden die hände zu-
sammen geschlagen, so in der freude und Verwunderung: welches
die alte mit erstaunen und höchster Verwunderung, die arme
kinder aber mit zusammenschlagenden bänden und höchsten
freuden annahmen. Simpl. 3,359 Kurz; mit vor freuden zu-
sammen geschlagenen bänden. Abb. a S. Clara Merks wo/
Soldat (1680)47; ich klatschte in die hände vor last. Bettine
br. 2, 262 ; händeschlagen , händeklatschen als beifalUäuszemng :
machten in zum könige, und waren frölich, und schlugen
die hende zusamen , und sprachen , glück zu dem könige.
2kön. 11,12;
die leute schlugen in die hände,
und riefen bravo ohne ende. Heine 6. d. l. 80;
in aufregung, zom, schmerz: da ergrimmet Balak im zom
wider Bileam, und schlug die hende zusamen. i Mos. 24,10;
aber die selben gaben den Israeliten iren rechten Ion, das
sie endlich die hende uberm köpfe zusammen schlugen.
Matbesius Sar. 107*; da zu hof alsbald diese traurige zeitung
ankommen , erhebte sich ein ungewöhnliches geschrei und
lamentiren, unter andern schlugen die cammerjungfrauen ihre
band ober dem köpfe zusammen. Abb. a S. Clara Merks Wien
(1680) s. 139. im höchsten schmerz ringt man die hände:
0 wenn du sehen könntest, mein geliebter, wie ich hier vor
dieser schwelle liege, wie ich untröstlich meine hände ringe.
GöTBE 15, 65;
sit sach man schoene vrouwen weinen mit windenden banden.
Gvdr. 919.4;
kalt wehten entsetzen und grausen sie an,
'0 Jesu, mein bellend, was hab ich gethan!'
sie wand sich das hast von den bänden. Börgb« 62*.
0 Zorn und wut läszt die bände ballen:
zer fiuste twanger sus die hant,
daj de; pluot ujen uagelen schö;. Parz. 229, 12;
sein herzblut wallt, zur Taust ballt sich die hand:
•ach nur ein schwert, ein scharfes schwert!'
R. Reinick lieder t. 227;
der sullan gieng, die geballlen bände auf den rücken ver-
schränkt , mit ziemlich starken schritten auf und nieder.
Wieland 8,409; tw verdrusz heiszt man in die hand: da er
nun diesen ausputzer, von dem das glück gewichen war.
h'irete, bisz er aus verdrusz in seine bände, pers. baumg. 2,1s.
in zurückgehaltenem groll zuckt die hand: Teil steht in fürch-
terlichem kämpf, mit den hünden zuckend. .Schiller Tri/ 3, 3:
in aufregung, schmerz und furcht bebt sie: endlich erbrach sie
das völlige paqvef mit hebender hand. Zigi.er Panise (170«)
s. 95; ich hielt mein herz mit bebender hand. Imnebhann
^'ünchh. 2, 13;
335 HAND
ihr Gittert,
die band erbebt eucb, eure knie wanken.
Schiller Teil 3, 3 ;
aber auch der gras hol zitternde, bebende bände:
in bebenden bänden
fühltest du, hungriger greis, schwere verwandelte kost.
GöTHs 1, 374.
A;) sinnend ist der kapf m die hand gestützt :
ich saj rtf eime steine,
und dahte Dein mit beine:
dar itr sazt ich den eilenbogen:
ich bete in mine hant gesmogen
daj kinne und ein min wange.
dö dähte ich mir vil ange,
wie man zer weite solle leben. Walther 8, 7;
wenn er so bei tische sitzt und den köpf auf die band
stemmt, niedersiebt, und still ist in sorgen. Göthe 7,131;
du lehnst das haupt auf deine haud,
0 schönes mädchen, bist so still.
R. Rein ICK lieder 162.
/) der schweigende legt die liand auf den mund, er will die
Worte darin zuriickhallen {s. halten sp. 286) : da die obersten
aufbüreten zu reden, und legten ire band auf iren mund.
Hiob 29, 9 ;
aber ich lege die hand auf den mund. denn werden mir auch
morgeniöthe die worte, so fehlt es doch stets an etwas
dem gedanken von ihm, fehlt dem gefiihi, ich schweige.
Klopsiock 7, 44.
tn) der müszig gehende hat die bände im busen, im schosze,
in den bösen, bosentaschen: die hend im busen haben, am
ofen ston , das ist faul und trüg sein , manum habere sub
pallio Ma.\ler 218';
ich bin ein reicher, ders so weit gebracht,
dasz er die hand nun in den schosz darf legen.
RÜCKERT 397;
die bände in den busen stecken, stoszen, faul sein: darunib
musz man aber nit got versuchen , die händt iu busen
stoszen, sondern tbun mit gott und ebrn alles das wir mögen.
Agricola spr. (l.ißO) 380'; die bände nicht in den sack stecken,
sich verlheidigen. Frisch 1,409'; frisch! die band aus den
hosen gethan. arme mann im Tockenb. 1S9. der in der arbeit
ermallende läszt die bände sinken : auch der beste läszt wohl
einmal die bände sinken, wenn er beständig einem Sklaven
gleich arbeilen soll. Moser palr. ph. 2 (1798) s. 11.
n) wer etwas dargebotenes zu nehmen sich bedenkt, der zieht
die hand zurück, der geber steckt, drückt die gäbe in die
band , das ist immer entweder aufdringend oder auch verborgen
gedacht, im gegensatze zu dem freien nehmen oder offenen reichen
der gäbe: nachdem sie ihm eine harte kröne in die hand
gestecket. Happel acad. rom. 265; er drückte dem diener
etwas geld in die band; sie .. drucken ihm die rose in die
hand. Güthe 14, 209;
da versetzte der pfarrer, und drückt ihm das geld in die hand ein:
niemand säume zu geben in diesen tagen und niemand
weigre sich anzunehmen, was ihm die milde geboten. 40, 299.
4) wenn die hand so in den verhergehenden bcispielen innere
empfindungen für die kcnntnis der aiiszenwelt vermitletl, so wird
fie nicht blusz als einfaches, eigenen selbständigen lebens baares
Werkzeug menschlichen willens aufyefaszt, sondern die spräche legt
ihr allrihute bei, die eigentlich nur dem menschen, dem besüzer
der hand zukommen (vgl. unten 111). so spricIU man von einer
kargen, milden, bedachtigen, raschen, kühnen, zagen, mäch-
ligeo hand;
Willalm bin ich genant,
geirag ich immer gebende hant,
IU Wirt vergolten disiu nar. Wilteh. 136, 18,
denen (armen und dürßigen) sollen verinügende hausmuttcr
gerne ihre milde band auflhun. Kotu hausmütter AUC G4;
aber anstatt dasz diese . . ihre müde hand aufthun 8olte,
tbüt sie etwas zu streng und scharf den mund auf. >S'imp/.
3,270 Kurz;
PAtut i«t ear milder hand, hat er, gibt er auch,
eloen tbeil für manche hur, andern fflr den bauch.
LocAU 3, 207, 03;
Cnotpu» hat zwei tausend gQlden auf i<nin lernen angewand,
wer dafür Ihm fünfzehn zahlet, zahlet gar mit reicher band.
3.24.6;
• oll greifen in manches kOnIg« tisch
mit lelner freien hand. UuUfto ged. 338;
er w»r der reirh«tc dieser Stadt, and danim merkwOrdig,
weil er sieb, mit Ökonomischen bänden, die schuhe und
HAND
336
Strümpfe selbst gedickt .. hatte. Rabeneb sat. 2 (l7Cl) 251;
diebische bände, manus rapaces, furaces Stieler 750;
hier grub mich todt, mit frommer hand,
ein flscher in den leicliten saud. Lsssmc 1, 14;
war nicht jungfräulich deine band? Uhlano ged. 353;
er unterschrieb seinen namen mit fester band; einen rühm-
lichen tod von ihrer gereizten band empfangen. Zigler ßa»)ise
(174t) s. 641 ; ob ihr den angriff eines so mächtigen feindes
mit lässigen bänden erwarten . . wollet, s. 475; erkennet
seine mechtige band und ausgereckten arm. 5 Mos. il, 2;
sobald er nicht zu befürchten bat, dasz ihm durch eine
mächtige hand einhält geschehe. Moser patr. phant. (1798) 2,27;
schon hält ers schwert in tapfrer hand.
Arndt ged. (1840) 202;
dasz eines mädchens zage hand mit bliimen
als könig diebus landes dich bekröne. Uuland ged. 183;
sie . . entziehen manchem guten menschen , dem sie nütz-
lich sein könnten, ihre hülfreiche hand. Göthe 19,341;
dö diu vrowe von Närisön
ir not überwant
von gehülliger hant,
dö begunder urloubcs gern. Iwein 3804;
langsame hand, so da drucket und sottert, hat man für
unwillig, und geht niemand zu herzen, aber entgegenlau-
fende band bhalt den preisz in allem land. Agricola spricliw.
(1560) 232*;
arbeitlieb und flinke hand
geilte nie nach siutzertnnd. Bloaueh werke 1, 101;
stets gibt doppelt, wer mit raschen
bänden gibt, kladder adalsGh ItsbO, a. 113;
nun aber fühlt sie sich durch das grosze freie talent, die
dreiste hand des künstlers aufgeregt. Göthe 22,141;
die blumen pflücktest du mit kühner hand.
R. Rkinick lieder M^;
auch magstu wol mit grober handt
ein wüsten bossen an ein wandt
hin schreiben oder malen dran,
so lacht denn mancher grobian.
grobiauus (Erfurt 15521 H2»;
herr, ich sol billich euch vor andern heute binden,
und einen mayenkranz in eure haare winden,
der ich vor langer zeit durch eurer ^ünste band
euch mich so hart verknüpft, dasz die^e schwache hand
sich niemals lösen wird. Flebing 41;
gott legt ein wichtig, grosz geschick
in eure schwachen bände. Schiller M. Stuart 4, 11.
Auch hier sind eine anzahl Verbindungen formelhaft; so
a) gute hand: etwas ist, steht in guter band, ist bei einem
wol verwahrt: unser vermögen ist in so guter hand, dasz
ich mich darum gar nicht bekümmere. Götue 19,155; der
küsler . . da er seine sache in guten bänden sah. Ihmeriiann
Münchh. 3, 43 ;
es liegt in guter hand. gewissenhaft
wird es zu seiuer zeit zurückgegeben!
Schiller M. Siunrt 1, I;
iTfr eine hingegebene sache wieder zu nehmen sich weigert, ta^
höflich sie sei in guter hand: Eckarth aber wegeite sich solche
(ducalen) wider zu nehmen, sagende: sie sind in guter hand.
unwürd. doctor 146; aus einem zugebracliten glase zuerst zu trinken
u'trd mit den warten abgelehnt: es steht in guter liand (den
zubringenden); hie den Willkomm, es steht in guter hand.
Garg. 99". einen bericht , eine darlegung hol man au« guter
hqpd: ich musz es doch zum teufet aus guter band haben
Lenz 1,229; und es wird sodann die formet auch mit verben
des Wissens und hörens verbunden, dahinter steht noch die sinn-
liche Vorstellung von der guten hand, die die künde gegeben, dar-
gereicht hat: ich weisz von guter hand, dasz sie.. Wieland
13,87;
der kdnig hört von guter hand,
man sei voll karapfeslusl. Göthe I, l&O;
ahnlifh: es ist uns im sinn, was von sicherer hand von ihm
gesagt ist. Ct.AtJDius 5, 149.
Der gegcnsati ist schlechte band : das buch war in schlechten
banden, es ist nicht gut gehalten; dieses kind ist lange
unter schlechten blinden gewesen;
ich sehe mich In fürchterlichen binden.
ScuiLLia Ciifoi 4, 12.
b) freie hund , macht tu lAun und tu lassen (s. frei 4, 96),
f undc/ul aber angtlelint an dit sinnlieke vorttdlung von eintr jedir
337
HAND
OAM)
338
fessel haaren hand: weil dem pöbel ein groszer gefallen ge-
schähe, und sich dadurch der könig freiere hand niacble.
ZiGLER Banise (1700) 545; er wandte hierzu hauptsächlich die
frühen morgcnstunden an, über welche ihm sein aufenthalt
auf dem lande freie hand liesz. Wieland 3, 3G1; ehe ein ..
friede mit Polen ihm freie bände gab. Schiller 920; und
somit lassest du mir freie hand. Götiie 10,107; trieb die
menge von dem dainm herunter . . um den hülfreichen freie
hand zu geben, welche die versinkenden herauszuziehen
suchten. 17,158; man hatte freiere hand: man leistete, da
alles im gange, . . mehr auf einmal, s. 144.
Der gcijensatz dazu ist gebundene hand: greif zu, ehe dir
die bände gebunden werden. Schottel 1134'; es sind ihm die
bände gebunden, non potest facere quae vuU, impcdilur. Fßiscn
1,409'; Lucinden, wie uns allen, waren die bände gebunden.
GöTiiB 21, IGÖ;
drum Lind ich ihm noch ITirder so die bände,
dasz er es mühsam oder nie vollende. Uulamd ged. 434;
und dieser schritt musz ihr die bände binden.
ScuiLLKR Maria Stuart 2, 8;
Tranim hab ich Gerechtigkeit geübt,
■will).ür gehaszt mein leben lang, dasz ich
ffir diese erste uuverraeidliciie
gewalllhat selbst die bände mir gefesselt I 4, 10.
e) stürmende hand: inn welchen landen er ettliche stett
mit stürmender band gewonnen bat. rOm. maj. glück u. sieij
tcider den herzog ron Clevcn (1543) ij '; festung . . mit stürmender
band anfallen. Kirchhof »ii/i/. rfwc. ISO; derowegen rumpelten
wir hinein und gleich darauf in Manheim mit stürmender
hand. Simpl. 3,243 Kurz; die thraciscbc armee eroberte Ido-
mene mit stürmender hand. Heilxa^ Thucyd. 305; ward die
Stadt mit stürmender band eingenommen. N'iedüur 3, C34;
ähnliche lüguwjen : dermassen dasz die clewiscben am ersten
flucht gaben, doch stcttigs mit werender bandt. tcarhaßige
u. gewisse ncice zeilg. (1543) Aiij'; also must wir stets durch
das land ziehen mit werender hand. Leo v. Rozmital 190;
derjenige aber der mir heute mit gewalt zu nahe trit und
mit verstärkter band etwas von mir suchet, poül. stockf. 246 ;
kcm aber nicmandt der dich strlcf (strafte),
oder mit gwerter bandt nacblier,
so riebt erst allen mutwill an.
Orobianus (Erfurt 1552) 114»;
teTQl. mhd. sus kern min her Gawein
selbe viere in daj Ijnt:
die ruortCD wcrlicbe bant. Wigalois 244, 25;
ich trage noch werliche bant. Parz. 093, 10.
5) ron den händen ist die rechte die geschicktere und kräßigere
und dämm die berorzugtCj sie tcird die schöne, bessere hand.
alis. swidora, fordora hand genannt, niedcrd. best hand Schütze
2, 98, uie ja selbst der ausdruck rechte, der an stelle des alten
rCswd , golh. taihsvü getreten ist , jene bevoriugnng hervorhebt,
oft wird sie nur als die band schlechtweg aufgeftüirl , in den
zahlreichen Verbindungen nämlich, vo eine thätigk^t nur als durch
die rechte luxnd ausgeführt gedacht werden kann, icie eine feder
in der band halten und damit schreiben; ich Paulus hab es
geschrieben mit meiner band {golh. gamelida meinai handau).
iYdVem. 19; die band zum grusze bieten; bei der band fassen;
darauf nähme mich der alle bei der hand, ich aber volgete
ihm. PniLANOER 1 (1642) s. 94; mit der band schlagen, stechen,
Qüben; die band ans schwert legen;
die hand am Schwerte, schauen sie sich drohend
von beiden ufern an seit tausend jähren.
Schiller ilaria Stuart 1, 7;
ferner beim hergmann , bei dem zur hand arbeiten nach der
rechten hand zu arbeilen heiszt, min. lex. 285*; dem fuhrmann
geht das pfcrd von der hand, d. i. nach reclds, ron der leitenden
hand weg, und zu der hand, d. i. nach links, der leitenden rechten
uifder zu, brem. trb. 2, 577 ; in Obersacliscn geht das linke pfcrd
unterm sattel, das rechte geht zur hand, dem im saUel sitzenden
führcr zur rechten, zügelfreien hand.
Wer einem andern vesentlirhe und dauernde hilfe leistet, der
Kird einer rechten hand verglichen: S. wer ist der Weisungen ?
M. des bischoBs rechte band. Güthe 8,5;
und Menrabs hoher peist, des ITirsten rechte hand.
ward mit gemahi und kiod nach Schiras zugesandt.
A. Gripuius 1(><j8 1, 110.
Dagegen ^t die linke band als ungeschickt, in der kinder-
sprache lu!iszt sie die schlechte band, zur begrüszung soll sie
nicIU gcrciclit werden: G. Icbi wohl, (er reicht ihm die linke
IV. II.
hand). tl. wanim reicht ihr mir die linke? bin ich die ritter-
liche rccble nicht werth? Güthe 8, IC; trenn auch der die Unke
einmal reichende zw enlschuUiguiig sagt, sie gelie von heaen;
die linke band gehet von herzen. Pisronics thes. par. 5, 26.
gclObnissc uerden ebenfalls mit der rediten hand gegeben, und das
mit der linken geschlossene ehererlobnis gewährt dem tccibe nicht
die rollen rechte einer chcfrau , daher die ehe zur linken hand
nur ein gesetzlich anerkannter concubinat ist: eine wollistige
bestie hatte ihn mit eitelkeit eingenommen, dasz er von ihr
Ictzlich überwunden und selbige sich an seine linke band
nechst mir trauen lassen, polil. stockf. 326; dasz diese nicht
seine rechte gemalilin, sondern nur seine concubine, welche
er sich bei der vorigen an die linke band vertrauen lassen. 330.
Dem gebrauche der einen, vorzüglich der rechten hand, steht
der gebrauch beider bände gegenüber, oft als zeichen einer nach-
drücklichen kraftanueniiung, oder ron liast und gier hervorgehoben:
fraszen zu beiden händen die wassernuteln und käszküchlin.
Cari;. 199"; dieser wührete mit beiden händen von sich. Happel
aead. rom. 44; J. sie mag keinen. Th. keinen? sie ist toll.
sie soll gott danken und mit beiden bänden zugreifen. Güthe
11,13; darauf habe buclibändler Macklot den Vorschlag ge-
than, die deutschen dieb er und prosaisten auf dieses papier
abzudrucken . . mit beiden bänden habe man dieses ange-
nommen. 4S, 18; er hätte sicher mit beiden bänden zuge-
griffen. Kotzebue dram. spiele 2,200; nahm ihn mit beiden
bänden beim köpfe. Iümermann MünclJi. 2,85;
und weil siclis nun einmal so gemacht,
dasz das glück dem Soldaten Inclit,
laszts uns mit beiden b.indeu lassen,
lang werden sies uns niclit so treiben lassen.
ScuiLLEB Walletist. laijcr 11. auftr.;
auch frühe sclion in komischer rede auf den act des schwurs an-
gewendet, wo die eidlidie versiclierung recht naclidrückl'idi dargestellt
werden soll:
ich swer mit beiden banden,
da; si sich niht erkanden. Waltuer 101, 20.
Wiederum wird gegenüber dem kraftaufwande mittelst beider hände
etwas leichtes mit nur einer hand vollbracht: der mensch ist
so scbwäcblich, dasz ich ihn mit einer hand umwerfe.
Wenn der sing, band steht da wo man eigentlich den plur.
hände erwarten sollte, so ist das wol collectiv zu fassen, die beiden
hände werden in gemeinsamer thdligkät als ein eng verbundenes
ganzes gefaszl: erbrach sie das .. paqvet mit bebender band.
.ZiGLER Banise (1700) $. 95, bei einer soldien handlung müssen
beide liände vereint Ihätig sein;
weil deine Jugend lernen mnsz,
SU lasz dich meinen örtern kusz
die menge deiner schätze lehren,
gieb seinem treuen unbestand
Stirn, äugen, wangen, mund und hand.
und laszibn jeden reiz, der dich erbebt, verehren.
Hagedorn 3, 93;
so reihn sich mit vereinter hand
jene süszcn envacbencli^n. Klopstock 2, 21S;
namentlich aucli in der formet mit gesammter band, s. unten
ill, 5.
Dem gegenüber steht der gebrauch des plurals, teo der Singular
erwartet wird und man sich die im salze angeführte tliMigkeil als
nur die eine, namenllidt die rechte hand betreffend zu denken
gewöhnt hat: zu Rom war ein orator, der Potamon, bei dem
küiser Tiberio in so groszen gnaden, dasz als er einsmals
in sein Vaterland Mytilenen reisen wolt, ihm der käiscr einen
pasz schrieb mit eigenen bänden. Scdcppius 245; es ist ein
sehr kostbarer ring, den er wohl noch dazu von lieben
händen bat. Lessi.ng 1,552;
was zog er von den hendcn sein?
von roiem gold ein ringelein. Uhusd volksl. 175;
nie ginf? die wahre kunst nach brod,
wenn sie vorher dem eisrensinne,
der faulbeit nicht die häude bot. Göktnce 2. 113;
wie durch heiige ibäler wir
händ in bände wandelten. Götub 56, 18;
r^l. auch zu band und zu banden kommen u. ähnl., unten II. i.
C) Stellung oder läge anderer personen oder gegenstände wiid
nach der band bestimmt: bei hundert ineil von Corfun auf
die link band ügt ein inscl Maffra. Frank weltb. 17'; das grab
Racbelis auf die rechte bandt bei dem weg. 173'; es fahre
ler feind schiGTzcug ausz der engen mccrschosz und schlage
Ulf die linke band gegen dem gestad. Fronsp. AnVgsZ). 3, 157* ;
/oben linder diesen räubern sind auf die rechte handt mit
339
HAND
HAND
340
dem ritter, und die füof auf die iiniven mit den zwo jung-
frauwen gezogen. Amadis s. 353; icii kehrele mich auf die
andere band, zur linken. Philander l (1G42) 5.359; danuen-
hero er sich auf die linke band nach dem walde schlug.
ZiGLER Banise (1700) ä. 596; in dativuicher fügung: ein stall
nahend bei dem mör, auf festem iandt, auf der linken handt
gegen aufgang. Frank weltb. 206' ; so du got und den lugenden
dienst, und denn wider den Sünden, der well, und den
bösen werken, und scbirmesl zu beden benden. Keisersberc
bilg. 41';
hier zu der einen band
durchstrahlt desz raannes zier und königliche stand
mir sinnen und Vernunft, zur andern deine tugend.
Opitz 1, 9;
schwerler deren klinge an beiden seilen geschliffen kl, werden zu
beiden bänden geführt : deszgleicben haben sie darneben
auch breite und gute scbwerler, die sie zu beiden bänden
führen und gebrauchen. Fro.nsp. Ane^ifc. 3, 145' ; in Baiern heiszl
ein baiderbander einer der nach beiden seilen hin reclU sein will,
achselirdger Schm. 2,205; vgl. auch beidenhändcr theil 1,1365.
Für diese Verbindungen stehen namenllich in der modernen
spräche die genüive rechter band, linker band: er stand mir
linker band, ad laevum stabat. Steinbach 1,687; wir waren.,
die landstrasze hinan, die Rhone uns linker band, geritten,
GöTBE 16, 260;
dein weg ging linker band. Wieland 4, S4;
rechter band, linker band, beides vertauscht, v. Möhler.
Entsprechend dem Vorzüge der reclüen band vor der linken ist der
plalz zur rechten der ehrenplalz: und der herr .. ward auf-
gehaben gen himel und sitzet zur rechten band gottes. Marc.
16,19;
das er den küng von Frankrich
setzet zuo der gerechten band (des papstet).
BÜHELER 5347,
nachher.- den kunig von Frankenrych
setzte er gar würdiclich
über den babst, als er in hiesz. 5357.
Der plalz zur linken kann die bedeutung dnes bösen platzes an-
nehmen, nach Matlh. 25, 33 : wird die schafe zu seiner rechten
stellen, und die bücke zu seiner linken :
der guoten raete der sint dri :
dri ander boese sttnl da bi
zer linggen hant. Walther 83,32;
den weist man am jüngsten tag zu der linken bend,
tief in den verfluchten bellischen grund.
Münchner handschr. cgm. 713, bl. 167';
vergl. auch ärgere band unten IH, 3. — In den genannten Ver-
bindungen wird band oft unterdrückl und für die rechte band,
auf die rechte band, auf die linke band gesagt die rechte,
auf die rechte, auf die linke, wie für zur rechten band, zur
linken band zur rechten, zur linken.
7) mit dem namen anderer körpeilheile formelhaft verbunden
erscheint band :
a) band und mund; ihr müsset sie itzund mit band und
niund empfangen {zu den begrüszungsworten die hand reichen),
schaub. engl. u. franz. com. 1,551; dafür: ich halte mich in
unverdächtiger entfernung an einem alten baumstamme auf-
gepflanzt und die rwiesprach begann sofort mit hand und
lippe. Biehl culturgesch. nov. 303; man verspricht etwas mit
band und mund, s. oben 3,fsp. 332; er hat mirs mit der
b^nd und mund gesagt, das ist, er hat mir seinn glauben
und Irew zu pfand gesetzt, Agr. spr. (1560) 167*; man dankt
mit hand und mund;
nun danket alle gott mit herzen, mund und bänden.
H. Rinkhart;
hand und mund sein für jemand, d. i. handeln und reden ; der
dienst aber des gaists ist den hailigen gaisl predigen , die
kraft des lebendigen worts treiben, und allain uin handt und
mundt gölte« sein. Fhan« parad. 140* ;
wann er {der rat) als seinen herrn erkennt da« Vaterland,
und ist nur, was er ist, des volkes mund imd hand.
I.RSHIMC 3, 341 ;
aus der hand in den mund leben, eben das nothige haben, was
die hand erschafft , wird vom munde soijleich aufgezehrt ; dasz
man im nächsten augenblicke den vorhergehenden verspeist,
den lag im tage verthul, und so immer aus der band in den
mund lebt, ohne irgend etwas vor nicb zu bringen. Göthe
22.12'.; seitdem ich die weibnacbtsfcrien nicht zur aiisar-
bcilnng der Vorlesungen . . armnuii,. |>ir. t. |i .mi ...fi..>, ...),,
in rücksland geratbcn uihl lebe zwischen deu tagen von der
hand zum nuiiide. Niehuhr leb. Nieb. 1, 509. bei Güthe ist
dann auch aus der band zum munde im sinne von ßüchtig,
schnell zu erledigen, gebraucht: ein jeder der die nalurgegen-
stünde nur nicht gerade aus der band zum mund, wie etwa
der koch, bebandelte, wer nur einigermaszen consequent auf-
merksam auf die erscheinungen war. 54, 77.
//. ich will nun hin und bochzeit halten.
B. ich bitt euch, nur gcduld genommen;
als wenn das so von band zu munde ging! 57, 260.
b) hand und herz:
lange schon wünschte die mutter daher sich ein madchen im
hause,
das mit der band nicht allein, das auch mit dem herzen ihr
hülfe. Göthk 40, 308.
beides wird gegeben bei ehcbündnissen {oben 3, f sp. 333) : mit hand
und herzen schalten und walten. Kotzebue dram. sp. 2, 297
sie will ihm hand und herz noch diesen abend reichen.
1, 181;
wenn einig herz und bände,
welch frühling ohne ende
hebt da zu blühen an ! R. Reimick lieder s. 93.
c) bände und füszc: wenn man den narren ziehen wil, so
stellet er sich, als wolt man im fcssel an bende und füsze
legen. Str. 21,22; band seine hende und füsze. apostelgesch.
21,11; der verstorbene kam her aus, gebunden mit grab-
tüchern an füszen und benden {goth. gabundans handuns jah
fcMuns faskjam gegen das griech. rovs noSae xal t«s ;^£c^ae).
M. 11, 44; welcher mich an bänden und füszen an die eisen
schlosz. Simpl. 1,212 Kurz; wenn der bauer nicht musz, so
regt er weder hand noch fusz. Pistorius thes. paroem. 9,91;
in der Stadt verworrnen gassen
regt sich emsig fusz und hand. R. Rbirick lieder s.i.
regungen des menschlichen herzen s , wenn sie recht kräftig sind,
werden nicht durch blosze bewegungen der hände {oben 3 sp. 330)
sondern durch hände und füsze kund gegeben: da verwundert
er sich mit band und füszen. Ayrer proc. 1, 1 ;
welcher gern mit der liebsten scherzt,
der thu zuvor ein räuschlein trinken,
in eim hui wird er haben platz,
wird ihm mit händ und füszen winken,
beim wein bekompt man bald ein schätz.
PaiLANDBR 2 (1643), 218;
80 wuszt auch Hans vor groszer freude
nicht, wo er händ und füsze liesz,
als ihn Schulmeisters Adelheide
das erste mal herr scliulze hiesz. Gellert I, 133;
ich habe mir die freiheit genommen, ihnen die ehre antragen
zu lassen, meine gemahlinn zu werden, sie müszlen verrückt
sein, wenn sie nicht mit bänden und füszen zugreifen wollten
Lessing 2,411; ähnlich Terent.
conari manibus pedibus noctesque et dies.
Andria 4, 1, 51;
ich kann nicht fort, bis ich weisz, dasz du dich hast biichlen
lassen, und das glück nicht mit bänden und füszen von dir
gestoszen. J. Gotthelf schuldenb. 9; mit bänden und fuszeii
abwehren. Jucundixs. 208 ; Paulus weret mit band und füszen
allenthalben der ebiuniscben ketzerei, Frank paradoxa 67';
der alte H. wehrte sich mit hand und fusz, aber die arme
des privatgelebrten hielten ihn wie eine zange einen nagel.
novellen Zeitung 1866 s. 648.
Dann will hände und füsze, die düstersten theile des mensch-
lichen körpers zwammrnfas.send, in dieser veibindung den ganzen
leü) bezeichnen:
stül und benke giengen drab,
sie Helen bftnd und füste ab,
man maint es kam zum jüngsten.
LiLiiNCRON votkgl. % 129, 7,
d. h. sie fielen sich zu tode. daher etwas hat hände und füsze,
ist ganz, vollkommen, wie es .tein muss {nhnlirh es hat arm iitul
boin): ein gerader ungestümmrlter leib hat sein ait an banden
und füszen. also brauchen wir disz wort, es bat band und
filsz , was der thut und redt , das ist , es ist rechtschaffen,
es bat einen bestand, es ist wol geslalt und wol gelhon.
Agr. spricfmt. (1560) 203*; dise reformatiun bat händ und
ftlsz und gewini sein glückseligen fort- und auszgang. Matiies,
&Jr. 15:i'; wann der Verwalter und die laqucicn solche ihres
Junkern discurs anhören, so denken sie, es liaU bAnd und
ftlRz, was ihr Junker sage, Scnurpics h7; sie bilden sich
<fi' kluirbni r-in. was sie aber reden, hat oft weder bände
341
HAND
HAND
342
noch füsze. pers.rosenlh. 7,20; er weis dem dinge bände und
füsze zu geben. Schottel ins"; es halte, wie man spricht,
alles bände und füsze. ehe eines marines 63; das ist ein
periodus, der bände und füsze hat! Matthesos critica muska
(1722) 1,68;
der brief hat band und füsz. Scbilleb 363.
Namentlich die neuere spräche bevorzugt hier den singular band
und fusz: eine rede die band und fusz bat; was hier ge-
schrieben steht, bat weder band noch fusz; man braucht hier
die einzalil coUectiv {s. oben sp. 338).
8) andere redensarlen und sprichwörtliches, etwas offenbares
liegt vor einem icie seine band: wenn du die Verhältnisse hier
wüsztest. die vor mir liegen wie meine band. Göthe 29,141;
das herz in der band tragen, gleichsam offen, keine heimlichen
gedanken haben: ich trage meine seele immer in meinen
benden, ps. 119, 109 ; alle tragen ihr herz in der band . . .
jedermann isf redsam und redselig. Göthe 45,41; er rede
mit dem herzen in der band. E. T. A. Hoffmaxs 4,100;
ein rechter ritter fromm und brav,
seiu seele trug er iu seiner band.
Ar>dt ged. (1840) s. 205;
tm dunkeln sieht man seine band vor äugen nicht; keine
band vor äugen sehen können, irrgarten 67; nicht band vor
äugen sehen können. Heil<iia5 Thucyd. 504; etwas mit bänden
greifen können, eine thatsache oder den beireis für eine behaup-
tung gleichsam körperlich erfassen, trie Maaleb sagt: ich glaub
dir nil, ich habe es dann gerad in den benden. 218'; denn
der gute frome man . . hat wol mit äugen gesehen und mit
benden gegriffen und erfaren, wie gar scbendlich sich der
teufel sperret in der weit wider den christlichen glauben.
LcTHER 6,44'; mich dünket als griffe ich es mit bänden.
A. Gryphics 169S 1,904; denn es kann jedweder verständiger
leser die abgeschmackten thorbeiten mit bänden greifen.
Chr. Weise erzn. 150; das will niemand gern glauben, und
mich dünkt, man kann es mit bänden greifen. Göthe 16,15;
das kann man mit äugen sehn, ja man möchte sagen, mit
bänden greifen. 59, 69 ; er glaubte den in der katholischen
kirche allein gegenwärtigen gott gleichsam mit bänden zu
greifen. Riehl cullurgesch. nov. 284;
und maint, er woll es nit offenberen,
und gel mit werten doch umbschleifen,
man mocht es mit den heoden greifen, fasln, sp. 230, 27;
gemüth musz verschleifen,
höflichkeit läszt sich mit bänden greifen. Göihb 2,265;
einem die band im sack erwischen, gleichsam einen dieb auf
frischer that: erwischte der so schmerzlich weinenden mada-
moisellen mitten im nachtruppen ihrer anfechtung die band
im sack , als sie weder den lauf ihrer seufzen , noch den
flusz ihrer übermäszigen zähren hemmen konnte. Simpl. 4, 77
A'ur:; die bände immer in den laschen, im beutel haben,
immer geld zaiden müssen; band von der butte! nicht ange-
rührt, s. butte 2, 580; sum eilen wird angespornt mit dem rufe
nimm die beine in die band ! ; die bände in die kohlen
schlagen, übel ankommen \tcie sieb die finger verbrennen);
denn sie waren all gerüste leute, also, dasz ich sorg hatte,
ich schlug die bände in die kohlen, wie auch geschah. Götz
V. Berl. von Büsclting und Hagen 123 ; darum sollt er eben
drauf sehen, wie viel heraus ziehen, und mirs wieder wahr-
•baftig anzeigen , damit wir die band nicht in die kohlen
schlügen. 124; die bände in den teig stoszen, etwas arbeiten,
thälig sein in einer sache, ein bild hergenommen von dem häus-
lichen backgeschäfte : vil davon lesen und hören, und die bend
nit in teig stoszen. Keisersbebg mnd. d. munds 2, 4l'; kalte
band warme liebe. Frischbieb spric/iit-. 1464; ihre bände hatten
die eigenheit, dasz sie oft plötzlich erkalteten, was freilich
auf ein warmes herz deutete. Immermann MüncWi. 3, 63; eine
band wäscht die andere; ein band juckt die ander. Agr.
sprichw. (1560) 315';
band wird nur von band gewaschen;
wenn du nehmen willst, so gib. Götbb 2, 309;
wenn du also ein bacb der richtum sibest flieszen vor dinem
husz hin. so wesch din hend dartisz und losz das überentzig
furOieszen. Keiseksberg bilg. 112*; die bände in eines andern
blute waschen . manus alicujus sangttine imbuere. Steinbach
1,6S7; seine bände in der brüder blut zu waschen, sei eine
erspriesziiche nothwendigkeit. Zigler Banise (1700) 372. bibksch
ist das waschen der bände zum zeiclien der Unschuld: ich wasche
meine hende mit Unschuld, und halte mich herr zn deinem
altar. ps. 26,6, nachher auch Matth. 27, 24, und jetzt als redensart
fiel gebraucht.
Der höfliche und unterwürfige entblöszl sein Haupt: personen
die mit dem hüte in der band zu ihm sprachen. Happel
acad. rom. 28; daher mit dem hüte in der band kommt man
durchs ganze land; hei wie schlugen wir da drein und zeigten
dem gesindel , dasz ein deutscher bandwerksburscbe nicht
blosz mit dem but in der band, sondern auch mit den
fausten fechten kann. Riehl culturgesch. nov. 351. der mtitige
nimmt das herz in die bände {rergl. sich ein herz fassen
3, 1346) : fasset widerumb das herz zu beiden benden. Wickram
roUw. 16 Kurz; ich nahm also das herz in beide band, und
bat den vater noch desselben abends , dasz er mir ein ge-
wisses stücklein land abtrete, arme mann im Tockenb. 41. ton
zwei eng verbundenen heiszt es, sie sind wie zwei ünger einer
band : der wirtb und der landjäger sind wie zwei finger an
einer band. J. Gutthelf schuldenb. 29 ; engl, they are band
and glove, band und handschuh, welcher vergleich von neueren
auch in das deutscite übertragen ist: sie wissen ja, der regie-
rungspräsident . . ist sein onkel, onkel und neffe sind band
und handschuh. Spielhagen hammer u. ambosz (1869) 2,294;
er war ehrerbietig gegen den onkel, aufmerksam gegen die
tante, voll cbevaleresker höflichkeit gegen Paula, band und
handschuh mit den knaben. 3. 67. der bestechliche läszt sich
die bände salben, schmieren : die bände mit geide schmieren.
Schottel 1116';
wer mich mit gelt in der hent schmirt,
es sei von mannen oder weihen,
die losz ich do ir kurzweil treiben, fastn. sp. ItO, 32;
sieb wil ein altsz weip gen dir zukaufen,
die orenkraut dir allenthalben
und maint, du seit ir die hend salben. 161, 26;
ich bor und merk an irem hofiren,
das sie meint, man sol ir die hend schmirn. 164, 11;
Tiel bände machen leichte bürde. Schottel 1113' ; viel bände
machen bald ende. Frisch 1,409"; viel bände machen die
Schüssel ledig. Frischbier sprichw. 1468 ; wenn man dem teufel
einen finger gibt, so nimmt er die ganze band; wen das
glück ein finger reichet, so sol man die band bieten. Schottel
1119'.
9) glaube, die band, mit der man einen frevel begeht, verdorrt:
und es verdorre die band meines geschlechts, die den tod
schickt auf die deinen mit blei, und schlingen stellet und netze.
Arndt ged. (1840) 164;
die band die sich an den eitern vergreift, wächst zum grabe her-
aus: dasz euch die band nicht aus dem grabe wachse, weil
ihr euch an der multer vergreift! Bchger im d.museum 1776
1, 443 ; auch die band dessen der gebannte bäume beschädigt [vgl.
Grimm märchen no. 117 und anmerkung) :
die bäume seien
gebannt, sagt er, und wer sie schädige,
dem wachse seine band heraus zum grabe.
Schiller Teil 3, 3.
10) aller recktsbrauch war die beatznahme einer sache dadurch,
dasz man seine band daran oder darauf legte, in der rede klingt
dieser brauch noch bis heule nach, wenn auch die symbolische
Handlung längst geschwunden ist: so wollen wir es künftiger
zeit unter uns halten, wo ein jeder seine band hinlegt, da
mag er seinen sitz nehmen {bei tafel). unw. doä. 800 ; sobald
er etwas findet, so ihm ansteht, wirft er sobald die band
als das äuge darauf. Happel acad. rom. 3t ; das buch war
zu verkaufen, ich habe sofort meine band darauf gelegt.
Eine leibesstrafe bestand im abhauen der band, vorzüglich der
reclden (recMsalt. 'Oh f.) : band ab, sub poena amputationis manus
Stieler 2 ;
man racb die muoter, da; man sluoc
im ab die hant und einen fuo;. Helmbr. 1691 ;
by wem man valsche pfenninge vint me den einen Schilling,
man howt im dy baut ab. Magdeb. blume 2, 5, 9. daher bei
band und wiede verbieten, bei leib- und lebensstrafe (wiede ist
der Strang zum hängen, sp. 250) :
ir herrn, ich peut euch allen frid
bei der band und pei der wid {sagt der riehler).
fnsln. sp. 589, 32.
Billlisch t«t das bild einen in die hand zeichnen für mcbt
vergessen : und ob sie desselbigcn vergesse, so wil ich doch
dein nicht vergessen, sibe, in die hende hab ich dich ge-
zeichnet. Jes. 49, 16;
22*
343 UAND
du bleibest mein : icli sorge fTir und fftr,
Ifir dich mein kind. disz sei der treue pfand :
ich babo dich gezeicbaet in die liund.
A. r.Hypiias 1Ü9S 1, 112i
gott der die seelen die ii)n liehen,
und mich bat in die Land geschrieben. 2, 132.
II. Die vianigfaclw titäligkeit der liand, die durch beigesetzte
rerba näher bezeichnet u-ird, bringt eine grosze anzahl stehender
urbindungen hervor, als formelhaft werden mehrere von ihnen
auch dadurch characterisiert, das: der arlikel zwischen jtraeposilion
und Substantiv nicld steht: in band nehmen, zu liändcn kom-
men, aus liündcn geben, an band geben «. a. die aufzäldung
dieser formein erfolgt hier nach gewissen, am cingange jedes ab'
Schnittes angegebenen gesichtspunklen.
1) die hand als fassende, greifende, in besitz und gcwalt neh-
mende, betreffend.
a) in die band, an die hand nehmen hat neben den zahl-
reichen fällen reo es ganz in sinnlicher bcdcutung steht und die
nicht besonders belegt zu tvcrden brauchen, auch eine unsinvlichere
fnluickell , etwa wie cigrcircn 8 und 9. Iheil 3,828. 829, an-
greifen 1, 35G: ich will dicsz gcschäft selbst in die hand
nehmen; das rogimcnt in die hand nehmen. Ni:irnb. chron.
3,133; so aber der knab nimpt weder bürsten noch alen in
bant. Keiskiisberc sS/irf. d. munds 81"; will einer ein banl-
wcrk lernen, er inusz es in die bant nemcn, er mag es nit
vom zusehen lernen, pred. 22'; wie Friedrich der herzogin
zween weg anzeiget, und welchen sie an die band nimpt.
Galmy 278; den ernst dargpgen gebrauchen und an die band
ncmen. Kirchhof «fcorfuiim. lü2*; sol solcher lelzler weg (über
berge und durch Schluchten) oline merkliche chehaftcn nit an
die bandt genommen .. werden. milU. discipl. 101; das ward
nu crsigemelier maszcn an die band genommen. Schillbürger
1590 s. C9; dcrohalbcn SO ligt dir und uns ob, das ouszcrst
an die hand zu r-emmen. Ayrer poc. 1,11; eben solche mittel
nahm Salomo an die hand. Seine weiszhcit zu offenbaren.
ScucFPits s. 112 ;
wer die.ser sache scliutz wird nehmen an die liand,
sol hüben sie zum weib. D. v. o. Wekoer Ariosl 4, CO, 4;
an die hand oder in die band nehmen heiszl auch gefangen
nehmen: in feste band genommen und in engern Verwahrsam
gebracht worden. Hippel Icbensl. 2, 300.
b) zur band, zu banden nehmen, in gieicnem sinne mit dem
vorigen, rerschicdenc beispiele stehen schon oben unter den formen
des dat. pl. sp. 325 ;
wosz rann bracht von desz königg tisch,
es wer gleich fleisch, lifisz oder lisch,
das nnnien sie zu ihrer liandt,
das man des morgens nichts mehr Tand. C. Albercs 113;
damit sie dcstcr che nach ihrem gefallen die Oucbt möchten
zu banden ncmen. Fronsp. hriegsb. 3,158'; als wann wir ein
zug gegen ihm in sein landl zur bandt nemcn. ISO'; ich
muszie also die glatten wort und das streicheln zur hand
nehmen, a. m. ini Tockenb. 25. auch übergehend in den sinn
für dauernden besitz ergreifen, verwahren: das ich zu Cöln zu
holen bSite, würde mir nicht entlaufen, als welches unser
koslberr zu seinen verwabrlicben banden zu nemcn nicht
unterlassen würde. Sinipl. i, 35" Kurz ; solle . . von der damen
selbst der Schlüssel zur band genommen werden. 3,101.
c) vor die band nehmen, gesagt von einer arbeit, einem ge-
fclidp, und anrührend an unten 0: bab ich diso arbeil für die
band genummcn. Frank wellb. 3'; zum allerersten das inven-
tarium für die bandt nemincn. Frankf ref. VI!. 4 § 5; nach
Vergebung di^z sireits mit den drei rillcrn uamc der junkber
Tom niccr die landlslraszen . von welcher er ein wenig ab-
gewichen wardt, widcrumi) für die bandt. Amadis 02; wolle
ein ralb die Schätzung vor die hand nehmen. Sciiweimcmen
1,2:4; zur zeit Cbrislians II!. hat die liingsl verlassene grün-
I3ndi<<cbc Schiffahrt sollen wieder für die band genommen
«erden, prrs. rcii>ebet.chr. 3, 4 ; ich werde kein ander gebet
vor die liand nehmen, als ich von meinem meister gelernet
habe. pcrs. baumg. 2,2; der berr wird unter euch senden
Unfall, unralb und Unglück .in allem dem das ihr für die
bond nehmet. Sciicppilk 2UI; ich weis gewisz, dasz sie den
nun cr»t auferweckten I.,ogau selbst vor die hand nehmen
und »ludiren werden. L^ssimc 0, 120; als er .. seine Merope
vor die liand nahm, und sie in weniger als zwei monalcn
zu Stande hracble. 7, ISO; indem sie Millons gedieht vor die
bnnd genommen. Sf.tiif'irt nn ('.■.iltr r,iT: ui-nn ich ttli- üilitut
HAND
344
und heßc) nun aber nach jähren wieder vor die band nehme.
GüTUE 45, 15S ;
was künftig nutz dem Tatcrland,
solcbs lürdcrlicb nehmt für die band.
Opel und Coun 363, 4;
ai(f/i unter die hand nehmen: dann ein guter Werkmeister
laszt kein stück ungcarbeitct , er nimmt es alles unter die
band. Garg. 259'; und daher:
denn was ich berühre,
wird mir unter der band gleich ein behendes gedieht.
GöTui 1, 374.
d) in die hand, zu banden gehen, kommen, stoszen, laufen
u. 'thni, mhd. in die bant werden :
dö brach in dem anger wii
manec krüt daj mir was unbekant:
mir wart ein; in niine bani. liedersnal I, 211, 20;
das deinem fründ zu banden gangen ist, das ajlen mönschen
zu banden gon musz. Keiskrsuerc trostspicgcl ÜB ij '; so bringen
mich schünc wciber darzu, deren dicner leb allzeit sein will,
was mir darumb zu banden galh, das wil ich gerne leiden.
Hugoschapler (Straszb. 1537) 10; aber was glucks oder Unglücks
ihnen durch jedes alter zubanden geben würde. Fronspercer
kriegsb. 2,34'; so einem etwas krankheil oder trübsal z3
bandten gadt. VVickram rollw. 10 Kurz; da crzalt er sein gc-
.schicht nach der Icnge : also muszten sy lachen zu seinem
groszen schaden, so im dann widerfaren und zubanden gangen
was. s. 71; erzchlle seinem cameradcn oder wegeferten, was
wundcrscltzams dings ihm auf seiner gefährlichen reise zu
banden gangen, Simpl. 3, 410 Kurz; fürnemlicb, so er in
solchem stände sitzet, da ihm, ein und anderes zu pracli*
ciren zur hand gebet. BuTscnKV Palm. 497;
Sintzig gieng In in hand (wurde genommen),
Remagen ward bald bcrant. Liliencron vullisl. 7, 49, 203;
man findt gar vil gerechter lüt,
die hyc uH' erd hant ubeizyt,
und loszi in gott zu banden gon,
als oh si vil sünd betten gthon.
Urant narrensch. 57, 73;
bisz mir clwan ein kunstverständiger an die band kilme, der
mich um seine {eines gekauften gegenständes) bcscbaffdnhcit
berichtete. Simpl. 3,92 Kurz; demnach des berrcn schönes
buch mir zu banden kommen. Bütscmky hd. kanzl. 43 ; ein-
würfe, die mir von münncrn zu bänden gekommen sind.
Kant 4, 104; war mir das buch des Kabus zu banden ge-
kommen. GörnE 6,224; uns kam jedoch abermals einiges
zur band. £. 242;
auf das euch nicht mit spot und tchand
die lauter warhcit kom zu hand.
li. ItiNCWALO /. warh. 2U0;
der weisz, wie dem iimhs hcrtz, dem Unglück kömpt zu banden,
wenn er auch was versucht, und Unglück aiiszgesiundcn.
pcrs. rosciilli. 8, 91;
denen, die da schliefen, ist viel glück entstanden :
dcueu, die da wachen, kümmt das recht zu banden,
LoCAU 3, 46, 42 ;
der weitzcn ist ein edle (Vucht, doch hat er manchmal hrand :
biszw-eilen kamt dem klügsten mann auch ihorhcil an die Itaud.
3, 2-iÜ, 40 ;
llcbchcn, kommen diese licdor
jemals wieder dir zur hand. Götub 1, 115;
ein brief kommt zu banden des adressaten ; in briefaufschriften
wird das verbum unterdrückt: an das kreisgcricht zu N., zu
bänden des directors. sprichwörtlich: der glaube wird dir nocU'
in die hand kommen, das jetzt nicht gegltitible wird dir gleichsam
körperlich und greißar entgegen treten: die mögen inimerbin
sputicn, i)i«z inen zuletzt . . der glaube in die band k(mimcn
und der unendliche zorn goltes sie .. überfallen wird. It. Hinc-
WAi.D Ir. Eck. As'; glauben nicht ehe, bisz inen («ie man
sprich!) der glaub in die bandt kömmt. KiRcuuor uendunm. 81*;
bis dir der glaub wird in die hand,
mit spot und schaden kommen.
lliNcwtLD evang. C5.
nimpis an, wie ein ander frei werk, das im on «ein crwelcn
auf die band slüszet. Luther l,23o'; alles was uns unter
banden stoszen oder im wcgc ligcn kan. 4,454*; wann mir
ein glück zu banden slicszc. I.azarillo de Tormes 41; die uns
zu banden stuszendc Unglücksfalle. IUitscmut l'alm. 000; wegen
mir unvcrhoft zu banden gcsloszcncr wichtiger gcscbcfle.
kamt. 115; crzcblung des mir zu banden gcsloszencn vilfül-
tigcn Unglücks. GtO; olles des menschen zu banden stoszen-
des elend. C77; wegen eines solches zu banden sluszcnden
345
IIAXD
UASJ)
346
Unglücks. SCS; ein ungeßhr an die hand gestoszener keis.
cammergericlitsbotL Wertli. dedud. 256;
in Schwachheit und in banden,
und was mir stoszt zu banden,
so iröstet mich sein wort. Fle«iso 289;
der liirsch klaget bei sicli selbst, ach wehe, dasz ich für den
menseben geflohen, und in die band eines stärkern gefallen
bin. Lokmans fab. 8; in was für hünde sie auch gefallen sind.
GöTnE 11,49; aber es rennt mir so von selbst in die hünde.
E.NGEL fhil. f. d. IC. 18; wo ein halbschiildiger Verbrecher ..
den ewig unerforschlichen, unbegreiflich-folgerechten gewallen
in die bände rennt. Götbe 46,18; der landtcirt sagt, seine
speisen wachsen ihm in die bände; da einige feindliche
trupps ihnen in die bände ritten. Schiller 1090; wie wann er
vielleicht wer unsinnig worden, und er mir jetzund darumb
in die band gerbit, auf dasz ich ihn wider zu recht brechte?
Carg. 20b'; in welche bände bin ich geratbenl Gütue 14,205.
e) in die band, an die band geben, die erste Verbindung
vill mehr als das blosze geben ausdrücken, indem sie den anlheil
des empfängers an der handlang des gebens , die aus darreichen
und erfassen besteht, ausdrücklich hervorhebt; sie steht sowol in
sinnlicher frische: Eboli nimmt ein goldnes ordenskreuz vom
busen und gibt es in die bände der herzogin. Sciiillee Carlos
4,20; als auch in abgeblaszter bedeutung: die rechte under-
weisung und lehre, zu welcher die natur den grundt und
das fundament in die bände giebt. Schiltbürger 1599 j. 6; er
wird dem ersten besten betrieger sich wieder in die bände
geben. Gütue 14,222; er gibt mir in die band, dem dom-
berrn durch meine nichle vorzuspiegeln, was ich will. 165;
schreckliches Verhängnis, welches mich in die band eines
buben giebt I IxHERMA^t.N Münchli. 2,32; nehmen sie mein berr.
es ist mein ehrlicher name — es ist Ferdinand — ist die
ganze wonne meines lebens, was ich jetzt in ihre hünde gebe.
ScniLLER kab. u. liebe 3.6; herr von Augusti, fing sie ernst
an , bat mir gesagt , dasz sie eine bitte für ihren kranken
freund in meine bände geben wollen. J. Paul Titan 4,44;
und sprach zuo ir: ich gab mich hie
in üwer und meios herrcn hant. Bcueler 805.
auch der glaube wird in die band gegeben, icie er in die band
kommt {oben sp. 344) : ich sah bei ihm den ersten aerolithen,
an welches naturerzeugnis der glaube uns erst vor kurzem
in die band gegeben ward. Gütue 31,97; den glauben in die
band Ihun. Sciiottel 1117*.
Dieser Verbindung gegenüber drückt an die band geben iccniger
aus, es Kill das ergreifen des dargereichten in das belieben des
empfängers stellen: als habe ich diesen andern sontag desz
advcnls darzu anwenden und armen einfalligen leuten an
band geben wollen , wie sie etwan ein paar stündlein am
sontag anwenden .. können. Sculppids 42S; er wolle ihnen
die weis an die band geben, wie sie auch möchten den
himmel erwerben. Aer. a S. Clara Merks Wien (l680) s. 123;
bisz die gelegenheit würkliche abstaUung würde an die band
geben. Cur. Weise kl. leute 11; nach den beobacbtungen, die
ihr dieser abend bereits an die band gegeben. Wielano 1,217;
er bitte, dasz ihm über die mystik rath und licht an band
möge gegeben werden. Claudius 1, 2. 125; gab ihnen die
besten mittel und wcge an die band, wie sie der forderung
des Staates . . entgehen .. könnten. Immerman» Münchh. 1,137;
wer lirieg fleucht, giebt dem feind nicht ursach au die band.
A. GarPHiis 1698 1, 101.
/) ahnliche Verbindungen: etwas in die bände bekommen;
weil wir dadurch zwar noch nicht die Wirklichkeit selbst,
absr doch gleichsam eine anweisung auf sie in die bände
bekommen. Nmersia^x MünclJi. 2,38; dasz ich ihnen mein
Schicksal und das Schicksal meines freundes gerne in die
bände lege. Güthe 20,208; glück und Unglück ist doch zu-
letzt in deine band gelegt. Rieiil culturgesch. nov. 285;
ich bab es in der götter band gelegt. Göthe 9, 66;
uns beide hab ich nun, die überbliebnen
von Tantals haus, in deine band gelegt. 87;
doch mein liindlich herz
bat unser ganx geschick in seine band
gelegt. 91 ;
und sieh, ich lege gnädig dein Rescliiclt
in deine eigne kunsigeübte band. Schiller Teil 3, 3;
ich habe noch
ein wichtiges beltenntnis alizulegen;
in ihre bände leg ichi ab. Carlo* 4,21;
sagent dem keiser, das er uns mit gewalt niemmer zu seinen
banden bring {in seine gewall). Aimon bog. e; ehe dann er uns
zu seinen banden bringt, bog. i; bisz er den schätz glücklich
zur band gebracht. Simpl. 3,101 Kurz; solle er macht und
recht haben, ihn in der Justiz hünde zu liefern. Happel acad.
rom. 269 ; sie will mich dem domherrn ... in die bände
liefern. Göthe 14.211; überliefert ihn .. bülflos den bänden
seiner beamten. Freytag liandschrift 2, loi; der tenfel weisi
wol ein holz zu finden, daraus er ein creuz macht, man
Solls ihm nicht zu band scbalTen. Lebmanx 97; weil ich nun
mein anliegen meiner mutier eröffnet, schaffte sie mir den-
selben fendrich, wiewohl zur unzeit. an die band. Simpl. 3, 80
Kurz; sind dcrowegen alsofort allerhand gerütbschafien .. an
die band geschaffet, pers. reiscbeadir. 2,1; könig Christian IV
hat ihm die grönländische fahrt wieder angelegen sein lassen,
einen erfahrnen Steuermann an die band geschaffet, und 3
schiffe dahin gesandt. 3,4; als der ochse siebet, dasz der
löwe so viel holz zusammengetragen und gar grosze tupfe
zur band gescbaffet, läuft er danon. Lokmans fab. 5; wo
nicht sein anbefeblnüs eine übung meiner Schuldigkeit an di
band lifern wird. Bütscmky W. tan:/. 21 ; so will uns gebüren,
bei so einem häufen volks . . ernstlich regiment . . vor die
handt stellen und ankündigen. Reuter v. Speir Änejjordn. 32;
es waren etliche darunter, die ihm vielerband Juwelen ...
zur band stelleten. Happel acad. rom. 28;
Grangij ward über!;ehen
zfl des von Winenberg band.
LiLiE^CB0:t totksl. 2, 66, 6,
so wird er gnädig auch mir schaffen an die band,
dardurcb mir rath geschieht und iaht wird zugewand.
Fleiimc y7;
lauf Amor, suche bald dein relszzeug zu der band. 639;
frauenwasser ausz dem brunn, einem manne nur bekam,
soll ihm Pheron, wil er sehn, würlilich briugen lu der band.
LOGAL- 2, l!Jü, 1.
g) an die band gebt {verschieden von oben d sp. 344) der
helfende oder zur hilfe bereite, so dasz der hilfe suchende die liand
nur nach Htm auszustrecken braucht: die geringere und nie-
drigere den höhern und mächtigern sollen zur band gehen.
Lehmann 130; denn sicbs gebüret, freunden wilfarig an die
band zu geben. BuTscnKv hd. kanzl. 59 ; da man den gast so
toll und foll heim schickt, das alle gasse zu enge scheinen,
und weder bände noch füsze recht zur band gehen. Palm. 684;
eine alte frau, welche ihr an die band gieng. Chr. Weise kl.
leute 225; keinen mann habe ich. der mir an die band gienge.
Gellert 3, 211 ; seine ältesten knaben, die ihm dabei an die
band gingen. Wieland 8,345; so würden wir unserm freunde,
dem berausgeber des damenkalenders, gleich an band gehen
können. Göthe 15,285; bei der auswahl der stücke .. ging
er Melinan eifrig zur band. 18,284; sie wollte mir an die
band gehen und konnte sich in nichts schicken. 20,53; wo
klugbeit und gewandtbeit dem ausübenden zur band geht.
21,129; um dem physiker ernstlich an band zu gehen. 60.50;
sollten sie mir in herrschaftlichen auftragen, deren ich in
jener gegend habe, an band gehen können, so würde ich
im falle sein, ihnen auch etwas dafür zu reichen, bei Schnll
173 ; dafür auch die formel an banden gehen, die oben sp. 326
aufgeführt ist,
li) an der band, bei der band, zur band, zu banden ist,
steht der oder das, was eine danach ausgestreckte hand schnell
erreicht, so dasz diese fügungen nähe und bereilschaß hervorheben :
ich sprach den obristen umb einen pasz an in die necbste
reichsstadt, die mir eben an der hand stunde. &mpl. 3,47
Kurz; der berr begehret, das ich di>em menschen ferner mög-
lichst an der band stehen und wiirärig sein solle. BtrscuKt
kanzl. 414; teten si imande mee schade in orem lande, so
betten si den kämpf an der hant. Stolle chron. 27; die
erndte ist an der handt. Frei garteng. 58 ; er hat einen guten
freund an der band. Schotiel 1137';
so habe wir strit an der hant
und bestät uns alle; daj laut. Trist. 219, 35;
den vyndt den hant wir an der bandt.
Bbamt narrensch. 99, 60,-
da war die Tastnacht an der baut.'
U. Sachs 1, SOS»;
haben wir denn Just zu weine?
Leipzig ist bald an der hand. Flbbi.-«» 426;
gut gewissen achtet nicht,
was Verleumdung licht und riebt.
warheil «leht ihm an der hand,
macht teiu Unschuld noch bekam. Looao S, 2H-
347
HAND
HAND
348
früher auch den tod an der liand haben, ihm nahe oder ver-
fallen sein,
mild, sweihe dar geriient, die habent den tot an der hant.
Kib. 14S0, 4;
alls. nu is irö ööS at hendi. Heiland 2990 (vgl. 4780) ;
vergl. mythol. 377. 807, wogegen Wackernagel bei Haupt 9, 310
geneigt ist, die redensarl auf den zum tanze gefaszten lotl (s. todten-
lanz) :« beziehen, die dann zu dem .<;p. 334 gesagten zu stellen
wäre. — /« Hessen gehl die reimende Verbindung an der Ijaiid
und wand sein, einheimisch sein, naclibarlich wohnen, daher auch
juristisch erreichbar sein, Vilmar 147 ;
nd. et is better en nobwer an der band,
oss en fründ öwwer land. Curtzk volksüberlief. 324-,
und were sach, dat einich man noth het und den mciger
von Schonecken nit bei der band enfunde. weisth. 2, 053 {von
1476) ; es war schon eine fackei beibanden , welche als sie
angezündet, gienge Timociee darniit für ihnen her. Opitz
Argenüt 1,57; wenn sie nur was zu seciren, klystiren, elec-
trisiren haben, sind sie bei der band. Göthe 11,48; bist du
alle morgen gleich bei der band wie sonst. 14,260; Henriette
dagegen war . . mit dem lobe frisch bei der band. l.">, 2C1 ;
in der geschicble waren ihr namen und jabrzahlen nicht
gleich bei der band. 17,60; die gelegenheit war so glück-
lich, das Zeugnis so bei der band. 18,119; Phiiine war nach
ihrer art am ersten bei der band. 238; «11/ unterdrücktem
artikel: weil . . der Stachel der Ihätigkeit hier aber sogleich
bei band und äuszerlich ist. Kant 4, 272; wir haben doch die
beispiele der moralisch-urtheilenden Vernunft bei band. 290;
die klugen alle sind so fern,
der thor ist bei der band. Göthb 11, 38;
sag Pförtner! ist dein berr schon bei der band? Schiller 564;
unter denen , so ihm (dem löwen) stets zur band und seine
fürnehmsten bedienten wären, pcrs. rosenlh. 1,16; sie sollen
sich nur nicht zu weit von dem orte weg machen, dasz er
bei abgelegter expedilion sie also bald zur band hätte. Chk.
Weise er*n. 442; wozu mir denn gegenwärlig als erwünschtes
bilfsmittel die darstellung zu banden liegt. Götue 39,360;
wir legten dazwischen , was von grund- und aufrissen ähn-
licher gebäude zu banden war. 369 ; er bat jeden augenblick
seine sittlichen, mystischen und geistigen bctrachtungen zur
band. Gervi.nls gesch. d. d. diciU. 1,78;
er was gebeijen Rümolt und was ein hell zer hant.
Nib. 1458, 1;
nur ist das übermasz
auch gleich zu banden. Göthe 5, 207;
durch feuerdunst ist dieser fels zu banden. 41, 150;
frisch, gesellen! seid zur band! Schiller glocke;
früher noch in der fügung zu banden bereit: hiebei merke
wie wir chriaten sollen reich sein und groszen vorrahf haben
dieses brots, und also geübt und geleret sein, das wir das
Morl gottes zu banden bereit hellen teglicb in allen anfech-
tiingen. Luther 1, 80*.
Gleich mit an der band , bei der band ist vor der band,
manclimal recht anschaulich gebraucht: dieser erfreuele sich von
herzen dasz ihm abermahl eine gelegenheit vor der band aui-
gestanden, sein alles leid zu verbüszen. polit. slockf. 313, er
brauchte gleichsam nur danach zu greifen ; ähnlich :
so meint en (dat vulk), was ihm nicht steht täglich für der band,
sei über die natur. Opitz 1, 46,
vgl. auch oben A,b .<p. 325; gewöhnlich abgeblaszier in dem sinne
von da seiend, auch nahe liegend, bereit, wo die moderne spräche
den plurul setzt, s. vorbanden: wo eine rechte nobiwchr vor
der bandl ist (= si defensio fuerit necessaria et coacia). Ayrkh
proc. 1, 1, obs. 3 ; Uih was vor der band und recht, das künf-
tige lasse golt wallen. Butschky l'almos Mi; zu dehm mus
man allezeit dem übel , welches vor der band und am gr-
labrlichsten ist, am ersten begegnen. 855; H. was bedeutet
der schall von pauken und trotnpcten? S. es ist wieder was
abendtheurliches vor der liand. das bdrt. frauenz. 21 ; weil die
nacht \nT der band war. Felsenb. ?, 45;
nun, en Nind die feiiid vor dnr band,
wollen .'inKreirnM unni'.r land,
deiii w»!hret eucn al» dapfer lent.
H. S»c«» 3 (l.'.78), 2,219»;
der molir ist ror der band. GmrMNDiR Cid D;
die not war vor der band. Dillj,
( -■ U firü approrlioil, Cid 4, S). gegemalx ist hinler der h»nd,
etwa» hinter der band hat der, der steh einen notpfennig er-
sparte, niederd. he hett wat achter de band, er hat was erübrigt,
wozu er greifen kann. DXiinert 172*.
i) hieraus haben sich drei adverbial gewordene veibindungen
ergeben, vor der band, zu band, nach der band.
ff) vor der band, zeitlich verwendet, = zunächst, vorläufig:
inzwischen erkühnen wir uns, euch vor der band (bessern vor-
schlagen unnachlbeilig) einen rath zu geben. Wieland 2,202;
ja aber vor der band dächt ich sie reisten. Lenz 1,117;
dasz ein mensch mit sich laut redend betroflfen wird, bringt
ihn vor der band in verdacht, dasz er eine kleine anwand-
lung von Wahnsinn habe. Kant 6,382; wenn man sich gleich
vor der band keine stütze von ihm versprechen darf. Gotter
3, 18; was überkommt aber denn sonst das gute arme volk ..
für ermunlerungen zum werthe? so viel vor der band frei-
lich noch nicht, musz man antworten, als ein preisschaf und
ein preisrind in England. J. Paul nachdämmertingen 82 ; hätten
mich nicht wichtige gelühle nach süden hingezogen, so wäre
ich vor der band in Trient geblieben. H.Heine werke 2,76;
ich küsste sie und sie micli wieder,
und — vor der band nichts mehr von tod. Göthe I, 24.
Hückert gibt die Verbindung in einem worle:
und vorderband um mich sich nicht mehr kümmernd. 156;
(das licht) konnte vorderband doch nichts als leuchten. 176.
ß) zu band, zur band, seltener ürllich:
du läufst einmal
und holst mir den beutet zum spiele,
er liegt zur band
auf meines tisches rand. Göthe 1, 221:
zur band im scbnee starr liegt ein reh,
blutrünstig, frisch geschossen. Freiligratb ;
gewöhnlich zeitlich, in der bedeutung alsbald: sieht der einen
notdürftigen armen menschen, der mangel leidet, zu band
reichet er im dar von dem das er hat. Keisersberc seelenp. 73" ;
darnach zu band ist der fiscal herfürkommen. Luther 3,417';
zuband geet er zu hausz und thut ym selbs den todt an.
Frank wellb. 17'; da findt man brunnen, was man dareii;
dunkt, das wirl zuband stein. 60'; zuband ihr gar eine sub
tile boszbeit erdacht, wegkürzer 86; wo ein mensch solchen
angreift, so stirbt er zu handt. Forer fischt. 116'; fiel er zu
handt darein. Tacius bei Fronsp. 3,249';
ich bitt euch jüd, leicht mir zä band
bargelt auf bürgen oder pfant.
SCUWARZEMBERG 122»;
damit uns sterKen wil zS band. 147';
das ich darüber starb zu band.
B. RiNGWALO tr. Eck. F6';
und gieng zu band nach Bethlehem, evang. CiiJ';
hat nichts als unbestand bestand,
(0 wird mein ach zu band
in tust verwand. Flehinc 529;
ist ein esel zu erstreiten, ei so suche dir zur band
einen ricbter, der nicht selbsten ist dem esel anverwaud.
LoGAü 2, 238, 174.
/) nach der band, der gegensatz von vor der band, in zeit-
licher bedeutung spdler, nacliher, weiterhin : doch gieng nach der
handt die sage. Kirchhof ntt/t/. düc. 265; nach der band kam
der pfarrberr. wendunm. 297 ; aber nicht desz weniger nach
der handt scbwärlich ist gestraft worden. Fischaht bienk. 107';
ich habe mich bekehrt, und nach der band keine ungebühr-
liche werke mehr verübet, pers. baumg. 7,8; nach der band
rüsteten sie eine flotte aus. Heilman TAiicyii. 328 ; ein stille-
stand, welchen anfönglicb nur die Gcloer schlössen, worauf
aber nach der band auch die übrigen .Sicilianer zusammen-
traten. 528; es boten sidi mir nach der band gründe dar.
Kant 8,236; ihre nachsichtsvolle aufmuntcrnng erwartet . .
dasz ich mich bestrebe, sie, wenigstens nach der band, recht
haben zu lassen. Lessinc 5,356; hält er für wahrscheinlich,
dasz die Veränderung des korpers unten im morast vorge-
gangen sei, und der bacb ihn nach der band heraus gespühlt
und nach dem teiche geführl habe. Liciitenhkro 5 (I8ü3) s. l.%6;
vor alters hätten die menschen alle ein separates es inter-
maxillare gehabt, das sich nach der band durch debauchcn
und zuiiehmenden liixiis der nacbwelt verloren. (iöTHS 55,154;
wenn nun die golinsrnrrht . . von eun-r criton Jugend
bei (Mirh gflundcn ist und bleitit mich iinrh der hniid,
10 seid ihr billig jn versetzt in digeii stand. Hisr f\irn. 58.
k) von der liand gewiesen wird ein anerbieten, ein Vorschlag,
den man nicht ergreifen (Hier auf den man nicht ringrhrn will.
2) ebenso schlieazen sieh an dte liand als hallende und be-
sitzende eine reihe ron fnmieln an, in denen die sinnliche bedeu-
349
HAKD
HAND
350
tung des iubstanlivs zurück triU. dte letztere bleibt aber stets
gewahrt, uenn das dazu gehörige verbutn haben , halten utüer-
drückt wird: besser ein spalz in der band dan ein storch
auf dem dache. Scbottel 1115*;
besser ein vogel in der band,
als xwanzig auf dem land. Pistorrs thes.par. 8, G4;
und TOD der anderen seile
trat, ein kind an jeglicher band, der richter zugleich an.
GöTBE 4U, 311;
bejahrte Trauen,
in braunen, verschollnen gewändern,
gesangbuch und rosenkranz in der band.
Heine buch der lieder 325 ;
oder durch die praep. mit ersetzt ist: sah aber .. eine dunkle
gestalt, mit einer überlangen stange in der band. Imxerxann
Münchh. 2, 2S ; keine galerie ohne ein schock Engländer, die
mit ihrem guide in der hand darin umherrennen. Hei>e «rerAe
2,121. von den oben erwähnten fonneln sind zu nennen:
a) in bänden haben , halten , in händen sein , fest haben,
hesitzen; so von dingen: sich, alle dinge, die er hat, sind in
deiner hand. Keisersberg pred. 6'; es wird nöthig sein, dasz
sie wenigstens tausend tbaler in händen haben. Ragener
sat. 3 (1757)31; ein ganzes Jahrhundert, und darüber, haben
sich die liebhaber mit einer einzigen aufläge dieses dicbters
beholfen; in wie vieler bänden kann er also noch sein?
Lessisg 5, 104; wenn der schmuck in ihren händen ist.
GöTHE 14,173; ich habe keine ruhe, bis ich das kleinod in
ihren händen weisz. 174; der den der kauf reut, wenn er
die waare in händen hat. 19,340;
mein frau kont sich auch wol machen,
wenn sie bet pfenning in der hant. fastn. sp. t05, 13:
Reinmundt der hat in seiner band
die graTscbaft Forst, die ich ihm gab.
Atbb» 349' (1749, 5 Kellei).
sprickwirtlich : in keiner hand nichts haben, gar kein vermögen
besitzen; sie hat fünf unerzogene kinder, und in keiner hand
nichts als armuth. Gellert 3, 158 ; das heft in der hand, in
händen haben, volle gewalt, tcie der der das heft des Schwertes hält ;
jetzt sind wir noch beisammen im land,
wir habens heft noch in der hand.
ScuiLLEB ^Vatlenst. l. 11. auftr.
von personen: erwachte nicht früher, als bis er sich in den
händen seiner geistlichen brüder sah. Götbe 20,269; daher
hat man einen menschen in händen , wenn er willenlos in
eines macht gegeben ist: sih er ist in deiner hand, jedoch
behalt sein sei. bibel 1483, 250* (ecce, in manu tua est. Hieb
2, 6) ; würde aber der könig in Frankreich dagegen undank-
bar sein und widerumb neue bändel anfangen , so hätte
der kaiser ewigen rühm davon, dasz er einen so mächtigen
könig in händen gehabt und losz gelassen hätte. Schüppiüs
398 ; werden sies (die menschen) geschehen lassen ? Tr. wir
haben sie in händen. Göthb 14,114; ich bin ganz in ihren
händen. 168; ich dachte, wenn ich will, kann ich euch in
meiner hand haben, ihr herren gelehrten. Frett.'^g hand-
schriß 3, 250 ;
ich bin ja, herr, in deiner hand. Gbllebt 2, 212.
ebenso das menschliche herz: mein liebster Hertod, ihr habt
mein herz in euren händen. Happel acad. rom. 331; meiner
alten ihr herze hatte ich in händen und sie vertraute mir
mehr als ilu-en kindern. Jungfer Robinsone 115; verstand er
seine kunst, so waren alle herzen in seinen händen. Schiller
1027 ; da der mann, ich wuszte selbst nicht wie, mein herz
in seine bände bekommen hatte. Thümmel reise 2, 53.
Ähnlich steht, ist etwas in der hand eines, er hat es in
geicalt und die Verfügung darüber:
dö sprach diu schnsne Krimhilt: ich hän einen man,
das eiliu disiu riebe zuo sinen henden sollen stän.
iV«6. 758, 4 ;
so steht auch jetzt in seiner handt
zu sammt Rom der Sabiaer landt,
dasz regirt er alles allein. Äther 19» (111, 13 Keller);
die weil die eine gestalt des sacraments, durch menschliche
Satzung, und beider gestalt desselben in banden und gewalt
des bapsts stünde. Luther 6,328*; mein glück liegt ganz in i
ihrer hand; das christenthum sei jetzt schon ganz in den
bänden der Juden. Heine werke 2, 388 ;
mein leben, heil und tod
beruht in eurer hand. A. Gitphiis 1698 1, 30;
steht unsre zeit in dessen hSnden,
der in der glut die zeit soll enden. 1, 48;
doch dein glück dir selbst zu schaffen,
tochter, steht in deiner hand. Götter 1, 86;
ich sage dir, es liegt in deiner band. Göthi 9, 66;
wie man etwas, z. b. geld , vermögen in die bände bekommt.
in besitz und freie Verfügung: als mann bekäme ich es {das
geld) in die bände. Lessisg 2, 418.
b) ebenso in der altem spräche bei händen haben : dero wit
noch bücher in griechischer sprach by unsern banden haben.
Reccblis augensp. lO'; vermög meines bei banden habenden
gewalts. AvRER proc. 1, 2; darüber gaben sie mir einen revers.
den ich auch bei meinen händen habe. Schweixiches 2,155 ;
derjenige kan nicht rechtschafifen frölich sein , der da ver-
raein«t, er genüsse nur allein dessen, was er noch bei händen
hat, anschauet und sibet, und aber das, was er zuvor gehabt,
für nichts hält. Bctscbkv hd. kanzl. 700; einen bei händen
behalten, ihn nicht los geben: so ersiehe ich'leuth von uns
hinweg Qiehen . . und erreit zweeo, die behielt ich bei meinen
banden. Götz v. B. 82.
c) darnach etwas in die bände empfehlen : vater, ich befelh
meinen geist in deine hende. Luc. 23,46; so glaube ich, dasz
ich mein glück in keine bessern bände als in die ihrigen
empfehlen kann. Rabeser sat. 3 (1757) 28.
d) durch die bände gehen , laufen , bei vorübergehendem
besitz: das haus ist seit zehn jähren schon durch viele bände
gegangen ; das buch ist mir eben nur durch die hand ge-
laufen, ich habe es niciü lange gehabt; zum exempel diese venus-
muschel, durch wieviel bände ist sie nicht schon gegangen,
und immer wieder in die meinigen . . . zurückgekommen.
Lessixg 2, 448; dieses aber bitte ich mir zugleich unter-
thänig aus, dasz alle diejenigen gelder, welche ew. gnaden
aufborgen, durch meine bände gehen. Rabexer sat. 3 (1757)
133; mehrere copien, die er im kleinen, nach den vorzüg-
lichsten meisterwerken , die durch seine bände gegangen,
gefertigt. Göthe 43, 349 ; stoflFe . in sich so grosz . . so fest
und gewaltig, dasz sie jede neue idee . . in sich aufnehmen,. .
gehen auf diese weise von hand zu hand, von Jahrhundert
zu Jahrhundert. Gervixüs gesch. d. d. dicht. 1, 99 ;
(sie) führte mich von dannen nach Paris,
hier ging ich durch verschiedne bände,
und meinen reiz besasz am ende
ein alter wackrer Präsident. Borger 106».
e) von hand zu hand vertrauen, dem besitz übergeben:
wo lasz ich aber dich und deine schöne laute,
herr Klipstein, welche dir von hand zu hand vertraute
Apollo Phöbus selbst, der sie vor erst erdacht,
der deine schnelle faust ihr griffreich hat gemacht?
FLEXHiG 58;
nimm dieses brieflein an, und meine hierbeineben,
als hätte sie dirs selbst von band zu hand gegeben. 69.
f) unter händen lassen, in besitz und gewalt: dasz man
einem fehlschützen von mutterleib aus kein gewehr unter
händen lassen müsse. Liixermaxx Münchh. l, 226.
g) unter den händen schwinden: alles verschwindt ihm
unter den händen. Garg. 68'; adieu weit! . . in deinem hausz
ist das vergangene schon verschwunden, das gegenwärtige
verschwindet uns unter den händen. Simpl. 2, 110 Kurz ; im
gegensatze zu unter den händen wachsen : rechte reichtunib
wechst im geben unter den henden. Fraxs sprichw. 1,137*;
vgl. ahd. so thaj heri tbö gisa;, tha; bröt gisegonota{ a;,
ij wuahs thar thera ferti in munde Job in henti.
Otfrid 3, 6, 36;
alts. it undar irö handun wöhs,
meti mannö gihwemu. Helitind 2860.
unter den händen sterben: denn etliche verscheiden denen,
so sie auf die wagen bringen wollen, under den händen.
Kirchhof milit. discipl. 118; aber indem sie so damit umging
und uns von ihrem mann erzehlete, starb sie uns unter den
händen. Simpl. 2, 40 A'urs; seine gesundheit ist nur ein schein,
es (das kind) wird uns unter den händen wegsterben. Götbe
20, 298.
h) von den händen fordern : gott wird vieler groszen herren
und reichen schlemmer blut von euren händen fordern.
SCHÜPPICS 88.
t) aus den händen geben, bringen, kommen u. dhnL : ich
wurde ihnen ehe alle ding von bänden geben. Tb. Plater
162; Ärsace würde sich ehe selber tödten lassen, ehe dann
sie die zwei jungen von handt gebe, buch d. liebe 217*;
jud, so gib das auch aus der band (= verzichte auf das recht
XU klagen). Atris fastn. sp. 24' (2457,11 Keller);
351
HAND
HAND
352
wer will den schätz, welchen die eitern vom gebet, thrSnen
und seufzen für ihre kinder gesammlet und im himmel bei-
gelegt, ihnen veruntreuen und von hünden bringen. Sciiiveh
scdcnscli. 2. 2Ti ; sehet die Niederlande an : was hat dieselbige
aus des künigs in Spanien bänden bracht? Schdppiüs 384;
sollich {die rabbinischen) commentarien kan und mag die cristen-
lich kirch nit von banden lassen. Reuculin augensp. 13'; so
du aber solch bequem gelegenheit deines wollcbens ausz den
henden lassest. Kircuiiof tveiidutim. Gl"; viel gute occasiones
und bequcniligkeiten ausz bänden lassen und versäumen.
Sciiuppiüs 105; dasz er etliche cölniscbe kaufieute bei den
köpfen gekriegt, die er nicht ausz bänden lassen wolte, es
sein ihm dann meine sachcn zuvor eingehändigt. S(/»/)i."l,377
Kuri ; meinst du meinen befehlen entwachsen zu sein, weil
ich dich einmal aus meiner band liesz? FnEiTAC handsrhriß
2,380; dasz er (Logau) in seiner Jugend verliebte gedichte
geschrieben habe, die ihm in den unruhen des krieges von
bänden gekommen wären. Lessinc 5, 106 ; ich konnte jeden
punkt angeben, auf dem ich diese und jene gute eigenschalt
wieder fand, die mir, golt weisz wie, nach und nach von
der band gekommen war. TuCmmel reise 2, 7; mein berr wird
mir nicht aus banden gehen, wann ich ihn ersuche, euch
einige hülfe zu crtheilen. d. bärt. frauenz. ZZ; es könnte den
vater reuen, und ers (das land) wieder an sich ziehen, wenn
ich ihm den kaufschilling nicht baar erlege, ich musz um
geld schauen, so kann er mir nicht mehr ab der band gehen.
a. ni. im Tockenb. 42; als wir einsprangen und die .. dirne
ihren bänden entrissen, sagten sie, das schandkind habe
ihr gemeines geld veruntreuet. Uiehl cuUurgesch. nov. 376. in
reinispielender Verbindung: und es war aller weit unmiiglich . .
sich wider ausz des teufeis banden und banden zu winden.
MATnEsii's Sar. 113*. — aus der band fallen, im spricitworl:
es war einem geistlichen das herz . . aus der band gefallen,
nehmlicb , er hatte sich . . in eine hohe persohn verliebet.
pers. rosenlli. 5, 4.
3) an die beiden vorigen bedeulungen schUeszl sich nun die
band als symbol des besilzcs, der gewall über eine sache an:
band haben bei einem, etwas über ihn vermögen Sciim. 2, 203;
cardinal von Augsburg hat herzog Heinrich geraten , das er
das land in kais. maj. band stellen sol. Scuehtlin fcne/e 38 ;
er hatte die band über den ganzen eidboden, und war euch
olles in allem. Göthe 8,171; die banse, die, an sich mächtig
genug , durch den Stralsunder frieden eine band über die
dänische kröne gewonnen hatte. Daulhann dän. gesch. 2,52;
das liayserliche mayestat
braucht nun sein handt und gwöltig macht.
SoLTAü volksl. 307 ({fi.jahrh.);
tpriehwörllich in die band wünschen, zum besitz: aber ich tröst
mich dessen, ist es nicht hie so ist es dort, und villcicht
mehr, als ich mir inn ein band wünschen soll. Garg. 30';
nirderd. mannes band baven ! brem. wb. 2, 680. von dieser
bedeutung geht aus über die band wachsen : ich fragte ihn,
ob seine kinder auch alle so gutartig seien als seine frau?
ja, sagte er, ja, sie sagt, wenn ich nicht daheim sei, wollten
sie ihr wohl auch oft über die band wachsen, a. m. im
Tockenb. 300; ferner über band, zusammengerückt überband
nehmen, ausgehend von dem^mhd., das die obere, die höchste
band (wb. 1, 627') als bezeichnung der obersten gcwalt {vgl. ober-
band) vertcendel:
rrou Minne nam die obem bant,
dii sl in vienc unde hant. twein 1537;
tn> im nd. de Qperste band bem im hause hcrschen Sciiahb. 73' :
die Ungerechtigkeit wirt uberbant ncmen. Scmhelzl augensp.
13'; er wird die Unordnung über band nehmen lassen. Stüve
trwcn « rer^. 2G8; auch in andrer fngung: dieser meisler
(/Wriu Lombardus) von iiohcn sinnen were ein groszcr lerer
gewesen, wenn er inn der propbeten und aposteln sciirilt
geralhcn were. aber das bapstbumb hatte er über band
genommen. Matmes. Sar. i)2'.
41 vicdcr in einigen fügungen soll die band trachl, schütz und
rertiieidigung her torheben, die durch sie gewiihrt werden ; sie heiszl
deüialb bewehrte, bcwafTnete band {oben .»/>. 32fi): hierzu dann
nOblig ist riner bewehrten band , kriegsmaclil ond riJstung.
Kmciirior niiiil. diic. von., und sieht auch sonst geradezu in dem
sinne trhuli, schirm, bevachung: nachdem es al)cr der himmel
»0 gpfüirci, da«z »ic unter meiner band den tcmpcl bewohnet.
ZiCLER Banise (i7oo) .Ml: jirii)/ Mipinndi aber nebst der prin-
cessin wurden noch als gefangene unter der band des Abaxars
verwahret. 574; so in der Verbindung band haben, wenn sie die
bedeutung des franz. maintenir hat {vergl. handhaben) : so dasz
ich nichts von der kione mehr übrig habe als dasjenige, v\as
mir Ambiodorix mit wafTen und Schwertstreich hat ei halten
können, und meine mutter, welche so groszc sorge gehabt
hat, mir dieselbige band zu haben, theiiet sie anjelzund
fremdlingen zum raube aus. Opitz ylrgcnis 2, 24 ; den frieden
zu versichern und band zu haben. 158. das rechtssprichworl
band musz band wahren. Pistorius thcs. paroem. 5, 70, betont
die gewähr, die die gebende der empfangenden .hand zu leisten
schuldig ist. — Von hierfür gehörigen formelhaßen Verbindungen
sind zu nennen :
a) band ob jemand halten, ihn schützen: weil er meiner
bedurft und vermerket, dasz i. f. g. hand über mir hielten.
ScHWEiMcnEK 3,3; dasz man mit allem ernst ob ihm hand
halte. PniLANDER l, 031 ; wo gott nicht band ob mir gchalleo
halte. 2,38; über ihr halten schirmende gcister die bände.
Immekma.n.n Münchh. 1,215;
gott hält ob ihnen hand. Opitz 2, 14-,
auch von Sachen häufig gebraucht: er hält alle bände über das
buch, bewahrt es sorgfältig; alle bände über etwas breiten,
es aufs beste zu bewahren suchen. Rüdiger Zuwachs 2, Sl. —
Anders ist die fonnel von Heii.man verstanden, der damit züi,elung
bezeichnen will: welche denen, die sie am vernünftigsten
fanden , zusprachen , dasz sie ruhig bleiben und auch über,
die andern mit band hallen möchten. Thucyd. tl50.
b) biblLichcn Ursprungs ist jemanden auf den bänden tragen,
nach ps. 91, 12: denn er bat seinen engein bcfoihen über dir,
das sie dich behüten auf alle deinen wegen, das sie dich
auf den henden tragen und du deinen fus nicht an einen
stein stoszest (wiederholt Mallh. 4, G) ; es hat von alters her ein-
gang in die gewöhnliche spräche gefunden:
ß der unsanfte mücse gän,
ü! miner haut wolt ich in tragen.
minncs. frühl. 105, 32;
das sie (die engel) uns gern trügen in iren henden, ufT das
wir unser füsz der seien nit verletzten an dein struehstein
der verzwifflung. Keisersrerg Wj. 33'; seinen ellern alle ehre
tbun und sie auf den henden tragen. Luther 4,396'; es
wolte mich aber ein jeder auf den bänden tragen, die zuvor
mich nicht gerne ansahen. ScnwEiMciiEN 2,275; warum ist
alle weh dem grafen Egmont so hold? warum trügen wir
ihn alle auf den bänden? Göthe 8, 172; und wenn sie unsere
rechte und freiheiten aufrecht erhält, so wollen wir sie auf
den bänden tragen. 199; und mit andenn ausdruck: wäre sie
aber so glücklich meine person als frau zu bedienen, so
wolte sie mir die bände gar unter die füsze legen, ehe eines
mannes 209.
c) die hand abziehen von einem, Htm nicht ferner sdiutx oder
hilfe angedeihen lassen, die bedeutung rührt an no. b unten: ich
will ihm schreiben , dasz ich meine hand von ihm wende.
Schiller räuber i, l ;
keinem hat er abgezogen
seine liand, der bu9Z gcthan. Scauppins 959;
ich zieh meine hand von euch nb,
lasse zu cdicrn stcrbliclien mich herab. Göthk 13, tOS;
mein königliclicr hcrr! zieh deine band
niclit von^un.i ah! gib deine Irene st.idt
nicht unter Knglands harte licrschiill liin.
ScuiLLKR Jungfrau 1, 5.
5) band ist auch die helfende, unterstützende: des mund alle-
zeit gibt und hilft,- des bände nicht. Sr.norrEL 1121*. daher
a) jemandem die band liielen, hiirreiche hand bieten: der
uns so oft in verzweifelten sachen die handt bat bollen
und auszgeholfen. Frank parad. I4l'; die gcselze verbinden
mich, bemcldler wilweii iiillfioiche bände zu bieten, d. bort,
frauenx. 25; liülflicbc hand leisten, adjumenta subministrare
SriELEn 751 ; frad von * bot nach kurzer zeit einer ciurich-
tung selbst die bände, nach welcher das gute mädchen sich
Thcresens vater hberliesz. Götiie 20,229; und so vergingen
die glücklichen tage der roscnfarhenen zerslreiiungen, wo so
ein lag dem andern freundlich die band bietet. 10,105; der
einflusz solcher hoher geister erstreckt sich bis aufs liand-
wcrk, so dasz die schnöde grcnzlinie, welche begann kunst
und handneik zu trennen, wieder l)cinalie ganz verschwindet
und beide sich ali kinder öiner mutler freundlich die haod
bielcii. K. T. A. IIorrMAMN 12.220;
353 HAND
er beut den armen hülf und hand.
Gc:«TBER bei Stkinbach 1, 688;
weisi um den bund, er bietet selbst die bände.
Schiller ilaria Stuart I, 6.
niederd. auch: enen ene hand lenen, Dähsert l"l';
die hand will ich dir leihen, rette du
den namen, wie du kannsu Schiller M. Stuart % 5;
reich ihr die hand, der tiefgefallenen ! 2, 4.
b) hand anlegen, helfend, in anderm sinne als unten 6,6
und 11. a; hand anlegen, damit derselb desto eher von dannen
queme. ueisth. 3, 36S (von 1469);
helft — leget hand an — steht mir niemand bei,
den scbmerzenspfeil ihm aus der brüst zu ziehn?
Schiller Teil 4, 3;
kommt alle, kommt, legt nano an, männer und weiberl
brecht das gerüste! 5. >•
c) die hand versagen: man zeucht in den herrenhöfen die
jungen herren darzu, d; sie irer hände milt sind, und nie-
mand die hand versagen. Agr. tprichw. (15C0) 167'.
d) daher kann hand stellvertrelend für pflege, abwartung, bedie-
nung stehen: als ich ihm (dem gasttrirle) . . aüszer der Zahlung
etwas für die gute hand gab. H. Heise verke 2, 9S {ml nach
dem Üal. della buona mano).
6) die hand als schaffende, arbeitende, vird in den ipricA-
ttörlem gezeichnet: wir müssen alle arbeiten, einer mit der
band, der ander mit dem verstand. Creidics 2, 416 ;
was hände bauten, können hände stürzen.
Schiller Teil 1, 3,
nd. wat hendeken gebuwe^ baen,
dat können wol hendken tobreken.
UaLA:(D tolksl. 443 i
and ton hier gehen folgende formein aus:
a) hand schlagen an ein icerk: wenn wir ablassen vom
nachdenken, müssen wir die hände alsbald ans werk schla-
gen. ScRivEB seelensch. 1,215;
was werden die (die milverschworenen) nicht wagen,
die zweifelsohn verpflicht, hand mit ihm anzuschlagen.
A. Grypbics 1695 1, 31;
eine geringe arbeit läszt sich leicht von der hand schlagen;
und schulden einkassiren, ist gewisz
auch kein geschalt, das merklich fördert, das
so von der hand sieb schlagen läszt. Lkssimg 2, 191.|
6) ebenso hand anlegen: wie sie aber hand anlegen und
ir gewachsen salz abschneiden wollen. Sc/i«W)ürger 1599 s. 79;
dasz ich . . bestes Vermögens hand zu werke lege. Opitz
foeterei vorr. A2'; sogleich wird hand an eine neue oper ge-
legt. GöTHE 29, 119 ; ihn zu diesem zwecke wirklich hand an-
legen zu lassen. Schiller TBS ;
biemit so stiesz man ab von land
und legt an d'ruder maolich hand.
Fischart glückh. schiff hei Gödeke
d. äUht. 1, 192', 58;
er last
erschallen solch ein lied, dasz herz und seel erreget,
wie wen Amphion den (dann) hand an die geige leget.
Rist Pam. 3u9;
bei todten wird umsonst die hand zu werk eelegt.
A. Grtpbius 169S 1, 39.
daneben auch die hand rühren: der rührt keine hand, wenn
er nicht musz, arbeitet nicht; ich wollte keine hand desz-
wegen umwenden, manum non verterim Frisch l. 409*.
Der arbeiter legt die erste, letzte hand an sein werk: die
letzte hand an etwas legen , summam manum alictä rei im-
jKmere Frisch 1, 408'; dort mögen Spinnerinnen und Weberin-
nen sich ansiedeln, maurer, zimmerleute und schmiede sich
und jenen mäszige Werkstätten bestellen; alles mag durch
die erste hand verrichtet werden (gleichsam nur aus dem rohen).
GöTHE 22, 148. vorzüglich auch auf die llidligkeit des Schriftstel-
lers bezogen: ich schrieb das Vorspiel ungefähr in acht tagen,
die letzte hand ward in Lauchstüdt selbst angelegt. Götbe
31, 137;
so leg ich da mit Sorgfalt und geduld
vielleicht die letzte hand an mein gedieht. 9, 232;
$0 vird die erste, letzte hand einem werke gegeben, was wol
üal. dar la prima mano nachgebildet ist: die erste hand,
e man zu reden pfleget, wird demselben [dem steine) mit
1 . . gegeben , welche man subbie nennet. Wiskelmans
135; nachdem man den figuren die erste hand der glätte,
Imlich mit dem bimsteine gegeben hatte. 5, 103 ; um ihnen
{den Statuen) selbst die letzte hand zu geben, welches ins-
IV. IL
HAND
354
gemein von demjenigen musz gesagt werden, der sie glättet.
104; einige der schönsten statuen in marmor, denen die letzte
hand mit dem eisen, ohne glätte, gegeben worden. 105.
c) daher redet man von der ersten, letzten hand eines schrift-
steUers, eines künstlers m bezug auf das werk das er bearbeitet:
die letzte hand des künstlers erwarten. Ka.\t 6,14; eine aus-
gäbe erster hand, letzter hand: der Verfasser der poetischen
und prosaischen werke, die in gegenwärtiger vollständiger
ausgäbe von der letzten hand gesammelt erscheinen. \Vie-
LAXO 1, rorr. s. 3 ; der begriff einer ausgäbe von der letzten
hand scjilieszt auf seilen eines Schriftstellers die pQicht in
sich, seinen werken . . in jeder rücksicht die gröszte innere
gute, die reinste politur, kurz die höchste Vollkommenheit
zu geben, die ihm zu erreichen möglich ist. s. 6; Göthes
werke, vollständige ausgäbe letzter hand.
d) leicht, schwer von der hand gehen, von einer arbeit oder
Unternehmung gesagt: es war eine lust zuzusehen, wie behend
und geschickt ihm die arbeit von der hand ging. Wieland
8,272; sonst habe ich meine stärke ira ernsthaften, sonder-
lich die theologisch-polemisch-poetischen sachen laufen mir
gut von bänden. Lessing 2,409; gedichte .. die mir wegen
der bequemlichkeit des sylbenmaszes und der leichtigkeit des
Inhalts sehr wohl von der hand gingen. Göthe 24,225; alles
geht mir leicht von der hand. 29, 79 ; nd. dat flüggt er vac
bänden, sie thut die arbeit sehr geschwind. Däbnert ni';
riebt ahn, das dich potz marter scheut!
wil dir denn nichts gehn ausz der hendt?
H. Sachs 3, 1, 237'.
e) jemandem in die hand arbeiten, einen Uieil der arbett
jemandes übernehmen: so weit, sollte ich meinen, hätten sich
die alten künstler die steine wohl können in die hand ar-
beiten lassen. Lessing 8, 126; die koche . . arbeiteten den
ärzten . . in die hände. Klisger 10, 101 ; so wird gewisz man-
cher bildende künstler sich . . herumwenden und lieber euch
in die hand arbeiten, als dasz er gegen Überzeugung und ge-
fühl ein widerwärtiges handwerk treibe. Göthe 23,33; wie
allgemeiner musz der nutzen sein, wenn unterrichtete men-
schen einander in die hände arbeiten. 50,12; alles fand ich
mir . . dabei in die hände gearbeitet. Schiller 768 ; Ilse und
er arbeiteten im stillen einverständnis einander in die hände,
der frauenweit liebenswürdiges zu erweisen. Frettag handschr.
2, 264.
/) alle hände voll zu thun haben, arbeit genug: ein jeder
hat einen standt oder beruf, des warte er, so wird er alle
hend voll zu thun haben. Agr. sprichw. (1560) 285'; da nun
die römischen kaiser im orient alle hende vol zu thun hat-
ten. Matues. Sar. 87*; beide hände voll zu thun haben. Scbot-
TEL 1117'; etwas anders ausgedrückt : kommen sie zu hause, so
finden sie schon beide hände voll arbeit wieder. Moser phant.
1 (1798), 97; da war ja noch arbeit alle hände voll. Felder
sondert. 2,232;
den ganzen tag hat man die bände voll! Göthe 12, 172;
! in komischer rede: meine füsze haben alle hände voll zu thun.
' Schiller Fiesko 2, 15.
j g) etwas um die hand haben , sich mit etwas beschäßigen :
I er musz immer etwas um die band haben, wenn er sich
! wohl fühlen soll; ebenso unter banden haben, icoron beispide
j sp. 325.
I h) jemandem auf die hände sehen, einem arbeitenden, wir
j müssen unsern arbeitern mehr auf die hände sehen; auch
I einem dieb auf die hände sehen, observare manus furaces
• Frisch 1, 409*.
j i) die hände schonen, träge zur arbeit sein:
da musz ein junger kerl nicht seiner hände schonen.
Philanper V. D. LisDK scherzh. ged. HO.
k) so kann hand wieder geradezu für arbeit stehen : der sprucb,
selig bist du, der du das brodt deiner handt issest, und der
rhum der arbeit von Paulo gepriesen, gilt nicht mehr. Agric.
sprichw. (1560) 233*; sich in die hand schicken, ein geschäß
geschickt angreifen. Schm. 2, 203; Nürnberger hand geht durch?
ganze land. Pistorids Ihes. par. 8 no. 38 ; namentlich auch in dem
folgenden, wer sich eine eigene arbeilsstdlte gründet und sich darauf
ernähren will, sagt, er setze sich auf eigne hand: ist es in
einer wohlbestellelen republik zu dulden, dasz sich ledige
personen dem dienst ihrer berrschaften entziehen, und sich auf
ihre eigene hand setzen? reis, avantur. 2 (17491 14S; denn diese
condition gefällt mir gar nicht, und ich werde mich bald auf
meine eigne hand setzen. Ihmerkaiin Münchh. 2,10; irer eins
23
355
HAND
HAND
356
solche arbeilsftdlle hat, sitzt auf eigner band: ernehren sich
mit der liand , darauf sie sitzen, facet. facel. (1645)- s. 506;
diese ernehrete sich und ihren mann fleiszig mit der band,
darauf sie sasz. gefl. ßnkcn 231; da doch die bübin keinen
mann halte, sondern sich nur von dergleichen scbelmstiicken
und von ihrer band, darauf sie zu sitzen pfleget, ernehrete.
polii. stock/, 204. ausldufer dieser redeusart ist auf eigne band
leben, etwas thun u. ähni, es u-ird das ab arbeit, die auf
eigene rechnung und gefahr geschieJil, aitfgefaszl: das heiszen sie
in Frani<relcb eine uniforme de goöt, wenn einer auf seine
eigne band was buntes trägt. Güthe II, 11; ich habe eine
Viertelstunde auf meine eigne band gelacht. 18,157; ich war
also eine berrnhuthische schwesicr auf meine eigne band.
19, 328; er {ein reiseführer) gehörte zu jenen beweglichen,
thätig gewandten, welche . . ihre patrone doch immer wohl-
feiler und vergnüglicher durchs land zu führen verstehen,
als diesen auf eigne band würde gelungen sein. 22,136; der-
gleichen leute, die auf ihre eigne band bin und wieder zogen.
26, 137 ; Prometheus . . indem er auf eigne band menschen
bildet. 314;
das tieiszi, wenn ich ihn recht verstand :
ich bin ein narr auf eigne band. "2, 292;
das thu auf deine eigne band. 41, 149;
willst du entstehn, entsteh auf eigne band. das.
in diesen redensarlen steht für band auch fanst, s. 3, 1380. 1381.
7) mit der band wird geschrieben: am näbesten hab ich euch
geschrieben, war wol (zwar) durch m. Philipps band, weil
ich für Schwindel und scbwacblieil meines geisles mit eige-
ner handschrifl nicht konnte schreiben. Llther br. 4, 423;
der ritter von stund an erkannt, dasz ihn {den brief) sein
allerliebste berzogin mit eigner band geschrieben hatte. Galmy
288 ; di traurige zeitung wegen seines Unglückes hat mich
dermaszen gekränkel, das ich meine feder fast nicht an die
band legen können. Butschry hd. kanzl. 675;
das meine zung viel besser kall itzmal,
als schneller band kain Schreibers kiel nit mal.
Melissus ps. TO";
einem der nicht schreiben kann, führt man die band. — Dahe)
a) mit knaiypem ausdrucke eine schone, schlechte, saubere,
leserliche band schreiben {für handschriß; vgl. die vorhin ge-
gebene stelle aus F^üther) : die leutcben müssen mehr als eine
band zu schreiben wissen. Lessing 1,276; wenn dieser kerl
kein schelm ist, so schreibt der schöpfer keine leserliche
band. Kant 10,338; er war ein so guter stiller mensch, der
.. seine schöne band schrieb. Güthe 16,137; meinem vater,
der keine expedite band schrieb. 24, 224; in ähnlichen Ver-
bindungen: er hatte sieb eine flüchtige, leserliche band er-
worben, das.; er verwahrte ein reizendes lied von der band
der gräfin in seiner scbreibtafel. l'J, 66; ein manuscript, eine
Übersetzung aus dem französischen von meiner band. 21,72;
menschen, unfähig . . die beste band zu lesen. J. Paul Tit.
3, ISO. eigenlhümlich gewährt Grimmei.suadsen : ich fände sie
überaus rachgierig, . . aus welcher gottlosen neigung sie dann
auch besagtes traclälel, um den berrn zu verehren, zu ihrer
eigenen band bat schreiben lassen. Simpl. 3, 174 Kurz, d. h.
in der art, als ob es von ihr eigenhändig aufgezeichnet wäre.
b) band für handschriß in noch andern wendumien: dann ob
wohl nicht ohne, das er solchen wabn ausz dem bucbleiu.
so e. f. g. hiebevorn underthenig^t »iberscbickbl wurden, und
des verstorbenen VVeigels bandt ist . . gefasl haben magk.
Opel Weigel 358 ; ich wolle dem Juden die auf mein worl
auszgelegle vier hundert mark wieder geben, allein er sagte
nein, er habe meine band über zwei lausend mark. Sciiup-
PIÜ8 582; du wirst noch seine band kennen, wiewol die übel
gezogne buchstabcn das zillern der krankbeit verwirrt luit.
772; dieses liesz er durch seinen jungen, der gar eine feine
band hatte, abschreiben, jwl. hofmudg. 107; konnte e» nicht
möglieb sein, dasz meine band von bösen leulcn nachgemali
war? RAHErtKR werke 3. 212; du siehst es ja. dasz ich den
brief nur jetzt gleich bekommen habe, ich weisz zwar wahr-
haftig nicht, »as ich davon denken soll, die band meines
advokatcn ist es nicht. Lessinc 1,275; diese kösllichen zUge
•eb ich vor mir (auf die papiere deutend) ich erkenne deine
band. Götue 14, 1C9 ; wie hart würde einer gestraft, der die
band dcH furstcD in irgend einer nntersrbrifl nacbabmie. 210;
A. ich httb ein hichcT pluiid,
dts sein «rtlhlunK iiArkt. 11 und wa»? A. dri prinien band!
glaubt ihre majcmftl. wan Tliornnra« Rfurhricbün?
\ riKri-iiiu )ti'»s I, liiT ,
mit band und siegcl versprechen, durcli eine gescftriebene und
untersiegelte Urkunde: ein jeder versprach mit band und sigel
dem canizlar eine starke summe geldes. Schuppiüs 8S3; un-
ter meiner band und Siegel , sub manu et sigillo meo. Stie-
I.KR 752;
wir haben seine band, sein siegel. Lessino 2, 304.
8, a) die band, mit der dargereicht und gegeben wird, thut
man auf: wenn du deine liand aufthuest, so werden sie
mit gut gcsetligt. ps. 104,25; du thust deine band auf, und
erfüllest, was lebet, mit wolgefallen. 145, 16; anstatt dasz
diese .. ihre milde band auflhun solle. Simpl. 3,270 Kurz;
die band, die nicht geben will, verschlieszt sich: ihr sehet,
dasz euere nechste reiche freunde herz und band vor euch
zuschlieszen. Schuppiüs 582.
b) der empfangende nimmt daher von der band jemandes
etwas an : und weil ich mich . . bald verheirathen musz, so
werde ich keine frau, als von ihrer band annehmen. Rabeneb
sat. 3 (1757) s. 33; der graf von Brucbsall bat das fräulein
enterbt , weil sie keinen mann von seiner band annehmen
wollte. Lessing 1, 582.
c) der verlangende und von wohltlialen abhängige sieht einem
geber in, auf die bände, zunächst nach biblisdiem Sprachgebrauch:
wie die äugen der knechte auf die bende irer herrn sehen,
wie die äugen der magd auf die bende irer frauen. ps. 123, 2,
ähnlich auch in der bibel von 14S3 , 292" ; es ist besser , das
deine kinder dein bedürfen , denn das du inen müssest in
die bende sehen. Sir. 33, 22; dann auch in die gemeine spräche
übergegangen: darumb dasz ich will, sie {Luthers frau) müsse
nicht den kindern, sonder die kinder ihr in die bände sehen.
LtJTHEHS lest, vom 6. jan. 1542 {werke Erlangen 1854, bd. 56, s. 3) ;
golt lobnete ihm {Joseph), machte ihn zu einem groszen herrn
dasz er nicht allein konte vater und brüder ernehren, son-
dern auch die äugen des ganzen königreichs Egypten ihm
endlich in die bände sahen. Schuppiüs 354; denen knechten
und mägden wünsche ich . . eine grosze brill , dasz die
knechte sehen auf die bände ihrer herren, und die mägde
auf die band ihrer frauen. 608; ich denke aber immer, Jo-
annes, der in der irre herum schweifte, seinem eidani in die
bände sehen und erst auf dessen hülfe warten inuste, habe
nicht viel zu resigniren gehabt. Hah\/u5<. (1724) 4,139, not. h;
überhaupt müssen wir uns in die möglichste Verfassung
setzen , und nicht andern auf die bände sehen. IIeilman
Thucyd. 789;
wie schielt er nach den bänden ! Lessing 2, 214.
d) wie das zahme thier das dargebotene aus der hand friszl.
und zum danke dafür die gebende hand leckt, so wird das bildlich
auch vom menschen gesagt: wir haben an ihm einen sehr guten
deinagogen, der zugleich so zahm ist, dasz er jeden speichel-
napf beleckt, und aus der hand friszl. Heine werke 2, 23;
ihre li t-undliche dankbarkeit däuchte mir wie die eines herren-
losen hundes, dem man brod gegeben bat und der uns dann
die hand leckt. Riehl cuUurgesch. nov. 359.
9) bei kauf und verkauf ist die band thätig: das übrige
schickte und verkauft er den königen der Hethiter und den
königen in Syrien durch der kaufleute band. Schuppiüs 122.
beim abschlusse nnes handeis empfängt der den gegenständ des
Vertrags gewährende geld auf die hand [s. handgeld) als zeichen
des abgeschlossenen Vertrags: disz geschähe eben, als ich be-
reits geld auf die hand empfangen halte {bei der anwerbung
zum Soldaten). Siwjd. 1.432 Kurz; da wird denn das gesinde
bewogen , ihre versprochene dienste wieder aufzukündigen,
schicken herren und frauen das geld wieder, das sie auf die
band genommen babeu. Schuppiüs 345; weil die fügend sel-
ten belohnt wird , musz er von denen lästern geld auf die
band nehmen. Cbr. Weise kL leute t3i;
das geld empfangen auf di« band.
H. RlMCWALD l. WlVll. 15;
{rhen du auch auf die laust);
i'i. lieber meistar, wenn doch ir
d(>r krunkbeil käiii abhelfen nilrl
ich wolt euch weil.i redlich lohnen,
«ülit hin! nembl auf ili« band die rronen
und thut cur kunst un mir bewehren.
Atrer fasln, ip. 41« (2.S43. 30 Keller).
In btxug auf den handelsverketir ist der verferliger einer waare
die erale band, unterhundlrr und vidcrverkdufer werden als
zweite, drille hand beiriclinrt: dasz man .. ir {der Unter) blei
und nngebenglcm zeichen so wol Irawet, das elwan ein far-
357
HAND
HAM)
358
del barchet (mit dem ratssiegel) bisz in die zehendt handl
konipt und verkauft wirt, ehe dann aufgethon und zerschnit-
ten. Frank germ. cÄron. 1538 313*; die grosze menge von co-
lonialwaaren haben den handel erster band jetzt völlig ver-
nichtet, wie es denn in Amsterdam und Rotterdam nur sehr
wenige häuser gibt, die groszhandel treiben. Bremer liandeis-
blall 1S53, no. 99; sodann hat die maatscbappij sich in Ost-
indien sogar den handel zweiter band zugeeignet, das. da-
her befindet sich ein icaarenvorral in erster band . in der hand
des producenlen, er trird aus erster band "verkauft; und dann
icieder in knappem ausdruck: die erste hand ist völlig geräumt
(== rorräle erster hand). Weserzeiluttg 1S59. 4S82. — aus freier
band, von der band weg verkaufen, s. unten IV, l, a.
10) beim spiele tcirlU die hand, die den einsatz, Kürfel und
karten hält (s. halten II, 2, sp. 289) : es mag sein wie es wolle,
<o wurde die charte durch die dritte und vierte band ver-
mischt, dasz es nicht gehen weit, wie es gehen solt. Scgcp-
pics 253. daher die hand in den karten, die hand im spiele
haben, bei etwas miturirken:
auch möcht ich in den karten
der unterwell nicht gern die bände haben.
Schiller Carlos 1, 1 der ursprüngl. bearbeitung
bd. 3, s. 18 der ausg. ton Kurz);
und ich narr glaubte, sie hätte die band im spiele gehabt.
Freitag handschrifl 2,384;
sie liat die oberiiand, sie will allein regiren,
und alleutbalben selbst die hand im spiele führen.
PuiLA>OER T. D. LiMDK scherth. ged. 6;
und mit gedrängtem ausdruck: hier wuszte sie (ohne dasz
es schien , dasz sie hand dabei habe), eine menge gelegen-
heilen zu veranstalten, wodurch sie einander seltner wurden.
WiELAN'D 2. 15S; auch hand in etwas haben; er hat seine
hand in allem ;
mag
mein naschen nicht in alles stecken-, mag
mein bändchen nicht in allem haben. Lessing 2, 296;
ferner jemandem etwas in die, aus der hand spielen : einem
etwas in die bände spielen, in manus alicujus aliquid inferre.
Stei.nbacii 1, 657; aber das musz ich ihnen zeigen . . dasz
man mit diesen gemeinplälzen ihnen jedenfalls die frage aus
der band spielt, um die es sich handelt. Lasalle antwort-
schrriben (1S63) s. 19.
So geht hand dann auf die in der hand gehaltenen karten eines
Spieles über: pabst Leo X ist ein groszer liebhaber des karten-
spiels gewesen, also . dasz er nicht wenig zeit damit zuge-
bracht, es begab sich aber, dasz er einsten in einem spiele
die ganze färbe in die hand bekäme , und das spiel nicht
verlieren kente, als wegen der hand, welche sein gegentheil
hatte. We«enigr spielsieben (f!02l s. 103, der gegner hatte näm-
lich auch alle karten einer andern färbe.
11) an die hand endlich, die straß undtödlel: darumb must
du sterben von meinen henden. Stei.nhöwel 1487 '3':
so müszt er fallen durch des henkers hand.
Schiller Wollenst, tod 5, 2;
lehnen folgende formein an :
a) die hand an einen legen , zum tödten {versekieden von
oben 5,6 und 6,6), s. anlegen, th. 1,396: leg hand an, yetz
magst du deinen feind erwürgen. Scbmelzl Saui 3*; die praep.
an verbindet sich hier auch, aber selten, mü dem dativ: er er-
kühnte sich band an mir zu legen. Wielasd 8,378. in an-
derer fassung ;
lum dritten haben ja die brüder beide sich
selbselbst auf einen tag erwürget jämmerlich,
und band für hand zugleich einander aurgerieben.
Opitz 1, 166;
darein schlahen , hand an hand, mann an mann, conferre
dextras .Maaleb 210". auch die hand gegen einen erheben,
«•jf franz. lerer la main sur quelqu'un: er hat die hand gegen
den eigenen vater erhoben.
b) auch in milderem sinne, nur xum züchtigen wird hand an
jemand gelegt : mit solcher ehfrüulicher freündtlicher red hat
sie im das herz abgewonnen, das er ir die hand gab, und
ir zusaget, er wolt forthin kein hand mehr an sie legen.
FisCHAi'.i ehezuchtbfichi beiScheible 10,633; datier die hand ab-
ziehen (verschieden von oben 4, c sp. 352), aufhören zu züchtigen :
wann er (gotl) seine hand von uns abziehet, und aufhöret
uns zu züchtigen. Sciicppics 261; die band zurück hallen,
vom strafen : er verfluchte sich endlich. da<z er seines soh-
nes praeceptori so hart gewesen, ihm die bände zu ruck
gehalten, wann er strafen wollen, nicht leiden können, wann
dem jungen herrn zu hart zugeredet. Philander l (1642) 405.
Hl. Es ist schon oben (.<p. 335) ertcähnt Korden, wie die hand
gern persönlich gedacht und ihr in folge davon eigenschaßen und
handlungen beigelegt werden, zu deren enlfaltung und ausführung
sie eigentlich nur das Kerkzeug ist; und auch eine anzahl der
unter II gegebenen beispiele rühren hier an. die Verwendung des
uortes in diesem sinne ist souol in der alten als in der neuern
spräche häufig und mannigfach , so dasz hand {ebenso wie an-
dere theile des körpers) geradezu als Vertreterin ihres eigenthümers
erscheint, immer jedoch nur iiuofem als eine handlung desselben
durch sie vollbracht werden kann {vergl. gramm. 4, 297. 350), x. b.
die Idstung eines eides:
er sprach : ir sult gedenken was mir swuor iwer hant.
iVi6. 562, I;
dö .sprach der künec zu dem gaste: ir habet mich rehte ermant.
ja sol nibt meineide werden des min hant. 563, 2;
Schenkung, mildthätigkeil, enceibung:
solt ich den prafTen raten an den triuwen min,
so spneche ir hant den armen zuo : s& daj ist din.
Waltuer 10, 26;
iu hat verdienet luwer hant
eine künegin unde ein lant. I»ein 2879;
kämpf und krieg:
dane si min Hb umb unt min leben
gewaget unde geveilet,
swie m>r der hof erteilet,
bant wider hende,
6 ich den vuoj gewende. Trist. 251, 9;
Til schöne satzte mich sin hant
hindert ros au da; lant. Iwein 743;
schütz, Ulfe, dienstbarkeit:
si sprach : mit kleinen siden nx ich üf sin gewant
ein tougenlicbe^ criu;e. da sol, helt, din hant
minea man behüeten, so e; an die herte gät. >'<&. 847;
wir suln vil gerne riten in Etzelen lant;
da mag wol dienen künige guoter beide hant. 1451.
im nhd. in vielfacher Verwendung , in der bibelspraclie sotcol wie
in profaner rede: er hat seine hand (x^iga avzov septuag.)
gewendet wider mich, klagel. 3,3; deine hand schütze das
volk deiner rechten, ps. 80, IS ; denn es mangelte deiner
allmechtigen hand nicht (welche hat die weit geschaffen aus
ungestaltem wesen) über sie zu schicken menge der beeren,
oder freidige lewen. weisli. Sal. 11, 18 ; die hand so den eid
aufnimmt, kan ihn auch erlassen. Pistorius/A«. par. 2, no. 56;
eur hant ist gen eer und milt verspert.
fastn. sp. 650, 26;
dies lied auch sei von meiner hand . .
ihr zugesand. Flemi.ng 530;
Victoria ! so sieget meine hand.
Zigler Btinise (1700) 707;
da wünscht ich mir einen galten, dessen hand mich durch
die weit begleitete. Göthe 10, 165; die liebenden sind nun
durch prieslers hand verbunden ;
so fahrt . . auTs dorf, und laszt euch an dem ort,
und von des prieslers hand, der mir mein glück im leben,
mein selig ebweib gab, ganz still zusammen geben.
Gellert 1, 267;
da ihr (einer frau) äuge, wie das der elstern, an allen glän-
zenden dingen hing, und ihre hand besitzen muszte, was
ihrem äuge gefiel. Immebmann Münctih. l, 221 ; sprichwörtlich was
seine äugen sehen, das machen seine bände, von einem' ge-
scJnckten arbeiter; was ihre äugen sehen, können ihre bände
machen. Moser phant. l (1798) 135 ; denn wenn ich gutes hoffe
und schon zu genieszen glaube, dann entschlüpft es meinen
bänden. Europa 186S, s. 614;
aber leib und gebein ist nicht zum besten verwahret,
wenn die geistliche band der weltlichen zügei sich anmaszt.
Göm 40, 303;
dies Schwert der höchsten kriegsgewalt, das uns
der kronTeldherr im zorn zunickgesendet,
hat eine würdigere hand gefunden. itcaiLLiR jungfr. 1, 10;
der pfeil musz Siegen,
wohin die hand ihn seines schützen treibt. 2,4;
und diese grade hand, sie ist zu starr,
um deine neuen tbaten zu versiegeln. M. Stuart 5, 15;
das will ich durch die dritte hand schon stimmen lassen
wie wirs nur wünschen können. Wiela.xd 19, 303 ; in der Schweiz
als der mehrern band schien, der mehrheil, Stalder 2, 17, ge-
tris von der Stimmenabgabe durch handauflieben hergenommen.
23*
359
HAND
HAND
360
hierher auch die fortnel fremde band: etwas kommt in fremde
bände, gehl an einen fremden besilzer über (s. fremd 4 u. 5,
th. 4', 126): nu betriibete sieb der ritler sere, daj sin grojig
gut an fremde hende gefallen sulde. KOdiz 21,29;
sein herr läszt sich betriegen,
UDd jedes gut in fremde bände tliegeii.
IIagkuor!1 2, 172;
Benz hatte . . jetzt wirklich zeit zu geben , wenn er nicht
fremde bände am köpf haben wollte. J. Gottbelf erzählungen
4, 247;
denn er kriegt bald fremd band ins haar.
H. Sachs 4, 2, 90';
ich habe ein geschenk von unbekannter band empfangen :
damit sie andre bände nicht erkaufe,
biet ich die meinen an. Scuillrr M. Stuart 2, 8.
Recht anschaulich wird namenllich der arbeitende mensch durch
seine ztcei hände vertreten: wann man schon daselbs mit acht
henden muszt das pratrad wenden. Garg.ho', mit vier mann;
denn es wurde von so viel lausend bänden das nabegelegene
bolz fast gänzlich ausgerottet. Ziglkr fia/iise (ITOO) 649 ; eine
frau und vier kinder, also sechs mäiiler und ein dutzend
hände machen meinen haushält aus. aber das gesunde spei-
sen der erstem . . zehrt das product einer noch so muntern
arbeit der letzteren beinahe auf. a. m. im Tockenb. 214; er kann
nicht im groszen und mit vielen bänden arbeiten. MöSEn pAant.
1(1798)24; alle nothwendigen Verrichtungen in dieser haus-
haltung (raren) so verknüpft, dasz sie . . mit der möglichsten
ersparung überflüssiger hände ... geschehen konnten. 46;
darauf begannen sämmiliche hände die Stadt zu verschanzen.
Hallmche zeitg.lHßS, no. 120; alle hände an deck! befehl für
die scliiff$matrosen zum crsclieinen auf dem verdeck; ein clavier-
stück für zwei bände, für vier bände, für einen, zwei Spieler;
wie ja auch sonst menschliche arbeit mit einem gewissen nach-
drucke durch der hände arbeit bezeichnet wird: sich dasjenige
durch stehlen und betteln zu erwerben, was sie sich mit
ihrer hände arbeit nicht verschaffen können. WOser patr. phant.
2 (1798) s. 6.
Die rechlssprache verwendet in verschiedenen formein band stell-
vertretend für die person.
1) die blutige band, der mit dem Schwerte lüdlet, henker, ge-
wöhnlich aber der mürder , auf den das rechtssprichwort zielt:
blutige band nimmt kein erbe, schon altfries. sä ne mey thiu
blüdicb hond neue läwa fagie. Richtiiüfen 205, 1.
2) lebende band, todte band, die lebende band bezeichnet
die person , die eigenlhum bei lebzeilen veräuszert, todte band
die deren eiijenthutn durch erbreclit oder Verfügungen auf den todes-
fall in andern besitz übergegangen ist: von lebendiger band ein
guth haben, per traditionem inier vivos. Haltaüs 794; wann
ein gut inn Dinkhoff gehörig, es seie nach todter oder leben-
diger band, verändert und fällig vvird. 1793. es hiesz fordern,
klagen nach todter band, auf grund des rechtsvcrhaltnisses, das
der todte vorbesitzer einer sache eingegangen war: von gekouflin
erbe, wy man daj vordert nach totir bant von de; totin
erbe. Magdeb. blume 2, 1, 9. besitzungen der gcisllichen Stifter
werden guter todter band genannt, nicht darum weil, wie man
zu erklären liebt, diese gülcr von abgaben frei und darum für
den sla(U todt seien, sondern weil sie zurneist in folge von Ver-
fügungen auf den lodesfaU an die frommen Stifter gekommen sind,
wodurch freilich zuyleich eine entziehuny der guter von allem leben-
digen handelsverkelir eintrat: es (das haus) gehört einer todten
band zu — dem bospital der probstei. dem eine andächtige
Seele die einkunfle davon vermacht hat. Tuümmei. reue 3, 40;
daher etwas an die lodle band schenken, an geistliclie slif-
tuntjen: alle Schenkungen von grundstücken an die todte band
zu verbieten. Daiilmamn ddn. gesch. 2,65. — Ferner heiszt lod\e
band {franz. main morle) die der leibeignen, die nichts erwerben,
nichU ter'iuszern kann: knechte haben eine ewig todle band ;
sie können nicht fechten , nie etwas erwerben , nichts ver-
jährten und uns mitbin auf keine art gefährlich werden. Moser
phantas. (1798) 1, 256.
3) bessere, Ärgere, schlechtere band bezeichnet eigentlich
nichts alt die rechte, linke haud, s. oben 1,6, sp. 337. in der
ehe ittlU der mann als liaupt zur rechten , die frau zu seiner
linken, kinder folgen der bessern band , wenn sie des namens,
dei u iirde und der reclde Vires valert tlieilhaftig werden ; sonst
f' i'j- f) sie, namentlich bei unglciclien ehen oder in auszerehelichen
ti-ihuUnitsen der tirgirn band , grnie.tzen nicht mehr rechte, aU
der mutter zuilehrn : das kind gehöret zur ärgern band. Haltaus
795; d.ii eniii,k;,tr, dasz das kind der ärger- !•■■'■• •■ ..h-
schlecbte. Nierliir 2,93; die ungleichen ehen, .. wo denn
das kind der ärgeren band nachscblechlete, 1, 585.
4) gelreue h;jnd, s. oben 1,3, f, sp. 332. 333.
5) die gesammte band wird mit besitz oder reclden belohnt,
wenn alle glieder der familie des lehnsmannes an dem lehn theil
haben sollen; der ausdruck üt gewählt, weil auch alle familien-
glieder dann den lehnseid schwören {vergl. im eingange diätes ab-
schnilles, sp. 358). rechlssprichwörter : der gesammlen band musz
folge geschehen (simultanea investitura curate observanda). Pisto-
Riüs thes. par. 5, no. 92; rautschierung bricht keine gesamte
band {divisio ad tempus non infringü simuUaneam investituram).
6, no. 3. aus einem solchen lehnsverhältnisse folgt dann auch die
heerfolge mit gesammler band, heerfolye der ganzen sippe, und
so wird der ausdruck formelhaft auch freier gebraucht, bei einem
streite mit vereinten kräflen:
allda mit gesammelter band
dem türkcn solt tban widerstand.
H. Sachs 4, 3, 81";
dasz sie Pavia mit gesamter band belagern wollen. Mascoo
2,208; mit gesamter band anzugreifen. 2,224; die Athenien-
ser eilten mit gesamter band nach dem Piräus. Heilmax
Thucyd. 298 ; wo die Athenienser mit gesamter band zu ihnen
stieszen. 431 ; alles, was die auswärtigen mächte . . sich zu-
geeignet, wird ihnen mit gesammter band wieder abgenom-
men. Schiller 986; dann in noch andern Wendungen: die her-
ren procuratores, protocollislen, notarij und Schreiber stutz-
ten gesambter band daher. Philander 1 (1642) 253; die Seuf-
zer und die tbränen der elenden werden mit gesammter band
zu gott eindringen und hülfe und rettung erheischen. Scriver
seelensch. 2, 340; wenn sie ihm sein urtbeil mit gesammter
band abnöthigten. 'Wieland 19,71.
IV. Die band dient, wie arm, fusz, haar, als masz, und es
entwickelt äch aus dieser bedeulung zugleich die der art, weise,
tnode.
1) band als masz, und zwar
a) zunäclist für räum und inhalt eines gegenständes, in den
Verbindungen band voll, band breit, band hoch :
daj er hinder im vergaj
bi dem mitlsteine
melwes alsd kleine,
es fulte küme eine band. Haupts zeilschr. 7,347;
eine band voll gold ist schwerer dan ein sack voll recht
und Wahrheit. Schottel 1141* ; hernach nahm jedweder bra-
min oder pfaffe drei hände voll reisz. Zigler Banise (1700)
360; es ist zwar nicht vonnöthen, dasz ihr allzeit band voll
mit geld unter die arme auszwerfet. Schuppiüs 748; umb einer
band voll ehre willen. 309 ; und was verbessert mir die band
voll ehre. Chr. Weise kl. leute 348; darauf rief er: er ver-
wünsche den herzog und uns, er und wir wären eine band
voll esel. GöTHE 34, 222 ;
die band voll jähre die der himmel euch nachsieht.
A. Grtphids 1698 1, 97 ;
die leichte band voll jähre,
die uns des bimmels licht auf dieser erdeo schenket.
1, 132;
zwar schlaf ich nur auf einer band voll streb.
KoTZKBUK dram. sp. 1, 286;
vierecket sol es sein und zwiefach {das amlschildlein) , eine
band breit sol seine lenge sein , und eine bandbreit seine
breite. 2Afos. 28, 16; dasz ihre Unterkleider zwei bände breit
nasz waren. Grimm d. sagen no. 60 ; bofleulen traue er keine
band breit. J.Paul uns. löge 1,108;
op sin schilt wasre gani?
des enwns niht hende breit belibn. Pur;. 3SÖ, 25;
von den siiüeren ist e; (da* haar) reit
innertlialp der hilbcn,
vollecliclie hlinde breit,
»ö ej, beginnet «trüben. Niiouart 86, 21;
die edle geschichtschrciberin der fcen beschreibt sie als eine
kleine frau, einer band hoch. Wieland 9, 34. tolelu Verbin-
dungen sind auch zusammen gerückt, handvoll (vergl. hampfel),
handbreit, bandboch.
Aber die band als mast steht genaueren maszrn, wie der eile,
der wage gegenüber: daher ist ein verkauf, eine hingäbe aus der
band entgegengesetzt einer gewissenhaftem sciultzungsari, dem wdgen
oder genauen messen mit in.<itrumrntrn: da; man von der band
verkcyfel {kleine uaare). cod. dipl. Brandenb. 1,23,3, r. ;. 1253;
alle fisch . . sollen nicht vor der band, sondern mit dem
gewicht, und in dem preisz, welcher in unser taxordnung
»•»riiii-Mfl i«t, v'"-L ...r» -..nipu. fiscliordng. des Idgr. Georg pun
361
HAND
HAM)
362
Hessen; die armen erhalten auch monatlich ihr theil aaszer
dem, was man aus der band weggiebt. Niebübr kb. 2, 316.
hierher verkauf aus freier band, das heiszt eigentlich, dasz die
Schätzung des zu verkaufenden gegenständes mit der freien, durch
kein meszinstrument beschwerten band gemacht werden soU, es ist
aber in die bedeutung verkauf nach eigener willkürlicher schiitzung
übergegangen: ein notarius hatte den auftrag von der direc-
trice erbalten . . in den verkauf aus freier band zu willigen.
GöTHE 18,170;
es stehe nahe bei der Stadt
zum kauf aus freier band
die schönste mühte weit und breit.
i. F. Kind gedickte.
dann auch kostbare, wohlfeile band, theurer (s. th. 5, 1S5S),
wohlfeiler kauf, aber auch wohlfeile herslellung {anrührend an
sp. 359 oben): alles dieses fehlt in kleinen Städten, hier
kommt alles auf die kostbare band an ; der verdienst ist
zu schwach, um die anschaffung groszer mascbinen . . zu
nutzen , und so ist alles hier theurer als an groszen orten.
Moser patr. phant. (1798) 1, 189 ; alle arten geringer leute,
welche doch zum flor der manufakturen und zur wohlfeilen
band so unentbehrlich sind. 1, 205; man sah ein, dasz es
dem seestädter an wohlfeilen bänden mangelte, l, 14. — Jene
ursprünglichere, oben angegebene bedeutung von freier band ist
nocli in manchen Wendungen gewahrt, z. b. aus freier band
zeichnen, im gegensatz zum zeichnen mit lineal und zirkel; von
freier band schenken. Frank sprichw. 1, 138*, d. h. ohne ängst-
lich abzuwägen; aus, von freier band, sine adminiculis vel ap-
paralu. Stieler 752. aucli von der band weg etwas tbun klingt
läer an, man handelt nach ungefährem, nicht sorgfältigem ermes-
sen: sein söhn Titus hat von der band weg geschrieben,
was ihm beliebet bat. Opitz 1, rorr. 4'; wie dieses drama aus
dem italienischen mehrentbeils genommen, also ist es gleich-
fals auf selbige art, und heutigem gebrauche sieb zu be-
quemen, wiewohl auch von der band weg, geschrieben wor-
den. 1,66; der baur singt von band, oder wie es die natur
gibt, fragt keiner kunst nit nach, indocili numero cantat fos-
sor. Maaler 210". ein bei Weckherlin begegnendes auszhanden
musz hiernach einen ähnlichen sinn haben sollen, frisch von der
hand weg, ohne bedenken:
ach schlimmer peist und leib, die ihr einander hasset,
die ihr in bosheit nur einander umhgefasset.
und nun in schmerz und angst (die ener Sünden lohn)
verfolget, mördergleich, euch selbs mit hasz und höhn.
verlasset ewern streit! villeicht kont ihr genesen,
so ihr an rew und busz, wie vor auszhanden gleich,
euch nunmehr gegen den umbwendet, welcher euch
kan (gnädig) bald erlösen. 328.
wie ihr früher euch ohne zügern gegen euch gewendet, so wendet
euch nun vereint zu galt.
b) zeitmasz. eine recht kurze zeü ist die, die man zum um-
kehren der hand braucht {vergi handumdrehen) : wie man eine
hand umwendet, ist es anders mit mir. Göthe 16, 116; das
ist ein verzweifelt durchschlagender wein; der würzt euch
das blut, ehe man eine hand umdreht. Shakesp. Heinrich IV,
2,2,4 (it perfumes the blood, ere one can say: w hat's this);
er disputirt gerne, denn er disputirt keck, den gegner blen-
dend, siegreich, ehe man die band umdreht. Riehl culiurgesch.
nov. 380;
6 ich die hant umb kSrte,
oder ZUG geslüege die brä,
so fuor si hin und schein doch da. Erec 5172.
auch die genitivischen Verbindungen kurzer band, langer hand
bezeichnen eine Zeitdauer, ersteres wie lat. brevi manu, letzleres
wie das franz. de longue main: ich habe die Verbindung mit
ihm kurzer hand abgebrochen, ohne weiter zu zögern; das
Schriftstück wurde ihm kurzer hand übergeben; mit kurzer
hand zur Zahlung angebalten werden {ohne umstände). Müser
phant. i, 301; und seind solliche schawspil noch im Schwung
gangen zu der zeit der heidnischen keiser, ausz wellichem
ich erachten musz, dasz der wettlauf mit den rossen also
von langer hand auch auf uns gewachsen. Secter rossarznei
(1599) s. 7; einen anschlag von langer hand (lange vorbereitet).
BuTscHKY Palm. G92; ein man, der schon von langer band her
sich bei seinen bürgern furchtbar geinacbt. Heilma» Thucyd.
,831; in dem er des Tissapbernes absiebten schon von langer
hand her wüste. 1140; die gemüther aber waren schon von
langer hand erbittert. Moser phanl. 2, 191; aber das beweist
nur dasz das ganze aus langer hand vurbereitel wurde. Köln,
zeitg. 1854, no. 6.
2) die bedeutung art, weise, die dem worte hand inne wohnt,
ist mhd. recht häufig, wb. 1,630;
selic si diu aide hant,
bi der man triuwe und selde vant:
unselic si diu niuwe hant,
diu schendet liute unde lant. Benner 2094;
auch im nhd. noch gewahrt, wiewol selten in freierer Stellung;
ihr seit von redlichkeit, von groszer streitbarer haode.
Gary. 39*;
viel gutes thun nach unser hand.
B. RijtGWALD evang. Bbiiij";
er sprach : nu machts nach ewrer handt.
B. Waldis Esup 4, 66, 134
meist in den festen forvieln aller hand, mancher band, vieler
hand, gleicher band, auch in der häufung alleriei hand, s. Ih.
1, 225, und zusammengerückt geschrieben allerhand (l, 224) u. s. w. ;
wie ich denn auch nach aller hand
an meinen brüdern das erkand.
B. RtNGWALD tr. Eck. CIV»;
die gott allein nach aller hand
wie sie sich halten, wol bekand. /. tc. 360;
betten mancher hand anschlag und wünsche. Frey garteng. 64* ;
an kirnst und an maisterschaft
han ich maniger hande kraft, fastn. sp. 427, 14;
hier ist ein kühler platz voll lieblicher violen,
und blumen vielerhand. Opitz 1, 131;
was dan wäre krank und reudig
er dan heilet gleicher handt. Spee trutzn. 2S5.
in eigenthümUcher weite ist die genilivische natur der formet man-
cher band nictd meltr erkannt, der letzte theil derselben erscheint
decliniert :
da schwatzten sie von mancher banden.
B. Waldis Esop 3, 88, 9.
hand üi bezug auf tracht und gesellschapliches benehmen ge-
braucht, bezeichnet dann auch mode: uf die alten hant zier-
lich gemacht. Götz v, B. herausg. v. Zöpfl s. 14;
ich kann tanzen nach der neuen hant
auf Schwertern, das ist nit ein mer.
fastn. sp. 583, 20.
V. hand bd personificalionen, bei lltieren, an geraten.
1) gott, der in menschlicher gestalt gedachte, hat auch hände:
das regiment auf erden steht in gottes banden. Sir. 10,4;
des herrn hand ist über mich ausgegangen. Ruth 1, 13; und
die hand des herrn kam über Elia. 1 kön. 18, 46 ; und sagt
ihnen an die hand meines gottes, die gut über mir war.
Neh: 2,18; wolt got, wir weren in Egypten gestorben, durch
des herrn hand. 2 Mos. 16,3; weil ihnen das gift, die pest,
oder soll ich sagen die straf, die band gottes eilfertig ist
nachgefolget. Abb. a S. Clara Merks ]Men (leso) 117; eine
solche anscbauung der hand gottes {in der schOpfung). Kaxt
6, 384. für hand gottes steht auch hand des himmels, der
Vorsehung, der allmacht; nicht geglaubt, dasz ein äuge im
himmel seie, das alles siebet, ein ohr, das alles höret, ein
hand, die alles lenket. Scbcppics 882; die höhere hand wollte
mir einen wink geben. Immerxann Münchh. 2,13;
ich bin in den bänden
der alimacht. Schiller Carlos 5, 7.
die hand gottes wird ferner der schlagflusz genannt: die band
gottes hat ihn gerührt, apoplexia eorreptus est. Frisch J.40S*;
für den schlag oder der hand gottes sich zu verwahren, sol-
len diejenigen, so sich darzu geneigt spüren, . . etwas ge-
brannten weins mit zucker wol gemenget, trinken. Sebiz
feldbau 70; goldwurz, distilliert mit gutem wein . . bringt
denen, so in gottes hand gefallen sind, die sprach wider, das.
2) band bei persönlich aufgefaszlcn abitraclen :
des Unglücks rauhe band. Uz 2, 52;
sie hatten freilich die hand des krieges schwer gefühlt. GöTiit
25, 128; diejenige, so ihr busz und poenitenz auf die lange
hank schieben, geralben gemeiniglich in die händ des höl-
lischen erbfeind«. Abb. a S. Clara Merks Wien (l680) 157;
ja der tod, welcher mir jetzt die eiskalte hand reicbet.
ZiGLER Banise (l'OO) 675;
wie seelig werd ich denn, wie überseelig sein,
wenn, wie ihr seid mein haus, so sein weit auch mein schein,
aus dem mich auch die band der böllen nicht wird reiszen.
Flehimc 549;
nach den römischen grundsätzen ging dieses {grundeigenthum)
von der republik aus; die welche bürger wurden, trugen es
dem Staat auf und nahmen es zu dessen banden zurück.
.NiEBCiiR t, 332; er trägt das haupt so hoch, als wenn die
303
U AND — HANDARBEIT
HANDARBEIT — HANDBEIL
364
hand der niajesiat nicht über ihm schwebte. Götiie 8, 1S5;
die edle seele lag in der gewaitigon hand des fieber*. J. Paii.
TU. 4, 35 ;
die sanfte liaml der zeit löscht jeder thräne spur.
GOITKR 2, llHi;
die hand der zeit. J. Paui. leben Fibels 12S ; das jähr 1791 mit
i-einen 365 bänden, lit. nachl. -1,21$; er ging .. an der hand
des Schlafs in das reich der träume. Hcsp. 2, 252. der mensch-
Itche geist tchd persOnlicIi ycdachl und mit lidnden begabt: von
des auszerordentlichen mannes geistiger hand zuer.*!! nur
leicht umrissene stellen finden wir bedächtiger ausgeführt.
GoTiiE 45,60; ebenso das menschliche herz:
K. in deinem haus den vater nimmst «lu aul.
S. du spottest! K. was! du weigerst dich? £. in bänden!
io meines herzens bänden nehm ich ihn !
H. V. Kleist Kälhchen 5, 11.
3) hand bei Ihieren ; beim äffen: darzu ist der äffen hand,
ilnger, nägel, den menschlichen nit gar ungleich, weder das
sie etwas grübers und wilder sind, die füsz am äffen sind
einer sondern art, eben wie grosziechte hende. Forer Ihier-
buch (löS3) t'; daher der neuere name der affenartigen Ihiere
vierhänder. ganghänder, s. ganghand. die tatze des baren, in
der gestall einer hand ähnlich, wird so genannt; item in der
vorgeschriben wyttraiche haben die armen leut im tal zu
Bayerszbrunn gerechtigkait zu jagen und zu fahen allerhand
wildprett, on das rottgewildt, davon sollen sie geben, nem-
lich von einem beer das haubl und die recht handt von
einem haw enden schwein den köpf, wästh. 1, 3S8 ;
bist verwägen, so vertrauw
einem gezamplen bätzlin raiiw.
saugt er dir gleich hand und flnger,
er Wirt mer dann vor vil grimmer.
FoRKR Ikierbuch (1583) 15'.
beim falken: bände werden von den falkenierern die beinc
der zur jagd abgerichteten falken genannt. Behlen jagdcate-
chism.lbi; wenn dem vogel die bände geschwollen, dasz er
entweder sein weidwerk zu hart geschlagen oder das/, ihn
die fesseln gedruckt hatten. Falconariav. 1617, .<;. 91; die bände
{des falken) niusz man auch besichtigen, ob sie überall sauber
sind und keine warzen haben. Heppe jaydlust (1783) 3, 142.
auch die füsze von eidechsen , früschen, krOlen heiszen bisuälen
bände. flache hand nennt tnan fünf in form einer hand
ausgebrdlele enden am obern (heile der slangen eines gcweihs.
Nem.mch.
4) hand an einem ucgweücr : hand oder stein, die den wäg
zeigend, cipjn Maaler210';
ein hant die an dem wä^scheid stat,
die zeigt ein weg, den sie nit gat.
Brant narrensch. 21, 7.
5) hand an der uhr : wenn das gewicht vom seiger abge-
nommen ist, so stehen und halten alle reder, sampt der
hand, zeiger, unruhe und hamnier stille. Mathes. Sar. 38'.
6) kalte hand heiszl eine eiserne handhabe, um einen heiszen,
über dem [euer hängenden Icessel abzuheben.
^) liand uie franz. main de carosse, die ringe oder schnallen,
worin eine kulsclie hängt.
8) bei den papiermachern heiszl hand der Iheil der form, den
der büttgesell in der reclden hand hält. Jacousson 6, 22".
9) bti den lapetendruckern die druckform ■ da für jeden neuen
aufdrnck die tapele wieder neu in arbeit genommen werden
und durch die band gehen musz: so pflegt man wohl von
bänden statt druckformen zu sprechen und hiernach die
tapeten ein-, zwei-, dreihändig zu nennen, wenn sie mit
einer form, mit zwei, drei formen vollendet werden. Prechtl
eneyclop. 18, 293.
HANDADER, /.; snlvalella, hantader, houptader, nickadcr,
iiiiizader. Diefeno. 509*.
HANDAMBOSZ, w. kleiner tragbarer ambosz.
HANDAN'LEGUNG, f, das in angriff nehmen einer thal oder
arbeil , nach band anlegen II, 5,6. b,b. II, a (sp. 353. 357):
bei fleinziger handanlegnng wird das werk schnell gefördert ;
derowegen verhinderte ich ihn an »einem vorhaben {steh ;«
hängen) mit würklicher handanlegnng. Simpl. 3,417 Kurz.
HANDAPFKL, m. bildlich von dem himmrlsgewülbe, mit be-
ziehung auf die hallende hand dei schöpfen: dieser unrnSszIich
fcrosze, hohe und kugelrunde handapfel goltes. nurscuKY
Palm. 849.
HANDAKBKIT, f l) arbeit die mU der hand geschieht (gegen-
\^i kopfaibeit, 1, l""'! i,:m,,i i.l...ii nrh„ M»»iEii21o'; dann
solche Sachen lassen sich nicht aufs papier malen, das maus
allein aus dem lesen fassen und urtheilen wult, sondern aus
dein lesen kommet der bericht und aus der handarbeit die
erfahrung. Erker 87"; ganz anders verhält es sich mit der
gemeinen handai'beit , denn von kunstarbeilen ist die rede
nicht. Moser patr. phanl. 2 (1798) 11; (weil) die gröszte ehre
darin besieht, die längsten nägel an der rechten band zu
haben, als einen beweis, dasz man keine handarbeit ver-
richte. 156; allein ich fühle doch, dasz die kinder mehr zur
handarbeit angeführet, und dazu von Jugend auf gewöhnet
werden müszten. 301; und bringt wahrscheinlicher weise durch
eigene und ihrer tochler handarbeit ein kümmerliches leben
durch. Götiie 10, 161 ; so war ich dem maschinenwesen weniger
günstig als der unmittelbaren handarbeit. 23,45; er fühlte
den segen der handarbeit und lernte im haus und für das
haus leben. Biehl cullurgesch. nor. 434. — handarbeit ah
strafe für ein verbrechen: den kaulmann wird man auf seine
ganze lebenszeit in den schuldlhurm werfen, und den advo-
caten wird man zu einer öffentlichen handarbeit verdammen.
Babener sat. 4 (1757) 379.
2) das producl der handarbdl: dieser gestickte kragen ist
eine äuszerst saubere handarbeit; späterhin war alles was
er von reisen nach hause schickte, immer das künstlichste,
feinste, zarteste von handarbeit. Göthe 21, 194. — Von hand-
arbeit ist gewöhnlich utiterschieden der bände arbeit, was in
nachdrücklichem sinne steht, s. sp. 359, doch vergl. auch bande-
arbeit un<en.
HANDARBEITEND, paH. : um sie her bewegt sich ein
kreislauf von bandarbeitenden im reinsten anfänglichsten sinne.
Göthe 22, 124.
HANDARBEITER, «t. der handarbeit vollbringt {verschieden
von handwerker, der ein mechanisches gewerbe betreibt): hand-
arbeiter, manuarius , meicenarius Stieler 48; handarbeiter,
welche andern um ein gewisses lagelohn . . verschiedene
dienste, die sie mehrentheils mit der hand venichten, leisten.
Jacobsson 6, 22'; hier (bei der handarbeit) ist weit mehr an-,
strengung nölhig, die arbeit belohnt sich nicht so wie jene
(der ackerbau) , es wächst dem handarbeiter nichts zu , und
einer musz die minuten beim spinnrade in acht nehmen,
der sich davon erhalten will. Moser patr. ph.2 (1798) s. 11.
HANDARBEITERIN, /.
HANDABZNEI, f., von Paracelsus für griecli. x^^^ov^yia
gebrauchl: die arzney ist zweifach, leib und handarzney. leib-
arziley lernet alle krankheiten zu verstehn, und handarzney
lernet sie heilen, opp. (1616) l, 576 B.
HANDARZT, m. x^^QOvoyös: nicht Wundarzt, sondern hand-
arzt sollen wir sein. Paracelsus opp. (1616) 1, 577 A.
HANDAUFLEGUNG, /., zum segnen und heüen von krank-
heilen {sp. 330) : las nicht aus der acht die gäbe die dir ge-
geben ist durch die Weissagung, mit handauflegung der elte-
sten (gUh. afar analageinai bandive praizbylaireins). 1 Tim. 4, 14.
HANDAXT, f. kleine leiclde axt: der handhacke, handaxt
bedient man sich, um kleinere und kürzere bolzstücke zu
spalten. Prechtl encyclopddie 1, 418.
HANDBAD, n. bad für die hdnde , wie fuszbad bad für die
füsze: dem kranken sind vom arzte bandbäder verordnet.
HAND BALG, m. kleiner mit der hand zu bewegender blase-
balg in den •ichrnelzhiilten. Jacobsson 2, 202'; will mans (das
metall) aber bald Oieszend haben, so mag man mit eiin handt-
balg zum muiidtloch hinein unter die muffel blasen, so fleust
es bald. Erker 33*.
HANDBALL, m., follis pugilatorius. Hederich 1108.
HANDBALLEN, m. ballen unter dem daumen der hand: da
Spillen sie des ballens, sprangen der rock, stieszen der bock,
des handballens. Gary. 174*
HANDBAND, f: bandband, handbinden, handeisen, die
iicnd rill ze schniiden, manicae Maaler 210*.
HA.NDBECKEN, n. gefäsz zum handcuaschen von metall, thon
oder jiorzellan: malluvium handbeckin, haiidbeck DicrENB. 315";
trulleum, }>ollubrum ein handbecken Serraxus dict. bb 4*. l 2' ;
das handbecke, darüber man die hend wäscht, polubrum,
malluvium, guttus Maaler 2lü'; brachte ein handbecken nebst
gieszfasz und band(|uelc zurück. Göthe 24, 323.
HANDBEIL, n. kleines mit der hand leicht zu regierendes bal,
asciola: bandbcil ure schradbeil, secum manuaria SriKitR 123;
(erner wirt gewiesen dem voigl zu, den Rhein zu schirmen,
so frrrc man mit einem ross kann ryden und mit einem
ll.'llldtlivlii'll wi'rfcii iiiiitf ui'islh 1, (•2'2.
365
HANDBERDE — HANDBREIT
HANDBREITE — HÄNDCHEN
366
HANDBERDE, f. bavegung der hand, beim hindeuten, beten,
segnen u. s. w. : got hat im das volk des alten testaments zu
ainem euszerlichen, ßgürlichem volk erwölet, in welchem er
hat wollen ain muster beraiten und mit eüszerlic-hen handt-
berdten anzaigen , wie er im darnach . . wolle haben ain
gaistlich volk. S. Frask paradoxa bb' ; Numa Pompilius . . hat
vil fest, gebrengt, kirchweich, opfer, handtberd des jars den
Römern vor Christi gehurt aufgesetzt. 57*. rgl. Iiandgeberde.
HANDBERDIG, adj. bewegungen der hände machend, in der
folgenden stelle als reichen der aufregung und deszomes (s. sp. 331):
dise flaischliche lieb . . wil allain gelert, erüch, schimpflich,
freundlich gesellen des lebens umb sich haben, kan nichts
widerwertigs, ungestalts, handtberdigs, undankbars umb sieh
leiden. Fbank parad. 145*.
HANDBESEHEH, m. chiromanlicus hantbesyer DiEr. 123".
HANDBESETZ, m. in Oesterreich die einfassung eines hevtdes
an der hand, die prise. •Jacobsso» 6, 22*. vergl. handblatt,
handkrause.
HANDBEWEGÜNG, f.: der professor . . erklärte etwas,
wie aus seinen handbewegungen zu erkennen war, Fbeytag
handschriß I, 327.
HANDBIBEL, f. bibel zum handgebrauch, im kleinen format.
HANDBIBLIOTHEK, f. kleinere bibliothek, die zum gebrauch
slels zur hand sein kann : dasz die gute fürstin in einer ge-
wissen epoche aufgehört hat , ihre handbibliothek zu com-
pletiren. Güthe 33, 238 ; du hast dir eine kleine handbiblio-
thek angeschafft. E. T. A. HoFFSAS.«r 8, 36.
HA.NDBIETLNG, f. reichung der hand zur Unterstützung,
hülfeleistung, nach die hand bieten jp. 352: einem handbietung
tuhn, jurare aliquem, opüulari alicui Stieler 180; gott hat kei-
nem menschen alle gaben gegeben, und wil, das einer des
andern handbietung dankbarlich erkennen solle. BtrrscHKt
Palm. 523; das er [der epheu) die beume umfähet, und als
eine 8chwachgestengelte pQanze, durch ihre handbietung
empor strebet. 707 ; mit gesamter handbitung. hd. kanzl. 109.
HANDBINSE, f. eine binsenart: marinus juncus, manualis
juncus meerbintzen, glatbintzen, handbintzen. Alb. DD 1*.
HAND BLATT, n. l)wäszer leinener vorstosz an einem kleider-
drmel: handblätter, weisze leinene blätter, vorn an die ermel
zu machen. Frisch 1, 4l0'; auch in reicherer form, nie das
französ. manchette (s. handkrause): wegen des ungewöhnlichen
maszes seiner handblätter. Hippel lebensl. I, 13.
2) die pflanze fünffingerkraiU, folentilla reptans, quinquefolium,
wegen ihrer ähnlichkeit mit einer hand. Nemmch 4, 1053.
HANDBLOSZ, adj. entblöszl von der hand, ohne hand: so
eim ein hand abgeschlagen wirdt, dasz sein kindt darumb
nit handblosz wirdt. Paracelscs opp. (1616) 1, 125 B {von der
geberung).
HANDBLÜME, f. manulca.
HANDBOCK, m. kleine ramme mit zwei handgriffen, pfähle
und äeine einzurammen. Jacobsson 2, 202*.
HANDBOGE.N, m. leiclüer, mit der hand zu spannender bogen,
unterschieden von der mit hebet oder winde aufgezogenen arm-
brust: arcus handbogen Diefe.nb. 45*; arcus ein handbog Dasyp. ;
die weil schlugen mich die andern mit den handbogen.
H. Staden e iij ;
doch kuanen wir scbieszen mit dem hantpogen.
fastn. sp. 343, 8;
der ein mit gespantem bandtbogen. H. Sachs 3,3,65*.
HANDBOHNE, /. viäa faba, auch buffbohne, saubohne. Nem-
NlCH 4, 1565.
HANDBOHRER, m. kleiner mit der bloszen hand zu führen-
der bohrer, lerebeUum. Frisch 1, 410'. auch beim bergmann:
handbührer ist . . etwan eines daumens stark , welchen der
bergmann mit einer hand halten, und mit der andern ver-
mittelst des fdustels zuschlagen kan. miner.-lex. 285*.
HANDBRECHE, f viil der hand zu führende flachsbreehe.
Prechtl encyclopädie 23, 82.
HANDBREIT, l) adj. tjo« der breite einer hand: ein hand-
breiter spalt in der mauer; handbreit klaffte die wunde.
2) ab subst. f. wird es, wie haarbreit 2, sp. 25, giAraucht,
nur iü es hier nicht compositum, sondern zusammenrückung des
subst. hand »7it< deni adj. breit: wie denn die natur thut,
wenn man ir eine handbreit lesset, das sie eine gantze eilen
nimt. Luther 4, 44'; wenn man im eine bandbreit erleubt,
80 nimpt er vier und zwentzig elen. 22ü';
^»•"'hzehn handbreit ragten empor am haiipte die höroer.
Ittil» 4, llK«.
HANDBnEITE, /. die breite einer hand: und eine leisten
umb her, einer handbreit hoch. 2 Mos. 25, 25; ein rise ..
sechs eilen und einer handbreit hoch, l Sam. l", 4; sie drehte
ihren köpf so geschwinde zurück, dasz ich ihren mund um
ein paar handbreiten verfehlte. Wieland ll, 211. s. hände-
breite.
HANDBRET, n. bei den maurern ein dünnes brel mit einetn
stiele, worauf kleinere mengen kalk zum bequemen gebrauclie ge-
legt werden. Jacobsso.n 2, 202'.
HANDBRIEFCHEN, n. kleiner, von der hand weg {sp. 361)
geschriebener brief, franz. billel : die tochter entwickelte der
luutter die beklommenen gefühle ihrer seele in einem hand-
briefchen. Thümmel reise 3,470; besonders wenn das karten-
blatt selbst eine so kleine rolle darinne {in dem roman) spielt,
dasz es zu weiter nichts gebraucht wird, als handbriefchen
zu schreiben . deren inhalt eben nicht der klügste bediente
eben so gut ausgerichtet halte. Lessixg 5, 5S.
HANDBRIEFLEIN, n. dasselbe: sein jüngstes handbriQein
ist mir zu recht eingelaufen: da er sich denn wegen der
darinnen gebrauchten kürze so hoch zu entschuldigen nicht
gehabt. Bctschky hd. kanzl. 65.
HANDBROT, n. brot von kleinem format, im gegensatz zu
metzenbrot, scheffelbrot , zu dessen herstellung eine metze, ein
Scheffel mehl gebraucht wird: aus solchem deigk soll der becker
recht handbrod gleich dem geprauch und masz der anstoszen-
den nachbarn machen, weisth. 5, 640 [von 1543).
HANDBUßE, m. bube der zur hand gehl, hilß, in der Schweiz
namentlich auch hilfsarbeiter des sennen. Stalder 2, IS : er . .
arbeitete über köpf und hals, und hirtete die kühe selber;
ich war sein handbub , und muszte mich brav tummeln, a.
ni. im Tockenb. 17. im niederdeulsclien handbengel , ein knabe
der schon handdienste thun kann. brem. wb. 2, 5S5.
HANDBUCH, n. buch ton m-iszigem umfang, zum leichten ge-
brauch, entweder um hinein zu schreiben oder darin zu lesen:
hantbuoch, manuale, liber qui frequenter manu portatur voc. ine.
theut. il'; das er {der prediger) die deutsche biblia lasz sein
zornal und teglich handbuch sein. Matues. Lutlier 145'. in
neuerer zeit häufig verwandt zur bezeiclinung eines buches das in
knapper fassung das hauptsächlichste einer lehre gibt: handbuch
der griechischen und römischen alterthümer; handbuch der
Schönfärberei, das englische hat das wc-t als handbook herüber'
genommen.
HANDBCCHLEIN , n. kleines handbuch: manu<.lis hand-
buchelein, handbüchlin Diefe.nb. 348*; haudbücblin ene/iirüyton
AlberüstS'; handbüchlein, eHc/(iriÄon, hoclibelli, qui in manu
gestetur. Serrancs «ynoH. 93'; Stvupt nennt seine Schuitzer chro-
nica aus der groszen in ein handbüchle zusamen gezogen ;
hat vornen in sein handbüchlein folgende sprüch einge-
schrieben. ZlNKGREF 3, 30.
HAND BÜCHSE, f. kleine feuerwaffe, leichter als die haken-
büchse (sp. ISl): wir warn gefürt zu ainem schönen gezelt,
das stund als zwen handpüchsen schusz von des kaisers ge-
zelt. S. V. Herbebsteix (1541) fB fönt. rer. austr. 1,333; da-
neben eine handbüchse, so am sattel zu führen ist. Schwei-
MCBEN 1, 56 ; handbüchs, sclopus minor, manualis, alias pistol.
Stieleb 258. vergl. auch faustling, faustrohr;
er dät im mit einer bantbücbsz nüt.
Braxt narrensch.
76, 42.
HANDBÜCHSENSCHCTZE, m.: die von den reichstetten
heltn ob den 3000 hantbüchsenschfltzen. Wilw. v. Schaumb. 25.
H.\NDBGFFELEI, f. gemeine schwere handarbeU, s. büffelei
2, 492 : so dürfen sie sich mit.solcher bandpüffeley gar nicht
hinbringen, maulaffe 113.
HANDBCSCHEL, «i. manipulus, dragma. Serbands syn.9Z';
das handbüschele, was ein Schnitter mag erfassen, manipu-
lus Maaler 210'.
HÄ.NDCHEN, n. kleine hand: das händchen des kindes;
das sammetne händchen der geliebten; wenn er auf das kleine
braune moos trat, so ächzte es .. und er sah, wie es die
behaarten händchen rang. ImiEKaAN.x .Vünclth. 3, 82 (trun<i<T
im Spessart);
kniet auch nieder, faltet eure händcbeo,
und betet still um gottes ewge huld.
KöRNKR Itosamunde 6, 11;
wohin des kiodleins bändchen lao^
Akm>t ged. (IMO) s. 460.
Es war vordem $iUe, ein neugeborenes kind so in windeln ein-
zuschlagen , dasz dieselben mit dem leibe auch alle gliedmaszen
367 HANDCüLLATlüN — UÄKÜEÜRÜCKEN
HAKDEGEBEN — HANDEL
368
fest umschlossen, nach neun tagen wurden dem kinde die Hände
zuerst freigelassen, das nannte man einem kinde die händciien
gelten, ücon. lex. 901.
HANDCOLLATION, f.: handcoilation, gastgeboth, da es
oLiTeigen setzet, Iwsptium pugneum Hederich 1209. vgl. haar-
coliatiün.
HANDCUR, f.: wenn aucli diese miltel nicht helfen wol-
len, musz man zu der handcur schreiten, als die blälterlein
{puslulas) mit einer suhtielen nadel eröffnen. Uffenbacu neues
'ossbuch 2, 83.
HANDDECKE, f. eine kleine decke, welche man im stall den
Pferden außegt; auch eine decke troniil man die handpferde bei
dem ausreilen zur zierde bedeckt. Jacousson 2, 202*.
H.\NDDEGEN, «i. kleiner, bequem zu brauchender degen:
handdegen werden neben raufdegen als ausrüstungsgegenstdnde
ton Soldaten genannt. Böckler kriegsschulc 132.
HANDDIENST, vi. frohndiensl der durch handarbeil geleislel
wird, entgegen dem Spanndienst, der mit dem Zugvieh erfolgt.
Frisch l,4lo'; die haus- und gartenmielhc, die handdienste
und auflagen. Uöseü phanl. 1(1798)350. bildlich: bei solchen
band- und Spanndiensten des glucks. J. Paul Titan l, 66.
HANDDIENSTER, m. der zu frohndienslen mittels handarbeil
verpßichlele.
HA.NDDRUCK, m. druck der band: der glückliche schwieg
und gab statt der antwort einen handdruck der liebe. J. Paul
Tüan 1,11;
dem banddruck, den du mir erlaubt,
den küssen, die ich dir geraubt.
J. M. Miller ged, 73.
s. händedruck.
HANDDUUCKEREI, f. kleine druckerpresse zur anfertigung von
drucksachen geringen umfangs. Jacorsson 6, 22'.
HANDüRLCKETSAM, adj. zum handdruck geeignet : seine ..
holzschlägelige bärenlapcn sind irem {der elwfrau händchen)
handtrucktsame bulerdätzlein. Gorj/. 7o'. das worl zeigt auf ein
fem. handdrucket, der letzte theil gebildet wie ahd. druckida
pressura Graff 5, 254.
HAiNDDRUSCH, «i. ein neues worl, das ausdreschen mit der
band, d. h. mit dem dreschflegel, im gegensalze zu raaschinen-
drusch, dem ausdreschen durch die dreschmaschine.
HÄNDEARBEIT, f. wie handarbeil (sp. 364): die kost besser
haben , als ich sie mir mit meiner händearbeit würde ver-
schaffen können. Moser palr. phant. 3(1798)33; die knelung
{des broUeigs von einer mascliine) wird . . so gründlich vollzogen,
dasz gleichmüsziger und inniger mit händearbeit den teig zu
kneten eine Unmöglichkeit ist. iib. land n. meer 1869 s. 543'.
HANDEBHEIT, adj.: händebreites fett hatte es {das schwein)
auf dem rücken. Armm scfiaub. 1, 262.
HÄNDEBREITE, f.: jede besondere sensenform wird aber
wieder in mehreren gröszen angefertigt, wobei man die länge
der scnse als anhält nimmt, und die anzubl von fausten oder
bändebreilcn . . als maszstab gewählt hat. Prechtl eucijclup. 15,3.
HÄNDKDELTLNG, /. chiromaulia. .Stieler 309.
HÄNDEDRUCK, m. druck der hände zur begrüszung , sowie
als zeiclien der zdrlliclikeil , freude , Versöhnung (sp. 332): sein
händedruck hatte etwas herzliches und belebendes. Götue
25,360; aus freundlichen blicken, geselligen aufmerksain-
keitcn und zwei oder drei händedrücken, wie sie ein unbe-
hingcnes wohlwollen giebt und nimmt, war bald für uns ein
netz zusammengestrickt worden, aus welchem wir schlechter-
dings als braut und bräutigam hervorgucken sollten. Imnkr-
MANN Münchh. 1,165;
mäniier,
die keinen händedruck erlaubt
sich halten. Gockiüuk 3, 171;
laszt dieten hSndedrucli die wunde heilen,
die meine zunge übereilend scliiug. Scuillm ^'uny/ir. 2, 2 ;
und geiner rede
zauberniis)!,
»ein liAiiilcilruck,
und acii «ein kujtl Götui 12, 178;
wann ein«t fromme herzen deutsch sich flnden,
ohne eid« mit dem bänilednick
werden »lo hier treue binden. Abhot ijed. (IHIO) 244.
HANDKDRCCKEN, n.; da war .. ein Kolch hnndgebens,
b'- ' '' 11, hrndtrui'kcnK. Garg. 231)'; dasz sie ihm zum
I mit einem freundlichen händrdrücken ihre gcgcn-
t- r. ' •• »chenkete. ÜAPfKi. acad. rom. :i2s ;
ihr lArlK-ln und ihr hAiidedrflcken
wirgi un« mit olTncn äugen ein.
AiAtANTUU ge,d. (1710) y. ti>t,
sie gröszet jeden gast mit treuem händedrücken.
HtCKOOHN 2, 100;
nur eines freundes hSndedrQcken. Göckinge 2, 33;
mir danket dann ihr morgenprusz, . . .
ihr sanftes händedrücken. Borgkr 117'.
HÄNDEiGEBEIS, n. ; die vorderste reihe, welche durch gegen-
seitiges händogeben eine kette gebildet, yartenlaube 1867 s. 681.
HÄNDEGEBEND, pari.: {wie freundlich wurde Albano »on
allen empfangen) von der leichtweinenden mutter Albine an
bis zu den händegebenden allen bedienten. J. Paul Tilan 2,224.
HÄNDEGLEICH, adv.: bäume, mit händegleich verschlun-
genen ästen. Götue 44, 137.
HÄNDEHEBEN, n. .* das voik schrie euch bald nieder in
ausgelaszner freude, risz euch bald vom pferd mit hände-
heben. Klinger Ihcaler 4, 173.
H.\NDE1MER, m. kleiner leicht mit der hand zu fültrender
eimer, unlerschieden von dem brunneneimer, schiipfeimer.
HANDEISEN, n. eiserne fessel an der hand: manica handysen,
handeisen Diefenb. 346'; handeisen an den bänden der ge-
fangenen, manicae. Frisch 1,410'.
HÄNDEKLATSCHEN, n. zusammenschlagen der hände, als
beifallszeiclien {sp. 334): dieser mann ... welcher in seinen
Jüngern jähren das händeklatschen des parterre und die be-
wunderung der logen erregte. Rabenerso/. 2 (1761) 336; unter-
stützte das allgemeine geiächter mit lautem händeklatschen.
Wieland 19,54; ein allgemeines händeklatschen des beifalls
unterbrach endlich diese stille, Schiller 719'; auch als auf-
fordcrung zum aufmerken : als ein händeklatschen von unten
heftig zu vernehmen war. Göthe 21, 154.
HÄNDEKLATSCHEN, verb.: man lachte und händeklatschle
noch vor drei monalen. Wieland 30, 44.
HÄNDEKLATSCHER , f?». ; das glockengeläut, womit er
händeklatscher und künden herbeiruft. Sturz 1, 207.
HÄNDEKLOPFEN, n., was händeklatschen: so oft ein
schlag geschah, so oft bezeigten sie durch ein leichtsinniges
händeklopfen ihren bcifull. Rahener sal. 2 (1761) s. 249.
HÄNDEKUPPLEREI, f. zusammenfügung der hände als zeichen
des verbundensäns (s. kuppeln, kupplerei):
kein mund zu munde kehren,
kein händeküpicrei, kein dienen fern und binden
befreundet uns mit uns. Fleming 60.
HÄNDEKÜSSEN, n. osculatio manuum.
HANDEL, m. res, causa, negotium.
Das wort ist aM. noch niciU vorhanden, mhd. zeigt es sich erst
spät wb. 1, 632'. dagegen kommt das verbum handeln , ahd.
hantalön , manu conlingere , manibus tradare, scJion früh und
häufig vor Graff 4, 974. Unter betteln 1, 1729 isl davon geredel,
dasz jenes handeln auf ein alui. nicht nachzuweisendes hantal
sich gründe; dem entgegen musz lüer darauf hingewiesen werden,
dasz das Substantiv erst später nach dem verbum gebildet sei. eine
anzahl iteraliva sind dirccl aus verben mittels der ableitung al
entstanden, und wie ahd. pelalün auf petün, nlid. betteln auf
beten, als widerholtes bitte Ihun, zurftckgehl, so gründet sich alid.
swintalün, nhd. schwindeln au/'swindan, schwinden, inangalön,
mangeln, auf ahd. mungjan deficere, wandalon, nhd. wandeln
auf ahd. wandjan , nhd. wenden , und gleiclierweise stelU ahd.
hantalun, nhd. handeln zu einem alid. hantün und hantjan,
hendan, manibus tradare, prehendere, das noc/i im nhd. in den
compositen liehanden , behanden (1,1326), behenden (1338),
fries. handa, lienda, alln. henda hervortritt. Von solcJwn verben
erst kommen subatantiva der bildung wie handel her, den zustand
der durdt das verbum bezeichnet wird, auszudrücken, sie sind,
während das letzlere im ahd. Iiäußg bezeugt isl, dort noch selten,
wuntal nur viermal bezeugt, die jüngere spräche erst, seit der
mhd. periode, verwendet sie häufiger, verschieden der bildung
fiflc/t erscheinen die unkr betteln luerher gezt^enen verben nageln,
satteln, wechseln, vögeln, die denominalira sinnlicher begriffe
mdnnlidien geschlechls nagel, satlel, Wechsel negotium, commer-
cium, vogel sind.
Wie das nhd. plurale ^ron abstractbildungen mehr und n>ehr
verschmäht , so isl auch der plur. von handel , der sich in den
altern quellen noch h'tufiq genug vorfindet , der neuem spradte
nicJU mehr gerecht, mit ausnähme der bedeutung 4, wo er, der
eüiinthümlirhrn begriffsenlwickrlung enls^wechend , geteüiinUch er-
sclieint. dir (»rm ist mit umlaiä gebildet, die unumgelauteie selten:
dann in Rokhen handien ist nit langer inist zu machen.
WickRAJi Toliiragenb. .'15,23 Kurz; grosze handel mit geschwin-
(ligl.cil srhlitszci). Garvh anmerk. zu Cic. de off. budi 3, s. MS.
369
HMDEL
HANDEL
370
I
handel bedeutet:
1) im allgemeinsten sinne, was mit den händen betrieben md
ausiierichtel wird, dalier arbeit, Verrichtung schlecldiceg, namentlich
sofern es eine länger andauernde oder oft wiedeiholte ist: einem
lessigen gerat sein handel nicht, aber ein vleisziger mensch
wird reich. Sprüche Sal. 12,2"; das werk lobet den meister,
und einen weisen fürsten seine hendel. Sir. 10,24; denn die
furcht gottes machet weislich thun in allen sachen, und gottes
gebot leret klüglich faren in allem handel. 19,18; ein haubt-
man, ein ritter, ein edeiman, ein kaufman, ein hantwerkman,
ieziicher wirt gern von seinem handel gefragt und freuet sich,
so er da von sagen sol. Ä. v. Etbe 84' ; menschliche hendel
und tbaaten, mortalia acta Maaier 218*; die übrige zeit mit
fressen und saufen und andern unfertigen bändeln zubringen.
der Stadt Leipzig Ordnungen (1701) 303; und versichern, das
bergkwerk bawen auch ein göttliche und ehrliche narung und
handel ist. Mathes. Sar. l'; ich thäte dazumal mein bestes
{bei der arbeit), weil es mir auch nicht schwer ankam , und
ich solche handel vor vielen jähren gleichfalls getrieben hatte.
Simpi 2,301 Kurz; im schönen bofpsalm . . gedenket der
doctor desz äffen, so holz spalten wolte und des keils ver-
gasz: und da er die axt auszog, darüber zu schaden kam.
denn wenn sich einer frembder handel understehet, die er
nicht gelernet, gehet es selten ohne nachtheil ab. Schcppics
830; weil sie (die fabeln) von nützlichen und künstlichen
handeln reden. 834; damahl hielte der unvermuthliche reuter
still, stieg vom pferd ab, band es an einen zweigen, lösete
die hosen, und verrichtete das werk der natur. Klingenfeld
sähe dem handel ein wenig zu. Happel acad. rom. 2;
wan mit gescbrei wir olTeDbern
die hendel, damit wir uns dao nern. fastn. sp. 790, 5;
ein weibspild, eine hübsche person,
der all ir hendel wol an stan. 2tö, 21-,
dem aller menschen handel,
herz und gedanken kuud. Weceusru!« 5;
dann auch nur die art und weise des thuns, das thun und treiben :
die in welschen landen gewöhnliche sitten und handel. Phi-
LANDER 2 (1643) 126; da liesze ich mich dann gegen ihnen ver-
nehmen, dasz mir ihr handel wolgefalle. Simpl. 2,216 Kurz. —
Vom thun und treiben der liebe: gedachte, dasz sein weih gegen
im untrewlich führe, und sucht, ob er ein loch {in der kam-
merlhür) möchte Gnden, dardurch er seines gemahels handel
möchte sehen und befinden, b. d. liebe 273'; und also lebte
ich trefflich glückselig und vergnügt, hätte mir auch meine
tage keinen andern handel gewünscht, wann nur mein mann
etwas besser beritten gewest wäre. Simpi. 3, 3ö Kurz; erzehlet
ihm alle handel meines weibs. 4,47; solches {liebesspiel) triebe
ich etliche tag und nacht nacheinander, bisz ich desz han-
deis müd . . war. 4, 121;
ein lustiges weih,
schlau, erfahren in Amors bändeln.
KoTZEBUE werke 20, 336;
auch in bezug auf tbiere: da sie dann (die wilden katzen) zu
rechte kommen und der handel angehet, und wann es so
geschehen und der kater los lasset, da hauet die katze mit
den klauen auf ihn zu, welches gar nicht zum freundlichen
dank anzusehen. Tänzer jagdgeheimnis 130.
2) dann sache, angelegenheit, Vorgang überhaupt: das sie nit
gottes handel, sunder ir aigene hendel treiben. Reüchlis
atigensp. 20* ; ist unser handel nicht, stehet uns auch nicht
an, solche zusage zu ändern. Lctber br. 5,62; darumb das
David gethan hatte das dem herrn wolgeGel . . on in dem
handel mit Una. \kön. 15,5; sind willig und weise zu allen
emptem, dazu die fürsten und alles volk zu allen deinen
bendeln. 1 c/iron. 29, 21 ; kein kriegsman flicht sich in hendel
der narung. 2 Tim. 2, 4; meine sachen und handel. Götz
V. Bebl. 4; also stadt der handel, ita negotium est Maaler
210*; das dienet zum handel, atlinet ad rem das.; ich weisz
allen handel wie es gangen ist , omnem rem scio ul sil gesta
das.; das man von diesen wichtigen handeln aus gottes wort
keinen gründlichen bericht geben kan. B. Ringwald tr. Eck.
A7'; denn an dem handel .. ist viel mehr gelegen, ,. nem-
lich, was wol dort oben . . vor grosze frewd vorhanden sei.
B3'; niemand hett sich versehen, dasz dem Revmund solcher
handel zu banden gangen oder widerfahren 'were (er hatte
zufallig seinen herrn getödtet). b. d. liebe 264'; Melchisedek hat
diesen handel desz heils fürgebildet. Reiszser krus. l, 4';
Joiakim verstund nicht den handel gottes, t.2S*: dn«/. ich
IV. II.
den verständigeren anlas gebe , solchen handel zu erwägen.
Rospier v. Löwenhalt vorr. s. 13 ; ob sie den handel ver-
standen, s. 17; so stund der pfarrer schon vorm bette, zu
vernehmen, wie mirs gangen, und wie meine handel be-
schaffen wären. Simpl. l. 118 Kurz; er wüste schon besser
wie mein handel stund als ich selbst, s. 357; was ich thun
und wie ich meine händel anstellen wolte, damit ich wieder
recht grün würde. 4, 22; etliche officier .. die unserem handel
zugehöret und zum tbeil durch einen spalt zugesehen hatten.
3,39; alte und neue historici gedenken wenig von den meisten
diesen handeln. Hahn bist. (I72i) 2,183; ach wenn wir doch
auch beim h. abendmahl mit allem ernst könnten sagen : von
ganzem herzen ergebe ich mich dir, mein Jesu, aber ach,
wie alber und einfältig stellen wir uns zum handel, wie kalt-
sinnig sind unsre herzen! Scriver seelensch. 1,510; Klingen-
feld tratt zu dem letzten vor die thür, und erzeblete ihm
desz fremdlings anligen , welcher desz handeis von herzen
lachete. Happel acad. rom. 526 ; Wilhelm fand an dem ganzen
handel nichts sonderlich merkwürdig. Götbe 18, 299; auf
diesen war der handel eigentlich angelegt, und er sollte für
manches, was er gesündigt hatte, auf eine lustige weise be-
straft werden. 26, 160 ;
bald billig ich mir meinen handel,
bald drauf verklag ich mich bei mir. ' Fleming 523;
man sagt : das ist ein böser, schlimmer, unglücklicher handel,
tt'ie sonst eine böse sache: indem begab sich noch ein böser
handel von Appio Claudio. Livius v. Corbach 46; dann ich
der frawen in ein solchen schweren handel nicht zu helfen
weisz. Galmy 289 ; wäre nicht dieser unglückselige handel
dazwischen gekommen, so hätte ich ein himmlisches leben
geführt. GöTHE 20,35; ich thue euch zu wissen, dasz der
handel, der mich um eure ehre besorgt machte, sich zu
eurem vortheil aufgekläret bat. Lesslng 1, 591 ; es wer fürwar
ein armer handel. bienk. 202'; handel dem nit wol ze trauwen
ist, non cerlae ßdei res BIaaler 21o'; den zwischen ihm und
dem weib vorgegangenen ärgerlichen handel mit der öffent-
lichen Vermählung zu purgiren und gut zu machen, Happel
acad. rom. 53; schändlicher handel, factum improbum Stie-
ler 754;
aber wie man keinen klaget,
der nach losen bändeln ringt.
Soltav 521 (von 1692);
ferne)-: das war nun für mich ein gewünschter handel. Lai.
de Tormes 5S; den Studenten war es ein gemachter handel,
nahmen Drecksimons neue brüderschaft williglich an. wiszbad.
wisenbrünl. 55; der jud dachte, das ist dir ein gemachter
handel. 207 ; wir trafen einen nachen an , der noch den-
selbigen abend wolte abfahren nach Bingen : disz war uns
ein gemachter handel, denn es ziemlich theuer zu Mainz war,
geß. finken 40. es heiszt: der versteht den handel, er weiss
sich in eine angelegenheü zu finden; einen handel ausrichten,
richtig machen; wolte gleich wol mit dem ersten diesen handel
richtig machen. Schütz Preuszen 55; und blieb der handel
unverrichtet stecken, das.; sich aus einem handel ziehen,
aus einer sache loswickeln, sie zum guten ende führen : die dra-
matische poesie überhaupt war sein fach nicht, aber ein
guter köpf weisz sich überall aus dem handel zu ziehen,
und so haben seine beiden stücke . . Schönheiten. Lessinc
7, 78 ; wenn die absieht ist, wie es scheint, diesen verwegenen
handel im stillen beizulegen. Göthe 14, 245.
3) auch Stellung, läge, bescha/fenheil einer person oder sache,
art und weise des beßndens und Verlaufs wird durch bandet
bezeichnet; von sachen: das hat aber ain ander ursach und
ainen andern handel. Recchlin augensp. 12'; von personen:
und also habe ich meinen guten handel , den ich in der
Schreibstube hatte, dem gemeinen Sprichwort nach auf ein-
mal verkerbt. Simpl. l, 96 Kurz; und ist nicht (nichts) under
der sonnen übler zu verdrieszen dann dasz . . der arbeiter
so einen bösen taglon und handel bat, und sich iederman
uf die hendel (kaufgeschäfle) legt. S. Frank sprichw. 1, 174' ;
befihlestu got deinen handel, hoffest und wartest auf in.
Luther 3, 290.
4) handel reren^t sich aus der bedeutung 2 in den begriff
Streitsache, streit, und zwar
a) gerichtliche oder obrigkeitliche Verhandlung, proeess: es mag
auch ein notarius gebctten oder gefordert werden zu einem
handel eines stummen, und schreiben die zeichen oder das
vinken. nolariatsordnung von 1512 §7; handel, da mar, auf
24
371
HANDEL
HANDEL
372
einen klagt, oder füisten, henen und oberen an irer wirde
und eeren geschmächt hat, actio niaiestatis Maaler 2t o'; Han-
del, ein yeliiche sach und frag die sich vor dem gericht zu
tregl, caufa, actus, actio forensis das.; der handel ist male-
fitziscb, er trifft das laben, agilur de capüe das.; wenn jemand
einen handel hatte, das er zum könig für gericlil komen solt.
2Sam. 15,2; weil der könig gen Tyro komen war, lieszen
ir drei, des rats gesandten, den handel für in gelangen, das
er darin solt urteil sprechen. 2 Macc. 4, 44 ; solche öffentliche
stedte {stalten), da man für der gemeine öffentliche hcndel
ausrichtet. Luther 5,63'; wird denn meine sache bald zum
berichte reif sein? ich wünsche sehr, dasz ich endlich aus
dem bösen handel kommen möge. Rabener sdt. 3(1757) .s. 72;
der handel ist hier die führung einer rechtssache vor gericht.
Käst 5,272; der handel, welcher Coriolanus Unglück ent-
schied. NiKBCHR 2, 112.
b) auszerqeriehtlicher streit, zank: jemand unter euch, so er
einen handel hat mit einem andern. 1 Cor. 6, 1; bei der nacht,
dasz man die liechter erlöschet, ein grosz geschrei und
handel ward. b. d. liebe 290*; mit Felix hatte ich einen kleinen
handel, denn er wollte fast mich nüthigen, einen meiner
gut«n Vorsätze zu übertreten. Göthe 21,38; auch entwirrte
sich der gräsziiche handel noch ganz gelinde. 28,213; auf
einmal entzweien sich die männer, es entsteht ein lebhafter
Wortwechsel , die frauen mischen sich hinein , der handel
wird immer ärger. 29, 258;
kein handel, ungemacb, noch widerwiil. Weckherlin 719;
das gibt 'nen handel :
nur gtit, dasz wir die herrn zu hause sind. Göthe 10, 264 ;
einen handel begehen, streit, zwist erregen (nach begehen 8,
Uieil 1, 1286) : weil es einen notorie offenbaren handel be-
trifft, den derselb Pfefferkorn an mir begangen hat wider
got, eer und recht. Reüchlin augensp. 4'. — Dann auch handel
von einevi qerinyern kriegerischen zusammenslosz : zugleich war
ein ernstlicher handel bei Bretzenheim, denn freilich hatten
die Franzosen alle Ursache , uns aus diesem so nahe gele-
genen dorfe zu vertreiben. Göthe 30, 281.
5) in dieser bedeutung (4, a. b) ist der plural bändel nicht
nur in altern quellen, sondern auch bis auf die Jetztzeit recht
gewöhnlich; so t'on gericlitliclten processen: nachdem sich auch
befunden , dasz sich die sachen und händel des cammer-
gerichts fast mehren und häufen, cammergerichlsordnung von
1555, t.theil, 30, §3; die händel vor gericht bringen, lilem
in Judicium proferre Steinbach 1, 690; von auszergerichtlichem
streit und zuist: erzählte die händel in Rom. J. Paul Titan
2, 25 ; ich habe es oft gesagt und w erde es noch oft wieder-
holen , die causa finalis der weit- und menschenhändel ist
die dramatische dichtkunst. Göthe an frau v. Stein 3, 145 ;
eilet mir nicht nach,
wenn ihr auch lärm und händel hören solltet. Göthe 10,229;
ich habe alle händel dieser erde
bis fast aur die erinnerung verlernt. Schiller Carlos 1, 4;
von xDiisenschafllichen Streitigkeiten : dem liebbaber dieser händel
zu gefallen (weil doch solche bücher .in weniger banden
befindlich) wil des . . Scriekkii worte ich anhero setzen.
Schuppiüs haubtspr. 31 ; von der verlheidigung abweichender mei-
nungen: darumb sie {die Juden) auch oit mögen noch sollen
ketzer noch ir hendel ketzerei genennl werden. Reuchlin
augensp. 4'; von kriegshändeln : und man sol dreiszig tausent
man in Judea welen , den wil ich sold geben, wie meinem
andern kriegsvolk . . . und aus inen sollen gcwelt werden
etliche, die der könig in seinen köhesten hendcln, als ver-
trawclc rele gebrauchen wird, l Macc. lo, 37.
Man tatjl händel anfangen, beginnen, erregen: indem er
ihm vorwarf, dasz er mit allen leuteii händel unfieng. Haitel
acad. Tom. s. 7; wie sie . . die judenstadt geplündert und
Krä.szliche händel erregt. Götuk 24,235; händel anspinnen,
anrichten : nur dem einzigen stünker gilt diese meine bitte
nicht, der hämisch und klein genug ist, händel anzuspinnen,
die er selbst durchzusetzen weder herz noch kraft hat. Les-
*\nc. 11, »41; nimm dich in acht, freund Roche! ich könnte
' iie händel anrichten. Schiller parasit 3,2; der ver-
lor soll dir sehr ernsthafte händel anrichten. 1,2;
li.iim.i ii.il)tn, machen, sich in händel verwickeln: welche
etliche händel eine» feind» halb betten. Götz v. Behl. 63;
als sie .. seinen neuen braunen rock über und über weisz,
als wenn er mit mUllern händel gehabt , bestäubt und be-
fleckt sahen. Göthp. is, 297; dcsz ciscnfrc«ser» linchninlh ist
jetzt) gedemüthiget, er wird uns hinführo nicht mehr solche
händel machen. Happel acad. rom. 8 ; dasz du dich in die
gefährlichsten und schlimmsten händel verwickelt hast. Göthe
24,332; es setzt händel: sie konnten einander nicht auf der
slrasze begegnen, ohne dasz es händel setzte. 24,71; man
bekommt händel: zu vermeiden dasz man mit den gesetzen
keine händel bekommt. Rabener saliren 4, 378 ; mau sucht
händel an oder mit einem: die Franzosen scheinen seihst an
den Schweizern händel zu suchen. Göthe 43,216; mir will
es scheinen , als suchten die Franzosen händel mit den
Schweizern, i. 218; händel werden geschlichtet, beigelegt. —
händel machen auch von den Unordnungen die ein fltisz an-
richtet: die Rhone macht überhaupt in diesem engen lande
böse händel. Göthe 16, 260.
6) handel haszt auch der böse anschlag, lül, streich, nament-
lich im processe: ein man mit naincn Joseph, ein ratherr, der
war ein guter fromer man, der halte nicht bewilliget in Iren
rat und handel {rfj ßovlfi xai ttj n^ä^ei avrdiv). Luc. 23, 5t.
7) handel bezogen auf ein einzelnes kauf- oder tauschgeschäft :
das niemand zu weit greife noch verfoiteile seinen bruder
im handel {^v t<JJ n^ayfiart , goth. in töja). 1 Thess, 4, fi ;
Lolhario hat uns den handel um wichtige guter in unserer
nachbarschaft aufgetragen. Göthe 20,119; aus fordern und
bieten besteht doch der handel. Immermaihh Münchh. 1, 129 ;
ob es gott geliebt, war der beste handel,
dasz sich hier in dort ehstes lyölich wandel.
LocAU 2, 123, 21.
auch hier tritt der plural händel auf: alle schiff im meer und
schiffleut fand man bei dir, die hatten ire hendel in dir.
fl«. 27,9; mein kind, stecke dich nicht in mancherlei hendel,
denn wo du dir mancherlei fürnimpst , wirst du nicht viel
dran gewinnen. Sir. 11,10; von wucherlicben und jüdischen
handeln. Regensburger reichstagsabschied v. 1576, §115; in der
modernen spräche ungewöhnlich: abgesehen davon, dasz bei
ungerechten handeln , betrügerischen kaufen und verkaufen
viel geld verloren geht. J. Gotthelf schuldenb. 97.
Es heiszl einen handel schlieszen , abschlieszen , machen;
sie hat heute den handel über ein landgut geschlossen.
Rabener sal. 4, 387; mit feuchten blicken betrachtete der
Sammler das grosze, wohlerhaltene gefäsz. endlich stammelte
er: ist darüber kein handel zu machen? Immermann Münchh.
1,143; auch bildlich: topp, herr Marder, der handel ist ge
schlössen. Kotzecue dram. sp. 2,341; handeis einig werden
wir wurden des handeis nach wenig gewechselten worten
bald einig, Happel acad. rowj. 505 ; einen handel rückgängig,
rückläufig, einen handel fest machen; handel ist handel,
ein abgeschlossener vertrag ist giltig; beim handel wird nicht
gebnidert. Frischbier sprichw. 1475; der handel gilt: topp'
der handel gilt , für den beutel haben sie meinen schatten.
Chamisso Schlemihl cap.i; einem den handel verderben, in
den handel fallen ; so dasz einer dem andern den handel
durch verkauf oder Vorverkauf nicht verderben konnte. Moser
patr. phant. 3 (1798) 167.
8) dann ist handel in colleetivem sinne fortdauernder oder
geuerbsmdsziger betrieb von kauf- und tauschjcschäßen , ferner
handelsverkehr (vergl. auch kaufhandcl 5, 332) : du hast deinen
handel auf dem meer gehabt und allerlei wahr . . auf deine
merkt bracht. Hes. 27, 12; aber es wil . . unserm handel
dahin geraten , das er nichts gelte, aposlelgesch. 19, 27 ; das
bettlerhandwerk ist nur ein handel, aber es gibt viel meister
drauf, sagt man. Otho 623 ; durch den mississipischen actien-
handel. neueste nachriehten aus d. Vatican (1721) s. 25; der handel
wird allemal die erste aiifmerksamkeit des gcsetzgebers ver-
dienen. Moser patr. phant. 2(1798)136; der handel mit aus-
wärtigen tüchern. 140; der handel des ganzen landes ist
durch den krieg vernichtet; wenn wir das Vorgebirge haben,
beherrschen wir den handel Indiens, folglich den handel der
weit. Seume mein leben 96 ; jetzu in kurzer zeit hat sich der
philosophische handel die höchste bedingung seiner frachl,
eine meerfreiheit erobert, wie sie bisher niemals in Deutsch-
land war. J. Paul naclidiimmerungen s. 67; auch hier in den
lillern quellen der flur. händel : denn in hendeln pflegt man
Siegel und briel, zeugen und eide und dergleichen verbtlndnis
zu brauchen. Luther 4,283"; in allerlei hendeln und kauf.
403'; üb er gleich alle händel und handwerk trib. Acr. .«pr.
(1560) 379'. Man sagt handel treiben, haben, führen, einen
handel anfangen , aufgeben , niederlegen ; die mit schiffen
auf dem iiu-im- füren , und trieben iren handel in groszen
373
HANDEL — HAM)ELN
HANDELN
374
wassern, ps. 107,23; da du deinen handel auf dem meer
triebest. Hes. 27, 33 ; das dein handel und alle dein volk in
dir umbkomen ist. 34; besonders da die dortigen sensali
oder mäkler die hausirer genau kennen , und gegen eine
billige Provision den ganzen handel führen. Moser patr. phant.
1 (1798) s. 265; jeder mensch, welcher einea handel unter-
nimmt, s. 23 ; mit demjenigen , was sie wohlfeil erhalten,
einen handel treiben. 5. 2S ; sie hätte zuerst die englische
wolle auf den markt, und den handel damit zu einer solchen
höhe gebracht. 3,168; auszer denselben aber war kein be-
trächtlicher handel anzufangen. 171; offnen handel treiben;
wenn der handel offen wäre, das.; den handel an sich ziehen;
(die Antwerpener) , die zuletzt den ganzen handel an sich
gezogen, s. 17S; der handel blüht, stockt: in Hof, wo der
handel sehr blüht. J. Pavl leben Fibels s. 5 ; ihr handel muszte
sofort stocken. Moser /)/ian/. 1 (l79S) 278. bildlich heiszt es ron
einer feilen dirne, sie treibt mit ihren reizen handel. Formel-
haft ist verbunden handel und gewerbe; handel und gewerbe
blüht im lande, ist im lande gesunken ; kaufmanschaft, han-
dele und gewerbe. Mone zeitschr. für die gesch. des Oberrheins
9, 35 (ron 1469) ; synen handel und gewerbe uff dem Ryn-
stram oberhalben Covelenfz zu üben. s. 38 (ron 1489); der
Egypter handel und der Moren gewerbe , und der langen
leute zu Seba. werden sich dir ergeben. Jes. 45, 14; namentlich
ist die reimende Verbindung handel und wandel beliebt {letzleres
VI der bedeulung tauschverkehr} : aller euszerlicher gerechtigkeit
wandel und handel vermag nicht mein gewissen zu trösten.
Luther 1,32'; was die menschen tugend nennen, besteht,
wie die münze in gewissen ländern , in einer anzahi abge-
redeter zeichen , welche man unter einem gewissen Stempel
für einen gewissen preis in handel und wandel gelten zu
lassen übereingekommen ist. Wieland 7, 25 ; handel und wandel
leidet keine freundschaft, aber freundschafl leidet auch keinen
handel und wandel. Lessi.>-g 12,150; allgemeine gesetze über
handel und wandel. .Moser patr. phant. 2,19; (städte) wohl
gelegen , um sie [die bürger) durch handel und wandel zu
bereichern. Göthe 24, 69 ; diesz verwirre aber handel und
wandel ins unendliche. 30,145; jetzt unter eigener firma
handel und wandel treibend. Kotzebce dram. sp. 2, 315.
9) handel i«t {vergl. handeln 12, a und c) das feilschen und
abdingen an einer geforderten summe: hier sind feste preise,
da findet kein handel statt; dasz die Zinsen ohne handel
allemal um ein bis zwei prozent höher gewesen. Moser pair.
phant. 1 (1798) 231.
10) handel heiszt endlicli auch das handelsobject , die waare:
sie werden dein gut rauben und deinen handel plündern.
Hes. 26,12;
hie »echt ir gar in kurier frist
mein kaufmanscbatz und mein baodel,
mit dem ich in dem land umb wandet, fastn. sp. 477, 6.
HÄNDELCHEN, n. kleiner handel; gewöhnlich entweder in der
bedeulung kleiner zwisl, streit: ich habe ein kleines bändelchen
mit ihm gehabt; oder als kleines handelsgeschäft : er betreibt
ein händelchen in einer nebenstrasze der stadf.
H.lNDELFEIND, m. paciftcus. Stieler 461.
HA.NDELFREIHEIT, /■. /reiM/dMAau/Äandfk; handelfreiheit
ist ohne handelnsfreiheit nichts. J. P.-kCL dämmerungen s. 46.
s. handelsfreiheit.
HANDELGELD, n. geld was durch einen handel gewonnen iä:
80 es [dat ketzerschweri) doch der bapst noch fest hell,
wie auch des Judae handelgelt. G. Nicri:<cs beschlag S3".
HANDELRRALT, n. veronica triphyllos, franz. v&onique digitee.
Neümch 4. 1556.
HANDELMACHER, m. streitsüchtiger mensch : für einen stets
fertigen Schläger und händelmacher zu gelten. Fichte 6, 463 ;
ein ehrlicher, williger, guter bursch .. und das musz ich
.sagen, kein plappermaul , kein händelmacher (no tell-tale,
nor no breed-bate). Shakesp. tust, weiter l 4
H.\NDELMACHEREL f.
HANDELN, rerb. faeere, agere, negotiari.
iber die bildung des wartet vergl. unter handel sp. 368. mit
vertauschung des ersten n zu 1 begegnet eine miUeldeutsche form
haldeln in einer quelle des u.jahrh. : da wurden su zornic und
haldilten su lemerlichen. chron. des Clarenklosters zu Weiszenfels
in den mülheilungen des sdcJis.-dür. alterlhumsvereins 11,395;
doch haldille er su ieinerlichen mit Worten und mit siegen.
». 388, «. öfter, eigenthfimlich ist eine verirrung des Wortes nach
der starken conjugatwnsform, die eine österr. quelle des 16. jnhrh.
gewährt: darumb si vast mit mir biendlen. fönt. rer. austr.
1, 1, 126, was aber bei ähnlichen Wörtern auch sonst begegnet,
z.b. strief für strafte im grobianus {Erfurt 1552) H4'.
handeln hat folgende bedeutungen entwickelt.
1) transüiv mä den händen berühren, betasten: handien, oft
anrüren , pertractare , attrectare , contrectare Maaler 211*; der
best grund ist der schwarz, der sich gern zwischen den
händen zerreiben laszt, und den man leicht süsz und feiszt
im antasten und bandeln fület. Sebiz feldb. 22; so man sie
{eine art fische) lang handlet, so zerschmelzen sie in den
händen als ein eiszschollen. Forer fischb. 115'; dergleichen
tut man auch den neugebomen kinden , die weil sie noch
weich und zart sind, das man sie nit wol mag handelea,
so leit {legt) man sie etwen zu dem ofen uf ein küssin.
Keisersberg seelenp. 11*; in der Schweiz heiszt bandeln die
kuhzitzen streichen , bevor sie gemolken werden. Stalder 2, 18 ;
ähnlich engl, handle rieft streicheln um es zu kirren; vgl. mhd.:
er greif gevuocliche dar (nach einem Hündchen)
und streichet es mit banden,
nu dühte Tristanden,
dö er ej tiaodelen began, »
er griffe palmätsiden an,
so linde was ej überal. Tristan 399, 9;
ir gleicht mich zu den bösen rossen,
die sich on not nit handeln lassen {d. h. niemals anrühren
lassen). Hälzlerin 195», 108;
mundarlUch heiszt handeln auch nur die bände heftig bewegen,
z. b. im Osterlande: handle mir nicht so vor dem gesiebte
herum ; in der Schweiz bändeln, Stalder 2, 19. vgl. hantieren.
2) anschlieszend dem sinne fon handel l mit den händen
etwas arbeiten, handarbeit verrichten : so Süllen sich die obge-
melten hauptleüt und vierteilmeister denn von stund an zu
dem fewT fügen . . das sölich fewer gelescht und andre ding
nach notdurft fürgenomen und gehandelt werden. Tlcber
baumeisterb. 327,14; in allen Sachen, die die menschen han-
deln. Luther 3, 24'.
3) dann auch allgemeiner, awas thun, vollbringen, verrichten,
betreiben, wobei der engere sinn der handarbeit zurücktritt oder
unlergdit :
deswär ir bandeint e; niht wol
mit iuwer gröjen meisterschafl. a. Heinrich 1136;
alles was ir gebandelt und wider mich fürgenommen habt.
Galmy 330; er handelt was er wolle, so muszt der narr
zugegen sein. Frey garteng. 69'; und zeigten mir alle Wahr-
zeichen an, was ich für einen baubtharnisch , und wie ich
ein gaul gehabt, und was ich gehandelt hette. Götz v. Bebl.
80; dieser aber bat nichts ungeschicktes gehandelt. Luc.
23,41; in Italien, alwa beinahe in allen statten academien
(wie sie es heisen) gefunden werden, deren iede etwas son-
ders handelt, darvon man ehr und nutzen erlangen kan.
Rompler V. Löwexhalt gebüsch seiner reimgedichte, vorrede 5.14;
ein Schauplatz bat nicht allzeit fröhliche, sondern auch
trauerspiele. und also werden auf dem weltschauplatze nicht
allzeit fröhliche, sondern offlers traurige Sachen gehandelt.
BtrrscHKT Palm. 954; dasz . . alle die unvorsichtig etwas han-
delten, Hasii tituliret worden. Schlppics 530; die kirchen-
oratoria oder wolredenheit wird von meistentheils theologen
entweders versäumt, oder obenhin gehandelt. 723; die spra-
chen .. und alles anders, welche die memoriam erfordern,
sollen in undern schulen gehandelt werden. 729; alles das
was wir handien, ist gleich einem träum. 748 ; da- geschrie-
bene wie das getbane schrumpft zusammen und wird immer
erst wieder was, wenn es aufs neue ins leben aufgenommen,
wieder empfunden , gedacht und gehandelt wird, Göthe an
Zelter 134;
{die tose rotte) die Torsätzlich ohne got
all ihr thun in sundea bandelt. Roipler 227.
4) mit etwas verfahren, etwas handhaben: ob man dasselb
{sacrament) in andern gefessen, denn kelchen, in andern
kleidern, denn messgewand, in andern heusem, denn in der
kirchen, zu handeln macht habe. Luther 2,94'; das wort
gottes wird auf zweierlei weise gehandelt. 4, l'; darum sind
die thore der gerechtigkeit nichts anders denn die kirchspiel
oder bistbum, darin man öffentlich handelt die ampt der
Christenheit, als predigen, gott loben, singen, teufen. 5,63';
(gott hat) alle apostel drüber {über sein wort) verfolgen und
alle Christen drüber zuplagen lassen , und denselbigen be-
fohlen dasselbige trewiicb zu handeln , den andern aber
vleiszig zu hören. 6,33"; und solchen leib und blut des sons
24»
375
HANDELN
HANDELN
376
gottes Jbesu Christi, nicht allein die heiligen und wirdigcn,
sondern auch die sünder und unwirdigen warhaTlig handeln
und empfahen leiblich, 0, 117'; denn uenn die {die bibel)
bleibet , blühet und recht gehandelt wird , so stehcts alle
wol. lischr. 2'; ob auch ein böser priesler köndle das sacra-
ment handeln und geben? 165'; als die heiligen kinder der
fromen dir opferten im verborgen und handelten das gött-
liche gesetze einträchtig, weish. Sal. IS, 9 ;
ja die doch tren-lich leben
und handlen sein gepot. Soltaü volksl, 274 {16. jh.)-.
wen nur das kräutlein ist gehandelt nach gebühr,
(nach art der scheidckunst)
so komt ein aqua vit . . Iierfür. Risi Parn. 355-,
doch wie er sie {die ßsche) mit der gäbet handelt,
sind sie — o wunder! — in kohlen verwandelt.
VViELAKD 18, 199 (232) ;
ebenso: Ovidius hat die fabel sehr fleiszig gehandelt im
3. buch der Verwandlungen. Tscherni.nc (1642) s. 103; die
Franzosen handeln ihre poesie eben auf die art, und laszen
ihnen die länge und kürze der silben wenig angelegen sein.
HOFFMAN.NSWALDAU VOn.
5) ffljl dem acc. der person verbunden heiszt handeln ferner
in beiug auf jemand verfahren, ihm eine behandhing angedeihen
lassen , kos die moderne spraclie durch behandeln wieder nibt
{vergl. auch mishandeln): ach das er mich nur allein übel
handelte, und ein kelzer, abtrünnigen, übeireder, und nach
aller lust seins unlusts nennet. Luther 1,48'; auch die armen
prediger mit füszen trit und handelt aufs aller schmelichste.
6,49*; das ich so viel unschüldiglich gelidden, und so übel
gebandelt bin. 54'; das nie kein mürder so schendlich und
iesterlich gehandelt ist. 172"; wie ire vorfaren unsern herrn
Christum am stillen freitage gehandelt haben. 8,83"; dieser
treib hinderiist mit unserm geschlechte, und handelt unser
veter übel, ap.gesch. ',i9; die gesellen, die da waren, schlugen
den priester und handleten in übel. Pauli schimpf 139'; we
mir, wie werd ich als schenilichen gehandelt. Aimon bog. b;
ha valter, was thut ir, das ir die unsern also übel handelt.
bog. e ; als IJeinhart die Franzosen mit dem schwert handelt.
bog. n; da sich der keiser also übel handeln sähe. bog. sij;
der meister wirt zornig, und handelt die magdt uberausz
übel. Kalziporus (1558) D3'; das weib .. handlet den mann
oufs schendtlichsfe mit schmeh- und scheltworten. Kirchhof
iccndunm. 114*; ein freund, den du hart und unfreundlich
handelst, wird dir nicht günstig sein. pers. baumg. 2,9; den
verlcumbder licsz er übel handlen und prügeln. 7,21; ein
seufer fängt bald an, sein weib verächtlich, ja oft ärger als
eine magd zu handeln und zu halten. Scriver seclcnsch. 2,275;
das gottselige weib, wie sie einmal von ihrem mann unver-
dienter weise übel gehandelt war, nahm die flucht auf den
boden. 2, 2S4 ;
darumb sült ir mich handeln
als ain fraw Iren lieben knecht. Hälilerin 191*, 244;
wie, dasz sich die Fortun so plötzlich hat gewandelt?
weil der, der sie bekam, sie übel hat gehandelt.
LocAU 1, 26;
die gicht bricht jrrob genug, bei wem sie ankümmt, ein,
wil lart und höflich doch für sich gehandelt sein.
2, 124, 25.
6) reflexiv sich handeln, sich benehmen: niederd. sik handeln,
iich auffuhren, sich beiragen brem. wb. 2, 182 ;
das er sich selber übel handelt
durch seinen bösen kargen muht.
Itenner (Frankfurter druck) 29.
7) für den au. der person sieht die füguttg mit einem han-
deln, umgehen, verfahren: schcrfer mit im zu handeln. Lother
3, 4ö'; du hast mit mir gehandelt, nicht wie man handeln
lül. t Mos. 20,9; sollen sie denn mit unser schwcsler als
mit einer huren handeln? 34,9; handelst widerumb greulich
mit mir. Hiob 10,16; er handelt IrAtzig mit allen seinen
feinden, pt. 10,5; handcl mit deinem knecht nach deiner
gnaden. 119,124; bandel mit inen nach deinem zorn. Jer.
18,23; und wo ich ine in gleichem feide bekommen mag,
•0 will ich mit ime (wie er mir zu thun vorhat) handlen
und umbgeen. Aimon bog. b; mit eim handlen und gemein-
schaft haben , umb einen wonen , cum aliquo vcrsari , ayere
cum aliqtw. Maaieh 2Ii'; «onslen »vi! ich auf das ilrgest mit
euch handlen, so mir mllglich ist. Amadis 4ü6; so mCisz mann
sie {die narren) mit knülteln und koibcn lausen und . . grob
mit inen bandeln. Acn. tpr. (1500) 30*. in beiug auf sacken :
wartwob der bausberr mit seinem gni bandelte oacti seinem
willen. Luther 3,49'; desselbigen gleichen sei man mit im
(einem ochsen) handeln, wenn er son oder tocbter stöszet.
2 Mos. 21, 31.
8) in solcher fügung wendet sich das wort auch zu der be-
deutung coire, vergl. bandel 1 gegen ende sp. 369: dann hat
einer am basten mit frawen gebandelt, so er leicht und
frülich darnach würt. schachtafeln der gesnndh. deutsch v. Herr
(1533), 67; es kompt auch schaden von kaltem wasser, so
man darin badet, so einer gearbeit hat, mit frawen gehan-
delt, gewacht, sich erbrochen. 71; ihr soll euch gar absti-
nenter halten mit speisz und trank, und mit frawen gar
nichts oder fast wenig handien. Paracelscs opp. (l616) l, 689 B ;
vergl. und alsz die muter zu der tocbter kam , befand sie,
dasz er {ein mOnch) anders mit ir gehandlet hett, dann den
dorn betraf {den er ihr ausziehen sollte). Wickham ro//tp. 37, 8
Kurz.
9) es heiszt ferner handeln auf jemanden, in bezug auf
einen verfahren: was für ein vernünftiges wesen da ist, ist
in ihm da; aber es ist nichts in ihm auszer zufolge eines
handclns auf sich selbst. Fichte nalurrecht, einleiluny s, l ; das
ich selbst ist nichts anderes als ein handeln auf sich selbst.
das.; das individuum C. kann nicht auf die beschriebene
weise auf mich gehandelt haben, s. 41.
10) absolutes handeln, eine handlang thun, etwas ausführen,
mit einer Ihat vorgehen, verfahren, in welcher bedeutung es auch
die moderne spräche bäußg braucht: diese alle handeln wider
des keisers gebot, apost. gesch. 17, 7 ; die {obrigkeiten sollen)
abermals, wie vor, handeln, reform, guter policei, Augsb.lbi8,3*
§2; desz Syllae Ingenium und weisz zu handlen. Scucppius
765; ein gesunder ist geschickt zu wandeln, ein weiser zu
handeln, ein sanftmüthiger zu überkommen. Schottel 1133*;
alle übrige gute eigenschaften musz er blos handeln, und
nicht zu sehr glänzen lassen. Moser patr. phant. 4(1798)87;
die Ursache musz angefangen haben zu handeln. Kant 3,268;
handeln, handeln! ist der ruf, der zwar von vielen seilen
ertünt, am lautesten aber von denjenigen angestimmt wird,
bei denen es mit wissen nicht fort will. Scheli.inc vorles. üb.
die methode des acad. slud. 18 ; in den zwei letzten gesängen,
wo das gedieht handelnder wird. Götde 33,219; er arbeite
alsdann das gedieht nochmals um, vermindere den beschrei-
benden theil, erhübe den handelnden. 220;
wuszt ich nicht,
dasz ich mit einem weihe handeln ging? 9, 22;
Irei will ich sein im denken und im dichten;
im handeln schränkt die weit genug uns ein. *. 197;
das handeln, weiszt du, bleibt mir untersagt;
es ziemt mir wohl zu warten und zu hören. 208;
mein bruder ist gesetzt im handeln und im reden.
KönNER (/. j/rün«' Domino, 4. auflr.
mit bestimmendem zusalze: wo jemand vermessen handlen
würde, das er dem priester nicht gehorchet, b Mos. 17,12;
auf das ir weislich handeln mügct in alle ewrem thun. 29,9;
hast dich zum raub gewand, und übel gehandelt für den
äugen des herrn. l Sam. 15,19; hab ich unrecht gehandelt,
ich wils nicht mehr thun. //io6 34, 32; mit iren lungen han-
deln sie trüglich. Rom. 3,13; ich bitte aber, das mir nicht
not sei, gegenwertig thürstig zu handeln, und der künheit
zu brauchen. 2 Cor. 10,2; schlächtlich und einfalligklich
handlen, simplidtcr agere Maai.er 211'; zornigklich handlen.
das.; Menabcm . . gewinnet die statt Tipsa, handlet tyran-
nisch darinnen. Josephus deutsch v. Lautenrach (1578) 148';
wirklich handelt der mensch . . nach der regel, wer waget,
gewinnet. Moser pa/r. p/iun/. 2 (1798) 50; das ist nicht ehrlich
und gerade gehandelt. Schiller parasit 2,8;
ists redlich so zu handeln? Götiik 9, 181;
die kühnheit macht, die freiheit den Soldaten,
vermocht er keck lu handeln, dorn er nicht
keck reden auch? Sciiillkr Piccul. 1, 2;
in komischer rede auch von einem instrument: die broleowendfr
handcicn, als ob sie närrisch wären, .. die tOpfen, kesseln,
pfanncn sieden, prüddcin und scheumcn ganz unsinnig. kun.<.t
üb. alle kdnsle I.'>8. — In der Verbindung bandeln und wandeln ;
handcl und wandele nur forsichlig und treu. Rutsciiky hd
kanzl. 7:i3; ferner gut, schlecht an einem, gegen einen bau
dein ; er hat schlecht gegen fraii und kinder grhandeli ;
irewlich handeln gegen dem nchesten und gesellen. Üir. 42,3:
ihr mUttcr, übel, übel bandelt ihr an euren kindern , wann
ihr sie nicht selbst säuget. Scucppioi 47,1;
377 HA^'DELN
ihr habt an mir gehandelt, irie nicht recht ist.
ScBiLLKR Jfaria Stuart 3, 4.
mit einem handeln : gnädigklich und gütigklich mit den under-
thonen hondien, agere remisHus cum subjectU: Maaler 211'; er
{goU\ handlet schrecklich mit uns. 2 Macc. 7.19; dasz ich
nicht belrieglicher weisz mit dir gehandelt habe. Josephus
deutsch V. Lactenbach (157«) 20*.
tl) handeln tcendel sich zu der eingeschränkten bedeutung elitas
abhandeln, untersuchen, durch forschen und bespredien erörtern,
in mehrfachen beziehungen.
a) von gelehrten und <rissenschapiichen Untersuchungen und
Streitfragen; in der fCigung etwas handeln: diese tödtung han-
deln diese falsche propheten auch nicht recht. Llther 3, 37 ;
mir. als der ja auch einer ist gerechnet unter denen, die
göttliche Schrift jetzt auf erden handeln. 113*; da Carlstad
und auch alle andere so diesen artikel handeln. 155'; und
sei im ein thewer angenehmer dienst , wo und wenn man
sein wort handelt. 6,33'; damit unser . . fürbringen und
gebrechen zwischen uns selbs in lieb und gütigkeit gehan-
delt . . mügen werde. Melajichtbos torr. zur Augsb. conf. B 2 ;
das ist ja eine tröstliche lehre und wirdt an vielen örtern
mehr in Paulo reichlich und klar gehandelt, corp. doctr. christ.
(1560) p. 15; nachdem ich hierinn die furnemsten exempel
aus heiliger schrift handele. Rebdchn klag d. armen manns 4;
mit beispil handien und beispil anziehen , eiemplis agere
Maaler 21 1'; ist es dir gelegen, so wil ich .. ein kurze dis-
putation mit dir halten, doch so fern, dasz da nichts gehandlet
werde dann mit der geschrift. Wickram rollw. 38,17 Kurz;
denn ich kans nicht gleich allzumal
in einem hüchlein handeln wol.
Fischart ton S. Dominici D2';
dann auch von etwas bandeln: indem ich von stillschweigen
rede und handele, bin ich selbst allzu schwätzhaftig. Schcp-
Piüs 559; wo man von frieden handlet. 693; leset davon
einen wolgefasten discurs in herrn canzler Reinkings bibli-
scher policei, .. darin er handelt, ob und welcher gestalt
man sich mit dem Türken und andern ungläubigen verbinden
könne. 395; hiervon handelt weitläuftiger der jesuit Johannes
de Pineda. Happel acad. rom. is ; wider etwas handeln: Carl-
stad halte nu wol gesehen, das wir zu Witteraberg wider die
messe . . in groszem ernst hatten gehandelt. Lcther 3, 50.
In solchen fügungen icerden auch sacken , wie buch , schrift,
tractat persönlich verwendet, für der Verfasser handelt in seiner
schrift vom rechten glauben heiszl es die schrift des Verfassers
handelt vom rechten glauben; wovon handelt das buch?
Lesz 1, 86; ähnlich:
du [kuckuk) nennest immer deinen namen-,
dein ausriiT handelt nur von dir. Hagedorn 3, 99.
b) von der auszergerichtlichen erürterung einer sa^he. verhandeln,
unterhandeln: mit eim etwas handien und radtschlagen, com-
municare cum aliquo .Maaler 211'; nach irem (der priester) round
sollen alle sachen und alle scheden gebandelt werden. 5 }fos.
21.5; was sind das für rede, die ir zwischen euch handelt
unter wegen? Lue. 24, 17; da d. Justus Jonas und er Ditterich
von Bila zwischen uns handelten. Lcther 3.46'; ich wil mit
der schrift gegen im handeln. 69 ; so mir doch m. g. h. kein
befeih gelhan hatte, mit im daraus zu handeln. 4.374'; das
sie die sachen unter einander treulich handelten. Schltz
Preuszen 121; also handleten die räht beim bischoff zu Pour-
rentrut, und beim capitel ernstlich . . das interdict aufzu-
heben. WuBSTiSEx Basler chron. (1580) s. 208; warde er (ein
pfaff) von den bauren auf ein sontag bescheiden, so wollen
ST mit im handien und auff die pfarr annemmen. Wiceram
rollw. 56,11 Kurz; schickten botschaft zu Juda und seinen
brüdern, vom frieden zu handeln, l Macc. 7,10; handelten
von wichtigen sachen, den gemeinen nutz, das vatterland, und
desselben Verbesserung belangend. Schütbürger (1599) s. 57;
will auch nicht anders mit dir (gott) handeln, denn auf gnade
und barmherzigkeit. Schlppics 445; ward hierüber hin und
her gehandelt. Götoe 2C,34;
das war der mann, mit dem
ich um die relterpferde sollte handeln.
Schiller Piccot. I, 2.
tprichwirtlich : wer sich zwischen thür und angel steckt, der
klemmet sich, also wer freunden und ebeleulen zuwider han-
delt {wer zwischen ihnen unterhandelt, ohne dasz sie es wollen).
LEaMArt.f flor. '. 2^0.
HANDELN
378
c) hieran schlteszt suh unpersönliches es bandelt sich um
etwas, oder auch {wol in anlehnung cm das franz. il s'agit de
quch.) von etwas, es wird Unterhandlung deswegen geführt, es
stellt etwas in frage: es handelt sich hier darum, ob der be-
richt wahr oder falsch ist; es handelt sich um das glück
meiner kinder; es handelt sich um eine theorie über das
entstehen eines alten gedichts. Holtzma.ns kämpf um d. Nib.
hört (1855) s. 9 ; hier handelt sichs vom glück oder unglück
meines lebens. Güthe 23,195; sobald es sich davon handelt,
den allgemeinen willen auszudrücken. Dahlmaxx gesch. d.
franz. revol. 316. ♦
d) handeln, ror gericiU verhandeln, einen process durchführen,
ein gerichtliches verfahren eingehen: nach laut und vermögen
einer handgeschrift oder verschreibung mit eim handien und
riichlen. ex syngraplia cum aliquo agere Maaler 211'; sein eigen
sach handien . sich seiner sach selbs beladen , litem suam
facere das.; ich .N. schwere, dasz ich soll und will in den
Sachen das peinlich gericht betreffend, fleiszig aufmerken
haben, klag und antwurt, anzeigung, argkwon. verdacht oder
beweisung, auch die urgicht des gefangen, und wes gehan-
delt wirdef, getrewiich aufschreiben. Carolina art. 5; so ein
procurator .. dem widertheil zu gut handelte. ar<. 115; ir
soll nicht unrecht handeln am gericht. zMos. 19,15; so wegen
Ungehorsams gehandelt ist . so ist der process nicht von
nnwürden. cammergerichtsordnung v. 1507, tit. 37, § 11; vom
ersten termin in zweiter Instanz, wie und was in demselben
gehandelt werden soll, cammerger. ordn. v. 1555. 3. theil, 31;
da aber nur ein summari appellationklag übergeben, soll der
appellat darauf auch in andern termin . . handien, reichstags-
abschied v. Speier 1570, § 93 ; doch so dieselbe gegenparteien
alsobald gemeine einrede darwieder vorwenden . und weiter
dargegen in Schriften nicht handien möchten, reichst.-abseh.
von Regensburg 1654. §54; ob wohl sonsten denen weibern
durch ihre curatores oder actores vor gerichte zu handeln
vergönnet ist. der st. Leipzig Ordnungen (1701) 5. 41. mit ein-
schlieszend die bedeutung 13: ir soll nicht ungleich handeln,
am gericht, mit der eilen, mit gewicht, mit mas. Z Mus. 19,35.
e) wol auf grund der bedeutung d nimmt handeln auch den
sinn gerichtlich strafen, strafe erkennen an: hat er ihn darum
gehandelt um 4 fl. Scrm. 2.208; und dann allgemäner ange-
wandt: bandlen, beschelken. mit worten rauch halten, arguere
Maaler 211*; einen handien und übel halten, rauch empfahen,
vehementer acdpere das.
12) handeln , ein einzelnes kaufgeschdft untergehen, und zwar
a) intransitiv mit über , um , in Verhandlung über etwas zu
kaufendes eintreten, was sonst auch feilschen, markten, kaufen
(1.6, iheü 5,325) heiszt: saget der kaufman den rechten tax
seiner wahr . . so keret sich dei- keufer nit dran , wil mit
ihm auf nürnbergisch, umbs halb ab, mit im handien. Frask
spr. 2,37'; in dem augenblick vermiszte der vater den söhn
an seiner seile, er sah ihn .. mit einem jungen tabulett-
krämer über kleinigkeiten eifrig handeln und feilschen. Göthe
i 22.154;
hier kein markten, hier kein handeln. 4f, 37.
b) transitiv einen kauf abschlieszen : der schnallen . uhren,
dosen, hüte, welche Melina von dem kammerdiener so glück-
lich gehandelt hatte. Göthe 19. 53; sie waren im begriff,
kirschen zu handeln. 21,14; englisch-russische anleihe wurde
zu höheren preisen gehandelt. UMerieiVunj 1859, 491t; nichts
zu handeln? fragt der handelsjude; die bedingungen des abge-
scldossenen kaufs werden durch die praep. auf vermittelt: ich
handele die waare auf baare Zahlung, auf zwei monat ziel;
wir wollen diesz auf ratenweise Zahlung handeln; handeln
auch bei einem lauschgeschäße gebraucht: ein pferd handeln,
equum ab aliquo commuiare Steinbach 1,692; wollen wir auf
die mäntel handeln, commutemus pallia. das.;
was zu Nürnberg wird gehandelt.
wird gewisz was gutes sein. Logac 2, 97, 97;
wer ihm guter handeln wil. 2, 240, 188;
alten freund für neuen wandeln
heist für fruchte blumen handeln. 3, 231, 72;
will mich unter hirten mischen,
an oasen mich erlriscben,
wenn mit caravanen wandle,
schawl, calTee und moschus handle. Göthi 5,4:
etwas an sich handeln, in gleichem sinne gebraucht mü erhan-
deln 5. 837 : unter den kostbaren kunstwerken, welche Verres
in Sicilien . . . mehr raubte als an sich handelte. Lk^sixc
379
HANDELN — HANDELSACK
HANDELSAMT — HANDELSEINIG
380
11,122. — Unpcrsünlkh und reflexiv: bei dem krämer handelt
sichs gut, man macht bei Htm einen guten Handel oder kauf.
c) mundartlich, und oben an a anrührend, heiszt handeln an
der geforderten summe abdinijen (wie abhandeln 1, 54) ; so in
Tirol: mit dem weinhandler isch nix z'machen, er Jaszt nix
handeln. Froms. 5, 44S. nahe zu dieser bedeutung sleM das
gemeindeutsche mit sich handeln lassen , in eine ermäszigung
des geforderten willigen , dieser kaufmann verlangt viel . aber
er läSEt auch mit sich handeln; dajin auch in erweiterter be-
deutung, wenn man von einer harten forderung bei äner Pflicht-
erfüllung absteht: ich will billich sein und mit mir handeln
lassen, dafür auch die fügung sich handeln lassen , nd. ik
lat mi handeln, bin zum vergleich nicht abgeneigt, Dähnert 173';
sie irren sich, wenn sie meinen, das sei eine sache darinnen
golt sich leicht handeln lasse. ScnwEH seelen seh. 1,390; wenn
sie nur sagen, sie glauben an Christum, so hsse sich, meinen
sie, im übrigen der liebe golt leicht handeln, s. 417; der
besitzer läszt sich handeln, Israenias bekömmt den stein für
vier denare. Lessing 8, 69 ; sollte irgend ein groszer, reicher
gelehrter . . mir dieses geheimnis abkaufen wollen , so will
ich es gerne für 19,000 thaler kourant abstehen : auch liesze
ich mich handeln. Heine werke l, 271.
13) handeln, handel treiben: handien, tractare , negotiari,
mercare Serranus syn. 93"; ich handel, negocior Ate. ; negociari
handien, kauffen Dief. 378'; dieser foddert zehen seiner
knechte und gab inen zehen pfund, und sprach zu inen,
handelt, bis das ich widerkome. Luc. 19, 13 ; die (unterthanen),
weil sie heimlich handelten, nothwendig wohlfeiler verkaufen
muszten. Moser patr. phant. 2 (179S) 45 ; wer lebt, wer denkt,
wer handelt und wer schreibt ohne gewinnst? 56; die ganze
handelnde weit fand sich an demselben (orte) zum kaufen und
verkaufen ein. 3, 167. Man handelt im ganzen, im groszen,
im einzelverkauf, im ausschnitt; man handelt mit einer waare
oder auch in einer waare: haben auch auf deine merkte bracht
eisenwerk, casia und calmus, das du damit handlelest. lies.
27, 19 ; Dedan hat mit dir gehandelt mit decken darauf man
sitzet. 20; recht handeln mit zeitlichem gut, in keufen und
verkeufen. Sir. 42,5; der Schwätzer und advocafen ist so
groszer häuf in meinem Vaterland, dj schier weniger ackers-
leut sein , weniger die in kaufmanschaft (kaufmannswaare)
handeln oder die so inärkt besitzen. Schdppius 769< die frau
des Schneiders handelt mit mutzen , saloppen und andern
dergleichen waaren. Moser patr. phant. (1798) 2, 173. Man
handelt ferner mit einer person , nach einem orte : ir solt
nicht Stelen, noch liegen, noch feischlich handeln einer mit
dem andern, z Mos. 19,11; kauf- und handelsleute, wie die-
selbe unter und mit einander handeln, der st. Leipzig Ordnungen
(1701) s. 95; war ein volk für sich selb, zu dem niemand
handlet. Frank wellb. 220'; es sollen allerhand nationen, als
Dänen . . dahin gehandelt haben, pers. reisebeschr. 2,3; die
Deutschen handeln viel nach Frankreich; endlich handelt man
auf eigene rechiiung, auf eignen verdienst: jeder handelt auf
seinen eignen verlusl oder gewinnst, er kann theuer oder
v»'ohlfeil verkaufen, wie es iüm beliebt. Moser patr. phant.
(1798) 3,170.
14) handeln, durch handel erlangen, transitiv: Ines er die-
selbigen knechte foddern, welchen er das geld gegeben hatte,
das er wüste, was ein jglicher gehandelt helle. Luc. 19,15.
hierher auch reflexives sich bandeln mit bestimmendem ztisalze:
wenn die gPRchäfle nicht besser werden, so werde ich mich
bald arm gehandelt haben ; dieser mann hat sich in kurzer
zeit zum wolhabenden manne gebandelt.
15) bandeln in der turnkunsl heiszt sieb auf den händen im
itülz fortbewegen.
HÄNDELN, verb. Handel besprechen («. handel 6 «p. 371):
ja, in der schenke hab ich auch gesCKsen,
mir ward wie andern zugemessen,
ale schwätzten, «ehrierin, hiindelten von heul,
»u Irob und traurig, wies der tag geheut. Götuk h, 203.
HANDELNSFREIHEIT, f freiheü des handelns , verfahren
nach eigenem ermessen (nach handeln 10 s/). 376) : so musz ein
bnndelslaat zugleich ein freislaal sein . . bandelfreibeit int
ohne haiidelnsfreihcil nicht«. J. I'aui. ddmmerungen s. 4ß.
HAiNDKLNSKHAtT, f. krafl zu Handeln und zu wirken.
Europa imo 2, «2.
HANDELSACK , m. tack eines Handelsmannes : ein kleider-
jude trug den hnndeinack «einer (rodelbiide in nein hnun.
J Put leben Fibrh u.
HANDELSAMT, n. aml, behürde für Handelssachen.
HANDELSBANK, /". bank als geldinstitut, dem kaußandel zur
Hebung: die neulich hier bestätigte internationale handelsbank.
Köln. Zeitung no. 18S von 1869.
HANDELSBEDIENTER, m. diener in einer Handlung, kauf-
mannsdiener. Jacobsson 2, 203*.
HANDELSBEDRÄNGNIS, f: seien es hausliche oder han-
delsbedrängnisse. Göthe 23, 187.
HANDELSBERICHT, m, bericht über den stand des kauf-
handels innerlialb einer gewissen zeit, die Zeitungen liefern einen
wöchentlichen, monatlichen handelsbericht.
HANDELSBEZIEHUNG, f.: es hatte die zeit gefehlt, sich
über die handelsbeziehungen der verschiedenen deutschen
Staaten zu orientiren. preusz. jahrb. 20, 551.
HANDELSBLATT, n. blatt, zeitung für die interessen des
Handels: nach einer berechnung des Bremer handelsblattes.
grenzboten 1868 no. 13 s. 497.
HANDELSBRAUCH , m. brauch md gewohnheü bei Mndels-
geschäflen.
HANDELSBRIEF, m. brief in angelegenheiten des kaufhandels.
HANDELSBÜBCHEN, n.:
endlich halt ich im sinne, mich auch zu putzen wie jene
handelsbübchen, die stets am sonntag drüben sich zeigen.
GüTHR 40, 254.
s. handelsjunge.
HANDELSBUCH, n. buch in das der kaufmann seine Handels-
geschäfte einträgt. Jacobsson 2,203'; handelsbücher libri mer-
calorum et contracluum Stieler 256; dasz die edition eines
handelsbuchs, so nicht zu Leipzig, sondern an einem andern
orte zu befinden . . erkannt würde {nämliclt die Vorzeigung
eines soklien vor gericht). der sladt Leipzig ordn. (1701) s. 48.
dafür auch handelbuch : einen sx;lilechten (einfacften) , nicht
vidimirlen exiract des handelhuchs aufzuweisen, s. 63.
HANDELSBÜND, m. ; was ist ferner der Zollverein? offen-
bar ein handelsbund. Frantz krilik aller parteien 272.
HANDELSCHAFT, f negotiatio, mercatura: damit er mir
nicht hinter die balzen käme, die ich noch bei mir behalten,
unser handelschaft damit zu treiben. Simpl. 3,110 Kurz; in
den handelschaften der kaufleute. 4,42; ich konte mir nicht
einbilden eine vortheilhaftcre handelschaft anzutreffen , als
hier. Felsenb. 2, 529 ; es (das Judenvolk) scheinet auch zur
handelschaft, oder deutsch zu reden, zur betrügerei gemacht
zu sein. Lessing 2, 315; [eine republik) die ihren Wohlstand
dem geiste der handelscbalt und dem frieden zu danken hal.
WiELANi) 1,156; der handelschaft entsagen, sich den musen
weihen. Göthe 33,41; ihn bestimmte man zur handelschaft.
37,325; auf reisen, im lager, bei geschäften und handel-
schaften , und was sonst den unternehmenden geist der
männer zu beschäftigen pflegt. 57,203; in Meiningen, Koburg,
ßaireuth, wo die handelschaft und folglich die wissenschaft-
liche maculatur viel weniger florieren. J. Pali. leben Fibels s. 5 ;
die Städte der Langobarden waren die ersten, welche . . zu
eigener handelschaft mit dem orient kamen. FreiiTac bilder 1
(1867) 293;
sie kennet ihren sitz, und wird hier manch oltar,
wo kunst und handelschaft ihr weiratich streut, gewahr.
J. E. SCHI.KCKL 4, 57.
Spricliwort: handelschaft leidet keine freundschaft. Wieiano
bei Merk 2, 82.
HANDELSCHAFTLICH, adj.: zu handelschalllichen aus-
siebten . . angewendet. Wiei.asd 14, 307.
HÄNDELSCHLICHTER, m. beileger von streiligkeüen : die an-
dere dort bei ihnen werden friedenmacher, bändcischlichter,
mittelsmänner, underbäiidler genannt. Philanuer 1 (1G42) 3t:i.
HANDELSCOLLEGIIJM, n. geridU der kaufleute, senalus mer-
canlium, Judicium commercii. Frisch 1, 412*.
HANDELSCOMPAGNIE, f: nachrichl von den slreitigkeilen
der ehemaligen deutschttn und englischen handelskoinpagnie.
MösEH patr. phant. 3 (179s) le.'i.
HANDELSDIENER, m. diener in einer Handlung, kaufmanns-
diener : dasz er allhier oder anderswo bei einem cramer oder
handelsmann .. zwei Jahr für einen handelsdiener geili.i.t
der Stadt L'ipzig Ordnungen (inn) .t. 170; ich war nur h:ii
diener; ich inuszte gehorchen, wenn ihr befahlt. Koi/mui
dram. sp. 2, 3:ii.
HANDELSDUNGER, m. dünger der durch den Handel bciugm
vird, guano, knorhenmelJ u. dhnt.
HANDELSEINIG, adj. einig bei einem abtuschliesienden ge-
schdß, (äfereinstimmend in betug auf fordern und gmdHren :
381
HANDELSEINRICHTÜNG
flA^^)ELSMA^'^
382
jeUt Jaogten auch sie bei dem gasthause . . an , wo man
bereits wegen der reitthiere für die frauen handelseinig ge-
worden war. ScflWEicHEL Jura u. Genfersee s. 324. früher ge-
trennt handeis einig:
der könig will, schon ist man bandeis einig,
ich bin der creatur verkauTt. Schiller Carlos 2, S.
HANDELSEINRICHTUNG, f. : die Römer waren ein acker-
bau treibendes volk, und fast alle handeiseinrichtungen, die
jetzt herrschen, sind erst lange nach der römischen zeit ent-
standen, ergänzungsbl. zu alleti conversationslexiken 1846, no. 73,
s. 348.
HANDELSEINS, einig im handel, eins im sinne von einig
nach 3,254, mit vorhergehendem geniliv der sacke, der früher
getrennt erscheint: man wurde des handeis eins. Wieland
7,334; heute zusammengerückt geschrieben: wir wollen bald
handelseins werden.
HANDELSFÄHRZEUG, n. fahrzeug für den kaußandel, na-
mentlich zu fluss und meer: ein solches kleines lechflosz ist
das einzige handelsfahrzeug der Augsburger zu wasser. Riehl
culturstudien 267.
HANDELSFLOTTE, f.:
seine handelsflotten streckt der Britta
gierig wie polypenarme aus. Scbiller lOl'.
HANDELSFR.au, f. negoliatrix. Steinb.\ch 1,491.
HANDELSFREIHEIT, f freifieU des kaußandeU : alles ruft
jetzt schwärmerisch nach handelsfreiheit. .Stcbz 1, 106 {brief-
lich aus Paris 1768); die offne handelsfreiheit der Stifter (geist-
lichen stiße). Moser phant. l (1798) 224. im plur., Vorrechte im
handel: gaben diesen (den Juden) oft schädliche haodelsfrei-
heiten. Herder ideen (1807) 4, 279.
HANDELSFREUND, m. geschäßsfreund , mit dem man in
handelsverbindung steht : zugleich (trollte er) die handelsfreunde,
an die er mit adressen versehen war, besuchen, und die
ihm aufgetragenen geschäfte verrichten. Göthe 19,63; da er
seinen handelsfreund nicht zu hause fand. 18,67; das ist
ein alter rackerl rief der pferdehändler. als er seinen han-
delsfreund nicht mehr sah. Immerh&nn Münchh. 1, 131.
HANDELSFCRST, m. reicher und mächtiger kaufmann: die
häuser dieser groszen handelsfürsten (der Fugger und Weiser).
Fre\tag bilder a. d. reform. 228.
HANDELSGÄRTNER, m. gärtner der mit den erzeugnissen
seines gartens handel treibt.
HANDELSGÄRTNEREI, f.
HANDELSGERCHR, f requisila contractus. Stieler S61; die
handelsgebühr erlegen, d. Stadt Leipzig Ordnungen (l70l) s. 137.
HANDELSGEIST, m. geist u-ie er zum betriebe des handeis
erfordert wird: der handelsgeist, der mit dem kriege nicht
zusammenbestehen kann. Kant 5, 443 ; reger handelsgeist und
sinn für verwegene Unternehmungen. Becker u-eltgesch. (8.a«/I.)
1, 109 ; die einwohner , welche wissen , dasz sie an einer
groszen handelsstrasze liegen, beseelt ein reger handelsgeist.
ausländ 40. jahrg. s. 998.
HANDELSGENOSSE, m. sociui mercaturae. Stieleb 1353.
HANDELSGENOSSENSCHAFT, f
HANDELSGERICHT, n. Judicium eommercii : und zwar soll
der Schuldner, wenn er . . mit seinen gläubigem accordiren
will, dieselben allerseits tor das handelsgerichte berufen
lassen, der sladt Leipzig ordn. (l70l) s. 56; die sache an das
handelsgerichte verwiesen, s. 55.
HANDELSGESCHÄFT, n.: in handelsgeschäflten etwas zu
verrichten, der Stadt Leipzig ordn. (1701) s. 39.
HANDELSGESELLE, m.: kaufmanns- sive handelsgesell,
sodus mercator Stieler 2004.
HANDELSGESELLSCHAFT, f. societas mereantium. Frisch
1,412': auszer der reichen niederlage des hansebundes waren
hier noch fünfzehn handelsgesellschaften mit ihren comptoirs.
Scbiller 782*.
HANDELSGESETZBUCH, n. gesHzbuch zur regelung der han-
deUrechU und pflichten, ausgearbeäd für DeuUchland zu Nürnberg
bis zum 9. febr. 1861.
HANDELSGEWERBE, n. geverbe das säne tcaaren für den
handel fertigt.
HANDELSGEWICHT, n. leichleres, im kaufhandel gebräuch-
liches gewicht, im gegensatze zu dem schwereren fleischer gewicht.
HANDELSGEWINN, m.: verwendet der vater nicht jähr-
lich einen ansehnlichen theil seines handelsgewinnes zur Ver-
schönerung der Zimmer? GftinE 18. 7.
HANDELSGEWOHNHEIT, f, was handelsbrauch.
HANDELSGEWÖLBE, n. gewölbter kaufladen, taberna form-
cata. Fbiscb 1,412'; offene, und mit allerhand so kostbaren
als gemeinen gütern angefüllete handelsgewölber. der stadl
Leipzig Ordnungen (1701) s. 143.
HANDELSHAUS, n. eigentli<^ das haus, in dem handel ge-
trieben wird, dann ein groszes handelsgeschäft und der inhaber
desselben {vergl. unter haus): das grosze handelsbaus N. hat
heute seine Zahlungen eingestellt.
HÄ.NDELSHERR , m. inhaber einer groszen handlung, grosz-
händler: compagnie der allervornehmsten handelsherren. Simpl.
4, 3i Kurz; wenden wir uns zu denen künstlern, die in den
Niederlanden zu anfang des achtzehnten Jahrhunderts ihr
glück auf die blumenliebe reicher handelsherren gründeten.
Göthe 39, 232. oß in der Verbindung kauf- und handelsherr
KoTZEBiE dramat. sp. 2, 312, die auch als titel geht.
HANDELSINTERESSE , n. : ihre groszen familien , durch
häuOge verschwägerungen und nicht weniger durch gemein-
same handelsinteressen mit einander verbunden. Fbeytag bilder
a. d. reformation 227; der zukunft bleibt es vorbehalten ..
das netz der heute bestehenden Vertretung der deutschen
handelsinteressen zu vervollständigen, preusz. jahrb. bd. 20
s. 551.
HANDELSJUDE, m. handel treibender Jude, besonders hau-
sierer: ein armer handelsjude und mäkler. B.Goltz die well-
klugheit 2, 74.
HANDELSJUNGE, m. handlungslehrling : dasz er (der in die
tnnung aufzunehmende kramer) . . zum wenigsten sechs jähr
für einen handelsjungen, und zwei jähr für einen handels-
diener gedienet, der stadt Leipzig Ordnungen (1701) i. 177.
HANDELSKAMMER, f. gerichts- oder verwaltungsbelürde für
die inleressen des handeis (nach kammer 7, theil 5, 114) : in einer
denkschrift der Hamburger handelskammcr. grenzboten 1968
no. 13 s. 497.
HANDELSKASSE, f.: bandelscassa , aerarium mereantium.
Frisch 1,412*.
HANDELSKUNDE, f. kenntnis der handelsgeschäße.
HANDELSKUNDIG, adj.
HANDELSLEUTE, plur., der gewöhnliche plural zu handels-
mann, in zwei bedeutungen:
1) die einen kaußandel zusammen schlieszen (wie kaufmann 3,
Iheil 5, 336) : der erste kauf gehet vor dem andern , auf ein
ander mahl können wir gleichwol handelsleute werden. Happel
acad. rom. 507; nocli heute gewöhnlich: können wir hierüber
nicht handelsleute werden (nicht einen kauf abschlieszen)^
2) die einen kaufhandel gewerbmäszig treiben : handelsleute,
negotiatore^, mercatores Steixbach 1,1047; denen hiesigen han-
delsleuten und bürgern, der stadt Leipzig Ordnungen (1701) 186;
die kauf- und handelsleute. s. 95; wir handelsleute fassen
einander gern bei dem worte. Lessing 1, 302 ; die messe ist
so vor der thür, wir handelsleute nehmen selber (geld) auf,
so viel wir können. Armm Halle u. Jerusalem lOO; zumeist
waren es handelsleute, die laut mit einander feilschten, oder
auch mit sich selber sprechend an den fingern rechneten.
Heise werke 4, 34 ;
bandelsleuten, die das geld
und ihr stolz zu rOrsten stellt. LessI!«g 1, 77.
HANDELSMANN, m. handeltreibender, kaufmann im allge-
mänsten sinne, smcol den groszhändler als auch den kleinver-
käufer in sich schlieszend (vergL auch kaufmann 1, th. 5, 337).
I für das wort gebrechen uns belege vor dem 17. jahrh., der ältere
I ausdruck ist kaufmann oder hantierer. handelsmann, mercator.
j negociator Stieler 1235; vielleicht wird aus diesem kind ein
1 vornehmer handelsmann werden, der die waar und die wahi-
: heit mit gleicher eleu wird ausmessen. Abr. a S. Clara Meiks
I Wien (16S0) 5.15; nun stelle dir einmal vor, was ein an-
gehender handelsmann, wie ich dazumal war, für kuminer,
' sorge und plage hat. wenn er mit leeren bänden anfängt.
I Lessixg 1,344; einst erschien unter den badegästen ein han-
I delsmann. der bankerott gemacht hatte, um sich zu berei-
; ehern. Chamisso 4,268; ich wüszte nicht, wessen geist aus-
gebreiteter wäre, ausgebreiteter sein müszte, als der geist eines
ächten handelsmannes. Göthe IS, 51;
ein kluger handelsmann lieszt sich coosorten aus.
Philandsr V. D. LisDK scherzh. ged. 140;
und ein kluger handelsmann
ctellt den handel, den er führet, billig mit consorten an.
14'<;
383
HANDELSMARKE — HANDELSTAG
H ANDELSTUÄTIGKEIT — HANDELSWEISE 384
verkauft?
und wiederum verkauft? und wiederum
voa dem berühmten handelsmann im süden?
Schiller Carlos '2,8;
ein iedweder, so bei einem kauf- oder handeisraanne in
Leipzig waaren auf credit ausznehmcn würde, d. sladt Leipzig
Ordnungen (I70l) s. 59 ; derjenige Jude , der nicht . . darlhun
kann, dasz er ein liandelsmann oder kramer sei. s. 135. —
Der filur. handelsmänner isl selten: noch andere hatten einen
kleinen kram mit schwefeifaden und dergleichen so erweitert
und veredelt . dasz sie nun als reiche kauf- und handels-
männer erschienen. Göthe 21, 275.
HANDELS.MARKE , f. heiszt der auf gewisse bestimmte art
gesciäungene »der verzogene natne oder der zug aus den anfangs-
buchstaben des tauf- und zunamens eines kaufmanns. Jacobsso.««
6, 25*. s. handelszeichen.
HANDELSMESSE, f.: es mochte dort, als Latium frei war,
ein marktüecken bestanden haben, dessen Ursprung die mit
solchen Versammlungen wie mit wallfahrten verbundenen
handelsmessen waren. Niebuhr 2, 36.
HANDELSMI.MSTER, m. ; die schuld des conflictes lag an
uns, hat gestern der herr handelsminister betheuert, v. Svbel
im preusz. abgeordnelenhause den 29. jan. 1803.
HANDELSMINISTERIUM, n.
HANDELSMÖGLICHKEIT, f möglidilceit zu handeln, etwas
zu thun: ich habe die kenntnis mannigfaltiger handelsmög-
lichkeiten, unter denen allen . . ich auswählen kann. Fichte
die bestimmung d. m. 58.
HANDELSMUSCHEL, f. eine muschekrt, venus mercenaria.
Nbmnich 4, 1549.
HANDELSNIEDERLASSUNG, f.
HANDELSORT, m. : nun will ich nicht läugnen, dasz unsre
kinder sehr häufig in die fremde ziehen, und manches ehr-
lichen mannes söhn in den benachbarten handelsorten hangen
bleibe. Moser patr. phant. 1 (1798) 242.
HANDELSPLATZ, wi. viercatus: der ungeheure aufwand für
seine flotten und armeen flosz grösztentheils in die Schatz-
kammer der republik, die mit flämischen und brabantischen
handelsplätzen in Verbindung stand. Schiller 777"; millionär-
slraszen in den handelsplätzen. Riehl cultursludien 272. Frisch
schreibt handelplatz, 1,412*.
HANDELSPOSTEN, m.: Simon Fräser von der Hudsons-
baicompagnie überschreitet 1806 das felsengebirge und gründet
im Westen den ersten handelsposten, das fort am Frasersee.
HosEGGER allg. cuÜurgesch. d. neusten zeit 1, 92.
HANDELSRECHT, u. l) recht mit etwas zu handeln, mono-
polium: die kaufmannsgilde hatte hier ehedem das ausschliesz-
liche handelsrecht. 2) recht das im handel gilt, jus mercalo-
rium. Steinbach 2, 288.
HANDELSSACHE, f. den kaupiandel betreffende saclie: ia
handelssachen gilt keine freundschaft.
HANDELSSCHIFF, n., was kauffahrer, kauffahrteischiff.
Jacobssox 2, 203'.
HANDELSSCHULD, f. : sollen die Vormunden ihren gewe-
senen mündlein vor den deputirten endliche und vollständige
aufrechnung ihrer gepflogenen Vormundschaft . . halben thun,
.. und folgends ihren pflegkindern die guter, baarschxift, fahr-
nisz, Schuldbriefe, handelsschuld, jornal und cassabücher . .
zustellen, der sl. Leipzig Ordnungen (1701) 261.
HANDELSSPERRE , f. absperren des handeis : die handels-
sperre gegen England. Häusser deutsche gesch. 3, 598.
HANDELSSTAAT, m. slaat der vorzüglich aus handeltreibenden
betlehl. J. Pacl hat handelstaat, dämmerungen 46.
HANDELSSTADT, f emporium, älter kaufstadl (5,346): in
unserer . . kauf- und handelsstadt Leipzig, d. stadt Leipzig
ordn. (I70l) 14G; nach den exempcin anderer hundelsslädte.
209; in den mchresten groszcn handelsslädtcn. Mi'iser patr.
phant. 2 (179b) 172. dafür handelstadt Frisch l, 412'.
HANDELS.STAND, ni. sta^id der handeltreibenden : ein mann
aus dem handelsstande, dann die gesamlheil der personen, die
zu diaem stände gehören : dem liandelsslandu wird dadurch
eine ntifreiwiliigc Steuer .. auferlegt, grenzboten IS68 no. 14 j. 15.
HANDELSSTRASZE, f. früher kaufsliaszc: diese wichtigen
bandelsMra&j'.cii . . haben einer ganzen reihe von handels-
-ladten ihren Ursprung gegeben, ausländ 40. jahrg. s. 997.
HA.NDEL.STAG, m. l| tag an dem kaufhandel getrieben wird,
im gegetisatz z. b. zu den fc^l' •"■ -r ruht.
2) da$ tagen, die beraiun achcn : die landstüdle
•olllen hier . . ihre eigne i - , ihre kreisbürse und
ihre Vereinigungen haben. Moser poJr. p/ian/. l (1798) 206; im
September 1820 versammelte man sich zu dem Darmstädter
handelstage. Treitschke aufsätze (1S67) 255; dann auch die so
beratenden porsonen selbst : als der ausschusz des handelstages
in Berlin versammelt . . war. grenzboten 1S68 no. 13 s. 498.
HANDELSTHÄTIGKEIT, f. : Osnabrück, als glied der hanse,
finden wir in der altern epoche in groszer handelsthätigkeit.
Göthe 26,241; (eine republik, die) an handelsthätigkeit, reich-
thum und Weisheit ihrer vorgesetzten keiner stadt in Deutsch-
land nachsteht. 47, 4S.
HÄNDELSTII-TER, m. anstifter von zwist: solche flegel und
händclstifter dulde er nicht über naxht in seinem hause.
RiEUL cuUurgesch. nov. 442.
HANDELSTÜHL, m. stuhl des handelsmanns :
bald fand man euch in Phebus schuhl,
und bald auf einem handelstuhJ. Rist Pam.
724,
d. h. bald wäret ihr als dichter, bald als kaufmann Ihätig.
HANDELSTÜCKE, f.:
unbekannt mit bandelstücke,
jagen wir nicht nach gewinn. Gotikr 3, lxvii.
HÄNDELSUCHER, m. der zank und Unfrieden sucht: auf
einen literarischen händelsucher. überschriß eines gedichls bei
BtiRGER 58".
HÄNDELSUCHT, f. sucht nach handeln:
allein mir ist ganz wohl in meiner haut,
und bändeUucht war niemals mein gebrechen.
WiKLAND 10, 17s.
HÄNDELSÜCHTIG, adj.: händelsüchtig und auffahrend.
Armh schotub. 1, 101.
HANDELSVERBINDUNG, /■..• die handelsverbindung zwischen
beiden orten wird durch die schlechten wege sehr gehemmt.
HANDELSVEREIN, m. ; der handeis- und gewerbeverein
für Rheinland und Westphalen. grenzboten 1868 no. 14 s. 22.
HA.NDELSVERHÄLTNIS, n. : wenige, mit denen er in ein
nützliches handelsverhältnis zu kommen hoffte. Göthe 18,140.
HANDELSVERKEHR, hj.; handelsverkehr des mittelmeers.
Fkeytac bilder l (1867) 271; er erwiederle mit der zähen ruhe,
welche der handelsverkehr dem eingeweihten gibt, soll und
haben 2, 282.
HANDELSVERTRAG, m. ; in kleinen Städten, wo nur
wenige handelsverträge geschlossen werden. Garve anm. zu
Cic. off. 3, 119; während des Streites über den deutsch-
französischen handelsvertrag. grenzboten 1868 no. 13 s. 493.
HANDELSVERWALTER, «i. der änem handelsgeschäfte für
einen andern vorsteht. Adelung.
HANDELSVERWANDTE, m. handelsfreund: ihrer (der kauf-
leide) gesellschafter und handelsverwandten, d. stadt Leipzig
ordn. (not) s. 261.
HANDELSVERWANDTNIS , n.: handelsverwantnüsz, comr-
meräum Stieler 2431.
HANDELSVOLK, n.: (die Juden) ein überall verbreitetes
handelsvolk. Kritzler humamtäl u. chrislenlh. 2, 115.
HANDELSVORTHEIL, «i..- ihm sind die handelsvortheile,
welche diese gegend darbietet, nicht entgangen. Campe kinder-
schriften 18,45; bald dem Wandertriebe folgend, bald durch
handelsvortheile gelockt , zogen sie aus. Beckers weltgesch.
(8. aufl.) 1, 480.
HANDELSWAARE, /. merces. Frisch 1, 41J'. folgendes ge-
dieht LoGACS hat die übersduiß der liebe handelsvvahrcn :
die süsze liebeskrämerui, was führet die ft1r wahren?
sie mucbeo ihren kaufmann glat und freien ihn von haaren.
3, 30,42;
aller cram- und anderer bandelswaarcn. der st. Leipzig ordn.
(1701) s. 225; je weniger die guter {landgüter) handelswaare
sind. Garve anm. zu Cic. uff. 3,111; der bernstein, einst die
einzige handelswaare , welche die Völker der ostsce den
Griechen und Römern interessant machte. Fübiitac büder
1 (IS07) 283.
HANDELSWEG, m.: der kaufmann im deutschen dorfe,
der officier in seiner grenzstaticm liälte vieles andere gesehen,
auffallende rechtsbrüuche, niärktu, haudelswege, verkehr und
unterscheidendes der slftnimc. Freytag bilder 1 (18671 31.
HANDELSWEISE, f. art und weise zu handeln und zu ver-
faJiren: vcrliesz dabei seine nalilrliche denk- und handels-
wcisc. Gütue 19,142; ich sehe eines jeden gemülhsart und
handciswcisc. 29,108; die beschräukteu hin.liKw.iMMi , die
der kurzsinnige mensch bcwuszlios mit seil ' aus-
übt. 33, ISO; fragen sie ihr eigen heral ist i landel«-
385 HANDELSWEISE — HÄNDEVVLNDEN
weise zugleich mit dem handeln ihm eingeboren? 38, 111;
für einen mann von strebender deniiart und unternehmender
liandelsweise. 43,137; jedem wer auf das object reflecliert
und die handeisweise, durch weiche es entsteht, davon unter-
scheidet. Fichte nalunechl, einleü. s. 5.
HANDELSWEISE, adv. durch kaußandel: etwas handels-
weise erwerben.
HÄNDELSWELT, f. gesamtheü der handellreibenden.
HANDELSZEICHEN, n., tcas handelsmarke (sp. 383).
HANDELSZEITÜNG, f. zeitung für die inleressen des kauf-
handels: preuszische handelszeitung, seit 1826 zu Berlin er-
scheinend.
HANDELSZWEIG, m. zweig, bestimmte art des kaußandels:
ein finanzminister, der eine grosze summe von einer gesell-
schaft kaufleute borgte, und sie mit einem ausschlieszenden
handelszweig bezahlte. Klinger 5,161; als die italienischen
Städte diesen fruchtbaren handelszweig an sich rissen. Scbillee
'81*.
HÄNDELTREIBEND, part., negotiator:
wir sind ein handeltreibend volk, mein könig.
ScBiLLER Jungfrau 3, 3;
die wenigsten collis können bei ablieferungen nachgewogen
werden, weil den handeltreibenden waagen von erforder-
lichem umfang fehlen, grenzboten 1868 no. U s. 16. — Oß in
der Verbindung handel- und gewerblreibend : der handel- und
gewerbetreibende theil des Volkes,
HÄNDEREIBEND , part. : wie ein reicher kaufmann , der
händereibend -vergnügt zwischen den kisten, fässera und
ballen seines waarenlagers umherwandelt. Heine werke 1, 286.
rergl. band I, 3, e sp. 331.
HÄNDERINGEN, n. als ausdruck des Schmerzes, nacA 5p. 334:
noch denke ich an Betty, und verstehe nun ihr ängstliches
händeringen. Lessing 2,87;
wie seufzt er selbst bei meinein händeringen!
Hagedorn 2, 79;
mit nassem blick und händeringen. Gotter 1, 458;
ihn beugt nicht unser heiszes dringen,
nicht seines enkels, nicht Kreusens händeringen.
ScBiLLEB Zerstörung v. Troja 111.
HÄNDERINGEND, part.: Pedrillo kommt ängstlich und
händeringend gelaufen. H. Heine Almansor {werke, Pkiladelpkia
2, 282) ;
wie spanischer übermutb der Mauren beste
und edelste geschlechter frech verhöhnt,
wie man sie^schlau beraubt, und händeringend
und nackt und hülflos aus der heimat peitscht. 274.
das Wort ist erst neuer gebildet, früher galt dafür mit gerungenen
bänden. Lessing 2,31; mit .. gefalteten, mitleidig gerungenen
bänden. Göthe 17, 409.
HÄNDERLING, m. ein handförmiger schwamm: digilellus,
zinderling. zingerling, fingerling, henderling Alb. DD 3*.
HÄNDESCBLAG, m., für handschlag:
da war ein grüszen und ein händescblag,
ein austauscb, ein lebendiger verkehr! Ühland Ernst 65.
HÄNDESCHLÄGEN, n. ineinanderschlagen der hände : ein
solch handgebens , hendschlagens , hendtruckens {beim be-
grüszen). Garg. 239*.
HÄNDESCHÜTTELN, m. ak xächen freudiger begrüszung
(sp. 331) : es fand in ihrer nähe nur etwas mehr freundschaft-
liches händeschütteln statt, als sich im ganzen mit der feier-
lichkeit eines balles verträgt. Freitag handschr. i, 378.
HÄNDESPIEL, n. .• ein bloszes unbedeutendes händespiel
(des Schauspielers). Engel mimik (1785) 2, 183.
HÄNDEVOLL, zusammenrückung von bände voll, vgl. unten
handvoll; händevoll geld wurden auf die strasze geworfen;
Wieland gewährt, mit deeliniertem ersten theile der zusammen-
rückung,
der arme mann begann wie toll
in seiner Verzweiflung bei händenToll
die haare sich aus dem köpfe zu raufen. 18, 232.
HÄNDEWASCHEN, n.;
drumb nim dich keins hendwaschens an
das dir kein kelt schlag in die glider.
grobianus (Erf. 1552) F2*.
HA.NDEWERK, n. werk der hände: wenn es bei dem poe-
tischen plebs gar finger- oder händewerk Wwi. Klinger
12, 261 ; da ich nun mein händewerk besah. Wielasd 35, 9.
HÄNDEWINDEN, verb.: über ein kleines hernach begiint
sie zu seufzen, zu echzen, zu krechzen, zu hendwinden, zu
weinen, zu greinen, zu schreien. Garg. loa'.
IV. 11.
HÄiSDEWINDEN -— HANDFEST
386
HÄNDEWINDEN, n.
sie klaget jämmerlich mit schwachem händewinden.
Keumark luslwäldchen 194.
HÄNDEZITTERN, n., zeichen der angst und furcht {sp. 334,
auch der körperlichen schwäche):
darauf der lord: dem glas zum preis
schenk rothen ein aus Portugal! !
mit händeziitern gieszt der greis, ühland ged. 354.
HÄNDFACKEL, f., fackel, welche des nachts von den bedienten
hinten auf den kutschen getragen wurde, um damit dem kulscher
zu leuchten, auch kutschenfackel, windlicht genannt. Jacobsson
2, 526'.
HANDFÄHNE, f. handluch, nach der allgemeinen bedeutung
von fahne {th. 3, 1241), mhd. hantvane wb. 3, 235': mappa,
mappula hantfan, hantilla Diefenb. 348'; manipulus hantvane,
hantfan 347*. als theil der priesterlichen kkidung eines diaconen:
orarium hantfano, hantphane 399*.
HANDFÄHRT, f. fahrt auf leitern in einen schaeht, im gegen-
satz zu der fahrt in tonnen. Jacobsson 3, 26*.
HANDFASZ, n. l) gefäsz für das zum händewaschen nöthige
wasser, mhd. hantva;; giälurnium hantvasz Dief. 272'; laracrum
hantvasz 321*; malluvium hantvasz 345*; mancipium handfas
346'; du solt auch ein ehrn handfas machen mit eim ehrn
fus, zu wasschen.'2 3/o5. 30,18; macht das handfas von ertz,
und seinen fus auch von ertz. 38, 8 ; und das handfas setzet
er zwisschen der hütten des stifts und dem altar, und thet
wasser drein zu wasschen. 40,30; so mag der buchstab auch
lebendig machen, ja der kacheloffen und das handfas mag
auch also lebendig machen. Luther 1, 394" ; nirapt ein hand-
fasz, . . fürwendend, er wolle sich zu waschen wasser Bohlen.
pers. rosenth. 2, 5 ;
demnach nfin sollichs ward vollendt,
gosz man in wasser auf die händt,
ausz einem messinnen handfas.
WicKRAÄ pilger Z 4, bl. 90.
In Wohnstuben war das handfasz an der wand festgemadd,
öcon. lex. 919, und befand sich gewöhnlich nahe der thür: ein
jaherr, der im raht oben an, zu nebest bei dem handfas,
an der thür, sitze. Lcther 8,211*; sie hätte sich wollen zu
tische setzen und zuvor am handfasse gewaschen, den ring
aber erst abgezogen und bei ihr aufs handfasz niedergelegt.
GoiRSFELD hisior. rosengeb. 534.
2) in salzwerken, bergwerken wie im gemeinen leben heiszt hand-
fasz aucli ein Steiner oben offener zober, oben mit Ohren für einen
durchzusteckenden äab , an dem das gefäsz von zwei personen
getragen wird. Jacobsso.n 2,204*; carallum, carcillum bantfasz,
tiagkorb Dief. 639*.
HANDFÄüSTEL, m. Immmer, womit der bergmann auf das
eisen schlägt, miner. lex. 286*. sprichwörtlich die handfäustel
einem weisen, einen herausfordern, entweder zum trunk, oder
zum schlagen, das.
HÄNDFEILE, f. kleine feile mü feinem hieb, im gegensatz zu
der schweren armfeile, mit grobem hieb. Jacobsso.n 2, 204*.
HANDFERTIG, adj. und adv. behend mit der hand, schnell
in einer mit der hand zu vollbringenden arbeit {nach fertig 10,6
tlieil 3,1551): handfertig, promtus manu, fortis Stieler 406;
Schreiber der aufmerkende und der handtfertig sei. Kirchhof
müit. discipl. 231; dasz sich ein urtheil .. nicht so schnell und
handfertig fällen läszt. Tieck Cerv. 1,348. ton einer schlage
gebenden frau: über die bandfertige wehrhafte frau würde er
spotten ; denn eine frau kann weder schimpfen noch schlagen.
Lessing 7, 253. — Mundartlich, in Ostfriesland, bedeutet hand-
fertig, handfaerig auch was sich in die hand schickt, mittelgrosz.
Fromm. 4, 227.
H.ANDFERTIGKEIT, f alacritas, fortitudo. Stiele» 406.
HANDFESSEL, f. manica ferrea. Frisch 1, 410*.
HANDFEST, adj. und adv. fest in der hand, in mdtreren
bcziehungen.
1) einen handfest machen, gefänglich anziehen, in feste hand
nelunen, nach hand II, 1, a sp. 343 : werden sich nach authen-
tischen attestaten umzuthun wissen , damit in ermangelung
deren nicht notbwendig, selbige handfest zu machen, corpus
constit. Brandenb.-Culmb. 2, 1, llit9; einen handfest machen,
catenas alicui injicere Stieleb 471; die missethäter wurden
handfest gemacht und dem richter übergeben. Hebel schatz-
kdstl. 160.
2) handfest, an die luind als schützende, verthädigende (II, 4
sp. 351) anqelehnt und von personen gesa^ ; dem lai. manu fortis
25
387
UANÜFEST — HANDFESTE
HANDFESTEN — HANDGEBEND
388
enlspriclU ahd. huntstarch, mhd. Iiuiitstarc, erst apatcr Iritl dafüi
bandfest ej«;
dasz wir glauben, ir Römer seit
im krieg haudvcste dapl're leut.
AvRER 87* (418,28 Keller);
neben geübten , fürsichtigen , handtfesten und bewehrten
kriegsrühten. Kirchhof milU. discipl. 149; {der feldherr) redet . .
rilterlicben thewren beiden und andern handt- und nohtlestcn
männern .. trüsliicb zu. 158; durch euwere männliche handt
und handtfesle kecke niannheit. 207; ein handfester held, licros
invincibilis Stieler 471. als titel in der anrede: ihr ehren- und
handtfeste, manhafter beir oberster leutenampt, hauptlcut,
fähnrich. Kirchhof diso. mil. 222. daneben geht das ivort tlieils in
den sinn kampfgrimm, wild, unbändig über: handfest, bandhaft,
nit ze deminen, indomitiis Maai.eh 210"; acer Turnus der dapfcr,
grimra, handtbaft oder handtvest Turnus Dasvp. ; tlieils wendet
es sich zu der bedeutung körperlich stark, kräftig, wie nd. band-
fast stark an kräften Dähnert 173*: es ist {des saultirten lochter)
ein zumal fein handfestes mensch. Scliiltbürger 1599 s. 121;
doch E^au ist ein handfester kerle. Cur. Weise comOd. 172 ;
meine zwei bandfesten cameraden. Fehenb. 2, 36ö ; handfester
kerl. Pierot 3, 56 ; da ist noch ein vorreitcr , auszer einem
handfesten kutscher. Lessing 2, 132 ; da es ihr allgemeines
beste erforderte, dasz jeder bof im guten stände mit einem
handfesten wirth und gutem spanne versehen war. Müser
pair.p/ianf. 3 (1798) 254; ein ziemlich dicker, handfester kerl.
Selme Spaziergang 1,50; vorzüglich schnakisch sab es aus,
wenn . . eine gruppe zierlicher abbaten . . mit den hand-
festen fubrieuten in ernsthafte elbogenkollision kamen. 96;
ihre alten, bandfesten kerle hielten lange wieder. Güthe
8,173; der senior hatte ein paar bandfesten Studenten ge-
winkt. Riehl culturgesch. 7iov. 256;
und Qberdiesz
war dieser mensch handfester noch, handgreiflicher
als ein lyrolerjäger. Platkn 301.
3) im anschlusz an die letztere bedeutung wird bandfest dann
tm sinne von liichlig, kernhaft überhaupt gebrauchl : ehrliche ein-
falt. handfeste tapferkeit. Schiller Fiesko , pcrs. Verzeichnis;
für einen tüchtigen, handfesten romanschreiber. E.T. A. Hoff-
MANN 10,307; mit handfester gemütsart. J. Gotthelf erzähl.
3,234; in die bedeutung derb, grob, knorrig überstreifend: einer
von den eingebildeten handvesten pafrioten, . . der den gc-
scbmack seines Vaterlandes mit dem drescbprügel rettet.
Schiller (bei Gödeke) 2, 382 ; auch auf begebenheiten bezogen,
derb, wo es gilt den mann zu zeigen: es führe zwar . . der
Schulz sehr starke hochtrabende worte, sei aber ein hase,
der seine frau schicke bei handfesten vorfallen , oder er
reiche eine lange scbreiberei ein. J. Paul pegelj. l, 33.
4) handfest, an band II, 6 (sp. 353) angeschlossen, heiszl aus-
dauernd in einer arbeit, fleiszig, emsig, anhaltend : navus bandt-
fest, emsig, fleiszig, oder wissenhaft. Dasyp. ; handhafl, band-
vcst, der steif auf eim bleibt, firnius accusalor Maaler 210";
das ist hantfest arbcitsamkcit
und standhaft unverdrosscnlieit
durch rudern, rimen, stoscn, schalten.
FiscuART glücklt. schiff 29;
von einem harten, anhaltenden kämpfe:
si tribcnds aber zlll;
dei ist inen drusz erwachsen
ein sülich liaritvc!-t spii.
Halbsctkr bei Wackcrnagel leseb. (1859) 1117, 12.
5) bandfest , an die gelobende band {sp. 331. 358) angelehnt,
heisil unverbrüchlich: das, sagt man, bab die büriii hinfür so
steif gehallen, dasz gcschworner eid bei den menschen kaum
so handtfest geballen werde. Forer thierb. (1583) 2l'. vergl.
handfeste 4.
HANDFESTE, f in mehreren bedeulungen.
1) handf/nff, handhabe: capulus hantfeste an en doere of
vynsler f)iErK?(B. 99* (rheinldnd.).
7) (nach handfest 4) gnavia sirengheit, handfeste, cmsig-
keit Dahtp.
3) bestdiigung einer erkldrung durch eigenbändige namensunter-
tchnft {tergl. band II, 7, b tp. 355) : widerrufte es mit seiner
hnndfc.tle. IUltaus 802; in weiterem sinne die so unterschrie-
bene Urkunde, handschrift , mhd. hantvestc wb. 3,275*: chiro-
ijrapluu bantfeHtc DiErENB. 123*; namentliüi auch öffentliche
Urkunde , ichulzbrief, privileg , verbrieftes recld und geuohnheil :
der keyier . . gab darüber ein handife.stc mit einem gilldin
insicgel veniegclt, zu Frankfort aufgerichtet. Frani chrvn.
(1538) 183 ; iHid fischten nach dem laut ihrer bandfest. Henne-
bercer landtafel 343 ; so findet man auch noch handfesten
alda gegeben. 499; im jähre 1233 ist erstlich die culmiscbe
handfeste . . gegeben. Schütz Preuszen 18 ; ob jemand klagote,
das ihm seine Privilegien oder handvesten verkürzet. 119;
nacbrichten . . deren ächtheit eben so unbezweiielt war als
die der .xii tafeln, der handfesten, andrer gesetze und b'ünd-
nisse aus jener zeit. Niebuhr 2,3.
4) handfeste ist auch die bekräftigung eines Vertrags durch
liandschlag (.<p. 332); so in Baiern das feierliche eheverlöbnis und
das dabei übliche mahl. Schm. 1, 576.
5) daher endlich auch fortdauernde gcUung , unverbrüchlicher
bestand: dasz es ietz und in künftigen zilen kraft und liand-
vesti bette. Tschudi 6« Haltaus 803.
HANDFESTEN, verb. l) {nach handfest l) einen übeühdler
festnehmen. Schm. 2, 205.
2) in geltung erhalten, scliirmen (s. handfeste 5) : Vormünder
sollen der mündel gercchligkeil verthädigen und handfesten.
Wirzburgcr landger.-ordn. von 1618, bei Schm. 1, 576.
HANDFESTIGKEIT, f. tapferkäl, lüchtigkeU (s. bandfest 2
und 3):
wo ist die teuzschc einigkeit,
deins heldenmuth handfcstigkeit,
die liebe zu dein selbst hintiommen.
tied V. 1620 im anzeiger des germ. mus. 1S65, 55.
HANDFESTUNG, /". l) gefangennehmung, gefängliche Ver-
wahrung {nach bandfest 1 sp. 386) : dasz der profosz gemcltcn
N. N. von N. sol in gehorsamer handfestung ncmen und iu
seine verwarung füren. Reuter v. Speir Icriegsordn. 47.
2) chirographus hantfestung Diefenb. 123'; auch das urkund
lieh geschützle recht: in dem ubergebenen ccssionsbrief sich zu
unsz gebührender handfestung, scbuz und schirms getrosten
und undergeben thuet. urk. von 1612 bei Haltaus 2206.
HANDFEUERWAFFE, f mit der hand zu führende feuer-
waffe {büclise, pistol).
HANDFÖRMIG, adj. palmatus: bandförmige blätter, band-
förmige wurzeln.
HANDFRAÜ, f. die in einem hause zur hand geht, für lohn
arbeitet, ohne beständig in lohn zu stehen; auch handweib ge-
nannt. RijDiGER n. Zuwachs 2, 82.
HANDFRIEDE, m. ßdes data utrinque dextra ßrmata pro pace
servanda. Haltaus 2206. Stieler 563. mtui. bantvride:
da; her seit üjerhalbn bahn,
als e; schiede mur od tiefe grabn.
des heten hantvridc getan
Gramoflanz und Gäwan. Part. 691, 3.
HANDFROHNE, f. frohndiensl der mit der hand geleistet wird,
im gegensalz zur spannfrobne. vergl. banddienst.
HANDFRÖHNER, vi. der solche dietiste leistet, handarbeiter :
handtfröner Aimon bog. F iij.
HANDGAUKELEI, f.: diesz war der ton, in welchem
Tauperau , nicht unsere deutschdenkenden Jünglinge, denn
die lieszen so etwas nicht an sich kommen, sondern unsrc
junge brut , nicht ohne mancherlei gebebrdung und hand-
gaukelei, unterrichtete. Klopstocr 12, 299.
HANDGAUKLER, m. chironomus. Stieler G16. davon hand-
gauklerei, chironomia. das.
HANDGAUL, m. gaul der dem sattelpferd zur rechten an der
deichsei geht. öcon. lex. 920; der henker müszte darin oder
darauf sitzen, wenn ein geschickter bereiter nicht sein traiier-
rosz so zureiten wollte, dasz es sich recht gut zu einem
handgaul des freudciipferdes anstellte. J. Paul Titan 1, 16.
HANDGEBÄRDE, /". gebärde, beivegung mit den luindcn, nd.
bandgcbeer Dähnert 173': treiben vil seltzamer handgeberd.
Frank weltb. ISS'; ein götzenpriesler habe aus einem buche
gelesen, und neben bandgeberden etliche wort gesprochen.
Olearius beschreib, oricnt. insuln (1696) s. 150. s. bandbiirde.
HANDGEBEN, n. als grusz und ausdruck der freundlichkett ,
nach sp. 332 : so bald er abgestigen und ins gemach gt-lrellrn,
da war nichts als alle freud, viel (aiisenl willkumui, vil hun-
dert guter tag, sitck voll grüsz, ein solch baudgehens, hend-
scblagen«, hendtnickens . . als ob alle metziger zu Lins auf
den viebmarkt zusammen kommen wercn. Garg. 230*; u(T ein
freundlich» anscbrn , handtgebcn , küssen, facet. facel. 42k ;
von bandgeben und küssen ist nun gar nicht die rediv
Ihmerman,'« Munclüi. l, 186.
HANDtiEBEND, part. in der formet bandgcbondc treue,
Versicherung und bekräftigung mit reichung der hand, mich sp.XVi,
tijl. auch bandgclübde, bandlrciie: mit baiidigebenden truwen
3S9
HANDGEBOT — HANDGELÜBDE
aha eines rechten geschworen eydt statt, vrk. von 1468 hei
AscBBACH gesch. der grafen v. Wertheim 2, 283; zum ersten habe
ich an eidt Stadt mit handtgebenden treuen angelobt und
zugesagt. Urfehde von Josl Pfueler v. 1580 {archiv zu Büdingen) ;
j<ener sagts im bei handtgebender trew zu. Kirchdof u-end-
vnm. 313"; darauf soll auch ein jeder solches dem feld-
marschalk mit handgebenden treuen zusagen und geloben.
BocELER kriegsschule (166S) s. 3S6. s. handgegeben.
HÄNDGEBOT, n. dariHetung der hand zum grusze: Pelzius
versetzte ohne grusz und handgebot ' es hat nicht noth '.
jjvlit. colica 155.
HANDGEBRAUCH, m. gebrauch der bequem und zur hand
i.-t : ein buch zum handgebrauch.
HANDGEBL'NG, f. das reichen der hand, zur bekräftigung
eines Versprechens : der friede ward fest gemacht mit hand-
gebung, als damals gewünlich war. denn so die beiden hand-
gebung theten, brachen sie es nicht. Waissel chron. (1559) 8"' ;
zur begrüszung: mit der handgebung seine excell. zu bewill-
kommen. Simpl. 4, 63 Kurz.
HANDGEFECHT, n. .■ nehmet den Paris aus dem hand-
gefecht mit Menelaus. Herder 1, 189.
HANDGEGEBE.N, part., in der fornid handgegebene treue,
gleicher bedeutung icie handgebende treue: darzu haben wir
mit hantgebener truwen gelobet, urk. v. 141S, bei Aschbach
gesch. der gr. v. Werlheim 2, 195 ; obwol ich in ahnnemung
der burgkgraven dienst vermittelst handtgegebener trew und
geschwornen leiblichen evdls zugesagt und versprochen. Ur-
fehde v. Eckardl Kleinschmidl v. ibll (archiv zu ßiidingen); und
haben wir alle mit dem eid und handgegebner trew zusam-
men gelobet , solches niemand! zu zeigen. Amadis 245 ; bei
handgebener trew. engl. kom. 2, Gg6.
HANDGEHÖRN , n. .• handgehurn wird bei einem hirsche
dasjenige genennet , welches oben etwas breit ist und die
enden daraa herunter oder gleich beieinander stehen , fast
wie die finger an der hand, wenn sie aus gestrecket werden.
Heppe jagdlust (1783) 1, 147.
HANDGELD , n. geld was bei eingehung eines Vertrags dem
sich zu Icistungen und diensten verpflicIUenden gegeben wird, das
gleichsam die gelobettde hand empfangt {s. geld auf die hand
nehmen sp. 356) : handgeld aes manuariutn , arrha Stei.nbach
1, 585;
in diesen krieg, der wenig wittwen macht,
da lasz ich mich gleich ohne handgeld werben.
WiELASD 10, 178;
da nahm ich handgeld von den Sachsen.
ScaiLLER Wallenst. lager, 6. auflr.;
gutes handgeld ist das, versetzte Reineke munter.
GöTBB 40, 209;
dat is gude hantgift, sprak Reinke wedder. Reineke s. 6210;
wenn er dem satan nicht durchaus verfallen ist mit hand-
geld und reukauf (if the devil have him not in fee simple,
with fine and recovery). Sliakesp. Uist. ueiber 4, 2 ; hier liegt
das handgeld auf dem tisch, womit du dich reisemäszig aus-
statten sollst. RiEHL culturqesch. nov. 411.
Der Verkäufer nennt handgeld auch den ersten erlös an einem
tage: handgeld, das erste geld, so ein krämer löset. Frisco
1, 410*. vgl. handkauf.
HANDGELE.NK, n. das gelenk an der handwurzel. sprich-
wörtlich etwas, eine arbeit aus dem handgelenk machen,
leicht und zierlich, ohne den arm dazu anzustrengen.
HANDGELÖBNIS, n. gelöbnis durch handschlag: an eidts
statt zur handgelübnisz ziehen. Kirchhof niti. disc. 95; mit
handtgelübnisz, sich auf tag und zeit, ihnen bestimmet, wider
in der feinde lüger zu verfügen. 179; an eidts statt handt-
gelübtnisz thun. 236; lasset er ihm, sie alle und jeden be-
sonders für sich selbst ja sagen und mit handtgelübtnisz ver-
sprechen. 231; handgelübnusz an aides statt. Mainzer land-
rcrhl (1755) 6, §1;
will mir an eidsut globen an,
dasx du wölst bähen gheim und still,
wa« ich dir itzund sagen will,
80 sag mirs mit bandglibnusz zu.
ÄTB8H 43' (231, 4 Keller).
HANDGELTE, f. hölzerne gelte mü einer handhabe, vomit
nasser ausgeschöpft wird. Jacobsson 2, 204'.
HANDGELÜBüE, n., nie handgelübnis : darnach sal der
selbe nun gekorn scheffen den hern vom capitel auch hant-
globde thun. weislli. t, 560 (ron 1509) ; ob in der heimlichen
Verlöbnis gemahlschelze, hündgelübih- . v'nh- ,.■!>•, t, nicht ge-
HA>'DGEMÄCHT— HANDGESCHRIFT 390
fallen weren. Lcther 5,243'; handgelübd an eidstatt nemmen.
Begenspurger reiclist.-absch. von 1577, § 22.
HAND GEMA CHT, n. werk der hand:
(gott) ist äurersvoll aur dich ergrimmet;
doch wan du, als sein handgemächt,
zu thun beginst, wie sich gezimmet,
so kan er auch barmhärzig sein. Roxpler 169.
H.\NDGEME1N, adj. vereinte bände habend; selten von zwei
durch handreidtung vereititen liebenden: wehe dem jüngling, der
mit einer dirne handgemein wird, wenn er nicht herzgemein
mit ihr zu werden in den umständen ist. Hippel lebensl.
1, 211 ; gewöhnlich von streuenden und balgenden :
in handgemeiner schlacht entscheide die bewegung.
SiMROCK teseb. 47 ;
und hier in der Verbindung handgemein werden, cominuspugnare,
manus conferre, pugnis inter se contendere , manus conserere
Frisch 1, 410';
sie werden handgemein, die degen blitzen. Schiller 504';
auch von verliebten, unzüchtigen balgereien : er sagte ihr einige
anständigkeiten, und am ende wurden sie handgemein. Heiüe
werke 1, 11.
HA.NDGE.MENGE, adj., wie handgemein: als mitten unter
dieser handlung ein theil römischer schützen mit den Gothen
handgemenge ward. Mascoü 1, 297.
HANDGEMENGE, n.; ins handgemenge gerathen, ad manus
venire, manus conserere Stieler 1269; darüher geriethen sie
mit einander ins handgemenge. cou^nmac/ier 107; und damit
beehrten sie den herrn sprachmeister mit einem handgemenge
{sie warfen ihn die treppe hinab), maulaffe 246 ; unser bist du,
und wenn der erzengel Michael mit dem Moloch ins band-
gemeng kommen sollte. Schiller räuber 5, 2 ;
es wurd der schJusz gemacht zu richten an ein jagen,
in dem man diese säu mit gott könnt niderschlagen,
wenn gleich ein guter hirscli ins handgemeng mit kam,
dasz man auch gleiches falls denselbigen mitnahm.
Opel u. Cohn 27S, 45 (tun 1031);
hier schwang .Schill das schreckliche geschosz,
dort lag der schilTe zahlenlos gedränge,
hier tobete das handgemenge.
Schiller zerstör, v. Troja 5.
HANDGERÄT, n. gerät ßr den handgebrauch, klänes arbeits-
gerdl: behällnis, worinnen er dergleichen handgeräthe . .
verwahrele. maulaffe 19. nd. handgetau: der frawen hand-
getauwe, darmit sie sich heft genert. rechlsalt. 580.
.HÄNDGESCHICK, n. gescliick in der hand, zu einer arbeit-
er {ein architeci) hatte selbst viel handgeschick. Göthe 17,209.
HANDGESCHICKLICHKEiT, f.: es gibt so gewisse halb-
künste, welche handgeschicklichkeit und handwerkslust ver-
langen. Göthe 27, 233.
HANDGESCHIRR, n. utensile , vas domeäicum. Serrasüs
syn. 93*.
HÄNDGESCHMEIDE, n. schmuck, oder fessel um die bände,
s. geschmeide.
HANDGESCHOSZ, n. kleines mü der einfachen hand zu
regierendes schieszgewehr (s. handgeschülz) : mit falkaneticin,
hacken und handgeschosz. Dürer befesligung Bij'.
H.\NDGESCHRIEBEN, part. manu scriptum : aus des authoris
handgeschriLenen büchem. Wmrz practica der wundarznei (1612),
tUel.
HANDGESCHRIFT, f. 1) schriftzüge der eigenen hand, nament-
lich eigene Unterschrift des namens: eigne handgeschrift, manus,
autographum Maaler 210* ; handgeschrift nachmachen, chiro-
graphum imitari das. ; auch hab ich ein brieflin darumb von
im mit sein handgeschrift und mit seim zeichen. Rüla.vd 3.
2) so geschriebene oder vollzogene Urkunde, schuldbrief: anta-
poclta, ein gegenzedel, ein handgeschrift des Schuldners Dasyp. ;
du soll sye bezalen in dreyerley weg . . zum dritten durch
die handtgeschrift oder schuldbrief. Keisersberg bilg. 2'; der
Schuldner oder gelter der ein umb geliehen galt sein eigne
handgeschrift gibt, chirographarius Maaler 210*; handgeschrift
die nüt mer gilt oder kein kraft hat, tnane chirographum
factum solutione das.; ich bitt dich das du dir nemest vih
oder die dienst {knechte) und geest zu Gabelo in Rages in
die statt der .Meder und gebest im sein handgeschrift und
nemest von im das gelt, bibel 1483,235 {Tob. 9,3);
ich hab den nerhsteit tag vergangen
von unserm Herr vatter empfangen
auf das heimlichst sein handtgeschrift.
II. Sacbs 3, 2, 282«.
s. iKindsthrifl.
25*
391 HAM)GESCHÜTZ — HANDGREIFLICH
HäNDGESCHCTZ, fi. kleineres, in der hand zu führendes
geschiitz, im gegtnsalz zu dem groben, hakenbüclisen, karlaunen,
mörser u. a. :
das handgesctifitz het er gar bei in,
mit sampt zwaien iiiiecliteD,
scbiest drein, scbiest drein, ir fromme lanlzl<neclit!
Soltau volkst. 2'Jü (Iti. jahrh .) ;
s handgeschütz gieng wie ein lia^el.
Körner wlksl. 156;
auch die Spanier habe er zum gebrauch des handgeschützes
angeleilet. Ranke deutsche gesch. 1, 236.
HAiNDGESCCHT, ii. handgichl: bantgesücht chiragi-a Scbm.
3,195; chiiagra, bandlgesicbt. GEn^oonr feldb. d.wundarzn.'j'j.
HA>DGt\VEHU, n. kleinere schieszuaffe, wie handgeschiilz:
unter dreimahliger lösung des bandgewehrs der see über-
geben. Felsenb. 4, 8S; aus dem handgewebr eine herrliche
salve. 4.124; vorralh von handgewebr. 4,126.
H.\NDGE\VE1H, n. handfOrniiyes geweih des Hirsches. Beulen
jagdcalech. 254. vergl. handgehiirn.
HAiNDGEWERBE, n. hanäwerk: wenn aber die handgewerbe
wo! floriren und im schwänge gehen, so musz denn auch
das gemeine wesen in gutem aufnehmen sein. SciitppitJS 538 ;
(der) das unscheinbarste handgewerbe mit treue treibt. Fichte
ontp. z. sei. leb. 151.
HANDGEWINN , n. erlangung eines gegenständes in seine
gewall {vergl. hand II, 3 sp. 351) : wanne ein man . . begerl
vom berrn off seinem schollisz dat guidt zo hand gewinnen
ind werven , dasz sali ime der herr off schollisz gunnen,
und vur dat handgewin sali der man ind vrawe, die op den
hoeven wonnen. geven gelick. weislh. 3,63; dat guid zum
handgewinn zu lösen. 64.
HANDGIFT, f. gäbe der hand, geschenk , verlähung, mhd.
hantgift wb. 1, 510*;
die im bi gestuonden
den git er volle plnionden
in siner eigenen stifte
mit leider hantgifte. Martina 159, 106;
icie handgeld, das erste geld, das einer in seinem berufe löst:
[ein arzt spricht) dort kiimpt eben ein kranker man,
der thul an zweien krucken gan,
der wirdt mir gleich die handgift geben,
er kumbt mir warlich gleich und eben.
H. Sachs 3, 2, 211';
auch neujahrsgesclienk : slrena hantgift Dief. 555'. — Ein still-
schweigend ohne zu fordern gegebenes geschenk hcill nach dem
Volksglauben gewisse krankheilen, darauf bezieht sich wol: die do
glauben an handtgift, new jar, oder wenn in hasen oder
ichl anders begegen oder über den weg laufen, an verworfen
tag, zeit und stern lauf (denen soll das abendmahl nicht gereicht
werden), fasln, sp. 14C3.
HANDGIFTENG, f. reichung der hand bei einem gelöbnis:
welches auch der rath durch würdige handgiftung angelobet,
stet, feste und unversehret bei kraft und macht also zu
ballen. Schütz Preuszen 197.
H.\NDGLE1CH, n. gelenk an der hand: aber dasselbige bein
(ein an der hand ausgetretener knochcn) ist nicht mehr ange-
wachsen, wie es zuvor gewesen, dann es nach der beilung
sich allzeit bewegen liesz: es ist aber auch an' demselbigen
liandgleich unverbinderiich gewesen {hat das handgclenk in
ninem gebrauche nicht gehindert). WtuTZ wundarzn. 151.
HANÜGHANATE, f. kleinere, mit der hand geworfene granate.
bildlich auch ron geworfenem und beim werfen zerplatzendem
pferdekol. Siegfr. v. Lindenb. (iTUO) 1, 167.
HANÜGHEIFEICH, adj. und adv., in zwei bedeulungen.
1) acliv und von personen gesagt, mit bänden greifend, so bei
IhdUichem streite: nach vielem Wortwechsel wurden die Par-
teien handgreiflich;
und Qberdiesz
war dic«er mensch handfester noch, handgreiflicher
all ein lyrulerjager. Platin 301;
auch in obicünem sinne handgreiflich werden.
2) pasnv, was sich viil Händen greifen laszl, greißar : einen
sehr !«icbtbaren und handgreiflichen Zuwachs von fremdem
gfldc, bi UMADER 3, 76 ; wie zürnte er ilzt über sich selbst,
dasz er thuricbt genug habe sein können , in ein so sicbt-
IniiM, Hl) hxadgrciflicbcs netz sich verwickeln zu lassen.
V» iA?iü 2,18»; der aberglaubc ist die pocsie des lebens,
lic.le erfirwi"" '■■' ■ •lildclc wesen, und zwischen dem wirk-
lirlun, ii.i ihnen sie die sellxamslen beziebimgen.
• juTHt 45.'. !irikl, il:is/ iiii es imkIi um n /.ililiinpj-
HANDGREIFLICH — HANDGRIFF
392
weise vorbringe. M. nur erzählungsweise ? ich dächte , es
wäre handgreitlich genug. 14.282; in diese anscheinend geist-
liche armut mischt sich der dem landvolke ureigne zug hin-
ein : dem kurzen und gedrängten, dem markigen und hand-
greiflichen überall den vorzug vor seinem gegeiilbeil zu geben.
cianyel. kirchenzeit. 1800 s. 685; daran auch bildlich, derb, an-
sf/fö H/icÄ; solche redensarten musz man nicht würllicb nehmen,
da sie nichts anderes als die handgreifliche bezeichnung eines
besouders sichern zuslandes sein sollen. Sciii.osseh wcUgesch.
5, 247. — Besonders häufig aber wird handgreiflich (nach der
formel etwas mit banden greifen können sp. 341) im sinne von
offenbar gebraucht: handgreiflich manifeslus, aperlus Steinbach
1, 039; woraus dann handgreiflich abzunehmen gewesen, dasz
etwas an der sache sei. Simil. 2, 187 Kurz; so viele abgöt-
tisclie Völker, welche sieb eben so handgreiflich haben hinter-
geben lassen, als die Scheschianer. Wiela.nd 6,225; die ge-
reimtesten und handgreiflichsten lügen. 4,236; das allegat . ,
ist handgreiflich . . abgescbmiert. Lessing 11, 527 ; darum
liesz er sich mit der lieben Justiz niemals ein, wenn er nicht
gewisz war, dasz sein sieg auch dem viereckigtsten dumm-
kopf handgreiflich sein müsse. Siegfr. v. Lindenb. 2,102; eine
handgreifliche miszdeulung des begriffs vom sinnlichen. Kant
3, 346 ; A. hier ist ein misverstand. Z. ein handgreiflicher.
Schiller fiwio 4, 4; so ist der irrthum handgreiflich. Niebüur
2,86; das handgreiflich unwahre. Göthe 31,222; betrog hand-
greiflich. ,1. GorrnELF erzählungen 3,329.
HANDGREIFLICHKEIT, f. nach handgreiflich 1: wenn der
alte herr böse wird, und es käme etwa hier zu einigen hand-
greiflichkeiten. Kotzebue wcricc 20, 49.
HANDGRIFF, m. l) griff, angreifen mit der hand: Johannes
sorget nur für seine jünger, wie sie doch aus ihrem falschen
Wahn möchten gebracht , und von Christo selbst auf den
handgriff und augenschein geführet werden. Otho 35;
haut die metallen aus. legt eure kunst daran
durch handgritl' und die glut. Fleming 85.
2) die spur eines solchen griffs: in diesem walde hätten
früherhin wilde leute gehaust, deren handgriffe man noch in
den steinen sähe. Grimm d. sagen no. 167; welche leiter ich
selbst, nicht weniger des gemsensteigers schwarze handgriff
auf den weiszen güttern (gittern) der galerei gesehen. Gümpelz-
haimer de exerc. acad. 306.
3) in verengtem sinne ist handgriff beim handarbeiler und liand-
werker das angreifen und bearbeiten eines gegenständes nach ge-
wissen regeln, und das sich hier zeigende geschick: er sieht seine
vierzig gesellen den tag über arbeiten, beurtheilet dasjenige,
was sie machen, verbessert ihre fehler, zeigt ihnen vortheile
und handgriffe. Moser patr. phant. l (1799) 37; weil sie sich
meistens nicht über den begriff mechanischer fertigkeiten
erheben können, und denken, wenn sie nur den handgriff
besäszen, so wären keine weitern Schwierigkeiten für sie
vorbanden. Göthe 44,274; werden blosz auf die handgriffe
angewiesen. 276.
handgriffe bei den Soldaten, die kunstmäszige handhabung des
gewehrs: handgriffe mit dem gewebre, maniement des armes,
sind Übungen, zu welchen man die Soldaten anhält, um ihnen
eine gute Stellung beizubringen und mit dem gewebre wohl
umgehen zu lehren. Eggers kriegslex. 1 (1757) 1143; die hand-
griQ'e des Offiziers mit dem sponton, der fahiijunker mit der
fahne, und der unterofficiers mit dem kurzgcwebre. 1144.
4) daher wieder in freierer anwendung, geschickte Handhabung
einer sache, einer kunst oder arl, und vortheil den eine solche
gewährt: der aus erfahrung ein ampl verwaltet der ist besser
dann der es ausz büchern tbut, es liegt viel am handgriff.
Lehmann 205 ; durch tausend geschickt verborgene handgriffe.
Wiei.anü 6,168; ob der berühmte handgrif 'abslraclio' ...
hier nicht zu appliriren wäre. Clalüius 3, 23; eine verborgene
kunst in den tiefen der menschlichen seelc, deren wahre
hundgriffe wir der naiur schwerlich jemals abratben werden.
Kant 2,100; ein ökonomischer handgriff der Vernunft, um
sich mühe zu ersparen. 408; diese grundsälze führen direct
und nicht blos als handgriff der metbode ihre empiVbluiig
bei sich. .103; dieses ist der gewöhnliche handgriff der Über-
redungskunst. r>, 230; die polilik blos auf handgriffe der klug-
heit gründen. 453, die handgriffe, wonach sich die menschen
unter einander bebandeln. 10,9; zwar weisz ich wohl wie
schwer es hält , doch müssen sie nach und nach , dm eh
nachdenken und übuiig, dem drninuli'^cben melier so nIcI
Ii.'iijiIl'iiHi' :ilu'.'\(ji>ii.'fi .l'iv/ ,■.>■!;<. .,t..l ,..\„.. • I,., I... .r,,.,.
393
HAÄDGROB — HAXDH ABE2i
HANDHABEN
394
I
mung nicht gerade zu jeder Operation nöthig sind. Göthe
an Schüler 820.
5) handgriff für handhabe an einem gefäsz oder andern dinge
begegnet su frühest niederdeutsch: remi manubrium de hantgreep
am reemen Chytraeds nom. c. 34, und ist erst später im hoch-
deutschen nachzuweisen: handgriff an einem gefäsz, das man
tragen kan, ansa Feisch 1,411'; handgriff an einer thür sie
zu zu machen das.; der handgriff eines degens.
HÄNDGROB, adj. von grober handarbeit gebraucht : in einigem
knechtischem oder handgroben werk. Pbilander (lugd.) 5, 51.
HÄNDGUCKER, m. Wahrsager aus den linien der hand (s. spalte
329 oben): der Student war ein halber stern- und handgucker.
Jucundiss. 136 ; ich bin kein chiromant oder handgucker, aber
ich bin ein prosopomant oder gesichtsgucker. Klopstock 12, 120.
HANDHABE, f. mhd. hanthabe,
1) {nach habe 2 sp. 42) griff, heß, henkel an einem gegen-
stände, womit es an der hand gehalten werden kann: capulus
heize, hanthaba Prager glossen des li. jahrh. bei Halft 3, 4' o';
capulus et capulum, ein heft oder hanthabe Sebranus ditl. d 2" ;
capulae, ein geschirr mit handthaben das.; manubrium, ein
heft oder handthabe o2'; ansa, ansula, capulus, manubrium
handhab älberus dict. Al'; das zweit war geweit (gerundet)
wie ein handhab an eim algäuischen körblin, Garg. 274' ; und
in dem schlug er sie mit der handthaben des spiesz . . auf
das haupt. Amadis 266 ; von einer groszen kleidertruhen mit
einem zweifachen schlosz und handhaben. Frankfurter taxordn.
von 1623; handhabe an einem pQuge sliva Stieler 723; ob
die handhaben am sarge überzinnt oder übersilbert waren.
Mdsäus volksm. (1805) 3, 28S; handhabe, griff an einer thür:
und wer do ging ausz und ein,
es wer fru oder spet,
das man mit der hanthab auftet. fastn. sp. 101, 32.
der plur. handhaben ungewöhnlich: ir haut wirt gebraucht zu
den handhaben oder haften der Schwerter. Foreb fischb. 81*.
veTiji auch handhebe.
2) bildlich, von einer ehefrau : sie ist ein handhab, sein
hauszhab, sein brustgeselj , sein wärrapfann. Garg. 72*; ein
riciiter wird eine handhabe der gerechtigkeit genannt; gott
erhalte nur den schmidt bei guter gesundheit, der die hand-
haben an die gesetz und Ordnungen gottes machet. Schcppids
181. Namentlich die neuere spraclie braucht handhabe für etwas,
woran ein Vorschlag, eine Untersuchung , Unternehmung, behand-
lung angelehnt werden kann, angriffspunkt: unfähig, irgend eine
handhabe zu ergreifen , mit denen man die geschäfte des
gemeinen lebens anfaszt. Göthe 16,151; etwas ungewöhn-
liches, vielleicht gerährliches zu unternehmen, hatte ich zwar
Verwegenheit genug .. allein es mangelte mir die handhabe
es anzugreifen und zu fassen. 24, 261 ; es {das stück) übrigens
aufs deutsche theater zu heben, sehe ich noch keine hand-
habe, an Schiller 820; und, wenn ich so sagen darf, jede
handhabe der natur zu ergreifen. Stolberg 9, 268 ; so ist
dieses seltsame gefühl eine handhabe, bei der man bequem
die menschen ergreifen kann. Tieck 7,318; an der seligen
ewigkeit selber ist keine andere handhabe als der augen-
blick. J. Padl Titan 1,17; eine ganze schwere weit an der
handhabe eines blicks zum durstigen herzen zu heben. 1,151;
schmutzige handhaben des eigennutzes. nachdämmer. 80; an
einer menge schwerer matcrien, woran euch alle handhaben
abbrechen, hält blosz die des scherzes fest. uns. löge 2,113;
ein nachen auf dem wasser, ein abendtisch, ein gemälde der
dichtkunst an der wand und die windharfe, und am morgen
die morgensonne — an diese handhaben der kürperwelt
werden die aussprüche gehangen, kl. bücherschau 1, 174.
3) handhabe = handhabung, wie schon mhd. hanthabe wb.
1,602*: handhabe el handhabung etiam vocant manulenentiam
i. e. defennonem. Stieler 723.
4) handhabe, m der analomie, der oberste iheil des brustbeins.
Vi uclchem auf beiden selten eine höhle befindlich. Frisch 1,411*.
HANDHABEN, verb. in mehreren bedeutungen, der form nach
lunäclist an handhabe angeschlossen, daher mit dem praH. hand-
habte, während infinitiv- und participial formen des praes. wie
des praet. öfter die composition auflösen und für zu handhaben
bandzuhaben, für gehandhabt handgehabt lauten: diesen
meinen letzten willen handzuhaben. Lutuer 3, 421*; uns und
ansere dieneiin handzuhaben. Weckherlix 854; ein regent
dem di gerechtigkeit zu bedinen und hand zu haben befohlen.
BuTSCHKT hd. kanzl. 294; dasz er .. die ganz Christenheit mit
aufrur betrübt, und alle meineidige, mörder, kirchenräuber,
brenner und landschelmen hand gehabt, bienk. 219'; hand-
gehabet, lob- u. dankabc 23;
2u Joseph, der sein eigen recht zu deuten
und tiandzubaben wetsz. Blcxacer I, 173.
Die bedeutunijen von handhaben sind manigf acher , als ton
handhabe belegt werden können, das wort sagt aus
1) fest fassen, halten, anhalten : wäre d; uns ein kilchher in
disen obgeschribnen stucken und artikeln nüt genuog tätt, . .
so möchtin die vorgenanten undertanen die vorgeschribnen
zehenden handhaben und inn hau zuo den rechten, weisth.
4,355 [von 1436); einen handhaben und erwütschen, gewallige
hand an einem legen, intenlare manus alicui Maaler 210*; und
hieran schlieszt sich: kain volk uff erden ist, das sie {die Juden)
mit gröszem fryhaiten handthabt und underschleuft dan die
cristen. Reccblix augensp. 5*; soll man denselbigen hand-
haben und fahen. Haltaüs 806.
2) daher ein ding beim rechten ende anfassen , kunstmäsztg
führen und gebrauchen: dasz man .. ieglich ding nach seiner
natur und beschaffenheit tractiren und handhaben soll. Lok-
mans fab. 27; das Werkzeug, das er zu handhaben hat, ist
ihm eingehändigt. Göthe 22,160; sie tadelten den entwurf
als nicht kunstgerecht, und als der alte einen augenblick
nicht aufmerkte, handhabten sie diese säubern blattet als
brouillons. 26, 20;
s kann einer ein rechtschaffner kavalier
und ehmann sein, und doch die spitzen dinger,
die räthsel, just nicht handzuhaben wissen.
Schiller Turandot 2, 1 ;
mein ganzes leben lang hab ich den bogen
gebandhabt, mich geübt nach schützenregel. Teil 4, 3,
schnell fertig ist die Jugend mit dem wort,
das sciiwer sich handhabt wie des messers schneide.
Wollenst, tod 2,2,
. . Uarmonides söhn, des künstlers, allerlei knnstn-erk
handzuhaben geübt. Bi^RCSR 220';
auch freier , in bezug auf personen : also machen es vil mit
ihren freunden; weil sie sich auf sie, wie auf einen stab,
steuern können, halten und handhaben sie selbige. Bctschkv
Palm. 311; die klugheit, mit welcher man die narren hand-
haben kann. Käst 10,301; medisantinnen .. die dergleichen
volk in empfang nehmen und handhaben. J. Paul biogr. belust.
1,113; böse characlere .. werden tapfer gehandhabt, flegelj.
1, 20 ; und hier auch reflexiv sich handhaben sich führen, sich
bezeigen: wenn der Schriftsteller in der vorrede .. sich sogar
scheu und matt handhaben rausz. uns. löge, vorrede 29. —
Eigenlhümlich in dem folgenden: es ist . . eine bekannte sache,
dasz er, als seine älteste Schwester, ihm zum ärger, in das
bildschöne wachslärvchen ihrer schon abgetragenen puppe
mit der scheere einstach, er auch das schwesterliche gesiebt
und haar bedeutend handhabte (mit schlagen und raufen bear-
beitete), komet 1,16. namentlich häufig ist haaAhahen gebraucht
von der berufsmäszigen führung und Schlichtung der rechtslidndel.
von der rechten ausführung der gesetze: also regiert David über
das ganz Israel, und handhabet gericht und gerechtigkeit alle
seinem volk. i chron. 19,14; das du recht und redlichkeit
handhabest. 2 chron. 9, 8 ; wol aber dem , der das gesetze
handhabet. Sprüche Sal. 29,18; fürsten werden herrschen, das
recht zu handhaben. Jes.32,1; die gerechtigkeit handhaben.
Kirchhof wendunm. 465'; damit . . gericht und recht gehand-
habet und gefürdert werde. Sehillbürger 1599 s. 98 ; recht und
gerechtigkeit wird der Deutsche allzeit gegen die ausländer
handhaben. Klopstock 12. 86; wie das recht gehandhabet
würde. VVielaxd 7, 138 ; die gesetze zu handhaben und zu
vollziehen. 7,194; ähnlich: wenn sich der kirchenglaube nur
durch die regierung zu ihren zwecken gut handhaben läszt.
Käst 1,251.
3) darum wieder etwas aufrecht erhallen , halten , ausführen :
handhaben praehendere, conservare Serrasus syn. 93*; ein ge-
machte pündtnusz halten und handhaben, foedus iclum obser-
vare Maaler 21o'; sein ansähen handhaben, sein wirde er-
halten und retten, dignilatem teuere das.; einen stand band-
haben, conservare ordinem Steisbach 1,660; warumb strafft er
dann die papisten nicht, so der priester ehe verdammen und
die. hurerei widdcr gott und ehre handhaben. Albebcs widder
Jörg Witzeln F3'; und sonderlich, so wil ich ,. desz heiligen
reichs peinlich gerichtsordnung getrewiich geleben und nach
meinem besten vermögen halten und handhaben, richlereid.
Carolina art. 3; .also schütte golt aus jdermann von seinem
hause und von seiner erbeit, der dis wort nicht bandhabet,
das er sei ausgeschüttelt und leer. Neh. b, 13 ; sie sind gottes
395
HANDHABEN
HANDHABEN — H ANDII ABER
396
diener, die solchen scLiitz sollen band haben, liüm. 13,6;
es ist ein ge<ing ding, solche ehr (der rilterschaß) zu em-
pfahen, aber sie handziihaben , wie es sich gebürt, ist be-
schwerlicher vielleicht dann du nicht vermeinest. Amadis 4^ ;
damit sie ires abtalls gestrafft, und die freundtschafft . . bisz
in den todt gehandhabt werden. 53; aber gott, der gerechte
allmechtige herr. verdrüszig über dieser greuwiichkeit, welche
so lange zeit dieser hurenführer zu miszfallen und schaden
vieler ehrlicher leut gehandthabt. 73 ; derowegen ich lausend-
niahltäusend danksagungen gen himmel sende, das gott
meines Icbens-lauf so lange zu seinen dienslen zu gebrauchen
aufgehallcn: so handhabe ich solches ferner zu meiner Selig-
keit. ßuTSCHKY hd. kanzl. 98; welche der colonnen (auf dem
rückzuge) bei der dreifachen kreuzung vorangehen , welche
warten sollten , war nicht bestimmt , oder wurde in keiner
weise gehandhabt. Königeb vCdkerschlacld bei Leipzig 118.
Statt der transitiven conslrudion wird eine praeposition ver-
wendet, das wort ist dann durch aushalten, beharren zu um-
schreiben : ob einer sach handhaben , und darob beharren,
asseverare de re aliqua Maaler 210*.
4) in eingeschränkterem sinne, auf einer ineinung bleiben, seine
meinung darthun, in streitigen sqchen : das heilig geistlich recht
sagt ... das der glaub der alten bücher musz durch die
hebräisch geschrift gehandthabt werden (velenim librorum fides
de hebraeis voluminibus examinanda est). Reuchli.n augensp. 13' ;
wo ir wolt handthaben und sagen, dasz ich euch zu viel
und unbillich gethan . . so wil ich euch also bar durch den
kämpf das widerspiel beweisen. Amadis 289; der hertzog ..
hat meiner blutsverwandten einen one alle ursach und belei-
digung umbgebracht. derwegen ich ihm handthaben wil, dasz
er ein verrähter und böszwicht, und in mit gewaltiger band
dahin dringen, dasz er solches durch sein eigen mund sagen
und bekennen musz. 386; vor disen übermenschlichen Schön-
heiten hand-zu-haben, dasz unser geschlecht dem manlichen
SO weit als die himmel der erden vorzuziehen. Weckherlin 851 ;
hernach handhab ich dir, mit waffen in den händen,
dasz ich die Wahrheit red allzeit an allen enden.
D. v. D. Werder Ariost 30, 85, 5.
5) handhaben, aufrecht hallen, unterhalten, unterstützen, zum
bestehen eines beitragen : einen evangelischen prediger verschaffen
und denselben handhaben. Luther 6r. 2,396; so ist ja öffent-
lich , das die regenten schuldig sind , schulen anzurichten
und zu handhaben. Melanchthon anrichtung der lat. schul (Bonn
1543) bl*; ein bettler sagt zum kaiser: und ich hit euch um
des heiligen grabs willen, das ir mich handhabent. Aimon
bog. rj; für etwas sorgen: die landgüter handhaben, admini-
strare praedia Steiisbach 1, 660 ; der menschen bestes hand-
haben, hominum commoda tueri das.;
ob dein zepier, stab und crone
vorhin in den staub verfiel;
doch setzt der, der reich und throne
handhabt, deiner angst ein ziel.
A. Grtphius 1698, 1, 147;
'willst du, was doch genesene preisen,
das eisen und handhabende weisen
so ganz entschieden nichen und has.^en?
da gott mir höhere menschheit göimte,
mag ich die täppischen elemcnte
nicht verkehrt auf mich wirken lassen. Göthb 3,264.
C) am häußgsten in den altern quellen lieiszt handhaben , in
lezxju) auf personen undreclüe, vertlietdigen, schützen, scliirmen (vgl.
band 11,4 sp.3h\): defendo ich handhab Aluerus dict. Al'; so
sol sy ein herr handhaben und schirmen als sin eignen lüt.
weisth.i,i9 (von 1412): und sprachent sit des males, das sie
gesworn bettend des closters schaden zuo ruegende, als davor
ge.schriben stoet, so wollen wir onch das dosier dabi hand-
haben. 5, 4'»s {V. 1423); sie hallen einen schuUherrn, der sie
\vfj| handhaben künde. Luther 4, 153'; die personen wider ein-
zu.set2cn (in die klöiter) und zu handhaben bei iren regeln.
.•■., U3*; köufern zu vertreten und bei seinem erkauften' gut
zu handhaben. Frankf. reform. 11,10 §2; er wolle ihn hallen
wie einen pilschaftring, sagt ihm gott zu, .. verheiszt ihm
alxo, er wolle ihn kräftig handhaben, niemand soll ihn aus
Hpincr band rciszen. Otiio l ; der obrigkeit fürncmsles amt
ul . . die froniincn handhaben , die bit.-en strafen. Hcincclic
fiiclu (Hiiaitck JtlJH) *. 19; der gebcr alles guten wolle ihn
darinnen (im amlr) mit seinem machtarm erhallen, und mit
behurlirhi'ii Klükitchikkungcn handhaben. fiuTHCHKV hd. kanzl.
;>tu; »Mchrl auch die frcihcit der übrigen slaaten zu band-
luilicn. lieiLMA» Thucyd, 140; billig bandhabcl also der landes-
herr den ersten miiller, und versaget allen andern die er-
laubnis, dergleichen zum nachtheil des erstem zu erbauen.
.Moser patr. phanl. 2 (1798) 272;
weil ich keinen schütz von den kan haben
ate mich sollen itzt vor gwalt handhaben.
P. Hebhuhn Susanna 2, 258;
wan dan mich allzeit zu erlaben . . .
und sicherlich auch hand-zuhaben,
du, 0 mein got, so förtig bist. Weckherlin 13;
der höchste herr und hersclier, dessen thron
ist ewig vösl, von seinem berg Syon
wöll (segnend) dich und deinen thron handhaben. 79.
In gewöhnlicher anwendung sind feste formein, schützen und
handhaben, schirmen und handhaben u.a.: wir müssen uns
des erwegen imd frülich dazu sein, wenn, die uns am nehestcn
sind , uns feind werden , die uns schützen und handhaben
sollen. Luther 4,36'; das man solle ihr messen und ander
gottlos wesen handhaben und schützen , das ist wider die
obgesagten artikel. 5,113'; mein herr Christus .. werde ..
mich Wühl schützen und handhaben, br. 2,149; er .. ver-
theidinget, schützet und handhabet sie. tisclir. 13'; das ewer
keiserlichen maiestet ampt ist . . fromme , rechte prediger
schützen und handhaben. Melamchthon apol. Augsb. conf. im
corp. doclr. chrisl. (l560) 184 ; die frommen handhaben und
schützen. Kirchhof wendunm. 33'; drumb bitte ich, ewre
weiszheit wollen ^.. mich hei meinem aller und rechten
schützen und handhaben. Mathes. Sar. 2l'; dasz ich euch
meines besten Vermögens in allen ehren beschützen und
handhaben wil. Amadis 63 ; sie geruhen es (das traädtchen) . .
wider alle verläumbder zu schützen und handzuhaben. Schup-
pius 464 ; fleisz anwendet, damit . . der land- und baumann
recht gehandhabt und geschülzet werde. 559; item ain herr
sol ain gemaind bi sölicher gerechtikait schirmen und hand-
haben, weisth. 5,146 {von 14S8); ir seidt unser herr, und
sollent uns vor mannigklichen gewalt beschiermen und handt-
haben. Aimon bog. Eiij; er wolle sie bei allen iren von altem
hergebrachten Privilegien, freiheiten und gnaden .. schirmen
und handhaben. Schillburgei- 1599 s. 84 ; und wollen in dabei
hanthaben, schützen und schirmen, urk. v. 1434 bei Aschbach,
gesell, der grafen v. Werlhäm 2, 237 ; das sie den cleger hanl-
haben, schützen, schiermen, schawren. das. s. 251 (ron 1435);
den käufer bei dem erkauften gut zu handthaben , zu ver-
theidigen. Frankf. ref. 11,10 §1; verthedigen und handhaben.
Zinkgrek ap. 10, 25; das et denselben helfe und sie rette und
handhabe. Luther 6,70'; die freiheit des volks erhalten und
handhaben, libcrtatem poindi conservare. Maaler 210*.
HANDHABEH, vi., nach handhaben in mehrfacher beziehung.
1) durchfiihrender , ausübender, gewahrender, in den formein
handhaber des rechts, des gesetzes (vgl. handhaben 2 sp. 394) :
ich kenne auch einen vornehmen herrn . er ist ein hand-
haber der gerechtigkeit. Schuppius 501 ; ich zweifele auch nicht,
ew. woledl. hochw. und hochgel. gunsten werden , wie in
andern, also auch in dieser .. sache Ihun, al.^ liebhaber
und getreue handhabere der gerechtigkeit. 622; die hand-
haber der gesetze. Hippel 7,48; indem sie den geselzen und
der religion eines jeden volks , bei dem sie sich befinden,
diejenige achtung bezeigen, welche sie vor allen ungelegen-
heilen mit den handhabern derselben sichert. Wieland 1, ir.7;
handhaber der gerechten sach. Weckherlin 15;
0 der gerechtigkeit handhabor. 54.
hierher aucfi: ich könnte mit den handhabern des beriich-
tiglen hexenhamraers in unangenehme verhüllnisse geialben.
Wieland 38, 235.
2) kiler , ausführer (nach handhaben 3): der handhuber
groszer gcschäfte. Garve anm. zu Cic. de off. 2,240;
/). sucht ihr des vaiorn schuld bei kind und kinde.<ikindern?
<;. bui kindern und dem stamm, dem valor eben gleich,
handhaberu von dem stück [srlirlinrnaimrU) , und scucIdmi
in dem reich. \ Grtpuiis 1698 I, 5»>ii.
3) schirmer, schülzer, vertheidvjer (handhaben O): ixStxo^.
defrnsur, hnndhaber, verlhäidjger Frisculim nomencL c. U\9 (\yM
s. 426); dann es ist war das der tiuwfcl ain Stifter und haiidi
haber des iüdischeii falschen glaubes ist. HKiiCiitm verst. 12';
derseltie hat hundert mann von der gemeinde bei im, die
seiner gewalt bandthaber seind. Micyll. Tor. 44t'; o herr, min
Blerk, myn zülluchl, hcifcr und bandhaber. KKisKBSnKRC /'i/ .
63*; gott der sliftcr und handhaber des eheslands. Lfiimann
158; aU rechte Vormunde und hanlhabir Uai.taiih so7.
397
HANDHABLICH — HA><'DHALTEN
UA.\DHAJLMER — HANDIG
39S
HANDHABLICH, adj. das handliaben, schützen, schirmen be-
Ire/fend. Haltads 8ü7.
HANDHABUNG, f. l) festnähme, anhallung (vergl. hand-
haben l): bis zu handthabung sölicher thäter. Haltals S07
{von 1516).
2) gdrauch und fükrung eines dinges, administratio, execulio:
eine niizliche sache erfinden ist gleichsam eine erschaffung
des menschlichen Verstandes, da hingegen die Vermehrung
des erfundenen . . einig und allein zu erhaltung der hand-
habung dinet. Bütscbst Poim. 522; die möglichkeit der hand-
babung (manipulatio) eines dinges als einer sache. Kant
5,123; nach solchen magnetischen handhabungen. J. Paul
Uesp. 3,109; dasz nun jedermann in handhabung leidlichen
Stils sein leben erzählen solle, bläller für lit. unlerh. 1866,
.<:. 761. in bezug auf recht, glauben, lügend, ehre : handhabung
des friedens, rechtens und der Ordnung, titel des Worviser
landfriedens wn 1495; zu löblicher handhabung der tugend.
Amadis 4; zu handthabung .. euwer ehr und lobs. 96; sein
königlich arapt . . welches bestehet in handhabung der beiden
tafeln der zehen gebot. Schlppics 307; eine ungesäumte hand-
habung der gerechtigkeit. Moser palr. phant. 2 {l79S) 11; hat
man solche handhabungen guter sitten und Ordnung bei land-
besitzern nützlich gefunden, s. 14 ; die handhabung der ge-
setze. WiELAso 2, 302; die handhabung des rechts. Ka.nt
5, 176 ; die rechtliche und gerade handhabung der religion.
Clacdics 7, 54.
3) führung, leitung , in bezug auf personen: das recht der
eitern zur handhabung und bildung des kindes, so lange es
des eigenen gebrauchs seiner gliedmaszen , ingleichen des
verstandesgebrauchs noch nicht mächtig ist. Kant 5, S7; er
übergab sich der ganzen freundschaftlichen handhabung.
J. Paul Hesp. 1, 45.
4) reriheidigung , schütz, Teilung: IxSlxr^ots , rei rindicalio,
handhabung eines dings. Friscblis nomencl. cap. 16S (1594
s. 418); dasz die Stadt Strasburg .. auf ihr begehren und da
sie sich zu ihrer selbst handhabung und defension . . nicht
genugsam befinden würde , sich alles kaiserlichen Schutzes
zu erfrewen haben solle, erkldrung der kaiserl. commissarien von
1621 in H. A Lapide üissert. de rat. Status in imper. rom.-germ.
s. 504; wündscbende, dasz gott alle e. maj. ralh und tahfen
zu götlichen nahmens ehre und der evangelischen religion
handhab- und Vermehrung richten, fürdern und ausschlagen
lassen wolle. Bdtscbey kanzl. 544.
HANDHAFT, adj., in bezug auf personen und dinge
1) persönlich, mit {starker) hand versehen, tapfer, streiikühn,
vorzüglich in schweizerischen quellen: acer Turnus, der dapfer,
grimm, handthaft oder handtvest Turnus Dasyp. ; insonders
die tütschen und oesterrichische hilf, so der delphin bi im
hatt, warend fürnemlich handthaft. Tschddi 2,424;
von haiithafteD Schwuern
ist inen gar we beschelien. Ubla^d rolksl. 405;
in äJmlicher bedeutung: handhaft, handvest, der steif auf eim
bleibt, ßrmus accusator Maaler 210'.
2) sachlich, an der hand haflend, in der formet handhafte
Ihat, Ihat die eben begangen tcird, frische thal: wen man ouch
mit äschrüten , di man von den pfenningen und mit der
schere snidet, an hanthafter tat begrifet, ij get im an di
hant. Freiberger stadtrechl bei Scbott 3, 182; frawen und junc-
frawen , dy noczog clagin in hanthaflir tat. Magdeb. blutue
1, 41 ; den man in der deube in hanthaftir tat vor gerichte
gebrocht bot. 76; so man einen vehit in hanthaftir tat.
2,2,240; im falle der handhaften that. Dablnann dän. gesch.
1, 194.
HANDHAFT, /.. mhd. banthaft (tp6. 1, 603*) nach dem vorigen 2
die frische Ihat: einen dieb an der handhaft begreifen Schm.
2, 205 ; dann auch der beweisende gegenständ solchen Verbrechens,
corpus ddieti: wird ein straszenräuber begrififen mit der hand-
haft. Haltaus 808.
HANDHAFTIG, adf., vte handhaft 2: die taht ist hand-
haftig. reiis in ipso delicto deprehensus est. Stieler 753.
HANDHALB, adr. auf der handseite , beim fuhrmann, vergl.
hand I, 5 sp. 337 : ist das sattelross handhalb, und das hand-
ro«s salteihalb crenzweis über einander gefallen: Scumeller
■J. 175.
ilANDHALTEN. verb., uie handhaben 6 sckirmai, schützen,
i-enjl. band ob jemand halten sp. 352: wir sullen und wellen
das gültshus, darzue all sein ieut und gueter gnedigklich
|(.i.t('li->l>cn. 'chirmon und hcsrhiilzen. H.mtacs 808 (r. 14or,);
got wolt dctf urteil spalten,
ist unser aller beger,
die gerectitigkeit hantbaltea.
KöRSER histor. votksl. 107 (am löiw).
HANDHAMMEB, m. kleiner, IdclU zu führender hannner.
Jacobsson 2, 204*.
HANDHEBE, f, ansa, nebenform zu handhabe, die auf ein
ahd. unbelegtes hanthebi zurückführen «ürde , nur in sinnlicher
bedeutung: ansa handhebe Dief. 36'; handheb praehensio,
capulus vel capulum, ansa Serraxcs «yn. 93'; handhebe ansa,
manubrium Friscblin nomencl. (1612) s. 365; an einem gefäsz:
deszwegen er . . das krüglein nicht mehr zu weit von sich
liesze und die handhebe stets in der hand behielte. Laz. de
Tormes 16; eine hölzerne trage mit vier füszen und vier hand-
heben. HoRBERG 1,470' und sonst oß; an einer Ihür: hand-
heben und Schlösser beschmieren, mit nachtwasser begieszen,
nächtlich poldern und anklopfen. Winkelf. 366; an einem
Schilde: handheb ansa clypei, armilla Friscbli.v nomencl. (1612)
.«. 5S1.
HANDHEBENDE, f. handhabe: ein silberne kanten mit
einer handlhebendl. Degenfelder inventar ausd. V'.jahrh., hand-
scltriftl. zu Eybach; indem in der riesz mit seiner Stangen
schlagen wolt, er solche bei der handlhebende also antraff,
das selbige zersprang und wenig in der handt bliebe. Amadis
126. die form hebende gehl zurück auf ahd. hebida detentio
und hat einschiebung eines nasals erfahren.
HANDHOCH , adj. von der höhe einer hand {s. hand IV, 1
sp. 360) : furchtbarstes aller wesen ! könntest du so grausam
gegen einen handhohen sterblichen sein, und ihm dies {bild)
im tode nehmen? Lenz 1,322.
HAND1EREN\ s. hantieren.
HANDIG, HÄNDIG, adj. in mehreren auseinander liegenden
bedeutungen.
1) mit händen versehen, hände habend, hochdeutsch nur in der
umgelautelen form und in Zusammensetzungen wie ein-, zwei-,
vier-händig, bar-, kurz-, lang-händig, auch in abhändig, eigen-
händig, für letzteres steht niederdeutsch auch bloszes handig,
händig, brem. wb. 2, 584.
2) diese bedeutung entwickelt sich öfter zu der mü flinken
händen versehen, rasch, flink in den bewegungen , für die schon
im aUnord. höndugr, hendugr dexler ein zeugnis vorliegt; selbst
das goth. handugs oofös (t. Cor. 1,20) schänt hieraus entuickcU.
in niederdeutschen mundarten, z. b. im handig, händig des brem.
wb. 2,584, im hennig rasch, flink aus Lippe (Fromm. 6,211),
haadig geschickt ScbOtze 2, 98, sou-ie in Franken : händig, aus-
richtsam , efficax, emsig Scbm. 2,209, ist jener sinn erhalten;
in Dilmarschen erwächst neben ihm auch ein anderer: hennig, flink,
gewöhnlich mittelgrosz. Müllesboff glossar zum QuicJäiorn;
oslfries. hennig, halberuaclisen. Fromm. 4, 227.
3) in passivem sinne, zur hand liegend, bequem, wie auch das
engl, handy die bedeutungen flink, geschickt, und bequem, zur
hand, zeigt; wieder mundartlich in fiiederdeutschland gewahrt, so
in Lippe: de gorn {garten} ligt eme hennig. Fromm. 6,211;
ostfries. bannig, für die hand bequem, leicht zu handhaber..
4,227. Schiffer reden von handigem weiter, wobei die segel
bequem zu handhaben sind; der fuhrmann nennt das handpfcrd
auch handiges pferd.
4) handig, händig, scharf, heftig, grob, früher in groszer Ver-
breitung, lehnt an ahd. hantac an (Graff 4,972), was seiner-
seits, wol zunächst von personen gebraucht, und an die schlagende,
tödtende hand geknüpft («p. 357: schweizerisch gilt noch jetzt ein
banden schneiden, hauen Stalder 2,19), durdi acer, duru.s.
ferox, fortis , saevus glossiert wird; die fiersönliche Verwendung
auch nhd. : du solt nit unwirsz sein als etlich handig zornig
menschen, die ir böse natur nit überwinden mügen. Keisers-
BERG granatapfel As'; bair. händig, feindselig, widerlieh, in
Schwaben heftig Scbm. 2, 209 ; in Kärnten hantik, unwillig, böse
Worte gebend Lexer 134. — Dann wird handig, händig namentlich
auch von Sachen gebraudd, die einen sdtarfen, zusammenziehenden
geschmack haben, nebenform ist hantig und bannig mit doppel-n
statt nd: schon ahd. daj handega waz^er hei Notker (Graff
a.a.O.), mhd. handec wb. 1,627'; nhd.: der hantig oder hero
härm {harn). H. Braü.sschweic rWrurj. (1539) s. 74; wiewol der
ingber sehr räsz und handig auf der zungen. Rtff tetdsch
apolhek (l54>>) 88'; wir nennen den geschmack eines dings
bannig, darinnen wir eine heftige schärfe befinden, als im
pfeffer, knoblauch. z«ibel, kresz. Spiegel d. gesundh. bei Frisch
1,415'; die bayrischen rueben sol man pauen umb .Margerithe,
sunst werden sie hendig und säur, so man lenger verzeucht.
399
HANDIGKEIT — H AKDKUNST
UANDKÜRBIS — HANDLANGER
400
kochbüM. ais Tegernsee, Germ. 9, 195 ; L^nnigs versalztes blut.
Seitz 15; soll man fürnemlich vermeiden saure scharpfe ban-
nige speisz. Frankf. krankcnbucli 1545 f. 67'; sein blust ist
etwas händtig oder bitterlechlig. L. Thurneisser fcwf/jmt. "o ;
so bald er (der knoblauch) vollkommlich gewachsen und mit
den kernen besetzt , wird er banniger und schürpfer. Bock
kräuterb. 591; scharfe, bannige ding, als salz, speiskammer 29;
{das cypressenkraul) ist etwas bannig. Lonicerüs krdulerb. 194';
der scharpf, bitter und bannig geschmack dieses kraiits {cheli-
donium majus). T.\bernaeh. 124 (1687 s. f02); viel süsze ding
werden säur, bandig oder bitler. Paracels. opp. I, 899 A;
scherzend zutschen persönlicher und sächlicher Verwendung : Mercy
war todt, Joan de Werd nicbt mehr unser, und der boltz-
apfel, sonst Melander, den Schweden und Frantzosen nicht
so herb und handig wie etwan zuvor den kaiseriscben , da
er noch den Hessen dienete. Simpl. 3, 250. heute heiszl handig
in Baiern und Kärnten geradezu bitter.
HANDIGKEIT, f. schärfe, zusammenziehender geschmack:
durch magnalisch sewri, bilteri, häntigkeit oder dergleichen.
Paracels. 1, 133 B ; oHc/im der /oim bannigk^t: stücke, welche
etwan für sich selbst ihres widerstehenden gescbmacks von
bittere, säure, schärfe, räsze oder bannigkeit wegen, von
den kranken nit genützt werden mögen. Ryff leutsch apothek
(1548) 8».'.
HANDKAP.RE, /., HANDKARREN, ni, karren mü der hand
zu ziehen : tagelübner mit baue und handkarren begannen
grund zu graben. Freytag handschr. 1, 3t.
HANDKARTE, f. 1) Spielkarte, die in einem spiel neben der
trumpf karte gut zu brauclien ist:
wem schon sonst die handkart fehlet,
wenn er herzentausz nur hat. Kongeul belust. 2,181.
2) kleine, bequem zu brauchende landkarle.
HANDKÄSE, m. kleiner, aus freier hand geformier käse : der
Ammerländer handkäse zeichnet sich durch einen eigentbüm-
licben pikanten geschmack aus. Europa 1868 sp. 1164.
HANDKASSE, f. kasse, die man zur beslreilung der gewöhn-
lichen und nöthigen ausgaben immer zur hand hat; bei fürslen
die kasse zur beslreilung der hofhallung, im gegensatz zu der
öffentlichen kasse, der Staatskasse.
HANDKAüF, wi. 1) verkauf aus freier hand, ohne gewicht
oder masz. Frisch I, 411". daher auch kleinverkauf, im gegen-
salz zum verkauf im groszen und ganzen: bandkauf, vendilio
minutaria Stiei.er 939. vergl. kauf i,a, llieil b s. 315.
2) wie handgeld, «nrf nac/j kauf 3 (//«. 5,319), der erste kauf-
preis . der einem Verkäufer an einem tage auf die hand gegeben
uird, und der als Unterpfand für weitere gute einnähme gilt [vgl.
band 11,9 sp. 356): bandkauf, prima emlio Stieler 939; den
ersten bandkauf geben, primam mercalori solvere pecuniam, den
ersten handkauf lösen, primam nundinationis acäpere pecuniam
Steinbach 1, S36. in Düringen ist die volksmdszige form baiikf :
in ansehung der ersten losung oder so genannten hanckfT.
roekenphil. (\101) 2, 107.
HANDKEHRL'M, adv. wie man eine hand umdreht (sp. 361),
plötzlich, geschwind, in der Schweiz üblich Stalder 2,17; auch
tn den sinn völlig, ganz überstreifend.
HANDKLTTE, f. kette, fessel für die hand: manica hand-
kelten Dief. 346".
HA.NDKLAPF, m. schlag viit der hand, als zeichen der Zu-
stimmung (sp. 334): bandklapf Frisius 1177'; etwas bestäten
mit einem bandklapf, fiden^ dextra sancire Maaler 211'.
HANDKLOPFEN, verb.: handklopfcn , handschlagen, die
band zesammen sclilahcn, mit den henden klopfen, das zu
spött oder zu fröuden geschieht, plaudere, complaudere Maai.eh
210*. s. händeklopfen sp. 368. — Davon bandklopfer, hausor
Maaler 211'.
HA NDK LUPPE, f. /tob- oder eisenstock zum heben von lasten,
hrbebaum. Jacobsso!« 2, 239*.
HANDKNECHT, m. der zur hand gelU. Fischart yrosxtn. 49.
HANDKNOCHEL, m. knöchel an einem gelenke der hand.
HANDKNOCHEN, m. u'ie handknöcbel : bantknocben, gau-
iopium, knichd an der hant voc. ine. theut. il.
HANDKÖilli, in. an der hand zu tragen, ealalhus. Stieler
1014. dim. liandkOrbchen.
HANDKKAIJSE, f. manchette. Frisch 1,411*.
HANDKHLG, m. kleiner, handlicher Icrug : reichte ihm den
tnmk au* »einem «cbmiitzigen bundkruge. Armim «//aiii. 1,81.
HANDKI NST, f. \) mit bänden betriebene kunst: die bil-
denden oder di<- '•■■■" '•• ItlnoKR fifcfr rfrti/jc/i« .v;- -'-
(werke 8, 65) ; von einem kunstmäszig betriebenen handwerke : si (die
buchdruckerei) ist eine gütliche kunst, gröszer als alle andere
handkünste, di imabi gewesen und noch sein. Butschky
kanzl. 406.
2) auch die kunsl, aus der hand zu wahrsagen: cirologia,
-manlia hantkunst Diefenb. 123'.
HANDKÜRBIS, m. bryonia alba, zaunrübe, Schwarzwurz
Nemnich 1, 688.
HANDKÜSS, m. osculatio dextrae, zeichen der hochaclilung,
ehrerbietigen dankes, demütiger höflichkeü: Fiesko mit einem
büflichen handkuss : ich habe das vergnügen, ihnen beider
gesellsciiuft meinen respect zu bezeugen. Schiller Ficsto 4,12;
ich sähe sie in den assembleen des adels mit dem zweiten
handkuss der ritter vorlieb nehmen. 4, 14. der handkuss wird
geleistet als Sinnbild der huldigung:
doch duldet ihn
als exilirten einerseits und überdiesz
als jener tausend einen meine muse noch,
die ihr den handkuss leisten.
Platen rem. Oeilip. 1 {werke 1843, 4, 105).
küntge, fürslen gewähren den handkuss, lassen den handkuss
zu als zeichen der huld und gnade: hierauf reichte ihro kayserl.
raajestät ihm die rechte band zu, da denn der kammerherr
Eckartben erinnerte, zum handkuss zu gehen, med. maul-
affe 681;
nie stolz von seinem thron herab
er Judas schriftgelehrten
erlaubnis zu dem handkuss gab.
ScMiLLBR (hei G6deke) 3, 173;
ich stand dabei, als in Toledos mauern
der stolze Karl die huldigung empfleng,
als fürsten sich zu seinem handkuss drängten.
don Carlos 1, 1;
bei beiden majestäten
sind wir zum handkuss zugelassen worden. Piccol. 2, 2.
daran knüpft die redensart an wenns zum handkuss kommt,
wenn es mild oder gnädig geht: diesmal gebts wieder zuerst
über mich her, wie allemal, oder wenns zum handkuss
kommt, musz ich, der voigt, wieder vornenbin und angreifen.
Hebel schwanke des rheinl. hausfreunds (1839) 2, 72.;
HANDLAGE, f. läge der hand, besonders beim clavierspiel :
seine compositionen unterscheiden sieb durch allerlei neue
Schwierigkeiten , besonders durch weitgrilTige begleitung,
schwierige handlagen, seltsame fingersetzungen. leüfaden für
d. unterriclU in der kunstgeschichte (Stutig. 1868) s. 200.
HANDLAHM, adj. an der hand gelähmt.
HANDLAMPE, f. mü der hand zu tragende lampe, im gegen-
salz zu der an einer wand , sdule u. s. w, befestigten : freilich
leuchtet die feststehende, nur eine beschränkte bewegung
zulassende gasflamme nicbt überall dabin, wo der setzer
hier und da zu tbun hat, und es wird nebst dem bisweilen
eine bandlampe nöthig. Franke catecliismus der buchdruckcr-
kunst 17.
HANDLANG, adj, von der länge einer hand : eine handlange
eidechse.
HANDLANGEN, verb. zur Imnd gehen, Handreichung thun,
vorzüglich in einem handwerke: wie denn ein jeder Schmelzer
seinen fürlaufer haben musz, der im bandlanget und hilft.
Mathes. Sar. 147 ; einer von den mahlern, die auf der fabrik
arbeiteten , halte bei dem theater in der rcsidenz gehand-
langt. GüTHE 18,138; auch freier verwendet: dasz beim ver-
langen des guten, bei abwendung des bösen, das gehöre und
das gesiebte solche ausspüren, die euserlicben glieder allent-
halben bandlangen müsten. Lohenstein Arm. 1,1346; vergl.:
darum uns euer gnaden auch nicht verdenken wollen , das
wir uns unter einander die band langen. ScuOrz Preuszen 175.
HANDLANGER, m. der handreichung Ihul, helfer.
1) I« gewerblicliem sinne, vorzüglich bei den baugewerken : ein
handlanger, murario sid)minL<itrans mortarium Frisch 1,411*. in
gleidier bedeutung schon in Tuchehs baumeiiterbuclt 64, 25. diihrr
bildlich: wer auch nur als bandlanger dabei geholfen {beider
errichlung eines lelircfcbäudes). Klopstock 12,48; ich halle nur
erst die erste bälfte des plans ausgebaut; die risse und baii-
malerinlicn der zweiten forderte ich dem handlanger-rufall
als batifrobnc ab. J. Paul bio(jr. belust. 1,139. auch allgemetnrr:
bandlanger opifer , subminutrator , anculus Steinbach I. 97J;
gemeine handlanger. Schuppios 790; die pumpsockiglon hand-
langer. Chr. Wkise eomöd. 252; und scherzend: wolbestfllier
handlaiigei de-i worles gntlcs , das ist scbrciber und scliul-
•■'■•-'"■ ^ ''- '- ''■'•■• V,...-.., » 12; icii ginubtr , irgend
401
HANDLANGER — HANDLEITÜNG
HAKDLENSWEISE — HANDLICH
402
I
ein handlanger der natur habe menschen gemacht und sie
wären ihm nicht geralhen (I habe thought some of nature's
journeymen had made man , and not made them weil).
Shakesp. Haml. 3, 2. untergeordnete gelehrte, künstler werden
handlanger der Wissenschaft, der kunst genannt; aber statt
handlanger zu sein , will er doch noch immer mitmeistern
(ein Schriftsteller). Götue 33, 63.
2) in freierer Verwendung , wobei das gewerbliche und bertifs-
mäszige zuriicfUrUt, helfer, helfershelfer: diesen .Nectarium Bu-
tvrolambium und alle seine handlanger. Schlppius 598 ; sinds
die handlanger meines sohnes? wollen sie mich vom Ihurme
schleppen zum blocke ? Schüler räuber 5, 5 (bei Goedeke 2, 322f ;
vertheile du deine handlanger an den thoren herum, mit der
Order, auf die eintretenden passagiers ein wachsames äuge
zu haben. Fiesko 2, 15; um einen handlanger meiner äugen
zu erwarten (änen führer des blinden). J. Pacl flegelj. 2,111.
HAiNDLANGERIN. f. assestiix, operaria. Stieler 1067; als
.. die blättern ausbrachen, hatte sich dieses fräulein, eine
lehrerin , als intelligente handlangerin der ärzte besonders
ausgezeichnet. Hall. zeug. 1S69, no. 165.
HANDLÄ.NGERN, rerb. als handlanger Ihätig sein: dieser
mann nährte sich dadurch, dasz er bei den bauten der Stadt
handJangerte.
HANDLANGülVG, subminislralio. Steinbach 1, 972.
H.AN'D LATERNE, f. in der hand zu tragen, im gegcnsatz zu
der groszen, befestigten: nach einer langen und tiefen pause
kommt Miller mit einer handlaterne. Schiller cab.u. l. 5,1;
darauf zündete Agesilaus seine handlaterne an. Inmebma.nn
Münchh. 1, 120.
H.ANDLAU, adj. lau, dasz man die hand an einem so be-
schaffenen gegenstände leiden kann: habe aber die dialthaeam
gebraucht, so auch von schleim gesotten ist. hab diese aber
nicht warm, sondern handläw gebraucht. WtJiiTz wundarzn.
(1612) 149.
HANDLEDER, n. leder welches handwerker wie Schuhmacher,
hutmacher , rienier , satller bei der arbeit um die hande tragen,
zum schütze gegen Verletzung derselben. Jacobsso.n 2, 20-t'.
HANDLEDIG, adj. freigelassen, manumissus. Frisch 1, 411*;
mild, mac min her Brandelidelfn
ledic sin von diner hant.
wir sin noch anders beide phant,
ich unt miner swester suon :
du seit an uns genäde tuen. Parz. S6, 16.
HANDLEHE.N, n. frei und ohne beschrdnkung gegebenes lehen :
handlähen, das der lehenherr mag verlihen von einer hand
zur andern wem er wil. Maaler 211'; auch unmittelbar vom
lehnsherrn empfangenes lehen {gegensalz afterlehen). Frisch 1, 411".
HÄNDLEIN, n., wie händchen, Verkleinerungsform zu hand,
mhd. hendelin, handel: reckte .. ihr händlein in die höhe.
Grimh d. sagen no. 354;
ists todt, das sanfte bäodlein,
das rreundlicb mich umschlang?
Fr. Müller 2, 336.
auch in der Verbindung allerhendlin für allerhand, vergl. theil
1, 224. 225.
H.ÄNDLEl.NBLüME, /. orehis conopsea, auc/< bändleinwurzel,
händeiwurzel. Nesmch 4. 7S0.
H.ÄNDLEINKLALBERIN, f. die miiszig an den Mnden klaubt:
händlinklauberin und faullenzerin. Fischart ehz. 545.
HÄ.NDLEINKRALT, n, name mehrerer pflanzen : der reronica
tnphyllos, der saxifraga tridactylites , und der orehis maculala.
.Nem.mch.
HÄNDLELNSCHWAMM, m. agaricus cantharelliis , rehling,
Pfifferling, wegen des handartig gezackten kopfes.
HANDLEISTU.NG, f. manüs Opera, adjutorium. Stieler 1143:
meine meinungen könnten einige nicht unbequeme hand-
leistuugen thun, eine der gröszten Spaltungen beizulegen.
Ka.nt 8, 17.
HANDLEITEN, cerb. bei der hand führen, leiten: manudu-
cere handeleyden Diefe.nb. 34&'; nihd. handleiten: also wirt
diu sele gehantleitel in das bekennen der ersten ndtftre.
Haupts zeüschr. 8, 227.
HANDLEITER, m.; und von stund an fiel auf in tunkel-
heil und linslernis, und gieng unibher und suchte handleiter
\y,iioaycoyovi). ap. gesch. 13, 4.
HANÜLEITERIN, /. .• den genies .. ist sie eine sichere
handleiterinn zu einer klaren quelle. Hebdeb 2, 58.
HANDLEITUNG, f.: handleilung, Unterricht {manuductio),
msl4liilio, viformatio Frisch l,4tl*; die menschliche Vernunft
IV. II.
hat die Unterstützung und handleilung der göttlichen Offen-
barung vonnothen. Gellert; der sorgfällige, gründliche und
gewissenhafte mann gewährt mir so mit seinem köstlichen
nachlasz eine zuverlässige, dankbar benutzte handleilung.
Mörikofer Vir. Zwinqli, \.bd., vorr. s.'b.
HANDLENSWEISE, f. art und weise zu handeln, 6« Götue:
bei meiner denk- und handlensweise. 5S, 153.
HANDLER, HÄNDLER, m. (die unumgelaiäete form ist wetiig
und nur in den bedeutungen 1. 2. 3. bezeugt), nach dem verbum
handeln in verschiedenem sinne.
1) der etwas tkut, vollbringt, verrichtet (handeln 3) : und lang
auch nicht, das er seine gewalt einem andern gebe über
sich, er würd anders ein ketzer, als ein handler wider gött-
lich Ordnung. Luther 1, 274".
2) der sich mit etwas besclidftigt, handhaber (bandeln 4): trac-
tator handeler Diefemb. 591"; sihe wi fein triffestu theurer
handler der heiligen scUrift , gölllichs worts art und werk.
Llther 1, 365*.
3) der über etwas verhandelt, Unterhändler (handeln 11, fc):
hendler, hendeler Haltacs 816; uns oder ander ewer k. mt.
hanndler. urk. zur geschickte Maximilians I. herausg. v. Chmel.
no. 258 s. 387; und obgleich ettliche händler diese sach treu-
lich gemeint , so kann doch der bäpstlich häuf nit anders
Sinnes werden. Melascbtuok an Älbrecht , ep. II. ed. Faber.
auch niederd. händeler, hendeler, brem. wb. 2,583 aus einem
recesse von 1518.
4) händler, der ein einzelnes kaufgeschäß abschlieszt (han-
deln 12), und zwar hier der etwas an sich handelt, käufer :
bei dem bäcker kaufea körn, bei dem schmiede kaufen kohlen,
bei dem Schneider kaufen zwirn, hilft dem bändler auf die seien.
LOGAÜ 1, 17, Is.
5) am gewöhnlichsten steht händler nach handel 13 für handel-
treibender, kauf mann, nicht blosz in zahlreichen composUen, wie
buch-, gewürz-, kunst-, leinen-, tuch-, Viehhändler, grosj-
händler, kleinhändler, Schleichhändler, sondern auch einfach,
und zwar zunächst im allgemeinsten sinne, von jeder art handel-
treibender verwendet: zum zeugnis, das er (gott) wolfeiler gibt
und freundlicher borget, denn die Fucker und hendler auf
erden thun. Luther 6, 273'; deine wahr, kaufleute, hendeler.
Hes. 27, 27; du hast mehr hendler, denn Sternen am him-
mel sind. Nah. 3, 16 ; was haben nicht die jubilierer, seiden-
sticker, goidschlager und goldschmide für armut verursacht ?
wann aber die well witzig wäre, hätten sie billich alle solche
händler . . sollen hungers sterben lassen. Philanoer (1642)
1,318; von den aus- und inländischen kaufleuten und händ-
lern. d. Stadt Leipzig ordn. (1701) IIS ; frembde händler und
cramer. 186; etzliche vornehme bürger und händeler. 261;
welcher auclionator. welcher händler mit allen schwarten
kennt die {alten bibeliibersetzungen) nicht? Lessi.ng 11, 525; du
must ein tuchhändler werden . . wenn so ein händler mit
rechtem eignem Wohlgefallen das tuch aufrollt. ARy\}t kronenw.
1,41; pferde, welche händlern gehören. Bann, gesetzsammlg.
1840 abth. 1 5. 433; die producenten und händler sind für
den Iransport ihrer guter zum groszen Iheile auf eine ein-
zige gesellschaft angewiesen, grenzboten l%6% no. li s. 22;
es ist ein sondrer pQug, womit die händler pflügen
das leid der kaufmannschaft ; wie heiszt er denn? das lügen.
LOGAU 3, 174, 7;
ich ging, mit stolzem geistsvertrauen,
auf dem Jahrmarkt micli umzuschauen,
die käufer zu sehn an der händler gerüste. Götue 2, ;284;
er nennt sich einen händler in Juwelen. Uhlamo ged. 450.
im gewöhnlichen lebete verstellt man jetzt unter händler auch wol
nur einen kleinverkäufer.
6) «rjenthümlich händler für änen betheiligten an einem streU-
handel : einer der händler sprach: wann ihr wüstet was für
ieut wir wären, und wie groszes recht wir zu solchem kämpf
hälien. Pbilander l, 575 (ico aber die erste ausgäbe lb42 s. 458
statt händler vielmehr inleressenlen liest).
HÄ.NDLERI.N, f. handeltreibende, Verkäuferin: so bleiben
alle eier ganz und die händlerio behält eins im rest. Hebel
sclialzkästl. (1S59) s. 47.
HANDLEL'CHTER, m. niedriger leuchler mit handhabe, zum
umhertragen, öc. lex. 920.
H.ANDLICH, adj. und ade. in mehreren bedeutungen.
1) in oberdeutsdien quellen wie handfest, handhafl , rüstig,
tapfer, von der arbeil sowol wie von der wehr gesagt: ich stu-
diert handtlich. stuhnd früh auf. Th. Plater 147; herzog Hein-
rich stund künig Lotharin. sinpm .;, Iivv-m-Ii..! li.iiislicli bi.
403
H ANDLIÜH — HANDLOHN
UANDLOS — HANDLUNG
404
TscflüDi 1,61; Heinrich von Melchlhal, ein wiser, verstän-
diger, eerbarer, liablicber luunii, uucL allweg handlicli da-
ran, dasz man bi des iandes frybeiten blibe. 1, 234 ; scbry
den knechten zu dasz sie hautiicb zugind {ruderten) , bisz
man für dieselb blatten käme, l, 239 ; und danach Schiller :
schrie ich den linechten, handlich zuzugebn,
biü dasz wir vor die lelsenplatte liämen. Teil 4, 1,
tnU misverständnis des zugind (vgl. Zachers zeilschrifl 1,253);
die Schiitbürger wahren handtiich daran mit ihrer narrei,
und trieben solche so viel, das sie es in gewonheit brach-
ten. Schiltb. \'o'J9 «. I4t>; ein ding handtiich und dapfer, oder
on alle forcht auszliin reden, audaäer et libere dicere Maalek
212'; handtiich und tröstlich beschirmen, defendere audacter
sua decrela das. ;
tapfer dran,
und thuond ihn handtiich greifen an.
Berchtold rediv. 68;
noch jelzt in der Sdnveiz in dem sinne von tlidlig, arbeitsam, ge-
schäßig. Stalder 2, 18.
2) dann in etwas anderer bedeutung, flink, behende, geschickt,
was bis ins eni/l. handily hinüberreicht, in der Sdiweiz auch in :
unruhig, voll bewegung, umschlägt (Stalüer a. a. o.) : ein Au-
vergnater ist klugsinnig, handtiich, ernsthaft, kun sich lei-
den, ducken und schmucken. Sebiz feldbau 40; wer da hat
roth haar, ist seins berrn sach zu schützen handlich. Fischart
groszm. 67 ; er schicket sich . . zu einer ordentlichen ehren-
nehrlichen, nachbaurlichcn, gesindfolgigen, gemeinnutzlichen,
handlichen und wonhaftlicbea haushaltung und eigenherd.
Garg. 63'. lüervon auch das unten folgende handlichkeit (1).
3) ueiier in passivem sinne, was sich gut behandeln, hand-
haben Idszt, scJtün im altd. unhanllih intractabilis (Grakf4, 971)
zu tage tretend , und nicht auf oberdeutsche mundarten einge-
schränkt: handtlicher wysz conlreclabilUer Maacer 212"; »?ia-
nualis handelik, hendelich Dief. 348'; nd. handlik bequem
Däh.nert 173', jetzt häufig von bequem zu brauclienden saclien:
das formal des buches ist recht handlich; ein handlicher,
nicht zu derber spazierstock; auch anders: die Voraus-
setzung, dasz die kanimern die verbündeten nicht mehr so
bandlich linden würden, fiel dem herzog nicht ein. Gervinus
gesch. des 19.jaltrhunderts l, 142. — Von hier aus erlangt das wort
mundarllicli tlieils die persönliche bedeutung freundlich, zutraulich,
gefallig, so in der Scliweiz (Stalder), in Schwaben händtli freund-
lich in der rede (Fromm. 4, 97, 7 aus einem flugblatle um 1633),
aber auch in Niederdeulschland : de mann is handlik genog ist
so unbillig nicht (hreni. wb, 2, 584 , das an einen 'der mit sich
handeln Idszt' denkt); theils die sächliche ziemlich, nd. handlig
dür, ziemlich theuer, et is mit em nog so handlig, er be/indel
sich nocli so ziemlich. Schütze 2, 98.
HANDLICfIKElT, f 1) (nach handlich 2) gescliickkclikeit : es
war eine wahre freude zu sehen , mit welcher handlichkeit
er die neuen geschäfte anfaszte. Jac. Fre\ Sdiweizerbiider 2, lti8.
2) bequemlichkeil, leichttgkeit für das handhaben (handlich 3) :
ein buch, ein gefäsz von groszer handlichkeit.
HANDLING, m. i) handsdiuh. Scun. 2, 2ü6. vgl. fäustling
3, I3d3.
2) ein eszbarer schwamm, clavaria coralloides, sonst auch
hendeiscbwamm, bärentatzen genannt. Nennicu 2, 1059.
H.\NDLIMEiN, f. plur. inoisurae maniis. Stieler 1139: pro-
phezeien dem, 80 sie schmeicheln, gros glück, machen ilime
aus denen handlinien hoffnung zu groszen ehren, und deu-
ten gar die treume zu seinem vortel aus. Butschky Palm. 629.
HÄNDLOBUiNG, /". angelöbnis mittels handschlag : versprochen
und ingangen .. durch handjobung. Tschuui 1,319'; er bat,
nicht zu vergessen, was er mit einer handlobung versprochen
hiilte. Hippel kbensl. l, 54.
HANDLOHN, m. und n. , l) der durch handarbeÜ verdiente
loltn , arbettslohn : ist es überhaupt nocii eine grosze frage,
ob es besser sei, dasz der bandlohn hoch oder niedrig stehe.
Moser pluint. 1 (1798) $. 106; dasz das handlohn, welches hier
verdienet wird, dem Staate nicht entgehe, das.; ddni der
bandlohn nicht niedrig sein könne, das.; aller handlohn.
omabr. yeteh. 1, 105; auszerdeni gehet Jährlidi eine menge
beiwohncr nach Holland, welche dtnelbsl im sommer ein
handiohn verdienet. ], 109.
2) laudtmium, du abgäbe die der erbe oder käufer fftr über-
lauuny einet (jutet dem tehntherrn sohlt, wenn jenes nur auf
tebentlany terhthen war. KMiitcH 1, 411*. ScH«. 2, 20«. rechts-
epncimvrt: die hcnnc trägt das handlohn auf dem schwänz
mit sich, gallina laudemium secum afferl in caada. PisroRitis
Ihcs. par. 5 tio. 76.
HANDLOS, adj. ohne band: hantloser mancus, qui carel
manu voc. ine. Iheul. il; handlosz, der nur ein band hat,
einer band berauhet , mancus Maäler 211*. sclierzhaft wird
der wind als handloser mann bezeidmel , z. b. niederdeutsch:
wenn der wind eine thüre aufwehet oder etwas umwirft, so
ptlcgt man zu sagen : dat het de handlose mann dän. brem.
wb. 2,589; aber auch oberdeutsch, bei Maaler: der handlosz
vvirt für den wint genommen, bei Schiller handlos von lei-
sen, die keine handhabe zum erklimmen bieten:
handlos und schrofT ansteigend starren ihm
die felsen, die uawirthlichen, entgegen. Teil 4, 1.
HANDLÖSE, f., wie handlohn 2, laudemium, lelienwaare.
Adelung, dasselbe auch bandlosung.
HANDLUNG, f., alui. hanlaltinga, mhd. handelunge, dem
verbum bandeln entspreclu;nd, in mehrfacher bedeiUung.
1) (nach handeln 4) behandlung, handhabung einer saclie, ahd.
hantaiunga /radatio (Graff 4, 9751: Iractalio handelung, bande-
linge DiEFENB. 591*; gehalten mit handelung traäare voc. tnc.
theul.gi; brauch, Übung und handlung der waffen, armorum
tractatio. Maaler 2li'; die ganze lere des evangelii .. mit
listiger handlung der schrift zu verderben. Luther 3, 35';
{papst Clemens) suchet alle böse practiken und liste, das lielle
Hecht und die notdürftige handlunge der religionsachen bös-
lich zu fliehen. 6, 329'.
2) behandlung einer person {nach handeln ä), aufnähme, be-
wirtung, ist nüid. häufig {wb. 1, 633') :
inirst vi] unnöt daj ich durch handelunge iht verre striche.
\Valtukr 35, 6;
zuo den froweii si giengen,
die si schöne empliiengeii.
da was diu handelunge guot. Erec 2149;
dö häten sich besprochen
di erzürneteu knehte,
di der küiiic hielt unrehte
in swachcr handelunge. Lametot 103;
kann aber aus nlui. quellen nicilt mehr belegt werden.
3) nach handeln 3 und 10 im allgemeinsten sinm jede Ver-
richtung und kraftäuszerung eines wesens , ausfiihrung eines wil-
lens oder Vorsatzes, thätigkeit:
mild. Tristan hict ir so vil gelogen
mit disen zwein handelungen
der ougen und der zungen,
da; si sins herzen uiide sin
gewis und sicher wände sin. Tristan 487, 5;
nhd. actus, handlung, auszrichtung Dasyp. ; handlungen , ge-
schichten, acta ders.; handlung, thaal, gestio, factum, praxis,
actus Maaler 211^; handlungen die ich mein tag ye gethun
hab , vilac meae acta. das. ; das sy sich aller suchen und
handlung miteinander berechent und verainigt haben. Urkunde
V. 1530 im anz. f. künde d. vorzeit 1869,230; ich übernehme
die aufgetragene beschäftigung mit willigstem gehorsam, und
habe darinnen bereit di handlung angetreten. Butschky hd.
kanzlei HO. Lessing gibt begriffsbestimmungen des Wortes: dem
sprachgebrauche nach, heiszt gemeiniglich das eine handlung,
was einem gewissen vorsatze zu folge unternommen wird.
5,380; eine reihe von bewegungen, die auf einen endzweck
abzielen, heiszet eine handlung. 11,144; die neuere spräche
braucht es häufig: das urtheil ist die handlung, wodurch der
begriff wirklich wird. Kant 1,15; wir können der materie in
aiisehung ihrer unaufhörlichen handlung, dadurcii sie ihren
räum erfüllt, nicht freiheit beilegen. 3,269; der gestoszene
k()rper flieht alle fernere handlung des sloszenden. 8, 435;
dazu habe ich zu viel menschenliebe, dasz ich glauben sollte,
die busheit eines rabulislen sei eine handlung, deren ein
mensch freiwillig . . fähig sein könne Haueneh sat. 4 (1757)
.V. 180; den beweis, dasz ihre trau liebste so ist, wie ich
gesagt habe , kann ich ihnen nicht vurinalcn. sie müssen
ihn in ihren handlungen suchen. Gellert 3, 393 ; verrichten
sie alle tage in diesem Jahre eine gute handlung. Moskh
patr. phant. l (1798)286; der begriff einer romantischen ehre,
der uns noch aus den ritlerzeiten übrig ist , der sich aber
zu bürgerlichen handlungen gar nicht schickt. 2, 121 ; jeder
schritt in die zukunft war ihm voll ahniing wichtiger hand-
lungen und merkwürdiger bcgebenheiten. Göthk 18,136; auf
einmal trat er an Aureliens puUlisch, griff schnell nach et-
was . . Aiirelir bemerkte kaum seine handlung, als sie auf-
fuhr i:i>z meine handlungen immer mehr der idce
405
HANDLUNG
HANDLUNG
406
ähnlich werden, die ich mir von der Vollkommenheit ge-
macht habe. 361; die dritte (mora/), versetzte der hofschiilze,
ist keine rede, sondern eine handlung und Verrichtung.
Immermann Münchh. 1, IST ;
die gröszte handlung dieses Jahrhunderts sei,
so dacht ich sonst, wie Herkules Friedrich
die keule führte. Klopstock 2, 102;
etliche gute (verbergen) das heer schwarzer handlungen nicht.
158.
elteas wird in handlung gesetzt, in ihätigkeil : wie schwer hielt
es, diesen guten willen der nation für seine politischen ent-
würfe zu bestimmen und in handlung zu setzen. Schiller
%S0; raüszige entwürfe .. in handlung gesetzt. 763; ebenso
kommt etwas in handlung:
wo die edlen sinnengüter
reeht nur in die handlung kommen. ~ Logal- 3, 85, 48.
handlung von thieren : nach befriedigung des nächsten bedürf-
nisses haschen sie (die nagelhiere) demnach sehr lebhaft, aber
sie möchten dennoch gern in sicherer fülle wohnen; daher
der sammlertrieb und zunächst gar manche handlung die
einer überlegten kunstfertigkeit ganz ähnlich sehen möchte.
GöTHE 55, 322.
4) eine specialisierung der vorigen bedeiUung ist es, wenn man
technisch von der handlung eines bildes oder dichtwerks , einer
fabel, eines epoi, eines drama spricht (vgl. unten handlungsvoll) :
leblose dinge können in der poesie platz finden . . aber sie
müssen nur als zufällig erscheinen, und von andern dingen,
so zu rühren fähiger sind, abhängen, solches sind die hand-
lungen, welche . . gleichsam einen kurzen abrisz der mensch-
lichen natur vorstellen. Balteux schöne künste übers, v. Bertram
(1751) s. 120; eine handlung nenne ich eine folge von Ver-
änderungen , die zusammen ein ganzes ausmachen . . folg-
lich hat die fabel eine handlung, wenn das, was sie erzehlt,
eine folge von Veränderungen ist. Lessixg 5,370; gegenstände,
die auf einander, oder deren theile auf einander folgen,
heisren überhaupt handlungen. folglich sind handlungen der
eigentliche gegenständ der poesie. 6, 464. zufolge dieser be-
griffsbestimmung heiszl es seit dem vorigen Jahrhundert gewöhnlich:
die handlung des trauerspiels war nicht spannend genug;
die handlung in dem romane ist ziemlich verwickelt; dieses
gemälde, weil es handlung enthielte. Gellebt 1, 323; es {das
stück) war voller handlung, aber ohne Schilderung wahrer
Charaktere. Göthe 18,138.
5) aber abgesehen von dieser technischen bedeutung war hand-
lung schon früher in frischerer weise auf die reihenfolge dessen,
was in einem drama vorgeht, bezogen worden: die ganze hande-
lung bildet ab den letzten lebenstag der königin Catharine.
A. Grypbiüs (1663) X. 94; und das erhielt sich fort: die hand-
lung {des trauerspiels Dido) währt einen halben tag. i. E.
Schlegel 1, 71 ; der ort der handlung ist Deutschland. Schiller
räuber 1782 {bei Goedeke 2, 20S). man nahm handlung auch
geradezu für Schauspiel: kurz darauf funde sich eine com-
pagnie vortrefflicher comoedianten ein, welche alle tage vor
dem könige ihre handlungen ablegten, polit. stockf. 40.
6) wenn im bühnenwesen handlung den aufzug eines Schau-
spiels bezeichnete, so war das eine Übersetzung des tat. actus, die
vornehmlich im 17. und 18. jahrh. im gebrauche war. während
Gryphics, Hoffma.n.sswaldad, Günther k. a. dafür abhandlung
setzen, ist z. b. die kunst über alle künste {Shakespeares taming
of the shrewi672) in handlungen eingetheiU; auch Klopstock
gliedert so seine dramatischen werke, noch Göthe sagt in einer
recension 11 -,3 : wenn nicht die festung gerade in dem letzten
auftritt der letzten handlung glücklich an die freunde der
Kriegsgefangenen übergegangen wäre. 33, 47.
7) handlung {nach handeln II, a) abhandlung, traetal, schriß:
Iractatus, beschnbung, handlung, leilung Frisics; dan ich
selbst solche einmiscliung auszländischer wort in unsern
teulschen Schriften und handlungen fast hasse und schel-
ten thue. Philander 2 (1643) s. 127; nun haben wir zwar ..
schon angedeutet, dasz unsere handlung vornehmlich gerich-
tet seie auf jedes land und provinz des römischen reichs
teutscher nation. Secre^dorff fürstenstaat (1737) s. 2.
8) tiW häufiger aber und bis ins 18. jh. {nach handeln 11, b)
Unterhandlung, Verhandlung: am dornstag waren wir in der
handlung, so der römische cardinal mit d. .Martino fürnam.
l.LTHER 1,108*; und ob etliche (artikel) noch dunkel wären,
oder verdächtig, acht ich, wenns zur handlung käme, es wäre
wohl alles klar und gewisz zu machen, br. 4,335; erbieten
sich sehr gütig auf handeiung. 6, 771; summa der worm-
sische handlung. Melänchtho>- an Albrecht ep. 8 ed. Faber ;
nach vielen gehabten handlungen und rathschlägen. i^ürnb.
reichstagsabschied v. 1524 § 24 ; demnach land und Städte nach
mancherlei getreuer fleisziger handelung . . sich einigten.
Schütz Preuszen 121 ; ob es {das fürstenthum) durch theilung
und erbfälle, neue handlungen und vergleiche erweitert oder
vermindert seie. Seckendorff s. 7; mit einigen Galliern in
verdächtige handlungen eingelassen. Büsaü 1,111;
sieh! eben naht sich Eteokles selbst
zur friedenshandlung. Schiller 240.
man gibt sich in handlung, tritt in handlung, pflegt hand-
lung mit einem : das sich unterthanen müssen mit irer ober-
keil , do sie doch recht suchen und schütz haben sollen,
aller erst umb recht zu holen in handlung geben. Lcther
4,316*; diese gothische unruhe machte sich Constantinus zu
nutz, um mit Honorio in handlung zu treten. Mascoü 1,356;
wenn der verstand, das gewissen und unsere neigungen sich
entzweien , so mus man das urteil dem verstände heimstel-
len, welcher am ersten mit dem gewissen handlung pflegen
soll. BcTscHKY Pa/m. 261 ; auch man gesteht einem handlung:
vergönnet eurem herzen nicht , dasz es sich mit unreinen
fürstellungen und nachsinnen belustige, denn hiedurch ge-
stehet es dem satan handlung, und last sich mit ihm in ein
gespräch ein , welches denn schon mehr als halb verlohren
heiszt. Scriver seelensch. 1, 816. handlungen werden abge-
brochen : brach man die handlung mit den Longobarden ab.
Mascoü 2, 206.
9) dann auch (handeln 11, d) Verhandlung, verfahren vor ge-
riciit: oder aber die schuldigen durch unordentliche gefäiir-
liche und verlängerliche handlung den peinlichen klägern
und gemeinem nutz zu groszem nachtheil gefristet, weg ge-
schoben und erledigt werden. Carolina, vorrede; alle Sachen,
process und handlungen im rath , gericht und sonst, cam-
merger.-ordn. v. 1555 th. 1, 9 ; in ihren gerichtlichen fürträgen,
handlungen und processen. th. l, 23 § U ; so werden auch
alle euere acta, alle euere register, alle euere obligationes
verbrennen, und wird dann kein vergleich, keine gütliche
handlung mehr gelten. Schuppics 321; S. soll ich das alles
protokolliren? P,. was zur handlung gehört. Göthe 8,119;
zu seinem tröste schlosz sich die ganze handlung (verhör vor
dem amimanne) noch ziemlich bald. 18,75. — handlungen
heiszen auch die über die gerichtsverhandlungen gemachten nieder-
schrtften , acta: sollen der richter, schöpfen und urtheiler
alle gerichtliche' fürtiäg und handlung für sich nemmen, mit
fleisz besichtigen und erwegen. Carolina art. 92; damit man
aller ergangenen urtheil und handlungen im reich Wissens
habe, kaiserl. kriegsrechl bei Böckler kriegssch. 360.
10) hieran reütl sicfi am nächsten die bedeutung der kriegerischen
handlung, kämpf, fehde, wie franz. action: dieweil wir in der
handlung (im gefecht) und arbeit waren. Görzv. B. 56; solche
Schlacht und handlung ist geschehen .. 15U2. da;. ; die hand-
lung und Schlacht für Nürnberg. 62.
11) handlung (nach handeln 13) andauernder betrieb des kauf-
handels, handelst erkehr ; vorzugsweise inschrißen desl'.u.lS. jh.,
wo es mit handel oß abwechselnd gebraucht uird (vgl. auch eine
grüszere anzahl der unten folgenden Zusammensetzungen) , früher
hiesz es dafür hantierung, kauf (s. d.); jetzt ist das wort zu
gunsten von handel (8 sp. 372) ungewöhnlich geworden : mit die-
sem baisam haben sie grosze handlung getrieben mit andern
nationen. Schuppiüs lll ; woferne sie nur noch würklich hand-
lung treiben, d. Stadt Leipzig ordn. (1701) x. 35; Wechselbriefe,
als welche zur beförderung der handlung erfunden und ein-
geführet. s. €5; indem . . ein andres (land) zur sciiiffahrt und
handlung besser und bequemer gelegen ist. Seckendorff s. 18;
die gemeinschaft, die die menschen unter einander durch
.. die handlung .. haben. KA^T 9,95; neue quellen des er-
werbs und der handlung. Moser patr. phant. 1 (l798) i. 165;
Deutschland hat seine häfen wie andre reiche, und es ist
zur handlung so gut gelegen, als das beste, aliein so lange
seine gegenwärtige regierungsverfassung dauert, wird es nie
zu der grösze in der handlung gelangen, wozu es nach sei-
nen kräflen gelangen könnte, s. 259; so sehr ist das hand-
werk zugleich mit der handlung gesunken, s. 263 ; handlung
und gewerbe. 2,135; der acker- und leinenbau, die Vieh-
zucht, die jagd und die fischerei bereicherten den landmann,
künste, manufacturen und handlung den Städter. Schiller
782'; denk an die städte, die edeln, das volk, an die hand-
lung, den feldbau, die gewerbe I Göthe 8,223; der stolze
26*
407
HANDLUNG — HANDLUNGSFACH
HANDLUNGSFÄHIG — HANDLUNGSSORGE 408
französische hof sandte einige Völker an die grenze von Genf
und untersagte der {dort hnschenden) partei der representans
die bandlung mit Frankreich. Stolberc 6, 276; handlung und
gewerbe hatten nach Genf viele fremde gezogen. 277. — Dar
plur. kovimt vor in dem sinne von handehgesdiäßen : dann unter
handlungen hat er sein fröhliches und ernsthaftigs gemüth
mit kuQst und embsigkeit angefüllt. Scbuppios 718;
fQr die schwerenotb und krampf wird die luchslilau uns ver-
sclirieben,
und mit ihren balgen werden grosze handlungen getrieben.
Brockes y, 278.
12) daher erlangt endlich handlung die engere bedetUung des
tunßmäsztg und kunstgerecht betriebenen kaufmannsgewerbes, na-
mentlich auch in einer anzahl der heutigen spräche gewöhnlichen
füyungen: er erlernt die handlung; er hat sich der handlung
gewidmet; er gab die handlung auf und setzte sich zur ruhe;
von der handlung hattest du damals keinen begriff. Göthe
18,51. hdußg bezeichnet es ein einzelnes, so betriebenes geschajt:
also, wenn zu eines leipzigischen oder frembden kaufmanns
.. vermögen ein concursus creditorum entstehet, da soll,
sonderlich wo bei einer handlung verderbliche (dem verderben
ausgesetzte) wahren sein, alsbald anstalt gemachet, .. die ge-
samte handlung . . ohne allen verzug inventiret und taxirel
werden, d. Uadl Leipzig ordn.{VH)\) s. 02; bei einer handlung
wie die seinige , wo er das capital wenigstens auf zwanzig
pro cent nutzen kam. Rabener «a/. 3 (1757) s. 243 ; der credit,
welcher in einer handlung so unentbehrlich ist. 4, 148; das
geld in die handlung seiner frau muhme zu legen. Gellert
4, 281 ; Andreas war auf das erste wort willig, ihn in seine
handlung [als thcilhaber) zu nehmen. 437; wir streckten ihm
überdiesz noch ein capital in die handlung vor. das.; er halte
nämlich . . so viel gewonnen, dasz er eine handlung anfangen
konnte. Lessinc 3,3; einen ansehnlichen theil davon hatte
er dem alten Werner in die handlung gegeben. Güthe 18, 56;
in der sladt N. blühen nur einige handlungen, die übrigen
kommen in verfall, oß ist es auch rein local auf den ort wo
ein solelies geschdß betrieben wird, bezogen (s. handlungsplän):
so bezeichnen firtnenschilder einen kaufmannsladen als buch-,
schnittwaaren-, leder-, tuch-handlung, auch in Düringen bei
kleinverkäufern schlechtltin als handlung; dem entspriciU wieder
im gewöhnliclien sprachgebraudie : ich gieng in die handlung
von N., um tabak zu kaufen ; als ich aus der handlung auf
die strasze trat, stiesz ich auf einen bekannten, endlich ver-
steht man unter handlung auch die gesamtheif der inhaber eines
kaufmannsgeschäßes : die handlung A. concurriert mit der
handlung B. in feinen seidenwaaren ; die handlung C. hat
ihre Zahlungen eingestellt.
HANDLUNGSART, f. art zu verfahren, zu handeln: Egmont
halte . . den monarchen aufgefordert . . ihm die handlungs-
art ZU bestimmen, wodurch man ihm gefällig werden könnte.
Schiller 838; die handlungsart edler milnncr. Klincer 8, 222.
HANDLüNGSBEDIENTER, m. diener einer kaußiandlung ;'
Moses Mendelssohn war jüdischer religion und handlungs-
bedienler bei einem kaufmann. Hebel schatzkäsll. 176.
HANDLUNGSBEFLISSENEK, m. kaufmann: ein junger
handlungsbeOissener. Hei.ne werke 1, 26,
HANDLLNGSBüCH, n. buch das über den geschäßsgang einer
kaußiandlung geführt wird, gewöhnlich im plur. : die handlungs-
bücher des kaufmanns N. wurden heute mit beschlag be-
legt; was wird häufiger geschworen als eidc über handlungs-
bücher? Moser pluint.2 (1798) 142.
HANDLUNGSBLRSCHE, m. bursche, lehrling einer kaufhand-
lung: der handlungsbursche, der dich hier anmeldete. Engel
12,323; ach, der handlungsbursche ist — bei einem haare
hätte er ein kraftworl hcrausgesloszen. 324.
HANDLUNGSCOMI'AGNIE, f: nun sollen wir auch sogar
liandlungskompagniej) ohne naliunalunterslUtzung errichten?
Moser patr. jilianl. 1 (1798) s. 309. s. handelscompagnie.
HANDLUNGSDIENER, m. diener, gehilfc in einer kaußiand-
lung. oft statt dessen handelsdiener, sp. 380.
HANDLIINGSERFAHRIJNG, f. erfahrung die im kaufmannt-
gewfrbe erlangt wird : anstalten, welche die lungere handlungs-
erfabrungals dienliche mittel entdeckt hat, die mannigfaltigen
gefahren des handeis zu vermindern. Garte anmerk. tu Cic.
de off. b. 3 I. 80.
HANDLUNGSFACH, n. gewtrbe de* kaufmannt, allgem. liU.
zeUg. iHiO «.268; junge leute, die sich dem handlungsfache
widmen.
HANDLUNGSFÄHIG, adj. fähig zu einem verfahren, einer
handlung.
HANDLUNGSFÄHIGKEIT, f.: wahnsinnige und unmündige
haben mit den juristischen personen die ähnlichkeit, dasz
sie rechtsHihig sind, daneben aber die natürliche handlungs-
fühigkeit entbehren , weshalb ihnen in der person von Ver-
tretern ein künstlicher wille verschafft wird. Savicnv System
2, 316.
HANDLUNGSFREUND , m. der mü einer kaußuxndlung in
Verbindung steht, geschäßsfreund (vgl. handelsfreund): das ver-
mögen und der gewinst des kaufmanns ist beständig zum
theil in andrer bänden: er ist immer von der ehrlichkeit
und Pünktlichkeit seiner handlungsfreunde abhängig. Garve
anm. zu Cir. de off. 3, 78.
HANDLUNGSGEBRAUCH, m. gebrauch wie er im kaufmanns-
gewerbe herschl. Garve zu Cic. de off. 3, 94.
HANDLUNGSGEFAHR, f. negolialorum casus varii. Stie-
ler 402.
HANDLÜNGSGEIST, m. geist wie ihn der betrieb des kauf-
mannsgewerbes erheischt: was die Vorstellungen meines arzles
nicht vermochten , macht hier der handlungsgeist möglich.
TntjMMEL reise 4,459; weil überhaupt ein gewisser edelmulh
mit dem handlungsgeiste nicht besteht. Stolbehg 6, 217; nie
hat sich eine nation ohne blutvergieszen und räubereien
unter den übrigen erhoben , bei der nicht gerechligkeit mit
kunstfleisz verbunden, wäre im schwänge gewesen , woraus
der wahre handlungsgeist entsteht. Garve 2u Cic. de o^. 3, 117.
s. handelsgeist.
HANDLUNGSGESELLSCHAFT, f. gesellschaß die sich zum
betriebe des kaufmannsgewerbes bildet: so lange seine einbil-
dung von dieser handlungsgesellschaft fortdauerte. Fichte üb.
die franz. revol. 427. häufiger handelsgesellschaft, s. d.
HANDLUNGSGESELLSCHAFTEH, m. thcilhaber an einer hand-
lungsgesellschaft.
HANDLUNGSGLÜCK, n. glück im kaufmannsgeschäß : der
einflusz der redlichkeit in das handlungsglüvk. Garve zu Cic.
de off. 3, 117.
HANDLUNGSHAUS, n. eigentlich das haus, in dem eine kauf-
handlung befindlich; dann diese selbst und der inhaber derselben :
das geachtete handlungshaus N. vgl. handelshaus.
HANDLÜNGSHERR, m.: kaufmann, kaufherr, handlungs-
herr, eine person die handlung treibt, und waaren ein- und
verkauft. Jacorsson 2,378'. nach handlung 11 sp. 406; vgl.
handelsherr.
HANDLUNGSKASSE, /". kasse eines kaufgeschäßes. Moser palr.
phant. 1 (1798) s. 228.
HANDLUNGSKENNTNIS, f. kenntnis des kaufmannsgewerbes.
HANDLUNGSLADEN, m. kaußaden. Jacobssox 2.378'.
HANDLUNGSLEHRLING, m. leMing in einer kauf handlung :
fortbildungscursus für handlungslehrjinge. Köln, xeilg. 1369
no. 260.
HANDLUNGSNEID, m. : jede handelnde nation hat denk-
mäler der Ungerechtigkeit und grausamkeit aufzuweisen , an
welchen der handlungsneid mehr noch als der politische
zwist oder der nationalhasz schuld gewesen. Gabve zu Cic.
de off. 3, 85.
HANDLUNGSORT, m.: wo der weg .. nach einem groszen
handlungsorte führet. Moser phant. 2 (1798) 281.
HANDLUNGSPLAN, m. plan zu dem gebäude einer kauf-
handlung: zu diesem ende entwarf er einen handlungsplan
und den plan einer manufactur. VVikland 8, 311.
HANDLUNGSPLATZ, m. wie handelsplatz (sp 383); daher
kann man eine waare oft wohlfeiler in den groszen hand-
lungsplätzen, als in fabrikstttdten kaufen. Garve zu Cic. de
off. 3, 119.
HANDLUNGSREGEL, f. 1) allgemeine regel wonach man ver-
fuhrt, handelt.
2) regel für den betrieb des kaufmannsgewerbes: so viel ist
gewisz, dasz keine allgemeine handlungsregel sein kann, was
grOsztenthcils den liandel vernichten wQrde. GARfs tu Cic
de off. 3, 112.
HANDLUNGSREISENDER, m. der für nne kaufhandlung tum
betriebe direr geschttße rehl. die form handelsreiseoder, die
dafiir jetzt ößer au /tritt, tat tadelhaß.
HANDLUN(;SSCHIFF, n. kauffahrteischiff. Jacobssom 6,230*.
HANDLUNGSSORGE, f. :
ihr ccnincrtrhweren handhinKiiorfr^n,
iiiil moinen (ilule} beul iu rulil Sropri l'nrnnn l\)H.
409 HAiNDLÜKGSSPRAGUE — HAKDMALER
HANDMEHR — HANDPRESSE
410
HANDLUNGSSPRACHE, f. : ein solcher kaufraann wird in
der handlungssprache ein Spediteur genannt. Campe kinder-
sdtriflen 18, 74.
HANDLUNGSSPRINGFEDER, f. antrieb zum verfahren, han-
deln: der dritte hauptabschnitt der von ihm in fünf einge-
theilten weltzeit, welcher nach ihm blos sinnliche antriebe
zur handlung-springfeder macht. J. Padl kl. bücherschau i, 102.
HAiNDLL'iNGSSTADT , f. wie handelsstadt (sp. 383) : alle
groszen handlungsstädte Europens. Garve anm. zu Cic.de off.
3, 118.
HAIS'DLUNGSTRACTAT, m.: nachdem ich .. in meines
groszvaters namen einen handlungstractat mit den streitbaren
iranichen , riesen , zweiküpDern . . et cetera gesciilossen,
nahm ich meine fahrt weiter nordwärts. Fr. Mijller I, 311.
HANDLUNGSUNFÄHIG, adj. tinfäldg für fuindlungen im all-
gemeinsten sinne (3, sp. 404). Savicsy syslem 3, 22 anm. davon
die handlungsunfähigkeit.
HANDLÜNGSVERBI.NDÜNG, f : der kaufmann, dessen spe-
culationen sich über die handlungsverbindungen von ganz
Europa erstrecken. Garve zu Cic. de off. 1,281; es steht bei
uns, mit allen nordischen reichen handlungsverbindungen zu
»•rrichten. Moser patr. phant. 1 (1799) s. 210.
HANDLÜNGSVERDRIESZLICHKEIT, /".; er wuszte dasz
wegen handlungsverdriesziichkeiten grosze feindschaft zwi-
schen ihm und lierrn Stark dem söhne geherrscht hatte.
E.NGEL 12. 46.
HANDLUNGSVERWÄLTER, m.: handlungs- sive kramver-
walter, alias faktor, institor, exercilor Stieleb 2425.
HANDLLNGSVOLL, adj., nach handlung 4 (sp. 405): sie
(Angelika Kaufmann) zeichnet nicht allerdings richtig, und
musz daher reiche, handlungsvolle erfindnngen meiden. Stcrz
1, 34; das bandlungsvoliste Schauspiel. Lichtenberg verm.
Schriften (1844) 2,39.
HA.N'DLUNGSVVEISE, f arl und weise des Verfahrens: der
alte bat ihn um das gewehr. dem aber weigerte sich der
junge mann, indem er sagte, dasz es ohne gewehr ja gar
keine Überwindung koste, das schieszen zu lassen, und seine
handlungsweise dann alles verdienst einbüsze. Immermank
Münchh. 1, 15t. vgl. handelsweise, handlensweise.
HANDLÜNGSWELT, f geschäftsweit : sich aufmerksame cor-
respondenten in der handlungswelt verschaffen. Garve 21« Cic.
4e off. 3,104.
HANDLÜNGSZWEIG, m. ; handelsplätze, durch deren bände
der grosze handlungszweig ging, der auf dem schwarzen
meere getrieben wurde. Wieland Horazens epist. 1, 129; der
einflusz des risico auf die moral des kaufmanns zeigt sich
noch deutlicher durch die Verschiedenheit, welche es in der
moral der verschiedenen handl-mgszweige hervorgebracht hat.
Gabve zu de. de off. 3,79; um diesen handlungszweig auf-
recht zu erhalten. 3, 96 ; der getreidehandel ist vor allen an-
dern handlungszweigen zufallen vieler art ausgesetzt. 3,100.
HA.NDMAL, n. mal, ßcck, zäciten an der hand: die hand-
male Christi; uHe mhd.:
da der eingeborne sune din
mit straken armSn ans hienc,
dö er die hantgemele enpGenc,
durch die wir erloeset sin. minnes. 3, 161* Hagen,
dasi das ältere, der rechtssprache angehörige handmal, mhd. hant-
mäl, hantgemäl, zunächst ein durch die hand bewirktes zeiche»,
handzeichen, dann das grundslück , von welchem ein schüffenbar
freier sein handzeichen als hauszeichen führt, freies gut, stamm-
gut bedeutet, erläutert ausführlich Homever in der acad. abhaud-
tung: über die heimai nadi altdeutschem reclit, insbesondere über
das hantqemal. 1852.
HANDMALER, m. wol maier aus freier hand, im gegensatz zu
einem mit cirkel und lineal zeichnenden (vgl. handzeichnen):
und wenn ihr darnach sehen soll
die handmahler, die es hie hat,
die auf ein nache händ (?wand?) so glat
ihr gmähl können in die hoch lühren,
mit färben und schatten also schön ziern,
das einer darnach greifen sohl
Atrkr llf (561, 13 Keller).
Hans Sachs schildert den handnialer:
die kunst der perspeciilT ich pur
bcricht bin, und contrafaetur,
dem menschen ich mit färb kan gebn
sein gstall. als ob dis bild thu lehn,
statt, Schlösser, wasser, berg und wäld,
ein beer, sam ilg ein fürst zu feld,
kan ich so elgenlllch anzeign,
•I« stehe es da leibhaftig oign.
betchreib. aller stand auf erden (1568) G2.
HANDMEHR, n. inehheit die sicli durch aufheben der Hände
lierausslelU, in der Schweiz nach der formet die mehrere hand
(sp. 358) gebräuchlich: die landesgemeinde hatte nicht weniger
als 46 wählen durch das freie handmehr zu treffen und
brauchte für dieses wahlgeschäft keine vollea zwei sttinden.
neue Zürcher zeilung 1854 no. 136.
HA.NDMESSER, n. messer zum handgebrauch verschiedener
Handwerker, z. b. der kammacher und weiszgerber, um damit zu
sdiaben. Jacobsson 2, 205*.
HAND.MÖRSER, «1. mörser zum werfen von Handgranaten.
Eggers kriegs- u. ritter-lex. 1, 1145.
HAND.MLFF, m. kleiner muff blosz zum warmhalten des Hände.
HANDMÜFFCHEN , n. plur. pelzene oder wollene hüllen zur
erwdrmung der Handfläche und des Vorderarms.
HANDMÜHLE, /". mit der hand zu treibende mühle. Maaler
211*; mala trusatilis hanmole Diefe.\b. 365'; zum malen des
getreides: bei landgütern, welche keine eigenen wasser- oder
Windmühlen, und auf andere mühlen weit zu fahren haben,
. . thun die handmühlen sehr gute dienste; man hat deren
verschiedene arten. Ocon. lex. 1659. zum zerkleinern von
Pfeffer, senf , kaffe u. a. isl die handmühle in wirtscJiaßen ge-
wöhnlich.
HAND.MÜNZE, f. kleine Scheidemünze. Scbm. 2, 206.
HANDNEHMEN, verb. schützen, vertheidigen , an die hand als
behütende (sp. 351 unten) angelehnt: uns gegen solchen bösen
räthen zu schützen und handzunehmen, verhandl. d. schles.
fürslen und stände v. 1618 s. 168.
HANDOCHSE, m. der zur linken hand am pflüge geht. Nemkicb.
HANDORGEL, f. drehorgel: der balladensänger mit der hand-
orgel, dem Kriscban (in der Veerlander idylle de winterawend)
das lied abkaufte, war ohne zweifei ein Mecklenburger. Voss
jffi inhalte seines musenalm. v. 1777.
HANDPAPIER, n. büttenpapier, im gegensatze zum mascHinen-
papiere.
HAND PASTETE, f. kleine pastele , zum essen von der hand
weg: in Paris .. befinden sich in jeder strasze mehrere rein-
liche . . laden , wo man frische handpasteten gleich fertig
vorfindet, maqasin f. litt, des ausl., 1867 s. 314.
HANDPFAHL, m. beim was-ierbau ein pfähl der ohne ramme,
blosz. mit dem schldgcl eingetrieben wird. Jacobssox 2, 205*.
HANDPFEIFE, f. durch die hold zusammengelegten Hände ge-
bildete pfeife und das pfeifen darauf; Stieler verzeichnet dies:
in Düringeü volksmäszige wort: handpfeife non solum dicUur
ßstula, cantalrix, alias eine flöte, sed etiam sibilus acutus, qui
manibus conjunctis volas inflando exdlalur. 1438.
HANDPFENNIG, m. pfennig auf die Hand, geld zum ersten
anfange: kurz hernach kam der mann zu mir und erzehlte
mir seinen zustand, . . bäte ich wolle doch seiner frauen
bruder ansprechen, dasz er ihm ein tausend reichst, leihen
wollen, er wüste ein mittel, dadurch er verhoffe wieder ein
fundament zu legen in seinem glück, allein er müste einen
handpfenning haben. Schuppiüs 581.
HANDPFEHD, n. l) resen-epferd , das für einen möglichen
gebrauch sofort zur Hand sein soll: dexlrarius hantpfert , hant-
ros DiEFENB. 178'; handpferd parippus, equus honorarius Steix-
BACH 2, 17" ; das gefolg der kaiserlichen majestät übertraf
nunmehr wie billig die übrigen, die bereiter, die handpferde.
die reilzeuge, Schabracken und decken zogen aller äugen auf
i sich. GöTHE 24, 304. fc/7rf/icA.- ein handpferd zum musenpferde
1 (ein nachsdireiber). i. Paul grün. proc. 27.
I 2) pferd , welches dem satlelpferd zur reclUen Hand an der
\ deichsei geht. öcon. lex. 920; der fuhrmann spannet das hand-
I pferd an das sattelross, die fördersten treibt er vor sich
j her. Comenius sprachenthür v. Docemius § 454. 5. handgaul.
I HANDPFLICHT, f. verpfliciUung miUels Handschlag, stipulalio
\ manu fada Stieler 1447; so man auch rathwahl helt und
die embter besetzt, sollen die goltschmidt zusammen er-
fordert und sie irer bevor gethanen eide erinnert, und wider
uffs new handtpflicht von ihnen genommen werden, welches
man gehorsam thun pflegt zu nennen. Mose zeiischr. 3, ICl
(16. Jahrb.).
HANDPLATZEN, verb. plaudere:
Völker al,
handplatzet mit schal. Melisscs ps. \a\
HANDPRESSE, f. kleine, mii der hand zu bewegende presse,
bei den buchdruckem die ältere durch Handarbeit in bewegung ge-
setzte druckpresse im gegensalz zu der neuern Schnellpresse, dampf-
4 1 1 H ANÜPRESSUNG — HANÜREICIIEN
HANDREICIIEN — HANDRICHTUNG 412
HAND PRESSUNG, f. durch die hand bewirkte yepreszle Ver-
zierung eines einbandJeckels : eine foliobibel in hellbraunem
chagiinleder mit blinder handpressung. arbeiler freund i$6' s. 164.
HANDPRISE, /. wo/ = bandkrause, manclielle, vieüeiclil nach
franz. briser, fallen: trägt er nicht französische handprisen?
HbRHKS Sopli. r. 1, 12.
HAND PROTZWAGEN, m. protzwagen der artilierie , der von
mensclienhänden gezogen wird. Jacobsson 2, 205*.
HANDPUFFER, m. pistol. Stieler 1456.
HANDPU.MPE, f. kleine, durch die hand bewegte pumpe.
HANDQUEHLE, f handluch, alid. hantduabilla, hantduehila
(Gbaff 5, 268), «i/i(/. hanttwehele : »nan/i/e haiitzwehel, hands-
quel, handquelle Diefenb. 348'; bind den palienten mit einer
handquelen umb den leib. Bartisch augendicnst (t5S3) 142;
Theophrastus hält es in seinem merkzeichen der sitlen für
die erste anzeigung eines ruchlosen verzweifelten menschens,
wenn er , . einen eidt nichts anders vermeinet zu sein, als
eine bandsqvühle, mit welcher man die täglichen lasier auf-
trucknet. Opitz 1,271; ich will mich nun an die handquele
seines gehorsams trucknen. Chr. Weise lust. rerfner 304; die
mädel Hennen uns ohne dem eine handquelle zu schänden,
wenn die briider noch daran kämen, so wäre es noch ärger.
büse Catharinc 3, 11 ; die Sicilianer brachten Henrico gilt bei,
und Johannes Maurus erstickte ihn vollends mit einer hand-
quele, da er schon mit dem tode runge. Hahn iiist. (1724)
4,198, not. hh; ein handbeckcn nebst gieszfasz und hand-
quele. GöTiiE 24, 323. — Als masc. oder neutr. : und wenn sie
über dem handbecken aus dem handfasz oder über einem
gieszbecken aus dem gieszfasz sich gewaschen und sich mit
dem handquel abgetrocknet haben, setzen sie sich. Comenius
sprachenUiür v. Docemius § 556. vgl. handzwehle.
HANDRÄDER, m. längliches sieb mit zwei handhaben, wotnit
das erz geschhimmt oder gewaschen wird. Jacobsson 2, 206'.
HANDRAMME, f. was handbock, kleine ramme zum ein-
schlagen von pfählen oder befesligung des slraszenpflasters , mit
der hand zu führen.
HANDRECHT, n. recht das mit der hand erobert wird, fausl-
reclil: handrecht gehet oft für landrecht, und gewaget für
gesaget. Fischart groszm. 75.
HANDRECHT, adj. gereclit für die hand, bequem, handlich:
wenn man ihn {den falken) nun auf der faust tregt, er auch
nunmehr handrecbt genugsam und nach aller notturft abge-
richtet ist. neues jagd- u. weidwerkbuch 2, 15' ; ein paar hand-
rechte kugeln drehen, ehe eines mannes 328 ; um den einen
arm hatte er den riemen der eselin geschlungen, . . an dem
andern lagen handrecht zwei pistolen. Stifter Studien 4, 93.
handrecbt im allgemeinen sinne pralctisch bequem, dem idealen
gegenüber gestellt: alle praktischen menschen suchen die weit
liandrecht zu machen, alle denker wollen sie kopfrecbt haben.
Gothe 56, 142.
HANDREGISTER, n. in den bergwerken das register , welches
der ichichlmeister für sich zur hand behält, min. lex. 286'.
HANÜREICH, m. reichung der helfenden hand, Ihdlliche Unter-
stützung, hilfleislung, nach die hand reichen s/). 353: und wenn
wir die Indianer in alle dem unterrichten , was ihnen den
weg zu einem ewigen leben bahnt, so können wir dafür auch
wol von ihnen verlangen, dasz sie uns dann und wann einen
baiidreich tliiin, der nicht so viel ihrer doch wcrihlosen zeit
III anspiuc.b niniinl. Gerstacaer die missimare (1868) 1, 233.
HANDREICHE, tu., was handreicher, der in aner arbeit bei-
stehende: der liandraicli, handlanger. Schmelleh 3, 11.
HANDREICHE, f. l) wie handreich üben, Uiälliche beihilfe,
mintstrutio; sowol mit gaben: mhd. (helfen) mit guole, mit rate,
mit bantreicbe, mit gebet, d. inyst. 1,340,24;
uhd. tlict iii<:ti seiner liartüel nit erbarmen,
und im nimmer kein liaiidreicii ihrt. H. Sach« 5, 373',
als mit anderm dienste und arbeil: handreich thun, minisirare
DierEXfi. 362'; handreiche und hilf tbun, fidem et dexirrum
pomgere, ferre opem et salulem Maaler211';
darumb »o will getiurun euch,
Uatz ilir itiut auch ein haiidrcich,
il.iiiiiit, und wenn ei »ich zutniK,
.L-ihz m.-in besuchet euch und micii,
es {■tat frauenijemach) dcniiuch aur(<ebutzet wer.
AiNKii KU' (847,2 kiHiir).
1) handreicbe auc/i wie handfasz 1 (.ip. 38C): buntreich, hant-
raicli, hanif.m mancipmm DitFE:<iB. 34<i*.
HA.NDREICHEN, verb. l) in die hand geben, darreichen : hod
der berrn dieoer einer kombt, bUner zu heben, und das Mcib
im kindbeth were und der diener sie des huns nit erlassen
wolle, soll sie dem hun den köpf abschneiden, denselben
dem diener haudreicben und sie die kindbetteiin den rümpf
vor sich behalten, weistli. 2, 210; (die busze) sal man einem
ineiger von Schonecken handreichen in sein hand. 553; auch
bildlich: was ich übergangen hab, das würt die yebung der
bailigen gescbrift gflugsam handtraichen. Melancltthon anweisg.
in d. h. schnfl, deutsch v. Spalati.n (1523) 135.
2) zur hand gehen, helfen, unlerslfiizen : Iheils mit persönlichem
object: damit verbindet uns s. Petrus, das wir uns alle
umeinander wie brüder sollen handreichen und eins sich
des andern annemen. Luther 2,399'; Iheils ohne object : o du
hülfreicber und handreichender gott. pers. baumg. 4, 4; eine
ligur, welche anderen bandreichet und sich die nase zuhält.
WiNKELMANN 2,644; leichtere arbeit aber, als handreichen.
Bückler kiiegssch. 448 ; fand die säinmtliche dienerschaft um
ein groszes . . feuer beschäftigt , den rücken des Schweins
schon beinahe gabr, das übrige zerstückt, zum einpacken
bereit, einen jeden aber tbälig und handreichend um die
Würste bald zu vollenden. Göthe 30, 103.
HANDREICHER, m. l) der zur hand geht, dtener , hand-
langer: minister hantraicher Diefenb. 362' (mit dem fem. mini-
slra hantraicherin das.); handreycher, Schlosser, buflschmitt.
Kirchhof discipl. mil. 26.
2) helfer: handreicber, helfer, opifer Maalkr211'; an die
buchstäbliche bedeulung des Wortes eng angesciüossen : gott ist ein
vergeber, ein milder handreicher, der die sünde erlasset.
per^. baumgarlen, vorr.
HANDREICHUNG, f. l) darrächung {vgl. handreicben l) : die
ämpter der predigt, des lesens, der handreicbung der sacra-
meiite. Luther 3, 96*.
2) unlerstiUzung , thälUclier beistand: opera, ein opermann,
der dem meister handreicbung thfit, ein andeler. Alberus nl';
die knecht so bantreicbung thun, werden von dem see ver-
schlunden. Micyll. Tac. 450'; aus weicbem der ganze leib
zusamen gefüget und ein glied am andern banget, durch
alle gelenke, da durch eins dem andern bandreichung tbut.
Eph. 4,16; das mir dasselbige gelinget zur Seligkeit .. durch
handreicbung (iniy^oQriyiai, goih. andstald) des geistes Jbesu
Christi. I'ltil. 1, 19 ; die handreicbung dieser stewre {fj Sm-
■xovia Tf^ä XeiTovQyiai ravrrjs, goth. andbahti |)is gudjinas-
sus). 2 Cor. 9,12; so sie den trübseligen bandreichung g«-
than hat {Mißofu'pois enrjoxeaev, goth. aglons vinnandam
andbahtidedi). i 7'ini. 5,10; wer ibm alsdann mit trost, ge-
bet, geschweige der bandreichung, so ihm in seiner krank-
heit Vüunölhen sein würde, zu hülfe und statten kommet»
werde? Üimpl. 2,261 A'ur;; meinem lieben kranken weibe
.. mit handreicbung beigewohnt. Schwei.mchen 3,246; ihnen
kräftige bandreichung zu thun. Felsenb. 1,420; dasz ihr zu
einem so nützlichen vorhaben alle mögliche bandreichung
tbun werdet. J. E. Schlegel 5,243; wo der ganze leib sich
hält an dem haupt und von ibm durch alle gelenke und
fugen handreicbung empföngt. Claudius 8, 22 (nach Colosser 2, li») ;
diisz je billig ein jederman
sull willige liuiidruichuiig than
seiner geliebten ubrigkeii.
AmiiK 150* (749, 29 Keller);
auch Unterstützung durch gaben, almosen: das volk umb meh-
rer handreicbung auf den canzeln zu vermahnen, königl.
Satzung von d. gemeinen pfennig, Uorni.? 1495; viel andere die
inen bandreichung (baten (St7;x6iovy avrolä, goth. andbah-
tidedun im) von irer habe. Luc. m,3; das ire wilwen uber-
sflieii wurden in der teglicheii bandreichung. ap. gesch. 6, 1 ;
zu senden eine bandreichung den lirüdern , die in Judea
woneten. 11,29; kamen wider gen Jerusalem, und überant-
worten die bandreichung. 12, 25; desgleichen sollen die al-
mosen und milde bandreicbung auch in solche stücke zu
stund gelegt und gewaiid werden. Luther 2,262'; ia annut
handreicbung lliiin, eines anniil ringeren, sublevare inojmm
M aaler 21 i'.
HANDREISZEN, n. handzeichnen : nachdem er {der sdiüler)
sich eine Zeitlang im baiidieiszen geUbet , sich ferner exer-
cire in abbildung erbobner stillstehender slückc. Sanorart
academie I(i7.'i I, 60.
HANDRICHTUNG, f. hingäbe, entrichlung {vgl. handrcicbrn I):
und were sach daMZ sieb einer gegen undt wieder banlricb-
tung der bcrlpfcnnink und cycr stell undt die nit gcbca
Ducb cntricbleu wuiL weitlk. 2,252 (von 1542).
413
H AW)ROHR — HANDSCHELLE
HANDSCHERZ — H ANDSCHLIEFER 4 1 4
HANDROHR, n., was handbüchse (sp. 366),'/i7«Jie /ifuer-
waffe: wie man jetzt die kürisz vergüldet und silber in die
eisenen handrohr schlegt gar künstlich. Matbes. Sar. 55' ; ein
merkliche anzahl guter gewisser, beschossener langer bandt-
rohr, jedes mit einem feuwer- und schwammschlosz. Kirch-
hof mil. disc.29; dem das schieszen mit den handrohern,
wie auch gleichs fahls mit grobem geschütz geliebe. Grob
ausreden bei Haupl 3, 240 ;
weintriechter warn ir Sturmhauben,
ir pulverflaschn gebraten taubn,
ir handrohr krauistengel, gleser warn.
H. Sacbs 1, 543'.
HäNDROLLE, f. l) kleine icahe nebsl dazu gehörigem bret
mii handhabe, zum rollen der icäsche. Jacobsson 2, 206*.
2) niederdeutsch langes dr eilen oder leinenluch, handluch das
an einer rolle hängt. Schütze 3, 314.
HANDROS.S. n. l) uie handgaul, handpferd, ross, das zur
rechten des sattelrosses zieht: handross dextraritis Rrack voc.
(Leip:^^ 1491) 33'; hantros asturto, dextrarius voc. ine. theut. il;
ist das satteiross handhalb, und das handross sattelhalb
creuzweis übereinander gefallen. Schm. 2, 175.
2) ein gut zum handross leihen , zum handross besitzen
bedeutet im ehemals anspaBiischen und eichstädtischen gebiete es
als blosses nebengut, zubaugut benutzen, ohne es zugleich zu be-
wohnen. ScHM. 2, 206, nach welchem die formet wol von der ehe-
maligen Verpflichtung der lehenmanuen zu kriegsdiensten mit dem
tehenhenn hergenommen ist. daher auch handrösser (das.), der
ein beigut zum lehen hat.
HANDRCCREIS, m. kehrseite des handtellers (s. d.), der flachen
band.
HANDRUDER , n. kleines nur mit der band zu führendes
rüder: von einem schiffe mit einem hangenden roder, das
daselbs visz (flschet) oder inledet, vunf pfennink colschs, von
einem schiffe mit einem handtroder dry pfennink. weisth.
1, 830.
HANDRCDERN, verb. ruderfürmige hewegungen mil den bänden
machen: jauchzeten, gigageten, armglocketen, hendruderten,
armlaufeten , warmschnaufeten . . nach den lustigen Schal-
meien. Garg. 82'.
HÄNDRÜSTER, m. und f. handhabe am pflüg, pflugsterze:
die handrüster linkerseits war abgebrochen, wamar. ztg. 1865.
HANDRUTHE, f. der lange stiel am dreschflegel, an der peitsche.
Jäcobssos 2, 206'.
HANDSÄGE, f. serra minor manuaria. Frisch 1, 411'.
HANDSALBE, f., mbd. hantsalbe, scherzhafte bezeichnung der
geschenke, die um wünschen geneigt zu machen gegeben werden,
vgl. die hand salben sp. 342 :
ain richter, der ehe umb ain guldin kern,
dan das er zwen zu hantsalb nem.
Keller schwanke no. 51 s.60;
'«eist nit dort gene, der du hantsalb gabst,
und mit ir vom tanz zum hause ab drabest. /a«(n. «p. 36, 14 ;
helkuocben und bantsalben vor gericht,
dar mit man eim armen sein recht zupricht. 294,6;
beschwichtigte eine weile den päbstlichen zom durch das
bewährte mittel der handsalbe. Treitschke aufsdtze (1S6") s. 23.
HANDSAM, •2dj., wie handlich 2, zur hand seiend, bequem,
vol 3U braudien: handsam manualis Mose anz. 3,49; es ist
der natur des menschen nicht handsamer, dann ein offene
gabreich milte haut. S. Frank c/iron. 1531 110"; handsam, zeüg-
«am, das gut ist mit umzgon, trac/aWw Maai.er 2li*; freund-
licher, gütiger und handsamer mensch, der thut was man
wil. das.; den schonen freundlichen handsamen jüngling.
Stifter Studien l, 297.
HANDSCHAFT, f. actus manualis, frische Ihat (vgl. hand-
hafte that sp. 397) : wirdet aber ein straszrauber begriffen mit
der handschaft. Haltaus 812.
HANDSCHAUFEL, f. pala, fossorium. hantscbaufel voc. ine.
theut. \2.
HANDSCHEIBE, f. bei den tuchmachern eine schabe, womit
^(kt tücher aus freier hani frisiert «erden können. Jacobssow
a, 207*.
HANDSCHEIDCNG, f. : handscheidung der erze heiszt die
Scheidung mit der hand und durch den scheidehammer oder
fäustel. Jacobsso^i 6. 29'.
HANDSCHELLE, f handfessel: und mich . . auch an das
ofenbein mit einer handschelle zu zeiten anschlosz. Lnpz.
atant. 1,35; ich bin der einzige, der . . ehrenschulden und
bandschellen vor und an sich sieht. J. Pall Titan l, 60.
HÄNDSCHERZ, m. verliebte handgreifliche tdndelä:
will du, dasz dirs zu hofT geling,
so lleuch und meid drei hose ding:
handscherz, weinglasz und kartenspiel,
die richten an des ubels viel.
Weskmgk böse spietsieben (1702) 77.
HANDSCHIRM, m. kleiner feuerschirm vor caminen, franz.
ecran. Ro.ndeau wörterb. (1740) s. 2S1.
HANDSCHLAG, m. schlag mit der hand;
1) in klagender gebärde, wie ahd. hantslac planctus Graff
6,773; planctus hantslag, hantslage Dief. 440*.
2) strafend, ahd. hantslac alapa; colapJius bandschlag Stie-
les 1812;
sich da, solch Treches sprechen
musz man. vermeszner greis, mit einem handschlag rächen.
Greflincer Cid Aviij'.
3) zum gmsze: einen mit grusz und handschlag bewill-
kommnen; und wenn die gute frau Hahn einmal einen hand-
schlag von ihr forderte, so dauerte es lange , bevor sie die
kleine hand aus der schürze zog. Fre\tag handschr. 1,41;
grüszten ihn also mit bandschlag. Odyssee 18,111;
schlosz Ehrenburg, die veste,
bespült vom Nahellusz,
empling ihn auf das beste,
mit handschlag und mit kuss.
Freiligrath glaubensbek. 112.
4) gekbend, bei leistuug eines Versprechens irgend welcher arl
(s. sp. 332) :
mhd. diu vrouwe sprach : die sinne
der mir unser herre gan,
die ker ich alle dar an, . . .
da; ich im ir zornmuot
vertribe, ob ich iemer mac.
des enpfäh et minen hantslac. Iwein 7894;
nhd. morgen geliebts gott soltu ein galantes pferd vor dein
füllen haben, ja, sagte sie, wann du wahr redest, wenn habe
ich dir gelogen, versetzte er, hiermit nahm er ihre hand,
schlug seine hinein, hier, sprach er, hastu den handschlag.
unw. doclor 340; hierauf hätten sie einander den handschlag
gegeben, dasz die wette solle kräftig sein. Causenmacher Wl ;
wort und handschlag w ar gegeben. Riehl culturgesch, nov. 414 ;
wir sind der höhern k-unst exempel;
die einfalt nahm den handschlag an.
was lodert itzt ein kluger mann?
verschreibung, zeugen, pfand und Stempel.
Hagedorn 2, 63;
Chat. der erzbischof
soll eine hostie theilen zwischen dir und ihm
zum pfand und sieget redlicher Versöhnung.
Karl, so sei mein antheil an dem ewgen heil,
als herz und handschlag bei mir einig sind.
ScBiuxK Jungfrau 3,2;
hier ist meine hand!
des bauern handschlag, edter herr, ist auch
ein manoeswort. Teil 4, 2.
auch bei eingehung eines eheverlöbnisses : und das Jawort von
Dorianen verlangete, die ihm denn sogleich den handschlag
gab. Salinde 259; daher denn die feierlidie Verlobung selbst der
handschlag heiszt. Schü. 2, 206; es war eine fast alte betagte
magdt . . der wolt ir vatter einsmal einen mann geben, wie
nun der tag des handtschlags bestell und der bräwtigamm
mit seinen leüten erschine. Katziporus (1558) Q 6*.
5) handschlag t» dem folgenden bezeichnet die stelle am hand-
gelenk, wo die Schlagader des armes gefühlt wird: etwen findt
man ein sychtlich kreütz bei dem end des tischs der hand
(in der Chiromantie, s. handtisch), unden bei dem handtschlagk.
das bedeütt vil wallens, bilgerscbaften und anderungen der
stett, yedoch mit felligem glück. Job. Lndagi.se kunst der
chiromantzei bei Hacpt 3, 271.
HANDSCHLÄGE, f. klotz mit einem hölzernen stiel, zum ein-
schlagen von pfählet}. Jacobssox 6, 29*.
HANDSCHLÄGEN, rer6. mit den bänden zusammenschlagen,
gewöhnlich als zeichen des beifaüs, wie ahd. hantaslagun, hant-
slagön plaudere Graff 6, 674 , mhd. auch in klagender gebärde
hantslagen, irfc. 2, 2,386"; comp/aurfere handschlahen Diefesb.
137'; als zeichen des verwunderns und der bewunderung:
{die braut) trat in die küch, und liesz im flatternden schein«
des feuers
ihre schöne gestalt von haupt zu fusze bewundern,
mit handschlagendem lob, und lächelte dank bei den wünschen.
Voss 1, 170.
HANDSCHLIEFER, m. muff, in den man mit den bänden
schlieft, um sie warm zu halten, vgl. Schm. 3,438- der balg
415 HANDSCHLITTEN — HANDSCHRIFT
HANDSCHRIFT — HANDSCHUH
416
(des bibeis) wird zu Stutzern {Beinlingeti) und handschiiefern
in ehren geliyllen. Hohbebg 2, 65l'
HA.NDSCH LITTEN, m. mil der hand zu ziehender schlitlen. —
Ein mann spricht zu seinem ueibe:
sag mir, pist nur anders doch,
dan ein handscblit, ein schwere pird und joch?
fasln, sp. 265, S.
HANDSCHMIEDE, f. kleine schmiede im gegensalz zu groszen
hammertcerken : eine handsclimiede von drei heerden. Gmelik
reise durch Sibirien (1752) 4, 39L
HANDSCHMIERUNG, f. nach die bände schmieren, sp. 342:
man flndt der statt noch me dann ein,
do man hantschmiernng gern ufT ninit,
und dar durch dät vjl, das nit zirottt. \
Bramt narreiiKch. 157, 57 Slrmjel.
HANDSCHMITZ, m. rutenslreich auf die hand. Adelung, nd.
handsmede Dähnert 174".
HANDSCHRALBE, f. manica: einem handsclirauben an-
legen, manicis aliqtiem vincire, aliquem tnanicis torquere Stein-
bach 2, 502.
HANDSCHREIBEN, n. fürslliches, mehr privalcharacter tra-
gendes schreiben, ivi geyensalze zu dem rein geschällsmdszigen
kanzlcischreiben : es müsse ein königliches handschreiben an
sie unterwegens sein. Lessing l, 579 ; dieses künigliche hand-
schreiben . . habe ich an sie zu übergeben. 589.
HANDSCHREIBER, wi..' ja, wenn man einen solchen mann
haben köndte, der . . in allen stücken just, ein guter theo-
logus, Jurist, medicus, philosophus, historicus, politicus, ein
guter latinus und linguist, musicus vocalis et instrumenta-
lis, ein guter handschreiber und arithmelicus . . wäre. Piii-
LANDER 1 (1642) 483. gemeint ist einer der eine gute hand schreibt,
schünschreiber.
HANDSCHRIFT, f. l) schriflzüge der hand {vcrgl. handge-
schrift sp. 390) : Wiederantwortschreiben . . welches der apo-
Iheker, weil meinem weib sein handschrift und petschafl
unbekandt, geschrieben. Sinipl. 4,52 Kurz; wie wunderbar
muszte ihm daher die ähnlichkeit ihrer handschriften sein.
GüTHE 19, 66 ; es ist von nichts geringerem als nachgemach-
ten handschriften, falschen testanienten, untergeschobenen
Schuldscheinen und ähnlichen dingen die rede. 24,334; ste-
hende sächsische handschrift. 15,132; o gott ! gott ! Geno-
vefens handschrift! Fr. Mt'i.iER 3,375; Sieghert las die sonst
so feste handschrift , die ihm heute schwankend schien.
Gutzkow lilter v. g. 6,365;
T. sie haben documente gegen uns
in bänden, die unwidersprechlich zeugen —
H'. von meiner handschrift nlciits.
ScuiLLKR Wallenst, tod 1, 3.
übertragen: ich hab mil männern unter diesen lapfern un-
gläubigen gelebt, die ganz der handschrift entsprechen,
weiche die natur mil kühnen zügcu in ihr äuszres gerissen.
Klincer 1, 279.
2) daher schrißsliick im allgemeinen : der achtbar doctor Eck
hat e. k. f. g. sein handschrift und klagzeddel , darin er
unter andern mich höchlich bei e. k. f. g. verkleint, behen-
den lassen. Luther l, 148*.
3) insbesondere die mit eigenitdndiger namensunterschrift aus-
geferligle den aussteUer zu leistungi-n verpflichtende Urkunde, Schuld-
brief: chirographus handschrift Diefenb. 123*; Ihal er im das-
selbige gelt, und nam eine handschrift von im. Tob. 1,17;
darumb denke wie du zu im komesl, und solch geld fod-
derst, und im seine handschrift wider gebest. 4, 2t ; dessen
allen er sich mit einer band.scbrift . . gegen die gläubiger
verpflichtet. Kirchhof wendunm. 284'; wollen mir auch eine
handschrift {über geliehenes geld) zustellen. Simpl. 1,200 Kurz;
packte ich meinen gefundenen schätz zusammen, nam ihn
mit und gab ihn einem von den vorncmsten kaiifleiiten da-
selbst gegen aushändigung einer speciflciilen handschrift
aufzuheben. 1, 303; .«ie fragte nach der handschrift. hier,
fiagle er, und zog sie aus der schreiblafel. Hippel lebensl.
3,122; der eigenthilmcr hat keine handschrift Ober das de-
positum zurOckgelasscn. Kant 4,120;
hat »ich verschrieben und versprochen,
mich lu bezahlen in vier wochen,
wia das zeiget «ein handschrift an.
Atiik 185* (023, 1 KelUr)i
nimm die*«« mein »onnet zur handichrift und zum pfände,
daat ich dein Schuldner bin. Flimino 04S(
da bi«t «in ordentlicher mann,
dem muit m.iii i.luu' IlukUi In iri Ih.i L'.-n r;»i i rar 1 |0| ^
T. ich hab nicht einmal deine handschrift.
*V. ich geh nichts schriftliches von mir, du weiszts.
Schiller Piccot. 2, 5.
bildlich: hat uns geschenkt alle sunde, und ausgetilget die
handschrift so wider uns war {goth. afsvairbands {jus ana uns
vadjabitküs). Col. 2,14; meinten sie etwa, ich würde den
empfindlichen artikel meines ehbetts preisgeben , wenn mir
meines weibes lugend und mein eigner wcrth nicht hand-
schrift genug ausgestellt hätten. Schiller Fiesco 2, 16.
4) handschrift, mantiscriptum, geschriebenes buch im gegerualze
zu einem gedruckten: dasz sie auch alle handschriften sollten
gekannt haben , die von den nehmlicheii fabeln hin und
wieder in bibjiolheken annoch verborgen liegen. Lessingo. S;
die handschrift erst in die mitte des dreizehnten Jahrhun-
derts zu verlegen. J. Gri.mm kl. Schriften 3,40; zur zeit der
rcforination befand sich eine handschrift des Tacitus im
kloster Rossau. Freytag verlorne handschrift l, 12. — In diesem
sinne mehrere Zusammensetzungen : handschriftenkunde, hand-
schriftcnlehre (Hugo lil. geschiclite lh30 s. 31), handschriften-
sammlung, handschriftenveizeichnis.
HANDSCHRIFTLICH, adj. l) {nach handschrift 3) in form
eines schuldbnefs: er verpflichtet sich handschriftlich zur
Zahlung. •
2) als manuscripl {nach handschrift 4) im gegensatz zu einem
druckwerke: was hiervon im druck erschienen, vermehrte nur
die bewegung im publicum, und die neugierde auf den Ver-
fasser; was handschriftlich milgetheilt wurde, belebte den
nächsten kreis. Göthe 26, 239.
HANDSCHUH, m, l) cliirotheca, manica.
Neben der form ahd. mhd. hantscuoh, hanlschuoch en(-
wickeln sich schon frühe andere, zundchst mit umlaul, auf ein
früheres hantiscuoh, hentisciioh zurückweisend, mhd. hent-
schuoch {plur. hentschuohe Heinzelein »unne/eÄ;e 492), nhd.
hendschuh, händschuh: chirotlteca ein stauch, hendschuch
Alb.; chcirotheca ein händschiich Dasyp. ; darnach den pasto-
ral, die infel, die hentschue mit allem andern daz er umb
und an het seinen gesellen herausgab und den pischof
nacket in einem hemde liesz. Steinhöwel 88, 34 A>//er; halt
weder kappen noch hendtschuch , dcrhalben in dann gar
hart frieren ward. VVickram rollw. 141, 15 Kurz; das link ohr
und den rechten händschuch. Fischart groszm.^^;
mein rock, mantel, hut und hentzsuch.
H. Sachs 3, 2, 168*.
von dieser form aus entsteht, indem der zweite vocal des wertes
tonlos wird, durch ein hinschug, henszag cliirotheca Dief. 123*.
hindurch ein händschich, mundartlich weit verbreitet, so in Dü-
rinyen , Obersachsen , Schwaben, das noch weiter in händsche,
hendsche {oß in starker form, daher auch für den plural bleibend)
in der Wclterau und am Rhein gekürzt erscheint, zu dieser form
steht nahe das unumgelatUete hansche Dief. 123'; hansch im
Meisznischen. — Neben der starken form zeigt aber schon das ahd.
für den plural eine schwache: hantscuhen, hantscun chirothecie
Graff 6, 419, und aus ihr, die bereits den zweiten Üieil des comjKi-
situms verkürzt hat, geht äne weitverbreitete andere: handschken,
hendschken, henschen, in Obersachen handschchen. händsch-
chen hervor, ursprünglich nur im plural angewendet, doch ist die
form jetzt auch für den singular gebräuchlich {z. b. schweiserV'Ch
handschen neben händsche Stalder2, 19; nicderd. handsken,
hansken brcm. wb. 2, 590) ; altmitteldeutsch cirolece henschen
Germ. 9,28; manica handschken Dief. 347'; es sigen panzer,
hüben, kessel , hüett, hensciien, armziig, und w; harnesch
ist und harnesch heiszet. weislh. 4,363 {schweiz., v. j. 1398);
von streuOingeii und hendschken ij groschen {macherlohn).
Leipz. stadtordn. 1.544 A3'; englische hänschen. Moser patr.
phant, 1 (1798) 27;
spigel, henschen ende gewant
sali du balde van dir diien.
IIalpt :i. »31 {mitlelrhein., U.jahrh.).
handschuhe , seil den dUeslen zeiten ah schmuck und auszeirh-
nung, wie zum schütz getragen, sind nach sto/f und form unter-
schieden: seidene, lederne hnndschuhe; halle seine hirsch-
lederne winicr-occasion händschuch an. Simpl. 4, 37 Kurt ,
Ivftne wüllcnc hantschu unde cn incsgrepe is der dagewerch-
ten bftle. Sachsensp. 3, 4.5, 8 ;
■uf den langen kreheMchcren
hlndschen, «o durch pnrrnmirot,
und mil ziobei woll bctchinleret.
MitaiL tun. geteltieh. (1701) 347;
sie btdfcktn ah siergegensland auch den Vorderarm:
tw^ne nliiwr hnniKchiioh nr iinz (t( den alJanbogen tAch.
^ItTllllln ;,'>. 13 ;
417
HANDSCHUH
HA^'DSCHÜH — HAXDSP ATEN
41S
eiserne handschube als Iheü der rüsiung: ciroteca ferrea ein
ysern hanUcbu DitF. 123*; nach beschehuer predig namen
die ritter all ir uaffen auszerhalb den eysin hendäcbuch zu
sich. AmadinW'. dem mit fingern verselienen handseJiuh. finger-
handschuh (3,1658) sieht der faustbandschub (3, 13S3) gegea-
iiber, auch zweifingerig genannt, «eil bloss der daumen beson-
ders ist, die übrigen finger eine gemeinschaßiche hülle haben:
bedarfst ein zwenliiigerigen graben fischeihäudscbucb. Fischart
groszm.3'. — handschube werden, wie andere kleiäung, ange-
zogen, au^esogen ; zog meinen bandschuch an. Simpl. 3,323
Kurz; der professor, in die handschube fahrend. Fbettag
handschr. 1, 325 ; streifte langsam ihren h eiszen handschuh
von der band. H. Heine werke 2, 16S.
Von der Symbolik die nach altdeutschem rechte dem handschuh
anhaßete und über die rechisalterthümer t52 — 155 gehandelt wird,
til der neueren zeit wenig geblieben, mittelalterlicher brauch ist
der wurf des handschulis als aufforderung zum kämpf, derselbe
ist bis jetzt unvergessen :
]asz sehen, n-er er ist, der sich im tapfero übt,
und meinem soho Rodrig anheilt deo handschuh gibt?
wer wil der kriegsheld sein? wer darf es sonder zagen
mit meinem sobn Rodrig in einem kämpfe wagen?
Greflitiger Lid D vij -,
hier werf ich ihm vorläufig meinen handschuh hin. H. v.
kiEiST Käthchen 1, 1 ;
statt meiner steht mein handschuh vor gericht. 1, 2;
und stündet ihr nicht hier in kaisers namen.
den ich verehre, selbst wo man ihn schändet,
den handschuh warf ich vor euch liin, ihr solltet
nach ritterlichem brauch mir antwon geben.
Schiller Teil 3, 3 ;
rgl. fehdehandschub. — Die übergäbe des bandschuhs als pfand
für erjüllung ton pflichten: da ein fri Swebenne ewet ain
Sv*äb, der ist ain fri man, da muoj er im siben handscuohe
han. mitten git er siben wete nach dem swäbeschen rebte.
MüLLENH. «. ScHEBER 239, bUckl auch noch in dem ton Götue
geschilderten, aber anders gedeuteten brauche des pfeifergericiUs in
Frankfurt a. M. durdt: so brachte auch hier der abgesandte
einen schön gedrechselten hölzernen pocal mit pfeffer an-
gefüllt, über demselben lagen ein paar handschube, v^un-
dersam geschlitzt , mit seide besteppt und bequastet , als
zeichen einer gestatteten und angenommenen Vergünstigung,
dessen sich wohl der kaiser selbst in gewissen fällen be-
diente. 24, 35 ; er denkt an die Übersendung eines handschuhs von
seilen des kaisers zum zeichen der geuahrung: ok sai die koning
durch recht sioen bantscbo dar to senden (zu der statte wo
man münzt), to bewisene dat il sin wilje si. Sack^ensp. 2, 26. 4.
Redensarten sind manigfach. ein geschenk, Innkgeld, eine be~
bhnung wird mit der formel bezeichnet: etwas für ein paar
handschuh. wte engl, glove-money trinkgeld, span. guantes ein
gesthenk über den bedungenen Mm, auszeror deutliche belohnuiig
bedeutet; man weisz den schenkalien gar feine glimpfliche
namen zu geben und anzustreichen, als ein baar bandschuch, !
ein hut, ein scbärpe. Moscherosch bei GumpelzJtatmer gymn. ;
de exercit. acad. 79 ; schweizer, ein paar bändschen geben, ein
gesdienk, trinkgeld niclit ton der gemeinsten art. Stalüer 2, 19 ; I
daher mit der furmel der nebensinn des bestecliens verbunden wird. \
Sca«. 2,207: er bat der gnädigen frauen. durch welche alles !
gehet, auf ein paar bandschuch gespendiret. Abr. a S. Clara i
etwas für alle (iti'ia) 443; wenn jemand will fortkommeD, so
heist es : mein, seie mir der herr geneigter als dem andern,
es gilt was auf ein baar handschuh, Ihut mir der herr in
diesem anbringe» favorisirn, es gilt was auf ein baar hand-
schuh, bitte umb einen guten bescheid, es gut ein baar
handschuh; ei so handschuh! ei so handschuh.' unter die-
sen handschuhen wird das geld verstanden. Nei.neb ländlmarkl
316; franz. atotr les ganis d'une chose , en atoir la premiere
tdL^, ou U m&ile, ou le profit. Littre 1, 1S27'. — handschuh
machen, in eine hülle greifen , sie gleichsam als handschuh für
sich anwenden, to in verliebtem gebühren: da tappen sie mit
blinden henden über all rumb, und dasz ichs Ireuge sage,
machen hcntzschken so warm sie die erleiden können, iwi
der le/felet (1593) is. saiz; manuura in sinum immissionem
(handschuh machen nostrates vocanl). facet. facel. 1645 *. 4h6;
mit ihr unter der »chürze oder im busen spielend, welches
wir sonst handschuh machen nennen, herrl. triumphwagen 60 ;
aber auch um zu stehlen {tgl. handschuhniachei) :
wir wölln des kaufnians beutel stein,
dem junkherrn musx einmabi auch fehin,
eh und er ii) von uns empTacht
hab wir ein bandschuch drausi gemacht. II. Stcu» 5.341';
IV. u.
das schickt sich eben wie sechs finger in ein handschuh.
Fisch ABT bienk.l'Z*; auch nl. dat sluit als zes vingers in een
handschoen. Harrebonee 1, 283 ; ton etwas zartem sagt vian,
es v*ill mit handschuhen angefaszt sein; dieser erro et men-
dicus beschämt uns, die wir mit einem rauhen handschuh,
so zu sagen, uns haben ins bockshorn jagen lassen. Hüfeb
die gute alte 3«/ (1S67) 1,287; er \»ar jetzt m seinem beneh-
men gegen sie wie ein umgekehrter handschuh (röllig cer-
wandelt). Pestalozzi 4, 377 ; ton Napoleon 1. lief das wort er
regiere mit eiserner band, nur mit einem sammetneu hand-
schuh darüber, band und handschuh sein, vergl. sp. 342.
niederdeutsch ist he verlüst bot an hannsch alles was er hat.
ScHi^TZE 2, 99. ScHANB. 74*. VI Oberdeutschlund sagt man, um
eine rede abzubrechen, weil jemand zugegen, der sie nicht hören
soll, es liegt ein handschuh hinterm ofen, auch mit dem zu-
salze er möcht verbrennen Scbm. 2, 207 {ähnliche redensarten
322. 371): es liegen handschuh hinterm ofen. ihr versteht
mich. Meveb gescItidUe der salpetrer, herausg. r. Sclireiber, s. 26.
2) handschuh in Baiern ein fäszchen zu weiszem bier, ohn-
gefahr 30 masz oder eine halbe acJUel hallend. Schi. 2, 207.
3) unserer lieben frauen handschuh heiszl der aekelei, aqui-
legia vulgaris, glockenblume. iSemmcb 1, 393.
HA.NDSCH LH BLUME, f. primula veris. Nemmcb 4, 1060.
HANDSCHLHLEDER , n. Uder zu handschuhen. es heiszt
zäh wie handscbuhleder; was ziehst du denn die stirn wie
ein altes handscbuhleder. Lesz 1, 114.
Hä.NDSCHUH.MACHER, wi. chirothecarius. voc. ine. theut.il;
am allerbesten kan man den teufel nennen einen hand-
schuchmacber. warumb? die handscbucbinacher machen band-
schucb, der teufel macht auch bandschuch, ergo ist der teu-
fel ein bandschuchmacher. Neiner tdndlmarkt s. 316, tyl. über
bandschuh machen oben sp. 417; trägt er nicht einen groszen
runden hart, wie eines handscbuhmachers schabmesser (like
a glover's paring-knif e) ? Sluikesp. lusl. weiber l, 4 ;
lasz sie gehen ! sind Tiefenbacher,
gevatter Schneider und handschubmacher !
lagen in garuison in Brieg,
wissen viel, was der brauch ist im krieg.
Schiller Watlenst. Uxger, 10. auftr.
HA.NDSCHCHiNÄHTERIN, f. die handschuhe nätd: händ-
schuchnäderin. Fischart groszm. (1607) E.
HANDSCHLHSTRIChERLN, f handschuchstrickerinn chiro-
Ihecarum reticularia Stieler 2195.
HANDSCHUTZ, m. lutela praesens : bandschutz leisten, manu
ipsa protegere Stieler 1947.
H.\NDSCHÜTZE, f. frei mit der hand geworfenes Weberschiff-
chen, im yegensatze zur schnellschütze, die handschütze wird
vom weher in der hand geführt. Prechti. encyclop. 20. 272.
HA.\DSCHW.4R.MER, m. kleiner Schwärmer {rakete), der mü
der freien hand geworfen wird. Jacobssos 2, 208*.
H.\.NDSEHEN, n. weissagen aus der hand: das handseben
der Zigeuner. Slraszb. polizeiordn. v. 1628 bei Frisch i, 4il'.
mhd. bantsehen, tgl. Germania 9, 368.
HANDSEIL, n. kleineres und dünneres seil, im gegensatz zum
tau: 2 starke haudseiier, so 6. 8. 10. und mehr klaftern
lang seiiid, damit die stücke (kanonen) fortzuziehen. Böckler
knegsscimle (1668) s. 181; zwei lange handsäil. 264.
HANDSEITE, f. die seile an der das handpferd gehl.
HANDSICHEL, f.: das gelreide mit einer kleinen hand-
siche! schneiden. Canpe kinder- u. jugendschr. (iS3o) 18, 53.
H.A.NDSIEGEL, m. fürstliches pricatstegel im gegensatz zu dem
vjjenlliclien , Staatssiegel >(tgl. handkasse, handsclireiben) : er
solle ihnen den Stralsunder frieden, den er bisher blosz mit
seinem bandsiegel versehen hatte, unter dem groszen sieget
ausfertigen. Dahlma.ns dan. gesch. 2, 46.
HANDSOCKEN, m. ; das kellerlich eingeweid ist mein freud,
mein deckbett, mein wulfsbeiz, mein nasenkap, mein hand-
socken, und mein fuszsfhucb. Gary. 97' {der trunkenen litanei).
es ist scherzhafte Umdrehung von handschuh, fuszsocken.
HANDSOHLE, f. sohle an der hand von Ihieren (s. hand V, i
sp. 363): die haut ist dunkel, auf den bandsohlen ganz
schwarz. Brehm illustr. Ilaerleben i, loi.
HANDSPAKE, /■. hebebaum für sthi/fer. Jacobssün 6,30*;
spielt mit den glingstangen, sperrbäumen, handspacken und
Sperrungen. Gory. l!s3*. vgl. bandspeiche.
HANDSPATEN, m. leidUer spaten, vom yärtner gdiraucht. um
bliimen, zwiebeln und wurzeln auszuheben und das unkraiit ui<>-
zusieciien.
27
419
HANDSPEICHE — H ANÜSTREICH
HANDSTREIT — HANDTREUE
420
HANDSPEICHE , f. kleiner hehebaum , der in eine welle oder
spiUe gesteckt tcird, um dieselbe unizudrelien , auch zutn kanten
und tragen des hohes gebraucht. Jacobsson 4, 204'.
HANDSPIEL, n. I) saitcnspiel: sie {die rfiHime ein« Sängern)
werde entweder durch das bundspiel vermischet, oder uicht.
pers. rosenlh. 2. t4. mhd. kaiitspil üb. 2, 2, 501*.
2) kartenspicler nennen so die zu einem einzelnen spiele ge-
gebene anzahl karten, mit denen man, ohne dasz sie ans<iezeicli-
nel seien, doch bequem im spiele milhalten kann: halb- sive
mittelspiel, handsjiiei, dtarta mediocris Stieler 20S7.
HANDSPIELEK, wi. gaukler der sich durch die kunststücke
seiner hand nälirt: sinl ich in da nicht vor einen prisler ge-
habit hab, sunder vor einen orlgenosin oder vor einen bir-
lotter oder vor eine (/. einen) polyan (genosseti einer bcltler-
schar) odir vor einen hantsj)eler oder vor einen cjoger.
Magdeb. blume 1, 104. handspicier beireihen das Würfelspiel
{das. 2, 5, 16) und wnssagen aus der hand: ciromanta liant-
spiler, hantspeler Dief. 123'; daher sie als zauberer zu den un-
gläubigen gereclinet werden : totit sich ein cjwiveler alj ein
hantspeler odir ein ketjer odir welcherley sache ij sy.
Magdeb. blume 2, 1, 81.
HANDSPIESZ, m. durcli menschenhand bewegter brcUspicsz, im
Gegensatz zum bratenwender.
HANDSPRITZE, /. kleine, leicht zu handhabende feuersprilze :
ein jeder hauszwirth soll eine gewisse anzahl tüchtige le-
derne eimer, wie auch handspritzen, bei der hand haben.
der Stadt Leipzig ordn. (1701) s. 549.
HANDSTEIN , vi. i) stück erz von mäszigem umfange aus
einetn anbruch oder gange, musterstiicli einer bergu'crksmine: oder
ein schonen handstein von rotgüldigen erz. Matues. Sar. 2" ;
wenn sie {die bergleule) auskfaren , füren sie gemeiniglich
handstein bei sich. LuUier (15S3) 99';
der liesz mich handsteine schawen,
gedigen erz, giildig rot. Uhlaisd volksl. 894;
domit sy (die heriiknappcn) nit sind arm allein,
Stelen sy stüclT, erz und handstein.
Thurmeisser archidoxa (1575) 52.
2) handstein im bergwerk häszl ferner bei zwillergcbdudcn
eine gediegene stufe, miner.-lex. 287*.
3) dem fischer heiszt handstein derjenige stein, mit welchem
ein sackförmiges netz, das flock, im gründe erhalten wird. Jacobs-
so?t 6, 30".
HANDSTEÜER, f. beisteuer, milde gäbe: mit hülfe christ-
glewbiger menschen milder allmusen und hantstewer. urk.
V. 1505 bei Hältaus 812.
HANDSTRECKUNG, f. stipiäatio perporreclam manum facta.
Haltaus 812: hängt das buch an den galgen, und belautet
das gericht; hier ist meine handstreckung. Hippel 5,306.
HANDSTREICH, vi. l) streich, schlag mit der hand: alapa
handstreicb, maultascb, husch Dief. 2ü'; handstreich alapa,
colaphus, verber Stieler 2197; widerrufe alhier es, wil auch
zum zeichen mit diesem handstreich mein lügenhaftig maul
hiemit öffentlichen gestraft und gezüchtigt haben, widerruf
einet herrn v. Rüxleben 1576 bei Opel Weigel 26.
2) einschlagen der hand zum zeichen eines gegebenen und zu
haltenden Versprechens (wie handschlag 4 .<.p. 414): dasz Christus
von seinen Jüngern nie kein gelübdnnsz genommen hat,
noch jurament, noch handstreich, noch zusagen bei ihm
zu bleiben. Paracelscs opp. 2, 233 R ; die . . i. f. gn. mit
einem bandstreich anloben inüsten , i. f. gn. gebürenden
respecl zu erweisen. Michalius alles l'umviern 5, 257 ; und
that darauf den handstreich herzog Karin als einen gebor-
nen fursten. Schweinichen 2, 121. vorzüglich werden auch ehe-
versprechen viittels handstreiclies gegeben , daher die feierliche
Verlobung handstreich heiszt: sjHjnsalia henratsabend, hand-
streich. winkauf Frisciili> nomencl. cap. li>\i (1591 .«.437); man
und handstreich hallen und ich lüde euch auch riarzu. schaub.
eugl. u. franz. com. 1, 259; wart! nicht eher liandslreich
und rinftwechsel , bis ich wieder zurück bin. Fr. Müller
t,320; handslreichs- und hochzeils-mablzeilen. Mainzer landr.
1755,7 §«.
3) handstreich, nach dem franz. coiip de niain , plütilirher
ttürmender andrang im kriege, Überrumpelung, ist vor dem ende
de.* tongen jahrh. nicht angewendet : als Napoleon den Vorsatz
au«(ilhrle, die kröne, die er gegen da» bewatTiiete Europa zu
^'•' 'ich nicht getraut halte, vermittelst eine« kühnen
! im iliifte vom hauplc der Rourbonen zu rciszen.
1; ; j'-ir/i it :!Ti
HANDSTREIT, m. handgemengc: darinit erliub sich der
handslreit, darin die keiserschen zu flucht gclriben w urdend.
Stumpf 2, 335*.
HANDSTUFE, /. wie handstein 1 $/). 419: fanden sehr viele
abneichungen desselben gesteines, die wir .. auflasen und
als handstufen zerschlugen, (iöthe 51, 114.
HANDSUCIIT, f. gichl in den händen: hantsucht cirogra est
infinnilas mantium. voc. ine. theut, i 1; chiragra, hendsucht,
zipperlin Ai.behus dict. M l*.
HANDTAFEL, f Ideine in der hand zu haltende tafel für
schieUien oder malen , ahd. hantlavala pugiUaiis Graff 5, 392 ;
hantlalel pugiUar Dief. 471'; hauttafel pinax est tabula pictoris
voc. ine. IheiU. i 1.
HANDTAG, vi. der frohnlag eines handfröhners , zum untci-
scltiede von einevi pferdetage. Adelung.
HANDTASTüNG, f ergreifung der band, gelobend: sie haben
die handlung mit einer handtastung dem churfürsten zuge-
sagt. PoMARius Magdeb. t/iro«. 1551 bei Frisch 1, 4lt'; grüszend:
mit dreimaliger handtastung. Moser patr. plianl. 2 (1798) 123.
HANDTÄTZLF^IN, n. vorslosz am ärmel, handkrause: hand-
tälzlein, enchiridium, patagium manuarium Stieler 2260 ; hand-
kläppgen, handtälzlein, des bouts de manches. Frisch dict. de
passagers (1730) 2, 283.
HANDTELLER, m. innere handfläche: vola der handleller
Dief. 628', nov. gloss. 385" (iß.jahrh.); nim ein fein slücklin
guiiuni arabici und mach es mit einem inesser gleich und
glat, alsdenn thue ein wenig eierweis oder eierklar in den
handteller und reibe das stücklin guinmi darin umbher. Rar-
Tiscn augcndienst (1583) 192; er öffnet den handteller, die
wohlthätige dame drückt ihm das geldstück hinein, und
schlieszt ihm die faust. E. T. A. Hoffmann 12, 300. vergl.
kandtisch.
^ HANDTHAT, f., was handhafte that sp. 397, mhd. hantge-
täl noch in weiterem änne wb. 2, 2, 147 ; einen an der hant-
tat, au der warmen hantgetat begreifen. Scum. 2, 207.
HANDTHÄTEH , wj. facti manualis perpctrator, in facinore
depiehensus. Hai.taus 813.
HANDTHÄTIG, adj. l) mit der hand thdlig, hilfe leistend:
da auch iemand der aigenhorigen mit hauen oder fuhren
dazu handthätig sein, den andern aigenhorigen dazu beistand
und hülfe leisten . . würde. Münslerisdie hof-spraclisarlikel bei
Haltaus 813.
2) gewaltsame Ihat begehend: handtätig vianu fortis , hand-
tätig verfahren, via facti uti Stieler 2354; wie wol sie bewehrt
zusammen tretten (bei einer Unterredung der feinde) vvirdt doch
allda zu nichts handthätigs griffen, und mit frieden jedem
wider zu den seinen zu kommen vergönnet. Kirchhof milit.
diic. 204 ; so mohten der scholteisz und ein faut gemein-
lich oder besunder, wie sie gluste, dem hantdedigen {einem
todlscidäger) sin hus zu slieszen. weisth. 2,217 {von 1407); de
in der handdadigen daet gevangen is {bei ausübung der that).
Haltaus 813.
HANDTHÄTIGER, «i. nach dem vorigen 2: so dar dodl-
schlag geschehe, .. so scholen des todten fründe keinen
roof ümme thun, sondern man soll den handthätiger vor de
herrschop verklagen , und der thäter soll seines leibes un-
lehlig syn. weislh. 4, 703 (v. 1439).
HANDTHIEREN, .-t. hantieren.
HANDTISCH, m. in der Chiromantie die durch gewisse Unien
begrenzte, an xHereck bildende innere handfläche: die tischlinien
hat iren nainmen dohär, das von ir eltlicher wysz ein tisch
in der handt geformieret würf. wenn das feld oder spacium
.so zwüschen der mittelnatürlichen linien und der tischlinien
erschynt, ist der handtlisch genannt. Jon. Inuacine kunst der
rhiromantzei {Straszb. 1523) s', angeführt bei Haupt 3, 271. aucJt
mhd. der tisch in der haut. Erve 8136.
llANDTREtE, f. I) versprechen, bündnis durch handschlag
(in///, handgebende Irene ,vj). 3hs): streckte er mir die band
dar, und begerete, ich solle ihm mit gegebener handtrene
versichern , dasz ich solches alles verrichten wolle. .Stm;»/.
2, 205 Kurt; du seiest . . der chrisilichcn obrigkeit zu Slinsz-
burg mit eid und handiren zngelhan oder nicht. Schuppius
«78; an aidcsstBlt gegebene handireue. Mainzer landr, 1755,5
§ 4. datier auch ehrverluhnis mittels hundgebnng : bei welchem
{allar) die junge fürsll. eheleut die erste eheliche Verlöbnis
und handirew .. getlian. Hai.taus n14 {von 1«09); biidlirh :
wer Christum in seinem wuit ergreifet und hiill . der wird
auch hinwieder von Chrialu ergriffen uud gehalten, es gibt
421
HANDTREULICH — HANDVOLL
HANDVOLL — HANDWARM
422
eine Teste handtreu, es setzet kuss um kass, auf beiden
seilen heiszts: ich bin dein, du mein. Otho 410.
2) die verschlungenen liände , symbol des lierzensbündnisses :
den marzapan zierte er überall mit flammenden herzen and
einem pfeil dardurch, mit handtreuen und dergleichen phan-
tastereyen. so die verhebte in ihren Schilden führen. Simpl.
4,48 Kurz.
3) das bei eingekung anes Vertrags, vorzüglich ehererlObnisses,
gegebene pfand: handtreu, haftgeld, mahlschatz, orrÄa vel ar-
rhabo Haltäds Si4.
HA.NDTREULICH , adj. und adv.: etwas handtreulich ver-
sichern ; handtreulicbe angelobung an aidsstatt. Mainzer land-
redit 1755,2 § 5.
HANDTUCH, «. lueh zum trocknen der bände, ahd. hantöch
mantelta »Iraff 5, 366 ; mhd. hanttuoch : viamUergium hant-
tuch DiEF. 348'; hantduch manulergium , gumciariutn , mappa
voc. ine. theut. il'; gülden handbecken und gieszkanne mit
einem handtuche. pers. reisebeschr. l, 7; man machet {aus
heede) nicht allein gute leinwand, sondern auch trill zu tisch-
und handtüchern Ocon. lex. 1397. sprichirOrtlich : sie ist jeder-
manns handtuch , von einer dime die sich von allen mdnnem
anfassen läszt. s. handquehle, handzwehle,
HA.NDUBERSCHL.\G, m. mamca fimbriata, reßexa, replicata.
Stieler 1820.
HANDUHR, f. kleine bequem zu handhabende uhr, art taschen-
uhr, dim. handuhrlein: empfieng er von jeglichem ein gut
handubriein zum gedächtois. pers. reisebeschr. l, 17.
HANDUMDREHEN, n. als bezeichnung eines recht kurzen zeit-
maszes naeh band IV, 1,6 .<p. 361 : im handumdrehen veränderu.
preusz. Jahrb. 23,264; im handumdrehen ist das Verhältnis
des inselreichs zum continent verändert, grenzboten 2ß i. 312;
im handumdrehen ist er reich geworden.
HANDUMKEHR, adr. schnell, unversehens (s. kehram 2, th.
5, 428):
doch wenn er schier gar bynem {bei ihm, seinem schcUz) war,
verwacht si mutter banduincber.
Hebel alemann. ged. (ISOS) s. 36.
HANDUMKEHREN. n. une handumdrehen : im handumkeh-
ren war er wieder da.
H.ANDVERGOLDUNG, f.: die handvergoldung, worauf in
der buchbinderei bisher namentlich der gröszte werth gelegt
wurde, wird immer mehr durch die pressvergoldung verdrängt.
arbeiterfreund 1868 s. 12.
HANDVERKAUF, m. verkauf aus der hand, im einzelnen (s.
von der hand verkaufen sp. 360); so wurde im 18. jh. in
Hamburg der buchhandel, weil er mit handverkauf verbun-
den ist, als kleinhandel betrachtet. Guhbacer Lessing 1, 287i;
bemerkenswerth dürfte es sein, dasz ein groszer theil des
tleischextracls in den bairischen apotheken im handverkauf,
d. h. ohne ärztliche Vorschrift verbraucht wird — ein un-
zweideutiges zeichen, dasz es zu einem hausmittel geworden
ist. J. V. Liebig in der A. a. zeUung\S6h. no. 47, beil. «.754.
HANDVERK.ÄUFER, m. Verkäufer im änzelnen, krämer, Jacobs-
soN 6, 329.
HANDVERSCHREIBCNG, f. schuldverschräbung, handschrifl:
man vergleiche hiemil den bürgerlichen konlrakt von hand-
verschreibungen und zinsen. .Moser patr. phant. 2 (1798) 103.
HANDVOGEL, m. l) der falke oderhabichl, der gut zur hand
des Jägers abyericlüet ist : der habicht . . kommt zur hand,
stehet zur hand. ist ein guter handvogel. Ocon. lex. 893.
2) eine schmetterlingsart, papilio Arion. Nexmicb.
H.ANDVOLL , f. blosze zusamvienrückung ton hand voll
{sp. 360) , daher das geschlechl von dem ersten theile des «ories,
ron hand, bestimmt icird. gebildet wie armvoll (1, 563), mund-
voll; viel slädtvoll kinder. Sclltetls bei Le.-ising 8. 280. die
lolksmdszig verkürzte form von handvoll ist hampfel (*//. 322),
in der Welterau haffel, zu der auch die hampvolle, ligtda Dief.
329* leitH; ihre Verkleinerung alemannisch hämpieli:
er schickt nier au
mengmo! e bämpreli blumeniehl,
mengmol e tröpfli morgethau.
Urbu. alemann. ged. (ISOS) 82;
daneben die häufung hampflevoll:
isz hampnevoll. so viel de witt,
si stillen eim der hunger nit. 155.
handvoll als masz bezeichnet so viel eine hand fassen kann: die
liuodvoll, was man in ein hand fassen mag, fnanuale, mani-
pidus Maaler212'; es ist nicht nur schnitterau.'idntck : manipu-
!'■-, ein handvoll Alberos dict. Ml'; manipulus, S^äyua. desz
Schnitters hand voll Kiij*; manipulus, ein hantfol, so vil ein
kornschniter mit der hant begreift Serra.ncs dict. o l' ; auch
in treuer Verbreitung, in strengerem und freierem sinne: da» alles
Volk unter mir ein handvol davon {vom staube) bringe. 1 kön.
20,10; dann du bist ein hantvol ertrichs. Cyrill. 27*; eine
hübsche handvoll münze, a. m. im Tockenburg 192; sich be-
reits eine schöne handvoll geid erspart hatte. J. Gotthelf
schuldenb. 15;
mich billig schämend rief ich Floren,
die freundlichste der milden hören
um eine handvoll blumen an. VTiela^d 9, 151
siebst die baodvoU staub, die erde, nicht.
HöLTT 63 Halm;
eine bandvoll erde. Armdt ged. (1840) 393;
die kleine handroll jähre.
J. H. Merk, morgenbl. 1843 no. 132}
eine handvol armer leute. pers. baumgarten, vorrede; gott und
himmel vor eine handvoll eitelkeit versetzen und verkaufen.
Cbr. Weise er;n. 91 ; diese handvoll individua. Lessisg 8, 181;
aus einer handvoll wirklicher Verehrer. Heise icerke 13, 63 ;
auszer einer handvoll gensdarmen waren keine Soldaten in
den fürstenthümern. Brack vier briefe eines Süddeutschen 38;
wie Syrien verblich
und vor der handvoll volk aus Israel entwich.
ScLLTETCs bei Lessing 8, 277;
vgl. mhd. ein hand vol riter. Wolfram Wüleh. 107, 21.
Der plural dazu ist ih zweierlei art gebräuchlich, entweder
ßhlt man noch, dasz das wort kein eigentlicJies compositum, nur
eine zusammenrückung ist und verwendet daher in der mehrzahl
händevoll (s. sp. 385):
denn leider! auch nicht eine blume
blieb mir, anstatt der handeroll,
womit ich dich bedienen soll. Wirlarb 9, 154;
oder handvoll bleibt auch hier, und zwar für alle formen: trugen
auch der simplicien handvoll zu hausz. Garj. 183'; ein paar
handvoll erbsen auf die erden schütten. Simpl. 3,60 Jfur:;
mit einigen handvoll schönen grases. J. Gotthelf erzdhlg. 4,
262; sie warf etliche handvoll haselnüsse aus ihrer schurz-
tasche in das milchgeßsz. Scheffel Ekkehard (lS55) 326;
warf handvoll des schimmernden goides
unter die schützen. Ptreer Tuneiias 5, 263;
im englischen steht sich ähnlich two hands füll und two hand-
fuls gegenüber, das letüere völlig als compositum behandelt. Koch
histor. gramm. der engl, spräche 1, 419.
HÄNDVÖLLIG, adj. die hand füllend, was sich mit der hand
gerade bequem fassen läszt, in verkürzter form hämpflig {sp. 322),
in Obersachsen auch hänflig (hänflich Rüdiger Zuwachs 2, 82):
handvollige stein saxa manualia Maaler2I2*; gewöhnlich ge-
braucht von einem slab, knüUel u. öhnL, der sich gut handhaben
läszt: hawt ein guten handvülligen bengel darvon (ron dem
bäume). Pacli schimpf b'^; machen von stro gfit handtvöllig
facklen. Frasr weltb. lOl'; der feldmesserstab soll von holz
gemacht sein, . . ungershrlich sechs schuch lang, gleichwol
zimlich stark und handvöllig, das er wol träglich sei. und
in der hand zu halten und zu führen. Sebiz /eiif^au 473 ; da
ire herren mit handvöiligen peitschen und ruten gegen ihnen
zur Schlacht traten. Garg. 220' ; leicht kann nach der dhnlich-
keit auch ein menscbenkol so bezeichnet werden : man soll ihm
das maul mit eim handvölligen baurenkegel wischen. Garg.
IQö'; dann sie treibens von eim knebelspiesz lang vollkom-
men handvölfig. 197* — Bei H. Sachs in freierer bedeulung.
stark, zahlreich:
mit seinem bandtvölligen beer. 3, 1, 34'.
H.ANDVÖLLIG, n. schaß eines Speeres, was sich nach dem
vorigen erklärt: ein pilum, dessen handvöllig S'/j schuh lang
ist, und das noch eine eiserne spitze von einem schuh hat.
Rösch eommenlar zu Cäsar {Halle l'S3) s. 179.
HANDVOLLWEISE, adr..- überantwortete er uns {hanf-
stengel) noch einem strengeren henker, welcher uns hand-
vollweisz unter die preche nahm. Simpl. 2, 178 Kurz.
HAND W.ALKE, f. bei den tuchmachem das walken des ein-
schlags mit der hand, um ihn dichter zu machen; bei strumpf-
irirkem eine maschine, worin wollene strumpfe im kleinen gewalkt
werden. Jacobssos 2, 208.
HANDWANNE, f. kleine wanne, in der der handlanger dem
mawrer wasser zum besprengen des kalks und der steine herbei
bringt, das.
H.A.NDWARM, ad], so warm, dasx es die hand erleiden mag,
lauwarm: handwarmes wasser. dn srhmid hezeichnet damit
27*
423
HANDWÄSCHE — HANDWERK
HANDWERK
424
einen geringen grad der glühhitze: sie (die gesdimiedeten gegen-
stände) werden . . in einem gelinden holzkoblenfeuer blosz
kir$chbraun glühend (nach dem technischen ausdrucke hand-
warm) gemacht. Prechtl encyclop. 13, 44.
HANDWÄSCHE, f.: die methoden der pelzwäschen (beim
Schafe) sind . . die bundwäsche durch knetende bearbeituiig
der wolle mit den bänden, während die tbiere im wasser
stehen. Prechtl encydop. 19, 15.
HAND WASCHEN, n. wasdien der lidnde: Possevinus hat an
diesem handwaschen gar ein miszfallen. pers. reisebeschr.\,~;
so würe die sache ein gründonnerstägiges päpstliches fusz-
waschen von armen gewesen , statt ein bandwaschen von
pinslern. J. Paol koinet 3, 138. vgl. händewaschen sp. 385.
HANDWASSER, n. uasser zum tcaitchen der hände: nach
gehaltener mahlzeit leget sie jeglicher eine cilrone und mes-
ser vor, indem sie nun die .cilronen anschneiden wollen,
hisset sie den knaben Joseph mit handwasser hinein kom-
men, pers. rosenth. l, 42 anm. a. es ward vor und nadi tisdie
gereicht, weil die hände unmiUelbarer als jetzt dem essen dienten :
der Wirt kom, da; wa;;er man dar truoc.
üö sich Gäu'än getnuoc,
eine bete er nilit vermeit,
er bat den wirt gesellekeit,
Mät mit mir ejjen dise magt'. Parz. 550, tl;
wie wir den leuten ein wolriechend handwasser vor und
nach dem tisch aufgieszen. Mathesiüs hislor. v. Jesu Chr. 1, Uo';
die lafel war indessen gedecket, die herrschaft salzte sich
nach genommenen handwasser und verrichteten gebet. Ha-
zards lebensgesdiichle, Cosmopoli 1706 s. 27 ; er {der herzog) be-
fahl, als er zur tafel ging, man solle mir auch das hand-
wasser reichen. Göthk 34, 300 (BenventUo Cellini), daher heiszl
es: das handwasser ist das süszest. also antwort einer ge-
fraget, was das best wasser were, dann wan man die bend
wascht, so wil man mit den zeenen danzen, darzu pfeilt
das handtwasser auf. S. Frank spriditv. 1541 l, 37*. — Zur
kennzeichnung eines redit niedrig stehenden:
wer an im selber ist gar nichtig
und zu allem guten untüchtig,
wenn der etwan ein fruinraen sieht,
welchen das Unglück hart anfleht,
so rousz er auch sein trutzen fühlen,
und wil sein mütlia an im külen,
so er doch selb nit so viel töcht,
das er im das handtwasser bracht.
B. Waldis Esup 3, 84, 22.
HANDWE-H, n. schmerz in der hand, diiragra; in der fol-
genden stelle adjedivisch gebraucht: und so die knecht klingsor,
kopfwe , bendwe , herzenwe etc. wie si genannt , an irer
arbeit seind. Hans v. Leonrodt himelwag [Augsb. 1517) Piij.
HAND WEHR, f. 1) gegenwehr, verllieidigung hand an hand:
sie drungen so viel möglich auf die feindt, dasz sie mit
ihnen zur bandtwehr kommen möchten. Fronsperg kriegsb.
3, 179*.
2) m der hand zu führende uaffe, sloszgewehr, spiesz: hand-
sive stoszwehr, telum, quo pundim ferimus Stiei.er 2512; wolle
uns 6 malen angreifen . . zum sechsten mit seinen hand-
wären als spieszen und seinem hosten volk mit vil uinb-
stenden. Schertlin briefe 7.
HANDWEIB, n., wie handfrau, weib das in einem hause zur
hand geht, für lohn arbeitet, ohne beständig in lohn zu stehen.
Rüdiger luwadis 2, 82.
HANDWEIFE, f weife zum garnwinden der einfachsten art,
im gegensalz zu der künstlichem schnapp- oder zlihlweife: die
sogenannte handweife, als die gemeineste und srhiechleste
gattung {der weifen), öcon. lex. 2ö07.
HANDWEIT, adj. spannenweit, amplUudine dotrantis. Stieler
2490.
HANDWERK, n. opificinm, ars wanuaria. ahd. bantwerah
opus manuum , ag$. bandveorc, bandgevenrc manu factum,
opus manuum. tm mhd. gehl hantwerc arttfictum netien anl-
werc matchine, besonders belagerun<ismaschtnc her {üb. ;), uhh. 5S3),
und es isl unter anlwerk 1, 607 ausfuiirlich nachgeuiesen , wte
beide Wärter sidi in der bednitung misdien , so dasz hantwerc
auch für antwerc und diese» für jenes sieht, bis später die wort-
form anlwerc und die bedeutunq macltina erlischt, dennoch kliiuit
die Vermischung nach, wenn Dasyp. gewährt: handtwerk artt/i-
aum manuarium , alian medtnnicum, und wenn nach Aoklunc
der rammboek m der Launit noch handwerk »irnannt u^d. —
Von bandwerk , alemann, form hainberch (Hkbei alem. ged.
'■ ■■'' ■ '■' • ■■' '■ :l'iral in nllem gwllm nrhrn handwerk auch
handwerker: warum!) sollen nicht .. dergleichen handwerker
in der insul Atlantide geübt werden? Schuppiüs 737, gleich
darauf die Verachtung der handwerk; zwingen auch der ar-
men kinder , handwerker zu erlernen. 75t ; dasz der vater
des Sophokles vielleicht nur knechte gehalten, die jene hand-
werker treiben müssen. Lessing 6, 293. seit der 1. hälße des
IS. jnhrh. ist die form bandwerke für den plural ausschlieszlich
gebräuchlich worden.
handwerk bedeutet:
1) icie händewerk {sp. 385) das mit der hand vollbrachte werk,
opus manu factum : überall der Übergang vom bandwerk zum
niaschinenwerk. Göthe an Schiller 1,203; von diesem sinne aus
ist auch das folgende gesagt: wer sich einer strengen kunst
ergibt , inusz sich ihr fürs leben widmen, bisher nannte
man sie bandwerk, ganz angemessen und richtig; die be-
kenner sollten mit der hand wirken, und die hand, soll sie
das, so musz ein eigenes leben sie beseelen, weike 23,162;
und darum wieder: ein gutes kunstwerk kann und wird zwar
moralische folgen haben, aber moralische zwecke vom künst-
ler fordern, heiszl ihm sein handwerk verderben. 26, 148. —
Dann bezeichnet Götiie mit handwerk auch das rein medianische
einer sache, einer kunst oder ferligkeit: einer {ein fehler von mtr)
ist, dasz ich nie das handwerk einer sache, die ich treiben
wollte oder sollte, lernen mochte. 29,35; die beschwerlichen
stufen des mechanismus und des handwerks. 19, 343.
2) im engern sinne ein dauernd betriebenes gewerbe, zu dessen
ausführung vorzüglich manuelle gesddcklidüieil erfordert ist, ars
mechanica , unterschieden von der kunst und von der niedrigen
handarbeit: hanlwerk arlißcium. opißcium, ars manualis voc.
ine. theut il'; die kunst, die rohen oder schon bearbeiteten
naturalien zu verarbeiten , heiszt ein handwerk. Reckmann
lechnologie (1777), einleitg. ; mancherlei Werkmeister von aller
banden handtwerken. Aimon bog. Fij ; dieweil er gleichs hand-
werks war, bleib er bei inen und erbeitet, sie waren aber
des handwerks teppichmacher. apost. gesch. 18,3; kein hand-
werksmann einiges handwerks sol mehr in dir erfunden
werden, ojfcnb. 18, 22 ; einer unter dem häufen, seines hand-
werks ein schlotfeger. Simpl. 2,276 Kurz; der verfall der
deutschen bandlung zog den verfall des handwerks nach sich.
Moser patr. pharU.i (1798) 31; wie leicht beraubt eine neue
mode das beste handwerk seines Verdienstes? s. 66; nun
treten die jähre heran, worin die knaben entweder zur band-
lung oder zum handwerk bestimmet werden sollen. 3,124;
dasz ich von der kunst, von dem handwerk des mahlers
wenig verstehe. Göthe 27,68; es {das theater) hat einen zwei-
deutigen Ursprung, den es nie ganz, weder als kunst noch
als handwerk, noch als liebhabcrei verläugnen kann. 22,171.
die das gleiche handwerk betreibenden sind enge und zunpmäsztg
vereinigt {vgl. unlcn 3), das gefiihl dieser Verbindung tritt na-
mentlich in der formet einer vom handwerk liervor: wendet
denen vom handwerk nicht geringen gewinst zu. ap. gesch.
19, 24; Demelrius und die mit im sind vom handwerk. 38; —
und diese formet wird freier von leuten überhaupt (jleichen berufs
verwendet: alle gaste . . waren vom handwerk {bergleule\.
Güthe 22,177; aus ihren fragen könnt ich errathen, sie ver-
muthe dasz ich vom handwerk sei {auch ein kaufmann). 2.1,169;
wie denn auch die freiere anwendung von handwerk nicht auf die^e
formet beschränkt ist, sondern überhaupt menschen trifft, die trgetui
eine besduifligunii berulsmnszig oder andauernd betreiben: ein
teufelischer betrug, dardnrch er zum hcxenhandwerk verführt
werden soll. Simpl. 3,278 Kurz; sag ihnen, mein handwerk
ist »iedervergellung — räche ist mein gewerbe. Schilleci
Täuber 2,3; Sklaverei ist ein elendes handwe.k. Fiesko 1. !• :
da diese ja ein handwerk aus solcher klugen dieberei machte.
polit. slockf. 206; Juristen vom handwerke. Kant 5,450; es
ist noch die frage , ob eine rolle durch einen bloszen lieh-
baber nicht mehr als durch einen Schauspieler von hand-
werk gewinne. Schiiikr {beHlödrke) l.ZVi ; gelehrte von hand-
werk. Schlosser weltg. 4,422; wenn man Verstellung als hand-
werk treibt. Göthe 13, lo;
das «aufen lotiderllch, ausz den doch mitternacht
(Ich meine Teutichlond auch) last gar ein lianiltvork macht
Opitx I, II.
In der strengen bedeulung des <i'orte$ war das handwerk friiJn
zünftig, renn die handwerker zu einer zunft rereinuit waif
frei, rrnn das nicht der fall war; gesperrt, wenn es auf u<-
wisse orte einijeschränkl blieb; man lernt, ergreift, treibt rm
bandwerk :
425 IIANDVYERK
hat ein bi>ur ein lamen son,
ein liantwerk wil er in lernen Ion.
Schade sat. u. pasqv. 1, 174;
welcher nachgehends ein handwerk gelernet und treibet, d.
Stadt LeipiVi ordn. (1701) s. 17S; knaben, welche sich jetzt
zum handwerk begeben. Moser phant. l (1798) 42; wenn er
das strurapfweben oder ein ander gutes handwerk ergriffe.
2.156; wann einer zum scherer oder bader sagte: treib dein
handwerk. Zi^kgref (1026) 1,226; der viele handwerk lernet,
lernet keins recht. Schottel 1130'; bei alle dem lebt man
hier in vollkommener Sicherheit und jeder treibt sein hand-
werk eben als wenn nichts gewesen wäre. Göthe 43, 27;
dalier wieder in freierer anwendung: mein Springinsfelt anfienge,
allerdings das Junkern handwerk zu treiben (müszig :u gehen).
Simpl. 3,106 Kurz; glaubt ihr, dasz ich in der weit bin, um
rath zu geben? das ist das dümmste handwerk das einer
treiben kann. GOthe 17,24; das mädel ist verschimpfiert auf
ihr lebenlang, bleibt sitzen, oder hats handwerk verschmeckt,
treibts fort. Scbiller kab. u. liebe 1, 1 ; man schickt sich in
ein handwerk: wenn er sehen könnte, wie gut ich mich in
das neue handwerk schicke. Göthe 15, 61 ; man kann, kennt,
versteht das handwerk, eben auch in strengerem und weiterem
sinne: unter hundert, die das handwerk gelernet haben,
findet man oft nur einen, der es in einem vorzüglichen
grade versteht. Moser phant.2 (1798) 172; der bäcker müszte
sein handwerk schlecht verstehen. 4, 149 ; er kau viel hand-
werk, aber bellen ist das beste. Schottel 1131"; verstünde
der podesta sein handwerk und wäre der actuar nicht der
eigennützigste der menschen, ihr wäret nicht so los gekom-
men. Götbe 27, 50;
du. die comödie! wer wird mehr auT dich hören?
bei possen klatscht man nur, und gähnt bei Sittenlehren,
du kennst dein handwerk schlecht; du kennst die weit noch
nicht. Cro^egk 1, 4;
wartet, ich singe die könige bald, die groszen der erde,
wenn ich ihr handwerk einst besser begreife, wie jetzt.
GöTBK 1, 362;
OMCA obscün: sie versteht das handwerk, perita est venerei
conftietus , in palaestra meretricia exercitata Serz 63 {vgl. oben
die stelle aus kabale u. liebe 1, 1>; — man steht, pfuscht, greift,
fällt einem ins handwerk: Jupiter, welcher .. vermeinte, es
möchte jemand seinen strahl ergriffen haben, ihm ins hand-
werk zu stehen. Simp/. 4,159 Kun; alsdann müszt ihr mir
nicht übel nehmen, wenn ich auch in euer handwerk pfusche.
Götbe 24, 277 ; sieht es doch aus , als wollet ihr mir ins
handwerk {als gelegenheitsdirhter) greifen, und mir die kund-
schaft entziehen. 285;
der vom weine gestern tod, ist vom tode heute tod ;
dasz ihm wein ins handwerk tiel. hielt der todt für einen spott.
LoGAU 3, 133, 8U (auf einen lodgesulfcnen);
das bandwerk legen oder verbieten, den betrieb eines gewerbes
nicht femer gestatten. Jacobsson 6,31*; soll niemand kein kalb
herein schlachten, es habe dann 24 pfund, was drunter ist,
soll ihnen genommen, derjenige auch . . geslraffel oder ihm
das liandwerk geleget werden, d. Stadt Leipzig ordn. (1701)
«.432; daher wieder frei: weil in meiner macht nit stunde,
ihnen das handwerk (außauf von beutestücken) gar niederzu-
legen. Simpl. 3,103 Kurz;
gafTt nach dem alten hin,
und sieht auf dessen stirn sich eine raupe regen,
ha! brummt er, dir will ich das handwerk zeitig legen!
Hagedor:« 2, 3S.
sprichwürter : es heiszt neunerlei handwerk, achtzehnerlei Un-
glück. Ll'Tber tischr. 292'; vierzehen handwerk, fünfzehen Un-
glück. Agr. spr. (1560) 84"; endlich heist es wie das Sprich-
wort lautet: vierzehen handwerker, fünfzehn unglück, weil
!-ie solcher sacben sich unterfangen, die sie nicht gelernt
haben, Creidius 2, 274 ; dreizehen handwerk, vierzehen bettel-
leute. PiSTonius thes. par. 9,10;
acht handtwerk, neunerlei unglück.
H. Sachs 2, 4, 38«;
»■in handtwerk, ein täglich gülte, artem quacvis alit terra. Agr.
tpr. (1500) 12'; ein bandwerk hat einn güldin boden. 195";
es ist ein gut handtwerk, es lohnet aber übel . . also sagen
wir schertzweise von etwas, dj ein büsz endt nimpt, als
Stelen, rauben, und dergleichen böse stuck üben. 203'; man
saiil , dasz nach vielen mislungenen beschäßigunqen betteln noch
das beste handwerk sei: in summa, da war guter ralh theuer,
und bei mir bedien das ho>\c liandwpik. d.i-; irii 711 iroiben
HANDWERK — HANDWERKSBCNDEL 426
getraute. Simpl. 3,259 Kurz; die des iren nicht warten, son-
der auf alle seilen auszlaufen, solche leulh musz gewisz
das Unglück treöen, das bringt die erfarung, und tnachen
vil handwerk, dasz betteln das beste ist. Agr. spr.S*'; wer
das handwerk verstehet, der verräthet den meister nicht.
PiSTORiLS thes. par. 9, 4.
3) handwerk, die geschlossene gesamlheit der ein bestimmtes
gewerbe trabenden, gilde, zunft, innung : ein geschenktes hand-
werk, dessen glieder das geschenk, einen kredenzten becher und
damit symbolisch aufnähme in die enge zunftgemeinschap empßengen
(s. weim. jalirb. 4, 253) : ein geschenkt oder nicht geschenkt
handwerk. reform, guter polizey, Augsb. 1530,39 § 1; ein ge-
schlossenes handwerk, wenn die zunß nur aus einer gewissen
anzahl meister bestellen durfte, im gegensatze zum ungeschlosse-
nen (Beckmann- technol. 1777 einlcUg § 7) ; es heiszt das hand-
werk fordern, die innung zusammen rufen, ebenso ein hand-
werk machen; das handwerk läszt ihn fallen, einen gesellen,
dem aufgegeben wird, ein besseres meisterslück zu machen. Jacobs-
S0!< 2, 20S. 209 ; weist du was das mir oder dir oder einem
ganzen ehrbaren handwerk zuwider ist, so sage es. weimar.
Jahrb. 4, 31t ; der fcnappmeister wird dem ehrbaren handwerk
und mir zum gefallen die lade auftragen nach handwerks-
gebrauch und gewonbeit. 313; in freierem sinne: wenn ich
aber von den Juristen sage, meine ich nicht allein die doc-
tores, sondern das ganze handwerk. Lutbeb 5, 180' ;
doch wir gehören ja zum groszen liandwerk nicht,
empfmdung gibt den ton auf unsrer kleinen bühne,
mama natur den Unterricht. Gotte» 1, 77.
4) handwerk, der neuntüdter, lanius excubitor. Nemnich 3, 323.
HANDWERKER, m. der ein gewerbe (handwerk 2) berufs-
mäszig treibt; bittet got umbe alle getreuwe arbaitter, alle
gemein hantwercher, das in got sogetän arbait verlihe, da
mit sei und leib behalten si. .Mullewboff «. Scherer 532, 12
(14. jahrh.); so weit handwerks gewohnheit geht, so weit
können sich auch die hindwerker helfen. PisroRtcs tAes. par.
10, 71; nichts giebt der Stadt London ein prächtigers an-
sehen, als die buden ihrer handwerker. Moser patr. phant. 1
(1798) s. 30; zunftmäszige handwerker. 35. t^. handwerks-
mann.
HANDWERKERGILDE, f. handwerkennnung.
HANDWERKERISCH, adj.: dise handwerkerische erfin-
dungen {magnetnadel. buchdruckeret, scliieszpulver). Schüppids 768.
HANDWERKERSTA.ND, m.
HANDWERKERTALENT, «..• der beruf des lebens fordert
höhere als handwerkertalente. Scbelling vorles. üb. d. methode
des acad. sludiums 43.
HäNDWERKERVOLK, n..- da ging es denn hoch her unter
dem handwcrkervoik. Riehl culturgesdi. nov. 378.
HANDWERKERZUNFT, f.
HANDWERKLICH, adj.: etwas mechanisches, handwerk-
liches. Klinger 11, 140.
HANDWERKSÄLTESTER, m. Vorsteher eines handwerks, einer
innung: sonderlich aber werden von dem handwerk die dem-
selben beipflichtende personen handwerksältesten, geschworne
meister, gesellen und jungen genennet. HObser handlungslex.
(1722) 850.
HANDWERKSAMT, n. innungsbehürde ; gewöhnlich von den
meistern einer zunft gebildet: wenn das ganze handwerksamt
oder zunft zusammen berufen worden. HesNER handlungslex.
(1722) 1030.
HANDWERKSÄRBEIT, f.: von handwerksarbeit kam noch
wenig in seine bände. Riebl culturgesch. nov. 433.
HANDWERKSARTIKEL, m. plur., von der obrigkeÜ gegebene
Satzungen einer innung.
HANDWERKSBOTE, m. derjenige der die meisler einer in-
nung zusammen beruft und fordert, in der regel der jungmeister
der zunft. Jacobsso«! 2, 209'.
HANDWERKSBRAÜCH, m. : Primus geht wie ein schreiner
ein und sagt
ich hab ein unglückseligs wandern,
ziech von einer statt zu der andern,
und doch kein meister finden mag,
der mir arbeit geh vierzehen tag,
wie es bei uns ist handwerksbrauch.
Airkr 372* (186«, 32 Ketler).
s. handwerksgebrauch.
HANDWERKSBüNDEL, n. sarcina quam juniores opifiees
peregrinando circumferunt. Stieler 156; handwerkbündel, wo-
r.'iiif der schläfer ausruhte. J. Pacl Titan 2. 109,
427
HANDWliUKSBLBGE
HANDWERKSMANN
428
HANDWERKSHÜRGF. , m. der für einen fremden, zugewan-
derten gesellen einsteht, dasz er auch uirklich vom handwnk sei:
das schone inädchen stand schon am platz, bereit den frem-
den zu seinem handwerksbürgen zu führen. Riehl cullurgescA.
nov. 429.
HANDWERKSBURSCH, -BURSCHE, m. handteerksgesell, be-
sonders trandernder:
die haniwerkspursch mit uberschwal
hab ich al uiider meinem Innen.
meislerl. fol. 23, no. 231 ;
mit den bänden und füszen reverenz machte, eben wie die
handwerksbursche , wenn sie in eine fecbtscbuie kommen.
ScHLPi'iL's lt4; sollte nicht auch ein institut für die hand-
werksbursche ncitbig sein? Moser palr. phant. 3 (t79S) 131;
das fröhliche sorgenlose wandern der handwerksbursche.
J.Paul palingen. 1,41; traf ich zusammen mit einem reisen-
den handwerksburschen. Heine iverkc 1,20. — Davon wieder:
handwerksbürschchen ; handwerksbürschlein ; handwerks-
burschenartig: die meisten reisenden haben doch etwas
handwerksburschenailiges, und sehen sich gern nach solchen
Wahrzeichen um. Gotiie 27, 15S; handweiksburschenhaft. 33,
19G; handwerksburschenlied; handwerksburschenrechl. Riehl
cullurgesch. nov. 369, u. a.
HANDWERKSFAflNE, f. fahrte einer Innung. Stieler 399.
HANDWERKSFLEISZ, m..-
ein lialter,
mmliloser alliagsraensch taugt nur zum handwerkslleisz.
GOTTKH 1, 197.
HAND WERKSFRAU, f. frau aus dem handicerksstande : es
w ar eine zeit , wo die hofdame sich räuchern iiesz , wenn
sie mit einer bandwerksfraii gesprochen hatte. Moser palr.
phant. 1 (1798) 133.
HA.NDWERKSFüin.EREI, f.: meine hausbackenen cmpfin-
dungen und handwerksfühlereien. Tieck ges. nov. 3, 143.
HANDWERKSGEBRAUCH, m. brauch wie er bei einer zunß
hcrscIU : nach handwerksgebrauch und gewohnheit. weim.jahrb.
4,310; hast mir handwerksgebrauch und gewonheit erwiesen.
311; wir hielten uns an allen diesen orten etwas auf, um
unsre freunde und handwerksgenossen nach handwerksge-
brauch zu sehen und zu grüszen. Gottscuedi.n briefe 2, 17.
HA.NDWERKSGEIST, m. : die gelehrten nahmen immer-
mehr den handwerksgeist und den niedrigen sinn der ge-
ringen volksklassen an. Schlosser wellqesch. 4, 571.
HANDWERKSGEMÄSZ, adj.: diesem trefflichen werke (Schil-
lers glocke), welciies auf eine bewunderungswürdige weise sich
zwischen poetischer lyrik und handwcrksgemäszer prosa hin
und wieder bewegt. Güthe 45, 78.
HANDWERKSGENOSSE, m. tribulis, ejusdem opißcii artifex.
Stieler 1353; unsre freunde und handwerksgenossen. Gott-
schedin briefe 2, 17.
HANDWERKSGERÄTHE, n. instrumenta opificum. Stieler
1503; kapital, welches in den Werkzeugen und verschiedenen
handwerksgerüthcn steckt. Beckmann lechnol. (1777) einleitg. § 11 ;
jedem hat frott zur band
gcgolien ein liamlwerksgcrätbe-,
wenn mit geschick und verstand
er stets den dienst nur tliäte. Hückert 149.
HAND WERKSGERICHT, n. gericht für handwerkssnrhen :
wurden zur endlichen ausgicichiing vors handwerksgericht
{zu Augslnirg) geladen, weim. jahrb. 4,338.
HANItWKRKSGESCHAKr, n.: in allen haus- und band-
«erksgescbiirien griff ich tüchtig ein. Güthe 23, 174.
HANDWERKStJESKI.LE, «i. geselle eines handwerks, zu einer
Innung geluirig: den frembden ankommenden handwerksge-
sellen. reform, gnler jiolicey, Augsb. ir)5l,37 §4; kleidete mich
demnach am folgenden morgen . . wie ein handwcrksgesell.
Happel acad. rom. 505; jetzt ist diese fessel geliist, der
handwerksgcsclle, der commis , der fabrikarbeiler kann die
uniform da anziehen, wo er beschüftigung gefunden hat.
pieusz. jaJirb. 20. bd. s. 555 ;
i«i iergend ein frumer bandwerkugetell hie,
der thu mir ein rreuntlichn bringen.
ScHAitK lumdwerkut. 172.
ein laleinincher handwerkxResellc wurde ein sludent genannt:
mein rauierad, ein laleiniscber bandwerkfigeKell, Snnjit. l, 233
kurz: zulelzi besriilimsen »ie . ich inüMc ein lateiniüchrr
bandMrrksgenclle »ein. der verirret w.'lre, oder meinem eige-
nen vorgeben nach ein fahrender srhtiler. 2, S5.
IlAMlWERKSGESELLSCHAn-, f.: handwerksgesellschaf-
ten curpora opijicum Stieler 2005.
HANDWERhSGESINDE, «. die handwerksgesellen undlehrlinge
in sich fassend, abschied d. reiclist. zu Augsburg 1551 § 83 Über-
schrift.
HANDWERKSGEWOHNHEIT, f. opificum statuta et placita.
Stieler 2490. ,<. handwerksgebrauch.
HANDWERKSGH.DE, f: Staaten und handwerksgilden
haben ihre ungleichen perioden. Moser patr. phant. 1 (1798) ,<. t'>">.
HANDWKRKSGRUSZ, m. feste formet mit der wandernde ge-
sellen die glieder ihrer zunß begrüszen. der handwerksgrusz kommt
bei den .<:teinmetzen bereits im 15. jahrk. vor. weim. jahrb. 4, 306 ;
er war schon bei allen Zunftmeistern der Stadt gewesen,
halte ihnen den handwerksgrusz geboten, aber bei keinem
arbeit gefunden. Riehl cullurgesch. nov. 439. übertragen:
mein lauter beilall geiit der sclirift,
die mir tjcr autor bringt mein handwerksgrusz dem segen
des bettelnden geriichts entgegen,
das auf dem plad des rubms mit mir zusammen trifft.
TniiimEL reise 4, 518;
die redlichkeit die kennt man schon,
sie heiszet: contributinn.
ihr alle seid aul gleichem liisz :
gib her! da.s ist der baiidweiksgiusz. Göthe 41,286.
HANDWERKSHAKEN, m..- handwerksbaken werden die
groszen eisernen haken genennet, die gemeiniglich, wo gute
leiierordnungen sein , den bandwerkern von dem stadtniagi-
slral assigniret werden, dasz sie solche in Verwahrung neh-
men , und im fall der noth gebrauchen können. HIjbner
handlungslex. (1722) 851.
HANDWERKSHERR, n. der von der obrigkeil als beisitzer zu
einer zunft verordnete ratsherr.
HANDWERKSINNUNG, f ein handwerk als geschlossene zunß.
HANDWERKSJUNGE, m. Uro opificii. Stieler 903; der
schlimmste handwerksjunge. Chr. Weise erzn. 41.
HANDWERKSKNABE, m. junger handwerker:
vor andern liandwcrksknaben
liebt man der sctzer art. Schade liandwerksl. 32.
HANDWERKSKNECHT, m. der nicht meisler eines handwerks
ist, gesell oder lehrling: dasz die liandwerksknecht und gesellen
den meistern nit eindingen, was und wievieJ sie ihnen jeder-
zeit zu essen und zu trinken geben, reform, guter policey,
Augsb. \ha\.,Z't §6; von den handwerksknechten, söhnen, ge-
sellen und lehrknaben. reichstaqsabsciued Augsb. 1551 § 83.
HANDWERKSKRAUT, n. equüelum. Nemnich.
HANDWERKSKUNST, f: von seiner gewandlheil alte bil-
der wieder herzustellen, darf ich zu erzählen nicht anfangen,
weil man zugleich die schwere aufgäbe und die glückliche
lösung, womit sich diese eigene handwerkskunst beschäf-
tigt, entwickeln müszte. Göthe 28,64;
kommt und helft mir recht betrachten
eine feine handwerkskunst {wvOciri).
Schade handwerkst. 86.
HANDWERKSr.ADE, f. lade einer zunß, in der die docu-
menle, das innungsvermügen und innungs.wgel aufbewalirt werden.
HCbner hundlungsle.r. (1722) 851.
HANDWERKSLELTE, plur. die ein handwerk betreiben: ihr
handwerksleut, künstler, kaufleut , krämer. Zinrcref (loit.)
1,235; was aber handwerksleute sein, die wahr Tcrkaufeii,
als schinicde, seilcr, becker, lleischer, schiister und der-
gleicluMi. i.iiH.NEvs regierkunsl (IG79) 2SS'; dasz sich die lebr-
liuben der handwerksleule und derogleirhen junge rollen
mit vil lausenden zusammen gegeben. A. (iHVPHiis Iti9s 1.312;
denen handwerksleuten und ihren weiberii und töcblerii las-
sen wir zu, dasz sie sich mögen in schainlolb, saiieniscbke,
parrican , sarge und andere am werlh diesen gleiche und
geringere zeuge kleiden, d. st. Leipzig ordn. (I70|) 462; unter
den handwerksleuten galt er für ein licht der gelebrsamkeil.
Riehl cullurgesch. nov. 311;
ein ^tsellciischilT fen vetr dohfir,
das ist von bantwerk. litten nchwftr.
BnAfiT narrpHsch. 48, 2;
bnndwcrkileiitn bnbeo iiinften. hnlien Ordnung und geselle.
du«z nich niemand in ihr mittel, ihr gewerb tu treiben yeite.
I.ooAli 3, 22\ f>0
{vergl. die gnnte »teile «n/er hnndweriiiislOrk).
HAMiUKIlKSf,IEI>, fi. lied, wie es im scJmze eines grwerkes
entslanilin nl. Schade gab ISGS eine Sammlung: deutsche liand-
werksl ieder heraus.
HANDWKIIKSMANN, m. hnndteerker : der hanlwerchsnian.
wo er nil Io-IIIIL- Ih'I (imA/v rrikmißi) Wilir !■ \,/i,; um /.,/.,)
429
HANDWERKSMÄSZIG
HAxNDWLRZEL
430
107 ; liantwerknian , hantwerker , mechanicus, opifex loc. iiu:
theul. il*; arllicher und künstlicher liandwerksmanu mecha-
lücus Maai-ER 212"; kein handwerksinan einiges bandwerks
sol mehr in dir erfunden werden, offeiib. 1S,22; neulich sah
ich einen handwerksniann mit seiner frauen bereits um 4
uhr des morgens in seiner werkstätte an der arbeit. Müser
palr. pluint. 1 (179S) s. 73 ; dreimal so viel erbettelt hatte, als der
lleiszigste handwerksmann in einem tage verdienen kann. 75.
HANÜWEUKS.MÄSZIG, aJj. u. adv.: ich habe die rechts-
gelehrsamkeit niemals anders als handwerksmäszig gelernt.
Uabener 3,143; ein grober, handvverksmäsziger ausdruck des
Vulkan. J. Paul herbslblum. 3, 75.
HA.NDWEUKSMEISTEH, m. l) vieisler einer zunfl: dieweil
.. viel Unruhe, Widerwillen, nachtheil und schaden .. zwi-
schen derselben {der zunß) handwerksraeistern und andern
.. entstanden sind, reform, guter poUzey, Augsb. 1551,37 §4;
handwerksmeister, arlifex alicujiis negotii Maaler 212'.
2) auch Vorsitzender vieister einer zunß, handwerksdUester
(Adelung).
HA.NDWERKSMISBRAUCH, vi. : was wegen abstellung derer
handwerksmiszbräuche . . auf dem reichslage zu Regensburg
vorgestellet und geschlossen wüiden. A. Fabri europ. slaats-
canzlei 49 (1727) «. 553; der berühmte reicbsabschied, wel-
cher die handwerksmiszbräuche heben sollte. Moser palr.
phant. 1 (179S) s 31.
H.\ND\VERKS.NEID, m. : man mache nicht den handwerks-
fleid unter diesen leuten rege I man zieh«, bei gleichen um-
ständen, den handwerksmann , der unser nachbar ist , dem
entfernter wohnenden vor! Knigge umg. m. menschen 3, 149
(1S30 s. 139); zuletzt ling man an zu erzählen, es entstehe
eine art von handwerksneid zwischen ihm und einigen schau-
spielern, die sich auch einbildeten, Schriftsteller zu sein.
GüTHE 18, 293;
hier bleibt ^enug pceteti einzuweihen,
zu stiften gild- und handwerksneid. 41, 245;
doch lerne sei die eitelkeit,
dasz ich, aus kleinem huudwcrksueid,
der mitgeselleu [ton dichtem gesagt) kränz zerrisse.
GoTiER 1, 454.
HANDWERKSORDNUNG, f.: handwerksordnungen slalida
opißcum Stieler 139S ;
mein stündlein kömmt, dasz ich {der schuhknecht) fort in die weit
nach handwerksordnungen wandre,
und drauf als redlicher mann für mein geld
hier meister werde, wie andre. Voss musenalm. v. 179», s. 199.
HAND WERKSPFLICHT, f.:
die handwerkspflicht ruft uns auf straszen,
packt eure bündel fest und gut!
ScuADJä handwerksliedej' 125.
HANDVVERKSRECENSENT, m.: so leicht unsre hand-
werksrecensenten es halten. Herder 1, 214.
HA.NDVVERbSHECHT, n. recht was in äner zunfl gilt, rechte
und pflidden der innungsmitglieder : wollt ihr gesellen, dasz
der lehrjunge euch lehre, was handwerksrecht ist. Riehl
cuUurgescIt. nov. 439;
Pica nam ihr einen gärber; selten gärbt er oder nie,
trieb vielmehr als wie ein bütner stäb und priigel über sie.
sie besprach das mittel drum, dasz er handwerksrecht nicht
hielte,
dasz er gärber sehe sein, aber als ein bütner gilte.
LoGAU 2, 125, 30.
HANDWERKSREDLICHKEIT, f nennen die handwerker unter
sich selbst eine solche zunfl, an welcher sie nichts zu beviängeln
haben und die sich den handwerksregeln gemäsz verhält. Jacobs-
so» 6, 3l'.
HANDWERKSSACHE, /. eine Innung betreffende angelegen-
hcU: handwerkssachen gehören vor den rath. Pistoriüs Ihcs.
par. 9, 9; handwerkssachen, die selbst der kreis nicht zwingen
kann, und die durchaus von dem gesammten reiche verbes-
sert werden müssen. Moser palr. phanl. l (1798) s. 210.
HANDWERKSSCHREIBER, »n. schreiber einer innung: vom
handwerksschreiher wurde er (der neue geselle) sogleich ein-
geschrieben ,. und es ward ihm dann bald darauf sein
lehrbrief zugestellt, ueim. jahrV. 4, 258.
HANDWERKSSIEGEL, n. siegel einer innung; sigilhnn opi-
fieum Stieleb 2019.
HANDVVERKSSOHN, m. söhn der innerhalb der zunfl steht,
meislerssohn : obangercgten articul der policeiordnung, von
handwerkssöhnen, gesellen, knechten und lehrknaben zu er-
tir^wcrn. reicttslagsabsdt. v. Augsburg lbb9 §76,
IIÄNDWERKSSTAND, «i. stand der zu einem handuerke ge-
hörigen: personen aus dem bürget- und handwerksstande,
HANDWERhSSTÜCK, n.:
handwerkslcu'te haben zunften, haben Ordnung und gesetze.
dasz sich niemand in ihr mittel, sein gewerb zu treiben setze,
der nicht ehlich ist geboren, ob er sonsten gleich ist tüchtig;
der aucli auszcr seiner ehe nicht gclcbet allzurichtig,
ob gleich busze drauf erlolgct; welcher einen hund erschlagen,
obs gleich ungelehr geschehen; der die kosten nicht zu tragen
zum gesäuf und zum gefrasze; der nicht meisterstücke machet,
macht ihn gleich das werk zum meister; mehres ist daroh man
lachet,
aber, dasz man Wahrheit meidet, dasz man schindrisch über-
setzet,
dasz man falsch für gut gewehret, dasz man trew und schwur
versetzet :
dieses heist, sich klüglich nähren. lieber! sind es handwcrks-
stücke?
sind es docli nicht chrisienwerke ! sehet zu wies droben glücke.
LoüAU 3, 227, 5«.
HANDWERKSTHÄTIGKEIT, /..• indessen hatte ich durch
meine kenntnisse und handwerksthätigkeit in der familic
ziemlichen einflusz gewonnen, wie mein vater als bolticher
für den keller gesorgt hatte, so sorgte ich nun für dach
und fach, und verbesserte manchen schadhaften theil der
alten gebäude. Güthe 21, 25; es könne sich niemand ins
leben wagen, als wenn er es im nothfall durch handwerks-
thätigkeit zu fristen verstehe. 23, 44.
HA.NDWERKSTRIEB, m. : von dem geringsten thierischen
handwerkstriebe bis zur höchsten ausübung der geistigen
kunst. GöTME 20. 217.
HANDWERKSUNFÄHIGKEIT, f: sie stehen beisammen,
nehmen autheil an einander, lieben sich, und das ist in den
steinen, sogar mit einer gewissen handwerksunfähigkeit,
allerliebst ausgedrückt. Göthe 27, 63.
HANDWERKSVERWANDTER, m. einer innung angehörend:
welcher handwerksverw anter den geordneten kerzenmeistern
irer gebotten und verholten das handwerk belangend unge-
horsam were, der verfeit zu straf. Mo.ve zeitschr. f. gesch. d.
Oberrhäns 9,165 {von 1529).
HANDWERKSVOLK, n. opißcum numerus. Stieler 2387;
aber das arme volk und das ander volk, so noch übrig war
in der stad, . . und das übrige handwerksvolk füret Nebur
Adan der heubtman gefangen weg. Jerem. 52, 15.
HANDWERKSWAARE , f. waare die von den gliedern eines
handwerks gefertigt wird. Jacobsson 6, 3l'.
HANDWERKSWEIB, n.weib aus dem handwerksstande : hand-
werksweiber , bürgerstöchter sollen die nas davon lassen..
H. L. Wag.ner kindermörderin 28.
HANDWERKSWERK, n.; die höhern handwerks- und
kuTTstwerke. Herder l, 14.
HANDWERKSZEUG, n. zur ausübung eines handwerks er-
forderliches gerdthe: diese vier {maurer und zimmerleute), ihr
handwerkszeug sachte niederlegend. Göthe 23, 7. auch über-
tragen: die bücher, das handwerkszeug eines gelehrten.
H.\NDVVERKSZUNFT, f. handwerksinnung : handwerkszünfte
sodaltlia et corpora ojnßcum seu artißcum curiae Stieleh 2647.
HANDWINDE, /'. kleine winde, womit der Zimmermann zwei
hülzer die er zusammen nageln will, aneinander pressl. Jacobs-
SON 2, 209".
HANDWIRKUNG, f x^ioovoyia : das dritt buch wird eigent-
lich, klar und heiter alle handwürkung, auch das ampt der
hebammen leeren. J. Rüff trostbüchle 29*; ist er {der stein
in der blase) mit einer vvackhärtigkeit {kieselharlen Substanz)
überzogen , so kann nichts mehr helfen , dann die hand-
wirkung mit dem schnitt. Tabernaem. 563.
HANDWÖRTERBUCH, n. kleineres, bequem zu brauchendes
Wörterbuch.
H.\NDWURM, Hl., surio, cirillus {vermis quidam qui nascitur
inier cutem et carnem in fnanibus oliusis). voc. ine. Uieut. i l'.
HANDWURZEL, f. der zwischen Vorderarm und miltcUiand
{melacarpus) liegende theil des armes, die gegend wo man den
pulsschlag fühlt. Nemnich 2, 898 ; handwurzel carpus, brachiale,
jnnclura manus Stieler 751; die rechte band hält das plec-
trum fest und ragt über die saiten hin, indessen der eilen-
bogen anliegt und die handwurzel inwärts gebeugt ist. Göthe
44, 137 ; wenn er die dauinen in die ärmelausschnitte der
weste einkrempte, machte er auch mit der handwurzel und
mit jedem finger einige ecken. Heine werke 2.121; weil sie
den linienzug bis zur handwurzel verfolgen wollte, streifte
sie den rockärmel . . ein wenig zurück. Riehl cuHurgesch.
nov. 360.
431
HANDZEICHEN— HANF
HANF
432
HANDZEICHEN, n. l) diirograplium : diesen reversbrief mit
gemeioer Stadt secret besiegelt und unserm handzeichea be-
festigt. Haltaus SI5 (von 1602) ; ich hab . . sckrirt und kand-
zeichen empfungea. Luther br. 4, 532. heule ist das hand-
zeichen der namensuntcrschiift streng eulgegengeselzt ; ein iiand-
zeicheD, gewöhnlich drei kreuze, setzen ktUe die nicht schreiben
können, an stelle iJires namens unter eine Urkunde.
2) bandzeiclien heiszl auch dir vom kaiser gesendete luind-
scltuh, der als Unterpfand der kuiierliclien gewahrung gilt {vergl.
handscliub sp. 417): Ja, dasz solches des reichs wille sei,
sol der keiser sein recht bandzeichen dessen zu iirkuud auf
die statt darsenden. Haltaus 815.
HANDZEICHNEN, n. das zeichnen aus freier hand.
HANDZEICHNUNG, f.: von der vortreflichkeit der hand-
zeichnungen. Lessing II, 134; zu meinen bandzeichnungeii
{ged{chle). Göthe 3,137; hierauf brachte er eine flüchtige hand-
zeicbnung mit bleistift zu papiere. Immkhmann Münclih. 2, 54.
HANDZEUG, n. uerkzeug: leicht ist die schreihfedder, das
ist war, ist auch kein bandzeug under allen handwerken
bas zu erzeugen. Lctheh 5, 183'; denn sein handzeug ist
nicht ein rosenkranz, sondern ein blos schwert. 3,144';
1 wagen zu dem handzeug. Bückler fenegMc/i«te (l6CS) s. 273.
HANDZIPPERLELN, n. cinragra: cluragra hendzipperla Dief.
12l'; das (gliedweh) an den bänden wird das handzipperle
. . genannt. Comen. sprachenthär v. Doceiäius § 309.
HANDZIKKEL, »». kleiner einfacher zirkel, dem reiszzirkel
entgegengesetzt ; bei den schi/fszimmerleuten ein eiserner zirliel, der
an der spiize jedes fuszes einen Widerhaken hol. Jacobsson 2, 20;t';
beim stückgieszen : einen eingebogenen groszen handzirkel vun
mössing oder eisen, so man einen taster nennet, damit man
den diameter der kugeln . . abmessen kann. Böckler krieys-
schule (166S) s. 182.
HANDZÜNDER, «». stab mit lunte zum losbrenwn der kano-
nen. Eggers kriegslex. (1757) l, 1150.
HANDZWEHLE, f \)handtuch. ahd. hantdwahila, handdualla,
baodwehel Graff 5, 268 ; mlui. hanttwehele, bantwei ; gausa-
pium hantzwehel, hantzwechel, hantwci, hantdwele Dief. 258' ;
manutergium hantdueie, hantweule, hantzweile, bantzwahel
348', mappa banttwel, hantzwehel 348'; mantile , ein haiidl-
zwehel Serranus dict. ol'; mantik, iiandzwehel, servettin, hand-
tuch GoLii onomasl. 1582 319; eines tages die weiszen han-
tweheln an dj fenster leget. Stei.mi üwel fiocc. 193,33; bände
ym ein bandtzwebel under die beide arm. Gersüork feldb. d.
wundarzn. 54; aber es gilt hie fragens, nach diesem dritten
'Stück, ob es gult also gehciszen und geordnet habe, das
du sollest greifen an einem stiel am heil oder axt, oder
handzwebel , das alsdenn die kuhe müsse milch geben.
Luther 6, 2St'; wer dem andern zuerst die bend under dj
bäulein (am handfasse, zum wasclien der bände vor tische) stosz,
die handzwebl halt. Garg. 45'; dann er trug es (ein giirtel) auf
die bandzwelen art, wie es die türken tragen. 117'; der fürst
aus Caramania bat ihm die bandtzweelen gereicht. Fronsp.
3,294'; sy nain eilentz ein bandzwehlen, wand die uinb den
köpf. WiCRRAM rullw. 76,17 Kurz; risz er ir die handzwehcl
vom köpf. 77, 7; hierauf verbanden sie mir den köpf mit einer
bandzweil. Simpl. l, 128 Kurz; legt die handzwelle um (zum
rasieren). Hebel schwanke des rhein. hausfreundes (lS39) 2,48;
mit handlzweheln in backdroi; buiideii.
H. Sachs 3, 3, 75'.
auf dem Vogelsberge ist die volksmaszige form hanspel ; vergl.
auch handqueble ip. 4tl. Maaler hat das dim. das baiid-
zwäbele manliU 212*.
2) mit bandzweble wird auch ein lliril der prieslerlichen klei-
dung bezeichnet: manipula banlfan , handstull , hantzwehel
Dier. 347*; manipeln oder heilige bandzwelen und chorrock.
Fisch ART btenk. 20*.
HANEN, verb. wie ein esel schreien. Nemkich; banen, dj ist
schreien wie ein csel, rudere Maalf,r 212*.
HANF, cannahis. ahd. banaf, banif, haniif, mhd. huncf;
n/. bam|i, heniiep; «ji. banep, hilnep, eng/, henip; a//n. banpr,
nhwed. hampa, diin. hamp. w wird jetzt liemltch allgemein ange-
nommen, dost banf ein lehnwort am dem grieck lal. xävt'nßti,
cannabis sei , welche formen selbst nicht auf einheimischen Ur-
sprung deuten und mit der pßanie aus dem Orient eingewandert
sein mngen. hat nun deulseiierseils eine enllehnung .stattgefunden,
so muss diese sehr früh erfolgt sein , da das wart der laniver-
sdnebung unlerworjen ward und gleichmäsiig über alte deuitchen
ijial-n- i-i VT ■,' tir .shtrisrhrn : altflar. konopljr, bohm.
konop^, poln. konop , litt, kanap^, lell, kanjepes) verbreitet
ist. — banf liat nur selten und erst neuerdings einen plural, in
der bedeulung hanfarten, entwickelt : der frage nach feinen hän-
fen konnte nicht genügt werden. Weserzeitg. 1859.
Das wort bedeutet
1) die hanfpflanze, cannabis saliva , die in den kurzen, zar-
tem, keinen samen tragenden männlichen banf, und den hoher
aufwachsenden weihlichen banf mit Samenkapseln zerfallt, das
Volk dreht aber dies Verhältnis um, seiner anscbauung nach ist
vielmehr der kürzere hanf weihlich, der längere männlich, und es
nennt den erslern fimniel (3,1638), hanfbinne, hanfhenne,
häntin, den letzteren mäschel. hanfbuhr, banfhahn , bänlling.
der hanf wird gesäet, gerauft, gerostet, gedarrt, gebrecht,
geschwungen, gehechelt ; über alles, was mit dem hanf vorge-
nommen wird, gibt eine drollige Schilderung Simpl. 2, 176 — 179
kurz, der kurze männliche hanf musz eher als der weibliche
stengelu'cise aus den hanßeeten gezogen, mit dem kunstausdrucke
geflmmelt werden: hanirinilcn, hunf auszziehen. Maaler 212';
dieses ßmmeln geschieht mtl einem cigenlkümkchen , durch dau-
men und zeige fingei- bewirkten handgriffe, auf den ein mhd. dicIUer
anspielt :
wil sich einer in dem hanfe iht siimen,
der bed.arr zer rehien hant des tiinien.
Mü. Ilaijen 2, 78', 1.
zur bewahrung des hanfackers vor vögeln, die den samen gieng
vei zehren, steht daselbst eine Vogelscheuche, der bulze (2,588):
wan man hanf segt, so steckt man einen butzen in acker,
den macht man in ein gestall eins menschen, und ist doch
von strow oder anderni ding gemacht, wenn denn dye vogel
den soinen essen went, so sehent sye den hanfbulzen, so
tlihenl sie lerr rfo von. Keisersberg 6»7j. lüo'; daher: lürch-
lestu dich für den putzen in dem hanf, so friszt er dich,
füichleslu dich nicht, so thut er dir nichts. Luther 1,514'.
der gerauße (geerntele) hunf wird in bündeln (stauchen) hii^ den
Samenkapseln nach oben zum welken auf dem ucker aufgestellt,
nicht ohne dasz der rachliche same die vogel anlockt, bildlich ist
daher von einem, der sirlis an einem orte gefallen laszl, gesagt :
er sitzt wie der vogel im hanfe, oder kurzer: er sitzt im hanfe
(vgl. auch hanfsamc). auch noch eine andere weit verbreitete
redensart hat von hier aus ihren Ursprung: vögel gehen ojl tief
tn die hunfbündel , um des samens habhaft su werden; werden
sie plötzlich aufgescheuclU, so bleiben sie, am auffluge geliemmt,
darin hangen: datier er kann sich nicht aus dem hanfe lin-
den , von einem der aus veitcickelter läge sich nicht heraus zu
finden weisz : du lieber gott. wie viel mahl musz er bei lich-
ter und Schoppen seine drei heller init dazu gehen {ein wort
drein reden), wenn sie sich nicht aus dem häufe finden kön-
nen. Schock sind. leb. Diij; er wusle sich nicht aus dem
hanfe zu finden, reime dich 22; ohne das franzosische wird
man sich schwerlich aus dem hanfe finden. Lessing 7, 126.
in Üüringen .tagt man auch von einem der schlaftrunken noch
kein klares bewusztscm von sich hat: er kann sich nicht aus
dem hanfe fitzen.
2) die aus der lianfpflanze gewonnenen fasern, die gesponnen
und zu gewcben , stricken, zwirn verwandt werden: hanf, die
fasern einer einjährigen pflanze , cannahis saliva. Schedel
waarenlex. 1,497*; aus dein hanfe macht man tucb .. femer
allerhand seile, stricke, stränge, leinen, öcon. lex. 923; da
hechelte man erstlich den gruben kiider, fulgends den spinn-
hanf und zuletzt den schlechlen hanf von mir hinweg, bisz
ich endlich als ein zarter haut' und feines kaufniannsgul
gelobt und zum verkauf zierlich gestrichen , eingepackt und
in einen fenchlcn keller gelegt ward, dainil ich im angriff
desto linder und am gewicht desto schwerer sein solle.
Simpl. 2,179. spricliwörtltches : wir zwei halten jetzt immer
zusammen wie banf und harz. Felder Summamüllers 230;
ich danke dir, Schwester ! du iaiinsl mehr als haut spin-
nen ; du hast einen faden gedreht , diesen paradiesvogel zu
fesseln. Gothe 8, 44. bezuiiltrh des aus hanf gedrelUen tum
henken dienenden stricks heisit es sciteizeiid: iler hanf isl dies
Jahr wohl geialhen, dasz ein strick zum henken nicht viel
kostet. Hehel schatikäsU. (1850) s. 161 ;
das mmi sie Iffitt Türm hellen hunfh
am Kruneii bntini im liHiit i^maurii.
ü. i(iM.nAi.t< /. wahrh. 48,
rheinisch am hanf sterben, im hanf verstricken. Kehrfi.'« l'i.s;
miincher ictiad int nicht lu heilen ilurcli die krtiiier aller well;
banf hat viel veriweireli liokvi gut gmiachi und abgeilelli.
LocAU 2, 191. 78.
433
HAKFACKER — HAXFEN
HÄNFEN— HANFLEINWAND
434
3) der same der hanfpfianze: den hanf fressen die vögel,
cannabim ares edunt Stei.nbach 1, 694 ; da diesen h. geistes-
tauben {den schultndnnern) und den poetischen Singvögeln
(den dicldem) wenig hanf auf die hanfmühle aufgeschüttet
wird {d. h. sie schlecht honoriert werden). J. Paol biogr. bei. 1, 144.
4) verschiedene hanfähnliche pflanzen führen ebenfalls den
namen hanf: acnida der virginische hanf >'eji;«ich 1,49; ga-
leopsis letrahil wilder hanf 3, 14 ; ieucrium chatnaepitys wilder
hanf 4. 1449 ; canapus silcalicus wilde hanf Dief. 94*.
HANFACKER, ct.: das merkten wir gleich, dasz es ein
trefflicher, fruchtbarer erdboden sein müste, weil alles vor
uns gleichsam so dick wie ein hanfacker mit haschen und
bäumen bewachsen war. Simpl. 2, 222 Kurz.
HANFAGE.N, f. spreu die durch das breclien, schwingen und
hecheln des hanfes entfällt, öcon. lex. 924.
HANFBAHR, m. der vom roUie als männlich aufyefaszie,
eigentlich aber weibliche hanf (s. sp. 432) : in der mark Branden-
burg heiszt der erste (der saathanf) hanfhahn oder hanfljahr.
Jacobssos 2, 209*. bahr ist nichts als das sonst unter der form
bär, beier, behr, ber (1,1124. 1368. 14S5) vorkommende mhd.
ber, engl, boar e6er, hier zur bezödmung einer männlidten
pflanze verwendet,
HANFBAU, CT.; der hanfbau ist fünfzig jähr in hiesigen
gegenden alt, und gleichwohl jetzt schon überall, wo es nur
möglich ist, gemein. Mösta patr. phant. 1 (1798) 221.
HANFBAUER. m. der hanf baut.
HANFBEET. n. beet worauf hanf sUht.
HANFBEREITER, m. der aus den hanfstengeln die hanffasern
zu gewerbliclien zwecken bereitet: darauf wurden wir {hanf-
stengel\ von unseren bauren einem hänfer oder hanfbereiter
um den sechsten gewinn verkauft. Simpl* 2, 178 Kurz.
HANFBIN.NE, f der kleine, nicht samen tragende, vom volke
als weiblich genommene hanf, in der mark Brandenburg. Jacobs-
sox 2, 209*. die form ist nur eine verhoehdeulschung des niederd.
hämpinne, vgl. hänfin.
HANFBIR.NE, f. eine birnenart, pirutn canabimtm. Stieles 167.
H.\NFBLEUEL, m. schlaget womit der hanf geklopft wird:
hanfplüwel stuparius, malleus Maaler 212*.
HANFBOSZE, m. und f hanßündel, vgl. flachsbosze: der
hanfboszen , hanfburdinen manipulus canabeus Maaler 212' ;
als er {ein seiler) mich anstelt, kond ich kum den hanfposzen
ulThenkea und vast wenig träien. Th. Platter {Basel 1S40) s. 52.
HANFBRECHE, f. hölzernes gerate zum brechen des hanfes.
HANFBÜNDEL, n. bündel hanfes.
HANFBCSCHEL, n. dasselbe.
HANFBCTZE, m. Vogelscheuche die in den hanfacker gestellt
wird (s. hanf 1 5p. 432): walgert sich allenthalben in den
federn, dasz er sähe wie ein hanfbutz. Fbey jar/eng. 3 ; hand-
ien von dem tod so gar schimpDich, als were der tod nichts
mehr denn ein hanfpotzen. Lltheb 6, 249'. bildlich : dz sind
die hanfbutzen , die die andern machen ab dem weg gottes
fliehen, so sye inen das gut exempel entziehen. Keisersbebg
bilg. 160*; es ist, gott lob und dank, des hanfpotzens zu
Rom furcht und scheu ein mal weniger worden. Luther
1,501*; aber sind der zeit, das solche Irenei und Hieronymi
nicht mehr gewest . hat der teufel seinen rattenkünig und
hanfputzen so hoch erhöhet. 6,493*; so wolle ich mich für
solchen hanfputzen nicht fürchten, br. 5. 54.
HANFDARRE, f. gebäude zum dörren des hanfes. vcon. lex.
692. in Würlemberg heiszt es auch hanfdürrhaus.
HANFEIBISCH, m. althea cannabina. Neümch 1,206.
HÄNFEN, HÄNFEN, adj. aus hanf gemadd , ahd. hanafln,
mhd. hänfin, henfln ; canapeius hänfen Dief. 94'; henfin ca-
nabeus voc. ine. Iheut. i i ; hänfin seil , aus hanf gemacht,
torta eannabis , funis eunnabinus .Maaler 205*; sein junges
weih aber spanne hänfen tratgarn. &mp/. 3, 402 Kurz; hänfne
feuereimer, lianfne schlauche. Jacobsso.v 6, 32'; und gekürzt:
canabinus henfe Dief. 94'; streich es {das eidotter) auf eine
reisten hanfes werke, und legs auf die mandtln. Houberg
1,275';
pflag den leuten die schuhe zu flicken,
mit holz und benfen drat zu sticken.
B. Walbis Esop 4, 82, 22;
Tor solchen (Sirenen) krümmte sich UIjsz in hänfnen banden.
GÖTHX il, 121.
hänfene kleider, ein zeictun der armul:
si (die bnuern) truegen auch . .
ain kittl haiileiu
und ein joppen leineiri. fastn. sp. 440, 11;
IV. II.
es {da^ rollsaufen) macht täsch, Speicher, keller lehr . .
gibt häiilin kleider, böse schuh,
Verachtung und viel spoll dazu. Risüwaijj /. louAr/i. 70.
zaltlreidi ist die anwendung des adjectivs in fügungen , die den
strick zum henken scherzhaft umsciireiben : mit einem hänüueii
kragen zieren und an ihre allerbeste halse anhängen lassen.
Simpl. 1,407 Kurz; musten darum das panem propler deuiii
singen, wollen sie entweder weiters fortkommen, und die
händne kragen vermeiden, wiszbud. wisenbr. 34; an einer
hänfinen holzbirn erworgen, laqiteo cannabino suffocari Stieleb
759 (vergL unten hängelbeere) ; hantln halsband bekommen,
strangulari cannabe torta das. ; daher kompts dasz . . man . .
ihnen mit der truinmel zu einer recht häffnen (/. hänfnen)
bratwurst zu gast rufet. Simpl. 1685 1, 225 ; als ihm dieser
[der henker) das hänfene halsband hatte angelegt. Hebel
schatzkdsll. (1859) s. 209 ;
auch so Ist mir ein bruder gstorben,
an diser hänfen sucht verdorben. H. Sachs 5, 3öl';
das ich drab auf eim beafea pferdt. 3, 3, 29*;
thu auf eim hänfen ross herreiten. 5,35t*;
durch ein hänfenes fenster sehen, gehenkt werden : den fein-
den heimlich nachsteilen kan nicht fehlen , es sehe dann
einer durch ein hänfen fenster und besteck drinnen. Fischart
groszm. 56; etliche beiszen sich auch, wenus von ihnen aus-
kompt, mit den achseln durch ein hänfen fenster. Kirchhof
miL diso. 121 ; dann es geschiehet nicht wenig, dasz der je-
nige, der gankerle gank spielen und durch das heufene
fenster sehen soll , macht ein amor mit herrn Johann des
oberrichters magd {und kommt dadurdi vom strick frei). Schl'P-
pics 531 ;
hoch in der luft ins ewig Hecht
gar schlimm durchs hänfen fenster sieht.
B. RiSGWAU) l. tcahrh. S7.
HÄNFER, «1.; einem hänfer oder hanfbereiter. Simpl. 2,
178 A'urs; mein gewesener herr, der hänfer. 180.
HANFERZ. n. asbest.
HANFFASFR, /■. faser des hanfes.
HANFFELD, n.: an der Oise finden sich viele hanffelder.
arbeiterfreund 1S68 s. 133.
HANFFINKE, m. fringilla cannabina, h/Jnfling: canapeus
hanfvink Dief. 94*; flachsfing, leinfing, hänfefing, steckfing
linaria He.msch 1096.
HANFFLUCHET, m. oder n. hanfernte: ilem inn der ern,
und iine houwet, und im hanffiuchet, so mag einer wol über
ein leren acker varen. weisth. l, 419.
HANFGARN, n. aus hanf gesponnenes. Jacobssojj 2, 210*.
HANFGARTEN, m. canibetum, locus ubi crescit canabis. voc.
ine. theut. i 1.
HANFGEBUTZT, par(. von dem aussehen eines hanßidzen
(sp. 433) : gleich wie solche hanfgebutzle apoteckergeschirr
und weinbüchsen von auszen häszlich und gresziich uber-
ausz scheinen, und doch zu innerst mit herrlichem schleck
und confect seind geschicket und gespicket. Garg. 19*.
HANFGERUCH, m.: hat derselbe (hanf) jedoch den natür-
lichen starken hanfgeruch , so ist es ein beweis . . dasz er
frisch und nicht abgelegen und nur ein jähr alt ist. Schedel
waarenlex. l, 498*.
HANFHAHN, m. die vom volke als mdnnlidi angeseltene,
samen tragende hanfpflanze.
HANFHEDE, f. der grobe vertcorrene abfall von hanf, welcher
beim liecheln desselben an der hechel hangen bleibt, hanfwerg.
Schedel waarenlex. 1, 503*.
HANFHEN.NE, f. die nicht samen tragende, kleinere hanfpflanze.
HÄNFIN, f eben dasselbe.
HANFKORN, n. Samenkorn des hanfes: wer alltäglich drei
oder vier hanfkörner nüchtern verschluckt, soll für der pest
sicher und bewahrt sein. öcon. lex. 924.
H.\NFKRAL*T, n. l) kraut, blätter der hanfpflanze: so sie-
den auch die fischer das hanfkraut im wasser, und gieszen
nachher das gesottene wasser an die örter, wo die regen-
würraer sich aufhalten , die dadurch aus der erde henor
kriechen und alsdenn zur fischerei gebrauchet werden können,
öcon. lex. 924.
2) hanfkraut, antirrhinum linaria. Nehnich 1,359; hanfkraut
cannabina, wasserhanfkraut cannabina aqualica Frisch 1,413*.
HANFLAND , n. land worauf hanf gebaut werden kann oder
gebaut wird, cannahclum. Kirsch cornuc.
HANFLEINWAND , f. aus Itänfenem garn bereitete leinwand.
Jacobsso:i 2, 210*.
28
435
HAINi-LiG — liA.MZ\\ UL\
'HANG
436
HÄ^FLiG, i. liämpflig und handvollig.
HÄNFLING, «1. 1) fringilla cannabina, auch hänfciiing, in
Baierii henfel, iiäiitclein, ferner Lanffinke, hanfvogel genannt:
ranapeus hanfeling, henOing, henflig, henillein. Dikf. 94';
belangend den hänfling, so ist derselbe von färbe grau-
sprenglicbt , eines schönen gesanges , ist mit der flöte zu
allerband liedern zu gewübnen. Göchhausen nol. venator.
(1741) 5. 116;
der Strauch der heimat, welcher des hauflings ncüt
mit kühlung deckte. Mattuison ged. (17t)4) s. 97;
lieblicher preifst du im ernst als hänriinge. Voss Idyll. 17, 1.
»
2) bänfling, wie banfhabn, der samen tragende hanf, Nehnicu.
HANFMANN, n. eine sclimarolzerpfjanze , orobaiivhc major,
auch banfmannchen. Nehnicu 4, 796.
HANFMEISE, f. eine «imenar/, parus palustris.
HANFMCHLE, f. mühle zum quetschen des hanfsamens. Jacobs-
soN 2, 210". J. Padl biogr. belusl. 1, 144.
HANFNESSEL, f. galeopsis: gelbe hanfnessel galeapsts ga-
Icobdolon, rolbe banfnessel gakopsis ladanum Nemnich 3, 14.
HANFÖL, n. aus hanf samen gezogenes öl.
HANFl'APIER, «. aus hanffasern gefertigt, jetzt häußg für
das papiergeld verwendet.
HANFPAPPEL, f. die wilde malve, malva sylvestris.
HANFRÄZE, f. pfuhl in den die hanfstengel zum räsz wer-
den, anfaulen gelegt werden: darauf hätte das mannlein ge-
beten, er solle ihm nur erlauben, in seiner banfräzen zu
schlafen. Simpl. 1,47 Kurz; auf solche verwilligung hätte sich
das mannlein in gegenwurt des bauren in die banfräzen be-
geben , und zwischen das binzecht grasgewäcbs im wasser
und morast hineingewühlet wie ein frosch. das. Maaler hol
die form die hanfrosz,. darin man den hanf rötzt und ein-
legt. 212'. vgl. auch rösten.
HANFSAAT , f. : banfsaat . . kommt in menge aus allen
gegendcn, welche hanf anbauen, zum handeL Scbedei waarenlex.
i, 504*.
HANFSAME, m.: ein bette {beel) mit banfsomen oder mit
loucbe segen. weisth. 4, HS ; in dem dorf Goldscheur . . von
welchem ort man sagt, dasz der beste banfsamen in der
weit wachse. Simpl. 2,176 Kurz; da auch der hanfsame wel-
cher dort fällt, .. einen hanf liefert, der unendlich feiner
und seidenhafter verarbeitet werden kann als aller übriger.
Moser patr. phant.2 (1798) 126. sprichwörtlich: dann bist du
geborgen und kannst leben wie ein vögelchen im banfsamen.
J. W. Wolf deutsche mdrchen u. sagen 22.
HANFSCHAÜER, m. obrigkeitlich bestellter sachverständiger zur
prüfung des zum verkaufe ausyebotenen hanfes. Simpl. 2, 180 Kurz.
HANFSCHWINGE, /. gerät zum sdiwingen des hanfes. mhd.
hanifswinge:
langet swert alsam ein hanifswinge,
daj treit er allej umbe. Keiduart 59, 10.
HANFSEIL, n. funis cannabinus, tomex. Kirsch cornuc.
HANFSPINNERIN, f. Stikler 2091.
HANFSTAUCHE, f. hanfbündel.
HANFSTENGEL, m. scapus cannabaceus: hanfslängel Stie-
ler 2134; einen hohen stolzen hanfstengel. Simpl. 2, \1V, Kurz.
HANFSTRICK, m. aus hanf verfertigter strick: schuhe von
geflochtenen hanfstricken. Reckers weltgesch. 7, 54.
HA.NFSIJPPE, f. suppe aus hanfkörnern: hanifsuppcn : 6 pfd.
banif, 3 masz wein, l semel, öpfel darein gestoszen, es/ig,
ein wenig gilbt. Tegernseer kochbüchl., Geim. 9, 2u2. bildlich
hanfsuppe essen sich erhangen :
•ie fand ihn an eim kübRtrick hangen,
hanrsuppen eitsn war :iein vcrlaoL'en.
KoBNER Itiitur. vuUu.t. 255 [von 1583).
HANFTUCH, n. hanfleinwand. Schedei. waar'enlex. 1, 5ü3'.
HANFVOGEL, m. h'infting: hanfvogel oder heufling cono-
beus, est nomen avis. vuc. ine. theut. i 1.
HA.NFWASSER, n. von hanf destiUtertes wasser. Frisch 1,413*.
HANFWEIDF;, /. Salix vimimiUs, auch korbweide., lange haar-
weide , groize flachtweide , wegen ilirer langen biegsamen geilen.
Nkmmcii 4,1203.
HANFWEHG, -WERK, n. das beim hecheln des Hanfes ent-
faller,'.- ' -tnrr, hanfhede : darnach niinb ein hanfw<'rk.
StTi .72; hanfwerg Jacobsson ti, 32*.
Ha - . l.H, m. eine dem hanfe nachllieUige sclimnmt-r,-
pflanxe, orobanclie major. Nümmicu 4, 7U0.
UANF'ZWIRN, m. aus hanf gedrditer zwirn.
HANG, m. in mehrfachem sinne.
1) abiiolut gcbraucld, das hangen, angefuingt sein bezeichnend,
im späten mhd. durch Wolkensteins sein (Christi) kreutzlich
liangk wb. 1, 611*, gewährt, ist selten und wird von Stieler auf
eng verbundene personen bezogen: es ist alles ein bang, omnes
iii unum conspirant , mirifice uniti sunt. 760; daher noch bei
Gotter: ich weisz nfcht, ob ibr mehr gehört habt, wie
Vetter Adrian zu seiner frau gekommen ist. es war so ein
aller hang, scliausp. (l795) s. 222. — Bei Schriftstellern des 17.
jahrh. gelU bang in der redensarl es bat einen hang in die he-
dcutung des hindernisses über, eine redensaii die gleich mü es liat
einen haken (sp. 179), oder es haftet (sj). 135) gebraucht wirdf
daran bat es einen hang, das der Schönheit (deines leibes)
deine sitteu gar nicht gleichen. Butscuky kanzl. 477 ;
zwar viel vergaiTen sich in die galanterie . . .
jedoch worern dabei das beste stücke fehlt,
wenn sich galanterie mit tugend niclit vermählt,
da hat es einen hang, und wer sich so vergebt,
den macht die jungefrau in kurzer zeit labet.
PaiLAND£R V. o. LiNDK verm. ged. (1710) s. b3.
2) häufiger wird hang mü bestimmendem zusatze verwendet.
o) aucli liier kann, nach der wähl des Zusatzes, die bedeutung
des ruhigen hangens gewahrt bleiben: docli dieser senkrechte
hang der arme, dieser geschlossene stand der beine , war
nicht den aegyptischen gottheiten besonders, sondern ihren
menschlichen liguren überhaupt gemein. Lessing U, 149 ;
da kam
der gute vater selbst gegangen und
0 welche Creuden, welch ein wetlelauf
der mutier und der töchter, welch ein hang
an seinem hals, an seinem herzen 1 Gleim 0, 175.
b) ein zusatz der richlung gibt dem warte die mehr thätige be-
deutung des hinwendens, der neigung, die in der folgenden stelle
Wielands zwar noch weniger hervortritt:
und die erinnerung, dasz weder lust noch schmerz
euch je vom treuen hang an eure pflicht geschieden.
Uberon 9, 31 ;
dann aber prägnant erscheint, wenn nach, hin, gegen verbun-
den wird: der pfähl ist nicht gerade eingerammt, er bat
einen bang gegen die linke seile; die sache bat den hang
dahin , res eo inclinat. Steinbach 1, 695 ; die anziehung der
sonne zieht sowohl den östlichen als den westlichen theil
der erdkugel und verursacht dadurch keinen hang weder nach
der einen, noch der andern seile. Kant 8, 211.
3) an diese letztere bedeutung knüpft sicli, aber erst seil dem
vorigen Jahrhundert nachweisbar, die veiwendung von bang für
eine dauernde seelische neigung, trieb, an: unter einem bang
(propensio) verstehe ich den subjecliven grund der möglitih-
keit einer neigung (habituellen begierde), sofern sie für die
menschheit überhaupt zufällig ist. Kant 6,188; einer neigung
(eheliche liebe) die so viel einflusz in die bürgerliche tugend
hat, und ohne welche das menschliche herz leicht einen
bang zur traurigkeit und zum eigenwillen annünmt. Gellert
7,204; er .. hatte geschmack und einen natürlichen hang
zimi überflüssigen. Moser pa(r. phanl. 1 (1798) 47 ; dieser all-
gemeine hang (reich zu werden), s. 169 ; der bang zum leben.
Götter 2, 7 ; ihr auszeichnender hang ist, sich zum wciber-
advocaten aufzuwerfen. 3, 23 ; dein hang nach wollust. Klincer
3, 274; du hast doch immer einen kleinen hang zur schwcr-
muth. TiECK 2, 277; ein sonderbares ereignis vor seiner ge-
hurt mochte ihm die bei so wenigen erfolgen sonst uu be-
greifliche neigung (zur jagd) wie ein maal aufgedrückt haben,
wenigstens hielt er selbst dafür, dasz aus dieser Signatur
der bang abzuleiten sei. Immermann Munchh. 1,156; eujen-
thümlicli sagt Göthe: mir den hang und gang dieses auszcr-
ordcntlichen geisles (Hamanns) begreiflich zu machen. 25, 307 ;
schlaf immerhin die erste seit des lebens!
dir gab die ginigo naiur
den BÜ6zen hang '»r ruhe nicht vargebeus. Oottkr 1,172;
drum rühm ich kuiistlor, fursttMi, friiuii und weise,
dem zuge folgend eines groszoii hange«. Platkn 102.
I>ie anwendung von hang geschielU von hier aus auch freier : ein
andrer fehler ist, dasz ich .. mir erst jede sache nach ihrer
möglichkeit vorgestellcl , und sidclie hernach zu iiaiise >ii-l-
Icicbt nicht mit genügsamer nnparlheilichkril gegen die be-
weise grprilffl habe, daher kann einige.s einen scheinbaren
hang nach der liyp(»lhese behahcn haben. Mose« osn. grich.
1 (1798) rorr. 4. h; wuidc manchen jungen künsller anweisen
können, srine aufmerksamkeil dahin zu wenden, wohin der
437
HANG — HÄNGE
HÄNGE — HÄNGEGARN
438
hang der moden, des geschmacks, des eigensinns und der
Staatsbedürfnisse mit einem nur scharfen äugen einleuchten-
den blicke winket, patr. pliant. 1, 66; Moses hatte vorherge-
sehen . . dasz alle bürgerlichen Verfassungen zuletzt dahinaus-
laufen , dasz die menge ein opfer weniger mächtigen wird,
diesem fehlerhaften aber unwiderstehlichen hange setzte er
sein gioszes erlaszjahr entgegen, s. 144; ein natürlicher hang
der materie. Kam S, 225; nimmt man den selbständigen stoff
an, so ist ersichtlich, dasz seine existenzforra entweder die
ruhe oder die bewegung sein musz. aber keiner vou beiden
zuständen stammt aus seiner natur, denn in solchem falle
würde er zu dem einen oder andern mehr hang baben. ev.
kirchenzeitg. 1S66 s. 671.
4) hang für einen hangenden gegenständ, trie er in den zu-
sammetiselzungen anhang, behäng, Umhang, Vorhang seil alleren
Zeilen erscheint, kann gleichuot als einzelwort nicht belegt werden.
dei\n in den Verbindungen hang eines herges, eines felsen, die
(neben abhang) seit dem vorigen jaltrh. häufig erscheinen, verstand
man zufrühesl niciU den hangenden theil eines bcrges, sondern,
an die bedeutung 1 angeschlossen, die eigenschaß des überhangens,
abhängende läge: devexitas, hangung, abschusz, ein hang un-
terwärts Kirsch cornuc. ; der hang eines ortes loci devexitas
Steinbach 1, 695. erst von hier aus wird hang auf die stelle
gncendet , die eine solche eigenschafl zeigt, das bis jetzt früheste
bei^nel hat Fbisch 1, 415' aus Hackmann de jure aggerum {er-
schien 1690) : der hang oder hank am teich oder deich, das
alihängige thei! am auszenteich, oder an der seile gegen die
see, deäite aggeris versus tnare, vel /luvium. seil der mitte des
vor. jahrh. ist hang t« diesem sinne ein lieblingswort namentlich
der norddeutschen dichter geworden, denen das alle aber meiir in
büddeutschland lebende halde (sp. 221) niemals ganz gerecht ward:
einen wanderer der an Golgathas hange
furchtsam hinabstieg. Klopstock 4, 110,-
er sasz an dem hange des feisen. 4, 167;
des Weges gewendete krUmmungen zeigten
seitwärts jetzo den schattenden hang. 5, 26ö;
wie ein quell von dem hange sich bingieszt. 6, 121;
an dem schwindelnden hang, den verderben umringt,
an des abgrunds nacht, »taunten, schauerten wir nicht.
257;
als unvermerkt ein sanft absteigender hang
sie aus dem waid in eine gegend brachte,
wo Anti^eladon auf einmal halte machte. Wielasd 5, 68;
des baches silber, welches vom sanften bang
des hügels murmelnd zwischen vielen rinnt. Stolberg 1,4;
an dem hange des felsen lag
der völkerdränger Karl mit starrendem arm. 1, 88;
am bebuschten hang, wie sonnig
lagen wir auf moosT Voss 5, 220;
von der klippe grüubewachsenem hange
lauscht ich dem gesang. Fr. Mcller 2,310;
wie er tritt an des felsen hang. Schiller 63,
die quelle springt, vereinigt stürzen bäche,
und schon sind Schluchten, hänge, matten grün.
GöTBE 4,281 (41, 225);
an jenes felsens andrer seile liegt,
am grünen hang, ein artig haus versteckt. 9,249;
hier erheben sich klippen mit zackigem hang. Odyssee 12,59;
er spielt mit hirten an des hügels hang.
Armdt ged. (1840) 192;
wo auf sonnenfrohen hängen
die tokajertraube lacht. Lknac neue ged. 24;
ritt so eilig als der boden erlaubte, den wüsten steinigen
bang hinunter. Göthe 15,313; am fusze des steilen banges
einplingen uns zwei fühier. 28,30; am hang des Ettersber-
ges. an frau v. Slän 1,10; die Donau, hier noch als ein
verheerender bergstrom über die hochtläche brausend, be-
nagt die felsenlosen sandhügel , dass sie zu steilen hängen
abstürzen. Riehl culturgesch. nov. 41S.
HANG.\MPEL, HÄINGAMPEL, /. lychnus pensilis. Stieler 496.
HA.NGBLATT, «. cyanella, mit der meerzwiebel verwandle
l'/lanze. Nehnkh 2, 1334.
HANGDRÜSLICHT, adj. mü hangenden, weil ausgebildeten
drusen (s. drflse 1, /ft. 2, 1458):
des wurd die gaijz elend und mager
bangdrüszlet, laogseitet und hager. H. Sachs 2, 4, 65';
dürrpackei, hangdrOselt und gani bager. 17'.
HÄNGE, f. 1) rill hangendes gerM zum außewahren von
tspeisen und wntschaßsycrät , z. b. in kelierhänge {5. .MS), ein
~ derartiges -;.'■.'' .-.,. „„ d„, seitenwänden des kellers hängt;
sckveiz. hänki, henki, gerüst von seilen, kllen, woran man z.b.
iPäsclie lidngt. Stalder 2, 20. auch in zimmern ist eine ähnliche
zierliehe hänge zum dranhängen voti kleidern , schlüsseln, ange-
bracht, s. kleiderhänge 5,1080; schlüsselhänge.
2) in ^'iederdeutschland ist hänge der haken, worin die thür
hängt, thürangel. brem. wb. 2, 590 ; hierher gehört wol als formel-
hafte redensart: da hat sich eine solche freude und solches
jauchzen in der statt erhoben, als were sie gleichsam ausz
ihren schranken und hengen auszgeboben. Rein, fuchs (Rostock
1650) s. 421. — hänge auch die schliesze eines buches. Schütze 2, 100.
3) hänge in Baiem , die schiefe, abhängige fläche des bodens,
abhang, bergliang: die heng Schm. 2,213; der beste platz "ur
anluderung (der fuchse) ist eine kesselartige verliefung in
einem vorholze, die einen fi^eien grund und niedrig bewach-
sene hängen hat. v. Tbüngex waidmanns practica 126. die
folgende stelle läszl ungewis, ob hänge oder hang (4 sp. 437)
vorliegt, ßr ersleres spriciU der unisland, dasz hänge, wie eben
gezeigt, jägerwort ist: e^ füget sich sehr oftmals, dasz ein
weidemann wegen hängen oder dickungen ein thier . . nicht
ansichtig werden kan. Güchbalsen not. i-en. (1741) s. 263.
4) hange, ohne umlaul, hciszt auch der dürre getrocknete, am
schwänz noch zusammenhängende stock- oder klippftsch. Schütze
2, 100.
HANGEBACKE, f. herabhangende backe, entweder weil sie fett
oder auch weil sie schlaff ist : ein feister mensch mit hänge-
backen.
HANGEBANK, f. 1) die beiden langen höher des obersten
geviers eines treibsclmchles, über welchen die kübel ein- und aus-
gelidngt werden. J.acobssox 2,210"; datier auch allgemeiner mün-
dung eines scliachles. Gätschmann 40. wenn etwas aus der grübe
ist, so heiszt es, es ist über die hengebank. min. lex. 293*;
wird jemand das eigenthutn an einer zeche streitig gemacht, so
kann ihm doch das erz nicht mehr entzogen werden, was alle-
bereit über die hengebank und also zu tage ausgefördert.
das.; weil aber die Ordnung den gewerken zuerkent, da sie
in andern zechen one gfar ertz hawen, so es über die beng-
bank zu tag ausz kompt. Mathes. Sar. 2l'.
2) eine an der wand befestigt bank, welche aufgeklappt werden
kann. Adelcsg.
HÄNGEBäUCH, m. dicker herabhangender bauch: ein aller
dicker herr mit einem hängebauche. bei pferden auch kuh-
bauch, schleppbauch genannt. Nemnich.
HANGEBAUM, m. bawn der nicht mehr fest in der erde steltl.
überhängt, in der lex Burgund. arhor jacentiva: so hatten die
freigrafen ihre hängebäume, und ihre gerichtsfrohne die
eichein und das laub davon, ohnerachtet sie auf eines an-
dern gründe standen. Moser patr. phant. 2 (179S) s. 338. ein
solcher bäum kam sonst dem förster zu. rechisalt. 513.
HÄNGEBETT, n. hangendes beU ; bei J. Paul scherzhaß für
galgen: diese freitreppe (läler) zum hängebette. kom. anhang
z. Tit. 2,42.
HÄNGEBIRKE, f. betula alba ramis propendentibus. «/. hang-
berken :
umschattet rings von erl und hängebirk und hülst.
Schmidt von Werneuchen atm. 1802 s.V2i,
flattert drüber, hängebirken,
dämpft den tag umher durch laub. Sxus 127.
s. hangelbirke.
HÄ.NGEBOLZ, m. der unter jedem sckaße des wd>stuhls an
zwei schnüren hängende stob, dazu dienend, dasz der fuszschemel
beim treten den schafl gleichmäszig hinabziehe. Jacobsson 2, 210*.
HÄNGEBRÜCKE, f. frei zwischen den endpfeilern hängende
brücke.
HÄNGEBÜGEL, m. Steigbügel, der nicht am saltH befestigt ist,
sondern an den sallelknopf gehängt wird.
HÄNGECO.MPASS, m.: hängcompass ist ein compass, so
an eine schnür kan gehangen werden, wird zum markschei-
den gebraucht. Nehring hist.-polit. lex. (1736) anh. s. 46'.
HÄNGEDOHNE, f. dohne die an büsche oder bäume beim
Vogelfang gehängt wird.
HÄNGEISEN, n. gekrümmies eisen worin ein balken , eine
rinne oder ein anderer kürper hängt; bei den glockengieszern der
eiserne ring in der glocke, woran der klöppel mit einem riemen
befestigt wird. Jacobsso."« 2, 210*.
HÄNGEFISCH , m. der magere dorsch, der in eigens dazu
aufgeführten hdusem zum trocknen aufgehängt wird. Scbedel
waarenlex. 1, 504*.
HÄNGEGARN, n. zum vogelfange aufgehangenes garn.
•2S*
439 HÄNGEGARTEN— HÄNGELEUCHTER
HANGELICHT — HANGEN
440
HÄNGEGARTEiN, «i. : die hüngegärlen Babels. Brockes
4, 13ü.
HÄNGEKAPPE, f. im bergiresen kleiner ring auf der seile der
kübel , in icelchem das quänzel, der seilhaller , hängt, henge-
kappen miner. kx. 293*.
HÄNGEKETTE, f. helle zum anltängen und stehen einer last :
zur ausrüstung zweier geschülze gehören zwo kengketten. Böckler
kriegssch. 264.
HÄNGEKLl'FT, f. im bergwesen kluß die nicht in die teufe,
sundern vom tage in das hangende oder liegende fällt, tageklufl.
HANGEL, HÄNGEL, tn. i) im allgemeinsten sinne instru-
ment zum aufhängen, anhängen eines gegenständes, haken, licn-
kel: Iiängel uncus, kesselliängel ansa sive circulm aheni Stielf.r
700; liängel oder lienkel an etwas, ansa, woran man etwas
liängt oder trägt. Frisch 1,413'; eine bair. gejaid.^ordnung v.
1616 verslelä unler liengel eine nrt vogelgrricht, vielleicht hänge-
dohne. Schm. 2,213; dann auch nur auf die Vorrichtung bezo-
gen, an der der kessel idier dem hcrdfeuer hängt: fcwerhal,
liangel, pcnsile chylruphoruni, senalum camini ferramcnlum quo
vllae ad ignem suspendunlur Henisch 10S4.
2) ein man aber spannet den bogen on gefehr, und sclios
den könig Israel zwissclien dem panzer und hengei. 1 kün.
22, 34. 2 chron. 18, 33. es ist, wie eine glosse dazu meldet, die
stelle, da das sciiwerl anhängt von den achseln uberher bis
auf die büfle. danach gewährt Scriver: docli war es zu sei-
nem tode gnug, dasz der pfeil eine blosze stelle zwischen
dem panzer und hengei fand und dadurch in seinen leib
fuhr, scelenschalz 1CS4 177. .t. auch hengei, f.
n.\NGELAMPE, f. hangende lampc : die magische hänge-
lainpc aus beinglas. J. Padi. Tit. 4, 47 ; hohl oel , die grosze
hänglainp anzufüllen. Fn. Müller 1, 273.
HÄNGELATERNE, vor cinführung der gasbelcucldung' die
straszenlaterne , die an einem seile quer fdjer die strasze hicng.
HANGELBANK, f was hängebank. Frisch 1, 414'.
HANGELBAUM, HÄNGELBAUM, m. slange oder balken zum
daranhdngen von gegenständen, mhd. liengelboum wb. 1, 22"':
pertica hangelbaum Dief. 430'; in einem vcrzeidmis von hölzern
und deren preisen steht ein hengelltauin 3 groschen. Colerus
hausb. (1004) 6, ,>;. 265. s. hangelsparre.
HÄNGELBEEHE, f der niederdeiHsche name einer givszen
birnenart an einem langen stiele, brem. wb. 2, 590 , s. hangel-
birne. der volkswitz vergleicht die fruchl einem am stricke schwe-
benden gehenkten, und hengelberen eten ist ihm ein verblümter
ausdruck für gehenkt werden, woran an einer hänfenen holz-
birn crworgcn oben sp. 434 anklingt; der ausdruck geht ins
hochdeutsche über, ohne recht verstanden zu werden, denn der
zweite tlieil des wortes ist an beere bacca angelehnt: sol ich
hangelbeeren fressen, engl, komüd., Tit. Andrunicus, Rrv; o
liälte ich mich erstechen lassen , so dürfte ich ilzl nicht
bengeHjeeren fressen. Pickelhäring bei Cmr. Weise überßüss.
gedanken 1701 s. 258; eine grosze gnade hiesz es, dasz sie
wegen ihrer erstaunlichen Verwegenheit nicht hangelbeeren
fressen niuszten. Felsenb. 2, 311 ;
ich bin Hans ohne morgen,
ireil mir die Icute borgen,
und weil ich noch knn stehlen,
so wird mir wenig fohlen,
■loch vun den heiigclbccren
mag ich nicht gerne hören.
Hekantks allcrneusle art zur pocsie tu gel. 25.
HANGELBEIN, n. bczeichnung eines unnützen, mäszigen
menschen: vapa liengelbein roc. ex quo v. 1432 bei Fromm. 4,305'.
HANGELBIHKE, f. betula alba rawis projtendenlibus. vcrgl.
bängebirke.
HÄNGELBIRNE, /". birne mil langem stiele. Schm. 2, 213.
HÄNGELEI.N , m. in tiürnberg bis zu anfang dieses jahrh.
die spruclisprcchir , gelegenheilsdichter , die eine besondere amts-
Iraclil, mil kleinen scliildern behangen, trugen {auch iiegcl, liege-
lein genannt, s. d.). .Sierenkeks maier. zur Nürnb. geschichte
699. tie laudien auch anderwärts mil diesem uamen auf: wir
sprechen! ouch ze recht, das man lien winzeren sol geben
ein niol inie herbste, gesotten» und gebrotens genug, und
Süllen die winzcr vier henglin bringen mit inen , dz inanH
inen zc danken hab. wrislh. 4, 118 {hUsatz, 1354).
IIANGELKIN, n. bairnch , griferläpjichm , das den kindern
umgchangen wird; auch ein rlmlcbrn. Sciihelieh 2,212.
HANGKLEIJCHTER, HANGELKUCHTKR, m. hangender leuch-
ler : bsngeleucbler candelabrum }>ensilc SriELtn 1154; bang-
Kuchier/yrAnui pfnrfeni FRI8CII 1,413*; «las flammchen brannte
helle und schwebte als ein hangeleuchler in der mitte der
felsenhallc. Musäüs volksm. (1788) 2,98; den besten aus sei-
nen hölzernen hängcleiichtern. Ä. Gryprius 1698 1,835; me-
tallene hängeleuchter. GöinE 26, 288.
HANGELICHT, n. hjchnuchus pensilis. Stieler 1153; ein
hangelicbt ohne lacht, luctrna uncto expers linteo das. ; herr,
in unserem dorfe brauchen wir keine jehnische leuchten,
die kosten zu viel, wir haben lauter hangelichter, saalfet
und alte baddeln darin, alamod. technol. interirn 352.
H.ÄNGELN, rerb. in hängender läge sein, herabhängen, in der
Schwriz hängelen von srMolternden kleidein. Stalder 2, 20;
schwed. hängia vom schlotternden, kraftlosen gange, es wird vom
falken gesagt er hangelt, wenn er auf einer stelle bleibt und nur
die schwingen bewegt. Nemnicii 2,1572; auch von einem sclti/fe,
welches von einer rhedc zu einer andern nahen fährt und waaren
hinbringt. Jacobsson 2, 211'.
HANGELSPARRE, HANGELSPARRE, m. eific sparrenarl,
von Colerus im hausbudie (1604) unler andern sparren, ziegel-
sparren, schindelsparren , strohsparren , aufgezälUt: ein siro
von {lies stro- und) hangelsparren umb 3 groschen. 6, s. 258;
ein aspen hengelsparren 2 groschen. s. 260; ein hangelspar-
ren 2 groschen. s. 264. vgl. hangelbaum.
HANGELWEIDE, f. saUx babylonica, trauerweide. Nemnich
4, 1199.
HÄNGEMANN, m. henker. J.W.Wolf deutsche mährcli. u.
sagen s. 25, a«c/*. hangemann, hangmann: es erhob sich ein
plötzliches getöse im volk und einige schrien, man solle
den bangmann steinigen , weil er den armen sünder über
die gebühr martere. Mdsäus volksm. (1788) 2, 84.
HANGEMATTE, HÄNGEMATTE, f das hangende lager der
malrosen im schiff, ein fremdes, umgcdeutschtes worl, zunächst
aus dem holl. hangmat, hangmak übernommen, das aber selbst
fremden Ursprungs und aus Südamerika stammend ist. Geiger
urspr. u. enlw. der menschl. spr. 1, 280. die rom. sprachen ha-
ben es in ähnlichen formen entlehnt, ilal. aindca, span. hamaca
und amahaca, porlug. maca, franz. hainac. Diez 1,18. Stieler
verzeichnet das wort noch nicht, aber seil dem ende des l~. jahrh.
erscheint es in rcalwörlerbücliern, z. b. als hangmatte in HIjisners
handlungslex. (1712) 853; die form hängematte ist jünger, bei
Jacobsson 2, 214*;'
darin sie schwebte wie in hängematten.
RÖCKERT 177.
HANGEMAUL, HÄNGEMAUL , n. luingendes maul, durch
eine grosze Unterlippe gebildet, und der träger nnes solchen : hange-
maul labeo Hederich 1213; hangmaul, der grosze lippen
bat, lipj)u, qui ades lippcs pendantes Frisch diel, de pass. {l~3i))
2, 284 ; ein hängcmaul machen , als zeichen des sclimollens :
macht er nicht ein hängmaul, wie ein schulknabe? Göthe
57, 162.
HANGEMÖRSER, HÄNGEMÖRSER, wi. et» in den scJiild-
zapfen hängender feuermörscr.
HANGEN, vcrb., praet. hieng, pari, gehangen.
Das rcduplicierende verbum der allen deulsdwn dialecte, golh.
hahan mil dem nicht nachgewiesenen , aber siclier crscidossenen
praet. haihah, ahd. hähan, praet. hiang, hieng, ags. hon, praet.
heng, fries. büa, pracl. böng, allnord. banga, praet. hekk, hat
nur den transitiven sinn sus]iendere, außängen, der im golhischen
in die bedeulung hemmen, aufhallen, in zueifel lassen, umschliitit.
zur seile geht zum atisdruck des passiven hangen, aufgehängt sein,
ein schwaches verbum golh. hahan, prael. hühaida, ahd. baiigi'u,
praet. hangela, ags. hangian, praet. hangode, fries. hangia,
praet. bangade, nord. hanga, praet. hangda. (iiese beiden Ver-
ben werden durchaus au.^einander gehallen; erst im mlid. begin-
nen sie sich zu mischen, daselbst gehen noch die praesentialen
formen des starken transitiven liAlien geschieden von dem pussivm
schwachen hangen ; aixr von letzterem sdtwindel das praet. hangele,
wofür starkes hie oder bienc eintritt, so dasz nun die prar-
terilalformrn des .<itarken bAlicn sowol in thdtigem als in Iriden-
dem sinne gesetzt werden, nach der mhd. zeit beginnt d ■
scnliale b/lhen zu verschwinden und rettet sich nur in <
formen in das nhd. hinüber (>/). 157). und aus dem »in
sehen, wuselbsl dir nasal im praesens früher auflrxll {er ■
auch in Hngland schon zeilig, Orm hat hangeim mit dn . ,
heng) dringt derselbe nach (tbndeutschland vor; in dem niut.t
deutschen erauiielirnbuche des Matthias llehaim ron i;i4;i stehen Iwini
nur nasaliirte prarsentiale formen: hangil zu siner hAsvrowin
Matib. 19, 5 ; liengil 22, 40. damil i.'d sowol für aclire ah /»n
passive bedeulung das verbum bangen, praet. Iiieiig festiKstdli .
441
HA.NGEiN
HANGEN
442
I
und ein schtcachformiges nebenher laufendes prael. hangele in
passivem sinne (icie es auch nd. als hangede im Reinecke fuchs
201. 218 erscheinl), pari, gehanget dauert nur ganz spärlich bis
ins 17. jahrh. fort: zu dem ersten so henkt man die haut in
das wasser, und wenn si lang in dem wasser gehanget, so
nimpt man si ausz dem wasser. Keisebsberg lias im pf. c 6* ;
demnach stund sie auf, name desz königs schwert, welches
neben seinem schilt hanget. Amadis 410 : nun waren sie nicht
weit von einer marberin seul, an deren ein hom hanget.
403; ein güldene leiren, ein guldener pfeilköcher hangele
ihm an der lenden herab. Schlppics 773.
Das ahd. tceisl neben hähan und hangen, koI dired aus letz-
terem gebildet, ein scliicachformiges nasaliertes causale hangjan,
hengan auf, das im mhd. hengen und im nhd. hängen hangen
machen, hangen lassen, fortdauert, die grosze ähnlichkeit der
praesenlialen formen souol icie die theils übereinstimmende be-
dcutung verhindert im nhd. eine scharfe Scheidung beider verben,
und schon frühe selien uir hängen für hangen , hangen für
hängen verwendet: das du weilest übber mich fürhengen einen
also schemmelichen leslerlichen dot, also du in ie über men-
schen fürhinge. Mebswi.n 14 ; zwischen dem schelm der ge-
hangen wird, dem nachrichter der ihn hängt und dem rich-
ter der ihn hängen läszt. Wieijind 7, 2ö ; so verzeiclinet auch
ScHOTTEL 5S7 SU den praeteritalformen hing, gehangen den in-
finiiiv hengen {vgl. unten hängen), dieser Vermischung ist nicld
zu wehren, zumal da einzelne formen geradezu zusammenfallen,
und die 2. 3. sing, praes. des starken hangen neben du bangst,
er hangt viel öfter mit umlaut du bängst, er hängt gebildet
wird, ganz gleich den formen des schwachen hängen :
der an Zeus rubebette
hängt, hangen wird und hing. Ramleb 1, 26.
Neben ahd. hangjan, hengan stelU, vorzüglich in Notkebs
schripen bezeugt , ein zueiles sdiwaches verbum henchan , praet.
hancta, eine denominativbildung des ahd. nur in Zusammen-
setzungen erscheinenden hanc , nhd. hang (sp. 436) ; es ist das
mhd. nhd. henken, mit der eigentlichen bedeutung an hängen
vollbringen , worüber am betr. orte näher gesprochen wird, auch
dieses wort ist, in quellen des 16. und 17. jahrh.,. für inlransi-
lires hangen verwendet worden, wiewol hur selien : ein poet soll
auf einer seil am gürtel ein dintenhorn, auf der andern ein
fläsch henken haben. Garg. 23';
schade, dasz du nie begehret,
dasz du mächst {möchtest) am galgen henken.
LoGAU 1, Iti, 45.
Nach dem gesagten gliedert sich die bedeutung des nhd, hangen,
f)raet. hieng, in eine thätige, transitive, und eine leidende, in-
transitive.
I. hangen, transitiv.
1) mit persönlichem objed, olme weiteren zusatz, einen auf-
knüpfen, die strafe des Stranges leiden lassen; ahd. sie tho rio-
fun: nim, nira inli bäh inan! tho quad in Pilatus: iweran
cuning hähu? Tatian cap. 167;
mild, diebe sol man hähen. Vridajik 47, 19;
tiM. gab sie {die fünf sühne Michal) in die band der Gibeo-
uiter, die hiengeu sie auf dem berge für dem herrn. 2 Sam.
21,9; ich will gehangen sein, wenn ich es so büse gemeint
habe, als sie es aufnehmen. Wieland 11,223; den 2 juny
ward ein bauer aus Obenilm gehangen. Gütue 30, 2S9; spriclt-
wörllich mitgefangen, milgehangen :
ja, se ropen alle, men schal ene hangen. Rein, fuclis 3910;
der Ulinger hat eilf junkfrawen ghangen.
L'uLA<iD tolksl. 142, 7;
80 bitt ich dich, mein trauter herr,
du wollest mich laszen hangea
in kleidern da ich in gangen. 144, 17 (vgl. 145, 2S),
zum glück für euch gehis zwar nicht an,
dasz ich den ersten gleich,
der wieder zum Lips Tuilian
an mir wird, hangen lassen kann. Gökinck 2,30;
war ich der fürst, ich liesz euch alle hangen. 3, 16;
mtl reflexivem sich, sich außnüpfen: hätte ich mich nur bei
Zeilen gebangen. Göthe 11,206;
dasz ich mich, ohne schaden
an meiner seele, hangen kann. Göeinck 3, 128;
dann mit örtlich bestimntendem zusalze: so er wirt gehangen
»n den galgen. bibd 1483,93'; (UrnEB: wird also getOdt,
das man in an ein bolz beneet. i Mo". 21.2-2); bedächte ich
nicht meine arme seele, so nahm ich ein Strumpfband und
hinge mich an diesen bettpfosten. Leisewitz poet. gespr. s. 4.
2) eben so häufig mit sächlidtem object affigere, appendere, auch
hier tritt Ortsbestimmung hinzu: hieng im ein gülden kelen an
seinen hals, l Mos. 41,42; hieng den furbang für die lade
des Zeugnis. '2 Mos. 40,21; unsere harfen hiengen wir an die
weiden, ps. 137,2; die alten Preuszen hiengen auch fleuder-
lein (oder flittern) in die obren. Waissel diron. 23'; hieng
sie {die klinge) an seinen gürtel. La:, de Tormes',9; indebm
er {der papagei) seiner jungen nest auf die höchslen und
dünnesten äste der beume hanget. Bütschsy Pa/m. 760;
he sprak, wolde se vele Tische vangen,
se scholde den Start int water bangen.
Rein, fuclis 5636;
es het ein koch ein schwein geschlacht,
^iel guter frischer würst gemacht,
dieselben an ein laden hieng.
B. Waldis Esop 4, 55, 3;
mir ist, als müszt' ich mich an diese {blitze) bangen,
als sollten sie mich nach sich ziehn. Göei:<ck 3, 73;
man hieng ein langes, rothes band,
das haar der braut zu schmücken,
schon an den bunten flitterkranz. Höltt 22 Halm.
3) von hier aus ergeben sich andere bedeutungen.
a) sinnliches anließen, ankleben an jemand oder dwas waltet
noch in folgenden Verbindungen : die kinder liefen zu ihm,
hingen sich an ihn. Kungeb 3,271; das kind .. hing sich
so fest an ihn, dasz er es nur mit mühe zuletzt los werden
konnte. Gütbe 18, 314;
gleich ist des baars und mein gescbicke . . .
lest waren wir an sie gebangen;
wir streichelten die runden wangen. Göthb 1,49;
dalier freier: die fürslin hing ein künstlerisch-lrunknes äuge
an die schlafende holde gestalt. J. Pacl Hesp. 2, 232.
b) unsinnlicher ist das verbum genotnmen, wenn es in bezug
auf eine lierzensneigung steht: dein herz hieng sich an die
weiber. Sir. 47, 21 ; hange dein herz nicht an die well. pers.
baumg. 1,28: wie viel löchler haben ihrer väter begehret,
wie viel väter sind den töchtern gefolget , wie viel mfltter
haben sich an ihre söhne gehangen. Ä. Grypbius 1698 1, 851 ;
ein jeder brand ist herr von meinem gute :
was bieoge sich mein herz an diesen tand?
GöKiKGE tieder zweier lieb. (1779) s. 38.
c) niji persönlichem object heiszl es einen sidi nachzidien, zur
folge vermögen, folgen lassen: er were ein verfürer und helle
das volk erregt und an sich gehangen. Lctbeb 4, 216'; der-
selb hieng ellich fueszknecht an sich , rait hin aus für die
Wagenburg. Wilw. v. Schaumb. 26; erstachen das fueszvolk,
das Veit Schot an sich gehangen, das.; daher sich an einen
hangen, ihm folgen: die Philister hiengen sich an Saul.
\chron. 11,2; Wiiwoll .. hieng sich mit seinem vortraben
und schützen an den herzogen. Hi/ir. v. Schaumb. 42; als
steler gesellschaßer begleiten {s. anhang 1, 366. 367) : indem er
sich an etliche leichtfertige bursch hieng. Happel acad. rom.
27; Fritz hing sich an ein lüderliches mensch. Lessixc 1,54«.
d) hangen kann auch das festmadien, anklammern in bezug
auf reclU oder meinung bedeuten: diese advocalen funden die
praclic so gut, dasz sie sich nicht zu sehr übereileten, die
parlheien zu einem accord zu bringen, im gegenlheil biengen
und verhetzelen sie dieselbe unter der band heimlich mehr
und mehr wider einander. Happel acad. rom. 48; daher sich
an etwas hangen, bezüglich dwas eine ansieht besonders bdonen
und auf ihr beharren : dem valer . . der . . nach geendigtein
stücke sich gleich an die fehler hing, und sagte, es wäre
recht artig gewesen, wenn nur diesz oder das nicht versagt
hätte. Göthe 18,26.
e) hangen das unmittelbare anheften, hinzufügen von Sätzen
an eine uutersudiung, besprechung, frage: Achemenes sagte zum
Oroondates, er belle sein lebenlang kein hübschere gesehen,
verkleinert biemit alle seine {des Oroondates) kebsweiber,
spräche, du hast weder hie noch zu Memphi an schöne
ihres gleichen, hieng noch viel mehr daran, b. d. liebe 21A';
ein mehres gegen dem herrn zu gedänken , unnötig, habe
vielmehr um Verzeihung zu bitten , das ich dises an seine
frage gehangen. Bl'tschky kanzl. 497.
4) den köpf, die obren hangen, herabsinken lassen, als
seichen von müdigkeit, nachdenken, demut oder Iraurigkeü:
sein äugen kuudt nit halten ofTen,
hieng oft den köpf, begert zu schlalTea.
ß.- Waldis Esup 2, 31, 60;
443
HANGEN
HANGEN
444
der richtcr . . hieng den köpf, besonne sich eine weile, pers.
roseiilh. 7, 20; du hiengsl deine ohren immer demülliig.
Rabener 4,25; wenn du bei tische sitzest und den Ivüpi
bängst. GöTiiE 7, 121;
da war dem fuchs nit wol zu sinn,
mit seiner rotl hieng er den schwänz. E. Albkrus 72';
der nrrae liehling stnnd wie angedonnert da,
und schwieg und staunt und hing die oiiren.
WlELANl) 10, 255;
bald hing er bleich sein haupt. Gotter 1, 113.
in allen diesen bedeutungen ist, natnenüich was die praesenlialen
formen betrifft, uns seil dem 17. jalirfi. das schwache hängen
gewöhnliclier geworden, leicht hat man am diese?n umstände die
regel gezogen, dasz hängen hier auch allein richtig sei und so
müssen diese reste des starken Iransiliren hangen trotz ihres guten
historischen rechtes einem auf misverslandene Verhältnisse gegrün-
deten durch die grammatiker rerfochtencn spracligebrauclic weichen.
II. hangen intransitiv.
t) dem transitiven hangen 1 zur seile gdU das wort in der
bedeutung am galgen aufgeknüpft sein : sage die wahrheil oder
du sollst bangen. Cronegk 1,122; spridmürtlich was bangen
soll, ersauft nicht, ti'm fatorum nullus casus vincil. Frisch
1, 413';
dann dort an jener rannen
sich ich aiir scliöne junglrüwlein hangen.
UuLAND votlisl. 148, 12;
hastu so lange gesclilafen
bei seiner junglrawen stolz,
so soitu morgen hangen,
ein gaigen ist dir bereit. 229, 4;
Maria, din kind hieng blosze.
Liliencron votksl. 2, 67, 15;
stal immer mehr, bisz er gefangen
verurtbeilt wardt, an galgen zhangen.
ß. Waldis Esop 3, 39, 16 ;
doch kann ich es erlangen,
80 sollst du mir nicht lang am leidgen galgen hangen.
GöTHK 13, 35 ;
in einer stunde seh ich ihn hangen (: ausgegangen).
Schiller Wallenst. lager, 10. auflr.
2) bangen überhaupt pendere.
o) von gegenständen, die an einem punkte befestigt, schroff
nach unteti streben: sie {die schinkcn) waren so hartnäckig,
dasz sie mir zu trotz bangen blieben. Simpl. 1,235 Kurz;
seh ihr gelock, ein spiel der lüftchen, hangen.
IIöLTT 135 Halm;
hangendes gesträucb, das abwärts strebt : felsen die mit hangen-
dem gesträucb bewachsen sind. Stolbekg C, 8;
im hangenden eichengebüsch. 1, 105;
verdeckt mir nicht, ihr hangenden gestrauche,
ihr lächelndes gesiebt. Hölty löS Halm;
vergl. dori oben stundt an einer hecken
ein eichen, grosz, gi-oh, dick und fest,
heu viel rauher knorrechlcr est,
die hiengen an die erd liinabcn.
ß. Waldis Esop 4, 57, 15;
gewöhnlich viil örtlich bestimmendem zusatze: soll in setzen für
den furhang, der für der laden des zcugnis hangt. 2 Mos.
30,6; wie der thunn David, mit brustwchr gebauel, daran
tausend schilde hangen, hohcl. 4,4; mein freund ist inirein
büschel myrrhen, das zwischen meinen brüsten banget. 1,13;
als wenn vier oder fünf fruchte an den zweigen hangen.
Jes. 17,6; ir haut henget nn den bcinen. klagel. 4,8; da
biengen weisze , rote und gele tücher . . auf inarincisculcn.
Esther 2,6;
ain zimerman, dem die spen in claidern bangen.
Kkllbr sclitvänhe s. 51;
die zwen zipfci, die am hüt ab her hangen. Schade sal. u.
pasqu. 3, 169 ;
ein seckel het am halse hangen.
U. Waldis Esop 4, 21, 102,
sfirichwörtUch : blosz an einem faden bangen, in der bücbsten
gfaar ston. Maaieh 212';
dem musz sein leben noch an einer haare bangen.
Aiaranthks 1U9;
ein jeder glaubt, dasz ihm ein cntblöszies schwert über der
»cbeilel bange. K. v. Kleist 1,162;
der kensel ward zur glucke
und hieng iit uiiigcketirl. IIOltt 11 Halm;
mit den perlen, die an ihrem buicn
bangen. «. b&;
»ie teilte weinend (ich lufs (T^'b,
wo ro»cn iiledi-rhniigen. «. I>2;
Ich sah den jungen mav:
seiner blumc siibergloclien
hingen um den schlaf. Kahler 2, 4;
kränze band ich indessen zu haus, und liosz sie verwelken,
siehst du? da liangen sie noch, neben dem lierde, für dich.
Gotuk 1, 311 ;
an ihrer wimper hieng
die thräiic zarter liebe. Uuland ged. 195;
trühe war das weiter
und wie schlaffe blatter
mir zur erde hiengen die gedanken.
RücKKRT ges. ged. 1,257;
auch in frcierei- anwendung von häusern die dicht an einen berg-
hang gebaut sind: das bauschen hängt am berge; von Sternen,
Wolken u. ähnl. , die den eindruck machen als ob sie hiengen,
auch von der nachl, die als Vorhang gedacht wird: Arkturus ..
der noch unter dem gipfel des hinimels hing. J. Paul flesp.
1,257; es (das licht des mondes) hing blitzend als weiszes
blülenlaub an den gebüschen. 3,84; er hob das trunkne
äuge in den mit Sternen bcthaueten bimmel , und sah den
erniedrigten mond gelb und matt in Süden hangen. 4, 60;
wenn . . des meeres Out
sieb mit den hangenden gewölken mischt.
E. y. Kleist 2, 102;
sie sahen
unter bangenden nachten die stolze Jerusalem liegen.
Klopstock 4, 223 (Mess. 10, 574);
die nacht die vor der zukunft hängt. Götter 2, 229;
der abend wiegte schon die erde
und an den bergen hing die nacht. Göthb 1, 75;
und der erste maienschatten
um die schönsten kinder hing. ßöRcsR 1';
am himmel schwere, dunkle wölken hangen
und harrend schon zum walde niederlauschen.
Lenau Faust 95,
ferner vom lächeln des mundes:
auch hatte sie das süsze lächeln nicht,
das an dem rande dieses mundes hängt. Raxler 2, IS;
t'on der acht, die wie ein schwert über jemand scitwebt:
des kaisers acht hängt über ihm.
Schiller Wullensl. lod 3, 23.
In anderen fügungen wird die richlung des herabluingens be-
tont: die haare hangen ihm auf die schulter; die fruchte
hiengen ihm in den mund; das kleid hängt auf die erde;
ich hatte schon seine hübschen kleider , wie sie über den
stuhl hingen, längst beneidet. Göthe 25, 350.
b) hangen dann auch von körperthalen, die unterwärts streben :
es ist nicht ohne sonderbare Ursache geschehen, dasz gott
den müttern ihre brüste nahe ans herz gesetzet hat, den
unvernünftigen thieren aber bangen die eyter \inten am
bauche, es bangen einer flauen die brüste nahe am her-
zen. Schuppius 477; eine jede dieser garstigen hämniel zei-
gete ein paar platte flcischlappen an der brüst , welche,
wann sie angekleidet waren , in die höhe gerücket wurden,
jetzo aber auf den bauch hinunter hiengen. Happel acad. rom.
35; (die nase) welche noch darzu durch eine so unanstän-
dige krümme verstellet war, dasz sie wie ein sebel . . über
dem maule hieng. Zicler Bänke (1700) *. 72; seine wangen
hingen ganz ausgetrocknet auf den scharfen knochen. Ki.ingkh
5,117; ihre arme hingen schlalT herab. Immkrmann Münclih.
3,08; matt und kalt hingen die arme in das gras hiniiiiler.
4, 79. hangende bände zeichen des müszigganges : mit bangi ü
den und müszigen hcnden. Bocc. 2, 30* ; zeichen einer iß-dniiL
ten gemütsstimmung ist es, wenn der köpf hängt, man den knpf
hangen läszt:
mit hangenden köpfen, um welche zprstreiit die lockfii wullion,
die arme über die brüst verscliiankt, die siirn in falten,
sitzt um die dainc die schnar der zufen. Wiklanh i '.'<:
nach Frankreich zogen zwei grenadier,
die waren in Kusziand gefangen.
und iilü sie kamen ins deutsche quartier,
sie lieszeii die kupfe hangen. Unia» leeike 15,54;
den köpf hangen lassen, j>endrnte capite incrdere Frisch !,4I:!',
das maul haiipen lassen, dependente labio inferiore aninnim non
conlentum indicare das. ; äJinlidies wird von thieren gesagt und
hernach auf menschen übertragen: die Hügel hangen lassen aUn
demttlert Frisch;
(wie) dai trfig« thier (der e$«t) alsdann, benchwert mit neuen
tackeu,
die obren bangen l&szi, und melnnchuliiich «chleiibt.
Uz (170*1) 2. 2ühi
hangende dbri'n drmi<:^ar anrf M-m'«- "M"*
445
HA.>GEN
HANGEN
446
c) hangen ueiter in diesem sinne von lebenden teesen: ich
hab gesehen Äbsalon hangen an einer eich, bibel 14S3, bl. 151*,
tvie 2 Sam. S, 10 : ich sähe Absalom an einer eichen hangen ;
das kind hangt an den brüsten der multer;
atbme sQsze himmelslust,
hangend an der mutterbrusl. F. L. zu Siolberg;
in den lüften,
zwischen himmel, zwischen erde
hangt er, eine blasse laiche
an des götiersohnes brüst. Arndt ged. (1840) s. SOi
als du, zur leicbe Tcrstellt, über die arme mir hingst.
GÖTBE 1, 31»;
der Schmetterling,
der, als ihr {der rose) reiz begann,
voll lüsternheit an ihrem busen hieng,
blickt ihren rest kaum an. Uöltt 47 Halm;
sein geisl hing wiegend in seinen schlaffen nerven, von sanf-
ten lüften angeweht. J. Paul Hesp. 4,72; anschaulich heiszt
es vom weihe sie hängt am halse des mannes ; sie fiel im
umb den halsz, hieng an im. er aber stiesz sie von im,
aber wie sie nicht wolle nachlassen, hieng im noch weiter
an, schmitzet er sie dorthin. 6. d. liebe 290'; auch vom manne:
das mädcben bats gesungen,
da klang es in dem wald,
da bin? an ibrem halse
der schmucke Jäger bald.
R. Reinick lieder (1S57) s. 199;
von dem vogel der in der luft schuebend, dort zu hangen scheint
{vgl. hängein): das ein thier ist, das im luft hangt und
schwebt, als die vögel. Frank u-ellb. vorr.; die singende weit
der luft hing jauchzend in den morgenfarben und im himmel-
blau. J. Pacl Hesp. 1, 165 ;
im einsamen luftraum
hängt nur der adler und knüplt an das gewölke die weit.
Schiller 77* (Spaziergang);
hangen als egel an der haut. Fbisch 1, 413'.
3) eigenihümlich ist in einer fügung das verbum von den
gegenständen die hangen, auf den räum übertragen, woselbst die
hangenden gegenstände befindlich sind: die bäume hangen vol-
ler fruchte ist gleich die fruchte hangen in fülle am bäume,
die erscheinung uirkt so massig auf das äuge dasz der räum,
wo sie statt hat, an ihr theil zu nehmen scheint {vgl. eine ähn-
iche Verbindung unter sitzen, stehen):
mitd. die sporen strict er umb den vuoj,
die hiengen voller schellen.. iiS. Hagen 3, 236';
nhd. der bäum hängt voll fruchte, der galgen hängt voll
diebe. Frisch 1,413'; die haar hingen in vol stro und häw.
Agr. spr. (1560) 164'; dafür eine andere fügung:
zum himmel blick ich dann empor,
er hängt mit wölken dicht. UHL.4^'D ged. 29.
prichwörtlich der himmel hängt voller geigen, omnia laeta sunt.
>EBz 69"; der himmel hängt voller violinen. Heixe werke
12, 87 ; er führete uns durch die küchen , und als er das
nachtschlosz an der starken eichenen thür aufmachte . . da
-ahe ich dasz der schwarze himmel auch schwarz voller lau-
ten, flöten und geigen hieng; ich vermeine aber die schm-
ken, knackwürste und specksaiten die sich im kamin befan-
den. Simpl. 1,235 Kurz;
bort, so bin ich der maidhofirer . .
und kan einer heimliche stuck erzeigen,
das sie maint, der bimel hang vol geigen.
fastn. sp. 240 21.
4) der begriff hangen verläuft in den schwächeren neigen, nach
unterwärts geneigt sein, hier wieder in sinnlichen und unsinnlichen
fngungen.
a) sinnlich : eine tischplatte die sich gezogen hat , hangt
nach der einen oder andern seile; hangen, als ein gebäude
oder wand, die fallen will, nulare, inclinalum esse, ruinam
minari Frisch 1,413'; als ein hangende wand und zurissene
inaur. ps. 62,4; hangende oder haldeude ort loca pendula
Maaler 212'; als Ortsname: in den hangenden weg. weisth.
4,36; in Kärnthen die hanginde want bergnamc Le.\er 133.
6) liäußg übertragen; von seelischen neigungen : ja, sollte man
sein (Leibml:iens) urlheil nicht eben darum für so viel un-
parlheiischer halten, weil er innerlich nach keiner seile
hing, und weder das eine noch das andere glaubte? Lessinc
;». 2SS ; des adels , der . . selbst auf die seite der neuerer
hing. Schiller SlO; es ist eine art von trägheit. unsere na-
tur bäng^ .«ehr dahin. Göthe 16,45; ihre seele hängt sehr
liüeh diesen ideen. s. 84;
nach dem ihr sinn gehangen
von erster wiegen an, dem schreibet sie sich zu.
Opitz 3, 198;
so ists natürlich ding
dasz auch ein fürstensinn nach diesem guten {der freundschaft)
hing. LocAü 2, 122, 15.
ö) in andern fällen tritt der begriff pendere zurück und der
verwandle haerere, haften, kleben, macht sich mehr geltend, auch
hier steht das verbum bald sinnlicher, bald übertragener.
a) in eigentlichem sinne in manigfachen Verbindungen : im spiel-
verzeichtiLs des Garg. wird aufgezählt ich hang, ich hafte bl. 164';
ich haft, ich hang 16S'; sähe einen wider hinder im in der
hecken mit seinen hörnern hangen. 1 Afos. 22,13; zwo thür
von tennenholz, das eine jgliche thür zwei blat hatte an
einander hangen in iren angeln. 1 kün. 6, 34 ; der das heubt
ist, Christus, aus welchem der ganze leib zusamen gefüget,
und ein glied am andern hanget. Eph. 4, 16 ; dasz der Ab-
salom selber in der Schlacht mit den haaren an einer eiche
were hangen blieben. Schlppius 159 ; als er (der hirsch) . .
unter die bäume und büsche gerieth und mit dem geweihe
hangen blieb. Lokmans fab. 2; der schnee bleibet auf dem
dache hangen, nix in tectis haeret. Steisbach 1,694; die stäub-
chen hangen mit einander zusammen, atomi inter se cotiaere-
scunt. das.;
dann wo ich wirf mein kletten an,
die hangen fast, fastn. sp. 262,20;
des küsters festperücke
hieng, jämmerlich durcbnäszt,
am wetterhabn des thurmes,
wie man berichtet, fest. Höltt 11 Halm;
könnt ich ewig dich umfangen
und an deinen lippen hangen!
Siolberg ged. (1779) s. 146.
b) von grenznaehbarn : an den Menapiis hangen die Morini.
Frank weUb. 27*.
c) von blick und gehör gesagt , das sich von etwas nicht los-
reiszen kann: an dem Fiesko hängt itzt sein falkenaug. Schil-
ler Fiesko 1, 3 ;
an einem Raphael mit trunknen blicken bangt,
und jede Schönheit fühlt, die nur dem kenner prangt.
Uz 2 (1768) s. 69;
wann sich der Christen volk an heiiger stäte drängt,
und ihr begierig ohr an deinen lippen hängt, s. 13b ;
zauberische äugen ! sie erblickten
nie die morgenröthe,
hiengen lieber an der goldnen weste,
als an frülilingsblumen. Höltt 53 Halm;
kommst du (mond) von den antipoden wieder?
göttin meiner seele, blickst du nieder?
diesem äuge, das nach dir verlangt,
nacli dir an der ätherwüste hangt.
J. H. Merk, morgenbl. 1843 no. 122,
still wars und jedes ohr hieng an Aeneens munde.
Schiller Zerstörung von Troja l;
mein äuge hieng an deinem angesichte,
an deines himmels harmonie mein ohr.
theitung der erde;
an Daphnens aug und rosenwangen
blieb nie mein äuge sehnend hangen. Gotter 1,58;
ähnlich: und wie hängt nicht die trunkne jugend trinkend,
wie bienen am blühenden lindenhaum, am geiste eines be-
rühmten lehrers ! J. Pacl 36, 135 (Levana).
d) gefühl und seelische neigung betonend: darumb wird ein
man seinen vater und seine mutter verlassen und an seinem
weibe hangen, t .Vos. 2,24; und sein herz hieng an ir, und
hatte die dirne lieb. 34,3; weil seine seele an dieses seele
hanget. 44, 30; an diesen (vOlkern) hieng Salomo mit liebe.
l kön. 11,2; hiengen an den unnützen götzen. Jereni. 2.5; sie
gaben dem guten kinde alle schuld, dasz sie an dem comö-
dianten und liederlichen weltbruder hienge. polit. stockf. 294 ;
er hing vielmehr leidenschaftlich an der alten amme. Göthe
19, 138 ; mit einem auswärtigen freund . . an dem ihr ganzes
herz hängt. 25,278; gedanken habe ich und die bangen an
der tochter. Ixmerma.\.n MünctJi. 3,192;
ich liebe sie wie es ein busen gibt
der treu sich einer gab und knechtisch hängt. Göthb 5,203;
wie lange hat sie an dem kerl gehangen! 12, 186;
der heneidenswerthen stille,
an der sein herz, wie an der freundschaft, hing.
Gotter 1, 166.
e) daher weiter von personen gebraucht und auf parteirerhäll-
n/v.<e bezogen : dazumal teilet sich das volk [srael in zwei teil,
eine helfte hieng an Thibni . . , die ander helft aber hieng
an Amri. 1 kün. 16, 21 ; am radt hangen oder dem radt bei-
447
HANGEN
HANGEN
448
ston, adjungi ad autliuiUtUem seualus Maaler 212'; an einaii-
deren hangen, mit einandercn wul eins und vereinliaiet sein,
cohaerere das.; alle dieses volk hange unter sich zusammen,
alle stehen für einen. Schiller '4S ;
Sporlin, Lorlin, Stediri^bc,
an den hieng ein grosz geböbc.
LiLiENCRO?( volksl. 1, 170'.
/) in andern Wendungen, die das bleiben, beharren, nicht los
kommen können betonen; so von nieinnmjen , die feslgehallen
werden : wiewol unser geistcr auf dem wiirtlin machen
hangen und imer pochen. Luther 3,38'; in ähnlichen fallen :
er bleib hangen an den sünden Jerobeam des sohnes Nebat,
(Ter Israel sündigen machet, und lies nicht davon. 2 kön. 3, 3 ;
so man den lüdenden buchstaben . . laszt faren und hangt
an dem geisl der hölltiefen speculationen unserer Professo-
ren. FisciiART bienk. löSS 174'; wir könnten noch wol eine
ziemliche anzahl solcher heilloser männer und narren zu-
sammen bringen, bei welchen die gottesforcht so leise hängt,
dasz sie lieber ins trinkhaus gehen weder in das bethaus.
Creidiüs 2,306; biszweilen mit Unterlassung des gcschafts
so den zank macht, hiengen die patroni in kleinern rech-
ten, welche jetzo für sich selbst, jetzo durch denjenigen
Oeisz ausz dem ersten entsprungen. Scuüppius 770; mein
böser geist hängt mir auf dem nacken. Kli.nger 1, 54. vom
siege, der an den einen der sireilenden tlunle geheftet ist:
auf welchem theil hecht noch der sieg.
H. Sachs 3, 1, 77';
von personen die an einem orte lange weilen (vgl. kleben II, 3, 6,
th. 5,1046): noch einen ganzen monat nach diesem vorfalle
hing Brederode, . eine last der katholiken, in Amsterdam.
Schiller 851;
gleich hängt der alte kriegesmann
am nächsten beckerladen. Gökinge 3, 128,
ich strich von land zu land,
und blieb zuletzt im reich Golkonde hangen.
BäacKR luS*.
hangen bleiben von saclien die tm gedäclUnisse haften : er hatte
in seiner Jugend viel gelernt, aber es war wenig hangen ge-
blieben.
g) juristisch heiszl es processe hangen, liegen zur Untersuchung
und entscheidung vor, sind anhängig: dem richter, vor dem
solche rechtfertigung hanget. Carolina art. 73 ; in hangendem
rechten {Ute pendcnle). Frankf. rcf. 1,22 §5; auch lieszen sie
ihm (dem kaiser) fürhringen wie die vom bunde hellen eine
freiheit ausgebracht im hangenden recht. Schütz Preuszen
17C; was im hangenden recht geschehen were, solle man
widerrufen. 193. dalier läszt man einen process, den man bis
zur entscheidung nicht bringen will, hangen; und danach heiszt
CS freier (vgl. unten 9):
wie wol er (der könig) krieg hett angefangen,
so liesz er in also hangen
und stan alse ze mal zer stund.
Lkmz Schwabenkrieg 21*;
unler gelinder obrigkeit, die alles hangen und hingehen las-
set. SCHUPPIIJS 527.
Das veibum wird daneben persönlich verwendet, auch der ver-
klagte, gegen den ein process anhängig ist, hangt; sprichwürtlich
wer hangt der langt, streckt die hand nach hilfc aus: etliche
alte und versuchte Soldaten lachten darüber und sagten : wer
hangt, der langt! der gute gesell gedenket sich losz zu
schwatzen! Simpl. 1,284 Kurz; ich will nach dem altfränki-
schen sprüchwort sagen: wer hangt, der langt! 4,15. das
spricliwort klingt wieder in einer freieren, nicht persönlichen fügung:
ich . . alles, wo es hanget und langet, verrichten, alle nacht-
lager bestellen und voran schicken müssen. Scmweimchen
2, 291 ; so habe ich auch das hauptkommissariat allenthalben,
wo es hanget und langet. 3, 21.
<i) hangen i-on eigenschaßen, die eine saclie begleiten ohne im
wa>en zu ilir zu gehören: es musz aber an dem buch noch
etwas bc8ond(:res gehangen haben , unterbrach der doctor,
denn der monch bezeichnet es mit dem ausdiuck ungeheuer,
welches etwa unscrm wort unheimlich enlsprichl. FtibYTAG
handschr. 1,12; allgemein eine suche und was daran hängt,
wiu zu ilir ifehürl: gegen den gilt Unverschämtheit und alles
wa» dran hängt. GüniK 7,120; er hatte mir schon öfters
Min den drei einheilen des Aristoteles, von der rcgclmöszig-
keil der französischen bühne, von der Wahrscheinlichkeit,
von der barmunic der vcrsc und allem was daran hängt . .
vurerzftbll. 24, I6ö ; der cbrgeiz und die daran hangende rach-
Kicr. CaR. Wkise kl. UuleSH. hierlter auch: im anfange hing
die literafur blosz an den Universitäten (bildete einen anhang
zu ilinen). Nicolai GOkingks leben 47,
7) hangen an etwas, im zusammenhange damit stehen, daran
haften: sol man beweisen, das (dasz es) ein iiew sonderlich
stück sei, und hange nicht am vorhergehenden. Lutheh 3,64*;
das ichs so finde im text , wenn mans redet, lieset und
höret, das es an einander hange nach natürlicher rede art.
60* ; es hanget nit ancinanderen , es reimpt sich nit, non
coliaerent. Maalek 212'; — dann weiter an etwas, an einem
bangen, ton etwas, jemand abhängig sein: es hangt das schilT
mehr an den rudern dann die rudcr am schiff. Frank spr.
l,llo'; das es an niemand als uns selbst, seine beständig-
keit und gnade zu haben beruhet und hanget. Butschky hd.
kanzl. 654; müsziggänger vergreifen sich wider das siebende
gebohl, wie denn diebstahl auf gewisse mas an einem ideu
(jeden) müsziggangc hanget. Palm. 330; zu dehm hanget der
ritterdienst, welchen mancher seinem vateilande gelahn,
seilen an ihm aliein: angesehen andere ihm gemeiniglich
den anschlug helfen auswürkcn, und zuförderst golt glück
und heil dazu geben mus. 723; ein dichter von so groszen
lalenten (Racine der sich über die Ungnade Lttdwigs XIV. zu tode
gegrämt hatte) dessen leben und tod an den äugen eines königs
hängt. Göthe 18, 289 ; sein köpf hängt an meinem wort.
42,214;
doch da wir mit Vernunft und andacht überlegt,
dasz uns die pdiclit und schuld gar sehr zu leibe ginge,
und unser rühm zugleich an euren eiiren hinge.
Amarantiiks 259;
das wohl Aegisths
hängt am geheimnis seiner ankunTt. Gottgr 2,259;
doch glück und ehre hängt daran,
aus welchem quelle, lieber mann,
wir unsre Weisheit schöpfen wollen. Gökingk 1,18,
nach goldc drängt,
am golde hängt
doch alles, ach wir armen I Göthb 12, 143;
stall der pracp. an tritt aus oder von auf: denn ein heubt mus
eingeleibet sein seinem corper, und müssen die gliedmas aus
dem heubt hangen, ir werk und leben von im haben. Luther
1,269*; wann von denselben (den geselzen) der öffentliche
fride und die menschliche gesellschaft beuget. Butächkv tan;/.
495 ; ordnete er andere rahlsherren, und beförderte zu denen
höchsten ehrenäinlern iieugebakkene aus dem geraeinen pöfel,
so von ihme alleine hingen. Patin. 919;
dann was nothweodig ist, kan nicht von andern hangen.
Opitz //. Grotius^ walirli. 291,
von ihrer willkühr hangt der mensciien lebcnslauf.
GÖNTUKR 670.
8) nahe zur vorigen steht die bedeutung enthalten , besddossen
sein: in diesen zweien geboten hange! das ganze geselz und
die Propheten. Matlli. 22, 40 , griecli. ökos o röftoe xai oi
nQo<ffJTni. x()£fiarrai, lat. universa lex pendct et prophetae;
auch Bchaims evangeiienbuch übersetzt in diseii zwein gebuteii
hengit di cc gancz und di propheleu; das wort mus in allen
absolutiun seiu, Ja alle absolutioii hangen darinnen. Luther
1,64"; darumh ist das nicht war, das keine ceremouieu in
den zehn gcbulcn sind oder keine judicialia. sie sind und
hangen alle drinnen und gehören hinein. 3, 41* ; denn aus
den zehn gebuten llieszen und hangen alle ander gebot und
der ganze Muse. das. ;
ilir alle ding seit lieben gott
iincli iillzuii halten sein gepol,
und was du dir nit gniinen söist,
dem nächsten das vertragen wölat.
an sölchuiu hvngi das ganz gescti,
als Christus selbst hi liusz zu letz.
SCMWARZBNBXRG 147'.
9) die bedeulung hangen, haften verläuft endlich in di< des
Stockens, der hinderung (rgl. einen ähnlichen Übergang bei haften
.ip. 134 unten), eine btdeulung, die auch schon aus der oben unter
5, f und g sp. 447 gegebenen mit liervorschien : es bleibet alles
hangen, om/iiu lentc prucedunt. Stieler 760; so? hängt es da
(hegt es daran}'! koTZKiiUE dram.sji. 3,307; in der perspectiv
und baiikiinsl bin ich vorgerückt, auch in der coniposilinn
der landschafl. an den lebendigen creaturcn hängls noch, da
ist ein abgrund , doch wäre mit ernst und uppltcation hur
auch weiter zu kuminen. Üöthe 29, 38. — hangen wird auch
von Schuldnern gebraucht, die in der ablragung ihrer rerbtndltch-
keilen stocken: er hangt noch bei ihm, «< »*"• noch schuldig;
er hieng mit einer bedenklich groszen summe b«i scinein
bucbhBndIcr.
449
HÄNGEN
HANGEN
450
10) das pari, praes. hangend mehrfach in technischem sinne.
a) bergmännisch begeht ein gang aus hangendem «nd liegen-
dem: hangendes ist das gestein, so über dem gang lieget,
so gleichsam des ganges dach ist; wenn man in Schacht
fähret , so ists das theil , dahin man den rücken kehret,
miner. lex. 287* ; als da auf dem Stollen ein Schacht nieder-
gefellet und man will ein tagschacht absinken durch unrer-
schroten feld, der in all vier orten und in hangends und
ligends dem untern schacht antworten und zutrefiFen solle.
MiTBES. Sar. 143*; aber ein vestern gang der sich hauen
läszt, auch ein vestes und noch vesters gestein des hangen-
den gewinnen sie mit stärkern bergeisen, nemlich mit dem
fimmel also genant. Bechids Agricola S3.
b) hangendes rüder ist dem sclaffer ein rüder das in riemen
ijpht, im gegensatz zu dem frei geführten handruder : von einem
schiffe mit einem hangenden roder, das daselbst ausz oder
in ledet, vnnf pfennink cultz, von einem schiffe mit einem
handroder dry pfen. cultz. treisth. 1, 621 ; ebenso s. SSO.
c) «rt hangender wagen icard früher eine sänfle genannt, im
gegensatz zum fahrwagen {dim. fahrwägelchen 3,12661: han-
gende wägen pensilia vehicula, camerata relticula Maaleb 212';
hangender wagen allenthalben bedeckt, rossbar, senfle arcera
das.; hangendwägele arca camerata das.;
so spart man weder ross noch karren,
ja weder Schlitten noch hanget wagen, trag. Joh. Qj.
HÄNGEN, verb., praet. hängte, part. gehängt, es ist oben
(sp. 441) bemerkt, dasz sich dieses terbum sowol in einzelnen
formen, als auch in der bedeutung mit starkem hangen gemischt
hat, und dasz in der 2. und 3. sg. praes. nicht erkannt werden
kann, ob die formen dorthin oder hierher fallen.
hängen stellt
I. transitiv.
1) an den galgen aufknüpfen, wofür mhd. immer, und auch
nhd. vielfach, meist bei oberdeutschen Schriftstellern henken gilt:
lies den könig zu Äi an einen bäum hengen. Jos. 8, 29 ;
wird also getödt, das man in an ein holz henget. h Mos.
21, 23 ; gott wird seines gebots nicht vergesseu und inen
auch lohnen wie sie gedienet haben, und hengen nicht an
einen grünen, sondern dürren galgen. Luther 4, 403* ; kleine
diebe hängt man, grosze läszt man laufen; die kleinen diebe
henget man an galgen, aber die groszen diebe gehen in
mardern schauben herein. Luther 4, 527'; einen an den
galgen hängen, suspendere aliquem in patibulum. Stei.nbach
1, 695 ; S. er fragt an, ob er sie auch wie die andern soll
hängen lassen? E. ich bin des hängens müde. GötheS, 2lü;
0 wohl! so hängt mir sie, nur ohne viel geschwälze ! 13, 27;
spricktrörter : bistu gebom zum stehlen, so bistu geboren zum
hengen. ScuoTTELlhs'; wer nicht alt will werden, lasse sich
jung hängen ; wenn ihr nicht alt werden wolltet, so hättet
ihr euch in der Jugend sollen hängen lassen. Göthe 25, 259.
betheuenid : giebts noch einen solchen lieuchler, so will ich
mich hängen lassen. Klixgeb 1.169. — Reflexiv sich hängen,
>tch durch erhängen tödteu : er hat sich gehängt, suspendio vo-
tuntario vilam finivü. Steisbach 1, 695.
2) allgemeiner ettcas aufhängen, in hangende läge befestigen:
da wir nu die mauren gebawet hatten, henget ich die thür.
.NVA. ', 1 ; wiewol ich die thüre zu der zeit noch nicht ge-
benget hatte in den thoren. 6, 1 ; im bergwesen das rad hängen,
an sanen gehörigen ort bringen, miner. lex. 437'; — mit der
Ortsbestimmung wohin: da henget ich ein spangen an ire stirn.
1 Mos. 24,47; solt in {den Vorhang) hengen an rier seulen.
2 Ifoj. 26, 32 ; macht man auch einen nagel draus , daran
man etwas möge hengen? Bes. 15,3; durch den schmuck so
ich an dich gehengt hatte. 16, 14 ; henget den köpf (des Holo-
fernes) über die mauren hinaus, hid. 14, 2; die kette henge
man ihm an den hals. Zinkgbef apophth. 2 (i631) s. 34;
ihr hängt um meine schlafe zackige korallen,
lind perlen in mein haar? Rasleb 2, 15;
hängte das schweri um die schulter. Odyssee 2, 3;
da hängt Helen in traurigkeit,
wohl afs sie war alleine,
an ihren arm den kränz, ühlaiid ged. 235;
Ivon gegenständen, die klebend haften: den staub, der sich an
uns gehenget hat von ewer stad. Luc. 10. li; kielten hängen
sich an die kleider; übertragen: fürs bleiben hat sie keinen
^egriff, und ihren fluch hat sie ans stillestehen gehängt.
GöTBE 50,4. — i4ttcA sonst freier: er verschonte sie zwar mit
um in ihr zerrissenes herz nicht neue ziehende quälen zu
hängen. J. Paul Hesp. 4,86; der grad des Zusammenhanges,
welcher die theilchen an einander hängt. Kant 8, 307 ; die
natur hängt durch Zwischenglieder die entfernten eigenscUaf-
ten mit den nahen zusammen, s. 282; er hängt die worte
fein an einander, praeclare verba verbis coagmentat. Steisbach
1,695. reflexiv:
welch eine wölke, die kein Sonnenstrahl durchblinkt,
hängt sich um jedes aug? Hölty 44 Halm;
es hängt gewicht sich an gewicht,
und ihre masse zieht mich schwer hinab.
ScBiLLKa Wollenst, tod 3, 23.
sprichwörtliches: geld an jemand hängen; was soll ich lange
erzählen, wie ich mich ihrer angenommen, was ich für sie
gethan, was ich an sie gehängt, wie ich auch in der ab-
wesenheit für sie gesorgt habe. Götüe 18,179; einem etwas
an den hals hängen, s. sp. 245; etwas an den nagel hängen,
in den rauch hängen; und hengt dien^eil in den rauch dis
ernste gestrenge gebot gottes. Luther 4,441*; etwas an die
grosze glocke hängen, aufhebens machen; den mantel nach
dem wind hängen , quomodocunque in mari rcntus sit , exinde
velum vertere. Sebz 95'; einem den brodkorb höher hängen;
lassen wir uns aus einander sprengen,
werden sie uns den brolkorb höher hängen.
ScuLLLEB Wallensl. tager, 11. auftr.
3) hängen von körpertheilen, die man herabhangen läszt; man
hängt den köpf zum zeidien der traurigkeit, das maul zum
zeichen der Unzufriedenheit: wie heulen sie, wie schendlich
hengen sie die köpfe. Jerem. 48, 39 ; die jungfrawen von Jeru-
salem hengen ire heubter zur erden, klaget. 2,10; derselbe
schalk kan den köpf hengen und ernst sehen. Sir. 19, 23;
beginnet er {der hirsch) den köpf zu hängen. Lokmans fab. 2 ;
drumb sol das frauenzimmer nicht alsbald das maul hängen,
wann sie von den ihrigen eine abschlägige antwort bekom-
men. ScBDPPiüs 16;
man fängt dem kind die drossel ein,
im käQg sitzt sie dort,
doch singen will sie nicht und hängt
ihr köpfchen immerfort, ühland ged. s. 241 ;
die flügel hängen, bildlich von einem mutlosen. Klisgeb 12, 75 ;
dasz Lieszchen musz die Hügel hengen,
die sonst so munter hat gethan.
was gehts mich an? Picanoeb emgtseherth, ged. 3, 450;
rg/. hangflüglicht. auch der demütige, wellentsagende und fröm-
melnde hängt den köpf, rg/. kopfhänger 5,1774; solt das ein
fasten sein, das ich erwelen sol, das ein mensch seinem leibe
übel thut, oder seinen köpf henge wie ein schilf, oder auf
eim sack und in der asschen liege? Jes. 58,5;
nur halte von hängenden köpfen dich fern. Götbb 1, 138.
anders ist die redensart den mund, die nase in etwas hängen,
etwas prüfen und bekritteln: kaum sitzt der herr bei seinen
patienten, gleich sind seine spürhund da, die selbstheiligen
pharisäer, hängen ihren rüssel drein, geben ^vor, er sei ein
suchen-trunk. Otho 1379 ; henge die nase in deinen eigenen
busen. Schottel 1117*. •
4) hängen mit persönUchem objeet einen an sieh fesseln, als
a}ihang erwerben: Manes machte im auch jünger, und hengte
viel Volks an sich. Lutheb 3, 126*; das dieser rasender mensch
aus lauter ehrgeiz die alten ketzereieu . . von neuen erregt,
den gemeinen pofel an sich hengt. 1, 279' ; daher sich an
einen hängen, Him folgen, auf der spur gehen: also ereilet sie
aber Massinissa mit dem reisigen zeug aus iNumidia, der
henget sich an sie, und rant sie an, jetz bei den letzten,
jetzo beiseits. Livius von Cobbach 148*; — aber auch dessen
anhang bilden: henge dich nicht an den pöbel. Str. 7,7; die
sich an huren hengen. 19, 3 ; henget sich an einen büiger
desselbigen landes. Luc. 15, 15 ; wenn manche faule magd
der haber sticht und sie die guten tage, welche sie bei
herrn und frauen hat, nicht länger ertragen kan, so hänget
sie sich an einen tügenichts. Scudppiqs 341 ; ob auch ein
unterthan , wann er von seiner obrigkeit gar zu hart be-
schweret wird , deswegen ihr solt untreu werden , sich an
eine andere herrschafl hängen, und wider geleistete eid und
pflicht handeln? 385; dasz er sich hinter mein wissen an
ein leichlferlig Weibsstück gehängt. Chr. Weise kl. leule lö9;
dasz du dich an solche menschcr hängst. Lenz l, 283 ; ich
bedaure den mann, der sich an ein mädchen hängt. Götbe
10, 167;
und mach, und ricbts nach meinem sinn,
häng dich an ihre nachbarin. 12, 146;
29
451
HÄNGEN
HÄNGEN
452
auch von mehreren sich an cinanJer hängen: weil der gott-
lose Übermut treibet, miis der elende leiden, sie hengen sich
an einander, und erdenken böse tück. ps. 10, 2.
5) (lies persünlidte sich an einen hängen kann auch sinnlich
in der bedeulung sieh ankiaviniern, festhalten stehen: die kinder
hängen sich an den vater 6« der begrüszung ;
und keine kinder mehr .. sich ihm (dvm vater) entgegendrängen,
und sich um seinen k'uss beneidend au ihn hängen.
GoTTKR 1, 135;
wenn mit ge^valt an deinen hals
sich allerliebste mädchen hängen. Göthb 12, 15;
hengen wir uns nun daran {an gottes rechte !uind) mit festem
glauben. Luther 5,60'; wer sich an menschen arm henget
und tröstet sich der fürsten band, das.; sich selbs verleug-
nen, und an die rechte band gottes sich hengen. 61*.
6) daher in bezug auf neigung, meinung, grund, ansiclit:
warumb ruckt er solch hundert tausent gülden dem nicht
auf, der noch lebt, und auch wol darunib weis, und im
freilich wol antwort gnug geben würde?. das lesset er wol,
er furcht er möcht ram fahen , darumb henget er sich au
den unschuldigen verstorben man. LuriiEn (i, 3l'; darumb
mus man sich hie, wider alle Vernunft und sinne, allein an
das wort hengen, vom himel offenbart. 67'; da hängt er sich
an jeden muthwillen, der. vorbei ist, erinnert an jede un-
, ruhe, die gestillt ist. Göthe 8,229; ich kann mich nicht an
den rühm, das luftige unding, hängen. Kli.nger 2, 119.
Für die reflexive eine andere fügung : feilet euch reichthum
zu, so henget das herz nicht dran. ps. 62, 11; an etwas musz
der mensch seine gedanken hängen. Ihherhann Münchh. 3,192;
nicht an die guter hänge dein herz,
die das leben vergänglich zieren ! Schiller 510.
7) hängen, hinzufügen als anhang: ich habe einen einigen
bogen trucken lassen de adornando memoriali biblico , und
habe daran gehänget den hundert ein und fufzigslen psalm.
ScHL'PPius 627 ; das treiben . . jetziger zeit und politik . .
samt deren daran gehängten menschen. J. Paul leben Fibels,
vorr. s. 2; mama sagte mir das alles treulich wieder, hängte
aber die wohlmeinende erinnerung daran, auf so etwas ..
dürfe man so sehr nicht achten. Göthe 19, 2S3;
man nennt uns saurer, hängt an unsre namen
ein schmutzig buiwort. Sliakesp. Hamlet 1,4;
they clepe us drunkards, and witb swinish phrase
soil cur additiou.
8) das mild, hengen, hangen lassen, besondeis verslanden von
dem Zügel und leüseil des rosses und hundes, dann bildlich nach-
geben, gescliehen lassen, ist auch später nicht ausgestorben: bair.
einen hund nach einem wild hengen. Schm. 2, 212; inler-
jeclionell heng, heng, mille , laxa, remille prompt. ».1018 das.;
den Zügel hengen, dare habenas Dasyp. ; dazumal vergasz
Amadis seiner gewönlichen bescheidenheit, und . . hengl sei-
nen gelüsten den zäum also ferr, dasz, was bilt und schwachen
widerstand doch Oriana thet, die sich dennocht nicht freien
möcht. Amadis 362. ein nachklang dieser bedeulung ist Hippels
sich zur Schwärmerei hängen, br. 14, 74.
Hiervon noch im bergwesen hängen niederlassen : hengen ist
holz oder sonsten was in die gruben niederlassen. Mehhing
hisl.-polit. lex. (l73C) anh. 48*, auch ablassen : henge, rufen die
anschlägcr in der gruben, wenn bcrg und erz gezogen und
ihnen das seil entzogen wird, ehe der kübcl angemacht wird. 4S\
II. inlrans-iliv <= bangen.
1) an den galgen kommen, gehängt werden: in England ist
das hängen nicht so schimpflich wie hei uns. Heuel schalz-
kdsUein (1859) f. 191 ;
E. was gibu denn? M. u hu hu, ich soll heut abend hängen!
GöTHK 13, 32;
auch am galgen aufgeknüpft sein: die diebc hängen schon;
He(ikl brauclit so hängen und setzt iJim das transitive henken
entgegen: wenn ihr wollt gehenkt sein, will er euch henken
lassen ; es hängen zwar schon zwei am galgen , aber be-
kanntlich ist er dreischlälerig. schatzkdstl. (1859) s. 202.
2) allgemeiner pendere (irie hangen sp. 443), in .strengerer
und freierer anuendung: das ir die tiirencn auf ihr gülden
ketten flelen und wie die perlen dran hengen blieben. Mathes.
Sar.A^t'i die frauenzimnier aber halten schon heute früh ..
sich erinnert, dasz eine itchöne pekcsche eines vettern im
schrank hange. GOtiib 25,363; junjou, dieses hängende sie-
ge! eines tborcn. J. Paul llesp. 2.145;
bei Dsebilgallpn darf keio dummer gimpel bflngen.
AlAKAKTUU 42 1
die siegeswaffen hängen im saal. Ubland ged. 7;
indesz die harte hänget unter bäumen, s. 137;
schau, die steine hängen wie bluten aus der ewigkeit in
unsere erde herein. 3, 235 ; der voll gewitter hängende märz-
nchel. biogr. bei. 1S4; wickelte sie daher in die hängenden
aufgedunsenen priesterkleider ein. ans des leufels pap. 1,23;
an den abendhügeln hängen rufende schaafe neben liegen-
den lämmern. Tit. 2,51;
bienen . . hängen glänzend daran wie thau.
E. V. Kleist 2,38;
und die braut, mit jugendlust
hängend an des treuen brüst. Uhland ged. 7;
unter sich hängen :
die blumen werden welk und hengen unter sich.
Flbiinc 17;
ähnlich: die blumen, die am abend frisch geblüht,
sie hängen hingeweiket dort vom Stengel.
Uhland ged. s. 131;
von herabhangenden küiperlheilen : du komest mir mit henge-
den und müszigcn henden zfi hausz, wan du arbeiten sol-
lest. Steinhöwel 416, 7 ;
mit langsamen schritt
und trostlos hängendem haupt kam er herbeigeritten.
WlKLAND 4, 120;
sjrrichwürllkh wer lang hat läszt lang hängen; wer lang hat
läszt lang hange, hat der teufel gsagt, wie ihm der schwänz
unte raus guckt hat. Hüfer wie das volk spriciU (1866) s. 139.
von einem dessen kleider schlottern, wird gesagt er hängt in den
kleidern : Wehmeier aber im geräumigen saftgrünen Dause
hängend. J. Paul Tit. 1,104.— Sprichwörtlich: ich will dir
meinen advocaten schicken, der weisz, wo die zäume hängen.
Rauener sal. 3 (1757) s. 243.
3) dann auch hacrere, haften, kleben: denen knechten und
mägden wünsche ich bände, daran kein pech ist, also dasz
sie an ihres herrn haah und gut nicht hängen bleiben.
ScHüPPiüS 668; ihr musz ich diesen Karl aus dem herzen
reiszen, wenn auch ihr halbes leben dran hängen bleiben
sollte. Schiller rduber 1,1. in der Jägersprache: hängen nennt
man es, wenn hunde, wölfe, fuchse bei der begattung an
einander hängen, v. Thüngen waidm. pract. 299. — In freierer
anwendung: alle verschworene hängen gerührt an ihren Waf-
fen. Schiller Fiesko 5,13; Kariös nimmt das papier, und
hängt voll Ungeduld an ihrer crzählung, ohne sich zeit zu
nehmen, es zu lesen. Don Karlos 2, 8 ; blieb viel zu lange an
einer idee, ja mau möchte sagen an einer sentenz hängen.
Göthe 19, 142; soll meine seele nicht mehr hängen an dem
was liebenswerth und gut ist? bei Kästner s. 71.
4) von seelischen und parteineigungen : ich bin nicht unrein,
ich henge nicht an Baaliin. Jer. 2, 23 ; so nniszte wohl Ce-
sara am heitern duldenden lehrer . . recht innig hängen.
J. Paul Titan I, 9 ; mit dem geld sei es doch nicht gemacht,
und es sei eine gräuliche sache, wie er daran hänge. J. Gott-
uelf scliuldenb. 12. itt anderer Wendung: jeder künstler, wie
jeder mensch ist nur ein einzelnes wesen, und wird immer
nur auf eine seile hängen. Göthe 38,58.
5) dem transitiven hängen in der bedeulung S (sp. 451) zur
seile sieht ein hängen nach etwas, zunächst ross oder hund auf
eine spur lassen, dalter nachjagen: so sali er ryden tzu dem
Haine in eines forsimeisters husz, da sali er linden eynen
wiszen bracken mit gedreifteu oren off einer syden koldern
an einem syden seile, und sali dem wilde nachhengen. irm//i.
1,502; aber nit dester minder hengten der graff Henne und
sein rititr Gryffon . . des herzogen Heue diener nach. Aimon
bog.c; in freierer anuendung istrcben: wa die sinnlichait hin
wil, da henget die Vernunft und der frei wil hinnach. Keislrs-
rehc granalapfvl (geistl. .spinn.) Mo'; und hielten den lovein
für huchwcisz, dasz er der Europa, so und andern seinen
bulschaflen also nach gehengt. Amadis 363;
heng du gloichwol stehts nach dorn sig.
Wkckiieklii« 150.
mundartlich auch unpersönlich \ind in etwas anderer füguni)
so, da hängt» hinaus (da wollen deine bedenken hin) ! fliegenik
bi, bd. 51 s. 74'.
0) lue bedeulung kann übergehen in Hie den sügel .vliieszni
lassen, nachgeben (vgl. nachhängen): du hast aber deinem zorn
soviel gehengt, und lässt dein räch gehen über gut und hu«.
Livius von CimiiAcii 37'; die betten wol in ehren und gut nni
ircn mannen mögen leben , wo sie sich ihres gcschirchts
nit zu vil überhebt und der holTart nit zu vil gebengt
betten. 128';
453
HÄNGEN — HÄNGESEILKÜNST
HÄNGESTOCK— HANGWESEN
454
wem kumpt grosz kummer für di thür,
ob er hi zeitlich lieb verlür,
soll hengen (soll dem kummer nachgeben), kainer wollust spür.
SCHWARZBNBERC 151';
wie mhd. : pei der vliegen verslet man den teufel, der hanget
dem menseben tag und naht an den orn seins muotes und
seinr gedenk, und versäumt sich der mensch icht ze lang,
da; er in niht absieht, also dag er im henget mit gedänken
unz in den willen und in den glust, waerleich so pei^t im
der teufel ain wunden. Megenbebg 298, 18.
') hängen, ro» gerichtsstreüigkeilen die anhängig sind und
nielä entschieden werden, stocken: nu ist der aufzug {Verzögerung)
die länge fährlich, dasz der satan durch böse zungen die
sach auf beiden seilen bitter und ärger mach, weil es also
hänget. Lcther tr. 2, 3S0 ; dennoch liesz ich es auch hängen.
ScHWEiNicBE-N 1,96; Wenn Leander — ich will nicht sagen
sich mit ihnen vergliche, denn von vergleichen wollen sie
nichts hören — sondern .. den process hängen liesz. Les-
sisG 1,366; ohne dieses den process aber so schlechthin
hängen zu lassen, dazu rathe ich nicht. 12, 172. freier: ich
liesz die sache indessen hängen, von der zeit irgend eine ver-
mittelüng erwartend. Güthe30,217. — Hierher auch dieredensart
mit Läiik-en und würgen von einer sache die gar niclit vorwärts
* " Igen und würgen habe ich es durchgesetzt.
tDWAGEN, m. vgl. hangend, sp. 449.
iGE.NSWERTH, adj.:
-J erst nicht hängeuswertli, wenn ihr uns hängen wollt.
GöTBK 7, HO.
HÄNGENSVVlJRDIG, adj.: es wäre, wenn es auf Danisch-
mends willen angekommen wäre, auf dem ganzen erdboden
kein galgen, kein henker und kein hängenswürdiges menschen-
kind gewesen. Wieland S, 242.
HÄNGENAGEL, «j. ein nagel der zwei theile eines gerMes
oder rades mit einander verbindd, im bergbau und mühlenwesen.
HÄNGEPFAHL, m. pfähl einer gartenthür, in dem die angel-
haken eingeschlagen sind, woran also die thür hängt. Jacobssox
2, 211*.
HÄNGER, m. 1) in müteldeutschen quellen der henker {vergl.
hängen 1,1 sp. 449); carnifex henger, bluetrichter Dief. 102'
(aus Tbochus); doch sie (die groszen diebe) werden wol ge-
hengt werden, und erschrecklicher, denn wenn sie von dem
henger angeknöpft würden. Lltber 4,527'; fluchend und be-
theuernd: geh zum bänger, abi in malam rem! Steisbach
1,095; was fängst du, zum bänger, für ein gewäsche an,
quas, malum! ambages mihi narrare occipis. das.;
zum henger weg und lasz uns gehen!
P. Rebhun Sw!anna 5, 119.
2) allgemein der da Mngt, hangen Ids^, in der Zusammen-
setzung kopfhänger 5, 1774. dann auch hängerin (kopfhängerin),
hängerisch (kopfhängerisch) , hängerei (köpf- und ohreo-
hängerei. J. Pacl TU. 2, 229).
3) bänger nennt der sciäffer tauenden von mäsäger grüsze,
die an den brassen herabhangen. Jacoessor 2, 211".
Hängerbube, m. es werden aufgezählt: gespunnengarn-
krämer, lehenröszler , ballirjungen , hangerbuben, bezirkelte
salenbesetzer, spitzbuben, brenneisenschneider, kleckstein,
herr sternspicius, geburtsstundsteller u. s. w. Fischabt groszm.
S9. was ist gemeint?
HÄNGERIEMEN, m. riemen worin der kosten einer ktdsche
hängt.
HÄNGERLICH, adj.: gestern abend halt ich rechte hänger-
liche und hängenswerlhe gedänken auf dem canapee {gedenken
an erhängen). GOthe bei Kestner s. 71.
HANGESÄL'LE, f. an einem hdngewerk, eine der beiden säulen
am ende des balkens, woran die strebebänder gelegt werden;
hüngesäulen im bergwesen zwei säulen, wodurch das unteie kreuz
der korbwelle eines pferdegöpels an das obere geltängt wird. Jacobs-
SON 2, 21l'.
HANGESCHACHT, m. ein schaclU der zum hinabfördern von
irgenständen in die grübe am seile dient. G.ät7Scbxann 40. vgl.
iiängen sp. 451.
H.^NGESCHLOSZ, m. .^chlosz zum vorhängen, rorlegeschlosz.
HÄ.NGESEIL, n. ; das hängeseil ist ein von bockshaaren
Ioder von hanf und haaren gemachtes seil, an demselben
sitzt ein ledernes halsband, welches die halsung heiszet und
dem leithund umgeschnallt wird. Hewe jagdlustlisz 1,43.
HÄNGESEILKÜNST, f. an röhrenwerk, worin man vermiUelsl
eines seils und einer daran hängenden klappe wasser aus der tiefe
HÄNGESTOCK, m. der stock der dem fleisciter dazu dient um
ein geschlachtetes stück vieh an den hinterbeinen aufzuluingen.
HÄNGESTRUMPF, m. herabhangender strumpf, und scliiinpf-
wort für eine person die einen solclien an sich leidet : der schlum-
pichte hengestrumpf? weder er noch andere stehen mir an.
Jean Henn, anhang zum bärt. frauenz. s. S6.
HÄNGESTUHL, «j. stM des scläeferdeckers beim Üiurmdecken.
0. LcDwiG zwischen himmel und erde 72.
HÄNGEWAGE, f. wasserwaye, gradbogen bei den markscheidern.
HÄNGEWAND, f. wand die auf einem hängewerke rulit.
HÄNGEWEIDE, f. l) salix babylonica: das mit hängeweiden
und cypressen umgebene gothische gebäude. Tuümhel reise
5, 415.
2) bei flüszen auf der Elbe weide, womit die (lösze an einander
gehängt werden. Jacobssom 2, 214*.
Hängewerk, «. balkenrerbindung die bestimmt ist, eine
durch Säulen niclit gestützte decke, brücke, ein dach zu tragen:^
das ist eine ungeheure brücke
von holz
und einem bogen von hängewerk. Götbe 14,39.
HÄNGEWETTER, «. sdilechtes weiter, so dasz man sicli gleich-
sam aus Verzweiflung erhängen könnte: ich bin des zeitherigea
welters herzlich überdrüszig und es ist ein wahres glück für
mich, dasz ich zu viel zu thun habe, um zeit zur langeweile
zu haben, denn für einen ganz muszigen menschen hätten
wir itzt wahres hängewetter. Wielasd bei Böltiger, lit. zustände
u. Zeitgenossen (1S3S) 2, 176.
HANGFLÜGLICHT, adj. mit hangenden flügeln, von dem
vogel auf einen trauernden und verzagten menschen übertragen:
mein buler ich abgefertigt hab.
noch geht er täglich auf und ab
die gassen und mein hausz anginnt;
er sieht sam sei er unbesinnt,'
hangflüglet, einem karpfen eben,
gleich der nur hab ein kucheoleben.
H. Sachs 4, 3, 30*.
HANGGABEL, f., auch zeidelgabel, eine gabel die gebrauch
wird, um die honigtafeln, wenn sie aus den bienenstOcken ge-
schnitten werden, zu fassen und zu hallen. Jacobsso.n 4, 690'.
HÄNGICHT, adj. herabhangend: hat so ein paar hängichte
pausebacken. Scboch stud. leb. Diij.
HÄNGIG, adj. hangend: pendulus hangick, hangicb, hangig
Dief. 422'; bängig declivis, proclinatus Steinbach 1, 696; hän-
giges, maul labeo, hängiger, zäher wein rinum pendulum SiiE-
LER 760. s. abhängig, anhängig, fürhängig, nachhängig, nieder-
hängig, zusammenhängig. — Auch in der rechtssprache : hän-
giger reichstag prorogata comilia Stieleb 760. vgl. rechtshängig.
HÄNGLER, m.:
weinzieher, weinrufer, beagler,
holbuper, koltrager, ir mer. BEHAia Wiener 311,29,
bei der aufzählung niederer gewerbe. vielleicht ist hängler mit
dem Nürnberger hängelein spruclisprecher (sp. 439) eins.
HÄNGLING, m. eine Varietät des gemeinen weinstocks: be-
steht aus zwei sorlen , wovon die eine rote, die andere tceisze
beeren gibt. Nem.mcb; der gewinn, welchen man aus rebhäng-
lingen oder würzlingen verkaufen kan haben. Sebiz feldb. 505.
HANGMATTE, s. hängematte.
HANGOHR, m. flaccus, auribus flaccidis praeditus. Stieler 1386.
HANGREI.M, m. rhythmus appendens. Stieler 1513.
HäNGRIEMEN, m. riemen woran das kleiderbündel eines rei-
senden hängt: Victor .. risz den hangriemen der kleider ent-
zwei. J. Pacl Uesp. 2, 14. s. hängeriemen.
HANGWALD, ni.; er voran im blitz, wie hunde .. den
baren durchs dickicht verfolgen; sie fallen am hangvvald
hinunter. Fb. Müller 1, 359.
HÄNGWEINBEERE, f. vUlleicIU ist in der folgenden steUe
darunter die traube gemeint, die mit dem rebliolze abgeschnitten
wird, so dasz ihrer zwei zusammenliangen ; das lieiszt sonst hengel
(s. d.) : die vertreuliche bauleut machen ihnen darbei (bei der
Weinlese) den besten schnitt, dann sie verstehen sich gar
wohl auf die bängweimmer, welche sie etwan da und dort
verkaufen, damit sie aber nicht verrathen werden , müssen
die sogenannten Ochsenaugen (?) selbst daran. Abb. a S. Clara
etwas f. alle nn 3,485.
HANG WESEN, n. zustand des hangens, von Schuldnern ge-
sagt, vgl. sp.ns unten: es war immer mit allen leuten, die
in seinem buch standen , ein ewiges hangwesen. Pestalozzi
Umli. V. Gertr. 2, 30S.
29*
455
HANG^\TRZ — HANS
HANS
456
HANGWLKZ, f. ein name der pflanze weydjreä: puliganos
hangwiirtz. Gersdork feldb. d. wundarzn. 104.
HANKALIA, et» mit lateinischer endttng , tvie schenkalia,
scbmiralia von hang gebUdeier atnidruck zur bczcichnuny eines
anhängsels, namenllich einer nebengebühr: mit allem fleisz vor-
kommen , dasz die armen unterlhanen von ihren Junkern
mit aufsetzung unverpflichteter frohneu und dienste . . nicht
beschwert, vsie auch von den beamten durch gesehen ke und
hankalia nicht übernommen . . werden, lestatnent WiUielms
des Weiseti von Hessen (i lö92) bei Kohmel Hess, gesell. 5, 844.
HANKE, f. hupe, schenket beim pferde: die bauken fangen
bei den zwei beinern , so oben über den Qanken zunechst
bei der crouppe sind, an, wiewol insgemein der ganze hin-
dere leib eines pferdes durch die hanken verstanden wird.
HoHBERG 3, 2, 76". auch franz. hauche , allfranz. hanke stellt
in gleichem sinne, auszerdem aber in dem uciterm hiifte , lende
iiberhaupl; beide führen auf ahd. ancha, mhd. anke occipul hin,
über das l, 37s gehandelt ist und dem sich, tcic öfters, ein h
vorsdiob. in Tirol tritt die Verkleinerungsform henkel, sclienkel,
auch stück geräucherten flnsclies das ober dem herde im rauche
hängt, auf. Fromm. 6, 149.
HÄNKEL, s. henkei.
HANKEiN, verb. starr und steif daliegen, sich nicht rühren
können :
es kam ein arzt zu einem kranken,
der thet von groszer onmacht hankeo, B. Waldis Esop 1,72,2.
vgl. weiteres zu diesem worte unter hinken.
HANMG, s. handig.
HANBOSE, f., für hagenrose, hagerose {sp. 154), die blüle
der han- oder Imgcbutte, aber auch der Strauch selbst. Lonicerüs
kräuterb. 61*.
HANS, die volksmäszig gekürzte form des lanfnamen Johannes.
l) die Sitte, in der laufe den namen eines heiligen anzunehmen
und den täuftiny so dessen besonderem schütze zu empfehlen, ist
für Deutschland wol bis ins S. jalirh. hinauf nachzuweisen, ist
zu dieser zeit aber der gebrauch überhaupt noch selten, so er-
sciieint der name Johannis des Täufers als laufname für laien,
soviel zu ersehen , noch nicht verwandt , auch geistliche personen
führen ihn, der im Oriente sehr gebräuchlich ist, im ganzen sel-
ten , es ersclieint an Johannes , abt von Remagen (t 545) , ein
Johannes bischof von York (+ 721), und der bekannte Johannes
Gorziensis (i 973). erst später, nach der zu Jerusalem erfolgten
und bald im Abendlande bekannt gewordenen Stiftung des Joluinniter-
ordens, als die reliquien Johannis des Täufers aus dem Oriente
nach dem Abendlande kamen, als die asche des leibes 109C nach
Genua, das Haupt seil dem anfange des 13. jahrh. nach Amiens
übergeführt war, zahlreiche reliquien auszerdem in Spanien, Italien,
Frankreich, den Jstederlandcn und Deutschland außewahrl und
kirchen liber iJinen gegründet wurden, wird der name als lauf-
name sehr gewöhnlicli ; er findet sich z. b. im sladlbuche zu hiel
von 1264 — 1268 als häufigster aller dort vorkommenden kirch-
lichen namen (Weishold pers. 7iamen des Kieler studlbuciis s. 3).
durch den häufigen gebrauch desselben erscheinen gekürzte formen :
mit weglassung der endung und annähme einheimisciter betonung
Johann, welcher belonuny sich schon im altsächsisclicn der eigen-
name Jobannes anbequemt hat, wo er slets zu Wörtern auf ]
oder g allitleriert ; mil beibehallung der fremden betonung ioliiinn,
eine form die im niederdeutschen in Jehann mit tunlos geworde-
ner erster silbe (min Jehann. Grotu QuicJiborn s. 2) verläuft ;
und endlich mil abfall der ersten silbe und beibehallung der endung
Hannes, gekürzt Hans, die letzleren kürzungen sind ycwu sehr
all, ersclicinen wenigstens in Urkunden aus dem anfange des
14. Jahrhunderts ah gewöhnlicli, nicht nur in bezug auf personen
aus dem büryer-, sondern auch aus edlem stände: eine Urkunde
des grafen Burchard zu Mansfeld von 1307 (bei Hökkh Urkunden
s. 73) fuhrt als zeugen auf her Hannes von HartefroJe, her
Hannes von Crendorp ; eine magdeburgisclie Urkunde von 1315
(bei Dhcviiaupt Saalkreis l, 51/".) hal die namen Hans von Borth
der güldsmede mesler, Hans von Haldesieve der messewerkcr
mcistcr, her Hansz und her Thiiecke von Gronenberge, her
Hans burcbgreve zu Luubmch. das häufige erscheinen des
namens veranlasit, datz derselbe (ähnlidi wie Heinz, Hinz, Kunz,
vgl. auch die weiblichen namen Grclc, Trine), über den engern
kreu des nomen proprium Itinaustrill und zundclist als anrede,
anruf, beiacltnunij männlicher personen gilt, deren specialnamen
man uiciu luunl oder ntclU nennen will, die man daher mit einem
auf ritte jiertonen (/dwndrn namen bezeichiiel und so gewitser-
- ■ -■■■' ' " •■-■■•■ ■'■ riiall:
sie (die ehebrecherische frait) bring ouch im den rörroub
(lirutc) heiii,
sprach zä im, Hans, myn gntter man
kein liebem will ich, wen dich han.
Brant narrensch. 33, 45;
gröszeie gruppen gewöhnlicher alltäglidier menschen werden mit
Hans und Kunz characterisierl : ich bin schon bei Hans und
kunz herumgelaufen; dieser mann hat eigentlich nur das
falsche ansehen eines bekannten , weil er aussieht wie ein
monsch, und nicht wie Hans oder Kunz. Güthe 19,jl95.
Von hier aus tritt Hans fast völlig in die reihe der appella-
tiva ein und steht oft geradezu für mensdi, mann mil verschie-
denem nebensinne.
a) ein mann der dem stände und vermögen nach etwas rech-
tes ist, nl. bansen magnales, optimales Kilian 470*: das die
Schreiberei so feindselig ist bei vielen Hansen, denn sie
Wissens oder achtens nicht, das ein göttlich ampt und werk
ist. Luther 5, 183'; eine bairische redensart Hans haiszen be-
deutet vorzüglich sein in seiner art. Schh. 2,216; darauf fuszl
die belheuerung: ich wolt eh nit Hans heiszen, terra miiä prius
dehiscat. Frank spr. 2, 37*. etymologisch spielend ist der name
an die Verbindung der banse angelehnt:
vorzeiten wahrt ihr Ilänse
benähmet mit der that,
jetzt, sagt man, seyt ihr g&nse
von schlechter tbat und ratb.
Jou. DoHAN lied v. d. teutsclien hanse 4.
namenllich Itäufig ist im 10. und 17. jahrh. die feste formet
groszer Hans, reicher, angesehener mann, wie nl. groote Hans
Itomo dives, grand maistre (Kilian a.a.O.); zu ihr wird dann
als gegensalz kleiner Hans gebildet, beide bildungen treten auch
als composila groszhans, kleinhans (5, lUo) liervor. die folgen-
den beispiele sind nur eine auslese aus einer groszen anzahl zu
geböte stehender: und kam auch sonderlich herr Georg von
Bosenberg und herr Georg truchsäsz von der Au , und vil
groszer Hansen mehr. Götz v. B. 76; die groszen Hansen
und obersten im lande. Luther 3, 230' ; w enn ein fürst, herr,
groszer Hans einen man drückt. 298'; der adel und grosze
Hansen. 5,21'; auch die groszen Hansen, so man die rehle
zu hofe nennet. 180'; wie ich ein mal selbs auch von einem
groszen Hansen höret, es were dem evangelio kein mensch
feind auf erden. 6,165*; probst, bischof, cardinäl und bäpst
. . die selbigen groszen Hansen sieht man nimmer predigen
noch leren das volk. Schade s(d. u. pasqu. 2, 6 ; grosze Han-
sen, reiche leut, die den nacbdruck haben, lassen ihnen nit
gerne einreden. M.\thes. Sar. ü' ; sollten die groszen Hansea
(potentes viri) wol sehen, dasz es nicht an dem baubtmana
stund, sondern dasz der gemeine häufe auch etwas ver-
mochte. RiHEL Livitis 855; wo seindt jetzt die grosen Han-
sen? hervor ir fedderhaasen, hervor ir Junkern, hervor.
Kirchhof mil. disc. 153 ; muszt er doch , weil er gegen eim
groszen Hansen gesündigt, one strafl" nil auszgehen. wendunm.
290*; es hat aber der bauhtmann etlich grosz Hansen zegast
geladen. Wickram rollw. 29,24 Kurz; dasz wenig reiche und
wenig grosze Hansen in der gemeind Christi weren. Fiscbart
bienk. 138* ; die gro.szen Hanse beiszen einander nit gern.
I'iiTERs deutsch weiszh. (1604) Q'n\\*; als im Constanzer con-
cilio die reformation desz geistlichen Stands an band ge-
nommen werden solte, und . . etliche prülaten sagten, man
soitc den aufang machen an den niinoriteu oder minder-
brüdern : nein, antwortet keiser Sigismund, man inilsz dea
anfang machen an den majoriten oder groszen Hansen. Zink-
GRKF apophth. 1 (1626) s. 60 ; seinen Avaruin kleidete er edel-
männiscb und nennete ihn einen Junker, damit jedermann
ihn selbst desto höher halten und gedenken solle, er müste
kein kleiner Hansz sein, weil ihm einer von adel aufwartete.
Simpl. 2, 149 Kurz; die grosze reiche Hansen, weiche einem
die blinde mil reichsibalern oder rusenobeln füllen können.
Sr.HLppius 428; einer von seinen (des königs) griis».en Hansen
^agte. pers. rosenth. 3, 1 ; des groszen Hansen spielen, magni-
fice et splendiile vivere. Stielkr 765; ich hab mich nit ein
menschen gebort, arm oder reich, klein oder grusz Hans,
im ganzen land, der dem fürsten wol will. iNHor^r. 54; der
tud sihet keine person an, sondern greifet an bald den
groszen Hansz, bald den kleinen. Dutschky l'atm. 513;
blnsphomia inii mancher weist,
•öll BcIn der groszen Hansen preiss.
J. V. ScBWAHtlNBUiin ir>3*;
CS gnht nur über die armen knecht.
die groazcn Hansen xwingt man niri
ein chriftl. tmj ^ '",
457
HANS
HANS
458
ein jeder lug, was er schafT,
so grös2er Ilans, so gröszer straff. C3*;
es spricht manch groszer Hans, merk eben,
ein büchseaschützen möcht ich geben,
wolt mich gar eben darauf fleiszen,
wann ich nicht müszt die band bescheiszen.
Grob ausreden bei Haupt 3, 264;
dann tritt ein groser Hans, ein AbitoTel, aur.
RoxPLBR V. Löwenhalt s. IS;
der muntre Hansel (ein hase) ist zufrieden,
und schätzt sich groszen Hansen gleich.
die Sicherheit, die ihm beschieden,
vertauscht er um kein königreicb. Hagsdorn 2, 34.
trenn neuere schrißsteiler die formel gebraudien, so zielen sie da-
mit nur auf körperliche grüsze, ohne rückerinnerung an die ältere
bedeulung: ich stand da, wie ein groszer Hans der ich war,
von dem alten süszen ton bis in die tiefste seele durch-
schauert. Spielhäges liammer n. ambosz 4, 127; ich war ein
groszer Hans mit meinen acht und zwanzig jähren. 144.
Bei den Icmdsknechlen bezeichnete groszer Hans, kleiner Hans
die höhere oder niedere Stellung im heere {ein aitsdmck der sielt
bis ins 17. jahrh. hinein erhielt), und uenn unter "kleinhans
5, 1110 darauf Inngewiesen mrd, dasz erst von diesen kreisen aus
die formet allgemeinere verKendung gefunden zu haben scheine,
so Uegt wenigstens nichts dem widersprechendes vor . aber auch
niclits, was zwingend für diese anächt spräche: der hauptleut,
fähnrich und sonsten groszer Hausen weiber . . werden zärt-
lich und besser, dann andere gehalten. Kirchhof milü. du!c.
114; die hauptleut von adel und andere grosze Hansen. 161;
es soll niemant keinen hüben durch passieren lassen, er
seie grosz oder klein Hans. Kectter v. Speib kriegsordn. s. 9 ;
mishandJungen, so voller weisz durch herrn. junkem, knecht,
grosz- oder kleinhansz geschehen, kaiserl. krieysieclit bei Böck-
ler kriegsscliule 363 ; er seie edel oder unedel , klein- oder
groszhans. das. s. 3S9; was aber gemeine knechte {soMaten)
waren, die fiengen auch an, in ihrer liebe und freundschaft
zu wanken, weil es das ansehen hatte , als ob ich sie ver-
achte , indem ich mich . . zu gröszern Hansen gesellete.
Simpl. 1, 289 Kurz.
iVocA analogie der aufgefültrten forviel bilden sich ähnliche
andere:
vor usz die hübschen Hansen nfin
die went all bübery yetz tun.
Brjim narrensch. 26, 55;
das verbum spricht zum nomen
auf dein stück darfst so hoch nicht bochn,
als wann allein du Ordnung helst,
wir andern nicht: fiu-war du fehlst,
bist auch noch nicht der obersi Hans. Gilbüsiis 117;
ein solcher aufgeblaszner Hans
Wirt wol genant ein grobe gans. ganskönig Hiiij',
ausz so gewalligen Hansen und weitzwingem. PnaANDER l
(1642) 333; ein hoflartiger Hansz. Blttschky Palm. 50s; hat
ein solchen groszen und geschickten Hansen, die gemein zu
erregen und aufzuwickeln , in seinem läger zu einem feind
gehabt. Biuel Livius 855;
die bilden ihnen dannoch ein,
dasz sie gelehrte Hausen sein.
Abele künstl. unordn. 156.
bei neueren verblassen solche ausdrücke:
und ich fühlte mich ein mannsen,
ich gedachte meiner pnichl,
und ich hieb dem langen Hansen
gleich die schmarre durchs gesiebt.
GöTHE 1,155 (t-i"r/ipr ungeheurer Oegel),
verflucht geschicV! betroene mausen.'
von Adam her verführte hausen! 41, 143;
der grosze Hans, ach wie so klein !
lag, hingeschmolzen, ihr zu füszen. 12, 140.
b) Hans bekommt aber auch, sicher unter dem einflusse davon,
dasz der name für geringe leute und bauern im schwänge ist
(Hans und Grete vorzugsweise als bauern- und dienstbotennamen
weist nach Wacheb^acel in der Germ. 5, 318 f.), einen niedrigem
nden-iinn, namentlich ist er in einer anzald von composilen ver-
wendet, wo die bedeulung 'kerl' [th.b sp. 5S6 oben) hervortrilt :
so in fabeihans (3, 121.5), federhans (3, 1400). gafflians gaffer,
kalthans schwälzer, angeber (5, 90), holzhans quacksalber {s. d.),
knapphans sp^rer (Philander 1642 1,115); ihr theoretischen
mnsikhaosen. Göthe an Zelter 783; pochhans, prahlhaos renom-
mist; polterhans; mastbans fresier ; Schmalhans /lungerietrfer;
scbabhans. sparhans, geizhals; schnarchhans, schlimiphans,
laufbauä u. anderen; vergl. auch dummerjaho aus dummer
Johannes 2, 1519. mundartlich ward dann weiter Hannes auch
auf eine starke, derbe Weibsperson übertragen, die schwer ins
gewicht fällt und dabei keck und gleicJisam männlich auftritt, aber
auch noch jung ist, sie heissl in Franken ein rechter Hanne».
Fromm. 3,356; ähnlich im Aargau, nur wird das wort von
dortlier als femininum gemeldet. 6, 451.
c) Hans bezeichnet auch einen dummkopf, narren, als name
des narren begegnet Hans seil dem 15. jahrh. häußg, 2. b. in
den fastnachtsspielen 674, ifo der narr Hans, die närrin Gütel
heiszl, im schimpf u. ernst 199, s. Hänschen u. Hanswurst, be-
rufen war seiner zeit Hans Ciawert, narr des 1571 gestorbenen
ktirfürsten Joachim U. ron Brandenburg, neben Hans {vgl. auch
unten Hans von Jene) geht in den spielen Aybeb» und Hei.nb.
Jll. V. Braü?;schwe!G als narrenname die fremde form Jan Pos-
set, Johan Bouset. auch franz. gilt Jean für einen einfältigen
menschen, namentlich für einen hahnrei: on l'a fait Jean sans
lui en demander avis. Littre 2, 178. damit stimmt das deutsciw
homhans für hahnrei, s. d. auch sonst slelU Hans als milde
bezeichnung für einen unwitzigen menschen mannigfach: aus dem
15. jahrh. riJirt die glosse a a a Hans für blesus, Stotterer Dief.
77'; in Düringen sagt man sprichwörtlich: wenn das nicht wahr
ist, so heisz mich Hans, oder so will ich Hans heiszen, also
in ganz anderem sinne als oben (sp. 456) eine fast gleich klingende
redensart gegeben wurde; eine Variante des Sprichwortes eine gans
flog aus, ein gickgack kehrte wieder lautet: Hans hinüber,
gans herüber. Simpl. 1 (1713) s. 543 ; Herkules geschwätze ist
warlich nicht mein gefühl. es ist nur dasz man die Hansen
bei der perücke zupft und sachen sagt, die, wie du sprichst,
niemand wort haben will. Gütue an Lavater 20. n»atl774;
ihr seid wohl spät von Rippach aufgebrochen?
habt ihr mit herren Hans noch erst zu nacht gespeist?
12, 109;
t'^j. unten Hans Arsch von Rippacb.
d) Hans ist auch thiername geworden, er wird namentlich ge-
zähmten, sonst wild lebenden thieren gern beigelegt; so Hansel
ton einer zahmen atzel in Arnolds Pfingstmontag 60; aba- auch
haust hier en ;
ein kriegerisches pferd, die lust der ritterschaft,
war würdig seiner zuchl, und freudig, voller kraft . . .
doch zog sein zweiter herr, beim ersten ringelrennea,
ihm Hans, den klepper, Tor. Hagedobm 2, 144.
2) der umstand, dasz der tag Johannis des Täufers an die
stelle des heidnisdien festes der Sommersonnenwende getreten ist
und dasz der name des heiiigen heidnische gebrauche decken musz,
hat denselben viellächt, unabhängig von der unter 1 geschilderten
Verwendung, mit unheimlichem nebensinn umgeben {wenn es auch
ebenso möglich ist, dasz man für die sogleich aufzuführenden
personen , die man nicht gern beim rechten namen nennt , einen
gewvhnUclien und vertraulichen braucht, vergl. unten hansel-
männchen und Hein): mit Hans wird der teufet bezeichnet
(Wccke sagen der mittleren Wena 1, 120), und mit anklang an
diese bezeichnung sind die tiroler spoltverse auf den namen Hans
gebUdet :
Hansl, Hans, Hennamist,
dear de alten weiba friszt. Frosh. 3,316;
grauhans heiszen die bauern den wolf. baurenst. lasterpr. 102;
Hans ist auch der tod, oß mit nebennamen, so Hans Hüne
(Kuhn mark, sagen 12), Hans acht sein nicht:
er (der tod) heiszt worlich Hans acht sju nit,
dann wellen er begrilTt und schütt,
er sy wie stark, schon oder jung,
den lert er gar ein seltzen sprung.
Bra;«t narrensdi. 85, 27 ;
Hans Knochenreich:
ach ! wenn docn nur von biet noch eine sündflutb k&bm,
so hätte man doch auch noch eine gute stunde,
eh uns Hannsz Knochenreich in seine pfoten nahm.
AXARA?ITUES 510.
häufig ist raeister Hans für den henker. der auch sonst mit dem
teufet den namen lauscht {s. henker und meisten Hämnierlein
sp. 317) : aber mein raht were , wo man solche fünde , das
sie der richter beim köpf neme und überantworte sie meister
Hansen, als die rechten rautwilligen mOrder und bosewich-
ter. Llther 3.397"; buhen und schclken predigen müssen,
welchen wol billicher richter, Stockmeister, oder meister
Hans predigen solle. 4. 402'; ausgezogen meister Hansen,
der seines ampts halben dem neheslen kein guts , sondern
nur schaden und böses thut. 405'; meister Hans mit dem
Schwert. 526'; so können wir keiner Jurisdiction von inen
gewarten, on des meister Hansen. 5, 114' ; wil er nicht , so
459
HANS
HANS
460
belelil die obeikeit solchen buben dem rechleu meister, der
ineisler Hans heiszet, das ist alsdcnn sein recht. 15"'; ja
lieber, man luüszte dirs meister Hansea am galgeii zeigen
lassen. 255'; zu Hom in s. Peters münster, nit fern von
meister Hansen haus. Alberus vidJer Witzeln L2'; man hat
euch, sprach sie, ja noi auf eine andere zeit singen und
tanzen sehen , da meister Hansz auf eurer hochzcit spielcte
(<T hatte den staupensclilag bekommen). Happel acad. rom. 42;
rickelhering nennt den henker o meister Hans knüpf auf, knüpf
auf! Chr. Weise überfl. gcd. (noi) s. 259 ;
darumb selie sich ein jeder vor,
und sich Tür böser gwonheit hüten,
sonst wirdts im meister Hans verbieten.
B. Wald» Esup 4, 43, 34.
3) die Verbindung von Hans viü einem andern ersonnenen eigen-
namen kommt vielfach vor. Hans ist hierbei gewöhnlich an die
bcdetäting 1, c {sp. 458) angelehnt, und dei- zusatz will nocli eine
besondere eigenschafl des namenträyers atiszcrdem hervorheben,
eine eigenschaß die vielfach die narrlieit nur spccialisiert, in an-
dern fallen von äuszern Verhältnissen, herkunß, abstammung, bei
Hans Supp, Hans Wurst von lielilingsspäsen hergeleitet ist. eine
Sammlung solcher Verbindungen hat Wackernagel in der Germ.
5,321//*. gegeben; hier sind folgende zu nennen:
Hans Adam:
Hans Adam war ein erdenklos,
den gott zum menschen machte,
doch bracht er aus der niutter schoos
noch vieles ungeschlachte. Göthb 5, 14.
Hans Äff, auch zusammengerückt Hansa£f: und will mir
auch wie ein Hansaff kepärten (1 will be like a jack-an-apes
also). Shakesp. tust, weiber 4, 4.
Hans Arsch, franz. Jean-fesse : wenn der H , . . A . . . die
pferde nicht wiedernehmen will, so mag eis bleiben lassen.
H. V. Kleist 4, 11 {Michael Kohlliaas) ; t« Obersachsen geht Hans
Arsch von Rippach als Schimpfwort; in dem ungedruclUen Ver-
zeichnisse der zu Hanswursts hoclizeü eingeladenen personen von
GöTBB begegnet Hans Arsch von Rippach, Hans Ärscheben
Ton Rippacb.
Hans Dahinten: und wäre herr Hans von Plaunitz, e. k.
f. g. hauptmann zu Grimm, nicht gewesen, so wäre ich Hans
dahinten gewesen, wie derselbe e. k. f. g. wohl mag berich-
ten. Ldtber br. 1, 316.
Hans Dampf, zusammengerückt Hansdampf: wo er eine
klappertasche oder einen Hansdampf antraf, bot er ihm eine
prise tabak und fing an, mit ihnen zu schwatzen. Pestalozzi
2, 63; Hansdampf will auch den doclor machen, wurm-
stichige erbse! Fr. Müller 3,196.
Hans Daps, Hans Tapps:
ej thut, was ihr nicht lassen könnt,
Tür ein raaas hier seis euch vergötint,
versetzt Hanns Oaps und lachte.
MusÄL-s kinderklapper (1799) s. 19.
Hans Dumm: ein andermal wird der Hansz Tumm wohl
klüger handeln. Darbennime 219;
es ist kein scheermesser, das schärrer schirt,
als wann llanusz-Tuinm comniissarius wird. 234 i
wenn ich das sive nur vor jedem worte gesetzt hätte , so
hätte es der bekannte Hans Dumm selbst verstehen müssen.
J. MATriiESO!» das beschützte orclieslrc (1717) J. 255. — In Frank-
furt a. U. Hans Dummian.
Hans Eseiein : aber siebe da, Hans Hänselein, Hans Gänse-
Icin, Hans Eseiein, kümpst du schon ans der schule? ped.
Khulf. 17.
Hans in eodem : sie sind nur ärger und verzweifelter wor-
den und also Hans in eodem oder scbelmen wie vor so
nach geblieben, baurenst. laslerpr. UO ;
wer die rut deucht,
und die arbeit «chcucht,
und nichts leiden kan,
und wil nichu aim «tabn,
der bleib Jobanne« in eodem
und musz hacken und roden.
i'KTKR» icuttch ivrinh. Eeo7'.
Hans Filzinaul euclw, Irico Stikieh 765.
Hans in allen ecken: zum plaisir ist uns bauptsachlicb
der könig gescizet und nicht zum Hans in allen ecken.
Immeriiakk Munchh. 4, \\%.
Hans in allm gassea: Hajis in allen gössen, erro, errant,
no).vit).ni'r^i, al>rrrani, fxtpoQOt, vagam, vagtu , jTfpiy>otTOS,
VM'jabundM, muUitugut, palant, arcumforaneus, rirrulalor. SKiin»-
Nos syn. 93*; Hans in ollen gassen, ein unrüwiger mensch,
der alle ding zerecht legt, ardeUo. Maaleb 212t; das klingt
wider die Hansen in allen gassen , diu sich on not viler
heiulel auncmen. Frank sprichw. 2,49'; Hans in allen gassen,
Zacbeiis in allen zechen. 71*; die .. Hansen in allen gassen,
die des sacks wollen fünf zrpfel haben. Luther tischr, 1S7';
wult ich danimb nicht Hans in allen gassen sein , weil
man im Niderland die graszmuckenkünig Jan schilt? Gary.
109'; dasz sich .. viel vergeblich einbilden, sie sein allein
witzig und Hanns in allen gassen. Simpl. l (1713) s. 129. ähn-
lich Hannes von allen gewerben wird niemals reich, zeilschr.
f. vaterl. gesell, u. alterlhumsk. {Münster 1857) 8, 9.
Hans Hagel {s. bagel sp. 14^) : der forscher, kenner . . des
schönen rausz es sich gefallen lassen, dasz sogar der ganze
Hans Hagel des vorhofs sich ziemlich vornehm . . gegen ihn
geberdet. Bürger 372'; heilige Vernunft! das ist ein thcures
wahres wort, ich schmeichle mir, dasz es deinem bessern
selbst den sieg über den ganzen Hans Hagel der Sinnlich-
keit verschaffen werde. 502";
Ilans Ilagel greift nach stein und koth.
J. F. KiMD gedickte.
Hans Hase, lapis, stipes, caudex, bardus. Stieler 7S1.
Hans Hasenfusz, feigling. Lenz 1, 148. 193.
Hans mit den rothen hosen : hie sitze ich Hans mit den
roten hosen (spottend). LtrriiER 3, 09'.
Hans Humm: dann es weren nichts als huderbulzen,
grhidpfutzen , fetzglocken, raumsfelder, marterhansen, Hans
Humm , muffmaffen , baurenclementer , die gar kein kriegs-
weisz wissen als Stelen und rauben. Garg. 232*.
Hans von Jene, narrenname: da leuft der andechtige pöbel
zu mit Hansen von Jene. Luther 8, 229'; vielleicht werde
ich müssen Hans von Jenen gesellschaft leisten (zum narren
gehallen werden), br. 4, C69 ; d. Caspar Mecum und Menius
sind von Hagenow gen Straszburg spazieren gezogen , Hans
von lehnen zu dienst und ehren. 5, 298 ; Mono praecursor
sagt im prolog:
dann wo herr Hans von Gchn nicht ist,
daselbst man aller Trcuden vorgist,
es ist kain spil so gering oder klein,
in welchem gar kain nar must sein.
Itisloria Magelonae spietweis A iij '.
Hans Koch: du thnst wie Hans koch .. Hans koch gün-
net niemand der ehr dann im selbs. Acric. spr. (1560) 23".
Hans mit dem köpf hindurch: da lerne ein jglichcr für
sich selbs das er sanftmütig sei gegen jederman , das ist
nicht mit Unvernunft, aus hasz oder rachgir mit dem nche-
sten fare und handle, als die so man heiszet Hans mit dem
köpf hindurch. Ldtber 5, 353'.
Hans Küchenmeister: Karl: sie kocht weisze rüben und
einen lammsbraten. Götz: weiszt dusaucb, Hanns küchcn-
meister. Göthe 8, 27.
Hans Liederlich:
du sprichst ja wie Hans Liederlich,
der begehrt jede liebe blum für sich. Götub 12, 134.
Hans Marter, spollname für land.<:knec}ite, s. marterhans:
in kricgs noth, in der bösen zeit,
wenn Hans martcr und brnder Veit
mit groszon rotten bei im hausen,
durch alle wtnkel beiralioli mausen.
Ü. Waldis Esup 3, 89, 34.
Hans hinter der mauer: Hans hinder der mauren, galhn
in slerquilino seu fimeto siw. Stieler 765; es zöge einsmals ein
armer mensch, der das brodt bettelte, einen hund auf und
nennet ihn Vulgus, das ist Hans Omnis oder Hans hinter
der mauren. Schi;ppius 404.
Hans Mist : Hans Mist als läcltcrlidier bouemname. fastn, sy.
342, 15;
ich weisz noch einen, hoisit ilana Hytt,
der will all weit des Oborredon
er tj zA Norwegen und Scliwedeii,
kA Alkcjfr gsin und lii Granat,
und do der pTcITcr wccbnit und «tat,
der doch nye kam »o verr bin u-iz.
liRA>(T narrvntch. 76, 83i
bie bin ich, hauptmao, »prnrli Hans Mi«L
MüRNEii lulh. narr 3274.
Hans Narr, zusammengerückt Hausnarr: da hat ein \\:\\<-
Narr, der sonst belobte herr PfalT in Kiel, in Widerlegung n\< .
ncr, darzuthun gesucht, dasz' das reine weisze licht aus cim i i
duppelgrau bestehe. GOtuk an Knebel :I84: du oollst ni<l>
über alles so läsonnioreu, Hansnarr! geh, sattle dir ein pfeid
461
HANS
HASS — BAISSE
462
und mach dich fertig! Götter JeanneUe 2. auf:. I.mßr.; ähn-
lich Hans Narrolt :
ich haisz Hans Narrolt [spricht ein läpp)
und hat) des wirts mait holt, fastn. sii. 653, 11;
wil es Hans Narrolt,
so Wirt im di nerrin holt. 673, 33.
Hans Nau, homo lenax. Stieler 1335.
Hans Nimmersatt: Euclio, das ist Hans nimmer satt, der
will haben dienstbotten die da haben hirschfüsze, eselsohren.
bände ohne pecb , und ein verschlossen maul , sollen aber
essen und schlucken nichts. Schüppius 405.
Hans Ochse:
ich singe wie ich kan, so fährst du mich doch an,
lind sprichst : das heist kein bass, du must viel gröber singen.
Haiinsz Ochse! sprech ich drauf, du wirst mich nicht verschlingen,
sag, ob ich nicht so grob als du nun singen kan?
A)iAaA:«TBEs 461.
Hans Omnis: vulgus, das ist Hans Omnis. ScBt:ppics 404.
Hans Ohnesorge , Hans ohne sorgen : Ucalegon . das ist
Hans ohne sorgen, acerra philologica (1711) j>. 221; S. sag ihr,
Hans von Seibiz grüsze sie. C. Hans? wie war es? S. Hans
mit einem bein, Hans ohne sorgen, wie du willst. Görne
42, 2S9 ;
ich bin Hans ohne sorgen,
weil mir die leute borgen.
Mk>ames atlerneueste arl zur poesie zu gel. 25;
man hat mich im spott nur
Hans Ohnsorge genannt und mich von hause vertrieben.
GÖTHE 1, 33U.
Hans Pompsack, ostentator vanus. Stieler 1658.
Hans Schenk: Hans Schenk hat gnad zu hofc. Agr. spr.
(1560) 34". SceoTTEL 1141'.
Hans Supp, name des narren in der comödie, nach dem franz.
Jean Potage : angesehen der weit mehr mit dem lustigen
Jean Potage, oder Hans Suppe als mit dem traurigen und
ernsthaften Cato ist gedienet. Rist die aUeredekle belusligung
121; indessen hatte sie allerhand affenspiel vor dem spiegel
. . sie bisse die leffzen zusammen , formirte bald das maul
auf andre maniren wie Hans Supp seinen hut. Sinipl. 3, 350
Kurz; adieu dann, Hans Supp. Schattb. engl. u. franz. com.
1, 297.
Hans tapp ins mus {vgl. Hans Daps) : wer mehr wissen
will , kauf sichs träctätel selbst , dasz ich mein Unkosten
bald auszer krieg, sintemal ichs so eingricht hab, dasz kain
gescheuter mensch entrathen kan, und gleichwohl wil kainer
gern ein Hansz tapp ins musz sein. Schwabe tinlenf. B s'.
Hans Tölpel: und wenn wir davon hören, das uns Christus
mit seinem blut erlöset hat, so bewegt es uns eben, als
wenn Hans tölpel höret das ein hun eier legt. Lcther 5,211*.
Hans Ulrich, personificalion der speilust, indem der ztceüe Ihe'd
des namens den beireffenden würgenden laut malen soll: weil sie
sich so übernommen hatten, musten sie in der nacht Hannsz
Ulrichen rufen. Darbennime 207.
Hans um und um: diese waren allenthalben, wie 'Hansz
umb und umb, daheim. Pbilander 1 (1642) s. 121.
Hans Cnfleisz : Hans unflysz und Cuatz onsorg. Fbakk
spr. 2, 59'.
Hans Ungelenk, truncus, slipes, caudex. Stiei.er 1146.
Hans Unmuth, homo morosus, torvum vidcns. Stieler 765.
Hans Unvernunft: wenn die männer Hans Unvernunft wer-
den und flugs alles mit schmeiszen auf einmal zu recht
bringen wollen. Piora hausmüUer abc Dl; es geht, wann man
auch klagt, an manchem ort kaltsinnig und langsam gnug
zu, sonderiich, wenn Hans Unvernunft, der tägliche henker
und mörder seines weibes, befreundet, beschwägerl und be-
gütert ist, dasz er etwas spendiren kann. Scriver seelensch.
2, 276.
Hans Unverstand: mich dünkt immer, hie werde sich
Hans Unverstand hören lassen und unverschampt sprechen.
He.s.ninc tnischmasch 444;
80 thut er wie Hang Unverstand. Stopp« Parnass 103.
Hans Wurm, stuUiu, fatuus, capito, obslinalus, contumax.
Stieler 25S4.
Hans Wurst, den ältesten beleg hierfür brin^ Zarkee w der
nu^';nhe des narrenschiffs s. 422 bei, er entstammt der 1519 er-
•-' ■ncnen niederdeutschen bearbeilung des genannten tcerkes. die
:'■/ jung von wursl zu dem namen Hans soll einen groben
menschen von unbeholfener figur malen, dessen leibesqeslält an
eine warst erinnert, icie in büringen in der that ein solcher
mensch einer wwrsl verglichen wird; dasz dis wort, Hans Worst,
nicht mein ist, noch von mir erfunden, sondern von andern
leuten gebraucht wider die groben tölpel, so klug sein wol-
len, doch ungereimpt und ungeschickt zur sachen reden und
thun. also hab ichs auch oft gebraucht, sonderlich und
allermeist in der predigt. Luther trider Hans Worst, werke
7, 407'; es ist ein Hans Worst gewest, der solchen canonem
gemachet hat, ein Hans Worst den andern, noch hat er alle
weit, auch alle hochgelehrten verblendet. 5, 8&'; trink alle-
zeit vor dem durst: so tringt dich kein durst, mein Hans
Wurst. Garg. lOl'. als bauernname erscheint Hans Wurst in
Probsts fastnachtssiiiel vom kranken bauer und seinem knecht
Simon Hempel (1553). die Verwendung dieses namens für änen
narren in der comödie geht nach Weinhold in GoscJies jahrb. für
literaturgeschichle 1865 s. 3S sufrüliest auf ein scliauspiel aus dem
jaJtre 1573 zurück, redit gemein wird sie erst gegen ende des
i~. Jahrhunderts bis in die 1. Iiälpe des 18., wo der Hans Wurst
in zaldreichen stücken auftritt: einer ausz den kurzweiligen hof-
räthen oder Hensel Wursten zunft. wiszbad. wisenbrünnl. 2,120;
was übrigens der edle Hans Wurst in den komischen tragödien.
wovon wir reden, für eine wichtige rolle zu spielen hatte, wird
vielen unserer leser noch in frischem andenken sein. Wie-
LASD 3, 51 ; als seine tracht hat sidi nach und nach eine bunte,
geckenliafte klddung herausgebildet: ihre kleidung war von allen
färben, wie Hansz Wursts. Pbilander t (1642) s. 142 ;
der geht wie Hansz von Wurst, hat er sich bund mundiret.
Rachel sat. (17üO) s. 155.
Der name wird schon früh xusammengerücki geschrieben : wie
Hanswurst also brütet. Frey garleng.S; und durch rorsetzung
des artikels rein als appellativum behandelt : der gute hanswurst.
Chr. Weise 34t ; vom Charakter des hanswursts. Lessing
11,176; indessen ich behauptete, das costum sei nur noch
zwei (Inger breit vom hanswurst. Göthe 20,136;
dasz hanswurst seine bochzeit hält,
und sich eine banswurstiu zugesellt. 57, 259;
vgl. auch wursthans. allgemeiner wird dann mit hanswurst
ein narr, geck überhaupt bezeichnet: auch zu mir, sagte sie,
sind die hanswürste gekommen mit ihren bunten scherpen
(franzüsisdie commissarien), haben mir befohlen und gedroht.
Götue 30,325.
4) klingender Hans heiszi das Idusekraut, hahnenkamm, rlünan-
thus crista galli. Nemjiich 4, 1151.
HA>'Sä, s. hanse.
HÄNSCHEN, die mitleide alsche verkleinerungs- und koseform
des namens Hans, der mehr oberdeutschen Hassel, Hänslein (s. d.)
gegenüber: wo ist denn mein allerliebstes Hensichen ? Luther
3, 405*. es steht in allgemeiner Verwendung wie Hans 1 (sp. 455) :
was Häuschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, wo es
den gegensalz des kindes zum manne hervorliebt;
und wofern sich lauter grobheit an dem zarten Hänszgen zeigt,
so bleibt Hansz in alten tageu dieser tagend auch geneigt.
PuiLA.NDER v. D. LixDK verm. ged. (ITlü; ».66;
was Uänscheu versäumt, holt Hans nicht mehr ein.
BÜRGER 67^
als name eines narren oder zwerges: siehe Hänszgen, hier
schenke ich dir eine uhr, sagte die herzogin Maria Anna in
Portugal zum zwerge. Schmaücher Oirl VII s. 45. dalier einen
zum Hänschen haben, zum besten. Germania 5, 320.
Hanschen im keller ist eine verblümte redensart für das kind
im mutterleibe, s. 5,514; auch englisch lieiszt es Jack in the
low, Jack in the cellar;
ihr selber sollt mich lustig sehen,
und zwar, es wird gewisz geschehen,
wann Uännszgen aus dem keller schleicht.
Pica;<der 3, 4S0.
birkengretchen und karbatschenhänschen für ruüie undpeilsche,
s. 2,39.
HANSE, f. 1) socielas mercatorum. goth. hansa, ahd. hansa
(Gräfe 4,976) gilt von einer streitbaren scliaar, ags. hös von
einer schaar, einer gesclilossenen Vereinigung schlechthin ; als kauf-
männische Vereinigung mit bestimmten richterlichen befugnissen er-
scheint hans, hanse in süddeutschen handelsplätzen, nach Schm.
2,210 in Regensburg seil 799, auch anderswo bis viel später:
die hungerischen wein werden in und durch das land heim-
lich gefürt, das awer insonder ainem hannsgrafen bevolhen,
soihs zu wcrn, wie die freibait der hanns vermag, der er
awer kains thut. Chjjel urk. Max. l. 245. 252. im Bremer
lande bezeichnet es die gettossenschaft der deichgeschworenen: auch
die deichgeschwornen der Bremer Gehen haben ihre hanse.
463
HANSE — HANSEL
HANSEL — HÄNSELN
464
Stüve wesen u. verf. VM ; in einem iliililhänser Statut des 15.
jahrh. heiszl es innung schlechthin: quod mechanici coiam duo-
bus consulibus ausas siias celebrabiint. Hai.taüs siS ; so dasz
durch diese belege das wort aJs iiber ganz Deutsclüand in dem
allgemeinen sinne Vereinigung, genossenscliaß verbreitet gewesen
bezeugt wird; noch jetzt in Kiirnthcn banse neben männlichem hans
geplauder, Unterhaltung. Lexer 133. gewöhnlicher ist das wort
hanse auf jene corporative Vereinigung norddeutscher , scehandd
treibender kaußeute bezogen, die sich nach und nacli zu einem poli-
tischen bundc erweiterte und iiber deren entstehen und ausbreiluny
Sartorius urkundliclie gescL des Ursprungs der deutschen hansv
IbSO ausführlich liandelt. als Vorläufer dazu erscheint hansa in
einer Urkunde Heinriclis III. von England v. 1266 gebraucht von der
Innung der Hamburger kaufleute: ad instanciam diicis Bruns-
viciensis nieicaloribus ipsius ducis de Hamborch concedimus
. . ut habeant hansain suam per se ipsos per lolum regnum
in perpetunm. Sartorius 2, 93. gewöhnlicJt wird mit dem auf-
blfihen der hanse die mütellateinisclie form hansa oder ansa f»
Urkunden; hansa hanse der coiplude Dief. 273* (aus dem Theu-
tonista); daneben geht eine andere form, in der der stammvocal
a in e ausgewichen: ansa benze Grayf Diutiska 2,200 (13. j/i.);
extra hensam sive comraunitatem mercatorum. Sartoeius
2, eis {v. 136S).
2) hanse ist auch, von der allgemeinen bedeutung äner Ver-
einigung, genossenschaft ausgehend, der zins , den eine solclie zu
entrichten hat, kaufviannsschosz, liandelsabgabe : hansa pensitatio
pro mercibus exsoWi solita. Du Gange von He.nschel 3, 623' ;
hansam eciam, que ad nos respectuin babuit, arbitrio civium
permisinuis. Bremer urk. v. llsl bei Sartorius 2, 9 ; ad hoc,
ut cum mercibus suis libere eant et redeanl per tolum dii-
catum Saxonie absque hansa et absqiie theloneo. urk. Fried-
richs \. für Lübeck von 1188, das. in ähnlichem sinne verzeich-
net das brem. wb. 2, 592 die nebenform liense als cd)gabe für
den einlriU in die oben erwähnte deichgenossenschaß aus einer
Urkunde von 1449.
3)_ hanse übertragen von literarischen Vereinigungen , lüeralen-
zunfi: aber die anpreisenden vorreden und die nachbaue
aus allen kritischen bansen und gilden scheinen ihm nicht
biosz ein mitleidiges lächeln, sondern eine warnende rüge zu
verdienen. Voss mythol. br. 1, 2 ; vorzug , der mir fast von
der ganzen schreibenden hanse zu theil geworden. J. Paul
llesp. 1,190.
HANSEAT, VI. mitglied der hanse, gebildet nach dem miltel-
laleintschen adjediv hansealicus. jetzt auch ein bewohner der drei
hansestädle Bremen, Hamburg, Lübeck.
HANSEATISCH, adj.: zur zeit des hanseatischen bundes.
Moser patr. phant.l (1798) £.30; beide kompagnien, sowohl
die hanseatische . . als die südliche, s. 262.
HANSEBKCDEK, f?i. soäus fraternitalis hansicae. Haltaus 823.
HANSEBÜND, m. : auszer der reichen niederlage des hanse-
bundes waren hier noch fünfzehn handeisgescllschaften mit
ihren comptoirs. Schiller 782".
HANSEGRAF, m. eigentlich Vorsteher einer hanse, genossen-
schafl: in Süddeutscidand in der form hansgraf richter in hau-
delssachen , i. b. in Regensburg, wo er seit dem 13. jahrh. ur-
kundlich nachgewiesen ist. Senn. 2,216; in Bremen sind hänse-
gräven zwei ralsherren , die bauliche Streitigkeiten der naclibarn
schlichten, brem. wb. 2, 593.
HANSEL, H.^NSEL, H.ÄNSELEIN, koseform des namens
Hans: was Hitnsel nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr,
quod qui* non difrit in jurenlute non discet in senectnte. Steiü-
BACH 1, 698. wie Hans und Hanseben in verschiedenen characte-
ristüchen Verwendungen.
1) alt name eines narren: Hansel närrischer mensdi. Keh-
REiH 186;
awee. Haniel, «ol Ich des mantels enporn?
du pösRr unseliger llensel, ganst du mir nit so viel eem?
faxin. Kj). 674, 2*i-,
du pöser fchemlicher ilensf;!! 674, 32;
daher fUr einen hansei hallen, einen zum besten haben, aus
Tirol. Fromm. 5, 448 ; dann weiter , eben auch appellativ ange-
irendei, beieichnung eines lotterbuben, umherzwhenden lustigmachers :
dar usz {nun dem $ludenlcn) wart dann ein liensclln.
ÜRANT narrrntcli. 27, 32.
er (Murner) . . gibt auch ein gßlen linnsclin. Karslharu, an-
hang zu Mumert lulher. narren 100,17 Kurz; in der Weiterbil-
dung henseliner: Crobihia war ein Rifliancr, henszclincr und
hßrnfQrer. Acric. tprichw. (1500) i. 148*. FiitCH 1, 416* fnhrt
henseliner als einen der den wein verfdlsclit und mengt , aus
Matuesius auf.
2) wie Hans sp. 459 in Verbindung mit andern charaderisie-
rendcn beinamen : dasz sie {die bilder) auf dem allar prangen,
und von HHnszlein jederman andächtigklich angchett werden.
Fischart bienk. 140'; unterwegs kamen zween kerl zn mir;
darvon war der eine Hannsiein groszer knecht, oder wolle
es wenigst sein , dann er schnitte auf von seinen weiten
reisen , die er kürzlich vollbracht und mit höchster gefahr
überstanden hatte. Simpl. 3,410 Kurz.
3) wie Hans sp. 458 als Ihiername verwendet : alle leute in
der nachbarscbaft wusztcn von dem Hansel {dem staar von
Segringen) zu erzählen. Hebel schatzkästL (1859) s. 224; Han-
se! selir getvühnliche benennung eines pferdes. Schm. 2, 215 ;
der muntre Häusel (ein Hase) ist zufrieden,
und schätzt sicti groszen üanscu gleich. Hagedorn 2, 34.
4) Hansel, Hänslein für penis:
mir lag ein weip gar hart im sinn,
das ich ir wolt mein Hensiein geben, fasln, sp. 260, 22.
5) Hansel am wege, pflanzenname : für den wegetritt, poly-
gunum aviculare Nemnich 4, 1027 , und in Oesireich auch für
die taube gcrste, hordeum murinum. 3, 176.
HÄNSELBANK, <l. eine zierliche bank, auf weldier der bürslen-
maclier den stiel einer kopfbürste glatt beschneidd. Jacodsson
2, 217". äe heiszl auch heinzelhank, kiHcht, wie wiederum der
Stiefelknecht mit einem gewöhnlichen bauer- oder kneclüsnamen
verbunden stiefeihänsel genannt wird. Schm. 2, 215.
HÄNSELBECHER, m. groszer becher , den ein neu in eine
gesellschaß aufgenommener leeren musz. Adelung, s. hänseln 1.
HÄNSELER, m. dcrisor , irrisor, scurra, cavülator, sannio.
Stieler 766.
HÄNSELEI, f. das foppen, zum nanen haben {s. hänseln i).
HANSELMANN, m., dem. hanselmännchen, bezeichnung eines
hausgeistes, kobolds; solche kobolde führen als vertraute des hau-
ses auch vertrauliche namen , meist koseformen gewöhnlicher und
verbreiteter, sie heiszen Hinz, Heinz, Heinzelmann , Chiemke
{aus Joachim), Claus u. ähnL {mylhol. 471//".): nicht weit von
der insel, darin, wie die poeten fabuliren, die spiritus fami-
liäres oder geheime geisler, die allda (wie die allen in ge-
wonheit gehabt, sie die hanselmännerlein zu nennen), ihre
Wohnung hatten. Philander 5, 528 Lugd. im Fuldaischen heiszl
hanselmännchen ein sjnelzeug aus hollundermark und blei, was
Purzelbäume schicszt, anderwärts stehaufchen oder auch kolioUi,
s. 5, 1550. — In Schwaben wurde ehedem ein nicht näiier be-
kanntes Ued vom hanselmann gesungen:
as singt an jedas was as kan,
da blauha stoarka, dan hanselraan.
ticU HUI 1633 hei Fromm. 4, 96.
HÄ.NSELN, verb. l) in eine geschlossene gesellschaß feierlich
aufnehmen, die ableitung des Wortes von hanse in dem weite-
sten sinne Vereinigung, genossen schaß, die Weigand vertritt, kann,
wenn man die unten folgenden beisjwle und namentlich das gleich-
bedeutende bansen {s. u.) erwägt, wol nicht angezweifelt werden,
fern davon hält sich nach form und bedeutung das obei-deutsclie
hunzeln manibus tradare sowol wie hiihnzeln, versfmtten {mnti
vergläche unter diesen Worten), welches letztere Kehrein 186 mil
hänseln zu unrecld mischt, abzulehnen i4 die von Wacrer-
NACEi. in Pfeiffers Germ. 5, 320 ver.oucfUe Verbindung i-on han-
sein, hänseln mit dem ägennamen Hans, Hansei, dei- sich zwar
die zwrite Itedeutung des verbums, niclit aber die erste fügt, hän-
selen initiari mysieriis societatis, dato symbolo aliquem in .Wu/i
tium recipere Stieler 766; es sind auch etliche feldh'-mi
nach gesellschaflsgebrauch {in die fruclübringende gcsii
mil dem Willkomm eingenommen, oder wie man es In-
genennel, gehänselt worden, neuspross. palmb. I6t). das lian
sein war namentlich sitte in der genossenschaß der fiihrleute. bn
handwerksburscJwn. schiffern, reisenden; am Rheine wird rine junge
frau, wenn sie tum ersten male auf einem kindtaufschmause ut/,
gehänselt, mil einem sirausse gescIimücJa, wofür sie zahlen mtis:.
Keiihein 1H6; s. auch Viimah 149, der ausführlicher dieses au-
Innden mit strausz und tiand lieschreibl; iiber den liraiirh l>ei
Studenten vgl. unten hnnseii. anlehnend an diese bedeutung saiß
J.Paul: zu wichtigen amiern musz di-r sta.illiüiger erst gr-
hltnsell werden. un.t. löge 3, 133,
t) von den eeremonien liei aufnahm' lenossrnschnli
aus, die vielfach etwas komisches an sich li uyeti . wird h.lnseln
in dem rinne zum besten holten, foppen gehraurhlich, schon Srir
LKi führt et to auf: sed rt bAnvelcn in genere tigntfical ait-
465
HÄNSELN — HANSWURST
HANSWURSTEREI — HANTIEREN
466
I
quem pro delectamento habere, didis ludificare. 766; bair. hans-
nen und hänseln Schm. 2, 216 ; in Tir<^, Franken und ander-
teärls hänseln; der mensch läszt sich in die länge nicht
hänseln. J. Paul flegelj. 4, 34; demungeachtet, ob Zeusel
gleich von Matthieu diesmal wieder gehänselt und geprellt
wurde. Hesp. 3, 6 ; man musz sie gewähren lassen, allenfalls
nur sie hänseln. Gütbe an Jaeobi 238;
bedenkt jedoch erneuter Zeiten lauf
und sparet doppelsionige worte . .
ihr hänseltet den guten treuen jungen,
das ist euch ohne kunst gelungen, «erke 41,99.
bei Ijijiermann intransitiv ton neckischen freudenbezeugungen : das
springt, bockt, bäumt, stöszt, rennt um mich her, das schüt-
telt sich, rüttelt sich, tänzelt, schwänzelt, hänselt, dasz keine
Phantasie . . die tolle scene . . sich vorzustellen vermöchte.
Münchh. 2,72.
3) ein reflexives sich hänseln , sich herum hänseln , sich
selbst zum narren haben, kreu: und quer irrend schweifen:
und ich musz mich hier im wald rum hänseln.
TXECK 2, 339.
HÄNSELÜNG, f. nach hänseln 1: ist von unterschiedlichen
übel gedeutet , dasz biszweilen etwas stark bei der hänse-
lung getrunken worden, neuspross. palmbaum 329. — Auch
nach hänseln 2 das foppen, necken, zum besten haben. Stie-
ler 766.
HANSEN, rer&. in eine banse, genossenschaß , gesellschaß
unter gewissen gebrauchen aufnehmen, niederd. bansen brem. icb.
2,593; j'air. bansen neben bansnen und hänseln Schn. 2,216;
miitelaü. bansatus, in hansam. id est societatem admissus.
Du Gange von He.nschel 3, 623'; 6« Studenten: daher von
alters her der brauch inn schulen . . geblieben, das man . .
denen , so die hörner in der deposition abgeschlagen und
die man bansen will , saltz eingestrichen hat. Mathes. Sar.
132*. eigenthümlich war das bansen in Küln, das im mitlelalter
stapelrecht hatte; jeder bürger konnte einen kaufmann , der mit
seinen waaren Köln umgdien wollte, durch anbinden mit einem
Strohhalm oder faden zwingen, säne waare in Küln zu lagern,
dies anbinden (vgl. bei hänseln) hiesz bansen, es war symbol
dasz der kaufmann in die kölnische gemeinschaft aufgenommen
sei und kölnisches recht zu leiden halte: quicumque autem ta-
lium mercatorum secus seu in contrarium facere vel fecisse
ab aliquo cive Coloniensi fuerit deprehensus , ab ipso cive
impune et licite arrestari et puniri poterit more antiquo,
secundum quod vulgo hansin vocatur (es fol^ eine nähere
beschreibung des anbindens). urk. von 1259 bei Lacomblet ur-
kurrdenb. 2,262. der beschriebene act selbst wird in mittellatei-
nischen qudlen bansa, banse genannt. Du Gange v. Hekschel
3, 624*.
HANSEN, plur. l) bairisch, die geburtstheüe der kuh, audi
ansen. Scbm. 2, 216.
2) eine nebensorte der fleisehtrauben. Nemsich.
HA.NSERECHT, n. die gesetze des hansebundes. Frisch 1, 415'.
HANSESTADT, f. zu dem bündnis der hansc gehörige stadt.
das wort erscheint xufrühest in einer krämerordnung des rats der
Stadt Anclam ton 1330, vgl. Sabtoriüs 1,47, wo die stelle in
moderner Schreibung mitgelheilt wird; jeder krieg zwischen den
hansestädten und den nordischen krönen. Moser patr. phant.
1 (179*) s. 67. die im 17. jaMt. gewöhnlidie Schreibung hansee-
stadt pe/U ro» dem glatä>en aus, dasz der letzte theil des wortes
banse mit see mare in besiehung stünde: die hanseestädte.
MicBÄLiüs 4,76; in einer jeglichen hanseestadt. s. 77; in die
banseestale. Scbippiüs 69S.
HANSETAG, m.: ist vergangen jähr im banseelag be-
schlossen , dasz acht städte . . nach Koppenhagen sich er-
heben und nocbmalen umb voriges (erneuerung der priviUgien)
starke ansucbung thun selten. MicrIlios 4, 76.
HANSISCH , adj. zur hanse gehörig : unsere vorfahren im
hansischen hunde. HOser patr. phant. l (179») 12; unsere ge-
lehrten beschreiben uns die hansischen kriege, s. 14 ; sie hat-
ten ihre Stapel in allen hansischen Städten, und diese musz-
t«n ihnen eben das recht gestatten, was sie selbst in ihrer
guildhali , der bunsischen uiederlage iu London, genossen.
«.22. I» subslanliver terwendung ein glied der hanse: ein han-
sischer soll mit keinen, der nicht hansisch ist, gesellschaft
oder factoryen anstellen, lubi^clies recht bei Frisch 1, 415';
'nun haben z«ar die Englander den hansischen so viele
Schwierigkeiten gemacht. Moser jxrir. phanL 1,22
HANSWURST, m. 5. unter Hans sp. 462.
IV. n.
HANSWURSTEREI, f: ziemt es denn einer hochcultivir-
ten nation , ... sich in der arena der politischen presse
einer spräche zu bedienen , welche erinnert an die kurz-
weiligen hanswurstereien des W iener palers Abraham a santa
Clara? Braos rier briefe eines Süddeutschen i. 15.
HANSWÜRSTIADE, f. hanswurstkomOdie : so viel kann ich
sagen, je gröszer die weit, desto garstiger die farce. und
icb schwöre, keine zote und eselei der hanswurstiaden ist
so eckelhaft als das wesen der groszen, mittleren und klei-
nen durch einander. Göthe an frau v. Stein 1, 169.
HANSWCRSTIN, f.:
dasz banswurst seine hocbzeit hält,
und sich eine hanswursiin zugesellt. Göihk 57, 259.
HANSWCRSTJACKE, f. {tgl. sp. 462): er bat die ganze Out
von spott und höhn verdient und es ist auch Taubert nicht
gelungen, ihm die hanswnrstjacke auszuziehen, bldtter für Utt.
unterh. 1S66 s. 763.
HANSWURSTKOMÖDIE, f. komödie in der ein hanswurst
die hauptrolle spielt; war an fang des torigen jaiirhunderts im
schwänge.
HANSWURSTSCENE, f.: gleich die erste erzeblung beim
Poggius könnte eine vortrefiTliche hanswurstscene geben.
Lessisg 11. 177.
HANSWURSTSPIEL, n. hanswurstkomödie.
HANTEL, f. vielleicht handhabe zum anfassen einer sache :
also hört icb all mein tag,
das gelt und gab vil vermag
in dem recht und an dem ringL
dar umb nolt ich euch dy baotel smiren,
das ich cham von der dyeren. fastn. sp. 1000,30.
das ahd. hantilla, hanlella (Ghait 4.972) wird mappa, map-
pula glossiert, hat also abweichende bedeutung , es lebt in dem
spätem handel mappa Dief. 348' fort. — Heute bezeichnet bei
den turnern bantel ein bequem zu fassendes eisenstück, das stur
Stärkung der armmuskeln geschwungen wird.
HANTIER, n., was hantierung 3, gewerbe, handtcerk:
ein gsellenschiff fert yetz dohär,
das ist von bantweikslüten schwär
von allen gwerben und bantyeren.
ßRA>T narrensch. 48,3;
und wasz wir hören und sechen,
das un«z gedünkt ein zier,
musz auch pei unsz geschechen,
all Sprech thu wir verjechen,
ob esz ist ain hanthier,
wir nennens ain manier.
flieg, bt. i6,jahrh. tom fünoüi der weit.
HANTIEREN, verb. negotiari, tractare.
Die Schreibungen bandlhieren, handieren, die seil dem 16.
Jahrhundert platz greifen, suchen eine beziehung des terbums zu
band mani« auch äuszerlich geltend zu machen, allän unrecht-
mäsziger weise, da hantieren etymologisch überhaupt nichts mit
band zu thun hat , und ein terhällnismäszig erst spät aus dem
französischen entlehntes fremdwort ist. das franz. hanter mit
der bedeutung oß besuchen, hin und her ziehen, welches seü dem
12. jahrh. belegt ist tLiiTRE 1, 197S') und welches Diez 2,328
auf das altnord. heimta fordern , einfordern , dän. hente holen
zurückführt, dringt zunächst in das miltelniederldndische ein, wo
hantieren durch i. Gri.hx kl. sehr, l, 366 nachgewiesen wird,
die bedeutung gelit auf einen kaufmann, der das land mit seinen
waaren durchzieht, wandernd handel treibt, und so wird das wort
auch in das hochdeutsche übernommen , wo es aber vor dem
15. jahrh. nicht nachweisbar ist; ton da aus dringt es ins dä-
nisclie (haandtere) und ins schwedische (handtera) ein. eine er-
veiterung des sinnes lag, da bei hantieren an band gedacht
tmrde, nahe; man beznchnele später damit den betrieb einer be-
schdfligung, eines gewerbes, die tomahme einer handarbeit über-
haupt, sofern rfif.se nur, und soweit blickt auch hier die alte be~
deulung immer durch, mit gröszerer beweglidikeit seitens des aus-
führenden geschieht.
Demnach sagt hantieren aus
l) kaußandel treiben, handeln, verkaufen.
a) intransitiv : handthieren , negotiari Dasyp. ; handtieren,
contrahere, mercare, tractare mercaturam, ne^iari. Serhascs
syn. 93'; negotior , kaufmannscbaft und handlung treiben,
handthieren, handien, gewerb haben, schachern. Kirsch cornuc.;
di stat Collen nit berürn und inen zu nutze nit gebantirt
werden soll. Mome zalsclir. 9.40; mit Ortsbestimmung: beute
oder morgen wollen wir gehen in die oder die stad , und
wClIen ein jar da ligcn und hantieren und gewinnen (xoi
30
467
HANTlEllEiN
HANTIEREN
468
ifinoQeioofted'a xal ye^Sr^aoftEt). Jac. 4, 13 ; die augspur-
gischen, ins gebirg handierenden kaufleule. Scbm. 2,208;
er dröcknet einen ström und senget einen flusz,
in denen man zuvor mit schifTen gehandtieret.
Weckhbrun 252 (ps. 107).
mil angäbe der vaare, womü Handel gdrieben wird: die apo-
tecker und ander, so gift verkaufen oder damit liandtieren.
Carolina arl. 37 ; etliche verkeufen sie {die messe) und han-
tiern damit für den stinkenden bauch. Lutheh 5,212"; eluas
anders mit einem um ein ding handieren {handeln, markten).
ScH«. 2,208; wol dem menschen, der weisheil findet, und
dem menschen der verstand bekompt. denn es ist besser
umb sie hantieren {xQeloaov ya^ axjrrjv ijuTtogei'sad'ai
sepluag.) weder umb silber. spräche 3, 14. die person, mit der
handel getrid)en wird, ist durdi mit rermiltcU: dise wähl hat
der kaufer auch, so er widerkumpt, und findet sein gold
bei dem salz , so mag er mehr hinzulegen , dj es ein kauf
sei oder sein gold nemmen, und im sein salz ligcn lassen,
aul" dise weisz handthieren sy miteinander on alle mündt-
liche wort. Frank wettb. 213'; wer mit werken wil verdienen
und gewinnen, der denkt freilich nichts umb sonst oder aus
gnaden zu empfahen, sondern wil mit gott handtieren und
roszfeuschen. Ldtuer 5,136'; mil eim handtieren, eini umb
etwas nutzes willen nachlaufen, conseäari aliqiiem Maaler 212*;
auc/i durch an, wenn ein überreden im handel gezeichnet werden
soll: und durch geiz mit erlichten werten werden sie an
euch hantieren. 2Pctr. 2, 3; und danach: durch geiz hantie-
ren sie an dem volk. Luther 4, 298", welche bibelslelle auch
in folgendem angedeutet wird:
dan vil gellsirick hat er (der papst) erdacht,
da mit die woll von schafen bracht,
und hat mit den umb uns hantiert,
wie das sant Petrus melt und rürt.
Schade sat. u, pasqu. 2, 213.
6) iransüiv: etwas handtieren, etwas gewerbs und kauf-
roannschatz {Itandel, geschäß) treiben, commercium alicujus rei
exercere. Maaler 212'; ab gestc, kaulleute iren kaufmann-
schatz ze vil hantiren wollen zu schaden der Stadt und der
borgen Magdrb. fragen 211. ebenso verhantieren verhandeln,
verkaufen , wol in öffentlicher steiijerung : soll der schullheisz
die pfändt verhandtiren mit rath der scheffen. weistli. 2, 550.
2) hantieren heiszt allgemeiner ein gewerbe, eine kunst um
gewinnes willen treiben {vgl. auch hantierung): der häufe die
auf den schiffen hantieren und schiffleute die auf dem meer
hantieren (t^ d'äXaaaav i^yä^owai). offenb. 18,17;
nein, vieh zu scLIachten ist nicht mein iiandthieren,
die ochsen sind ein unverständig volk. Tieck 1, 184;
von der ausübung des räuberltandwerks :
der wald ist unser nachtquartier,
bei Sturm und wind hantieren wir,
der mond ist unsre sonne. Schiller räuber 4, 5.
3) das worl verläuß tn den sinn verkehr haben , verkehren :
in einem bausz handtieren oder wonen, domum alicujus cele-
brare. Maai.er 212'; nd. handieren, verkelir haben. Dähnert 174';
im trojanischen kriege, da die Griechen schon stark zur sce
handthiereten, traten sie zusammen. Heilman Thucyd. 5, nocfc
a)JM xai ravTTjv xi]v ar^arsiav, ü'aXnoaT] i/St] za nleito
Xooofitvoi^ ^ffjkd'ov., SU war daselbst {in korinth) von jeher
ein starker iiandcl gewesen , indem die übrigen Griechen
mehr zu lande als zu wasser handthiereten. s. lO; als auch
die Griechen nachher mehr zur see handlhierelcn. das. in
gleichem sinne auch: womit einer wachend handieict, damit
pflegt einer gemeiniglich auch träumend vexirt zu werden.
Simpl. 2,128 Kurs; freier vom gedankenvcrkehr : mit solchen
und dergleichen gedanken bandierte ich täglich. 2,242; als
ich hiermit in meinen gedanken handthierle. 3,342; und
tonst ähnlich:
die vom ade! woln sein obn tadel.
nrhtcn sich hoch, so »ie sich doch
•-i'lti-t nlcdrif; machen, das sie mit tacheo
itzurnl tiantiren, die sie nicht zieren,
<l<ik macht, man thut nicht mehr turniren.
IICNMIBKIICF.II 4fi2.
4) an band angelehnt, wendet sich hantieren zu der bedeulnng
ftwat verrichten , Ihun , treiben , es empfängt nun den sinn von
bandeln no. 2 und :\ (.7). 374) , das durch bunliercn in diesem
%inne fatt renlritnql wird, während fiber hnnlicrcn in der «r-
»yrünghchen hedrutung kaufhandel treiben nun handeln no. 13
(tp. 370) siegt, die fügung ist zwiefach.
a) inlransiliv, mil arbeü, vorzüglidi band- und hausarbeit be-
schäftigt sein, solche arbeil treiben und zu treiben wissen: also
miist der pfaff Ulenspiegel seinem knecht sunder seinen
willen Urlaub geben, doch so half er mit den bauren han-
tieren , wann der meszner oder sigrisl desselben dorfs was
kurzlich tod. Ulenspiegel no. 11 s. 15 l.appenbcrg; yieW ich sie
nunmehr einig und allein nach ihrem gefallen handthieren
liesz. elie eines mannes 72; wann einer möchte dem andern
zu schaden handthieren, wie er nur selber wolle. Chr. Weise
erin. 95; den andern schalt, dasz er wage auf seinem acker
zu hantiren. Göthe 18,148; auf der wir zurzeit hausen und
hanthieren. L. Tieck gcs. nuv. 4,306; in der nacht hatte ich
träume von gütter- und heldengeschicbten , merkte wohl,
dasz ich mit den fausten umher handtbierte, wuszle aber
doch nicht, was ich eigentlich machte. Ihmermann Münchh.
2,27; unlerweges gingen sie an dem sügebocke des Schul-
meisters vorbei, an welchem dieser im schweiszc seines
antlitzes handtbierte. s. 49; bewegt sah er (auflader Sturm)
in den hausHur hinein . . manches liebe jähr Itabe ich dort
drinnen hantiert; wenn die ringe an ihren centnern glatt
sind wie poliert, meine bände haben redlich dazu geholfen.
Freytag soll u. haben 3, 289.
b) ebenfalls intransitiv, von kriegerischer aclion : kecke biichsen-
mcister . . die vorm feind zu handthieren wissen. Kirchhof
mil. disc. 26;
wir lagerten uns vor Blatzenburg das hohe hausz,
die rcuter fielen zw Oulmbach herraasz,
mit uns wollten sie handireii. Hildebrand volksl. 274.
c) transiiiv, etwas hantieren, eine arbeit maclien : Asar aber
ist ein bildhauer gewesen, welcher steinerne gölzen gemac|jet;
des tages hatte er solche arbeit handthieret, des nachts aber
vor des künigs kammer das Hecht warten imüssen. pers.
rosenlh. 7,20 5.92'; auch brauchte er die tage nothwendig,
seiner braut und Schwestern neue kleider auf die hocbzeit
zu machen , und sonst mancherlei zu handthieren. H. Stil-
LiNG 1,27; eine anzahl Soldaten hatten sich in einen kreis
gesetzt und handirten etwas innerhalb desselben. Göthe
30,28; was handierest du jetzund? quis labor tibi est? Stik-
ler 753.
d) daran schlieszl sich der sinn verarbeiten, eine arbeit kunst-
gemdsz hinausführen: ein ungegerbet leder wird nicht wohl
verkauft , weil sichs nicht handthieren läszt. pers. rosenth.
8, 55 ; von rf«T vtitwirkung bei einem concerle : die Solostimmen
drin wird Golo und mein jung hier handthieren. Fr. Müller
3, 110.
5) die anlehnung von hantieren an band scheint zumal bei
Göthe hervor, wenn er das verbum in dem sinne oft die band
bewegen, mit der hand thälig sein, vei wendet: wenn das thier
ergreift und hanthiert, sind sie {die knochen ulna und radius)
getrennt, mehr oder weniger von einander entfernt und be-
weglich, bis vollendete pronalion und supination dem men-
schen die vollkommen zierlichste und geschickteste bewegung
erlauben. 55,310; und dann transiiiv. etwas mit der hand be-
wegen, vom maier , der färben von der palctte auf das gemälde
überträgl: dann tappt der künstler herum, hantiert seine färbe
hin und wieder, und quält sie auf alle weise. 36,279; über-
haupt wird die barmonie eines bildes desto dauerhafter sein,
je sichrer der mahler von der Wirkung seines pinseis , je
freier sein auftrag war, je weniger er die färbe hin und
wieder gehantiert und gequält , je einfacher und kecker er
sie angewendet, s. 'IH'2. die anwendung in solclier bcdeutung
ist eine ganz volksnuiszige . in Üüringen hört man sowol intran-
sitiv: er hantiert ihm vor dem angesichte, beilegt heftig die
bände; als auch transiiiv: der knecht hantierte einen balken,
als ob er ein spazierstock wäre, bewegte, hob ifm mit der hand;
das messer ist mir zu grosz, das kann ich nicht hantieren,
sagte eine frau. Ahnliclt wird bairisches hantieren durch hand-
haben umschrieben. Sch«. 2, 208.
6) hantieren mit gerdusch etwas machen, Urmen , poltern,
itnrtsehnßen : nd. handieren lärmen, unruhe machen. Däbkert
174'; die schüssel {in der kiichc) ist herunter gefallen, weil
sie nicht recht gnsiellt gewesen ist. wer weisz, wer Ober
der küchc handthieret oder gepocht bat? Gellest 3, t.s«;
die kurzweil bandtbiert nach auszen und ftffnet thür und
fenntcr. Ci.aükiu» 4. 78; sogar von einem wild gewordenen pferde :
dasz CH mit den hintcrfilszcn auszschlug und mit den forder-
füszcn in die erde «charrcte, auch . . cr»chröcklich schnaubetc
und lebete mit springen und handthieren. Happrl acad. rom. «4.
469
HAXTIERER — HANTIERUNG
HANTIERUNG — H ANZELN
470
j
;) hantieren, wie handeln 5 und 7 (sp. 375) mit jemand oder
etwas verfahren; vneder entweder intransitiv: du wirst damit
hanthieren wie du wirst wollen, hoc tu traclabis ut tU)i vide-
tur. Stei.nbach 1, 699; mit einem harte hanthieren, aliquem
nimis aspere traclare. das.; mit einem als ein vieh hanthieren,
aUqttem til bestiam traclare. das.; alle die mit pferden um-
gehn und handthieren. Clacdics 5, "5; — oder transitiv: die
schaar der leckern und naseweisen Schreiber verdoppelte
ihre wuth wider uns, und handthierte insonderheit unsern
Goliath so übel. Liscov 80.
HANTIERER, m.
1) nach hantieren l handeltreibender, kaufmann : handtierer,
pragmaticus, mercator, negotialor, instilor Serraxcs syn. 93';
handtierer, negociaior Maaleb 212" ; also sind sie, unter wel-
chen du dich bemühest hast, deine hantirer von deiner
jugent auf. Jes. 47, 15 ; das deine wahr, kaufleute, hendeler,
fergen, schififherrn, und die so die schiff machen, und deine
hantierer, und alle deine kriegsleute, und alles volk in dir,
mitten auf dem meer umbkomen werden. Hes. 27, 27 ; das
sie [die Sterngucker) sagen . . wer im Mercurio geborn wird,
der werde ein guter handtierer werden. Lcther 4,9'; und
das ich von gemeinen gelerten auch sage, wo sind noch die
bergwerk, kaufleute, hantierer? 5, 18l'; an wackenn leuten
fehlet es nicht: sie schicken sich m allem, gelehrten, Sol-
daten, handirern und arbeitern. tn/mn» 390; die andere
{tochter) habe geheiszen Avaritia, Jungfrau Geiz, die habe er
denen kauQeuten, bandthierern und parthierern in den städen
verehelicht. Schdppics »41;
■Kit sind die wuocherer und handtierer.
trag. Joh. Cj.
einseitig, von einem kaufmanne, der nur verkaufsgesctviße treibt:
das man die pründ und lehen verkeuft und leihet auf sol-
chen vorteil, das der verkeufer oder handtierer darauf beheJt
den anfall und Zuspruch. Lcther 1, 296'.
2) hantierer, handwerksmann , professionist. Schm. 2, 208;
cerdo, ein handtierer, oder der umb gewinn etwas handt-
werks treibt. Dasyp.
3) hantierer (nach hantieren 4 u. 5) </«• eine handarbeü ver-
richtet: handirer, vulgo laboralor, manufactor. Stieler 753.
4) handirer eliam in malam partem accipitur, ut sit falsarius,
v^terator, imposlor. fraudator, ardelio, polypragmon. Stieler das.
HAMIERERIN, f.: handthiererin negotialrix Hederich 1212.
HAMIERIG, adj. für den beirieb des kaufhandels geeignet:
es seind streitbare bandthierige leut, zu aller kaufmanschatz
geschickt. S. Frank iceltb. 222*.
HANTIERLICH, adj. bei Stieler 753 operosus, taboriosus,
dann auch dolosus, faliax. bei neueren im sinne von bequem,
handlich: hübsch und hantierlich um die Wohnungen geord-
net. Kohl alpenr. 2. 107.
HA.NTIERLNG, f.
1) kaufhandel, betrieb der kaußandlung : handthierung mit
kaufen und verkaufen, mercatus, mercatura, negotiatio. Dasyp.;
nephas . . unzimlich hantyrung, so einer durch jistigkeit ge-
wint zytiich guter. Melber varil. 92*; die hantierunge und
gewerbe, die vor jaren den Rynstrom hinabe in Nidderlandt
gehandelt sin. Mone zeitschr. 9, 38 ; abbruch und Verhinderung
der gewerbe und hantirung des Rinstrames. s. 40 {von 1490) ;
ir kaufsieg und hantirung zu triben. s. 427 (v. 1493) ; do ist
grosze hantierung aus allen landen und sunder grosz ge-
werb über mer. Rozmital 190 ; und habest durch deine grosze
vreisheil und hantierung so grosze macht uberkomen. Hes.
28,5; du bist inwendig vol frevels worden, für deiner
groszen hantierung. 16; giengen hin, einer auf seinen acker,
der ander zu seiner hantierung {inl ttjv i^nooiav avrov).
Matth. 22,h; dazu der bapsl still geschwiegen, und damit
des bischoffs^ hantierung mit dem ablasz gebillichet hette.
Ldtbeb 1,142'; daher ist die messe nicht anders worden,
den« eine eigen hantierung und jannarkt dar pfaffen. 3,270*;
es begab sich, dasz ein reicher kaufmann seiner handtierung
nach durch das Beyerland reit. Wickram rollu: 23,4 Kur:;
zog er {der kaufmann) fürder nach seiner handthierung. Kirch-
noF icendunm. iss'; bei nacht gieng einer die straszen nach
Basel . . daselb auffin jarmarkt seine handthierung zu trei-
ben. 260"; ist viel eben und sehr fruchtbar land, von des-
sen fruchte die einwohner grosze handthierung und nahrung
haben. .Ma.ndelslou morgenl. reisebesckr. l, 27; handthierung
mit kohlen treiben, negotium carbonariuta exercere. HiOEaica
'IT-2M 1213,
2) auch der gegenständ mit dem man handelt, gesanilheit der
handelswaare: diejenigen, welche dem läger vor und vor mit
ihrer kramerey und handthierung nachziehen wollen. Kirch-
hof mil. disc. 95; indeme ich ein ganzes jähr in kalt und
hitze, in regen und ungemach Teutschland, Frankreich, Spa-
nien, Porlugail, Polen, Moscau und andere ort mehr mit
meiner handthierung . . durchwandert (er trug Zeitungen und
calender feil). Simpl. 2, 279 Kurz.
3) hantierung {nach hantieren 2) das geuerbe, handtcerk:
handthierung, kunst, artificiuru Dasyp. ; bair. becken-, schreiner-
handierung. Senn. 2, 209; auf der handierung arbeiten, die
erlernte profession treiben, das.; rhein. handiering, handering
handwerk, handiersleut handwerksleute Kehreix 1S4; umb sei-
nen gewinn , gewerbe und hantirung, iceish. Sal. 13, 19 ; je
unnützlichere und schlechtere handthierung einer gelernet
hat, je feistere suppen iszt er. Scucppics 712; menschen einer
profession und handthierung. 756; so viele besondere zünfte,
als es verschiedene arten der mechanischen künste und
hantierungen giebt. Wiela.nd 7,259 (299); derjenige bürger
zu Athen , weicher mit den handthierungen seiner knechte
wucherte. Le^si.ng 6,293 (vorher: knechte .. die jene hand-
werker treiben müssen).
4) in freierem sinne jede beschäßigung, die um gewinnes oder
lebensunterhaltes willen dauernd getrieben wird, wobei der engere
begriff des handwerks zurücktritt (vgl. hantieren 4) : es soll aber
ein bischoff unstrefflich sein, . . nicht unehrliche hantierung
treiben, l Jim. 3,3; ein yeder bleibt in seines vatters hand-
thierung. Fra.ns tce/ifc. 187'; dasz sie immerdar anderer hand-
tierung besser und nützer, denn ir eignen schetzen. Kirch-
hof wendunm. 174*; da blieb er auch daheim, "wartet seiner
handthierung. 329*; zu mancherlei arbeit und handtierung
zu gebrauchen. 397'; ein köpf ohne gehirn oder verstand
dienet zu keiner handthierung. pers. rosenlh. 8, 55 ; da ward
erst mit mir geredet, was ich vor eine handthierung treiben
und wie ich die hauszhaltung anstellen wolle. Stmpl. 1, 34i
Kurz; er bringet sich mit schlechter handirung hin, quaeslu
sordido viiam tolerat. Stieler 753 ; sich in den ackerbau und
in andere handthierung stecken musz. Chr. Weise era/i. 86;
der dritte gienge sonst seiner handthierung nach. Jucundiss.
145; dasz das frühere heirathen nur bei handthierungen,
wovon bürger und heuerleute leben, möglich sei. Moser patr.
phant. 1 (i79S) s. 99 ; wie ruhig hätte nicht jedermann sein
haupt niederlegen oder seiner arbeit warten können, der
sonst uriter nächtlichen sorgen seine gesundheit geschwächt,
und seine handthierung mit muthlosigkeit getrieben haben
würde? 2,56; nicht jede handthierung, sondern nur die-
jenige bewirkung eines Zweckes heiszt praxis , welche als
befolgung gewisser . . principien des Verfahrens gedacht wird.
Käst 5,365; so verächtlich auch die kriegerische politik
jener zeiten auf jede nützliche handthierung heruntersah.
Schiller 7S0"; weibern, pfaffen und Schreibern musz man zu
ihren hanthierungen eine sichere statte verschaffen. Göthe
42,359; vom räuberhandwerke : wie habt ihr gelebt die zeit
über? wie geht die hanthierung? Schiller räiJAer {Mannheim
1782) 2, ^ {bei Güdeke bd. 2 s. 253) ;
ei du feiner reuter, edler herre mein,
sag mir was wird doch meine handierunge sein?
'des tages wirst du sein hei meinem tross,
des nachts so schlafen wir hinter unserm ross.*
Uhla>d tolksl. 400,
diese warnung thut mich abweisn,
dasz ich das kuppeln wil lassn bleibn,
ein ehrliche handierung treibn,
damit ich mich k'an ehrlich nehrn.
Airkb fastn. sp. 84' (2761, 8 Kelter).
5) dann ist hantierung auch die gesamtheit derer, die eine
solche beschäßigung treiben, handwerker-, arbeiterstand: und so
fanden sich zuletzt philosophen in allen facultäten , ja in
allen ständen und hanthierungen. Göthe 25, 95.
6) hantierung für verkehr {nach hantieren 3) bezeugt Haaler,
wenn er 212" handtierung mit der wält neben ars, professio,
', artificium auch durch comjiessus, congressio umschreibt.
I HANTIG, HANTIGKEIT, s. handig, handigkeil, sp. 398. 399.
! HANZELN, verb. mit den händen angreifen, ein oberdeutsches
I wort : hantzlen, im henden umbhinzieben und panglen, manu
traclare, renlilare, attreäare. M aaler 212'; ßgura manibus tractata
■ gehantzlet Fhisiüs diel. 1322; die wilden thierlein sind viel
' glatter, als die man hantzlet, die sind zerstrowelet. Keisers-
bebg bei Frisch 1,415'; die JungfraueD sollen sich nicht lassen
' hantzlen. da
30*
471
HÄPE — HAPERN
HAPERN — KAPPELN
472
HÄPE, f. meiser für gärlner und wiuzer von sichelarliger ge-
stalt. die form des wortes schuankt nicht nur im vocale sondern
auch im inlautenden consonanlen: aW. happa, bahba faicastrum
ÜBAFF 4,752; mhd. hepe wb. 1,661*; nhd. happe fals neben
heppe DiEF. 224*; in Franken heben krummes handbeil, kippe,
und heppen gartenmesser , huckmessa- , hippe Sch.m. 2, 141. 221;
uestfai. üäpe eine art sichel zum strauclihauen. Fromm. 5, 347 ;
pfalhäpe falx silvatica Fbischiin ho/h. 266 ; daruinb dann aucli
etliche sie (die zweige) lieber mit den bänden abpreclien,
dann mit der Läpen abhauen. Sebiz feläbau 52. s. heppe
und hippe.
HÄPtL, f. kleine bäpe, kruvimes winzermcsser : soll Vorsehung
thun, das er gutes eisenen zeugs schneidmesser, hüpeln und
weingarthäcklin habe, damit die reben zu schneiden. Sebiz
feldbau 50. s. häplein.
HAPEKICHT, adj. u. adv. piger, segnis, lenttts, oscüans, osci-
tanler, lenle, pigre. Stieler 766. nd. haperig: et geit haperig,
stockend. Schambach 74'. s. das folgende.
HAPEHiN, verb. niciä vorwärts wollen, stocken, das wort scheint
eine üeralivbildung aus der würzet zu sein die uns in haben
und haften entyegctilritl, bezeichnet demnach das kleben, verweilen
an einem bestimntten punkte, es der form nach /ür niederdeutsch
und erst tn aie oberdeutschen mundarten eingedrungen anzusehen,
kunn sdiwerlicti gerecht fertigt werden, sowol weil das wort, wenn
auch u/ter in der nebenform huppeln (s. d.) über alle deutschen
mundarten yleichmdszig verbreitet erscheint , ab auch , weil das
inlautende p , das iibrinens mit b wediselt , hier nach der ab-
leüung nicht als eigentliümlich niederdeutsch angesehen werden
kann . da ja z. b. bei dem einer würzet entstammenden hubich,
hubicht accipiler gerade die form hapich aus Obcrdeulschland
gewahrt ist (spalte 91 , vergl. unten happich). hapern ist in
ganz Niederdeutschland gewöhnlich, auch im liolländ. als haperen,
dun. als happe, scliwed. weist iiappia in der rede stottern, aber
uudi hapna erslaunen, bestürzt werden, auf verwandtscliaß liin;
tun mitlii- und obirdeulsclten mundarten ist es bezeugt ausSctde-
sien iWeinhulo 3;i'), Obersuchsen, Üüringen, Hessen (Vii.mar 150),
Franken {als böpern Fromm. 1,261), riieinisch hapern, habern
htHRtiN ls6, karnthnisch huppern stocken, nictU vom flecke kom-
men Lexer 134, <irü/t6C/i bappern (Fromm. 5,448) un(i hapern:
wans selber was muchn soltns , nacher haperts , nacher
siinkts! Schwabe /in/^n/^ il745) s. 11; wans aber an ein frauen-
zitler habn soll ihr anliegn bringn , nacher hals bind und
vorn gehaperl. s. 55. t« die schri/tspracbc scheint es eist seit dem
17. jaluli. eingedrungen, Schottel 1333 hat haper, 'haperen,
hindern, tooran sloszen , impedire, moram causari, er hall das
Wort für nd., worin titm Frisch 1,416* folgt, bei Stieler 766
haperen, wut etnevi subst. der haper hietaus, cunclalor, mora-
lor, afterlo ore obtutum in aliqua re figens; seit dieser zeit führen
es die wOrterbüclier gewöhnlich auf. hapern wird in gehobener
rede verschmäht, in traulicher gern verwendet, die construclion
ist melirlach:
1) gewöhnlich und in der scinißsprachc ausschlieszlich unper-
tönlich es hapert, will nicht /ort, stocJd, hol ein hindeinis, nd.
DU happert et, nun will es nicfit weiter gehen. Däh.neut 175*.
a) mit Ortsbestimmung , von dem sinnlichen sleclcenblciben an
einem flecke ausgeliend: es hapert wo, Lei etwas, an etwas;
ich würde bei ihren lehrern mich erkundigen, da wirds
hapern, sagte er, denn seit einem halben jähre besuch ich
keine collegia mehr. Hehmes Soph. reise 1,447; im kleinen
gellt das an , aber im groszen , da haperts. Kei^ke Thucyd.
viifrede , herr .. wenns auch wo haperte (im deutschen reiclis'
kOrper nämlich) , so musz ein i%dliclier deutscher still dazu
schweigen, wenn er nicht helfen kann. J. Taul Titan 1,165;
sie wissen alle, wie sehr es hier flachscnsingischcr seits
haperte und zugleich wieder pressierte, kom. anh. z. TÜ. l,bl;
und v>enn8 da auch haperte. Tieck 14,350; weil es aber da
eben hapert, so sind sie Ireilicli gezwungen, so viele fremde
herbei zu citiren , um den eignen zu verstärken, ges. nov,
6, 5 i ; nd. hier hapert il, da stehen die ochsen am berge, brem.
wb. 2, 5U4; — aber bei den ausgäiigeii (im sdtausptel) , was
eigt-ntlicli nur freude macht und tief verwickelte mannich-
(üiiigkeit bat, haperts. Heikse Ardtnghello 1,231; — die phi-
liji>i>|t|iie wollte mich jedoch keineswegs aufklären . . . von
dem dinge, von der weit, von gott. glaubte ich ungefähr so
viel zu wissen, als der lebrcr selbst, und es schieir mir an
mehr als einer stelle gewoltig zu hapern. GOthe 25, 52;
Af. zum neuen gasthof eine neue wirthin, ein neuer wirlh !
das iiesze sich hören. V. iasz da« gut sein, daran, furcht
ich, mOcht es hapern (an der erfüUung eines solchen Wunsches).
II, 288.
b) mit bestimmung des gegenständes, bezüglich dessen das hin-
dern, stocken, nicht vorwärts wollen eintritt, es hapert mit etwas:
weil es mit unsrer eignen sache noch immer hapert. Hermes
Soph. T. 2,511; dasz es manchmal mit ihm haperte. J. Paul
uns. löge 3, 129 ; es haperte schon bedeutend mit dem glauben
an den söhn. Heine werke 12,77;
hupens docti mit meiner eiguen
Seligkeit. AUa Troll XX.
c) ungewöhnlich es hapert einem, es entstellt einem ein stocken,
bedenken: thue ihm dabei folgende zwei bedenkliche fragen :
hats auch Inhalt, was du da liesest? ... haperts dem freund«
bei der antwort auf die erste frage, dann ohne anstand und
Säumnis mit dem buche ins feuer! Klopstock 12,139.
d) ebenso ungewöhnlich ist es hapert sich:
zwar leugnen kan iciis nicht, es wird sieb allzeit hapern,
eh ich, weun ich dich seh, den doctor kan ercaperu (d. h.
ehe ich Ute anrede doctor an dich yeivulm werden kann).
PiCANDER 2, 511.
2) mundartlich ist persönlidtes hapern, so von Steisbach l, 699
ah silesiace bezeugt, ich hapere liaereo; in Holstein he hapert,
stockt im aufsagen der kclion ScHtirzE 2,103; fränkisch- lienne-
bergisch
bu wart o pfleg (wo Wartung und pflege) nert höpert.
Fromm. I, -Ibl;
ähnl. niederdeutsch dar hapert wat an, daran fehlt etwas 3,376.
HÄPLEIN, n. kleine häpe, krummes winzermcsser (s. häpel) :
indem die häplein sie zu wetzen sich bemühen.
Wbckuerlin 772.
HÄPPCHEN, n. 1) kleiner bissen, nd. happken Dähnert 175* ;
ein häppchen brot, ein häppchen Qeisch; bildlich: wie in
allen W eberschen kompositionen viel gesuchtes, gepritzeltes;,
aus feinen häppchen zusammengesetztes. Zelter an GüUie
4, 413 ; in Obersachsen und Üüringen luiufig zur bildlichen Ver-
stärkung der negation verwendet: der finger thut mir nicht ein
häppchen mehr weh, gar nicht.
2) beere:
ist auch die rothe lippe da
und iszt, und wärs ein unreif bfippcben. Tieck 2, 342;
dasz ich es spüren
und röther würde als ein häppchen. Röcsert 144.
HAPPE, HAPPEN, m. bissen, soviel man mit einem abbisse
erfassen kann; ein lautmalendes, mit den verwandten happen,
häppchen und happig in Niedcrdeulschland lieimisches wart, von
dem die ausläufer bis nach Oberdeutsciiland reichen und das auch
spärlichen eingang in die schrißsinadte gefunden hat; bei Dähnert
175* happ, mit der nebenform happs, subisz mit weilgeu/fueteni
munde; in Holstein happen und happs, ein gierig gesdäudUer
mundvoll essen Schütze 2,103; im Hildesheimsdien happe bissen
Fromm. 6, 529; im Magdeburgschen happen, bissen, kostehappen
bissen blosz zum kosten einer speise; in Halle wird zum biere im
wirlsluiuse ein bierbappen, ein kleines stuck brot und zukost vcr-
abreichl; nl. hap; happe, ein bissen, oder soviel als man auf
elnmahl nimmt. Frisch 1, 416* ; keinen happen brot. Holtei
Lammfell 192; erwarten sie einen geschwätzigen brief. nehmen
sie sich zeit zum lesen, können sie den happen nicht auf
einmal einnehmen, theilen sie ihn. Heiske bei Lessiiiy 13,440.
HAPPE, /. sichel, alid. happa, vergl. hupe (sp. 471): happe
falx DiEF. 224*; happe sicitium Stieler 7t>8.
HAPPELN, verb., der form nach dasselbe wie hapern, der
bcdetUung nach in den mundarten verscfueden : obersdclis. happeln
nidtl forlwollen, hier happelt es, hie haerel aqua. Hederich 1214,
wozu Steinbacii 1,699 ein persOnUclies ich happele, will nicht
fort , haereo fägl ; dem steht in der bedeutung zunächst , in der
form durch den lang gewordenen und umgelauteten voail ye-
scliieden , das oslerländ. dürinyt.'iche liäpeln, sdtledit, schwankend
gehen , namentltch von kleinen kindern yebraudit, die noch nidil
ordentlidi laufen, tu dem wieder das schufi:ier. bäpeli schwachlinij
Stai,1)ER 2,21 tritt, von hier aus erklart .^ich hessu-ches ha|>|iilii,
übereilt, unordiiitlich handeln Vilmar 150, mit den dazu grhuiiiin
bildunyen der happel unverständiges eilen, einfalt, die h;i|ipt'l
ober/litdiltdie jierson, zumal maddien, happelig übereilt handelnd,
bildungen wie ahnltdic audi tn Haiem vorkommen : iler happelcr,
happerdidcl übereilter, ndrnsdter mensdi, happelig, übereilt,
hndleritdt, happcrdtllschig übereilt, ndrrisch, das gehappcl
SciiM. 3, 221. die idmlUjtrache hat stell gegen du mmmthclten
formen ainctkrtnd vtrhalUn.
473
HAPPEN — HARDEMAN
HÄRDER— HARFE
474
HAPPEN, rerb. emen bissen machen, schnell und änmalig zu-
bäszen, durch ganz Niederdeulschland verbreüel, theilweise mit der
nebenform hapsen schnappen brem. tcb. 2, 594', happsen begieng
zuschnappen Däbnert 175*, happern gierig wonach schnappen, um
zu beiszen , namentlich von sduceinen Schambacb 14' ; holländ.
bappen, ton wo das franz. happer entlehnt zu sän scheint, das
schon im 13. jahrh,, nebst einem eigennamen Hapart für einen
hastig zupackenden belegt ist Littbe 1, 1979'. auch müleldeutsche
dialecle kennen es: schles. happen schnappen VVeishold 33';
hess. der hund happt nach dem brode. Viljjar 15ü.
HäPPENDIENST, ff», frohndienst der untertltanen , bestehend
in mähen und schneiden {vgl. happe und häpe sichet). Frisch
1, 416". happendienst opera manuaria Stieler 788.
HAPPENLEüTE, pi., leute die solche frohndienstethun. ebenda,
HAPPICH, m. die form gewährt Keisersberg für habich,
habicht {sp. 91) , indem er die alte kürze des stammvocals fest-
hält: also ouch unser gesind muszt sich wie der bappicb,
er würft von im die alten federn, und nympt nüw an sich.
bilg. 9*.
HAPPIG, adj. und adv., begierig, gern zugreifend, aus Nieder-
deutscfiland bis nach Kärnthen vorgedrungen: happiii gierig nach
etwas Leier 134; in Hessen in der allitlerierenden Verbindung
hungrig und happig Vilmar 150: in Italien thut man auf mäd-
chen sehr happig und eifrig, selbst auf feile mädchen. Bode
übers, von Montaigne 5, 24S; dem weichen viele aus, wahr-
scheinlich weil sie auf ihre eigne bekanntscbaft nicht sehr
happich sind. Holtei Lammfell 2, 146. im Osterlande ist happig
in die bedeutung dab , ungewöhnlich stark, ausgewichen: eine
happige kälte, eine kälte die durch ihr ungewöhnliches auftreten
gleichsam packt; du muszt nicht zu happig mit ihm verfahren.
HAPPIGKEIT, /". begierde, grosze begierlichkeit. brem. wb. 1, 594.
Däbnert 173*.
HAR, adv. für her, wird unter letzterer form mitbehandelt,
hier darf aber schon erwähnt werden, wie har in der spräche der
fuhrleute interjectionell geworden ist, als zuruf an die pferde links
zu gehen, sie sollen die richtung her nach dem satlelpferde zu
nehmen: sackerloth, was das herumgeht, rechts und links,
har und bot, mit dem liebeswagen. Fr. Mi^ller 1,242. in
der form här: wort so die ackerleüte im brauch haben:
fornen dran, ist bot fornen, \iS die rechte band: jy zu, ist
här, uff die linke band. Phila.nder 2 (1643) s. 301. in Ober-
hessen wird auch die Verbindung harwist gehört (Viljiar 150),
wo wist, aus altem winistar, winster gekürzt, das linkshalten
ausdrücklich betont.
HÄR BEN, adj. von flachs bereitet, bair. härwen , herbein
ScHM. 2, 225 (s. haar sp. 6. 7) ; in gekürzter form härbes für
bärbenes, hürbens: die weber spülen darauf {auf röhr) ihr
wollen und härbes garn , auch gar die seiden ab. Hobberg
2, 74'.
HARCH, adj., für herb, mhd. harewe, herewe, mit wandet
des auslautenden consonanten, wie sich umgekehrt zu ahd. sceleb,
mhd. schelcb scheel die nebenform schelb (schälb Maaler 345")
ergibt: vermische diese stück mit roten harchen wein, und
schütte es dem gaul ein. Taber.naem. 614; barg für harb
ScHM. 2, 237. s. herb.
HÄRCHEN, fi. kleines haar: die bärchen eines kindes; an
pflanzen (s. haar 11,3 sp. 12): es ist offenbar, dasz auch die
reiser, die härchen und die biätter dieser pflanzen einige
schwärze zeigen. Götbe 53, 49. bei verglichen {s. haar IH, 17
sp 19) : aufs härchen genau, äuszerst genau :
zum dritten noch sollst du, o preis der prälaten,
aufs härchen mir meine gedenken errathen. Bijrger 66';
die negation verstärkend:
. . sie schlug gar richtig und fehlte
Dicht ein hSrchen. sie traf ihm den köpf. Göthk 40, 129.
vergl. bärlein.
HARD, m. wald, s. hart.
HARDE, f in Schleswig- Holstein gemeindebezirk von mehreren
hüfen oder dörfern: nicht gezwungen sein die vorräthe des
künigs auszerhalb der harde zu führen. Dahlmann dän.gesch.
1,453; ferner-^oll niemand unmillelbar vor des königs thing
und recht geladen werden, sondern zuerst vor thing und
recht seiner harde. das. Schweiz, entspricht die hard, gemein-
trift Staldeb 2, 2L der Zusammenhang mit hart wald wird dort
beleuchtet.
HARDEMAN, m. für bartmonat, janmar: im jenner .. drei
Weisenmonat, hardeman , steffaman, kindelmonat, Fiscbart
groszm. 97. vgl. Weinbold deutsclie monatsnamen (1869) *. 40
und bartmonat.
HÄRDER, ff», der nuderländische name des fisches mugil
cephalus, groszkopf, meeresche (bei Kilian berder), vereinzelt ins
deutsche übergegangen: mulius ein harder Alberüs q3'; mugil
cephalus . . teutsch barder, ist ein fisch, der sich in süszen
und salzigen wassern aufzuhalten pfleget, bat einen groszen
köpf, HüBSER handlungslex. (i722) 1225.
HARDESVOGT, m. amimann über eine harde. Fbiscb 1.416'.
HAREIN, ffl. in der Schweiz eine Windsbraut, die eine schnee-
lage mit sich fortführt. Stalder 2, 21.
HÄREN, adj. von haaren bereitet, gewöhnlicher als das unumge-
laulete haaren, die schon sp. 27 beigebrachten beispiele lassen sich
noch um einige vermehren: das sie in herin kleidern gehen.
LcTHER 5, 40S"; die carthensermüncb und unser rottenge-
schmeis in iren berin bembden und grawen rocken. 408';
mit einem bannen seil. Fbet garteng. 7'; ein härenes kleid.
pers. baumgarten 6, 7; mit einer pferdehärnen decke, irrgarten
192; eine härene decke. 193. einen härenen kittel. ehe eines
mannes 288. bei Luther auch die form bann oArie umlaut:
und solchs alles abermal on alle unsere werk, denn es
kompt kein kappe noch platte dazu, kein barin bembd, barfus
geben. 6. 74*.
HÄRENHEMD, n. aus haaren gefertigt, wie es büszer tragen :
.vom armesünderstuhl des historischen lehrstubls aufspringen,
das bärenhemd ausziehen und wegwerfen. J. Padl kom. anh.
zum Tit. 1,3.
HÄRENKLEID, n. von haaren gemachtes kleid: das gefühl.
der wahre marterkittel und das härenkleid des leibes und
lebens. J. Pacl kl. bücherschau 2, 17.
HÄRESSEN, adj. für hären, das wort braucht Hobberg in
zweifacher form: die füsze {der pferde) soll man mit einer
cartätschen oder bärassenen tuch trocken reiben. 2,138'; ein
bäresses sieb. 2, 411*.
HARFE, f. 1) psalterium, eilhara. ahd. harapba, harpha,
baraffa, barffa (Graff 4, 1031). mhd. barpfe, härpfe, herpfe;
ags. hearpe, engl, harp; altnord. harpa. die romanischen spra-
chen entlehnen das deutsche wort: span. ital. arpa, por/u^. harpa,
franz. barpe, wo aber in der form ein anderes barpe klaue,
haken gleich geworden ist, das dem lat. harpe hakiges schwert,
barpago haken entstammt, von einer Verwandtschaft des deut-
schen barfe mit diesen letzteren lat. Wörtern, sowie mit griech.
aojt?], aQ7iä.t,eiv, wie, wenn auch zweifelnd, gemeint wird, kann
nicht die rede sän ; die lautgleichheit verbietet an Urverwandtschaft
zu denken, die gleichmäszige alte Verbreitung der harfe über alle
deutsche stamme, und der umstand, dasz schon seit den ältesten
Zeilen eine anzahl nicht unkünstlicher musikalisdier inslrumente
mit einheimischen namen erscheinen, an eine entlehnung , die
auszerdem eine unglückliche wäre, insofern das entlehnte «ort die
form des gerdts nicht einmal genau ausdrückte, aber alle alten
deutschen musikinstrumenle haben nicht nach ihrer form {wenn wir
von hörn absehen, das aus leicht begreiflichem gründe seinen
namen von dem thierhome empfieng), sondern mit feinem tacte
nach ihrer klangfarbe den namen erhalten: so ahd. swegala
pfeife {goth. svigla ist nach sviglja pfeifer , sviglön pfeifen
vorauszusetzen), von ihrem hellen, scharfen tone, da ags. svegle,
alts. suigli hell, sowol in bezug auf gefiOr , als auf gesicht be-
deutet; ags. bvistle, engl, whistle, kleine flöte, das mit ahd.
hwispalün wispern zusammenhängt; ags. beme, byme heerhorn,
als weithin rufendes, mit griech. ffjfiri, lat. fama verwandt;
mhd. gige geige, wegen ihres gleitenden, wiegenden tones , altn.
geiga oscillieren , mhd. bei G. v. Neifen (52, 13) sind in ariem
wiegenliede wigen , wagen , gigen , gagen zusammen verwendet
um das schaukeln der wiege zu malen ; und so wird auch harfe
nach dem rauschenden, vollen klänge, der noch durch einen reso-
nanzboden verstärkt ward, den namen empfangen haben, und in
der Wurzel mit hall isp. 227) und ahd. baren clamare überein-
stimmen, ein ähnliches Saiteninstrument, altfränk. chrotta, ahd.
mhd. rotta, rotte, zeigt auch ähnliche etymologische bezüge auf
insofern es mit\altind. krand rauschen, dröhnen, sdireien (Büht-
LixGK-RoTH 2, 475t zusammenhängt.
Als deutsches Instrument führt die harfe Venant. Fortünätos auf
plaudet tibi barbarus harpa. carm. 7,8;
und diese auf niederfränkischem laulslande beruhende mittellatei-
nische form ist auch in spätem lateinischen gedichten, die in Ober-
deutschland entstanden, gewahrt:
est, ait, hie harpa, melior qua non arit ulla,
in qua, dum vixit, meus beros sjmpboniavit. Ruodlieb S, 30,
475
HARFE
HARFE — HARFENGEZITTEU
476
während die hochdeutsclie form das inlautetide pf bis über das
17. jalirhundert hinaus hall (das Unglück . . der harpfeu. Schup-
pius 695; noch Fbisch gibl nur die furm harpfe an), wenn schon
inlautendes f sclton frülie, namenllich in milleldeulsctien gegendvn
überwiegt: cilhara, harflf, harfe , harfen Dief. 124'; vier und
zwenzic eldesteu , und di bilden ire barfin. Behainis evang.
buch, 3. vorrede tj'; vgl. die unten folgenden btbelslellen.
Die harfe, die im frühen miUelalter in begieilung von gesang
oder ohne solchen zum tanze lOnt {Ruodlieb 25 /f.), veraltet später
für diesen zweck und wird namentlich durch die geige verdrängt,
aber zur begieilung des liedes wird sie vor vne nach gebraucht:
losete säre an einer stete
eime leicbe, den ein harpher tete.
Trist. b9, 29 {vergl. die schitderuny einet
harfenspids tnit tied 90, 27 /f.).
in der nhd. bibelsprache : so nam David die harflfen, und spielet
mit seiner band. 1 Sam. 16, 23 ; zu singen im bause des herrn
mit cymbeln, psaitern und barffen. 1 c/tron. 26, 6 ; sie jaucbzen
mit pauken und barffen, und sind frülicb mit pfeifen. Hiob
21,12; meine barffe ist eine klage worden, und meine pfeiffe
ein weinen. 30,31; wacb auf, psaller und barffe. ps. 57,9;
lobet den berrn mit barffen, mit barffen und psalmen. 98, 5 ;
pfeiffeu und barffen lauten wol. Sir. 40, 21 ;
lasxt die harffe klingen,
laszt die laute singen,
stimmt den psalter an. Opitz psalm. s. 61;
Israels heiliger, die seilen
der harli'e sollen dir
erklingen für und für. «. 135;
das 16. und 17. jahrh. braucht sonst das wort wenig , die harfe
sinkt zu einem gemdnen inslrument lierumziciiender spielleule herab,
auf dem titelholzschnitle zu Grihmelsbauskns erstem beemhduter
(1684) wird von solchen ein trio durch baszgeige, harfe und flöte
gebildel. das 1$. jahrh., das wieder an unser allertbum anknüpft,
denkt sich auch auszcrhalb biblischer dichlung die harfe als gerät
tdler Sänger:
gelehnt auf die harfe Walhalls
itellt sich vor Apollo Bragor hin. Klopstock 1, 232;
dich gen himmel erhebst, unter verklärten wallst,
in die harfen der engel singst. Höltt 72 Halm;
rosenbliXtengeruch wehte vom ufer her,
wo der wechselgesang wirbelnder harfen scholl. 77,
litternd flössen ins silbergewebe
der harfe die thränen der Sehnsucht hinab.
SlOLBERG (jed. (1779) lOS;
traurig tönt der harfe nachhall wieder.
Matthisson ued. (1794) 113;
sie {die liehe) klingt der weiten hochgesang,
wie keine harfe klingt noch cither.
Abndt yed. (IS4Ü) s. 368;
einst zog nach diesem schlösse ein edles sängerpaar,
der ein in goldncn locken, der andre grau von haar;
der alte mit der harfe der sasz auf schmuckem ross,
es schritt ihm frisch zur seite der blühende genosz.
Uhlamd (jvd. 390.
Man sagt die barpfen richten , pcctere citharam Dasvp. ; die
barfe schlagen: barpfen .scblahen cilbarisare voc. ine. theut. i2;
dafür auf der barpfen sciilabcn, incrqiare. lyram diyilis Maa-
LER 212*. ebenso die barfe spielen. SiiELta 769 ; barpcn spleii
{lies spilen) cilharizare Dief. 124'; einem jungen mädcben, das
die barfe spielte. Heine 2,80; und auf, rnit der barfe spielen:
das sie einen man suchen, der auf der barffen \\o\ spielen
künde. 1 Sam. 16,16; wir wollen einen guten sprucb hören,
und ein fein geliebt auf der barffen spielen, ps. 49,5; die
stimme die ich bijret, war als der harffenspieler , die auf
iren barffen spielen. o([enb. 14, 2; sie sollen loben sein<Mi
namen im feigen , mit pauken tmd barffen sollen sie im
spielen, ps. 140,3; — so fing er auf der harfe, die er vor
tiicb genommen hatte, zu prSlndiren an. Götue 18,203; der
alte . . that einige griffe auf der harfe. 204 ; sie acconipa-
goierte mit der harfe die unwürdigsten späsze des greisen
Vaters. Heine 2, 81.
Sprichwörtlich: gescbickl .. als der esel zur harpfeii. Luther
br. 2,02.
2) nadt der ähnlichkeil der furm ist der name auf teruhiedene
andere dinge übergegangen.
a) ahd. harfa, harpha vird puteal, statua in foro, cata.üa
ylouierl ((jRArr 4, 1031 1, et ist wol ein pfähl zum slaupeMchlag.
nath KvtLi^Q war in Slrasiburg im 14. jahrh. jemanden an
dei bjr['ff:i ütllljt'cii oi/cr iiiil mllicn slri'iih«"n rine arl ton
b) harfe ein viereckiges drahtwerk zum reinigen des kornes,
dessen drahte wie die .^aiten einer harfe liegen : das getraid durcli
die harpfe laufen lassen, preusz. kammerordn. von 1648 bei
Frisch 1, 417'.
c) in Kärnthen und Tirol ist harpfe und barpfen ein scbutz-
bau auf dem felde für die getreidegarben aus aufgerichteten baiim-
stämmen mit querstangcn. Lgxer 134. Fromm. 6, 145.
d) harfe, eine art von fallbrücken , quer mit dünnen leisten
belegt. Egcers kriegslex. 1,1155. franz. barpe, was attdi du
kragsteine an einem mauerwerk bezeichnet. LiriRi 1, 1986*.
e) barfe eine schneckenart, buccinum harpa, auch Davidsbarfe.
Nemnich 1, 699.
/) harfe heiszt endlicli aucii eine dreieckige gestreifte fläche am
gewölbe des groszen gehirns.
HAKFEISEN, n. pleclrum. Stieler 373.
HAKFEN, verb. l) die harfe spielen, mhd. barpfen, bei-pfen
wb. 1,636'; cilhanzare barpfen, berpfen, nd. barpen Dief. 124';
er isset oder trinket nimmer kein mal, dann vorher trum-
met, gesungen oder gebarpfet. Frank wellb. 97'; es sei eine
pfeiffe oder eine barffe , wenn sie nicht uulerschiedlicbe
stimme von sich geben, wie kan man v^issen, was gepfiffen
oder gebarffet ist? 1 Cor. 14, 7; ein mädcben barfte mit.
Spaziergang im kucliengarten {Leipzig 1781) s. 29 ;
harphen, videleii, singen,
da{ kansl du wol. Trist. 95, 10;
wan weipliche ere den himel zirt,
und ist auch selbs dar inen wirt,
und harpft den engein do zu tanz, fastn. sp. 1149,
barpfen, geigen und lautenslahen. 1337;
ein finstres gnomenheer entsteigt
dem erdensclioosz und liarft und geigt.
Mattuissom yed. (1802) s. 64.
Das verbum auch transitiv:
sine noteo und sine ursuoche,
sine selts<ene grüeje
die harphte er also süeje . . .
daj iegelicher dar zuo lief. Trist. 91, 8.
Das Sprichwort : in der müble ist übel harfen. Sihrock 335,
ist mhd. in groszer Verbreitung, wb. 1,636':
swaj ich ir gesinge deist gehärpfet in der mül;
si verstet es ninder wort.
Neiduart 69, 38 {vergt. anmerk. s. 192).
2) mundartlich harfen in übertragener bedeutung: in Nassau
rücheln , von sterbenden gesagt. Kehrei.n 187; in Kärnthen aber
barpfen zanken. Lexer 134; das fuldaisclie barpen schellen,
herunter maclien, gehört wol audi hierher: den bab ich gebarpl,
dasz er dran denkt. Vii.mar 151.
3) harfen nach barfe 2.6 und c: getreide harfen heisü in
?iorddeutscliland es auf die kornfege bringeti , dänisch barpe
scliwingen, fegen, reinigen, schiced. harpa durch ein dralilsub
laufen lassen; dagegen in Tirol troad barpfen getreidegarben in
den schulzbau zum trocknen aupiängen. Fromm. 6, 145.
4) ein bergmännisches harfen, aus- und einscJdiipfen , rutschen,
was Adelung beibringt, ist vielleictd ein ganz anderes wort; ihm
entspridtl bair. bäri»lcn, klettan. rutschen, dänisch heiszt barve
{unterschieden von barpe harfen) eggen , engl, barrow , was auf
ags. bereve egqe zurückgclU. s. harke.
HAllFENCHOH, m.:
es folgeten, in lauter linrfenchören,
mir engel durch den hain. Höltt 134 Halm.
IIAKFENET, n. kleine harfe mit der spitze in die höhe stehend
Jacobsson 2,214'; barpfenet Frisch 1,417'. dim. harfcnett-
chen : unter dem frilhlinggelümmel der lebendigen harfenett-
( lien und zittern und lockpfeifen und llötenubren. J. Pall
Hampanerlhal 20.
IIAHFENUELISPEL, n. :
»prachs, und die stimme des holden erklang, wie hurlongelispel
tönt in de« uoiides luuborlichl, wenn alleü entzückt horcht.
PtrKSII THriH. I, :t47.
s. haifenlis|)el.
IIAIIFENGF^SANG, m.:
von der piilmenböhe, dem hatu Sionas,
kommen wir her, wir des harfengeiaogM
geweihte. Klopitock 1, 214.
HAHFfcN(;F:zirrKH, «..-
■eine ilchel enirtlll hier dem lohnltMr,
•Ingeiungeu von harftngeilttsr
iriUBt er, ge<ebnitiene halme tu ««hn.
Schililn Kty^inm,
477 HARFEMEREN — HARFENSPIELER
HARFENSPIELERIN — HARKE
478
HARFEMEREN, verb. Imfe spielen:
einen seh ich! er sitzt und harfenirt der Verwüstung;
aber der reiszende slrom nimmt auch die lieder hinweg.
GÖTHE 1, 3S2.
HARFENIST, m. harfenspieler : harpfenist fidicen Maaler
212'; harpfennist der nit darzu singt ci7Aart5/o, harpfenschJager
oder harpfennist, der darzu singt cüharoedus das. ; Apollo der
harffenist. Mathes. Sar. 14".
HARFENISTIN, f. harfenspielerin : die kleine harfenistin.
Heise werke 2, 88.
HARFENRLANG, m., mhd. harphenkianc (teb. 1,SU\ ags.
hearpan hlvn, hearpan sveg:
oft
durchfliegt sein rubm, vermischt mit harfenklang, den haio,
und jeder wipfei horcht. Hölit 45 Halm ;
ich, dem sonst hei harrenklang
gefübl durch alle nerven drang. Götter 1,450,
bei dem harfenklang
von Fingais barden. Matthissos geii. (1794) s. 139;
man wies ihn .. die treppe hinauf, bis auf den boden, wo ihm
der süsze harfenklang aus einer kammer entgegen schallte.
GÖTBE 18, 217.
HARFENLIED, n. ; die 24 ältesten fallen nieder und singen
ein neues harpfenlied. Otho 90;
hohe harfenlieder schallen. J. M. Hilleb ged. 295.
HARFENLISPEL, m.:
weht wie harfenlispel, abendwinde,
durch die blumen, die ihr grab gebar.
HöLTi öl Halm;
schlummere leise, du kind! liehkosende harfenlispel
wehn des frommen geluhls ruhe dir ! schlummere, kind !
Voss Idyllen 'i, 37.
HARFENMÄDCHEN , n. mädchen das die harfe um des er-
nerbes uillen spielt.
HARFE.NMLSCHEL, f. eine einscliälige geicundene Schnecke,
deren tcindungen nicht zu sehen sind, mit einer weiten und glatten
spalte; wegen einiger cämlichkeil in der gestall. ädelü.ng.
HARFE.XSAITE, f. draht- oder umsponnene darmsaite für die
harfe. Jacobssos 2, 214'.
HARFENSÄNGER, m. cüharoedus: dasz ein fränkischer
könig den Theodorich um einen harfensänger ersuchen musz.
Gebvikcs gesch. der d. diciU. 1, 32.
HARFENSCHLAG, m.:
mit Siegesgesang und harfenschlag
verklimpern sie den lieben tag. Götbi 13, 50.
HARFENSCHLAGEN, «.;
ein harlTenschlageo, singen, klingn.
B. Ringwald tr. Eck. E8'.
HARFENSCHLÄGER, m.: harpfenschlaher citharoedus Dis^p.;
harpfenschJager oder harpfennist, der dazu singt, cüharoedus
.Maaler 212'; der grausambste harpfenschläger, der närrische
Nero. ScHCPPics 768;
wie einem jeden harfenschläger
die langen nägel nöthig sind. Picakder 2, 401.
HARFENSCHLÄGERIN, f.: harpfenschlaherin cüharistria
Dastp.; harpfenschlagerin «fAarix<r«a, psaZ/na Maaler 212*; auf
dem rocke der harfenschlägerin der sogen, aldobrandin. hoch-
zeit. Wineelman:» 5,20; eine junge harfenschlägerin. 176.
HARFENSCHWDNG, m.;
leierklang aus paradieses fernen,
harfenschwung aus angenehmem Sternen
ras ich in mein trunknes ohr zu ziehn.
Schiller enlzückung an Laura.
HARFENSINGER, m.:
David, der kungklich harpfensinger.
Ambr. Blaarbr vermanung zuom ijesang 2.
HARFENSPIEL, n. 1) spiel auf der harfe: harfenspiel con-
eentus trigoni vel barbüi Stieler 20S7 ;
gjeb, räuber, aus dem felsverlicsz
die tochter mir zurück!
ihr harfenspiel, ihr lled so süsz
war meines alters glück. Dblano ged. 201.
2) auch die spielende harfe seWst: harpfenspiel ist so viel
als harpfe. Frisch 1,417';
e* ist mein harfenspiel durch deine band verstimmet,
die saiieo sind entzwey (worle Davids).
ZiRCLER helrienliebe der .ichrift (1715) s. 300.
HARFENSPIELER, m.: eitharista harpfenspeler, harffspeler
DiEf. 124"; die stimme die Ich höret, war als der harffen-
»pieler, die auf ihren harffen spielen, o^enb. 14, 2 ; als der
wirlh hereintrat und einen harfenspieler anmeldete. Göthe
18,202; er glaubte anTänglieh, der harfenspieler sei schon
wieder zugegen. 234;
in die gesänge der harfenspieler. Klopstock 1, .57.
HARFENSPIELERIN, f. psaltria, fididna. Heoebich 1214.
HARFENSTLMPER, m.:
nüchtern bin ich immerdar
nur ein harfenstümper. Borger 50'.
HARFENSTURM, m.:
es treibt mich rasch zum liede fort,
zum harfensturm hinaus. Körper leier «. schwerl 2S.
HARFENTON, m. : Davids harfenthon. Opitz Grot. wahrh. 393 ;
wie
harfentöne in einander spielen
zu der himmelvcilen barmonie. Schiller räuber 3, 1 ;
auch klingt es oft wie harfenton,
wie geisterOüstern drein. Ar.ndt ged. (1840) s. 173.
HARFENCHR, f. uhr mü einem musikwerke , das den klang
einer harfe hat: die beiden Kaufmann, vater «od söhn, con-
struiren fluten- und harfenuhren. Hosegger allg. culturgesch.
der neueslen zeit l. 87.
HARFENWEIN, m. ein Frankenwein der auf der Harfe, einer
bergkette unweit Würzburg, gesogen wird. Voss gibt eine poetische
deutung seines namens:
vertheilte zum nachtisch goldenen steinwein :
so vom kellner genannt, doch der feinere koster benamt ihn
harfenwein, denn er reget dem barfener hellen gesang auf.
Luise l {vergl. seine anmerkung
zu dieser stelle).
H.ARFER, m. der die harfe schlägt, harfenspieler; ahd. harpfsere,
harfere, harperi (Gr.\ff 4. 1031), ags. hearpere, m/id. harphare,
harpher; f7it//WZa/. harpator {Riwdlieb 8,26); harpfer ci/Aans/a,
cUharedus, qui tangit cüharam. toc. ine. theut. i2; eitharista
herpfer, herpher, haiffer, harper Dief. 124"; item 1 guidein
des kunigs harpfer (geschenk des rats an den harfenspieler im
gefolge des königs). Nürnb. ch^on. 3.397.9. — Die form ist jetzt
durch harfner verdrängt.
HARFGETÖN, n.:
und AmfGons harffgetöbn
alle fast hethörte.
GöRiHG liebesmeyenblälimlein (1C54) s. 57.
HARFNEN, rer&. harfe spielen, eine bildung die altes thema-
tisdies n von harfe (gen. der harfen) gewahrt hat, aber erst atis
jüngerer zeit nachgewiesen werden kann : eine aeolharfe harfnete
am offnen fenster. J. Pacl palingen. 2. 120.
HARF.NER. m. harfenspieler: in einem der hintersten zim-
mer, . . wozu nur Mignon und dem harfner der zutritt gerne
verstattet wurde. Güthe 18,298; der harfner, still und in
sich gekehrt, trug sein beschädigtes Instrument. 19, 47 ;
war ich ein harfner, wie sanct Ossian,
der alten und der neuen harfner meister. Seoe 1,12;
der grosze harfner, der die Sphären stimmt,
wenn halleluja seine geister glühen, das.;
Fritz Stolberg, harfner, der vor allen
mir stets von herzen Wohlgefallen. Bcrger 6S*;
darf nicht der harfner, wie in alten Zeiten,
willkommen selbst durch feimieslager schreiten?
Ubla:id ged. 143;
in der hohen hall sasz könig Sifrid:
'ihr harfner, wer weisz mir das schönste lied?' j. 22'i.
HARHOLZ, »i. prunus padus, die schwarze vogeUarsche. Nem-
Kicn 4, 1074. s. haarholz.
HÄRICHT, HÄRIG, adj., s. haaricht und haarig sp. 30.
HÄRING. *. bering.
HARKE, f., HARKE. HARKEN, m. 1) rastrvm, rastellus, ein
auf den norden Detttschlands beschränktes wort, im süden und
dem westliehen Mitteldeutschland durch rechen ersetzt; verwandt
erscheint engl, harrow, dän. harv egge. Iractula harke Diefenp.
591"; niederrhein. arjnca herck 208'; Stieler 1570 verzeichnet
die hark rastrum , ebenso Steinbach 1, 700 die harke : jeder
blieb mit seiner harke, oder was er sonst in der band hatte,
stehen. Miu.tR Siegwart 1,42; auch niederdeutsch die harke fem.
Dähnebt 176'. de hark SchCtze 2. 104, wonach franz. herque
räteau de fer (Littr^ 1, 2015*) entlehnt ist;
hinten im dörflichen prunk ein unabsehl)3rer aufzug,
schlagend die sens und die harke zum kräftigen marscbe der
bläser. Voss Idyll. 4, 148;
drum. Hebe wölke, lass
in ruh ihr falbes gras
mit harken in den bänden
die flinken mägdlein wenden. 17, 88;
479
HARKE.X — HÄRLEIN
HARLEKIN— HARM
480
während Göthe nach düringischer weise der harken brauehl:
hab genug getragen den tveiszen harken. 11, 117.
Sprichwörtlich ich werde dir zeigen was eine harke ist, spöt-
tisch, werde dir eine an sich einfache sache klar machen; dem
cntspriclU in Holstein he kennt de hark nig, von einem der sich
im vaterlande fremd zu sein geberdet. Schütze 2, 104 knüpft
diese redcnsarl an die erzdhlung von einem in der fremde ge-
wesenen bauerssohn an, der das so oft gebraucfUe instrument nicht
eher wieder erkannte, als bis es ihm gegen die nase schlug.
2) harke in den hüttenwerken ein harkenähnliches Werkzeug,
zum hereinziehen der kohlen in das schien fasz. Jacobsso.n 2,219';
an der elektrisiermaschine ein ebenso geformter Iheil des conduclors.
6,37'; in den Spielbanken ein gerät, womit der einsalz der Spieler
eingezoqen wird.
HAKKEN, vcrb. l) mit dem harken arbeiten, mnd. herken:
bidens ein ding dar man mcde herket. Diefenb. 73';
auch viel kriifliger tönt im geschwirr arbeitender sensen
mulbiger mänuer gesang mit dem eiuklang harkender mägdlein.
Voss Idytl. 17, 42.
transitiv einen weg harken, durch harken bearbeiten, glätten;
des mannes sat, die he mit sime plüge wirkt, die is ver-
denet, als die egede dar over gat, iinde die garde (der garten),
als he geseit unde geharket is. Sachsensp. 2,b8,2; aber auch
heu harken, durch harken zusammenraffen:
die mägdlein, dalderaldei!
sie harken blumen und heu!
Voss tieder, heureigen;
sie harken doch
meist hedrich, tresp und brand. Idyll. S, 176.
übertragen einen harken , einem unsanft zusetzen , wie es sonst
heiszl einen bürsten, kämmen, den köpf waschen «. ähnl.;
sind die letzteren beispiele von der Ihäligkeit des- baders herge-
nommen, so unseres vom gärtner: ja hell ich sie (meine tochler)
nicht so mit aller macht zurecht geharkt , ich hette mir
flugs wollen lassen die nase abschneiden, wenn was draus
worden wehre. ScHocn stud. leb. Diij; recht kräftig auch den
magen zurecht harken : nun kan ichs der tebelhobimer nicht
sagen, was der frembde vor wesens und aufschneidens von
dem mastixwasser machte, .. wie es den magen einem so
brav zu rechte wieder harken könte. Schehnuffsky 2, 61.
2) mundartlicli niederdeutsches harken sich räuspern (Dähnebt,
Schutze) ist lautmalend und stellt daher vom vorigen harken
völUg d).
HAB KENHAUPT, n. der horizontale querriegel des harkens, in
dem die zahne stecken. Jacobsson 2, 219'.
HAH KENSTIEL, m. stiel des harkens.
HARKENZAHN, m. dens raslelU. Fbiscu 1,416'.
HAHKERIN, f. harkendes weib:
mäher und harkerin drfiben um schwad und geschobertes
grummet. Voss Idyll. 13, 101.
HAHKSTROH, n. stipula. Kirsch cornuc.
HÄRLEIN, n. kleines haar: pilus ein härle, pilo ich gewinn
bärlin. Dastp. ; härlin in der nasen vibrissi das.; härlin,
welche den hennen an den füszen behangen, Iricae. das.;
vielfach, wenn kopfhaare gemeint, tritt die bedeutung feines, zier-
liches haar hervor, und das wori steht hier so wol im Singular
coUectiv, als im plural die härlein: die lustgärten, die allein
von kreutcrn gemacht werden, wollen nil zu mager noch zu
feist erdrich haben , dasz sie mögen subtile und zärtliche
kreuler gebcren als die härlin, die das gesichl gar grOszIich
belustigen. pflanzbüchUn der lustgärten (Frankf. 1546) 4;
dar unter {unter der kröne) stuond ir harel leis,
geflochten in cinr kellen weis, rimj 15', 42:
unterm krSnczel wai verwunden
ir harel .«aiibfr auT gepunden. 15*, 12;
Ich f! 1 itiera engel,
die i "le mein;
ir h' ;ilii ein «prengel,
ir muaUleiii tut ali ein rubin.
GoiiKKg «. TiTTMANR liederb. $. 25;
ftiT Ihn sie noch ihr hArlein mutzt.
Lifii miuenalm, 1708 «. 16.
redensarten wie ha haar (sp.tiff.): erbleil so geplündert da«
nil ein hSrlein gelassen. Fmsciii.ii« nomencl. 446 ; wiewui sie
mit alle irer kimnt nicht vermocht hellen dem b.-ipst ein
einig herlin zu krümmen. Lctiikr 1,4'; nit seines herleins
breidt. Caridtadt o. d. tabbal A iij'; blrlein .«palten durch ipilt-
findige worte trügen:
wir werdt den wyben glauben halten,
wie sy uns oft oucb herlyn spalten.
MuRNER ijeuchm. Ei';
(so lang) du sy laszt herly spalten,
ein nienlyn ull den errael machen,
über den'linken zan dir lachen. 1*.
unter den spielen im Gargantua begegnet auch härlin zupfen.
no. 156, bl. 165'.
HARLEKIN, m. l) der name des narren in der italienischen
komOdie , Arlecchino, gegen ende des 17. jahrh. in das deutsche
luslspiel eingedrungen, wo es vielfach und je später je mehr den
deutschen narrennamen Hanswurst verdrängt, das worl ist ein
altes romanisches: /ranz, hierlekin, hellequin seit dem Vi. jalirh.
belegt (Littre 1,194'), später arlequin, harlequin, span. arle-
quin, arnequin gliedermann ; im altern franz. getU die bezeich-
nung auf ein lußgebilde kämpfender geisler, mylhol. 893. danach
ist mylli. S94 der versuch gemacht, einen Zusammenhang mit dem
deutschen helle Unterwelt herzustellen. Lessing schreibt harle-
quin 6,347 u. öfter; später erst dringt die Schreibung harlekin
durch: als durch einen gewissen halbgeschmack die lustige
person (vom Iheater) vertrieben ward, und, obgleich geist-
reiche köpfe für sie einsprachen, dennoch weichen muszte,
da sie sich bereits von der derblieit des deutschen hans-
wursts gegen die nicdlichkeit und Zierlichkeit der ilaliäni-
schen und französischen harlekine gewendet hatte. Göthe
26, 195. übertragen heiszl ein mensch von narrenhaflem gebahren
ein harlekin, und man redet von einetn philosophischen, poli-
tischen harlekin.
2) harlekin ist thiername geworden: einer kleinen hundeart,
canis variegatus Nemnicb 1,720; einer wanzenart, cimex slolidus;
eines kdfers, hüHer 3, 165.
3) auch das kleine knabenkraul, salepwurzel, orclds mono wird
harlekin genannt, wegen der dhnlichkeit der blumen mit einer
narrenkappe. Nemnicb 4, 783.
4) harlekin ein englisches wollenzeug von buntem und scheckigem
muster. Schedel waarenlex. 1, 505".
HARLEKINADE, f. harkkinscomödie, freier dann audi harle-
kinsstreich.
HARLEKININ, f. weiblicher harlekin; in freier Verwendung:
und du wirst darüber — arme Magdalene! — die harle-
quinin der harmonie. Lessing 10, 97.
HARLEKINSENTE, f. anas liistrionica. Nemnicb 1,277; wegen
ihrer bunten Zeichnung.
HARLEKINSJACKE, f. bunte jacke, wie sie ein harlekin trägt.
HARLEKINSSPECHT, m. picus minor, der kleine buntspecht.
Nemnicii 4, 965.
HARLEKINSSPIEL, n. dramatisches spiel, indem der harlekin
die hauptrolle hat.
HARLEKINSSPINNE, /". aranea vfatica, wegspinne, garien-
spinne. Nemnicii. sie heiszl so wegen ihres sonderbaren ganges,
und wegen ihrer bunten fii.tzc.
HAKLEKINSTRACHT, /..• vielleicht ist er in knechtischer
livree oder gar in harlekinsl rächt vermummt. Heine werke 8.39.
HÄRLING, m. 1) name eines ßsches, des weisifelclien, sofern
er noch im ersten jähre ist; auch hilrling, heuerling. Nemnicu
4, 1212.
2) die Weintraube, die in folge zu spiter blüU nicht hat reifen
können :
wir sammeln leere spreu statt voller Ähren ein,
die irauben wollen sich in liurliiige verkehren.
Cur. Griphii's ]>üe(. wätd. 1,511.
gewöhnlicher heerling, herling, s. d.
3) häiling ist auc/i der name einer exotischen pflanzengaltung,
hypoxis. Neumcu 3, 2ü3.
HARLINSET, n.; den groszen Schweinen rausx man har-
linset in milch sieden (wenn iJinen die hdlse aufschweUen).
HoiiHEHC 2, 314*. gemeint ist vwlleuitt dir fruchl des iomei-
kirsclibaums, cornus m'iscula, die mundarilirh iw..i;i,,. )...rU)(.>
äliir nrliz, erlisch (Dikk. Ib/) heiizt.
HARM, m. in luci bedeutungen.
1) leid, kränkung, Verletzung, ahd. nUs. härm coniumdia, in-
juria, calamiias, mhd. hurin; ups. heaim, a/Zr». im /i/ur. harmar,
schimpf; litt, sariuala dedecus, bohm. srainota, lusammtnkdnyend,
wie GUS. 3(13 ausgeführt ist, mit slav. sraiiiili dvr^ineiv, ionskr.
9ri erubescere. das woit, nie es ttberhaupt kein volkimillign id,
ist namentlich in dieser bednäung im nlid. selten:
OB i
IM
Hnln
mirli In mein 'iin,
und ciigcl »oll' i sein
Tor Jedem trug und barm. Ainn fML (1840) 614«
481
HARM
HÄR3I — HÄRÜIEN
482
ebenso in der alleren spräche:
so wirstu dir viel barm bewarn.
Bi^iGWALB /. w. (1585) 115;
und in der kircb viel zank und barm
anricbten, das es gou erbarm. 40S;
ijeKöhnlkh nur in festen formein gebraucht, einem harm zufügen,
einem harm bereiten, auch einem barm tbun, wie schon ahd.
ni tuon ih tbir harm. Tat. 109;
alts. that iru thär nioman thurh thes neriandon
belaga belpa barm ni gifrumidi. Heiland SS91;
nhd. was that icb denn für barm euch, gute fürstin,
als dasz ich sprach vom harm, deu andre tbun?
Shakesp. könig Johann 3, 1 ,
wbat other bann bave I, good lady, done,
but spoke tbe barm that is bj others done?
2) harm für anhauendes leid, kummer, gram, schon durch
ahd. harm aerumna (Graff 4, 1032) gewährt, auch im ags. hearm,
ahn. barmr in dieser bedeulung vorhanden, vericendd das ältere
nhd. nur spärlich:
seinen köpf mit harm zubricht.
RwcwAXD Ir. Eck, L2';
daselbst L 3* der gegensatz freud und harm ; harm moeror,
aegritudo, luctus, acerbitas aninii Stieler S30 ; den barm fahren
lassen , aegrimoniam abßcere Steinbach 1, 700 ; vorm harm
vergehen, aegrüudine conßci das.; seil dem vorigen jalirh. isl
harm vorzüglich bei den dichtem in aufnähme gekommen :
verloren ist der tag, und schändlich sind die stunden,
die, wann wir fähig sind, bedrängten beizustehn,
beim anblick ihres harms uns unempfindlich sehn.
Hagedorn 1, 2U,
künstlern, die auf zaubersaiten
sorg und barm durchs ohr bestreiten. Lessi5G 1,19;
barm und grämliches gesiebt
danken unserm geber nicht,
aber freudenlieder. J. M. Miller ged. 51;
eine schale des harms, eine der freuden wo?
gott dem menschengeschlecht. Höltt 96 Halm;
nun such ich dich, mit harm erfüllt,
bald bei des dorfes linden. 129;
rosen auf den weg gestreut,
und des harms vergessen! . . .
gebet harm und grillenfang,
gebet ihn den winden. 197;
imd er börts mit stummem barme. Schiller W;
alsbald spannt von dem langen barme
die ganze Stadt der Teukrier sich los.
Zerstörung von Troja 5;
wie du liebest, macht mir harm. RiJckeri 243;
und er schlingt um den leib die rechte,
hält ihn traurend in bitterm harm.
Ar:«dt ged. (iUO) 223
er ruft, in bitterm barme
auf seinen stab gelehnt. Uhlakd ged. 201.
HARM, m. mustela erminea, die wieselart, die jetzt mit einer
versteinerten und nicht mehr verstandenen Verkleinerungsform her-
melin (s. d.) genannt tcird. ahd. harmo, haramo, barm, mygale
(Graff 4,1034); mhd. harm ab. 1,635';
(die hdnde waren) weich und linde, kleine, lanc,
und rehte alsam ein barm blanc.
Tristan. 90,32;
nhd. nur noch seilen: mygale barme, harm Dief. 360'; kamen
barm, biber, marder, wiesei, eichhorn. Simrock 1,370. —
j. härmlein.
H.\RM , m. urina , eine nebenform zu harn (s. d.), nur im
Suffixe abweichend, das bei bar-m als mediales, bei har-Q als
rein passives ersclieint. die form harm ist bairisch-östreichisch
{z.b. Siels bei Megexberg; harm Schm. 2,237; barm, harmb
Leier 134), und gehl durch Franken, Hessen, bis nach Düringen,
wo es LcTBER gewöhnlich brauclU : das sie mit euch iren eigen
mist fressen und iren barm saufen. 2 kön. 18, 27, ebenso Jes.
36,12; wer seinen misl oder barm halten niQste, so ers doch
nicht kan, was wolt aus dem werden ? tcerAe 2, 237' ; ja, sie
sind glieder der kirchen , gleich wie speichel, rotz, eiter,
scbweis, mist, harm, stank, grind, blättern, drüse, franzosen,
und alle seuche des leibs glieder sind. 5,64'; und lesset
doch von sich eitel unflat, rotz, speichel, putter, scbweis,
schweren, blaltern , grind, gnatze, Oflsse, eiter, mist und
harm. 6,316"; harm, brunz, urina Serrancs syn. 93*; barem
oder saichet. voc. von 1482 6ei Schm. 2, 237; darnach sammet
sich das {blut) in den ädern zu den nyren und sej-het durch
und Wirt zu bann, versehung eines menschen {Sürnberg 14S9)
43'; als warm als eines menschen harm oder prunn isl. 47*.
IV. II.
der arzt besieht den harm eines kranken und erkennt daraus seine
krankheit :
als sie im betten bescbawt den harm,
einr sprach: er bat grosz fehl im darm.
B. Walbis Esop 2, 89, 7 ;
berr doctor, mir den harm besecht!
dann mir ist warhaftig nicht recht.
Airer 354' (1774, 17 Keller);
du must auch nemen mit
den harm wol deiner frauen.
hsz ihn den doctor schauen!
desselben fasln. ^. 150* (308Ö, 28);
seit mir, mit Urlaub schauen
diesen barm in den glas. 150' (30S2, 16) ;
der harm sei gleich wi er sei,
so när ich mich der ärtznei. Schwarzenberg 137*.
der harn der niclit normal ist und auf kranklieit hinzeigl, wird
wilder harm genanttt:
knecht Quenzepelsch, das ist ein wilder harm,
ich wais nit, ob es im leit in dem magen oder im darm.
fastn. sp. 63, 11 ;
dafür: gnediger berr, der harm ist gar ungesund.
J. Airer 354* (1774, 22 Keller).
HARMBALG, »i. balg des hermelins: 389 barmpelg, das
300 für 8 fl. Adam Rtse rechnung D 4'. dafür harenbalg als
pelziverk script. rer. sUesiac. 3, 209.
HARMBRIINNEN, f7i. urina; diu plÄse oder diu pläter ist
ain va; des barmprunnens. Megenberg 34, 10.
H.\RMEL, f. eine rautenartige pflanze, peganum harmala.
HÄRMEL , H. verklänerungsfomi zu harm , hermelin {vergl.
härmlein) : jedoch pringt daj härmlein n eijiu härmel. Megeh-
BEBG 153.20.
HÄRMELCHEN, n. l) Weiner barm, wieselarl: mygdale her-
melchen, nd. bermelken Dief. 360'.
2) in Meisz.en die kamille , anthemis nobilis. Nexnich 1,332.
HÄR.ME.N, verb. gram, kummer machen oder zufügen.
1) gewöhnlich reflexiv sich härmen :
kind gottes, härme so dich nicht,
und denk, wie männer sind !
BORGER briider graurodi:
da hat sich das arme mädel gebärmet,
die bleichen wangen klagten mich an.
KoTZEBi'E dramat. sp. 1, 294;
oftmals wenn ein schön gefühl
mir die brüst gewärmt,
und man ihm begegnet kühl,
hab icb mich gehärmt. Rüceert 245.
mit angäbe der Ursache, eingeleitet durch die praep. um, über
oder durch abhängigen salz ausgedrückt: und Bachides bermet
sich seer, das sein anschlag und zug vergeblich war. 1 Macc.
9, 68 ; er härmt sich nichts darum , de hac re non angitur.
Steinbach 1, 701; icb herme mich sehr über die böse zeiteo,
tetnporum injuriae miserrime maeerant me Stieler 829;
da sitz icb hier, von sorgen abgefressen,
und härm um ihn mich täglich mehr und mehr.
Gleis 1, 2S1 ;
seltener durch den genitiv vermillelt:
desz härmte jener sich. Stolberg 14, 164.
die Wirkung des sich liärmens auf den eigenen kürper zächnet
sich abhärmen (1, 55): sich nicht dergestalt abzuhermen.
Plfsse 3, 63; der sich am fusze des bettes um seinen kranken
söhn abhärmt. Göthe 20, 302 ; oder noch intensiver sich zu
(ode härmen : er hat sich zu tode gehärmt, eum animi aegri-
tudo consumsit Steinbach l, 700 ; wie icb mich um sie eben
nicht werde zu tode gebärmet haben. Ptesse 3, 122.
2) selten transitiv, grämen, kränken :
mich auch härmt das alles, o trauteste. Hias 6,441;
in eigenthümlicher weise bei Bürger reflexive fügung umschrei'
bend, zugleich mit einem accusativ des erfolges verbunden:
nun härm ich ganze nachte lang,
auf schlummerlosem lager,
die leichten glieder matt und krank,
die vollen wangen hager. 7*.
3) intransitiv, im partic. des praesens: hermend moerens,
moestus, tristis, eoniurbatus Stieler 829 ;
und laszt die brüst von wein mir lieber glühn,
als härmendes gestöbn das herz mir kühlen.
Sliakesp. kaufm. von Venedig 1, 1;
and let my liver raiber beat wiib wine,
than my beart cool wiib mortifying groans.
4) härmen, Wenfalls intransitiv für wehklagen, jammern:
begunte bitterlich zu herinen und zu schreien, pers. baumg.
4,11, berührt sich mit karmen, kärmen 5.21o. mit dem es auch
31
483
HÄRMEN— HARilLOS
HARMLOS — HARMONIE
484
bei Zesen vabunäen wird: nachdem sie lange genug gekarmet
und sich nun müde gehärmet hatten. Assenal (1079) s. "8.
HÄRMEN , n. der subdanlivisch gesetzte infinitiv des vorigen,
gram, kummer : machet des hermeus und trawrens ein masse.
LuiHER tischr. 231';
o groszer Hammerschmid, was mügen dich viel neiden
die spöiter, welche doch mit härmen müssen leiden
dasz man dein edle kunst [die musik) durch güldne bücher bringt
viel hoher, als wo sonst das heer der sterne ^pringt?
Rist /'am. üb*.
HÄRMEN, HÄRMEN, verb.harn lassen, neben form zu harnen:
urinare barmen, hermen Diefenb. 630'; mejere, prunzeln, här-
men Trochus Qiij'; beifues genütz {geniesze) in wein, macht
wul härmen, versehung eines menschen {Nürnberg UHQ) lOO'' ; so
waren die von im (Caracalla) verdampt, die an die seüi liar-
melen. Frans chronica 1531 143';
fürt in hinausz und laszt in barmen,
und bringt mir den saich su warmen.
fastn. sp. 62, 21 ,
für schmerzen so viel zäher flössen,
das im sein angsicht nasz begossen,
so mild, als ob es wer geharrabt,
das all sein (reundt gar sehr erbarrabt.
B. VValdis Eüup 2, 60, 51 ;
eine kue, welche stark biuet gehärmbt. Schm. 2, 237.
HAR.MENSTEIN, m. blasenstein der das harnen erschwert:
du wirfst dich umb im beth allein
als ob dich reisz der harmenstein.
H. Sachs 1 (1590) 164".
j. harmstein, harnstein.
HAR.MFASZ, n. malula: wenn nu ein gesinde sich wült
irren lassen, das im hause nicht eitel silbern becher weren,
sondern fünde irgend ein notstuel oder harmfasz. Luther
3, 154*. s. harnfasz.
HARMGLAS, n. malella medica: geht ein knecht mit ihm,
hat ein harmglas in eim futter. J. Ayrer 353* (1773,4 Äd/er);
mein herr, wir habens wol bedacht,
und haben unsern piunnen mit bracht,
den schaut in disem harmglas, fasln, sp. 366, 4;
ach ir baurn und ir groben röhling
was habt ir gemaint mit disem ding,
das ir euch habt poshait gedissen,
und habt ins harmglas geschissen? 684, 15.
5. harnglas.
HARMHAFT, adj. mit härm behaftet, kummervoll, traurig:
harmhafter sinn schadet sich selbst am meisten, trisliliae se
dedens sibi ipsi vulnera incutit. Stieler 829.
HARMICHT, HÄRMICHT, moerens , moestus, trislis, conlur-
bclus. bermicht Stieler 829.
HARMIG, adj. dasselbe: deute die trostrede des herrn auf
die deinijjen, darum du harmig und traurig bist, Otho1048;
ich mus gen hören wie sichs helt,
das sich mein weih so harmig steh.
Gr. Wagner unlrew Biiij'.
HARMKRUG, m. matula. der mann schilt die frau:
du leschtrog, harmkrug, lochrete tasch.
fasln, sp. 255, 11.
HÄR.MLEIN, n. kleiner barm, wieselart; in Baiern harml
Scuji. 2, 237, in Kdrnlhen harmie Lexer 134, wo durch diese
diminulivform die form barm ganz verdrängt ist; cimlich in
Niederdeulschland harmke mustela erminea Nemnicb; mygdalc
bärmli, hermlin, hermlein Diefenb. 360*; tirerra hermle 624*.
— Auch das zu pelzfutter gcbraudtte feil des lidrmleins: ainen
samatten rock mit härmel underzogen. Schm. 2, 238.
HÄRMLEINWEISZ, adj. weisz wie das feil des Itermelins:
got griisz eur balslein härmleinweis,
dasz got gcschafTen hat mit ganzem fleis.
fastn. »p. 409, 22.
HÄRMLICH, adj. mit kummer behaßct , leidvoll: heut oder
morgen wird krieg, dann bist du weder wittwe noch frau,
und lebst ein härmflches leben. Hevcie Julchen Grüuthal s. 73.
HARMLOS, adj. und adv., ein neueres, noch von Frisch nicht
verteichnetes worl. et ist erst um die mille des vorigen Jahr-
hunderts, als die Übersetzungen englisdier portischer erzeugnisse im
icliwamje waren, dem englischen harmicss nachijibtldct worden
und hat schnellen eingang und Verbreitung in Deutschland gefunden.
seine bedeutung fuszt aber daher nicld auf dem ileulschen, sondern
auf dem englischen hariu, ags. hcarm, scliaden, naclUheil, krän-
kung , nuanciert sich aber nuhl ohne einflusi des deutschen be-
yn/fet barm, harmlos sagt aus:
1) ohne schaden, olme nachtheil, unbeschädigt:
deo heim, vcrni6gonil gegen alle macht
Too huadert itAdtea harmioi tu besteba. DBrcir 167*.
2) dann auch in mehr aclivcm sinne, einen schaden nicht mit
sich fülirend, unschädlich, unschuldig: dieser harmlose aber-
glaube vereiniget sich mit den übrigen umständen unsers
Volkes. Wieland 8,203;
freier ström sei meine liebe,
wo ich freier schiffer bini
barmlos wallen seine triebe
wog an woge dann dahin.
lasz in seiner kraft ihn brausen!
wenn kein dämm ihn unterbricht,
müsse dir davor nicht grausen!
denn verheeren wird er nicht. Borger 45".
3) dann von menschen, friedlich, ohne arg und tücke: die
Korinthier oder Athener werden nie so unfreundlich sein,
einem harmlosen menschen, der niemanden im wege steht,
eine hütte, oder wenigstens einen hohlen bäum, zur Woh-
nung zu versagen. Wieland 13, 131 ; sinnigem , harmlosem
Volke in der stillen, umfriedeten heimlichkeit seiner niedern
berg- oder waldhütlen. H.Heine werke 1,34; er war harmlos
wie ein kind. 12, 49;
die fürsten seh ich und die edeln herrn
in hämischen herangezogen kommen,
ein harmlos volk von hirten zu bekriegen.
Schiller Teil 4,2;
da lebten die hirten, ein harmlos geschlecht,
und brauchten für gar nichts zu sorgen.
die vier weltaticr;
auch von thicren: die harmloseste aller schlangen, die arrne
biindschleiche. Tschudi Ihierl. d. alpenw. 60;
{die kulze), ein harmlos nützlich thier. Shakesp. kaufm. 4, 1;
a harmless necessary cat.
4) von thalen und beschäßigungen solcher menschen: unter-
dessen dasz Danischmend und sein filosofischer kalender so
harmlos und so vergeblich über dinge schwatzten die sie
nicht ändern konnten, Wieland 8,176; da kommen dann die
mädchen aus der stadt und holen wasser, das harmloseste
geschält und das nölhigste, das ehmals die löchter der könige
selbst verrichteten. Göthe 16, 9; die rüge der fehler und
mängel {bei Rabener) ist harmlos und heiter. 25, 74 ;
weil sich die fürsten gütlich besprechen,
wollen auch wir jetzt worte des friedens
harmlos wechseln mit ruhigem blul.
Schiller braut von Messina;
ich lebte still und harmlos — das gescbosz
war auf des waides thiere nur gerichtet,
meine gedanken waren rein von mord. Teil i, 3,
5) endlich, an die hochdeutsche bedeutung von barm ange-
schlossen, unberührt von kummer, mit innerem frieden, ruhig
heiter: sich wechselseitig anzusehen, war ihnen ein unaus-
sprechliches vergnügen , dem sich ihre harmlosen scelen
ganz überlieszen, ohne lebhaftere wünsche zu nähren, oder
für irgend eine folge besorgt zu sein. Göthe 18,285; dasz
ich mich nach ihr sehne, nach jenen stunden, in denen wir
gefühl und gedanken harmlos gegen einander austauschten.
Bettine briefe 1, 90.
HARMLOSIGKEIT, f. harmloses wesen.
' HARMONIE, /■. aQfiovia. das jetzt so eingebürgerte und fast
unentbehrlich gewordene wort begegnet «r» mhd. noch selten als
armonlc bei Fraüenlop in musicaliscitem sinne, mhd. wb. 1,61*.
erst nach Wiedererweckung der classicität beginnt es sich zu ver-
breiten, recht eingebürgert erscheint es seit der zweiten hdlße des
vorigen Jahrhunderts, wo es namentlich Schiller mit Vorliebe
brauclit. zunächst ist es technisches wort der musik und maierei,
und geht von hier aus in freiere anwendung über, die bedeu-
tung ist
1) {von tönen und färben) die Verbindung von einzelnen gleich-
zälig angeschlagenen tönen zu einem wolklingenden ganzen , die
wollhuendc anordnung der färben und grujypen eines gemdldes:
es sei kein bessere harmoni oder music, als wann herz und
inund übereinstimme. Zinkcref apoplith. 1 (1626)301; etliche
musicantcn und lauten.'ichiUgcr sähe man da, deren intent war,
die jungfrawen mit ihrer harmony zu gewinnen. Philander
1 (1642) 122; aber weil es eine harmonic der töne gibt, su
ist ein duraccord harmonisch. Güthe 36,368; endlich deutet
Diderot auf ein fundament der harmonic, er will es im rcgen-
bogen linden, und beruhigt sich dabei was die französische
tnahlcriicbulo darüber ausgesproclien haben mag. s. 207 ;
WaR in di!r dinge liiuf Jetil nibkliiiKt,
tönet in ewigen liarmoniocu. Klupst'"-» i h •
tccicnvnllo harmoniern winimoln,
ein vvolluiitiK niigetlium,
uu» den »aiten. Scuillkr 1,38 Kun \l.,iiiri: .im \/ .:
485
HARMONIE — HARMOMENBAND
HARMONIENFALL — HARMWASSER 4S6
ach, die kühnste harmonie
wirft das saitenspiel zu trümmer.
s. 90 {melancholie an Laura);
schon sieht man Schöpfungen aus Schöpfungen entstehen,
aus harmonieen harmonie. «. 180 {kunsüer) ;
nimm einen ton aus einer harmonie.
s. 279 (bild zu Sais) ;
aber aus den goldnen saiten
lociit Apoll die harmonie. s. 407 (eleus. fest);
wie zwo flammen sich ergreifen, wie
harfentöne in einander spielen
zu der himmelvollen harmonie. räuber 3, I.
übertragen :
ihr leben ist die schönste harmonie. tcerke 1, 11 Kurz;
deine frühesten gefühle
losten schon beim saitenspiele
auf in harmonien sich. Blumaüer 1, 167;
sie sprach zu mir, da flosz von ihren lippen
die schönste harmonie. Seu«« tjed. 104.
die pythagoräische Vorstellung von der harmonie der Sphären ist
in strengerem oder freierem ausdruck vielfach von tinsem didüern
gebraucht :
der gott vergasz, hei muntern chören,
wann ihm ein holder mund geflel,
die stolze harmonie der sphären,
doch nicht sein sanftes saitenspiel. Hagedors 2, 75;
und dir rauschen umsonst die harmonien des Weltalls?
Schiller 1, 268 Kurz (tanz).
2) das harmonisch erklingende musikstück selbst:
und thränen süszer Sympathie,
entlockt durch süsze "harmonie,
ihr sprechend aug befeuchten.
Schiller 1, 160 Kurz (prieslerinnen der sonne);
und die neuen bürger ziehen,
■von der götter selgem chor
eingeführt, mit harmonieen
in das gastlich offne thor. 1, 40S {eleus. fest) ;
harmonieen hör ich klingen,
töne süszer himmelsruh. 438 {Sehnsucht).
3) in veiterer bedeittung zusammenstimmung, und zwar
a) in ästhetischem, philosophischem, matItemaliscJiem sinne: die
idee des Wohlwollens bezeichnet die innere harmonie einer
person , welche mit eignem willen sich einem von ihr vor-
gestellten fremden willen widmet. Herbart enct/c §172; har-
monie der Progressionen; harmonie der weit, ist eine Über-
einstimmung der bewegung der planeten und ihrer weite von
der sonne mit den stimmen und intervallis oder den noten-
weiten in der musik. malhem. lexicon l (1747) 634 ; die grosze
harmonie des makrokosmus. J. Paul uns. löge 2, 140 ;
wie glücklich sehen sie (die magister) beim wein
die fugen der soriten ein!
der wein musz nie der Wahrheit schaden.
der rausch beleuchtet itzt durch sie
die Torbestimmte harmonie,
die beste weit und die monaden. Hagedorn 3, 126;
Sonnenstäubchen paart mit Sonnenstäubchen
sich in trauter harmonie.
ScHrLLER 1, 33 Kurz (phantasie an Laura).
b) in der gemeinen spräche des lebens zusammenstimmung, ein-
Irachl; schon in der Slraszburger kleiderordnung von 1628: (der
unterschied der stände) ohn welchen auch die politische har-
mony . . inn gutem Wohlstand sich nimmermehr beOnden
wird; dasz er in harmonie bleibe .. mit den Verhältnissen
des lebens. Ixuerhann Münchh. 4, 132 ; ein eheband das . .
an harmonie und innigkeit mustergültig genannt werden kann.
sonntagsbl. 1869 s. 351";
der du den kriegesgeist in der geschichte liebest,
und in der poesie,
und deutsche redlichkeit bei wälscher klugheit übest,
(die schwerste harmonie!) Rasler 1,^.
gesellige vereine führen jetzt oft den namen harmonie.
4) harmonie ist in der anatomie eine Verbindung von knocken
mit fast ganz glatten rändern.
H-\RMO.NIEDDRCHTÖM, part.:
kleiner punkt im lichtumflosznen
barmoniedurchtöntea räume
seiner gränzenlosen schöpfiug. Overbsck verm. ged. 2.
H.\RMOMELEHRE, f. lehre ton der Verbindung harmonischer
töne in einem musikstück.
HARMONIENRACH, m.:
wo tausend schrecken auf ibn zielen,
folgt ihm ein harmonieenbacb. Scbillbh die künstler.
HARMONIENBAND, n.;
es schwebt mit ihm (dem splidrentante), an harmonienbanden,
der hohe weltchoral dahin. Bürger 79".
HÄRMOMENFALL, m.:
in Mozarts harmonieenfall.
SsuME ged. 164 (aufmunterwig).
HÄRMOMENFLÜSZ, m.:
mein ohr umtönt ein harmonienflusz.
Schiller die ericartung,
HARMOMENMEER, n.:
sein geist zerrinnt im harmonieenmeere,
das seine sinne wollustreicb umflleszt.
g Schiller die künstter.
HARMONIENSPIEL, n.:
je weiter sich gedanken und gefühle
dem üppigeren harmonieenspiele,
dem reichem ström der Schönheit aufgethan.
Schiller daselbst.
HARMONIEREN, verb. zusammenstimmen, in technischem und
yeuröhnlichem sinne: das harmoniert nicht, in einem musik-
slücke, ist unharvionisch ; blau und grün in dieser Verbindung
harmoniert nicht; menschen die sich nicht vertragen, sagen wir
hannonieren nicht. Göthe braucht das vort transitiv, in zusam-
menstimmung versetzen: er weicht der färbe selbst aus, er
schwächt sie und glaubt sie dadurch zu harmoniren, indem
er ihr die kraft nimmt, ihre Widerwärtigkeit gegen eine an-
dere recht lebhaft an den tag zu legen. 36, 265.
HARMONIKA, f. musikinstrument von se/ir harmonischen tönen,
in mehreren arten seit dem li.jaltrh. aufgekommen, eine blas-
harmonika, Ziehharmonika; ein glasharmonika , deren töne
durch glasglocken erzeugt icerden; ähnlich holz-, stahl-, stroh-
harmonika.
HARMONIKAGLOCKE,/".; auf den harmonikaglocken seiner
phantasie hören die äuszern übelklänge des Schicksals . . in
sanft auffliegendem ertönen auf. J. Paul Besp. 3, 125.
HARMO.MKAKLANG, m.:
noch tönet, wie leiser harmonikaklang,
mir tief in der seele dein süszer gesang.
Matthisso?! ged. (1794) s. 68.
vom anklingen der gläser:
kein wohldenkender faszt an den oberen kelch, wenn er an-
klingt ;
nein, an den fnsi! dann klingt barmonikaklang in den glück-
wunschl Voss Luise 1.
HARMONIKER, m. : ich hatte die wetterharfe, die wie du
weiszt , sich über das grosze bassin hinzieht , anspannen
lassen, auf der der stürm als ein tüchtiger harmoniker gar
wacker spielte. E. T. A. Hoffma.ns 8, 27.
HARMONISCH, adj. und adv.: harmonische töne; harmo-
nische Progressionen in der mathematik; dann weisz freilich
niemand, ob er ein harmonisches oder disharmonisches bild
sieht. Göthe 36,265; die färbe blieb auf dem gemählde, wie
auf der palette, nur stofif, materie, element und ward nicht
durch eine wahre genialische behandlung in ein harmonisches
ganze organisch verwebt. 269; legten die sangvögel ihren
ganzen tonmarkt aus , die sprachvögel warfen ins harmo-
nische Wettrennen alle schimpfworte der menschen. J. Paul
leb. Fibels 53;
wenn in des edelmüthigen Geliert harmonischem leben
jede saite verstummt. Klopstoc« 1,29;
auch dein zartester laut ist dein harmonisches selbst.
Schiller das «eibt. ideal (1, 307 Kurz).
HARMPFOTEN, f. plur. falten im gesteht, die durch härm
entstanden sind; sie werden sonst auch krähen füsze, nd. kreien-
poten (5,1974) nach der ähnlichkeit der gestalt genannt: hab
wohl ehr 'n stern auf einer brüst gesehn und in dem gesicht
darüber harmpfoten und verdrusz. Clacdics 1 5. xi.
H.\RMSCHERBE, f. matula : das er . . als ein töpfcr aus
dem thon machen möcht eine kacheln oder krug oder harm-
scherben. Luther 6, 96'.
HARMSTEIN, m. blasenstein: (petersil) ist guot für den
harmstein. Megenberg 413, 29; von dem harmstein, versekung
eines menschen {?iürnb. 1489) 98'. s. harmenstein, harnstein.
H.ARMTOD, m. tod durch gram : als sie nun mit der magd
gar alleine war, raSte darauf . . auch der harmtod diese
hinweg. Gcir-sfeld hist. rosengeb. 779.
HARMVOLL, adj. gramerfüUt: bis aufs neu unter meinen
hieben sich der harmvolle niedre schurke bildet, der hier
zu meinen füszen kriecht (icorle des Mephistopheles an Faust).
Fr. MtJLLER 2, 186.
HARMWASSER, «. urina : da^ wa^^er ist da^ pest ze trin-
ken, da; durch vclse fleujt und durch sandigj ertreich. wan
31*
487
HARMWLNDE — H ARiNGL AS
HARNGHIES — H ARiMSCH
488
da; ist leiht und . . macht dem harinwa;;er weg. Megenberg
104, 1. s. hainwasser.
HARMWLNDE, f. harnstrenge, harnzwang: hat aber ein
mensch die harmwinde , so gib im dise arzney. versehung
eines menschen (I^ürnb. 1489) 99'; das \\ asser hilft für stein,
griesz, kalten seich, barrawindt. Thübneisser von wassern
(1612) s. 169.
HARN, VI. vrina. ein nur hochdeutsches wart, alid. mhd. harn
(ni/i</. auch neutrutn, ic6. 1,636'). die würzet, die weiter noch
in hure (s. d.) erscheint, geht auf allind. ^shitr {aus skar) aus-
gieszen zurück und tritt auch in den slavischen sprachen zu tage,
wenn auch in eigenthümlicher begriffsenlwickelung. wie das deutsche
misl, goth. maihstus zunächst auch nur urina bedeutet, aber im
ags. engl, mist, altn. mistr in die bedeutung nebei, diciic finsternis,
höhenrauch umschlägt, weil nebel und das nass der walken als
urin der wollienkühe nach uralten Vorstellungen genommen wurden :
so hat in ganz gleicher weise das deutsche den ursprünglichen
sinn des Wortes har-n gewalirt , das slavische einen jenem engl.
mist verwandten entwickelt, der im niederwendischen kuräwa nebel,
höhenrauch, kur staub, Staubwolke, kurisch stäuben, tabak rauchen
hervortritt, während in dem wend. kuriza vulva der alte begriff
der Wurzel kur, deutsch liar noch durcitscheint. das bildungs-
suffix von har-n ist ein passives, während die nebenform iiar-m
(sp. 4SI) ein mediales aufweist, die letztere form, die in aletn an-
nischem gebiete nicht gehört ward, ist der erstercn in der schriß-
sprachc seit dem anfange des 17. jahrh. vollständig gewichen.
harn, urina, minctura, vulg. gseicii voc. ine. theut. il'; harn,
brunz urina, lolium Maaler 212'; blutiger harn, urina cruenla,
roter harn, rubcns, rubra, rufa urina, sandächter harn, voll
griesz oder steinlinen, urina arenosa das. ; es seint darnach
etlich, die dem arzt nit sagen, wes der harn sei, ob er eines
mans oder einer frauen sei. Keisersberg narrensch. 85*. daneben
die zerdehnte form baren in harenglas urinale Diefenb. 630'.
der harn wird gelassen, getrieben, verhalten, angehalten: wann
das pferd den harn nur tropfenweisz oder gar schwerlich
lassen kan. Pinter pferdschatz 408 ; den harn treiben , im-
pellere urinam Maaler 212'; den harn verhalten, urinamrelinere,
supprimere Stieler 769. durch die besichtigung des harns werden
krankiieiten erkannt:
der gat wol hein mit andern narrn,
wer eim dottkranken bsycht den harrn,
und spricht, wart, bisz ich dir verkünd,
was ich in mynen biichern fynd.
Braist narrensch. 55, 2;
CS lauft der arzt nicht hinzu, welcher die pulsz greife, oder
den harn im venedischen glasz besichtige. Schuppios 697 ;
da wird des kranken harn mit stummem ernst besehn.
Hagedorn 2, 97.
HARNBESCHAUÜNG, /"..•
ja, doctor, könntest du finden
durch harnbescnhuung meines landes krankheit.
Sliakesp. Macbeth 5,3;
if thou couldst, doctor, cast
the water of my land, find her disease.
HARNBLASE, f vesica urinae. Frisch 1,416',
HARNRLATTER, f. hamblase (s. blatter 2,77): harnhiater
vesica voc. ine. theut. il'; die harnblateren eines thieres, t'esico
Maaler 212*.
HARNEN, verb. harn lassen: harnen mingere, urinare voc.
ine. theut. il'; schwäre not ze harnen, wen einer nit wol
iiarncn oder brünzlen mag, difßcuUas urinae Maaler 212';
fing darauf an so überflüssig zu harnen, das d; wasser ein
welüche meil von dannen lief. Garg. 238'; ängstigt man sie,
so harnen sie vor schreck. Rrehm illustr. thierleben 2, 37. auch
mit acc. des objecls : der kranke hui blut geharnt.
IIARNFASZ, n. matula: irgend ein notstubl oddcr barnfasz.
Lcther br. 3, 7. s. harmfasz.
HAHNFLUSZ, m. diabetes , krankhaftes abflieszen des harns.
Frisch 1,410*.
HARNGANG, m. l) forlgang, abflusz de$ harns: diabetes,
harnruhr, barnflusz, steler harngang. Kirsch cornuc.
2) gang der den harn aus den uieren in die blase teilet, Ureter:
lie^ze er sie zuvor zu vilen trinken nijlhigen, ihnen hernach
die 8. b. harngäng dermaszen vernusbickleii , dasz sie den
urin nicht lanscn kündlen. Simpl. 3,103 Kurz.
HARNGESCHIRR, n. matula:
il leizcn hl«! hBrnK'>*('hirr dar.
GOlir.ERs ticiKjrnharh ipfalfrnfp.) s. 175, 317.
HARNGLAS, n. gtai zur befichtujung des liarns : iiarnglasz,
banikacbel winate toc. tnc. theut. 1 1'. s. horroglos.
HARNGRIES, m. gries im harn.
HARNHAUT, /. 1) allantoides , eine zur nachgeburt gehörige
und zwischen dem amnion und chorion liegende haut. Nemmch
1, 174.
2) die haut die sich auf dem harn bildet, wenn derselbe längere
zeit steht.
HARNISCH, m. 1) larica, ferrea tunica.
a) herkunß, form und geschlecld des Wortes, harnis'ch ist erst
gegen das 13. Jahrhundert, das einheimische gescrwe rüstung ver-
drängend, in die deutsche spräche aus den romanischen einge-
drungen: ital. arnese, span. portug. provenz. arnes, franz. harnois,
harnais , älter harnas. auch in diesen sprachen hat das wart
seine heimal nicht, sondern ist nach der allgemeinen annahnte
kellischen Ursprungs, auf kymr. haiarn, allbret. hoiarn, ir. iaran
eisen zurückzuführen, wovon ein kymr. baiarnaez eisengeräte,
aus dem sich möglicherweise zuerst das engl, barness , danach
die romanischen formen gebildet hätten (DiEz 1, 33). das deutsche
übernimmt das wort in verschiedenen formen: überwiegend ist
zunächst harnasch, eine form die noch Stieler aufführt; daraus
schwächt sich ab das uns seit dem 15. Jahrhundert geläufigere
hämisch arma voc. ine. theut. i l', das noch weiter in harnsch
(Stieler 774) zurückgeld. ein umgelautetes hernisch arma Dief.
48' ist selten, ebenso wie die dem franz. zunäcltst sich anschlieszende
form harnas, harnis : harnisz arma Dief. das., die in harnist,
barnascht verläuft : du magst auch wol ein zweifach pflasler
auf einandern schlagen mit dicken lumpen gestrichen , so
werden dieselben also hart auf einandern, dasz es stehet wie
ein barnist. Würtz pract. der tvundarzn. (1612) 174 ; armarium
harnaschtkamer Dief. 49"; harnesthendschuch manicae Maa-
ler 212'. das spätere nordisch nimmt das wort mit umdeutschung
als fem. in der form hardneskja auf. das geschlecht schwankt
tm mhd. zwischen masc. und neutr. :
im ist der schilt unz an die haut
vil nach verhouwen gar,
sin harnasch aller bluotvar. Erec 1184;
ich stach im durch sin harnasch ear
und durch den hals die lanzen mm.
frauendiensl 278, 14;
im nhd. ist das neutrale nur noch selten : hab ich das barnisch
angellian. Gützv. B.44; einmahl gleicbwol ist er durch herzog
Heinrich von Mechelnburg . . ins hämisch gebracht. Micrä-
lius altes Pommern 3, 363.
b) begi-iff. unter hämisch im weitesten sinne ist die gesammte
kriegerische ausrüsluug des mannes verstanden : armatura die
Waffen, der hämisch Diefenb. 49*; hämisch arma, vulg. waSen
voc. ine. theut. i l'; den hämisch oder geweer beschauwen,
inspicere arma militis Maaler 212';
den (denen) er göt wer und hämisch geit.
SCUWARZEriBERC 131*;
dann in etwas engerem sinne die gesammte hiegskleidung eines
Streiters: unsern harncsch so wir han , wj d; ist, es sigen
panzer, hüben, kessel, hüelt, henschen, armzüg, und wz,
harnesch ist und harnesch heisjet. weisth. 4, 363 ; ergreifet
den hämisch gotles. Eph. 6, 13 (die theile des luirnisches, krebs,
beinstiefel, schild und heim werden einzeln aufgezählt v. 14 — 17);
wie ein kempfer, welcher allein
gerüstet steht niil' dem kamplplalz
mit hnrnisch und scliwerd zu dem hatz . .
gleich also musz der weise mann
in dieser weit gerüstet stahn
In dem harniscli sittlicher tugent. 11. Sachs 2,2,85';
diese gesamte kriegskleidung heLszt auch der volle hämisch (Frisch
1, 117*) und ihre einzelnen theile werden als beinharnisch, brusl-
harnisch , hauptliarnisch bezeichnet, in engster bedeutung wird
hämisch {ahnlich wie paiizei) auch nur für das haupistück der
rüstung, den brusi- oder leibharnisch verwendet, so mehrmals von
Luther in der bibel: er zöge in seinem hämisch, wie ein
hell {heSvamo O-M^nxa tos yiyat septuag.). 1 Macc. 3, 3 ;
gülden kleider, hämisch {d'MQaxsi) und sciiilt. C, 2; zeucht
dem wasser gleich ein hämisch an {ms tf'cjQaxn ivSvaexni
tÖ vS(i}q sejituag ). Sir. 43, 22 ; daher denn die Verbindung heim
und iiarnisch: ich glaubte es wäre heim un<i hämisch, der
an der wand iiieng. Rlimauer 3, 10)>. der hämisch ist von
mrlall: er wird fliehen für dem eisern hämisch. Hiob 20, 21;
in eisern heim und hämisch. 1 Macc. 0, 35 ; rculer in püldeni
hämisch. 2 Macc. 5, 2 ; der geübet mit dein pfeil auf ein haar
zu RchieRzen und dasselbe von einander zu spalten, wird den
hämisch eine» starken . . . nicht durchlr.chern. pers. rosenth,
7,18; daher als bild für elwai kräftig schUttendts gebraucht:
489
HABiMSCH
HARNISCH — HAHMSCHKAMMER
490
0 groszes won I o fester stal I
o hämisch sonder gleichen! Arsdt ged. (1S40) 501;
er prasselt, klingt : sie faren daher, das der barnisch brasselt.
Jer. 46,22;
stet uf, herzliebsier vatter mein !
ich hör die hämisch klingen. UmAitD volksl. 3S9.
der hämisch gebührt dem manne: die kinder freuen sich auf
den hämisch der männer, und diese weinen, dasz sie nim-
mermehr kinder sind. Schilleb 2,352,27 Gödeke ; darum auch
im hämisch soviel wie als riUer, im gegensalz zu knabenweise
als knappe, jüngling, vergl. knabenweise 5, 1326. der hämisch
wird, ivie andere kkidung , angele^, abgelegt: ziehet an den
hämisch gottes. Eph. 6, 11 ;
iren hämisch heten sie angelait.
Uhla!«» volksl. 349;
sondern ein kriegsman soll allein
von wegen seines elaubens rein . .
in seinen blanken narnisch krauchen,
und sich lan widern l'eind gebrauchn.
B. Ri^GWALD /. wahrh. (1585) 21;
legt auf den plan den hämisch an,
welchen im Sterops hat gebracht,
ausz zweien kicherhülsen gemacht, mückenkr. 1,788;
schaut, wer den hämisch jetzt zu seinem dienst anleg.
A. Grtphics 1698 1, 265,
auf! lege deiner Jugend hämisch an!
und schnalle um auch deine rittersporen !
Ar:«dt ged. (1S40) s. 372;
ich wollt den hämisch anschnallen. GOthe 8, lo.
c) sprichwürläches und redensarten. ein pfaff im hämisch,
ein esel in ehren , und ein blinder leiter, sind drei Techer-
liche ding. Hemsch 419.27; ein kecker mut ist ein guter
hämisch. Fraxk sprichw. l, 13'; an dieses spric}ttcort angeschlossen
heiszl den hämisch beweisen sich mulig, mannhaft zeigen: als
denn so laszts gehen, und hawet drein, seid denn menner,
und beweiset ewern hämisch. Lcther 3,324'; da man ehre
und preis erstreiten und die manheit und hämisch beweisen
kündte. 423'. die formein im hämisch sein, in den hämisch
bringen haben zunächst nur den sinn gerüstet, kriegsbereit sein,
kampfgerüslel machen: im hämisch sein, esse in armis MailIER
212*; die stett sind wider einanderen auf, oder schon im
hämisch, urbes arma inter se ferunl. das.; auch die bürger
von Passaw haben aus befehl des fürsten etiich ir bürger
und bürgers söne in den hämisch dazu (zu einer hinrichtung)
verordnet. Luther 3,417'; dieses verdrösse die königin in
Bühem .. also heftig, dasz sie nicht nachliesze, bisz sie
ihren herrn aufs newe wider den keiser in hämisch brachte.
ZiNKGREF apophlh. 1 (1626) 5.4.=); im hamasch handeln, be-
waffnet auftreten. Schm. 2, 238; sie werden aber schon frühe als
bilder für einen kampfbereiten, kampfgrimmen, zornigen menschen
gebraucht, z. b. bereits in den fastnachtsspielen 754 ff., wo in dem
stücke die hamaschvasnacht eine reihe beleidigter und erbitterter
narren auftreten, die ihren zom gegen einzelne frauen und männer
den Zuschauern gegenüber nocli sinnlich dadurch ausdrücken, dasz
sie harnasch an tragen (755, 18), in hamasch laufen (759, 7) ;
diese bilder bewahren noch lange später ihre ganze sinnliche schärfe :
so stöst mir, gotl erbarms, das gröste noch zu banden,
das mich in hämisch jagt und zu den wallen ruft.
Fleiing 116;
der todte fürst wird fürst und freund in hämisch jagen.
A. Grtphius 169S 1, 294;
uenn sie auch vielfach abgeblaszt verwendet werden, ungefähr wie
das bahr, einen reitend machen für außringen, zornig maclien
(Schm. 3,162): er ist bald im hämisch. Acr. spr. (1561) 65';
speien, verhöhnen und in hämisch jagen. Kirchhof wendunm.
141*; dann wann das frauenzimmer einmal erhitzt und in
hämisch gejaget wird. Schuppids 576; er war durch wenige
Worte schon in hämisch gebracht. poW. s/ocA/. 2S6 ; wenn er
in hämisch gebracht worden. Felsenb. 4,5.53; und dasz also
lue Franzosen unnützerweise in hämisch gesetzt würden.
Heine 9, 144; mit freierem ausdrucke: o wie betaure ich, dasz
ich den herrn subrector . . wider alle mein wollen so in den
hämisch geschrieben habe! Lessikg 10,233; wie er denn
einmal einem unter prügeln schreienden hunde im wildesten
hämische zu hülfe lief. J. Paul Titan 1,127;
wenn ein tyrann im hämisch ist. GLiia 1, 412,
doch wo was rühmliches gelingt,
es mich sogleich in hämisch bringt. Götbb 41,40.
Etgenlhümlich in den hämisch stecken für übertreffen, bezwingen,
wofür sonst \a den sack stecken üblich ist:
mit buntem rock der lenz, der sommer reich mit gold,
der herbst mit roht und weisz kiin berg und thal bedöcken:
t"edoch der winter stark mit silberreichem sold
an (mächtiger) sie all gar in den hämisch stocken.
VVeckherlh« 7S6.
den hämisch fegen hiesz ihn putzen, reinigen {s. harnischfeger),
ßgürlich auch einem den hämisch fegen ihm zusetzen, ihn ab-
strafen, vergl. fegen 3, 1413 :
im (Jesu am kreuz) ist da? clappern noch nit gelegen.
man dörft im bas den barnasch fegen.
Mo:«B schauKpiete des mittelalters 2, 322;
ich wil im ouch den hämisch lägen, trag. Joli. cüij.
einen hämisch brechen, den gegner wehrlos machen:
Simon ist zu feld ein mann; schade! dasz im hause nicht
einen rock er zwingen kan, wie er einen hämisch bricht.
LocAü 3, 123, 22 ;
ebenso den hämisch abziehen:
ja, dtirch demut, on hörner, klogen {klauen),
hat er (Christtis) den hämisch uns (teufein) abzogen.
FisCH.4RT jesuiterliuilein A3'.
2) hämisch, ein derbes starkes zeug: gemein kleider von
hämisch und parchent. Schweisiches 1, 6S ; hosen mit brau-
nem hämisch aufgezogen. 1, 46.
3) hämisch im bergwesen: wenn der gang gute ablösang
von gestein im hangenden und liegenden hat, so saget man :
der gang führet einen glatten hämisch, min. lex. 2S7'; der
hämisch und das gestein neben dem gange ist oft voller
flitzschen und silberkuchen. Mathes. Sar. 63*.
4) hämisch in der weberei, die gesamtheit der an einem Web-
stuhl herabhangenden scJmüre, durch welche die zur bildung eines
muslers dienenden kellen fäden des zeugs eingereihet werden. Ja-
C0BSS05 2, 220'.
HARNISCHBINDE, f. ein verband den der Wundarzt dem
Oberleib anlegt. Jacobssoh 6,39'.
HARNISCHBRET, n. viereckiges bret am Webstuhl, zur leiiung
der hamischschnüre dienend. Jacobsson 2. 22t'.
H.\RIS'ISCHEN , verb. mit ünem hämisch versehen , wehrhaft
machen: das wir uns mit der schrift sollen hämischen und
rüsten. Luther 2, 328'; gefahr harnischt das herze: wer ihr
frisch unter äugen gehet, dem weichet sie. Bütschky Palm.
255; werden wir durch die Versuchung gestälert und wieder
mancherlei unordentliche ansprünge der affecten geharnischt.
5. 3; harnschen, lorica induere, ferro munire Stieler 774; wenn
sich der bischoff harnscht. Wiedemasn jan. 9; der Verfasser
harnischt sich schon im voraus in einer anmerkung. J. E.
Schlegel 3,16. das partic. der Vergangenheit häufig in subslan-
iiver und adjectiver Verwendung : da lieszen die geharnischten
die gefangene und den raub für den obersten. 2 cAron. 28, 14 ;
es .. zeucht aus den geharnischten entgegen. Hiob 39,21;
ire geharnischten werden sich nicht wehren können. Jer. 51,3;
cataphractus ein gewapneter o. geharnester man DiEr. 106';
der gehamschte krebs. Wiedemann jul. 24; als geharnischte
kämpen. H. Hei5E 9,65;
du führest die gehamschten schaaren.
H.U.LER ged. (1768) ». 8;
als aber ihm (Rom) das maasz von seinem reichthum fehlte,
trat der gehamschte nord den feigen stolz in gr'aus. s. 23;
im teich, im ström, wo schlei und karpe springen,
foreli und schmerl durch sand und kiesel dringen,
der frösche feind, der krebs, geharnischt leicht.
Hagedorn 1, 73;
RücsERTs gehamischte sonette.
HARNISCHER, m. harnischmacher, mhd. hamaschaere : lami-
narius ein blatner, harnäscher Dasyp. ; harnischer laminarius
das. dafür die form harnischter, harnaschter nach harnist,
harnascht für hämisch (sp. 488): allen handwerksleuten, als
Schuster, Schneider, hamischter, satler, sporer. Hugoschapleri;
sie giengen in eines harnaschters hausz. 32.
HARNISCHFEGER, m. polio: haraischfäger Maalek 212'; •
ihr vater ist Volcaa, der grosze harnischfeger. Opitz 1,91.
HARNISCHFISCH, m. cataphracta, der harte panzerfisch. Neü-
nich 3. 446.
HARNISCHHAüS, n. zeughaus: barnischbusz ermamentarium,
armaria. voc. ine. theut. i l' ; neben ihm hawele Eser . . zwei
stück den winkel hin an, gegen dem harnischhaus. JVeA. 3,19;
wiewol ich nit hab hämisch vil,
ross und was mir notdurltig ist,
so hoff ich doch, was mir geprist.
In der edlen küngin harnischhaus
zu finden und mich rüsten daraus. Theuerd. 100,7.
HARNISCHKAMMER, f. rüstkammer , zeughnus: hamisch-
kammer oder zeügbausz, armamentarium Dastp. ; Hiskia aber
491 HARNISCHLITZE — HARN VERSTOPFUNG
war frölich mit inen und zeiget inen das ganze scbatzbaus . .
und die harnischkammer. 2 kön. 20, 13.
HARNISCHLITZE, f. schnür am uebsluhl, die die ketten- und
aufzugsfädcn eines zeuges trägt, harnischletze Jacobsson 2, 22l'.
HARNISCHMACHER, ni. faber laminarius sive cataphraclarum.
Frisch 1,417': gerade zu Sparta gab es ja keine künstler
als harnischmacher und waffenscbiniede. Wieland 24, 169.
HARNISCHMEISTER, m. aufseher über die rüstkammer. har-
niscbmaister Wiltc. v. Schaumb. 06.
HARNISCHROCK, m. lederrock, auf brüst md rücken mit
cisenplatten zum scindz vor gesdwssen beheftet: harnescbrücke
und literücke, die mag man woi kurz tragen, anz. des germ.
mus. 1856, sp. 201.
HARNISCHTER, s. hämischer.
HARNISCHWAMS, n. was harniscbrock : doch mag einre
derwil ein harneschwambesch dragen unde da inne gen, so
inie daj füget, anz. des germ. mus. 1856 sp. 201.
HARNKACHEL, f. urinale. voc. ine. Iheut. i l\
HARNKOLBE, f. kolbc zum destillieren des harns. Jacobsson
2, 22l'.
HARNKRANK, adj. blasenkrank.
HARNKRANKHEIT, /. krankhät die das harnen hindert,
blasenkrankheü ; jetzt häufig gehört in der Verbindung harn- und
geschlecbtskrankheiten.
HARNKRAUT, n. name verschiedener harntreibender pflanzen :
a) antirrhinum linaria harnkraut, groszes barnkraut. Nemnich
1,359. 6) ononts artenxis, hainkraut, haubechel. 4, 767. c)reseda
lutea und luleola, harnkraut, gelbes harnkraut, gemeines harn-
kraut. 4, 1140. 1141. d) herniaria glabra harnkraut, Steinbrech.
3, 139 : harnkraut, weiszer Steinbruch, osyris, empetron, calci-
fraga Maaler 212*.
HARNKUNDIG, adj.: harnkündige pulsfühler (quacksalber).
Mathesids kleine generalbaszschtile 19.
HARNMÜS, n. der salpetrige niedcrschlag des harns: wo der
harn hin kompt und sich samlet, oder die gemeine statt
machet in die erden, am selbigen ort samlet sich ein harn-
musz, heiszt im latein nitrum. Paracelsüs chir. Schriften
(1618) 85 C.
HARNPROBIEREN, n.: kunst des harnprobirens. Thurn-
EissER Beßaieoais aycovCofiov (Berlin 1576) litel.
HARNPROPHET, m. spottend für einen arzt, der krankheilen
aus dem harn verkündet: ob er {Zimmermann) sich mit dem
krankenwärter oder mit Paracelsufe, mit einem hampropheten
oder chvmisten balgte, war ihm gleich. Göthe 26, 343.
HARNRÖHRE, f. Urethra. Nemnich 4, 1528.
HARNROSE, f. die gemeine rose, chynorriiodus flos. Lonicerds
bei Frisch 1,416'.
HARNRUHR, f. diabetes , harnflusz: bacillenkraut gesotten
und wie ein pflaster über die schäm und schlosz gelegt, ist
eine gute arzenei wider die harnruhr, diabetem. Tabernaemon-
TASDS 301.
HARNRUTHE, /". katheter: harnruthe .. eine langlecht aus-
gehöhlte rulhe, so durch das männliche oder weibliche glied
in die blase gestoszen wird. Blomcardüs (Bern 1510) s. 117.
HARNSALZ, n. aus dem harn gezogenes salz, flüchtiges alkali.
Jacobsson 6,40*.
HARNSAND, m. gries im harn.
HAR.NSATZ, m. bodensatz des harns.
HARNSAUER, od/.; harnsaurcs salz; barnsaures ammonium.
HARNS.\URE, f.
HAR.NSCHNUH, f. urachus, vom gründe der harnblase bis in
den naiiel ijcltend. Nemnich 4, 1527.
HAR.NSTEIN, m. blasenstein: harnstcin calculus voc. ine.
Üieut. il'; den barnstein abtreiben. Tdcrueisser fcesc/ireJt. ih-
fluenl. uirk. f I'Jh) 5. CO. s. harmenstein, harmstein.
HABNSTRENGE, f dysuria. Üasyp. stranguria, dysuria
Steinbach 2,740; die harn.strenge, wenn die die da noth
zum brunzen haben, das wasser tropfenweise lassen, ist der
atif.'iMg des Steins. Comenius sprachentliür v. Docemius 304.
HARNTREIRE.ND, part. dinrelicus: harntreibende arzeney,
mi'ilicamrntum diurelicum. Frisch 1,416*.
HARNU.NG, f das harnen: Pisisiratns licsz an alle cck-
»teiiic der straszen seine moralien und gediegene «entimen-
talische «prüchc .setzen, damit diese eckstcine zugleich dienten
zum pissen und wisnen, zum lassen und fassen, zur leerung
und lehr, zur harnung und warnung, zum wüsscrn und bes-
sern. Ka.xne citmüä. hum. 61.
HA R.> VERSTOPFUNG, f. ischuria. Fbisch i u '
HARNWASSER — HARRE
492
HARNWASSER, n. harn: das im das harnwasser über den
köpf und hart abran und an seinem ganzen leib mit brunz
überschüttet. Wickram rollw. 94, 7 Kurz. s. harmwasser.
HARNWERKZEUGE, n. plur. die den harn bereitenden und
lassenden theile des thierischen körpers.
HARNWINDE, f : stranguria, stillicidium tirinae, harnwinde,
der kaltseich. Golii onom. 1582 259; harnwinden, wann das
pferd den harn nur tropfenweisz oder gar schwerlich lassen
kan, dasz es sich krümmen und biegen musz. Pinteb pferd-
scitatz (1088) 408.
HARNWINDKRAÜT, n. lalhyrus sylvestris, eine erbsenart.
.Nemnich 3, 344.
HARNZWANG, m. dysuria, stranguria.
HARPE, f, niederdeutsche form von harfe, in der bedeutung
2, b (sp. 470) :
nachher wird das gctraide dann aufs neu auf einen häufen bracht,
und durch ein neues instrument, die harpe, die aus draht gemacht,
(worüber man es laufen laszt) von spreu geschieden und gesichtet.
Brocees 7, 572.
HARPUNE, f. eiserner wurfspiesz viil pfeilhaken zum fang von
seelhieren , niederl. harpoen , engl, harpoon , dän. harpun, aus
den romanischen spracfien übernommen, wo es im franz. als
harpon , span. arpon, porlug. arpäo erscheint, und mit ital.
arpignone groszer haken, arpione thürangel verwandt ist. Diez
1, 33. harpuhn telum quo balenae necanlur. Frisch 1, 417' ;
einen treffe die harpune,
Albrecht Beiling heiszt der waal.
Arndt ged. (1840) s. 384.
bei GüTHE masc. : einer (der delphine) ward mit dem harpun
getroffen, aber nicht herangebracht. 28, 228.
HARPUNIER, HARPUNIERER, m. der harpunenwerfer. auch
der harpunreiher, tantalus loculator.
HARPUNIEREN, verb. die harpune werfen, übertragen: es
hilft kein flehen, kein geschlecht, kein stand, alles, das kind
im mutterleibe, wird ausradiert und harpuniert vom tragischen
dolch. J. Paul jubelscnior 55.
HARPUNREIHER, m. tantalus loculator. Nemnich 4,1422.
HA RR AS, m. l) ein leichtes wollengewebe, mhd. arra;, arras,
areis, ares (Lexer mhd. wb. 1, 97), von der stadt Arras in den
Niederlanden so genannt, im altern nhd. auch arrasch (Frisch
1, 36 aus der rostockischen kläderordnung von 1585), woraus sich
die form rasch (s.d.) entwickelt hat: harras, aralium, estquoddam
genus panni preäosi. voc. ine. theut. i 2 ; harrasz , ein geweb
dieses namens, aus seiden, wolle und leinen. Frisch 1,417';
auszer einfachem harras wird auch im 10. jahrh. genannt sam-
matien harras und seiden harras. mittheil, des thür.-säclis. alter-
thumsvereins 11,464; von einem leibrocke von harris oder
vorstad. Leipz. stadtordn. 1544 A4'; satin oder harris. B2*;
seine brief waren mit grekischer seiden ausgenehet , mit
hebraisehem harras verbremet. Alberüs widder Witzeln G 8" ;
item ein harrasz helt 48 ein, kost 5'/» fl. Adam Rysk rech-
nung C4*.
2) harras in einer stelle Heinrichs von Kleist:
wir treten jetzt
die reise gleich nach Thcmiscyra an;
mein ganzer harras bis dabin ist dein.
Penlliesitea 15. auftr.,
ist wol dem franz. haras stuterei, marstall entlehnt.
HARRE, f, mhd. harre.
1) ausdauer, beständigkeit : den so die ere suchen durch die
harr und bestendickeit der gütten werk. Melanchthon hauptart.
der h. Schrift verdeiäscht 74 ; wie mag die natur desz glaubens
gewisser verstanden werden, dann durch das wort der harre
oder bestendigkait. anweisung in die h. schrift, deutsch von
Spalatinds 110.
2) auch die ausdauer in bösem, Verstocktheit: wo du aber
nicht nachlassen würdest, so ist zu besorgen, er (goll) werde
die harr mit schweerhcit der pein vergleichen. Gkurc von
Sachsen an Luther, dessen werke 3, 192'.
3) dann das bleiben, verweilen in einem zustande:
jt-doch dacht ich : nit jede pfarr
wird Cur dich .sein die laiigo harr.
}. V. AnnitBAK tvben eines rccblitrh. diener» goltes,
m \iL*AM pastor. llieol. bl. 18«4 lieft 4.
4) Verschiebung, Verzögerung, Verzug, hair. harr und hürr.
ScuM. 2,220; das leidet kain hürr mh. das.; harr ist gut
für gfar. Frank sprirhw. 2, CO'; ein hurr bringt die ander,
aber in rtldleii ist die harr kostlich, durch harr unii wyl
hat Fabius den Ri'.iuern dj rinnisili lyrh wider ufgcrichtct.
«, 00';
I
493 HARRE
der ist me dann ein ander narr,
wer stäts uff nimbt uff borg und harr.
Brast nairensch. 25, 2 ;
hör lö 0 dor, würd witzig narr,
verlosz dich nit uff solche harr. 86, 21.
5) der begriff der dauer und länge prägt sich seU dem aus-
gange des ib. jaltrh. gewöhnlich in festen formein aus.
a) in die liarre, auf die dauer, auf die länge: dann es
machte syne helfer und helfershelfer in die harr dester
fraidiger und kecker im feld. Reüchlin augensp. 7'; sonst
können sie weder arbeit noch mühe in die harr leiden.
Mygill. Tac. 439'; doch kont er sein roik in die harr nicht
halten, sondern sie gaben die flucht. Rihel Liv. 320; den-
nocht wolt inen der Burgundier gewall und zunemmen in
dharr nit gefallen. Stdmpf 1, 283' ; die landtßknecht fechteten
bei drei stunden mannlich, mochten aber in die harr nicht
bestehen, sonder begaben sich zu fliehen. Wcrstisen 511;
hat ein pferd lang hüften, und ist in der weiche weit, binden
höher dann vornen, das lauft bald in die harr, und hat guten
athem. Albbecht rossarznei (1570) S9 ; findet man keine speisz,
die den menschen in die harr ernehren und bei dem leben
erhalten kan, one das brot. Tabernaem. 726; kan ich in die
harr nimmer gedult tragen. Philander 2,53; weil mir aber
die zeit und die gelegenheit in die harr etwas schwer ward.
773; dieses spiel könte in die harre nicht so heimlich ge-
trieben werden, dasz es das übrige hauszgesinde nicht soite
merken. Happel acad.rom. 701; — auch: sy kriegen in kein
harr, sunder faren alzeit für, stellen sich als in die flucht.
Fbami weltb. 183';
soi es in die harr also bestan.
N. Mancel fastn. 351 Grün;
gott die gottlosen leut
in die harr laszt ungestraffet nit. Jephthes Biij*;
in die harr kein übel verborgen blibt.
ScHAD« sat. u. pasqu. 2, 173, 293 ;
bei Brant in die harr am ende, schlieszlich:
all hülff und rott (ra(/i) hat uns verlon,
wir werden in die harr undergon. narrensch. 108, 127.
dafür auch nur der acc. die harre:
wer sich zu weit darein (in das scharmüttel) begeit,
dy harr gewönlich niderleit. Scbwakzemberg 152';
ein ieklichs reich zerteilt in im
mag die harre nit beston,
es mQsz doch zu letst zergon.
Schade sat. u. pasqu. 2, 168, 9S.
formelhaft ist auch verbunden in die harre und länge : also ist
in die harr und leng ir nachfolgend kraft mer dann weibisch.
Fbam chronica 72'; doch ist der dritt oder halb theil kugel-
scliwer in gemeinem brauch, so man etwas ernstliches ausz-
richten wil , damit kan man es in die harr und leng ge-
brauchen. Froitsp. kriegsb. 2, 174' ; derwegen ich zweifei, dasz
euch verdrüssig sein würde, mir in die harr und lenge nach-
zufolgen. Amadis 177.
b) in die harre kommen , * ins hintertreffen kommen ', ver-
zögert werden r
er hett kein willen und rennt nun für
das er nit kern in die harr, fastn. sp. 1428,
noch jetzt in Leipzig, doch aussterbend: wenn das erst in die
harre kommt, wird nichts draus.
c) in die harre spielen u. ähnl., in die länge ziehen, auf die
lange bank schieben: du hast gesagt, du wollest disen handel
in die harr spilen, jetzund leuEfest du ohn alle Vernunft
dahin. Wibsung Calistes M2; ich wil so viel thuen als ich
kan , ich wils wol aufziehen und in die harre spielen , da
ichs ja nicht erhalten kan {sagt ein Jurist zu seinem chenten).
LüTHEB tiscltr. 398'; man werde gar nicht abziehen, die sach
in die harn spielen. Frorsp. kriegsb. 3,201'; ab sich auch
solche unsere wehre gein denselben roubern , pleckern und
iren vorteidingern in die harre vorczihn würde, urk. v. 1446 bei
Dreyhatjpt Saalkreis 1,129; dadurch möcht dieser handel in
die harre aufgezogen und verlängt werden. Kresz in Melan-
chthons opp. ed. Bretschneider 2, 51 ; im fall es aber mit Bodners
krankbeit dermaszen in die harre sich verweilen wolle, dasz
keine besserung zu hoffen. Carpzov jurisprud. eccles. 169; —
elles uff die harr spilen , morae causas facere. Schm. 2, 226 ;
es auf die harre ankommen lassen , durer, attendre avec pa-
tience. Romdeau 283.
6) ab von dem bisherigen steht kämt, harre Handgeld (Lexe«
134), bair. har und haar (Schm. 2,226); es ist aus ital. arrha
entstellt.
7) harre, in der bedeutung dürrer ast, verzeichnet Nemnich wb.
HARRE — 11 AKREN'
494
HARRE, f. ein seltenes, aus der Schweiz bezeugtes wort in der
bedeutung schlinge, Halsband; nur noch in redensarten : in der
bärre haben, in der schlinge, einen plagen, vexieren, einem in
die harre laufen , einem geradezu begegnen. Stalder 2, 21. 22.
in älterer form begegnet das wort als hären: die hären, vogel-
hären, transenna, decipulum Maaxer 205*; einen in die hären
bringen, in tricas aliquem conjicere. das. ; er ist in der hären,
captus est das.; er ist selbs in die hären gefallen, oder in
schlag kommen, impedicü ipsus sese in piagas. das. ; ein meus-
fallen, ein vogelschlag, hären, decipula Calepincs 375; als
harre oder baren bei Dübel: eine stube für die hundebursche,
dabei kammern, worinne sie schlafen und auch die kuppeln,
harn, krabatten {halsriemen für Hunde) und dergleichen zeug
aufheben können, jägerpract. 2, 8S' bei Fromm. 6,236. — Aus
der alten spräche kann nichts beigebracht werden, ah ein dunkles,
aus einer glosse des 10. jahrh. bei Graff 4, 9S3 zweifelnd auf-
geführtes harra decipula.
HARREN, verb. ausdauern, warten, ahd. nicht bezeugt, erst
im mhd. als harren erscheinend, die Verwandtschaft dieses worls
mit hart durus ist oft hervorgehoben und durch das Verhältnis
von lat. durare zu durus gestützt worden ; sie ist indes nach der
unten bei hart angenommenen etymologie des letzteren mindestens
zweifelhaft, und darf am allerwenigsten in dem sinne eines directen
und unmittelbaren Zusammenhangs genommen werden, so dasz
etwa das mhd. harren aus ahd. harten durare, manere (Graff
4, 1025) geflossen wäre, da eine assimilation von rt zu rr im
hochdeutschen sonst nicht stattfindet, auf welche frühere laulver-
bindung das inlautende rr von harren zurückfülirl , wird mit
Sicherheit niclit zu sagen sein, am wahrscheinlichsten liegt älteres
harsen zu gründe und das adj. harsch (s. d.) ist der nächste ver-
wandte, als wurzelverwandt erschdnt griech. xäo-ios, x^ä-ros
stärke, kraft, mut.
harren bedeutet:
1) an einem orte dauernd verweilen, bleiben, daselbst verziehen :
morart harren Dief. 367'; harren, ein zeit lang an einem
orte wonen, commorari, considere apud aliquem locum Maaler
212* ; do fraget der konig , wo er so lang geharret bette ?
da sprach Wilhelmus : ich han messe gehört, anzeiger für
künde des mittelalters 1833, sp. 108 ; harren über ein tag oder
über ein jar, perendinare voc. ine. theut. i 2 ; Mose sprach zu
inen {zu männem die mit einer frage zu ihm gekommen waren),
harret, ich wil hören, was euch der herr gebeut. 4 Mos. 9, 8 ;
und auf den fall gesetzt, das ir .. etwas lustiges .. darinnen
antreffen (in dem buche), musz man darumb nit an demselben
allein kleben und schweben, harren und verstarren. Garg. 2l';
harren an einem ort, bei einem. Frisch 1,417'; auch mit dat.
der person : harre mir noch ein wenig {halte stand). Hiob 36, 2.
niederd. harren aushalten, ausdauern, auch transüiv: he kant
bi mi wol harren, hrem. wb. 2, 599. dann auch nur vorhanden
sein, da sein: ob wol die erz gering sind, so harren und
bestehen sie doch. Mathesics Sar. 16",
2) in einem zustande dauern, beharren, verweilen: harrend,
leidend euch , durale et vosmet rebus servale secundis. Maaler
212*; das ziel dieses dauerns wird auch durch einen folgenden
mit bis eingeleiteten satz gegeben: nun trösten wir uns mit
armut, da; wir harren bij der liecht morgenstern wirt uffgen.
Scso briefe 45 Preger ; wo wir das verschweigen und harren,
bis das liecht morgen wird. 2 kön. 7, 9. daher harrender
streit pertinax cnmen Maaler 212*, der nicht weichen will.
3) an diese bedeutung schlieszt skH ein in der altern spräche
sehr gewöhnlicher und interjectwnell gewordener imperativ harre,
in drohendem sinne, jetzt durch warte nur verdrängt: ir aber
wollet mir meinen schlaf zurstüren, harre ich wil euch wider-
umb ewren schlaf brechen. Ldther 3,430'; ach du falsche
rute, hastu mein sünlein gehawen, harre du solt es nimmer
thun, mein sönlin ist from. 4,263*; harre (sprichstu) da wil
ich dir eines geben. 322*; harr, gedacht er {der teufel), du
wilt got vertrawen. 6,478'; waren die ganze nacht stille und
sprachen, harr, morgen wens liecht wird, wollen wir in er-
würgen. TKhter 16,2; harre du, ein andermal komm mehr
und beschmeisz uns. Schoch stud. leb. Jiij; harre, ein ander-
mal gehe mehr naschen! Kj; harr du curtisan ex professo,
ich wil dich galanisieren lehren ! Chr. Weise überfi. ged. 1701
s. 238 ; harre du kerl ! irrgarten d. liebe 405 ;
ich wil dich bald rausz bringeu, harr! H. Sachs 3, 3, 43*;
har, har, ich nun bab funden dich. Spei trutzn. 16.
4) aus dem begriffe des verweilens flitszt der des zögerns, sau-
derns, in mehrfacher fügung.
495
HARREN
HARREN— HARRIG
496
a) inIransUiv: harren uff zwcifel {d. h. zueifelnd, vngeivis
was zu thun), fwcunctari, morari. dubüare roc. ine. theut. i2;
und ist zu lange geharret, das du nu will allererst bekennen
deinen Unwillen. Luther 3,147"; harre nicht mit bessernng
deines lebens bis in den tod. Sir. IS, 22; hat gepredigt den
geistern im gefengnis, die etwa nicht gleubten, da gutt eins
mals harret, und geduit hatte zu den zeiten Noe. iPdr. 3,20;
so auch bairisch: und nun die Sachen nicht wol harren er-
leiden mögeo. ScBK. 2,220;
will er dann lechtcii, so well wir streiten,
will er dann harren, so well wir poiten. fasln, sp. 208, 11 ;
sonne, was harrest du? wandle der Schwester nach,
die ihr korbchen bereits ganz von Llumeu geleert.
IIÖLTV ijcd. ()U Halm;
Normannen sahens; die harrten nicht allzulang :
sie brachen herein mit geschrei und mit schilderklang.
UuLAND ijeil. 351.
b) transitiv, etwas verschieben, verzögern; in bairischer mundarl :
ich hütt mir schon lang sollen ader laszen, habs alleweil
geharrt. Schm. 2, 226 ; dann auch in bezug auf eine forderung
oder schuld etwas nachlassen, nachsehen: wie das evangclium ..
saget von dem knecht, der seinem herrn schuldig war zehen
tausent pfund, und doch seinem gesellen nicht hundert
Pfennig harren wolt. Luther 1, 283'.
5) harren , mit bestimmter erwartung von etwas kommendem
an einem orte verwälen , warten, in welcher bedcutung es auch
jetzt in gewählterer spräche noch häufig verwandt wird, auch hier
sind die fügungen mehrfach.
a) absolut: da harret er (Noa) noch ander sieben tage.
1 Mos. 8. 10 ; harre hie , harre da , hie ein wenig , da ein
wenig. Jes. 28,10; meine seele ist ein wartendes oder har-
rendes ding worden. Lcther 3,22"; ein festes stetiges harren,
io welchem die seele nichts emplindct, denn das sie harret
oder wartet, das.; da ich ein weil geharret, stunde der doctor
aus dem bette auf. Jonas bei Luther 3, 403' ; vergeblich harren
an einem orte, frustra se teuere alicubi. Stieler 770; indem
er mich weckte, um den Sonnenaufgang anzusehen, auf dem
thurme fand ich schon einige harrende, die sich die frierenden
bände rieben. H.Heine werke 1,100;
er harrte drei jähr und mondcn drei,
da war das berumete ziel vorbei.
Arndt geri. (1840) 289.
b) mit genitiv der person oder sachc: aber es ist ein gericht
für im, harre sein nur. Hiob 35,14; ob sie aber verzeucht,
so harre ir, sie wird gewislich komen und nicht verziehen.
Habacuc 2,3; wenn ir zusammen komet zu essen, so harre
einer des andern, l Cor. 11,33; Frisch 1,417' bezeichnet diese
fügung auszer in der bibel als veraltet, sie wird aber nach seiner
zeit vorzüglich von den dicIUern wieder häufig gebraucht :
er wimmert durch die luft, wo sein
ein krallenteufel harret. Hölty 33 Halm;
lasz bette, lasz kammer, und suche den bäum,
den bäum, der den apfcl der liebe dir trug!
dein harret was liebes-, nun weiszt du genug. BjSrger 33*;
kOcblein, zahm wie die mutter, das perlhuhn, picktun der jun^lVau
brot aus der band; weil ferne der trotzige bahn mit den weiborn
harrte des wurls. Voss Luise;
sie kommen nach hause, sie setzen den krug
ein jedes den altern bescheiden genug
und harren der schlag und der schelten. Götrk 1, 227;
dann verschlosz sie den hör, und harrte der hüire, bewafTnet.
40, 295.
r) banen auf Jemand, auf etwas: da harret er sieben tage,
auf die zeit von Samuel bestimpt. t&ini. 13, 8; waiauf harret
ir? 2Macc. 7,30;
ze letz ward mir aio antwurt eeben,
die frisict wol mein peinlich leben,
doch fcteckt sy mir ain Terres zil,
ulT das ich troatlich harren will. Ilatücrin l'.t!)\ 2u2;
ich gcc recht ein oder gee ansz,
•0 tuot man alweg auf mich harren, fasln, sp. 335, 20;
icblatr auf, paukcr, ein trhchita reien I
lasz aicti die welber ein weil ermeieo {erfrfuvn),
wann nie laug darauf gebart haben. 539, 32 ;
hier liegt die froraigkeit
und harrt auf jene zeit. Locau 3, «. 15, no. 60;
ich, junkrT Man», von sechzehn ahnen . . .
harr auf die aufentehung hier. Gukinck 3, 239.
mundart/icA auch reflexiv: harren »ich auf clwas. Senn. 2, 220.
d) unijcwöhnlicli mit nach : wenn aber ein l)uhc sonst von
»einem gemahl on dcNHelben wissen und willen hinweg leuft..
das du« ander Ihcil soll verbunden sein, nach im zu harren,
wie lang er wolle. Luther 5,383*; sie kannte Charlottens
ungeduldiges harren nach dem kinde. Götue 17,300.
e) viil abhängigem salze: ich harre, dasz du zu mir kom-
mest; gewöhnlich wird der endpuiikt des harreiis durch bis betont:
sieben tage soltu harren, bis ich zu dir komme, l^am. io, 8;
da sie aber so lange harreten, bis sie sich schemeten. richler
3,25; wie künd ir doch harren, bis sie gros würden? Ruth
1, 13; müssen wir auch harren bis kund wird. Luther 3,55*;
ich habe mit verlangen geharret, bis du kämest, magna me
tenuit expectalio lui. Stieler 77o; entsagen würde ich ihm zwar
immer nicht, . . aber geduldig harren, und zu ihm sprechen :
Oswald, harre auch du in geduld, bis gott deiner eitern sinn
wendet. Immermann Münchh. 4,133;
harr, bis das weiter übergätt. Uälzlerin 199', 205;
harrend ohne schmerz und klage,
bis das fensler klang. Schiller 05*.
auch in andern Verbindungen: der arme landmann harrt das
ganze jähr, wie etwa die karten über den wölken fallen mögen,
ob er sein paroli gewinnt oder verliert. Gothe 16,205;
nicht den Telemachos auch, den zürnenden, reiztest du also,
harrend, ob deinem haus ein geschenk darbieten er wolle.
Odyssee 2, 187;
die {juten stehen ernst und still,
und harren, was da werden will. Uulano gcd. 73.
C) der begriff des harrcns verbindet sich mit dem nebensinn
des hoffens und Zutrauens, die Verbindungen sind dieselben wie
bei 5: du bist der gott der mir hilft, teglich harre ich dein.
ps. 25,5; seid getrost und unverzagt, alle die ir des herrn
harret. 31,25; ein bloszes warten und gottes harren. Luther
3,22*; unser seele harret auf den herrn, er ist unser hülfe
und Schild, ps. 33,20; harre auf den herrn und halt seinen
weg. 37,34; harre auf gott. 42,6; sihe, das ist unser gott,
auf den wir harren, und er wird uns helfen. Jes. 25, 9 ;
die Völker haben dein geharrt,
bis dasz die zeit erfüllet ward. Gelleht 2, 154;
was ists, dasz ich mich quäle?
harr seiner, meine seele,
harr und sei unverzagt, s. 106.
Hierher auch: man soll nicht harren auf einen narren. Pisto-
Rius Ihes. par. 5, no. 33. formelhaft ist hoffen und harren t-er-
bunden: ich harre des herrn, meine seele harret, und ich
hoffe auf sein vvorl. ps. 130,5; das er ein stetes harren,
hoffen, trawen, glauben tregct zu gott. Luther 3, 22';
darauf ich holT, stark harr und beite.
Ambraser tiederb. 171, 18.
Sprichwörtlich : hoffen und harren macht manchen zum narren ;
wie man denn spricht hoffen und harren
das macht manchen groszcn narren.
H. Sachs 4, 3, 10"'.
7) harren endlich in der prägnanten bedcutung erwarten, un-
ausbleiblich beschieden sein, bevor stehen : gehst du in einen garten :
häufen der schönsten fruchte harren dort auf dich. Gökingk
3,124;
des tiindlers und des frohen zechers
harret die klaue des knochenmannes. IIöltt S7 Halm;
nein, dieser glänzende palast,
wo, trotz dem zauberschall der flöten,
die langeweilc ihrer harrt. Gotter 1, 19.
HARRER, m. l) harrender mann: der hunger ist ein unge-
dultiger harrer. Agr. spr. (1560) 223*. harrer hiesz auch nach
Frisch 1,417' ein bedienter in Slraszburg bei den fertigem und
besichligern der sclii/fe , der diese förderte, die gefertigten schiffe
fahren liesz , und ihnen also aufwartete , auf sie und auf die
schiffe harrte.
2) in Tirol ist harrer der letzte schlag bein^ dreschen. Fromm.
6, 145.
HARREHIN, f : ich bah gottes also fest geharrel, dj mein
seel ein harrerinne worden ist. Luther 1, 4t*. dafür har-
rerin 3, 22*.
HARRESSEN, adj. aus harras (sp. i9'i) gefertigt : von einem
harrisscn rocke. /.W/u. stadlordn, 1544 Bt*. die sp. 4Ti unter
häressen gegebenen betspicle gehören gleichfalls hierher.
UARRICHT, adj. ejpeclabundns, durabilis: die harricble bo-
gicrde wird leicht ungeduldig, desiäerium ardem facile offen-
sionem contrahit. Stielbh 771.
HARRIG, adj. wie harricht; bair. \iBrrig andauernd, anhflrrig
anhaltend, andrinifend , unablussig Schm. 2,227: oder wo die
Venediger sich der tirhiigung nicht beiiugcn woltcu bissen,
sy mit ainein stälcn härrigen krieg darzue zu bringen. Ciiiu.
urk. Maxim. 2l.'i.
497
llAMUxNG — H ARSCUÜNG
HARSELIEREN— HART
498
I
HARRüNG, f. das harren: barrung, saumaag, eommoralio,
immoralio Maaleh 212*;
welches ich deiuer macht zu zell,
die harrung deim heimlichen gericht.
FoLZ in den fasln, sp, 12S8,
d. h. ich glaube, du zögerst noch mit deinem fehmgcricht (iiber
Spieler, von denen die rede).
HARSCH, adj. cruslatus, rigidus, durus. das wort was für
das nhd. zu frühest SiiELEa 773 verzeichnet, begegnet altengl. als
harske, haske, schottisch hars und harsk, ddn. barsk, schwed.
härsk, auch in der bedeutung herbe, ranzig; der grundbegriff
scheint nach der zu barren (sp, 494) herangezogenen urverwandt-
schaß der des zusammenziehenden oder haltenden , haftenden zu
sein. barscU bedeutet:
1) hart, rauh, von der rinde über etwas weichem, ferner von
luft, stimme, ton : barsch coagulans Steikbach 1, 702 ; barsche
rinde, baut , crusta durior, cutis aspera Stieler 773 ; barsche
luft ventus adurens das.; ich machte mir geschwind eine ge-
schichte zurecht, von der ich hoffen konnte, dasz sie das
barsche zwergfell meiner berrn koUegen tüchtig erschüttern
würde. Thümmel reise 3, 415 ; die beiden r in diesen Wörtern
kratzen mir durch die seele, und es ist sicher ein barbar
gewesen , der die sanften ideen von Zärtlichkeit mit einem
buchstaben zerstöhrt bat, der einzig und allein für das rauhe,
harsche, harte und grausame gemacht ist. Moser palr. phanl.
4. 105 ; femer vom haar, struppig : dicke und barsche haar.
Hainisch 276 ; selbst von dem durch milchfülle harten euler :
barsches sive strotzendes euler, über dislentum. Stieleh 773.
2J rauh, in bezug auf handlung und spräche : harsche sitten,
mores inculti, rtides Stieler; zu meinem nicht kleinen er-
staunen brach die mehrbeit des gesammten ratbes im unge-
bundensten zorne wider mich aus. ein redner erhob sich
um den andern, nicht zum widerlegen, sondern seinem eifer
barsch und barsch den zügel scbieszen zu lassen. Zschokke
selbstschau 1, 313;
so harsch nicht, lieber Jüngling,
gieb mir, woher du dein vermögen schöpfest. Tieck 3,483.
HARSCH, «J. 1) Schneekruste: scblieszlicb mache ich dar-
auf aufmerksam, dasz die suche mit dem hflhnerbund, wie
die aus freier band beim plattfrost , bei glatleis und beim
harsch eine vergebliche mühe ist, v. ThCkgen weidm.praci. 105.
bair. harsch, schnee der so fest gefroren ist, dasz er trägt. ScflM.
2, 240, dazu das fränk. adjectiv barscbelig, etwas gefroren und
unter dem fusze knarrend; kärntn. harsch, harscht schneekruste
Lexer 134; Schweiz, barst harter schnee der weich war und ge-
froren ist. Stalder 2, 22.
2) schaar, häufe, Schweiz, barscb und barst vortrab eines
heeres Stalder 2. 22 {hier fem.) ; zu band brach der harsch
usz, und griffend die stett redlich an. Etterlin chron. 5S';
hie mit so wöilent ryten.wir.
disen harsch söllent'ir by üch bebaben,
wir wöUent unser strasz traben.
sieben weise meister 654 Keller,
s. barst,
HARSCHEN , verb. harsch werden : harschen et saepiuscule
verharschen, rigidari, rigescere, indurescere, conglaciare Stie-
leb 773;
und schnell
harscht der bach. Voss 3, 7 ;
auch eine eiskrusle erzeugen:
jetzt kam graulich die nacht; in dem stürzenden nordwind
harschte der frost, und gestöber des schnees, gleich duftigem reife,
fiel anfrierend herab und umzog die schilde mit glatteis.
Odyssee 14. 476.
HARSCHHORN, n. heerhom, nach dem subst. harsch 2: de
habe inen (den Lucernern) der keyser die freybeit geben, dasz
»y binfür in allen kriegen die barschhörner mitfüren und sich
deren gebrauehcn söllind. dise barschhörner sind noch auf
disen tag bei inen im brauch, so sy krieg habend. Stumpf
eidgen. beschr. (15S6) 471* ; die barschhörner und alpenhörner
sampt den trommeten. Garg. 175*.
HARSCHICHT, adj. und adv. duriusculus , aspralilis, aspere.
Stieler 774.
HARSCHUNG, f. : ich möchte den argwöhn nicht gern auf
mich laden, dasz ich die lippcn einer wunde, die man so
gerne sich scblieszen sähe, aufs neue klaffen zu machen ge-
sucht, nachdem so viel würdige männer beider kircben alles
getban haben, die barschung durch beftpflaster zu erzwingen.
Les'inc 8,415,
nr. II.
HARSELIEREN, verb. : barseliren sagt man, wenn der ring
(an der blute der primula auricula) mit den Jahren seine färbe
verändert. Nkmmich 4,1058.
HARST, »71. und f. 1) nebenform zu barsch lieer, häufe, so
in der Schweiz, wo beide formen neben einander gehen (Stalder
2,22), t» Hessen barst, auch harsch, häufe, schwärm, von
menschen und thieren Vilmar 151; ridender reisiger barst.
Janssen Frankfurts reichscorresp. l, 121 ; unser barst bogen-
schützen bet einen gefangen. Bclliscer 3, 1S7. in der form
harscht, fenx.: desselben 1424 jars .. samblet sich aber ein
frye harscht der eidgnossen, den hertzogen von Meyland ze
schädigen, und zugen durch Livinea nider unz gen Bellentz.
TSCHUDI 2, 156'.
2) häufen buseh- oder pfahlwerks, reisig: crates barst. Diefesb.
155'; auch in der erde noch wurzelndes buschwerk: sie wäblea
hierzu {die säue zu7n lager) vornämlich die kiefernen dickungen
oder auch die trockenen barsten in den brüchen (Sumpf-
wiesen). Heppe jagdlust 1783 1, 197.
3) wol hieran lehnt sich schon das ahd. zwiegeschlechtige barst,
masc. und barsla fem. crates, rost (Graff 4,1042) an, mhd.
barst, wegen seiner form:
eiere unde chxse ne tuont si da gesoten noh gebraten;
got du mäht in äne dei elliu sus wole geraten.
si ne tuont einij nob daj ander üf deme barste geröstet.
Haupts zeitschr. 8, 153, 275;
etwenne ward ich enzündet
üf einem glüejenden harste.
das. 5, ISO {Servatius 3481) ;
frigidorium (für frixorium) harst Dief. 247*; dann auch ein
Idltenwerk im Schornstein, fleisch zu räuchern, was sonst deise
heiszt (2, 914) : suspensiva (cratis super ignem) deise, barst Dief.
569'; endlich latten- oder sparrenwerk zum trocknen: wan ehe
einer grün holz darin (im walde) bauwen were und brecht
es beim und hett es uff der harst liegen drei tagh und sechs
Wochen, weisth. 2, 59.
4) auch das auf dem roste zu bratende stück fleisch, schmor-
stück, heiszt harst: assatura harst, herst Dief, 55*; niederd.
harst fleisch von geschlachteten thieren Fromii. 5, 349 ; in den
folgenden stellen ist wol das lendenstück gemeint, das sonst aucli
recht eigentlich braten heiszt (coxa brat, brade Dief. 154') : voo
dem hären und von dem scbwein soll man unserm hern dem
abbt den barst geben, weisth. 4, 1S6 ; dat V. geriebt bonre
ind barst, s. 790.
HARSTER, m. glied eines barst, einer schaar: nun waren
etliche von Schweitz durch ihren hauptman Itel Reding zu
blutbarsteren, das ist , freien knechten verordnet. Stettleb
annales (1627) 149*, blut geht auf schlacht, krieg, wie in blnt-
fahne 2, isi.
HARSTKNECHT, m. : lauffend mit inen vil redlicher gsellen
von eidtgnossen , . . . dero jeder ein harstknecht mit sich
bracht. Tschüdi 1, 613*.
HART. adj. und adv. durus. der goth. form hardus mit dem
adv. barduba gegenüber heiszt es in den jüngeren dialeclen nur
noch alis. bard, nd. nl. bard , ags. heard, fries. herd , altn.
bard-r, schwed. härd, dän. baard ; in den oberdeutschen dialecten
tritt eine doppelform auf, ahd. hart und berti, mhd. hart und
berte, viit dem adverb barto, später harte, für die mhd. zeit
kommt die adjectiv form hart den nördlichen, näher zum nieder-
deutschen stehenden quellen zu, an sie scidieszt sich die nhd. form
hart an, während berte mehr den bairischen, alemannischen und
südfrdnkischen quellen gemäsz ist. diese form dauert daher bä
Schriftstellern solcher heimat auch bis ins 1' . jahrh. hinein : berte
durus voc. ine. theut. i4'; durus hert Serrasüs dict. gS'; hert,
rauch durus Maaler 219'; Dasyp. hat hart und hert; einen
berten dienst. Keisersberg bilg. 160'; es ist kein richer mau
so berf. das.;
der hett ein linsenhülsen an,
ans barnisch stat, die war so hert,
dasz durch sie brechen kund kein schwerdt.
mückenkr. 1, 859;
audi Opitz verwendet einmal härte, es ist wol die folge $änes
aufenthaltes in Süddeutschland :
so geht ingleichen auch der kleine beigerehrte
der groszen herde her, eh ihm der köpf noch härte
von nörnern worden ist. 1, 227;
noch jetzt in Baiern hart und hert Schä. 2,141; in Tirol hert
Fromm. 6,145; im Lusernischen hart, berte Zi.ngerle 34'; in
Kämlhen berte, hörte Le.xer 135*; Schweiz, meist hart Stalder
2, 22, während norddeutsche mundarten von jeher nur die un-
umgelautctc form kennen, südde^itscbe qucllrn verwenden auch
.32
499
HART
HART
500
oß statt der adverbialform harte die timijelautete adjeclivform :
dise fürgelegte >vurl von dir sind zuoinal schwer und herte
zu hören, herzog Ernst 235,22 Barisch; wie wir so strenge
und herte gehallen sein. Steinhowei. tC8, 17 Keller; vast und
hert schlaafen, arcte et graviter dormire Maaleh 219';
do «y vollbrachtend iren tust,
entscblierend sy gar hert alle beid.
KöRNBR volksl. 76;
im fränkischen (Kebrein 187) und bairisch-vslreichiscben gilt diese
adverbialform noch neben hart.
Über hcrkunß und ursprüngliche bedeulung von hart sind ver-
schiedene meinungen geduszerl worden, am wahrsclieinlichslen ist
die Zusammenstellung mit altind. kart schneiden, zerspalten, ni-
kart niedermetzeln, zerschneiden, zcrhaueji (Böhtl.-Roth 2, 128.
129), da das wort in den ältesten deutschen dialeclen vorzitglich
vom Schwert und den krirgswaffen gebraucht wird, demnach hätten
sich aus der grundbedeulung des zum zerspalten, zerhauen ge-
schickten die übrigen bedeutungen entwickelt, das der form nach
mit golh. hardu-s sich deckende altind. adj. katu {aus kartu)
hat zwar nur den abgeschwächten sinn scharf, beiszend vom
geschmacJi, gerucfi, vom winde und von der rede, doch tritt in
der Weiterbildung katuka die ursprünglichere bedeutting wieder
hervor, insofern es auch vom heiszen kämpfe gebraucht ist (Bühtl.-
RoTH 2, 24. 25).
hart wird verwendet:
1) von Schwert und Waffen, vornehmlich in der epischen spräche
der alten dialeäe:
alts. druog negilid sper
bard an is bandun. Heiland 5707;
ags. nam on Ongenjiiö Irenbyrnan,
beard sveord bilted and is beim somod.
Beövulf 29S8;
fuhton fiearle
heardum heoruvxpnum. Judith 263;
auch noch nhd.: zu der zeit wird der herr heimsuchen mit
seim harten, groszen und starken schwert .. den Leviathan.
ies. 27, 1 ;
an dem das bärteste schwert zerschellt.
Uhlamd ged. 353.
2) dann von metall und stein überhaupt: hartes eisen; harter
stahl; harter fels;
ü; einem herten velse er manigen vanken sluoc.
Gudr. 104,2;
es mocht ein herten stein erparmen, fasln, sp. 47, 18;
er ist vom wirbel bis zur sohl
in harten stabl geschnallt. Uhland ged. 307;
und lies dir wasser aus dem harten felsen gehen. 5 Mos.
8, 15 ; lies in honig saugen aus dem felsen, und ole aus den
bar-ten steinen. 32, 13 ;
es wird ein harter stein
von stetem trielen klein. Opitz 2,76;
harte quadern, oft benetzt von tbrfinen. Bi5RGBB 95'.
vgl. eisenhart, stahlhart, felsenhart, steinhart, harter kämm,
im bergwesen ein festes, gleicfisam verwimmcrtes geslcin , welches
sefir schwer zu gewinnen ist. Jacobssom 2,223'; sprichwörtlich
zwei harte steine mahlen selten reine, wofür allgemeiner
hart gegen hart
nimmer gut ward. Lkhma^:« 117,
eine formet, die auch sonst mit anderm nebensinne steht: hart
wider hart , sagte der teufcl und schmeisz (cacavit) wider
einen amhosz. kunst üb. alle künsle 36, 13; auf persönliche
tapferkeit bezogen, s. unten 6, s//. 501. ein harter thaler hciszl
der Ihaler der in einem einzigen silberstück gewährt wird, im
gegensalz zu dem thaler in kleiner münze oder in papier: er gah
ihr so gute wort, dasz endlich Grctel ja sagte und .. einen
harten thalcr von ihm auf die che cinplieng. Simpl. 3,321 Kurz;
zu wenig harten thalern kommen. Cur. Weise /(/. leute 256;
hier hab ich, glaub er mir«, mehr harto tholcr liegen,
aU ich und er zusammen wiegen. Gbllmt 1, 294.
3) auch von andern gegenständen, im gegensatz zu weich:
hartes holz; die harte rinde eines haumes; hartes hrut; die
harte erde; den hutter nach einander in demselben hüchlein
netzte, damit er fein hard und frisch hleihen solle. Simpl.
3,322 Kurz; $jirichwörtlich : auf einen harten klotz gehört ein
harter keil. I'istohius thes. par. 10, no. 3; die harte schale
einer nu»z; dalier auch harte nusz bildlich für ein schwer zu
lötendes rälul {s. nusz): dis pünctiin hab Irh im (EcJi) zu
Leipzig vicluidl« für gehalten, es ist im aber das nüsziin
allweg zu hart gewesen. Luther 1,153'; hartes bein, harter
knocheu, vergl. beinhart, knochenhart;
die magd durchsucht das baus,
zum sieden hartes hulz zu llndea. Gellest 1,2S6;
so will ich ruhig denn mich legen
auf harte erde wie auf ilaum.
Arndt ged. (1840) s. 521 ;
harter (holpriger) weg: herter scharpfer weg, salebra voc. ine.
theul. k'; dann der weg also hart {ist), bös reulen. Schertlin
br. 51; von Iheilen des kürpers: so entblöste ich meinen schnee-
weiszen busen und zeigte dem rittmeister meine anziehende
harte brüste. Smpl. 3, 20 Kurz, vergl. auch hartrund ;
der waden nur noch zu gedenken:
sie waren grosz, und hart wie stein. Lbssino 1, 115;
harter hals (Opitz 2, 281) , harter nacken eigentlich der sich
nicht biegen Idszt , darum in die bedeulung 7, a {sp. 502) über-
greifend. — Weiche dinge, der luß lange ausgesetzt, werden durch
trocknen hart, tgl. luflhart ; daher sprichwörtlich: lasse sie sitzen,
bis sie mögen hart werden {so lange sie nur wollen), causen-
viacher 16 ; weiche erde wird durch das wasser gehärtet, s. wasser-
hart ; auch der frosl verändert weiche gegenstände in harte : die
feldfrüchte sind vom frosl hart geworden; der boden ist
hart gefroren; die feuchtigkeit wird durch die kälte harte,
humor frigore durescil. Steinbach 1,702; so 6et Ramler hartes
wasser für eis:
dann schweift er
auf harten wassern laut jauchzend umhar,
die füsze beschuhet mit stabl. 1, 13.
über harter frost, harte kälte «. ähnl. s. dagegen unten 10.
4) dann ferner von dingen, die nur einen mindern grad von
Weichheit haben, als ihnen in normalem zustande zukommt: das
bett ist hart, nicht gut aufgelockert; ein hartes polster, hartes
sopba, ein harter stuhl ;
ein psalmbuch und ein wenig brodt
lag neben ihm auf seinem harten bette.
Gellert 1, 144.
und dafier adverbial man liegt, sitzt hart; auch von schweren
speisen wird gesagt sie liegen hart im magen ; hart gehen auf
den schuhen, soleis uli incommodis Frisch 1,418'; derbraten
war hart und kaum zu genieszcn; alles brot das sie mit sich
namen , war hart und schimlicht. Jos. 9,5; einem armen
dürren distel, der auf der harten weid wechset. Suso briefe
45 Preger ; dasz das wachs, so sie hielt, und durch die lange
zeit hart worden, entzwei knellet. Amadis 85; den kienrusz
musz man in allem, was von oelfarben ist, vermeiden, dann
er verstirbet und machet andere färben zu hart, worunter er
gemischet worden. Sandrabt academie {l6lb) 1,73; harte bände
von der arbeil; sehen sie, wie grosz meine band dagegen ist,
und wie hart die haut, das kommt vom anfassen in der
wirthschaft. Freytag handschr. i, 321 ; häufig in der teclinisclien
spraclie: hartes metall, eine spröde mischung von kupfer und
messing; hartes blei, das härter als das gewöhnliche ist; harte
Weintrauben, die mit einer minder weichen sciiale versehen sind.
Jacobsson 6, 43'; hartes wasser, welches kalküieile enthält;
diesen wein werd ich vermissen und alles andere wird mir
sein wie hartes geistloses wasser, dessen man keinen tropfen
mehr verlangt, als man bedarf. Bettine br. 1,11"; hartes
hier, wenn es anfängt sauer zu werden (Adelung); herler wein,
käch wein, vinum asperum Maaler 219*; dazu in Franken das
hürtlein, beginnende säure eines geistigen geirdnks. Seit«. 2. 241;
hartes körn , hart getraid , weizen, roggen, gerste im gegensatze
zu dem weichscliäligen haber. Frisco 1,418*; s. hartkurn; dura
maier, die dicke oder harte hirnhaut. Nemnicu 2,1453; man
pflegt ihn {den gaumen) einzulheilcn in den harten gaumcn . .
oder in den weichen oder beweglichen gaumen.' 4, 836.
5) die bedeulung 4 wird auch unsiniilicher gebraucitl: da alle
nerven und wurzeln seiner secle nackt an der harten Infi
hiosz lagen. J. I'aul Titan 1,110; harte thränen wurden wie
funken aus der stolzen verletzten seele geschlagen, das.; an
sich hab ich wol jetzo mehr ruhe vor meiner Schwieger-
mutter, die aus einem harten gewölke weiches eisen geworden.
herbstblumine 3,213; harte gesichlszügc; ich habe ihn, multer,
sagte der magistcr zu den harten zügen der frau aufhlickemL
Freitag handschr. l, 401; tcchnisdi harte consonanlen; he
{klingt) weicher als pe und hflrter als w. GoriscnKD kern der
fjrruclüiunst (1753) .«.2; harto tonleiler, dur-tonleUer ; der aril
redet von deni liaricn pulse eines kranken; — lon dingen die
dem schi'nl";!'„-f„i,! , „/,„ .| .,„,( ,i.,c j^ weiche, schmicgsam$
501
HART
HART
502
I
trill: die harte auszsprach unserer sprach. Weckherlix vor-
rede zu d. Keltl. ged.; dasz die ausländer unsere haublsprache
für hart, schwär und blüiikig halten, wann sie so viele con-
sonantes und harte buchstaben auf einander geschmiedet
sehen. Schottel ISS; also kan auch einige nicht recht aus-
gebildete gliedmasze und zu harte färbe ein völliges gemähl
zernichten und verwerflich machen. Sandrart acad. (1675)
1,63; harten geschmacks, quod offendit guslu. Frisch 1,41S';
hart . . man sagt es von einer maierei , worinn die hellen
färben an den dunkeln zu nahe stehen, und nicht wohl unter
einander vertrieben sind ... es ist das gegentheil von dem
weichen oder sanften und von dem raarkigten. Jacobsson
2,222'; die Zeichnung war nachdrücklich, aber hart, mächtig,
aber ohne gratie. Wiskelhaxs 5,225; die kunst war strenge
und hart, wie die gerechtigkeit dieser zeiten , die auf das
geringste verbrechen den tod setzte, das. {spieknd mit der
bedeutung 10 unlen); handhabten .. diese säubern blätter als
brouillons, und einer zog mit harten bleistiftstrichen seine
Verbesserungsvorschläge dergestalt derb über das zarte papier,
dasz an Wiederherstellung der ersten reinheit nicht zu denken
war. GöTHE 26,20; man lese folgende stelle .. sie hat viel
hartes nach unserer ilzigen mundart und uns ungewöhnliche
Versetzungen. Gellert 2, 87; ein fehlschlusz, der noch härter
ist. Kam 8,131; in einem tone, worin das ziehend weiche
und das heiser harte schroff abwechselte. Heise 4,41; ein
harter, sciiwarzer morgen ! J. Paul TUan 3, 71 ;
wo, göttin, bleibt dein stolz, die harte spröiligkeit?
WiELAWD 10, 151 ;
ein pferd trabt hart, tcenn es keinen angenehmen gang hat;
s. harttraber.
6) die alle spräche übertrug hart ton den kriegsxcaffen auf den
vtann, der sie führt, das adjediv bezeichnete in ihr auch kräftig,
kriegslüchiig, tapfer:
alts. thö he gibolgan gfing {Petrus'),
swi3^o thristmöd thegan for is tbtodan standan,
hard for is herron. Ileliand 4S73;
ags. se hearda Higeläces |)egn. lieövulf 29'$;
mhd. der junge muotes herte. Parz. 208, 1;
n/id. dar an {am ende der zeil) wirt gar behende
geporen von schnöder weiplicher art
der endcrist schwind und liart.
LiLiEüCRO!» volksl. 2, 57, 577;
wil einen solchen menschen haben , der hart gegen hart
sei , dasz er sich nichts abschrecken noch überteuben, und
keinen undank noch bosheit der weit überwinden lasse.
Luther 5, 355*.
Dieser bedeutung schlieszl sich an das alle hart als zualer Iheil
von eigennamen , tcie ahd. Perinharl, Reginhart, Meginhart,
Wulfhart «. ähnl., eine form, die später auch nur ableitend für
männliche u-esen in bösem sinne verwendet vird , uie im mhd.
nemhart, slinchart, nhd. bankhart, neidhart, icorüber gramm.
2, 339. 340 handelt.
7) von hier aus vird hart gebraucht:
a) von körperlicher tüchligkeit und ausdauer, kraft, gesundheil :
die ebreischen weiber sind nicht wie die egyptischen, denn
sie sind harte weiber, ehe die wehmutter zu inen kompt,
haben sie geborn. 2 Mos. 1,19; denn wiewol euch gott bisher
einen festen harten leib gegeben und behalten, machet mir
doch ewer alter zu diesen zeiten sorgliche gedanken. Lcther
5,12'; die jungen leute durch die arbeit härter machen,
adolescentes labore durare StEnsAcn I, 702, vergl. abhärten ; ein
hartes (dauerhaftes) leben , vivax anima Serz 64". auch von
Ihieren: harte hunde nennt der jäger solche, die in Strapazen aus-
dauern. Jacobsson 2, 222*.
fc) von fester, strenger, mannhafter gesinnung: M. wenn ich
so einen mann haben sollte, der sich immer gefahren aus-
setzte, ich stürbe im ersten jähr. E. dafür dank ich gott,
dasz er mich härter zusammen gesetzt hat. Göthe S,20; er
{Louis IMiif) ist hart gegen sich selbst, H. Heine 9,40;
spielend mit der bedeutung 2: landgraf werde hart, landgraf
werde hart, wie dies eisen! Grimm deutsche sagen no. 556.
so begegnet hart als parleiname im gegensalze zu lind, nach-
giebig: linde nannte man nämlich [in einem schweizerischen
bauernkriege 1653) die zu der landesregierung haltenden, wäh-
rend die von der bauernpartei sich selbst die harten hieszen.
Argovia IS02/3, s. 14t.
f) hart auch ohne milgefühl und milleid für andere: es ist
kein riclicr man so hcrt , d; er wolt Az, im sin knecht so
vil dient und sich ubcrarbeit in sinem dienst. Keisersberg
bilg. 160*; das herz Pharao r«t hart, er wegert sich das volk
zu lassen. 2 Mos. 7, 14 ; ein hert rauch herz, das nit ze be-
wegen ist, cor alienum. Maaler 219', s. hartherzig; der man
aber war hart und boshaftig in seinem thun. iSam. 25,3;
ich wil die Egypter übergeben in die band grausamer herrn,
und ein harter könig sol über sie herrschen. Jes. 19,4; denn
du bist ein harter mann {golh. unte manna hardus is) , du
nimpst das du nicht gelegt hast, und erndtest, das du nicht
peseet hast. Luc. 19, 21; Oroondates glaubet der Sachen (dasz
seine gemahlin ihm nicht Ireu sei) bald, doch war er ir darumb
nicht hart, liesz sich auch nichts merken, buch d. liebe 207';
häszlicher mann , wie konnten sie gegen ihn so unfreund-
lich, so hart, so grausam sein? Lessi>jg 1, 534; mit anlehnung
an die bedeutung 2: ich wil dir als hart sein als kein stein
dem andern. Ayrer firoc. 1, 12 ;
ich truoc iu dö so herten muot. Gregor. 3545;
so hart als auch der feldherr war,
so könnt er doch dem zauberischen flehen
der weiber nicht ganz widerstehen. Gellert 1, 127;
der vater, ein harter und zorniger mann,
schalt laut die arme Rosette. Bürger 61';
Worte und handlungen die aus solcher gesinnung hervorgehen, sind
hart: wer wil mirs ansagen, so dir dein vater etwas hartes
antwortet? 1 Sam. 20,10; eine linde antwort stillet den zorn,
aber ein hart wort richtet grim an. spr. Sal. 15, 1 ; gib im
nicht böse wort, und begegne im nicht mit harter rede. Sir.
31,40; wann einer dieser sach ein harten namen wolle geben.
SCHCPPIDS 756;
er warf ihm erst mit manchem harten fluche
die armuth vor. Gellert 1, 162.
SO auch hart m adverbialer Stellung: und redet hart mit inen.
1 3/ös. 42,7; antwortet inen der könig hart. 2 chron. 10,13;
einen ze hert oder übel halten, nimis aspere Iractare aliquem
Maaler 219'; weder sein glück, noch seine erniedrignngen,
die ihm Diderot sehr hart aufrechnet, konnten ihn vor dem
untergange schüzen. Göthe 36, 159.
d) hart gewinnt die bedeutung widerspenstig, verstockt, hart-
näckig: hert am sinn des gemulz, perlinax voc. ine. llieut. i4';
obslinax herte, hart Dief. 390*; cervicosus hart 115*; ein hart-
starrig , rauch , hart volk. b. d. liebe 218' ; verflucht sye ir
zorn , das er so heftig ist , und ir grim , das er so hart
(Luther: störrig) ist. Züricher bibel 1530 W. 27* (l .Vo5. 49. 7) ;
so wird unser herz niederträchtig, .. hart zum mitleiden
und zur menschenliebe. Gellert 6,355;
der kan wol herten herzen geben
wäre riuwe und lihtej leben. Walther 6, 21 ;
doch ihr {Juden) seid eisen art, euch kan doch nichts erweichen,
den demant zwinget blut, den stal zerschmelzt die glut,
kein demant und kein stal gleicht eurem harten muth.
Fl£II.'<G 13;
da keine we^e waren,
kein proviant, kein hausz, nichts als nur wüstenei,
hielt er dich, hartes volk, in speisz und kleidern frei, das.;
die strafe trübt dich selbst, mit der du uns belegen,
uns harte sünder must. «. 28.
daher harter sinn, harte stirn , harter köpf, harter nacken,
Umschreibungen für Verstocktheit: perlinax ein harter halszederiger
Dief. 430' (tgl. oben 3 sp. 500); denn das ganze haus Israel
hat harte stirne und verstockte herzen. Hes. 3,7; aber die
kinder, zu welchen ich dich sende, haben harte köpfe und
verstockte herzen. 2,4; werden an meinen namen gedenken,
und sich von irem harten nacken und von iren Sünden keren.
Baruch 2,33; unverständige harte köpfe, pers. rosenlh. 4,5;
ich habe aber bei den harten köpfen nichts verrichten mögen.
Schwei.mchen 3, 303 ;
der könig und die keiserinn,
des langen haders mü4^,
erweichten ihren harten sinn,
und machten endlich friede. Rcrgkr 13*.
hart adverbial: lächelt der beilige nie himmlischer als auf
dem krankenbette, und der verlorne nie härter als eben da.
J. Pacl TUan 5, 5.
8) hart wurde von den kriegsvaffen und dem kämpfer auch
auf den kämpf selbst übertragen, wo es strenge und heftigkeit
desselben malt, wie ähnlich z. b. das ags. biter zunächst vom
schneidenden Schwerte, dann vom krieger und dem kriege selbst
gesa^ wird (beispiele bei Grei.<« 1, 120) :
ags. nö ic on niht gefrägn
under heofenos hvealf hoardran feohtan. Beövulf i'^;
32*
503
HART
HART
504
mhd. TÜ manpgem man do wol liA sprach,
der 65 des lages liet versolt,
mit herter riierscliaft erholt, frauenci. 76, 14;
tthd. käme der graff von Rama . . in das aller hertest des
Streits gcrant. -Aimon boq. Biiij; rant in das liärtest des
Streits. Dj; und gescliacii da eine liarte sclilaclit, das viel
verwundet wurden und umbkamen auf beiden Seiten. 1 Macc.
9,17; es war alicr ein harter streit wider die Philister, so
lang Saul lebet. iSam. 14,52; und es erhub sich ein scer
harter streit des tages. 2Sam. 2,17; in dem harten kriege,
welchen Alexander Magnus mit dem Daritis . . . geführet.
ScHüPPiüs 781 ; wie viel streiche, und wie harte streiche sie
einander gegeben. Puilander 2 (lG43) 276;
mit einem harten stürm
hand si Lila gewonnen. Lilikncros volksL 2, 66';
umarme mich, mein söhn !
dir ist der härtre kämpf gelungen.
Schiller kämpf m. d. drachen v. 298;
hab dank, du tapfrer degen, und reit mit mir nach haus,
dasz wir uns gütlich pflegen nach diesem harten strausz!
UiiLAND ged. 369;
adverbial hart kämpfen, hart fechten : doch ich fechte nicht
hart umb die wort, sondern umb die sache. Luther 6,20';
es gieng hart her, in kämpf und aufregung , auch freier von
grosser anslrengung :
dir . . ein grablied jetz zu bringen,
geht hart und sauer her, mein spiel will niergend klingen.
RoMPLER 75 ;
dann adj. hart sein, vom hartnäckigen und unsanften verfolgen
einer sacke, allitterierend mit heftig verbunden: auch solich
meister mit irem auszbrechen {eines zahns) , solich dinst ze
thun allweg gern hert und häftig sein. Steinhöwel 458, 11
Keller; eine ähnliche adverbiale fügung niederdeutsch:
doch ik heb noch wat hart un stive vor mi namen.
Lappknbkrgs Laureinberg s. 117, 105.
hart halten, im kämpfe feststehen, ausdauern: weil ir gott lob
so hart gehalten und fest gestanden. Ldther 6, h';
wiewol die zwölf sich hielten hart.
B. Waldis Esop 1, 38, 10 ;
die beiden hetten auch verschoben diese» streiten,
ein jeder aber hielt doch hart auf seiner selten.
D. T. D. Werder Artest 29, 25, 6;
jedoch das man bisz in den todt
nach scim gehalsz ball hart in not. Schwarzenbero 131';
von hier aus cntwickcll sich auch unpersönliches hart halten,
schwer hallen, s. halten 1,7 sp. 284; es hält jetzt sehr hart
mit mir, in anguslum oppido nunc meae coguntur copiae. Stib-
LER 772.
9) das letzt gegebene beispiel zeigt den Übergang von hart zu
der nun folgenden bedeutung,
a) zundclist auf widriges, entgegenstehendes, unglück gewendet,
heiszl es schwer, drückend, empfindlich; er ward von inen mit
harter niderlag inn die flucht geschlagen. Frank germ. chron.
(1538) bl. 38'; unser leben, spricht Bernardus , achten die
weltlichen nnd fleischliche menschen gar herdt und grusam-
lich. Keisersbbrg fct/3. 3*; was nützet es, das wir sein gebot
halten und ein hart leben für dem hcrrn Zebaoth füren?
Maleachi 3,14; hart und streng laben, oder rauche naning,
viclus asper Maaler 212' ; es ist . . Iiarle straffe über uns
komen. i. Macc. 2,49; er thüe im denn also einen herten
dienst, der über sin kraft und über sin vermOgen sy. Kei-
sersbebg bilg. IGO'; die Egypter . . legten einen harten dienst
auf uns. b Mos. 26,6; mache du nu den harten dienst und
das schwere joch leichler. iftön. 12, 4; seine krankheil war so
scer hart, das kein ödem mehr in im bleib. 17, 17; Simonis
»chwiger war mit einem harten fieber behaft (goth. vas
anahabaida brlnn6n mikilai). f.uc. 4, 38; daher an einer krank-
heit harte darnieder liegen, graritcr aegrotare Steinbacu 1,702;
der selb gut mann kam in ein scer grnsze kraiikhcit, durch
welche er lange zeit hart und übel gekrenkt ward. Wickram
roUw. 7,13 Kurz; auf das ewre bände nicht herter werden.
Jet. 28,22; C8 Ist ein barter ordcn, der seinen hulcn meiden
musz, und noch viel hürter, dasz ich disz hoch glasz ausz-
•aufen musz. o wie ein harte busz, drei glilser mit wein
auf ein schimlich nusz. Garg. 02*; schliche ich mit ihr aus
der cammcr, in deren sie zwar eine angeneme, ich aber gar
eine harte nacht gehabt. .Si'm///. 3,321 Kurz; es geht ihm hart,
wilam agil duriter. Stiei.er 772; ein harter gang, als zum
gaigen, ria terrxbilit, horrcnda Fniscn l,4is'; aber welcher ein
legal gölte« iM, der dein voterlond dii-nl, .. a...... i|,u.,.n ,.il,t
die besoldung kaum das salz, und aus harter mühe reiszen
sie kaum soviel davon, dasz sie den hunger stillen. Scuup-
Pios 712; CS sein zwo weisen, die gewonheit zu machen, zu
exerciren und zuzurichten, eine hebt von leichterem an, und
führet algemach zu höheren , die andere befilcht anfangs
härtere sachen. 728 ; dieser harten probe ungeachtet. Zigler
Banise (1700) 507 ; das sind harte bedingungen, conditiones sunt
durae. Steinbach 1, 702 ; gegen ihre {frau von Stael) französische
Tolubilllät aufzukommen, ist eine zu harte aufgäbe. Schiller
an Göthe 898 ; es ist hart, sehr hart für mich , . . dasz ich
dich unter meinen feinden sehe. Schiller parasit 2,4; mir
ist ein hartes loos gefallen; das ist eine harte zumulhung;
er hat viel harte entbehrungen gelitten ; so hätten sie . . mit
ihr einen härteren stand bekommen. Immsrhann Münchh. 4, 137 ;
mangcl also grö; . .
menschlichir nätüre
zu herte und zu sürc. Jiroschw 96';
ja, wenn ich unvorsichtig wäre,
da freilich schnitte mich die schecre;
allein ich hin ja schon mit ihr bekannt,
so sprachs {das kind), und schnitt sich in die hand.
die mutter kam. 0 welche harte lehre 1 Gellirt 1,289;
von diesen trotzig herrischen gerafithern
sich meistern lassen, von der gnade leben
hochsinnig eigenwilliger Vasallen,
das ist das harte für ein edles herz. ScQfLLER jungfr. 1,6;
wol liegt ihm ein harter gram auf dem herzen.
Odytsee 8, 541 ;
die krön ich dir vertraue,
ein herzlich licbespfand,
bis ich dich wiederschaue
nach manchem harten stand. Uhland ged. 229.
hierher auch: denn mir ist ein hart gesiebt angezeigt. Jes.
21,2, äne böse Prophezeiung; dann persönlich: ich bin zu dir
gesand ein harter böte, l kön. 14, 6, ein böte der übles ver-
kündet.
b) auch sonst und abgeblaszter schwer, beschwerlich; einem
etwas hartes geben, schweres auferlegen: er hat allhier seine
geschicklichkeit wol von nöthen, ihr habt ihm ein hartes
gegeben , dasz er genug zu thun hat. schaub. engl. u. franz.
com. 2, 292;
der Schneider fiel neben die geisz
ein schwinden fall so harter ding,
dasz im gleich auch die seel auszgieng.
ir. Sachs 2,4,65';
zu schlecht war aber sein verstand,
durch rabt ein harte sach zu schlichten.
Wkckhkrlin 439;
wie es so ein blind ding Ist umb die liebe und wenn die
angezündl wird und erbrennet, wie hart die zu erlöschen
ist. foriun. As'; diser berg ist gar hoch, deszhalb gar hart
aufzusteigen. Frank wellb. 169'; ein uberausz süsz fleisch
haben sie, das hart zu glauben ist. Forer ßschb. 128'; je
stärker man in erfasset oder greift, je härter man in be-
halten mag. 178'; frau, ich habe ein mittel gefunden, ... es
ist zwar etwas hart und herbe auszzuführcn. Happel acad.
rom. 341 ; die ameisen sind hart zu vertreiben. Hohberg
1,425'; die birnen sind am geschmack, gcruch, lorm, grösze
und färbe so unterschieden, dasz es hart, ja fast unmöglich
wäre, ihre namen .. zu specificiren. 429'; weil sein {des
suUans) sonderbares amt und die daraus flieszendcn ansprüche
und forderungen sich so hart mit der philosophie vereinigen
lassen. Klinger 6, 290;
gen borg g6t hart auf wegen schmal,
das weite strasz lajfl aelbst gen thal.
ScnwARZSNBSRG 152*.
in festen formein: es kommt einem etwas hart an {s. an-
kommen 1,385): und es kam sie hart an über der gehurt.
1 Jlfoj. 35,17; er ist nur zu wohl von meinen Verbindungen
mit Alvarcz unterrichtet, und wie hart es den aukömnil,
etwas übriges zu thun. Lenz 1,219; Friedrich und Eva vor-
mochten kaum ihren dank in worto zu fassen, besonders
kam es Friedrich liart an. Ribhi. cuUurgcsch. nov. 200; —
80 CS nun dem tUrkcn zu fcld will hart liegen und der feind
zu stark werden. Frank wcUb. 105'; das ctwan der teutschcn
weibcr für ir vatlerlandt haben gestritten, und den männern,
ols GS in hart lag, und jclt der sieg mit gebrochner spitz
In gefnr schwebet, zÜKCsprungcn, und in zu hülf kommen.
germ. chron. 5'; — drnn sie mochten hart dulden, das der
miust zu Rom inen gleich sein und sie gar kein vorteil haben
sollen, livim v. ConnACH 49; — dasz ns ihm nicht hart fallt,
(liiiic iiii.h /ii \v\u'\\, Lessi.^c 2,37;
505
HART
HART
506
wenn gleich ein solches wunder dir
fast hart zu glauben fällt. Borger 84';
dem alten manne, der in zwanzig schlachten
dem tod für sie entgegen gieng, fällt es
doch hart, sich so entfernt zu sehn. Schiller Karlos 4, 12.
Aus hart in diesem sinne enlwickcH sich die bedeutung schwer-
lich, kaum: do wurden diener und dienerin so tewer, dasz
man ir hart bekam. Pez Script, austr. bei Frisch 1, 4lS'; so
wirt CS noch in xv tagen hart beschehen. Chmel urk. Max. 74;
mit dem groszen jungfrawenwagen hart durchkommen mugen.
das.; nimstu eine hübsche, so begeren sie ander lüt auch
und ist hart zu behüten, das vil lüt ir begeren. Keisersbebg
narrensch, 113"; die von natur bosz seindt, die werdent hart zu
guten werken bekert. Steinhowel (1555) 88'; und in prägnanter
bedeutung rührt es fast an den sinn nie:
die kacz leszt ires mausens hart.
BsBAix Wiener S66, 2 ;
es ist mein art, die lasz ich hart.
Ich bin also erschaffen,
dasz mich die werden frawen zart
machen zu einem afTen. ÜHtAno volksl. 641.
c) hart schwer, von organen des kürpers und gcistes , deren
gebrauch einigermaszen gehemmt ist: einen harten leib haben,
s. hartleibig; es geht ihm hart (auf dem abtritt), nitilur et
durum cacat. Serz 64' ; dieses öl wird gelobet wider das harte
gehör. Tabernae«. 867 ; adverbial hart hören , i. auch hart-
hörig; einen harten köpf haben {unterschieden von l,d sp. 502),
schwer von begriffe sein; dafür: er ist iangsamen geistes und
hart von begriff. Riehl culturgesch. nov. 253 ; und, wie es früher
hiesz: herte am sinn der Vernunft, hebes, obtusus voc. ine.
theut. i 4' ; adverbial : es geht mir hart ein , rem non capio.
Frisch l, 41S', vergl. hartlehrig; fcair. sich hart erinnern, hart
expücieren , hart lernen, mit mühe, sthwierigkeit ; aitch hart
hausen, sich hart hausen, sich mit mühe in der wirtschaß fort-
bringen. ScHM. 2,241. s. harfdäuig.
10) hart gelangt zu dem sinne strenge, scharf, in manchen
Wendungen; so in beziig auf weiter, kälte, frost: hart und kalt
weiter. Hemsch 1275; eine harte kälte, pers. reisebeschr.l,lb;
ein harter winter; ein harter frost; adverbial es friert liart,
rührend an no.3 s/). 500; von der zeit: es sind jetzt harte Zeiten;
{eine magd klagt) doch hab ich auch ein hartes jar,
mein dienst ist sampt in einer klaus,
ich dörft nit schmecken aus dem haus.
H. Sachs 1, 510';
von Worten, gebot, verbot: eine harte rede; ein hartes verbot;
viel nu seiner jünger, die das höreten, sprachen, das ist
eine harte rede (goth. hardu ist {)ata vaürd) , wer kan sie
hören? Joh. 6,10; eure entrüstung . . möchte euch zu harte
Worte in die feder werfen. Schiller räuber 1,1; ihn wegen
einiger im Wortwechsel zu hart ausgesprochenen ausdrücke
um Verzeihung bat. Göthe 18, 213 ; Liscov erfuhr in Göthes
lebensbeschreibung ein zu hartes urtheil, so wie Rabener
ein zu günstiges. J. Paul kl. bücherschau 2,22;
mit hartem ernst zu inen sprach.
B. Waldis Esop 2, 54, 56 ;
vom herschcn^ erziehen, strafen, wo der sinn mehrfach nach 9,a
{sp. 503) Itinüberspielt : eine harte regierung; die kinder er-
fuhren eine harte erziehung; eine harte, aber gerechte strafe ;
eine harte busze;
kein schermesser das härter schirt,
dann so ein bettler ein herr wirdt.
Agr. spr. (15G0) 94»;
adverbial : der man band uns das hart ein. 1 Mos. 43, 3 ; er
Ledrawete sie hart {goth. filu andbait ins , griecltisch TioXXa
iTiexliia axnoii) , das sie in nicht offenbar machten. Marc.
3, 12; zog er wider zum könig, und verklagte sie hart.
1 Macc. 7, 25 ; es ligt mir beides hart an {sterben und leben
bleiben , griechisch avvdxofiai Si ix rcöv Svo). Pliil. 1, 23 ;
und ist auch aller apostel weise, das sie also Ihun , und
der Schrift meinung einfüren on solchen zenkischen ge-
navvcn fleis und fülle des texts , darumb sie viel herter zu
fragen weren, denn Mattheus hie umb den namen Jeremia.
Luther 4,302*; die peinlich frag soll ... oft oder wenig,
hart oder linder, nach ermcssung eines guten vernünftigen
Irichters fürgenommen werden. Carolina art. 58; vergl. här-
tiglich fragen geradezu für die pänliche frage art. 39; strenge
und hart herrschet ir über sie. Hes. 43,4; leute werden
hart geplagt; ist deine tochter nicht schamhaftig, so halt
sie hart. Sir. 26,13; er hat gute gerechtigkeit gehalten, und
hart oh den kriegsleuten , das sie niemandt gewall ... an-
legten. Frani; germ. chron. (1538) 3S" ; der herzog von Lauzün
sagte: damit man Prinzessinnen zu liebhabeiinnen behalte,
so halte man sie hart und schelte sie brav. J. Paul Levana
2,112; bisz unsere rechnung, worauf er allzuhart dringet,
geschlossen sei. Happel acad. rom. 334; wenn auch der Ver-
walter ihn hart antreiben wolle {zur arbeit). 636 ; dts tödten
ist ja so hart geboten. Luther 3,45*; wozu ist denn die
beschneitung nütz? oder warumb hat sie gott so hart ge-
boten ? 8, 56' ; es bleibt im {dem winkclpfaffen) eben so hart
nach der weihe verboten, als davor. 6,9l'; der Universität
und residenzstadt von Hohenfliesz, deren anblick sogar bis-
her sein vater ihm hart verboten hatte. J. Paul Titan 1,4;
weil, den nächsten zu beleidigen, uns hart untersaget worden.
BüTSCHKT Palm. 723 ;
allein vom bäum, so mitten stot
im garten, uns gott hart verbot.
G. WiCKRAS bilg. D3, bl. 12 j
sie die sich, hart bedroht, als liebende geküsst,
die küssten sich nunmehr erlaubt als ehegatten.
Gellert 1, ISS.
11) hart gehl in die bedeutung über derb, gewaltig, kräftig:
geschähe ein harter trunk. Schweinichen 1,113; lasset nur
die satten fliegen sitzen, kommen hungerige, die saugen und
saufen viel härter. Schüppiüs 833 ; ein harter fall, lapsus gravis
Frisch 1,418';
daj {die geometrie) ist eine konst so herte.
Müscateldt s. 251, 83 ;
ich wil ghorsam sein
und euch ein horten eid da schwem.
H. Sachs 4,3, 24';
schlösse die bände so hart in einander. Amadis 85; indem
sie {die katze) an derselben {feile) hart lecket. Lokmans fabeln
26; er nahm den klopfer (un der hauslhür) in die band und
schlug damit so harte an, dasz er die ganze nachbarschaft
davon aus dem schlaf erweckete. Darbennime 163; und er
trat ans fenster, drehte es hart auf. J. Pacl Hcsp. 2,186;
hart stöszt es {das schiff) auf am strande.
ÜHLASD ged. 245;
t'om lauten und kräßigen sprechen, lachen u. ähnl. : sie würden
sich auflehnen , und ja so hart schreien und rufen , gottes
wort, gottes wort, gottes wort stehet da. Luther 3,45'; wer
die nasen hart schneutzt, zwingt blut eraus. spr.Sal. 30,33;
Henrich lachte hart. Stillinc jugend (1779) 139; er lachte
hai"t (for glück), dess. wanderschaß (1778) 170;
zurück! rief Charon ziemlich hart. Gkllert 1,223;
dann auch kräßig , mit eifer und ausdauer, wo die bedeutung
auch andrerseits an die unter 8 gegen ende (sp. 503) gegebenen
beispiele anknüpft: erbaiteten sie mit ganzem ernst bis zu der
mauer über die von Neüsz, polwerkten und grueben so hart
herwider. Wilw.v.Schaumb. 20; ein verletzt bruder helt herler
denn eine feste stad, und zank helt herter, denn rigel am
pallast. spr. Sal. 18, 19 ; sie halten so hart an dem falschen
gottesdienst, das sie sich nicht wollen abwenden lassen. Jer.
8,5; so nimpt er nu zum ersten für sich gottes gute aufs
herteste. Lcther 4, 104' ; nu wollen wir am ersten die historien
handelen, derselbigen nach sihestu aber einen trost, den da
haben alle gleubigen, wie gott sich irer Sachen so hart an-
nimpt. 132*; doch dringen wir nicht so hart darauf, das ein
bischoff für seine person solch bischollliche ampt ausrichten
müste. 8,9*; helphant, die bsunder frembden leütcn hart
zustellen. Frank weltb. 7'; zwinge es durch ein tuch hart
aus. Tabernaem. 390 ; auch vom eifrigen zuhören : so hart auch
der regenl zuhörte {der huldigungsrede). J. Pacl Titan 2,98;
ir {der lugend) loh sol man erwerben hart.
SCHWARZESBERC 15S';
hab mir auch furgesetzt gar hart.
Wickram bilg. K, bl. 33;
inn desz dreht Klotho hart an unsrem schwachen faden,
an dem disz leben hängt. Fleming 106;
ach vaitcr, zürne nicht so hart,
ach halte nicht so widerpart. Rist himl. lieder 40.
auf dieser bedeutung fuszt die andauernd, dicht folgend, häufig:
sie anhübe ze weinen und mit dicken hertten zächern {zähren)
dem marggraffcn und seiner frawen alle ire trübsal saget.
Steinhöwel 93, 33 Keller; das erdtrich, so tief und schwarz ist,
das gibt die beständigsten und hertesten wasser. Herr feldb. 15*.
12) hart, in adverbialer Stellung, in der bedeutung unseres heßig,
sehr, wie ahd. harto, mhd. harte: damit sich etliche martern
und engsten, so hart, das sie möchten unsinnig werden.
Luther 6,184*; hat er das volk noch herter geplagt. 2 Mos.
5,23; wurden hart gedrenget. richter 2.15; sie drungen hart
507
HART
HART
508
auf den man Lof. \ Mos. 19,9; des ersclirack der kOnig
Belsazar noch herler. Dan. 5, 9 ; entsetzten sichs hart, ver-
meinten nun sehen sy dondern. Foank «eM. 2>"*; erschrickt
noch härter. Kirchhof «c/k/«»«!. 398'; erschrack Moyses über
die raaszen hart. Ayrer proc. 1,5; er sagt ihm von der
Cbariciia, die er also lobet, und ire schöne so hart herausz
strich, b. d. liebe 214"; dadurch derselbe biirgcr eines mais
so hart über sie erzürnet ward. 2S8'; das verdrosz Romulum
so hart, das er seinen bruder Remum zu tod schlug, iirius
V. CoRBAcn 4; der seine frau so hart gefürchtet, dasz er
dadurch den todt nam. 292*; welche einen rauschenden hahn
und schleichende katze sahen und sich über dem leisetritt
hart verwunderten. Schüppiüs 830; wenn er von seiner obrig-
keit gar zu hart beschweret wird. 385; aber der amtmann
stcllete sich iiart darwider. H.vppei, acad, rom. 589 ; sie quä-
Icten mich so hart. Simpl. 1,221 Kurz; es grilT euch hart an.
.Schiller räubcr 1,1; bildlich: aber der schuh truckte ihn zu
liausz so hart (er hatte häuslichen kummer). Philander 2 (1043)
30C; Immermanns: zu jenem verderblichen, über den ich
niicli so hart enttäuscht sehe. Münchh. 3, 118, kann hierher
oder zu 9,b [sp.hüi) fallen;
ich tnfist mich des hart schämen,
wunl ich an euch prechen. llätilerin 190", 190;
das tet den gecken allen zorn
und ward sie hart verdrleszen. Ubland volksl. 509;
dcsz bekümmert sich der Xanthus hart. E. Alberus 7;
wie hart thet mich nach dir verlangen
in meiner hartseligen zeiti J. Ayrer 351' (1760, 28 Keller);
fürwar, du hast mich hart erschreckt.
desselben fasln, sp. OT (2826, 17 Keller);
als er (der hämisch) im angezogen ward,
beklagt er sich, es drückt in hart, mückenkr. 1, 204;
kommt auch die spinn, ein starker feind,
thut nach dem gilt hart stechen. Opel h. Cohn 98, 7;
hergegen ist das volk ja zweyfach hart verblendet,
das Wollust lieht und sucht. Roupler 151 ;
die geschos der blitzen . . werden aus den wölken, als von
einem hartgespannen bogen, faren zum ziel. vcish.Sal.5,22;
so hat er . . . seinen bogen angesötzet,
ihn hart zu spannen. Weckherlin 23.
verstärkend vor einem adjecliv oder anderm adverb, wie mhd.
mir was der wille harte guot. Iwein 759;
dej; ist diu wärheit
harte dicke vor geseit. Martina 130', 12;
ein hart merklich wort ist das, das auszer gottes wort alle
menschenlere so gar verdampt sind, Luther 8,309'; folgende
nacht werden i. f. g. gar hart schwach. Schweinichen 3,128;
ihr band, damit sie sich hart unzertrennlich bundcn.
Opel m. Cohn 284, 23;
{ein adler klagi) neidlich hat das spansche gesind
gezogen hart mit list geschwind
an mein schönsten feder ein. 23, 32.
13) hart, fest, dicht, eng, von umfassen, anliegen, verschlieszen,
verbinden: hart und feste umbfahen. Harnisch 2f>G; bezeug
auch, dasz sie (die gcdiclile) oft gute sachen in sich haben ;
icdoch weil dise so verborgen und hartverschlossen darin
stecken. Rompler s. 18 vorrede ; das es {das schildlein) auf dem
leibrock hart anlag. 2 Mos. 39, 21; die gliedinas seines Heischs
iiangcn an einander, und halten hart an im. Uiob 41,14;
decke und stopfe ja harte zu. interim 536;
do kam die stolze frowe zart
und fand die türe hart besloszen.
sieben uwe metster 1751;
in mein kästen beichlosz ichs hart.
B. Waldis Esop 3, 96, 16 ;
und reicht euch hundert gülden dar.
in einem seckcl hart verstrickt. 4,27,49;
h5t man ycizt also tugend acht,
vil menscrien wiirck-n Irum gemacht,
di »üiiütnn hahcn w(-nlg zucbt,
und ligeu hart in pii.ser sucht. Sciiwarzenreiio 157';
la«i zu küssen uns einander hart umrungcn.
Weckherlin 774;
dasx unser mund, brüst, herz, auf mund, brusi, hon hart kleben.
775;
i<?in nugen auch zugleich hin nach dem uTcr kehret,
allda er eine dam hurt angelninden Tand.
D. V. t>. Wrrdir Ariost II, 33, 7;
»»in manche »chmnrhtel, hart gefiingcn,
in eine« kerkers dunklrm grund ! IIiilanp geä. 224.
hart vom %rhlaf, der auch sonri als festel iirdnchl vird: in der
nacht, da rr hart war entschlafen. KiRciinor wendunm. 3U7*;
hart eingeschlafen, milit. diso. 187; tiefer harter schlaf, buch
d. liebe 220*; sie riefen laut, aber er schlief zu hart, er hörte
es nicht. Simrock 1,109;
wie so gar schändlich sie ihr herr verlassen hatte,
in jener inselu ein, als sie geschlafen hart.
D. V. D. Werder Ariost 11, 58, 3;
von Verbindlichkeiten, Verpflichtungen, Verpfändungen: aber sie
will hierin ire preiaten nit so hart verbinden. Fischart bienk.
147"; so seind wir desto härter verbunden, ihre ehr in unserm
hansz zu beobachten. Simpl. 4, 71 Kurz;
und was ander sehlcnband
kont ihn wol so hart verbinden? WECKHEHLiit 351;
der ihr vor langer zeit durch eurer günste band
euch mich so hart verknüpft, das diese schwache band
sich niemals lösen wird. Fleming 41;
wenn er nicht die hOttc meiden wollte,
die hart verpfändet war. Gellert 1, 162.
14) endlich hat hart, an die vorige bedeutung angeschlossen, und
in Verbindung mit den praepositionen an, bei, vor, hinter u.s.w.,
allgemeiner den sinn ganz nahe, dicht auszudrücken, sowol ört-
lich als zeillich.
a) örtlich: hart vur deme pallais. Harf 90,29; es lauft
ain armb des Reins . . . hart an der statmaur hin. Wilw.
V. Schaumb. 19 ; er gibt für, dis stück . . gehöre nicht zu
dem, das hart vorher gehet. Luther 3,70"; hie ist auch das
kleine heuflin, das sich frewet , wie hart droben gesagt ist.
175'; wonunge in der wüsten hciszt er dörfer und höfe, was
nicht in stedten oder hart dabei , sondern fern und einsam
im feld ligt. 6,135*; ein gros volk wird sich erregen hart an
unserm lande. Jcr. 6, 22 ; hart am teutschen borii {zu Halle)
ligt die Meteritz. Mathes. Sar. 125'; er eilet dem {wild getvor-
denen) ochsen nach, war hart binden an im. b. d. liebe 227';
er reit im an der seilen so hart, dasz ein haut die ander
rürte. das.; es wäre ein garten hart dabei. Chr. Weise erzn.
129; ein marktflecken hart am walde. kl.leute 180; sie stand
ganz hart an euer gnaden. Wieland 11,309; er reicht ihm
einen zettel und nistet sich hart an ihn. Schiller Fiesco 1,9;
und sonderlich liegt hart dabei
die Bummerszheimer termenei. E. Alberus 140';
beid dörfer stoszen hart daran. 14t;
gleich wie der leim und eisenklammer
zwei hölzer hart zwingt an einander.
Kirchhof wendunm. 46*;
wo {wer) dcsz fVeundcs treuen raht, nach dem auszgang achten
wil,
der musz selbsten, kan es sein, treten harte bisz ans ziel.
LocAD 2, 242, no. 198;
zu dem nun pferd und wagen
mit starkem ungestüm hart auf einander jagen. Fleming 53;
oftmals eh die truuerglocke sich zur ruh begeben kan,
stimmt man harte hei dem thurmo zinken und posaunen an.
Chr. W'eise cur. gud. v. vcrsm 4.1 ;
dasz ich einst einen hund bei Haag gesehen hahe,
hart an dem weg, wo man nach Frankreich fahrt.
Gellert 1, 149;
und sein grünendes grab ragt hart am grabe des mädchens.
llöLTT 43 llatm;
kams, hurre, hurre! nachgerannt,
hart hinters rnppen hufen. Bürger 15';
da brach ihr die tas.<c so hart an dem mund. Göthr 1, 221;
ich schlich mich hart am stuhl vorbei. 12, 134;
herr docior nicht gewichen! frisch!
hart an mich an, wie ich euch führe. 195;
sie schaut aus ihrem gartenhaus,
es stehet hart am weg. Uuland ged. 23;
wohl bedurfte der mann der festen und staleiien rüstung,
welche der knabe sich schon hart um den biison gewölbt.
Arndt ged. (1840) ls7.
b) seitlich: euch latszen sy {die Griechen) icr kindcr firmen
hart nae der doiifcn. IIarf 74,32; das man das ovangcliuin
hart vor der predigt zu lalinisch licsct. Lltmer 3,58'; wa«
ligt denn daran , oh sie die {warte) in dem sacrament nicht
hören, wenn sie nur hart zuvor in der predigt gehöret und
gcfassct haben. 59*; da kam das weih hart vor morgens.
ric/(t<T 19, 20. sundchst dieser bedetäung stellt hart =■ schnell,
bald:
erbarm dich hart, ich beit und wart.
Ambr. tietlrrb. 74, 7.
c) örtliche und zeitliche bedeutung ist gemischt: weil sie {die
threnpforte) . . hart hinler meinem letzten bedienten cinpurzeltc.
J. I'adl uns. Inge 1, 26;
diT lod enirisx sie meiner band
hart hinterm iriiiinUar. IIürgkii 85*.
509
HART— HÄRTE
HÄRTE— HÄRTEN
510
HART, VI. und f. silva. ahd. hart und haid Graff 4,1026;
montana quae dicunlur hart. 5, 753 ; mlid. hart üb. 1, 640". das
KoH, in seiner abstammung mil haar höhe, berg sp. 22 zusam-
menfallmd, und von alten zeiten her in orlsnamen viel verwendet,
lebt als appellativuin fem. in der bedeutung wald noch in dürfern
der Rhön (Vilmap 151), als masc. in gleicher bedeutung in Tirol
(Fromm. 6, 145), ganz wie in folgendem: wellicher zu Embrach
husen well, dem soll der vogl ein ufrichty (dachsluhl) usz dem
hard geben, ob er sy darinn finden kan. u-eisth. 1, 114 {Zürich
V. j. 151S) ; als hard , fem. name vieler berge im Waldeckschen
(CüRTZE 470'); den berg, den man nennet daz hard. weislh.
1,324 (Schicarzwald) ; während anderwärts, wie in Baiern und
Franken, wo das wort in allen drei geschlechtern gilt, die bedeu-
tung etwas geändert ist: hier bezeichnet es baden aus sand und
kies bestehend und nur mit weniger trocknen und an sich unfrucht-
baren dammerde überzogen. Schm. 2, 241. dem angeschlossen be-
zeichnet hart , hard in den folgenden stellen unbebautes land,
beide, das nicht bewaldet zu sein braucht: so ahd. in der Würz-
burger marklbeschreibung : dar in daj houc in dero heride.
MüLLESuoFF «. Scherer 175,57;
mhd. wis gegrüejet, spica nardes,
veldes bluome, kie des bardes.
Haupts xeitschr. 8, 281, 198;
nhd. und git man von dem erb das best houpt, das den
hard buvvt. weisth. 1,61; wer in der hart fert, er sye arm
oder rieh, den soll nieman pfenden. 729 ; da rit Ulenspiegel
uf die hart und stell den wülfen. Ulensp. 78 Lappenberg (der
Kruflersche drucke hat dafür in dem walde, aber vorher werden
die Wölfe in dem felde hausend geschildert);
darumb er (Seliucadneznr) uszgestoszen ward
von menseben, triben in die hard,
und da byn wilden thieren labt,
byn waldeszlen sin wonung gheet.
Dante/ 1545 K' (nach Dan. 4, 29);
auch plan, anger: pfeif auf., so danzet der Liendel mit der
Län umb die linden auf der hart. Fischart groszm. 74.
Der name des Harzes, Hercynia silva, der im mittelalter noch
Hart hiesz, gehört hierher, die Veränderung des auslautenden t
zu z ist zu beurlheilen wie im mhd. git, nhd. geiz, auch für
die Pfälzer Haardt begegnet die form Hartz : sein statt Newen-
stadt (Neustadt) genant am Hartz. Mones anzeiger 8, 153.
HARTAPFEL, m. eine äpfelart: reibet sogenandte hartäpfel
auf einem riebeisen. Hohberg 3,1,164*^. vergl. härtling.
HARTBÄNNIG, adj. dem schwer zu gebieten ist: aus einem
rosz, das man nit zempt, wirt ein hartbäniger ungeschlachter
Schelm, und aus einem sun den man mutwillig erzeugt wirt
ein fräfler und unbögiger. Züricher bibel 1530 643*.
HARTBÄNNIGKEIT, f. : aber sy habend nit wollen hören,
und darum wirdt der herr irer hartbennigkeit antwurten.
Züricher bibel 1530 33l'.
HARTBAUM, m. cornus sanguinea, harlriegel, heckholz. Nem-
NiCH 2. 1228.
HARTBEISZ, adj. pervicax, keibig, halsstark, herf. Dasyp.
das adj. geht eigentlich auf den hund oder vogel, der schwer zur
beisze, jagd (l, 139S) äch brauchen, läszt , dann im allgemeinen
sinne auch auf den hartnäckigen menschen.
HARTBESCHÄTZT, part.:
ob nabrios auch ersterbe
die hartbescbatzte Stadt. Voss 6, 181.
HARTBLEI, n. blei was vom silber geschieden und spröde ist.
Jacobsson 2, 222*.
HARTDAUIG, adj. schwer verdaulich: diese thier haben all
ein hartdäuvvig fleisch. Forer fischb. 81'; das brot so von
altem körn, das übel schmecket und ersticket ist, gebacken
wird, ist hartdäuig. Tabernaem. 591.
HÄRTE, f duritia, ahd. harti, herti, mhd. herte ; nach hart
in mehrfachem sinne, selten mit plural.
1) von Waffen, mctall , stein, holz: die härte des Stahls,
eisens; steinerne härte, duritia lapidea Stieler 772; härte
am bauin, nodus, centrum rami das.; dasz die also körperlich
lind fest gemachte luft . . in eine solche dichtigkeit , härte
und schwere zu treiben sei, dasz sie sich vom steine nicht
untersciieide. Immehhan» Münchh. 2,33. die härte des eisens
kann künstlich vermehrt werden, in diesem falle ist von härte
«n plural gebräuchlich, die verschiedenen grade des hartseins aus-
zudrücken: ein Wasser gibt eine hertere und besfendigere
hcrle denn das ander, wie drumb die Inszbrucker hämisch
und kürisz die besten herten haben sollen. Mathe«. Sar. 79' ;
die Türken sollen mil dratheublut gute herten macheu. das.
2) von dingen , die minder weich sind als man sie erwartet
(hart 4 sp. 500): die härte des lagers erschwerte das schlafen;
das fleisch war saftig, aber wegen seiner härte konnte es
nicht genossen werden; härte in den bänden, callosilas, callus
Frisch 1, 41S*.
3) auch unsinnlich, nach hart 5 sp. 500: warum ist diese
stelle, ungeachtet ihrer härte, so schön? Gellert2, 87; das
ohr leide bei einer kleinen härte, bei einem abgerisznen e,
bei einem nicht ganz reinen reime, wenn nur das herz dabei
gewinnt, s. 91; in der musik die härte einer dissonanz; die
stimme des andern beleidiget uns durch ihre härte, durch
das hohle, durch das schreiende, durch das rauhe und grobe.
Gellert 6, 315 ; die härte einer Zeichnung, vgl. Göthe 24, 183.
auch hier ein plural: dieser bemerkt es als eine von den an-
stüszigsten härten der rede, wenn der nämliche millauter
sehr oft und nahe hinter einander vorkommt. Lessing 6,361.
4) von menschen, strenge, mangel des mitgefühls, grausamkeil:
die härte des vaters hatte den söhn aus dem elterlichen
hause getrieben ; dasz der professor aus Verzweiflung, mich
nicht bekommen zu haben, gar nicht geheiralhet hätte, dasz
er vielleicht noch itzt über meine härte untröstbar sei. Ra-
BEXER sat. 3 (1757) 175; diese härte der seele, bei äuszer-
licher geschmeidigkeit und sanfimuth. Gotter 3, 9 ; hier auf
dem vorgrund einer hellen warmen Jugend . . wurde er zu
weich und zu warm , auf dem dorfe widerrief er die härte
der Stadt. J. Paul Hesp. 3, 159 ; bin ich nur ungerecht, wenn
ich des andern vermögen kränke? nicht auch, wenn ich
seine .. ruhe durch stolze härte störe? Gellert 6,147;
der bimmel weisz, dasz jene zungen lügen,
die mich der härte zeihn und grausamkeit.
Schiller Turandot 2,4;
härte
gab ich dir schuld, weil du mir ein geschäft
verweigertest, wo deine Alba glänzen? Karlos 2, 5.
5) strenger, scharfer kämpf, wie mhd. herte wb. 1, 63S':
sie hiejen mine beide in einer herte slaben unde vähen.
Guar. 130, 4;
in unumgelauteter form: dann wann ir die harte treffen, die
mein bruder und ich thun werden, ir soUent euch der ent-
setzen. Aimon bog. i.
6) strenge, bilterkeit, vom weiter, von zäten und lebenslagen:
härte des winters, rigor hyemis, gclu Stieler 772; die härte
der Zeiten ; härte eines Charakters ; härte des Schicksals ;
datier mhd. herte geradezu für not:
da? si von größer berte
hern Iweinen nerle
mit ir vil guoten witzen. Iwein 2719;
in bezug auf gesetz, strafe, gebot: es liegt viel härte in dieser
gesetzlichen bestimmung; die härte einer strafe; die vielfach
getadelte härte mancher Strafbestimmungen. Hall, zeitung 1S70
«0. 50; ahd. herti dero altun eo. Notker bei Graff 4,1023;
dasz Roboam der jungen radt
der alten fiirgesetzet hat,
und wolt geprauchen grosze herdt.
da fielen von im auf der fert
zehen von den zwelf gescblecbtern.
SCUWARZE5BERG 108.
HARTEHREN'RÜHRIG , adjectiv: hartehrenrührige worte.
Bdtschky kanzl. 314.
HARTEICHE , f. quercus robur pediceUis brevibus. Nembich
4, 1106.
HARTEIGEL, m. liguster, sonst hartriegel: ligustrum kern-
gurt , beinhülzlin , mundholz, harleigel. glosse zu eclog. 2, 18,
tK Yirgil. opp. ed. Egenolph (1597) 314*. bn Maaler 343* der
sarteigel, ligustrum.
HÄRTELHEU, n. ononis arvensis, hauhechel. Nemnicu 4,767.
HARTELN, verb.: und sagent meiner muter, da; sy awf
da; herteln feil las haben (gefärbte und gemalte eier). A. Dü'rer
in den reliquien von A. Dürer s. 19. es war und ist noch heute
in Nürnberg ein osterspiel der kinder, mit gefärbten und gekochten
eiern dergestalt ausgeführt, dasz einer des andern ei, und zwar
entweder die spitze oder das entgegengesetzte breitere ende, zu
zerschlagen sucht, wobei das härtere ei das zerschlagene gewinnt;
in der Oberjifalz als herten und herlein gekannt, Schm. 2, 241.
H.\RTEMOND, s. harlmonat.
HÄRTEN, verb., ahd. hartjan, hertan, mhd. herten.
l) transitiv hart viadien ; a) im eigentlichen sinne : den stahl
bei yerstählten und schneidenden Werkzeugen kann man
glciclilalls in kallein wasser härten. Jacobsson 2,222*; eisen
511
UÄRTEN — HÄRTETROG
II ARTFEÜER — HARTHERZIG
512
härten, durare et purgare fernem Stieleb 7" 2; nach diesem
härlen des slalils und eisens liciszl es bildlich :
und schweig-end ward ein bündnis jetzt beschworen,
das, lest geiiarlet in des feuers glut,
besiehcu wird in allen schicksalsproben. Schiller Teil 5, 1 ;
die hufen härten, ungulcts durare Steinbach 1, 703 :
mhd. dö was veit unde wall
mit snö gar bcvallen;
den het der frost allen
gehertct, als er wol kan.
SiRiCKBR in Wackernaijels lescb. 026,18.
b) übertragen, und swar entweder nach hart 7, o und b sp. 501
'fest, kräßig machen, abhärten : herten, hert oder käch machen,
durare, iudurare Maaieb 219*; alle leibesübungen härten den
körper. Gellert 6, 294 ; wofern das geinütte in keiner strengen
zueilt und lebensait gehärtet, noch durch gefahr und inüh-
seiigkeit verstühlert worden. Bdtschkt Palm. 863; undurch-
brechliche schaaren, . . gegen alle demente gehartet. Schiller
854; er wurde darin (in thau und luß) wie heiszes eisen ge-
liärtet. J. Paul Hesp. 1,164;
durch manchen held im kittel,
der, durch dea feldbau stark, gehärtet durch den pflüg.
illCEDORN 3, 27 ;
mit allen kräften, die ihm der härtende krieg gab.
Klopstock 5, 54;
oder nach hart 7, d sp. 502 fühllos, verstockt machen: so ge-
horchten sie nicht, sondern härteten iren nacken , wie der
nacke irer veter, die nicht gieubeten an den herrn iren gott.
2 ftün. 17,14, s. hartnäckig; jedes wort das du oder ich sagen,
härtet sie noch mehr gegen uns. Klopstock 9, 326 ; wenn er
dich sehr betrüge, wenn die vom hof gehärtete band ein-
mal blut und thrünen wie ein zitronenquetscher aus deinem
herzen drückte. J. Paul Hesp. i, 86.
c) auch nach hart 9, c (sp. 505) : holzbirn härten den leib,
sobra durant ventrem Stieleb 772;
da5Z künftig keiner nicht, wie etwan Welschland thut,
sich überreden darf, dasz gar zu kaltes blut
bei unscrn knochen sei, und etwan ein gestirne
vom neuen Zembla her uns härte das gehirne,
damit es weiter nicht gedenke, dann es sieht. Opitz 2, 27.
2) reflexiv sich härten: messerklingen härten sich in
kochendem fett; durch frost härtet sich der boden; über-
tragen: der empfindsame weichling härtet sich zum manne.
Schiller 705; auch in dem sinne sich fühllos, verslociU machen:
wie die slrauszen herten sie sich auch gegen ire jungen,
und lassens dabei bleiben, das sie die eier von sich geworfen,
und kinder gezeuget haben, nicht mehr thun sie dazu. Lutuer
2,473'; ihr habt mir nichts zu verzeihn. ich aber habe mir
geantwortet, dasz ich es euch nicht verzeihn will, dasz ihr
euch wie felsen härtet, ihn zu verkennen. Klopstock 9,342.
3) intransitiv aushalten, ausdauern, wie mhd. herten wb. 1,638':
und so sie schon so harter säwischer natur weren, dasz sie
ein gute zeit bei soliichen faulen tagen herten köndten.
i.WEsrvuAL fauüeuffel ¥ u]'; auch transitiv als aushärten,
5. 1,882;
ich hoff ich werds nicht herten ausz,
0 herr, was wird doch werden drausz?
cathul. kirchcnyesänge {Völn 1634) s. 611.
HARTENACK, m. nanie eines bieres zu Lübeck, zeitvertreiber
(1668) 159. es wird unter anderen bieren Garg. 69' mit auf-
gezählt.
HARTENAU, n. hypericum pcrforatum, Johanniskraut, gewöhn-
licher harthau, harthcu, s.d.; die pflanze dient als Schutzmittel
gegen böse geister:
Ui denn keine junge frau,
die da räuchert mit hortcnau? {tum gchutz gegen gewilter).
FiBDLER tollisr. u. vutksl. 08.
HÄRTER, m. der arbeiter einer gcwchrfabrik, der klingen, lade-
Uücke und andere gerate, die die härte erhalten sollen, härtet.
Jacübsson 2,222'; schwerlich wol sind solclie leule im fvlgenden
gemeint :
hertcr, petler und itcrzcr,
riricr und Icdcriiwerzer. IleiiAiii Wiener 60, 10;
krapfmbarhcr, champfcr, gauklcr,
atiTzcr, faurtcr und kadroivr (tumpcnsammler). 812, 7;
eher ist et das mhd. hCrta;re hirt.
H Ariern, m. der hartriegel, liguttrum vtägare, auch nur
härter. Nemxicii.
HÄRTETR(H;, m. trog in dem eiternes gerat gekartet wird: io
ihrer {der luirter) Werkstatt utrht neben der esse ein groszcr
häitelrog und ein amhosz. . . die tauglichen stücke werden
sogleich einzeln in einem langen feuer rothwarm gemacht
und langsam in den härtetrog gesteckt. Jacobsson 6, 42*.
HARTFEDER, f. die schwingfeder des vogels, im gegcnsatz zu
der weichen flaumfeder: penna vel pinna, hertfäder, p/uniaweich-
füder, pflaumfäder Dasyp. unter den partes avium; die hart-
fäder, das grosz gefider eines vogels, pinna Maalbr 212*.
HARTFLEISCHIG, adj mit festem fleisch versehen: in den
hartneischigcn gliedern. Thubneisser magna alchymia (1583)
2, 28.
HARTFLÜSSIG, adj.: so ein goldt besser und edler, so
es unschmelzsamer oder hartflüssiger, daselbst 1,22; das zinn
auch harlflüssiger zu machen. 1, 141.
HARTFUTTER, n. pferdefuUer, das aus haber mit häckerling,
gerste , roggen oder erbsen besteht; auch kürnerfutter genannt,
bildlich: dasz er aus mangel an musze kleine dinge, z. b.
essiggurken, kastanien, krehsschwänze, blos im ganzen und
ohne geschmack verschluckte, so dasz er nachher das hart-
futter wie einen verschlungenen Jonas oft drei tage in der
waidtaschc seines magens herumtragen muszte. J. Paul Titan
1, 103.
HARTGEFROREN, part. : hartgefrorener erdboden ; über-
tragen: der hartgefrorne , auf literarische thoren hackende
spottvogel (Liscov). i. Paul kl. bücherscliau 2, 22.
HARTGEHERZT, part.:
glaub nicht dem hartgeherzten mann. k. Richard 11, 6, 3;
believe not this hart-hearted man.
HARTGEITIG, adj. eingenommen von kaller, fühüoser gier
nach besitz: als ob er (gott) so ruch und hertgiltig und un-
geniiglichen sy, d; er nieman kein Ion well geben. Keisers-
ßERG bilg. 160 .
HARTGEMAULT, part.:
bockt mit ihm, laszt sich hartgemault nicht lenken.
TiBCK 3, 327.
s. hartmäulig.
HARTGEPANZERT, part.: sie legen heimlich dem innern
menschen ein waffenstück nach dem andern an, bis er hart-
gepanzert da steht und losschlägt. J. Paul Titan 2, 203.
HARTGESOTTEN, part. hart gekocht; hartgcsottne eier;
übertragen auf einen verstockten menschen: du bist ein hart-
gesottener Sünder. Schiller Fiesco 1, 9.
HARTGLÄUBIG, adj. schwergldubig : habe ichs ihnen nicht
gesagt, hartgläubiger? \ oss mytltol.briefe (ISIl) 1,289; ferner
sagt ich die Witterung voraus . . dem geliebten Herder, welcher
auch täglich hartgläubiger werden wollte. J. Paul hcrbstblum.
3,197; ohne umlaut: der Skeptizismus, der uns statt hart-
glaubig ungläubig macht. Hesp. 2, 223.
HARTGRAS, n. fcstuca ovina , scliaafgras. Nbmnicb 2,1612.
das kleine hartgras, fcstuca duriuscula 1010.
HARTHAARIG, adj. pilos setosos habens. Frisch 1,418*. dafür
hartharicht /lirc/jjiiui Stieleh 767; harthaarigte augenbraunen.
Klinger theater 3, 175.
HARTHÄDIG, adj. zähe, geizig: und seint geitig und hart-
bäbig oder unmilt. Gersdork feldb. d. wundarzn. (1528) 85.
HARTHÄLSIG, adj. einen harten unbiegsamen hals habend,
un fügsam : harlhUlsig, ostinalo. caparbio, pertinacc Hulsius 70';
harthälsig sein, ostinarsi, formarsi in un proposito das.; hart-
hälsig cervicosus üasyp. ; das wir so harlhelsik bleiben. Kei-
SERSIiERC S. d. m. 46*.
HARTHÄLTIG, adj. zähe, geizig : harthcltig tenax Difir. 577'.
HARTHARZ, vi. harz in fester gcstail , im gegensatx zuni
flüssigen und gummVuirze. Scuedel waarenlex. 1,506*.
HARTHÄUtiG, adj. mit harter haut verschen; harthäutige
Weintrauben, uvae duracinae Kirsch cornuc; ttberlragen auf
einen unempfindlichen vtensclien. Frisch 1,418*.
IIARTHÄUTIGKEIT, f densitas cutis, callosüas. Stbindach
1, 721.
HARTHEIDE, f. ledum paluslre, sonst wilder rosmarin, moUen-
kraut. Ni;>iMcu 3, 357.
HARTHERZIG, adj. durus corde Stieler 831; entweder ofme
den willen einem andern nachzugeben : du l)i»t harlhcnig, hart-
näckig, dura animo es, Maaler 210*; daher bei GnrnB gcradesu
für verstockt: o ihr lilindcn ! ihr hartherzigen! fast ein jähr
gehe ich mit euch um . . imd es geht euch kein licht ouf.
14,194; oder ohne müleid, barmherjigkcit : hartherzig, unb.irm-
hcrzig, ferreus Stei.^iiacu 1,744; ein hartherziger glfliiliipcr.
hiervon bei Maaler 219* das subst. die hartherzige, rcuche,
immisericordia.
513
HARTHERZIGKEIT — HÄRTIGKEIT
IIÄRTIGKEIT — HÄRTIGLICH
514
HÄRTHERZIGKEIT, f., iplli. harduhairtei.
HARTHEU, ri. hypericum perfuralum: harthöuw ein kraul,
ein art von s. Johans kraut, corion Maaler 212'; das andere
geschlecht des st. Johanniskrauts wirt Jiartheu genannt, ist
an Stengeln und blättern gröszer als das gemeine. Hohberg
3.1,426'; das hartheu hat weisiechte wurzeln in viel zaseln
zertheilet. Taber.vaem. 1250. Nemmch reneicJinel auch den
iiamen als harthau, hartau. s. hartenau.
HARTHEL'MSCH, »;i. eine traubenart, von welcher der name
dann auf den irein übergeht: hartheunisch. ura duraciiia Stie-
i.EB 2301 ; rüsziing. harthynsch, klebrot. Lo.mcerus kiäulerb. 34,
bei angäbe dasi die iceine nach arl der Irauben iintersclüeden
seien, in Nemhichs «"6. begegnet der name als hartheinst, 'eine
abdnderung des ueinslocks, trägt schöne grosze trauben, die beeren
sind grttn und sehr hart'.
H.ÄRTHIRMG, adj. harten sinnes und denkens, unempfindlich :
Polygnotus, welcher was harlhirnig war, wüste wol, dasz er
dem könig misfiele, dessen aber ungeachtet nahm er sich
vor. hierauf nicht zu sehen, jmlit. Stockfisch 96.
HARTHOBEL, m. hobel für hartes hulz, wegen des steilslehenden
hobeleisens auch steilhobel. Jacocssox 2, 223".
HÄRTHOLZ, n. ein name der hagenbuche, carpinus betulus.
•Nemmch 2. S95.
HARTHÖRIG, adj. hartes gehör habend, schwerhörig: daher
kommt es, dasz der ein blüdes gesicht hat die färben, und
ein harthörichter den klang und die worle nimmermehr recht
zu unterscheiden weisz. J. B. Schlppic« rovi Schulwesen (1701)
s. 122. auch auf einen bezogen, der nicht hören will: er ist
gegen meine ermahnungen harthörig gewesen, nun musz er
fühlen; contumax: dieweil nu hei-zog Ludwig., harthörig ..
worden ist. Haltads 828.
HARTHÖRIGKEIT, /". nd. liarthöricheit tarditas aurium {als
krankheil) Chttraeüs cap. 59 ; »;i dem einsprechenden capilel seines
Vorgängers Golics fehlt das wart noch.
HÄRTHUFIG, adj. einen harten huf habend: harlhuficht,
durisungulis praeditus. Stieler S64.
HÄRTIG, adj. härte habend, hart, ahd. harlig (Graff 4.1024) :
etliche machen ausz eim herligen dinge einen sand. Para-
cELSüs opp. 1, 484A; das allzuhärtig machet schartig. Phil-
a.vder 1. 208.
HÄRTIGKEIT, f. härte, mhd. hertecheit , in der modernen
spräche su gunsten von härte ungebräuchlich geworden, duritia et
durities reuhe, hertigkeit Serranüs rficf. g 3*; hartigkeit, diffi-
cultas, durities Dasvp. das wort wird gebraucht
1) in bezug auf metall, stein, höh: la teutsch nennet man
disz gewächsz umb seiner hartigkeit willen auch hartriegel
(doch unbillich). Bock krduterb. TSS; welsch kirschbaum heiszt
cornus, wegen seiner horncchten hartigkeit. Lycosthennes lusty.
416; ehe die sonne ihren schein, die felsen ihre natürliche
hartigkeit verlieren sollen. Homburg Dulcimunda (1643) s. 67;
um des erdreiehs hartigkeit
des himmels schmuck sich siröcket. Weckherlis 257;
die elemente seihst vollffihren ihren streit:
heisz ist dem kalten gram, und weich der hartigkeit.
Opitz 1, 100;
spUknd mit der bedeutung 4 unten :
0 hartigkeit! ich hleib ein stein,
wenn felsen selbst beweglich sein.
Chr. Grtphii's poet. wäld. 2, 50.
2) in bezug auf dinge, die niciä den ihnen gewöhnlichen grad
von weichheü haben: callositas härle, knorrichle hartigkeit (der
haut). KuscB comuc; unsinnlich auch ton dingen, die der zart-
heü anmul entbehren: ich selbst trage über di Widerwärtigkeit
und trübsal dises lebens. als di glükseligkeit und Wohlfahrt
desselbigen, über armuht ais'reichtuhm, über harligkeit als
zahrtheit. Bltscbsy Aanz/. 712; in bezug auf den stil: manche
gute gedichte würden, durch dieses einzige mittel, von Wör-
tern die nicht an ihrem platze stehen, von fiillwörtern,
härligkeiien, ja sogar von Sprachfehlern gereinigt werden.
Wielakd 4, vorrede s. 12.
3) in bezug auf menschen, strenge, festigkeil, spröde gesimiung :
hertigkeit asprüudo .Maaler 219'; der sich auch mehrer hertig-
keit gegen seinen sünen, dann die feindt gebrauchet. Aimon
rorr. ; dasz dein herz albereit solcher hartigkeit . . . fähig.
HoMBiBc Dulcimunda j.63; wegen ihrer schuldigen hartigkeit
(sie erhurt den Itebhaber nicht), ehe eines weites 2S7;
ihr göttin zart, ihr deren herrüchkeit
die gottor selbs nicht könden widerstreben,
ach stehet ab von ewrer hartigkeit
und lasset doch den rittern hie das leben.
>VECKHERLn 280.
IV. II.
4) öfter auch fühllosigkeil, kalte unbarmherzige ge.iinnung (nach
hart 7, c 5^.501): tenacUas hertigkeit Dief. 577*; durch geduit
wird ein fürst versünet, und eine linde zunge bricht die
hertigkeit. spr. 25, 15 ; sie sprachen , Moses hat zugelassen
einen scheidbrief zu schreiben und sich zu scheiden. Jesus
antwortet und sprach zu inen, umb ewers herzen hartigkeit
willen (goth. vij)ra harduhairtein izvara) hat er euch solch
gebot geschrieben. Ware. 10, 4; diese hartigkeit (/«»y/rauc'« s"
klostergelübdcn zu zwingen) hat viel fromen leuten vor dieser
zeit misfallen. com/, aug. 6« Luther 6,373*; durch deine hartig-
keit (in der behandlung) ist mein leib auszgezehrel. pers. baum-
garlen 4,20; unmenschliche hartigkeit des geilzes. co/ica42;
dasz das studiren der jungen nicht mit hartigkeit zu schrecken,
sondern mit schmeichlerischer freude und züchtigem loben
zu erhalten und anzutreiben. Schcppiüs 743 ; Viterbo war vom
kayser, wegen harligkeit seiner bedienten , . . . abgefallen.
Hahji bist. (1724) 4,173;
vermesznen übermuth
und stolze hartigkeit und wilder iüste brut.
Uz 2 (176S) 112;
s ist seine kalte hartigkeit. Herder 8, 24.
5) verstockllieit (nach hart 7, d sp. 502) : hertifceit des geinulz,
perlinacia voc. ine. theut. k'; sihe nicht an die hertigkeit und
das gottlos wesen und sünde dis volks. b Mos. 9,27; und
schalt iren Unglauben und ires herzen hertigkeit. 3/arc. 16, 14;
wie mag sich doch, o mein kind, deines herzens hartigkeit
der heiszen thränen enthalten, wann du erkennest, wie oft
und gröblich du deinen schöpfer mit deinen Sünden beleidigt
hast. Simpl. 4. 1S3 Kurz; kan sich unsers gegentheils groszer
harligkeit nicht gnug verwundern. Spalatin bei Luther 5,37';
und werden die bischove gott rechenscliaft für die Spaltung,
so durch ir harligkeit in der kirclien anhangt, geben müssen.
conf. aug., das. 6,377'; das sie in ellichen sichern heuchlern
die Sicherheit und hertigkeit Sterken. J.Jonas, das. 3S7'; und
ist eine grosze hartigkeit dasz man lieber will , dasz die
religion bei so viel lenten ganz untergehe. Meukchthon opp
2,292 (ed. Bretschneider); o menschlicher herzen tohrheit und
hartigkeit, so allein auf gegenv^ärtige dinge gedänket, und
nicht das zukünftige betrachtet! But.schky kanzl. 74S; habe
aber wegen der harligkeit bei ihm nichts verrichten mögen.
Schweinichen 3, 18 ;
und dasz in ihrer hartigkeit
sie geltes wort und gütigkeit
Terwerfen, steht« vergessen. Weckherli!« 4S.
in die bedeutung Stumpfsinn übergieifend: hertikeit des sins.
der verstantikeit , ebeludo roc. ine. thettt. k"; (die Corsicaner)
ein vihisch hertigkeit und thierisch anbück anzeigende. Frane
weltb. (1567) 18*, wo andrerseits nach harl 9, c (sp. 505) die unten
folgende bedeutung 7 anrührt.
6) nach hart 9, a und b mühseligkeit, beschwerlichkeit : keiner,
er sy wie arm er well , dut sinen rüsziin solche hertigkeit
an, dj er im in einen lag zu vil arbeil ufif leit. Keisersberc
bilg. 160'; gewehne dich zu ertragen allerlei hartigkeit. pers.
baumg. 7, 23 ;
denn wie mich jetzt die weit ansieht,
ist die jiigent dahin gericht,
das sie all hertigkeit thut fliehen.
B. Waidis Esop 4, 85, 43.
7) beschwerlichkeit , von den körperlichen rerrichlungen (harl
9, c): dyspnoea, hartigkeit des athems, keichigkeit Dasypod.
(morborum nomina); tenasmus hartigkeit des stulgangs das.
H.äRTIGLICH, adv. hart, mhd. hertecliche, herleclichen.
1) harl, mit anstrengung, vom kämpfe, widerstand: der streit
ward von beiden Ibeilen harligüch gehalten. Aimon bog. 9;
wie euch der hose feind harligüch anficht. Luther fcr. 4, 415;
hertiglich pertinaciter roc. ine. theut. i4*; hertigküch, mit kvb
und widersatz. Maaler 219'; rom arbeiten und ernähren: und
sich mit den seinen hertigküch nehren und roden und reuten
solle. Mathes. Sar. 8'; dem frommen und aufrichtigen armen
landvolk aber, welche sich mit schaafen und gaisz- oder
schweinhülen harligüch nähren müssen. Simpl 1,35 Keller;
harligklich leben, frohere vitam Dastp. ; einer arbeitet har-
ligüch, und der ander stilet und beraubet das land. Simpl.
2, ili Kurz; ihr höchstes contentament (musz sein), wann sie
ihr leben mit schwerer saurer mühe und arbeil verschlicszen,
sich bemühen um ein wenig rothe erde, die sie doch nicht
mitnehmen können, die hölle harligüch erarnen. s. 141; die
esel müssen ihr geringes futter härliglich verdienen. Hohbebg
2, 176*.
33
515
IIÄRTIGLICH — HARTLEIBIGKEIT
IIÄRTLICH — HARTMÄULIG
516
2) hart, schwer, mit mühe, kaum: und liarliglich den hunden
und bawren bin entiunnen. Steinhüwel (1555) M; obschon
ein guttes bislein lieblich zu dem magen hinab gehet , so
wii doch das geld hartiglich vom herze weichen. Butscbky
Palmos 16*2.
3) hart, streng, scharf, sdmer, vom zürnen, strafen : so theten
wir unrecht, und erzürnten den heiligen Auguslinum her-
liglich. Carlstad welche bücher biblixch seind aiij '; heiszcn alle
diejenigen hertigiich straffen, so dawider etwas reden thurslen.
Luther 8,14'; von der peinlichen frage: dasz man solche buhen
nil leiden, sonder annemen {fest nchvien), hartiglich fragen
(• torqtiendos'), und umb ihre niiszhäudel mit ernst straffen
soll. Carolina art.39. auch sonst rauh, hart, von der behand-
lung : das du uns aber hertigiich wider die Ordnung gött-
lichs und evangelischs gcselz angetast. Georg v. Sachsen bei
Ldther 3, ISO'; dasz er sie mit einer fausi zu der erden
schlug, und hartiglich mit den füszen in ihr angesicht tratt.
buch d. liebe 28 s'.
4) hart , eng , von binden , fesseln , umschlieszen : den grosz-
fürsten hertigiich mit fesseln gefangen und gebunden. Avrer
proc. 2, 2; fiel er {Ämadis) ungeslüinmlich über Gasinan,
welchen er bei dem leib mit solcher geschwindigkeit umb-
fassen thef, dasz er im nicht weil liesz, dasz er ihn schlagen
möchte, besonder gezwungen ward, llugs seine wehre hin-
weg zu werfen, damit er dem Amadis, welcher in hartiglich
drucket, widerstehen kundle. Amadis 291; mit gewaltiger
kriegsmacht hartiglich belagern. Kist poet. luslgarlc M *.
5) sehr, vor andern adjecliven oder adverbien :
ich glaub, du verschenkst all das mein,
das mir hertigiich worden säur.
AtRER fasln, sp. 97* (2825, 23 A'e«er).
HARTIRRIG, adj.: zu Vermeidung hartirriger misbreuche.
BüTSCHKY hd. kanzl. 6t8.
HARTKEICHIG, adj. .<ichucren alem habend, asthmatisch:
hartkeichig asmalico, che ä fattica di respirar. Hulsius "o'.
HARTKEICHUNG, f.: asthma engbrüstigkeit, harlkeichung
DASYPODtUS.
HARTKELCH, m. illecebrum verlicillalum , natterblümchen,
kreuzblümdten , tapetenkraul ; n/. gekraust hardkelk. Nemnich
3, 221.
HARTKLEMMIG, adj. fest, vom gestcin eines bergwcriis. Ja-
coBsso.N 1, 223'. s. klammig 5, 941.
HARTKNOCHIG, adj.: er sieht langgestreckt, dürr und
harlknothig aus. Auerbach dorfgesch. 4,9.
HARTKOPF, wi. der einen harten Impf hat; ftbertragen
1) eigensinnig, verstockt (s. hart 7, rf sp. 502): warten bis ans
sterben, heiszt allzulang geharret, es mochte einem solchen
hartkopf das trumra zu kurz werden, der tod ihn überfallen.
Otho 1146.
2) einer der schwer begreift (hart 9, c «p. 505) : der junge ist
ein hartkopf, er lernt zu langsam.
3) in Pommern führt der fisch alant, cyprinus jeses, den nanien
hartkopf, tceyen seines dicken hauptes, ilal. capitone. Nemmch
2, 1363.
HARTKÖPFIG, adj. einen harten, entweder eigensinnigen, oder
schwer fassenden köpf habend; in Waldcck hartküppsch, unge-
lehrig. CCRIZE 470*.
HARTKORN, n. das harlkörnigc getreide, wetzen, roggen, qerste,
im gegensatz zu dem weicIücOrnigen hoher. iNEMNica wb. s. hart 4
tp. 500.
HARTKÖRNICHT, -KÖRNIG, adj.: harlkörniges geircidc;
hartkörniger hanf.
HARTLÄLFER, m. .• der hart- oder schnelllüufcr der an-
siedier am kap (pbacuchoerus aelhiopicus) ist das h.lszlichstc
Ton den Warzenschweinen. Brehm illiislr. thiert. 2, 745.
HARTLAlTENf), part.:
hartlautciiil ist der satz, docli mir Kewishcitvoll :
w<>r, was er will, auch darl, will gelten, wa« er soft.
IIacedorm 1, 35.
HARTLFHRIG. adj. indocilis. Frisch 1,4|s*: allein ich bin
entweder zu barllehrig, uiu diese gesetze zu begreifen, oder
CH inUHz »ehr wenige geben, und auch die wenigen müssen
ilUHzerst unbestimmt sein. Bürger I40'.
HARTLEIBIG, <utj. 1) invulncrabilis , auch parcus , atarus,
lenax. !Stiei.er 1133. vergl. hart 7, a und c sp. 501.
21 diffirMme rxcrrnens (liai.); dürr, matt, hartleibig. Chr.
\Vei«e rr:n. :\\h.
HARTLEIBIGKEIT, f. l) nach liartteibig l : die menschen
•treicben ".if li i rrht auf mir auf, wie auf einem probirstcin,
ihre gefalligkeit. gleichgülligkeit, harlleibigkeil und grobheil,
eins mit dem andern rnachl mir spas. Göthe an frau v. Stein
l, 136.
2) nach hartleibig 2: an hartleibigkeit leiden, übertragen:
feinde der sittlichen hartleibigkeit Henochs. J. Paul komet 1, 20.
HÄRTLICII, adj. l) ditriusculus: hertlächt und käch pfersich,
duracina persica Maaler 219'; hertlächte beere, einer herlen
hiilschcn, duracini das. ; er (Christus) ninipt etwas hertlichs,
das der speise ehnlich ist, nemlich sein leib, und etwas
wcichlichs, das dem trank ehnlich ist, nemlich sein blul.
Luther 3,70*; der braten, den ich ihnen schicke, wird von
härilicher natur sein. Güthe «« /;au «. 67em 1,369; »irf. hard-
like kost niclit IciclU verdauliche speise brem. wb. 2,597; sollte
auch lesern von ziemlich gesunder Verdauung nicht oft etwas
härtliches aufs herz stoszen? Herder 1,35; übertragen zum
scharfen, strengen hinneigend: man erlaube mir die etwas härt-
lichen ausdrücke des gesetzcs ein wenig zu mildern. Klop-
STüCK 12,70. mehrfach geradezu für hart, scharf, streng gesetzt:
ein kiselsteiii musz für (fciier) usztragen,
wan er zu henlicli wurt gesclilagcn.
Murner tutlier. narr 83;
und wii die zarten (nmmen) licrtiich halten. 1489.
2) hartlich, ohne uvilaut , in der bcdcutung abgehärtet, nicht
vcrweichliclit ; adverbial :
da die eitern hartlich leben
da pllegis auch stark kiiidcr zu geben.
Imschart ehz. 571.
HÄRTLICHKEIT, f in übertragenem sinne (nach hart 4 sp. 500):
indem . . die redart rein und scheinlich, ohne uuzeilige härl-
ligkeit, selbstflieszend in das gedieht geleitet werden (soll).
Schottel //autii/)r. 798 ; seine tichlerei ist siisze, lieblich imd
sauber, ohne die geringste härlligkeil. Morhof nnterr. 241 ;
da kritisch oft auch krilsch ausgesprochen wird, so fällt
der Vorwurf einer etwanigen härtlichkeit wo nicht weg, doch
zurück. Klopstock 12,134.
HARTLING, ni. l) bezeichnung härtlicher fruchte,
a) einer apfelart , pomum duracinum, von hartem fleiscn und
sauerm geschmack in mehreren Unterarten. Nem.mch wb. ; bart-
ünge duracina, alba et rubra. Stieler 1378. s. hartapfel
b) einer pfirsichart: der dunkelrothc hürtling; der weisze
härtling; der violette muskatellerhärtling; der gelbe härlling.
Nemnicb 1,248. 249.
c) der in folge zu später blütc nicht gereiften Weintraube, die
sonst heerling, hcrling heiszt, s. auch härling spalte 480. 6p»
Weckherlin in bildlicher Verwendung, um die bösen fruchte der
sünde zu malen :
die härtling ihrer sünden. s. 245 (ps. 107, 18).
2) härtlinge, im hültcnwesen harte schlacken, die das zinn
spröde machen, miner. lex. 287'.
HARTLOTH, n. das harte, schwerflüssige, aus kupfer und
messing bestehende loth der mclallarbeiler.
HARTMACHUNG, f : mit seiner strengen zusammenzichung
und hartmachung bat der herbe geist mit der bittern qiia-
lität das fcuer also heftig erwecket. J. B()UME ylnrora (^uitg.
1835) s. 187.
HARTMÄULIG, -MÄULICHT, adj. duriorü oris; gewöhnUch
von Pferden gebraucht, deren maul durch scharfe gebme hart und
unempfindlich geworden, die dalier schwer lenkbar sind: er (ein
edelmann der ein pferd hinweggerilten) hette dj pferd nicht
hinweg geführet, es were so hartmäulig, es helle ihn hinweg
geführel. Zinkgrek apoplith. 1 (102C) 129; man fJlbrl bei dem
allen mit hartmäulig gemachtem pferden schlechter wie mit
iniilhigen und emplindlichen. ÄiiisKR patr. ph. 3 (17981 120;
bildlich: wehe dem regenten, der iiiclit den zäum Imker hält,
den er der freiheit anlegt, und nicht immer lürchlel, das
arme gcschitpf, das unter ihm seufzet, hurlmäulig, slätlisch,
kollerig und unbrauchbar für diese und jene weit zu ent-
lassen. TnrimEL reise 4, i. ; kennst du die well, das taube,
hartmäulige (hier? Immerhann ,Vunr/iA. 4, tll. dann auch auf
wideraiH-nstiiie menschen übertragen: harlmeulirhl, dume rfrvici.<
Stikler 1256;
ft wird der gronine mann nur argk,
routwlltlg, hertmewilg und n-nrh. II. Sahi» >. i i ',
ir köpf, Ko berdtraewliehrr sin. 3, 3, 31';
den kennt ihr nicht, das i«l ein hartmäuliger. Iloirri /
feil 28 ; sogar auf andauernde menschliche fehler : ich I.
einen trelflichen eheniann, welcher .. immer mit dem u. .:,
5 1 7 HARTMÄULIGKEIT — HARTNÄCKIGKEIT
seiner frau zusammentraf; aber doch muszte diese über einen
liar(mäuligen fehler herbe klagen, den er sich nicht aLge-
wöhnen liesz, nämlich am morgen aus dem bette an die
wand zu spucken. J. Paul lebeit Fibds 125.
H.\RTMÄLLIGKE1T, f.
H.\RTMEISZEL, ni. ineiszil der sdmiiede, um eisensläbe damit
zu durchschroten.
HART.METALL, n. spröde misekung von kupfer und messing.
Jacobssox 6. 43*.
HART.MO.NAT, m. name für den november, december oder
Januar, hergenommen 'ton der harten tcinterzeit , im besondern
ron der harten erddecke oder auch dem schneeharst'. Weishold
deutsche monalsnamen s. 40. 41, wo erschöpfende belege für die
verschiedenen formen des worts, aJid. herlimänüt , nihd. herle-
niänüt, nhd. hartmant, üarlmont, hardman, hardeman u.a.
gegeben sind, hartmonal auch für den februar, nie nd. Iiarde-
man, harlmänd brem. vb. 2, 601 :
bald wenn anTengt der harte uonn,
und rrölich scheint die liebe sonn,
sing ich (die terche). frosclimeuseter II, 2, 6, ZS*.
HARTMUTH, adj.: forlis , gravis, magnanimus , vest, ehrn-
vest , hartmut Alberus Vi*; magnanimus, groszmütig, hart-
mut GG3'.
HARTMÜTHIG, adj. hart gesinnt; verstockt, mhd. herfmüetec
«•6. 2,1,261": wer wenig lacht, der ist hertmüetig, und mis-
velt im allez, da; ander leut tuont. Megesberg 47.15; die
hartmüligen aber, die noch nicht begeren trosf des gewissen,
haben auch dieselben roarter nie befunden , den ist das
sacramenl (der busze) nichts nütze. Luther 1,65'.
HARTMÜTHIGKEIT, f Verstocktheit: hochmuetikeit, eigen-
wiliikeit , behegenlicheit deheines dinges ane got , hertmue-
tikeit. lihtvertikeit . . Tacler in Wackern. leseh. 1025. 19.
HARTNÄCKIG. -NÄCKICHT, adj. und adr. mü einem liarten,
unbeugsamen nacken versehen, daher unnachgibig , auf seinem
uillen bestehend, in eigensinn verharrend, vgl. hai't 7, d s]}. 502,
hartbälsig. und halsstarrig sp. 267 : cervicosus hartnackig, hert-
nackig Dief. lla'; ron menschen: mit hartneckichten leutcn
und steinern und eisern herzen. .Mathes. Sar. 138"; der hart-
näckig bleibt auf seinem köpf. Lehüiasx 103; die eigensin-
nige, hartnäckichte Starrkopf. Philander l (i642) s. 292;
zweene weisen werden nicht ein haar entzwei reiszen : eben
so verhält sichs auch zwischen einem hartnäckichten und
einem sanflmühtigen. pers. rosenth. 4,5;
was kann verstockter sein
als ein harinäckichl weib ! A. Grtphics 1698 1, 125;
6« personificalionen :
und da Araxes lauft, da seine ströme sausen,
bartneckicbt, brückelosz, D»it wüstem stürm und brausen.
Opitz poemula (1624) 127;
häufig auch in beiug auf menschliche Verrichtungen und eigen-
scliaflen: der hartnäckige, zermalmende kämpf zwischen sein
und vergehen. Schiller fiesco 1,13; begreifen sie diese hart-
näckige Verstocktheit, parasil 2,5; sind aber die aufgegebnen
gedanke.n gar zu hartnäckigt, und wollen sie sich auf keine
weise verbinden lassen. R&bener sat. i (l76l) s. 61; hart-
näckige vorurtbeile. Bettise bricfe 1, Zueignung;
hartnäcki?, grimmig war der kämpf, bis endlich
Macbeth mit unbezwinglich tapl'erra arm
des normanns stolz gedämpft. ."Schiller Mach. 3,3;
in adverbialer Stellung : Wurm, besinn ersieh, dasz ich, wenn
ich einmal glaube, iiartnäckig glaube, kab. «. liebe 1,5; als
er sich hartnäckig widersetzte. Götbe 18,177; gieng wieder
. . . nach der sitzstelie im eichenkainpe, wo er nun eben so
hartnäckig in der nacht ausharrte, wie bei tage. Isuiersans
}lünrlJi. 4, 5;
bartnückig wird es weh und nachweit läugnen.
GöTDE 41, 59.
Lbertragen auf dinge und zustände, die nicht ueidien wollen :
eine hartnäckige krankheit, ein hartnäckiges fieber; dasz sie
... die röthe, die sie durchs reiben hervorgebracht hatte,
für die hartnäckigst» schminke halte. Göthe 18, 167.
HARTNÄCKIGKEIT, f. pervicacia. .Maaler 212' (neben hart-
näckige, obslinatio) ; er ist standhaft, bisweilen bis zur hart-
nackigkeit. Kant 7,429; suchte sich ein angeklagter in vül-
ligem ernste, und mit groszer harlnäckigkeit auf diese art
zu reiten. Ki.opsto« 12,69; und deine harlnäckigkeit, dein
trotz, dein wildes ungestümes wesen ... Lessing l, 520; was
das vollbringen Letrim, darin hatte mein vater eine beson-
HARTNÄCKIGLICH — HARTSCHLECHTIG 518
dere harlnäckigkeit. was einmal unternommen ward , sollte
ausgeführt werden. Güthe 24,229;
der ritter fühh sich in der enge,
was nützte hier hartnackigkeit?
L. H. V. N'icoLAT der ritterorden.
HARTNÄCKIGLICH, adv. pertinaciter, obslinato animo. Fiisoi
1,419".
HÄRTNÄCKISCH, adj. wie hartnäckig:
dasz man der trotzigen hartnäckisch höhnen zäume!
LoHENSTErs Sophonisbe t. 80, j. 3.
HÄRTNEN, verb. härten : soll du dein bildt von eisen oder
stahel schneiden, und wie ein ambosz härtnen lassen. Para-
CELSüs opp. 2, 308 C. bair. hertnen ne6en berlen , härten.
Schm. 2. 241.
HARTPFLASTER, ri.; hernach legte sie mir ein hart-
pflaster . . , welches sie zuvor über kohlen weich machte,
auf das creuz. med. maulaffe 426.
HÄRTPULYER, n. pulver zum härten der feilen. Jacobsson
6, 42*.
HARTRAUH, adj. sehr rauli: eine hartraue reise. Bctschky
hd. kanzl. s. 15. hartrauer winter. s. 248.
HARTRIEGEL, m. l) ligustrum vulgare, an busch von hartem
holze, zu tauben und hecken verwandt, auch hartreder. Neiinich
3, 409. ligustrum hartrigel Dief. 329'.
2) auch cornus sanguinea, heckholz heiszl hartriegel, hartredel,
hartrüder, harlrötern. N'emnich 2, 122S; cornus hartriegel, kür-
beeren Dief. 152'; ahd. harlrugil, haitrugula, hartirugil, ü«r/j
harldrugil, harltrugil sanguinarius arbor. Graff 5, 501.
HARTRINDIG, udj. eine harte rinde habend: hartrindige
bäume; hartrindiges brot.
HARTROSE, f. rosa gallica, essigrose. Nemnich.
HARTROTH, adj., nur von Weinbeeren, rot mü einer harten
schale: der hartrolhe (trein) wird selten reif, wenn auch der
Sommer gut und warm ist. Jacobsson 8,173'.
HARTRUHRE, f. hetze, jagd in der haH? vergl. über rühre
Haupts zeitschr. 11.266: wir sprechen ouch das zu rechte,
dasz in dem walde nyeman hat dekein recht zu heigende
noch übergriff, one myner fronen willen, wir sprechen ouch
das zu rechte dasz die hartrure von sancl Rickarl und Bidig
eigen svge des closters von Andelahe. weisth. l, 729.
HARTRUND, adj.:
dein hartrunde brüstelein
hätten dir mein herz nicht künnen
ohn die braune färb gewinnen.
pHttA^^DEB 2 (1643) s. 287.
H.ARTSAL, f. oder n. drückende läge, schweres geschieh:
desz will ich gehn, mich selbst erfaenken,
mein hartsal nit mehr zu gedenken.
Atrer 256* (1217, 7 Keller).
s. hartsei.
HARTS.\NGER , m. der laut sm^ (nach hart 11, sp. 506),
ausgelassen jubelt:
im trinken, ein hartsänger:
im hinken, ein scbleichg.inger.
LoGAU 3,-250, 182 {Überschrift: säufer).
HARTSCH.AALIG, HARTSCHÄLIG. adj. mit harter scliale ver-
sehen: harlschaalig, als Schnecken, eier, durae testae, oder als
nüsse, duri piäaminis Frisch 1,419"; concha, ein hartscheliger
visch, der ein herte schalen oder gleich ein schneckenheusziin
hat. Serrancs diä. e5'; auch übertragen auf hartnäckige, wider-
ständige menschen: auf ein ja bei dem hartschäligen mädchen
bestehen. Hippel lebensl. 2, 213.
H.ARTSCHÄLLIG, adj. Iruculenter sonorus, horTÜ>ilis fremitu.
Stieler 1724.
HARTSCHIER, s. halschier.
HARTSCHL.\FE.ND, part. vetemosus. Stieler 1805. j. harter
schlaf sp. 507.
H.ARTSCHLÄGIG, adj. durch zu viel empfangene schlage un-
empfindlich geieorden, prügelhart, scidägefaul, daher auch in Wider-
spenstigkeit verharrend: sehen was sein {des oclisen) art seie ..
ob er harlschlägig, forchlsain, stotzig ist, das wasser scheuhe.
Sebiz feidhau 125; mit gar zu groszer starrigkeit harlschlägig
gemacht. Philander 2. 889; der musz harlschlägig sein.
märchen aus d. Odenwald in Wolfs zeitsclir. 1.41.
HARTSCHLAGLOTH , n. loth der silberarbeiter, aus messing
und Silber bestehend, für dinge die sehr fest vereinigt werden
müssen. Jacobsson 2. 223".
HARTSCHLECHTIG, adj., aus dem nd. hartslechlig verderbt,
am hartälag leidend, vgl. die ausführungen unter haarschlechtig
33*
519
HARTSCHNABEL — HAUTSPISSIG
HARTSTARRIG — HARZ
520
sp. 36: liartscbleclitig, herlzsclileclilig, bauclisclileclitig oder
athmich. dise vier krariklieiteii ist alles ein ding. Seuter
rossarzn. 19 {die volle stelle iinler athmich J,5!)l); wann das
pferdi hartschlechtig oder schlebeuchig. Franicf. ref. 2, 9 § 5.
HARTSCHNABEL, m. loxia enuclealor, der grosze kernbeiszer.
NBMNicn.
HARTSCHWARTICHT, adj. crustalus. Stieler 1958.
HARTSCHWINGEL, m. festuca rubra. Nemnich 2,1(112. fesluca
duriufcula, der härlliche Schwingel, der kleine hartschwingel.
it>io. .«. harlgras.
HARTSEL, f. drückende läge, hartes gescliick'
dch Usiel, nun .«ag mir eben
was hartsei wen! wir noch erleben. H. Sachs 3, 1, IS';
komb auch von der geTenknusz nicht ausz
bisz mich erlöst desz todies grausz :
desz hin von hertzen ich hetrübet,
darzu mich mein selb hartscl übet. 4, 2, 34';
tbet sioh seiner bBrtsel nit erbarmen. 5, 373'.
in der form hartseid:
mein hariseld ist so mancherlei, fastn. sp. 1138;
das er auch abkum der hartseid. H. Sachs 2, 2, 19'.
'. iiartsal.
HARTSELIG, adj. mühselig, untilücklich , kümmerlich: liart-
sälig, ungliickhaftig, wiiser, miser aninii , cxercilus, miser ex
animo Maai.er 212'; es i"st umh sonst das ir Iiiie aufstehet,
und verziehet das sitzen, und esset das harlselige brod.
Luther 2, 391' (ausleg. des 127. psalms, der späleve lext des
leJzteren hat esset ewer brot mit sorgen); und ihre Verdienste
unter eine harlselige zufriedenheil demüthigen, die herrlich-
keit der belohnungen verlachen. Birken ostl. lorbeerliain 200;
soll wir in erst die kinder tödtcn,
und ertrosseln in dem gepern,
erst wurdt das volk hariselig wern. H. Sachs 3, 1, 19";
in meinem hartseligen leben. 3,2,10';
ei, ei, erst rhewi von herzen mich
dasz ihn so hart hab ghaltcn ich
olin mein wissen, nun wil ich eben
ihm mein leibliche tocliier geben
zu einer graalil, darmit vergelten
ihm sein hartseling dienst und schelten. 4,2,38*;
ich bin der hartseligst man. 5, 35G';
umb sunst ist, das ir früc aufslat
und arbeit lang in schwere,
und esset das bartselig brot! ders., der 126. psahn;
ich wills aber mit nicbtcn han,
dasz 'sie sieb soll ind ehe begeben.
es ist darinn hartseligs leben. Avrf.r 191' (951,9 Keller);
wie hart thei mich nach dir verlangen
in meiner hartseligen zeit! 351' (1760, 29).
HARTSELIGKEIT, f.: harlsäligkcit, miseria, acrumna Ma\-
LER 212*; und wirst einen sun gebären, desz namen sollu
Ismael heiszen, darum das der herr dein liarlsSligkeit (Luther:
dein elend) erliort hat. Züricher bibcl 1530,8' ([ Mvs. 16,11);
wir klagend unser hartseligkeit , dasz, syrmal uns golt rein
ze leben nit verlilien bot, die menschen so uninild gegen
uns sind. Zwincli 1,40; o ir meine grawen bar, gond und
fallend ausz zu erzaigen mein harlsäligkeit. Wirsung Calixtiis
VT; anderer knecht weiber hartseligkeit ... gehen hoch auf-
gcschürzt bisz zun knien , iiber die scliucli im dreck, aucli
vielmal allerding barfnsz. Kirchhof milil. dise. 1I5; munchen
inuhtwilligen schalkhaftigen landtsknecht vcimag auch sein
eigen hartseligkeit von gewolinler bnbcrei nicht abhalten, 132.
HARTSINN, ffl. harte, gefühllose Sinnesart : der hartsinn, der
cigennutz und die kiirzsicliligkoit ihrer genossen. Ihja Pia Sore
3,350;
geiizle mich des bartslnns tadel!
wulke dich ob meiner cchubl
selbst die slirnc milder liuld! IIürcer 73*.
HARTSINNIG, adj. obslinatus. Hederich 121C: liarlsinnig
werden sie also bei diesem finden auch nicht werden. Herder
18,107.
HARTSINNIGKEIT, f. Verstocktheit, mdersi>enstigkeü : harl-
»innigkeit, untentiae obstinatio Hedericu 1216; kaiserliche
inajestäl wolle die geisllichkeil von solcher hartsinnigkeil uh-
imd dahin weisen, dasz i<ie ihre consignatiunes rinhriugen.
». ScHiChrusz .fehles, chron. 3, 230.
HAHTSI'ATH. »n dldspath. Nemnich.
HARTSI'ISSKi , adj. in harte, spröde sj'lülern auseinander'
brechend, von metallen: zinn int ein feind aller inelallen,
inacbel »ie unartig, ungoschnieidii? und bi'rls|ii<>ii^>. diitMudrr
CS kommet im fewr und schmelzen. Paracelsus opp. (1616)
1, 887 C. ."!. spissig.
HARTSTARRIG, adj. unnachgibig , widerspenstig: ein hart-
stariig, rauch, hart volk. b. d. liebe 218*.
HARTSTICH, m. ein stück kitpfer uclches nach dem schmelzen
mit der kelle ausiiegossen ist. Jacobsson 2, 223*.
HARTSTIRNICIIT, adj. perlinax, contumax. Stieler 2172.
H.\RTSTRAIJCH, m. cornus sanguinea. Nemnicu 2, 1228.
HARTSTÜCK , n. das bei dem hammergaren des kupfers
sich ergebende guszstück. hartstiicke abi)ochcn, solclu; in kleine
stücke hatten; hartstiicke zuschroten, entzwei schlagen. Frisch
1, 419'.
HARTSCHWARTICHT, adj. crustalus. Stieler 1958.
HÄRTTONNE, /". gefäsz der feilenhauer mit wasser, worin die
gehärteten feilen abyeüisciil werden. Jacobsson 2, 223'.
HARTTRAREND, pari. : harttrabend pferd, equus succussator,
gradu tolutaiio succussans sessorem. Frisch 1,419*. s. hart traben
sp. 501.
HARTTRABER, m. dasselbe: da sasz er auf ein ungesal-
telts, ein gesallells, mit sporen, ohn sporen, auf ein licht
rosz, ein küriszpferd, ein harttraber, ein liochheber, ein
hochstampfer, ein sanftzeltner. Garg. 176*.
HARTTRABICHT, adj.: ein harllrabichtes pferd schüttelt
(stoszel) den reuter. Comcnius spraclienthür v. Docemius §453.
HÄRTUNG, /. ahd. harlunga, 1) das hart machen: hürtung
der Werkzeuge. Jacobsson 6,44';
kein Zauber hilft und keine kunst der feen,
nicht feiaer stahl noch härtung, wo sie (Ualisarda, Itüdigers
scliwerl) schlug.
Gries .Arivsl 46, 120.
2) das hart werden, hart sein: wider die härtung und ver-
scbwellung des railzen. Tabernaem. 1193; hartungen, ent-
ziiudungen. geschwehr, krebs (der brüst). Neiner tandlmarkt 67.
HARTUNGSAPFEL , m. eine feste und trockene apfHart.
Nemnich.
HARTVERHORNT, ;)nr/. ; thiere mit zusammengewachsenen,
hartverhornlen fingern und zehen. Minerva 1847, 402.
HÄRTWASSER , »i. nasser zur ablüschung und hdrtutiy des
glühenden slahls. Jacobsson 2, 223'.
HARTWF;RK, »1. ein beim zinnschmelzen zurücldtleibender harter
kürper.
ilARTWlEüE, /". cornus sanguinea. Nemnich 2, 1228.
HARTWURM, m. anyuis fragilis, blindschleiche. Nkhnich 1,308.
HARTZÄUMIG, adj. scliuer zu zäumen: hartzüuinig rosz,
tenax equus Maaler 212*.
HARTZINN, »1. eine composilion von zinn, .spieszglanzkönig und
kupfer. Jacobsson 6, 44'.
HARTZÜNGLER, m. hacsitans linguä. Stieler 2655. dazu
liarizüngelung, haesitantia linguae. das.
HÄRUNG, /". das sicii hären, ausgehen der haare. J. Paul biogr
bei I, 173.
HARWAND, f. eine aus fachwerk mit lehmfüllung gezimmerte
wand, in Hessen zur umfriedigung der bauernhöfe häufig vr-
wendet. Vilmar 152. bar ist das ahd. horu, mhd. hör, kut
(lutum harc üief. 340'), wie es in haargans sp. 27, haarigel
.<ip. 30 erschien.
HARWEIH, m. eine weihen art : liarwy milvus Maaler 212*.
es scheint nichts als eine ver.'itümmelung von aarweih zu sein,
was 1,5 nicht aufgeführt ist: milvus arwei .i. mollivaga Dief.
uov. gloss. 253'. im t^assauuchen ist hürweih, hilrrweih der
habicht. Kehrein 187.
HARZ, n. resina, ahd. harz und harza mit den Weiterbildungen
harzuch colofonia, pix, harizuch resina, harzul und haicil pix
(Graff 4,1043), mlid.Uari: gimiini, harlz, alles wus aus den
büuincn durch die rinden dreiitl, gummi, resina, liquor, viscosus
ex arboribus huniur concrctus Henisch 1777,43; das Jiartz, die
iilacht füchligkeit von den böumen , isl zweierlei , d; ein
feucht wie honig, das ander dick und trocken. Maaler 212';
harlz , suceinum voc. ine. tlieut. i l' ; daneben die form harsz :
masliche, liartz, harsz Dief. 350* ; resina, liurse, harssc, hersi,
nd. harl, liard 494'; bei Lessinc harzt:
prel.set unscrn prosien nril!
AtiT durch pnivcr, pillcn, harit
unii curirei. 2, 42U.
als sprichwörtliche redensarl: er lint harz in iittnden . rr h:il
lang ünger, das ist, er ist ein dii'b. Maaler 212'; er hat
harz unter dem hulc, raput nulii apnit. SrtiNRACH 1, 703.
HARZ. rn. liercuiiiu siliu s. iiri/rr hart i/i. iütt.
521
HARZ— HARZHAUBE
HARZnOLZ — HARZPRESSE
522
HARZ, n.? Circes hebt zwen finger auf und spricht:
Ulisse, ich schwer dir eiu hartz,
bei dem hellisehem wasser schwarz
Stiges, bei aller götter eid,
das dir geschehen soll kein leid.
H. Sachs 3, 2, 20».
hartz ist tcol nur Schreibung für hartes {vgl. liertz saUz Schm.
2, 241), und ein hartes schwören scheint zu vergleichen den
formein stein und bein schwören, kraft schwören 5,1945;
vergl. ein herlen eid sp. 506. noch Arndt gewährt hart, c^er
als adverb in Verbindung mit schwören :
da schwur er beim eisen gar zornig und hart.
ijed. (1840) s. 283.
HARZB.\UER, m. accola sallus Hercynii. Stieler 774.
HARZBAÜM, m. pinus sylvestris, kiefer, führe. Nemxicu 4,984;
ein bäum spricht:
ich musz (so war ich bin ein ehrlich harzbaum) sagen,
dasz ewr« gegenwart schaff inniglich behagen.
A. Grtphiüs 1698 1, 709.
H.\RZDORF, «. dorf im Harzgebirge : unter den vielen vogel-
freunden, die ich in meinem harzdorfe kennen lernte, war
auch mein nachbar. novellenseitung 1866, s. 653.
HARZECHTIG, adj. harzicht: harzachtig, voll harz, darausz
vil harz lleüszt, resinosus Maaler 212*; der griechische sesel
hat eine zaselechtige wurzel, die ist voll weiszes harzechtigen
safts. Taberxaeh. 397.
HARZEICHE, f quercus robur pedicellis brevüms. Nemnich
4. UDO.
H.X^RZEICHEL, f. die frucht der tcinler- oder harzeidie.
HARZEN', verb. l) mit harz bestreichen oder ausgieszen : resino
ich harz .Xlberüs nl"; resinalus mit harz bestrichen, geherzet
Dasyp. ; dar noch I65 in {den mel) abe in ein geherztej vaj.
Haupts zeilschr. 5, 13 ;
ir harzet vor den bogen, wolt ir geigen.
RosEKBLüT bei Jordan, das königthum
Georgs von Podiebrad, s. 4lß.
2) harz von den harzführenden bäumen einsammeln: harzen,
gummata colligere Stieler 774 ; harzen , harz scharren , harz
reiszen. Jacobsson 2,224*; bei tag soll man harzen, und zu
nacht darbei spinnen, da kann man etwas gewinnen. Fischart
groszm. 59; kein bäum soll öfterer als dreimal, auch nie
zwei jähre nach einander geharzet werden. Jacobsson 6, 46\
dann auch : das geharzte holz (holz aus dem das harz gezogen
ist), daselbst.
3) mundartlich in der Schweiz, kleben wie harz Stalder 2, 23,
daher übertragen, ansichen, nicht fortgehen wollen: dieszmal
harzete der winter, wollte gar nicht fort. J. Gotthelf sduddenb.
158 ; das ists eben wo es harzet, erzdhlungen 3, 213. harzen
heiszt auch lang streiten, zanken: sie haben mit einander ge-
harzet. Stalder.
HARZER, m. l) der harzeinsammler , harzscharrer. Stalder
2,23; harzer und flötzer im schwarzwald. ¥\sch.krt groszm. 71;
kiltel von leinwand, welchen der harzer anziehet, wenn er
harz scharret. Jacobssox 2. 223".
2) nach harzen 3 mit dem gelde zurückhallender mensch,
knauser (Tobleb 257'): er kenne die harzerkünge, sagte er,
er habe oft gesehen , wie ihnen armen leule fast die füsze
abkneuet hätten und hätten doch mit leeren bänden gehen
müssen. J. Gotthelf schuldenb. 259 ; zanksücläiger mensch. Stal-
der 2,23; auch einer der nicht leicht vom flecke kommt. Tobler.
H.\RZER, H.\RZER, m. bewohner des Harzgebirges, auch in
adjeciiviscliem. cjebrauch: die harzer canarienvögel.
HARZFtOSZER, m. harzschmelzer, harzsieder: da; forstwerg
i-;t ein huoptbantwerg und . . hat undir em : holczhouwer,
bachfloszcr {pcchschmelzer), harczdoszir, koler, aschenborner
und derglichin. anz. des germ. museums 1S56, 303 (verQl. mhd.
man flötete pech unde harz, passion. 30,10 Köpke).
HARZGALLE, /. ansammlung von harz an einer stelle im
Innern eines harzhaü'ujen baumes : dasz die fichtenen {bäume)
inwendig im stamme viel harzgallen haben, welche zwischen
denen jähren (Jahresringen) oft wie ein thaler grosz verborgen
sind. GücHHAUsEJt not. ven. (1741) ''25
HARZGEBIRGE, n.;
die wilden roftnner sinds genannt
am Harzgebirge wohl bekannt. Göthe 41, 56.
HARZGEFÄSZ, n. gefdsz der harzsdiarrer zum harzsammeln.
Jacobsso.'« 6. 45*.
HARZHAUBE, f harzkappe: die leilach möchten zusammen
Lachen wie desz kinds harzhauben. Fi'chart groszm. 38 ; da
schor man den schunken, da zog man den küszproducten,
dem ferlin die harzhaub ab. Garg. 83*.
H.\RZHOLZ, n. heiszt das flehten-, kiefem- und tannenhoh.
vcon. lex. 92s.
HARZHÜTTE, f. hülle in der harz verarbeilH wird: den berg
hinauf, wo die harzbütte steht, die er selbst errichtet hat.
GüTHE 25.327.
HARZICHT, HARZIG, adj. harz haltend. Frisch scheidet noch
beide Wörter : harzig, resinosus, harziges holz, lignum resinosum;
harzicht, resiuaceus, klebig wie harz, resinalis. l, 420*, wogegen
Stieler in der bedeutung sie mischt, ganz wie die moderne
spradie auch, der überhaupt die form harzig gerechter ist : harzig,
harzicht, gummosus, resinosus, resinaceus, resinatus "74. harziger
dannbaum, teda Dasypod. ; harzige pflanzen, terebinlliinaceae
Jacobsson 6,45*; harziger steinkitt. das.;
sie sei Terflucht, die ihn rerführt,
in harzig reis sich eingeschnürt. Götbb 41, 60.
bei Hippel begegnet harzig als bildliche bezeichnung eines ver-
wachsenen, wol an die beobachtung angelehnt, dasz knotige, höcker-
ähnliche stellen an baumstJmmen sich vielfach mit harz umkleiden:
dasz dergleichen ausgewachsene oder hamge sich durch list
auszeichnen. 8, 9.
HARZKAPPE, /". zunädist ein kurzer, bis zum nabel reichender
leinwandkittel der harzscharrer. Jacobsson 2, 223'. der name
wird übertragen auf einen kurzen leibrock ohne drmel : harzkappe
exomis Stieler nachschusz; des messeprieslers : und darüber
noch ein harzkap oder levitenrock oder kasacke on ermel.
Fischart bienk. 157'; auch später noch bezeichnet er das geist-
lidie gewand: ihr herren geistlichen, ihr habt gut reden, in-
dem ihr auf euren harzkappen das Privilegium habt, dasz
ihr euch nicht wehren dürft. Chr. Weise erzn. 32; unser
pfarherr wirft die harzkappe weg und spricht : da liegt der
pfaff, hier stehet der mann. Interim 341; — sprichwörtlich:
sie versaufen jo fluchs betten und bibeln und saufen dasz
ihnen die harzkappe und alles knackt {spricht der bauer Brose).
Schoch slud. leb. F. auf einen Überwurf der frauen: einer
frauwen eine lange harzkappe zu machen , di sol dritlhalbe
eleu lank sein und sieben elen weit, miltheil. des thür.-sächs.
alterthumsvereins 11,471; kurze und lange harzkappen, der Stadt
Erfurt ernewerle policey- u. andere Ordnung (1583) bl. iN iij ' (lon
kleidung und zierung der frauen und Jungfrauen) ; auf ein kleid
der kleinen kinder: kinderkäppchen oder harzkappen, auch
flüg^elkappen, heiszen diejenigen kleinen und langen kappen,
worein die kleinen kinder, so noch nicht laufen , gekleidet
\*erden. J.\cobsson 6,254*.
HARZKJVPPLEIN, n. kleine harzkappe : harzkäpplein, exomium
Stieler nachschusz; (wer den andern) mit dem harzkäpplein
hinder den tisch zih. Garg. 45'; also inn hosen und wam-
mest mit eim harzkäpplein wischt er hinausz. 205*.
HARZKÄSE, m. käse der im Harzgebirge bereitet ist.
H.\RZKLEE. m. asphaltion, trifolium bituminosum. Stieler 974.
HARZKOHLE, f. die beste, theerreiche art der steinkolUen, auch
pechkohle, fettkolde, glanzkohle. Nemnich 3, 425.
HARZKRAUT, n. cressa crelica. Nemnich 2, 127C.
HARZKUCHEN, m. ballen oder kuchen aus den harztrebern.
beim peclisieden zurückbleibend.
H.\RZLING, «J. betrohner des Harzgebirges: daher haben
meine landsleute, die harzlinge, ein Sprichwort, ich habe je
weile gehört, wer schlegt, wird wider geschlagen. Lcther
3, 254'.
H.\RZLÜGE, f. derbe grobe lüge, mendacium crelicum , weil
den bewolinern des Harzwaldes die fertigkeit in solchen lügen schuld
gegeben wird (Adeldhg).
HARZMACHER, m.: stehet auf und versuchet den herr-
lichen saurbrunn, den ihr und alle harz- und holzmacher
hinfort in dieser wiidnus meinetwegen zu genieszen haben
werdet. Simpl. 2, 86 Kurz.
H.\RZ.MESSER, m. messer der harzseharrer zur gewinnung des
harzes. Jacobsson 2,223'.
H.\RZMESTE, f. dütenförmiges gefdsz aus pcktenrinde, in das
das abgeschabte harz fällt, daselbst 224*.
HARZMOTTE, f. phalaena resinella. Nemnich 4, 925.
HARZPECH, n. pix sicca, das beim destillieren des terpentin-
öles im kolben zurückbleibende pech, oß zu salben und pflastern
verwendet. Jacobsson 5,692'; uimb ungelöschten kalch und
zwei mal so viel harzbech. Selter rossarzn. (1599) s. 420.
HARZPRESSE, f. maschine der harzscharrer xum auspresicn
des harzes. Jacobsson G, 46*.
523
HARZREISE — HASARD
HASARD — HASCHEN
i24
HARZHEISE, f. reise in das Harzgebirge. GuinE 45, 315.
Heine 1, l.
HARZREISZEN , n. das anschälen der bäume behufs geu'in-
nung des haizes: der lelirpursch musz auch zusehen, «us hei
dem pültaschbrennen, harzrciszen und dergleichen ein jäger
l'iir aufsieht zu führen hahe. Heppe jaydlust 17S8 1, 31.
HARZREISZER, «i. harzeinsammler , harzscliarrer , harzer.
Jacobsson 2, 224". die Handlung geschieht durch das anreiszcn
oder anschälen der bäume.
HARZHISZ, »1. dir zur getiinnung des harzes hewirlUc risz in
die rinde eines baumes.
HARZROSE, f.: collofania herba liarczrose Dief. nor. gloss.
lOl'.
HARZRÜSSELK.\FER, »j. curculio pini. Nemnich.
HARZSACK, »j. sack zum auspressen des harzes. Jacobsson
6, 47".
HARZSCHARRE, f. l) das krumm gebogene messer der harz-
scltarrer zur geicinnuny des harzes. Jacobsso» 2, 223'.
2) das harzscharren, anschdlung der bäume für die harzgewin-
nung. J. Paul pa/«;i^en. 1,49; die harzscharrc, deren mishrauch
man nach und noch zu begriinzen suchte. Götue 58, 87.
HARZSCHARREN, »i. was harzscharre 2: dieses harzschar-
ren oder pechhauen, öcon. lex. 928.
HARZSCHARRER, m. : die harzscharrer, oder wie sie an
etlichen orten heiszen, harascherer oder pechhauer. ücon.
lex. 929.
H.\RZSCHLACKE , f. : liarzschlacken sind die alten ram-
melsbergisciie schlacken, so hin und wider auf dem Harz zu
finden, »erden zum Vorschlag gebraucht, und hallen gleich-
falls metall. Nehri.\g hisl.-polil. lex. (1736) anh. s. 47.
HARZSEIFE, f. seife die aus harz tcnd ätzender lauge rcr-
fertiijl wird. Jacobsson 6, 47'.
HARZTAN.NE, f. pinus abies. Nemnich 4,974; harzlanne,
zirlebaum, führ. Frischlin nomcncl. 55; harzdanne, schwarz-
dannenbaum, feuchten, picea, piceaster. Henisch 639; er ist
wie ein harzdannen umbbommen , das ist, es ist ganz und
gar aus mit ihm, also das er nimmermehr wider zu recht
kommen kau. das.
HARZTUCH, n. viil harz gelränklcs luch: Nero, der einge-
fleischte leufel, liesz die Christen mit dem hals an pfaiile
binden, in harztiicber einwickeln und lebendig verbrennen.
ÜTHO 312.
HARZÜRERZUG, m. : auch sucht man durch einen um den
baumstamm gelegten harzüberzug die insecten abzuhalten.
ausländ, 40. Jahrg., 1003.
HARZWALD , m. Ilercyuia silva. auch einzelner wald im
Uarzgebirge: wie oft sie sich nach .. dem traulichen rauschen
der harzwiilder zurück sehnten. H. Heine 1, 115.
HARZWURZ, f. nymphaea alba. Nemnich 3, 73C. nymphea,
Wasserlilien, harzwurz, harstiang Ai.herus FFT.
HARZZAPFEN, m. der zapfen der lanne , der den harzigen
samen derselben in sich srhlieszl: sy war ein heszliche, uralle
frauw, klopft harlzapfcn (»'?i Wallis, als lebcnsunterhaU). F. Pi.at-
TEB 183.
HASA, inlerj.:
hasn! Iiusa! lustig! lustig! I'r. I^Iüllrr 1,310.
vergl. Iiasi.
HASARD, m. glüdissjiiel, wagnis. ein französisches worl mil
deutscher, aber den roviauisclicn sjirachen früh geläufiger ableilung
(hart, hard, s. sj). 501). und ron noch unsicherer, vielleicht den
semitischen sjiractien enlstammcndir würzet (DiEz 1,33), das alt-
framüsisch als liasart torkommt und den gmnfieren oder ur-
lierenden wurf beim Würfelspiel bezeichnet. Haupts zeilschr. 1,577;
tergi «in/. Jiassaerl , asarium , jiotest dici congregulio duorum
punclorum vel Irtum rel undecim rel duodecim suj>erius venien-
tium I» duobus taxillis. roc. um 14S3 bei Hoffmann yloss. Itelg. 41.
hochdeutsch verläuft das wort folgeiidermaszen.
1) im letzten viertel des Vi.jalnh. ist rs in das mhd. ah liast-
harl, hnsharl übnnommen, wo es Würfelspiel bedeutet (wb. l,04o'),
III* auch das allfranz. hazarder dem Würfelspiel ergeben sein,
hazarl würfelspielrr heiszt :
iIh von (li;r arini; xclilclie
lip und si*'!!; z<; praiiilv
niuo{ iictziii ilort niil silinnde
ü( hatiühuricii ictianze. Martina 122, 33.
iih ngtnnamc wird Hasrliart im 14. und \:>. jahrh. zu Marburg
nachgeHvwn von Vilmaii 1.'>3.
2) das wnrt sriutnl nach der mhd. :nl in vergessenlirit tu
kommen und tauclU enl %m IT, jalirh. wieder auf; nun abtr
aufs neue als frcmdworl aus Frankreich eingeführt, mit der
bedeutung die das franz. hasard, hazari seil dem \5. Jahrhundert
entwickelt halte, wagnis, gefahr: dann ob ich schon .. laudl
und leute in hazai t gestellt, brief Christians v. Rralnschweig
ron 1024 in Sybels histor. zeilschr. bd. 23 ; unib dasz ich trotz
einem unter ihnen allen das herz hatte, etwas zu unter-
stehen und ins werk zu setzen , das die griiste lapfcrkeit
und verwegenste hazanle erfordert. Simpl. 2,46 Kurz; es ist
ein groszer hazard , res est magni periculi Hederich 1231 ; in
Obersachsen wird das wort noch als adjectiv in diesem sinne ge-
braucht: ein hasarder {verwegener, derb drauf geltender) manu.
3) neu ist die bedeutung glücksspiel, namentlich in der Ver-
bindung hasard spielen geteühnlich; vergl. hasardspiel.
4) das Volk hat hasard etymologisch an hasz angelehnt, und
braucht es, wol zunächst von der bedeutung 2 ausgehend, im
sinne von feindseligkeil: so in Franlien der hassard, die hassar-
digkeit, hasz, feindseligkeil, mit dem adj. hassardisch feindselig.
ScHM. 2,245; in Hessen: er bat das blosz aus hassard gethan,
blosz um seinen gehässigen neid an mir auszulassen, hat er mir
diesen schaden zugefügt. Vilmar 153.
HASARDIEREN, verb. wagen, in gefahr bringen, nach ha-
sard 2: auch nie beghert unib meinet willen landt und leute
zu hazardiren. brief Christians v. Rraünschweic von 1G24 in
Sybels hislor. zeilschr. bd. TS. rheinisch noch hasselieren, wagen
mit qefahr, besonders beim kartenspiel gebräuchlich. Kehrein 187.
HASARDSPIEL, n. nach hasard 3:
hasardspiel? pfui, dasz mich der hcrr hewalirc!
hol es der teufet — j.n, d.is sag ich frLsch !
ich werde morgen meine sechzig jähre,
und trat noch uicmals an den grünen lisch !
Freiligratu ylaubensliek, 119.
HASCH, inlerj. 1) eines sich räuspernden: hen, hen, eben,
hasch. Garg.ibi''; heu, haschehsaclikrach gzrenhen hasch. 155'.
2) die eile zu malen: hasch! den spiesz ihm zwischen die
rippen, da lag er. Göthe 8, 132.
HASCHA, inlerj.:
hascha, ihr nachhawrn und bawreti,
seit lustig und lasi euch nichts tnwruri.
Fadingcrlicä (lt)26) in Ijörrcs hisL-put.
blättern 33, 950 ;
hascha, wie ists heut so dunkel, das. 958.
HASCHEMANN, in. name für das spiel des haschens: ihr
könnet euch indessen einige erdbeeren pflücken, oder hasche-
mann spielen auf dem grasigten gestein. E. T. A. Hoffmann
9,245. — Dim. haschemännchen: die danien spielten hasche-
männchen. ammenmärclien (Weimar 17iil) 1,85.
HASCHEN, verb. capere, prehendere. unter erhaschen 3, 839
ist , da das worl im ahd. und mhd., ebenso in oberdeuti^hen
idiolUicn nicht bekannt ist, und erst siuitcr außaucht , entlehunng
aus den romanischen sprachen und Zusammenhang mil ilal. cac-
ciare , franz. chasser angedeutet. doch bliHben zwei fei ; und
leenn die nebenform hatschen , hülschen, die in erhiitschen
3, 840 erscheint, die ältere ist, aus der haschen erst verstümmelt
ward, so ist das worl wol ein echt deutsclies, und führt auf eine
iterativbildung von hassen , ahd. hajön, goth. Iiatan, Wiia aJid.
hajezan zurück, die später die sjnruns der ableitungssUbe va-
dickle, etwa wie muckschen aus früherem inuckezen, muckesen
sich erklärt , die ursjirüngliche bedeutung von liasscn ist ja ver-
folgen; s. unten hasz, balz und iietzen. der abslammung nach
liegt ab kaschen und kiiselicr (5, 247. 24s).
haschen «•»></ gebraucht:
1) transitiv von der ergreifung eines zufällig aufstoszenden gegen-
ständes: ich hasch rapio Alreris pl'; tut er aber eines an-
dren mannes arbait und vindet er den schätz so von ge-
schihtc {zufallig), so hasche er es halb und gebe das ander
halb tail da es gehurt, richlsteig landr. 2, U bei Senkenberü
for/i. jur. germ. 2,212; noch bei Witi.ANii:
indi>5sen hAtlc gcwisz der grosze Kcmosthen
in dirscin lalltt so gut d(^iii kiialieii aliiilicli gesohlt,
der liliiiucii brach und eine iiiiitrr liaschti*,
nU Anindis. 4, 102 {neuer Ainuit. 7, 24).
2) von der ergreifung eines gcfanijenen nor/« voraustiehendrr
Verfolgung: daruiiib haschen, henken, morden, geiszeln,
creutzigcn Christum die >Viltciubcrger, Ldtiikh .*), 5o'; die
jiiden, Ro Christum im garten wollten hasschen. 4, 4UI*; da
JemiK nu merket , das sie koinen würden , und in haschen
(gnrrh. mma^ni; ijolh. vilvan), das sie in zum L<inig marhien,
entweich er aberinal. Ju/i. 0, ir>; sie haben den dieb geb:i>rhl,
deprehentui est für, in cuilodiam miserunt praedonem. Stikllr
525
HASCHEN
HASCHER — HASE
526
778; fliegen haschen, capere muscas das.; eine katze, wie
solche mit einer von ihr gefangenen mausz spiele ... sie
bald ein wenig laufen lasse, bald nieder hasche. Wesenigk
böse spielsieben (1702) s. 9 ; haschet, haschet doch jenen grösztcn
schelni. Felsenb.-i,ill; und lieber wollt ich, wie meine katze,
mir zum frühstück ein paar mause haschen. Kotzebce dram.
spiele 1, 308 ;
auf der nieerfluth
fuhren wir hurtig im schifl", die heilige früh erwartend,
unruhvoli, wo wir etwa Telemachos haschten und meuchlings
tödtelen. Odyssee 16, 369.
3) in gleichem , aber gemildertem sinne, so dasz das erbiUerlc
und strenge der Verfolgung wegfällt: wir füllen diesen korb mit
biumen, setzen Amorn drauf, und tragen ihn nach hause,
und sagen, dasz wir ihn unter den biumen gehascht haben.
\AiELASD 10, 52; Gastchen, die einen Schmetterling haschen
will. KoTZEBUE dram. sp. l, 8i; ich hasche dich doch. Güthk
14, 293 ; da hascht er mich — und kitzelte mich. s. 297 ;
gaukelnd hi'ipf ich dahin, hasche den Schmetterling,
der am busen der rose trinkt. Hölty 73 Halm;
und haschen will ich, nymphe, dich,
im tiefen waldgebüsch. Göthe 2, 187.
ein gesellschaftsspiel ist sich untereinander haschen, vergl. hasche-
mann :
Indes die Schnitter und mädchen
ihre kleider suchten, sich haschten, und scherzten, und sangen.
Hölty 40 Halm.
4) in bezug auf dinge: er haechte ihre band und drückte
einen kuss darauf; er sprang nach dem garten und haschte
unterwegs nur etwas von der vorkost, die der diener für die
gaste brachte. Göthe 21,93; wer auf trewme helt, der greift
nach dem schatten und wil den wind hasschen. Sir. 34,2;
aber sobald aufstrebte der greis, mit den bänden sie haschend
(die fruchte),
schwang ein stürmender wind sie empor zu den schattigen wölken.
Odyssee 11,591;
da hasch ich heute
schnell reim auf reim
für meinen Gleim. GöKincK 1, 177;
übertragen und unsinnlicher: wartet in geduld solche augen-
blicke ab, und haschet sie, wenn sie kommen. Wieland
8,38; dieses bunte lotto des lebens , worein so mancher
seine Unschuld und seinen himmel setzt, einen treffer zu
haschen. Schiller räuber 3, 2 ; dein weigern ist das signal,
das die provinzen mit einmal zu den wafTen ruft , das jede
grausamkeit rechtfertigt, wozu Spanien von jeher nur gern
den vorwand gehascht hat. Göthe 8,223;
drum hasch die freuden, eh sie der stürm verweht.
HöLTi 106 Halm ;
die weit wird nie das glück erlauben,
als beute wird es nur gehascht. Schiller das geheimnis;
dasz man begierig diesen vorwand hascht. Piccol. 2, 7 ;
die mahlerei hat . . den andern
das neidenswerthe amt hinweg gehascht. Röckert 65.
5) haschen aucli intransitiv, wo dann das wort weniger die
ergreifung, als die Verfolgung licrvorhebt:
und hascht, und sucht und findet immer,
doch ach ! sich selber findt er nicht.
Arndt gcd. (1840) 46.5;
mit der praep. nach verbunden: er haschte nach der fliege,
ohne sie zu fangen; er hascht vergebens nach dem glücke;
wenn sie nacb entfernten und immer entferntem tropen
haschen, so wird es baarer unsinn. Göthe 6, 105.
6) Stieler kennt haschen aucli als euphemismus für stehlen,
dam surripere, furari. 778; seinem nachbar die hüner haschen,
vicini gallinis insidiari das.
HASCHEN, n. dimin. von hase, lepusculus. Steinbach 1,704.
1) im eigentlichen sinne:
sasz ein häsclien in dem strausz,
guckt mit seinen äuglein raus, liinderlied;
die insolvente bevölkerungszunft, die für ihr haschen gern
ein gräschen auf fremdem grund und boden pflückt. MusÄus
kindeikl. 3 ; — namentlicli auch in der redensart : mich lial ein
haschen geleckt, es iä mir etwas angenehmes widerfahren
(s. unten hase 1 sp. 528).
2) bildlich von einem jungen midchen, einem närrchen vergl.
hase 2,b: > v •
und nun wird das gute häsgen
als ein spoii der stadl ßenannt,
well sie ihr verliebtes nasgen
vor der z.-it zu hoch gespannt. Picander 3, 325.
3) haschen für narrheil {vergl. hase 2, b am ende) : wenn
jemand aus liebe einöden sucht, mit dem monde im ernst
plaudert, so steckt gewiss das haschen irgendwo im köpf,
denn eine Schwachheit steht selten allein. Lichtenberg schißen
1,131 {über die macht der liebe).
4) haschen für eine lustige anecdote, schnurre: ein haschen
erzählen, s. hase 3.
HASCHER, HÄSCHER, m. l) allgemein der etwas hascht:
hascher, captator, interceptor, prensans Stieler 778 , mit dem
fem. hascherin, mulier surripiens ; es ist auch gar kein wunder,
wenn der hascher neuer reime in niedrige regionen geräth.
Rürger 348*. mit umlaut: der greifende hascher {von einem
knaben der haschen spielt). J. Paul uns. löge 1, 97.
2) die umgelautete form hascher für büttel, gerichtsdiener,
Stadiknecht {nach haschen 2), scheint vor dem n . jahrh. nicitt im
schwänge zu sein: hascher lictor Schottel 1334; die stadt-
knechte, nicht mehr mit dem altteutschen amtsnamen hascher
zufrieden, med. maulaffe , vorr.; da standen plötzlich acht
Juden und sechzehn hascher, denn jeder Jude hatte sich
zwei hüscher auf den leib gcmiethet, vor dem seligen paare.
Immermann Münchh. l, 61 ;
kein hascher, kein pedell soll deine freude stören.
Zachariä 1, 53 (renommist, 2. ges.);
ein junger hascher sprach: berr, ein hocbedler rath
vertrauet unserra arm die Sicherheit der Stadt,
wenn die Studenten schrein, und durch die straszen stürmen,
ziehn wir gewafnet aus, die ruhe zu beschirmen. 1, 128;
ihn schlugen die hascher in bände. Schiller bürgschafi .
übertragen der singende hascher von einem lockvogel bei der
vugelstellerei. J. Paul leben Fibels 14. Sprichwort: einen zeitigen
dieb erleuft ein hinkender hascher, dum piram maluruit,
decidit vel in cocnum. Stieler 778.
HÄSCHEREI, f. die gesamlheil der hascher: da begegnete
mir Crispin , der bargell, mit seiner ganzen häscherei und
sagte : du bist ein gefangener des pabstes ! Göthe 34, 305.
HÄSCHERHAFT, adj. und adv. liclorius , more liclorum.
Frisch l, 42 o'.
HÄSCHERHÖHLE, f. lidorum lalibulum:
und wenn dein tapfrer arm nichts mehr zu schlagen weis,
so geb ich dir zum stürm die häscherhöhle preis.
Zacuariä 1, 53;
so gieng er denn beherzt zur dunklen bäscherhöble. 1,126.
HÄSCHERLOCH , n. der aufcnthall der hascher und ilner
gefangenen, wachlstube, gefängnis : er gieng um das bescherloch
herum. Chr. Weise kl. leute 174.
HÄSCHERMÄSZIG , adj. und adv. more liclorum. Frisch
1, 420'.
HÄSCHERPACK, n.:
warum sollt ich denn nun nicht so verwegen sein,
und diesem bäscherpack in eigner wohnung dräun?
Zacuariä 1, 123.
HÄSCHERROTTE, f. lidorum, accensorum, satellilum, lora-
riorum decuria. Stieler 1619.
HÄSCHERSCHAAR, f. :
wo wohnt die häscherschaar, das schrecken aller feigen?
Zachariä 1, 121.
HÄSCHERSFRAU, f. frau eines hdschers : eine alte häschers-
frau. Chr Weise A7. letäe 350.
HÄSCHERSKIND, n. kind eines Häschers: häschcrskinder
sein drüm nicht unehrlich, lidorum liberi viles quidem sunt,
sed non infames. Stieler 778.
HÄSCHERSTÜBE, f. wachlstube der hascher. Frisch 1, 420';
die häscherstube gleicht dem finstern höllenreich.
Zachariä 1, 122.
HÄSCHERWACHE, f.:
er ist in sie verliebt, er stürmt zehn bäscherwachen,
wenn es ihr mund bcnehlt. Zachariä 1, 101.
HASCHUNG, f. das haschen, ergreifen : bhi erscheinung der
gelegenheit ist die iiaschung nötig, tenenda et amplectenda,
non rcmittenda est occasio. Stiei.er 778.
HASE, m. lepus. ahd. haso, ags. hara, aün. heri, schwed.
dän. engl, hare, nl. haese, haas, mlid. hase, im nhd. auch mit
vertust des auslaules has, haas: der hasz leptis Maaler 212*;
haas, dasypus, latine lepus Dasvp. ; nun wüschet der hasz auf
und lief dahin. Keisersbebg has im pf A7'; weitere belege
unten, die etymologisclien bezüge des Wortes sind noch unsiclier.
die Zusammenstellung desselben mit der würzet sanskr. 939 springen,
von der im altind. <;a<;a und 9a(;aka hase stammt, wie trefflich
auch dem sinne nach, entbehrt doch der vollen sic'nerhcit, da der
527
HASE
HASE
528
die sanskriltvtiizel schlieszende palatal vielmehr im dciilschen den
entsprechenden hauchlaul verlangen würde, und die falle nur seilen
und unsicher sind, in denen im sansIcrU 9 init s wechselt, die
cntwickelung der bcdeutung könnte i/n itbrigen griech. ?,ay(öe
sliitzen, das sich ebenfalls von der wurzel lagli springen herleitet.
liase etymologisch mit linai' ztisammenzuslelten und ihn als das
haarige thier stt deuten, ist uillkürlirJi. das worl gilt
1) im eigenlliclien sinne von der gattung Icpus , in mancherlei
verschiedenen arten, die nach aufenthalt oder form durch com-
position unterschieden werden, alpeiihase, bergliase, liolzliase,
feldhase, sandhase, suiiipHiase, liruclihase, ZHcrghase «. ähnl.,
auch das k/ininclien gehört dazu: die kleinesl ardt der liasen
werdend künoly genenipl, ein vast schläckerliartig wildtpräl.
Forer thierb. (1583) C9'; der Läse widerkewel auch, aber er
spaltet die klawen niclil, darumb ist er euch unrein. 3 Mos.
11,0; das camel , der hase, und caninicben , die da wider-
kewen, und doch die klawen nicht spalten, sollen euch un-
rein sein. 5 Mos. 14, 7. der hase wird gejagt , s. hasenjagd,
auf iltn wird gelauszt, vergl. hasenlausze :
botz hock, heist das auf hasen lauszn?
sie schlalen lein siisz ohne sausn. Giluusius 81 ;
der erlegte hase wird gestreift , ihm das feil abgezogen. Frisch
1,420'; man musz den hasen nit ropl'en. Keisersberg /<«.'! tm
pf. Ff 5". die Jagdbarkeit des hasen ruft viele weidmännische aus-
drücke hervor: der haase ist geschwind, fährt, läuft, schreitet,
rammlet, setzet (heckl, vergl. satzhase) : garn und federgericht
werden ihme gestellet : wird von dem strick mit hunden ins
garn gehetzt, gefangen, gegnicket, erwürgt, zerrissen, ge-
streift, rümt, weidet, hat läger, balg, nicht haut, zwei Sprünge
und nicht füsze, das männicin wird der ramniler genannt.
Neuring hist.-polit. lex. (1730) anh. s. 94'; der hase .. wird
von denen hunden gerahmet, wenn sie ihn nemlich so ein-
holen, dasz er sich umwenden musz. öcon. lex. (1731) 932;
der hase macht einen ahsprung {springt auf die seile) , drückt
sich {legt sich auf die erde), macht ein männchen. das. 933 ;
den hasen bestättigen, heiszt bei den Jägern das lager eines
hasen umgehen, dasz er nicht entwischen kan. Frisch 1,42()';
seine ohren heiszen löffel, s. haseuschule. — In der thierfabel
eine grosze rolle spielend, sind ihm vom volke mancherlei namen
beigelegt, worüber J. Grimm Reinh. fuchs 109.235.246; wegen des
.^teil empor stehenden Schwanzes heiszt er auch wipars. allerh. seltz.
würme 89. der Volksglaube, der vielfach mit dem hasen sich
beschäftigt (Wuttke der deutsche vollcsabcrglaube 1869 s. 69. 186),
sagt wenn bei regenwetler erddämpfe aufsteigen, die hasen backen
küchlein, brot, eier (Kuhn zeitschr. 15,262); vgl. auch brauen l,
th. 2,322. die Ostereier hat der hase gelegt, läuft ein hase
fiber den weg, so bedeutet es zunächst eine unglückliche reise.
Steinbach 1,704, dann allgemein Unglück:
wann der liaasz lauft über den weg',
£0 ist Unglück schon auf dem stcg.
PisTORius tlies. par. 5, no. 71;
mir ahndete schon vorher, dasz mich auf der jagd ein mis-
geschick treffen würde; ein hase war mir über den weg
gelaufen. H. Heine l, 161.
Sprichwörter und redensarten. man sagt, kurze Ihorheit und
kleine hasen seien die besten. Scuuppius (t7ül) 291; er ist
kein heuriger hase mehr, incipil senescere. Serz 04'; die arbeil
ist kein hase, läuft nicht fort, sagt der zur arbeit unlustige;
da spitzt ich die ohren wie ein haas. a. m. im Tockenb. 4.5;
nun trat wieder ein schweigen von wohl einer stunde ein,
wahrend welcher zeit ich die äugen und ohren ofTcn hielt,
wie ein hase. Immebnan.'« Münchh. 2,120; aber jetzt stehen
sie bei ihren berren gleich wie der hase bei seinen jungen,
wenn die herrn in einer gelahr sind, so werfen sie das hasen-
panir auf, und geben die flucht. I'. Glaser gesindteufel (i,')C4)
Giij"; er stehet bei seinen woricn, wie ein has bei seinen
jungen. Duez 52; wenn Jesus nacher Cana zur hochzeit geht,
da ist er lieb: aber wenn er am olberg sich gefangen geben
will, da hält man bei ihm, wie der hase bei der tronimel,
da musz man uns binden und mit gewalt fortschleppen.
Otuü 1159; so war doch Chaumigrem wie ein haase bei der
drumin«! durchgegangen. Zicler Banise (1700) 245;
dann wenn man tulchl die mesucr aiinz,
un<l wil rnit xlreirheii zamniüii kommen,
•lelie ich wie der ha.tz vor der irumroen.
Athr* :t:i9' (1702, 20 Kettrr);
ir wolt mir noch all |>ni geslan,
aU die baten pei den banden ouf der pan.
fa*ln. $p. «38. 81
forchtsaamer dann ein haasz. Henisch 1173,36; er laurel,
er schläft wie ein has. Frank .ipr. 2,17*; mit offnen äugen
schlafen wie ein hase, vergl. hasenschlaf;
und (loch doch alü die hasen thCin.
Brakt narrensch. 56, 26;
wie der hasz furcht den hund. mückenkr. 1,743;
ein gedächtnis haben wie ein hase, sehr vergeszlich sein; der
hase gilt für dumm, daher: er ist mit einem hasen überzogen
und mit einem narren gefüttert. Dcez 64, vgl. unten no.2,b;
der haasz ist gern, da er geheckt wird. Garg. 2ii0"; wo der
haas geheckt ist, da sitzt er gern. Riehl culturgesch. nov. 401 ;
mich hat ein hase geleckt sagt man wenn einem etwas ange-
nehmes oder schmeiclielhapes widerfahren ist, vielleicht mit anklang
an den Volksglauben , dasz der hase seinen jungen eine zierliche
gestalt durch lecken hervorbringe (Forer thierb. 69*): dieser ver-
meinte alsobald, es hätte ihn ein hase geleckt. Lolivetta
das teutsche gespenst {Leipzig 1684) 153; er ritte darauf seine
slrasze, da ich inzwischen dachte, es hätte mich ein hase
geleckt. Darbennime 12; wcnns an der grösze gelegen, so
köndte die kuh einen hasen erjagen. Schottel 1141'; wer
zwei hasen zugleich hetzen will , der fanget gar keinen.
PisTORius Utes. par. 7, 26 ;
wer jagen will, und u(T ein .stund
zwen hasen vohcn mit eim hund,
dem wurd ettwan kura einer wol.
Braut narrensch. 18, 8;
einen hasen in die küche jagen, leporem alicui excitare, lucri
faciendi facullatem praebere , hierum certum objicere. Sehz 64' ;
so dachte ich, ihr albernen leute, wer weisz wo hase lauft,
sie werden anderwerts wohl auch brod und wasser haben,
als eben in Gerana unw. doct. 358; bei unsern reisecompan
war aber nebenst seiner Ihorheit noch eine vorsichtige klug-
heit, und merkte bald, wo hase liefe. 454; noch heule: wir
wollen erst sehen, wo hase {seltener mit artikel: der hase)
läuft, wie swh die sache gestattet; unter laufübungen der kinder
stellt auch des hasens laufen. Garg. 178'; einen hasen erlaufen,
fangen , ein glück erhaschen : der Junker wirdt fro, vermeinet
er hab ein hasen erlaufen. Kalziporus (1558) k5'; wie die
kaufleute sonsten meinen , einen hasen gefangen zu haben,
wann sie ein musenkind bei einer buhlerin auszzuwippen
vermögen. Happel acad. rem. 330; auch in bezng auf einen
gemächlich gehenden: er wil keinen haasen erlaufen. Schottel
1121'; von einem betrogenen: der has ist im garn. Lehmann
107; ruf nicht haasz er sei dann gefangen. 183; were er
einem hasen so ähnlich, als eim narren, die hunde betten
ihn lengst zerrissen. Agr. spr. (1560) 66'; vil hund seind der
hasen todt. 97';
die zcislein von der eulen den tod musz dolea,
vil hund sein der hasen tot. fasln, sp. 538, 29;
gotl weisz, ob er nicht gar lateinisch schreibt, um Klotzen
wie den hasen im lager anzugreifen. NicoiJki bei Lbssinc
13,225; merken wo der hase liegt, besclieid wissen, merken,
wo es hinaus will; ha, ha, nun merk ich wo der hase liegt,
für wen seht ihr mich an ? A. Grypuius (1698) 1, 771 ; wollte . .
gern zeigen , dasz er ein wenig mehr von literatur verstehe
und da wisse, wo der haase liegt, als andere Wiener. J. Paul
Titan 1,128; der wildmeistcr, welcher doch sonst, wie er
sagte, wisse, wo der hase liegt, leb. Fibels 174; fürslen müssen
auch . . lunte riechen und immer wissen, wo der hase liegt.
kämet 2,14; sobald unsere avanigarde den erwähnten gipfel
erreicht hatte, ging ein entsetzlicher musketenhagel an, und
nun merkten wir erst, wo der has im siroh lag. a. m. im
Tockenb. 149;
wie wol man ioz den braten schmeck
und wo der hus li|; in der heck.
ScHADK sal. H. ptt»qu. 3, 117, 37.
in bezug auf den zum essen bereiteten hasen : keiner aber weisz,
wo der liaas im pfeQ'er ligt, als der ihn angericht oder helfe
essen. pHiLANntR 1,516; so bald er aber merkte, wo der baat
im plelTcr lag. Simpl. 1,11s Kurz;
verloNxend «ich, dan n\e. ilns recht
wol hUfccn, dan et nii hlib Nchiccht,
dI» ob !■» wer ein wachüin niiit,
nil denkend, dasz sy ^ini) der hns,
dor in der iichriber pfcircr kitni {kommt).
IIrakt narrvnurh. 71, 11.
der umstand, dasz mnn pfelTcr für britlie, tauce nicht mehr ver-
sltlii, vrranlasit eine enliulung der redensart: da mtzl der hase
im pfcfTer, hur haperlt, hängls; ionst henzl es da liegt der hue
529
HASE
HASE — HASEL AKT
530
im haidel, in liito est, haeret. Serz 64'; da liegt der haas im
pfeffer. Schiller kab. u. liebe l, 1 ; dasz ilin {plur.) der köpf
wackelt, wie ein hasz am sattel. Garg. 205", gemeinl isl der
erlegte hasc, der am saitel des ja^drosses hängt;
ich will den hasen im wol spicken,
das er den tod daran sol schlicken.
H. Sachs 3, 1, 137".
2) der hase dient, nacli besonders in die äugen fallenden eigcn-
schaßen, auch als bild für menschen,
a) für den muUosen, fägling:
ir sint eines hasen genöj. a. lieinr. 1133;
gegen den armen ist er knüj,
und gar ein hase des miiotes iij.
Haupts zcilschr. 8, 557, 244.
wollt ihr noch nicht anpacken, ihr hasen? wie sie dastehn !
Fr. Müller 2,107; um gottcswillen, herr, sein sie doch kein
haase und stoszen sie ihm derb aufs leder. J. Paul Titan
1,126;
allein die Trojer hatten sich
umschauzt bis an die nasen,
diesz war dem Turnus ärgerlich,
drum hiesz er alle hasen.
Blumauer Aencis 3, 151.
auch in der zusanunenselznng banghase: man musz so kein
lianghase sein, sondern allemahl ein bestendiges standhaftes
herz haben, briefc des Hamb. bürgerm. J. Schulte an seinen söhn
(1681) s. 22. hase in der lex salica ein zu büszendes Schimpf-
wort: si quis alterum Jepore clamaverit. ed. Merkel 17, 15.
hierher fällt auch eine umschreibende redcnsarl, den hasen in
den busen bekommen, feig werden: denn die feinde stunden
auf flüchtigem fusz und bekamen den hasen inn busen.
Mathesiüs Sar. 22';
der has schlupft in in bösen. Soltatj 374.
b) für einen wunderlichen menschen, einen albernen, einen
gecken ist hase seil dem 16. jahrh. viel verwandt; in diesem ist
es gebräuchlich, moralische gebrechen unter dem bilde eines hasen
vorzustellen und zu geiszeln, vergl. Zar.>xke einleitung zum narren-
schiff 95. 114/: {in andenn sinne noch J5« Keisersbergs traclat:
ain gaistliche bedeütung des beszlins 1510 geschrieben, in
welchem die klosterleutc viit einem hasen in den verschiedenen
f hasen seines lebens verglichen werden), von hier aus bilden sich
auch seit jener zeit die Wörter haserei , haselieren , haselicrer,
die mit ihren fremden endungen ein gelehrtes geu-and tragen,
gerade wie jenes bild vorzugsweise in gelehrt-satirischen dichlungen
ausgeführt wurde, er ist ein rechter hase, stolidus et simplex
est homo. Stieler 781; Hans Hase, lapis, stipes, caudex, bardus
das.; ei, das mus ein werklicher hase sein. H. J. v. Braun-
scHWEic 519; des mus ich lachen, das wir so einen feinen
hasen hier bekommen haben {einen narren). 520 ; ich bin nun
eine gute weile zu hofe gewesen, und habe manchen wunder-
lichen hasen und leimslenger gesehen, aber seines gleichen
ist mir noch nicht vorkommen, habe auch mein lebtagc
solche grosze und schreckliche lugen nicht gehöret. 548;
ich weisz nicht was groszer Lcrren kinder für ein sonder-
liches Unglück haben, dasz sie gemeiniglich pedante zu prae-
ceptorn bekommen, welche sie lehren subtile garn stricken
welche zu nichts anders nütz sind, als dasz man lateinische
hasen und schulfüchs damit fange. Schlppius 81; alle die
unvorsichtig etwas handelten, liasii tiluliret worden. 530; so
sehr hat sie meine parthei genommen, und mich wider den
jungen hasen vcrthcidigt. Gellert 3, 310; alle freier, die
ich gehabt habe, waren Iheils eitle verliebte hasen, theils
eigennützige niederträchtige seelen. Lessing 2, 305; ist doch
ein wunderlicher hase, der Schulmeister. Fr. Müller 1,233-
zum Unglück für unsern guten dramatisierenden hasen. J.Paul
uns, löge 2, 194 ;
musz sie auf diligencen, packelbooten
von jedem schulfüchs, jedem hasen
kunsirichterlich sich mustern lassen.
Schiller 26 (die berühmte frau).
die bedculung stuft sich ab zu der schalksnarr, schalk: unser
sausewind aber, aller hasen groszvater. lUsr friedew. Teutsch-
land 139. — Die narrhett umschreibende redensarlen: sie merket
na nsch se,l H. J. v. Braunschweig 543; ich glaube es se
kein inensch ,n der well, der nicht einen hasen im busen
habe. &.„.;,/. ,3 0 ^„,,. ie,, ^.,, „j,,, ^.^ schrecklich junger
na dasz ich den hasen so laufen liesz. ...290; wisset dasz
ed.i einen hasen im busen trage und nehre. Schuppius 530;
.ch^vermemele, dasz solliche leule entweder gar unsinnig
oder doch zum wenigsten an einem rohen hasen sich krank
gefressen hellen. B. Armati rettung Dviij'; die ganze com-
pagnie, so seinen hasen merkte, ermangelte nicht, um ihre
lust mit ihm zu haben, ihr bezeigen darnach einzurichten
und ihn über alle götter der alten zu erheben, begebenh. derer
heilen officiers auf Werbungen l, 51. vgl. auch bönhase 2, 237.
3) an die vorige bedeütung angeschlossen dient hase als bild
für eine schnurre, einen närrischen, lustigen streich: Bachmann,
dem, von vorigen zeiten her, fast alle tag hünd und hasen
wieder in den sinn stiegen, a. m. im Tockenb. 157 ; aus furcht
vor der persifllage der dame, die er allmählich verstehen
lernte, liesz er immer seltner einen von den hasen springen,
deren sein köpf voll war. Siegfr. v. Lindenb. 4, 192 ; in ver-
blasztem sinne: sie lieszen einen hasen nach dem andern
laufen (diesz war unsre sprüchwürtliche redensart, wenn ein
gespräch sollte unterbrochen und auf einen andern gegen-
ständ sollte gelenkt werden), allein es wollte nichts ver-
fangen. Göthe 24, 253.
4) der fliegende hase, erdhasc, springhase, mus jaculus,
springratze. Nemnich 3, 653.
5) hase, gelber {blanker) wein : {der Hausfreund) hat seitdem
schon manches täublein mit ihm verzehrt und schon manches
schöpplein mit ihm herausgemacht, fuchs oder has. Hebel
werke (1853) 3, 133.
6) hase, dachtraufe: grunda druppe /. hase Dief. 270'.
7) in Leipzig häszl hase die am rollwagen angebrachte schrot-
Iciter: die sogenannten hasen, d. h. die am hintertheile des
Wagens befestigten schrotleitern. Leipziger tageblatl 1855, no. 57.
8) hase, im Elsasz, ein milchbrOdchcn, welches zu den kirch-
weihen und auf neujahr gebacken wird, auch schneckle; von
der form so genannt. Fromm. 4,474.
9) der gespickte hase war ein torturwcrkzeug. Adelung.
10) hase heiszt endlich auch ein Sternbild am südlichen himmel:
lepus, der hase, ist ein gestirn gegen mitlag, unter den knien
des Orions. HCbner handl.-lex. (1722) 1067.
HÄSE, HÄS, n. die vorderbldtler des hasen; s. fürhäs, vorhäs
und gehäse.
HÄSE, f. das Weibchen der vügeL Nemnich. wol aus der
mittel- und niederdeutschen pronominalform he er movicrt. auch
in der formet häsel (Jacobsson l, 490').
HASEKUH, f. zunächst das weibliche kaninchen, dann auch
allgemein und ohne geschlechtliche bezichungen vom kaninchen über-
haupt; so im Hennebergischen. Fromm. 4,314. Nemnich hat hase-
kühle, hasekülle für kaninchen. s. hasenkühlein.
HASEL, f, ahd. basal masc. und hasala fem., mhd. hasel.
1) die haselstaude, corylus : Jacob aber nam stehe von grünen
papelnbawm, haseln , und castaneea, und schelet weisze
streife daran, l Mos. 30, 37 ;
wir andern ruhen indesz hier
harmlos unter der hasel, die voll grosztraubiger nüsse
um uns wölbt ihr gezweig. Voss Luise s. 8.
bei Stieler auch masc. : wilder hasel, corylus sylvestris 781 ; in
umgclauletcr form häsel:
under ein heseln sich bgab,
die nüsz daselben aufzulesen.
B. Waluis Esop 4, 88, 6.
2) auch die einzelne gerle einer solchen slaude, liaselrule:
mhd. ei (das kind) bringet birche noch diu hasel
mit siegen nimer da zuo
da? ej edellichen tuo. Ilelbling 15, 202 ;
nlid. da kam und vertrieb mir das faseln
der vater mit biegsamen haseln. Skuhe ged. s. 186.
Die mythischen bezüge der hasel sind mehrfach; sie dient nament-
lich als wünschelride oder springwurzel (Kuhn herabkunft des
feuers 22' fg.). dieser umstand ist geeignet, die etymologische Ver-
wandtschaft zwischen hasel und hase zu bezeugen und die zu
letzterem warte sp. 520 gegebenen etymologischen vernnäungen zu
stützen, auch dasz die hasel erotische bedeütung hat (in die
haseln gehen heiszt liebeln. Wolfs zeitsdir. f deutsche mythol.
3, 90) fügt sich dem; die zu gründe liegende wurzel 939 sjiringen
wäre dann auf das geschlechtliche bezogen.
HASEL, /■. ein fisch, s. Iiassel.
HASELANT, m. derjenige der haselierl, sich als narr, geck
prahlhans gebärdet {s. hase 2,b sp. 529): ist denn wahr . '
dasz dieses haselanten frau etwas schönes an sich haben sol *>
irrgarten 307; ein haselant seiner grösze. J. Paul uns. löge
1,180; unser satirisches Jagdzeug ist weit weniger für die
hohe jagd, als für die niedern der hasen, hasenfüszc, hase-
34
im
HASELBAUM — HASELHUHN
H ASELIEREN — HASELN
532
(iinten und liönhascn cingerirhlel. grönl. proc. 2, hS ; dasz
auch solche haselanten im hesilze widiliger tabrikgeheimnisse
sciu küniien. Immebmann Nüuchli. 3, 120;
allein der alle,
der Clemens — wie ein junt;er haselant,
so wie ein kohlenbrenncr, wie der tenl'cl
(frott sieh uns hei) aicUi er drinii in dei' stuhe,
gesit'lit und handc giuiz mit rusz gefärbt. Tieck 1,3".
fiir das 17. jahrhnvilcrl ül stall dessen dk form haselarius be-
zeugt. Stieler "Sl.
IIASELHAUM, »». corylus:
corutus sit baselboum, fagus buoch tibi signat.
HiiiipU zcitüchr. ö, 415, 70;
coriilus haselhaum, haselnhaum Dief. 1ö3'; avellanus hassel-
banni tHt'; liaselbauni coiilus vel curulus, .i. avellanus voc.inc.
Üieul. i 2'. das worl isl uns im ganzen selten , weil die hasel
getviihnlich nieltl zu baumhnhe und form lieramriichst : liasel-
staude oder haseislrauch, welche billich unter das buschholz
gezahlet wird, weil sie nie zu einem sonderliclien stamme
kommet . . . denn die beiden groszen haselslauden oder vicl-
melir haselbäume [zu l'forzheim und Frankfurt a. M.) sind als
wunder der naiur anzuseilen und als auszerordenlliche und
seiir rare exempel hielier nicht zu ziehen, öcon. lex. (1731) 935.
HASELBIRNE, f. eine schlanke, birne von Iwrbem yeschmuck.
Nemnich. ave.-iperina haselbir Dief. 18',
HASELBLATT, n. blall vom haseislrauch:
unter jenem husch erklang
olt ein lied, das sie mir sang,
und ich auf dem hasellilatte
ilir erst vorgepliiren halte. Weisze jnhelhochz. 89.
HASELBOCK, m. eine schwammarl , boletus ramosissimus.
Nemnich 1, ti36.
HASELBUSCH,»». \) corylus, der haseislrauch. Hederich 1217.
2) das mit luiselbüschen bestandene erdreich, covylelum. Stieler
112. Dief. 153';
wie Wirbelwind am haselbusch
durch diirre bliitter rasselt. Bürger 15".
HASELEI , f. das haselieren {s. unten), ende des 16. jahrh.
erschien eine schriß: fragen und salzreden von der haselei.
rergl. hascrei.
HASELEICHE, f. quercus robur cum longo pediculo. Nemnich
4, llüti; aesculus latifolia Steinbach 1,318; sie heiszt bei Dief.
210' horseleiciie esculus.
HASELGEBÜSCH, «. buschwcrk von liaseln:
nur der güldene bäinnierliiig sitzt auf dem haselgebiische.
Zacuariä Intjuszeüen (1757) s. 40.
HASELGEFLÜGEL, n. colkäivbezeichnuny für die ha.'telhiihner.
.\nELU.NG.
HASELGEBTE, f. gerle eines haselsirauchs : (dasz der held der
i;eschichle) uachinillags um 4 ulir sich allemal eine lange hasel-
geile abdrehte und damit ein ochsenjunge wurde. J. Faul
uns. loije l,fi2; ich fragte nach dem iilleslen, und sie hatte
nur kaum gesagt, dasz er sich auf der wiese mit einem paar
gaiisen herumjage, als er gesprungen kam und dem zweiten
eine haselgerte mitbrachte. Gothe lö, 20.
HASELGESTÄUD, «. corykinm, ein ort da vil haselstauden
slon. Maalkr 212*.
HASELGESTKÄU("H, »1.; dieser hole iindenbanm , sainpt
heiumb siehenden dicken haselgeslrjiuche. Homhurg Ihild-
munda (lt.43l s. S2.
HASELHAHiNCHEN, n. eine käferarl , chrysomcla coryli.
Nennich.
HAsELHECKE, f. hecke aus hasetbü.schen : haselheckcn coryli
Alb. ff 2';
als ich von hanelhecken
mein |>(e,rd mir Hchnitt. Sams geil. (m03) s. 8.
HASELHOLZ, n. holz, wie es der ha.'ieldrauch liefert. GrtCH-
HAu»EN nul. veu. (1741) s. 1«7. dir nebenfurm haselnholz (Ja-
«.oBBsoN 2, 224*) nt aus zusaunnenriickung des adj. hascin mit
hol/, entstanden und steht für hasrines holz.
HASKLHIILN, n. tctnw Imnasm. Nemnich 4. 1440; letran
laijo/ius weiszes haselhuhn, Schneehuhn 1442. ahd. hasilhuon,
iiUuge , itjMiralus Graff 4, 0'ifl; altagen haselhiin, hasselhnn
lliEf. .'>ft'; liceJula hahelhoni; 2.33*; mullis haselhiin, hilsrih(ui
37u'; tparulu» liaseUnlti .'>44'; haselhiin uttega , aliqui dieitnt
urnix iJrm. roc. nie. theiil. i 2" ; die verschiedenen hüeinisclwn
lirurimuniim ijrtini d(xli immer auf tHiir Ihierarl in mancherlei
Kiiuialrn: einen langen niillag ... bei groxzeii krebften und
^.1, ...... I.. , 11. . .),,,,, I II Tril H*1H I' '• " ;
so führet sie ihn heim, und setzt den tisch bald voll
mit speisen die sein liofl' und iandgnt selber traget:
ein cier oder drei, die jetzt erst sein geleget,
die benne selbst darzu, ein Irische.s huselhun,
nach dem die bürger sonst die finger lecken thun.
Opitz 1, 13S.
HASELIEREN, verb. sich tiwricht, geckenhaft, auch prahlend-
närrisch gebeiden. ein mhd. iiaseliercn führt Gri.mm kl. scliri/ten
1,357 an und stellt es zu fiunz. iiarceler, tourmenter, inquieler
par de petites mais de frequentes altaques (Littre I, 1980').
Ihatsaclie üt, dasz das haselieren, was seit ende des 10. oder
dem 17. jahrh. erscheint, sich an liase, nair, thor anlehnt, vergl.
Jus s;). 529 gesagte, ferner liäseln, haselei, haserei und basieren,
haseliren, nugari, insipidum esse, desipere, insanire Stieler 781
mit dem adj. haselirisch desipiens, fatuus, und dem suhst. hase-
iirung ineptiac , fatuitas , insulsilas ; indem er viele spräche
redete, hierbei aber hasciierte er gar gewaltig, sodasz die
ofliciers . . . gemeiniglich einen narren aus ihm machten.
Irrgarten 303; er war ungemein gern lustig oder auf deutsch
zu .sagen, er haselierte gern, das.; kam Ernesli wiederum zu
jenen, und haselirle noch iirger. Salinde 69; jedoch war in
seiner auffiihiung ganz nichts pedanlisclies oder haselirendcs.
Felscnb. 2,236; dasz leule darum aiige;iehin und wohlgelitten
werden konnten, weil sie viel haseliren. J. E. Schlegel 3,26«;
Mephistopheles . . . haseiirt da breit in den tag hinein. Fr.
Müller 2, ll; in der form iiasilieren: liasiliren nugari, »ii/-/u.v
agcrc, nugas garrirc. HEOERiCii 1217; soii'il kanst du eben so
put hasiliren auf deutsch, als alle griechische und lateinische
poeten. reime dich (1673) s. 21. von den possierliclien Sprüngen
der hauen gesagt:
kaum kaiui der hohe storch zum froschfang ausspazicrcn,
kaum können hasen selbst im busche haseliereii,
so wird auch jener (ein liasu) gleich die lOll'el ängstlich rühren.
Hagedorn 2, 123.
Wieland braucht das wort in der modificierten bedeulung verliebt
tändeln: frau Beatrix ist nicht halb so spröde als sie aus-
sieht, wenn sie schon nicht dergleichen tlint, so hat sies
doch gern, wenn man ein wenig mit ihr haseiirt. 12,212; bei
Schiller hetszl es lärm machen, sich toll geberden: itzt pfeil
ich, und meine Iterls drauszen fangen an zu stürmen und
zu hasselicren , als kam der jüngste tag, und hinein mit
bestialischem gepolter in die zellen der Schwestern, raulm-
2,3; bei Kehrein hasselieren schelten, schimpfen 187; Schweiz.
haselieren prahlen, toben, schwelgen. Stalder 2, 23 ; in Appenzell
haselieia, in groben ausdrücken den Unwillen äuszern. Tobler
258" ; alles ausläufer der im einyang gegebenen allgemeinen be-
deulung.
HÄSELING, m. ein fisch, s. hassel und häszling.
HASELRATZE, f blfdenkolbe der Imel (s. kiitzcheii 5, 2S0) :
er {der birkenbaum) trüget zum saanien ein laiiglichtes gliick-
lein , in forme der iiaselkatzen. Güciiiiaijsen not. ven. (1741)
175. dimin. Iiaselkiitzchen, viel häufiger gelnauchl, rerstiimmi-ll
hasenkalzchen ; haselkatzlein jm/h.i; Stieler 935; lange runde
zäpflein, welche man auch hasenkätzleiii nennet, iicon. lex. d3r>.
HASELKAÜZE, /. haselkätzrhen ; s. unter kauz 5,370. dim.
haselkfinzlein * .s. einen beleg unter haselzapfen.
HASELKOHLE, f. kohle aus haselholz ; namentlich zum seidinen
verwendet.
HASELLÄMMCHEN, n. haselkätzchen. Hermes .So/)/i. reiste
3, 279.
HASELMAUS, f myoxus (in mehreren arten). Nemmch 3, 6s7.
haseimaus, glis, sorex Stieler 1257; sorex, mus avellanarum.
haselmaiisz. Forer W//Vrft. (1583) llo"; bilchmausz, zysel, zysel-
maiisz, zys/mausz, grosze haseimaus/. lio'; groszc hasel-
inausz, glis Maaler 212'; liaselmans, iilis Alb. II 2'.
HASELM(»TTE, f. phahena coryli. Nemnich.
HASELN, HASELN, adj. von hasel, «i/n/. haselwi (Nkihhart
91, 3H) und iieselin : junge heseln soinnieiladen. »rn.W/i. 1, 527
{V. 14H3); kiline ein troinpeler von Ziirich dahariyten gegen
dem hiifen und paiinern, der biüchte an einem hasslnien
stoklin 5 absagbrief an «lie 5 ort wisende. berichl von der
Cajijiehchlacht (1531) v.J. 15S3 im gesehiehtsfrcund 7,207; niisz
eiin-ni stecken von liHselin holz. Seutkr rossarzn. 418; hüsz-
leiie Spane. IIohrerg 1,34s'; was wird weiler unter die husch-
hidzer gerechnet? das hnselne. Gochhahsen nol. ven. (1741)
20U; ein halber Vorhang an einem h.'lselnen Ht<ickcheii am
fenfller. C. F, Weiszk kom. upern 2, 211 ; (Ings ergriff er seinen
ha»elnfn slab, slipsz ihn lief in den ncker. MusAUii volkyni.
303. in gekürzter form : haszie colurnus Dasyp. ; lieselcr stuck
coraulinus rar. iur. Ihrul. U •>* ;
533
HASELN — HASELSCHOSZ
HASELSPINNER — HASELZAUN
534
so wil ich ir die hawt vol schirmen
mit einem gutea heslen str.b.
H. Sachs 4,3, 11«;
erwischt ein groben heseln stoct,
schlug seineu esel wol zur kühr.
B. Waldis Esop 1, 90, 44.
HASELN , verb. 1) sich närrisch geberden , haseiieren : wer
will es den verJiebten verargen, wenn sie schon unterweilen
ein wenig häseln: sie sind nicht bei sich selber. Birken
ostl. lorbeerhain 23. in Schmalkalden häsern, scherzen, leichten
mulieillen treiben. Vilmar 154.
2) wie ein hase knurren: allen diesen thieren {den hasen in
verschiedenen arten) ist ein gewisses knurren eigen . . . dasz
sich mit nachahmung dieses knurrens ('häseln') sogar Stein-
adler herbeilocken lassen , erfuhren wir . . selbst. Tscbüdi
thinleben d. Alpenwelt (1858) 201.
HASELNüSZ, /'. 1) die fruclil des hasehtrauchs, corylus. ahd.
basalnug avellana, amygdala; mhd. haselnuj «-6. 2,1,424';
haselnusz öi)(?//ana, est fruclus avellani. voc.inc.theul. i2' ; eine
rothe haselnusz, nux pontica Steisbacu 2,144; sy {die bitch-
mduse) sollend der haselnussen. oder eichlen von den buchen
geläben. Forer tliierb. (|5S3) 111". als bild des kleinen und
nichtigen viel gebraucht: ich geb dir nitt ein hon oder ein
has.'selnusz umb ein senlenz und umb ein urteil, wann du
mechtig bist und hilf hast, der urteil ein usztrack zegeben.
Keisersberg ilarie himelf. 3"; einem liebhaber der den vater
zu hülfe ruft, trau ich — erlauben sie — keine hohle hasel-
nusz zu. Schiller kab. u. liebe 1,2;
dann weiwasser und salz drei haselnusz wert.
Berner fasinachtssp. v. 1522 X iij '.
haselnüsse sind aber dem volke auch ein Sinnbild der fructd-
barkeü; gibt es in einem jähre riel nüsse, so werden viel kindcr
geboren. Lexer 135. vergl. oben hasel {sp. 530).
2) haselnusz auch der haselnüsse tragende Strauch selbst : hasel-
nusz und erle, .. diese beiden bäume, ohne welche kein
heimatlicher frühling, kein vaterländischer herbst gedacht
werden kann, natur 1869, 30S';
unter standen von haselnussen
auf weichem moos ein grünes zeit.
KoTZEBDK dram. sp. 1, 32.
3) haselnusz, eine conchilienarl , cypraea nucleus. ISemnich
2,1351.
HASELNÜSZFARBE. f. braune färbe, die aus Vermischung
von gelb, falb tind schwarz entsteht. Jacobsson 2, 224".
HaSELNUSZÖL. «..• dieses haselnuszöi, dessen man von
drei pfund geschälter nüsse ordentlich zwei pfund bekommt,
ist süsz, wie mandelöl. öcon. lex. (l73l) 937.
HASELNüSZSTAÜDE, /". haselstaude: die haselmausz wonet
... bei den haselnuszstauden. Forer thierb. (1583) un'.
HASELNÜSZSTRACCH, m. haselstrauch : der liaselnusz-
strauch ist der freund unsrer kindheit, und sehen wir ihn
und seine fruchte, so müssen wir ihrer gedenken, natur
my.K 31 o'.
HASELÖHRLEIN, n. eicitschwamm. öcon. lex. (1731) 938.
geirnhnticher hasenöhrlein, s. d.
HASELUL. «. oleum heraclinum, von haselholz. Frisch 1,421*.
HASELPFEi\.\L\G , m.: dar nach an dem donrestage ze
usgander oslerwochen, so so! ein iegelich nientag geben einen
üaselphenning. da sol der keller selbe dritte mit den hubern
gau und sont die selben phenninge zeren. weisth. 4,93 (Elsasz,
14. jalirh.). was ist gemeint?
HASKLRATTE, -RATZE, /". die grosze haselmaus, bilclmaus.
HASKLRITHE, f virgula ex corylo. Stieler 1597.
HASELSAFT. m. scherzhaß für prügel , weil die haselruthe
zum züchtigen dient: was, ihr diebsgesindel ! gleich bezahlt,
oder ich wdl euch mit grünem haselsaft waschen. Grimm
kinder- «. hausm. 1, 410; in der form häselnsaft, die wie haseln-
üolz {sp. 531) SU beurlhcilen ist :
wenn mans {,lie faulen) mit heselnsaft erquickt,
so Werdens zu der arbeit gschickt. R. Waldis Esop 4, 74, S3.
HASELSCHATTEN, m. ;
und Röschen, das auf wiesengrun
im haselschatten sasz. Höltt 15 Halm.
HA.SELSCHILDLAÜS, f. coecus coryli. Nemnich.
HASELSCfH.ÄFER, m. die grosze haselmans, bilchmans.
HASELSi.HOSZ, «. scJimzling eines haseUtrauches : w.ilte das
lach {Vieh) wyler gan, und yeniant das weren w.ilt der soll
iieminen ein hürigs haszieschosz und das füch darmit wenden
uetsth. 4, 339.
HASELSPLN.NER, m. phalaena coryli.
H.\SELSTAIIDE, /. haselstrauch, mhd. haselstöde: avellanus
haselstauden Dief. oo*; haselsluden voc. ine. theul. \i'; von
den haselstauden werden auch die Wünschelruthen, wordurch
man gänge und erze. schätze und anders finden will, ge-
schnitten, und zwar im frühling oder herbst, drei tage nach
dem neuen niond. öcon. lex. (1731) 937;
was sagt die weisze taube
auf jener haselstauden? Uhland votksl. 142;
sein pferdlein das tet im Sträuchen
wol über ein haselstauden. 147;
heil dir, o bach, der durch die grünen netze,
gewebt von haselstauden, llieszt. Hölit 125 Halm.
redensarlen : ich müste noch weit was vornehmers sein, denn
meine äugen die hätten mich schon verralhen. dasz ich aus
keiner haselstaude entsprungen wäre. Schelmuffsky i, 50 {vgl.
über die haselnusz als bild des geringen oben sp. 533); sie wollten
heim, die leut könnten sonst meinen, sie seien stürm und
redeten mit den haselstauden. J. Gotthelf bilder u. sagen 5, 13.
Mit haselslaude zusammengesetzt: haselslaudenbusch cory-
letum Hederich 1217; haselstauden kätzlin. Garg. 82*; hasel-
staudenkohle. öcon. lex. 936; haseistaudenrütlein. Botschky
kanzl. 454.
HASELSTAUDICHT, ad}.: ein haselstaudicbtes einjähriges
junges sprüslein. Butschky kauzl. 454.
HASELSTECKE.N, m. stecken von der hasel : des böhmischen
fürsten Priniisziai häselslecken. a. weiszii. lustg. 393.
HASELSTOCK, m. stock von der hasel: sodann bearbeitete
er (der Schulmeister) mit der rechten, in welcher der hasel-
stock war, das örtchen auf welchem man sonst ruhig sitzen
soll. Seume mein leben 2ü.
HASELSTRALCH, m. 1) corylus: haselstaude oder hasel-
strauch. öcon. lex. (1731) 935;
(wo ist) die ruthe, die ich nechst, als zwischen tag und nacht
die gleiche sonnen stund, aus vielen haselsträüchern
mit schwerer müh erkohr? {die wun'^chelruthc).
A. Grtphics 1698 1, 59.
2) haselstrauch, coryletum Stieler 2190.
HASELSZEPTER, n. der haselslock eines Schulmeisters: lierr
VVeyhrauch mit dem haselzepter cilirte den jungen primus
vor zum verhör und slandrecht. Sedme mein leben 19.
HASELTREüG, n. der trockne rücklasz der haselnüsse, wenn
öl aus ihnen gepreszt isl: es ist so eine beschwerliche zeit
gewesen, das die armuht das kaaf von leinsamen, haseltreig,
lindenknoppen und eichein zu brote gebrauchen muszte.
Chronik der stadl Plau (17. jaltrh.) in Lischs jakrb. /'. meklenb.
gesch. 17, 202.
HASELWALD, m. : was ich euch kerls noch will zusammen
wichsen lassen! 'nen ganzen hasehvald! Fr. Mijller 3,196.
HASELVV'ANZE. f. cimex coryli. Nem.nich.
HASELWICKLER, «1. phalaena avellana.
HASELWÜRM, m. 1) eine fabelhafte schlänge:
trat zu mir an ein alter bawr,
und der listige giftige lawr,
der haselwurm, und schlich daher,
als wenus ein groszer raeerahl wer,
mit einem harten spitzen schnabel,
mit hechiszeen und giftzungengabel,
oben fahlschwarz, unten gelbleich,
sähe dem leibhalten teule'l gleich.
froschmäHseter (1600) Pij';
in Kärnten eine weisze schlänge mit einem ringe am köpfe, der
zu gelde gelegt, dies nie abnehmen läszt. Lexer 260, was an die
Verwendung der hasel zum schälzeheben {sp. 530) erinnert; dänisch
hsslinger (Gründtvig gamle danske minder 2,113). boa, ein
lintworm oder basselworm. Thochus H 6* ;
kurz, lieber hätte sich einer mit drachen
und haselwürmern herum gezaust. VVieland 21,14.
2) anguis fragilis, blindschleiche. Nemmch 1,308.
HASELWURZ, f usarum. alid. hasilwurz; mhd. haselwurz
wb. 3,829*; haselwurz, perpensa , asarum Maaler 212*; un-
achte haselwurz, antirrhinum asarina Nemnich 1,358.
HASELWLRZEL, f. asarum europaeum. Jacobssoi» 6, 48*.
HASELZAPFEN, m. haselkätzdien : es stoszt runde gelbe
zäpflein herfür, wie die haselzapfen. Tabernaem. 1196. dim.
haselzäpflein : weil sie (die haseUtühner] die baselzäpfieio oder
küuzlein gerne genieszen. öcon. lex. (1731) 934.
HASELZALN, «..;
der brunnenröhre rauschen,
die scheur am haselzaun.
Matthissok gpti. (1794) s. 18.
34*
535
11 ÄSEN — II ASENBRECHER
HASENBROT — HASENFLSZ
536
HASEN, verb. furchtsam sein wie ein liasc, in der Zusammen-
setzung erliasen 3, 840. dann auch (nach hase 2, h sp. 529)
ineptirc. Stieler 781; es haset sich mit ihm ein wenig, von
adeo calliditale valet, hcbetiorem eum natura ßnxit. das.
HASEN, HASEN, adj. von hasen , mhd. hesln: leporinus,
leporeus heesen Diep. 324*; häsin, vom hasen, leporinus Maa-
I.ER 206'; häsin mit der nebenfurm hiiscin Stieler 781; häsin-
fell pellis leporina das. in rcdensarten: und weisz ja der herr,
dasz er . . mit einem häsinen pelzlappen gefährlich an den
köpf getroffen worden, dasz er fast alles gehirn drüber ver-
loren, kunst über alle künsle 40, 24. viel gebraucht tvar im
16. jahrh, in schweizerischen quellen ein häsener käse als bild
für etwas schwer zu erlangendes, aber auch etwas kostbares, letz-
teres wol darum, weil die hasenmilch als ganz dick galt (Forer
thierb. 69*):
ja wan alle rechten das podenkcn,
ein hessin kesz wil ich dir schenken.
Murner lulh. narr 2081 ;
sichstu dan einen bessern sich,
der mir nachfolgt und hört mich,
darum!) mit tugent zier sein leben;
einen hesznen'kesz wil ich dir geben, 3905;
Hans Schroid hat noch im hals ein hitz (geschmack)
vom häsin käsz den er Zürich gwan.
U. Eckstein concil bei Sclieible 8, 717;
der häsin käsz ist dir noch zschwär,
denn du bist göttlicher gschrift lär. s. 743.
HASENADLER, m. falco melanaetos, schwarzer adler. Nemnicii
2, 1580.
HASENAMPFER, m. oxys. Frisch 1,420'.
HASENAPFEL, m. der Borsdorfer apfel.
HASENART, f. l) eine arl, gallung innerhalb des hasen-
geschlechts.
2) art und weise der hasen : ist dann dein gelt hasenart,
welche zugleich geberen, andere jünger aufziehen, und sich
wider belaufen, so heiz dich der Lucifer. Garg. 191".
HASENASSEL, f. scolo})endra lagura, pinselschwanz. Nemmch
4, 1257.
HASENAUGE, n. 1) eine augenkrankheil : es ist eine art des
uberstülpens der augenlicde, welches geschiehet an den übern
augenlieden , das nennen elzliche erzte hasenaugcn , oder
hasenschlaf, bei den gelehrten Xaytofd'nXuia, leporinus
oculus genant, ist eine solche art, das die menschen die über
liede nicht können zulhun. Bakti.sch augendiensl (I5S3) 174.
2) eine pflanze, geum urbannm, oculus leporis. Nemnich 3,44.
HASENBALG, m. pellis Iqwrina. Stieler 85. in redensarlen:
trug den hut voller strauszfedern , aber ein hasenbalg zu
einem brusttuch (d. h. war furchtsam). Wickram roZ/w. 5l'; mit
einem hasenbalge gefüttert (rerrHcÜ, s. hase 2,6). Harnisch 134;
eine fastnachtskappc, eine narrendecke um deinen hasenbalg.
willu die leule zu gecken machen? kunst üb. alle künsle 1C3,4;
dadurch er (Homer) sich, der valer der lügen, so berühmt
gemacht , das ganze slädle sich untereinander gezerrel, und
umb den hasenbalg gezankel, nemlich, in welcher er geboren
worden seie. Sciiufpiüs 544 ; iiütlen sie deinen namen nicht
umgewendet wie einen hasenbalg. Holtei Lammfell (iO.
HASENBANNER, n.;
du steckst mit schnellem lauf
da.s hasenbuniier auf,
der Winter war vorhanden,
druin flohest du mit schänden. Opei. h. Conn 124,22.
s. hasenpanier.
HASEN RAU, m.:
doch lockte mit gebelfer
vielleicht, nm lernen hnsenhaii,
ein luchs die srhlaucn hullKr.
SciiiiiiiT V. Wkrnkichf.!« nlin. 1798, .?. 08.
ILXSE.NBEIZE, /". fang der ha.sen mit abgerirltleten fulken.
Jacobsson 2. 224*.
HASENBÜHNE, f, der buhnenfürmige kot eines hasen: so
einer ein haKenliun fmdet imd die iszt , der hase mag nil
gexscn werden, er hat sein llieil auch darvon. der alten wriber
philosoi>lieij in Wolfs zeituchr. f. d. mylh. 3, 310.
HASE.NBRAHM, m. spartium scoparium, pfriemenkraul, Nkm-
NICII 4. l.'i:!2.
HASENBRATEN, wi. s. beleg unter liasenesser.
HASKNBRECHER, wi. ein Werkzeug, den gebratenen hasen an
den gelenken zu knicken, damit er leicht vorgelegt werden kann:
in der kiirhe sieht ch noch schöner aus, ein topf sieht am
andern und das übrige daneben, »ogar der hascnlMechcr und
die ha^en^'ihid, 7u donen «onti mein seliger vater die hasen
gc'dhoi'" I i
HASENBROT, n. 1) eine pflanze, briza media. Nemnich
1,679; hasenhrod aegilops Frisch 1,420'; auch juncus cam-
pcslris , harecht cypcrgras , hiuimelbrod, hasenbrod, hunger-
brod ScHWENKFELD 96; sitospcllon,aegylops, dicilur aveiia, liasen-
ürlein, hasenbrot, jungfrawhar. Alberus tt;
herrlich, ohne teller,
schmeckt heim abcndroth
heidelbccr und hasenbrot.
Schmidt v. Wernkuchen alm. 1798, s. 12.">.
2) ein wetlerauisches kinderwort für brol , das der jäger nicht
auf der jagd verzehrt, sondern in sriner Jagdtasche wieder mit
nach hause bringt und als vom hasen herrührend den kindern
gibt; vcrgl. auch Kehrein 187. in etwas anderm sinne: frisches
brod aus neuem körn heiszt hasenbrod und der hase hat
es im wald gebacken, wenn auf den bergen nebel liegt, so
ist es der rauch aus seiner küchc: 'der baas kocht'. Grimm
kinder- u. hausm. (1812) anhang s. lviii. vgl. unter hase ,«;;). 527
und brauen 2, 322.
HASENEI, n. 1) das gefärbte osterei, das nach dem kinder-
glauben der hase gelegt hat.
2) an hase 2,b (sp. 529) angelehnt, Umschreibung für narrheit:
ich kenne diesen vogel {den musicus) an dem gesange, oh
er sich schon mit andern federn behenket, aber er glaube
nur nicht, dasz er seine hascneicr anbringen werde, kunst
üb. alle künsle 101, 18.
3) hascnei , was sonst fuchsei (4', 342) der bovist , staubpilz.
als bild des nichtigen: sorge du dafür gar nicht! 7000 (in der
Charte) sind bei gott keine baseneier. Günther 998.
HASENEINFALL, m. närrischer ein fall : verwundernswürdige
haseneinfälle. wo habt ihr doch alle diese verständige reden
entlehnet? kunst üb. alle künste 75, 24.
HASENESSER, m.:
und schnitte sich das Stückchen ab,
auf das, seitdem es hasenbraten gab,
die hasenesser stets ein groszus äuge hatten.
Kl.. Schmidt poeJ. briefe 69.
HASENFÄHRTE, f. fährte, spitr des hasen: jene vier piinkle
sehen wie die hasenfährle im schnee aus. J.Paul /fo;*. 3, 175.
HASENFEISZTE, f hasenfelt. als heilmiltel gegen Verwun-
dungen. Forer thierb. (1583) 70'.
ri ÄSEN FELL, «. pellis leporina.
UASENFERKEL, m. cai'ia agttli, ferkekaninchen. Nemnich
2, 922.
HASENFETT, n. feil des hasen: das hasenfelt, besonders
wenn es alt ist, zeiliget die gcschwüre. ücon. lex. (1731) 934.
mehrfach in umschreilmngen für einen flüchtigen, feigling (hase
2, ö .?p. 529): er hat seine schuhe mit hasenfelt geschmierel.
DuEz 27; oder fftr einen narren (hase 2, ft): der gute mensch
hat freilich in das hasenfett tief genug eingetütscht. Chr.
Weise erzn. 41.
HASENFLEISCH, n. fleisch vom hasen : hasenfleisch ist harter
lüuwung, macht ein dick, kalt und melancholisch bliit. Forer
thierb. (1583) 70*.
HASENFUSZ, m. l) im eigentlichen sinne der fusz eines hasen
lagepus , vogel der hasenfusz hat. Dief. 316*; Blumauer hm.
spielend mit dieser und der folgenden bedeulung:
kaum war nun auf dem weichen gras
der tisch zum mnlil gcMlecki, so Frasz
ein hasenliisz den andern. Aenci.i 1, 16.
2) übertragen (nach hase 2) zunäch.tt in der redensart einen
hasenfusz in der lasche führen, eine versteckte narrheit haben :
denn oh ich freilich wol fürchte , dasz der doklor einen
kleinen hasenfusz in der lasche führte, so könnt er des-
wegen doch ein sehr guter wiindarzt sein. RonE Th. Jone.i
3, |8|. dann dient \\ixsciiU\»7. als bezeichnung für einen der gern
flieht, feigling (hase 2,« .«/). 529): ein franzüsischer abhe do-
cierl, Alexander sei ein iiascnfusz gewesen. Schiller räubrr
1,2; liat ers kourage nicht, so ist er ein hasenfusz. kab. u.
liebe 1,2; ein hasenfusz, ohne sillen, mit einem wort, ein
genie! Fr. MIU.lk.r 2,39; als ersonnener eigenname : und so
lloli von jedermann verlassen Erich Hasenfusz, so liespöl-
lellen ihn die H(dsleiner. Dahlmann diin. gesch. 1. 2:!.T ; iii </<i
Verbindung Hans Hasenfusz, s. .?;>. 460:
was? mir, die selbst dem donnertT
die lio'^i'n woggciiomninn,
mir Koll iizt so ein Nicrbllrher
lliiii!« Iln«<'iihi'<z i>iill>i)iiinif>n?
mir. i'iIh diT liiinin)-|ski)iii);iii,
lAliri «'int- meinniM ilurch drn Kinn.
ÜLVHAUKII Arti'
537
HASENFUSZ — HASENHERZ
oder {nach hase 2, b sp. 529) als bezeichnung für einen Urnen,
narren, gecken : nichts zu beklagen als dasz sie einen solchen
haasenfusz und eifersüchtigen grillenfänger zum manne hätte.
Irrgarten 307 ; ich füttere den hasenfusz, er verrückt uns allen
die küpfe. Immermanx Nünchh. 3,134;
da sitzt das abenteur mit weiten ärmeln da,
der könig Hasenlusz. Göthe 7, 42.
3) name von Ihieren, nach der gestalt ihrer ßsze: o) des canis
{agopus, steinfuchs. Nemsich 2,825; b) tetrao lagopus, Schnee-
huhn, weiszcs birkhuhn. 4, 1442.
4) auch pflanzen führen den namen hasenfusz: a) trifolium
arvense, trif. lagopus, sonst auch hasenklee, hascnkraut: hasen-
fusz lagopus Stieler 590; hasenfusz, galirium, estherbaquedam.
voc. ine. tlieut. i 2". b) plantago lagopus, auch spanischer wegerich.
Nemnich 4, 1000. •
H.\SENFÜSZIG , adj. und adv. wie ein hasenfusz, närrisch:
da sein herr das zutrauen zu mir hat, mir so hasenfüszig
m schreiben. Göthe 20, 221.
HASENFÜTTER, n. unterfutler von Meidern aus hasenfellen.
H.\SENGA11EL, f. groszc gäbet zum aufnehmen eines ganzen
hosen aus der planne. J. Paul Siebenk. 1, 30 {s. die stelle unter
hasenbrecher).
HASENGALREI, f.: plur. hasengalreien unter fischgerichtcn
Garg. 50' steht wol für haselgalreien und bedeutet sülzen oder
gallerten aus hassein (s. rf.)-
HASENGANG, m.: er geht den hasengang (gefcerdef s/c/j wJe
ein hase, narr), schaub. engl. u. franz. com. 1, 553.
HASENGARN, n. garn oder netz das bei der hasenjagd ge-
braucht wird. Jacobsson 2,224*; hasengarn, rethe leporum voc.
ine. tlieut. i 2' ;
Silon nimb hin das hasengarn,
und disen hasen, bring in also
in Persia hin zu Giro. H. Sachs 3 (1578) 2, 170'.
HASENGEHEGE, n. rerier im forste, wo die hasen geschont
werden, hasengehäge Frisch 1, 420*.
HASENGEIER, m. vultur cristatus. Nemnich 4,1582; ein
aas- sii'e hasengeyer, vultur major, cinereus, aquila leporaria.
Stieler 644; hasgeir fastn. sp. 1183.
HASENGEIL, n. spartium scoparium, pf riemenkraut. Nemnich
4, 1332.
HASENGESCHLECHT, n..- ich gehöre nicht zum hasen-
geschlechte, das nirgends am liebsten ist, als wo es geheckt
ward. Heinse Ardinghello 2, 220.
HASENGRAS, n. briza media, hasenbrod. Nemmch.
HASENHAAR, n. haar votn hasen: das hasenhaar geröukt,
machet ein ringen auszwiirf. Forer Ihierb. (1583) 71'; zum
verfertigen von hüten gebrattcld: je mehr man hasen haare zu
einem hut nimt, desto schöner wird der hut. Jacobsson 2,224'.
HASENHACKE, /". beim pferde, eine längliche erhabenheit im
untertheil der hintern seite des Sprunggelenks; auch das doppelte
knie genannt. Nemmch.
HASENHAFT, HASENHAFTIG, adj. iind adv. in der weise
eines hasen ; in folgendem übertragen {nach hase 2, b) thürichl,
Mrtn-Kc/i/.hasenhaftig gekleidet, v. Rirren Sylvia 62.
HASENHAFTIGKEIT, f, in folgendem übertragen Verzagtheit
{nach hase 2, a) : die gelehrten , die wohl das licht halten,
aber aus hasenhaftigkeit die finsternis herrschen lieszen.
Gervinus gesch. d. nal. litt. (183:)) 3, 131.
HASENn.\TZE, f. persecutio leporum. Stieler 782.
HASENHAüPTIG, adj., in folgendem übertragen närrisch,
neckenhaft : sehet hier den . . brief , welchen dieser hasen-
iiäuptige mon«th an eine seiner liebsten ablaufen lassen.
Florid.^n u. Klajos fortsetzung der Pegnilzschäferei 88.
HASENHEGER, m. aufseher über ein hasengehege; dann allge-
meiner auch Jagdaufseher, in der Wettcrau.
HASENHEIÜE, f. name für die pflanzen briza media, hasen-
brod. hasenqras, und spartium scoparium, ha.^engeil.
HASENHERZ^ n. herz eines hasen.
1) int eigentlichen sinne: den schmerzen so von der muter
kumpt, das hascnherz gedert und klein geschniitzlet, sol ze
trinken geben werden. Forer thierb. 7l'.
2) übertragen auf menschen, ein feiges, zaghaftes herz:
^^^L. sohlalen treten auf den pintz,
^^^V gehii nur den feind hinein
^^^^^^^ sie haben ja kein hasenherz:
^^^^^K^ denn stech- schiesz- hauen dunkt sie scherz.
^^^^^■^ GoRiNG tiebpfmeiienhlütimlein (1654) «. 75.
HASENHERZIG — HASENKUCHEN 538
3) schelte für änen der ein solcltes herz hat, feigling: nit
bisz eines hasen herze. Keisersberg narrensch. 94'; und das
schröckt dich, hasenherz? Schiller räuber 1,2.
HASENHERZIG, adj.: er musz eine schwache, einfältige,
leichtgläubige, hasenherzige seele gewesen sein. Wieland 6,63.
HASENHETZE, f. persecutio leporum: Junker Wenzel von
Tronka, . . von der hasenhetze kommend. H. v. Kleist Kohl-
haas s. 10; itzt glaub ich selbst, dasz es dir leichter ums
herz werden würde, wenn du so eine hasenhetze vornehmen
würdest (bildlich von einer massenrecension im Merkur). Wielakd
in Merks briefs. 1.402.
HASENHODEN, f. plur. l) die hoden änes hasen; als heil-
miltel. Forer thiei-b. 7l'.
2) eine pflanze: priaspicus, haszenhoden, ein krut. Gers-
DORF feldb. d. wundarzn. (1528) 104.
HASENHUND, m. hund zur hasenjagd: hasenhunt canis lepo-
rarius voc. ine. Ilieut. i2'.
HASENHÜRDE, f. hürde zum fang von hasen.
HASENJAGD, f jagd auf hasen. bildlich, in bezug auf die
Verfolgung von flüchtigen: wir wollen fort! und soll die hasen-
jagd angehn. Göthe 8, 95. — die hasenjagd hiesz ein 1593 zuerst
erschienenes gedieht, das die narrheilen der menschen geiszelte;
s. hase sp. 529.
HASENKASTEN, m. kästen, den der jäger für den transport
eines lebenden hasen führt, öcon. lex. (1731) 939.
HASENKLEE, m. name mehrerer pflanzen, oxalis acetosella.
Sauerklee; trifolium arvense, katzenklee; gelber hasenklee, an-
thyllis vulneraria; Hans schnitt bei diesen worten ein gesiebt,
als äsze er Sauerampfer oder hasenklee, wobei der magen
sich fünfmal umdreht. Vernaleken Ostr. kinder- u. hausm. 229.
HÄSENKLEINT, w. das vordertheil des hasens, das nicht mit
gebraten, sondern als besondere speise zubereitet wird {hasenscituarz).
öcon. lex. (1731) 939; vergl. kleinod 5,1123. gewis nur aus
hasenkleint ist die spätere form hasenklein (Jacobsson 6, 48')
gekürzt.
HASENKOHL, m. sonchus oleraceus , gänsedistel, saudistel.
öcon. lex. (1731) 750; hasenköl sonchos Maaler 213'. — Ein
abend.'ichmetteriing , phalaena umbratica, kappeneule , heiszt auch
hasenkohleule.
HASENKOPF, m. caput leporinum. l) eigentlich: der hasen-
kopf zu äschen gebraut, und mit baren feiszte oder unschlit
oder mit essich aufgestrichen , erfüllt das abgeflossen haar.
Forer Ihierb. 71',
2) nach der ähnlichkeil heiszt hasenkopf der köpf eines pferdes,
wenn er um die stirne sehr stark, um das maul herum sehr dünn
ist. Nemnich.
3) im 17. und 18. jahrh. ist hasenkopf für einen thörichten
menschen, narren, gecken viel verwendet {s. hase 2,6 sp. 529):
eines groben esels- oder hasenkopfs. Sim;//. 2, 311 A'ur:; was
sollen da diese ehrliche männer {Reuchlin und Erasmus) an-
ders machen j als dasz sie diese lateinische hasenkopf ver-
lachten? Schuppics 819; haben denn die hasenköpfe nicht
können einen nachtstnhl in die kammer setzen, unw. doct.
669 ; diese sprachen noch eine geraume zeit von dem thö-
rigten haasenkopfe. irrgarlen 316 ; der ist ein allfränkischer
grillenfänger und melancholischer fantast, ein abgeschmackter
hasenkopf. ped. schulfuchs 75; dasz es mir herzlich leid sei.
meinen allerersten ernstlichen kämpf mit einem haasenkopfe
gethan zu haben. Felsenb. 1,502; du bist ein hasenkopf, so
weit als du warm bist. Thilo Adelheid (schauspiel 1779) s. 57 ;
ist es nicht eines blöden hirns
und eines hasenkopfs merkzeichen,
der wol wehrt eines langen liorns,
und gar nicht wehrt mit uns zu zechen?
Wkckherlin 534 (1641 s. 263).
die bedeutung entwicJcell sidi {wie bei hasenfusz, hasenherz) so,
dasz hasenkopf zunächst nur den köpf rines narren bezeichnet:
auf solche ehrbare weise wolle ich einen fürsten agiren und
dörfte deinen hasenkopf nicht darzu entlehnen, kunst üb. alle
künste 18,10; und der name dann, als poisessives eompoätum
gefaszt, auf den träger jenes übergeht.
4) hasenkopf, fischname: des tetrodon lagocephalus und des
gobius lagiM-ephalns , hasenkopfgrundel. Nemnich 4,1447. 3,65.
5) liasenkopf hei.ozt auch eine apfel- ttnd eine birnenart.
HASEN KRAUT, n. trifolium arvense, hasenklee.
HASENKUCHEN , m. eine gebackene fülle von hasenfleisch.
Amaranthes /"r«Hen:;-/e.r. (1773) 1,1258; hasenkuchen ein paar
schnittchon. 1 Pvir Ich. Fibel-: <:. 58.
539 HASENKÜULELN— HASENPANIER
HASENPANIER— II ASENSAL AT
540
HASENKLHLEIN, n. Iqms ciiniculus. Nemnicu 1,379. s. iiasc
sp. 527 und hiisekiili. kiilik-in vnd die inilcr häsektili aufiic-
fülirlen formen külile, külle sitid versliimmdunijen von künelein,
ifiyt. kaiiincben th. 5,1(12. von diesen formen ausist liäsekuli
vrM imuicdeiUd.
HASENLAB. tn. coagulum kporinum. Stieler 1009.
HASENLAGER, h. lager oder slälte, wo ein Itase sicli nieder-
lliut. bildlich: sich ins liascnlager und in die slapelstadt der
liebe, in die andere weit bet^tellen wie auf einen biocksberg
{von schwiirmeriscii liebenden). J. Paul TUan 2, 202.
HASENLATTICH, m. leonlodon aututnnale: basenlatlich,
lacluca lejiorina , damit ktilen sich die hasen im somnier.
Albehls EEij'. auch prenanthes inuralis, mauersalat , heiszt
basenlatlich. Nemnicu 4,1058.
HASENLAUFT. -LAUF, «j. bän des hasen: basenleufle pcdes
leporini. Stieler 10S2.
JJASENL.KUSZE, /. das lauern auf hasen:
hie halt die wacht, still wie ein mausz:
ilu setz dich auf die hascnlausz.
wann etwa.« kompt, so hahet acht,
das/, werd g-efell und mir gebracht. Giliiusiüs 73.
hei Stieler hasenidusche, -luscbe, observalio leporum clan-
destina. 1091. ,
HASENLAUSZEH, m. der den hasen außauert, sie auf dem
anstände erk-yt. luhd. iiasenlüjer vb. l,10ül': ein hasenlnszer,
oder der ein iiasen vehet in dem Biidinger vvalde und druml)e,
der bat verwirkt sinen recliten diimen. weisth. 3, 430 ; fisciier,
krebser, ha.senlewsser, wildtscbiitzen. (ungedruclUe) ruyordnuiuj
für die Stadt Orlenbcrg i. d. Welterau v. 1560. in der form basen-
iausler: wildscbützen, haasenlauster, vogler, fischer, krebser,
die oliiie «isen und willen solches thun. ueüth. 1,490.
H.\SENLELNE, f. leine zum virferliyen des hascngarus. Frisch
1, 4-20'.
HASENLIPPE, f. liibium leporinum. so nennt man bei ver-
schiedenen Ihieren die obere lippe, wenn sie gespalten ist. Nem-
NicH 3, 377.
HASENLÖFFEL, ni. 1) ohr des hasen; veryl. sp. 521.
21 eine pflanze, atisma plantago.
HASENLLPP, m. KOS basenlab, coagulum leporinum : diesem
Unfall nun zu wereu, worden ihren gleich die seitenwehr der
nuilter mit hasenlupp Lestricbun (in der geburt des Garganluu).
Cuiy. 10 4".
HASENMAOE.N, »i. hasenlab: hasenmügen Maaler 213'.
HASENMÄNNCHEN, n. die gebärde des hasen, wie er, auf
den hintern füszen silzend , sich mit den vordem köpf und hart
putzl. ha.senmännchen machen, bildlich, sicli udrrisch gehaben.
Frisch 1.42o'.
HASENMAIS. f. cavia leporina.
HASENMCTZE, f. mitra pelle l(portna fimbriata. Stieler 131C.
HASKNNEST, n. hasenlager. Jacobsson 2, 224'.
HASEN.NETZ, n. netz zum hasen fang, hasengarn: hasennelz
plaga, cassa, enssis ruc. ine. thenl. i2*; basennetz, wird von
slarkem bind laden gemacht. .Iacousson 2, 224*.
HASENOHK. n. l) ohr des Iiasen, oder doch von gleicher
form: ein briistbiid eines jungen narrn in kälbernem liabit
mit einem paar basenohren. Simpl. 1, 290 Kurz;
Liiciiide . . . hat in vcrj{an(;iicr nacht
ein kitid (verzeih nilrs (;ott.'j mit langen hasenohrcn,
ein recht ah^ctieulich kinil gebühren. Gkllkrt 1, 153.
die ohren des pferdes heiszen liasenuliren , wenn sie hoch und
nahe beiiamvien slelwn. Jacohsson 5,47«'.
2) pßanzenname : des asarum europaeum und der briza media.
o/iJ. Iianinöra, ni/((/. basenüre, </iJt»io. «'&. 2, l, 442'. hasenohr
hei.szl auch ein eszbarer tdiwamm. Handscu MalUiioli kreulerbucU
(Hill) 3.sß.
3) hasenohr, h.^sen'ihrchen, anführungszeichen {„") vor und
narh cilieiten warten. Jacob.skon 2, U'.
ILVSE.NOHhLFIN. n. l) pflanzenname: des asarum euro-
pitrnm. auch des bupleurum, .sonst orlisenrip]ie ; liaseniirlein tlria
Stiki.er 13S(i. ferner wird ein eszbarer schwamm haseuübrieiii
ijennnul, mit der nefienform ha«elöhrlein, s. d.
2) unter geh icknanicu howml (/nc/i hasenidirlein vor." einzogen
kiirclil, pfann/ellcn, basentiri, kiapfen von ripfeifilli. xeiiiel-
Hlrüczel. Tegrrnseer kocitbuch in der Germania 9,201; 3 krilpfel
darauf oder ba^enorid. 205.
ilASKN<))ntLIN(i, f»..- briza minor, das kl^ne ziltcrgraN,
kb'id h.i^iii..ltiliiig, jungfernhaar. Nkmnicm 1.079.
II NSKNPAMKli . (I. das Itanner das der haue trägt : es ist,
■■ t '•' ■" ' '' '•■"•■' ' ■/...,:,.• i.„ rr l'cim fliehen tn
die hohe reckt, von dieser anschauung aus in festen formein auf
den fliehenden angewendet: het er., das basenl)anir erwisclit
und blib nit. W'ilw, v. Schaumb. 87; so erwischen sie das
liasenpanier und halten sicli zu der mause wageiihnrg. Lutuer
br. 2,79; der grosze fersenritter ergriff das liasenpanier gar
bald. 5,273; da iimst ich das baseupannir aufwerfen, engl,
kovi. 2, TS; ich salvirte mich vor ihm mit dem hasenhannier.
Vs; der am tage des streils das luiscnpanier aufgeworfen
hat. pers.baumg.l,3'i; ergriffen von der stunde an das liasen-
panier. Felsenb. 4,331; so musten sie aus der uolh eine
tugend machen, und das haasenpanier ergreifen. Sulinde 325 ;
dem in aiifcchtung reuwt der kauf,
der steckt das hasenpancr auf.
B. Waldis Esop 1,23;
der todtengrSber sehr erscbrack,
das hascnpunier aufstak.
ScHDBART hausteufel (15C8) CV;
das hasenpaiiier die cicriscy
bei Zeiten liesze fliehen (flieijen).
SoLiAU 496 (lion 1032);
manch franzosch cavalier
l'olgete dem hnsenpanier
und rissen weidlich aus. Opel h. Cohn 106, 10;
so nimpt ein faiper mensch gar leichilich das panier,
das auch eili hase sucht. ÜPiiz 3, 293.
s. basenbanner.
HASENF*APPEL,/'. malva sylvestris. Frisch 1,420'; ud. hasen-
püppeln Dähnert; ferner vialva rolundifolia, kdsepappel, kdse-
malve ;
in der edlen kunst ein bloszer stümper sein,
flicht in den lorberkranz oft hasenpappeln ein. Gömiier 417;
(man streite nun . .) mit lanzen, mit federn, oder auch
mit liaseiipap|)cln, womit, nacb neuestem brauch,
um sicli die köpfe nicht ohne nolh zu zwageii,
die leichten kritischen truppen am musenherge sich schlagen.
Wieland 5, I(I4.
auch hasenpappcinkraut. im Nassauischen heiszt auch die hasel-
wurz, asarum europaeum, basenpappei. Kehrein 187.
HASENPELZ, m. pclzwerk vom hasen: auch musz man ihm
im Winter die Stange mit hasenbelz füttern, fulconaria von
1G17, S. 55.
HASENPFAD , 7n. : vom obersten Bönnigbauszen , so ge-
meiniglich, wann es zum treffen kommen thet, den baseu-
pfad inrilt (/loh). Zinkyrefs apophth. v. Weiuner (1653) 3, 51.
HASENPFEFFER, «j. die mit einer gewürzbriilw und hlut
gekochten vordertheile des hasen : liascnpfeffer, lepus in jure niyro
Stieler 1435. s. hasenschwarz und fürbäs.
HASENPFEIL, m.: es mangelt ohne dasz seinem (Amors)
köcher niciit an hasenpfeilen. v. Birken ostl. lorberh. 23 ; pfeile
die zum verliebten Ihoren machen.
HASENPFERDLELN, n.: hasenpfardtlin, lagopus, ein kraut
also genant, et lieh heiszend es auch henedictenwurz. Maaler
213'. es i.4 Wül nur entstellung des folgenden.
HASENPFÖTCHEN, -PFÖTLEIN, «. eigentlich die füsze des
hasen; übertragen pflanzenname: trifolium arvense, lagopus. Frisch
1,420'. auch gnaphalium dioicum heiszt so. Nexnich 3,62, beide
wegen der wollig behaarten standen und bluten.
HASENPH.Z, Hl. einepilzart: hasenbilze, oben gelb, unten
weisz, nicht grosz. niedrig auf einem buhen stiel, im inuos
bei den reiszkeii. Frisch 1, 420'.
HASENRAUPE, f. eine raujn:, die sehr schnell im laufen tst.
eeleripes.
HASENREIN. adj. heiszt den Jägern ein hund, der vollkommen
für die hasenjagd ahgerichlel ist: ein gut dressirler Jagdhund,
welcher bühncrn gut steht, gut apporlirt und baseureiii ist.
Weimar, tagelil. 1S04, dec.
HASENRENNE, /". coagulum lejmrinum, mlul. des hasen renne.
Meueniierg 149,20. Jim. hascurennliii als linderungsmittel in
den geburt.swehen. Garg. 103'.
HASENRIEI)(;RAS, n. cüffx leporina. Nemnicu 2,885.
HASENRIJÜEH, n..-
dleweil er sieht
vor «einen äugen Kclicndlieh llichen
und HM dem ha>iunruder ziehen
die mucken, roszlUcgeii und schnacken.
muckenlii: 3, 3sf. ;
ei(ir redrnsart gleicher bedeutung wie das hasenpaiiier aufwerfen
IIA.SKNSAFT, wi..' wenn ich betraebtete, dasz sieb binnen
HO wellig stunden meine ganze iialiir in einen .'limzersl ver
liebten haasruKaft verwandelt hatte, muNzle ich mich !ielb>i
niislacbeii, Felsenb. 2, 3|S
IIASENSALAT, w. sonchus uleraceut, gänsedisltl, und otuiu
541 HASENSCHARTE— HASENSPRÜNG
HASENSPUR — BASIEREN
542
HASEiNSCHARTE, f. l) spalte in der oberlippe , me sie an
hase zeiijl: es werdend ouch etlich kinder eni[ifünge[i, su mit
offnem rächen inwendig und hasenscharten an einer oder an
beiden obern läffzen geschlitzt erboren werdend. RtSFF Irosl-
biiclile 65; er macht das äuge schielend und bringt hasen-
sicharten. Shakesp. Lear 3, 4 (squints the eye and makes the
bare lip); nbeiiragen : diese fatalen hasenscharten an der
schönen gestalt der menschheit {die Jesuiten). J. Paul attsw. a.
(/. teuf. pap. 1, 31 ; ein haus zum hasinscharte begegnet schon
i:M.i Keurein samml. alt- u. mitleld. würler 6S'.
2) eine pßanze, heradeum sphondylium, sonst schärling.
HASENSCHEIDE, f. spartium scoparium, pfriemkiaul.
HASE.NSCHLAF, m. 1) leiser schlaf, wie ihn der hase hat:
mit vermuhnung dasz er nicht meinen solle, dasz alle die
die äugen zuthun, warhaflig schlafen, sondern viel betten
den hasenschlaf. Zinkgrefs apophlh. v. Weidner (1653) 3, "3.
2) eine augenkrankheit : vom verstarren der augenliede, hasen-
'^chlaf genant. Bärtisch äugend. (1583) 174; s. die forlsetzung
ii?r f:lelle unter hasenauge 1.
HASENSCHMALZ, n. schmalz vom hasen; in folgender, die
feigheil andeutender redensarl: da doch wohl (wann man es
recht beim liecht besiehe!) einer so wenig courage als der
andere bat, und beide mit hasenschmalz getraufl. Simpl.
I, 385 Keller.
HASE.NSCHNEE, m. nix leviler sparsa. Stieler 1S98.
HASE.NSCHRECKIG , adj. schreckliaß , verzagt vie ein hase:
ich zitier wie ein backuf. ich bin nicht basenscbreckich.
Frank sprichw. 1,16"; der gesund sihet frolich, der reich
trotzig, der ubeltbäler under sich, er bleicht leicht, darf
hasenschreckig niemands recht ansehen. Acr. spr. (1560) 25*.
HASENSCHROT, m. und n. schrot womit man hasen sclneszl.
Jacobsson 2,224*. iibeitragen , namentlich in der formet mit
liasenschrol geschossen sein, einen klaps haben, ein narr sein:
er ist mit hasenschroot getroffen, er ist ein geborner und
doppelter narr, er hat einen sparren zu viel oder wenig.
ÜLEz 64; es wäre schade um den maier, dasz er so mit
iijsenschrote geschossen. Darbennime 1S5 ; auch in bezug auf
finen feigen :
der ist mit hasenschrot geschossen,
der ob erlitlnem ersten stürm will von der vestung weichen.
Kongehl tttönizia 5;
ein schön und nettes kleid ziert freilich den soldnten,
doch macht es darum nicht von selbsten einen mann,
wann er mit hasenschrot und zagheit ist beladen,
der sich nicht resolut und tapfer wehren kan.
Simpt. 1, 439 Keller.
HASENSCHUH, «i. .• ich werde wol hasenschuh anziehen,
wann der lerm angehet (fliehen), d. hart, frauenz. 21.
HASENSCHULE, f.: ohnlängst hab ich mich auch bei einer
hasenjagd befunden, allnoch einem unschuldigen Udpischen
-^tallburschen die hasenschul demiaszen vorgezeigt worden,
dasz er mit vielen streichen, britschen und schlagen gelernet,
dasz ein has keine obren, sondern löffel, keine füsz, son-
dern läufer, keinen schwänz, sondern blümlein vor die lex
habe, allerh. sellz. wtirme 90.
HASENSCHWANZ, m. l) schwänz eines hasen. in einer redcns-
•nl: der schäker, merkt man leicht, will nur mich und den
leser gern mit hasenschwänzen behängen (zum narren haben),
i. Paul Hesp. i, 86.
2) lagnrus ovalus. sammctgras, nl. haazeslaart. Nessich 3, 315.
HASENSCHWARZ, n. die mit gewürz und blut gekochten vorder-
Ihetle eines hasen, hasenpfeffer. ücon. lex. (1731) 939.
HASENSCHWEISZ, m. blut des hasen: der hasenschweisz ist
sehr gut auf ein raude gelegt, denn er trucknet und heilet
von stund an. new jag- u. wcidwcrkbuch (1532) 85*.
HASENSEGGE, f carex leporina, hasenriedgras.
HASENSPRLNGER, m.: Gould trennt von den wahren
küngnnis eme kleinere art, den hasenspringer, lagorchestes
leporoides. Brehh illustr. thierl. 2,50.
HASE.N'SPRUNG, m i) sprung wie ihn der hase macht:
er nam das rösziein bei der band,
wte bald er sich inn saitel schwang!
do tei es manchen hasensprung.
Uhl \nd vnlkst. 381 ;
sie bekam oft den blick von ihm, den männer werfen, wenn
dl.- htdTiiungen oder befürchtungen ihrer wciber hasensprüngc
wie ordhalbmesser thun. J. Paul uns. löge i, 186; gicicbwol
war er nicht im stände, nur ein ernsthaftes wort zu sagen:
f-'egen fremde zwang ihn seine naiur allemal im anfang einige
satirische und andere h'— -,,,„, ,.p .,, machen. Hesp. 1,72
2) ein krummes beinchen im gelenk des hasen: wann man
einem hasen aus dem vordem rechten fusz den hasenspruug,
welches ein kleines beinlein in dem knie ist, heraus nimmt.
Hohberc 2, 630'. der hasensprung war früher officinel: der
hasensprung gedert und in wein getrunken, sol ein edle
artzney sein für den stein. Forer Ihierb. 72*; etliche wyber
haltend vil von dem hasensprung by inen getragen und den
selbigen nüchtern yngetrunken zu allen tagen. Rüff Iroat-
büchte 76 ; wenn man hasensprünge einem pferd in den traiik-
eimer wirft, und solches daraus saufen läszt, so verfängt es
sich nicht, öcon. lex. (1731) 940.
3) die hintern oder sinungfüsze des hasen heiszen dem Jäger
auch Sprünge, hasensprünge. Jacobsson 2, 224'.
4) endlich mrd auch die fährte des hasen hasensprung ge-
nannt, daselbst.
HASENSPUR, f. hasenfährte: ein Windspiel . das auf ein
hasenspur kommt, läszt nicht nach. Lehmann 74.
HASENSTEIG , m. ganq den sich der hase durchs gelreide
macht : der beste platz (zum anstehen auf hasen) ist der au
einem hasensteig, der am meisten ausgebockelt (ton ährcn
abgenagt, s. bockschnilt) ist. v. Thijngen weidm. pract. 100.
HASENSTÖSZER , m. stoszfalke , aquila kporana. Stieler
2180. Pauli schimpf 82*.
HASENSTRAUCH, m. prenanthes purpurea, waldlaltich, dürre
kenne. Nemnich 4, 1057.
HASE.NTANZ, m.: wie die wandelbare Fortan ihren ver-
änderlichen luiseutanz hält. Interim 570. s. hasenthier.
HASE.NTAPPE, f fusz, pfole des hasen: so dargägen die
harigen hasentapen zii der rücbe der steinen und spitzen
fast bequemlich sind. FonER Ihierb. 10^; die hasentapen werden
gebraucht an statt der bäsen , den staub und unradl damit
auszzi'ikeren. das.
HASENTHIER, n. der hase:
auch wenn sie an dem tanze gehn,
da guckt der hasz erliir:
die beine müssen verschrenket stehn,
recht wie ein hasenthier.
hasenjachl durch Leporinum Hasenkopf (1593).
HASENWIND, m. windhund zum hasenfangen, mhd. hasen-
wint : hasenwind, lepriero, veltro, cane venalico HuLsius 7o'.
HASENWOLF, m. lupus leporarius, eine kleine art von Wolfen,
von ungestallem köpf und hals, wie die booswCdfe. Frisch 1,421*.
HASENZÄHNCHEN, n. name einer spilzengattung : ich habe
noch ' unterschiedene (s-pitzen): das herzgen , zwei berzgen,
das herzgen mit dem pfeil , das todenküppigen, das hasen-
zänichen. A. Gryphius Horrib. s. 25.
HASENZWIRN, m. l) starker zwirn, wie er zum hasennelze
verwendet wird: grober sive hasenzwirn, ßlum crassum Stie-
ler 2062.
2) auf einen- thoren, narren gewendet : ein erz-general-haasen-
zwirn. Darbennime 140.
HASEREI, f. das gebaltren als hase, thor (sp. 529): es ist
aber haserei ein solcher gebrechen, der zu entspringen pflegt
fiirnemlich im hirn. da entweder die witz und kunst gar
zu schwer oder gar zu leicht ist. fragen u. satzreden von der
hiselcy (ende des IC. jahrh.) ;
letzlich nun folgt die haserei,
genant leichtfenigkeit.
lasz sein, dasz disz die letzte sei,
übertrifft doch andere weit.
Iiasenjacht durcli Leporinum Hasenkopf (1593).
s. haselei und basieren.
HASI, interj. : dann und wann bescbleich ich ihn in eifrigen
Selbstgesprächen, bald lacht er, bald weint er— aber merkt
er meinen schatten — hasi! ists aus. Gotter das öffeniL
geheim nis s. 59;
hasi ! hasi ! im augenblick,
hu! hui ein gräszlich wunder!
BORGER /^rnire, erster druck im Götling.
mmrnnlm. 1774 s. 225;
später verändert in ha sieh.
HASICHT, adj. plumbeus, stupidus, hebcs, stolidus. Stieler 7S1.
nach iia-;e 2, b sp. 529.
BASIEREN, HÄSIEREN, verb. l) nach hasenarl umher-
schweifen: die Husern , .Siradiiithen und Dalhcrn haben bei
M meilen vom häufen Iia<iert. S. Frank c/iron. 1.531 246*; da
het einer wunder gesehen, wie es im weiten closlerhoff zu
Waldt ein umbher hesicren und ain jagen wer gewesen, iez
do, dann dort hinausz; das auch so lang hat gewcret. dann
die non lief so geschwind!, das sie niemands erlaufen koiil.
«
543
HASIERLICH— HASPE
HASPEL — HASPELER
544
ZimmerUdic cliionik 4,111. vijl. bair. basier, hausier yeslrccIUer
trab, ijalopp. Schm. 2, 249.
2) sich uie ein hase, nair geberden:
dann der saiigu'tnif^ch lia^e hat
an im die eigeii!<chafl :
so bald er einen trunk cmpTeht
basieret er und lacht.
hasetijaclu durch Leporinum Hascnkupf (1593).
meiner halbklugen verschamorirten hasircnden meinung nach.
Smpl. 1,496 Keiler.
3) basieren , von einer gawjart des ffcides : das 3'" mal
lasz von unden hinauf auf die furch hinauf basieren , auf-
gehen und hebieren. Revschel hippopronia {Slraszb. 1599) «.17;
da muszl es (das ross) traben, Ireistblagen, rennen, gcngen,
anhalten, passen, schreiten, hässircn, zabclcn, galopcn, lufl-
springen . . . Garg. 176*.
HASIERLICH, adj. lächerlich, närrisch :
Lachrifh lacht so gern: ist es dann natürlich?
Lai'hrich lacht so gern: ist es wol hasirlich?
Lachrich lacht so gern: was dann solls bedeuten?
hohnisch lacht er ausz alles thiin bei Icuten.
LoGAU 1, s. 236, no. 94.
HASIG, adj. 1) leporinus. Stieler 781;
viel tausende liefen dort hasigen lauf.
Arndt ged. (1840) 283.
2) ab davon steht ein bair. häsig glatt, was einem ahd. Iiasan
piilitus , venustus , hasanön polire (Graff 4,1047) verwandt ist;
veigl. unten hassen.
HÄSIN, /. der weibliche hase, wenn das geschlechl ausdrücklich
hervorgehoben werden soll: Iqms foemina Stieler 781; mutlcr-
liebe ist im allgemeinen keine lugend der bäsin. TscnuDi
thierl. d Alpenwelt (1858) 202; euer zahn .. ist so bohl, dasz
eine bäsin drin setzen könnte. Hebel (1832) 3,225;
sie wandelt trüb im wald mit bangem tritt,
und hirsch und reh und hasinn trauern mit.
ScuaiDT V. Werneuchen alm. 1708 s. 79.
schelle für eine furchtsame: ihr bäsinnen! Veit Weber sagen
der rorzett 6, 60.
HASISCH, adj. und adv. thöriciU, narrenhaß:
rieht an ganz lächerliche bossn,
wenn er jemand vexiert,
und meint das alle lachen müssn,
weil er sich hasisch ziert.
haseiijachl durch Leporinum Hasenhopf (1593).
HÄSLEIN, n. kleiner hase: häszle lepusculus Maaler 206';
also spricht Salomon der weisz . . . das basziin das da ist
ain unslark volk , das hat gesetzt sein ruvvstal oder scblaf-
kamer in dem felsen. bei disem bäsziein wiirt verstanden
(als die glosz spricht) die christenlicb kircb. Keisersberg ain
gaLstl. bcdeulung des heszlins (1510) Aaij'; ist mir alle augen-
blicke über den weg spaziert wie ein bäslein. Kützebüe dram.
sp. 2,326; es ist kein häslein, es fmdl sein gräslcin, deus
impkt omnr animal benediclionc. Stieler 78t.
HÄSLLNCj, Hl. ein fisch, s. häsziing.
HASLINGER, ni. l) von der hasel stammend, haschier stock,
in OberOsIrcich Krumm. 3, 190 : deine nachliissigkeit sull nicht
ungestraft bleiben , sagte der vater, nahm einen haslinger
hcrvur und zog ihm tüchtig das ledeizeug an. Vernaleken
öslr. Idnder- u. bausm. 2.
2) ein groszer, .<iiiuerlicher apfcl. Nemnicii.
HASPE, f HASPEN, wi. 1) du» lliürbaud, mittels dessen die
Ihür in die angeln gehängt wird, auch die angd selbst: cardo
haspe Dief. lOo'; lena hasiie 577' »ir/ der ncbenform häspe
(Frisch 1,421"); hcspe: carJo bespc Dief. loO'; so auch nieder-
hessisch , mit Übergang des wortcs in allgemeineren gebrauch von
frslen verbindungsslüclien überhaupt. Yilhar 105;
alle Tenstcr, alle ihüreii beben
in den hi-s|>cn. Güküiük tied. d. lieb. (1770) 3<i.
ferner die krampe, die etwas liall: ein tisch mit hcspcn an der
wand. Heriif.s Sofib. reise 2,65; so bngmdnnisch baspcii die
halben klammern zur befcstigung der fahrten, vergl. fahrt haspe
3.1266; IUI salzwirk krampen am nutirn tlieile der siedepfaiiiien :
pfannkaspen Hohkuorf biscbreibung des saLwciLs zu Halle {Mi'.i)
j, 59 ; — endlich an der thüre der klinkhaken, wie aijs. : clwUella
J. terra bf puc, loca Haupts zeitschr. J), :,[)t>' ; uh masc. :
in kniirn-t dann das ti'irlcin dein,
iieub«rliche<i mngdb'iii !
'nim den haspcii in dio band*. I nr t-<ii imi'.m. *>i^.
2) ha»pe garnwinde: giigillui haspe HiEr. nov. yloss. 193*.
alid. ist baspa so viel garn alt auf einmal grhasi>fll wird: Rcdecim
haspe lini. Graff 4, 1061 ; wie m>ch jetzt in dei- Schweiz haspe
strähn Stalder 2, 24 ; alln. bespa ein gespinn. Mübils 181.
3) die umgelaiitvle form häspe, l\es]}e bedeutet kniebiig, liamme;
vielleicht nach der ähnlichkeil mit haspe 1? nl. hespe, hammc,
pctaso, pcrna Kilian ; da schar man den schunken , da zog
man den käszproduclen , dem fcriin die barzhaub ab , da
griff man den bespen auf die hauben. Garg. 83'; den speck
im kärner erschrecken , dasz die hespon zu den kämeten
abfallen. 150". vergl. baspel 5.
HASPEL, m. und f, ahd. haspil, mhd. baspel:
1) wie haspe 1 thürband, thiirangel. Frisc|i l,42l'; kleiuer
schlieszhaken an der thiir: baspel an der tür, pcssulus ferreus,
uncinulus foris Stieleb 784; mach den baspel auf, emille
patsulum das.; die baspel, welche an der kammeilhür, zu-
kclteln. Salinde 267.
2) ein instrument zum tcinden^ von verschiedener form und
verschiedenem gebrauche.
a) garnwinde, weife: alabrum baspel Dief. 20"; der baspel,
girgillus Maaler 213"; dasz dir sanl Asinus baspel die darine
zerwirr. Garg. 149"; der baspel (beim baumwollcn^pinnen) bat.
rad und zeiger, so dasz sich bei jedesmaligem umdrehen
eine feder bebt, welche niederscblingl so oft hundert Umgänge
auf den baspel gekommen sind. Götue 23,54; liesz spinnrad
und baspel neben sich stellen. Immermann Münclüi. 4, 14.
redcnsarten : mit vilcn andern dergleichen scheingriindcn die
sich eben reimen und schicken wie ein baspel auf ein lopl.
Fischart bienk. 143*; reim dich baspel, du must in sack.
Joannes Nas grosze glocke zu Erfurt 31; sacht an, sacht an,
mein hcrr, erzürnet euch nicht so sehr, der baspel mücbt
euch sonst gar ablaufen, d. bärt. frauenz. 49 ; bildlich in bczuij
auf die sich abspinnenden gcdanken:
wann ruht in meinem köpf die nimmer müde haspel?
Gotter 1,298.
b) winde bei verschiedenen gewerken, seilern, Schiffern, färbern,
kupferdruckern , Jägern; namentlich im bergwerk, die winde an
der das bergseil auf und nieder geht : die berglcut farend nicht
allein ab den farten in die gruben , sondern werden auch
auf dem knebel oder bort (crales) an das seil gebunden in
die gruben mit drei bespeln hinabgelassen. Bechios übers.
V. Agricdla bergwerk (1557) 177; da sind zwen hespel gesetzt
mit zweien wellenkainpredcrn getrieben wie in einer mühle.
Mathes. Sar. 125'; ärtztrüge, bergtrög, wasscrseig, baspel.
Garg. 187".
c) haspel, ein torlurwerkzeug. Frisch 1,421'.
d) baspel, das auf eineni pfähl horizontal liegende kreuz, welches
die fuszgänger umdrehen müssen, wenn sie einen weg gehen wollen,
der für pferd und wagen gesperrt ist. das.
3) in der Schweiz hciszt haspel eine flüchtige person, ein Spring-
insfeld. ToBi.ER 257'; in der Oberpfalz hispel alberner mensch.
Schm. 2,254.
4) haspel eine muschel, arca tortuosa. Nemnich l, 421.
5) wie häspe 3, mundartlich kniebug , hammc: c scheen
schwechlich gesundheit — friszt alle morjend en schwcine-
bascbpel zum Irihslick. Malsz bürgcrcapitain s. 43.
üas Wort entzieht sich noch, wie das vorhergehende, einer sichern
etijmologisclwn deutung. bemerkenswert wird die Verbindung sp
öfter durch st ersetzt: so neben haspel auch haslel Schm. 2,254;
neben haspeln auch basteln: ist ein wein waicb und so zehe,
dasz man ihn aufliastelii kondc. Simpl. 3, ISO Kurz; womit
übereinstimmt: cardo ccli ein angc ader ein hemel hasto Dief.
100' {für haspe).
HASPF^LÜAU.M , m. welle an einem hasjtel, wenn dieser ein
hcbezciig ist. Jacobsson 2, 226*.
HASPELBEIN, n. gressu vacillans, pedibus tUubans. SriKLKR
121. .V. haspeln.
HÄSPELEIN, n. Iiamulus, uncintdus, sitblUis succula. Stie-
LER 7H4.
HASPELER, HASPELER, m. I) der garn aufwiiul.
pcler gliimerali» SriELER 7s4.
2) der an gruszen winden Ihntig ist (haspel 2,6): verliain
hlispeler (Jolii onomast. (l.'.S2) 75; an dem born sind .*tel/.
acht hasplcr, die einander rnisetzen «der lösen. Matmesii •*
Sar. 125'; ein linker hamplcr (der die winde von links drrlii)
Garg. 230*; im bergwerk:
dio giiion hcrkffnsnilii,
durxii die bivsplcr geincinr. l'iii.Afio rolkul. ll.'i.
3) auch einer der schlecht geht (haspeln 3, c): hasplcr, i/ui
ijlomerat yressus. Khihcii 1, 421*.
545
HASPELFANG — HASPELN
HASPELPUMPE — HASSEN
54G
I
HÄSPELFÄNG, «1. hemnivorriclüung am haspel im bergtcerk.
}il. haspelfeng Garg. 187*.
HASPELGERÜST, n. das gerüsl, worauf der haspel im berg-
werk ruht.
HASPELGESTELL, n. dasselbe.
HASPELHAFT, adj. nach haspel 3: in den haspelhaften,
vernickleten , verzwickleten und verwirrten köpfen. Welleb
annalen 2, 4S9, iio. 1073.
HASPELHORN. n. l) eins von den am ende der speiclien des
ijarnhaspels angemaclüen und etwas gekrümmten querhölzchen,
worauf das garn aufgewunden wird. Frisch 1, 42l'.
2) die kurbel am haspel im bergwerke. Jacobsson 2, 226'.
HASPELKNECHT, m. bergarbeiter, der den haspel bedient,
miner. lex. 2SS'.
HASPELKNOTEN, «». ein eigenlhümlich geschürzier knoten,
namentlich zur Verbindung von fäden, die gehaspelt werden, an-
ijcwendet. Jacobsson 6, 49*.
HASPELLEUTE, plur. vectiarii. Frisch I, 421'.
HASPELMANN, nt. arbeiler am haspel ini bergwerk.
HASPELMEISTER , »?i. hu bergwerk aufseher am haspel. Ja-
CuBSSOX 2, 226".
HASPELN, verb. l) das garn auf einen haspel wickeln, garn
winden, weifen: girgillare haspelen, hesplen Dief. 263'; die
sorge, dasz guter aufrichtiger lein verkauft, dasz garn richtig
gehaspelt . . werde. Moser osnabr. gesch. (1798) 1, 106 ; auch
intransitiv: die mutter erzählte ihnen auch wohl eine lehrreiche
und lustige geschichte, wenn sie haspelte, patr. phant. l, 46 ;
er hascbplet und das garn uff wandt.
Murmer geuclim. miiij';
bildtich : es ist des tüfels völkli und gsind :
gott gab, wie maus hasple oder wind !
fustn. sp. S95, 2;
lange lange lebrgedichte
die spinn ich recht mit fleisz,
fläcbsene heldengedichte
die haspl ich schnellerweis. Uhlxiid ged. 405;
gott windet oder haspelt aller menschen missethat auf ein
klüngeln. Frank spr. 2, 64*.
2) haspeln , eine last mit dem hebezeuge haspel bewegen.
Jacobsson 2, 226'; «h salzwerk: die soole aus dem born
haspeln. Frisch 1, 42l'; bergmänniscli : und wird der schult
durch die setzjungen eingeladen und durch die haspelknechte
oder auch mit einem sonderlichen getriebe durch pferde her-
aus gehaspelt. Seckendorff fürstenstaat (1737) s. 383.
3) haspeln, in übertragener bedeulung.
a) in einander fügen, verbinden, wie die einzelnen theile eines
haspeis : der kunstreiche gang der in einander gehaspelten
riidlein einer uhr. Bctschsy Palm. 569.
b) intransitiv, drehende bewegungen wie der haspelnde machen ;
so mü den bänden: man hieng biszweiln unserm durstgurgeler
zu oberst eins thurns ein grosz camelseil an, das bisz uff
die erd reichet, an demselben haspelt er mit beiden bänden
hinauf. Garg. 1S3*;
um die weisze band zu zeigen,
haspelt er am halse, seltsam
an die schlaf den Zeigefinger,
an die kehl den daumen drückend.
H. FIei!«» werke 18, 173.
c) öfters von drehenden, anstrengenden bewegungen der füsze:
allwo ich im saal männer, weiber und ledige personen so
schnell untereinander hferum haspeln sähe (beim tanze), dasz
es frei wimmelte. Simpl. i, 109 Kurz; es sähe eben greulich
scltzam aus, weil die köpfe so possierlich durcheinander
iiaspelten. 176 (der beobadUer steht so entfernt, dasz er von den
tanzenden nur die köpfe sieht);
uit gern stille sitzt noch ruht,
geneigt zu haspeln und zu geigen.
B. Waldis Esop 4, 67, 43;
sobald der kcrl unsere noth und uns so kümmerlich in diesem
Sturme haspeln sah. Münclihatisens reisen 85 ; haspeln, gehen
wie ein knimmbeiniger. Frisch l,42l';
hat sich der kerl, krummbeinig wie er ist,
glock zehn uhr nachu noch nicht zurückgehaspelt.
U. V. Klkist zerbr. krug, 9. auftr.
d} von mühseligem gebahren überhaupt:
also hasplends umb In psalmen,
versionds minder denn die schwalmen.
das schwalmengsang vil me nützt
deren die undcrcm lanb sitzt. '
ScHüiBLis ktoster 8, 839.
e) obscön: das er wol hasplen künde uf der betziehen.
Zitiiutensrhe chron. 3, 279.
IV. 11.
HASPELPUMPE, f. Wasserkunst die vermitlelst eines haspeis
gezogen wird. Jacobsson 2, 226*.
H.\SPELRAD, n. haspel an welchem die winden oder arme
vermitlelst eines rades vereinigt sind.
HASPELRAMME, f. eine ramme deren bär nicht blosz durch
menschenhände , sondern zugleich vermittelsl eines haspeis oder
einer winde in bewegung gesetzt wird. Jacobsson 2, 226'.
HASPELSCHLAG, m. ein künstlicher tanzschrüt [vgl. haspeln
3, c von tanzenden) :
des mag ich ainn tanz nit getroten.
der krumen haspelschleg kan ich nit treiben
und musz in cim schlechten lauf lassen pleiben.
fastn. sp. 5S2, 36.
HASPELSTÜTZE, f. stütze des haspeis im bergwerk. miner.
kx. 2SS'.
HASPEL WINDE, /. l) im bergbau ein holz im rumibaume
des haspeis, wodurch dieser gedreht wird, miner. lex. 289".
2) in der Weberei eine art von haspel, worauf die strähnen
wolle gelegt und von derselben auf spulen gewickelt werden, «/»
naciJier Idervon die kette zu einem oder dem andern zeuge zu
sdieren. Jacobsson 2, 226'.
HASPELZIEHER , m. bergmännisch, der mü dem haspel ciz
und gestein aus der grübe zieht, haspelknecht : also kan auch ein
armer bergkmann , sinker, haspelzieher, erzpocher . . . selig
werden. Mathes. Sar. l'.
HASPEN, verb., «ac/* haspe 2, garn winden: girgillare haspen,
garen winden Dief. nov. gloss. 193'; was das weibervolk den
tag durch gesponnen , das haspele Hans Joggi am abend.
J. Gotthelf Schuldenbauer 158. s. abhaspen.
HASPHAXEN, m. haken, worauf sidi eine thür mittels des
haspens bewegt, thürangel. Jacobsson 2, 227*.
HASPLER, s. haspeler.
HASSEL, m. und f., ein ßsch, cyprinus dobula. Frisch 1,422";
ahd. hasela conger Graff 4, 1061 ; die haszlen , ganghaszlcn,
ein fisch, squalus minor Maaler 213'; adelfelchen, weiszfisch,
blawling, haszle, läugele, ex genere piscium alborum piscis prac-
pinguis, qui assari solet. Hesisch 22; die groszen krassen, die
rothäuglen und hassein das pfund 7 creuzer. Frankf. tax-
ordn. V. 1623; die häszlen. Hohberg 2,509*. daneben unge-
wöhnlicher eine form mit verlängertem wurzelhaften a: basale,
hasel (schweizerisch und östreichisch). Nemmch 3,1361;
fach hasel, erlitz und die kressen,
rotaugen, weiszhscb und die pressen.
H. Sachs 1 (1590), 31S'.
iVdcA der art des ftsches, der namentlich eine grosze Sprung-
fähigkeit besitzt (öcon. lex. 907), ist es wahrscheinlich, dasz sein
name mit hase und hasel (sp. 526) verwandt, und auf die dort
erwähnte würzet zurückzuführen sei. vergl. auch häszliug.
HASSELBODEN, «». boden aus kies, rütlidtem thon und etwas
schwarzer erde bestehend: die höhen der gebirge enthalten meist
flachgründigen kalten lehm, auch klaiigen, lettigen thon, in
der muschelkalkformation auch kalkreichen hasselboden. die
anderweite regelung der grundsteuer (Berlin 1866) edischnilt über
die prov. Saclisen. ■ gleiche bedcutung hat in der Sdaceiz basel-
erde. Nemnich.
HASSELN , verb., sich hässig benehmen , gereizt reden : ihr
könntet doch wohl auch ein wenig hinein, hässelete die
slubenmagd. J. Gotthelf scinddenb. 30.
HASSELNASCHE, m. eine fiscJiart: rot fohren, weisz orfen
und gel haselnaschen, räumen den streidasgütlein die laschen.
Garg. 56*.
HASSEN, adj. ein technisches wort der blechhammerschmiede :
hassen gemacht wird das eisenblech , wenn durch das ab-
brechen oder das klopfen jedes einzelnen blechs mit dem
hölzernen hammer alle noch daran hängende lose eisen-
häute oder schiefer wegfallen, und die bleche dadurch recht
glatt werden. Jacobsson 2, 226'. das wort ist nichts als das
ahd., sonst gewöhnlich untergegangene und .iclion mhd. nicht mehr
aufgewiesene adj. hasan, politus , venustus, dessen adverb auch
läer in technischem gebrauche erscheint: hasano gitän fabrefada
Graff 4, 1047. das kärnthnische bewahrt noch häsen neben häsig,
glatt, schlüpfrig, schmeichlerisch mit der neben form käsen aus
gehasen. Lexe« 135. 156. vergl. auch häsig sp. 543 und das
verbum käsen th. 5,255.
HASSEN, verb. odisse. goth. haljan und hatan, ahd. hajßn
und ha;ön, mhd. hajjen.
1) die ursprüngliche bedeulung feindlich verfolgen, die nadi dem
zu hasz zu bemakenden dem worte eigen ist, und im ahd. hajön
35
547
HASSEN
HASSEN — HASSEK
548
aeniulari, hatamas lusequamur^ iiatent inseqntiiUur (Grafk 4,
1071.1072), a/ts. hatön naclistdlen erscheint, hält sich noch lange :
s^lig Sit ir, wan üch di Iftte ubele sprechin und ilcli werden
hajjin (vulij. perseculi vos fueiint, Luther: verfolgen). Behaims
tpang.-buch, Afa///i. 5, 11; und durch diz lia;;iten (vulg^ pcrse-
quebantur, Ldtoeb: verfolgten) die Juden Jbäsuin. Joh. 5,16;
ein islik eddel von hogem stam *
schal tiaten de deve und schal de vangcn.
Ilcincke luchs 267,
«firf hat itire atisldufer in dem mundartlichen liaten streiten (in
Pommern) Fromm. 5.133; in Tirol einen hassen necken, plagen
6,146; hassen auf einen, ihm aufsälzig sein. SciiM. 2,245;
wie er die kunst lielt wol gefaszt,
hub an und seinen meister haszt.
B. Waldis Esop 4, 72, 16.
2) häufiger hat hassen, schon seil der ahd. mhd. zeit, sich in
abgeblaszierer bedeutung entwickelt, insofern es nicht soivol auf
feindliche thatep , sondern rein auf feindselige gesinnnng gehl :
hassen und neiden, odire, zelare voc. ine. thcut. \2'. die fügung
ist mehrfach.
d) absolut, nur in der modernen spräche: sterben lehrt mich
dein raeineid, aber nicht hassen. Schiller Fiesko 3, 3 ;
einst warst
du mir so gut — du wirst nicht ewig hassen
und wirst nicht unversöhnlich sein. Karlos 4, 15;
wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen. 1, 1;
liebe seele, wollen wir
hassen oder lieben? Gleis 1,88.
b) transitiv, mit persönlichem object: du soll deinen bruder
nicht hassen in deinem herzen. 3 Mos. 19, 17; aber diese
fluche wird der herr dein gott alle auf deine feinde legen,
und auf die dich hassen und verfolgen. bMos.ZO,'; die den
herrn hassen, müsten an im feilen, ps. 81,16; segnet die
euch Ouchen , thut wol denen die euch hassen (goth. vaila
taujaij) jiaim haljandam izvis). Mallh. 5, 44 ; ich hasz die den
Schlaftrunk zu morgens tliun, odi memorem compotorem. Agr.
spr. (1560) 89'; wer sich selbst liebt, den hassen viel. Schottel
lllö'; sie hassen einander auf den tod, capitali inter se dissi-
dent odio. Steinbach 1,706; fürsten werden ihre schätze bieten
um einen mann, den sie jetzt hassen. GotheS, 11; den ehe-
mals gehaszten und nun so heftig geliebten. 17,329; hasse
mich! ich müszte fenerroth werden vor schäm, wenn ich an
Karin denke, und mir eben einfiel, dasz du mich nicht
hassest. Schiller räuber 1,3;
ich hasse meinen vaier nicht — doch schauer
und missethäiers bangigkeit ergreifen
bei diesem rürchterlichen namen mich. Kariös 1,2;
die recht thun, eben die haszt er am meisten. Teil 3, 1 ;
was geht der Schwed mich an? ich hasz ihn wie
den pfuhl der hoUe. Wallenst. tod 3, 15;
den erklär ich
Tür meinen todfeind und beleiiliger
und werd ihn hassen wie der hölle pforten,
der den erloschnen funken nnsres streils
aufbläst zu neuen flammen, braut von Messina (494').
c) mit dinglichem object: der kaufmannschatz haszt, dem
kaufmannschalz widerig ist, aversus mercaturvt. Maaler 213*;
den tod hassen, fliehen, und sich darvor cüszeren , alienari
ab interilu. das.; du liebest gerechtigkcit und hassest gottlos
wesen. ps. 45,8; so du doch znchl hassest, und wiiTesl
meine wort hinder dich. 50, 17 ; die ir den herrn liebet,
hasset das arge. 97,10; hasset das arge, hanget dem guten
an (goth. fiandans ubila, hafljandans gödamma). Höni. 12, 9 ;
ich hasz es wie gifl, wer fleicht, wenn man ... einander
zermessern und zerfleischen soll. Garg. 242*; daher auch
nicht alle menschen einerlei objecten liehen . . . eine blume
rieche noch so lieblich : sie wird doch von einem oder
dem andern gehast. Butschkt Palm. 9; das er hasset, das
trägt er, Schottel 1140* mit anklang an Uiim. 7,15: denn
ich thn nicht das ich wil, sondern das ich hasse, das tliti
ich; ich flehe nicht um mein leben, lange hasse ich es.
Kliücer 2,3t3; ich hasse die französische spräche von ganzer
Seele (fagtc Aurelie), wie kann man einer spräche fcind sein,
rief Wilhelm aus, der man den gröszten thcil seiner bildung
schuldig ist. GoiHE 19,239;
mancher haiiiict, dnnt er »iehet.
wtitr ffooh leiden, daiz e« schlchet. Schottel 1120';
l limzt die weit. IUckdoiiü t,53;
I ' ein iiuaKeleertK« n\a*:
1...- '-in viil|c.,s s<,v '■.,? 66(
i'in wahrer freund säst alles frei,
er haszt die stumme heuchelei. lU ;
so süsz auch küsse sind, wenn wir Tihulle hören,
so haszt doch die natur ein ewig einerlei. Wielano 10, 160,
des Patrioten muse, mein I'hilihert,
hasil eitle Selbstsucht, eifert um Vorrang nie. Ramler 1,103;
izt aber hassen meine (kranken) äugen
deine [der sonne) strahlen. Gökinge 3, 43;
denn die elemenic hassen
das gebild der menschcnhand. Schiller ijlocke.
d) eigenthümlich ist der dativ statt des accusalivs gesetzt: wie
auch leret der spruch : amici vitia noris , non oderis , das
ist, ich sol meines frcunds weise lernen, aber inen (ob es
nicht alles schnurgicich ist) darumb nicht hassen. J. Jonas
bei Luther 6, 405*.
3) hassen unpersönlich, mit persönlichem object, in der bedeu-
tung zuwider sein: ein ding haszt mich, es ist mir zuwider,
schwer. ScHM. 2, 245;
ein andren hat sein biichs ghasset,
drum dasz er sy zu stark pelasset,
desz hat der schütz nit recht sein gang.
Grob au^r. in Haupts zcitschr. 3, 253, 102.
HÄSSENDLICH, adj. hassenswerl : Phavorinus sagte: die
menschen waren zum theil lächerlich, zum theil hässentlich,
zum theil elendiglich. Lehmann 2, 141.
HASSENSWERTH, adj. odio dignum. Frisch 1,422': es war
nicht hassenswerlh. Göthe 17, 326 ;
ein Volk das hassens werlh. Opitz 1,92;
ich liebe, wer mir gutes thut. und hasse,
wer mich verletzt, und ists der eigne söhn,
den ich geboren, desto hassensweriher.
Schiller Jungfrau 2, 2.
HASSENSWÜRDIG, adj. dasselbe: ich weis, dasz sie grosz
genug sind, dieses hassenswiirdige wort mit gelassenheit an-
zuhören. Gellert 3,84; geh! die natur hat dich allen Icuten
meiner art hassenswürdig gemacht. Klinger ttieater 3,252;
vertraur, unglücklicher! dein hassenswürdig leben,
und trägst dus länger nicht, so tödte deinen l'eind I
Lenz im Iculscli. Merkur 17'ü mut s. 197;
(Unzufriedenheit und stolz) beherrschen wechselsweis dein
hassenswürdig herz. Gothe 7, 15.
HASSER, HASSER, m. osor, mhd. haj;a;re , hejjer: osor
hasser, hcszir, nrf. hater Dief. 402'; die unumgelaulele form
ist den mittel- und norddeutschen , die umgelautete den schriß-
slellein oberdeutscher heimat geläufiger; die erstere überwiegt in
den bcispielen und ist seit dem vorigen Jahrhundert zur ausschtiesz-
lichen herrschaft in der schriflspraclw gelangt: hasser und neider,
osor, zelalor, emultts voc. ine. theut. i2"; er erettet mich von
meinen starken feinden , von meinen hassern die mir zu
meclitig waren, ps. 18,18; du gibst mir meine feinde in die
flucht, das ich meine hasser verslöre. 41; das ich errettet
werde von meinen hassern. 69,15; die schlege des lieb-
liabers meinens recht gut, aber das küssen des hassers ist
ein gewesch. .ipr. Sul. 27, 6 ; damit meine hasser desto we-
niger ursach mehr mich anzufeinden haben mochten run-
ANDER (1642) 1,439; je mehr hasser, je mehr glück, feliätatis
comes invidia est. Stieler 785; was sind Verdienste ohne be-
scheidenheil? wie oft erwecken sie uns vcrächler oder hasser'
(iELLERT 6,344; schon in den briefen aus Petersburg warnte
und schalt er (Stein) Münster zuweilen als einen . . . hasset*
Preuszens. Arnut Wanderungen 33;
wan hillich meiner hasser klag,
wan meines feinds zoru wolgcgriindet. Wickherlin 20;
betrachtend wiu in harten stand
mich nieiiie hasser sötzen. k. 32;
wer wil den nun ein stein,
ein Stiefkind der natui-, ein sich seihst ha.ssur sein?
Fleming 154;
wer recht gehl, gehe weiter, und fntgn nicliis darnach
ob hasser oder spoticr braucht list, verlaiimilung. schmnrh.
LOCAU 2, 37, mi. ;>.'> ;
wein ist siArkcr als das wasscr:
dicsz geslehii mich «eine hasser. I.issii . :
der thorhcit hasser, ober auch monschenfrcund.
KLorsToc« 1, 9;
ich, kein hasser des schwcigcnD, vertraute dir das? 2, ^n. .
ich will eher nicht nihn,; als bis dein hasser crwOrgt i.vi
3, 165;
höhnend riefen dir noch xu
da noch deini! hasst'r. 7, 118;
doch dein verstand nicht irret; nur dein herz
empöret «ich und int der wulirhnii hasser. fl, 58; ^
der ni'lder »ti'lit uls folin des fflückn,
der ba^M•r l.l"' •■- I ,s..i,.i, ,i. i,|,.ii.,.M_ c.Tnr -1 ■"i:i.
549 HASSERIN — HÄSSIG
so möcht ich meinen geist verhanchen,
den hasser dieses Sonnenlichts,
und mich hinuntertauchen
ins öde, Isalte nichts. A. W. Schikgel 1, 22.
HASSERIN, f. femina infensa, infesla, male animata, iniqua
in aliqueni. Stieler 785;
dich, der willliühr hasserin, freiheit.
KtOPSTOCK 2, 150.
KASSIEREN, verb., s. unter basieren sp. 543.
HÄSSIG, adj. und adv. 1) me mlid. liaj;ec, hejjec hasz
habend, voll hasz und feindseligkeil : invidus heszig, nd. hatich
DiEF. 30"*; hassig A. V. Eybe, s. die stelle unten ; hassig odiosus,
exosus voc. ine. theut. i2*; hessig, infensus Dasyp.; hässig, der
hasset, oder ein hasz tregt, exosus Maaler 206*; da hört ich
die hessigen Juden sagen wie sye nach meinem tod mein
leichnara wollen verbrennen. Spiegel menscbl. behallnusz (1492)
147'; wollen wir gleich .. ein zeddel vol samlen seiner bes-
sigen , spitzigen, verdrieslicben wort und berden. Luther
1, 150' ; das wir unser antwort nicht thun aus hessigem ge-
müthe. 3, 189* ; was ist denn der alte mensch ? das ist er,
so uns angeboren ist von Adam, zornig, hessig, neidisch,
unkeusch. 4,425"; offenbart damit sein hessigs, bitters, gif-
tiges herz gegen mir. 6, s'; bringen mit sich ein garstig, bitter
herz, giftige äugen und bessige obren. 24*; het ich sein
hessig gemut erkant. Aimon bog. aij; mit pfeifender stimm,
hässigen äugen, als den basiliscum. kriegsbüchl. d. fr. 71; vor
ungleichen bässigen nachreden zu vertheidigen. anni. weiszh.
lustg., torrede;
und dasz er in {gott den menschen) auch durch sein gut
vor dem hessigen feind behüt. H. Sachs 5, 21';
todtschleger, grimm und hässig lüt,
die ires nächsten achtend niit.
R. Wonlich html. Hierusalem (15S4), sJr. 23;
din geliebt feder hat dich bessig gemacht. Cyrillüs 56'; du
bist betrübt und bässig, wann es schön und heiter ist. 2l';
zum dritten, sind sie . . aufs allerheftigst bitter, hessig und
giftig. Luther 5, 54'; sondern ist neidisch, hessig, stolz ge-
west. 6, 53* ; seines ampts , berufs trevvlich warten , nicht
bitter, nicht hessig sein (im lat. original non retinere odia).
J.Jonas das. 435'; mancher ist so häsig und neidisch, gäbe
ein aug drumb, dasz sein nechster nur keins bett. Lehmann
2,141; — wer ein frawen lieb bat von der schön wegen,
der wirt ir bald hassig, so die schön vergangen ist. Albr.
V. Eybe 7'; durch Verfügung der Florentiner, die im mächtig
hässig und aberhold waren. S.Frank chronica 193'; die weiber,
ihren mannen ganz hessig und gram. wellb.lS*; die nachteul
soll auch den egiin hässig sein. Forer ßschb. 198'; bleib von
den leien, denn sie sind den gelehrten ganz hessig. Kirchhof
wendunm. 259"; nd. bei is mek hätig, er hat einen hasz auf
mich geworfen. Schambach 76*; statt des datirs der genitiv: des
frids hässig und feindselig. Frank chronica 119*;
ich sprach junkfraw ir seit mir hessig.
H. FoLz, Haupts zeilschr. 8, 511, 37;
der Wahrheit hässig sein, verhlümet liebekosen,
der einfalt nasen drehn, den schwachen liintergehn,
dem der weit von uns ist nach gut und ehren stehn,
disz läszt der hol bei ihm violen sein und rosen.
Opitz 1, 354;
dis wort, nicht werd nachzusagen, wil ich nicht deuten, wie
hessig es gesetzt ist. Luther 1,128*; welche andern feindscbaft
tragen, und inen bessig nachstellen. Steinhöwel (1555) 44'.
In der Sthtceiz hat das wort die etwas modificierte bedeutung
zornig, ärgerlich, aufgebracht (Stalder 2, 24*) angenommen : als
der wirth wieder eintrat, noch hässiger als vorher. J. Gott-
UELF Schuldenbauer 5; es wäre mancher froh, wenn er den
ganzeil winter durch deren hätte, antwortete der wirth hässig.
s. l:! ; derweilen war die stubenmagd immer hässiger geworden,
besonders gegen den wirth, dem sie die schnödesten worte
gab. $. 30; da ging Vieneli hässig und trieb mit hässigen
Worten den bei den keglern stehenden .schmollenden Uli, der
anfangs nicht kommen wollte, herbei, Uli d. knecht §01. dazu
die Liüssigi, zorn. Stalder.
2) auch hasz und Widerwillen erregend, verhaszt , häszlich:
hassig odrosus , invidiosus , odibUis , exosus voc. ine. theut. i2*;
I hässig, unwerd, unflätig, pulidus Maaler 2o6'; vast hässig
und ungeschaffen, insignis ad deformitalem das.; hässig wüst
geschrei, clamor absonus das. ; die anuut sei ein hessigs gut.
Albb. t. Eybe 18*; weil der hessige geisl sich so gern wolt
«chöu machen. Luther 3,49';
HÄSSIGLICH — HAST
550
wiwol man etlich frümer findt,
den solche misbreiieh hässig sind.
SCHWARZENBERG 143";
Til erben man in armüt kent,
möcht hässig sein, ob ich si nent. 158*;
ir zen si färben schwarz mit kunst,
haitens für schön, was hässig sonst.
Rebmann gespräch zweier berge (1606) 426;
wohl mags, dasz mir der fernste wünsch gelinget,
dasz er erschlägt den hässigsten von allen. Tieck 2, 113.
HÄSSIGLICH, adj. und adv. l) voll feindschaß, zornig, grimmig:
disen hej^eclichen zorn
wil ich geniuwern nimmer m&. g. Gerh. 6246;
hassiglich, adverbium, exose, odiose, invidiose voc. ine. theut.
i 2* ; weil ich hassiglich angriffen bin. Melanchthon etliche
lehr- u. trostreiche Schriften (15SS) 24.
2) verhaszt, widerlich: also macht das unnütz geschwelz
und klepperei einen menschen hessiklich. Keisersberg sünd.
d. niunds 75*.
HASSÜNG, f. das hassen, ahd. hajjunga aemulatio Gbaff
4,1071; altniederfränk. hatunga, batega, iracundia, aemulatio
{gl. Ups. 551. 554): verlierung seins lebens und bassung seiner
seel. Frank weltb. 123*; dasz die äl ausz hassung der kälte
auf den boden herausz schlichen. Forer fischb. 178'.
HAST, f. ungestüm, die.
Das wort ist ahd. und mhd. nicht bezeugt, und scheint mit
seinen verwandten seine eigentliche heimat nicht bei den südlichen
deutschen stammen, sondern bei den Franken {von denen die
Franzosen ihr haste, bäte, haster, bäter entnahmen) und Nieder-
deutschen zu haben, und erst gegen ende der mhd^periode nach
Süden vorzudringen ; vgl. unten hastlich aus Mainz, 15. jaltrh. das
schlieszende t ist der rest des nomina actionis bildenden Suffixes,
ursprünglich ti, und die assimilierende kraft dieses t hat die
Wurzel des Wortes rücksichtlich iltres auslautes verdunkelt: tele goth.
beis-t Sauerteig atts beit-l (verbum beitan) , mhd. glanst glänz
aus glänzt hervorgeht und zutn verbum glinzen glänzen tritt, so
ist wol nicht anders has-t aus ha;-t zu deuten , und das ahd.
mhd. baj , nhd. hasz ist der nächste verwandte, die bedeutung
dieses letzteren wortes fügt äch dazu ganz, hasz ist ursprünglich
die Verfolgung des feindes, der ansturm auf den feind {vgl. auch
hassen l, sp. 547 und.vehemens hastig, haszig Dief. 608'), seine
Wurzel ist das seltene sanskr. kad, kand : kandate gerät in Ver-
wirrung, verwirrt, cakäda richtete eine Vernichtung an (Böhtlingr-
Rotb 2, 55. 47) ; griech. y.fjSos sorge, not, Irauer, wenn es hierher
fallt, hat die alte bedeutung abgemildert, die gegebenen etymo-
logischen beziehungen wird auch das nd. adjeäiv best alacer
(Dief. 20") stützen, das von Gbimm RA.\ in der formel mit bestem
mode beigebracht wird, der wieder anderwärts mit zornigem muthe
ganz gleich stellt; isländ. hastr trux, immitis B. Haldarson 1,336*.
vielleicht gehört auch altnord. hestr hengst hierher, neben dein ein
formell ganz gleiches hestr schlag steht (Möbiüs 182).
hast entbehrt eines plurals. es stellt
1) noch im änne ungestüm gegen den feind: sollen sie {die
stürmenden) nicht weniger ungestüram und mit einer haszt
herzu dringen. Kirchhof miW. rfwc. 186 ; gleicher weise im mittel-
niederdeutschen :
men bant ene umme eine süle vaste,
unde geiselde ene mit haste.
V. d. holte des liill. cruzes 716 Schröder;
were ok, dat iennich Unwille twischen den oren und den
unsen uppstunde, dar en schal unser nein mit haste to
komen , sunder we schuUen malk dar twene to schicken,
dede den Unwillen in fruntschap eddir im richte byleggen.
Haltaüs 829 (p. 1433).
2) gewöhnlich in der bedeutung eile, schnelles, eilendes gebahrpn
als folge einer innerlichen aufregung: das eilen, eilung, für-
derung, hast, festinatio, acceleratio , properatio , prof'erantia
Henisch 832 ; alles auf der hast tuhn, facere ut canis e Nilo
bibens. Stiele» 780; es geht alles auf der hast, omnia pro-
perantur, praeproperantur , praecipitantur. das.; in solcher hast
ohne vorgehabte rabtsclilag. Kirchhof mit. disc. 92 ; denn einen
spies (in der hast alda verlassen) hatte man gekannt. Henne-
berger 256; hast dient nicht. Schottel 1334; Werner er-
zählte, mit groszer hast, alles was sich verändert hatte. Gothe
20,135; wenn er gleich das pergament mit einiger hast auf-
rollte, s. 142; wenn diese hast und hatze vorbei ist. an fr au
V. Sinn 2,127; fabrikanlagen seien mit der gröszten beson-
nenheit zu gründen, hast und leidenscbaft stürze dabei in das-
jeni"» \pr,\ovhin v,..l,ii...; (feficit b<'i~7f. iMMEUMwr Manchh.
35*
551
HAST — HASTEN
HÄSTER— HASZ
552
2,50; hei personififalionen : die weinroben umrankten mit ängst-
licher hast das gekreuzigte lioizbiid. Heine 2,62;
Relnke dö (jröt arbeit deile:
lie brak itt de kilo mit der hast. Reinecke fuchs 635;
und makede also groten lüt,
da Rustevil mit der hast quam t'it. 646;
indes ward der Jäger gefast,
schosz etlich pfeil in groszer hast.
froxchmduseler (1600) K8";
es fordert meine pflicht, so viel ich kann
die hast zu mäszgen, die dich übel treibt. Göthe 9, 213;
die angeborne heftigkeit und hast,
die ich nun eher bändigend l)ehcrrscbe,
ergciff mich oft, und trieb mich ab vom ziel. 30t ;
welche hast
aus seinen äugen blitzt! so blickt nur der,
der etwas groszes meldet. Schiller Mucb. 1,3;
what a haste looks througb bis eyes!
so should he look, that seems to speak iliings stränge;
dort kommt ein mann in voller hast gelaufen. Teil 1, 1 ;
das leben wallt von ort zu ort,
hat nimmer ruh noch rast,
und treibt im wilden finge fort.
geschnellt durch eigne liast. Arndt i/rrf. (IS40) s. 516;
und Faust ergreift das bild mit heiszer hast,
der teufel hals am andern en<l gefaszt. Lenau Faust 119;
weil erschlagen er den bruder
einst in seines zornes hast. Uhland ged. 288;
sie flohen auf des pfades enge
mit hast und mächtigem gedränge. 420;
der j6ger steht — da knackt ein ast,
der knabe fährt empor in hast.
Kinkel Otto der nchiHz s. 9 ;
hält ich siebenmeileiisiiefel,
lief ich mit der hast tles windes
über jene bergesgipfel,
nach dem haus des lieben kindes.
H. Heine werke 1, 101.
HASTEKOPF, m. der einen hastigen, tingestümen köpf hat,
hilzkopf: da lialien wir den hastekopf, unterbrach seine lieb-
reiche flau geniahlin. der Leipziger candidale (nah) s. 24. s. unten
hastig 1.
HASTEL, KÄSTELN, s. unter haspel sp. 544.
HASTEN, rerb. hast haben, eilen, in mehrfacher fügung.
1) intransitiv: accelerare hasten, iiaesten Dief. 7'; celerare
haesten, haisten lio'; festinare haesten, hasten 232"; manicare
Iiaesten 347", aus nieden heinischen und sächsischen quellen; hasten
properanter aul raplim agere Schottel 1334 ; frither fast immer
auf das nördliche Deutschland beschränkt {als seltener beleg für
Snddeutschland folgt unten eine stelle Fischarts), und erst in der
viodemen spräche weiter twgedningen : da wir hast und hastig
in der Schriftsprache haben, warum vernaciiliissigen wir das
alte hasten, welches ungestüme eile ausdrückt? spute dich,
aber haste nicht ist lebendiger gesagt, a(s eile mit weile.
J. H. Voss 4,321; die arbeiler hasteten die garben abzuladen.
Frevtac handschr. 1,129;
he ha^tede nacht iindc dach,
bet ho quam wedder in dal lant
dar he siiien väder vant.
V. d. hotte det hill. cruzes 277 Schröder;
sus hastede he sfir to bovewert. neinecke fiiclin 3098;
eines wulves lever van geven jaren . . .
de schole gi eleu, eile gi siiit dot,
wenle juwe waler löget al blöl;
dar hnslet mede vor alle dink. 5327;
drtnimb wann sie sich schon vergessen
und euch zu grob villeicht auch messen,
marhts, dasz .sie in der notheil hasten,
dann not kan nicht »nf roht vil rasten.
FisriiART ßöhhalt bei SciiEimi! 10, S<<7 ;
du mfidcben nicht gehastet
mit deiner wassertracbt! i. W. Voss 1, '.MI ,
0 zeit ... in der ich nicht nach falsrher ^'uii>^t
mit eilgen schritten hasieic. I'laten Kt.
2) reflexiv sich hasten: nd. sek hasten sich henlen .ScnA«-
BicH 75'; was gehts mich an, wie er in die weit kam, sagt
ich, wenn er sich nur nicht so hastete, mich hinausziiholilen.
BoDE Trisir. Sh. 7, C;
ich baste mich auf freies fcld zu fliegen.
Kl. Scumiiit poel. br. 55.
Stieif.r nw'lhnt nur diese fügung: »ich mit der arbeit hasten,
aliai spuden, malnrarr, accelerare opus 1^0 ; haste dich so viel
du kansl , qunnlnm poicri^ , fesliua , omnis jam tibi cunclalio
ubjinfnda nl. da^. ; sich auf der reise hasten, rentis remisque
in üinere pnferare. das.; initirend die Irriroifraphen hit auf
ADkl.t;RC rfot Wort nl,rrli,i,i,.l nuhl iiU t//, («,/,■.;/., /„•> ,rr-n.l,,i,i,
3) unpersönlich: es hastet nicht, hat keine eile ; es wil nicht
hasten {vorwärts gehen). Schottel 1138'. dasz die redensart
hast du nicht, siehst du nicht u. ähnl. mit anklang an dieses
hasten gebildet sei, ward unter haben sp. Cf) vermutet.
HÄSTER, f. Conus pica, ekler, in t^iedersaclisen. Nemnich
3, 1246. Cf'fie Verstümmelung von agalaster, s. 1, 189.
HASTIG, adj. und adv., nach dem subst. hast.
1) die ältere hedeulung feindlich ungestüm, erregt, jähzornig
hat sich bis in die nettzeit erhallen: concilus haestich, hastech
Dief. 139'; nd. hastig, hitzig, jachzornig, auffahrend DÄriNERT
178'; recht sollet ihr gebieten, und unrecht verbieten, dazu
hastigen muht, schcllworfe. Haltaüs 829, vgl. hastiggemüth
Grimm reehtsalt. s. 4; es Ist ein hastiger kojjf, proclivis ad
iram est, in iracundiam praeceps ferlur. Stiele« 780, vgl. haste-
kopf; noch weniger habe ich die sitte boshafter betlelleute
hiermit nachmachen wollen , die sich einen hastigen hund
nicht anders vom leibe zu halten wissen, als dadurch, dasz
sie ihn auf einen andern hetzen. Lessing 10,165; ich .selber
bitte vielmal um Vergebung, wenn ich sie vorhin etwa durch
ein wort beleidiget haben sollte, ich bin etwas hastig; aber
ich bin auch gleich wieder gut. (jellert 3, 311 ; unser Un-
glück war misverstündnis, .. meine zu hastigen eigenschaft^n.
Klincer theater 2,370;
er rannt auf eine binde
so heisz und hastig vor,
dasz ihn sein jagdgcsindc
im wilden forst verlor. Uhland ged. 371.
2) häufiger ist nach hast 2 die mildere bedeutung unruhig,
schnell, eilig: properanter haestich Dief. 465'; sich liastig auf
den weg machen, accelerare viam Stieler 7S0; Dionysius,
gewohnt alles nur von einer seile anzusehen, und alles was
er wollte, hastig und ungeduldig zu wollen, Wieland 3,46;
M. hier ist der liilTel! hier! (sie nüthigt ihn zu essen). V. nun,
nnn, nur nicht zu hastig. Götue 11, 272 ; man siebt schöne
kinder und erwachsen wohlgebildete menschen , alle haben
ein ruhiges, keineswegs ein hastiges ansehen. 43,249; hastig
forderte er feder und papier und stellte mit fliegender eile
... ein unumwundenes bekenntnis aus. Ihhermann Münchh.
1,144; stülpte hastig den Strohhalm auf das überwachte,
glühende haupt. 2, 53 ;
und entreiszt die goldnc urne
hasiig dem erschrocknen träger. Ublard ged. 274.
H. Heine verwendet hastig gern in freierem sinne, von dingen,
die dem beschauer einen nervös unruhigen eindruck erregen : wenn
. . . alle pflanzen duften , und hastige Milze hin und her
zucken. 2,318; er {der wirt) trug einen hastig grünen leib-
rock und ein vielfältig bewegtes gesiebt, s. 94; der iiimmel
war schneidend blau und dunkelte hasiig. 4, 106.
HASTIGKEIT, f. nach hastig 2: Lotte ging ihm mit einer
verlegnen hasligkeit entgegen. Güthe 16,184; dasz er einmal
in der Zerstreuung, statt seiner goldnen uhr, eine handvoll
Würmer aus der uhrtasche zog, und, seinen irrthnin bemt-r
kend, mit possierlich ängstlicher hastigkeit wieder einsteckt»
H. Heine 1, 55;
noch ist mein äuge nicht so alterschwach,
dasz ihm der hlicke zorn, der tippen troiz
und jeglicher bewegunc: hasligkeit
an eucli verborgen bliebe.
liiiLAND Ernst V. Sclurnhen 48.
nd. auch nach hastig 1 hitz}ges auffahren in warten und hand-
langen. Dähnert 178'.
HASTIGUCH, adv. festinanler, repenle. frroperr. Stieler 780
mhd. hastecluhe, hestecllche wb. 1, tMl'.
HASTLICH, adj. und adv. eile zetgend, eilig: reprnlinus hast
lieber, zaulicber Dief. 49:i* {Mainzer voe:ih. i^.jahrh.); hastliker
.i. ein lialder das. {niederdeutsch)', flde. ;)r(»;)rrafi/er haslelichin,
hasleliken. haestlirh 465'.
HASTMUTH, «». animus cnncitalu^ et iracundus , vergl. oben
hast sp. 550 und hasligeu mnlli; nd. injl hastmude. IIai.tahs
S29; ihr sollt verbieten hastmuht und .Scheltwort, weisth
4, fi.'iß {yi^lirsachsen)
HASZ, m. odiuni die golh. form hnts seheint einmal Fph
2, 3 im gen. hatis vorzukommen , gewöhnlich ist eine erweitettr .
neutrale halis, gen. halizis; dagegen heiszt es ahd. mhd. nur
männlich hn; (bis auf eine bis jHzt bekannte ausnähme: übe dil
da/, ba^ dlnes flandes in min na perheren wellest. Mfii ki
iioKK u. .Sc.iiERER denkm. 206,14), altn. hatr, schwed hat, diu.
had ; alt.iärhs. heli, angels. fiele; »m mnd. und «in/, sind wirdrt
,1,,- ,l„,,<„,„l.,,,l,l,;< I. .,,„,■„ \,,l !,',..! ,,,,l....l..„, ,...., ,/:,- ,h.-
553
HASZ
HASZ
554
ursprüngliche bedeulung dieses uurks ungestüm gegen den feind,
feindliche Verfolgung ist, tvurdc oben unter hast {sp. 550) erörtert.
1) diese bedeutung besteht noch mhd.:
ein teil sich dd ze lange der künec und sine man
versüraien, daj dö Herwic des hajjes hie began.
in einer morgenküele er und siue geste
vür Hetelen burc bekömen. er tele sit da? aller beste.
Guar. 63b;
swaj kriuchet unde dinget,
und bein zer erde biuget,
daj sach ich unde sage iu daj:
der keinej lebet äne haj.
daj vvilt und daj gewürme
die stritenl starke stürme,
sam tuont die vogel under in. Walther 8, 35;
auslaufet derselben ist die bedeutung zorn, sofern er sich in Ihaten
duszert :
iuch hat rehte gotes haj
da her gesendet beide,
zallem iwerme leide. Iwein 6104,
andrerseits aber auch die bedeutung uceUeifer, als Verfolgung eines
zielei :
dö si nach der bei^e riten
unde friuntlichen striten,
under in was ein bescheiden haj:
ieglicher wolde daj da baj
sio habech geflogen haete. Erec 1059.
seilen zeigt sich im nhd. noch hasz j;;i sinne von feindseliger thal :
den ich zuwider bin gesyn,
die bringens mir mit haulen yn,
bezalen mir mit gleicher masz
den alten schaden und den hasz,
ihun mir wie ich in hab gethan.
B. Waldis Esop 1, 12,24;
das körn du auf den acker gführt {spricht der siorch)
hab ich mein lebtag nie berührt,
und isz die frösch ausz grünem grasz.
drumb bitt ich, lasz mich ausz dem hasz ((/tue mir nichts
zu leide). 1, 60, 20.
2) das nhd. hat gewöhnlich von hasz Jiur die bedeutung fcind-
lidie gesinnung {gegensatz von liebe) gepflegt, die schon im ahd.
uusschlieszlich bezeugt ist, und vihd. viel häufiger als jene erste
erscheint : wan her wiste da;, daj si en inie durch einen haj
(Luther : neid) hatten geantwortet. Behaims evang. buch, Malth.
27, IS ; ir werdet zu hajje (Luther : müsset gehasset werden)
allen lulen durch mineu namen. 3/a///». 10, 22 ; sie beweisen
mir büses umb guts , und hasz um liebe, ps. 109, 5 ; hasz
erreget hadder, aber liebe deckt zu alle ubertreltunge. Sprüche
10,12; voll hasses, mordes, hadders, lists. Rom. 1,29; etliche
zwar predigen Christum, auch umb hasz und hadders willen,
etliche aber aus guter meinung. Phil. 1, 15 ;
regiern Treundlich und mit willen
tbüt vil hasz und hadders stillen.
ACR. spr. (1560) 120*;
im menschen ist der hasz der gröste trieb.
LouENSTEiM SopUonisbe s. IS;
Born mag erbittert sein, mein zepter anstosz kriegen,
die gunst in hasz sich kehrn. $. 26;
der hasz, der endlich noch des lästrers rächer wird.
Gellert 2, 41 ;
gedenke, Schwester, wie mit hasz und fluch
beladen unser valer starb. Stolberc 14, 10.
Der plural von hasz ist selten: um nicht sein höheres alter
durch theologische hasse vergällen zu lassen. Wolf afia-
leklen 1,47;
künftig sollen vereint
stehen alle die hasse
als gränzliut gegen ilen feind,
dasz er davor erblasse. Hückert 147.
der gegenständ des hasses wird gewöhnlich durch praeposilionen
vermittelt, hasz gegen einen, auf einen haben, auch für einen :
bezähme deinen zorn und tritt das recht
nicht unter deine fers aus hasz für ihn.
Stolberc M, 241;
seltener durch den genitiv:
der lobt an'l.esbien die demuih und die treu,
und, vor dem Spiegeltisch, den hasz der Schmeichelei.
Uaceoor?( i, 55;
und überall, wohin mein fusz mich trug,
fand ich den gleichen hasz der tvrannei.
Schiller Teil 2, 2;
ich stritt aus hasz der städle imd nicht um euren dank.
Uulano ged. 369;
ähnlich vihd.:
dem riiier täten si du nä
durch sinen haj [aus /lasr gegen ihn) wirs dann e.
Erec 5194.
die ältere spräche fügte zu hasz gern das adjecliv grö;, um die
intensitdt der feindlichen gesinnung zu zeichnen, gegensatz i.^t
sw acher ha;:
ich muo; verdienen swachen haj. Walther 83, 27 ;
da nun der hasz und neid so grosz war. 2 Macc. 4, 3 ; einem
ein groszen hasz machen oder auf den halsz richten, einen
in groszen hasz bringen, coi.älare magnum odium in aliquem
Maaler 213'; er hat ein groszen hasz zu euch, ardens odio
vestri. das.; wenn ich reden könnte, dein höchster hasz würde
in milleid und Jammer zerschmelzen. Göthe 8, 156;
wie groszer hasz in meinem busen schlug,
mit dem ich die vei folgte, die sich nur
dem recht und seinem heiligthume weihten.
dritter brief an Riese {yedichte 3,132 Strehlke);
schon frühe begegnen auch andere poelisch malende adjeclice, die
in der modernen spräche sich mehren:
nü wil ich iuch bescheiden daj,
wie herzenminne und bitter haj
ein vil engej vaj besaj. Iwein 7042;
mr reden von einem bittern, grimmen, wilden, herben, heiszen,
glühenden, unauslöschlichen, lödtlichen hasz; vergl. mordhasz,
todthasz; ein bitterer hasz, odium Valinianum , abominatio,
execralio Stieler 7Se ; tödtlicher hasz, odium capitale Ma.\ler 213- ;
was sich noch jüngst in blutgem hasz getrennet,
das tlieilt entzückt die allgemeine lust.
Schiller ywn3/"rau 4, 1;
Don Caesar, die diener tragen alle schuld.
Don ilanuel. die unser herz in bitterm hasz entfremdet.
braut von Messina ;
auf flammt in meinem herzen des alten hasses gluth.
R. Reinick liedcr 219.
der hasz friszt :
denn zu tief schon hat der hasz gefressen, das.;
er ist unersättlich : unersettiger hasz, jejunim odium, inexplebile,
insaliabile. Maaler 213".
Formelhaft wird hasz und neid verbunden:
nit unde haj die haut sich üf den wec geleit.
Walther 20, 20;
si mainen alzeit ir hasz und neid
und der soll aincn fürgang hau. Uhlasd volkst. 39C ;
erst wrl ich dich jieb haben,
dem klalfer zu neid und hasz.
GöuEKE «. TiTTiiA!«;« liederb. s. 57, IG;
wenn ir halt fried und einigkeit,
so schad euch niemands hasz nodi ncidt.
15. Waldis Lsup 1, 51, 20.
es heiszt hasz erregen, spinnen (vergl. haszgespinsl), fassen, auf
sich laden : sähe das das kriegsvolk einen hasz w ieder den
könig Uemetriuin gefasset hatte, l Macc. 11,39;
doch ists oft dem der gröste schad,
der neid und hasz erreget hat.
Ü. Waldis Esop 1, 35, 40;
darumb so soll ein weiser mann
sollichs zu einer warnuiig lian, >
dasz er thu keinem menschen schaden,
Ungunst und hasz aiil sich zu laden. 1, 14, 50,
hasz gewinnen, bekommen, kriegen, legen : darüber gewann
der neidische könig einen hasz. pcrs. baumg. 2,14; darmiter
nicht hasz und Ungunst desz kriegsvolks bekomme. Fronsperg
knegsb. 1, 59' ; deszhalb hat meniglich von stund an ein hasz
auf ihn gelegt. 5, 137'^; ich hab ehrfurcht für Wild kriegt, und
noch mehr hasz (ür Üuschy. Klincer i/ica/or 2, 35(); soll ich
ekel und hasz für mein kind kriegen? s. 36S; — hasz haben,
tragen : hat vorhin keinen hasz auf in gehabt. 5 .^tos. t9, 4 ;
denn du hast freilich nichts bereitet, da du hasz zu hellest.
ueish. Sal. 11,25; die ubung neidet der feind, und trug inen
beiden hasz. Luther 6,502'; weil er keinen hasz vor hin zu
im getragen hat. L Mos. 19, 6; wenn aber jemand hasz tregt
wider seinen neheslen. 11 ; es ist besser frei strafen, denn heim-
lich hasz tragen. S/r. 20, 2;
daj ich min unvcrsuochte jugent
üf werdekeit unde üf tugent
so rehte selten geübet hnn,
daj ist vil scrc missetän
und hän es an mich selben ha;. Tristan 112,25;
we war umlie tuot si da;,
der min herze treit vil kleinen haj?
Walther 112, 34;
sein scbQler di im trugen hasz.
Schwarzsnberc 113';
ich hab ewr keinen nie geschlagen,
oder zu euch ie kein hasz getragen.
B. Waldis Esop 1, 55, 14;
ob gleich die rebe irSgt dem ober hasz.
I.OCAU I, 142, 13;
555
HÄSZ
H ASZBEL ADEN — IIÄSZLICII
556
hasz tragen steld aber auch passkisch, gehaszt werden:
Lucretie trug neid und hasz,
umb lob das man ir gebea was.
SCHWARZBNBERG 113';
den hasz auslassen, kühlen, versöhnen, ersticken, auslöschen,
begraben :
ist friedeu stirten, hasz
versöhnen ein geschäfl der höUe? Schiller junger. 2,10;
lasz
mein flieszend blut den alten hasz versöhnen. 1, 6.
das inhd. äne haj, ohne feindselige gesinnung, ohne fahck, auf-
richtig, treu, ist auch mhd. noch bezeugt:
herr der ricliter, so sprich ich das (tirlheil),
und thu das wol an allen hasz. fastn. sp. 780, 29;
der low sprach: wer theilt uns den raub?
der esel sprach : das wil ich iliun
on allen hasz aufs gleichest nun.
B. Waldis Esop 1, 73, 12;
und trinkt in gottes naraen
ein ziemliches glas
on neid und hasz.
GöDEKE H. Tittmann tieJerfc. s. 144, no. 13/.
3) hasz ist auch der gegenständ feindseliger gesinnung:
wan daj ich scheide
die guoten von den boesen. seht, daj ist ir haj.
Walther 58, 3G ;
ja ! es ist Sophonisb, ein hasz der leichten götter,
ein ball des falschen glucks, ein ziel der unglückswetter.
Lohenstein Soplwnisbe s. 23;
wir werden aller menschen hasz,
und thaten keinem was zu leide.
Kl. Schmidt poel. briefe s. 13".
lUSZ, adj. hassend, feind, vihd. haj wb. 1, 64l', vmd. hat:
mit miner loggen schalTede ik dat,
dat en de konnink wart ser hat.
iieinecke fuchs 3714;
einer der im selbst nichts gutes günt, und im selbst hasz
i>t. Faracelsos opp. 1 (1616) 19 C.
HÄSZ, n. ein oberdeutsches, namentlich alemannisches und
schwäbiscfies wort, mit langem ä, klcidung ; mhd. hajje {wb. l, 642'),
welches wort das collectivum vom vtasc. häj kläd, ist.
1) es bezeichnet nicht sowol ein einzelnes kleidun gsstiick, als viel-
mehr die kleidung sowol eines mannes als einer frau allgemein,
auch die wasche Stai.der 2, 23 ; ebenso die betten Tobler 258
(anderswo werden bett und häsz gelrennt genannt, s. nachher) ;
schue ond häsz die ganze bekleidung des leibes das. Immederl.
entspricIU hes killel. ob ain hofjünger abgienge fraw oder mann,
dem gottshausz werden das best hopt und sein häsz, als er
ZUG külchen und ze hangarthen {heimgarten) goth, bette er
aber unberathon sün, die nit wayber hellen, die sollen desz,
satters häsz beheben von desz gottshausz gnaden wegen,
CS soll auch einem keller das best häsz werden, als er an
aim Sonnentag gäbt, weisth. 1,207 {Thurgau); ob aber ain fraw
abging, .. so ist dem gottshausz gefallen das best bell, und
ihr häsz, als sy ze külchen und hangarten gabt an dem
Sonnentag; hetti sye aber unberathen dochteren, die beheben
das bclt und das' häsz von desz gottshausz gnaden, das. ;
trockenes häsz. Felder Mmmaniüllers 7; das raädchen holte
seine sonnlagshäs. Auerbach rfor/yesc/«. 1, 121;
ich pin ein paur und trag an paurs hesz.
fastn. sp. 345, 11 ;
legten die guten kleidcr ab,
ir alle hrisz wider anlegten,
darinn sie zu arbeiten pllegten.
It. Waldis i:sop 2, 54, 77;
weil du mit goldt gehst umb,
woll ich gern wissen, wie das kum.
dasz du hast so zerrissen litisz;
bist gar zerhiulelt umb» gesäsz. 4, 38, 37 ;
der mann liesz sich bereden de«,
und legt bald an der frawen hesz. 1. '^l '■'•,
fiir aller wird da« kicidt zerrissen,
es bringt auch madcn in den kfi«,
ei brinKt auih Hrlmdm in das hftsz.
WoicK«üTH m-wcr llsofiui 1 (l«23) s. 2S2;
die Traw di« sprach mit züchten,
ich acht nicht seidener häsz. Harg. 90';
2) häsz hmzt auch nur da.i hanytkleid, oherklrid des mannes:
da huckt sich der ein nider und würfl das häsz oder kleidl
binden über «ich über den köpf. Frank wellb. 14«*; und sol
der spitz nit länger sin daim zwajer gleich lang, und das
häM, als ver aincr mit nincr nider gelaHMien band >;i rairhen
mag. wtiMh. 1,202 {»l. Gallen. Burgau 1169);
»IC u\:,n iii-ui ihm .111 hiiiilit und liAh«.
' wei$th. Iwitg, 309.
HASZBELADEN, pari.:
gen Troja? und zum haszbeladnen stamm
des Atreus? Stolberg 14, 337.
HASZERWECKER, w».;
dem edlen manne ziemt es . . . der zuupe
Stachel zu hemmen, den haszerwecker. Stolbero 14, o2u.
HASZERWECKUiNG, /'. oM stimulalio. Stieler 2398,
HASZFREI, adj. frei von feindlicher gesinnung:
doch höllich und haszlrei war sie auf diser fahrt.
Weckuerlin 727;
wer will haszfrei sein im lieben,
der musz sich im bergen üben. Fleming 5ü6.
HASZGESPINST, n. ; lasset mich einen augenblick wegsehen
von diesem haszgespinnste, und die schönere weit um mich
mit erquickung anschauen auf meiner insel, vno kein feind. ist.
J. Paul //«/). 1, 142.
HASZGEWOHNT, part.:
dein haszgewohnles herz. Gotter 2, 452.
HASZGRABEN, wi. ruri sunt fossae terminales, quae prohibenl,
quominus in discmdias et odia prorumpant vicini. Hai.taüs 829.
HASZKRÄFTIG, adj.: bei Milton durfte, dem antiken sinne
gemäsz, nach der haszkräfligen scene die dame nicht wieder
auftreten. Güthe an Zeller 702.
HÄSZLICH, adj. und adv., mhd. haiWch und hesjelich, in
zwei bedeulungen.
1) hasz habend, fändselig, feindlich, holl. hatelijk, gelidssig:
sie licjen üj den porten gän
und anderhalben in die schar.
die täten si her unde dar
mit hajlichem strite. Tristan 474, 13;
er redt und redt, iederman musz im zuhören, damit so macht
er sich unhollselig das alle menschen im hesziich werden.
Keisersberg s. d. m. 75". in Scliwaben noch jetzt häszlich feinJ,
ungünstig, aufsässig. Schm. 2, 245. auch die neuere schriftspruch'
hat diese bedeutung noch nicht ganz vergessen: hesziich mit einem
umgehen, aliqueni indignissime sive pessime traüare. Stieler 787 :
Konrad fuhr mit häsziichen reden gegen ihn an, nannte ihn
einen woilkratzer und federfuchser. Arnim kronenw. \, 409;
wenn auch hier der sinn des wortes schon nadi 2, c neigt , was
namentlich in einer fügung Freuags geschieht: neulich war eine
alte frau im nächsten dorfe krank, kein mensch trug ihr essen,
recht häszlich haben sie sich über ihre niederlage gefreut.
handschr. 1, 102.
2) weil gewöhnlicher ist die bedeutung hassenswert, hasz erregend,
die im mhd. noch selten ist, und die sich nhd. verschiedentlich
abstuft.
a) seilen in voller scMrfe: ihr müsset allen menschen häsz-
lich sein. Luther br. 2,163. als attribul von menschen, die mo-
ralische gebrechen haben, und solcher gebrechen selbst : häszlicluM
mann, wie konnten sie gegen ihn so unfreundlich, so hart,
so grausam sein? Lessing 1,534; hcszliche sitten, mores dv-
testabiles, /bcdtxsimi Stieler 787 ; hcszliche gedankcn, fO(/i/u««ü««
spurcae, lurpes das. ; selbst der sokratiscbe faun in Königsberg
kann nicht mit dieser Wahrheit und bittern wärme gegen die
Unterdrückung reden und sie häsziicher darstellen, als si.>
hier in des Eblis gestalt erscheint. Götue 33, 58.
b) vielfach in minder scharfer ausprägung des begriffes, ein y
fühl des Widerwillens erregend, unlieblich, namentlidi von köqn-
lieber gestalt eines menschen: hesziich und ungestall. Albr. \
Evbe 7'; häszlich und wüst oder ungestall machen, turpai,
Maaler 2üc'; weil seine gestall heslicher ist, denn ander
leute. Jes. 52, 14 ; sy war ein hcszliche, uralle franw. F. Platter
183 ; war doch in Wahrheit ein jeder heszlicher, gräuszlichrr
und ungeschafTencr als der Theisites. Poilanuer 1 (16421 11^ ;
ein heszlicher ungestalter schelni , ein zweig. 2 (1613) 307,
eine bäszlichgcbildetc Schwester erzürnt sich iibcr ihren bnidcr.
welcher seine schöne bildiing gegen sie rühmt. RaiiENEH 2, 2:i ;
da verräth sichs (das la.<ler\ im todtenblasscn, eingefallenen
gesiebt und dreht die knochen häszlich hervor. Schillhi
rättber 1,3; nicht wahr, ich sehe liäszlich aus? kab. und /iW-.'
2,2; unerfreulich häszliche gesiebter schneiden. H.Heim;
1,42; wie grauenhaft wir zu kliiiipfeii hatten mit häszlicbeu
gespenfttern, dumpfen eulen und scheinheiligen sündein. 2,141 ;
im veriiUHche den au.tgang dieser bedeutung von der olifn 2,o Iter-
vorhebrnd: dasz sie sollten schwarz werden, wie die nacht
und häszlich wie die süiide. Grimm kinder- u. /mhvhi. -i. r.r, ;
was an im selber im he«(lich,
dAK iiiiichi die liebe fPiiluTlIrb.
It. \V,.i f
00 i
HÄSZLKIH — HÄSZLICHKEIT
zum hä^zlichsien zwerge verschalTt «lieh mein wort.
liCRGER 59".
HÄSZLING — HÄTSCHELN
558
von Haergeslaüen : sähe er ander sieben küe aus dem wasser
aufsteigen, die waren besuch und mager, l Afos. 41,3;
welch ein nest voll bäszlicher thiere, gröszer und kleiner!
und die mutier dabei, ich dacht es wäre der teufel.
weit und grosz ihr maul mit langen haszlichen zahnen,
lange nagel an bänden und föszen und hinten ein langer
schwänz an den rücken gesetzt; so was abscheuliches hab ich
nicht im leben gesebn ! Gothe 40, 199.
c) dann weiter in bezvg auf gebahren , treiben, klädung: ich
bat ihn herzlich, er möge doch mir gegenüber diese häszliche
hülle aufgeben und der fürst sein. Immermann 2, 16; man redet
ron einer haszlichen angevvohnheit, einer haszlichen krankheit,
einem haszlichen husten; heszliche geberden, molus deformis,
agrestis, turpissimus Stieler 187 ;
ich sehe zweene häufen
der weiber auf ihm gehu, und Bassaris auch laufen
mit heszlichem geschrei. Opitz 1,444;
der pfau schreit häszlich, aber sein geschrei
erinnert mich ans himmlische gefieder,
so ist mir auch sein schreien nicht zuwider. Göthe 47,4S>;
wie häszlicb läszt dir nicht die leichte gelbe weste.
Zachariä 1, 50 {renommist 2. ges.);
und du warfst in begeisterter wuth den becher hinüber,
dasz er am schädel ihm, häszlich vergossen, erklang.
Göthe 1, 309.
irt bezug auf geruch, gehör, geschmack , gefithl : diese blume
bat einen haszlichen geruch; die speise schmeckte häszlich;
wie häszlich fühlt sich eine schlänge an!; das klingt häsz-
lich. Sicherer loreki (1870) 1,18; in bezug auf dinge die ein
unschönes aussehen gewähren: das ist ein häsziiches haus; ein
häszliches bild ; der marktplatz dieser Stadt ist nicht schön,
eher häszlich zu nennen ; wie ist das gold so gar vertunkelt,
und das feingold so besuch worden? klaget. 4,1; häszliche
eingeweidt, die greüwlich sind anzesähen, atrocia exta. Maaleb
206';
zum haszlichen und schönen
läszt mit der zeit das äuge sieb gewöhnen.
VViELAND 4, 235;
häszlich soll schön, schön häszlich sein.
Schiller Macbeth 1, 1 ;
fair is foul, and foul is fair;
(fa/ier audi das uiorl den sinn unrein, schmuzig annimmt : häsz-
lich, unfläthig, unrein, squalidus, foedus, spurcus FrisceI,U1';
heszliche kleider anhaben, sordidis veslibus indulum esse. Stieler
787; häszliche wasche, unreine Adelung; übertragen: eh das
herzbiut eines Doria diesen haszlichen flecken aus deiner
ehre wäscht. Schiller Fiesko 1, 13 ; die lügen ist ein bäszlicher
Schandfleck an einem menschen. Sirach 20, 26.
dl die bedeulung von häszlich ändert sich in der weise, dasz
der begriff widerlich mehr zurücktritt und nur das unangenehme,
arge, böse sich geltend macht; so in bezug auf wind und wetter :
es mag schön oder häszlich weiter sein, meine gewohnheit
bleibt auf jeden fall um fünf uhr abends im palais royal
spazieren zu gehen. Göthe 36,3; auch sonst: er strauchelte
und that einen haszlichen fall; für sein langes ausbleiben
bekam er häszliche vorwürfe.
e) an letztere bedeutung angeschlossen, stellt häszlich adverbial
= arg, sehr: gleichwohl gieng es ihnen auch nicht ohn schaden
ab, dann die von der mauren sie heszlich mit geschülz schä-
digten. Garg. 256'; er stach im damit ein heszlich schlir-
geschwär auf, welchs in . . . heszlich plagte. 238'; das viel
Irembdes unvernünftigen vihes auf den . . salzacker kommen,
denselben sehr geschendet und so besuch zertretten hat.
Sckilibürger (i599) s. 72; so excipirt er wider ihn, machet ihn
heszlich aus, bringts für den richter. äyrer proc. 2,10; dieweil
sie beide auf einmahl so häszlich betrogen worden. Philander
2 (1643) s. 313. mundartlich verstärkt häszlich geradezu den be-
iiriff eines nachfolgenden adjectivs: dal is häszlich schön, dat
is 'n häszlich goden kärl, ein sehr guter mensch, üanneil 75';
ebenso hennebergisch. Fromm. 6, 183.
HASZLICHEN, verb. häszlich machen:
den schönsten boten unglücksboLschaft häszlicht ihn.
Göthe 41,221.
li.\SZLICHKF;iT, f. turpitudo. Maaler 206'; alle laster suchen
sich wegen ihrer ungestalt und häszlichkeit , vom hasz also
genennel, zu verbergen. Bdtschky Patrn. 974; es ist eine un-
mittelbare häszlichkeit in der [unsittlichen) bandlung: diese
häszlichkeit ist klar, wenn gleich nicht auf die nachtheile
gesehen wird. Kant 1,94;
unwillkührlicb zittert
vor seiner häszlichkeit das laster. Götter 2, 64.
HÄSZLING, «I. cyprinus dobula, der ßsch hassel {sp. 546):
congrus heslink, heszling Dief. 142'; nun streichen die hechten,
grundein, persling, lachs, häszling, neunaugen. koppen. Hoh-
BERG 1,113'; nim eine schielen, rohtaugen, heszling, aal oder
gemeinen bachfisch. 306'. ahd. heselinc congrus Graff 4, 1061.
der name begegnet auch als häszlen. ücon. lex. (1731) 906, und,
wie für hassel die form hasel gilt, als häsling. das.
HASZMAL, n? ein dunkles in der Züricher bibel von 1530 er-
scheinendes wort, an zwei stellen das TJXsxrgov der septuaginta
wiedergebend: mitten aber aus den fheur glastet ein gestalt
eines haszmals. Hes. 1,4 (Luther: war es wie liecht helle);
als ich hin lugt, sach ich ein fheürine bildnus von den lenden
an bisz unden ausz: von den lenden aber oben ausz, was
es gleich einem fheürinen schein und dem hasmal. Hes. 8, 2
(war es liecht helle Lcther).
HASZML'TH, m. animus concitatus et iracundus: ihr sollet
verbieten haszmuth und. Scheltwort e. Haltaüs 829.
HASZSCHNAUFEND, pari. : diese haszschnaufende schrift.
H.Heine 9,69.
HASZVERKÜNDEND, part. :
tief zerfleischte sein herz voll himmlischfer milde des sehers
haszverküudendes wort. Ptrker Tunis. 1, 451.
HASZWORT, n. feindselige rede: es sei wol so ferne am
tage , dasz es geschehen möge , hassewort , Scheltwort ver-
bothen. Haltaüs 829.
HATSCH, interj., in Baiern zur bezeichnung einei- schnellen
bewegung: hatsch aus, schnell auf und davon, fort. Schm. 2, 259;
in Düringen, eine gleitende, schleppende bewegung der fCisze zu
malen: hatsch, hatsch, kommt es die treppe herauf, s. hatschen
Stieler 782 kennt hatsch und hatsch als clamor venantium.
HATSCHE, HÄTSCHE, f. anas domestica, viittcl- und nieder-
deutsch. Nemnich 1, 266 ; du sollst sonst keine kuh im stalle
und keine hätsche auf dem miste behalten. Chr. Weise be-
trogner betrug s. 9. der name wird von dem geschrä der entc
hergeleitet: ratsche, hatsche, anas domestica, avocerauca. Klein
historiae avium prodr. 131 ; wahrscheinlicher ist er nach dem eigen-
thümlichen gange des vogels gebildet, s. hatschen. in der Sc/iit«:
ist eine hatsch eine in gang und anzug nachlässige person.
Usteri (2. a.) 1, 194.
HATSCHE, /■. beil, beilartiges messer, mhd. hasche und hätsche
aus tat. ascia, wb. 1,640', führen Wörterbücher des ll.iS.jahrh.
zur erldärung von hatschier, das nicht dazu gehört, auf: hatsch
et hätschle, culter venalorius aut venabulum, sicilis. Stieler 782 ;
hatsch, /"., mot deprovince, halebarde. Rondeaü wörterb. (1740) 285.
HÄTSCHEL, m. liebkosendes streicheln: wenn die sich unter
einander fange geben, isis nm- hätschel und fätschel, wobei
keinem die nase überläuft. Fr. Müller 2, 20.
HÄTSCHELCHEN, n. das geliebkoste, verzärtelte kind : ob sie
gleich denkt, frau mutter, dasz er das hetschelgen ist. frau
Schlampampe leben 52.
HÄTSCHELEI, f. Verwöhnung durch liebkosungen: die eitern
sind gemeiniglich schuld an der kinder ihrem verderben, sie
versehen es insgemein auf diesen zwo seilen : entweder durch
allzugrosze hätschelei und Verzärtelung, oder durch eine all-
zugiosze strengigkeit und erbilterung. Rambach überselzg. von
Luthers lat. auslegg. der 1. epistel Johannis (1743), m Luthers
werken v. Walch 9, 1107.
HÄTSCHELKIND, n. verzärteUes:
da möchte manches hätschelkind
sich bald zu tode quälen. Schade handwerkst. 114.
HÄTSCHELN, verb. es ist der form nach das diminutiv von
hatschen, hatschen, die bedeulung hat sich zum theil abirächend
entwickelt, der stammvocal des Wortes wird gewöhnlich lang ge-
sprochen, Steinbachs hetscheln demulcere, blandiliis uti 1,746
zeugt aber auch für kurze au.isprache.
1) entsprechend der einen bedeulung von hatschen heiszt hätscheln
mit den füszen gleiten, nur mundartlich bezeugt : hätscheln nach
einem anlaufe auf dem eise fortglitschen Schm. 2, 259; hätscheln
rutschen auf dem ehe Fromm. 4, 377, beides aus der ?iürnberger
gegend ; im Haungrunde'und stifte Hersfeld hätscheln hinken, mit
den beinen schleifen, dazu das siibsl. hätschel krüppel, lahmer.
Vilmar 154.
2) gewöhnlicher ist hätscheln gebraucht von der gleitenden be-
wegung der hände, es heiszt streicheln, liebkosend über jemand hin
fahren ; die Schriftsprache verwendet es seil dem vorigen Jahrhundert
nicht unhäußg, namentlich in bezug auf die liebkosungen gegen
kinder: da kann ich aller kindernarr noch in meinen siebziger
Jahren etwas zu tragen und zu hätscheln bekommen. Engel
559
HÄTSCHELN — H ATSCHIERG ARDE
HATTEL — HATZE
560
Loren: Stark cap. 28 ; und sie streichelt und hätschelt so lange
his sie glaubt, dasz ich am einschlummern bin. H. Heine
13,59; transitiv ein kind hätscheln; einen knaben hätscheln,
denselben freundlich begegnen und küssen , blanJis verbts
pueruni alloqtii, amplecti et osculari. Frisch 1, 42'2'; und seltener
mit einem kinde hätscheln : für die kinder ist es ein herr-
liches leben, sie (die Kosaken) setzen sie auf die pferde und
hätscheln mit ihnen. Niebuur leben 1,540; ich trage es {das
ktnd) viel, hätschele mit ihm. 2, 317.
3) daher übertragen hätscheln lärtlich, sorgfällig behandeln
(ScBM. 2, 259), durch liebkosungen verwöhnen: ioh will ein schurke
sein, wenn du mit deinem hätscheln etwas kluges aus dem
weibsbilde machst. Sturz 2, 198; ich war der hahn im korbe,
abwesend ward ich gleich vermiszt; man hätschelte mich.
GoTUE 36, 24 ; so ist er der liebling des ganzen hauses, von
der mutter gehätschelt, von der tochter geschätzt. Schilleii
parasit 1,2; man musz die leute bätschein, so lange man
sie brauchen kann. Kotzebue dramal. sp. 3, 233 ;
wer ihn recht zu hätscheln weisz,
eia, kriegt den besten preis.
Fheilicraih glaubensbekenntn. 176.
HATSCHEN, HÄTSCHEN, verb. ein mundartlich weU ver-
breitetes, lautmalendes wort.
1) es gilt vom sciüeifenden, schleppenden gange, wie er namentlich
durcli alles nicht fest an den füszen sitzendes Schuhwerk hervor-
gerufen wird, so im gröszten tiutile von Ober- und MUleldeutschland
Fromm. 3, 10, woselbst sich auch ein subst. pl. hätschen alle
abgetretene schuhe , panloffeln gebildet hat ; im Meraner dialccte
tschltschen , einen schleifenden gang haben, auch langsam und
leise gelien. s. 8 ; ich hätsch ouch mit , sprach yhener würt,
fürt man in mit sinen gasten ann galgen zun dürren brüdern
in den väldorden. S. Frank spr. 2,101'; ich hetsch mit wie
der schultheisz von Slechfelden , der hieng mit. Garg. 228'.
vergl. hatsche sp. 558.
2) ton der gleitenden , streichelnden bewegung der hände geht
das lirolisclie hätschen neben häitschen aus, streichelnd liebkosen.
Fromm. 6, 146. auch sonst liegt in dem worte der begriff des glei-
tenden , wiegenden , bair. hetschen , schwanken, schaukeln, sich
hetschen schaukeln, der hetscher, schwankender Sumpfboden
ScHM. 2, 259 ; in Koburg hütschein schaukeln. Fromm. 4, 258.
HÄTSCHEN, verb. schluchzen, s. besehen und hetschen.
H.\TSCHEPETSCH, m. der bairische und ösUcichische name für
die hagcbutte, rosa canina : von hagenbutten oder hälschapetschen.
HoUBERC 1,227*; der betschepetsch Schm. 2,259.
H.\TSCHIER, HATSCHIEUEU, m. salelles. ein fremdwort, aus
dem franz. arcbcr soldal ou chasseur arme de l'arc (Littre 1, ISO',
seit dem 12. jahrh. bezeugt), ilal. arciero, span. archero über-
uotnmen. in Üeulschland seit dem ende des 15. jahrh. in verschiedenen
formen belegt, die äUesle ist der abslammung gemäsz hartschier,
mü umlaul hertschier, auch erlschier, eine form die sich lange
erhielt: es waren 50 herschiercr mit helbparlen uf sein leib
zu warten verordent. Wilw. v. Schaumb. 18 ; wie oft sein die
barschier, auch menigclichen zu huf, ja auch das kricgsvolk
mit luech und seidenwar bezalt worden ? Zimmerische chron.
4,354,8;
zu rusz ich lüiilliuiidcrt gleneu fiud,
das alls wol geriist kuri!>ser sind,
zäm andern lauscnt crdscliicr wul berittun,
als auf burgundisvh und Naptitaner sitien.
Denier faslnachtsp. v. j. 1522 E ij * ;
wie kommeo wir durch die hartschiers und garden,
die in dem ionern tiorraum wache .sicha?
.ScuiLLbR Wallciistcins lod 5, 2.
die form liatscbicr, mit umlaul heischier ist die jüngere, aber
gebräuchlichere: hetschierc sind die hundert so ulf r. k. m. zu
rosz und zu fusz warten müssen, zu rosz fürcnd sie gicnen
(speere), und zu fusz partisanen. Wickham sieb, hauptlaster 82 ;
hatschirer, satelles, sjiiculalor, bijiennifer, slalur, ein königlicher
hdtschirer, custos regius Stiele« 782; mit hatschiren umgeben
hcin, satellUibus !>tiiiiiri. das.; hiilschier, iiatschierer, halebardier
ItoNüEAU 2s.'.. das Volk in Baum ehrt das andenken dieser jetzt
faU allgemein verschwundenen Irabanlenarl, die in kleineren gemem-
wesen auch bitttiUiensle verriciUele, durch die redensart: trinken
können wie ein haUchicr, ein redlich masz. Sciim. 2, 243.
HAT.SCUIEHEiN, terb. wie ein hutschier //iure bätschiert mit
der lialli-nparl , zog daruit wer den anderen von der btatt
fei*/, (iani. ISO*.
IIATSCHIEHGAUÜE, f.: die baLschiergardB (des deutschen
kauere) »ulbül, in Nchwarz.HanimIncn lliigtlnitken, alle nülhc
reich mit gold jjaJonirl. (Jöiue 24, 3U(i.
IIATTtL, /. iispe am habcr und hirsen, haber.ihre. Nemnicb.
bair. haltel und hadel Schm. 2, 254. s. badel sp. 109.
HATTEL, f ziege, s. heltel.
HATTELIV, verb. hell lachen, kichern: da ist kaiu lachen,
kitern oder hallen, aber groszer ernst. Keisersberg predigen
teiitsch (1508) 119\ vergl. betteln.
HATTICH, m. was attich, sambucus ebulus l, b^s : da sonst
inn andere vvege gegen dem früling nichts anders dann hederich
hattich und ander unkraut würden mit der frucht anfwachsen.
Sebiz feldbau 290.
HÄTTICH, im Wortspiel vom vogel habich und hällicb i.
unter habicht sp. 92.
HATTSTATT, /". ort wo die jäger im waldc sich versammeln,
s. haltstalt sp. 303.
HATZ , m., das Substantiv zum verbum ahd. hazjan , nhd.
hetzen , gebildet wie satz zu setzen , der neuern spraclw fremd
geworden, es sagt aus
1) zundclist als tcchnisctws wort das hetzen, helzjagd mit hunden :
die hund sind auf dem batz. weidw. 2, 135;
komm mit mir auf den platz,
auf den caniiicheiitiatz. Fleming 643.
danach: flohhaz, weibertraz. lilel eines gediclUes rt»» Fischart.
2) aber auch allgemeiner Verfolgung des feindes , daher streit,
kämpf überhaupt (vergl. unter hetzen über den Zusammenhang
des Wortes viit hasz) :
da sich fuszknecht und reuterskuabn
betten verschanzet und vergrabii
gerüstet zu des krieges haiz. II. Sachs 1,505';
ein weisz mau soll gerüstet sein
wie ein kempfcr, welcher allein
gerüstet steht auf dem kempfplatz
mit hämisch und schwerd zu dem hatz. 2, 2, 8-5*;
der Luther hat ghapt manchen hatz
mit dem endchrist und sim gesind.
ScuAD« sat. u. pasqu. 2, 203, 227 .
am andern ort fing an der hatz. Wickrah irr. bilg. 18'.
es heiszt sich in den hatz legen, ^ehen, streit, kämpf beginnen :
der trat mit im auf jenen platz
und legt sich mit dem liirsch in batz.
\>. Waldis Esop 1, 45, 14;
zu einem hauen kam ein katz,
und legt sich mit im in den hatz. 1, 61, 2;
bistu nun ein beherzter man,
sü tritt hervor auf diesen platz
und leg dich mit mir in den hatz,
auf das es klar komm an den tag,
was du und ich an slerk vermag. 1, 82, 10;
am morgen kaiuens (noei fechler) auf den platz,
legten sich zamen in den hatz. 4, 72, 26;
der sich zum erst gab offenbar
zu Leipzig mit im (iMher) in den hatz,
und thct ein heftig disputaz.
Schade sat. u. pasqu. 'J, 120, 25;
aus dem hatz lassen : (hcrr Gilschart) wolt sich der sorg
entladen, wäre gern aus dem staub gewichen, aber es was
ze spaut, die nahe freünlschaft zwnschend im und dem jungen
bischof seinem sun, darzu der ult gefasset unwill wollend in
nit mer ausz dem hatz lassen. Stumpf 2, 355'.
3) eifer, Wetteifer: besorget er sich, ein ander sei auch im
hatz, der daruinb stech (ein milbewerber um ein bisthuvt).
S. Frank chron. (1531) 517";
all wyl er aber ist im hatz,
und acht sy für den hodi^ten schätz.
.MuHnER geuchm. Ej*.
HATZE, f. oberdeutsche form von hetze, nach der zumal tm
bairischen und alemannischen (Weiniiold bair. gramm. 17. alem.
gr. 74) beobachteten neigung, den umlaul niclU eintreten zu lassen,
seil dein 17. Jahrhundert wird hatze im schripdeutscJwn hdufig
augetroffen, auch in der geliürzten form hatz. Bedeutungen:
1) hetze, hctzjagd mit hunden : balze, pervcu^w/trartim Sti kleb
782; hascnbutze, schweinshatze, wolfshal/e. das.; schwein-
halze, aprorum venatio Steinbacii 1, 707; zu einer balz gehören
vier bis sechs schwere huiide, als zwei duggen und vier riideii,
ingleichcn vier leichte hunde, als zwei wind- und zwi-i ptirscb-
blinde, iiiil diesen zehen liiindcMi kann innn das släiksle
Schwein beizen. Hei-i-e ;(ir/i//ii.N< (17s:t) 1,71; balz nennt niun
jede jagd , wobei das wild durch hunde eingeholt und fest
gehallen werden soll. v. Tiiünckm wridm. pracl. 290.
2) Verfolgung eines mcnscJwn: in der balze sein, A<M/i7<«i üiW
insidiis prcmi, secutoribus ugitandunt cxponi. Stielek 782;
au pfahlu fo>l, mu»i ich dio lintte dulden.
Sliakcnii. l^jor 3, 7 ,
i um tkd tu tbc klakc, und i musl >iund (he cour»c.
561
HÄTZE— HAU
HAU — HAUBE
562
von der Verfolgung mit schnöden tcorleu : disz geschrci kam je
länger, je stärker, also dasz ich gleich merkte, was die glocke
geschlagen . . ich machte mir gleich die rechnmig, dasz ich
eine hatz ausstehen müste, gedachte aber nicht, dasz es so
grob hergehen ^viirde, wie ich hernach erfuhr. Simpl. 3, 126
Kurz; eine hatze mit einem haben, ludibrio et derisui atiquem
habere. Stieler 7S2; in Tirol halz feindseligkcil. Fromm. 6, 146.
3) daJter tumultuarisches, wildes, mit jagen und Verwirrung ver-
bundenes treiben : hinein mit bestialischem gepolter in die zellen
der Schwestern! hahaha! da hättest du die hatz sehen sollen,
wie die armen thierchen in der finstere nach ihren rocken
tappten. Schiller räuber 2, 3; patienten, die nach dem dokter
winselten, der in seinem gravitätischen trab der hatz nach-
gezogen war (zur hinrichlung Rollers), das.; die hatz ist mir
eben recht. Fiesko 5,7; sie belachen alles ohne unterschied
wie eine literarische hatze. an Güthe 22S; wenn diese hast
und batze vorbei ist. Güthe an frau r. Stein 2,127;
ich sah der kraftgenies draraatischwilde hatze.
Gotter 1,304.
von einem lauten streite, Wortwechsel : ja, wenn sie wüsten, herr
leutenant, was ich mit meinem mann vor eine hatze gehabt
habe! wegen dem ballgehn. H.L. Wagser kindermOrderin 31.
4) hatze, eine koppel hundc zur hetzjagd. Jacobsson 2, 227*.
HÄTZE, Y. e/s/er. s. hetze.
HÄTZEL, n. ein zahm gemachtes lamm, das wie ein hund
nachläuft. Jacobsson 6, 50".
HATZHAUS, m, haus, worin eine liatze, ein jagen slaltfindet:
wo die ganze erde ein hatzhaus ist. J. Padl uns. löge 3, 135 ;
der pastor wird sein eignes hatzhaus, er weisz nicht zu bleiben.
Tit. 4,«.
HATZHüiSD, m. canis suillus, sauri:ide. Nemnich 1, 719.
HATZIEREN, verb. einen hatz, Verfolgung, anstellen: sol er
seine reisigen viel auf sie {die feinde) hatzieren , leichtlich
zurück treiben lassen. Fronsperg kriegsb. 1, ISl*.
HATZLER. HÄTZLER, m. der holzhdher. Nemxich.
H.\TZSCH1RM , «J. schirm den die jäger bei der sauheize
anwenden. Jacobsson 2, 227'.
HATZTAG, m. tag an dem man gehetzt wird: war der tag
gar zu toll und windig — es gibt für uns wichtc solche hatztage,
wo die ganze erde ein hatzhaus ist und wo die plagen wie
spaszhaft gehende Wasserkünste uns bei jedem schritte an-
sprützen und einfeuchten. J. Paul uns. löge 3, 135.
HAU, interj. l) sieh, schau, oberdeutsch: Schm. 2,129; in
Kärnlhen sieh da ! schau ! auch im Unwillen gebraucht. Lexer 135 ;
scliweiz. ein freudiger ausruf der schützen, wenn sie einen guten
schusz thun, und die mahnung an den zieler, viele kreise anzukün-
digen. Tübler 25S'; er musz liegen: hau, so leugt er dann
aus schwäbisch Indien. Fischart ^rosjm. 12 ; hau, wie stimmt
sich der wein so wol. Garg. 86*.
2) das hundegebell nachahmend : wie hunde, gehetzt vom jagd-
ruf, den hären durchs dickicht verfolgen; sie fallen am hang-
wald hinunter, hau! hau! Fr.. Müller 1,359;
die kühnen hunde fürchten nicht
des ebers raörderzahn !
erliitzt und auf den raub erpicht
fliegt jeder und schlägt an:
hauiiau, hautiau, hauhau!
C F. Weisze Aorn. opern 3, 41 ;
so wills den schuhen dünken,
als schlug ein Jagdhund an: hauhau!
Schmidt v. Wer?(ecchen almanach 1798 s. 68.
daher in der kindersprache hauhau, masc. der hund. Fromm. 1,285.
HAU, m. das stibstantiv zum verbum hauen, ahd. nicht bezeugt,
mhd. in anehou ambosz (Lexer mhd. handwb. 1,67) enthalten,
scd dem is. jahrh. oft erscheinend, seil dem 18. wieder ungewöhnlich
geworden, da es durch die ncubildung hieb zurückgedrängt wird,
und nur der technischen spräche eigenthümlich bleibt, auszerdem
erhält es sich in mundartcn , z.h. Schweiz. Iiau hieb, hieb- oder
srhnUtwunde. Tobler 258', in den mitteldeutschen erscheint der
{oft auch als sing, gefühlte) plural haue, vornehmlich in der festen
Verbindung haue kriegen, schlage empfangen, ein älterer plural
haue mit umlaul wird unten nachgewiesen. — Das wort bezeichnet
du- handlang und den ort des hauens.
1) hau, idus, rerber. der hauw, schnitt, seäio, hauw in ein
ding, tnctsura, hauw der böuinen , conseäio arborum Maaler
2i;> ; Sicht man geen durch den stich oder haw die feuch-
ligkait. H. Braünschweig chirurg. (1539) 37; stich und haw.
Paracelsus op,). 1,858C; so thut mit der achst. wie inn ein
holz ein haw. Sebiz feldbau 34; «eil der mann .. mit einer
IV. II.
axt, ihm den köpf aufzuspalten, auf ihn zufuhr, doch ist
der haw in ein holz gefahren , und der bischof unverletzet
geblieben. Micräliüs a. P. -2. buch, s. 241; worauf sein eidam ..
ihm einen so tiefen hau in hals versetzte, dasz -er mit dem
ausspritzenden blut und galle seine seele auszbliesz. Lohes-
stein /Irm. 1,113'; warum in dem ersten unvermutheten hau
die axt viel tiefer in bäum dringe, als hernach. 60S'.
2) hau ist fechteiausdruck : wann du die häwe von oben,
überzwerch oder von unden gegen deines widerparts obern
Iheil herführest. J. Sutürs fechtbuch 37 Scheible; daselbst die
composita schedelhaw, oberhaw, dempfhaw, schielhaw, hüfthaw,
halshaw, füszhaw, handhaw u. a.; mit kreuz- und mittel-
häwen. s. 34; Fasolls blindhaw, den ober- und unterhaw,
mittel- und flügelhaw. Garg. iss'; geübt in wallen zum hau
oder wurf. Claldios 7, 19.
3) hau, ein zungenscidag der trompeter beim vortrage der feld-
stücke.
4) hau im forstwescn: hauung, hau, hau, hieb, gehäue,
schlag, iiierunter wird verstanden l. der ort wo man. holz
fällen lassen will, 2. der platz wo das holz gefället worden,
bei letzterm bleibt der name hau, gehäue oder schlag, bis
das holz in Stangen erwachsen ist. Heppe wohlredender jäger
160; in dem hauw, so man zu yder zjt uszgiebt zu hauwen.
weisth. 1, 537 (Rheingau, 14S7).
HAU, n. n'ebenform zu heu, foenum, mhd. houwe, hou neben
höuwe und höu: die wiblen (kdfer) fressen inen den habcr
und die ross das hau. Schade sat. u. pasqu. 3,181,25; wo
ist haus, körn, haw, stro, stall und allerlei narung. Luther
4,144"; was an körn, habern, hauw, stroh, fleisch ... nach
der festung zu führen. Kirchhof mil. diso. 32. s. das weitere
unter heu.
HAU, m. «/im, o/irf. hüwo, niM. hüwe: bubo haw Dief. 82';
bei Steinbach noch in der form urhaub bubo l, 7lo. s. hu
und huhu.
HAUAAR, m. falco milvus, weihe, hühnergeier. Nemnich.
HAUAMBOSZ, m. kleiner ambosz zum hauen der feilen.
Jacobsson 2, 227*.
HAUBANK, f. truncus in quo coqui carnes secant, hackebank.
Stieler 93.
HAUBAR, adj. caeduus, was abgehauen werden kann. Frisch
1,423'; ein haubarer wald, sylva caedua, gut haubares holz,
lignum sectile Steinbach 1, 708.
HAUBARKEIT, f.: im forslwesen haubarkeit des holzes.
Jacobsson 6,50*.
HÄUBCHEN, n. kleine haube: und ich will paille band zu
dem häubchen nehmen ! es kleidet mich keins besser. Göthe
10,109; berührte das häubchen, welches sie trug, wie um
den stofif zu prüfen. Immermann Münchh. 3, 3S;
. . mein liebes, silberweiszes täubchen;
zarie füszchen hati es klein und roib,
auf dem köpf ein mondgeformies haubchen.
J. M. Miller rjed. 57.
HAUBE, f, ahd. hftba, mhd. hübe.
1) eine männliclu: kopßedeckung von verschiedener form und
für verschiedene stände.
a) als allgemeine männer- und modetracht im mittelalter und
später:
eins geboren sun, der truoc ein här,
da; was reide unde val ...
in eine hüben er e; vie,
diu was von bilden waehe. Helmbrecht 14;
kleine hüben truogens e: nu ströbet in der nac.
Neiduart 61, 13;
er hat eine vyeisze hauben aufgesetzt, albenti velatus tempora
vitta. Maaler 213'; capc, haub , pileus, pileum Henisch 584;
die männlichen figuren . . . haben den köpf entweder mit
einer haube oder mutze bedecket. Winkelmann 3, 97. von
einer kindcrmütze: da ich in meiner kindheit keine hauben
um die obren litt. J. Paul palingen. 1,23; vergl. haarhaube
sp. 29. in Baiern noch jetzt haube, mäimermütze : pudelhaube,
schlafhaube, schlägelhaube. Schm. 2, 137.
b) bischofsntütze: ahd. hübe thyaram Graff 4,753; hüben,
müra, hüben uffselzeii, milrare, infulare voc. ine. thcut. k4*;
allgemeiner priesterliche kopßedeckung : beide Aaron und auch
sie (soltu) mit gürleln gürten, und inen die hauben auf-
binden , das sie das priesterthuni haben zu ewiger weise.
i Mos. 29,9; bracht erzu Aarons sone ... und band inen
hauben auf, wie im der herr geboten hatte. 3 Mos. 8, 13 ; sein
lang priestciiich haar, welches nicht aufgebunden war, wie
36
563
HAUBE
HAUBE
564
es denn die alten in liauben gebunden hatten, buch d. liebe
208*; ton der kopßcdcckung eines zauberets :
lösz aur mein greises haar, nim dise hauben hin,
und disz gemeine kleid. A. Grtphius 1698 1, 59.
von den dreieckigen hülen der praedicanlen werden solclie selbst
so angeredet:
hie lieben hauben ecket drei.
Dknais drei Jesuiten lalein (1607) s. 26.
c) der doclorhut, s. dociorbaret 2,1217 und doctorhäublein
1218: sarbonische verkaufte doctorheublein. Fiscoart grosz-
mutter 62 ;
auch Reymunt, Thoraas von Aquin,
der singen hört die cherubin,
dem man zu seiner doctorhauben
mahlt alle zeit ein wcisze dauben. v. s. Domin. A3*.
d) kriegerische kopfbedeckung von metall oder Icder , unter-
schieden vom heim, der von höherer form ist und den der ritler
trägt, wältrend die iiaube die bedeckung des gemeinen fuszvolks
ist; s. beckelhaube, bleclihaube, stiinnhaube. da fieng man
auch an, der spitzen isenhüt zu machen, die man englisch
hüben nempt. Tschudi bei Frisch 1,422*. übertragen auf die
haubenträger, kriegerische mannscliaß :
dem kernen wol zwelf hundert
hauben durch der wirde schaw
zu hiir von dem von Mantaw.
SucuENwiRT 14, 63, s. 44' (vgl. 9, 198, s. 29»).
die ritler führten eine hübe anderer arl unter dem helme , zur
abwehr gegen den druck desselben :
durch heim und durch hüben hiu er den riiter guot.
Alpharts tud 302, 1.
bei späteren wird baube in gleichem sinne mit heim gebraucht:
[Geron) beginnt dann stück vor stück
sich zu entwaffnen, nimmt die liaiibe ab,
und schnallt den hämisch von den schultern.
Wieland 18, 60.
2) an die letzlere bedeutung lehnen folgende redensarten an,
die ein feindliches eindringen auf jemand zeichnen.
a) auf die haube klopfen, greifen: den baurön auf dem
Schwarzwald , die damals im ruf waren , dasz sie den Sol-
daten auf die hauben klopften. Simpl. 1,443 Kurz; darumb
sol die oberkeit solchen auf die hauben greifen, das sie das
maul zuhalten und merken, das ernst sei. Luther 3,142";
wie vor zeiten bei den Römern gewesen ist, da man solchen
{mutwilligen handwerksleuten und lagelühnern) (lugs auf die hau-
ben greif, das sich andere daran stoszen muszten. 4,403'; er
(gott) wird im auf die hauben greifen, das er also schilt und
flucht, und seinen namen also mishandelt, er wird die lenge
nicht zusehen, das man in also schendet. 510* ; gott, wenn
er der weit wil uff die hüben gryfen , zücht er lang umb
den hag umbher. S. Frank spr. 2, 30'; darumb sollen sie
frisch den bösen auf die hauben greifen, und die justitiani
gestreng gehn lassen. Agr. spr. (1560) 2l'; da griff man den
hespen (hammen , schinken) auf die hauben. Garg. 83'; weil
beide kriegende theile vor billich achteten , einander auf
unserm grund und boden zu berauben und nider z« machen,
griffen wir ihnen auch auf die hauben. Simpl. 2,38 Kurz;
sonslen haben .. die satyrici mit stichcircden grosze macht,
lasterhaften personen tapfer auf die haube zu greifen. Bist
die alleredekle belustigung 132; es hat sich vergangen verlauten
lassen, es wäre nichts hinter mir, wenn ein rechter kerl mir
aij die haube griffe, müste ich einlegen, causenmacher 72;
Conradus wolle in Teutschland einbrechen, um denen widrig-
gesinneten die spitze zu bieten , und ihnen mit nachdruck
auf die haube zu greifen. Hahn hisl. (1724) 4,234;
dem Aolt man grifcn ih der buhen,
und im die zacken wol ab klubeo,
und rupfen die tlackfader usz,
der hynder «ich koun inn syn husz
all* wyo und körn im ganzen laiid.
Brant narrentch. 93, 1;
nach dem jetzt die grimmigen lawen
all filier fast irutzen und bedrawt-n.
Und mu>i!<en tanzen, win sie preifcn,
in weidlich iiuf die hanheri grtiten,
das haut und har ort Tolgcn nach.
B. Waliiis Etop 4, 90, 28j
»ondern der auch zcen hab im maul,
und greif den weidlich auT die liauhen,
die ehr und recht «ctzen auf kchrauhon.
fruirhmautelcr 2. 4, 5, 6/. Ji llj";
bif nur einmal ao keck . . {$agt der liauer zum tnnd^knecht),
trag mir ein heniien weg,
•0 will Ich dir »uf die hauben grelTen,
dich lernen »n dem flegel plelfen. Opil m. Cork 431, M;
du warst ein held, wenn andre vor dir liefen,
liefst aber, wenn sie dir scharf auf die haube grielfen.
Chr. Grtphius poel. tväld. 1,542.
6) die haube rücken:
er solt ihn die hauben so rucken,
das sie sich müsten für ihm hucken.
froscinnäuseler 2, 5, 1, bl. Ji iiij'.
c) auf die haube gehen, kommen, über die haube wischen:
kamen uns einlzige rauber auf die hauben. Simpl. 2,215 Aur:,
was kan der stolze feind dir rauben,
dein liaab und gut bleibt doch allhier.
geh aber du ihm auf die hauben,
und brich ihm seinen balsz darfür. Opitz 2,211;
Fridericus antwortet erst ganz gelinde . . mit der zeit aber
wird er schon dreister, gehet "dem pabst derbe auf die haube.
Hahn hisl. (1724) 4,178, nol. u;
(bringt man) turten, gebachens oder strauben,
so wusch im (luchs über dhauben.
grobianus (I'rankf. 15C8) B6».
auch: dem feind auf die hauben ziehen. Wallensteins frr. 44.
rf) einem auf der haube sitzen : und indem man hin und
her Zeitung hatte, dasz der jager ausgerissen wäre, sasz ich
denen, die sich damit kützelten, wieder unversehens auf der
haube. Simpl. 1,255 Kurz; wenn wir ihnen mit uiisern schiffen
beständig auf der haube sitzen. Heilman Thucyd. 166.
e) auf der haube sein, haben: wie er ihm nahe auf der
hauben war. b. d. l. 208'; er eilet dem {wild gewordenen) ochsen
nach, war hart binden an im, wo er sich hin wandte, war
er ihm auf der hauben, weg und steg eng zu machen. 227" ;
weil also die gute herren sahen, dasz man ihnen so genauw
auf der hauben wäre. Philander 1,306; wir waren denen-
selben {den schiffen) zu geschwinde auf der haube. Pierol 2,165;
allein es {das feindliche schiff) war mir so genau auf der haube,
dasz ich ganz gewisz wäre genommen worden. 3,89; auf
der haube sein, adesse, custodire. Serz 64';
und wenn ihr weiter geht,
glaubt mir, so haben wir den kohold auf der hauben.
Wieland 22, 65 (über. 2, 15).
Ein nachklang dieser redensarten, namentlich der unter a auf-
geführten ist es, wenn mundartlich haube für ohrfeige gilt
(ScHRöER 67'), vergl. einem etwas auf die kappe geben , ihn
schlagen , thcil 5, 193.
3) kopßedediung für weiber, weiberhaubc, wovon Sch.m. 2, 137
nach form oder Verzierung eine gröszcre anzald arten aufzahlt,
redimiculum hübe, haube, hub, geziert hub Dief. 488'; rica
haub 0. rigel 497'; haub , rica, ricula, vitta, leniae , milra,
milellum Dasyp. ; rica, ein haub, hülle oder weiberschlapp ders.
[vestium notnina); die ketelin , die armspaiigen, die hauben.
Jes. 3, 19 ; {Judith) flöchte ir har ein und setzet eine hauben
auf. Judith 10,3;
das haar hieng ohne band , und lag auf ihrer (der Ariadne)
schosz,
ilir kleid stund aufgemacht, die brüste waren hiosz.
die baube weit hinweg geworfen von der stellen,
an der sie selber sasz, lag bei des meercs wellen.
Opitz I, 4:57;
kontuschen, strumpfe, raieder,
und hauben sonder zahl. IIöltt 10 Halm.
die hauben werden auch gestrickt: gestrickte hauben, reliculum
Maaler 213'; weil die weniger darvon (t'om sacrament) denn
die geisz vom hauben stricken wissen. Kirchhof wendunm. 253';
auch kan ich stricken schicir und hnuben.
J. AvRKR 194' ('.na, 33 Keller).
der verheirateten frau ist die haube als kopßracht vorzüglich eigen,
während die Jungfrau das lange haar frei herabfallend Irdgl, vgl.
haar .ip. 13. daher die haube, zrichen der frauenwürde: •
allein hier ist ein kleines blatt,
das ich indessen (zur hodizrii) schicke,
das wünsriit der hraut an meiner .ilatt
zur neuen haube glücke! Picander 3, 45A;
unter die haube l)ringen, verhriralen : dieses mahl Floramenen
mit guten willen unter die haube zu bringen, polil. stockf. Zi' ;
Klärchcn i'^t unter die haube gebracht. ThI^mmel rme 6,127;
um Dindonetton, das beste mftdohen der weit,
lU reiten, uml rein von aller makel
elott unter die haube tu bringen.
WiiLANti 4, 196 (n. Am. 8, 3.\)i
dhnlich' und wenn Ich mit «chcrzcn rauhe
Ihren krnnt der itcliäferiii.
bring ich Ihr dafür die hauhe,
halt Rio noch ci für gewinn. RticKiRT 378;
565
HAUBE
HÄl BELHENNE — HAUBENBAND
566
unter die haube kommen, frati werden: mädchen die sich
stellen, als könnten sie nicht drei zählen, werden die ärgsten,
sobald sie unter die haube kommen. Gotter Jeannelle 3, 7.
4) haube, die kopßülle eines zur beize abgerichteten falken,
s. falkenhaube: vor den falken oder vogel aber .. musz er
{der falkenier) haben eine von wohiausgearbeiteteni leder fein
zierlich gemachte haube. öco«. /ex. (1731) 619 ; überhaupt band
dieser genius . . . zuerst die schwingen der prosa los und
liesz den falken des genies ohne faden und haube steigen.
J. Paul kom. anh. zum Titan 1, 101.
5) haube, obscOn, praepulium :
ich fast mein degen bei seinr hauben.
fastn. sp. 338, 24. vergl. 259, 31.
6) haube, eine haut t0ni den köpf, die kinder dann und wann
mit zur weit bringen, und die glück anzeigen soll; s. häublein und
glücksbaube.
7) haube an vügeln und pflanzen.
a) bei den vügeln der haubenarlige federbusch am köpfe : crista
heiszt eigentlich die haube oder der federbusch auf dem
köpfe verschiedener vögel, z. b. des wiedhopfs, der hauben-
lerche. Nemsich 2, 1280. s. den letzten beleg zu häubchen
sp. 562.
b) umhüllende haut an pflanzentheilen : calyptra, eine haube,
welche die Staubfäden der gouanie bedeckt. Nemnich 1,768;
pinienkerne gingen gar merkwürdig auf, sie hüben sich wie
in einem ei eingeschlossen empor, warfen aber diese haube
bald ab. Göthe 29, 48.
8) auch der zweite magen der widerkäuenden tltiere, reticulum,
heiszt die haube : der magen der Wiederkäuer zerfällt in vier
ablheilungen , von denen die erste wanst oder pausen, die
zweite netzmagen oder haube heiszt. hRB.BM illustr. thierl. l,x\i.
9) bildlich ist haube die nebelhülle genannt worden, die den
gipfel eines berges umgibt:
ob ihm (dem Zobtenberg) sein haupt behüllt mit einer feuchten
bauben,
und ob er mir voran zu sagen well erlauben,
ein regen zeucht herauf! Locaü 1, 193;
der Mythenstein zieht seine haube an,
und kalt her bläst es aus dem wetterloch;
der Sturm, ich mein, wird da sein, eh wirs denken.
Schiller Teil 1, 1;
dann auch des berges hüchsle gipfel selbst :
die nacht ist noch im thal, die lamp in dumpfer klause,
das morgenroth umsäumt des berghaupts hohe hauben.
RÖCKERT 338.
10) in der technischen spräche ist haube für haubenähnliche
gegenstände viel in anwendung. in der baukunst ist es ein kuppel-
dach, welsche haube ein geschweiftes kuppcldach; im bergwesen
ein kleines dach über dem pferdcgOpel, zum schütze desselben gegen
die Witterung; am Schmelzofen die innere höhe öder Vertiefung des
Ireibherdes ; beim hüttenwerke das gewölbe über dem unter der
erde gebauten messingofen; bei den köhlern die decke oben auf
dem meiler von kurzem holz, so dasz derselbe eine eirunde spitze
enthält; im müMenbau der obere theil oder das dach des mühlen-
gebäudes einer holländischen tvindniühle; bei den messerschmiden
der unterste beschlag von blech auf der schale eines messers; bei
den grobsclimiden der oberste stärkere thäl in der mitte des hammer-
asens, worin das äuge zum stiel angebracld ist. Jacobsson 2, 227'.
228*; bei dem bäcker das gewölbe eines backofens. 6,50"; beiden
Schuhmachern eine sog. halbe stülpe oben am Schafte eines steifen
Stiefels, die an den seilen abfällt, und hinten am schafle ganz
außürl. 7, 432' ; bei den glockengieszern der theil der glocke, auf
dem die henkel stehen. 2,118'; bei Jägern und fischcrn ein netz
von hauben form, s. hauben netz.
Der etymologische Zusammenhang von haube, ahd. höba zu
haupt, ahd. houbit ist schon seit lange betont worden, in der
titat scheint wurzeUjemeinschaft vorzuliegen, wenn Kcnxs deutung
von golh. Iiaubi|) aus früherem hahubi{) richtig ist, die das wort
zu dem altindi-Khen kakubh gipfel, kakuha aus kakubha hervor-
ragend, stellt {zeilschr. l, 137), so wird der (sonst nicht belegten)
Wurzel kuhh aufragen aucli unser haube, als emporragender,
höclisler theil der kleidung, zufallen, ohne zweifei kann auch zu
der Verwandtschaft sanskr. kumha eine art weiblicher kopfputz,
der obere theil, köpf eines keulenförmigen holzes (Bühtl.-Roth
2,340) gezogen werden, so dasz in diesem falle das innere b
an stelle von bh steht; eben so aus glnchem gründe das griech.
xvßr„ erhabenheit, köpf; vergl. iiaufe. eine etymologische ver-
wandtsä.aß von franz. coiffe zu unserm hauhe hat daaegen wol
ntcht statt.
HÄüBELHE.NNE, f poide hup^e. Rondead 285.
HAUBELLEHCHE, /". ; cassita, galorita. heuhellerch, kobel-
lerch. GoLii onomast. 1582 293. haiibellerche Stieler 1147.
HÄUßELMEISE, f. pctrus cristalus.
HÄUBELN, HÄEBELN, verb. mit einem häublein verselten.
1) vorzüglich vom falken und sperber (nach haube 4) gebraucht:
falken haubelen , falconi capitium induere Stieler 792; der
sperber läszl sich gern häuhlen , aufsetzen , herab nehmen
und äsen. Hohberg 2,658"; ein guter sperber soll im fluge
schnell, im fangen geschicklich, im wiederkehren willig sein
und sich gerne häuhlen, aufsetzen, abnehmen und äsen
lassen. Heppe jagdlust (l784) 3, 20.
2) häubeln , nach den zu haube 2 aufgeführten redensarten
verwendet : im Nassauischen häubeln an die haube (bä den obren)
nehmen. Kebreix 188 ; er wird die Polen gewis häubeln (ihnen
auf die haube gehen, sie angreifen). Wallensteins briefe 82;
und euch [flöhe) darnach die zarte weiblin
heraber kläubeln und recht häubeln.
Fischart ßöhliatz 868 Scheitle.
vergl. auch bair. haubenen, bei der haube fassen, auf die haube
schlagen. Schm. 2,138.
3) häubeln, ein nicht näher bekanntes gesellschaftsspiel. Garj. 163'.
HAUBEN, verb. mit einer haube versehen,
1) allgemein: wu/rare hüben, huwen, hauben, tniira/us gehuvet
DiEF. 364'; vittare hüben, nd. huven /. cronen 624'; da ich
in meiner kindheil keine hauben um die obren litt: so kann
ich sie gleich einem wilden bewegen und spitzen wie ein
pferd und höre trefflich , indessen das gehaubte puhlikum
seine obren so wenig, als wären sie von silber, falten kann.
J. Paul palingen. 1,23.
2) in bezug auf die dociorhaube (sp. 563) : gehaubte narren
(die gelehrten). Keisersberg bei Frisch 1, 422'.
3) die braut wird gehaubt, es wird ihr am hochzeilsabend der
kränz genommen und die haube , das zeichen der frauenwürde
(sp. 564) aufgesetzt :
vorm jähre war sie noch geschlank
und hielt vom kränze viel,
doch heuer spricht sie groszen dank,
wenn man sie hauben wil.
Cur. Weise iiberfl. ged. 2, 220;
welch weib des Isaacs braut am hochzeitabend haubte.
Günther 504;
es ist ein brauch von langen Zeiten,
die braut musz auch gehaubet sein. Picander 2, 375'
in Sachsen ward im 16. jahrh. gefallenen mädchen von gerichts-
wegen der kränz genommen, sie wurden gehaubet. neuer Pitaval
34, 431.
4) man haubt oder häubt die falken, nach haube 4: wann
sie (die falken) gefangen , werden sie gehaubt mit reusch-
hauben. wann man sie anfacht zu tragen , werden sie erst
recht gehaubt. Sebiz feldbau 570 ; ich hab in langer zeit kein
guten gerfalken bekommen, der mir recht abtgemäsz gehäupt
auf der band stund. Garg. 243';
der valk der ringet auf der band
siht er, dasz man in wil hauben.
RosenblCt bei Jordan, königlhum Georgs
v. Podiebrad 403 ;
so musz man hüben dann die bätzen.
Brant narrensch. 44, 7 {vergl. den comm.
dazu s. 379*).
XU einem obscOnen bilde verwendet:
ich pult ein schönes tochterlein,
das sie tet den willen mein,
das sie mir heubet meinen falken
und liesz in sitzen auf iren palken. fastn. sp. 117,24.
5) in bezug auf vögel, die mü einer natürlichen haube (sp. 565)
versehen sind:
allein die dame sah,
bis sie vorüber war, zur linken im gebüsche
zwei schönen gehnubten täubchen, die dort sich schuäbelten, zu.
WiKLAND 5, 20 {n. Amad. 12, 26).
H.\LBE.\ADLER, m. falco coronatus.
HAUBENALK, f. alca cristatella, der gehäubelle papageien-
tauchor.
HAUBENBAND, n. l) band an der haube: ein herrliches
rolhes hauhenband. J. Paul Titan l, 90.
2) in Schleswig und Holstein bezeichnet es symbolisch eine
gerechtigkeit adliclier witwen , das von ihrem ehemanne Itinter-
lassene erbgut noch ein volles jähr in nieszbrauch zu halten.
SchCtze 2,171 ; auch nd. huvenbands-gerechtigkeit. Haltaüs 987.
3) haubenband est donatio novae sponsae a sponso data,
speciesque morganaticae. Stieler 154.
36*
567
HAUBEiXBENÜEL — HAUBlTZRÜliR
HÄUBLEIN — HAUCH
568
HAUBENBENDEL, «i. binde die um den köpf zur haube ga-
faltel wird: viUa haubenbendel vel binnhaub erlicLer weiber.
Alrehus J2'; taeniae haubenbendel oder haub. das.
HAI BENDRAHT, m. drahtgesldl zu einer liaube. Amaranthes
frauenz.-lcx. (1773) 1,1304.
HAUBENDROSSEL, f. ampclis garrula.
HAUBEiNEISEN, »i. beim mcsser!:chm)d ein rundliches eisen,
worauf aus silber- oder vicssingblcch der unterste beschlag oder
die haube eines messers gebildet wird. Jacobsson 2, 228'.
HAUBENENTE, f. anas fuügula.
HAUBENFALKE, m. falco cirrhotus.
HAUBENFINKE, hi. loxia cardinalis.
HAUBENFÖRMIG, adj.: haubenfürmige binde nennt der
Wundarzt eine binde besondrer form, die bei kopfscliäden gebraucht
wird. Jacobsson 6, 50*.
HAUBENGEIER, m. haubenadler.
HAUBENHÄHER, m. eorvus cristatus.
HAUBENHUHN, »i. phasianus, gallus cristatus.
HAUBENKüNIG, »». molacilla rcgiiUts, goldhähnchen,
HAUBENKOPF, m. ein geschnitzter köpf, auf dem die haubcn
in ihre gehörige form gebrae^lt werden : es ist mein baubenkopf.
KoTzEBUE rfram. sp. 3, 3C4. als bild für steifes: es blieb immer
in vergleich des Urbildes ein steifer baubenkopf. Müsäus
volksm. 717.
HAUBENKRAM, m. tabcrna milrarum sive viltarum venalium.
Frisch 1, 422'.
HAUBENLERCHE, f alauda cristala.
HAUBENMACHERLN, /". verfertigerin von hauben. Amaranthes
frauenz.-lcx. (1773) 1, 1304.
HAUBENMEISE, /. parus cristatus.
HAUBENNADEL, f kleine Stecknadel, wie sie zu den hauben
gebraucld wird.
HAUBENNETZ , n. bei den fischern ein groszmasclnges , sehr
weites netz, welches vor den eingang eines engern netzes gestellt
wird. Jacobsson 6, .50'.
HAUBENSPECHT, m. picus principalis.
HAUBENSTECKERIN, f. die verfertigerin von weiberhatd)en.
Amaranthes frauenz.-lex. (1773) 1,1304.
HAUBENSTOCK, m. baubenkopf, ein rundlicher klotz worauf
man die haube setzt, damit sie die form behalte. Frisch 1,422'.
in bildern für einen hohlkvpftgen vicnsclien:
er wird ein schöner klotz, geschminket im gesiebt,
ein leerer hanbenstock. Zacuäriä 1, 142;
liic siaatsperfickc der manierlichkeil
bedeckt gewöhnlich einen hanbenstock. Platen 197-,
ein toller wunscli! versetzt der hanbenstock (der prini
' l'ervunte). Wieland 18, 170.
HAUBENSTRICKEB, »ii. reticularius. Diefenb.49(>'. retiarius.
Frisch 1,422'. fem. liaubenstrickerin : summa, wie die ge-
lertcn sagen, ISacma i';! die erste ncteiin, portenwirkerin,
Seidenstickerin und liaubenstrickerin gewesen. Mathes. Sar. lo'.
HAUBENSTULPE, f ricae cusps. Stiei-er 21 70.
HAUBENTAUBE, f colutnba cucullata.
HAUBENTAUCHEIt, hi. colymbus cristatus und mergus caslor.
HAUBENTBÄGER, m. palameda cristala, baslardkranich.
HAUBENZEISIG, «i. pipra cristala.
HAUBENZIPFEL, m.: leniae: haubenzipfel , haubenbendel
Dasyhodiüs.
HAUBITZE, f. 1) ein yruhcs gescliittz zum sdiieszen von gra-
vaten und kartätsdien. der name ist seil den Hussitenkriegen aus
dem bühmiarhen liaufnice steinscldeuder übernunanen und begegnet
iiifrühesl in Sfiddeutschland in der form haufnitz Schm. 2,155;
ehenso in einem zeugregisler der sladl l'assau aus dem \h.jahrh.
Verhandlungen des hisl. ver. für fiiederbaiern 1804, 1,81; zwii
liaufoicze. Behaim iriz-ner 402, 8. das gescliittz sdieinl erst nach
langer zeit m der kriegskunsl allgemeiner bekannt zu werden,
Böckler in der kricgsschule (ICOS) beschreibt es noch nicht, Egcehs
kriegflexicon t (1757)1100 nennt baubilz erst von den neueren an
teile der kammerstücke eingeführt; der name iit bei ihm mase.,
uie bei Friich 1,423'; Steiniiach 1,711 (jibl die liaubilze.
V) auch das aus der liaubitze geschleuderte gesdiosz heisxt so:
feindliche granatcn und haubitzcn fallen, einige dicht neben
df-ni Iterlincr. Grarbe Napoleon, a. r> $c.i (.v. 201).
liAUIilTZ(>nANATE, f granate die aus einer liaubilze ge-
.Wio«o-ii winl. JaC(iii*«on 2, 220*,
; rr/.itomi, «..-
'I* (l«rm linnliltzrobr leiichlktigeln, «auicndcn flug^«,
■ ' '• ' Tti crliollen die srgond.
l'iRim Tunitiat 0, (tii.
HÄUBLEIN, «. Weine haube, mhd. biubel.
1) als männertracht : über ein weil kommt Wolf, der keilner,
zu dem alten wucberer, ruckt das beublein (grüszend). i. Avrer
fastn.sp. 23* (2449,34 Kf//cr);
der lieh licrr sand Matheus
der bringt uns zeitig trewhel,
so legen wir dann die scliaiiphüt hin
und suchen die rawhen hewbel {pelzmützen).
fastn. sp. 1105.
ein hiubel mit haar ausgest</j>fl, als Vorläufer da- ptrückc {rergl.
baarhaube) :
unz im das hiubel abe swanc, •
da^ ime das houbet blo; beleip.
Haupts zeitsclir. 7, 375.
ü/$ kriegerische kopfbedeckung : hut, bauptbarnasch und heubel.
Aventin bei Schm, 2, 138. die rilter^truyen ein hiubel u>i/er
dem helme:
dö sluoc er Weisungen
durch einen heimcn riehen
harte krel'ticiichen
unz üf ein hiubel guldin. Diterotf 639.
2) häublein eines doüors: wiszt ihr nit von jenem pbilo-
sopho, der sich ab eines äffen bossen ge.'^und lacht, alsz er
sähe ine sein doctorhäubleiu und uberparetlein vom nagel
ziehen. Garg. 13'.
3) häublein, zeidien der frau:
grün kränzlein darfst du nicht tragen,
sciineeweiszes häublein sollst tragen,
wie andre jägersfraun. Simrock no. 99.
4) häublein, die glückshaube neugeborener kinder : dann sie
wissen leider gar nicht , . . . mit was vor pacten und be-
dingungen bei den geburten der kinder ihre häublein, so sie
mit auf die weit bringen, von irgends etlichen alten weibcrn
zu der festigkeil {kunst sich fest zu machen) eniplojrel werden.
Simpl. 4, 189 Kurz.
5) redensart: gleichwol haben sie diesen stucken ein anders
häublein aufgesetzt (es anders dargestclll). Fiscuart bienenk. 52'.
— Unter spiel die inns feld gehörten, begegnet auch häubleins.
Garg. 171*.
HAUBLOCK, m. liackcklotz. Jacobsson 2,229*. haublocb
truncus Stieler 198.
HAUBNER, wi. haubenmacher. Frisch 1,422'.
HAUBUNG, f das aufsetzen der haube: vitlatio hubung,
huvinge Dief, 624'.
HAUCH, m. ein früher ungewöhnliches, erst in den klzten
Jahrhunderten in aufnähme gekommenes worl : hauch, flatus, aii-
helitus ScHOTTEL 1334. in mehreren beziehungen:
1) der dem munde entströmende athem: der blosze hauch
seines mundes. Schiller räuber 1, 3 ; du sollst mich mit allen
Waffen widerlegen, die du in deiner gewalt hast, aber ich
blase sie weg mit dem hauch meines mundes. 5, 1 ; wo sind
deine hochfiiegende plane? sinds Seifenblasen gewesen, die
beim hauch eines weilies zerplatzten? 5,2;
überall umschweb ich deine spuren,
und mein liauch berührt im westen dich.
llV)7/icr an Lalle 1775;
ewig starr an deinem niund zu hangen,
wer enirätbselt dieses wnilivcrlaiigen?
wer die wollust deinen hauch zu trinken?
Schiller geh. der rcminisc. (1, 82 Kui:);
sie athmet in lieblichem schlummcr,
uiMJ 15 ihnchgUihet ihr hauch mir bis ins ticiste die liriiM
GüTUF. 1, 2t)(!,
t'om athem volles:
bis, lielruchlet von Jchovahs hauche,
giiibcr kreiszen. elcij. du/ d. lud r. juiKjtings (1,42 Ami;)
der letzte hauch, eines sterbenden : den letzten hauch von sich
geben, halitum e.rlremum efflare. Steinbach 1,711; so wahr
mich gott im letzten hauch nicht verlassen soll! Schiuer
kab. u. liebe 2,5.
2) daher im besondern der athem , wie er zur hervorbringun^
einzelner sprachlaute verwendet wird (s. haurhlant): nnimiglich.
dasz ein h oder hauch am ende hinter einem millaulenden
soll ausgesprochen werden. Schottel 212; h (»>/) ein dent-
liclier hauch. Gottschiiü krrn der sprachkunst (1753) .'.2; nun
sollten einige der erstem gniszern urzeichen (lidiniisclie biidi
slaben) on ihrer stelle gar nichts gelten . . dann htdileii su
einmal wieder einen leisen lianch , dann einen iiirln (..l.:
weniger liarleii kehllaut andeuten. Göthe 2l,:'ol. — /'
<toll einmal, wie es sdieinl, hauch den ydiaiicJilen ku»z
(i. unter iiaiuhen): o ihr wcibcr ... ihr «eid erschalltüi /u
unserem iinhril. euer blick ist lug und euer lianch ist Iruf
4,174.
569
HAUCH
HAUCHBLATT — HAUCHEN
570
3) hauch, das wehen der laß :
zephyr, du,
wie denn ihr andern auch,
weht mir noch einen hauch
von ihnen {fernen freunden) zu. Fleming 403;
nur noch der hauch verliebter wesic
belebt das schwanke laub der äste.
Haller Schweiz, ged. (176S) 86;
der hauch der soramerluft. Hagedorn 1, 63;
komm, zephyr, lasz in diesen huschen
mich deinen sanften hauch erlHschen. Gleim 1, 142;
fern droht ein stürm, noch ist er hauch.
F. Hahn in Millers ged. 39;
du (gott) bist in hauch, in stürm,
in licht, in flnsternis. Glei« 7, tili;
über allen gipfeln
ist ruh,
in allen wipfeln
spürest du
kaum einen hauch. Göthe 1, 109;
nnfanss schwebeten beid (adler) einher im >iauche des windes.
Odyssee 2, U9 ;
wo im grün
blumen blühn,
und der hauch
spielt im strauch. Rückert ges. ged. 1, 264:
ein dufl von himrael, wald und blütheu,
ein frisclier hauch um meine brüst!
R. Reimck lieder s. 30;
sind es die vögel im strauch ?
ob des windes'hauch? 151.
cm ungewülinlicher phiral hauche ist hier :u verzeichnen :
wie frühlingshäuche mir entgegen wehen.
W. V. HusBOLni ges. werke 6, 59S.
4) bauch, zunächst vom dunstheise:
und schon deckte der hauch trüber entferuung die Stadt.
GöiHE 1, 300;
dann in freierer Verwendung, von der von einem wesen aus-
slrümenden geistigen oder seelischen almosphäre: schon verschwand
der winler vor dein hauch des crstgebornen sohnes der nalur.
Kunger 4,149; den natuij^childerungen darf nicht der hauch
des lebens entzogen werden. A. v. Humboldt kosmos l, viii ;
kleine aufsälze und anmerkungen, in denen man alsbald den
hauch überlegener kenntnisse spürt. Güthe 45,380; alles war
reinlich und sauber umher und der hauch ihrer nähe wehte
noch in dem kleinen zimmer. Immermann Münchh. 4, 38 ;
■der hauch des lenzes weckte
die schlafende natur. Gotter 1, 26;
klang nicht Dantes junge seele,
von der liebe hauch durchzittert? Uhland ged. 278;
weg die fesseln! deines geisies
hab ich einen hauch verspürt. 286;
vom hauch des grahes keine spur. 244;
der du die blumen auseinanderfaltest,
0 bauch des lenzes, weh auch uns heran !
der du der Völker hcilge knospen spaltest,
0 hauch der freiheit, weh auch diese an.
Freiligratu glaubensbek. 128.
häußy in lebendigen hildern, die das wort ganz an die bedeutuny 1
anlehnen: über Spanien hatte sieb der schwarze dämon, von
den priestern beschworen, niedergelassen, der mit seinem
giftigen hauch das glück eines ganzen Volkes vernichten sollte.
Klinger 4, 149;
da wurde vom glühenden hauche der tust
die Unschuld zu tode vergiftet. Rcrger 61*;
unter meiner Sehnsucht hauch verdunkelt
und verzehrt mein morgenlämpcheu sich. 99';
(wenn) die seuchen still durch Stadt und dörfer schleichen,
ihr wirthlich dach mit gifigem hauch verpesten.
GöTUE II, 335.
5) bauch, leichter anfliig , engl, touch: was wunder, wenn
der schöne bauch der jungfräulichen scbambafligkeit , von
dem sie bekleidet sind, bei dem angriffe leidet! C. F. VVeisze
Itistsp. 3, üT; ein gewisser hauch von bescheidener furcht--
samkeil verschönerte sie. J. Faul uns. löge 3,9. als bild für
etwas geringes, leichtes, nur andeutendes: nur ein bauch von
Iheorie erregle schon furcht. Güthe 58,150;
o dieses wen, an dem ich zweifeln sollte,
so lang ein hauch von glauben in mir lebt. 9, 218.
^^^ das woit, gewis ein lautmalendes (s. hauchen) scheint mit dem
^^^folgenden bauch in etymolvgischer Verwandtschaft nicht zu stehen.
^^B HAUCH, «I. der zapfen im halse: der zapfen, hauch, beucli
^^Boder buch. Amarantbes frauen:.-lex. (1773) 2, 3908; uvula
^^Kbuge in dem halse, bong {lies houg) Dief. 033'. bei Nemnich
^^r ' " liauk, Uvula. 4,1536; büke uvula CHUBAEiiS. holt.
I
buig, engl. hock, es entspricht dem sanskr. käkud, käkuda
vmndhi'jhle , gaumen, käkalaka kehlkopf, schildknorpel (Bübtl.-
RoTH 2,199. 197).
HAUCHBLATT, n. zapfen im; halse: uva bauchblat /. bueck
DiEE. 632'; es wird gebraucht zu dem feuchten gefallenen
zäpflein und das feucht aufgeschwollen bauchblat zu trocknen.
Taderxaem. 814. s. hockblatt.
HAUCHEN, verb. halare, anhelarc. ein vihd. blieben erscheint
im 13. jahrh. nachgewiesen (wb. 1, 724"), doch ist es ein seltenes
wort, das noch im IG. jahrh. wenig ersdieint (anhauchen adßare
Dasyp., stellen aus Luthers bibel s. unten), und erst im 17. sich
mehr ausbreitet; zu dem dichterischen glänze, der haueben »ri
der modernen spräche umgibt, ist es erst seit dei' 2. liälfle des
lii. jahrh. gekommen, schon Frisch hebt hervor, das: das worl ein
lautmalendes sei, die obeideutschen verwenden dafür, den hauch
stärker hervorhebend, ein kauchen, vihd. kochen, und wie diese
Worte unter einander zusammenhängen, ist ausführlicli unter
kauchen u/id keichen (5,305. 437 /f.) besprochen." hauchen hat
folgende bedeutungen :
1) den athem dem geöffneten munde entströfiicn lassen, einen
hauch ausstoszen.
o) intransitiv:
ein raädchen wird beim tanz verschönert, rothe wangen,
ein mund, der lächelnd haucht. Göthe 7, 34;
an die fensterscbeibe hauchen ; das kind hauchte in die
bände; kein schmollen, kein hinzögern, kein falscher wider-
stand hauchte über den spiegel dieser komisch-anmuthigen
seele. Lmmer.mann Münchh. 4,138;
mtid. da;; er die hendc in den munt
vor froste beide samt bot,
und buchte dran.
Stricker in Wackernagets leseb. 626, 29.
in bezug auf gott, bildlich : denn sie (die uetsheil) ist das baueben
der göttlichen kraft, und ein stral der berrligkeit des allmech-
ligen. weish. Sal. 7,25; von dem athem des heiligen geistes: wo
der bimmel nicht di macht bette, durch seines einwohners
hauchen unsere hekümmernüs zu hindern, es würde mehr ver-
zagung bei unserer Schwachheit vorlaufen. Butschky kanzl. 859.
b) transitiv, mit objectsaccusativ :
mein mund hat eine zung, ich kan nicht warmes hauchen
und kaltes auch zumal. Logad 3, 244, no. 145;
er bauchet lauter Schwefel und gift , nil praeter venena et
mortem sfiirat. Stieler 792;
als es den rächen gähnend theiiet
und von sich haucht den giftgen wind.
Schiller kämpf mit d. dr. f.2l5,
er (der drache) hauchet dampf und flamme.
UuLAND ged. 388.
auch mit dem accusaliv der Wirkung: der blosze bauch seines
mundes wird dich in jenen schwarzen, todäbniichen schwinde!
bauchen, der den geruch eines berstenden aases und den
anblick eines leicbenvollen wahlplatzes begleitet. Schiller
tauber 1,3; tiäumer, bevor du dalun gelangst, will ich dich
zu ascbe baueben. Klinger 5,386;
dein .diener, herr von Dampf, ruft: platz da! vor dir her.
wenn ich an deiner stelle war,
den diener wollt ich besser brauchen :
du kannst dir freien weg ja durchs gedränge — hauchen.
Lessing 1, 18;
S. was blast ihr -da so in die band?
E. seid ihr nicht mit der kunst bekannt?
ich hauch die lingerspitzcn warm. Göthe 13,80;
vergl. forlhaucben 4', 18:
hauche doch die sinnumdüstrung
mir vom seelenspiegel lort. RCckert 234;
auseinander hauchen: da Viktor sah, wie sehr sein freund
ihre liebe wie einen zugebenden tulpenkelch aus einander
gebaucht habe. J. Paul Uesp. 3, 191.
2) die vorige bedeulung sjtecialixiert sich, indem bauchen für
eine handlung des mundes (sprechen, küssen) gebraucht wird, bei
der das hauchen besonders hervortritt, so grammatisch : der laut
b wird gehaucht; dünn poetiscli, vom leisen sprechen, singen:
sie nahm ihre Zuflucht zum clavier, und hauchte mit süszer,
leiser stimme harmonische laute zu ihrem spiele. Göthe
16,134; schlug den arm um ihren nacken und hauchte bebend
'meine Olga'. Gutzkow ritter v. g. 6,165; vom leisen kus.^e:
Karl Gabriel bauchte einen leiden kuss auf seine lippen.
Imhermann Münchh. 3,175; von der in der enegung gehemmten
stimme: eine sanfte, mehr klugende, als empüruiig hauchende
stimme. Klinger 7, 249;
571
Hauchen
HAUCHEN— HAUDERN
575
der laune gaukelein, ein laut,
verstümmelt in die luft gehaucht.
Schiller Katios 2, 8;
so auch in mancher freiem ßgung: könntest du dem papiere
das einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt. Güthe 16,8 ;
sprachs, und hauchte gen'altigen muth in den hirten der Völker.
BÜRCKR 231';
und wenn
die neue ahnung mir Apollo haucht. Stolberg 4, 10;
unsre freuden, unsre schmerzen,
hauchen wir ins warme lied. Körner 1,236;
du schläfst so sanft! die stillen züge hauchen
noch deines iebens schöne träume wieder. 1, 59.
in einer Umschreibung für sterben :
in des fflhrers arme sinkt er,
haucht sein leben in die winde. Uhland ged. 269.
3) dann sieht hauchen, mil anklang an l Mos. 2, 7 auch für
hauchend formen, schaffen: warum hauchte der Schöpfer ein
wesen mil mächtigen kräften ? Wieland 32, 239.
4) hauchen , vom uehen der laß (hauch 3) : tn JVossot* es
haucht, es säuselt ein südwestwind. Kehrein 188 ; wo etwa ein
wind hauchet, weish. n, 19 ; ein zephyr, nicht stärker als ein
warmer seufzer der liebe, hauchet vor unsern wangen vorbei
unter die rauchenden kornblüten. J. Paul Hesp. 2,246;
da (im goldnen zeilaller) hauchte stets des l'rühlings milde nur.
A. W. Schlegel im tnusenalm. v. 1798, s.49;
ha! wie es um mich haucht und weht und klingt!
Arndt ged. (1840) 423;
o welche rosen blühen in dem zimmer,
o welche ambradüfte hauchen da!
Grabbb Napoleon s. 70;
der west , der die blüthe des mandelbaums auf Fatimens
scboosz bauchte. Klinger 5, 163 ;
gaukelt in der kirschenblüthe,
zephvrn, eure flügel matt,
haucht auf ihre sonnenhute
manches weisze blfithenblatt. Höltt 132 Halm;
nicht der regen, nicht der stürm
haucht ihm schauer übers herz. Göthe 2, 70.
in passiver fügung:
denn hlutt und blosz bin ich hieher gebaucht (vom winde her
gewelil). Uuland ged. 431.
5) hauchen, einen bauch ausströmen (hauch 4):
zwar die blätter duften frisch,
und die knospen hauchen,
aber für den mittagstisch
sind sie nicht zu brauchen. RGceert 224;
wo büsche schatten, wo die linde haucht.
Platbn 46;
mil dem acc. des objects:
die linde haucht
mir tiefre schauer. Hölty 212 Halm;
ihre {dci- rose] kindheit hauchte freude,
freude duftet ihr alter einst. Ravler 2, G;
balsamduft
hauchen wir {lindeubliiten) in dünne luft.
Gleim 3, 28S;
wie manche ros im thal crröthet ungcschn,
haucht ihren duft umsonst, und stirbt vergebens schön !
Götter 1, 138;
nachtvioU, dich geht man am blendenden tage vorüber;*
doch Bei der nacbtigall schlag bauchest du köstlichen geist.
GöTHK I, 3U2;
übertragen: jene wilde Sanftheit, die aus ihren romanen haucht
FrcHTE üb. d, franz. revol. 81 ;
nichts ist doch so eitel und unbeständig auf erden
als der raenscb, von allem was leben haucht und sich reget.
Odyssee 18, 131.
<i) hauclien {nach hauch 5) wie einen zarten duft oder hauch
tluas schaffen: und wenn es mir nun auch gelänge, dich zug
fiir ziig mit den wärmsten und geislig.stun färben der liebe
hin zu hauchen. Klincer 10,12; brustbild des Bachus. arbeil,
wie auf den stein gehaucht. Güthe 30,260;
die sjlphoii rntwallen
des rnnrfTPtirolh» hallen.
•■■' 'i. wie mild
> l>ild
'liaucht
in iith. t ÄJi li taucht. Mattuis.ooh ged. 143.
") bauchen tcird endlich in gleicher weise lautmalend, wie am
nn(iiin(ie des arlikeh heivorgehnben , vom geschret des uhus ge-
lirauchl, ton welchem er seinen namen hau {sp. id'i) trägt: dal
bauchen der iihu. Staii>aciikr Genovefa 180.
HACCHEN, verb., kauern, sich ducken, sich einziehen, neben-
form zu kauchen und theil 5,306 naclt form und Verwandtschaft
bereits mit besjiroclicn:
so hauch darnider in das grasz
auf alle viere, und auf das
ich auf dich sitz und auf dir reit.
n. Sachs 3, 2, 69';
wiewol ich im vil ehr erbot,
haucht er sich nider, wart schamrot. 5,364*.
a«c/i mit eingezogenem körper gehen, scideichrn:
der thorheit höchster grad mag wol in dem bestehen,
wenn man so weit herumb mit müden füszen haucht,
und sich des vorthels nicht und gradcn weges l)raucht.
ScUERFFER grob. 22.
auf dem Weslerwalde wird hauchen von den hühnern gesagt,
wenn sie auf ihren jungen sitzen und sie vül den flitgeln be-
decken. Kehrein 188.
HAUCHEH, Hl. anhelator, spirans. Stieler 792. in der neuern
spräche öfter für hauchlaut gebraucht.
HAUCHFORELLE, f. salmo hucho, sonst buch, buchen,
beuch. Nemnich.
HAUCHGEFIEDER, n.:
da gaukelt um mich her ein träum
auf Zephyrs hauchgefieder. Stolberg 5, 284.
HAUCHHAAR, »i.; pappus , der wollichte saamen, liaiich-
haare, an etlichen kräutern, die vom blasen wegfliegen. .Mat-
TiiiÄ lat. dcut>:clies lex. 1 (1761) 1001*. Kirsch cornuc. hat dafür
gauchhaare.
HAUCmCHT, adj, spirabilis, anhelus, flabilis: hauchichte woite,
anhelata verba Stieler 793.
HAUCHLAUT, m. laut der durch hauchen erzeugt wird, na-
mentlich h. als technischer ausdruck den grammatiicern des 18.
jahrh., besonders Adelung eigen.
HAUCHSTEIN, vi. : kieselsteine . . , wie ein halb kJein ei
grosz, gestaltet wie ein knöpf am Schwerte, mit fünf schonen
ausgestochenen linien, creuzweise gezieret, an der färbe
schwarzgrau. werden krölen-, alpen- oder hauchsteine ge-
nant, sollen fürs bluten, für geschwollen hals etc. gut sein.
Rollenhagen wahrhafte lügen (1717) 409. zu hauch uvula sp. 5ü'j.
HAUCHZEN, verb. oft oder angestrengt hauchen: und mil
irem mund verdecket sy ircin mann das gesund uug und
huchczet im so lang darein. Steinhöwel (1489) 102';
die seufzen die mein angst und quäl genug bezeugen,
nicht seufzen sein, weil sich nicht seufzen so ereugen.
die seufzen halten Ja biszweilcn inn und still,
und von viel hauchzon ich doch kein erleuchirung lühl.
D. v. B. Werüer Ariüsl 23, 207, 4.
HAUDEGEN, «i. 1) dcgen dessen klinge zum hieb eingerichlfl
und daher zweischneidig ist , im gegensalz zum sfoszdegen. Ja-
COBSSON 2,229'; mil einem guten bawdegen vor dem Ihoii'
auf dem gewöhnlichen platz erscheinen soll. Scuocu stiul. Ich.
Giij ; verachtet man sie, so inusz man den haudegen bei »Ion
schwcrdfegcr in vorralh bestellen. Chr. Weise A7. leutc 314;
als Friderici und Hony mil groszen salindischen schwarzen
haudegen kamen, und Ernesti zum andernmabl herausfor-
derten. Salinde 73.
2) übertragen auf den mann , der den haudegen gut führt,
krieger : niemand schlosz sich an den allen haudegen (einen
oberstlieuteuaul) an. Seume spazierg. l; 33.
HAUDER, interj., das geschrei des truthahns nachahmend:
wenn sich ein truthan will auf roihes band orhüs/rii,
und haudcr, hauder schreit, was ist vor noth dabei?
Thilandkr v. d. Linde icrw. ijvd. (1710) s. 201.
daher der hauderhauder, mundartlich, name des Inilhohns, im
Koburgschen Fromm. 2, 85.
HAUDERER, m. lohnkulscher , mietsfuhrmunn : fuhr ich ..
von Leipzig ab, in dem bequemen wagen eines hauderers.
Göthe 25,192; sich durch sogenaiiiite hauderer oder luielh-
kulschcr fahren zu lassen. Kniggk umg. m. m. 2, 22(i ; duil
mielhelc mein valer einen hauderer, der uns über Scheppen
stedl, MngdeJiurg, die Wallachei hindurch nach Thessalunirh
fuhr. Immermann Münchh. 2, 67 ;
und wiedrum in fünriMindcri jahr
wcUz der grlehrtesle nicht
lu sagen, wiis «in hauderer war,
was ruhriuaniis recht und pflicht.
ScuRiFKi. ijaudenmus 100.
HAUDERN, verb. in einem tnielwagen fahren, das wart liat
seine heimal in den rheinuchen ijegenden (Kkhrkin 188) und in
Franken (Scum. 2, 152), und seine bvdeutung ist erst aus einer
573
HAUDERN — HAUEISEN
HAUEN
574
andern, u-ahrscheinlich dttrcli voUiswitZj übertragen, haudern heiszl
sunächst schüUern, rfitteln, es ist der verwandle des nhd. schaudern,
engl, shudder, ferner des alls. scuddian , niederl. schudden,
schütteln, deren anlautendes s zum anlaute h jenes worles eben
so steht, wie das ahd. scama schäm, eigentlich rerbergung zu der
deutschen würzet ham in ahd. hämo hülle, mag das s als rest
einer vorpartikel erst spdler angetreten, oder mag es ursprünglich
uurzelhaß und im laufe der zelten abgefallen sein , wodurch die
verscliiebung eines ursprünglichen k in h sich vollzog, mund-
artlich hat haudern, mit der nebenform hiiddern, huddeln, die
den kurzen grundiocal zeigt, die alle bedeutung schütteln gewahrt,
so im Osterlande liuddeln rütteln, häufig aber ist es auch auf
das schütteln durch den frost bezogen : so tiroUsch haudern frösteln,
mir ist hauderisch. mich fröstelt, dann auch kränkeln Fromm.
6, 146 ; niederd. hudern, vom frost geschüttelt werden , schauem
ScHAMB. S7*; huddeln, schaudern Dähsebt 195'; huddern das
qefülil der kälte empfinden Dasseil 86'; andere sinnesenlwickelung
zeigt Schweiz, hudern geschwind und verworren reden, eine sache
schnell und obenhin thun Stalder 2, 60, tra5 dann weiter mit
einem andern lindern , dem hader verwandt ist, sich boührt, s.
hudel und hudern. wenn demnach haudern aus der grundbe-
deulung rütteln in die mit lohnfiJirwerk fahren übergieng, so waltet
hierbei dieselbe anschauung, aus der das volk das fremde omnibus
in rumpelpost umdeutschte. — haudern icird gesagt :
1) als lohnkulscher einem fahren : dinget mit ihm, dasz er
ihn wolt bisz in den nechstcn flecken haudern. Zinkgref
lerm. schulbossen (1627) s. 11.
2) mit einen lohn fuhrwerk gefahren werden: musi nun den
schlimmen weg des Nickelsberges hinunter haudern. Götbe
44, 258.
3) refl. und bildlich sich haudern, sieh bewegen icie mit einem
lohn fuhrwerke, langsam und nicht ganz bequem : hier geht meine
praxis mit meinen kenntnissen hand in band, ich lerne jeden
lag und haudere mich weiter. Güthe und Werther 193.
HAUDERN, verb. wie ein Irulhahn schreien (s. oben die interj.
hauder): dein kleiner vetter läszt dich grüszen und schickt
dir einen türkischen hahn von zucker, wo er nicht haudern
kan so beisz iiim den köpf ab. Chr. Weise freim. redner 750.
HAUE, f. Werkzeug zum hauen, ligo; ahd. houwa, mhd. houwe.
zunächst zur bearbeilung der erde: how ligo voc. ine. theut. kS';
fossorum ein hauwe Dief. 244'; rastrum rechhe, houwe, karst
nov. gloss. 313'; die hauwen oder karst wie die räbieüt
brauchend, pastinum , bipalium, curvus dens, rastrum Maaler
215'; hauwen mit zwei zinken capreolus 215'; und naraen
mit inen hauwen schaufeln und karst. Steinhüwel (14S7) 74';
mit einer hawen gieng einer durch einen waldl. Pauli scJiimpf
84'; mustc ganz Israel hinab ziehen zu den Philistern, wenn
jemand hatte ein pflugschar, hawen, beil oder sensen zu
scherfen. 1 Sam. 13, 20 ; die schneiten an den sensen und
hawen und gabeh und bellen waren abgeerbeitet. 21; zu
alle den (ttein-)bergen , so man mit hawen pflegt umb zu.
hacken. Jes. 7,25; grub mit der hawen. rfas.; gang heim und
hol bickel , scbaufel und hawen, damit du in (einen schätz)
auszgrabsf. Wickram rollw. 60,22 Kurz; weil wir zu haus bei
unsern hauen und pflügen (plur.) nicht bleiben konten. Simpl.
2,38 Kurz; wollt ihr euch mit der schaufei und haue um
einen bissen trocken brod abquälen? Schiller räuber 1,2;
tagelohner mit haue und handkarren begannen grund zu
graben. Freytag handschr. 1, 31 ;
macht blanken in den zäun, schnitzt flegcl, stielt die hauen
(cersiehl sie mit einem stiete). Opitz 1, 166;
zum graben eines grabes:
niemand macht znrischen meiner frawen
und mir frid, dann schauTel und hawen.
H. Sachs 1, 521'.
als uaffe:
viel ext, viel kärst, viel knüttel schwer,
sah man traeen in diesem beer,
und hawen, helleparten, spiesz. E. Alberus 50*.
als handwerksgerdt :
ein alter Steinmetz one hawen.
B. Waldis E$op 4,93, 144;
6« den müllern ist haue ein starkes eisen, das den läufer (den
laufenden mühlstein) umwälzt; im bergwerk der wie ein hammer
\^^^Kstaltete pocher, womü der eiscnstein gepocht tcird. Jacobsson
^m, 229'.
^^H HAUEISEN, n. eisen, tcomit der saltler und riemer Verzierungen
^^Bi Uder haut, bei den feilenhauern ein eisen, worin die feilen
als gerät der Schuhmacher: in den filz haw auch locher, als
in das papir, mit einem haweiszen. als die schuster haben.
H. v. Pfolsprcndt buch der bünderznei 71, 13.
HAUEN, verb. c^edere.
I. formelles und etymologisches, ahd. hawan, hauwan, howan,
houwan ; alts. hawan, hauwan ; ags. hedvan ; mhd. mnl. houwen,
mittelengl. hewen, neuengl. hew; altn. höggva, schwed. hugga,
dän. hugge. bereits unter hacken ttnd hagel ist darauf hin-
gedeutet worden , dasz in den hoch- und niederdeutschen formen
des Wortes die wurzel nicht unverstümmelt erseheint, die gothisdie
form entgeht uns, die nordische aber zeigt, wie jene wurzel einsl
eine gutturalis halte, dieselbe würde, wenn das wort im gothischen
aufgewiesen werden könnte, dort ebenfalls zu tage treten, und zwar
nach gothisclier eigenthümlichkcil nasaliert, so dasz für die infinitiv-
form, wie dem ahd. pliwan, pliuwan golh. bliggvan entspricht,
sicher ein goth. haggvan erschlossen werden kann, die silbe va
in dieser form ist eine bildungssiibe, im nordischen auch noch rein
von der Wurzelsilbe gesdiieden, in den hoch- und niederdeut^-chen
dialecten dagegen verdrängte sie den anstaut der wurzel und setzte
ihren labial an dessen stelle, so dasz nun statt der altern wurzel-
form hag eine jüngere haw, erweitert hauw erschien, aber wie
jene ältere wurzelform an zahlreichen abtälungen (hacken, hag,
hagel , hagen) sich erhielt , so tritt sie mundartlich auch noch
am verbum zu tage, namentlich in allem oberrheinischen quellen :
dannän ging er für ba; und sach ein moere, der bieg holz.
predigtmärlein in Pfeiffers Germania 3,412,4 {\h. jahrh.); ctilich
erschussent sü, ctilich hiegent oder stöchent sie übel wunt.
Straszhurger urk. in Schilters Königshofen 924 ; vielleiciU ein
nachklang derselben sind in finitiv formen wie haugen, prael. hochte,
hauen in der gra/schaft Mark Fromm. 3, 366, haughen in IS'iedei-
österreich 4, 45, und mit Umsetzung des g in die dentale d :
haudn hauen, peitschen in Tirol 3, 92, hauden züchtigen, schlagen,
daselbst 6,146.
hauen ist ein starkes, ehemals reduplicierendes verbum. für
die 2. und 3. sg. des präsens sind jetzt unumgelaulete formen
allgemein durchgedrungen , bis ins 17. jahrh. gehen daneben um-
gelautele, haust und haut: denn wo du in (den knaben) mit
den ruten hewest , so darf man in nicht tödten. spr. Sal.
23,13; mag sich eine axt rhümen wider den, so damit hewet?
Jes. 10, 15 ; umb Margarethe heugt man den frauenanger.
kalender aus Tegernsee, Germ. 9, 195 ;
hewt und sticht er das tbier im halse, dasz es pulft.
D. V. D. Werder Ariosl 11, 39, 4;
o'mensch, du glückesbali, was haust du aus den gründen,
und suchest in der bacb, im sande deine sOnden?
Opitz 1, 54.
diese formen klingen noch im fränkisclien hebst, hebt für haust,
haut (ScHM. 2, 141) nach, die formen des Präteritums waren in
der allen spräche manigfach , ahd. hin , hio , heo, mhd. neben
hin und heu a«c/i mit schütz des stammhaßen w hiuw und
hiew; das nhd. zeigt seil dem \e. jahrh. nur noch seilen diese form:
das wild Schwein greif den löwen an
und hiew ihn mii dem scharpfen zan.
E. Alberus 93';
hiewen in die steine. Philasder 1 (1642) 344; do läge ain
Schwert neben in, das nam sy und hew ihn beyden die haupf
ab, also gebunden, heldenbuch 1545 L'; do nam der Berner
dj Schwert und hew sie (Crimhilt) in der mitten entzwey. L';
in verderbter form haw: hawe in der Jacob Maienbron ge-
waltigclichen zu der thur hinausz. Zimmerische chron. 2, 547 ;
die ander nam den armen tropf,
und haw im ab da seinen köpf.
B. Waldis Esop 1, 76, 16;
gewöhnlich hat sich das slammhaße w zu b verhärtet, die beispiek
gehen bereits im 15. jahrh. an: dasz yeniandt in denselben
walden . . . holtz hiebe, weüth. 2, 74 (f. 14S6) ; hiben sie den
pfafl"en und die jenigen , so bei im waren, alle zu stücken.
yVilw. V. Schaumb. 105; das er weiter, dann sein bi-auch, über
die schnür heube. Zimm. chron. 3, 190. diese Verhärtung er-
scheint auch am particip praet., welches sonst ebenso wie die prä-
sensformen, gewöhnlich das slammhaße w nicht wahrt:
das unbehaubne knörtzel holtz. Etrisc 1, 787.
eigenthümlich hat sich nach der practeritalform hieb ein parlie^
gellieben für gehauen gebildet, welches Stieler Uhrschriß v. d.
Sprachkunst s. 175 für das Vogtland bezeugt, das aber schon im
16. jahrh. in Franken häufig begegnet (Schm. 2,14t):
darauf da sol gehieben sein
unser beider abconterfect.
J. Atrer 325' (1627, 32 Kelter),
gleich darauf: in stein gehauen;
575
HAUEN
HAUEN
576
ilnrein da scint gehiebcn milt
eins Königs und seins gemahls bilt.
■MV (1712, 23 Krttci);
füsz, band, arm, Finger herab gehiebcn.
Fl'chs wuckeiikr. 3, 351.
mU tiiefem starken verbtim hat sich ein schwaches hauen , detio-
viinativum von hau der schlag, gemischt, das ahd. als liowün
und hoHJan (Graff 4,70') mit dem pari, praet. giiiowöt und
gihowil, tnhd. als liouwen , pracl. houle {trb. 1,722') aufiritl.
nhd. erscheinen von diesem vcrbum prälerilalformen mehrfach:
sie hauelcn noch sehr nach einander. Salindc fi'J; die ab-
gehaute band. Schuppius 3S7 ; ^
da hauelcn männcr mit glühender wuth in dem blicke
eine der cedern um. Klopstock 5, 15s;
u-eili'rc beisjiiele sind im folgenden verstreut.
Eine sichere rerglcichting des verbums mit warten urverwandter
sprachen hat bis jetzt nicht erbracht werden ln'mncn; die grund-
bedrnlung kann daher viir vermutungsweise dahin feslgcslelll werden,
dasz liauen zunächst auf den schlag geht, der einschneidend ver-
letzt, und erst später auch den nicht einschneidenden schlag, das
pn'igeln, bezeichnet, denn wie iiaiicn in der alten spräche in der
letztem bedcutung nicht erscheint, so steht Schweiz, hauen geradezu
für schneiden. Staldeb 2,25; die negel abhawen , resecare
ungues Dasyp. ; hauts niesser gut? Hebel schatzk. 83.
n. gebrauch.
1) hauen vom schneiden und mähen der frucht.
a) absolut: da er nun meinen ernst sähe, sagte er, weil
die habersaat fürüber , und auf dem hof weder zu hauen
noch zu ernten, weite er selbst mit mir gehen und den weg
weisen. Simpl. 2, 53 Kurz.
b) mit dem acc. der gemähten frucht: der wiesenmeister zu
Wailerszieuben leszt das grasz hawen. Michelsen Mainzer
hof Ah; mägde, welche das gehauene gras dem heu gleich
zu machen mit ihren rechen bemüht waren, che eines mannes
1R3; nun wissen wir doch, wenn der landmann sein kern
hauet. Lessijig g, 98;
zehnmal hat des Schnitters handt
in dem felde körn gehauen. Opitz 1,212;
und das trockene heu, auf der besten wiese gehauen.
GöTHE 40,283;
da kommt ein dirnlein schlank und stolz
mit einem graskorb aus dem bolz,
im scbnitterbut mit strnusz und band,
die blanke sichel in der band,
sie hat am Wäldchen kicc gehauen.
Fr. Ki?<d gediclilc.
c) mit dem acc. des durch hauen zu bearbeitenden gruvdsliicks :
isto tempore, so guct weler ist, beugt man die hofwis. ka-
lender aus Tegernsee , Germ. 9, 195; nach Jacohi iieugt man
albeg die Elmau. das.; der berr pllüge nur drei läge, dresciic
etliche schock aus, baue eine wise. Butscuky kanzl. 438.
2) vom fällen des hohes, intransitiv : ob der herrschaft man
einer, und des von Staingaden man einer an einen pnwm
khiiment, so mugent sy pede hawen, jeder zu einer seilen.
weislh. 3, 653 ; wem in dem wait erlcupt wird zu bauwen.
1,536; ergriffen aber die vorster jemannen vor dem walte
von dem dorfe, der darinne gehawen bette, dem sollen sie
ein pfandt heisciien. 4,155; so ein inmarker ohne laub in
den wald fahrt, hawet er, rufet er. 558; lrnn.<:itiv nüt dem
acc.: gecnt in den wald und hawen darzu {zu stock und
galgen) holz, weisth. 2,98; brennholz bauen ohne crlaubnus.
3, 711 ; bouwet er aber bolz. 4, 162 ; wenn jemand mit seinem
ncheslen in den wald gienge, holz zu hawen. 5 Mos. 19,5;
nam eine axt in seine band, und hieb einen ast von bewuien.
rieht. 0,48; befilh nu , das man mir cedern aus Libanon
hawe. \ kön. 5,0; sie hawen im walde einen bawm. Ar. 10, 3;
die andern bieben zweige von den bewnicn, mid slreuten sie
auf den weg. Matth. 21,8; hauten gerteri und meycn. (htrg.
103*; kombt mit mir beim und iiauwet mir mein holz. ZiMi-
üHF.r apophth. 2 (ir,3l) 31; es fallen keine spaue vnm b.iiiin,
man haue «ic denn. Pistorius thcs. par. 2, no. vr, ;
de» Libanon
cedern haut Ich und tannen hvrnh.
Klopstock (>, 242;
drr drille hieb der zweige kohlenden wedel. GtiTiiR 10, 10.
M der Sprache der jilger baut der bibcr, trenn er durch nagen
• tnrn haum /diu. jACOBSso.f 2, 229*. — 7.U einem obscOnen bilde
1 1 rwendH :
ich hab zu *er Im wald gohnuon
•ind hab an nnckrim pl6chrrn (Tclinhen,
•Ja« mir mein plort müg nlm«r giiraben.
fatln. tp. 731, 0.
3) an 2 angeschlossen, voni bearbeiten des hohes durch hauen,
behauen: die zimmerlculc hauen balkcn ; wannebe dasz der
stock und galgen gehawen und gemacht seinl. weislh. 2,98;
wo man haut, da fallen späne. Riehl cidlurgesch. nov. 351;
mild, die kneble biej er bowen dö,
alle die da wären,
eine rosbären. tJrec 6308;
nhd. sie baiucn die ccder zum kreuz. Klopstock 5,159;
(Irinnen lag des kyklopen gewaltige keul an der stallung,
grün, von des Ölbaums stanini ; er haute sie, ki'inüig zu tragen,
wann sie gedorrt. üilyssee 9,320.
das hauen der balken geschieht von den zimmerleulen nach einem
striche, der millelst einer gefärbten schnür geschlagen wird und
die richtung des behauens angibt; hiernach hat sich die redensart
ergeben über die schnür iiaueii , über das rethle masz hinaus-
gehen: aber ich hab jetzt lang mein selbs iiit eingedenk über
die schnür gehauen. S.Frank moriac eucom. 76'; wann ich
aber verständige leute vor mir hatte , so hieb ich (heim er-
zählen) bei weitem nicht so weit über die schnür. Simjil.
2,197 Kurz;
und hawt {beim erzählen) dapfer über rlic schnür.
(jrobian Frankf. 1568 Ev' (6. 1, cup. ^) .
aller über den schnurschlag bauen :
die mynneclichen ich da halt:
hell ich mit worieii an chainer statt
den scbniirsehlag fiberbawen,
das sy und all rain frawen
mir wollen das vergeben. Uälilcrin $. 270', 541.
4) ähnlich von dem bearbeilcn eines hohes oder stcins zur her-
stellung eines kunslmdszigen schnitz-, bau- oder bildwerkes: hawe
dir zwo steinern tafeln. ^ Mos. 34,1; köstliche steine nach
dem winkeleiscn gehawen. l kön. 7,9; bestellet Steinmetzen
stein zu hawen, das haus golles zu bawen. 1 f/(ro»i. 23,2;
und denkt, wolan, ich wil mir ein gros haus bawen, .. und
leszt im fenster drein hawen und mit cedern tefeln. kr.
22,14; nam in ab, wickelt in in linwad, und leget in in ein
gehawen grab, darinnen niemand je gelegen war. Lkc. 23,53;
was last ihr marmor bauen
mit solcher tbcuren kost? Opitz 1,60;
eins mans red ist ein halbe red,
manu sol die pari verhören bed,
das findt man zu Nürnberg und Ulm in und an den ralh-
beusern gemalt und gehawen. Frank .<!/>r. 2, 68'; ein gehauenes
bild , bildsäulc : darin saszen die alten edlen Römer in ircn
besten klcidern und langen grauen härten schweigend , als
ob sie gehauen bild weren. Livius v. Corbach 57 ; gehawcno
schiff {in stein gehauene), l Macc. 13,29; der bauer weisz von
einer kunstreichen scbilderei oder gehauenem bilde nicht zu
urtbcilen. Scriver .?0f/t7i5f/i. (16S1) 48; kein donnerscblag halle
den van Brück mehr erschrecken können als mons. Günthers
gegenwart, er stund als ein gehauen bild. Pierol 1,112; ich
stund da wie ein gehauen bild. 2,48;
der sein gesetz in taflTeln hieb.
A. Grtphius (1698) 2, 215;
eine höhle, . . .
von nicnscbenband gehauen imd gewölbt.
WiKLAND 18, 28;
schon von weitem blickt die grnfin
nach des heiigen bild hinan,
welches ob der kirchenpforie,
grosz in stein gehauen, prangt. Urland ged. 260.
5) von dem gewinnen des crzcs im bergwerk und der steine
durch abhauen: mhd. ist daj ein bercwerc wirdil in dcui
wicbilde, da? ntan . . bowel mit howercn. Frciberger slädtr. 37,
bei Schott stadl- u. landrechte 3, 266 ; nhd. ein land des steine
eisen sind, da du erlz aus den bergen bawesl. 5 3/o.< 8, o;
den steinen gleich, die man aus dem berg hawcl. fiaruJi
6,38; bauen im bergwerk, fbdcrc in fodinis, effoderc aes Fri-i ii
1, 42;i*;
oi die hawcr.<knnbon »im! hübsch und fein.
.sie bawen dnit .«tilber ausz barlem stein.
sin bawen da» »ilbcr, das rote gold,
wolt gol ilasz sie mein eigen sein »oll! UiiLAnn ro/t*/. 20t;,
du hnsi die weit ergftn;.!, ilic crsllich als da« wild
hiit in den lag eelcbt, mit oirlieln sich gcriilll,
getrunken aus der bncb, dos feld nicht können hanrn,
den wein.<itock nicht gokcnni, kein gold gewuüt zu hnnen.
Opitz I, ÜM.
vergl. bauer, liilner.
fi) t'on der lirarbeilung des Weinbergs durch auPiauen und an"'
lockern des bodens: iiarb gpwiihnlicher wei.on wird ein wnn
herg zu dreien malen gchauel; und wann der griind ni< M
allzu Ipllicbt, recht vermischt ist, bedarf er desto wenig« •
577
HAUEN
HAUEN
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mühe, weil die erden ohne disz mild und röhricht ist, so
allein hierinnen gesucht und deszwegen das hauen gethan
wird. HOHBEBG 1, 23s'.
7) hauen nennt der fleischer das kunstgerechte zerkleinern des
schlachtvielts {vgl. aushauen 3 und Üeischhauer) : die schweine
geben erst speck, wenn sie ins salz gehauen werden, polit.
col. 58. hieran angeschlossen ist die redensart einen zur bank
hauen , itm geicissermaszen ßr die öffentliclie beurlheilung zer-
gliedern, wie der fleisdier das gehauene schlachlvieli auf der fleisch-
bank öffentlich auslegt, daher übles ton einem reden (s. auch
bank, thcil 1, 1109) : es ist disz lasier {das beklatschen) sonder-
lich und vil under den weibern, da eine die ander zur bank
hawet und übel auszrichtet. Agr. spr. (1560) 85*;
nun tregt sich wol zu mancherlei,
liasz fromme unschuldige leül
bei ihrer hohen Obrigkeit
oft werden hart zur pank ghauen.
J. Atrer 264' (1321, 21 Keller) ;
Chlorinde hawt die leute wol zur bank,
sie lobet nichts alsz was sie selbst gethan.
TscHKRNiSG gedichle frvhling 351;
die boszheit haut die Unschuld auf die bank.
L«he:istew geistl. gedanken s. 55, 102S.
S) hauen allgenmner, von jedem schnädenden hiebe gesagt:
hawe den fisch von einander. Tob. 6, 6 ; die kette, womit der
heilige Bonifaz die deutsche kirche an Rom gefesselt, wird
entzwei gehauen. Heine werke 5,80; Authari . . haute die
Streitaxt in den bäum. Klopstock 12,282; er hieb in die
decke, gladio lacunar caesim tangebal. Steinbach 1, 707 ;
haueten händ auch und füsze vom rümpf mit ereiferier seele.
Odyssee 22, 477.
hierher eine redensart: es ist nicht gehauen und nicht ge-
stochen, zur bezeichnung von etwas unbestimmten und unordent-
lichen : und damit beulete sie immer forlh , also dasz ich
mich in ihre rede nicht richten noch begreifen konte, ob es
gehauen oder gestochen , gebrand oder gebort wäre. Simpl.
3, 50 Kurz ; und das schreibt er auf gut glück so hin, unbe-
kümmert, ob es gehauen oder gestochen ist. Lessi.ng 7,319;
em jeder wille darf toll und halb und weder gehauen noch
gestochen sein, nur aber der letzte nicht. J. Paul flegelj. l, 17 ;
wenn ihr doch eure reden lassen wolltet,
geschwäiz, gehauen nicht und nicht gestochen.
H. V. Kleist zerbr. krug, 9. auftr.;
freiheil des urtheils war ihm die berechtigung für jeden
Stümper und Ignoranten, über alles sein urtheil abzugeben,
er mochte etwas davon verstehen oder nicht, und was er
vorbrachte, mochte gehauen sein oder geschlagen. Ficute
Nicolais leben 66 ;
es sy gehowen oder gschlagen. Brast narrensch. 67, 56.
9) häufig ist hauen, mit dem Schwerte kämpfend schlagen, in
vielvrfachen Verbindungen.
a) absolut, oder mit bbszer beslimmung der richtung des
Schlages:
frumeo gesellen, nu ziehet die schwert!
der tanz ist wol ains hauens wert, fastn. sp. 456, 31 ;
!der weit zum zeugnis, dasz ich wahr gesprochen !
bau und lasz jetzt mich sehn, wes sacne rein?
H. V. Kleist käthchen 5, 1 ;
sie bann und hauen mit tiegerwuth,
bisz schweisz und blut
die panzer und helme bethauen. B&rger 81';
dieser wolt mit hawen und mit stechen
Seins vatters todt grawsamlich rechen.
Fdchs mückenkr. 1, 555;
derhalb auch Wilwolt seiner gesellen fechten eben abschätzt,
sach , das si den kürüsem weder mit hauen oder stechen
nichts abgewinnen mochten. Wilw. v. Scimumb. 92; da es dann
bald .. an ein hawen und stechen gienge, dasz mir darob
die haare gen berg stunden. Philander l (1642) 344; nicht
mit der schneide, sondern mit der scheide hauen. Schottel
1118'; giengen auf einander losz, und klapperten nur mit
den klingen, damit sie endlich diesen, welcher meinete, sie
haueten noch sehr nach einander, zufrieden stelleten. Salinde
'69; er hieb seinem feinde nach dem leibe, caesim corpus
inimiä peiebat. Steinbacb 1,707; er haut nach dem köpfe,
caput appelit gladio. das.; so bette ich .. im wol mit einer
solchen antwort über die schnauszen zu hawen gewust, das
im die lust solcher suchung solt gebüszet worden sein.
LcTUER 4,533"; hauwcn bisz auf das frisch fleisch, conädere
uupu ad Sanum corpus. .Maaler 215*; und sie hieb zweimal
in den hals mit aller macht. Judith 13, 9 ; sach , das ainer
IV. u.
vcB leder gewann, da hew ich darein. Zimm. chron. 2, 291 ;
wacker hieb er in den feind. Kliscer 3,153; er haut mit
dem Schwerte um sich;
da faszt er erst sein schwert mit macht:
er schwingt es auf des reiters köpf,
haut durch bis auf den sattelknopf,
haut auch den satiel noch zu stücken,
und tief noch in des pferdes nicken.
Uhla:<d ged. 330;
mit diesem {Schwerte) grad in den nacken ihm haut er,
dasz des redenden baupt mit dem staub hinrollend vermischt ward.
Odyssee 22, 328.
studeiilische aufforderung zum kämpfe war das' hauen in die
steine des strasz^npfiasters , ins pflaster hauen Frisch 1, 423':
trugen jeder einen bloszen degen in der faust, hiewen in die
steine dasz es funkelte. Philander 1 (1642) 344.
b) vül dem acc. der Verletzung: eine schmarre in den köpf
hauen, caput ense vulnerare Stieier 787;
wann man eine wunde haut, siht man eher blut als wunde.
LoGAU 2, s. 198, no. 14;
auch mit dem acc. des verlazten gliedes oder menschen und ver-
schiedener näherer beslimmung der richtung oder Wirkung des
Schlages: einem den köpf entzwei bauen, caput akaijus dis-
secare Steisbach 1,707;
er haut ihn nieder. H. v. Kleist Käthchen 2,8;
Roland ihn bei den haaren griff,,
hieb ihm das haupt herunter, ühlasd ged. 342;
darob fingen sy (die landslinechte) darnach an zu palgen,
hautten einander iam und krum.
meisterlieder (Berliner hdschr. fol. 23) no. 225,
herr marschall, was bann wir das leder uns wund?
BCRGER 81';
man solde die knochenhouwere durch die kopphe houwe.
FöRSTEMANN die alten ges. der sladt ^iordhausen s. 185; haute
{mit dem degen) den von hinten zu nach ihm schlagenden
schäferknecht mit völliger force über den grind, dasz der
rothe saft darnach gienge. Salinde 197; allezeit denjenigen,
•der ihn etwas garstiges nennete, .. mit dem degen hinler
die ohren hiebe. 208; Götz haut ihn über den köpf, dasz er
stürzt. Göthe S, 148 ; einen in die backen, übers ohr hauen,
s. unten f; sie thaten das ihrige so wohl , dasz die feinde
geschlagen und mehr gedachter unzüchtiger könich von weib-
licher band in stücken gehauen ward. Hofmannswaldac hei
Steinbach 1,707; worfen in und alle die mit im waren, mit
steinen zu tod, darnach hieben sie in zustücken. 2Jtfaa. 1, 16;
zu stucken wil ich dich hawen.
Uhland votksl. 208;
alsbalden sich ein krieg entspinnt,
sind sie von stund an desz gesinnt,
woUens alles zu stücken hawen. mückenkr. 1,835;
so einen zu kochstücken hauen, iL 5,1564; einen zu kraule
hauen, caedendo aliquem necare. Steinbach 1, 707 ; den feind
in die pfaane hauen
(die andern) durch ire arglistige duck,
vil schendlich arger schelmensiuck
durch nachred in den kessel hawen.
H. Sachs 5, 1, 52'.
c) mit dem acc. der Wirkung:
mild. Volker der starke, dö er daj ersach
da; Sigestap der küene den bluotigen bach
hiu üj'herten ringen, da; was dem beide zorn. Nib. 2221 ;
nhd. er hieb sich bahn durch die feinde;
mit seinem guten Schwerte haut oft der graf sich bahn.
Uhlam) ijed. 360;
doch so in drohnden wafTen herzukommen,
Jur sich zugreifen, seinen weg sich haun,
nach recht mit unrecht eehn — es darf nicht sein.
Shakcsp. Richard II, 2, 4 ;
Georg hieb sich zu mir. Göthe 8,100;
sie haun und haun sich in den sand. Uhlano ged. 353.
d) auch mit dem acc. der zutn hauen gebrauchteti waffe:
aber nun zog der Atreide sein silberbeschlagenes schwer! aus,
schwang es und hicbs auf den kegel des heims. Borger 21t'.
e) umgekehrt wird das schwert selbstthätig als hauend gefaszl:
wie glintzet es {das scliwert), und hewet daher zur schlacht.
Hos. 21,15; {gott) lagert für den garten Eden den cherubiui
mit einem bloszen hawenden schwert. 1 Mos. 3, 24 ; ähnlich
er enlQoh mit dem in den weg bauenden stock. J. Paul
Hesp. 3,149.
f) verschiedene redenscuUen lehnen an dieses kämpfende bauen
an ; sich in die backen hauen, wie sich selbst ins gesichl schlagen,
vergl. über den ausdruck unter hacken sp. 103: und hawen
37
579
HAUEN
sich docli sclbs in die backen und liigenstrafen sich selbs
damit. Lutber 3,368'; hie soll ich mich wol sclbs in die
backen gehawen haben. 6,154'; wie sich die donatio Con-
stantini selbs in die backen hewet. 492'; die weit .. hat viel
umbschweifige rede und art , damit sie es (das worl lügen)
zu umbreden weis , als ... er hawet sich in die backen.
Mathesiüs katechhm. 217; sich selbst in die backen hauen.
ScHOTTEi. 1118"; — einen übers ehr hauen, betrügen, doch uol
zunächst einen bctrügliclien hieb führen, der nach den regeln der
fcciükunst nicht statt haben soll: erst neulich hat ein solcher
schuft meine frau übers ohr geliauen. d. deutsche Gilblas 152 ;
man thut wohl, mit dem höflichen Juwelier äuszerst behutsam
umzugehen , sonst wird man blutig über das ohr g'ehauen.
Hildebrandt reise um die crrfe (IS'O) 1,56; — einen zu bahn
hauen , zu boden , vernichten , daher auch kein gutes haar an
einem lassen: die jenige, welche die zeit also zu bahn hauen.
ScHüPPiüs 780 ; — über sich hauen wollen , bild für etwas
schwieriges oder unmügliclies : die sich ires glucks überheben . .
und über sich hawen wollen. Mathes. Sar. 15'; ausdrücklich
an das bild des kämpfenden angelehnt im folgenden:
swer perne ie über houbct vaht,
der mohtc desto wirs gesigen. Winsbecke 33,3;
ähnlich, aber mit bezug auf no.2: uberra köpfe wollen spünc
hauen. Schottel 1118".
10) hauen, von dem kraßvollen einschlagen des gebisses in etwas:
warum ist dieser geist nicht in einen tiger gefahren, der sein
wüthendes gebisz in menschenfleisch haut? Schiller räuber
1,2;
schon seh ich seinen rächen gähnen,
es baut nach mir mit grimmen zahnen.
kämpf mit d. drachen v. 236;
wer bist du, fürst, dasz in mein fleisch
dein Treund, dein Jagdhund, uiiprebläut
darf klau und ractien haun? ItÖRCER 20";
in derber oder scherzhafter rede auch von dem einschlagen des
menschliclien gebisses in eine speise: sind die schinken in er-
träglichem zustande angekommen, und haben L. und F. auch
patriotisch hineingehauen? Voss briefe 3,1,202;
faszt ein tüchtig schinkcnbein,
haut da gut taglöhucrmäszig drein. Göthe 2, 197.
hauen gilt namentlich auch von den streichen die ein wildes
Schwein mit seinen hauzähnen ausführt (s. iiaucr) : hawet in
{den hund) nun ein schwcin. Kirchhof wendunm. 55'
doch zuvor kam jener (eher) und haut ilin
über dem knie, viel risz er des fleisches liinwpg mit dem zahne,
seitwärts nahenden schwungs. Odyssee 19,449;
als bild für einen krieger verwendet:
sie riien houwende under in
als ebere under schäfen. Tristan 474, 16;
wie rauscht sein hart im winde I hei, wie der eher haut!
ÜHLAND gcd. 3BS (Etierliard liaunchehart).
hauendes schwein, ausgewachsenes, mit jenen zahnen versehener
eher: der driltenlai zend sint hawer oder auszkrümler, als
der hawendcn swein und der helphant zend, da mit si
andren tier verhawenl. Megenberc 14, 6; eilf hauend schwein.
Garg. 236'; einem erzürnten bürcn oder hauenden schwein.
ehe eines mannes 242; der brave hund bellt nicht anders als
wenn er vor einem hanenden schwein stünde. 246; nach der
bninst trennen sich die starken hauenden schweine von den
bachen und bleiben wieder allein. IIepve jagdlusl MH3 1,193. —
Anders aber wird in [^iederhessen hauen gefaszt , hier gilt es
von der tnuttersau, die nach dem eher (iiauer) verlangt. Vilhar 15».
hauen von dem stich eines scorpions: Jeronimus spricht, da/,
der scorp ain krump wunden haw. Megenberc 283,2; ir quäl
war wie ein quäl vom scorpion , wenn er einen menschen
hewet {'orav Ttruaj] ävO'QcoTior). offtnb. 9, 5.
It) hauen, von meld einschneidenden hieben, streichen, prügeln :
mit rulen hauwen oder streichen, concidere rirgis Maai.f.r
215'; rouftc ein man einen by den hörn ndir hewcu mit
gertyn. Magdeb. blume 1,120; du bewest in {den knaben) mit
der rulen , aber du errettest seine scele von der hellen.
tpr. Sal. 23,14; ein ander, als er «ich mit einem gehawen,
und ein Rtreich auf ein liein lirkommen. Zlikchef schnWossm
(1627)23; alles ist reif für einen mann, der Juvenals geiszel
ergreift und darunter haut. Lichtkmrerc 6,97;
T »chlani; ilir fliegenden hanr uro die fautt;
er hirb nf niil knoiit'i'ii ririiiiii.
T In ii und laut!
rr li
voll IltHi.r.ii Ol'.
HAUEN — HAUENSTIEL 580
sie aber trug, trotz gert und sporn,
wie sehr er hieb und trat,
ihn über stock und stein und dorn. 25*.
12) hauen, von dem streiciw, den ein pferd mit seinen füszen
führt, ausschlagen : das pferd haut liinten aus ; ein knecht sagt
mich bat das pferd gehauen ; die begierde , den lauf anzu-
fangen , macht sie (die pferde) unbändig , die gegenwart so
vieler menschen macht sie scheu, sie hauen oft in die be-
nachbarte schranke hinüber, oft über das seil. Göthe 29, 262.
13) bauen endlich für eilen, streben, laufen, diese bedeutung
hol wol ihren ausgang von dem einhauen der sparen in des rosses
weichen :
er hiu unde sprancte
und lie hin gän punieren. Tristan 231, 8;
wie aus ähnlichem sinne angestochen kommen und angehauen
kommen hervorgegangen ist, vergl. th. 1, 352. 339. aus dem be-
griffe incitarc erwuchs der festinare: darnoch macht er sich
uff die fart und houwt weidlich dohin , vollbringt unverzagt
sin bilgerfart. Keisersberc bilg. 116"; bair. \\auen, sich schnell
bewegen, laufen Schm. 2, 130, auch mit heispielen aus der älteren
spräche; es kam auch alsofort ein Jäger voran gehauen,
LoHENSTEiN Armin. 1,1278';
laszt sie nun einher hauen,
das arm beschorn geschlecht.
GöDEKE «. TiTTMANit ticdcrb. 259, 73 ;
hicmit ein guts seligs neus jar!
und hau hin! dasz dich got bewar!
Weimar, jahrb. 2, 113;
wir trafen feinde,
die uns vorbei haun. Shakesp. Mach. 5, 7;
we have met with foes
that strike beside us.
Die angenommene entwickelung dieses liauen aus der grund-
bedcutung das pferd spornen kann die Verbindung dreinhauen
eilen, sich dazu hallen, zeigen, zunächst in folgender stelle:
der marschalc dö iiit lenger peit.
üf sin pfeit er dö sclireit,
er reit hin als wer er kranc.
aber über unlano,
dö man sin nit m6 raocht gesehen,
dö hiew er drin, das rauoj ich jehen.
Diocletian 6024;
während anderwärts diesz drein hauen unsinnlicher steht: er
soll weidlich darin houwen (zufahren, sich dazu hallen). Keisers-
berc bilg. 38*; denn bouwstu weidlich drin, schnell und
bald zu der bellen. 131"; also ouch der rebinan, wenn die
zit hie ist zu scbnyden, er bedenkt sich nit lang, er houwet
redlich darin, die wil er zit het. 133"; aber wenn man in
(menschen unter dem bilde von hunden) den sack woll neincn,
so houwent sie vyenllich darin, und bellen und biszcn uiub
sich. 143*;
die gemeinde spräclient: moisicr min,
mit guotcni willen lioiiweiit drin !
der mcister zuo dem palast rant.
nioctelian 4422, vgl. 1615. 3279.
später hciszt hauen auch nacheifern, streben :
wornach wir sollen hawcn,
das kan ich hier an euch nisz einem ."ipicRel scliawen.
TSCHERNINC titili) 2ti;
dein söhn wird solches schawen,
und kiinl'tig mit bcgicr
in deine stalTen hawen,
so lebslu dreimal hier. ijediclUe friUUing 2S0.
IIAUENHKLM, m., aus hau den heim, imperatives comp<ui-
tum für Schwert:
n hct ich jetzt mein hawenhelni,
ich sollt dich lühroii daulzcn mich,
und schmähen so fant 1,'isierlich.
Dirk eltefinegel 74.
IIAUENSCIIILD, m., aus hau den schild, sdielle für streit-
süchtige :
ey 5Chweig du wüster hnuenscliili.
oder ich schlag dich zu oim kriipixl
II. .Sachs 1 (i.v.to) :tiio',
e* ist ein wfkuter hawenschildt
mein wcib, der aller hosest Icufel. 2, 4, 7S*.
HAUENSCHLAG, wi., schlag mit der haue: so manche fahr,
eggenzänt , stecken- und hauensching, so manchen vierten-
lialben albus (nls strafe), weislh. 3. 746.
HALENSTILL, m., stiel an einer haue: wenn sie eine viertel-
stunde nn ihren hnucnslielen geklappert hatten. J. GorTHItr
2, 42 (Uli d. knecht, h. rap.).
5S1
HAUER — HÄUERLOHN
HAUERilEISTER — HAUFE
582
HAUER, HÄUER, ni., mhd. howere, hoiiwer, der da haut.
1 ] aligemein : groszer droher, kleiner häiier. Ddez sprichu: 68.
2) nach hauen 2 holzhauer, holzfälkr: siebenzig tausent treger,
und achzig tausend hawer auf dem berge {Libanon, zum fällen
der cedeni). 2 c/iron. 2, IS ;
{mein laler) dem meine muller und der buhle ibres betis,
Aegisthos, gleich der eiche unter des hauers band,
spalteten die scbeitel mit blutiger axt. Stolberg 13, 11.
3) nach hauen 5 der erzhauer im berguerk : mhd. ist daj ein
bercwerc wirdit in dem wicbiide, daj man sechte sinket oder
. . howet mit howeren. Freiberger sladlr. 37, bei Schott stadt-
und landreclite 3,266; nhd. fossor, hawer, berghawer. Golii
onomast. 15S2, col. 73;
aufm Euttenberg bat es der hawer tiI.
Uhland volksl. 412;
und der uns diesen reien sang
so wol gesungen hat,
das haben getan zwen hauer
zu Freiburg in der Stadt.
GöDKKK «. TniMAS!« liederb. 58, 59;
in der spräche der bergleule ist die umgelaulete form häuer die
durcfiaus gewöhnliche, miner. lex. 2S9'. Gätzschmans 40.
4) hauer {nach hauen 6) der winzer, so in Österreich. Jacobsson
6,52'; in Baiern. Schx. 2,130; anderwärts gewöhnlich häcker,
s. sp. 105.
5) hauer {nach hauen 9) heiszt das männliche trilde schtcein,
der keuler (5, 650) und zicar nach dem fünften jähre : Wild-
schwein das ein hauwer {war). Kirchhof wendunm. 24"';
kann mau sich auch ohn gcTahr zu den wilden hauern wagen,
die hier recht lebendig scheinen und so scharfe wafTen tragen?
Brockes 6, 226;
wird das beer der himde hier, oder wird der hauer siegen?
7,411;
tobt kühn herum, wie wilde hauer toben.
E. T. Kleist 1, 147;
allein, wann auf dem harz, nun lang genug gequält,
ein aufgebrachtes schwein zuletzt den tod erwählt . . .
ist diesz kein heldenmuth? wer baut dem hauer säuleu?
die Jäger werden ihn mit ihren hunden theilen.
Haller Schweiz, ged. (t76S) 76.
6) hauer die hauzdhne des tcildschweins, sonst auch waffen.
Jacobsson 6, 52' ; mhd. hawer bei Megenberg 14, 6. auch die
ähnlich gestalteten zahne des wallrosses: oft zerstoszen sie {die
walrosse) die böte mit ihren hauern. Petermaxn miltheilg., er-
tidnzungsheft IG, s. 43. bildlich: scharf standen die zerrissenen
bogen von Neros goldnem hause wie mörderische hauer da-
neben. J. Paul Tit. 4, 75 ; von menscidichen zahnen :
weil ich nicht wollte sehn, wie deine nägel
ausrissen seine armen, alten äugen;
noch wie die unbarmberzge Goneril
in sein gesalbtes fleisch die hauer schlage {engt, rash boarish
fangs). Sliakesp. Lear 3, 7.
7) hauer, waffe zum hieb, sdiwert, degen, hüflmesser. so im
GvUing. musenalm. 1777 i. 27 und 29. 5. halbhauer sp. 203,
und hieber.
S) hauer, Instrument der gürtler zur herstellung der knopf-
plalten aus blech. Jacobsson 2, 229' ; der windenmacher , zum
zahnen der windenstange. 229'; meiszel der klempner, zutn schlagen
der löcher in das bledi. 6. 52*.
9) mundarllich ist endlich hauer niclit nur der hauende, und
das inslrument des hauens , sondern auch der schlag, hieb selbst
{vergl. hacker sp. 105). Schm. 2,130; hauar streich mit der haue
Lexer 135.
Zusammensetzungen des worts haben namentlich da statt, wo
es die hauende person {in den bedeutungen von bauen 1 — 7) be-
zeiclinet ; vergL berg-, biid-, feilen-, feigen-, fleisch-, gras-,
holz-, knochen-, schiefer, schindel-, steinhauer; «6t>r gassen-
hauer vergl. an seiner stelle, die häuer im bergwerk sind ge-
sehiedm in duppel-, erb-, gang-, lehr-, ort-, schräm-, voilhäuer.
HAUER, f. miettie. s. heuer.
HAÜERBEWAFFNET, parL:
wie hauerbewafTnele eher. Odyssee 11,413.
HAÜERGEDINGE, n., die probearbeit, welche die angelernten
lehrhauer zu verrichten haben, um zu doppel- oder vollhduein auf-
zurücken. Gätzschhann 40. s. häuerschicht.
HAUERGELD, n., geld, was ein neuer Itduer bei seiner ersten
anfahrt ins bergwerk zum besten gibt, mineral. lex. 289'.
HAUERGLOCKE , f, glodie die die lüuer ins bergwerk ruß.
dimin. häuerglöcklein min. lex. 2S9'.
HAÜERLÜHN, in. und n. lohn der häuer auf den bergicerken.
Jacübsso.n 2, 229'.
HAUERMEISTER, m. aufseher über die holzhauer. Jacobsso:«
6, 52'.
HAUERN, terb. zusammengebückl sitzen; ein alemanniscftes,
bairisches und südfränkisclies altes wort, in der Schriftsprache jetzt
durch kauern verdrängt, das wahrscheinlich mundartliclie , aus
Mitteldeutschland stammende nebenform ist, vergL 5, 315. hauren
deädere, niderhocfcen wie die weiber. Maaler 214'; huren
niderhuren desidere 233% die erstere form gab er mit gemein-
deutschem vocal, die andere mit volksmdszig alemannischeni ; nodi
jetzt sdtweiz. huren kauern, auch kränkeln, oline das bell hüten zu
müssen. Stalder 2,64; hüra kauern, hürla hocken Tobler 2S0;
gruben sy mit einer hawen ein loch, haurten darüber mit
umb und umb nidergiassnen kleidern. S. Frank chronica 4S4';
die man schlagen das nasser ab haurend. weüb. 9'; unter
den weibern aber, die auch im schiff, were eine auf dem
boden gehauret. Zimmerisdie chron. 3, 500 ;
will es sich aber anders machen,
so ligst du under ainem lache,
das ist genant trauren,
darunder wirst du hauren
in schnee und auch in regen. Hätzlerin s. 154', 154;
doch sab man ganze narrenherden
aus mangel an platz in wälder ziehn,
in felseuklürten und hohlen weiden
hauern, und reim in bäume schneiden.
WlELAltD 21, 46.
HÄUERSCHICHT, f. probearbeit im bergwerk, die ein los zu
sprechender häuer thun musz. Jacobssox 2, 229'. s. bäuergedinge.
HAUERSCHWEIN, n.
wie zu thun dem Jäger oft gefeilet,
mit spiesz und hunden nimbt er einen vortheil ein,
und wartet bisx da kömpt das grosze hawerschwein.
D. V. D. Werder Ariost 9, 72, s.
HAÜERSKNABE, m. bergknappe:
ei die hawersknaben sind hübsch und fein,
sie hawen das silber ausz hartem stein.
Uhlasd volksl. 206.
HÄUERSTEIG, m. der gewöhnliche fuszsleig, auf weldiem die
bergleute zur zedie gehen, und den jeder grundbesilzer zu leiden
schtädig ist. Jacobsson 2, 229'.
HAUERZEUG, m. Werkzeug des berghauers: auch den hawer-
zeug und sonst Instrument , ärztrüge, bergtrög, wasserseig,
hüspel . . . Garg. 187*.
H.\UF, s. häufe.
HÄUFCHEN, n, kleiner häufe : ein häufchen erde ; ein häuf-
chen asche; ein häufchen geld; sobald er ein häufchen ver-
trauter Personen um sich erblickte. Güthe 19,329; wenn
meine leute faeisammen sind, es wird ein häufchen sein,
dergleichen Ivenig fürsten beisammen gesehen haben. 9, sc ;
häufchen abschlagen nennt Gleim ein gesellsdiaftsspiel :
wenn unsre schäfer lachten
und scherzten, und das spiel mit Schäferinnen machten,
bei dem man einen bock, mit rosen schön gekrönt,
für den gewinner setzt, so stand er angelehnt
und lächelte dazu! er glaubte viel zu wagen,
wagt er mit dir und mir ein häufchen abzuschlagen. 3,25.
sprichwürllidi : er sitzt da wie ein häufchen unglück; nd.:
hei huckt wie en hupke onnglück. Frischbier, eupliemistisch
steht häufchen für excremente: ein häufchen machen, cacare;
vergl. häufe I, 2.
HAUFE, HAUFEN, m. cumuhts, acervus. die alten sächsischen
dialecte kennen nur eine starke form des uortes: alis. höp, gen.
höpes, ags. heäp, fries. häp {das isldnd. hopr caterva Haldarson
1, 379, ddn. hob , hoben, schwed. hop scheinen datier entlehnt),
wälirend das alul. mhd. und die neuniederdeutsdien dialecte eine
doppelform aufwdsen: ahd. hufo, gen. höfin, in alemannischen
und bairischen quellen, und houf, gen. houfes vorzüglich in
fränkischen, das letztere weniger begegnend (Graff 4,832.835);
mhd. hufe und, zumal in mittcldeutsdten quellen, houf-
sie gebeut der werlde guoteu kouf
und sument lugende großen houf.
Eberhard v. Erfurt 4612;
nnd. hupen und hoop. auch im nhd., wo die beiden formen rück-
sichtlidi des vocals im stamme 3u,<iammen fallen muszlen, da altes
d so gut une ou läer zu au werden, scheidet sich nodi von dem
schwadien häufe, oder wie die nominutirform zumal seil dem
vorigen jalirh. gewöhnlicher heiszt, häufen, eine nominativform
häuf, die an sich zwar als einfache kürzung von häufe gefaszt
werden kann {wie has für hase, plaff für pfaffe) : häuf cumulus
Dasvp. ; häuf acervus, aggestus, cumulus Maaler 213', neben
liaufeii abundantia, acervus das. ; während die seltenere accusativ-
37*
583
HAUFE
HAUKE
584
xind dativform hanf «c doch als abkömmling des oben aufgeführten
itarkformigen liouf ausweist:
beschränkt von diesem bücherhauf. Göthb 12,31;
da macht sie ihm ein fenster auf,
zeigt ihm drauszen viel bunten häuf. 13, 127;
rergl. unten (II, 4) die formet zu häufe, eine umgelautete no-
minalivform acervus heuffe Dief. 9" hat einen plitral häufen
zur seile: so niusz der ha^el in die gröszte häufen schlagen.
Simpl. 3,270 Kurz.
hüfo und liouf führen auf eine wurzel huf, niederdeutsch luip
zurück, die im griech. als xvß in Kvßrj erhOhung, köpf, xißos
knvdiel {hervorspringende stelle am fusze, dann würfet) außritt,
und wahrsckeinlioii nur ert(_'eHiTung einer ällern wurzelforni cu
ist, wie sie im tat. in cu-inulus hervorblickt, die erweiterung
dieser wurzel zeigt den auslautenden labial nicht auf äner stufe,
das griech. hat zu xvßr, nebenfurmen wie xvn^oe und xvfsoov
(CüHTius grundzüge 3. auß. s. 490. 491) ; letzteres gehört zu einer
sanskr. wurzel kuhh hervorragen, die aus kakiibh gipfel bisher
nur erschlossen üt {vergl. haube und iiaupt). auch im deutschen
herscht die unglächheit des wurzelsclilus^es ; während zu griech.
yvß alls. höp, ahd. Iiftfö sowol wie golh. hup-s, ahd. haf hüße
lautverschoben genau stimmen, ist goth. haubij), ahd. houbit haupt,
sowie hftba haube an die nebenform der wurzel griech. xvf,
sanskr. kubh angelehnt, Wörter denen allen gemeinsam der begrijf
des emporragenden, in die höhe oder hervorstehenden innewohnt,
so hat auch ahd. hüfo tieften acervus, aggestus, cumuhts, cuterva
die glossen strues, agger, tumba, tumulus, die an sanskr. kakubh
bergesgipfel rühren; mhd. steht höfe für ameisenhügel :
so list du {ameise) in dem hüfen din. Boner 41, 27,
und Hoc/i nhd. wird in diesem sinne von einem mauhvurfshaufen,
ameisenhaufen geredet, wiewol gewöhnlich durch häufe nur eine
eng vereinigte menge bezeichnet wird, die man sidi nicht als auf-
gelhnrmt zu denken braucht.
Bedeutung.
I. 1) häufe, eine zusammengeschichtete menge von gegenständen
irgend welcher art, selten ohne nähere bczächnung: huffen machen,
cumulare, aggerere voc. ine. theut. k4'; und dann in der reget von
aufgei<peicherten gutem, erntcvorrat und schätzen verstandai : wer
seinen acker vleiszig bawet , der macht seine häufen gros.
Sir. 20,20; das glück ist eine thürin, das tappet als nach
dem gröszeslen häufen, macht es wie der teufel, der schmeiszet
wo dreck ist mehr zu. interim 377;
ich möchte wissen wie es käme
dasz gut wo einen häufen nerae? Looau 1,166,11;
aber, ach! nicht das sparen allein, um spät zu geiiieszcn,
macht das glück, es macht nicht das glück der häufe beim
hänfen. Göthk 40, 272.
gewöhnlich näher bestimmt: und sie namen steine imd machten
einen häufen. \ Mos. 31, 4G; laszt sie auch zwisschen den
garben lesen, und beschemet sie nicht, auch von dem häufen
laszt überbleiben und laszl liegen , das sie es auflese. Ruth
2,10; viel kiirnleiu machen einen häufen. Schottel 112l' ;
die steine, welche von einem theile weggebrochenen mauer-
werks herrühren, liegen in einigen unordentlichen hänfen
in dem düstersten theile der krypte umher. Immermann
Münchh. 3,200; die bestimmung geschieht durch ein beigesetztes
Substantiv , das die ältere spraclie gewöhnliclier in den tlieilunqs-
genitiv, die jüngere in den nominativ stellt: ahd. din vvambu ist
samo weizes hftfo. Willirah 1)9,22; nhd. huffen sIros oder
gestros tritura, bulen aschen aggestus, cumulus cincris voe.
tnc. theut. k 4*; häufen kornysz acervus, tritura Diek. ".)'; die
rotte der gottlosen ist wie ein häuf wergs, das mit fewer
verzehret wird. Str. 21,10; behaltet sie (die lehre) wie einen
groszen häufen golds. 51,36; da aber Paulus einen häufen
reiser zusammen raffelt, ap. gesch. 28,3; häufen gell, acervus
pecuniae Maaler213'; hänfen körn, numerus /ruwienf». häufen
«chnee, nii« agijeres 213"; häufen der schönsten fruchte.
tiocuNCK 3, 124; bewegte der morgenwind einen groszen
häufen brauner, gelber und weiszer federn. iMHEHMANn Münchh.
3,4; den grutzea kaufen garn. Heink 7,75;
»o .<tuh ein groszer häuf
«andu bl« an das gewolk hinauf, mückenkr. I, 80&:
hat der «chmerz,
alt (chOtterte der hodcn, da.i gnbftude
In einen graunen häufen nehmt verwandelt? fiöTii« 9.244.
5) häufe, o/ine weiteren ziualz , vom kotti: indessen der eine
einen häufen dorthin hoflirte. Simpl. :», 3r,'j Kurz; »o ist«
denn eine Iborheit, wenn mancher mensch zu seiner cnl-
schuldigung spricht: man sollte mich zufrieden lassen, wer
mich aber reget , der reget einen faulen häufen. Scrivek
seelensch. 1, 71; er hat einen häufe« hingesetzt, fecit oletum.
Seaz 64'.
3) häufe, eine dichtgedrängte mensclienmenge , schaar: hulT
des Volkes caterva voc. ine. theut. k4'; ich wil dich wachsen
lassen und mehren, und wil dich zum häufen Volkes machen.
1 Mos. 48,4; der häuf seiner jünger und eine grosze menge
des Volks {goth. hiuma siponje is jah hansa mikila manageins).
Luc. 0, 17 ; es folgete ihm aber nach ein groszer häufe volks
und weiber. 23,27; die weil wir solchen häufen zeugen umb
uns haben. Hebr. 12,1; der ganze häufe der wellweisen vor
Leibnitz. Kant 8,18; unter einem häufen grobe bauern.
Simpl. 4,411 Kurz; indem er von einer gruppe zur andern
ging, hier das räthsel aufgab: wann der hase über die meisten
lüclier laufe? dort einen rothkopf warnte, er solle nicht so
nahe an die scheune gehen, .. einem dritten häufen die
geschichte vom prinzen Pralle erzahlte. Inmermann Münchh.
3, 54 ; wer einen reichen kindersegen hat, spricht von dem häufen
seiner kinder; häufen kind, examin a in fantium, puerile agmen
Maale« 213' {vergl. kinderschar) ; ein häufen dienstmäglen,
famula cohors das.; worzii halt ich so ein häufen mägd im
hausz, wann ihr alles selbst thun wollet? Simpl. i, 60 Kurz;
die römischen vornehmen haben einen ganzen häufen be-
dienten im hause. Seume spazierg. 2,80; unter einem häufen
Zuschauer. Wielasd 12,84; jezo siehet man ein häufen ver-
wundete hier. Lessing 12,3;
der gotlosen häuf. Weckherlin 38 {ps. 10,14);
was schlägst du deine brüst, o du betrübter häufen,
ihr Phr}ger weibervolk? Opitz 1,223;
wo Scjlhcn und prälaten saufen,
da ist der gott der freuden nicht dabei;
es herrscht in ihren wilden häufen
die Zwietracht und die Völlerei. Gleim 1, 162;
nun freut ein häufen anverwandten
sich auf den tanz. 3, 101 ; '
und thut sie erst die Schaltern auf,
da kommt das ganze Städtchen,
und feilscht und wirbt mit hellem häuf
ums allerlei im lädchcn. Götus 1, 37.
häufe, von einer tischgesellschafl :
straff was dich nicht dunkt lustig sein,
red undern ganzen häufen nein,
und wer darwider reden wil,
so zürn mit ihm, so schweigt er still.
grobianus (Frankf. 156») G7* (/*. 2, c. 3);
so sitz die ganze nacht zu saufen,
und lasz ir keinen von dem häufen. J5* (//. 2,8).
wie häufe auch von der scluiar der todten gilt: da liegen viel
erschlagene und grosze häufen leichnam. Nahum 3, 3, so
heiszt zu dem allen häufen gehen sterben: Calasiris ist zu
dem allen häufen, buch d. liebe 2ll'.
4) häufe, eine schar der durch den stand mit einander ver-
bundenen, die gemeinde in politischer und kirchlicher beziehumi:
das ist das vierte dankopfer, für den rechten häufen, nemlich
für die auserwählten kinder goltes, und alle heiligen auf
erden, welches die wahrhaftigen Christen sind. Luther f>, 4s';
Lutherus sagt bei einweihung der schloszkirchen zu Torgau:
es musz der christliche häuf einen gewissen ort und stund
haben, wnn und wo sie zusammen kommen können. Schufpius
62; das gebet ist nie so stark und so kräftig, als wo der
ganze häufe eintrüchlig mit einander betet, das.
5) häufe, ohne weiter bestimmendes Substantiv, bezeichnet auch
das volk mit verdclUlichem ncbcn.'^nne , pöbel: er wil .lucli ilen
häufen an sich henken, und allein herr sein, darausz kuiiipt
dann ein Zerrüttung, aufrtir, unfrid und blulvergieszen. Ach.
spr. (15(10) 21';
wenig achtet sie {die Weisheit) der häufe. Göthk 11,2.v.i,
so lange
der fnsching wflhrt, verehren wir din lüge, . . .
den aüszen rausch des hnufens nicht zu stören.
Sciiillkr kariös 1, 9;
häufig mit adjectivischer bestimmung, der gemeine, grosze häufe:
der ander gemeine häufe, kriimer, sudler. KiRciiHor mi(.
disc. 201 ; ich weis freilich . dasz es richler giebl die zum
groszen schaden ihrer häuslichen nahrimg ganz .Inders ge-
sinnt sind , . . aber das weis ich auch , das der gnis/le
kaufe von ihnen ganz anders, und griindlicher denkl. Kaheiikr
tat. 3(17.')') s^■, ich kann nichl l.'iugnen , das/, es ein m»
trciriiches werk sei; aber ein so eiitliiisiaslischer bewuiideni,
als der groszic häufen ist, bin ich nicht. ÜCri^kr 13h';
585 HAUFE
der pöbel ist der gröszte häuf auf erden. Gellert 1, 169;
gold kauft die stimme groszer häufen,
kein einzig herz erwirbt es dir. Göthk 47, 9.
6) häufe von einer geschlossenen schaar bewaffneter, krieger :
mhd, der tumey was zewäre guot.
manc ritter drinne hoch gemuot
mit hurte durch den hüffen brach.
frauendienst 87, 19 ;
nhd. versties den zeug, das sie in vier häufen alier erst
nach sechs orn, da es heller liechter tag was, vor der stat
zusamen liamen. Wilw. v. Schaumb. 88; er teilete die drei
hundert mann in drei häufen, richter 7, 16 ; thaten eine grosze
Schlacht, und Judas mit seinem häufen . . behielt den sieg.
2 Macc. 12, 11 ; die Andahati, so mit zugethanen äugen streiten
und in den häufen schlagen. Simpl. 2,193 Kurz; hinter die
geschlossenen häufen der Römer. Lohesstein Arm. 1,42';
Froto riet selbst durch alle häufen seines kriegsvolks. 2, 895*;
ein reichsstand, der wider sich selbst stehet, und in zweien
häufen reitet. Bdtschry Palm. 729 ; es flöhe freund und feind.
nur du kleiner häuf hieltest mir den rücken frei. Göthe
S, 100 ; wir waren mit hellem w üthigem häuf herum, und er
oben aufm kirchthurn wollt gütlich mit uns handeln. «.137;
auf der socken folgte geschwind!
der ganz hell haun, das hoffgesindt.
mückenkr. 1, 334;
aus den het Scannacaballa acht
schwader oder häufen gemacht. 1, 824;
herr graf, es zieht ein häufe das obre thal herab:
sie tragen schwere kolben; der bauptmann führt im schild
ein röslein rot von golde und einen eher wild.
Ublans ged. 359;
nun hielt auf liohenstaufen
der deutsche kaiser haus:
der zog mit heilen häufen
einsmals zu jagen aus. 371.
der verlorne häufe lüesz der vortrab eines heeres, der gewaltige
oder grosze häufe das hauplheer: verloren häuf, rorarii, feren-
tarü Dasyp. ; die den angriff thun, scharmützler, so geringe
riislung führen, der verlohren häufen. Heniscb 1738, 61 ; laszt
uns mit der beute gelassen zu dem groszen häufen ziehen.
GüTHE 8,138;
die Vögel wie ein pfeil zuflogen :
der verlorn häuf ward erst erschlagen,
darnach die vögel all gemein
setzten zum grwahigen häufen ein.
die thier wurden in die flucht bracht:
die Vögel gwunnen also die schlacht.
B. VValdis Esop 1,34, Viff.
wenn sich mü diesem häufe der nebensinn der Streitbarkeit, kraft,
macht verband, so erklärt sich eine in Halle a. S. unter dem
wölke oft gehörte formet: da bin ich nicht der häufe dazu,
d.h. das vermag ich nicht; ähnlich rheinisch: er ist kein häufe,
; kleiner, schwacher mensch. Kehreijj 1S9.
7) häufe von einer schaar thiere: teileten die elephanten
die häufen. 1 3/acc. 6,35; ein häufen ochsen, armentaboum
\KLER 213'; der stier der vor dem häufen gadt, armeiüi
X das.; in einer leeren tonnen findet man selten ein häufen
ueisen. Schottel 1145";
wie nelimlich da herum ein häufen wilde schwein
sich sehen lassen, die da grosz und böse sein.
Opel jt. Cohu 279, 9;
und der läramer froher häuf
hüpfte dreimahl frölich auf. FLEEi;«a 446.
h) nach gramm. 4, 195 darf sich mit häufen als mengenbegriff,
nmal bei Itinzugefüglem gen. plur., der plur. des verbums ver-
innden, häufig auch wechselt sing, und plur. des verbums ab {vergl.
namentlich die stelle aus Schuppiüs unter no. 4) : und der ganze
linufe stund auf und führeten ihn für Pilatum. Luc. 23, 1 ;
■i sind mir ein häufen freunde gestorben, grex amicontm
Hvrum viorte decirferun/. Steinbach 1, 712; in seiner aufregung
in'gann nun der häufen (bauernburschen), nachdem er viel ge-
tninken hatte, durch die gegend zu schwärmen ... sie
-( hosscn ihre gewehre ab, luden wieder, lärmten und schrieen.
Nkermans Mimchh. 4,70; da sah Oswald .. einen häufen
\on wohl zwanzig banern , die sämmtlich mit gewehren be-
waffnet waren, s. 71;
I^^M ich kann pokäle schnitzen,
^■C wo auf dem rand umlicr ein häufen satyrs sitzen,
^^m und sehen wie man trinkt. Gleiv 3, 42.
^^Bs) vielfacli ist häufen auch unsinnlicher und bildlich gebraucht,
^V* *»'"' tieUieit, fülle, grosze auzalil, auch einen holten grad zu be-
^^fiehnen : ein häufen fürderuus oder eer, cumulm commendationis
HAUFE
586
Maaler 213'; gegen Alkeyr bringt man papagci, sittich, mör-
katzen und geschwenzte äffen den häufen. Frans weltb. 16';
gegen den gottsheüsern, der er hin und wider den häufen
bawet. 41* ; disz alles hat Lusitania den häufen. 7l' ; das acht
und letzt cap. begreift einen ganzen häufen lieblicher, höff-
licher, grobianischer hoffbüszlin. grob. (fran/;/". 1568) Jv'; log
noch einen solchen häufen dings darzu. Simpl. 3, 217 Kurz;
macht einen ganzen häufen französischer complimenten. 4, 63;
welche ausz hoffart und damit sie gesehen sein möchten,
einen häufen unteutsche Wörter einzumischen pflegen. 401;
das ganze pabstum ist voll domine, domine, herr, herr, da
ist ein häufen wachen , opfern , seelmessen , walfahrt und
dergleichen. Schuppils 640; bishero hat die gelegenheit mir
an der stirn ein häufen haar gezeigt, welche ich versäumt
oder verachtet hab. 753 ; liebe mutter, der kerl redt ein
häufen dinges , das ich nicht versteh. Chr. Weise Machiavell
26 ; ich bildete mir ein häufen ein, was ich an dir vor einen
wackern cavalir bekommen würde. Jucundiss. 120; ja wenn
sie nicht sonst noch ein häufen länder unter ihrer bot-
mäszigkeit hätten! Heilman Thucyd. 96; sie machen ein
häufen aufhebens von ihren Verdiensten. 102 ; ein häufen
Wortwechsel und irrungen. 452 ; hierüber hatte Theramenes
schon seit geraumer zeit ein häufen redens gemacht. 1144;
diese Stadt hat einen häufen thürne, magnus turrium numerus
in hac urbe est. Frisch 1,424'; das kostet einen häufen geld,
hoc requiril magnam summam pecuniae. das.; die advocaten
kosteten beiden partheien einen häufen geld. Eicbesdosf
Lucanor 82;
wir werden glucks den häufen han.
Bemer fastnachtsp. v. 1522 Ej';
umb diesen brunnen rumb war gar ein häufen schatten.
D. V. D. Werder Ariost 2, 34, 1 ;
dem folgen allenthalben häufen
von königlichen sorgen nach. Gleim 5, 177.
niederd. sogar en hupen slimm , sehr schlimm. Dähnert 200*.
10) landschaftlich wird häufe als masz gebraucld, und bezeichnet
eine gewisse quantitäl zusammengeschic/tteter gegenstände. so
machen in Baiem vier klafter Scheitholz einen häufen; der
häufen, nach dem die dachschindeln verkauft werden, besteht aus
sedizig lagen oder schichten. Schk. 2, 154. auch heu, stroh, kam,
steine werden in regelmäszige häufen geschichtet und so vermessen
und verkauft; nd. höp eine anzahl von zehn garben getreides.
Schambach 74'; {der paslor bekommt) in der zinsen wiesen
den fünft hoppen oder haufeo heuwes. Hardt Luxemburger
weisth. 137.
11) häufe an der nahe des rades: an der nahe des rades
unterscheidet man den mittleren und dickeren cylindrischen
theil, in welchen die Speichen eingelassen sind, er heiszt
der busch oder häufen. Kasmarsch 1, 855.
11. häufe hat sich mit praepositionen zu festen formein ver-
bunden, in denen der begriff des Substantivs bald mehr, bald
weniger sinnlich hervortritt.
l) in häufen zusammen, auf einmal, insgemein, mit kommen,
gehen, werfen u. ähnl. verbunden: stürzten in häufen nach
dem kleinen, spiegelhellen wasserschatze. Sedme mein leben
62; denn also hat auch Christus gelhan, die predigt hat er
lassen in häufen gehen über jederman. Luther 3, 15S'; aber
das sacrament sol man nicht also unter die leut in häufen
werfen. 159* ; in häufen reden : ingemein oder in häufen
reden, in plenum dicere M.\aler 213' ; wer vol ist, der schempt
sich nicht, redet in häufen, da ist kain Vernunft, kein ralh.
S. Frank trunlienheit 1531 C iij ' ; in häufen fassen, zusammen
fassen, addieren; wenn maus {die arche Noae) nu abmisset nach
dem wie es hie beschlossen ist, und fassets in häufen, so
ist es sechsmal lenger denn breit, und zehen mal lenger
denn hoch gewesen. Luther 4,47'; in einen häufen schlagen,
zusammen werfen, insgemein behandeln : ist nun s. Lucas nicht
ein feindseliger man, der mit eim einigen wort (so zu reden)
auf einen schlag, so grosze risen und beiden, beide tutisten,
figuristen und deutisten, und alle schwermer in einen häufen
schlegt? Luther 3,497*; sol man für jederman bitten, und
das gebet in gemein hingehen lassen, und in einen häufen
schlahen beide feind und freund. 4, ISO* ;
das sie (die qereduigkeit) nicht sehen sol noch hören,
ob die wag recht gebrauchet werd,
ob den schuldigen trelT das schwerd,
sondern sol frech in häufen schlagen,
die nnterihan müssens wol tragen, froschm. 2,1,6, Vij';
der zornige will alles wagen
und mit der faust in hauTen schlagen. 2, 3, 4, Ff iij \
587
HAUFE
aber in häufen reiszen, zusammenreiszen : Sallian, der alle
augenblicke gerne die weit in häufen risse. Neander vom sei
absterben Avij; älinlicli in einen häufen stoszen: wie das buch
ist, also ist auch der glaub, und wie der glaub ist, also ist
auch das welter, alles verkehrt, bisz es gult endlich in einen
häufen stöst, die weit mit feuer verzehrt, und die ungläu-
bige in den feurigen pfui stürzet. Schüppiüs 614; in einen
häufen werfen: sonst würfe es (das clirislenlhum] der teufel
in einen häufen, und risse es alles unib. Lutuer C, 47';
konipt her wider sie, . . öffenet ire kornheuser, werft sie in
einen häufen, und verbannet sie, das ir nichts übrig bleibe.
Jer. 50, 20.
2) mit häufen, in fülk, reicldicli, im gefolg von vorhanden
sein , kommen , gehen , laufen , überfallen , finden, erlangen
H. a. : wie gott alzeit solchen ungehorsam on alle barm-
herzigkeit endlich gestrafet, unangesehen auch der gegen-
werligen und zukunftigen drawenden strafen, so mit häufen
vorhanden. J. Gretf Lazarus, rwr. As'; sind das nicht herr-
liche mechtige vcrheiszunge gottes, mit häufen heraus geschut
(geschiiUet) auf die so sich der dürftigen annemen? Luther
3, 395' ; denn er ist doch ja ein herzlicher, gnediger, fromer,
gütiger gott , der . . . eine gute über die ander mit häufen
über uns ausschüttet. 5,44'; wer es nicht gleuben wil, der
lese alle historien, .. da wird maus mit häufen finden. 46';
und wenn man hieneben die historien ansihet, so findet sichs
mit häufen, wie gott die tyiannen .. stürzt. 158'; schrecken
und furcht, angst und pein {werden) mit häufen erein schlahen.
6,63'; meine schwere sünde sind durch seine strafe erwachet,
und mit häufen mir auf den hals komen. klagel. 1,14; das
volk gieng abermal mit häufen zu im {avfj,7ioQEvovrat näXiv
öx}.ot TTooi nvToi'). Marc. 10,1; dasz man ir mit häufen
lind. FiscuART bienk. 142'; als er im yetz endtlichen fürsatzt,
die fart und opfer zu leisten , hat in die arbeit mit häuf
überfallen. Wickram rullw. 8,1 Kurz;
das UDgelück kombt als mit häufen. H. Sachs 3, 2, 119« ;
w.enns Unglück kumpt, so kumpts mit häufen.
J. Greff Lazarus J7';
den ich zuwider bin gesyn,
die bringen mirs mit hauten yn. B. Waldis Esop 1,12,22;
diesem tumult kamen mit Haufen
die leut aus der stadt zugelaufen, mückenkr. 1, 283;
sie kommen dar mit häufen. Soltau volkd. 513 (i-. 163S);
den rebensaft mit häufen
wie Scylhen in sich saufen,
ist nicht für dich und mich. Tscherninc (1042) 208;
des bücberschreibens ist so viel, man schreibet sie mit häufen.
Logau 'i, 100, nu. 26^
wen nun der mai kommt auf die bahn,
und erst die kalt ist abgethan,
den wächst die lusl mit liaufen. Rist Parti. 197.
es lieii,zl mit hellem, vollem häufen: von diesem leiden nun,
welches ihn hernach am ülberge und am creuz mit hellen
häufen und ganzen lluthen überschwemmt und umgeben.
Scriver seelensch. 2, 107 ; zwischen dem . . abwege des Pa-
schasius, den die kirche mit vollem häufen einschlug. Les-
SINC 8,317;
(da) reiszt schand und Üppigkeit mit hellem häufen ein.
Opitz 1, 133;
und fehd entbrannte bald darauf
und zogen ro.sz und mann
bei Döffiiigen mit hellem tiauf. Scuiller 12;
was von auszen kuinmcn soll, kumm euch auch mit mildem
hauten,
leben, gnfigen, freude, trost, segen, hülle, voll und taufen.
Locau 3, 80, 53.
Janeben beJeulet mit häufen auch tiemeinscliafllich , zusammen
auf einmal, insgesamt: berget im nichts, es sei was es wolle,
so werfts mit häufen eruus für im , als wenn ir ewcr herz
eiin guten freunde ganz und gur eröffnet. Lutuer 3, 2iii)';
darauf singt man allcluia mit häufen. Fisciiakt bienk. 15u';
fielen sie auf ihre knie, hüben die h:ind auf, und lieszen
mit einem häufen ein klügliches heulen, b. d. liebe 22o'; da
iullt man mit häufen zu, und spricht: er hat dennoch das
enathen, er wird das ander auch nicht fehlen. Schuppius 614;
da llicuen Kir.h die vitgul rotitüi,
hinaunz zu flitigiMi nach Irer .«peisz,
wie im herbst int der vogtl wri.sz.
als lie <lie Nchn-alli mit IiiiuIüm «ach,
luliizlich zu den vocfln Kpriicli . . .
li. Wai.ui« i:^op 1. 10,31),
wann Kpimetbeux iiitht
•■in fa«! bAtI aurgtUlMn, und an du« .•xiniiünlii^eht
viel Übel liai uns kratiti mit h:iiif*!ti auiiZKelatsen.
Opiti f, 54 1
HAUFE 588
frew dich, weltkind, auf das erben I
deine mutier wird bald sterben;
was das leuer nicht verzehret,
ist niii häufen dir gewehret. Logau I, 154, 60;
und bellt so wOthig, dasz mit hauten
die nachbarn alle, grosz und )>Iein
zu fcnsiern und zu ihüreu laufen. Uörger 32'. .
3) bei häufen , gregatim Stieler 795 ; Simson sprach , da
ligen sie bei häufen , durch eins eselskinbacken hab ich
lausent man geschlagen, riclit. 15,16;
[seitdem) hanswurste, clausnarrn und arlekin . . .
mit all ihren schelln und peitschen bei häufen
nicht hinter den kaiser die wette mehr laufen.
Gleih 5,259;
geld hat er bei häufen. Gökingk 2, 182.
dafür häuf auf häuf, acervalim:
bunter klee, gesunder quendel,
kömt gesprossen häuf auf häuf. Fleming 377.
4) zu häufen , so dasz eine schaar oder gemeinschaß gebildet
wird, in Verbindung mit fügen, machen, gehen, kommen, tragen
u. ähnl.: machten alle sampt einen bund zu häufen. Neh.
4,8; wir wandelten im hause gottes zu häufen, ps. 55,15;
welche gott zu häufen gefüget, kan der mensch nicht son-
dern. Georg v. Sacusen bei Luther 3,192"; und nun doch
keiner muth genug hatte, in der Stadt zu bleiben , sondern
jeder sich lieber aufs feld zu häufen zog. Klixger thealei-
4,121; was die ameise Vernunft mühsam zu häufen schleppt,
jagt in einem hui der wind des zufalls zusammen. Schiller
Fiesko 2, 4 ;
das wasser und gewülk mit zagen
musz dick und dunkel voll getösz
des herren stim zu häufen tragen,
darab dan zittert gut und bösz.
Wkckherlin 127 (ps. 29, 5);
ein bach, ein regenbach, vom himmel her gestärket . . .
mischt was er in sich hat, treibt was er führt zu häufen,
dasz fisch, frosch, holz und schlämm hin mit einander laufen.
Logau 2, 68;
Veit hatte zwar fünf sinnen, doch sind ihm drei entlaufen,
zwei suchen drei, ich zweifei, er bringt sie nicht zu häufen.
3, 200, 56 ;
und alle kommen doch zu häufen
ihr ihre waaren abzukaufen. Götub 13,46;
Braun und Isegrim sandten sofort in manche provinzen
offene briefe, die söldner zu locken: sie sollten zu häufen
eilig kommen. 40, 79;
und wenn der feind zu häufen lag,
und kürass halt am bauch. RGckert 158.
zu häufen rennen, fallen, stürzen, so dasz der fallende einen
häufen bildet, niederrennen, niederfallen, niederstürzen:
mhd. swer im da zorse vor gesaj,
zeime hüfen er den sluoc. Witlehalm 388, 21 ;
nhd. dasz er ihn desto ehe zuhaufen rennet. Amadis 290;
ob gleich sie oft an stücke, steine, stamme und bäume
liefen, und noch öfter zuhaufen fielen, rafften sie ^i' i' •!■■'•
geschwind wieder auf. SimpL 1,171 Kurz;
das mir der oten nit gelag
von discin ungestümen schlag
und ich nit t^ing zu häufen nider
das nimpt mich immer wunder sider.
H. Folz in iluiipls zeitschr. 5,515,10.1;
wenn cinr aus Schwachheit feilt zu häufen,
den wil ein jeder überlaufen. B. Waldis Esop 1, 85, 23.
nebenform ist zu häufe , vergl. oben sp. 583 : conserere manum
tzuhaufe tzyhn Trochus F3'; lesit zu huufe des eislin den
raten. Ikhaims evang.-buch, Malth. 13, 30, t-orAer gelU lesin si
zu samenc. r. 28; die .. mit groszein gewalt zu häufe laufen
und sich rotten. Luther 3, lll'; steine, die er im fehle zu
häufe las/e. 189'; wie reuinet sich das zu häufe? 263'; denn
die zwei gehören zu häufe, glaube und gutl. 4,389*; daruinh
inusstu auch dis stück lassen gehen durch alle gebot , als
die schele oder böge! im kränz, das ende und anfang zu
häufe füge, und alle zusamen halle. 408'; ihr werdet ihn
plumpen sehen, dasz der schlam über ihn zu häufe schlaget.
Interim 24; wozu es denn ... genutzt habe, da.sz so vieli-
biicher mit so vielen kosten hier zu häufe gebracht wurden.
Lkssinc 9,2; dnsz sie die schicklichslcn gründe zu häufe
geführt. J. I'all hier, nachlasz 4,123;
ob wol <*in xcbwnrher zäum oft, mitten In dem laufe,
ein mutig» ross verhüll, und etwas e« zu häufe
zwar zeucht. 1). v. o. Wkrüir Ariosl II, I, 2;
besonders häufig in der kürzung zu huiif : soUr oplUhalmia, wann
einer de« morgens die aiigen nil nfthiln kan, und scind /u
589
HAUFE
HALTE
590
Lauf gebacken, älberds T3", gleich nachher zusamen backen;
nd. to h(jp hangen, zusammen hangen. Danneil 84'; also
stunden auf jeder seilen vor dem thor vier tissche, das sind
acht tissche zu häuf. Hes. 40, 41 ; diese zwei, herr oder herr-
schaft, und arm oder armut , reime zusamen , fasse sie mit
deiner Vernunft zu häuf. Luther 5, 47''; was ich von werken
find, dj will ich zuhauf rafifen , alle Sprüche von thun und
lassen will ich zuhaüf schmelzen. Alberüs uider Jörg Witzeln
L"'; ich hab schon ein langen catalogum zuhauf gesamlet.
L4*; wicklen es wol achtfach über einander «nd neens mit
eitel kelberhaar zuhauf. Frank ttW/fc. 159' ; bracht ihm einen
häufen böser hüben ohn seines vaters willen zu häuf. Hense-
berger 390; einer ausz denen, so die tranksteuer zu häuf
bringen. Kirchhof icendunm. 222"; also dasz beide ein an-
sehenliches vermögen zu häuf brachten. Simp/. 4, 154 Kurz;
nachdem sie ihre zu paaren getriebene ideen wieder zu häuf
gebracht hatte. Hippel lebensl. 1,19; man steckt die köpfe
zusammen, rottiert sich zu häuf. Schiller FiesAo 2, 4; unter-
dessen füllt sich die gesellschaft. der baron F . . . der hof-
rath fi... das kommt zu häuf. Güthe 16,104; ach willst
du diesem kind zu lieb nicht alle diese menschen zu häuf
verlassen? Beiti.ne briefe 2,35;
er hiesz ein schaf und ander thier,
äz, ir zuhauf warn eben vier,
die fordert er zu solcher jagt. E. älberus 15;
so weckt er auch mit im zuhauf
als ein person die todten auf.
B. RlSGWALD /. narh. 200;
jetzt machen sie sich grosz, jetzt ziehn sie sich zu häuf,
jetzt decken sie sich vol, jetzt machen sie sich auf.
D. T, D. Werder Ariost 2, 9, 3;
trägt eilends schilf zu häuf
und alles moos (der noth musz alles taugen)
zur lagerstatt. Wielasd 23, 29 (Uberon 7, 40);
0 leset von dem gründe
die einzeln hälmlein a'uf,
und traget sie zu bunde,
und traget sie zu häuf. Röckert 214;
wenn die wässerlein kämen zu haut,
gab es wol einen flusz. 315;
wollt jagen dort in Winchesters wald,
rief seine herrn zuhauf. Uhlakd ged. 304 ;
besonders bevorzugt diese formet, die in der modernen spräche
gewöhnlich auch die stelle des altern mit häufen (xp. 587) ein-
genommen hat, GöTHE:
die blumen, in den wintertagen,
versammeln froh sich hier zu häuf. 4, 95;
auf berges ferne ballt sich auf
ein alpenheer (wölken), beeist zu häuf. 119;
als wo man emsig und zu häuf
macht Vogelbauer auf den kauf. 13,45;
das leichte, tolle, scheckige ceschlecht,
es kam zu häuf, und immer kam es recht. 140;
die hohen berge schröpfen wir
aus vollen ädern schöpfen wir;
metalle stürzen wir zu häuf
mit grusz getrost: glück auf! glück aufl 4I,5f. ■
da liegt das rothe gold zu häuf,
geschwinde zu und raff es auf. 2S5;
lergl. ferner 5, 259. 41, 190. 261. — zu häuf bringen heiszt aber
auch an einander hetzen, wie zusammenbringen oß gleichen sinn
hat; vergl. nd. to hop kaomcn in streit, zank geraten. Dan-
neil 84*;
ich hab gebracht in diser zeit
zuo häuf zwei alte böse weib. hruder Ilausch Aij,
nach dem niederd. texte:
ik hcbbe to hope gebrowen
twe aide hose vrowen. weimar. jahrh. 5, 393, 243.
5) auf einem häufen liegen, vom gefallenen: denn wo
menschliche Weisheit und gewalt itzt solt Deudschland rc-
. ren, es lege morgen auf einem häufen. Luther 5,47';, -denn
o die winkelmessen sollen fallen, wanne lieben kinder, wo
■It dos bapstum so bald aof einem häufen ligen. 6,89';
if häufen stehen, zusammengeschichtet: durch dein blasen
ilieten sich die wasser auf, und die Üut stunden aufhäufen
2 Mos. 15, 8.
auf einen häufen legen, werfen, sammeln, zusammenfassen:
das der gottlosen guter., böse guter sind und verdamlich,
'l.irumh das sie nur auf häufen gesamlet und nicht den dürf-
::en mitgeteilet werden. Luther 3,292'; wenn man gleich
Her inünche werk auf einen häufen schlüge, wie köstlich
"■ gleiszcn mügen, so weren sie doch nicht so edel und
it, als wenn gott ein slrohalm aufhübe. 4,422'; dergleichen
unzelichen wunder mehr, die alle in diesem vers begriffen
sind und in der Christenheit auf einen häufen gerhümet
werden , mit diesen kurzen worten : ich danke dir, das du
mich demütigest, aber hilfest mir auch widerumb. 5,65';
wilchs Salomo alles auf einen häufen verwirft, br. 2,603;
die Christum, sacraraent, heiligen und all unsern glanben
auf einen häufen verspotten und verlachen wissentlich. FrXjtk
weltb. 155'.
6) ob einem häufen , zusammen : das euch botz marter
alle mit einander ob einem häufen sehend I Wickraä roUw
169,17 Kurz.
7) über einen häufen, sich über einen häufen erstreckend, die
form eines haufens bildend, haufenweise: die andern alle über
ein häufen {so viel ihrer sind, zusammen) sint leicht, täglich
und vergebliche Sünden. Fischart bienk. 104'; über häufen
fressen :
du gehest sehr gemach, und frissest über häufen:
isz mit den füsaen doch, das maul lasz lieber laufen.
Opitz 2, 458.
häußg ist dies über einen häufen mit verben des werfens, fallens,
slürzens verbunden, anzudeuten dasz der fallende die form eines
haufens bildet: er wirft die gottlosen über einen häufen. Hiob
34,26; praecipitat verba, er wirfts übern häufen, dasz man es
schwerlich verstehet, was er redt. Alberds 0 4'; Ataulph
kommt nach Gallien : wirft Jovinum über einen häufen.
Mascoc 1,326; ihn . . unversehens über den häufen in das
die gasse herabflieszende wasserbächlein warf. Salinde 74;
{welclier) so stark wider mich gerent ist, dasz er mich und
mein pferd über häuf gestürzt. Amadis 366; einer ritte ihn
übern häufen. Simpl. l, 46 Kurz; dasz ihn Caspari über den
häufen stiesz. Salinde 69; man solle ihn zufrieden lassen,
oder er stiesze einen über den häufen. 119; wo dus ver-
räthst, so stosz ich dich mit dem brodmesser übern häufen.
Lenz 1,177; da sie beiderseits ein wenig berauscht waren,
so taumelten sie gegen einander, und taumelten sich alle
beide über den häufen. Münchliausens reisen lll;
die felder ligen öd,
wirdt weder gesäet noch geähret,
als über häuf gekehret
von den kriegsleuthen schnöd. Soltau 470 (r. 1G22);
darumb müssen sie fallen über einen häufen. Jer. 6,15; dabei
oft einer mit dem andern überhäufen feit. Lehmann 129 ;
dasz ich mit ihr {der leiter) übern häufen und endlich gar
die stehen hinunter gefallen. Simp/. 4,60 Äi/r:; solcher tollen
unwitzigen ding gehen oft in geheimen canzeleien viel für,
davon ein regiment müste übern häufen fallen , wann gott
das böse nicht zum guten lenkt. Schdppids 21; dasz sie {Piatos
republik) aber, wann sie jemal gestanden, überhäufen gefallen
were, hat Plato selbst wol gesehen. 560; sein System über
den häufen fallen sehen. Kant 9,103; ich bin ein bcttler,
wenn die itzige Verfassung nicht übern häufen fällt. Schiller
Fiesko 1, 3; wenn er endlich nach verschiedenen jähren seinen
schaden einsah, so fiel das werk mit einmal über den häufen.
GöTHE 37,269; da dann die kutscher auf die pferde weidlich
hauen und ihr kutschen alsdenn so anstellen, dasz oft wagen
und pferde über ein häufen gehen. Neander vom sei. ab-
sterben Cij; wil einer da, der ander dort hinausz, so musz
das geschirr brechen , und wagen und pflüg übern häufen
gehen. Creidids 1,332; alles schien nun über einen häufen
zu gehen. Lohenstein Armin. 2,893';
sie liefen weidlich an,
dasz übern häufen gieng gar mancher tapfer mann
und würd ertreten wol von ihnen mit den füszen.
Opel o. Coric 279, 74;
diesen formein zur seile steht über einem häufen mit den verben
der ruhe liegen, stehen, bleiben: es mag leicht ein Sturm-
wind kommen, so ligt die bettelei über eim häufen. Schoppids
242; so wird sich das wasser, das von oben erab fleuszt,
im Jordan abreiszen, das über einem häufen stehen bleibe.
Jos. 3, 13 ; da stund das wasser das von oben ernider kam,
aufgericht über einem häufen, v. 16 ;
weil ich lebte, kunt ich beine wol so hoch, als fleisch, ver-
kaufen;
wurmen schenk Ich jetzt was fleischicht, beine bleiben überm
häufen.
LooAü 3,238,112 {grnbschrift eines fleischers).
n.VUFE, adv. zusammeitgezogcn aus hie aufe, hier oben, wie
bauszen aus hie auszen: welle menschen dennc gestont und
blihent wonnende uffe dieseme felse und huffe crstcrbent,
die farent zu himmeile so es cit wrf. Merswin 7S.
591
HAUFECHTIG— HAUFEN
HAUFEN— HÄUFEND
592
HAUFECHTIG, adj. und adv. meeilerle form für hauficht,
haufemeise : haufächtig, beim häufen, beim lotzel, beim tau-
send, cumulatc, cumulatim Maaler 213'; haufächtig in einer
roll oder Versammlung, gregalim das.; haufächtig zesamen
legen, accumulare acerralim das.; der hohen angebornen gnad
nach, welche die ohne underiasz gegen aiiermeniglich haulT-
echtig übet und gebraucht. Antadis 3 ; es war thor und feidt
voller leut, liefen haufächtig zu. b. d. liebe 20!»'; so heuf-
cchtig zu seinem begräbnus gekommen. Neander vom sei.
abslerb. {£r/«rt 1588) Cvj'; wächst allenthalben houfechtig bei
andern Unkräutern. Tabernaem. 101; die Indianer habenden
rcisz in groszer menge und haufechlig. 653 ; thate ganz hauf-
echlig salbe darein. WtJRTz practica d. wundarzn, 244.
HALFEL, n., s. häuflein.
HÄUFELN, verb. in häufen bringen: buffen machen, vulg.
hulTeln, cumulare, aggerere voc.inc.theut.ki'; accrvarc houffeln
DiEfENB. 9*; cumulare huffeln, heulTeln 162'.
1) von gegenständen: thue oft hinzu, so heufeit es sich
bald, adde parum parvo, el magnutn cumulabis acei-vum. Stie-
ler 797 ; die da zusammen heüfeln und scharren die reich-
thümer. Melanchtho.v 2 Cor. 8 ; die erde wird über fcldfrüclitc,
um den ueinstock gehäufelt, als bdufclicn aufgeschüttet:
bald mit hacke, bald mit spaten, bald mit häufeln, schneiden,
binden,
betet er (der winzer) zu allen göttern, vördersamst zum Sonnen-
gott. GöTHE 41, 248;
häufeln, das heu, wenn es auf der wiese getrocknet ist, in
kleine häufen setzen. Jacobsson 6, 52' ; so duck wir in den
benden sint, hauwe zo wenden off zo hufflen, weisth. 3, 854
(('. 1491) ; häufeln «,s( auch ein geseüschaßsspiel mit häufchen von
vichl, kleien u. ähnl., in u-elche geld versteckt wird. Schm. 2, 154 ;
ferner ein hasardspicl mit karten: etliche häufleten. Abele
4,268; beim häufeln. Gokingk 1,157; unter verbotenen karten-
spielen wird aufgezählt: häufeln oder schieben, kaufmännchens.
Weimar, regierungsblau 1865, s. 358.
2) von personen : huffeln das volk oder die schar, calervare
voc. ine. theui. k 4* ;
schau wie wir uns umb dich hrümb heufTeln.
SiKPHANi geisll. aclion (1568) Eiiij'.
HÄUFELPFLUG, m. : der häufelpflug, d. h. ein pflüg mit
zweischneidigem schar und doppelten Streichbrettern. Perels
handb. zur anläge und konslruclion landwirlschafll. maschinen 2
(1SC6) 116.
HAUFEN, HÄUFEN, verb. cumulare. die nicht umgelaulele,
in Oberdeutschland heimische form gehl zurück auf ahd. höfon
cumulare, acervare , gahoufön accumulare (Graff 4,834. 835),
mhd. hüfen ; die umgelautete form, seil dem 17. jahrh. die in der
schrißsprache durcliaus gewöhnliche, vor der sich häufen in die
ntundarten zurückgezogen hat (Scum. 2, 154) , weist auf ein un-
belegtes ahd. höfjan, höfan zurück, das wahrscheinlich in der
mhd. praeterilalform höfte (pass. 74,4 Hahn) sicli wieder findet,
acervare huffen Dief. a'; catervare hauffen, buffen, nd. hupen
107*; cuT7Ju/'jrc huffen, hauffen, beiffen 102'; zusammen häufen,
coacervare Dasyi>. ; heufen, erschitten aggerare ders. ; heufen
acervare, cumulare Stieler 796; in verschiedenen beziehungen
und fügungcn.
0 einen häufen formieren, von gegenständen (häufe I, I).
a) absolut, vom außiäufen der schäize: aber dem sünder gibt
er Unglück, das er samle und heufe , und doch dem geben
werde, der gott gefeit, pred. Sal. 2, 26.
b) Iransiiiv : und sie hcufelen sie {lodte frösche) zusammen,
hie einen häufen und da einen häufen, und das land stank
davon. 2 Afos. 8,14; die erde um ein gewächs häufen, ad-
aiierare humum Frisch 1,424'; ich wil auch von dem wipfel
des hohen cedcrnhawm nemen, und oben von seinen zweigen
ein zartes reis brechen, und wils auf einen hohen geheuflen
berg pflanzen. lies. 17,22;
so ich ein wenik (müf) auf dio gabel häuf.
fuitn. «p. 563, 30 ;
wir ich Voltaire, warlich, freund I
ich häufte keinen tchatz und schlüge lieiiien feindl
Gliib 5, 270;
riogs um dio alten mauern ist holz und stroh K^hSuft.
IJllLAHD i/erf. :i62;
man häuft ein masz: den ichcffel häufen, cumulare modium
Faiscii 1,421*; gehäuft inasz zu lieferen, weislh. 2,202;
»V mixtt mir Iriu mit hnllirr )'lcii
tiiiil k'ilii mir »nrrwr fiir dii« korm
was icli ir liuui, dn« ttrcirhi »y iim
Hältlerin '
ein grabhügel wird gehäuft :
aber nachdem wir den todten verbrannt und die rüstung des
todten
häuften ein grabmal wir und stelleten oben die säul auf.
Odyssee 12, 14.
bildlich, wie wir ähnlich thürmen gebrauchen: ich wil alles
Unglück über sie heufen. b Mos. 32,23; hungert deinen fcind,
so speise in mit brot . . denn du wirst koien auf sein heubt
heufen. spr. Sal. 25,22;
die Kluth auf gluth um deinen .«chcitel häufen.
GflfTHE 12, 61;
ihr wohl und weh auf meinen buscn häufen. 89;
laszt den herrn {pocten) in gedanken schweifen,
und alle edlen <]ualitäten
auf euren ehrenscheitel häufen. 90.
c) reßexiv : der staub häuft sich auf der strasze ; der schult
hatte sich um diese alten mauern gehäuft; bildlich: auf die
caliphen häufte sich ein ungeheures reich, das sie durch
Statthalter muslen regieren lassen. Güthe 6, 42.
2) selterier nach häufe 3 — 7 änc schaar bilden, schaaren,
transitiv und reßexiv: werfet zu Zion ein panir auf, heufet
euch und seumet nicht. Jer. 4,6; und sie werden komcn
und auf der höhe zu Zion jauchzen , und werden sich zu
den gaben des herrn heufen , nemlich zum getreide , inosi,
öle. 31, 12 ; ja wolt got, sie {die bettelklOstei-) weren alle abe,
oder je auf zween oder drei orden gehaufet. Luther 1,302';
sie {die wölfe) sollen sich auch, wann es grimmig kalt ist,
inn groszer anzal zusammen häufen. Sebiz fcldbau 613 ;
doch er empörte sich auch zum könige! häufte Judäa
um sich herum. Klopstock 4, 82.
3) recht gewöhnlich ist häufen {nach häufe 9) unsinnlicher
gesetzt, als poetischer ausdruck für hinzufügen, viehren, vermehren.
a) transitiv: zu heufen eine sünde über die ander. Jes.
30, 1 ; du aber nach deinem verstockten und unbusfertigen
heizen heufest dir selbst den zorn auf den tag des zorns
und der Offenbarung des gerechten gerichtes gottes. Rom.
2, 5 ; aber hernach da man die mesz halt geschetzt für ein
sonderliches opfer für die sünde und für allerley not, ...
da hat man sie one masz und ziel gehaufet und ein rechten
jannarkt oder kremerei darausz gemacht. Flacius Illyricus
Olfrid, vorrede ß B; wolan so rechent sie wol , wo ihr es
änderst können, aber ich glaub wol, dasz ehe ihr von mir
kommen, ihr eine schandt mit der andern häufen werden.
Amadis 405 ; ein laster auf das ander häufen, cumulare scelus
seclere Maaler 213': schand auf schand häufen, ein laster
über das ander thun, sceltu^ sceleri ingerere das.; die gehäuf-
testen merkmale von ergebenheit. Schiller 908 ; er fing mit
gehäuftem athem an. J. Paul Hesp. 1,42; in dem kleinen
garten hatte er nacheinander die meisten erfindungen ge-
häuft, durch welche die moderne garlenkunst die erde ver-
schönert. Freytag handschr. 1,35;
dieweil mir nach fleischlicher art
alzeit angeneml) und lieber wart,
das menschlich geschlechl zu heufen und mehrn,
als zu verderben in kriegshörn.
J. ATR8R 408« (2052, 23 Keller) ;
ihr seid der väier haar? ihr häuft noch ihre schuld.
FLsaiiiG 13;
sie läszt bei einer grufl,
wo söhn und mutler liegt, gcliiiude ihriineii lliosicn.
Chr. Grtphius ;>(»<•/. wätii. 2,235;
seht, wie ein seichter flusz, der voller wirbcl la»n,
je minder tief er ist, dio kleinen krelso häuft!
'' Hagedorn 1, 118;
der briidersidiafl ergrimmto lucht
li.iuli läßlich die gewohnten lücko. 2, 28;
dicsz unbefangne lierz . . •
will dich besäniügeu, uud häuft sein unrecht nur.
GoTTKR 2, 433 ;
in die tiefste meereshfthle
»cnke dein gehäuftes leid. Hahlkr 2, 17.
//) reflexiv: so sich marter imil unglück häufet, h. d. lubf
217'; sinlemal aber stolz und frechbeil durch gewüiischic
glückscligkeit sich pflegt zu häufen. Kirchhof McriduMm. ni';
die Soldaten heufen sich im lande, excrcitus augelur, mulli
plicalur, legiones csplentur. Stiklkr 79f. ; seine gülcr liciiffii
sich, opes ejus nmpltfieanlur. das.; dergleichen beispielc licszeii
sich ins unendliche li.'lulcn. Wiklanh 11,35;
da« Obel wird sich itets mit iihcin häufen.
GOTUB 9, 223.
||\l KKMt, V, .i)i(-T Iciiiliila.
>93
HALFEMACHERIN — HÄUFIG
HÄUFIG
594
HÄUFENMACHERIN, f. die die leute zusammenbringt, kupplerin
(vergl. zu häufen machen sp. 588) : das du verprent werdest,
du alte kuplerin und haufenmacherin, ain feindin der erber-
kait und ein fürerin alles Übels. Wirsung Calixl. (1520) Fiij'.
HÄl'FENTHAL, n. Übersetzung von noXvävSoiov der sepluag. :
'.veil man daselbst (in einem Ihale) Gog mit seiner menge
begraben hat, und sol heiszen Gogs haufenthal. Hes. 39, 11 ;
bis es {menschliches gebein) die todtengreber auch in Gogs
haufenthal begraben, v. 15.
HAUFENWEISE, adv. in häufen, in schaaren, in menge:
liaufenvveis, gregalim, catervatim, agminatim Stieler 24S3 ; nl.
hoopwijse gregatim, calervalim, turmatim Kilian; und finden
sich die fäl und mängel erst haufenweis alle, so das pferd
gekauft ist. Fischart ehz. 522 Scheible; aber gleichwie mich
(las Unglück haufenweisz überfiel. Simpl. 1,225 Kurz; wenn
man sie nicht sonderlich nölhig hat, sieht man die droschken
haufenweis beisammen stehen. H. Heine 13, 41;
die Weinberg liegen oben strachs
haufens weisz. J. Ayrer 353* (1770, 7 Keller).
nach häufe 1, 10 wird holz, heu, getreide «. äknl. auch haufen-
\ieise verkauß.
HAUFERLEI, f. grosze anzahl:
es hat Simplicius ein hauferlei anstösz,
sie scheinen seltzamlich, und so bedünklich bösz,
doch sind sie für ihn gut. Simpl. 1, 58 Keller.
HAUFICHT, HÄUFICHT, adj. copiosus; als adv. copiose, in
häufen : wann der herr hat sy (Maria) überschvvenklich reich
wollen machen und haufecht, von wölcher reichtumb wegen
ist gemeeret worden die freüd aller gots hailigen und engel.
Keisersberg sc/it/f d. jpe;M25'; haufigklich, haufecht, acervalim,
catervatim, conjunclim , conglobatim Dasvp. ; dise seind alle
haufecht hinweg gezogen. Frank «eZ/f;. 28'; die wie die maul-
beer und brombeer haufecht auf ein andern sitzen. Thurn-
EiszER magna alchymia (1583) 2, 106 ; wann das harz häuficht
hcrausz getrungen , scharren sie es ab. Tabernae.«. 1347;
denn als . , die feind aber in der nähe herumb, nach ersehung
des feurs , haufecht daselbst hin geritten. Würstisen Basler
chron. (1580) 188;
de er (Cäsar) den zepter an sich nam,
syn sorg und angst im hufTeht kam.
Bhast narrensch. 56, 10;
da sieht mans haufecht umbher stahn,
geschickt in ihrer Ordnung gähn.
B. Waldis d. päbstisch reich 1,6.
d:e nebenform h&nlel unlerdrückl die gulluralis der bildungssilbe :
dem fuchs sie (rfie hunde) häufet liefen nach.
B. W.ALD1S Esop 3, 91, 57 ;
das körn im veldt, im stall das viech
gerieth stets wol und mehret sich,
und schlug als häufet zu mir zu. 3, 94, 107,
es seind viel tausent klöster da.
da ligens häufet ob einander. 4, 4, 57 ;
d:ese form erscheint auch nasaliert:
Machomet raitzt der seinen giei
auf sinnlich wollüst als di thier,
dadurch er heufent seel beschwert.
sein thorhait ist nit antwort wert. Schwarze?iberg 254";
und sie wird, nach der Schreibweise, von einigen als parlicip des
vtrbums häufen angesehen: ich hett allen vorrat häufend im
hausz. WiRscRG Calist. k2; das sy häufend niderfallen in
solcher menge . , Fr.\thk weltb. 13' ; da findet man auch häufend
wilde helfanten. 216'; es sollen aber die füsz der Vernunft
äugen nachgehen . . wo das ihr sichere fliegen theten, fielt
ihr nit also häufend in mein netz. ägr. spr. (1560) 356'.
HÄUFIG, adj. und adv. zu häufe, welches seit dem \l. Jahr-
hundert das vorige häuficht für die Schriftsprache verdrängt hat.
C'jnglobatim, lurmalim heufig Alb. gg3'; in verschiedenem sinne.
1) nach Laufe 1 in bezug auf eine aufgeschichtete menge von
(iojensländen, in häufen, haufenweise, reichlich: an dem Stengel
stehen die blumen und der same ganz dick und häufig.
Tabernaem. 817; etwas häufig haben, afcunrfare a/igi/a re Frisch
1,425'; doch war Müller gutes mulhes, trug häufige steine
zusammen. Gothe 32,30;
die ir acht für gros sünd und schand
gelt anrüren mit bloszer band,
und nempt dasselbig heufig doch
in ewer hcndschuch immer noch.
Fischart v.S. Domin. Gl*;
weil itzt in Ilafls kasse doch das geld
nicht eben allzuhäufig ist. Lkssing 2, 233;
IV. II.
und wie dem meerpolypen, den einer hervor aus dem lager
aufzog, häufige kiesel {mncivai ?.ai'yy£s) die ästigen glieder
umhangen. Odyssee 5, 433 ;
diesem (dem Ölbaum) umher das gemach erbauet ich bis zur
Vollendung,
häufige stein anordnend und bühnete zierlich die decke.
23, 193;
wenige retteten sich aus graulicher fluth ans gestade
schwimmend daher, und häufig umstarrt die gheder das meer-
salz. 23, 237.
häufig heiszt auch reich an gütern , eine fülle gutes habend, wie
häufe ohne weitern zusatz gut und schätze bezeichnet (sp. 583) :
oopfafl"en, sie sein selig, dj sie in dem heiTcn verstorben
sein, und ir todt ist kostparlich vor gottis äugen, sie haben
ein ewig leben, und sein nicht tod vor got und ir leben ist
heufiger und volkomlicher worden in irem stand. Carlstadt
sermon v. stand der christglaub, seelen B ij'.
2) nach häufe 3 in bezug auf eine menschenschaar, in menge,
in schaaren, haufenweise, dicht gedrängt: da kamen die fürsten
und landvögte heufig für den könig. Z)an. 6, 6; und liefen
die teufel heufig zu. Ayrer proc. 3,1; das volk geht heufig
zur kirchen, homines innumeri sacra frequentant. Stieler 796;
da geschähe mitten in der predigt ein solcher erschreck-
licher harter donnerschlag in die kirchen, dasz . . die leute
häufig ausz der kirchen liefen, und sich viel in mein hausz
reterierten. Schüppios 219 ; ich hatte aber kaum den einen
fusz in die sfadt gesetzet, da liefen die jungen häufig zu.
Simpl. 2,270 Kurz; man hat das werk den äugen der neu-
gierde entziehen wollen : man hat die gemeinen leser, welche
der name Berengarius zu häufig anlocken dürfte, wollen vorbei-
schieszen lassen. Lessing 8, 332 ;
in welcher Stadt es heufich geith
die aller klügsten handweiksleut.
J. Ayrer 103' (522, 16 Keller) ;
zu durchstürmen die häufigsten schaaren der fliehenden Troer.
Stolberg 11, 367;
allein ihr habt der freunde häufig,
sie sind verständiger als ich bin. Göthe 12, 161.
in bezug auf schaaren von thieren : häufig zusammenfliegen,
catervatim et gregatim volare Henisch 1149, 48 ; auch handelte
ich sogleich mit den einwohnern um solches gefieder (fasanen),
welches sie auch sogleich häufig, getödtet , herbeibrachten.
Göthe 27,171;
die thier zohen heufig zu feidt.
ß. Waldis Esop 2, 52, 33.
v(m den wogen der see , die vom dichter als feinde und belebt
aufgrfaszt sind:
die see brach häufig ein. das todte schiff ertrank.
P. Fleming 82;
die seen kahmen ganz das schwache schifi" zu decken,
und spielten heufig ein. 204.
3) häufig copiosus, über, superßuus, nach häufe 9, in bezug
auf eine Vielheit irgend welcher art oder einen hohen grad: dem
dritten meinem bruder dem allerliebsten, ist desz Untergangs
ursach genesen die gar häufige lieb desz ehrlichen und ge-
meinen guls. ScHüPPiDs 757; ein heufiger regen, iiimbus, imber
densissimus Stieler 796; heufige kugeln in der Schlacht, imber
plumbeus das.; unter vergieszung häufiger thränen. Felsenb.
1,113; häufigen dank sagen, cumulale gratias a^we Frisch
1, 425'; einem dinge häufig ein genüge thun, abunde rei satis-
facere Steinbach 1, 712; der saame sie {die gespenster) zu glauben,
liegt in uns allen , und in denen am häufigsten, für die er
(der dramatische dichter) vornehmlich dichtet. Lessing 7, 51 ;
in meiner seele hat es einen häufigen vorrath des süszesten
trostes hinterlassen. Weisz die Wiener haupt- und staats-
aclionen 175 ;
jetzt geht mein Unglück heüfich an.
J. Atrer 343'' (1722, 29 Keller)
da flosz
häufig die thräne vom aug mir herab, du weintest, ich weinte.
GöTOK 1, 300.
4) die moderne spräche braucht von hier aus häufig vielfach
in bezug auf ercignisse und handlungen, die sich oß wiederholen,
und als adverbium kann es geradezu durch oft ersetzt werden:
seine allzuhäufigen besuche bei ihr fielen auf; es kommt
häufig vor, dasz das ganz unerwartete geschieht; sie kamen
sehr häufig in groszer anzahl in die stadt. Seüme mein leben
70; im kriege .. sind die ausnahmen häufiger, s. 74; da
diese werke vermuthlich sehr gern gelesen und häufig gekauft
werden würden. PCrger 331'; beschuldige mich nicht der
38
595
HÄUFIGKEIT — HAUGELD
HAUGEWEHR — HAUPT
596
anglomanie, lieber leser, wenn ich in diesem bucbc sein
häufig von Engländern spreche. H. Heine 2, 121 ;
seil du luir die bibel gegeben,
les ich so bäuüg darin. IIöltt 41 Hahn.
HÄUFIGKEIT, f. cofia, ahundanlia , a/flucnlia, viullüudo,
numerus: heufigkeit der Icute macht den markt, frequcnlia
hominum nundinarum gloria est. Stieler 796; LeuQgkeit. der
Worte, copia verborum , alias wortvorrat. das.; die Jahreszeil
übt einen sehr deutlichen cinflusz auf die käufigkcit. ausländ^
iO. Jahrg., s. 991.
BÄUFIGLICH , adv. niü liaufen, a greggi, per hranchi. Hul-
sios "1*.
HÄUFLEIN, n. kleiner häufe, mhd, hCirelin : huffbl, aggcllus,
maniiiulus, parvus cumulus voc. ine. llieul. k 4*.
1) ton gegenständen : Ijuffel uff einem acker, vianipulus voc.
ine. theut. ]i i' ; grundheüflin auf eim acker, grumus, grumulus
Dasvp. ; ein häuflein salz, grumulus salis Fhisch 1,425*.
2) von menschen : denn der gottlosen sceplcr wird nicht
bleiben über dem heu^in der gerechten, ps. 125,3; und ein
klein heuflin uberbleib, und ein fürst im hause David. Sir.
48, 17;
denk, was das proste beuflin tbut,
das sei on zweilel recht und gut.
grobianm (Frankf. ibüS) DG' (6.1, cap.h);
von einer kriegerischen schaar : versamleten sich die kinder
Benjamin hinder Abner her, und wurden ein häuflin. 2 Sam.
2, 25; riefen gott an, der sein volk von der weit her erhalten,
und seinem lieuflin offenbarlich geholfen hatte. 2 3/acc.t4, 15;
lange harren sie (die kricger) vertniszlcr,
docn ihr häuflein wachset nicht. Uhland ged. 290;
dann in bezug auf eine gemeinde, ein kleines volle: ein jglichs
heuflin im ganzen Israel. 2 Mos. 12,6; verachte dein heuflin
nicht, das du aus Egypten erlöset hast, slüclw in Esther 2, 6 ;
fromme Christen nennen sich, niil anlehnung hieran, heuflein
gottes , heuflein der gerechten : dieweil aber gott der herr
gleichwol noch sein heuflein hat, so sind je das selige leute,
die auf Christum sehen. Selneccer christliche psalmen (1587)
vorrede ;
juchz, erd ! und hiinmel, dich crccil!
die wunder gotts mit fröud erzeli,
die er hiit hat begangen
an sim trostlosen hüllin klein,
das sasz mit siill fridsam in ein,
mit b'ätt hält fosz verlangen.
A. Hlaarer ein gsang uff den pfingsltag;
verzage nicht, o heuflein klein !
obschon die feinde willens sein
dich ganzlich zu verstören. Fabricius geistl. tied.
HÄUFLICH, adj.: dann dise sect ward mit heuflicher an-
gebuiig dermaszen beschwert . . S. Fban* ehron. 133*.
HÄUFLICHEN, adv.:
dorinn der gut gmcln bidcrman
sein schütz und schirm könt sicher han
vor allem bösen zwang und gwalt,
der sonst bäuflichcn auf uns fallt.
llcrchlold. rcdiv. 111.
HÄUFUNG, »I. schwavim der in haufenform, besonders gern
um kieferslämmc, wächst. Frisch 1,425*.
HÄUFLINGEN, adv., acervalim , cerlalim: heiiflingcn zum
thor auszhin ^fallen, rucre portis Maaler 220"; dz volk lauft
heuflingen zuhin , fallt mit groszen häufen zuhin , affluit
muUitudo. das.; und als die lüt hüfflingen zuhin lüffind.
I)iVx/. Cv'.
IIAUFNiTZ, s. haubilzc.
HÄUFTIG, adj. in häufen, stall häufig, uol aus liäufetig fitr
liaufechlig entstanden {vergl. häufet für hauficht sp. 593):
wcssentwegen sich dann die mülleinohc hcuftig bei mir ein-
fanden. Simpl. 3, 179 Kurz.
HÄUFUNG, f. acervatio, coacervalio, accuniulalio. Frisch
1, 425*.
HAUFWEBK, n. das auf einen häufen vor der sdmclzhütle
gcschiUlele erx. Vbitb deuUches bergwörlerbuch 1,270 {mü alleren
belegen).
HAUti, m. ein dünner, im groszen augenuinkel der pferdt
und de>. rindriclu liegender knorptel , besonders ucnn er wider-
naliirUdi hervorgetrieben f.s/ und die Sehkraft hindert; jtterijgium.
F«i»cn 1,424'. auch in der form bauk: nagel oder hauk in
den Öligen der pfcrde. das. aus Flehincs teuUcJietn jdgrr.
HAU(;ELD, n. gtld, «a$ die berghduer für ihr« arbeit be-
kommen.
HAUGEWEHR, it. die mit einer kUnge versehene, zum hauen
gebrauchte wa/fe. Jacobsson 6, 52*.
HAUHAMMEIt, «i. bei den bergleiden ein hammer , dessen
köpf auf einer seile heil- odci- hauenarlig gestaltet ist. mineral
lex. 290*. bei den feilcnhaucrn der hammer, der den beim hauen
der feilen gebrauchten mcisel treibt. Jacobsson 2, 22!)'.
Hauhechel, /■. ononls arvcusls, das slacMkraut. Nemnicu
4, 767 ; hauwhcchel, ononia Maaler 215*. das uorl zeigt rück-
sichllich seines ersten Iheils die viilteldeulschc form von heu, hau
auf, ebenso üblich ist die form heuhechel, s. d.
HAUHOLZ, «. 1) holzslamm, der zum umhauen reif ist.
2) wald, der gehauen werden kann, silva caedua. Frisch 1,423'.
3) Iiauholz , splitterholz , arbores quae suceisac ex slirjnbus
el radicibus renascuntur. Stieler 854.
IIAUIG , adj., mhd. houwec, zum hauen lauglich, haubar:
an den orten, do es (das holz) hawig ist. Michelsen d. Mainzer
hof s. 45 ; wann man ein stuck häuigcs waldcs, so prcnnholz
fällig, will zu jucharten abmessen. Sebiz feldb. 475; das
holz ist gar nicht iiauig, d.i. läszt sich nicht wol hauen,
non est scissilc lignum istud. Stieler 788.
HAUK, s. hauch, sp. 569 und hang.
HAUKLINGE , f. klinge eines haudegens. beim grobschmid
lieiszt auch so ein slitck von einem alten säbel, tcomit die alten
ndgel und der abgenutzte huf eines pferdes abgenommen werden,
wenn solcher neu beschlagen werden soll. Jacobsson 2, 229'.
HAUKLOTZ, m. klotz, worauf der /leiscfier das fleisch haut,
haublock.
HAUMEiSZEL, in. mciszel der windenmacher zur auszahnung
der eiserneu windenslange,
HAUMESSER, n, messcr dir bürsten- und kammacher , zum
abhauen der borsten oder behauen der kammplatten. Jacobsson
2, 230*.
HAUNE, m. {mhd. hftne neben hiune), der hüne (s.d.):
sagt man hingegen von riscn und haunen. Garg. 41*.
HAUPT, n. Caput.
A. form und Verwandtschaft.
golh. haubiji ; alts. hobid, nd. h6vet, hoofd; altnfr. houvot,
hovit, nicderl. iioofd; ags. hoafod, aüengl. haved, iieved, ncit-
engl. head; fries. häved, hafd, häd; altn. höfud, schwed. hufvud,
dän. hoved ; ahd. houbit, mhd. houbet. die hochdeutschen for-
men verlaufen in zweierlei weise, in den eigentlich oberdeutschen
dialeclen , dem alemannisclien und bairisch-öslrciciiischen , vermag
das alle i der endsilbe den slammhaften vocal gewöhnlich nicht
umzulauten, der mhd. form houbet folgt ein jüngeres iioupt,
haupl, dessen labialis in der Schweiz öfter verloren geht (haud,
haut ein haupl Tobler 258'; ebenso niederländisch : hood, hoofi,
Caput Kiman), während in Österreich der worlsddusz eigenartig
assimiliert wird: so sol man in nemen und sol in mit dem
haupp setzen in dye grueb. wcislh. 3, 694 {von 1460) ; dazu
stimmt die kärnlhnische form happ Lexer 134; in Tirol liapp,
liap Fromm. 5, 448. im mitteldeutschen gebiete dagegen, zunäcJtst
vorzüglich in Franken und Hessen war eine mit umiaut detstamm-
vocals versehene form sehr gebräuchlich, deren ältester beleg noch
in die ahd, zeit hinauf reicht: also daj hoibet richtet caetera
mcmbra. Williram 70,17 u.ö.;
vane vüe^in unz an di;; hoihit. .inno 761 ;
Caput hcubit, Jieubl, heupt Dief. 09' {mitlelrhcin., Ib. jahrh.);
hctt mich der churftirst uberkummen , er hell mirs henpt
vom hals genumincn. Alberus widder Witzeln 51 5*; der herr
wirt von Israel auszreulcn häupt und schwänz. Reiszner
Jerus. 2, V2i* ; saufen macht das huupt schwer. Schdppius 199 ;
da ihm die dornerno kröne noch auf dem häuplc sasz. 277 ;
hals und heubt. weislh. 3,332 {Hessen, au)); hals und heupt.
s. 333; in iHningen und Obersachsen waren die umgelaulete und
unumgelautete form gleich häufig in anwendung , wie im nd.
hovel und hofd; Luther braucht die crsterc , und auch nach
seiner seit erscheint sie bei Schriftstellern düringischer , ohersäcJi-
siselter , auch niederdeutscher heimat: das häupt. pers. rosenth.
5,17; ein weih, das auf den knicen liegend am crciiz, ihr
hüupt auf seine verwundete füsze legt. Scriver .welensch. 2, 331 ;
nl.H er zu tische sasz, crfeuchiet liAuiu und hart
(Ins iiardpnwii.>tsor dein, der vor gesnibcl ward
zu dem gedritien anipt. Fleming 6;
wie t\>'n Ailnsz iftchlPf joheii
lim di'N/ sirrnrnorhscus hftnpt,
wenn sir iiriiinini-bi'U .slrhnn,
und kein Miihvind sie vrrlrcilit. 335;
dann sieht er wie o|n hold, «o priuhtig wie zuror,
und hebt sein inpIVes hAupt iroti doinem grimm cmpni.
^tVMAML. luttwalHchrt' III,
597
HAUPT
HAUPT
59«
aber Jt'te diese form gegen die unumgelaulele bereits selten gebraucht
nird, so verdrängt diese letztere die erslere sät dem 17. jahrh.
in der schriflsprache vollständig, bis auf eine bis jetzt gebliebene
spur, die pluralform des Korles ist nämlich mehrfach, enttceder
der unumgelauteten singularform gleictt: hew ihn beiden die
haubt ab. heldenbuch 1545 L*; oder mit antritt der silbe -er,
ahd. -ir gebildet, welche silbe umlaut wirkt (häupter; heubter
Stiele« 791); ungewöhnlich ist hier das fehlen des umlautes:
vier grausamlicher wilder tier,
die wollen in verschlicken schier
mit geduckten haubtren gar rorchtsaro.
H. Sachs von Gödeke 1, 130-,
eiiie dritte form von jener umgelauteten singularform herslammend
und ihr glrich: die heubt der lüwen. offenb. 9,17, hat sich in
der festen Verbindung zu häupten, aber bis in die neueste zeit
erhalten : zwei lichter . . eins zu häupten , das ander zun
füszen. Wickram rollw. 36;
solt Alexander ruhn, nnd schlafen mit vergnügen,
so musten buch und tolch zu seinen häupten liegen.
Flejuss 223;
er hätte des Vorhangs äuszersten säum,
zun häupten, mit zeigetinger und daum
ganz sacht ein wenig weggeschoben. Wielasd 21, 76;
zu häupten sah er dreizehn Schilde hangen. Göthe 13,188;
und mir zu häupten ibürmen golden
sich welken auf in stiller pracbt.
R. Reimck /jeder 6;
weitere beispiele siehe unten B 1, 2, a und c; ähnlich:
lasz die reichen körbe sehen,
die ihr auf den häupten traget. Göthb 41, 24,
wie von der unumgelauteten form mundartlich die labialis ausfiel,
so auch von der umgelauteten ; die bcispiele hierfür zeigen das
wort nur in übertragenem sinne {unten B II), aber nur des-
wegen , weil dasselbe in eigentlicher bedcutung dem volke nicht
mehr gerecht und durch köpf ersetzt ist: in Hessen häubt, häud,
heid krauthaupt Vilmar 154; in Koburg haed krauthaupt Fromm.
2, 278, 57 ; in Luxemburg häd kraiUkopf, en häd zaiot (salat).
Gaxgler 193 ; in Dürittgen und Obersachsen bald, hed, z. b. in
krauthaid , krauthed ; heut, pflughaupt Thaer beschreibung der
nutzbarsten neuen ackergerdte 5.2; rheiniscli-westfälisch :
da kommt der wind und häkelt es (das Spinngewebe) vom haid.
Droste-Hölshofp ged. 40.
Was die abstammung des Wortes betrifft, so hat es Kchn" (zeitsclir.
für sjirachvergleichung 1, 137) sicher, indem er goth. haubi}) aus
früherem hahubij), habuba^) erhlärt , zu dem allind. kakiibh
gipfel, kakuha aus kakubha hervorragend gestellt, und auf eine
sonst niclit belegte wurzel kubl» emporragen zurückgeführt , die
schon unter haube und häufe herangezogen wurde, mit dem
deutschen haupt kann lat. caput , griech. y.efalrj nur insofern
verwandt sein , als diese worle auf eine wurzel kabh hiitweisen,
die als nebenform von kubh anzusehen, nichts hindert, da gerade,
wie unter häufe angeführt ist, diese letztere wurzclforvi mehrfaclt
so im vocale wie im schlieszenden consonanten Schwankungen zeigt.
B. bedeutiing.
1. hauft im eigentlichen sinne, an menschen und thieren.
1) die moderne spräche Jiat für den be^ff caput zwei Worte,
haupt und köpf, das erslere gewöhnlich nur in gehobener rede
verwandt, das letztere der spräche des gemeinen lebens mehr eigen ;
das erstere zumeist den betreffenden körperlheil nur nach säner
äuszern erscheinung bezeichnend, das letztere sowol nach seinen
äuszern als nach seinen innern bezügen. die denkmäler früherer
Jahrhunderte aber kennen, da köpf sich erst nach und nach an
sleUe des altern haupt eindränrß {vergl. th. 5, 1749), dieseti unter-
schied im gebrauche noch nicht, hatipt sieht hier auch noch in
gewöhnlicher redeweise, wo uns jetzt köpf ausschlieszlich gerecht
wäre: d6 jiincvrouwe Gerderüt also kranc wart in urme houbte.
Chronik des Ciarenklosters zu Weiszenfels, neue miitlicil. des dür.-
sdchs. nreins 11,404; so es doch alles nach ewern haupt
geen inusz. .Mmon bog. Aiij; venTJckelt oder verbunden haupt,
imohäum cuput, wüst haupt, turpe caput Maaler 213'; von dem
haupt ziehen durch eingcgübne arznei, deducere de capite 2\3' ;
zuweilen des^ hcubts zu verschonen mit der gniszern arbeit.
LiTHER 5,43'; durch schwacheit meines heubts. 0,11"; das
sie nichts mehr am kriegsmann hoch achten, dann den
Übergüllen heim uff dem häupt. Ai.berus ehbUchlm Ei'; ein
armer mensch, welcher in Verwirrung des haupts gerathen
war, und der dolle Johanne« genannt wurde. Scbcppius 229 ;
ine wei;, wie mir miu dinc stc:
min boubet tuot mir sfire w«. Tritlan 320, 34;
als ob nit ouch inn tfitscher art
noch wer Vernunft, sinn, houbter zart ('feine köpfe'),
do mit man wjszheit kunst möcbt leren (lernen).
Brast narrensch. 92, 20 ;
so wolt sie mir das haubt waschen, fastn. sp. 756, 3;
in der rechtssprache : das hoeste gericht zu Aula über hals und
heubt. ireis/ft. 3, 332 (r. 1419), vergl. unter hals sp. 247; in redens-
arlen : widerunib auf unser seilen, ist der adel so frech und
stolz, als wüssl er nicht, ob er auf dem heubt gehen wolle.
Litther 5,202'; wan sie .. nit gleich nachkommen können,
brechen sie ihre häupter, und denken nicht, dasz sie es
betten bleiben lassen sollen. Spee güld. tugendbuch C98 {vergl.
den köpf brechen th. 2,347. 5,1759); item als vil höupter so
vil sinne. S. Braxt bei Steishöwel 142*, ine niederl. so menich
hoofl, so menighe sin. .Marnix 81* ; auf eim vollen bauch steht
ein frölich haupt. Agr. spr. (1560) 53'; wann das haupt liegt,
so liegt der leib, sagt das Sprichwort. Cbeidics 2,399; wie
das haubt, also der leib. Schottel 1124'; er hat ein loch im
haubte. lUS'; darum könnte ich die legation dergestalt auf
mich nicht nehmen, denn es möchte mir am haupte mangeln,
da ich das faütlein hinsetzen sollte. Schweixicben l, 226 ; in
der fügung vom haupt bis zu den füszen : wenn aber der
aussalz blühet in der haut, und bedeckt die ganze haut, von
dem heubt an bis auf die füsze. 3 .Vo5. 13,12; von der fus-
solen bis aufs heubt ist nichts gesundes an im. Jes. i, 6 ;
vol grewlicher schrecklicher goltesleslerung vom heubt an
bis zun füszen. Luther l,5S'; ähnlich haupt und glieder:
so wie ihr, ihr fürstengold,
haupt und gliedern heil und hold
gabt durch den vermählungsring. Logau 2, 28, 3.
vergl. auch eine anzahl der unten folgenden composila, hauptader,
hauptkissen, hauptvvehe u. a.
2) von diesem alten gebrauche des teortes reichen noch andere
feste formein zum theil bis in die heulige spräche hinein.
a) so zum haupte wachsen, übermächtig werden, heute gewöhn-
lich über den köpf wachsen : unser missethat ist über unser
heubt gewachsen. Esr. 9, 6 ; so lesset er {gott) ein mechtigs reich
aufkommen und den andern zun heupten wachsen. Mathes.
Sar. 82'; summa weil die greckischen reichstedte und ire
forsten unter einander eins blieben, waren sie dem persischen
reich zun heupten gewachsen. 85"; damit sie ihrem gegen-
theil zun häupten wachsen. 87"; wir sind euch zum {so)
häupten gewachsen. Schuppiüs 837; dasz sie sie {die mutier
ihre' töclüsr) sich hat lassen zu den häuptern wachsen, frau
Schlampampe leben 78; keine macht konnte unbemerkt und
sicher den schwächern zu haupte steigen. Moser patr. phant.
1 (lT98) 172; noch in ganz sinnlicher tvrwendung:
den trägem in den furchen all
wächst übers haupt der trauben schwali.
Uhlasd ged. 320.
b) auf das haupt schlagen, zur veranschaulickung vollständiger
verniditung , weil das haupt der edelste und wichtigste theil des
ganzen körpers ist: sich völlig so geberdelen, als ob derfilosof
nun aufs haupt geschlagen sei und gar nicht wieder auf-
stehen könne. Wiei-And 19,62; der feind ist bis aufs haubt
geschlagen, occidione occisus est hostis. Stieler 791; da man
die Midianiter aufs haupt erlegt, beuten die Juden auch blei
aus. Mathes. Sar. 101* ; hernach erlegten sie den Triarius
aufs haupt. Lohe.nstein Arm. i, 212*.
c) häufig ist orts- und richtungsbeslimmung nach dem haupte:
dein himel der über deinem heubt ist. 5. Mos. 28, 23 ; ewige
freude wird über irera heubte sein. Jes. 35, 10 ; die hoffnung
fuhr wie ein stern, der vom himmel fällt, über ihre häupter
weg. Göthe 17,359;
steh mir imm«r am haupt, wenn mich des morgenschlafs
leiser fittig umweht, lächelnder wonnetraum. H6ltt 76 f/alm ;
die erde bebt und über deinem haupte
bricht das gewölb zusammen. Uhla?io ged. t87;
siehst du hoch ob meinem haupte
jenen vogel? R. Rkihick lieder 170;
namentlich in der Verbindung zu haupt :
ihr zum haupt nun trat sie. Odyssee 4, 803;
zu haupt zwei sanfl erglühende (rasen),
zwei dunkle niederwärts. Ublamo ged. 117;
es saust ihm zu haupte der schwarze wald. s. 213;
eine Verbindung die seit allen zeiten auch iiluratisch verwendet
wird, wie zu bänden für zu band sp. 338, zu köpfen 5, nsj
(die pluraUsche Verbindung wol, um dadurch die ungefähre, nicht
ganz scharf bestimmte ricidvng nach der kopfseite hin anzug^en) ;
es gilt zu häupten vnd auch zu häupten, vergl. oben sp. 597:
38*
599
HAUPT
HAUPT
600
sein gehäsze (kleidung) zS den haupten auf das pettc leget.
Steinhöwel 83, 38 Keller; er nara einen stein des orls, und
legt in zu seinen lieubten. l Mos. 28, 11 ; der spies des königs,
und der wasserbecbcr, die zu seinen heubten waren. 1 Sam.
26, 16 ; oben zu seinen beubten beften sie die ursach seines
todes besclirieben. Mailh. 27, 37 ; da sab er sein liebes bonig-
krüglin über im zu baupten bangen. Garj. 225'; mein niänt-
lein zun baupten. Schweiniciien 1,111; eine (frau) welcbe
dem scbönsten berbsttage glich, den man sehen kann, sasz
zu seinen baupten. Wieland 6,98; die haare vonderslirne
des fuchses, wenn man sie kleinen kindern zu baupten legte,
wären gut gegen das ertrinken. Eichendobf Lucanor 153.
das pluralische dieser Verbindung vollsländig ins licht zu stellen,
heiszt es bei ]Vilw. v. Schauviburg : und als der krank fürst
zu nacht schlafen soll, bette er auf nichts zu liegenn, den
das im stroe in sein kamer geslreit und sein regenmantl
under die baubt gelegt, bis so lang im sein betgewant wider
bracht warde. s. 191 ;
wenn wir des ktimmers last zu uusren haupten legen.
LoGAu 1, 4;
denn wie leuchtets ihm zu haupten? Götue 41,230,
der sonst die umgelaulele form braucht: so stand nun der sarg
Ottiliens , zu ihren baupten der sarg des kiudes, zu ihren
füszen das küfferchen. 17, 408 ;
[wenn) nachts das übermasz der Sterne
prächtig mir zu haupten glüht. 47, e9;
trost und segen
soll er dir zu haupten legen, s. 187.
andere Ortsbestimmungen: weiszeslu auch, das der herr wird
deinen herrn heute von deinen heubtch {über dir hinweg)
nehmen ? 2 kön, 2, 5 ; namentlich in bezug auf die läge des Iwpfs
im belle, wofür auch schon vorher beispicle : sie geht nach dem
bette, er folgt ihr; sie zieht einen deich von haupten. Göthe
42, 229 ;
so 8t08Zt in euer bet
ein messer unter euer haupt.
H. Sachs von Gödeke 1, 196.
Von einer richlungsbestimmung gelU auch aus das adverbial ge-
wordene und zusammengerückt geschriebene überhaupt , s. dass.,
das der bedeutung nach aber allerdings an die kopfzahl (unten 9, b)
angelehnt ist, es heiszt in der richtung oder erstreckung über alle,
insgemein; gleicher bedeutung ist ein älteres zu haupt: kämen
die partheyen also weit in der tbüdingh, dasz sie urtheil
sezten , urtheil, welche der hof weisz were, die solle er
weiszen ohne wiedersprucb; urtheil, die er nicht weisz were,
die soll er zu haupt heischen zu Winkel für meines herren
Schöffen auf der partheyen kosten, weisth. 2, 386 {v. 1506).
d) das haupt dient auch als maszbeslimmung : (Saul) war ein
junger feiner man, . . eines heubts lenger, denn alles voik.
iSam. 9,2;
und eines hauptes länger als die ritter alle
stand er vor könig Artus. Wiki.and 18, 14.
3) der neuere und seit dem häufigen aufkommen von köpf
allmälich entstandene gebrauch von haupt weist dieses wort vor-
zugsweise der gehobenen, dichterischen rede an. gewöhnliclier wird
es nur nach seiner hervorragenden Stellung und äuszern erscheinung
gezeichnet, seltener als sitz des dcnkcns betont: er soll itzt einen
rath crthcilen, und sein haupt ist mit dünsten beschweret.
Gei.lert C, 297 ; der bauch der vettcln soll plötzlich mehr
wissen, als das haupt und das herz der weisen. 1mhebm.\nn
Münchh, 2,173; {die sonne) erwärmte mein haupt, dasz alle
unreife gedanken darin zur Vollreife kamen. 11. Heine 1,11,
vergl. unten 9,c;
(du musl mich wol) für einen groszcn escl halten,
denn liätt ich auch ein haupt von kohl
mit sprcu gerüllt, so kahler lehren,
zum henkcr! könnt ich doch entbehren.
W1EL4I1D 18, 376.
fügungen wie die folgende:
aber die (tritt bleibt ungegleubt,
und Hill mir iiit so bald zu licupt.
II. Waldis hnp 4, 84, 02,
ttnd jetzt durdi zu köpf verdrängt, die adjcciive , die zu dem
warte treten , «nd vielfach von dem haare, als dem auffallendsten
theite det hauptet genommen: sein hcuht aber und sein bar
war Mcis, wie weisze wolle, als der scbncc. o/fenb. 1,14;
grauw baupt, cajßut eanum Maaler 213*; mit kahlem weiszen
baupt. J. I*ACL ii/. 4, 13u; die junge dnmc war sehr schön,
eine herrliche geslalt, auf dem lurkigini hauptc ein helni-
arligcr, schwarzer atlasbut. H. Heink 1,77; mü kupf wedi-
telnd: M. wer vom kaiier eineo aufirag hat, den sieht es
{das kind) mit einem schein um den köpf . .. H. ists wahr,
mein kind? siehst du einen sdiein um mein graues haupt?
GtiTUE 42,344;
er senkte
sein weiszes haupt und schwieg. Wieland 18,26;
mir beugts das graue haupt. Uuland ged. 201;
da warf er in den nacken stolz
sein triefend haupt zurück. Frkiligrath ged. (1845) 120.
studentisch ein bemoostes baupt von allen Studenten. — Von
dieser anschauung her wird dann gesagt das baupt scheren,
das haupt raufen {lliob 1, 2o), für das baupthaar.
4) durch haltung und bctvegungen des hauptes werden etnpßn-
dungeii des menschen angedeutet.
a) der mulvolle, zuversichtliche, freudige, stolze, kecke trägt
das haupt hoch, hält das haupt empor: er wird trinken vom
bacbe auf dem wege, darumb wird er das heubt empor heben.
ps.Ul,'; wenn aber dieses anfehet zu geschehen, so sehet
auf, und hebt ewer heubter auf, darumb, das sich ewer
erlösung nahet. Luc. 21,28; aber itzt hat sie {die walirheil)
den sieg, und tregt das heupt empor. Luther 6,496*; er
schritt erhobenen hauptes durch die Versammlung; er trägt
das haupt so hoch , als wenn die band der majestUt nicht
über ihm schwebte. Göthe 8,185; wem mut und stolz gegeben
wird, dem wird das haupt erhoben: und wird nu erhöhen
mein heubt, über meine feinde die umb mich sind. ps. 27, h.
b) das haupt senkt, beugt der demütige, mutlose, traurige,
müde, nachdenkliche: der oberamtmann bedachte sich, senWe
das haupt. Immermann Münchh. 4, 50 ;
sie spinnt mit dem gesind indessen um die wette,
und netzt die finger wol, bisz sie auch allgemach
das haupt legt auf die hrust, und folgt dem maune nach
{zu belle). Opitz 1, 139 ;
Zjthere hing ihr häupt (trauernd). Fleming 665;
traur ihn, Georgia,
du seine lieblingin,
und rolle einen schleir um dein gesenktes haupt.
Höltt 45 Halm;
(da zeigt sie ihm) ein holdes mägdlein sitzend warten
am bachleia, beim holluuderstrauch;
mit abgesenktem haupt und nug,
sitzt unter einem apfelbaum,
und spürt die weit rings um sich kaum. Götue 13, 130;
und dieses haupt, das trauernd niederhieng,
es hebt sich in der blumen frischem schmucke.
Uhland ged. 18ö;
senkt die lanz als müder Streiter,
neigt das haupt, wie schlummcrschwer. 249;
er schlummert auf demselben stein
schon manche hundert jähr,
das haupt gesenket auf die brüst,
mit grauem hart und haar. 307;
er liesz das rösziein langsam gehn,
das haupt er traurig senkte. 345;
du lehnst das baupt auf deine band.
0 schönes mädchen, bist so still;
dein blick schweift von der barke rand,
als ob er etwas suchen will. R. Rsinick lieder 162;
daher heiszt ein so gesenktes haupt auch ein sinnendes baupt:
uud mit sinnendem haupt sasz der kaiser da,
als dächt er vergangener zeiten.
Schiller grnf r. Habsburg v. III.
dem sorgenvollen ist das haupt schwer:
du lösest ohne mühe,
wovon das haupt mir schwer. Uhland ged. 312;
es wird im schmerze hin und her gewendet:
wir verkehren linupt und bände,
und thun kläglich mehr als sehr. Fliiino 807.
c) in Iraner wird das haupt verhüllt : David aber gieiig den
üleberg hin an und weinet, und sein heubt war verhüllet.
2 Sam. 15,30; sie gehen travviig und belrübt, und verhüllen
ire heubter. Jer. 14,3; der alte Moor verhüllt sein haupt in
das kissen. Scnii.tEH rduber 2, 2 ; sie verhüllte das haupt und
schwieg. HiEHL cullurgesch. nov. 3C4 ; im hücltstcn schmerze wird
es gerauft {vcrgt. oben 3): da stund iiiuh auf und zureis sein
kleid und rauft sein hcubl. lliob 1,20; symbol der trauer ist
das werfen von staub und asclie auf das haupt (itrgi asch«
theil 1,580): Josua aber zureis seine kleidcr ... sampt den
citcsicn Israel, und worfen staub auf ire beubicr. Jos. 7, 6 ;
warf Tbamar asschen auf ir heubt und zureis den bunten
rock, den sie anhatte. 2 .Sam. 19,10; und danach:
aacliu lriii;i'iiil ntil ilcni Imupi (al* btuter).
Oai.AND god. 187,
601
HAUPT
HAUPT
602
(/) der zwäfelnJe, verneinende, «>itti7%e schüttelt das haAipt:
ich wolt auch mit worten an euch setzen, und mein heuLt
also über euch schütteln. Hiob 16,4; und die für über giengen,
leslerlen in , und schüttelten ire heubter (golh. vi{)öndans
haubida seina). Marc, 15, 29 ; darum (verzweifelnd) winseln
auch die geister des abgrunds, aber der im himmel schüt-
telt das haupt. ScHaLER rättber 5,1; es heiszt auch das haupt
zweifelnd wiegen ;
ein zechgesell, der keinem glaubt,
begrüszt ihn, schüttelnd mit dem haupt.
ÜHLAND ged. 321 ;
sie machten ein groszes wesen
und schüttelten kläglich das haupt;
sie nannten mich den bösen. H. Heine 15, 101.
e) das nicken mit dem haupte ist zeichen des einverständ-
nisses und beifalls: da er bemeriite, dasz der vornehme ihm
verstehende blicke zuwarf und bei einigen stellen (der predigt)
beifällig mit dem haupte nickte. Immermann Münchh. 3, 34 ;
nachdem N. ausz zufäll nicht reden mag, durch mich ge-
fragt , hat mit zeichen oder winken der achseln oder desz
haupts verwilliget, notariatsordn . zu Cöln 1512, § 7.
/■) der unterivürßye neigt, entbloszt das haupt: der ritus
adorationis war eine solche ceremonie , da man, nach dem
unterschiede des Standes, durch tiefes haupt-schlagen, neigen
des leibes etc. die ehrerbietung an den tag legte. Hahn
histor. (1721) 1,64 not. k; ich aber legte meine arme kreuz-
weis auf die brüst, beugte gläubig das haupt. H.Heine 1,140;
er durchschwärmte Deulscliland . . mit unbedecktem haupte,
barfusz, und erbettelte sein brod vor den thüren, Schiller
rat(6er 2, 2 ;
empfleng, mit bloszem haupte,
die herren an der thür. Höltt 9 Halm;
voran drei schlegelkönge, zu fusz, demüthiglich,
mit unbedecktem haupte, die äugen unter sich.
Uhland ged. 362.
das neigen des Hauptes als grusz:
als ausgefüret wurt der teuer,
sach er sein lieb im fenster wol,
er neiget ir sein haubet. H. Sachs von Gödeke 1, 208.
g) dagegen ist es das recht des freien marines und des hcrsohers,
als zeichen ihres ranges das haupt zu bedecken: sie (die drei
Pfeifer beim Frankfurter pfeifergerichl) tragen blaue mit gold
verbrämte mäntel . . und haben das haupt bedeckt. Göthe
24,34; der könig .. betrat den thron, bedeckte sein haupt
mit dem heim und verlas folgende . . thronrede. volkszeitung
vom 6. august 1866.
5) beim haupt wird geschworen: auch soitu nicht bei deinem
heubt schweren, denn du vermagst nicht ein einigs bar weis
und schwarz zu machen. Malth. 5,36; wie man dem ent-
sprechend strafe, Unglück, verderben, böse folgen auf ein haupt
kommen, fallen läszt: ewer blut sei über ewer heubt, ich
gehe von nu an rein zu den beiden, apostelgesch. 18, 6 ;
wenn dennoch eben dieser Schweden ankunfl —
gerade die es war, die das verderben
beflügelte auf ihr so sichres haupt? Wollenst, tod 5, 5;
abgeleitet ist
auf das geliebte reine haupt der blitz,
der mich zerschmetternd sollte niederschlagen, das. ;
lad ich nicht
auf mein haupt alle fürchterlichen folgen? 5, 6;
häuft alles leiden sich auf meinem haupt? Teil 4,2;
vergl. auch unten 9, o die bezeichnungen schuldiges, schuldvolles
haupt. der fluch wird von jemandes haupte genommen: ihr
werdet freilich den fluch von seinem haupte laden. Schiller
Täuber 1, 1,
Hie dat unglück, kommt auch glück über das haupt:
ihau himmel, heil, und lasz gut glücke regnen
auf dieses edle haupt, Fleming 475.
6) zur ruhe wtrd das haupt niedergelegt: sein haubt nicht
sanU Jegen. Schottel llis'; wenn ich mein haupt nieder-
legen und ruhen AviU. Güthe 19,12; des menschen son Iiat
nicht, da er sein heubt hin lege. Malth. 8, 20 ; wer nicht hat,
wohm er sem haupt hinlegt, leidet oft kleinere pein, als
dfer nicht hat, wo er seine — band hinlege. J. Paul uns.
löge 2, 95 ;
nehmt mein haupt in euren schosz! H. Heine 15, t36.
das haupt legen für sterben:
nun wer wir ruh im herzen haben
weil das kind hat sein haubt gelegt,
das mich zu trawren hat bewegt.
H. Sachs 3, 2, 225*;
bis mein müdes haupt ich lege
ferne in ein kühles grab. H. Heins 15, 45.
7) einem das haupt bieten , ihm trotzen (vergl den köpf
bieten theil 5, 1753J : einem das haubt bieten , cornua alicui
obverlere. Stieler 791.
8) anders das haupt bieten, darstrecken, zur Vollziehung der
lodesstrafe: sein haupt darstrecken oder darbieten ab ze
schlahen, dare cervices alicui .M.\aler 213*; worzu ich .. auch
mein altes haupt willig darstrecken will. -Zigler Banise (1700)
s. 31; weil das tOdten durch abschlagen des hauptes bewirkt wird :
so werde mir wie einem Verbrecher das haupt abgeschlagen.
Bt5RGER 332";
dein haupt rauosz dir über ein swerlklingen hopfen.
fasln, sp. 297, 21;
Roland ihn bei den haaren griff,
hieb ihm das haupt herunter. Uhland ged. 342.
daher das haupt verlieren, getödtet werden, wie mhd.
swer ir minne gerte der muose äne wanc
driu spil an gewinnen der vrowen wol geborn :
gebrast im an eime, er het daj houbet verlorn.
Nib. 326, 4.
9) vielfach wird haupt für den ganzen menschen genommen
(wie köpf 5, 1752).
a) so wird es zu adjectiven gestellt, die eigentlich nur auf die
menschliche person gehen : um mein träumendes haupt. H. Heine
1, 55;
ach wüsztest du,
wer vor dir steht, und welch verwünschtes haupt
du nährst und schützest. Göthe 9, 14;
dasz ich an dir ein schuldvoll haupt beschütze. 15;
ich bin Orest! und dieses schuldge haupt
senkt nach der grübe sich und sucht den tod. s. 49;
wo ist der alte? dasz ich ihn sehe,
das theure haupt, das vielverehrte,
das mit den göttern zu rathe sasz. s. 58;
welch ein gespräch der forsten find ich hier!
diesz ist des königes verehrtes haupt! s. 91;
denn rief ich nicht mit thörigem beginnen
gefahr und tod auf dieses theure haupt? s. 313;
und über seinem schuldgen haupte bricht
das schöne bild der ganzen weit zusammen. 19, 13;
die edle Bern erhebt ihr herrschend haupt.
Schiller Teil 4, 2;
hierher namentlich gekröntes haupt für hersc/ier, weil das haupt
eines künigs die kröne trägt:
doch bis die kröne nun, die goldene,
dein haupt umfangen wird. Uhland ged. 183;
welches eine der vornelimsten lügenden gekrönter häupter
ist. Zigler Banise (noo) s. 44; die diamanten sind spitzige
pfriemen, welche gekrönten häuptern ihre ruhe verstören.
676; er war klug genug einzusehen, dasz die gekrönten
häupter sein freches unternehmen nicht wohl vermerken
würden. Göthe 19, 116 ;
auch lady Gray war ein gekröntes haupt.
Schiller M. Stuart 1, 6.
b) nach häuptern wird die menschenzahl bestimmt: das sind
die, kinder Levi unter irer veter heuser, und furnemsten der
veter die gerechnet wurden nach der namen zal bei den
heubtern. l cAron. 24, 24 ; so manch heubt, so manch halber
sekel (abgäbe). 2 Mos. 38,26; nemet die summa der ganzen
gemeine der kinder Israel, . . alles was raenlich ist, von heubt
zu heubt. 4.V0S. 1,2; in die häupter erben (in capila , nach
köpfen). Mainzer landrecht 1755,14 §7;
er zählt die häupter seiner lieben,
und sieh! ihm fehlt kein theures haupt. Schiller glocke.
c) auch in andern Verbindungen vertritt haupt die ganze person,
so wenn denken und wissen derselben betont werden soll: das
dritte haubt tregt schwer, das einem zu eng, ist dj-eien zu
weit, und zweien gerecht: was über zwei herze kommet, das
kommet aus. Schottel 1121*;
das qualvoll uralte räthsel,
worüber schon manche häupter gegrübelt.
H. Heins 15, 253;
aber auch anderweit:
sie rettet unversehrt ihr unerkanntes haubt.
Hagedorn 2, 19;
iii die tage des flügelkleids,
die, im scherzenden tanz, über mein haupt entflohn.
Hölit 72 Halm;
es ist (Wallensiein) ein gar zu groszes haupt.
Schiller Wallensl. tod 5, 2;
des lebens dunkle decke breitete
die mutter schon mir um das zarte haupt. Göthe 9, 29;
G03
HAUPT
HAUPT
604
nein, nein, wir lassen dich nicht wandern,
du wärst ein zu gefährlich haupi. A. W. Schlkgel Arion.
graues haiipl {üben sp. 600) für einen alten mann: für eini
grawen hcubt soltn aufslehcn , und die allen ehren, 3 Mos.
19,32; 0, wie fein steheis wenn die grawen beuble jveise
und die alten klug . . sind. Sir. 25, 6.
10) tde von menschen, so tjill haupt nalürlich attdi von Ihiercn:
sollen ire hende auf des farrcii heubt legen, 2.Vc«. 29, 10;
die beuble der rosse, wie die heubt der liiwen, offenb. 9, 17 ;
sähe ein tbieraus dem meere steigen, das hatte sieben heubtcr.
13,1;
das mcndlein (der viper) slöszt vor lieh sein haubt
dem wvihlein iu sein munde, H. Sachs v. Gdileke 1,168;
langhärtig aus den zweigen
schaut eines geisbocks haupt herab mit ernstem neigen.
Freiligrath Qeil. (1S45) 404.
es wird namenllich das grosze vieli, rinder und pferde nach
bäuptern gezahlt, das kleine nach stücken; der [hoßaner) sol ban
sQben ziechender vihes boupl. neisth. l, 438 ; niemand darf . .
auf der gemeindeweide mehr als 100 häupter groszes , und
r.00 stück kleines vieh grasen lassen. Niebüur 3,15; von
jedem haupt groszes, von jedem stück kleines vieh. 3,17;
in IJalz war ein gesammt-rindviebbestand von 392 haupt:
davon sind 12 getüdtet und 3S0 haupt sind gerettet. Hall,
zeilung 18C9, no. 225 ; bair. ain , zwei haupt oder häuptlcin
menend (zugvieh). Sch.m. 2, 223. nach dem altdeutschen rechte
fällt beim tode eines eigenmannes das beste baupt an den lehns-
herrn, vergl. RA. 364: wanne dasz heupt von dem haus mit
thoid abgebet, ist die wilwe oder erben ein best heupt schul-
dig under dem gespaltenen fuesz (d. h. unlei- den rindern),
tfcisth. 2, 123.
II. haupt in übertragenem sinne.
1) nie haupt das hervor und aufragende glied des menschlichen
körpers ist, so tvird der, der nach rang und ansehen sich ans-
zeiclinet, ein haupt genannt.
a) allgemein von dem ersten einer Vereinigung, anführer, befehls-
hc^er, Vorsteher: ouch so besieh ob yergens zwen oder dry
büupt zusamen stoszent und wollen einen eigen raidt halten.
mittelalterl. hausb. 36, 4 ; igolt) hat in {Christum) gesetzt zum
heubt der gemeine über alles. Eph.1,22; das Christus ist eines
jglicbcn raannes beubt, der man aber ist des weibes heubt,
gott aber ist Christus heubt. 1 Cor. 11,3; berief er das ganz
Israel und ire eltesten heuhter, richter und amplloute. Jos.
23,2; da nam sie David an, und setzt sie zu beubtern über
die kriegsleut. Ichron. 13,18; sie wurden balstarrig und
würfen ein heupt auf. Neh. 9,17; gott .. bat diese nacht der
gottlosen heubt umbracht, durch meine band. Judith 13, 26 ;
{die Wächter) die unser baubt binausz verordnet bette. Götz
v. B. 75 ; wanne dasz heupt von dem haus mit thoid abgehet.
weisth. 2,122; das haupt das die andern all anrieht, anlisics
Maaler 213*; die dritte sagt, vielleiclit wird aus diesem kind
ein tapfrer und kühner soldal werden, der . . zu einer baupt-
maimstelle wird gelangen, dann in solchen Iriumphspiel soll
spadi in buhcrem preis sein, als denari, wordurch mancher
zu einem haupt ^^ird, der einen schlechten köpf bat. Auii.
A S. Clara merks Wien (l6S0) s. 15 ; ungeachtet Roderich ihn
zwar zum baupte seiner beere gemacht. Louknstein Arm.
1, 174^; diese zeilung veranlaszte eine geheime beratbschlagung
unter den bäuptern der rauber. Wieland 1, 57 ; vielleicht ist
mehr erbilterung, rachsucht und eigennulz als wahre Vater-
landsliebe in den beweggründen der hüupler der cmpürung.
7, l!»2; der Sänger wurde für seine ergötzende mühe durch
gastfreie aufnähme in den wobuungnn der häupter, auf den
vcrsammlungsplätzcn der menge belohnt, A, W. Sciilegei.
12, 3S6; das liaupl dieser familie, Ihmerman!« MünclJi. I, 201 ;
und Wirt nit wol regieret,
W.1 vil der tieiibicr siiit. üula!<d volktl. 012;
zumatil als haupt und als «oldat
heTchlen wol und wol verrichten. Wkceiirrlin 365;
0 haubt der götter! {Zeut). Hagrdorn 2, 29;
der noih gehorchend, nicht dem eignen trieb,
tret li'h, ihr greisen fiaiipier dieHer Kliidt,
heraus zu euch. Scuili.kr braut v. .UpD«ina;
cf «lad die hohen häupter der srhlngelbrüderschafi.
Uhlano grri; 301.
' ■ •ritll ron dem j/otilisrhrn liersrher, fürsten, kiiniije, kaiser :
ii;iria das iicnbt ixt in Ephraim, so sol der von ite-
.......u Jas beubl zu Samarla sein. Ut. 7,9; gott der hcrr bat
den ungläubigen judcn den kei«cr Neru zum haupt geben.
Reiszner Jerus. 2,122'; Scheschian ist ohne baupt; alles
elend und alle gräuel der anarchie schlagen über dem un-
glücklichen lande zusammen. Wieland 7,193; der prächtigste
slaatswagcn, auch im rücken mit einem ganzen Spiegelglas
versehen, . . liesz uns ganz bequem kaiser und künig, die
längst erwünschten häupter, in aller ihrer herrlicbkeit be-
trachten. GöTHE 24,305; der pabst, das haupt der kirchen,
Ernst bilderhaus 2 {10S6) 474 ;
als vilcr Völker haupt, lierr, deines knechts person
hast du das regimcni zu führen selbs gekrönet,
Weckuerlin 72,
nach ;)s. 18, 44: machest mich ein beubt unter den beiden;
du [Karl V.) bist ain haupt und hcrr auf ertreich
und got dein herr im hiraelreich.
ScuADK sat. u. pasqu. 2,181,202.
häufig ist hier die formet hohes, oberstes baupt, auch im
officiellen stile: die röm. kaiserl. .. majt. unser allergnädig-
ster heiT, das höchste haupt und obrigkeit. Dreviiaupt Saal-
kreis 1,378; er wisse und verstehe nicht, wie man mit hoben
bäuptern umbgehen solle, wann er noch ein jähr oder drei
bei bofe sei, so werde er es endlich wol lernen. Schuppius
244; dasz man saget, thut es doch unser amptman , unser
Junker, unser voigt, unser bürgermeister, ja unser fürst,
unser könig, da meinen die gemeinen leute, was solche
hohe häupter thun, dasz sei ihnen unverbotten. 513; der
gärtner leitete die hoben häupter, und den sich eindringenden
hof zu einer groszen aloestaude, Lohenstein i4rj)i, 1,1174*;
ihr wahret ein freies volk, und durftet niemanden als dem
höchsten baupte zu geböte stehen, unwürd. doclor 618; bis
alle und jede . . . den höchsten bäuptern ihre aufwartung
gemacht und sich einzeln denselben dargestellt ballen. Göthe
24, 310;
das vierd ist ir meineid schwern,
das selten die obersten haubt in wem. fastn.sp. 294,2;
sag deinem keiser dem obersten haubt,
im sei recht und unrecht erlaubt. 298, 4;
diese zwei, disz treue paar,
das die höchsten iiäupter lieben. Fleming 478;
von den mitgliedern eines rates: und ward dieser meyer in
nechstvolgender enderung eines radts deren hohen heupter
eines. Wickram rollw. 161, 8 Kurz.
c) wie lebendig diese bcdeutung als bildliche gefühlt wird, davon
zeugt die Zusammenstellung von baupt in dem angegebenen sinne
mit andern gliedern des leibes : er wird das beubt sein , und
du wirst der schwänz sein. 5 Mos. 28, 44 ; weil der grosze
leib des reiches und so viel glieder des vulkes nicht ohne
baupt sein .. könte. Lohenstein Arm. 1,183'; das land lür
sich genommen ist eigentlich . . ein corpus, das haupt davon
seid ihr selbst ; mich dünkt , der vergleich ist richtig. Fr.
Müller 3,313; der aufgerichte fried .. zwischen haupt und
gliedern {des reichs). reichslagsabsch. von Regensburg 1654, § 1 ;
reformation der kirche an haupt und gliedern;
die höchsten in der weit, herr, haben abgenummen;
dann füsze sind zum haupt, und haunt zu rüszen kuramen.
l.ocAu 1, 126, 41.
bei feststellung der Verwandtschaftsgrade : eiginilichiu cju nenien,
so ist mein vater und mein muter ein houbt und ein stani
alle der kyndcr, dy von in komen. wen worum? sy sinl der
ekleren glyder ghenanl. Magdeb. blume 2, 1, 21. — Mit bezug
auf den spruch: der mann ist des weibes baupt heiszl es:
gleich wie ich wol weisz, dasz das weib nicht aiu des manns
baubl-, aber wol aus seiner seilen genommen {habe icli keine
herschyelüsle). Simpl. 3, 38 Kurz.
d) haupt i'OH der politisch hervorragendsten landschaft oder stadi
eines reiches: ISineve, . . das heubt im keiserlbum zu Assyrien.
Luther 3, 220'; wie Uamascus das heubt ist iu Syiia. Jes. 7, 8;
Gilcad, du bist mir das beubt im Libanon Jer. 22, C ; hätte dock
«Scipio .. das baupt Carlbago mit erwünschtem ausschlage
angefallen. LoiiENsrKiN Arm. 1,195*; Erfurt ist das hnubt in
Thüringen, Krfordia metropolis Thuringiae est. Stikler 791;
Tcittscliland, hnubt und kaiseriii
aller köiiigreich auf erden. HisT Parn. 463.
r) dann gelU auch baupt auf das vorzüglichste, hervorragendslt
irgend einer art oder saclit: das haupt tler frage, summa rei,
Status causae Stielkr 791; bair. ist das baupt beim seJietben-
sckieszen der hauptpreis, und der platz wo um denselben geschossen
wird. ScHM. 2,224;
die gollesfurcht, dai haubl und mutier alUr lachen.
RUT r.irH. 790,
605
HAITI
HAUPT — HAUPTANSTIFTER
606
in einem ausgeführten bilde: wie der zu schwach ausgesfoszene
aussalz der revolution , zu oberflächlich geheilt , zurücktrat
in herz und haupt der gesellscbaft. Gervinl? gesch. des 19.
jahrh. S, 8S4. in der angeführten bedeutung ist haupt nament-
lich als erster theil von compositen häufig und drückt hier ent-
weder etwas schkehihtn vorzügliches, hervorragendes aus (vergl.
unten hauplfrau , haupfhahn , hauptkerl «. a., sowie die adj.
hauptgut , hauptschlimm) , orf^ das erste unter mehreren in
rer^eich gesetzten gleichartigen dingen (haupfartikel , haupt-
hegriff, hauptsache «. a.) : wenn unser nachsinnen etwa ein
solches vornimt, das als etwas vornehmes, erstes, lobwür-
diges . . sol vorgestellet werden, findet es unter anderen die
Wörter haubt, uhr, erz, hoch, höchst. Schottel 96.
2) haupt, der oberste, anem köpfe verglichene theil irgend
einer pflanze (vergl. die form haid, hed oben sp. 59") : aber der
eher {ähre) der das haupt gegen dem erdfereich neiget, und
der ast nilt (nieder) sich , die seint voller weiszen (ueizen)
und öpfel. Keisebsberg narrensch. 137"; haupt . . eines baumes
sind oben alle seine zweige zusammen. Jacobsson 6,52*;
und wie das müde haupt desz mohnes niedersinkt,.
im fall er olingefehr zu viel von regen triokt. Opitz 2, 99;
die tanne fäll ich, drauf die adler horsten ;
sie kracht zu boden, schnee vom haupte schüttelnd.
Fbeiligrath geä. (IS45) 202;
vergl. aucÄ kohlhaupt, krauthaupt, </j. 5, 1593. 2119; salathaupt
u. ähnl. dichterisch heiszt der kelch der blume das haupt :
die loiosblume ängstigt
sich vor der sonne pracht,
und mit gesenktem haupte
erwartet sie träumend die nacht. II. Hei5k 15, 94.
haupt u-ird aber auch die zuiebelknolle des knoblauchs genannt ,
und zwei haubt knobelauches. b.v.g. speise 13,16; überhaupt
eine knolle: bol, bolle, haupt, caput, a sphaerica figura. He.msch
448,43.
3) haupt, von dem gipfel eines berges: der Aetna mit seinem
beschneiten haupte. Seüxe Spaziergang 2,162; und drauszen
brauste es, als ob der alle berg mitsänge, und einige schwan-
kende freunde behaupteten sogar, er schüttle freudig sein
kahles haupt. H. Hei>e 1,93;
ob ihm {dem Zubtenberge) sein haupt behüllt mit einer feuchten
hauben. Logaü 1, 193;
der berfe haupt im weiszen schleier. Göki?(gk 1, 276;
traf den weitumschauenden
Kroniden sitzend auf dem höchsten haupt
des vielbewipfelten Olymps allein. Bi:RGER 146";
wir eilen immer ihrem schatten nach,
der göttergleich in einer weiten ferne
der berge haupt auf goldnen wölken krönt. Göthk 9,32;
diese felsen bücken ihre häupter nicht
vor seinem hüte. Schiller Teil 4, 1.
4) auch das Vorgebirge, cap, hiesz im 17. ;a/ir/i. bisweilen
haupt: ob wir zwar unsere waffen bisz an das euszerste
nordhaupt . . und zum weiszen meere an Scythien geführet.
LoHENSTEiK Arm. 2,904';
wir haben erst umbfahren
der guten hoffnung haupt. Opitz 1, 108.
nl. hoofd in de lee , Promontorium , mons in mare prominens
Kilian; niederd. hövt eine landspitze Dähsert 1S9'.
5) haupt, ein theil der ßur , icol das nach einer bestimmten
richtnng hin schmal vorspringende acker- oder weidestück: wasser
und weide sei seiner f. gn. wie auch das haupt hinter der
bürg zu Friedewalt, gelegen an dem Drienberge, und der
acker auf dem Dreienberge , der zum haupt gehöret, das
ander haupt allernechst gegenüber zusambt des ackers ein
theil, so zum haupt gehöret, sei dero von Milnrode. weisth.
3,332 {Hessen, 1436). vergl. köpf 6, /A. 5, 1770, und fürhaupt
3, Ih. 4', 744.
6) haupt, die quelle eines flusses, schon ahd. mehrfach: Kallen-
bahhes houbit; H6riginpahes houpit. Förstemann namenb.
2,704; nhd. zu latin in capite Oeni, zu teutsch , am haupt
oder Ursprung des Yns. Srcsipr chron. (15S6) 570". umgekehrt
vird aber iiaupl auch für die mündung eines flusses gebraucht:
Ptolomcus setzet drei heupter oder geng des Rheins, die
die Latini ostia nennen. Frani wellb. 27*.
7) haupt, hervorspringende theile an baiäen ; der oberste theil
der Säule: haupt oder deckel auf der saul, eapitellum, episti-
lium Dastpod.; nrf. eapitellum dal heuft van den calumnen
DiEF. 97'; eapitellum hovedc der piler nov. gloss. 73"; die
häupter und füsze der säulen. Güthe 27, iio; femer: baupt
(Wasserbau) ist eben das, was man am bieszwerken köpf
nennet , und bestehet in einer hervorragenden dreieckigen
spitze, den stromslrich abzuweisen (niederd. höft). Jacobssos
2,269'; nl. hoofd aen den waterstroom, mola, sire agger
eminens quo fluminum vis coercetur. Kilian ; häupter oder schlen-
gel heiszen auch geringe wehre, reiszen oder gerinne an den
flüsscn , die gemacht werden, damit der ablauf keine so grosze
gewalt wie bei qroszen wehren haben möge. Jacobsson 3,622';
an wällen und dämmen LH haupt der abhängige, mit rasen be-
deckte theil. Frisch 1,425'; im mühlenbau jedes von den beiden
enden des fachbaumes , welches an der erde oder dem ufer an
den seilen des baches oder flusses zu liegen kommt. Jacobss(Jn
2, 230".
8) haupt , das untere stück holz am pfluqe , an tcelches der
Pflugschar befestigt ist. Ocon. lex. (1731) 943.
9) haupt heiszt in der Schweiz ein getrisses gemasz flüssiger
dinge, vorzüglich der milch, enthaltend eine masz oder an gewicht
vier pfund. Stalder 2, 26.
10) haupt, der (berste theil eines Schildes, caput scutarium.
Frisch 1, 425'.
11) haupt, der balken, in dem die zahne des harkens befestigt
sind, niederd. höft Dan.xeil 83', vergl. haikenhaupt sp. 479.
12) haupt, der köpf des nageis, im gegensalz zur spitze.
13) haupt am stuhl: und der stuel hatte sechs stuffen,
und das heubt am stuel war binden rund, und waren lehnen
auf beiden Seiten umb das gesesze. ikön. lo, 19.
14) die bedeutung von haupt in den folgenden stellen kann
nicht mit Sicherheit gegeben werden : item die hindergerüst in
oder under der kolekisten (eines schiffes) sol keins verspert
sin, oder kein heupt darfur machen. Mo>e zeitschr. f. d. gesch.
des Oberrheins 9,33, §19; deszglichen in beiszeln (kähnen?),
gros oder klein , sol man kein heupt machen mit borten
oder anderra. das. §20; vergl. auch item sollent sie einen
fusz für den ruh {cajüle) setzen, den luden ir gut und sich
selbs darin zu behalten, und in oder under der kolekisten
mögen sie ir gerust machen unverspicherl und unverheupl,
das der bescher (revisor) darin sehen möge. das. s. 34, § 26.
HAÜPTABSCHIED, m. der wesentlichste theil eines reichstags-
abschiedes.
H.\UPTABSCIIMTT, m.: ich hatte in jenen Vorlesungen
gezeigt, dasz unsere zeit in dem dritten hauptabscbnitte der
gesammten weltzeit stehe. Fichte reden an die deutsche nation
(tSOS) s. 15.
HAUPTABSEHEiN, n.; das hauptabsehen dieser weitläuGgen
Schrift war, mein talent und das seinige neben einander zu
stellen. Göthe 26, 252.
HAÜPTABSICHT, f. vornehmste absicfU: die Schrift, deren
hauptabsicht ist, gefallne und sündige menschen zur Seligkeit
weise und geschickt zu machen. Gellert 6.101; man wende
nur fleisz und mühe an , die stimme auf ihre hauptabsiebt,
auf das vernehmliche und deutliche einzuschränken: so wird
sie feiten misfallen. 315.
HAUPTACCORD, m. in der musik, der dreUdang aus prime,
terz und quinte.
HAUPTACTION, f.:
und höchstens eine haupt- und staatsaction,
mit trefflichen pragmatischen raaximen,
wie sie den puppen wol im munde ziemen. Göthi 12, 38.
in militärischem sinne: da es zwar zu keiner hauptaction
kommen , aber gleichwol . . ein lustigen soldaten-exercitium
gesetzt, worinn ich einen leutenant von den Hessen gefangen.
Simpl. 3, 248 Kurz.
HAUPTADER, f. l) tena eephalica: houptader voc. ine. theul.
k 3' ; haubtader Stieler 8. auch vena salvatella : houptader,
heuptader Dief. 509', sonst handader, milzader.
2) die hervortrelendste ader unter mehreren verzweigten.
H.AüPTALLEE, /. die vorzüglichste allee eines gartens oder einer
promenade. Jacobssox 2, 230'. auch als name einer groszen mit
bäumen bepflanzten strasze in einigen Städten üblidt.
HAUPTALTAR, m. der vornehmste altar einer kirche , im
gegensats zu den nebenaltären.
HAÜPTAiNKER , m. der gröszle und vorxüglichste anker auf
einem schiffe.
HAUPTANSCHLAG, m.:
ein hauptanschlag aufs schlosz liegt uns im sinn.
KÖR5ER 2, 289.
HAUPTANSTIFTER, m.: der hauplanstiffer des aufstandes.
Schlosser weltg. 2, 319.
607
HAUPTARBEIT — H AlPTBEDING
H ALIPTBEDINGL'NG — H AUPTBRET
608
HAUPTARBEIT, f. grosze, bedeutende arbeit: weil wir aber
lieide dmcli köipeiiiche gebrechen öfters in den hanptarbeilen
gcstüil wurden, so setzte Schiller die Übertragung derPhädra,
ich die des Ranieau fort, wobei nicht eigne production ver-
fangt .. wurde. Güine 31,190.
HAUPTARM , iu. : an der Spaltung des flusses in zwei
hauptarme. Schlosser treltg. 2, 390. im bergwesen ist hauptarm
eine stange die an der seite der kunslradnellc steht, und mit
einem ende in den kränz reicht. Jacobsson 2, 230*.
HÄUPTAR.AIEE , f. der tcesenlliche Iheil einer armec , franz.
le gros de l'armde: wenn der verlust so wohl die hauplaimee,
ah nur den vorzug {vortrab) belrofifen hätte. Zigler Banise
(1700) 495.
H.\UPTART, f.: eine gattung thiere oder pflanzen in ihren
hauptarlen und Unterarten; die beiden hauplarten, Streitig-
keiten zu endigen. Moser palr. phant. 1 (1798) 300.
HAUPTARTIKEL, t?i. 1) die mchliißtc salzung oder aufstellung :
der rächt hauptartikel und grund, cardo causae. Maaler 213";
hauptartikel der briefcn , caput literarum. das.; ob wir aber
noch gebrechlich sind , und nicht thun so viel wir gerne
wollen, so halten wir uns zu jenem heubtartikel von Christo,
denn allhie dürfen wir stets der gnade und Vergebung. Lütfjer
6,55"; die hauptartikel seines kalechismus. H. Heine 1,241.
2) neuerdings wird der nichtigste artikel einer zciiung haupt-
artikel, leilartikel genannt.
HAUPTARZENEI, f. l) gegen kopfleiden: hauptarzney, für
das haiipt gut, medicamenlum cephalicum Frisch 1, 425'.
2) grund-. haubt- oder algemeine arzeney, panchestrum,
panacea Stieler 51.
HAUPTAST, m. der hervorragendste und stärkste asl eines
baumcs. übertragen : der Verfasser sagt : alle unsre leiden-
schaflen theilten sich in zwei hauptäsfe. Lessinc 12,109;
da sie {zuei arten von musik) sich denn in wunderbaren,
ihren hauptästen mehr oder weniger annähernden rami-
ficationen über die erde verbreiteten. Göthe 3C, 176.
HAUPTAUFGABE, f.: denn dieses scheint die hauptauf-
gabe der biographie zu sein, den menschen in seinen zeit-
verhältnissen darzustellen. Gütue 24, 7.
HAUPTAUGENMERK, w). und n.: da der Übergang aus
einer fluszregion in die andere immer der hauptaugcnmerk
mein des geognosten war. Güthe 31, 211 ; ein auslangend
bildender Unterricht ihrer fürstlichen söhne war das haupt-
augcnmerk einer zärtlichen, selbst höchst gebildeten mutter.
32. 239.
HAUPTAUSDRUCK, m.: monsieur le Grand wuszte nur
wenig gebrochenes deutsch, nur die hauptausdrücke brot,
kuss, ehre. Heine 1, 244.
HAUPTBAHN, f.: lasz dich die oft angenehmem neben-
stunden nie zu weit von deiner hauptbahn {im Studium) ab-
leiten, so rauh und mühsam sie auch ist. Gellert 5,254.
HAUPTBALKEiN, m. trabs praeäpua, der balken der den
hausbau vorzüglich stützt : wenn im haus die hauptbalken nicht
eingezapft sein, so hat der baw kein bestand. Lehmann 186.
HAUPTBALSAM, m. baisam für kopßeiden, unguenlum ce-
phalicum. Stieler 89.
HAUPTBAND, n. redimiculum ; houbetbant Dief. 488*.
HAUPTBANK, f. erstes, vorzüglichstes bankinslUul : die könig-
liche hauptbank zu Berlin.
HAUPTBANNER, n. erstes:
er hat verloren «in obrest gut,
houptpaner, büchsen, sigel, güldin zeichen.
LiLiENCRON tutlist, 2, 77, 28.
HAUPTBÄR, m. ursm ardos. Nemnich 4,1529; steinbären
im alpgebirg , baupti)ären in Litlaw, fischbären in Isziand.
Fischart iiroszm. 139.
HAU'PTBAU, m. der hervorragendste und widitigste Iheil eines
baun ; corpus acdiftcii Frisch 1,425*.
HAUPTBAUM, m. bedeutet im forstuesen einen voltkommen aus-
gntachsenrn oder ühersländigen bäum; auch obcrbaum genannt.
• con. lex. (I7:!|) 043.
HAUPTBEDEUTUNG,/^." die liauplbedculung eines wertes;
(da} Arthjias hauptbcdculung in seinen mathematischen und
physikalischen Studien lag. Schlosser uei/j. 2,249; seine haupl-
bedruinng iiat jedoch der ort als sami^elplatz der groszcn
k.ii.iAniic aiiK Westen und oslcn. ausländ, 40. jahrg. i. 099.
HAI PTBEDING, m.;
iti da* der freihtit hauptbeding.
Stiakef)}. Cymbeline 5, i;
((• r.r ~- '--- '.-rn 'f |< tlir m.'iin pnrt.
HAUPTBEDINGUNG, /.: die hauptbedingung ist hier: wenn
man das eine will , so niusz man von dem andern etwas
fahren lassen. Bürger 355*.
HAUPTBEDÜRFNIS, »i.; brod und kampfspiele ward als
der inbpgritr der hauptbedürfnisse des römischen volkes
sprichwörtlich. Schlosser u-eltg. 4, 306.
HAUPTBEFAHRUNG , f. die vom gesamten bergamt mit Zu-
ziehung des markscheiders und *der zechenvorsteher angestellte be-
fahrung und beaugenscheinigung eines grubenbaus. Jacobsson 2,230*.
HAUPTBEGRIFF, m.: die herrlichkeit solcher haupt- und
grundbcgrifTc. Göthe 25,163; ihre verschiedensten bildungen
unter einen hauntbcgritf zu bringen. 55, 221.
HAUPTBEGRLNDER, m.: hauptbegründer der monarcbie.
Dahlmann gesch. d. franz. revol. 391.
HAUPTBEICHTE, f.: wann euch die zeitung von dieser
meiner haupt- oder general- beicht zu obren kommt. Simpl.
3, 10 Kurz.
HAUPTBEKENNTNIS, n.: das tridentinische concil und der
römische katechismus sind die beiden hauptbekenntnisse der
römischen kirchc. Graul die unterscheidungslehren s. 15.
HAUPTBELEHNUNG, f. investitura principalis. Stieler 1126.
HAUPTBENDEL, m. redimiculum. Maaler 213*. a/irf. houbit-
bendil sertu7n Graff 3, 138.
HAUPTBERICHT, m.relatio prinäpalis. Frisch 1,425'; haben
sie die gewogenheil und beschleunigen den hauptbericht (in
einer proccsssache). Rabener sat. 3 (1757) 79.
HAUPTBESITZ, m. : Batsch ward in diesem jähre in einen
mäszigen Iheil des obern fürstengartens zu Jena eingesetzt,
da aber ein dort angestellter, auf nutzung angewiesener hof-
gärtner im hauptbesitz blieb, so gab es manche Unannehm-
lichkeiten. Göthe 31, 33.
HAUPTBESTREBEN, n. : wie denn dies ein hauptbestreben
unsrer durch das ausländ angeregten zeit ist, den wissen-
schaftlichen Stoff nicht mehr blosz . . in das gedächtnis zu
fassen. Fichte reife« an die d. nation (1808) 214.
HAUPTBETOSTET, part. ay.oöxofios:
ihn umstanden die schaaren
hauptbetosteter Threker, mit langen spie.szen in bänden.
BORGER 219».
HAUPTBEVÖLKERUNG, f. der beste und wesentlichste Iheil
der bcvöllicrung: in Venaissin dachte die baiiptbevölkerung
päbstlich. Dahlmann gesch. d. franz. rerol. 405.
HAUPTBEWEIS, «i. probatio principalis. Frisch 1, 425*.
HAUPTBEZUG, m. : (sie) kannte so ziemlich die bewohnte
weit nach hauptbezügen, punkten und orten. Güthk 21,131.
HAUPTBILD, n. arlificiosissima imago, primum exemplar.
Stieler 148. in etwas andcrm sinne: drittens kann man die
primären bilder auch als hauptbilder ansehen und ihnen die
sccundären als nebcnbilder gleichsam anfügen, ein solches
nebenbild ist eine art von doppelbild, nur dasz es sich von
dem hauptbilde nicht trennen läszt. Göthe 52, 104; vier grosze
Standbilder umgeben weiter das mit den gestalten seiner
Propheten geschmückte hauptbild Luthers (zu Worms), theol.
lilteraturblatt 1807, s. 261.
HAUPTBILDUNG, f. : hier (bei der Icpas poUiceps) ist näm-
lich, bei derselben hauptbildung (iWc bei der lepas anatifera)
die haut des Schlauches nicht glatt, und etwa nur runzlicht,
wie bei jener, sondern rauh. Göthe r>5, 328.
HAUPTBINDE, f. kopßinde: houplbinden tigalura voc. ine.
theul. k4*; hauptbinden, hauptlüchle vilta Maaler 213*; eine
lange hauptbinden, taenia das.; hauplbinden wie sy vor Zeilen
die künig und künigin trügend, diadema das.; hauplbinde het
den Chirurgen, fascia capitalis Frisch 1, 425*.
HAUPTBLATT, «. einer zeitung, im gegensalz zum beiblatt,
beilage: das hatiptblatt der zeitung wurde von der Polizei-
behörde mit beschlag belogt.
HAUPTBLUME, f.: es gibt auch maszlieben, die aus der
haublbluineti noch junge kiiidlcin uiifscizen, wie die ringel-
bluinen. HuniiERc 1, (!7n'.
HAUPTBI.l TADER, f. cejMica vena. Nemnich.
HAUPTIttlllHEH, ni. chirurgisches insirumcnt zum durchbohren
der hirnschale. Frisch 1,425*.
HAUPTBRET, n. I) bret am köpfende: da» hauptbrätt an
einer bcttslati, pluteus, cervical Maaler 213*.
1) hauptfdchlirhes bret: das hnuptbrett zu deines vatert larg
ist von dir. Schubarts leben 2, »1.
8) hauptbrott heiszl auch ein Uieil des fachbogent, vomü dtr
hutmaeher die haare schlagt. Jacobsson 1, 630*.
609
HAUPTBRIEF — HAUPTDICllTER
HAUPTDICKICHT — HAUPTFAHNE 6 1 0
HAÜPTBRIEF, m. charta principalis , die über ein reehtsge-
tehäß sprecJtende Originalurkunde, im gegensalz zu beilagen und
dazu gehdrigen abschrißen. Haltaüs SSO; und sal auch der
houbtbrief darüber besagende craffloysz und machtloysz sin.
nrk. des erzbischofs Konrad t. Mainz v. j. 142S ; solichen (durch
tauscli abgetretenen) acker sullen sie han unbesweret in aller
maesz wie der vre vor gewest ist nach lut yres veisiegelten
heubtbriefs den sie dar über han. !^iedenceiseler urk. r. 1500;
denn sinteraal dis eine heimliche schrifu sein sol , an eine
einige person geschrieben, nicht durch den druck öffentlich'
ausgangen, noch unter die ieute geschickt . . und ich den
heubtbrief, noch desselbigen abschrift bei mir nicht habe
noch hatte. Luther 4, 533*; solich boten, so verzeichnet sind
mit dem rechten sigel Jesu Christi. . . die verkünden weder
mer noch weniger dann inen der herr bevolen hat, sonder
loszens do bi bliben bim alten hauptbrief, so got der almech-
tig durch Christum uns vorgehalten hat. Schade sat.u.pasqu.
3, 27, 21.
HäüPTBRCCHEL , «1. der im haupt briiddg ist, am köpfe
leidet? welches ein anzeigung gibt heuliger unvolkommenheit,
das die leut wie erfrorene oder erdörrte früschieich , ross-
nagel und hauptbriichel nicht mehr zu rechtzeitiger grösze
gelangen. Garg. 41*.
HAUPTBRÜCKE, f.: den groszen canal und die haupt-
brücke Rialto (in Venedig). Güthe 2", 104.
HAÜPTBRUNNE, m.: ich bin newlich gefallen on geferde
in die geschichte des concilii zu Constenz, denn ich zuvor
aus andern büchern hab was ich gewust hab, und den heubt-
hrun oder grundsuppe nicht also gesehen. Luther 6, 3is'.
HAUPTBUCH, n. i) vorzüglichstes buch: wenn wir vornehm-
lich auf das grosze Bruckerische werk , als das Hauptbuch
in dieser materie verweisen. Gellert 6, 55.
2) das wichtigste unter den rechnungs- oder kaufmännischen
büchern, das über den gesamlsland des Vermögens oder geschdfts
auskunft gibt: hauptbuch, dariun allerlei rechnung eines ampts
oder gewerbs fein ordentlich eingeschrieben werden, labulae,
codex. Hesisch 547;
ich taug am hofe nicht,
ich weisz kein X vor V im hauptbuch anzuschreiben,
und wer kan heut zu tag bei seinem dienslgen bleiben,
wer uiclit fein reichlich sticht? Huzards lebensi). 14.
HAUPTBÜCHSE, /. eine arl des groben geschülzes: alle haubt-
puchsen, cartonen und ander grosz geschütz uf der Engipurg
abgeschossen. Wilic. r. Schaumburg 9 ; haubtpüchsen, cartanen
und ander grosze geschütz. s. 11;
drie grosze mechtige houbtbuchsen, . . .
da etliche ist sobeozig centener swer.
Stollb bei Haopt 8, 324.
HAUPTBUCHSTABE, m. majuskel: capitale heubitbuchstap
DiEF. ö7';
er lese die houbtbuchstabe
von erst wan an da^ ende herabe,
darmite die verse erhaben siiit.
Ebernand V. Erfurt 4455.
HAUPTBUND. m. diadema, fascia capitis. Stieler 156.
HAUPTCAPITAL, n..- sie (die treue) macht das hauptcapital
unsers reichlhiims aus. Güthe 19, IS.
HAUPTCHARAKTER, »»..• ein frecher barbar, dessen haupt-
tharakler ... leichtsinniger übermuth ist. Herder zur lil. 19
(1S:50) ItiS; ohne jedoch aus dem hauptcharakter der Ihcile
herauszugehen. Güthe 55,279; in so weit die poesie von
der erdichlung lebt, und aus der natur schöpft, kann es iiir
nie am sloffe mangeln, einige quellen, die quellen der haupt-
charukiere können erschöpft werden; aber sie sind bis auf
unsre zeit nicht erschöpft worden. Gellert 5, 274.
H.VüPTDECKE, f. 1) bedeckung des kopfes : ich hab in zu
v.l malen gehn Colmar zu markt sehen gon on ein haubt-
decke oder hut. Wickram rolhc. 159, 5 Kurz; dasz eine haupt-
decke von leinen hei weibern nicht unmöglich gewesen sein
musz. Wi.^KELMASM 5,38; haubtdecke der weilter, calyptra,
operimentum capüis muliebris, plagula, rica. "Stieler 2S4.
2) itauptsächiiehe decke: die sogenannte entenmusche! erin-
nert uns gleich mit ihren zwei haupldecken an eine bivalve.
GöTHE 55. :t27
HAUPTDEICH, m. der gröszte und stärkste dach, der das
land vor der übvrschtremmung ton auszen schützt; t\d. höftdik,
haffiiik. Jacübs<on 2, 23o'.
HAUPTUICHTER, m.: die sieben persischen hauptdichter.
GöTUE .•^2, i:n
JV. V.
HAUPTDICKICHT, n. das stärkste dickicht in einem vcalde,
Korin sich das wüd vorzüglich versteckt. Jacobsson 2, 230'.
HAUPTDIEB, m.: kleine diebe überliefert man der stra-
fenden gerechtigkeit, vor hauptdiehen zieht man den hut
mit ehrfurcht ah. Rarerer 4, 71.
HAUPTDIENER, ni. minister primarius. Stieler 315.
HAUPTDOST, Hl. clinopodium vulgare. Nemmch 2, 1067.
HAUPTDRÜSE, f. glandula capitis. Frisch 1,425*.
HAUPTEIFER, m.: weil eben in diese Jahrzehnte der
haupteifer für die alte litterafur . . . fallt. Gervincs geseh. d.
deutschen dichtung i, 92.
HAUPTEIGE.N SCHAFT, f hervonagendste. in pleonastisciter
fügung : das vergnügen über die so nahe erreichung dieser
beiden ersten haupteigenschaften. Bürger 356*.
HAÜPTELNDRUCK, «i. .• zwei haupleindrücke sind mir noch
übrig. Weber Democrit 1, 32.
HAUPTEINROMMEN, h. ; das haupleinkommen flieszt den
russischen mönchsklöstern durch das publicum zu. preusz.
Jahrb. 20, 29S.
HAUPTELNNAHME, f: die baupleinnahrae der herrscher
bestand in dem ertrage der ihnen als Privatpersonen ge-
hörenden guter. Schlosser Kcllg. 5, 326.
HAUPTEINTHEILUNG , f: auch war mir die haupfein-
theilung der farbenlehre in die drei hauptniassen, die didak-
tische, polemische und historische, zuerst ganz klar geworden.
Göthe 31, 88.
HAUPTELNWTRF, m. : ich erwähnte schon früher die zwei
haupteinwürfe, welche gegen den vertrag gemacht worden.
magazin f. litt, des ausländes 1S67, s. 311.
HÄUPTEL, m. der obere und beste Iheil des Schlammes beim
schlemmen der erze. miner. lex. 291*. die verkürzte form ist
hedel und hädel, s. sp. 109.
HAUPTEMPFINDU.XG, f.: hätte ich doch worte dazu, um
die einzelne hauptempßndong, die also jedes stück beherrscht,
und wie eine weltseele durchströmt, zu bemerken. Herder
zur seh. in. u. kunst 20 (1830) 293.
HAUPTEN, verb. das haupt abschneiden, auch bei einer rübe
den obern Iheil derselben mit dem kraute wegnehmen. Schh. 2. 224
HAUPTEXTBLÖSZUNG, /". .• dazu gehören aber weder zart
liehe geberden (wie der kuss), noch höfliche (wie die haupt
entblüszung). Graul die unterscheidungslehren s. 21.
HAUPTE.NTSCHLUSZ , m. : es ist zu wünschen, dasz die
gewerkschaft zu einem hauplentschlusse muth haben möge.
Güthe an Knebel 97.
HAUPTEPOCHE, f.: eine hauptepoche bildete natürlich
die ausstellung der heiligen garderobe zu Trier, grenzboten
2^. Jahrg., 2, 117.
HAUPTERBE, m. heres praedpuus. Frisch 1, 426*.
HAUPTERFAHRU.NG, f.: es wäre noch eine haupterfah-
rung an den menschen zu machen . . oh und wie sie eine
lange reihe weiser, guter, gerechter regenlen ertragen wurden?
Klisger II, 125.
HAUPTERFORDERNIS, n.: bei einem neuen lustgebände . .
ist das hanpterfordernis schatten. Güthe 31,lu2.
HÄUPTERKRAUT, n. kopßohl. Nemxich.
HÄUPTERN, verb. vom kraut, sich zu einem haupt, zu häuplern
sclilieszen. in der Wetierau heiszt es spriehicürtlich : wenn das
körn wächst (im herbste nach dem aitssäen aufgehl), häuptert
das kraut.
HAUPTERNEUÜNG, f.: da hingegen solche (schiffe), die
im Wasser schwimmen , nach sechszehn bis zwanzig jähren
eine haupterneuimg erfordern. Stolberg 9, 444.
HAUPTERSCHEINUNG, f: in der huupterscheinung des
Zeitalters , der französischen revolulion. Beckers u-eltgesch.
13,296; ein geist, der sich in seiner haupterscheinung nicht
manifesliren kann. Göthe 55, 2S3.
H.\UPTFACH , n. das grfiszte oder tridiligste fach eines be-
hdllers. übertragen die vorzüglichste beschäßigung eines geschäfls-
mannes oder gelehrten: geschichte war sein bauptfach, mit
spraciien beschäfligte er sich nebenbei.
HAUPTFADE.N, m.: da nach meinem gefübl dieses dei
hauptfaden sein muszte, der im stillen alles zusammen hält.
Göthe an Schiller 240.
HAUPTFAHNE, m. und f.: häupt- oder hofTfahn ist die
fahne, dorunder desz forsten hoff und .. ritterschaft, von
ihm leben tragend, gehören, ist allezeit gröszer und schöner,
dann der andern fahnen eine, auch dorinn desz fürsten oder
feldthenn wapen und anders mit goldt und silber aufs schein-
39
6 1 1 H AÜPTFÄHNLEIN — HAUPTFRAGE
HAÜPTFRAU — HAUPTGEGENSTAND 612
liehst gemablel und zugericbt. Kirchhof mtl. disc. S5 ; es wart
auch der staub so grosz, das niemant den andern (in einem
Ireffen) hoII erkennen oder die haubtfanen sehen inocht.
Wilw. V. Schaumburg 39; ganz Griechenland hatte daselbst
unter der bauptfahne der Athenienser seine kräfle versammlet.
LoHExsTEix Armin. 1, 520*; daher den hauptfahnen haben,
herr und meister sein :
weil du hast den rechten hauptrannen,
so nimb mich ein und sei zu rhu (sagt ein mann zu seinem
weibe). U. Sachs 2, 4, 28'.
bauptrahne auch die kriegersdiaar, die der hauptfahne zunächst
steht: als er nun von danncn scheidet, danket er allen
besoldeten knechten ab, ... aaszgenouimen etlich von der
decumancohort oder dem freien hauptfanen, die er sich im
streit bat mannlich brauchen .sehen. Garg. 270\
HAL'PTFÄH.NLEIN, n.: er thet im das baubtfenlin reichen
(zum zeichen dasz er Um über das ganze hecr setze). Aimon bog. 1 1.
HAUPTFAHKT, f. provocatio ad curiam superiorem, rel etiam
ipsa curia superior, ad quam provocatiir. Haltaus 830.
HAUPTFALL, m. l) der tod des lehnsherrn. Frisch 1, 420*.
lergl. haupt II, 1, b sp. 603.
2) der anfall des besten haupls [sp. 603) an, den lehnshenn
beim tode eines lehnsmannes. Haltaüs 830; wenn ouch desz
vorgenanten huses eigen lülb man oder frowen von thodes
wegen ab gend , das denn dem vorgenanten husz Bubiken
von ie dem cltisten man ein bouptfal und syn kleid das
best .. werden sol. weislh. 1,68; ist och, das der man abgät,
hett er unberdten knaben, so sol man im nüt nemen, denn
ein hoptval. s. 100.
3) in der modernen spräche ein besonders mehliger fall, her-
vorragendes ereignis.
H.\UPTFARBE, f. franz. couleur principal, weisz, gelb, rot,
blau und schwarz; an pferden schwarz, braun, rot, weisz: die
Schecken werden also genennel, weilen sie ausz den vier haupt-
farben durcheinander vermenget. Böckler kriegssch. (1068) 95S.
HAUPTFASTEN, plur. die groszen vierzigtägigen fasten.
HAUPTFEHLER, ?«..• die höchste empfindung, die der
mensch haben kann, ist die, wenn er sich von einem haupt-
fehler, ja von einem verbrechen durch eigne kraft erhebt
und losmacht. Götue 15, 193.
H.VüPTFEI.ND , m. inimicus capitalis , hostis infestissimus.
Steinbach 1, 425;
mhd. baniere unde wäfen,
diu der houbetvinde waren. Tristan 474, 19.
HAUPTFELS, m. mons altissimus. Stieler 469.
HAUPTFEST, n.: die drei hauptfeste der Christenheit,
Weihnachten, oslern, pfingsten.
HAUPTFESTUNG , f. : am stillen freitage haben sie den
I'etershagen , die hauptfestung des sliftes Minden erobert.
LtJNTZEL sliflsfehde 33.
HAUPTFIGUR, f.: seh ich mich genölhigt, eine kleine
abschweifung über den karakter dieses emirs zu machen, der
eine hauptfigur in meiner erzählung vorstellt. WielanüG, Ol.
HAUPTFINSTERN , n. eine netzartige zeugart , ehemals zutn
hals- und hauptschmuck der frauen verwandt. Jacobsson 2, 231*.
HAUPTFL.\CHE, f. hauptseite, namentlich eines bauwcrks.
HAUPTFLAGGE, f admiralsftagge : um die bauptflagge an
dem groszen und dem besansmaste fliegen zu lassen, nmsz
ein admiral zwanzig, ein viceadiniral oder schout-by-nacht
zwölf schiffe unter seinem befehle haben und commandiren.
Eggebs kriegslex. 1 (1757) 895.
HAUPTFLUGEL, m. der vornehmste fliigel bei einer jagd, zum
untersdiied von den treib- und neben flügeln. Jacobsso!« 2, 231*.
HAUPTFLUSZ, m. l) rheuma, mhd. hoiibetvluj, »li. lioofd-
vloed rheuma, catharrus Kilian ; liouptflusz, reuma, flegma vcl
ejeclio humorum a capile , vulg. tumpfiH vuc. ine. tlieut. k3';
haupiflusz, pfnüsel rheumatismus Maaler 213'.
2) der hervorragendste flusz einet landes: die Donau, der
haupifluKz Österreichs.
HAUPTFORDERUNG, f.: die haupiforderung des gläubigcis
Ix'irug lausend thaler, hierzu kamen noch die zinscn und
die gerichlskoslcn; mJ)chlen nie wilz und «polt .. die haupl-
fordpruiift an unsere schriflsteller werden! Klinger 8,15».
HAUI'TFLÜSSIG, adj. rheumaticus. Maaler 213*.
HAUPTFRAGE, f.: mciKler- oder haubtfrage, ijuaestio magt-
tlralis, cardo nctjU», cnnomenon. Stieler 54.) ; die haupifragc
ist ihre (der iktlrUe auf den bildwerken der allen) bedeuluiig.
HeRDER iUT $ch, tu. U. kunst f» (ISIOI XV): .iri.l.ill ■Irr riil-
scheidung der hauptfrage näher zu kommen. Tnl5MMEL reiic
2,203; zur klarheit des ersten {des Verstandes) aber sind zu
erheben zwei hauplfragen. Fichte reden an d. deutsche nation
(isos) «.91; ich musz .. auf ihre hauptfrage ein bekenntnis
thun. GüTUE 23,175; unsern lese'rn die Übersicht der haupt-
frage zu erleichtern. 30,194; dasz die alte hauptfrage sich
erneurc, wie viel unser selbst und wie viel die auszenwell
zu unserm geistigen dasein beilrage. 50, 50.
H.\UPTFRAU, /'. hervorragende frau.
1) dem ränge nach, palrona summa et principalis: die pfarr-
kirch zu Bayrrheut . . darinnen die heilig fraw Maria Mag-
dalena haubtfraw und mit andern heiligen gnädiglichen rastend
ist. Haltads 831.
2) den lugenden nach: eine brafe, wackere thatfrau, ent-
schlossen und fruchtbar, aller ihrer schwerleibigkeit unge-
achtet, wie wir zu Zürich sagen würden, eine hauptfrau,
anstellig und angrifllg. Lavater bei Stalder 1, 480.
HAUPTFREIDIGKEIT, /■.; das (die berufung auf Christus)
hcisze ich die baubtfreidigkcit oder den baubtrhum und
höheslen trotz. Luther 6,54*.
HAUPTFREUDE, f.: welch ein geschöpf, dem das haupt-
freude wäre! Herder zur seh. lit. u. kunst 19 (1830) 296.
HAUPTFREVEL, m. capilalverbrechen : was freveln uf dem
hohen geding zu Biebern gerügt werden, die man nent haubt-
frevel. wchlh. 2, 191.
HAUPTFROMM, adj. bonorum princeps, primarius. Stieler 569.
HAUPTFUCHSER, m. homo proslitutae libidinis. Stieler 576.
HAUPTFÜHRER, m. .• der hauptlührcr der römischen beere.
Schlosser weltg. 3,391; die beiden haupiführer der geistigen
richtung, Rousseau und Voltaire. Beckers wcltgesch. 11,425.
HAUPTGANG, «i. hervorragendster oder wicittigsler gang.
1) an einem gebäude, einer promenade u.s.w.: er kam den
bauptgang herauf; um ungestört sprechen zu können, ver-
lieszen sie den hauptgang und schlugen einen nebenpfad ein.
2) in einem bcrgwerkc die grüszte erzader. Frisch 1,426";
baubigang vena principalis Stieler 023.
3) übertragen: die entwickelung des menschengeschlechts
ist nämlich, ihrem hauptgange nach, dem täglichen laufe der
sonne gefolgt. Schlosser weltg. 1,3; was den bauptgang des
krieges betrifft. 1, 432.
4) bauptgänge sind bä den schlossern die groszen bogen und
theile oder das laubwerk der Verzierung an einem sprengwerk oder
künstliclwn gitler von eisen, welche mit nieten im ganzen befestigt
werden. Jacobsson 2, 231*.
HAUPTGASSE, f. via principalis : ritten sie gen Dordön ein
durch die hauptgasz. Aimon bog. g. die gesamtheit der bewohner
einer solchen gasse: oft fallet es einem zur last (wird lästig),
wenn eine ganze schlafende haupigasse auf einmal spricht.
J. Paul paling. l, 23.
HAUPTGATTUNG, f.: Urbilder der ode in ihren beiden
hauptgaltungen, der kühnen und zarten ode. Herder zur seh.
Itt. u. kunst 20 (1830) 142.
HAUPTGAUDIUM, n. : das ist nun so mein hauptgaudium,
neue gegenden zu entdecken und zu durchwandern. Fr.
MtJLLER 1, 298.
HAUPTGEBÄUDE, n.: die neuen angebäude, die .. mit
dem baupigebuude durch galerien und bedeckte güngc zusam-
menhingen. (jÖTHE 20, 0.
HAUPTGEBIRGE, n. rücken oder kämm eines gebirges. Ja-
COBSSON 2, 31*.
HAUPTGEROT, «.; es ist mein will und urdnung nie
gewest, das einer die kleine gepötlin auszrichic, und unter-
lasse die heupigebot. Cari.stadt v. d. sabbal Cij'; was du
willst, dasz dir die liMile Ihun sollen, das Ihue ihnen auch!
ist .. das haupt^ebot in der gesellschaft. Kli.m:kr 11,30«.
HAUPTGEDANKE, m.: dasz die haupigcdanken des Ori-
ginals ganz einfach mit ihren eigentlichsten wortcn ausge-
drückt . . waren. Bürger 350*; hier ist wohl der rechte ort
eines haupigedaiikeiis zu crwiilinen, den der umsichtige fürst
den weimarisciieii kunstfrcunden zur Überlegung und aus-
führung gab. Gi.niE 31,117.
lIAUPTtiEFALLE, n. das gefäüe eines flusses an dem ort,
wo der sirom am sciinellsten sduestt. JacodssoN 2, 231*.
IIAUPTtiEtJEND, f eine der vier himmclsgt'yendfn ost, süJ,
wesl und nunl. Frisch i, 420".
HAUPTGEGENSTAND, wi.; (da) Epikiir die beobachtung
und crfonnbuiig der natur zu einem haiipigegcnstande der
|ihilc<sophic iii.K hlc, Si.iiiiisvi 11 inlhr i iin
613
^AUPTGEG^XR — H AUPTGESLMS
HAUPTGESTALT — H AUPTGL T
614
HAUPTGEGNER, m. vorzüglichster. Kusger 9,149.
HALPTGEHÜR.N. n.:
nun ist disz ghiirn (der bixchofshul) auch gferiigt ab,
sprach Satan, o dasz es glück hab.
aber wir haben noch dahinden
das hauptgehOrn, darnach wir gründen (die papstkrone),
da trei hörner zusammen gehn,
und trifach auf einander stehn. Fischart Jeauilerhitllein AS*.
HAUPTGELD, n. 1) kopfsleuer, ahd. houbifgelt: haubtgelt
capitalio Stieler 682; diese hülfe und anläge war auf ein
unterschiedliches haupfgelt geordnet. Schütz Preuszen 121 ;
hauptgeld, gcschosz oder steuergeld, diesem land zu nutz
und frommen. 251.
2) hauplsumme, capiial, im gegensalz zu den davon entfallenden
Zinsen: des grunds fehrligkeit sei stehen auf des keufers
seilen, das er seiner zins so unsicher sei, als jener seins
heubtgelts. Luther 1, 20l'; wann euwer einer gelt hinieicht
urab gült , so leicht ers nit hinwek, er hab dann znifeltig
gewis pfant darfür, und ist des gelauhen (geliehenen) gelts
zwanzig, nimpt er hundert gülden darvon. dannoch ist nichts
an dem hauptgell bezalt. Scbave sat.u.pasqu.2,'S,dh; schuld
zahlen macht hauptgeld. Pistorics thes. par. 10, S3; was die
kinder aus dem von ihren ellern empfangenen geld oder
gütern genommen oder gezogen haben, sollen sie nicht bei-
tragen, sonder nur das empfangene hauptgeld oder gut.
Mainzer landr. 1755,17, § S.
HAUPTGELEITE, n. salvtis conductus generalis. Stieler 1144,
HAUPTGEMÄCHTE, «. opus egregium, excellens. Stieler 119C.
HAUPTGEMÄLDE, n. .• wir können zwar nicht läugnen.
dasz manche nebenbilder, wenn sie nicht so kurz und dunkel
entworfen wären , dem hauptgemählde mehr licht gegeben
hätten. Lessixg 3, 143.
HAUPTGEPRÄGE, ti.: dies aber ist ja ein haupigepräge
jener dichtungen, dasz sie heimisches und fremdes, . . .
mythe und geschichte mischen. Gervincs gesch. der deutschen
dichtung \, 92.
HAUPTGESCHÄFT, »i.; der landbau und der kriegsdienst
bildeten die hauptgeschäfte des Römers. Schlosser treltg.
3, 253.
HAUPTGESCHEID, n. Schwindel, kopßrankheit, mhd. houbet-
geschide Renner 121S0; verboten ist der zutritt zum abendmahl
allen den die brief bei in tragen oder gürtein den frauen
urab gurten, so sie gepern sullen, von solichem oder anderm
unbekannten worlen figuren und Schriften oder ander solicher
sach, damit sie siechtagen püeszen wollen: hauptgescheid
rilen pultzen schwertsegen natern und tewfel beschwern.
fastn. sp. 1463.
HAUPTGESCHEIM, n. kopfueh, schwindet, nach Grimm gramm.
1 (isioj ,«. 176 aus dem vorigen entstellt:
und auch das segen lasset sein
(ur den pulczan und fuf das haubtgeschein.
fastn. sp. 1372;
( . 0 Hans, was sol das sein?
du hast das liauptgescbein.
U'. das dunkt mich selber schir,
im haubt ist nicht recht mir.
C. so leg dich nider auf die bank,
ich wiis beschweren dir.
J. Atrer fastn. sp. 148* (3073, 29 Keller).
HAUPTGESCHICHTE, f : die Verfasserin hat ihre charactere
lebhaft geschildert, die hauptgeschichte genugsam verwickelt
und endlich ziemlich glücklich aufgelöset. Lessixg 3, 143. .
HAUPTGESCHMACK, m.: unter einem volke ... dessen
hauptgeschmack auf nichts als possen ging. Lessixg 4,304.
HAL'PTGESCHOSZ, n. das beste geschosz eines hause.<t, franz.
bei Aage.
HAUPTGESCHÜTZ, n. grobes ge'ichiUz: (mit) haubt- und
vellgeschülzen, wie solches zum slurmb und streit gehört.
Hi/w. f. Schaumburg 31; kam in mit 4 lausent knechten und
etlich zu ross, auch mit seinem haubtgeschfitz zu hilf. 102.
HAUPTGESCHVVER, n. kopfweh, mhd. houbetswer: frenesis
hoyplgeswerDiEF.247'; hauptweh, hauptgeschwer. Paracelsls
opp. 1, 655 B.
HAUPTGtSETZ, n.: das haugtgesetz der moral. Gellert
6, 19 ; das iiau^)tgeset2 der dichtung. Herder zur seh lit. u.
hmsl 20 (1830) 39 ; das hauptgeselz der wahren goltesfurchl.
Klisger 0, 5.
^ HAVTTGESICHTSPUNKT, m.: um alles bisher gesagte in
einen hauptgesichlspunkt zusammenzufassen. Fichte reden an
die deutsche nalion (ISOS) 16«(.
HAUPTGESIMS, n. hypotrachelium. Stieler 2028.
HAUPTGESTALT, f : den hexameler, den ich nach seinen
baupfgestalten das orphische und homerische sylbenmasz
nennen möchte. Herder zur sdi. lil. u. kunst 20 (1S30) 142.
HAUPTGESTELL, n. i) das riemenwerk, welches umdieohren,
bacJien und kehle eines pferdes geht. öcon. lex. (1731) 943.
2) im jorslwesen das gesteil, welches den gröszlen theil des
forstes durchschneidet. Jacorssox 6, 52'.
HAUPTGESÜCHT, «. kopfhrankheil, mW. houbetsuhl : haupl-
weh , hauptgeschwer, hauptgesücht und ander was haupt-
krankheiten sind. Paracelscs opp. 1, 655ß.
HAUPTGEVIER, n. bei der Verzimmerung eines bergschachtes
die Verbindung von vier hölzern nach einem viereck. Jacobsson
2, 231*.
HAUPTGEWENDE, n. ein gewende, wo viele stücke felder der
breite nach an einander stoszen. das.
HAUPTGEWINN, m.: auf dem st. Gotthard hatte ich
schöne raineralien gewonnen ; der hauptgewinn aber war die
Unterhaltung mit meinem freunde Meyer. Güthe 31,76; ein
hauptgewinn in der lolterie.
HAUPTGEWINNST, m. :
dürft ich denn zu greifen wagen
nach des Jehens hauptgewinst?
RccKERT ges. ged. 1, 455.
HAUPTGLANZ, m. : weil eben in diese Jahrzehnte . . der
hauptglanz der byzantisirenden Ottonen fällt. Geryiscs gesch.
d. deutschen dichtung l, 92.
HAUPTGLÄUBIGER, m. der die gröszte Schuldforderung unter
andern hat.
HAUPTGLEIS, n. das am meisten befahrene gleis einer eisenbahn.
HAUPTGLIED , n. 1) allgemein membrum principale Stie-
ler 670.
2) in der baukunsl die vorzüglichsten, grüssten und wesentlichsten
theile oder glieder einer Säulenordnung. Jacobsson 2, 23l'.
HAUPTGLÜCK, n. culmen fortunae. Stieler 675.
HAUPTGÖTZE, m. : da sie {die eigenliebe) also der haupt-
götze eines jeden wird. Klixger 11, 35.
HAUPTGRABEN, m. besonders hervorragender graben unter
mehreren; vorzüglich aucli hauptsächlicher giraben um eine festung.
Eggers kriegslex. 1 (1757) 1091.
HAUPTGREUEL, m.: das also nicht Christus uns gnade
hab erworben, sondern wir wollen die gnade selbs erwerben
durch unser werk . . das ist der rechte heubtgrewel und
griind aller lesterung im bapstum. Luther 5,194'; wie gar
billich nennet er am andern ort solche zeit grewliche und
fehrliche zeit, ja freilich grewlich und über grewiich, darin
solcher heubtgrewel überhand gehabt. 6, 86'.
HAUPTGRIND, m. kopfgrind: weinrauten frisch gesotten
heilen den flüssigen hauptgrind, wie ein pQaster darüber
gelegt. Taberxaem. 395.
HAUPTGROSZ, adj. vorzüglich grosz: (Maria) beschleuszt das
magnificat mit dem heubtgroszen werk aller werk gottes,
das ist die vermenschung gottes sons. Luther 1, 497".
HAUPTGRUBE , f schädelstäUe. Stalder 2, 26 ; hauptgrub
carnißcina Maaler 213*.
HAUPTGRUND, m. hauptsächliche Ursache: dieweil auch der
haiiptgrund dieses reichstags auf erhaltung des h. glaubens
. . gestellt ist. reichslagsabschied v. Augspurg 154S, § 16.
HAUPTGUT, n. 1) das u-ichtigste unter mehreren zusammen-
gehörigen liegenden gütern, grundstock eines gülcrcomplexes : bis
so lang die wies oder acker, das also aus dem hauptgut
verkauft oder verkaut ist, wieder in das hauhtgul kommet.
weisth. 2,180; wann ein hauptguit gar von einander in vier,
fünf oder mehr Iheil getheilt würde. 1S2; der meiste knack
(schaden) bestund hierin, dasz zwei freigüter darneben lagen
. . welche eine lange rechlssache mit dem hauptgute führeten.
jwlit. näscher 274.
2) hauptgut , capital , (im gegensatz zu zinsen und kosten),
wie mhd. houbctguot wb. 1, 59o': liauplgut, galt oder anders
einem diener darmit ze warben vertrauwel , peculium , sors
Maaler 213'; hauptgul sors Frischlix nomencl. 432; die appel-
lalionsachen, so unter fünfzig gülden haupiguls weren. cam-
merger.-ordnung v. 1521. 24 § 1; ein jud leihet einem 20 fl.
4 jar und alle halbe jar rechnet er den gewinn zum haupt-
gul. Adam Ryse rechnung D 7'; nun lond vierzig guldin schuldig
sein, mer bin ich nit, so hab ich dannocht erst all jar ein
guldin aus dem hauptgul vcrlhon. lind doch manchen, so
in einer wochen oder in einem tag hundert guldin ans dem
hauptgul verthut. Wickram rollw. 156, 8 Kurz; leibgeding
39*
615
UALPTGÜT — IIAUPTU ANDLLA(.
liAUPTH ANÜWERK — HALPTlllßSCll 616
schnindet das hauptgut , dolalUium ubsorbet dolcm. Pi$toiiiu.s
tlies. par. ö, 62 ;
zur zeit des zils summ ich all such,
und wucliergclt zu haupt^it mach.
SCUWARZENBERG 122';
und so bald du {ein beltler) ein doil' aiisicbst,
so hast du schon das hauptgnt drin,
was du erbeitelsl ist lauter gwin. H. Sachs 2, 4, 2'';
lies geht mein (ein krämer spricht) haubtgut sanimi dem gwiiin
tegiichen mit der zerung hin. 4';
(lasz das hauptgut und aucli der gwiuu
geht bei uns alle mal dahin.
J. Ayrer fastn. sp. 94' (2S1I, 26 Keller);
ein böser Schuldner still dir hauptgnt luid gewinn.
Opitz 2, 4 IS,
nach Martial:
debitor usuram paiiter sorternque negabit;
noch hauptgut, noch die Zinsen darl jetzt ein Schuldner gelten:
es stehu zwar so die schulden, der glauben aber selten.
LoGAU 2, 84, 26;
wer der wollust sich lehnt ausz, wird er nicht ums hauptgut
kommen,
wird er krankhcit haben doch stat der ziuseu eingenommen.
3, 154, HO;
scherzend ist dem uorle eine andere bedeiditng {das gute das im
köpfe steckt) untergelegt:
selten wird mit einem weihe gar viel hauptgut überkumnien:
weil das böse so an ihnen, hat das haupt gern eingenummen.
2, 20«, 2» (iil)ersclirill: weiblich haupigul).
HAUPTGUT, adj. rurzügUclt gut: was uns vergnügen sol,
inusz entweder liauptgut oder liauptschliin sein. Cur. Weise
abs. com. 303; (sie) gibt eine hauplgute wirtliin ab (d.h. ist
äne). unw. doctor 335; und ist dises eine hauplgute aiisz-
erfindung. 485.
HAUPTHAAR, n. capillus. Maaler 213*; wenn einem man
die heuhthar ausfallen, das er kalh wird. S Mos. 13,40; da
ich solchs höret, zureis ich meine kleider und meinen rock,
und rauft mein heuiithar und hart aus. Esra 9,3; sahen das
das fewr keine macht am leihe dieser meiiner beweiset
hatte, und ir heublhar nicht versenget, und ire mentel nicht
verseeret waren. Dan. 3, 27. die neuere spräche braucht das
tcorl gewöhnlich in gehobener rede: ich kannte den mann, er
schnitt eine locke von seinem silbernen haupthaar, warf sie
hinein in die schale der sünden. Scuiller räuber 5, l ;
bevor diesz haupthaar der reiT {pruina) umzieht.
Kahler ), b7;
entfesselt rollt ihr haupthaar hin.
Freilicrath ged. (1845) 102;
ihr haupthaar golden wallt. 417.
HAUPTHAFEN, m.: calvaria , olia capitis ist der haubt-
schedel oder haupthafen. Gerrdürf feldb. d. wundarzn. 90.
über hafen für hirnschale vergl. sp. 120.
HAUPTHAFT, adj. capilalis , mhd. houbelhaft : hauhthaile
misselhat. Haltaus 631; sibeu lasier houhthafter sunden.
spec. ecci. 178.
HAUPTHAHN, «i. in zwei übertragenen bedeutungen :
1) nach liahn 3, o {sp. 163) von einem vorzüglich lUchligen
menschen: ihre (der Studenten) duces, welche haupthühne
heiszen. Heine l, s.h; angelehnt an den eigentlichen sinn von
huhn: statt hahnenkämpfc haben wir Journale, worin arme
leufel, die man dafür fültcrl, sich einander den guten naiuen
zerreiszen, während die pbilister freudig ausrufen : sieh, das
ist ein hauplhahu ! dein dort schwillt der kämm! der hat
einen sciiarien sciinaiiel ! $. 180.
2) nadi bahn 8 (.</>. 164) der hauptsdcltUdie hahn einer kitungs-
rohre, Jacoh^son 2, 231*
HAUPTHAMMKH, m. das hammerbeü der bergleule.
HAUPTHANDEL, in. status , caput , summa rei. Serranus
synon. 94'; haupthandel, hauptsach, hau]itpun(;l, slalus, cuput,
summa rei. Ehmel sylva quinqucling. (1630) 0 7* nucli handel 2,
sp. 36».
HAUI»THANDLUNG, f. 1) hauplsdchliche Handlung, nacli
handlung 4, sp. 406 : in einem gemiildc musz nur eine haupt-
handlung und eine hüuptlignr sein, und die übrigen müssen
Sbr untergeordnet . . »ein, Jacobssor 2, 231'.
2) nach handlung II {sp. 406) der haujisächlicJie zweig des
ftandeU: die baupthandlting dieses specereyhündier« heKtehl
in arznei- und farbenwaaren ; die hauplbandlung dei Hol-
Iftnder i»t die oslindiscbe handlung. JaCiuisson 6,62'.
i) noch baiiiiltuig r^ {sp. 407) dir vornehmste llicil rinet handels-
gtichdftet, »m grgenscUs tu den vun Htm uLhuiKiKirn fiUaUii titul
eomnianäüen.
HAUPTHANDWERK, ».. daj forstwerg ist ein houpthanl-
werg und . . hat undir ein : holzhouwer, bachfloszer, harcz-
floszir, koler, aschcnborner und derglichcn. anz. des germ,
mus. 1856,303.
HAUPTHÄNGIG , adj. mit hängendem, demüthig geneigtem
hauplc :
gebet, wck'hs ich, für si, haubthengig tet.
Melissus ])s. Ob*.
HAUPTHARMSCH , m. stiirmhaubc , heim: das aber die
raisigen Cimhrisclien . . . ir hauptharnasch mit flügeln und
thierkiipfen gezieret. Zimm. chron. 1,6,27; achteten keines
eisernen hüls oder hauptharnisch. Louneys regierkunst (1679)
56'; und zeigten mir alle Wahrzeichen an, was ich für einen
haublhainisch . und wie ich ein gaul gehabt. Götz v. B. 80.
HAUPTHASZ, m. capitale odium, Stikler 786. davon baupt-
hasser. -osor acenimus 785.
HAUPTHAUPT, «i. {nach haupt H, 1, o und b, sp. 603) der
hervorragendste uutci anführern oder hrrschern : dasz solche re-
gierende nebenhäupler . . so gar noch besser seien als die
regierenden haupthäupter. J. Paul ausw. aus d. teufels pap.
2, 277.
HAUPTHAUS, »1. domiis amplissima , aedes magnißcae, su-
perbae. Stieler 799. das hervorragendste liaus unter mehreren
3usavimengehOrigen : (erblickten wir) wohl und anständig ge-
baute häuser . . in das hauplhaus durch den garnhoten ein-
geführt und flau Susannen vorgestellt, fühlte ich etwas ganz
^igenes. Güthe 23, 107. solle also forthin sein und heiszen
des Ordens liau]itliaus. Waissel 104 ; das liaupthaus der
deutschen Ordensritter, Marienburg. Beckers wellg. 6,404.
HAUPTHEBEL, n». ; das berühmte princip der arbeits-
theilung, welches gewis den baupthebel der modernen oeco-
nomie bildet. Frantz krilik aller pavteien s. 68.
HAUPTHECHT, vi. einer dei- grCszten heclite. Nemnich; so
wollten sie eine mandel haupthechte und drei mandel zucht-
hechte und ein schock hauptkarpfen nehmen. Scuweinichen
1,359.
HAUPTHEEB, m. franz. le gros de l'armäe.
FIAUPTHEFTEL, m. bei den Jägern der vornehmste und wich-
tigste pßock eines Ireibezeuges. Jacobsson 2, 23l'.
HAUPTHELD, m.: gleich die haupthelden {der sage), jene
Hermunrich, Elzel und Dietrich trennen geschichtlich mehrere
Jahrhunderte von einander. Gervinus gesch. d. deutschen dicii-
tung 1, 100.
HAUPTHERD, m. meist bildMi: der hauptherd der revo-
lutionären mntriehe.
HAUPTHERR, m. der oberste herr;
1) tu weltlicher bezichung, Ivhnsherr: ist es anders, das der
hüuhtherre des gutes . . oder ieman von sinen wegen, der
des gewalt hat , den zug voidert und hegeret. weisth. 1, 730.
der lehnsherr ist der befehlshaber der von ihm gestellten streitbaren
manuschaß :
und köment allesament dar an
die houbethdrren unde ir man. Tristan 475, öi.
auch scliutzherr über eine zunß. Hai.taus 831 ; gemeinsamer
oberherr: weil diese {lehnleute und gutsherren) einsahen, dasz
es ihre Sicherheit erfordere , sich unter einander und mit
einem haupt herni zu verbinden. Moser osnabr. gesch. 1, twrr.
s. 18.
2) übertragen in geistlicher bezichung: Jhesus der sun gottes,
dör grosz iiawbtherr des crcuzes, der die schwerbeit und
bilterkeit des creulzs in im selbs gar wol erfaren hat. herz-
muner 109*. die heiligen sind die hanplherien der ihnen ge-
weihten kirchen und alldre: einen miwen altar und vicarie in
unsem stifte sent Merlins kirchc zu Cassel . . des houht-
hcrren und palrunen sin suilen s. Cyriacus, saneta Dorothea,
die eilftusend jungfruwen und die unschuldige luerleler. urk.
V. 1457 bei Haltaus S3I.
HAUPTHIEB, m.: es kamen nun wieder läge .. wo haupt-
liiche Holen. Weher Democril 1,21.
HAUPTHINDERNIS, n.
HAUPTHINCBER, udv. hin über das haui^:
zoiirlmt du, wctUTRehftrcriu {wollte),
liaiipthiiiUber mir hcIioii.
IIirubr tur tch. Uli, u. kun$t 9 (1837) 114.
IIAll'TlIIRSCH, »I. riri alter, vorzüglich starker und sckiverer
hirsch: tun zn veriiehmeii was vor wildpret und darbei vor
iiauplhii'Hche rein oder raus sein (in die jaydumstetiung). ocon.
lex. 044.
617
HAL'PTHOF — HAUPTKISSEN
HAUPTKLANG — HAUPTLEHRE
618
HAUPTHOF, «1..- (der iiofschulze) war der Lesitzer eiues
der gröszteD haupt- oder oberbüfe, welche in den dortigen
gegenden {Weslfalcn) .. liegen. Immehmann Münchh. 1,146.
HAUPTHOLZ, n. l) ein balken, da üba dem obcrUtäl einer
Säule wegläuft. JicOBSSON 2, 23l'.
2) im baguerk eins der queihülzer am schacld, icoran die
seilen awieschlaqen werden, einstrich, miner. kx. 29 o'.
HAüPTHUFE, /'. praedium totale et dominans, ein (fut von
dem keiner ein stück hat. Frisch 1, 426".
HAUPTHUHN. n. huhn, von den eigenen leiden als zms und
als anerkenntnis des hauplfalls (sp. 611) gegeben: haupthüner,
gallinae quae sohnintur ab hominibus pr(/priis. Stieleb 750.
HAUPTHÜTTE, f. erste unter den banhüllcn: genn Straszburg
auf die haubtliiitten. Munes anseiger 5,497; an den enden,
die dann der iiaubthütlen zu Straszburg zugeteilt sint von
den alten werklüten. das.
HAUPTIDEE, f.: es ist seine (Sle/fens) hauptidee. Heine
6,161
HAUPTIG, adj. einen köpf habend, im prägnanten sinne starr-
küpfig, eigensinnig. Stalder 2, 26. in Zusammensetzungen ohne
diesm sinn in umgelauleter form: dreihäuptig, vielhänptig.
HAUPTINHALT, m. : wenn dieses buch in ansehung des
reicLs Christi, seines hauplinhalts , lügt. Herder zur rel. u.
theol. 12 (1829) 220.
HAUPTISCH, adj.: wie nun golt ein haupt der ganzen
weit alles regieret : also ist auch ein hauplisch, monarchisch,
regiment das beste auf erden. Lehmann 2, 14.
HAUPTJAGD, /'. venalio universalis. Stieler 875; namentlich
auf scliweinc und hirsche. Frisch 1, 426'.
HAUPTJAGEN, n. groszes jagen, wobei das wild aus dein
ganzen reriere zusammen getrieben wird. öcon. lex. (1731) 943.
HAUPTJUWEL, n. wichtigstes kleinod, wertvollstes stück, obscün
und verblümt von einem Iheil des weiblichen kvrpers. Thümmel
5,289.
HAUPTKABEL, f und n.: das längste ankertau oder die
haupikahel. Jacobsson C, 17S'.
HAUPTKAMPF, m.: der hauptkampf, den wir im leben
zu bestehen haben. Klinger 5, 34.
HAUPTKANNE, wi. das wort ist aus Straszburg in dem sinne
von Schenkwirt, gastgeber bezeugt ; ein exempel von einem zerer
und füller, der gern tag und nacht vol was, und lieber hört
sagen von einem guten houbtkannen dann von einem guten
Prediger. Keisersberg bilg. 48*; allen wirthen , gastgehern,
hauplkannen, küchenmeistern. Straszb. polizeiordnung bei Frisch
1, 499'.
HAUPTKANNE, f. cantharus major. Frisch das. [aus Kei-
sersberg).
flAUPTKARPFEN , m. ««er der gröszien und besten karpfen
in einem teiche: ein schock hauplkarpfen. Schweinichen 1, 359.
HAUPTKEGEL, m.: der Ararat bildet eine gewaltige berg-
gi-uppe, aus zwei hauptkegeln bestehend. Westermanns monats-
heße, bd. 2. s. 47.
HAUPTKENNZEICHEN, «..• das hauptkennzeichen der mi
neralkörper, auf das wir hier gegenwärtig rücksicht zu nehmen
haben, ist die gleichgültigkeit ihrer theiie in absieht auf ihr
Zusammensein. Güthe 55,270; das hauptkennzeichen des
gemischten Charakters der dicbtungen dieser zeit . . bleibt
ihre lateinische abfassung. Gervinüs gesch. d. deutsclien dich-
tung 1, 94.
HAUPTKERL, m. ; dort vor der hausthür sitzen die bürgers-
leute des sommerabends, und trinken aus groszen kannen,
und schwatzen vertraulich , wie der wein, gottlob ! gedeiht
. . und wie alle menschen gleich sind, und wie der Gorres
ein hhiiptkerl ist. Heise l, 219.
HAUPTKIRCHE, f. ecclesia mater , melropolUanum templttm.
Stieleh 959; nl. hoofdkerk Kilias.
HAUPTKISSEN, -KÜSSEN, n. kissen zum daraußcqen des
kopfcs, vgl. th. 5, 852/'. die ersiere form ist nach der jetzt gemdszen
Schreibart angesetzt, die letztere die bis ins \%.]lt. übliche: houpt-
ku8<in ccrvical, unreale, est pulvinar capitis, voc. ine. tliettt. k3';
capitale heubitkussen, heuptkossen Dief. 97*; hauptküsse, ;>«/-
vinar, pulvinus, cervical Maaler 214"; hauptküsz HoLsius 71";
nl. boofdkussen cervical Kilian; ein fröhliches herze ist eine
gäbe gotles, so allein den frommen gegeben wird ; die trau-
rigkeit hingegen ist des teufels hauptküssen, rühret her von
einem bösen gewissen, welches zwar eine Zeitlang schlafet,
aber nicht ersterben kan. Bütscuky Paim. 74; gemeiniglich
musi dieser spruch aller frommen sterbenden Christen seelcn-
schatz, hauptküssen und sterbkiltel sein. Schüppiüs 442;
er weinte so lange und so heftig, dasz sein hauptküssen
ganz davon durcbnetzt wurde. Wieland 1,362; an dieses
tröstende bild will ich mich halten und mein hauptkttssen
damit polstern. ThCmmel 5, 266 ;
drumb wer nutz sucht hinder eim scbalk,
maeht hauptküsseu vom i^eJsbalk.
Kirchhof wendunm. 78\
HAüPTKLANG , m. : alle Charaktere, stände und lebens-
arten , so viel nur fähig und nüthig sind, den hauptklang
seines koncertes zu bilden. Herder zur scli. lU. u. kunst 3ü
(1830) s. 2S6.
HAUPTKLEIDUNGSSTÜCK, n..- ein grobes, graues tuch,
künstlich genug um den kürper gewickelt, machte das haiipt-
kleidungsstück. Secme mein leben 70.
HAUPTKNOTEN, m.:
darauf zerbisz es den heubtl(noten,
damit die schleuf gefasset war.
fro'ichmäuseter I, 2, 24, Rh*;
tn übertragener bedetitung als bild für eine liauptschwierigkeit :
ein hauplknoten , dessen auflösung mit Schwierigkeiten ver-
bunden ist. Kant 8,337; und so kam ich denn ganz natür-
lich .. auf den hauptknoten (zu sprechen). Thümmel 5,159.
HAUPTKOHL. m. : kopfkohl, kapipeskraut. öcon. lex. 944.
HAUPTKÖRPER, vi. der hervortretendste körper einer gnippe :
die ganze so gewaltsame als kunstreiche Stellung des haupt-
körpers {beim Lnokoon.) Göthe 20, 86.
HAUPTKRAFT, f.: das leitende haupt einer parthey in
einer republik . . musz seine hauptkräfte in dem kämpfe
mit der gegenparthey gebrauchen. Klinger 12, 152; die haupt-
kraft der Tarentiner bestand in ihrer Seemacht. Beckbbs.
weltg. 2,428.
HAUPTKRANKHEIT, f l) kranklieU des kopfes: hauptweh,
bauptgeschwer , hauptgesücht und ander was hauptkrank-
heiten sind. Paracelsus opp. l, 055 ß ; ob gleich herr cor-
poral Springinsfeld . . eine herbe hauptkrankheit Überstunde,
also dasz ihm auch kein härlein heu auf der obern bühne
übrig verbliebe {dasz er kahlköpfig ward^). Simpl. 3, 241 Kurz.
2) grji^ze, hauptsächliche krankheil, morbus gravissimus et epi-
demicus. Frisch 1,426"; weil gerade dieses vermischen von
natur und kunst die hauptkrankheit ist, an der unsere leit
darniederliegt. Göthe 36, 227.
HAUPTKRÄNKüNG, f extrema solliciludo. Stieler 1026.
HAUPTKRAUT, n. brassica capitata, kopfkohl. Nem.mch 1,670.
HAUPTKREUZ, ji. l) arm oder hebel, mit dem eine welle
bewegt wird. Jacobsson 2, 23l'.
2) hauptkreuz, zentnerkreuz, atrocissima calamüas. Stib-
ler 1037.
HAUPTKRIEG, m. groszer krieg: würfen einen Bairn auf
{zum hauptmann), der alt sein tag nie keinen haubtkrieg recht
gesehen , wil geschvveigent vil weniger gefürt het. Wüw. v.
Schaumburg 200; es sol ime in kürze durch ain hauptkrieg
sein land und leut zugestelt werden. Schertlin br. 38.
HAUPTKRONE, f: diadema hauptcron Dief. 179".
HAUPTKUNST, /. ars arlitim. Stieler 1010.
HAUPTKÜSSEN, n. s. haupikissen,
HAUPTLADE, f. die vornehmste lade einer snnß in einem ab-
gegrenzten bezirke. Jacobsson 2,23l'; der führer der haupt-
lade wird dich dann auf den nächsten sonntag berufen.
RiEUL cullurgesch. nov. 426.
H.\UPTLAGER. n. caslra majora et principalia. Frisch I, 426".
HAUPTLÄRMECKE, f. : am Molo, einer hauptlärmecke dei-
Stadt. Göthe 2s, 63.
HAUPTLASTER, «..• wan frdjheit ist der Sünden houbet-
lasler ein;. Br. Berthold 515,34; hauptlastei-, eaput viliorum
aliorum , fons miUtorum sceleruni. Frisch 1,426"; hauptlaster,
das eine naiion oder ein mensch vor andern hat , vitium
pruecipuum et dominans. das.
HAUPTLAUS,/', kopflaus; pediculus Maalek 214*. n/. hoofd-
luys Kilian.
HAUPTLEDER, «. das leder das am decket eines koffers be-
findlich ist und das schlosz bedeckt. Jacobsson ö, 53".
HAUPTLEER, adj.:
hauptleer folgte daher der heim der nervijjen faust nach.
BÖRCKR 211*.
HAUPTLEHEN, «. das hauptsächliche lehen, im gegensatie tu
neben-, afler-, beilelien.
HAUPTLEHRE, f. praeciptia praeceptio sive doctrina quae ex
aliqito diclo fluit. Frisch 1, 426'.
619
HAUPTLEHREU — H AL PTLIED
HAUPTLINIE — HAUPTMACHT
620
HAUPTLEHRER,«!, hauplsächlicher lelirer: bei seiaem bange
zu den schönen Wissenschaften wurde bald Geliert sein haupl-
lebrer. ThCmmels werke 8 (1839) 1S2. in einigen sLädten heiszen
haupllehrer die über andere Öffentliche lehrer gesetzten, Oberlehrer ;
oder die lehrer an einer hauptschule.
HAUPTLEIDENSCHAFT, f. : es ist wenigstens ein gewagter
schlusz, den menschen nach seiner hauplleidenschaft . . be-
urtbeilen zu wollen. Kunger 12, 71.
HÄUPTLEIN, n. kleines haupl, köpfchen: capiluluvi haiiptel,
heüplin Dief. 07'; 1) im eigentlichen sinne, an menschen und
Ibieren : die andern {schwalben) . . babcnl diu häuptel von
enander gckert. Mege.nherg 201,7; ihm ihm (dem manne)
dann das häuptlin weh. Garg. 7l'; als unser doctor nun
\iel jabr, wie ihr gehört, wider die niüncb und schwermer
heftig gestritten .. und sehr ein schwaches häuptlein bekam.
ScHüPPiüs 828 ; {der ermüdete Schneider) bewegte sein zartes
hiiuptlein wie ein betrübtes lammcrschwänzchen. Heine 1,22.
2) bei Schätzung des vielus nach Stückzahl (s. haupl sp. 603):
ein rekrut . . betrachtete einmal das Schilderhaus unten und
oben und hinten und vornen , wie ein forster, wenn einer
einen bäum schätzt, oder ein metzger ein häuptlein vieb.
Hebel (1853) 2,177.
3) übertragen, der emporslchende Iheil an dingen: dag daj
häuptlein an dem prüstel roeter wirt und auch die ädern
an dem selben häuptlein werdent roeter. Megenberg 40, 20.
HAUPTLEINE, f. die obcrlcinc an dem hohen Jagdzeuge, auch
arche. Jacübsson 2, 232'.
HAUPTLEITER, f: die tonleiler von c zu c (c-dur, a-moll),
wonach die übrigen gebildet werden; auch Stammleiter genannt.
J.\C0BSSON 4. 25 1'.
HAUPTLEITUNG, f. : die hauplleitung des Staats. Schlosser
u'cUg. I, 270.
HAUPTLEÜTE, plur. 1) die obersten einer geschlossenen Ver-
einigung, leiter, führer ; und zwar
a) einec gemeinde, zunß , eines bezirks: und soll zu euch
nemen ja vom geschlecbt einen heubtman über seins vaters
haus, dis sind aber die namen der heubtleute , die neben
euch stehen »ollen. iMos. 1,5; Jhesus aber sprach zu den
bobenpriestern und heublleuten des tempels. L«c. 22,52;
und da es tag ward, sandten die heubtleute (frülicre Über-
setzung amptleut , gricch. OTQnrr^yoi, vulg. magistratus) sfad-
diener. ap. gesch. lG,-35; deszgleichen sollen die bauptleut,
imd ihre zugeordnete der zirkel {bezirke), mit vollnziehung
der urtheil , so am cammergericbt gesprochen, und in ihre
kraft gangen .. rahten, fiirncbmen und helfen, reichslagsabschied
V. 1512, cinleilg. § 10. in zusammensclzungen : amts-, berg-,
bezirks-, kreishauptleutc.
b) einer kriegerschaar : die heubtleute über alle sein beer.
2 Mos. 14,7; das wird des königs recht sein .. ewre süne
wird er nemen zu seinem wagen, und reutern, die für seinem
wagen her dralicn , und zu heublleuten über tausent , und
über fünfzig. 1 Sam. 8, 12 ; denn sie waren alle redliche bei-
den, und worden heubtieut über das beer. 1 c/iron. 13, 21;
hauptleutb und knecht aufzunemmen {gegen die Türken), reichs-
lagsabsch. v. 1524, § 32 ;
seine krick'.slcut, und soudcilicli
obersten, bauptleut, l'endcricli,
auch riltmeister und Iciiteiiampt. muckenlir. 1, 772.
2) hauptlente, eine gattung linspßichtiger Icute , die nämlich
bei getheiUen yütern den zins für das ganze einzunehmen und
an den lehnshcrrn zu entrichten haben \vcrgl. unten bauptniann 2):
min dcile des siosz zu Landskrouc ind zu Kuninxvelt, mit
.ilre hirlicheide, gerichten, landen, luden .. so wa die ge-
legen sint, ind heuflluden wo die gesessen sinl. «rA. «. 13!t7
liei Haltaus 832; solen sie keiszen {erwählen, einen sdwffen)
under den spliszlingen {inhabern eines Iheilstücks von einem
iiule) of under den zinsluden of hcuftludcu des vurg. hoifs.
tieixlh. 2, f>45 {Arweiler 1305).
HAUPTLICHT, n.: das licht eines gemäldes wird cinge-
tbcilet, crsilicb in das bauptlichl oder das natürliche licht;
zweiteng in das untergeordnete oder zufällige licht, z. b. das
licht einer brehncndcn kerze , oder des durch ein kleines
Irnsirr fnllendcn lages. jAcoriHSON 2,007*.
HAUPTLIED, n. beim protestantischen kirdiengcsange das un-
tnülclbar der predigt vorhergehende lied ; stiehl Iclzllich die butlcr
der neichen glatten linupt- und kanzelliedcr aus dem gesang-
bucb im«, iitid fettet damit bestens die schwarze suppe der
predig! I !• 'i,j. Fixlein Iü6,
HAUPTLINIE, f. eine besonders hervortretende bnte. meist m
technischem sinne gebraucht, und zwar ist
1) im bergwesen hauptlinie die von einem gange, welcher nicht
beständig in einer linie bleibt, nach der stunde, welche er mehren-
theils hall, gezogene sölige linie. Jacobsson 2, 232'.
2) im kriegswesen : die capital- oder hauptlinie ist in einer
vestufig eine linie, welche von dem kehlpuncle zu dem boli-
werkspuncte gezogen wird, und also das boUwerk in 2 halbe
theile Ibeilet. HCbners handlungslex. (1722) 385.
3) genealogisch , nach den linien auf dem Stammbaume : das
geschlecbt ist in haupt- und neben- (seilen-) linien getheilt;
wir können nunmehr das geschlecht der siechen in zwo
hauptlinien tbeilen. Gellert 5, 30.
HAUPTLI.NEAMf^NTE, n. plur.: das gesiebt des greises ist
in ansehung der haupllinoamenfe noch eben das gesiebt,
das der Jüngling gehabt hat. Habener 4,142.
HÄUPTLING, «1. l) Oberhaupt, anführer. das wort ist zu-
frühest im allfricsischen bezeugt als bävding und iiävdling, wo
es ein milglied des friesiscJien adels bezeichnet (Richtiiofen 799'.
800') ; in welchem sinne die hochdeutsche form häuptling noch
Adelung (1796) ausschlieszlich anführt, wenig später ist das
worl in allgemeinerer bedeutung von den hochdeutschen Schriftstellern
häufig gebraucht: dasz nicht nur jeder häuptling {unter den
deutschen dichtem) , sondern auch jeder angeordnete seine
Selbstständigkeit festhielt. Gütue 31,40;
den Saracenen, die Luceras bürg
bewohnen, bin zum häuptling ich gesetzt.
UuLAHD ged. 182.
2) häuptling, vinea capitata, im gegensatz zur armrebe, rinea
brachiata.
HÄUPTLINGEN, adv. kopfüber, mit dem haupt voran, nl.
boofdeJink praecipilanler , hoofdelink afworpen , praecipitare,
praecipilem dare Kilian ; da ich in das schiff wolf treften,
träte ich darneben und fiel häubtlingen in das schiff. Th.
Plater 96.
HÄUPTLINGS, adv. praecipilanler:
hoch in die bläuliche luft aufragte die herrliche veste,
luiil in die lluth, die, sanft ergossen, im Schimmer des morgens
rulietc, sank ihr bild, doch häuptlings hinunter zum nhgrund.
Ptrker Tunis, ö, 122;
seitwärts sprang sein ross, und er sank, festhaltend den zäum
noch,
häuptlings hinab. 6, 167.
HAUPTLIST, /'. fraus inexpHcabilts. Stieler 1168. mhd.
houbellist in anderm sinne, höchste {gesanges)kunst Tristan 121, 22.
HAUPTLOCH , n. der (Acre ausschnitt eines gewandes, durch
den der köpf gesteckt wird: vihd. houbetloch «'6.1,1024':
darzu so lasz ich machen nocli
ein purpurkleid on ein haubtioeh.
wenn der köng solichs an will legen,
so must du heimlich sein entgegen;
sobald der köng das kleid angreufl,
und in die beide crwel schleuft,
wenn über sein haiibt das stürzet er,
rankt nach dem huubtloch hin und her,
so spring herl'ür on alles sprechen,
imd thu dein schwert durch in ausz stechen.
H. Sachs 3, 2, 87', vergl. 4, 2, 3'.
HAUPTUOCHEN, verb. mit einem hauptloch vasehen : das
beste kicil noch in eins snidersz husz und ungehauptlochl.
weisth. 1, 435.
HAUPTLOCK, wi..' capillus: hcuptlock, liovetiock, heupt-
lacb Dief. 97'. die jetzige form würde hauptlockc f. sein.
HAUPTLOS, adj.: ohne haupt. l) im eigenlliclien sinne:
hauptlosz, das kein haupt hat, uco;</m/i« Dasvp; Coiopedes
eineügig, schwarz und hauptlosz leül. Frani» weUb..&';
wa{ hiiiro, nb ich slüege dic)i
ode ob dn houbetlösen mich
t,rtcst mit der dincn kraft? ItUerolf u. Dielleib 556.
2) übertragen , ohne vor.^land , befehkhaber : der biszhero so
lange hauptlosz gewesene paluiorden. neusjnoss. palmbaum Kid;
das ist das kriogcshcer, dem überweh goschebn,
dnsz OS nun h&uptlosz ist. FusnuiG 143.
HAUPTLUST, f. JHcunditas lange maxima, vehementer magna.
Stiei.er iin7.
HAUPT.MACIIT, f. I) eine hauptsädiliclif, hcrvortrHende mack:
die hauplinaciit über das land hatte der minister N. in
hUnden.
2) übertragen auf eine besonders mächlige slaallirhe Vereinigung:
PrcuRzcn ist die haiiptmacbl in Deutschland; die unglückliche
Spannung der deutschen hauptinüchlc. PECKEif" wellgttchidiU
621
HAUPTMAHLZEIT — H AÜPTM AN>'
HAUPTMA^'^' — HAUPTMARKT
622
I
13,396. auch in freierer Verwendung: frömmelei und heuchelei
waren die hauptmächte, die damals im lande lierschten.
3) hauptmaclit, die haupUruppe eines heeres:
Edg. wie nahe steht der feind?
edelm. nah und In schnellem anmarsch, slündlich kauo
die hauptuiacht hier sein. könig Lear -J, 0.
HAUPTMAHLZEIT, f. du hauplsächliclisle mahlzeit eines tages.
HAUPTMANGEL, m.: auch wir sind nicLl blind gegen
die lücken und mängel dieser Verfassung, aber der haupt-
mangel ist uns vorläufig der, dasz sie nicht auch die süd-
deutschen gebiele umfaszt. (penzboten -26. jahrg. s. 319. haupt-
mängel werden beim rosshandcl die fehler eines pferdes genannt,
die gesetzlich einen abgeschlossenen kauf riickgängig maclien. vcon.
le<c. 944.
HAÜPT^IANN, in. vihd. houbetman wb. 2,1,39', in ver-
schiedenem sinne.
l) der oberste einer veränigung von männern , einer zunß,
eines bezirks, einer gemeinde, eines collegiums, eines Staats: und
der könig that im grosze ehre, und lies in schreiben unter
seine furnemeste freunde, und machet in zum heubtman und
zum nehesten rat. l Macc. 10, G5 ; es war aber ein heubtman
über das land Jeriho. 16,11; als sie aber zum volk redeten,
tratlen zu inen die priester und der heubtman des tempels.
ap. gesch: 4, 1 ; die hohepriester und der heubtman des tem-
pels. 5, 24 ; darnach ward er ein heubtman unter den slraszen-
reivbern. Lcther S, 28'; ein böhmischer herrschaftverwalter
oder hauptmann, wie sie daselbst genennt werden. Hobberg
1,49'; au unsern hauptmann oder bergverwalter. Löhxeys
regierkunst (1679) 555'; unser hauptmann und amtsverwalter.
554'; hauptmann und venvalter der stadt Rom. 65'; ober-
hauptmann, President eines groszen gerichts. Frisch 1,426';
der älteste hof, der richthof ward nun im vorzüglichen sinne
hof genannt, womit man den haupthof oder oberhof in der
bauerschaft und dessen besitzer als das haupt oder den
hauptmann der übrigen bezeichnete. Kindlixger bei Immer-
MANN Münchli. 1, 146 ;
da komen vil hin {zum lanze) der vilzpaureu,
ain unmäszige grosze schar.
ir haubtman haist der Engclmair. fastn. sp. 416,11;
Neithart, uim dich sein selber an,
pis unter uns ain hauptmau. 419, 21;
wärlich, ir habt nit recht gethan,
dasz ir slacht euren haubtman,
der euch stät gab gueten rat
und was aibegen an der pesteu stat. 457, 23.
in freierer anwendung:
spey undern disch und schem dich nicht,
so wirt den sewen angricht:
das gfelt den vollen brüdern wol . . .
das soll oftmals von dir geschehen,
so wirt dein alle menschen lachen,
und würst dir grosze Ireundschaft machen,
dasz sie auch raorn gedenkea dein,
und würst der trinker hauptman sein.
ScHEiDT grobiuntis 0 iij '.
tt bezug auf Ihiere: wenn si {die kraniche) auf die erd ge-
vallent durch ej^ens willen, so reckt ir hauptman sein haupt
auf in die hoech, darumb, daj er der andern alier hüet.
Megesbeeg 191, 10.
2) hauptmann id derjenige unter den zinspflichligen eines ge-
tlieilten gutes, der den gesummten zins davon einzunehmen und
an den lehnsherrn abzuführen hat: wenn ein empfenglich gut
von einander gestockt, getheilt und verschlitzt wurde in vier,
fünf, sechs oder mehr theil . . so soll ein ieder sein Iheil,
zu empfangen schuldig sein , es solle aber doch bei einem
boderaziensz bleiben, undt sollen dieselbigen einen haupt-
mann stellen, dardurch der bodemziensz jäilich auszgericht
werde, wäsüi. 2, 1S3. vergl. hauptleute 2, sp. 619.
3) hauptmann, der befehlsliaber über eine kriegerschaar ; -und
zwar seltener der Oberbefehlshaber : hauptman, Imperator, dux,
oberster hauptman nach dem Imperator, Iribunus mtbiaris,
unweiser hauptman, malus tmperator D.\syp. ; ein hauptmann
sein und der fürnembst im krieg, exercilui praeesse. Maaler
214'; hauptniaaa des zeügs auf dem meer, amiral , classis
duclor das.; wider den künig und alle Franzosen in {An-
ghelto) zu ihrem haubtman machten. Steinhöwel 103, 38 Keller;
ward ein heubtman der kriegsknecht. ikdnig. 11,24; das
ganze beer der Chaldeer, so bei dem heubtman war. Jer.
52,14; lasse niu- diesen bloszen glauben der unverdienten
Vergebung, in worlen Christi zugesagt, vorgehen und heubt-
man im feld bleiben. Luther 1,65';
als mein gmahel Agamemnon
war hauptmau im Troiauer krieg.
H. Sachs 4, 2, y ;
öfter ein unterbefeMshaber : hauptmann über hundert, cenlurio,
hauptmann über tausend c/iii/arf/ius Maaler 214'; hauptmann,
rottmeister und oberster sein, ordincs ducere das. ; hauptmann
der reisigen, hipparcinis Dasyp. ; da aber Jhesus eingieng zu
Capernaum, trat ein heubtman {griech. e/.axövxao/oi, goth.
hundafaj)s) zu im. Mallh. S, 5 ; das Herodes auf seinen jar-
tag ein abendinal gab, den obersten und heubtleuten und
furnemsten in Galilea (griech. yj/.idoxois, goth. J)usundifadim).
Marc. 6, 21 ; bestimmter ein befehlsliaber über eine compagnie, ein
fdhnlein, capiianeus: houptman, capitaneus voc. ine. theut. k4';
ein jedes fähnlein oder compagnie hat seinen hauptmann
oder capilain. Löh."«eys regierkunst (1679) 704'; unser haupt-
mann . . diente bei den Franzosen mit groszer auszeiehnung.
Inmermann Münchh. 1,211.
4) hauptmann, gewährsmann, an den einem der reccss zusteht:
seinen haublmann benennen, autorem suttm nominare Haltaü«
S32; item welch auszman solch eigen erbe als vorgerurt
ist zu sich ninipt , das ine der eigenman nicht gewehren
könne nach Inhalt des eigenstuls, der solle alsdan dem
hauptman zusprechen, der ime dasselbig gut verkauft oder
versatzt und unredlich darmit umbgangen und sich des stuels
nicht gebraucht bette als sich geburt. weisth. 3, 346.
ö) der plural des wortes ist namentlich in den bedeiäungen
1 — 3, selten hauptmänner:
dann wir habn in bestallung schon
über zehen tausent werhafter man,
auch hauptmänner und belelchsleut.
i. Ayrer 117* (591,32 Keller);
gewöhnlich hauptleute, s. d.
HAUPTMÄ.\NL\ , f. anführerin : trat Chloelia ir haupt-
tnenniu vor den künig. Livius von Corbach 27; frau eines
hauptmanns, capitdns : ach, meine allerliebste frau haupt-
männin. Simpl. 3, 75 Kurz.
HAÜPTMÄN.MSCH, adj. : hauptmännisch, das einem haupt-
mann zugehört, imperatorius Maaler 214'; sein papstköpfige
hauptmannschaft und hauptmännische papstküpfigkeit. Fischart
bienk. 126'.
HAUPTMAIVNSNAME, m. für verbum : auch sollen disz jähr
mehr dann 27 verba anomala, blind hauptmansnamen ge-
macht werden. Fischart groszm. 41.
HAUPTMAN.NSRANG, «1. rang eines hauptmanns inderarmee.
HAüPTMANiNSCHAFT, /". 1) würde und Stellung eines haupt-
manns in bürgerlicher wie in militärischer beziehung: houpt-
manschaft capitanea voc. ine. theut. k4'; des papsts trotzige
handhabung seiner hauptmannschaft, Fischart bienk. 126';
hauptmannschaft centurionatus Kirsch cornuc.
2) gesamtheit der hauptleute, oberherren : aber keinen haben
die päpst und die hauptmanschaft so schrecklich dyrchächtet
und aufs äuszerst verfolgt. Fischart bienk. 128'.
3) die gesamtheit der unter einem hauptmann stehenden : so
heiszen hanptmanschaften die unlerableitungen des gräfengerichts
vom lande Kehdingen (Bremen); in militärischem sinne: wegen
der proben und Verrichtungen aller squadronen und haupt-
mannschaflen. Happel acad. rom. 703;
vielleicht wird itzt mein lied gerathen;
ein neuer aublick giebt ihm kSraft:
der hügel der licentiaten,
die landung einer hauplmannschafl. Hagedorn 3, 118.
HAUPTMANNSCHäFTLICH, adj.: hacken und reuthen war
seine disciplina militaris, . . . ochsen anspannen war sein
hauptmannschäftliches commando, mist auszführen sein forli-
ficationwesen. Simpl. l, ll Kurz.
HAU PTM ANISSSTELLE, f. centurionatus. Kirsch cornuc:
hauptmannstelle. Abr. a S.Clara Merks Wien (16S0) s. 15; siehe
die stelle unter haupt sp. 603.
HAÜPTMANNSSTÜCK, n.: gleichwol wolt {der hauptmann)
Stummclwurst . . ihm ein haubtmannsstück beweisen und ihm
binden zu mit eim landsknechtsdegen den schetel spalten.
Garg. 23 1'.
HAUPTMARKT, m. l) hauptsächlicher kauf und verkauf, wie
er einen markt macht: der grosze platz, prato della valle
genannt, ist ein sehr weiter räum, wo der hauplmarkt im
juni gehalten wird. Göthe 27, 91; auch hauptzahl der auf einem
markte handel treibenden: als eben der hauptmarkt sich ver-
sammelte, den man gar wohl eine messe nennen konnte.
15, 300.
2) dei- gröszie und wichtigste marktplatz eines ortet.
623 II AUPTMARSCH — 11 AUPTPASSION
HALPTMARSCH , vx.: general- sive liaubtmarscli , tolius
exereilus expedilio. Stieler r247.
HAIPTMASSE, f.: die manniclifaltigkpit ist grosz, in der
siel» seine [des gelniudes) lianptmasse zugleich mit den vor-
springenden sivulen vor denn aiige der iimlierwandelnden i
Iiewegl. GöTHE 27, S3; auch war mir die haupteinlheilung
der larbeniehre in die drei baupimassen , die didaktische,
polemische und historische, zuerst ganz klar geworden. 31,88.
HALPTMEISTER, «i. lorzüyliclicr :
.ilso lernet Hupdieterich bisz in da; ander jar,
alsu welie (kiiHstn'icIi) ueyen, seil ims dis IJiich furwar.
wa| im vor entwarf die liohe meisierin,
lies ward er ein lioplraeister zu den heiiden sin.
ri. grosze WolliUetcricIi 34, 4 Holltmann.
fem. houbetmeisteiin mhd.:
ich wart ein houbetmeislerin
der buoche ninneger liande. Germania 12,35, ITS.
HAUPTMESSE, f.: auf dem markte, der eben von einer
hauptmesse wimmelte. Göthe 15, 307.
HALPT.MITTEL , n. 1) medium piincipale. StielEr 128S;
gelt ist die seele und ein hauptmittel, so da stärket und
erhält die nerven und sennadern desz krieges. Büceler kriegs-
Kclnde (1668) 68; richtigkeit und Wahrheit sind die haupt-
mittel ihrer {der maleret) Wirkung. Herder zur scIi. lit. u. kmsi
20 (1S30) 79; das hauptmittel der rettung. Sculosser uellg.
3,381; hauptmittel dem übel zu steuern. 518; dem geschichl-
schreiber ist diese vergleichung ein hauptmittel zum zweck.
Gervinus gesell, d. deutschen dieJdung 1,11.
2) hauptmittel , die rornelmsle zunit der liaiidwerhsleule.
Frisch 1, 426'.
HAUPT.MOMENT, »?i..- ich war zeuge wie ei- (Schiller) die
cxposition in einem Vorspiel bald dem Wallensteinischen,
bald dem Orleanischen ähnlich ausbilden wollte, wie er'
uach und nach sich ins engere zog, die hauptmomente zu-
sammenfaszte, und hie und da zu arbeiten anfing. Göthe
31,193.
HAUPTNAGEL, ni. l) im mühlenbau der nagel, welclier bei
den eicli- oder malilpßlden in der mille der kupfernen flaue ein-
gesddagen wird. Jacubsson 2, 232*.
2) name einer kopfkranklieil : vor den Itauptnagel, hemi-
cranium, netz ein schwammen inn beiluszwasser und legs
also warm auf das .schmerzhaflig ort. Tabernaejt. 45; wider
den haubtnagel , das ist , wider das schmerzlich wehethum
des haubis der einen seilen, so man hemicranium nennet. 298.
HALPTiNAHRUNG, f.: in irgend einer der gerbereien,
welche dem Städtchen die hauptnahrung gaben. Immermann
Münchh. 1. 23.
HAUPTNAME, in.: man benannte solche personen mit dem
ehrentitel Hafis, und dieser ist unserm dichter als bezeich-
nender hnuptname verblieben. Göthe 6, 64.
HAÜPT.NARR, «i. slullorum primicerius , antcsiguanus , prin-
rff'S. Stieleb 1330; ein hauptnarr. Chr. Weise erzn. 358.
HAUPTNEIGUNG, f.: er wird .. ein Verleumder, ein feiner
räuber, weil es seine hauptneigung {die tvollust) befiehlt.
Gellert 6, 156.
HAUPT.NENNER, ni. das producl der nenner mehrerer brücke:
da multiplicirt den gröszien nenner mit dem kleinern, welcher
im ersten nicht aufgehen wolle, was kömmt, ist der haupt-
nenner. Seriander rechlscitrciberei (1739) s. 413.
HAUPT.NOTE, f. die musicalische note, auf der der accerU
eines tacles lieqt.
HAUPTOHGAN, n.: die nüchterne aufklärungssucbt, die
sich zu Berlin breit machte und im seligen Nicolai ihr haupt-
organ . . besasz. Heine 0, 40,
HAUPTOKT, m.;
der Inndsturm wird
aufgeijoten, «chnell, im liauptort jede» lande«.
Schiller JvU 2, 2.
HAUPTPAAU, n..- die balletlc dagegen sind allerliebst, das
banptpaar tanzte eine allemande, dasz man nichts zieriichers
sehen konnte. Göthe 27, so; bis sich die zwei haupipaare
(der ichaufpiekr) bequemten hinter dem Vorhang hervorzu-
krierhen. 124.
HM P TPASS, m. fauces primariac, principales, angiutisfimae.
.SriKLtH I4IS.
•■'■'■ 'HN, f.:
noch mild, doch emt der «nhn, der »nhn!
•■ toilt /. rlii-i ist Juii meine haiiptpouion.
' n!««« giiuvivnaiile 7. aHpr.
HALTTPASTOR— HAUPTPUiNKT
624
HAUPTPASTOR, m. paäor primarius: wenn das der herr
hauplpastor hörte! Engel 12,255; mein herr bauptpastor.
Lessing 10. 172 u. ö.
HAUPTPERSON, f. persona primaria, in einer Zusammen-
kunft, in einer comödie. Frisch 1,426'; Aeschylus brachte
statt einer handelnden person zween auf die bühne, erfand
den begriff der hauptpcrson und verminderte das chormäszige.
Herder zur seh. Ut. u. kunst 20(ls30)274; Münchhausen war
. . . darin (in einctn freundschalllichen zirkel von ofßcieren) die
haupiperson. Seume mein leben 65;
er ist in diesem spiel die haubtpcrson allein.
Kongehl Innuc. 23.
HAUPTPFAHL , m. einer unter den vordersten pfählen des
icasseruehres. Jacobsson 2, 232*.
HAUPTPFARRE, f. paroecia metropolilana, supertor cunonalus,
oberpfarre. Stieler 1406.
HAUPTPFLASTER, »i. gegen kopfkrankheilen : nun will ich
dich auch ein überaus köstliches hauptpflaster machen lernen,
welches über alle maszen köstlich zu den hauptwunden ist.
Agricola neue feldschcerkunst (1701) .«. 36.
H\UPTPFLEGE, /. ; bei uns musz der musiksinn wesent-
lich im theater seine hauptpflege empfangen, neue zeüschr. für
musik 1S66 .<!. 407.
HAUPTPFLICHT, f.: da er das unglück selbst über die
gezogen, deren glück und Wohlfahrt ihm die natur als haupt-
pflicht auferleget hatte. Klinger 7,164; dasz es die haupt-
pllicht der Vernunft ist, wenn eine nähere göttliche ent-
deckung der tugend und unseres glucks vorhanden ist, sie
dankbar zu verehren und anzunehmen. Gellert 6, 106.
HAUPTPFLOCK, «i. bei den Jägern, der hauptsächlichste und
u'icliliysle p/lock an einem treibczeuge.
HÄUPTPFÜHL, m. kopfkissen: haubipfül pulvinar Stiele«
2392; in allerer form plumarium baiiptpliil Dief. 442'; ptUvinar
haubtpfulbe, hojbetpfilwe, aW. haubitfului 473'; hauptpfeulen,
cappezzak da letto Hulsiüs 71* ; darumb sollen wir diesen
Spruch lassen unsern heubtpfüel und pflaumfeddern bette
sein für unsere seelcn. Luther 6, 2ü3'.
HAUPTPILLEN, f. plur. pillulae cephalicae. Frisch 1,426';
solche leute möchten wol ein wenig hauptpillulen schlucken
zu ihrer gesundheit. Schuppius 531.
HAUPTPLAGE, /". 1) kopfschmerz : hanbtplage cephalalgia
Stieler 1458. 2) grosze plage.
HAUPTPLAN, m. l) allgemeine, gemeinschaftliclie ebene: eine
allgemeine beziehung der lixsterne gegen einen bauptplan
der räume, die sie einnehmen. Kant 8, 251.
2) hauptsächlicher plan, anschlag: das kleine project . . .
passte zu gut in diesen seinen hauptplan. Wieland 8, 42S.
HAÜPTPLANET, m. der um eine sonne sicti bewegende:
haupt- und nebenplaneten. Humboldt liosm. l, 103.
HAUPTPLATTE, /". Calvities. Stieler 188.
HAUPTPLATZ, in. l) hanplsächlichcr ort: dieses Städtchen
war der hauptplatz der grafschaft Hanau-Lichtenberg. Göthe
25, 319.
2) unchtigster freier plalz einer stadl: dasz die hauptplätze
(Venedigs) in gefahr sind, unter wasser zu stehen. Göthe 27, 143.
HAUPTPOLSTER, n. kopfkissen: pulvinar houplpolster,
houpikussin Dief. 473*; houplpolster, pulrinarium , pulvinar,
cervical roc. ine. tlieul. k4".
HAUPTPROBE, /. hauptsächlichste probe vor der aufführung
eines schau- oder miisikslückt : Serlo versicherte, dasz er jeder
andern probe, ja der hauptprobe nachsehen wolle, sobald
der leseprube ihr recht widerfahren sei. Göthe 19,183; die
hauptprobe war vorbei, sie hatte übermiiszig lange ge-
dauert. 193.
HAUPTPULVER, h. pulvis ceplialicus. Stieler 447.
HAUPTPUiNKT, f». punctum principale, in mehrfaehem sinne.
1) haupipunci, scheilelpunct, zenith Maaler 214'; ein inagnel,
welcher sich nach dem zcnil oder dem hanpipunct gerichtet.
BuTSCHRir i'a/niav 102; hanpipuncte, in der cosmographie, die
vier puncta, wo <ler nequalm die ediptic oder linie des
Sonnenlaufs dmcbschneidet, als im widdci', krebs, wage und
de» Steinbocks. Frisch 1, 426*.
2) haupt|uinct, punctum rw«.«, in der perspeetive der punkt
auf einer lafrl, wo die linie hinfiüll, die aus dem äuge perpen-
dieular darauf gezogen wird. das.
3) hdufig illirrtragen : hntiblpiuikl, pars sire quae.itio prinri-
palis Stieler i486; so hotfe ich über den hnitptpunkt, den
icli ihnen heute vorgeirngen, von ihnen recht wohl verslanden
625 HAUPTQUARTIER— HAüPTRING
worden zu sein. Fichte reden an die deiäsche nation (ISOS) 277;
wo soll ich unterkommen ...? das ist freilich der hanpt-
punkt, brüderchen! Göthe 19,147; es gibt gar vieles, das-
ein gesundes äuge im einzelnen richtig bemerkt , ohne im
ganzen zulänglich, in hauptpunkten zuverlässig zu sein. 36,253.
HAUPTQUARTIER, n. locus ubi dux exerci'.us moralur, prae-
torium. Frisch 1,426'; dalum im hauptquarticr Moszburg den
3. may, anno 1032. Verordnung Gcstav Adolfs bei BPcrler
kriegsschule 110.
HAUPTQUELLE, f.: ging ich wr meine hütte, welche zu
nähest an einem felsen des gebürgs stund, worunter die
hauptquelle des süszen wassers, das vom gebürg durch diese
insul ins raeer rinnet. SimpL 2, 230 Kurz, übertragen : die
geschicbtschreiber haben bisher eine hauptquelle zur erläu-
terung der geschichte verfehlet. Moser patr.phant. 1 (1798) 68;
sie werden in der beilage manches bächlein entdecken, das
aus der hanpiquelle der freuden und leiden meines lebens
entsprang. Bt^RGER 491".
HAUPTRACE, f.: ob jede der hanptracen von einem oder
mehreren stammpaaren ausgegangen, darüber schwanken die
verschiedensten ansichten. Westermannsvwnatsltefle, 2.bd., s. 48.
HAUPTRÄTHSEL, n. ; weitere fortschritte verdank ich be-
sonders Niethämmern, der mit freundlichster beharrlichkeit
mir dk haupträthsel zu entsiegeln, die einzelnen begriffe
und ausdrücke zu entwickeln und zu erklären trachtete.
Göthe 50, 55.
HAUPTREBE, f. malleolus , pampinaria, palmes vitis. Stie-
ler 1K09.
HAUPTRECHN'ÜNG, f. hauptsächliche rechnung; namentlich
die i'chtuszrcchiiung über ein geschdfl oder eine gescli'ißsverbindung.
HAUPTRECHT, «. das recht von einem :inspflichtigen kopf-
Mcner zu erheben, mhd. houbetreht wb. 2,1,624*: rae ein büttel
sei auch vordem und saraeln zinse und haübtrecht und velle
dej vorgenanten gotzhuszes, und darümbe sol man ime geben
von einem lebenden haübtrecht iiij Ot und zwei herren broef,
von einem doten ij -CJi und ij -xX gersten broet , und ein
haübtrecht daj under zweien ß ist, da; sol dej gebüttels
sin nach des gotzhusz gnaden, ireisth. 1, 429 ; in freierer an-
irendung: so oft die magt {eines pfaffen) kinds in leit, tregts
dem bischof zehen gülden; das heiszen gute leibsherren,
das heiszen gute haübtrecht. Schade sat. u. pasqu. 3, 47, 28.
HAUPTREGEL, f.: die hauptregel ist wohl diese, dasz
man lieber zu viel, als zu wenig thue. Rabexer sat. 3 (1757)
s. 73; bin ich aber der hauptregel überall nachgekommen?
BcRCER 325'; am besten begriff ich das subtrahieren, und
da giebt es eine sehr praktische hauptregel: vier von drei
geht nicht, da musz ich eins borgen. H. Heise 1, 237.
HAUPTREGEN, »?i. pluvia universalis, auch landregen , im
gegensalz zu Strichregen, pluria localis. Stieler 1617.
HAUPTREICH, adj. vorzüglich reich, steinreich: dann die ver-
holTende künftige Schwiegermutter ist eine hauptreiche wittib,
welche viel gelbe balzen hat. Simpl. 3, 291 Kurz; aber ich
liesze alles unverruckt, weil nicht des hauptreichen Eliezers
ßold, Silber und edelgestein , sondern seine schöne tochter
Esther vor diszmal der schätz war, nach dem ich ver-
langte. 4, 97.
HAUPTREIF . CT. reif um das haupl. bei den böttchern der
Aüszerste reif einer tonne oder eines hölzernen gefäszes. Jacobsson
2, 233".
H.\UPTRICHTCNG, f.: hier war also ein angenehmes hölz-
chen der nothwendige punkt einen flügel {des gebäudes) daran
zu lehnen, für die hauptrichtung entschied sodann eine ober-
halb jenes buschwerks hergehende . . . lindenallee; man
mutzte den flügel xind also das ganze gebäude rechtwinkelig
darauf richten. Göthe 31,162. auch in übertragenem sinne:
die hauptrichtung unserer zeit geht auf die naturv\issen-
schaften.
HAUPTRIEGEL, m. riegel der hauptsächlich etwas befestigt:
(iü [Murin) bist der hpilicheil ein .schrin
und ein <^wic hoiibptrigpl. gotd. Kchmiede 4S9;
jclzl noch in techniichem sinne: hauptriegel heiszt der hölzerne
riegel , wodurch die wände einer tafelte an der stirnc zusammen-
gehallen Verden, auch Stirnriegel. Ecgers kriegslex. 2 (1757) 1008 ;
im Wasserbau die beiden dttszersten riegel an einer arehe, einem
kästen «. dgl. Jacobsso!« 2, 233*.
HAUPTRING , m. ring der zum tragen von lasten auf den
köpf gelegt wird: hauptring von tüch, strouw oder anderen
dingen gemacht, darauf man etwjtrcgt, eeOicillus. Maaler 214*.
IV. H.
IIAUPTRISZ — HAUPTSACHER
626
HAUPTRISZ, m. archetypus, exemplar. Stieler 1597; die
ersten züge eines hauptrisses entwerfen. Kant 6, 15.
HAUPTROHR, fi..- durch alle zimmer wurden künstliche
röhren gezogen, diese mit einem hauptrohr verbunden.
Kli?icer 6, 264.
HAUPTROLLE, f. die bedeutendste rolle eines schauspiek.
GöKiNGK 3,264: die Schauspieler können in den nebenrollen
des witzes, des feuers und der empfindung eben so wenig
entübrigt sein, als in den hauptrollen. Lessisg 4,183.
HAUPTRUHM, m.: das {dasz Christus gesandt ist zur Ver-
söhnung für unsre sünden) heisze ich die heubtfreidigkeit oder
den heuhirhum und höhesten trotz. Luther 6, 54*.
HAUPTRÜHRIG, adj. den köpf oft bewegend: hauptFürige
fischart, Fischart bienk. 127'.
HAUPTRUNDE, f. der hauptsächlichste mndgang zur besich-
ligung militärischer Wachtposten : haubtrunde ciraiitio primaria
Stieler 1648 ; die erste ronde nach dem Zapfenstreiche wird
die hauptronde genennet. Eggers kriegslex. 2(1757)666.
HAUPTRÜSTUNG, f ein gerüst von starken Stangen und bret-
lern, wie es bei dem bau eines massiven hauses gebraucht wird.
Jacobsson 2, 233*.
HAUPTSAAL, m. der gröszte saal eines gebäudes: höchst
erfreulich und erquicklich fand ich diese nebensäle, desto
schrecklicher aber den hauptsaal. Göthe 25, 234.
HAUPTSACHE, f. causa principalis.
1) in der altem spräche getcöhnlich auf einen rechtsstreü oder
etn rechtsgeschäß bezogen: aber so die hauptsach der misse-
that mit einem guten zeugen bewiesen würde. Carolina arl. 23;
eine halbe beweisung, als, so einer in der hauptsach die
missethat mit einem einzigen guten, tugentlichen zeugen . .
beweiset, ac/. 30; so soll ein iedes gut, so in diesem gericht
kauft, verkauft oder verkaul würd, wenn die haubtsach ein
pfund heller werth ist, sol sechs pfenning zu weinkairf geben.
weisth. 2, 170 ;
schwvgrend und land die houptsach gan (spricht der official).
fastn. sp. 867, 19;
so mösz man dann vil tag (lermine) anstellen,
domit der tagsolt mos ufT schwälien,
und werd vei-ritten und verzert
nie, dann der boubtsach zu gehört.
Brast narrensch, 71, 28.
2) m der modernen spräche im allgemeinem sinne: gewohnt,
alles ins breite zu überlegen, handelte Ludwig zwar nie un-
bedacht, verlor aber darüber stets die hauptsache aus den
äugen. Schlosser weltg. 5.422; L. o meiner seele erbarme
dich, gott der erbarmer I F. das ist die hauptsache. ich bitt
ihn auch darum. Schiller kab. u. liebe 5, 7 ; die hauptsache
bleibt nur immer, dasz wir die vortheile der cultur mit hin-
über nehmen und die nachtheile zurück lassen. Göthe 23, 154;
ihre {der lutherischen kirche) symbolische bücher sind mit einer
behntsamkeit abgefaszt, welche tausend köpfe, wann sie mit
ihr nur in der hauptsache einig sind, unter einen hut zu
bringen sehr geschickt ist. Lessisg 3, 148 ; der untere grosze
jenaische bibliotheksaal war nun in der hauptsache herge-
stellt. Göthe 32,162; sein leben ist in der hauptsache ein
fortgesetztes martyrium zum besten anderer. Frettag hand-
schrift 2,52.
HAUPTSACHER, m. Urheber: principalis, principal, wirt
genant der hauptsacher. den die sach recht angeht und in
dessen namen gehandelt wirt. formular allerlai schripen . .
zustellen '{Frankf. 1556) rheloric 13'; das Christus ein haubt-
sächer des frydens und nicht des zorns ist. Melanchlh. nn-
wersung in die h. sehrift, deutsch r. Spalati:» S2; sol er die
aufwickler und hauptsächer strafen. Melanchlh. oration v. herzog
Johansen, deutsch v. Ladterbeck 45; Martinum Luther und alle
andere heubtsacher dieser empiirung, aufrhur und irrthum.
breve des papsls Adrian bei Lcther 2, 180*; und sollen der-
selben friedbrecher, hauptsächer, landläufer, und die aufrüh-
rige aufwickler des berührten lasters des widertaufs . . keines-
wegs begnadet werden, reichstagsabsch. v. Speier 1529, § 6 ; so
zunächst verschiener bawrischen aufnihr anfUnger, aufwickler,
hauptsächer und besonder förderer gewesen, rächstagsabschied
von Augsburg 1530, § 02; demnach wurden die iiij. haubt-
secher diser wunderbarlichen seltzamen hisforien ein, d; . . .
Fra?»k chronica 220"; auf nechstfolgenden mitwoch worden
eiitheuhtet andere sechs von denselben aufrhürern, Gregor
Koch der heubtsacher und vornembste unter allen. VVaiszel
ekronik (1559) 226*.
40
627 H AUPTSÄCHERIN — H AUPTSCHIESZEN
HAUPTSCUIFF — IIAUPTSCHMUCk 628
HAIJPTSÄCHEHIN, f. : würde nicht allein c. g. als haupt-
sächeiin, sondern auch dero kind durch disz lands gebrauch
Hud gesätz -zum tod verorteilet werden. Amadis 27.
HAUPTSÄCHLICH, adj. und adv. 1) die hauplsadtc, den
kern einer saclie betreffend: das zwischcnwort (interjectio> ist
gleichfalls ein unwandelbares wort, und wird also genant,
weil es haubtsachlich der wortmeinung und der rede keine
hülfe luht, sondern nur dazwischen gesetzet, und dadurch
des redners vorhabende bewegung mit angedeutet wird.
SCIIÜTTEL 666.
2) auch zur bezeichnung eines hohen grades verwandt: ich
wollte fast eine wette drauf thun, es wird ein hauptsäch-
licher narr sein. Cnn. Weise frcim. redner S17; demnach sich
aber diese grimmige feinde in eine hauptsächliche flucht
Wanten. Sinipl. 2, 104 Kurz.
3) hauptsächlich dient gewöhnlich zum ausdruck des vorwicgcns
eines gegenständes, eines grundes, einer art und weise: die aller-
wichtigst und hauptsachlichcst deren sachen , so noch für-
getragen worden. Fischart ehez. (5591) Os'; hierausz folget,
dasz man sich mit genügsamer munition . . hauptsächlich
und insgemein versehen solle auf zweierlei weise. Böckler
kricijssch. (1668) 79; der oelmahler, von dem hauptsächlich
hier die rede ist. GöinE 36, 279 ; (die auloriläl) ist haupt-
sächlich Ursache dasz die menschheit nicht vom flecke kommt,
.so, 133 ; hauptsächlich gibts nun in dortiger gegcnd viele alte
bergscblösser und verstörte klüsf er. Fr. Müller 1,298; seine
kunststücke . . die hauptsächlich in philosophieren, taback-
rauchen und geduld bestanden. H.Heine 1,86;
das erste aber und hauptsächlichste
bei allem irdsclicn ding ist ort uikI stunde.
Schiller Piccol. 2, 1.
HAUPTSÄLAT, «1. kopfsalat. öcon. lex. (1731) 945.
HAUPTSALBE, f. unguenlum cephalicum, narcoticum. Stie-
ler 1673.
H.AUPTSATZ, m. der wichtigste und hervorlretendsle salz unter
mehreren verbundenen, rednerisch, grammalisch und musicalisch:
so finde ich zwar in den nebenideen 'bis heute' und 'wie
zuvor' crweiterungen der beiden hauptsätze des Originals.
BI5RGER 360'; es gar zum hauptsätze seiner kunst zu machen.
Herder zur seh. litt. u. kunst 13 (1829) 138.
HAUPTSCHACHT, «j. der tiefste und bedeulendslc unter meh-
reren zusanjmenliegcnden sciulchlen.
HAÜPTSCHÄDEL , m. hirnschale : calvaria, oUa capitis ist
der haubtschedel oder haublhafen. Gersdorf feldb. d. wund-
arzn. 96.
HALTTSCHALE, f. l) hirnschale, hirnschädel: houptschal
calvaria voc. ine. theui. k 4*.
2) erste und wichtigste schale: hinter den fünf hauptpunkten
der schalenwerdung (bei lepas polliceps) entstehen abermals
eilige nachschalen , deren das innere wachsende geschüpf,
bei Unzulänglichkeit und allzufrüher Stockung der haupt-
schalen . . bedarf. Gütiie 55, 328.
HAL'PTSCHALK, m. ; bei unserm willen, der das heubt
der bosheit ist, der rechte heubtschalk. Lutdek 1, 7»'; dieser
Bonifacius, ein heubtschalk über alle schelke, und ein ab-
gefeimbter buhe über alle hüben. 6, 489*.
HAUPTSCHAiNZE , f. propugnaculum arcis. Stieler 1734:
wie mit dem geschütz die boihverken, thürne, pasteien,
hauptschanzen und dergleichen zu fällen und niederzuwerfen
seien. Böckler kriegsschule (1668) s. 50.
HAUPTSCHATZ, m. l) hauplgeld, capilal: wer von haubet-
schatz claget. weislh. 2,5; n/. hoofdschat sors^ peculium Kilian.
2) vorzüglichste koslbarkeil:
vrow, alle.s giiotcs überguot,
und aller sseldcn lioubctücliatz. gold. schmiede 75;
von seinem hauptschatz dem diamant hatte er (lieireus) noch
nicht gesprochen. Göthe 31, 232.
HAUPTSCHAUPLATZ, m.: der hauptschouplati der well-
gesrbicke. Bkckers wellgescli. 14, 288.
HAUPTSCHEINKHAUt, n. clinopodium. Neknich.
HAUPTSCHEITEL, m. vertex. Hederich 1222.
HAU'PTSCHEU, adj. kopfscheu: darum sollen sie .. nit um
alle ding schelten und fliiclien, sonst wirt das gcsinde haupt-
Hchculic, und achtet sein nit. Ach. sj/r. (Ihco) h'i'.
HAUP f SCHIENE, ^ eiserne schiene auf der seile des pflughaupU.
HAUITSCHIESZEN, n. grosies, allgemeinet sciueszen:
zu einem haupuchletien, nchon mit lutt,
xugleicb mii buchten und armbrutt.
FitcuAiT gWckh. »eh. 97;
wolt selbst besehen discre sachen,
was gstaltcn man es muchte machen,
mit den hauptschie&zcn grosz und fein.
Gross ausreden bei Haupt 3, 242,
so hat der neiiiidt gar oft gestoclien
auf den hnuptschicszcn umb das bcst^ 247.
HAUPTSCHIFF, n. erstes schiff einer flotte:
auf (1cm hauptschiir hoch der held. Weckherlin 613;
auch rüstet er sein hauptschifT seltsam aus
mit purpurwimpeln, golüucm bildersclimuck,
wie einer, der die braut ineerüber holt.
ÜHLANU ijed. 175.
HAUPTSCHILD, m. in der wappenkunst der grosze sddld, der
andre kleine, wie herzsclnlde, in sich hält. Frisch 1,426'.
HAUPTSCHIMPF , m.: erz- sitic hauptschirapf, contumeüa
summa, exlrema. Stieler 1796.
HAUPTSCHLACHT, f.: so balden ein feldberr oder kriegs-
general einige hauptschlacht zu wasser oder land erhielte.
Happel acad. rom. 703; dessen ungeacht aber wollen die Gal-
lier sich in keine hauptschlacht einlassen. Talander Olorena
(1694) 364.
HAUPTSCHLAG,»», hauplsäcldiclwr schlag ; bildlich: er führte
gegen seinen gcgner einen hauptschlag.
HAUPTSCHLAGADER, f. : carotides arteriae, die hauptschlag
ädern, die halspulsadern. Nemnich 2, 894.
HAUPTSCHLAGEN , m. hauptschlacht : in haubtschlahen . .
da müssen die vordem glider fechten, kombt etwa der sechst
oder zehent man nimmer zu schlagen. Wilw. v. Schaumburg 92.
HAUPTSCHLÄGER, m. gladiator audacüsimus. Stieler 1811.
HAÜPTSCHLEIER, m. kopfschleier. Amaranthes frauenz.lex.
(1773) 1306.
HAUPTSCHLEIFE, f. die wicMigste unter viehreren : und dabei
knüpfte sie die hauptschleife wohl noch einmal so fest zu
sammen, als sie war, da ich sie aufzog. Tut5MMEL 3, 371.
HAUPTSCHLIMM, adj. in hohem grade schlimm: was uns
vergnügen sol, musz entweder hauptgut oder hauptschlim sein.
Chr. Weise abs. com. 303 ;
icli weisz : dasz Staatssucht oft den fürsten blut abzwinget.
doch sündigt der vieimahl, der ihren schlusz vollbringet,
und eines guten werks hauptschlimmer Werkzeug ist.'
Lohenstein Cleopatra s. 122, 577.
HAUPTSCHLOSZ, n. arx principalis: deinen bepstlichcn
hof, unser haubtschlosz und residenz zu reformieren. Schade
sat. u. pasqu. 2,103.
HAUPTSCHLUSZ, m. l) dccrelum principale, caput constituti.
Stieler 1842; der reichsdeputationshauptschlusz von 1803;
der hauptschlusz, durch welchen Preuszen, Baiern .. mit
ländern belheilt wurden. Beckers weUgesch. 13, 393.
2) hauptsächliche schluszfolgerung.
HAUPTSCHLÜSSEL, m. clavis generalis, der alle Schlösser
eines hauses aufschlicszl: sehet, da habt ihr den hauptschlüssel.
II. J. V. Braunscuweig Susanne 2,1; ich sah den Schlüssel
stracks vor den hauptschlüssel an, weil er mit vieler band
krümmen und gestirten zügen durchbrochen und sonst zimlich
ausgearbeit war. Simpl. 3, 3S2 Kurz; wo eine thür beschlossen
war, da öffnete ich sie mit dem hauptschlüssel. das.; nam
darauf meinen hauptschlüssel und öffnete damit der andern
beiden gadcndiener schlafkaminer. 4,71. aucJi übertragen: die
festung Mainz, der hauptschlüssel zum mittlem Deutschland.
in anderer weise: der postilion that sehr kläglich als die Strauch-
diebe sein postpacket mit des rüm. reichs hauptschlüssel er-
öffneten (d. h. mit gewatl). Chr. Weise kl. leute 05.
HAUPTSCHMERZ, m. i) kupfweh, cej^halalgia SxiKiRHlSGi;
si {die seewurz) pringt sli\{ und bcnimpt den hauptsmcrzcn,
der von kaller sach kümt. Mecenberc 411, 5.
2) dolor sinqularis, summtts, principalL<i, maximus. Stielkr.
HAUPTSCHMUCK, «i. 1) koiifschmuck : der hauptichmuck
nach gelegenheil der zeit: im wintcr auf die französisch,
im nicien auf die spanisch , im somincr auf die toscanisch
inanier. Gary. 281* ; reichte den hauptschmuck {eine allomie-
l>criicke) seinem herrn. Götmk 2.%, 86; prufcssor Struvelius
trat ein mit zerstreutem blick, scharfer nase, schmalen lippru,
leider auch er mit ungewöhnlichem hauptschmuck, denn
sein haar stand so struwelig über den schlafen, dasz die au
iialime wohl berechtigt war, diese kopftrachl sei aller fami
licnbesilz, eine erbperrückc. Freytac hanilschr. I,JJ.'»2;
nJA rnUzt den hnupischtnuclc ah, um stell »ich umzubringen,
und oili. Ihr diadcin iiinh um dnn hm» xu xchlinscn,
allein do> schwache band orrQlU ihr wOnschnn nicht.
GiLLIRT I, 05;
629 IIAUPTSCHÖN — HAUPTSEITE
und wie ein frisches rosenpaar
im lenz ihr ganzer hauptschmuck war. Wieland 9, 175.
bildlich: rechnen sie auf einen andern hauptschmuck {hörner),
guter baron. Klisger 1, 4S9.
2) vorzügliclier, erster schmuck: keuschheit, der hauptschrauck
des weibes; damit der gemeine mann, so den rechten haupt-
schmuck an der obrigkeit nicht verstehet oder sehen kan,
aus den majestätischen kleidungen , scepter, comitat und
dienern abnehme, dasz sie gott auf den regimentstul gesetzt
habe. LOdseys regierkunst (1679) 118',
HAUPTSCHÖN, adj. vorzüglich schön: unterschiedne arten
blumen, von rosen, gekrausten tulipanen . . wie auch haupt-
schöne, scharlachene und purpurfarbe amaranthen. unw.
doct. 323.
HAUPTSCHÖPFÜNG , f.: die hauptschöpfungen der egyp-
tischen kunst. Schlosser wellgesch. 1, 98.
HAUPTSCHRECKEN , m. lerror panicus. Stieler 1920.
HAUPTSCHHIFT. f. besonders hervorragende schrift, abhandlung.
HAUPTSCHRIFTSTELLER, m.: der charakterunterschied
der vier hauptschriftstelier, die uns von dieser gefangenschaft
(Napoleons) berichten. Heine 1, 165.
HAUPTSCHRITT, m.: wie es für eine nation ein haupt-
schritt zur cultur ist, wenn sie fremde werke in ihre spräche
übersetzt. Göthe 33,174; im norden geschahen die haupt-
schritte zur Verbreitung des christenthums erst durcli Karl
den groszen und mit gewalt. Gervinus gesch. d. deutschen
dichtung 1, 74.
HAUPTSCHULD, f. 1) capilalverbrechen, todsünde:
damit für er di lesten vart
da hin zu gotes hulden,
er het mit eren sich pewart
alhie vor haubelschulden. SrcHEitwiRT 34, 108;
der da woU für uns unsre hauptschuld ablegen.
Weckherlis 314.
2) hauptsächliche Verschuldung: dasz ich dessen die haupt-
schulde nicht trage. Philaxder 1 (1642) 372.
3) hauptschuld, schuldige summen gegenüber den davon er-
wachsenen Zinsen und kosten.
HAUPTSCHULDNER, m. 1) der für eine schuld zuerst ver-
haßele, im gegensatz zum bürgen. Mainzer landr. 1755, 20, § 1.
2) hauptsächlicher Schuldner, gegenüber dem hauptgläubiger : ein
amlssassiger hauptschuldner. J. Pacl jubeisen. 44.
HAUPTSCHULE, /■. schola superior, principalis. Stieler 1722;
gymnasium. Hederich 1222. übertragen : dasz das leben selbst
eigentlich die hauptschule ist , die das gelernte erst lichtet,
zusammen kittet, brauchbar macht. J. Gottbelf 11, 248.
HAUPTSCHÜPPEN , f. plur. abschilferungen der kopfhaut:
die hauptschüppen , gestaltet wie kleien , furfures in capite.
Maäler 214".
HAUPTSCHÜSSEL, f. xyhirnscliale : zerknitscht ihnen die
hauptschüssel. Garg. 205*.
2) die hervorragendste Schüssel, das beste gericht: (eine kunst-
scliöpfung Schadows) die . . zum geburtstag des künigs die
hauptschüssel bei dem ausstellungsschmause machen sollte.
Böttiger lU. zust. 2, 130.
HAUPTSCHWEIN, n. ein mldes schwein männlichen gcschleclüs
im sechsten jähre. Ocon. lex. (1731) 945.
HAUPTSCHWERE f. gravedo Hederich 1222. verschieden von
dem mhd. masc. houbetswer, kopfweh: ein hauptswer haijjet
emigrania. Scuh. 3, 546.
HAUPTSCHWIERIGKEIT, (. .• die hauptschwierigkeit bleibt
immer übrig, ob sich glaubiger finden werden, welche ihr
geld auf diese bedingung hergeben wollen. Moser patr. phant.
2 (1798) 105; auch scheint die hauptschwierigkeit sich ihm
bald offenbart zu haben: denn das gedieht hat sich nicht
über den ersteni^c^ang hinaus erstreckt. Göthe 25, S2.
HAUPTSCHWLNDEL , m.: vertigo houpswindel Dief. 615*;
der hauplschwindel oder umbtrümblung, als wenn die trunknen
und auch die kranken wänend, es gange als underobsich,
der ofen tanze, das hausz laufe umb, und standend zwei
liechter auf dem tisch, so doch nur eins ist. .Maaler 214*.
HAUPTSEGEL, n. das gröszte segel eines Schiffes.
HAUPTSEITE, f. I) die kopfseile einer münze, auf der sich
das köpf- oder brustbild eines fürsten befindet. Jacobssojj 2, 223'.
2) die hauptsächlichste seite eines gegenständes: die hauptseite
eines gebäudes. übertragen: wenn wir uns an irgend einer
bauptseile unserer existenz freundlich berührt fühlen. Göthe
19,93; diese {die bildende kunst) war zu allen zeiten eine der
uuptseiten des griechischen wesens. Schlosser «eltg. 2, 305.
HAUPTSIECH — HAUPTSPRACHE
630
HAUPTSIECH, adj. kopßrank, mW. houbetsiechtt•6.2,2,356'.■
zu hauptsiechen frawen geet er nit und den menschen macht
er nit traurig, spiegel menschl. behallnusse 1492 58' {mü bezug
auf Hes. 18,6); curator prodigi vel furiosi, seind die ver-
sorger oder forstender, so denen, welche das ir iippigklich
verschwenden oder verthun, oder den hauptsiechen und sinn-
losen leuten zuverordnet werden, bei den selbigen sorg und
aufsehen zu haben, formular, allerlei schrißen . . zu stellen {lhö6),
rhetoric 13'. bei pferden: ein pferd das hauptsiech ist, lasset
den köpf nieder hängen, die obren werden ihm welk und
!app. öcon. lex. (173 1) 945; drier ding sal man geweren an
eime pherde . . : anevang, starbiint, hoevtsich. vor hoevtsich
v\eret man virzennacht. Nordhduser weisthümer (14. jahrh.) in
den neuen mülhcil. des dür.-säclis. alterthumsvereins l, 3, 32.
HAUPTSIECHTHUM, »7j. kopfweh: wenn man ej {das kraut
belonica) sendet mit wermuotsaf, so ist e; guot für den haupt-
siehtum. Megexberg 38C, 26.
HAUPTSIEGEL, n. : Karl der grosze siegelte mit dem degen-
knopf; aber damit drückt man nur das gegensiegel des frie-
dens, und erst mit der degenspitze das hauptsiegel auf. J. Paul
kom. anh. z. Tit. 1, 59.
HAUPTSINN, f?i. 1) besonders hervortretender, ausgebildeter
sinn: der hauptsinn des hundes ist der geruch, wogegen
das gesiebt nur schwach entwickelt ist.
2) hauptsächliche meinung: wohin? woher? wozu? waruni?
was ist der bauptsinn davon? {von den erscheinungcn der phy-
sischen und moralischen well.) Klinger 6,249; was den haupt-
sinn {der bibel) betraf, hielt ich mich an Luthers ausdruck.
Göthe 26, 100; dasz Myrons kuh auf den münzen Dyrrachiums
dem bauptsinne nach aufbehalten sei. 32,138; dasz gewisse
gestalten . . sich auch selbst bei den gröszten abweichungen
immer im hauptsinne gleichbleiben. 55, 282.
HAUPTSITZ, «I..- die Stadt ist von dem groszfürsten Wo-
lodimer erbauet und von ihm und folgenden groszfürsten als
ein zaarischer sitz gebraucht worden, bisz der groszfürst Mi-
chaelowitz den hauptsitz nach Muszcau versetzet hat. pers.
reisebeschr. 3,1. übertragen: der hauptsitz des Übels; ich deute
hiermit vorzüglich auf Italien , als den damaligen hauptsitz
der neurümischen bildung. Fichte reden an d. d. nat. (ISOS)
S.180; zuletzt waren Samos und Aegina die hauptsitze der
griechischen kunst geworden. Schlosser ivellg. 2, 306.
HAUPTSOHLE, f. der eiserne beschlag des pflughaupts. öcon.
lex. 946.
HAUPTSORGE, f. : 1) hauptsächliche beunruhigung : Wilhelm
hatte den ganzen tag nicht zeit gehabt, an die hauptsorge
zu denken, ob der geist {im Hamlet) auch kommen werde.
Göthe 19, 203.
2) hauptsächliche fürsorge: Bamberg aber wandte er seine
hauptsorge zu. volfisblalt f. sladl u. land 1867, 5. 1165.
HAUPTSPALT, m.: quando lineä transversim per centrum
ductä in duas aequales partes scutum secatur . . {heiszt es)
gespalten, baec divisio si centro altior, cephalum, den haupt-
spalt, sin humilior vasin sculi, den fuszspalt producit. J. Weber
examen artis heraldicae (1696) s. 23.
HAUPTSPASZ, m.: gestern wäre es vor euch ein haupt-
spasz gewesen, jammerschade dasz ihr in Regensburg sitzt
K. E. Göthe an Cöspel bei Merck 147; ich war auf der gallerie
und habe Nobodys galanterien gegen sie und seine Imper-
tinenzen gegen seine untergebene gesehen, es war ein haupt-
spas. Göthe an frau v. Stein i, U; als ich noch auf die schule
gieng, war es bei den schlimmen buben ein hauptspasz, den
mund voll wasser zu nehmen , damit die leute unversehens
anzuspritzen, ein recht schmutziger scherz. Rlmohr drei
reisen nach Italien 56 ; darin aber bestand ja eben der haupt-
spasz, dasz er ein so ernsthaft närrisches gesiebt schnitt,
wenn er dasjenige nicht begreifen konnte, was jedes kind
begreift. H. Heine 1, 51.
HAUPTSPIEL, n. vorzügliches spiel: haubt- «r« kern-, treff-
lich, herrlich, seu gewinnspiel, folia elecla, viclricia, Charta
egregia, lusus validus Stieler 2087.
HAUPTSPRACHE, f 1) lingrua mater mullarum filiarum.
Frisch 1,426'; im 10. und 17. jahrh. zunächst von den beiden
classischen sprachen und der hebräisclien : kein sprach ausz den
hauptsprachen, als hebräisch, griechisch und lateinisch, redet
von einem als von vilen, wie wir Teutschen thiln. Agricola
spr. no. 540; warumb lehret man die Jugend dieselbige spra-
chen , darin sie selbs {solche gefährliche künste) beschriben
sind, das sie darnach dieselbige des freier in den haupt-
40*
631
HAUPTSPRUCU — HAUPTSTADT
HAUPTSTAMM — UAUPTSTEM
632
spracheu lesen mögen. Fischart ehezuclubüchl. (i59l) voir.
iiij* (10, 407 Sclteible) ; die Jrei sogenannte liauptspiachen, das
einzig anseüenlicLe Überbleibsel der Juden , GriecLcn und
llömer. Simpl. 4, 365 Kurz, nacliher aber auch von der hoch-
deutschen scitrißsprache, im ijegensalz zu den inundarlen ycbranchl:
die hocLdeutsche hauptsprache. Bltscuky hd. kanzl. 173 ; be-
lleisze ich mich, unsere hochdeutsche haupt- und lielden-
spracbe ohne fremde Wörter zu schreiben. ISO; Scuottels
ausführliche arbeit von der Teutschen haublsprache.
2) ifi'e spräche des oriyiuals , im gegensalz zu der spräche, in
der die Übersetzung abgefaszt ist: in der hauptsprache kompt
es (ein in übirsetzung milgetheiltes slück) gar zierlich, pers. rosen-
thul 5, 10, anm. a.
HAUPTSPUUCH, »1. dictum primarium. Frisch 1,420'; haupt-
spruch, ein ansächlicher und vollkonimner spruch, ein gesetzte
meinung, pronuntiatum, enunliatio. Maaleb 214' ; in reclUssachen
der endliche aussprach^ senlenlia definiliva. Frisch das.
HAUPTSPÜR, y..-
zum Strome, blutlos, ging der eine faden,
der andre, blutig, schlug sich in die büsche.
ein einzig ibier nur war hier abgegangen.
der führer sann, und sagte drauf den leuten :
lolgt ihr der hauptspur durch das thal der schlangen,
ich will mit diesem auf der blutspur reiten.
Fbkilicratu yeJ. (1845) 298.
HAUPTSTAAT, m. : Sparta . . galt bei Griechen und Nicht-
griechen für den hauptstaal Griechenlands. Schlosser weltg.
I, 296.
HAUPTSTADT, f. l) die erste sladt eines landes, einer pro-
vinz, rücksicfdlich ihrer grösze, luge und polituchen bedeulung;
mild, houbetstat:
er gewaii ir ab die besten
stete und die vesten,
unz er si gar venreip,
da; ir vil lützel ilit beleip,
niuwau diu ir iioubetstat. Gregorius 745;
sin laut heijt Terra de Labür . . .
Caps was sin iioubetstat. Parz. 656, 19;
nhd. führt in (der erzbischof den kaiser) gen Mainz, was zur
selben zeit die hauptstatt Germanie und Gallie. Aventin
chron. 42is'; starb in der heubtstad, die heiszt Hebron im
lande Canaan. 1 Mos. 23,2; denn Hazor war vorhin die heubt-
stad aller dieser königteich. Jos. 11,10; da er in die heubt-
stad Antiochia kam. l Macc. 7,2; gen Phiiippis , welche ist
die heublstadt des landes Macedonia. ap. gesch. 16,12; als
sie noch drei tagereisen von der hauptstadt Odia waren,
ZiGLER Banise (1700) 488; die hauptstatt, melropolis Maalek
214'; hauptstadt in kirchensachen , melropolis Frisch 1,426';
inil acht hengslen durch unsere hauptstadt zu fahren ! ScuiLi.tit
Ficsco 2, 8 ; es ist eine besondre sache um uns arme Deut-
schen ; ohne hauptstadt sollen wir ein eignes nalionallhealer
.. erlangen. Moser phant. 1 (t79s) 308;
und zieh mir mit seim kriegesheer . . .
tu mein land und für mein baubtstati,
beger mir zuzufügen schad.
i. Ayrer 398* (2002, 22 Keller).
Da die erste Stadt des landes gewöhnlich der sitz des landesfürstcn
tst , so uird hauptstadt auch gleichbedeutend viil residenzstadt
gebrauclU : dasz sich niemand auszer der königlichen haupt-
stadt >icher zu sein bcdünken liesze. Talanuer ülorcna
(1C94) 364; Mainz ist zwar nicht die hauptstadt, aber doch
die erste sladt des landes (Hessen), grenzbulen 1868, uo. 14,
s. 25. formeliiaß wird haupt- und residenzstadt verbunden:
die Vertretung unserer haupt- und residenzstadt Derlin. volks-
3etlung 1803, no. 8.
2) hauptstadt, die mullersladt, im gegensatze zu den aus Uir
entsprungenen colonien: so müssen sie wissen, dasz ein Jedes
pllanzvolk so lange für seine hauptstadt alle achtung be-
weiset, als diese gut mit ihm umgehet. Heilmans Thucyd. 41.
3) hauptstadt, die bedeutendste sladt unter mehreren rücksicht-
luh dessen was sie erzeugt oder besitzt, ist der modernen spräche
minder gerecht als der altern, obschon wir sagen können: Solingen
ist unter den wcstfiilischen industriestadteii die hauptstadt
für die Verfertigung von stahlwaaren; vtbd. sanctus Petrus,
Tua dein geböte des heiligen gcisles cbom er ze Küinc, daj
wa» ein houbetstat vor Cristes geburt alles irrelnomes. spec.
tui. tZ^;
(iä «on Kanvol«)^ v««rr« iit beli«>nn«l :
il w ■•: ■■• ••■Vi-' r -•;•! -, :i 1 _ ., . ,11 |,,,,,„,.m.,| benennet.
Timret 45, 4.
HAUPTSTAMM, «i. 1) der hervorragendste slarnm eines baumes,
im geyensatz zu nebenstdmmen oder ästen und zweigen: so wie
dieser (der zweig) einem ast, der ast .. dem hauptstamm
einverleibt ist. Wieland 36, 323.
2) übertragen auf die Verzweigungen eines geschleclUs: die beiden
beschriebenen hauptstiimme (eines volkcs). Fichte reden an d. d.
nal. (1808) 5. 169; durch kauf, beiraten, Vermächtnisse ..
wurden oft mehrere derselben {der kleinen gebiete) unter einem
hauptstammc wieder vereinigt. Schiller 779'; die huuptstämine
der Deutschen.
3) hauplstamm , capilal , im gegensalz zu Zinsen und kosten.
Haltaus 833; ein haushält wo man von dem hauptstamm
lebte, ohne sich um die intcrcssen zu bemühen. Göthe
49, 120.
HAUPTSTAMMART, f.: welches als die eigentliche haupt-
stammart aller verschiedenen hunderacen betrachtet werden
musz Mann, magazin 1844, s. 310.
HAUPTSTAMD , vi. l) hauptsächlicher Standort : der haupt-
stand der tuchhändler zur messe ist in der N.strasze; der
hauptstand bei einem scheibenschieszen , der ort von wo aus
nach der gröszlen schcibe geschossen wird; an dieser waldwiese
haben die hirsche ihren hauptstand, von dem orte, an dem
ein Standesherr hauptsächlich residiert: die grafschaften, welche
damals aus keinem lande, sondern aus einer reichsobersten-
stelle über eine gewisse anzahl zur reichsheerfolge verpflich-
teter wehren bestanden, halten anfangs keinen solchen liaupt-
stand, als die Stifter am orte ihrer münsterkirche hallen,
und so konnte auch keine nach diesem, und kein graf nach
seiner grafschaft benannt werden. Moser osnabr. gesch. 1,304.
2) hauplablheilung der menschlichen gesellschaftsklassen : ich hatte
das alphabetische Verzeichnis nach den drei hauptständen
(nähr- lehr- wchrsland) eingethailt. Rabener sat. 4 (1737) s. 62.
HAUPTSTÄ^'DER, m. hauptsächliche stütze eines gerüsles, eines
baues. bildlich: aber wenn der grund wegsinkt, wenn die
fäulnis tief in den hauptständern sitzt, wenn ein chronisches
übel an unsrer lebenskraft nagt, hilft alsdann Hygiea dem
elenden noch? Sturz 1,196.
H.\UPTSTÄRKE, /. .• analyse musz die hauptstärke aller
atoniislik sein. cv. kirchenzcitung 1866, s. 712.
HAUPTSTÄRKUiNG, f. remedium cephalicum, quod capul for-
li/ical. Frisch I. 426'.
HAUPTSTATT, f., mhd. houbetstat,
1) die Ställe wo der köpf silzt: daj ist ain slang, diu hdt
zwai haupt, ainz an der rehten hauptstat, daj ander binden
an dem swanz. MEGENiiERC 263, 9. daher auch hauptstatt
für haupt selbst: ein hübsche hauptstatt, decorum capul, ein
hübsch haupt. Maaler 214*.
2) die stalte 'zu liäupten', köpfende: hauptstatt am bell, die
haupteten, cervical, pluteus Maaler das.
3) die Stätte wo das haupt abgeschlagen wird, riihlstdtte: houpt-
stat der enthouptuiig, calumen, est calvarie locus ubi malefia
decollanlur liomines. voc. ine. Iheut. k4'; anger, gelegen bei
der baubtstati zu München, vor Neunhauser lor. Scum. 2, 221 ;
(Ludwig Heizer hat) sich des wegs unwürdig geacht, «Icr yhn
zö der waistat oder hauptstalt hinnausz zum schwert tragen
soll. S. Frank cJiron. 1531 416'.
4) die hervorragendste stalte eine* ortes : houptstat, eapitolium,
est locus proeminenlior in aüqua civilate. voc. ine. Üieul. k4'.
Die ursprüngliche yleichheil dieses Wortes mil hauptstadt wird
unter stadt und slalt beleuclUel werden.
HAUPTSTÄTTE, f.: hier soll die hauptstütte unsrer po
lilischen tliütigkeit sein. ev. kirclienzcitg. 1866, s. 774.
HAUPTSTEIN, m. der wiciuiysle stein, in melirfacltvr bezühung,
1) der edislein eines gebäudes: haublstein lapis angulam
Stieler 2139; gotJi. haubij) vaihstins Marc. 12,10; ahd. houbit
winkiles Tat. 124; weil dieser sjiruch ir einiger grund und
heublslein ist, darauf das ganz bapsluui stehet. Luther :>, 218*.
2) bei yrenzvasleinungen: diejenigen steine, welche man zu
anfang des ackers, waldcs u. 8. w. oder auch zu ende des-
selben, oder in einer ecke, oder an dem ort der marknng
setzet, weiden haiiplsteine, eck- und ortsteine, und die da-
zwischen siebenden läufer gcnenncl. Jacobssoi» 3, 6*.
HAUPTSTELLE, f.: zugleich hat man .. liefe can.1le in
den sumpf gefurcht, damit man auch zur zeit der ebbe mit
kriegsschiireii an die haupislellen gelangen könne. GOthx
27,141.' hanptsiclli; eines schri/turrks : diu hauplslrllen {von
Hamlet) wu>./le ein jeder auswendig. 20, 218.
HAUPTSTERN, m. üeUa primae magnUudtnü. Stiklkii 316».
633 UAUPTSTEUER— IIAUPTSTÜCK
IIÄUPTSTEUER, f. kopfgeld. Feisch 1, 426'. tyl. bei Fiscbart:
uüd deszbalben bereit die stall und länder von baupl zu
Laupt eine namhafte geitsteur zuschössen, ehez. (lööl) Q "'.
HAUI'TSTEUERAMT, n. das erste unUr den sleuerdmtein eines
bezirks. dazu hauptsleueramtsgebäude, «., in dem sich ein sol-
ches aml befindet, z.b. in Frankfurt a. M., Leipzig.
HAUPTSTIMME, f. rox prinäpalis, zunächst in musicalisclier
bezichung: dann wie die seitenspiler, nach dem sie die rechte
hauptslimm haben begriffen, darnach alier erst die mittelste
darnach richten. Fischart ehez. (1591) Gä'; aber audi ander-
weit: er halte bei den berathangen eine hauptstimrae.
HAUl'TSTOCK, m. l) der erste und hetrortrelendste stock an
einer pflanze : der hauplstocii dieses sumpfgewächses. THtJMMEL
4, 324.
2) an einem gcbäude; audi einer gebirgsmasse. .
3) hauptstock, capital , wie hauptgeld, bauplsumme : ich
kaufe da nicht ein, wo ich mit meinem hauptstock bezahlen
soll. Klinger 12, 275.
HÄUPTSTOLLEA, in. der u-icMigste stollen änes bergbezirks :
hauptstollen wird geuennet, wenn er vielen zechen zu hülfe
kömmt, «an. lex. 290*.
HAÜPTSTOSZ, Hl..* das war mir ein rechter haupt- und
herzeusstüsz , dasz ich vor jederman solche schände hatte.
Jugend eines feuigen Studenten A 12*.
HAUPTSTllAFE, f.: was massen gott der allmächtige seine
widerspenstige auch durch die allergeringste insecta heim-
suchen und züchtigen könne, und deszwegen keine gewaltige
haupt- oder landstrafen zusenden bedürfte. Simpl. 3,429 Kurz;
hauptstrafen überschiiß eines epigramms bei Logaü 3, 234, 94.
HAUPTSTRAHL, m. radius principalis, in der perspective der
strahl der aus dem äuge senkrecld auf die tafel fällt. Frisch
1, 420*.
HAUPTSTRANG, m. der Jiauplsädilicftsle sträng der schienen-
geleise auf eisenbahncn.
HAÜPTSTRASZE , f. l) 'die mcMigste und vornelmsle ver-
kehrsstrasze eines landes: die läge ihres Wohnorts sei auch
deshalb so glücklich, weil die nach dem see hinunterführende
hauptstrasze etwa nur eine Viertelstunde ihres thals binab-
vvärts vorbeigehe. Güthe 23, ICS.
2) die vornehmste strasze eines orles: item bynnen Alkair
sijnt veir indt zwentzich dusent gassen ader straeszen. dae
uuden (darunter) sijnt. veir int zwentzich heuftstraeszen.
Harff 91,25; es war eine kleine ärmliche Stadt, nur die
hauptstrasze war mit schlechten feldsteinen gepflastert. Frev-
TAO handschr. 1. 59.
HAUPTSTRECKE, f. die mehligste und längste strecke eines
negs , namentlich auch einer eisenbahn, im gegensatz zu einer
uebenstrecJie. einer Zweigbahn.
HAUPTSTREICH, m.: wenns recht zum treffen kommt,
man soll mit tod und teufel den letzten hauptstreich thun,
da siml sie froh, dasz sie nach Christo greifen. Otho 720.
HAUPTSTREICHEN, n. die richtung eines ganges im bergbau,
die er seiner ganzen lange nach am meisten hat. miner. lex. 290*.
HAUPTSTRICH, m. l) die umrisse eines kopfes: die haupl-
strich, die lidmasz eines angesichts und desz selbigen strei-
raen, filum. Maaler 214*.
2) der hauptsächliche strich an einer schrift, einer seidmung,
yrundsirich : ich möchte das bild eines solchen lebens in den
hauptstrichen dir zeichnen, tlieol. luteraturblalt 1S67, s. 264.
3) die hauplsächliclte richtung, hauptgrundzug : unter den
Römern . , ist vor allen Horaz ein liebhaber von moralischen
wesen. von personiücirten abstraktis ; diese personendichtung
ist mit ein hauptstrich seines genies , und hat seine öden
sehr verschönert. Herder zur seh. litt. u. kunst 13 (1829) 139.
HAUPTSTÜCK, H. ein widäiges, liervorragendes stüd:.
1) zufrühest begegnet es ro»t groszen, schweren geschütz : item
eirst 33 man in geil, so hait he zo beiden sijden gar schone
busseu lijgen , as off die linke hant laich ein schoin houft-
stuck , dal was mijner voesze ein ind dryszich lank. Harff
72, 25.
2) die allgemeine bedeulung hauplthäl, hauplgegenstand, haupt-
saclie ist erst seit jüngerer zeit bezeugt: der körper, der das
hauptstück des planetischen gebäudes geworden ist. Kant
s, 269; der centralkörper ist das hauptstück seines Systems.
276; das hauptstück der letzteren {der äsopischen fabe'l) , die
innere nothwendigkeit der sache selbst. Herder zur seh. litt.
20 (1830) i. 53; diese eigne thiitigkeit des Zöglings in irgend
einem uns bekannten punkte nur erst anzuregen , ist da-;
HAUPTSTÜCK — UAUPTSUMME
G34
erste hauptstück der kunst. Fichte reden an die d. nalion
(ISOS) 62; da die genaue bezeichnung des erben zu den
hauptstücken eines gültigen testaments gehört. Immerman«
Münchh. 2,172;
uiid jetzt das hauptstück, schaffe du den pfarrer
uns in die kirche zwischen zwölf und eins.
Shakesp. tust, weiber 4, 0 ;
and here ii rests, — that you '11 procure the vicar
to stay for nie at church "twixt twelve and one.
3) hervorragendes stück, von einevi musikdücke : und zum
schlusz versuchte sich alles zusammen an Lützows verwegener
jagd. . . . nach diesem hauptstücke trieb Ilse die kinder zum
aufbruch. Freytag handschr. 1, 126.
4) eine abhandlung , ein buch ist in hauptstücke, haupl-
abschnilte eingetlieill : wir wollen das erste buch näher zu be-
trachten anfangen, es besteht aus vier hauptstücken und
zwei angehängten betrachtungen. Lessinc 4, 177.
5) hauptstücke heiszen auch die hauptsächlichen formein der
christlichen lehre : hauptstück, capita religionis christianae. Frisch
1,426'; wie viel sind hauptstücke der christlichen lehre?
SicHCPPIOS 362.
HAUPTSTUHL, m. hauplbesilz, capital, im gegensalz zu den
davon entfallenden zinsen. ein zufrühest im niederdeutschen
nachgewiesenes wort, wo es als hovetstol, hoevetstoel erscheint
(Haltaus S33 von 1447 und 1453) ; nl. hoofdstoel, boofdschat,
sors, capitalis summa Kilias ; von hier aus ins hochdeutsche über-
gdicnd, hauptsächlich in quellen die auf altem nd. gebiet ent-
standen sind: dasz ich mein leben so unnützlich verschleu-
dert, und mit dem hauptstuhl meiner tage keinen bessern
Wucher gepüogen habe. pers. baumgarten 4,4; weil solche
{Interessen) gleich anfangs mit unter den hauptstuhl gerechnet
und verschrieben waren, ehe eines Keibes 41; seine zeit mit
abführung der zinsen hinzubringen und die bezahlung des
hauptstuhls seinen nachkommen zu überlassen. Moser patr
pliant. 2, 104 ; wer seine zinsen verzehrt , ohne den baupt-
stuhl anzugreifen, ist das ein Verschwender? Hippel lebensl.
4, 414 ; die raetaphysik hat das glück, dasz . . sie das ganze
feld der für sie gehörigen erkenntnis befassen und also ihr
werk vollenden und für die uachwelt als einen nie zu ver-
mehrenden hauptstuhl zum gebrauche niederlegen kann. Käst
2,22; kein wunder .., dasz von der Vervielfachung des haupt-
stuhles durch zugeschlagene zinsen als einer gewöhnlichen
sache geredet wird. Niebchr 1,646; wollen die grafen aber
auf ihren ganzen anlheil verzichten, so zahlt der könig ihnen
jährlich 3000 mark vom hauptstuhle ab. Dahlmann dän. gesch.
1,497;
so oft er einmahl trinkt, so musz er. überschlagen,
ob seine zinsen auch die kosten mag ertragen,
der hauptstuhl ist sein gott, den tastet er nicht an.
Rachel sat. (1700) s. 137.
hauptstui capital wird aber auch in Bayreuther aäen von 1722
gewährt. Schm. 3, 632.
HAUPTSTURM, m. : weil das geschrei kam, wie der feind
einen allgemeinen hauptsturm wolle anlaufen lassen. Zigler
Banise (1700) 549.
HAUPTSTURZ 5 m. velum capitis mulierum, trauerschleier
Stieler 2231.
HAUPTSUCHT, f. liopf Krankheit, kopfweh, mhd. houbetsuht :
hauplsuht, darvon einem das haar auszfalt. Maaler 214'; das
gebrandte wasser von quendelblumen stillet die wütende
hauptsucht, phrenesin. Taberxaemont. 749. als krankheit der
pferde: hauptsiech wird von einem pferde gesagt, welches
die hauptsucht oder hauptweh hat. öcon. lex. (1731) 945.
HAUPTSCCHTIG , adj.: hauptsüchtig, so dasz ihm das
haar ausgehet , alopecius Hederich 1222. an pferden : ritzig,
hauptsichtig oder kranks haupt. ... ein pferdt so mit diser
krankheit behaft, wirft gleichfals vil rotz und alter ausz der
nasen und hat einen schweren athem, hat aber die knipfel
an der keelen nit, dann dise unreiuigkeit kompt ihm von
dem köpf von oben herab ausz dem hirn, und wenn es lang
weret, so «irt es darnach schäbig. Sedter rossarznei 40.
HAUPTSUMME, f l) die gröszte stimme, summa summarum.
Hederich 1222 ; übertragen der hauptinhall, vornehmste inbegriff:
las uns die heubtsumma aller lehre hören, pred. Sal. 12, 13 ;
denn die heubtsumma {griech. xf/MS, golk andeis) des gebots
ist liebe von reinem herzen. 1 Tim. 1, 5 ; sermon von der
heubtsumma gottes gcpots. lilel einer schrift Luthers von 1526.
2) hauptsächliche summe einer sdiuld, capital: sollen ire
schuld vt-r-ünen mit der heubtsumma {i(eyä?.atov septuag).
635 IIAUPTSÜNDE — HAUPTTREFFEN
HAUPTTREFFER— IIAUPTURTllEIL 636
4 Mos. 5, 7 ; gelt auf zinsen hat eiuen grund, der on unlerlas
weclist und tregt aus der erden , on sorge der vertust an
der heubtsuminen. Lutueb 1,195*; dasz etlich eine summ
gelts, als acht hundert gülden, hinleihen sollen, und doch
in kaufbrief mehr als tausent gülden setzen lassen, dardurch
ihnen mehr dan fünf vom hundert verainset und im wider-
kauf mehr, dann ihr hauptsumma gewesen, empfangen, desz-
gleichen etliche sein sollen, die umb ein klein versaumung
der zeit, so sie der bezahlung zu thun ansetzen , ein uber-
mäszig interesse fordern, und mit der hauptsumma steigen,
und dieseibige umbschlagen. reform, guter policey, Augsb. 1530,
XXVI § 1 ; dann ich brauchte mein gelt . . . den kauf- und
Wechselherren zuzeiten beizuschicszen , darausz ich so ein
ehrlich gewinngen erhielte, dasz ich ziemlich gute tag davon
haben konte und nichts von der haublsumma verzehren
dorftc. Simpl. 3, 49 Kurz, lauiologisck viil capilal verbunden :
leuthe, welche allzu groszen gewinn suchen, und darüber
capital und hauptsumme verliehren. Lokmans fab, 12.
HAUPTSÜNDE, f. scelus capUale, deleslabile, inexpiabile.
Stieler 2239. mhd. houbetsünde wb. 2, 2, 735*.
HAUPTTAG, m. hauptsächlicher tag: haupttag für das baden
war beim bürger des mittelalters der Sonnabend.
HAÜPTTÄGLICH, adj.: seine stimme war sehr grob und
fast unter bassmäszig, wie die haupltäglichen schwelger zu
haben pflegen, maulaffe 152.
HAUPTTAU, n. eins unter den gröszten und stärksten lauen
eines schiffes.
HAüPTTEICH, »1. ßschteich zur ernährung der erwachsenen
fische, im gegensalz zu laichteichen und strcckteichen, in denen
die ßsche erzeugt und erzogen werden. Nemnich.
HAUPTTEMPEL, m.: in dem haupttempel des reichs.
ZiGLER Banise (1700) 540.
HAUPTTHAL, n.: lud mich der mann sogleich ein mit
ihm ein seitenthal hinabzusteigen, das gerade hier von dem
hauptlhale sich trennte, um die wasser nach einer andern
hiramelsgegend hinzuführen. Güthe 23,50; nun gelangte er
zum hauptthale, worein die seitenwasser sich ergossen. 23,3.
HAUPTTHÄTIGKEIT, f. : {die Juden) hatten . . ihre haupt-
thäligkeit auf den handel und die gewerbe geviendet. Schlosser
fceltg. 3, 539.
HAÜPTTHEIL, m. pars maxima sive melior et priucipalis.
Stieler 22G8; die .. zerspaltung des reiches in vier haupt-
theile oder sogenannte praefccturen.. Schlosser tt'f//(/. 4, 462 ;
die beiden haupttheile von Venedig, welche der grosze canal
trennt, werden durch die einzige brücke Uialto mit einander
verbunden. Gothe 27,105; ferner hat man bei beschreibung
des menschlichen körpers schon früher darin eine grosze
erleichlerung gefunden , wenn man haupttheile desselben
untereinander, z. b. obere und untere extremitäten verglich.
55, 26S; die anführung des Zöglings, zuerst seine empfiii-
dungen , sodann seine anschauungen sich klar zu machen,
mit welcher eine folgegemäsze kunslbildung seines korpers
band in band gehen musz, ist der erste haupttheil der neuen
deutschen nationalerziehung. Fichte reden an die deutsclie nat.
(180S) 311,
HAUPTTHOR, n. ; alle diese guirlanden überhingen das
Peslitzer hauplthor und seine hauslhüre. J. Paul Tit. 1,162;
nur um gottes willen, kindcr, reiszt das Ihor des Verstandes
nicht ein, weil sein thorsclu eiber fehler machte ; es ist und
soll billig das einzige und haupttiior zur inenschheit sein;
alles übrige sind nur Schleichwege und binterpfürtchcn. Herder
zur seh. Uli. C (1S27) 334.
HAUPTTHÜRE, f.: wie sich alles in der kirche rangirt
iiattc und das hochamt anfing, zogen die brüderschaften zur
haupithQrc berein und zur rechten scitcntbüre wieder hinaus.
Gi.TIlE 27, 130.
HAUPTTOiN, m. die in einem musilislücke hersclicnde tonarl;
ferner einer der sieben lOne der diatonischen tonleiler. Jacobsson
6, .J5*. in freier antcendung: fleisz und woblanständigkcit
Kclicinen unter den meisten der hiesigen Jünglinge herrschen-
der hauptton zu sein. Campes kindcrsdir. 18,02.
HAUPTTRÄGER, tn. hauptsächlicher träger: der haupttrSgcr
einer idc«; die haupttrüger der im volke herschcnden ge-
sinniing.
HAUITTREFFEN, n.; (der häufen) zum scbarmützci, und
also danncriber zum rechten hauptlrefTcn gelanget. KiHCBHur
mii. di^npl. i.'iO; weil er die meisten gallischen Völker in
iiiieiu hauptlreireu bei Amagetubria erleget. Mascou l,tt).
HAUPTTREFFER, m. groszer gewinn in einem glückssptele
HAUPTTREIDEN , n. das letzte ufid gröszte treiben bei einer
haupljagd. ücon. lex. (1731) 946.
HAUPTTREPPE, f. die grüszle und zu den hauplzimmern
eines hauses führende treppe, bildlich: dasz dieses zugleich für
mich die erste stufe der haupttreppe zum hohen tenipel der
giücksgöttin gewesen ist. Klincer 9, 89.
HAUPTTRIEBFEDER , f. : dasz der hasz gegen ihn die
haupltriebfedcr seiner gegner war. Klinger 8, 239.
HAUPTTRIUMPH, m.: als sie vor drei jähren zuerst in
England den boden Europas betraten , feierte die geister-
klopferei eben noch ihre haupttriumphe. gartenlaube 18C7, s. 679.
HAUPTTROTZ, m.: erztrotz, haubttrolz, summa conlumacia.
Stieler 331.
HAUPTTUCH, n. tuch das um das haupl gewunden wird,
kopßuch: ahd. houbettuoch. Notker Marl. Cap. 48; mhd. (sü
der mensche) schönu cleider Ircit, und vehu, unt kosperu,
unt die varwe unt die gesteltnisse daran mer ahtet, denne
den nuz , mit gefluketen {mil ßiegenJen zipfeln versehenen)
houbetuochen , mit geverweten , mit bullen , mit furspanc,
vingerlin . . . {der thut sünde). Mone schausp. des initlcialUrs
1, 334 ; nhd. amicilium hauptduch, houplluch, heybtdoch, hub,
haupluch DiEF. 30*; 7i/. hoofddoeck, bulle, capitiu7n Kilian.
HAUPTTÜCHLEIN, n., klnnes kopfluch, mhd. h(ftibetlüechelin,
als traclU klagender weiber:
si zugent sich so klägelich
mit ir wandel geistlicli,
und mit houbcttüeclieliD,
diu wären wlj und liiiin,
die end äne Uücke sieht,
als man klagen sei von reht. Uedersaal 2,374 111,
das haupttüchle, ein treuer, rica, capilal Maaleb 214'; jetzt
in Baiern das köpf- oder hauptentüechlein, weiszlinnenes, drei-
eckiges tüchlein , welches so um den köpf gebunden wird, dasz
zwei zipfel am nacken niederhangin, ein kopfputz des weibliclien
geschlechtes im ünterlande. Schm. 1, 426.
HAUPTTUGEND, f. vornehmlichsle : als die haupttugend des
deutseben voikes Wird die geduld gepriesen ; die vier haupt-
tugenden, fürsichtigkeit, gerechtigkcit , stärk oder standmut,
und mäsigkeit. Fischart ehez. (1591) K4'.
HAUPTÜBERZEUGUNG, f.: eine hauptüberzeugung aber,
die sich immer in mir erneuerte , war die Wichtigkeit der
alten sprachen. Guthe 25,38.
HAUPTUHR, f. vormaluhr.
HAUPTUMLOCKT, pari.:
das beer der hauptumlockten Achaier
nun zu rüsten. Stolbero 11, 40,
nach 11. 2, 11: xaoTjxoftocovras y4x,aiovs. ebenso Bürger 194";
die haupmmlocktcn Achaier. Odyssee 1, 90.
HaUPTUMRISZ, m. ; hauptumrisse schöner gegenden
Heinse Ardinghello 1, 31.
HAUPTUMSTAND, m.: wo nicht allein die Ingredienzien in
ungeheuren massen, langsam, und welches wohl ein haupt-
umstand ist, entfernt von atmospbürischer luft in ganz andern
mediis behandelt werden. Lichtenberg 5 (1803) s. 159.
HAUPTUNTERHALTUNG , f. : die beste gesellschaft . . .
wählte zu einer ihrer hauptunterballungen die literalur, und
diese ward dadurch ganz gesellschaftlich und vornehm. Götub
26, r,9.
HAÜPTUNTERNEHMER, «j. Güthe 46,336.
HAUPTUNTERSCHIED, m. : betrachten wir nun die gestalt
der raupe gegen die gestalt des Schmetterlings, so linden wir
folgenden bauplunterscbicd zwischen beiden. Göthe 55,274;
welche bauptunterschicde sein würden zwischen einem volke,
das in seiner ursprünglichen spräche sich fortgebildet , und
einem solchen, das eine fremde spräche angenommen. Fichtk
reden an die deutsche nalion (l80S) 177.
HAIIPTURSACHE, f: die gefuhr von auszen und die ver-
rütherci von innen seind hauplursachen , dardurch manche
vestuiig veiiohren wird. Röckleh kriegssch. (1608) s. 31 ; die
hauplursachen, warum wir zu heftig begehren oder verab-
Kclieucn, sind die Sinnlichkeit, die gewalt der einbildungs-
kraft ... Gellert o, 212; diese hauplursachc des verhin-
derten anbaues. Moser ;>a/r. /i/uirii. 2, 191 ; hier liegt unstreitig
eine der hauplursaciien des niisfallens, das so viele an diesen
dicblungen linden. Gkrvinus gesrh. d. deutschen dirJUung I, 69.
HAUPTI'RTIIEIL, ri. ein urtheit, dat zu einem tchlusse tMHnt-
lic/i gehört. Ka.nt 1, 12.
637 IIAITTVATERL AND — HAUPTWEG
HAÜPTVATERLAND , «.; eine form {der liliengevdehse),
deren Laiiptvaterland das südliche Africa ist. Göthe 33.144.
HÄUPTVE.NTIL, n. reri/i7 der tcindlade an der grgel, das den
ion hervorbringen hilß. tcäl es vom clarier geöffnet wird.
HAUPTVERBRECHEN, n. faänus cajiüale, res capilalis.
Hederich 1223.
HAUPTVERDIE.NST , n.: nicht dieses, ... dasz er schön
geschrieben, ist sein hauptverdienst; nein, sondern dasz er
tugendhaft gelebt. Gellert 6,256; der präsident legte ihm
sein schweigen als bescheidenheit aus : in seinen äugen das
hauptverdienst an leuten ohne stand. Kunger S, 29.
HAüPTVEREIN , wi.." die abgeordneten der hauptvereine
und sonstigen theilnebmer des festes hatten sich zahlreich
eingefunden, neue evangel. kirclienzeüting 1S67, 601.
HAÜPTVERKÄUFER, m.: ein herzog, als hauptverkaufer,
und etliche seine stett, als raitverkaufer, verkaufen ein giilt.
formular allerlai schriflen .. zu stellen (franÄ/. 1556) rheloric 61*;
die hauptverkaufer und mitTcrkaufer. 65'; haupt- oder mit-
verkaufern. 65".
HAUPTVERMÖGEN , n..- vselche {die reputation) ein ehr-
liebender mann für sein ganzes capital und häuptvermögen
halten soll. Laz. de Tormes 104.
HAUPTVERORDNUNG, f. mcdicamentum cephalicum. Stieler
1400, Verordnung einer arznei gegen kopßeiden.
HAUPT>ERRÄTHER, m. proditorum caput; magnae forluriae
prodilor. Hederich 1223.
HAUPTVERSCHIEDEiSHEIT , fem. : hauplverschiedenheit
zwischen den Deutschen und den übrigen Völkern germa-
nischer abkunft. Fichte reden an d. deutsche nal. (1808) 113.
HAUPTVERSEHEN, n. lapsus summus. Frisch 1, 426'.
HAUPT\'ERSTA>iD, m. hauptsächlicher sinn: so ist doch
dieses der heuptverstandt dieses dritten gebots. Melancuthon
hauptart. chrisll. lelire im corpus doclr. Christ. (1560) 491.
HAUPTVERTRAG, vi. der die hauplbeslimmungen eines abge-
schlossenen geschäßs enthält, im gegensatze zum nebenvertrage.
Göschen vcrles. 2. 2, 164.
HATJPTVERTRETUiNG, f.: die mächte, welche Deutsch-
lands hauptvertretung bildeten. Beckers ueltg. 13, 230.
HAUPTVERWIRKLICH, adj. den köpf kostend: heut zu tag
aber ist es ein hauptverwürkliche schraach, wan man einen
nicht vor weisz halt. Zixkgref apoplüh. 1 (1626) 287.
HAUPTVIEH, n rind, nach haupt sp. 603: man musz mich
aber in keinen gänsstal! sperren; dann wir kälber können
solches nicht erdulden , wann wir anders wachsen und zu
einem stücke haupiviehe werden sollen. Simpl. 1,134 Kurz.
HAUPTVORTHEIL, m.: dasz solche Charaktere und talente
zum Vorschein kommen, wird woh. der hauptvortheil bleiben,
welchen unselige zeiten der nachweit überliefern. Göthe 32,176.
HAUPTVORWTJRF, m. hauplsädilicJier. Kli.vger 9,47.
HAUPTWACHE, f. vigilum armalorum corpus, locus et con-
venlus excuMorum. Frisch 1, 427*. als ortsbezeichnung : meine
gute matter, in ihrem schönen neuen quartiere an der haupt-
wache. Göthe 31, 67
HAÜPTWACHT, f. dasselbe: mein herr trollte selbst mit
dem adjutanten , der die Schlüssel trug , samt einem ausz-
schusz ¥on der hauplwacht . . . dem thore zu. Simpl. l, 124
Kurz, damit die hauptwacht bei der band wäre, die allem
Unheil, so sich etwan ereignen mögte, vorkäme. 1S9; auf
die haupt- und reuterwachten Böckler kriegssch. (166S) 49.
HACPTWAFFE, f. ^laupisäMiche. Klinger 10, 218.
H.\CPT\VALL, m. der uichligsle wall einer festung. Jacobsson
2, 234'.
HAUPTWAND, f.: in der mitte der hauptwände [des saaks)
hoben zwei Charitinnen körbe mit frischen blumen empor.
THtlMMELs werke (1839)5,103; {eine figur), die in einem präch-
tigen rahmen beinahe die ganze hauptwand der Sakristei ein-
nahm, s. 137. der Vogelfänger nennt die vier seilenwände eines
lerchcn/anges , der mit einem gestrickten hinmel überzogen ist,
hauptwände. Jacobsson 2, 234*.
HAUPTWASSER, n..- und es gieng aus ton Eden ein ström
zu wcssern den garten, und teilet sich da selbs in vier heubt-
wasser. 1 Mos. 2, 10.
HAUPTWASSERSCHEIDE, f.: so ward mir Spaniens ...
grund und boden auf einmal deutlich, ich zeichnete seine haupt-
wasserscheide auf meiner charte von Spanien. Göthe 32, 121.
HAUI'TWASSERSUCHT, f. kopfwassersucht. Stürz 2, 43.
HAUPTWEG, m. via principalis. Stieler 2455; sie lenkten
vom hauptwege ab, um zu einem wenig besuchten platze
HAUPTWEH — HAUPTAVORT
638
am see zu gelangen. Göthe 17,337; man versäume auch die-
jenigen wege nicht, die in unsem hauptweg einschlagen.
Gellert c. 341.
HAUPTWEH, n. kopfweh, mhd. houbetwewe,wi(KC, wb. 3,543*:
cephalalgia, hauptwee. hauptwe Dief. 113'; schwäre hauptwee
lyden, groszes hauptwee haben, worere capitis dolores Maaler
214'; der hauptwee hat am halben haupt, nur an einer selten,
hemicranicus das.; wie ihn der Schwindel und hauptweh übel
peinige. Kirchhof wendunm. 116*; einer der grosz hauptwehe
hat, beruft die medicos. Lehmann 59; das ist gewisz, dasz
ihrer viel . . mit keinem häupt-, zahn- oder augenwehe an-
gefochten werden. Rollenhagen wunderb, reisen (1717) s. 76 ; er
aber hatte eine eifersüchtige ader vor der stirn , die ihm
leicht Schwindel und hauptweh erregte. McsÄcs volksm. 40S;
mit baubtwee und schwindletem hlrn.
H. Sachs 2,2,80»;
die gichl und hauptweh auch , so noch gern urab dich
(Bacchus) sein,
und werden auch gezeugt durch dich und deinen wein.
Opitz 1, 440.
HAUPTWEHSALZ, n. sal sacerdotale. Stieler 1674.
HAUPTWEHTAG, ni. kopfschmerz: ceplialalgia bauptivetag,
siechtag Dief. 113'.
HAUPTVNEHTHUM , n.; benimpt das hauptwehlhumb Ton
kalten Oüssen. Tabernaem. (löSS) 7.
- HAUPT^VEI^■ . m. : kern- sive bauptwein. falernum, vinum
generosum Stieler 2477; wann im vorigen jähre kein haupt-
wein gewachsen, wachset er dieses jähr. Knacer calendarium
oeconomicum (1716) s. 23.
HAUPTWERK, n. 1) erstes hervorragendes werk: mensch-
weidung Christi ist das heubtwerk aller werk gottes. Lcther
1,497'; von schriftstellerischen leislungen: Otfrieds evangelien-
gedicht, das man als das hauptwerk der heiligen poesie zu
rühmen pflegt. Heine 6, 25.
2) hauptsache, cardo rei. Steinbach 2,977; diejenigen be-
griffe , die vor andern das hauptwerk eines gedanken aus-
machen. J.E.Schlegel 3,233; aber vergisz das hauptwerk
nicht! vom heiiathen. Lessing 1,229; viele von den Römern,
deren hauptwerk die studia doch nicht waren. 3,11; die mo-
ralische gesinnung, worin das christenthum das hauptwerk
setzte. Kant 6, 301 ; den glauben einem wesen widmen, das
aus einem mechanischen cultus das hauptwerk macht. 303;
wenn das hauptwerk erst genugsam gesichert ist. 8.174;
überhaupt Verhältnis in der ktmst zum hauptwerk machen,
und für Antinous und Mars, Jupiter und den faun ein und
dasselbe festsetzen, heiszt, jedem perioden und gliede einer
allegorie ein masz vorschreiben, oder aus der algebra musik
komponieren. Herder ;«r seh. litt. u. kunst 19 (1830) 126.
3) hauptwerk, der hauptsächlichste und befestigtste theil eines
feslungsbaues. Jacobsson 6, 55*.
HAUPTWERTH, m. : man fing schon an, auf das material,
aus welchem ein kunstwerk bestand, den hauptwert h *zu
legen. Schlosser weltg. 4, 308.
HAUPTWESEN, n. ; so entstanden endlich landstände und
landschaften, v\ozu man die Städte, welche damals das hanpt-
wesen ausmachten , auf alle weise gern zog. Moser osnabr.
gesell. 1, rorr. s. 18; meine leser, die begierig sind, von dem
hauptwesen gewisz gemacht zu werden. Kant 8, 173.
HAUPTWICHTIG, adj. : ist einer in hauptwichtiger verhafl,
hart bewacht. Bütschry hd. kanzellei 634.
HAUPTWIiND , f?). der tcind der ditrecl aus einer der haupt-
gegenden ost, süd , west und nord weht: die bauptwinde, venti
cardinales Frisch 1, 427*. in freier anwendung : letztes ist der
punkt und hauptwind, der uns weiter zu führen hat. J. Pai^
Tit. 3.64.
HAUPTWIRBEL, «j. capitis vertex. Steirbach 1, 999.
HAUPTWIRBELUiVG, f. vertigo, schwindet. Stieler 2518.
HAUPTWISSE.NSCHAFT , f.: lasz die hauptwissenschaft,
mit der du einst der weit in einem öffentlichen amte nützen
sollst, . . auch stets das hauptziei deines fleiszes sein. Gel-
lert 5, 253.
HAÜPTWITZ, m. : der bauptwitz ist nun, dasz diese zucker-
püppchea zuweilen wirkliche, allgemeia bekannte personen
vorstellen. Heine 13, 88.
HAUPTWITZIG, adj.: Richelieu, Mazarin und dergleichen
hauptwitzige statsköpfe. Bütschky Patm. 708.
HAUPTWORT, »I. 1) im allgemeinen sinne hauptsächliches,
hervorragendes wort : hauptwort, vcrhum simplex, princ^xife Stik-
LEH 2578; die ältere kirche fügte es also anders, nur wenige
639
HAUPTWORT — H AUPTZIER
IIAUPTZIERDE — HAUS
640
haiiptwortc nahm sie aus den lektionen zum gesangc auf,
licsz diese in antiphonien wiederkommend ans herz dringen,
als liauptdenkmale der ganzen geschichte. Herder zur fcli.
IH. 11. kitnsl 20 (1830) 5. lOfi; vor den häusern, auf treppen
und freibänken saszen gruppen, und zündnadel war das haupt-
wort, das ich aus allem heraus hören konnte. Aleruach
voihkal. für 1867 s. 151.
2) hauptwort in grammalischem sinne, für Substantiv ver-
u enden die grammaliker des l'. jahrb. noch nicht, doch bereitet
Stieler die bezcichnung vor, indem er sagt: das ucnnwort wird
haubtsüch'ich geteilct in das selbständige und in das liei-
ständige. das selbständige nennwort ist, wessen andeutung
in sich selbst bestehet und wodurch ein ding, ohne zutuhn
eines andern worts, vor sich ausgedrücket wird, und solches
ist gleichsam das haubt und der grund, so die andere rede-
st ücke enthält, lehrschrift v. d. hochdeutschen sprachkunsl x. 54.
hauptwort für nomen subslantivum scheint zuerst durch Gott-
scnEn in die technische spräche der grammalik eingeführt : wenn
ein nennwort für sich einen völligen gcdanken machet, so
hcisze man selbiges ein hauptwort (subslantivum). kern der
deutschen sprachkunst (1753) s. 77; und bürgert sich bald all-
gemein ein: darauf übersetzt ich ihr erst alle suhstantiva und
und examinierte sie, ob sie auch ihre bedeutung wohl be-
halten, gar bald überschaute sie die Stellung dieser haupt-
und grundworte. Göthe 29. 128.
HAÜPTWU.ND, adj. am köpfe verwundet:
nlts. he ward' an that höbid wund. Heiland 4879;
nhd. wer da haupt«und würt und nit durch die hirnschalen.
H. Braonschweic chirurgia (1539) 6.
HAUPTWUiNDE, f. capitis vulnus. Steinbach 2,1044; an-
fänglichen will ich den feldschercr nnterrichten die haupt-
wunden zu curiren, sie sein beinschrölig oder nicht, dann . .
er soll wissen, dasz alle wunden des haupts geführlich sein.
Agricola neue feldschcrerkunst (1701) .f. 29.
HAUPTWUNDER, n. miraculum miracnlorum, opus non imi-
tabilc. Stieler 1390.
HAUPTWURM, wi. l) auf dem köpfe kriechendes insed, kopf-
laus (.?. gewandwürmlein für kleiderlaus) : (Arnolf) starb zu
Eting in Beyern an der leiiszkrankheit, dann die maden und
hauptwürm durchkrochen seinen leichnam. S. Frank chron. 171'.
2) der einseitige kopfschmerz sollte von wnrmern herrühren und
hiesz deswegen hauptwurm: cmigraneus houptwurn, hauptwurm
Dief. 200*.
HAUPTWÜRZEL, f. : descendens sive radicalis caudex geht
allmäbÜR weiter in den grund hinein . . dieser niedersteigende
theil heiszt die haupt- oder pfahlwurzel. Nemnich 2,920.
HAUPTW CTHIG, adj. toll im köpfe, eine pferdekrankheit, auch
hirnwüthip. Sedter rossarzn. 75.
IIAUPTZAHL, f. 1) 'numerus capitum in hereditate : soll . .
nach hauptzahl die Verlassenschaft geen und getailet werden.
HaItads 833 {von 156G).
2) eine hauptsächliche , wichtige zahl, hauptzahlen , grund-
zahlen, heiszen auch grammatisch die numeri cardinales.
HAlJI*TZEICHEN, n. signum cardinale , principale Stieler
2610. astronomisch heiszen sn die vier himmelszeichen {widder,
krebs, wage und Steinbock), in welchen der aequalor die ecliptik
durchschneidet, in der Jägersprache die untrüglichen kennzeichen,
wodurch der Weidmann einen hirsch von einem Ihier der fiihrtc
nach unterscheidet. Jacobsson 2, 23 j'.
FIALPTZEIT, f. hauptsächliche, besonders gelegene zeit: die
hauptzeit für den gehrauch der seebäder ist der hochsommer.
HAIJPTZEITVERTREIB, m.: aber was ist euer hauptzcit-
\ertrpib? Prutz llolherg 5C9.
IIAUPTZEITWORT. n.: die pcriodc der .Illeren spräche
ist weniger schleppend als die lieulige; denn dort steht das
haiiptzeitwort, welches die art iler liandlung in einem ge-
ni.'ihlde oder einer lieschreibung anzeigt, oder den verstand
der ganzen periodc bestimmt, mchrenthcils zu anfang der-
•ielben , und Hie itbrigen hcsfimmungen folgen nach. BUr-
r.RR 137'.
HArPTZEUGE, m. testi» locupletissimus. Frisch 1,127".
HAUPTZIEL, n. .• ein ritterliches kriegervolk zu bilden,
war «las haupl/iel der Ijkurgischen geselzgebung. Sciilorser
wfll/i. I,2«i2; i.hne die freiheit des pocien kann der (ibcr-
i<l, das der hr.heren treue, nicht erreichen.
i-nn werken, bd. 9, hU'\.
II t, i .,,J I,. /. kirpffchmuck : hie fflilt der fraw neichthumh
alle haiipizicr vom köpf. Spaticenberg mammons told B';
wann ihr vorerst auch seine hauptzier sehen könlet {anspie-
lend auf die hörner eines hahnreis). Simpl. 4, 231 Kurz.
HAUPTZIERUE, f. dasselbe: bauptzierd oder halszierd der
weihercn, redimiculum, anadcma Maaler 2ll'; hauptzierd der
weiberen, oder das falsch haar das sy für das natürlich
brauchend caliendruni das.; stiefeln, sporen und eine fürst-
liche hauptzicrde mit einem reigerbusch . . wurden mir dar-
gcgebcn. Simpl. 2,102 Kurz.
HAUPTZLNS, m. census capilum, kopfsteuer. Haltads 833.
HAUPTZOLL, n. vcctigal principale, im gegensatz der beizölle.
Frisch 1, 427*.
HAUPTZUG, ni. l) hervorragender zug, z. b. eines bildes, eines
Charakters: setzen sie zu dem Charakter des Semnon noch
einen hauptzug. Gellert 6,41; indessen unterlassen wir, das
bild unserer pflicht unverfälscht in unserer scele zu erhalten,
wir lassen einige von den hauptzügen auslöschen, oder setzen
unvermerkt einige dazu, die sieb mit ihnen zu vertragen
scheinen. 152; weil die hauptzügc des gesichts nicht fehler-
haft sind. 312; unter allen hat vielleicht Lessing zu seinem
hauptzuge die meiste catullischc schalkheit. Herder zur seh.
litt. u. kunst 2 (1827) 270.
2) hauptzug hnszt im bcrgwesen eine reihe holden tind hingen,
welche nach einander auf einem hauptgange liegen; oder auch
ein gang, der sich eine lange strecke bauwürdig erwei-tt, und auf
welchem viele berggebdudc hinter einander liegen. Jacobsson 2, 234'.
3) hauptzug, die hauptsächlkhc richtung eines gebirgsstockes :
der hauptzug des Harzes.
4) die hauptsächliche richtung, in der etwas ziehendes sich be-
wegt, und das so ziehende selbst: wie nun der hauptzug der
wölken das thal herauf an so eine schlucht kommt. Göthb
10, 274.
5) hauptzug, im eisenbahnwesen, ein auf langer strecke durch-
gehender zug, im gegensalz zu den localzügen, die nur kleinere
strecken befahren.
HAUPTZWECK, m. scopus principalis, deslinatio primaria.
Stieler 2668 ; der einig, fürnembst, mittelst und endlichest
liauptzwcck {der ehe). Fischart ehez. (I59I) P2'; der haupf-
zweck der geschichte ist nicht verfehlet. Herder zur seh. litt.
19 (1830) s. 148; wenn anders der hauptzweck, das werk den
ausländem verständlich zu machen , nicht verfehlt werden
soll. Bürger 490'; der hauptzweck des fcldzugs war erreicht.
Göthe 17,343; dasz er sehr gern die schöne handschrift
seiner schüler zum hauptzweck seines Unterrichts inachen
möchte. 25, 206.
HAUPTZVVECKLOS, adj. eines hauplzweckes entbehrend: die
reise ist nicht rathsam und hauptzwecklos. Hippel br. 14, 66.
HAUPTZVVEIG, m. hauptsächlicher zweig, im gegensatz zum
nebenzweige, bildlich: so ist denn diese {die diehtung) der
zweite haupizweig der geistigen bildung eines voIkcs. Fichte
reden an d. deutsche nat. (1808) 156.
HAUPTZWIEBEL, f. caulinus bulbus, stammzwiebel, miUler-
zwiebel. Nemnich.
HAURAPIER, n. .* wir hatten uns schon längst haurapiere
von haselstöckcn, mit körben von weiden sauber gellochten,
um die band zu schützen, zu verschafTen gewuszt. Göthb 24,231.
HAUREN, verb., s. hauern sp. 582.
HAUS, n. domus.
I. form und herkunß.
Im gothischrn ivl das wort nur in dem einmal vorkommenden
compositum gud-hfts golteshaus , tempel erhalten und wird sonst
durch razn ersetzt; dagegen findet es sich in allen andern alten
dialeclen übereinstimmend in neutralem geachlecht und in der form
b(^s, eine form die Viren langen vocal zufrithest im miltelenglischen
und im bairischen seit dem 14. jahrh. in den diftlilhongen um-
setzt, so dasz dort houso, hier haus enl.^leht. auf letzlerem gründe
ruht die nhd. srhriftform. das mnl. nnl. wandte sich zur form
huys , buis. was die ableitung des Wortes betrifft , so ist sein
schlieszender consonant als nicht wurzelhaßer, als rcst eines mittel
oder Werkzeuge andeutenden Suffixes -as, goth. -is, -isa zu nehmen,
so dasz das alte Inl-s zunächst für hft-is steht und als enger
verwandter ron ahd. hiVl, mhd. hau-t, mit anderm suffix, gellen
musz ; die beiden gemeinsame würzet tritt in den deutschen dialecten
mit einfachem antaut ii, der aus älterem k hervorgegangen ist, auf,
in den urverwandten sprachen mit dem verstärkten anlaut sk, atl-
ind. skii bedechen, bergen, sku-nati er bedeclil , grierh. (rxn-ij
kleidung , rUstung , ffKv-vioi' nuijenbraue , atdi-roe haut, leder,
tat. «cA-tiim .tf/ii/</. hiernach hat haus den allgemeinsten sinn
einti mtttcls zum bergen, eines unterschlüpft, einen tinn dm
641
HAUS
HAUS
642
tttr auch an dem gleicher wurzel entstammenden hü-tte hervor-
treten sehen werden.
II. Bedeutung.
1) haus, allgemein jedes menschlicher wohnung, unterhtnft und
beschdßigung dienende gebäude. es heiszl ein altes, neues, groszes,
Heines, hohes, niedriges, festes, massives, baurälliges haus;
aus den fenstern eines altverfallenen hauses. H. Heine 2, 337 ;
gleich wie ein wolgmaurt bausz verharret,
dran die stein im kalk sint erstarret.
FtscHART ehez. (1591) Ä 4*;
das haus wird gegründet, gebaut, ausgebaut, erweitert, ge-
mauert, gerichtet, gedeckt, abgebrochen, niedergerissen ; Jacob
zog gen Suchoth, und bawet im ein haus. 1 Mos. 33, 17 ; wo
der herr nicht das haus bawet, so erbeiten umb sonst, die
dran bawen. ps. 127, 1 ; des vaters segen bawet den kindern
heuser, aber der mutter fluch reiszet sie nider. Sir. 3,11;
da will ich mir lassen ein hausz bauen, mit schönen erkern,
mit groszen sälen, mit zierlichen kammern. Chr. Weise erzn. 93 ;
hier hast du aufgesetzet
obn hoffart, nicht oha lust, ein haus das dich ergetzet.
Opitz 1, 60;
die räume wachsen, es dehnt sich das haus.
Schiller glocke v. 115;'
übermüthig siebls nicht aus,
hohes dach und niedres haus. Göthe 47, 139,
das neue haus ist aufgericht,
gedeckt, gemauert ist es nicht. Ueland ged. 61,
man geht , zieht, kehrt ins haus, geht aus dem hause, vei-
läszt , räumt das haus : keret doch ein zum hause ewers
knechts. 1 Mos. 19, 2 ; ich habe das haus gereumet. 24, 31 ;
und wann ich sechs jähr nicht solle aus dem hause gehen.
Chr. Weise erzn. 349 ;
(wird) ausz dem hause ziehen
das er gebauet hat. Opitz 2, 125;
berein zum saal klein Roland tritt,
als wärs sein eigen haus. Uhland ged. 335;
und wie ich morgens aus dem haus
tret in die frische weit hinaus. R. Reikick lieder 193.
eng ist verbunden haus und hof, die allitterierende formel will
mit dem wohnhause eines mannes auch den gesammten länder-
besitzstand desselben , repräsentiert durch den uirlscliaßshof , her-
vorheben : oder zft me hofe oder zö me hiise, da sie ge-
vangen sin. Sachsensp. 3,60,3; wer denn weibel ist, der sol
dann gan zu hus und zu hof. weisth. i, i2 ; weler {welclier)
ein frävenlich jagt in sin husz und hof, und im nach illet
in sin husz. 83; einem sein hausz und hof geschenden und
plündern, disturbare ac diripere domum alicujus. Maaler 2u';
einen in sein haus und hof aufnemen, recipere aliquem domum
suam. 214'; gleicherweisz soll jederzeit alles veimögen, hausz
und hof, und das geschlecht sampt der hauszhaltung nach
des mannes namen genant werden, ungeacht, das etwa das
weib das gröszer theil zugebracht hat. Fischart ehez. (1591)
Bs'; denn seht, eines haus und hof steht gut, aber wo soll
baar geid herkommen? Göthe 8,77; vor einer zu wilden
gährung der köpfe haus und hof zu sichern. Gutzkow ritler
2,349. diese formel erscheint manigfach in sprichwörtlichen
redensarten : er hat ein heiszen magen, hat haus und hof
verdaut. Schottel 1125"; haus und hof ist ihm in wein er-
trunken, das.; sie hätte mich um haus und hof gebracht,
hält ich das spiel länger getrieben. Lenz l, 309 ; etwas
kommt einem zu haus und hof, zu gute, eine formel die an
das haus als stalle der eigenen Wirtschaft anknüpft, wie unten no.ß
(jp. 648) angefülui wird: wie es disem frommen herrn auch
zu hausz und hof kam. M.\thes. Sar. 22'; bald nachher nahm
ich abschied von einem orte, der mir einen Jugendfreund
in die arme geführt, meine kenntnisse so erstaunlich be-
reichert, und mich, welches dir zu haus und hof kommt,
so geschwätzig gemacht hat, ThCmmel 5,152; ähnlich: der
amtmann . . lachte heimlich als ein wahrer egoist über das
ereignis, dasz man so grosze anstalten und aufwand machte,
um über dem nieer und im millellande sich frei und thatig
zu erweisen, und doch dabei ihm, der auf seiner hufe ganz
ruhig gesessen, gerade die gröszten vorlheile zu haus und
hof bringe. Göthe 23, 226. die redensart wird auch ironisch,
im bösen sinne angewendH: es wird dir zu hausz und hofe
kommen, dieses braucht man zum guten und bösen wünsche.
Schottel 113l'; es tliut mir, wie gesagt, leid für ihn: denn
wenn einer der sich der naturforschung ergiebt, und noch
nicht abgelebt ist, dasjenige nicht anerkennen will, was ich
IV. II.
in meiner farbenlehre mehr oder weniger geleistet, so wird
es ihm noch oft zu haus und hof kommen, und er gewinnt
moralisch nicht dabei. Göthe an Zelter 162; dies aber alles
wild ihm zu haus und zu hof kommen und zuletzt wird er
nicht wissen wo er hinaus soll. 269. — Wie haus und hof
ist haus und herdstatl ailitterierend verbunden : die von Wynön
und ouch Oberw^nön söllent geben jerlich von ieglichem
hus oder herdstat 1 gart«nhun. weislh. 1,179; ferner haus
und heim: diewyl Barllis Sachen erlicher schulden halben
also gestallen , das er syn huob verkoufen und hiemit mit
wyb und kinden von hus und heim kommen müsse. Hotz
Zürcher urkundenb. 1,133 (ron 1560);
Til armer leuten seind zu klagen,
den man thut hausz und haim zerschlagen.
Zabsckes Brant CXXVII';
haus und habe : mein hausz und bab Verliese. Fiscuart ehez.
(1591) E3'.
Der angesessene sitzt, wohnt mit hause: die mit hus da
wonten. Ulensp. s. 50 Lappenb.; sich ze hausz setzen, sedem
capere Maaler 214';
ich und min böte wir giengen dan
zwo mil für ein burc wünneclich :
dar üf so was diu lügende rieh,
min vrowe der ich nie verga;.
diu guot mit hüs dar üfTe sa;. frauendienst 330, 4;
von dann begund man cheren
gen Mergenburch hin für sich pa?.
der maister da mit hause saj. Süchenwirt 4, 82.
Andere formein, Sprichwörter und redensarten. ost, west, das
haus am best. Schottel 1135* ; es gehen viel freund in ein
klein hausz. 1127'. wer ein groszes hausz hat, beherbergt den
kaiser. Pistorius thes. par. 5, 49 ; hochzeitshaus ist ofifen haus.
Ihmerxanr Münchh. 3,8; ein mantel und ein haus deckt
viel schand. Schottel I12l'; wer in seinem eigen hause be-
schneiet oder beregnet, des wil sich gott auch nicht erbarmen.
1140"; ihm ist ein steinern haus durch den bauch gefahren.
1125*; ich wi! erleben, dasz der das hausz soll von auszen
ansehen, ägr. spr. (1560) 167*; sein haus gehört ihm und
andern leuten, habet domum, sed alienis nummis paratam ; ob-
ligata est credilori. Serz 64*; ^vir deudschen haben ein Sprich-
wort .. ein trunken haus speiet den wirt aus. Luther 3, 245*;
und wird hie auch der teutschen Sprichwort war : ein volles
hausz speiet seinen eigen wirt ausz. Mathes. Sar. 85*; wir
wollen heute rechtschaflen turnieren und das haus zum fensfer
auswerfen , denn es heiszet doch : frisz, sauf, lebe stets im
saus, nach dem tode wird doch nichts daraus. Rist TeiAsch-
land 25; das haus soll man stützen, und das geid mittler
weil nützen. Pistorius thes. par. 5,72; es 9ol ein man haben
ein hausz, ein weib, einen ochsen, das ist, ein narung, damit
er sich und die seinen aufenthalten künne. Agr. spr. (1560) 160* ;
ein hausz ist ein gut Sicherheit
ein zuQucht beid zu fräud und leid :
es ist keim basz als inn seim hausz.
FrscHART ehz. (1591) CT;
inn seim hausz ist ein jedes frei,
auszwendig verlassen, forchtsam, scheu, das.;
wer sein hausz wil halten keusch und rein,
der lasz keine Studenten und tauben ein.
PrsTORIDS 10, 38;
ein alt haus fragt nichts nach rauch. Lehmann 96; das haus
brennt ihn, i.e. er ist nicht gern daheim. 133; des Spötters
haus brent auch wol. Schottel 1135*; ein haus, ein brand.
PiSTOBios 4,78. einen lauten hört man über neun häuser:
das gab ein solches gelächter, dasz mans über das neundfe
haus hörete. Simpl. 3,185 Kurz; so laut, dasz mans über
drei häuser hörte, kinderkl. 59; einer hat einfalle wie ein altes
haus, wo mil den verschiedenen bedeulungen von einfaü (t und 4,
Ih. 3,170) gespielt wird: er hatte einfalle wie ein alles haus.
Hippel 4,117; der plumpe, ungeschickte fallt mit der thür ins
haus:
nicht fallet, wenn ihr jemals freit,
grob mit der thür ins haus. Götbb 11, 38.
um den höchsten grad der Zuverlässigkeit zu zeichnen, sagt man,
man baue häuser auf einen : David meinele, er habe an seinem
schwiegervatfer, dem Saul, einen solchen freund, auf welchen
er häuser bauen könte. Schcppids 227; ich baute grosze
häuser auf dich, und dachte bei mir selbst: nun hab ich
einen groszen servif eur, der mir aufwarten sol und musz.
240; ich weisz, und hab ausz erfahrung gelernet, dasz der
jenige. der auf groszer herren gnad, und auf desz gemeinen
41
643
HAUS
»AUS
644
mannes gunst. hauser bauen «olle, der baue nur auf sand,
und nicht auf einen felsen. 2i2; dasz Johann häuser auf ihn
gebaut hätte, begebenh. dir Itcncn ofßcicis auf Werbungen 1, 5. —
bei veryk'icliungen dient haus als bild für groszes, in die Iwlie
ragendes: haus hoch, infinite Serz 65"; s. auch haustief;
ein kiiii) wie eine niausz,
macht einen hadcr wie ein hausz. Pistorius (>, 31.
von haus zu haus ziehen , gehen : von hausz zu iiaus, von
einem hausz zu dem andern, duine.slicatim Maaler 214'; von
hausz zu hausz gon seiner freunden, domos amicoruni obire. das.;
und trügt so mit verdoppelter schnelle
singend sein wasser von haus zu haus.
RCCKERT 355;
ich möcht als spicimnnn reisen
weit in die weit hinaus,
und singen meine weisen,
und gclin von haus zu haus. Eicuenoorff.
2) die bedeulung 1 verengt sielt in verschiedener tceise, indem
iiaus nur eine bestimmte arl von gebäuden bezeichnet, auch auf
hausahnüchc behdlter und thierwohnungen bezogen wird.
a) haus goltes, haus des herrn, lempel, kirche , wie golh.
gudhüs, ahd. hüs za pctönne, templus, gotis hCis templum dei
r.RAFF 4,1050:
und truog in (den söhn) suoje, als ir gczam,
mit ir zem gotes hüse also.
Tristan 51, 3 (vorher ze kiichen 50, 39);
wi her In ginc in das hüs gotis. Behaims ev. buch, Luc. 6, 4 ;
da aber die priesicr aus dorn heiligthum gicngen, erfüllt ein
wölke das haus des herrn. ikön. 8,10; es stehet geschrieben,
mein haus ist ein bei haus, ir aber habls gemacht zur mördcr-
gruben. Luc. 19, 46 ; wenn . . die gebeugte niedergeschlagene
Seele ins haus gotles eintritt. Herder zur rcl. ti. tiieol. 8
(1828) 32;
weil man wohl, wie dem hause des licnn , auch dem eigenen
vorsteht. Voss Luise, 3. Idylle II ;
ohne den genilivischen zusatz: es wird aber allmählig immer
dunkler im leeren hause, ... dann und wann steigt leises
murmeln aus einer scilenkapelle. II. Heine 2,349;
noch steigt in jedem dörflein ja
dein heilig haus empor;
die orgel und der cliorgesang
ertönet jedem uhr. Uuland ijed, 10.
haus goltes aucli von klöstern:
er begunde bescheidenlichen
s.in armen friunde riehen
und tröst euch frömde armen,
da? sich got erbarmen
geruochte über der sele heil :
gotes biusern viel daj ander teil.
d. arme Heinrich 256;
ähnlich steht nhd. haus von einem nicht profanen gebuudc : Jacob
war ein aufrichtiger mann, und diener im hausz der lehre.
Happel ac. rom. 13; ron einem geistlichen ordcnshausc:
da bricht die menge tobend aus,
gewaliger stürm bewegt das haus,
um gnade flehen alle brüder.
ScuiLLER liampf m. d. drachcn v. 200.
b) haus für adliches schlosz, bürg, im mhd. häufig, ragt bis
ins 17. jahrh. hinein: mhd. tnon dir kunt da; ich mich liebe
von dem nähslen mäntage von dem hrtse da ich alzan üf
bin, und far hin zc dem hflse als du wol weist, frauendienst
32, 12; nhd. uf unser hause ze Nürnberg, urfc. Karls IV v. 1317
tm ans. f. künde d. d. rorz. 1865,92; mein (eines edelmanns)
valcr hat mir sovil baurcn verlassen , die für mich fronen
und arbeiten , müssen mir auch körn und wciszen, habern
und gerslen zufüren, . . so ich auf meinem haus oder schlos
brauchen mag. WrcuRAM rollw. I41, 2:( Kurz;
Frankentlial, o du vcste,
du wol crhuuies hauK,
üb dir Kchnn kommen fremd gcstc,
lasz ilich nit treiben drau.sz. Willer 132;
o Frankcntbal, du werihes
und ni-u crbnuien hnUH. 133;
Wfirternberg halt dich veme,
du woi gesegnete» haui. 201;
noch Im Arndt;
drauf siOrmtcn »ie Oomitz, dn» fexie hau«.
Uril. (IHlO) IW;
er riinint lirh und »chirmt sein bau«
mit Hchr an tburmen und tlioren. x. 203.
ferner i/iU hau* ron Jen einielncn hauftgcbduden schlosz- und
burgarlitjer anlagen, in ColdUz in Sachten i. /;. «las fümlcnhatiü,
saalhaus, kellerhaus; in der landesschnle Pforte das fürsten-
haus; endlich heiszl auch das rathhaus haus schlechtweg, z. b.
in Nürnberg: vcrhieszen der ineisler zwen von der andern
aller wegen vor Merlheiu Holzschner und mir auf dem haus.
Tücher baumeislabuch 270, 12.
cj haus, das taggebäude eines bergwerks, zur tcohnung und auf-
bewahrnng von Sachen dienend. Jacübsson 2, 234'; wenn gott
nicht das hause und zeche selber bawet. Mathes. Sar. 40*.
d) haus, Iheater: der Zwischenvorhang ging in die höhe
und er sah das volle haus vor sich. Gütue 19,203; das haus
war gefüllt. 223 ;
das was vor jähren wir in I.auchstädt brachten,
das ist von euch noch manchen wohlbekannt,
und damals galts ein eng veraltet haus
mit einem neuen Ireicrn zu vertauschen. 11, 327.
e) haus, das Versammlungsgebäude der landboten, dem eng-
lischen house of lords , house of commons nachgebildet: das
herrenhaus, das abgeordnelenhaus zu Berlin; die adress-
debatte beginnt im hause der abgeordneten donnerslag. volks-
zcitung IS60, «o. 196;
indes der frcude lallen
das ganze haus durchbricht.
Ittatiderailatsch ISGO, no. 41, s. 162.
/■) haus, blochhaus der Soldaten {vcrgl. blochhaus 2, 136, block-
haus 2, 137):
dasz die waginborg vil kostlicher was
von husern uud von gczclle.
LiLiRNCROs volksl. 2, 85'.
g) haus, vom fahrzeuge , schiffe: leicht wie der schwan
schwimmen sie in häusern auf den gewissem. Klincer 6,32;
die schilTer, so ihr hausz auf bloszes mcer hinbauen,
und ihren kühnen leib den leichten winden trauen.
Opitz 2, S5.
h) haus, vom grabe : zwar alle könige der beiden ligen doch
mit ehren, ein jeglicher in seinem hause, du aber bist ver-
worfen von deinem grabe. Jes. 14,18;
aber wohl dir! köstlich ist dein Schlummer,
ruhig schläft sichs in dem engen haus.
Schiller cleijic auf d. tod eines junglings r. 50;
ich eile von der schönen erde
hinab in jenes feste haus. Götub 2, 119.
i'om sarge:
macht kein stolz gepränge
um des todten schrein,
denn sein hctt ist enge,
und sein haus ist klem.
C. Gerok Pfingstrosen (1866) s. 208;
auch von der urne, die die asche eines todten birgt:
0 dasz ich doch geschwundner asche rest,
im kleinen hause, wandernd, immer weiter . . .
als büszender mit kurzen schritten trüge! Göthb 9,321.
i) haus von thierwohnungen: caninchen ein schwach volk,
dennoch legis sein haus in den felsen. si)r. Sal. 30,26; er
bawet sein haus wie eine spinne. Iliub 27, 18; der jdger nennt
des bibers wuhnung im ströme sein haus. Jacobssoi» 2,234*;
haus für tauben, enten , schwane; nesl eines vogcls: denn der
vogel hat ein haus funden, und die schwalbe ir nest, da sie
jungen hecken, ps. 84,4; vogelkdßg:
von goldigen sprossen ein nngelnnu haus,
und doch sehnt der vogel ins Trcio sich hinaus,
viel lieber verhungert im wnid und erfroren,
als im goldenen kallg die l'reihcit verloren!;
haus an der Schnecke:
es traget ein schneck dir und für
wo sie hingeht ir hawsz mit ihr.
FiscHXRT Wie:. (1591) C5';
5. haustrügerin und Schneckenhaus.
k) haus heiszl auch der samenbehäUer des kemobsles, vergl.
keriihaus th. 5,008.
3) wenn haus auch nur von dem hausflure gebraucht und ihm
die Zimmer entgegengesetzt werden, so ist das der nachklang jenn
alten deutschen bauweise, die ßur oder diele ah hauptraum, zimmer
als bloszc nebcnrdume , absperrungen behandelte: bair, im haus,
in der hausflur, Schm. 2,217; diiringitrh: geh in die slube, ich
will im hause auf dich w;iileu; scldesuirh : er ging in die
stubc, i('li blieb im hause, abitt in cunclave, rgo in aliin mane-
ham. Steinuacii 1,'1:>; man begegne jemandem im haus, auf
der treppe, es sei eine gesellschaft im ziniincr beisammen.
(KiTUK 29,273.
4) der menschliche leih, als irohnung der teele, wird einem
haute verglichen: «n wi<MMi aber, so unser irdisch haus
645
HAUS
HAUS
G46
dieser hülten zubrochen wird, das wir einen baw haben ton
golt erbawet, ein Laus, nicht mit henden gemacht, das ewig
ist im himmel. 2 Cor. 5, 1 ;
disz in der weit geborgtes haus.
RrsT h. lied. 4, 224.
so tcird auch in traulicher rede der mensch nach säner äuszern
ersclieinung in solchen vergleich gesetzt: wie geht dirs, altes
haus?; du bist ein braves haus!
dieweil du ein so frommes haus,
£0 bitt dir eine gnade aus.
A. KoPisCH 'als Noah aus dem kaslen viar\
5) baus ttendet sich zu der bedeulung wohnsiätle, heimstätte,
die in einem hause oder in einem theil eines hausfs für jemand
vorhanden ist: der kranke hütet das haus; schöne Veiber im
hausz, treibt ir schöne stetz hinaus, aber ungeschaflfene
weiber hüten des hauses wol, und bats nicht schöne kleider
an, so thuts des weniger auszgahn. Fischaht e/ie:. (1591) Nö';
^r gibt im hause Unterricht; einen in sein haus nehmen,
reäpere aliquem lecto suo Steinbach 1,"15; gaste in anderer
ieute häuser laden. Schottel 1121*; ich ward mit meinen
Schwestern in ein gewisses haus gebeten, wohin ich nicht
gerne ging. Göthe 19,279; der nirgends ein haus hat, cui
nusquam lar familiaris est. Steinbach ; der vater hat den eigenen
söhn aus dem hause gestoszen ; mein hausz ist mir verholten,
domo exulo. Maaler 214'; sich im hause trauen lassen, vgl.
baustrauung; das begräbnis des N. findet vom hause aus
statt; und ein man vermag mehr in seinem hause, denn viere
drauszen. Luther 4,231'; sie sollen haus und habe mit uns
theilen. Lesz 1, 24S; ich betrete sein haus nicht wider;
und sein haus ist nicht mehr das meine, wenn er das raädchen
ausschlieszt, das ich allein nach haus zu führen begehrQ.
GöTUB 40, 275.
hier treten vielfach feste formein auf.
a) zu hause: in allem was er hatte zu hause und zu felde.
t Mos. 39, 4; ich esse lieber zu hause etwas schlechtes, als
auszer hause delicatessen. Serz 64';
gabs lautes zetermordio
zu haus und auf den gassen. BGrger 25';
zu hause sein, weilen, bleiben:
der Ägarener weiber trugen
aufm haupt ein schucbsol, mit den fugen,
erstlich sie zu erinnern wol,
das ein weib zu hausz bleiben soll.
Fischart ehez. (1591) C4';
der wirl war nicht zu hause. Schottel lUS*; liebstu gemach,
so bleibe zu baus. 1130*; ich war den ganzen tag zu hause
geblieben; ich bin nirgends lieber als zu hause, nusquam
cummodius vivo quam domi. Serz 64*; heute hat sich ein wind
erhoben, der mich zu hause hält. Göthe 29,113;
andere hocken zu haus und brüten hinter dem ofen. 40, 260;
ach! sie bleibt gern zu haus und läszt mich immer schwärmen.
7, 104 ;
nun sitzt mein liebes männe!ein
zu haus im canapee. R. Reinice lieder 213.
zu hause sein mit orlsbestimmendem adverbium heiszl geradezu
wohnen: ich bin hier zu hause, in diesem hause tvohne ich;
ze hausz sein, habitare Maaler 214*.
b) die formet zu hause sein ist aber auch vielfach in freierer
anvendung, zunächst irgendwo heimisch sein (vergl. auch unten
«0. 7): ich bin hier wie zu hause, prope domesticus sum.
Serz 65*; Erich neu in der kröne, Abel seit neun jähren
im berzogthum zu hause. DAHLMA^^ dän. gesch. 1,397;
bons dies! frau gurgelschneiderin !
sie isi hier auch zu hause? Borger 4S';
wie hoch jede wahre neigung zu schätzen sei, in einer weit
wo gleichgülligkeit und abneigung recht eigentlich zu hause
sind. GüTBE 17,40;
auf den lippen war die stille treue,
auf den wangen lleblichkeit zu hause. 2, 105,
in bezug auf ein uüisen, eine kunst : dasz Hilarie bei ihrer groszen
Jugend schon überall zu bause schien, bei keinem gespräcb
sich fremd erwies. 22,86; dieser mann .. war in seinem
bandwerk, in seiner halbkunst, wie man es nennen will, ..
wohl zu hause. 51,217; doch glaub ich, werd ich in der
notarialkunst noch «o zu bause sein , dasz ich als ordent-
licher testator und erblas«er auftreten kann. J. Paul flrgrij.
1,5. in bezug auf den eigenen verstand: er i<t nicht rerht zu
hause, non sanut est. Serz 64*;
was ist dir, freund? du siehst ja aus
als wärst du noch nicht recht zu haus? {zu einem ganz ver-
wunderten klausner gesagt).
WiELAin) 18, 84.
c) in gleich freier Verwendung ist zu hause bleiben, fern, weg
bleiben von anderen: ihr graubartiger gesel möchtet wohl mit
euren armen leuten zu haus bleiben : dann ihr ja nicht könnet
einen hund ausz dem ofen locken, kunsl üb. alle künsle 9, 17 ;
mit euren einsichten solltet ihr doch zu hause bleiben.
Lenz 1,91;
was denk ich, das falsc°h ist? das bringe heraus!
nur bleib mir mit wenn und mit aber zu haus !
BÜRGER 67*.
d) bei bause sein, im eigenllichen sinne, wie zu hause: der
vogt wuszle dasz der weibel sonst immer bei hause war und
nie selber auf den markt gehe. Pestalozzi 2 (1S19) 127.
e) zu haus^, mit rerben des gehens, bringens, schickejis, wie
mild, ze bös keren , varn , riten, laden, biten {wb. 1,737*):
sie sich zu hausz fügeten. Bocc. (1580) 1,9'; da nu Joseph
zum bause eingieng, brachten sie im zu hause das geschenk
in iren henden. l Mos. 43,26; desselben gleichen mus er uns
zu weilen eine plage oder schaden zu haus schicken. Luther
6.123'; das bösz ist von ihm selbs auf dem plan, mann
darfs nit zu hausz laden. Agr. sf>r. (1560) loo'; es ist gut
den teufel zu hausz laden, aber übel abzukommen. Schottel
1126*; der den teufel zu bause ladet, musz ihm werk scbafl'en.
1131*; kaum war ich zu hause angekommen. Göthe 19,309;
ietzund kan es nicht anders sein,
ich muosz zu hausz zum lieblein mein.
failn. sp. 1013, 15;
also reit er wider zu haus. Theuerd. 45,53;
soll ich zu hause wieder gehn,
die haare mir zu berge stehn.
J. C. GöRi>"G tiebes-mayen-blühmlein (1651) S2;
wenn ich zuvor nach meinem belieben
zu hause werde gehn,
zu hören, wie man hat das hochzeitwerk getrieben,
und alle Sachen stebn.
HoFFHANNswALDAU gelr. Schäfer s. 59,
man bringe
die königin zu hause, ihr ist übel.
Schiller Karlos 4, 10;
aus einer grosz-en gesellschaft heraus
ging einst ein stiller gelehrter zu haus. Göthe2, 2S9;
es ist ein schäfer fromm und gut,
der treibet goldne schafe aus,
er hält sie wohl in sichrer hut,
und jedes kommt ihm froh zu baus.
Ar:<dt ged. (1S40) 1S4.
mit einer zum haus fahren, sie Itamführen, heiraten, tne nach
hause führen, unten h :
du solt mit Elszlin zum hus faren. fastn.sp. SS4, 19,
vorher: für Elszlin beim und machs nit lang. 8S4,6.
zum baus sagen : den narren boren , den spiegel zeigen,
heiszt eim das wappen visieren , zum hausz sagen , das ers
nit lachet , und in summa eim den text lesen, sein kolben
zeigen, und sagen wer er ist. S. Fraxk sprichw. (I54l) 1,11*;
willu eim jeden zum hausz sagen, wer er ist, so höre auch
wer du bist. 2, 112*.
/) von hause: ich komme eben von bause; ich bin den
ganzen tag von hause nicht weggekommen.
g) von hause aus, von der statte aus, wo man wohnt; in
ganz sinnliclier bedeutung: der churfürst aus Bayern selbst . .
war gleichsam unser vatter und versorger, welcher uns gleich-
sam von weitem zusähe, dirigirte, und von haus aus mit
seiner klugen und vorsicbligen feder führte. Stmpl. 3. 244
Kurz; fürstliche diener von haus aus, solche die an ihrem
heimatsorle bleiben, nicht am hofe leben. Schm. 2, 247, tergl. auch
Haltacs 834; ist mein vater .. ihrer gnaden beslalter ralh
von haus* aus worden. Schweisichen 1,25; ehebrecher von
hause aus, die den chebruch nur im eigenen hause treiben : ein
ehebrecher von hause ausz sein , das gehet noch wol hin.
allein, wann man es so öffentlich thun wil, wie der N. von
N., das ist allzu grob. Schcppids 466; ihr alter ehebrecher
von hause ausz , lasset euch jedes graue haar einen busz-
prediger sein . . werdet ihr dem teufel ferner dienen von
bause ausz , so möchte es unversehens kommen , dasz er
euch von hause aus holele. das. anders hat die moderne spräche
diese formet gefaszt , sie will damit andeuten, dasz etwas eigenes
gleichsam aus dem elterlichen hause überkommen, angeboren ist:
in der that . . mit allei- unsrer angebornen narrbeit, hastig-
keit , und scbafmäszigen einfalt wären wir doch , von haus
41*
647
HAUS
HAUS
648
aus, wenn man uns unverhudelt lieszc, ganz gute Icute. Wie-
land 8,113; es kommen seelen oder geister auf diese weit,
die von haus aus in einen flor eingehüllt zu sein scheinen;
alle anstrengung ganz hell zu sehen ist für sie verlorne mühe.
Klinger 12, 84; die indische lehre taugte von haus aus nichts.
GöTHE 6,44; er taugte von haus ans nichts, war aber drum
doch ein excellenter Schauspieler. 14,24; der mensch {d.h.
jeder mensch) ist von hause aus thätig. 17,400; als Däne,
als Nordländer ist er blond von hause aus, und hat blaue
äugen. 19,178; die weiber, sagt man, sind eitel von hause
aus. 22,45; denn auch bei dem Deutschen ist der Charakter
gut von haus aus. 45, 246 ; unser feldjäger ist eine von haus
aus gute naiur. 261; er setzt voraas, der mensch tauge von
haus aus nichts. 56,171; ein frauenzimmer, was die manns-
leute angreifen , pQegt von hause aus angreißsche waare zu
sein. IxMERMANH MänchJi. 1, IST;
du scheinest mir ein künftiger sponsirer,
recht so von haus aus ein verrünrer. Götue 41, 43.
h) auszerm hause:
daher soll auch eim weib sein bang
wann sie mtisz aus dem hausz sein lang.
Fischart ehez. (1591) C5',
des vaters alte weine
trink ich recht gern; allein er rückt nicht gern heraus,
er schont das seinige 1 da trink ich auszerm haus !
GöTHK 7, 105.
übertragen auszerm hause sein, nicld recht bei sich, wie oben
{sp. 645) nicht zu hause:
du kommst doch über so viele hinaus,
warum bist du gleich auszerm haus,
warum gleich aus dem bauschen,
wenn einer dir mit brillen spricht? 3, 161.
j) nach hause: worauf sie sich wiederum nacher hausz
packen musle. Salinde 64; lasz ihn nur kommen ; wir wollen
doch sehen , wer den andern nach hause leuchtet. Lessing
12, 410 ; geh nach hause, packe deine farailie und deine sachen
zusammen. Wieland S, 439 ; als er nach hause kam. das. ;
ich weisz den rater noch, ich will nach hause kehren,
bekennen meine schuld, vergieszen wahre zehren.
Opitz 3,221;
ruhiger wandelte Wilhelm nach haus. IIöltt 43 Halm;
dann kehrt mau abends rroh nach haus,
und segnet fried und friedenszeiten. Götue 12,51;
jüngst pflückt ich einen wiesenstrausz,
trug ibn gedankenvoll nach haus. 47, 79.
nach hause führen, heimführen, heiraten:
wenn er das mädcben
ausschlieszt, das ich allein nach haus zu führen begehre.
GöTHS 40, 275.
6) haus ist die hausliallung, das wirtschaftlich geordnete heim-
wesen. es lieiszt der herr des hauses oder vom hause, die
frau des hauses oder vom hause;
des hOses tohter wil ich nemen.
Stricker in Wackern. leseb. 624, 3 ;
einer aus dem hause, der zur haushallung gehört;
0, so rettet den berrn des hauses.
Herder zur seh. litt. 6 (1827) 100;
das gibt nen handcl :
nur gut, dasz wir die berrn zu hause sind.
Göthb lU, 264 ;
A. wer nabms, ich bitte siel . . doch jemand aus dem haus?
7,86;
ein geseUschaflsspiel war was schenkest du mir ins hausz?
Wesenick böse spielsieben (1702) 17; man hält haus {cergl.
hallen II, 7, sp. 294): denn auf ehraisch heiszt ein haus nicht
allein dach und wende, sondern wo ein hauswirt ist, der
da haus hell, weih, kiiid und gcsinde hat. Luther 6,12')*;
mit geringer kost hält man aufs längst haus. Schottel 113»';
haltet gut haus. Göthe 14,300;
dann ich weitz nit mehr hausz zu ban,
toll et in die harr also bestan.
Hemer fasln, sp. von 1622 Bl';
soll abla», romfart und das abgan,
so will ich ein Hndeni hausz Ion lian. Bl';
«r toll ir gehen nin gute morgcngobe,
hundert ichlcg nll« \af(ii, . . .
dar zu liuiidort ciclier knottel ungespalien.
da» hilft auKZ der mauzen wol haus lialten,
wu do i»t ein ungeduldig weib.
das man dorait itrcicb Iren leib, fittln. sp. 510,29,
und r ' ' ,11) dem lilapperroark,
da» . i
wie .1. /. il. Sachs 1,521' (I5»0 300*);
also soll auch ein weib voransz
reinlich und sauber halten hausz.
Fisch ART ehez. (1591) F2';
ein übellauniger kleiner
boshafter kobold hält in diesem walde haus. Wieland.
übertragen auf das rcgiment goltes:
der alte droben hält noch haus,
und schirmt den rechten glauben.
Arndt 0(^- (1840) 351.
haus halten auch in bösem sinne wüsten , wie hausen (s. das.),
wirtschaften ebenso gebraucht wird : hieltenmit morden, würgen,
erschieszen, also hausz, das (wie dort geschriben steht) ein
so weite hüll find man kaum, da all die toden hettcn räum.
Garg. 202";
warlich so must nicht halten hausz :
sichslu nicht dein grosz ungemach?
Fdohs mückenhr. 1, 138;
wir Wissens noch recht gut, wie er {Satomo)
auf erden haus gehalten. Bürger 49*.
ein haus machen, auch ein gutes, groszcs haus machen, seine
Wirtschaft auf groszen fusz stellen : die , um diesen Menippus
in sich verliebt zu machen, . . ein prächtiges haus gemacht
{habe). Wieland 27,120; die gasifreiheit derjenigen, die, nach
dem üblichen ausdrucke, gute häuser machen, bei denen
fremde von stände, sogleich als sie sich zeigen, zutritt ..
finden. Garve anmerk. zu Cic. de off. 2. buch, s. 235 ; als gattin
eines mannes, der ein haus machen müszte. Götbe 19,303;
gleich den besten Städtern, die ein gutes haus machen.
J. Paul ßegeij. t, 38. anders ein groszes haus ausmachen,
an bedeutendes hämwesen repräsentieren: der durch seine reich-
thümer, seine stelle am hofe, ein groszes, bedeutendes haus
ausmacht. Klingek 4, 65. ins haus bringen, zur führung der
haushallung einbringen: die frau hat nichts mit ins haus ge-
bracht; was der man ins hausz brächte und schaffte. Fischart
ehez. (1591) F4; so viel man in das haus braucht, quantum
ad necessaritim tisum sat est. Serz 65"; sein haus bestellen,
was zitm haushalte nöthig, anordnen: so bald er fort ist, eile
ich mein haus zu bestellen , um wieder bald bei ihnen
zu sein. Göthe an ScMller 454; gewöhnlich ' auf den todesfall
des hausvorslandes bezogen: sein haus bei Zeiten bestellen,
supremis suis mature prospicere Serz 64', anknüpfend an die
bibelsprachc : bestelle dein haus, denn du wirst sterben.
Jes. 38, 1 ;
dasz er kurz sein haus bestelle.
Arndt ged. (1840) 3S6;
fürs haus arbeiten, für den wirtschaflsbedarf ;
die was sie inns haus sotten spinnen,
anderen zu verthun gewinnen.
Fischart ehez. (1691) Hl»;
danach wird freier gesagt: er zeichnet, singt, musiciert fürs
haus, wie es für das heimwesen, nicIU für die öffentlichkeit genügt.
ins haus schlachten, für die bedürfnisse der wirlsdiaft: ein
guter hausvater . . last daher, nach erfordernden umständen,
selbst so viel ins haus schlachten , als er fleisch von zeit
zu zeit benothiget. ücon. lex. (1731) 2180; sein vorhaben war,
das frostweiter zu benützen , und so viel ins haus einzii-
schlachten, als sie haben. J.Paul Qu. Fixlein 185; im hause
etwas fertigen, im eigenen haushalle, entgegengesetzt dem kaufen
der hatishallungsbedürfiiisse: das garn ist im hause gesponnen ;
die frau läszt sich ihre kleider im hause machen, nicht beim
Schneider; vergl. hausgesponnen, hausschneider.
Die redensart zu hause kommen , die in der alUUerierenden
formet zu hause und zu hofe kommen {oben sp. 64l) in er-
weiterter geslalt erscJiien, gehl von diestr hedeutung der haushaliung
und Wirtschaft aus, sie steht in gutem wie in bösem sinne: bemühe
dich nicht, ihm einiges böses zu wünschen, denn das wird
ihm ohne disz zu hause konmien. pers. baumg. 7, 13 ; thaloii
uns eil) häufen schaden, welches ihnen nun wieder zu hau<e
gekomnien. Heilman Thucyd. 303 ; solche dienslholcn werden
oft übel vcrheirathct und bekommen einen gottesvergessenen
chegalten, der es ihnen wieder zu hause bringet, was sie
an ihren frommen herren und fraucn verschuldet haben.
ScRtvER seelcnsch. 2,277;
dort komht ein handel {rechlsstreit) mir zu hausz {spricht ein
jurutt). H. Sachs .1, 1,115»;
das euch dnü nicht zn haaso kom
wa.i Ich hab prophccolt. ü. Hinowald l. ». 30«.
hieran tehlieszt sich die redensart das führt zu biisen häuscrn,
das bringt nicht vorwärts, sondern ins ungliirk, und zwar tst der
sinn tundchsl an das wirtschaftliche terderben angrUhnt: der
649
HAUS
HAUS
650
rothe Dieter aber sagte • ich sehe schon, mit euch kann ichs
nicht zugleich thun , und wenns einmal zu bösen bäusern
geht, und der unrechte kommt über uns, so ist mirs nimmer
angst für euch, aber für mich. Hebel schatskästl. 179; so
will ich ihn {einen iodlgeschlagenen) . . forttragen in den wald
und will ihn dort einscharreö, sonst gehts zu bösen häusern.
223; so führen doch solche internationale oder richtiger inter-
kantonale kontroversen über die lieblingsgerichte meistens
zu bösen häusern. Bradn 6iWer aus d. deutschen kleinstaaterei
(1869) 1,179.
7) der begriff des hauses ak gebäude trill zurück und die
Stätte wo das haus steht, hervor; es bedeutet hämatlicher ort.
gegend, land wo man ein heimwesen hol oder wo man her ist:
anno 1713 .. kam ich zu hause: liesz mich im febr. trauen.
RiCHEY der palriot, 3. jähr (1729) s. 2S5; nach seiner zuhause-
kunft und glücklich getroffenen heirath. s. 461; er ist nirgends
zu hause, homo sine lare. Serz 64*; sie mag in der gegend
von Mailand zu hause sein, und ist in sehr früher Jugend . .
entführt worden. Göthe 20, 169; diese tage empfand ich
wieder viel Sehnsucht nach hause. 29,106; sobald ich nach
hause gelange und einigermaszen zur besinnung komme, an
Sternberg 112; fremde gesandte haben . . nach hause berichtet.
Ranke engl, gesckichte 3,495; der wahre beweggrund darauf
einzugehen, lag für die englische regierung in den Schwierig-
keiten in die sie zu hause verwickelt zu werden fürchtete.
4,263;
als wir beid im land von haus
in die fremd sein gezogen aus.
Opel ti. Coas 417, 21,
drauszen zu wenig oder zu viel,
zu hause nur ist masz und ziel. Göthr 2,257;
die freundin war hinausgegangen
um in der weit sich umzutbun,
doch wird sie bald nach haus gelangen
und auf gewohnte weise ruhn. 47, 179;
Rupert, du kommst
aus Warwand — nicht? Jeronimus. unmittelbar von hause,
doch war ich kürzlich dort. H. v. Kleist /"am. Schroffenst. 3,2;
rremdlinge stehn sie da auf diesem boden,
der dienst allein ist ihnen haus und heimat.
Schiller Piccol. 1, 2;
überall bin ich zu hause,
überall bin ich bekannt.
macht mein glück im süden pause,
ist der nord mein Vaterland. Studentenlied;
mein herz ist groszer trauer voll,
dieweil ich jetzt marschiren soll
und mich von hause wende. R. Reikick lieder 22;
das ist gewis die gröszte noth,
wer aus der fremde kommt nach haus,
und findet seine liebste todt;
da gehn ihm alle freuden aus. 1S8.
8) im freiesten sinne verwenden die dichter haus, es ist ihnen
jede Stätte, die irgendwie einem hause verglichen werden kann:
es ist zeit
heim zu gehen
in das hausz der ewigkeit. Opitz 1, 80;
nun ruh ich ewige zeit
im hause des ewigen aus. Rasler 2, 42,
nach ps. 23,6: werde bleiben im hause des herrn imerdar;
öffne nie der süszen träume haus.
Arndt ged. (1S40) 122;
in Deutschland stand der Freiheit haus,
wir baun es tapfer wieder, s. 234;
und nun springt er {der back) hinaus
aus dem still grünen haus {dem walde).
R. Rei;(ick 15;
dort in des schilfes dunkelkühlem haus. 150.
9) haus, übertragen auf die bewohner eines hauses.
a) allgemein:
das ganze haus greift an, und schämt sich leer zu stehen,
kein sclavenhandwerk ist so schwer als müsziggehen.
Hallkr Schweiz, ijed. (1768) 32;
es schläft das ganze haus. Göthe 7, 61 ;
ach nein, das ganze haus liegt in dem tiefsten schlafe, s. 68.
6) nacA haus 6 (jp. 647) die zu einer hausholtung gehörigen,
die famüie: mit dem höse sint bemeinet die in deme hüs
sint. Windb. ps. 539 ; er wird befelhen seinen kindern , und
semem hause nach im, das sie des herrn wege halten.
iMos. 18,19; und war kein mensch vom gesinde des hauses
dabei. 39, II ; sie furcht ires hauses nicht für dem schnee,
denn ir ganzes haus hat zwifache kleider. spr. Sal. 31, 21 ,'
wenn ein haus (griech. olxla. goth. gards) mit im selbs unt'ern-
ander uneins wird, mag es nicht bestehen. Marc. 3,25; gleube
an den herrn Jhesum, so wirstu und dein haus selig, ap. gesch.
16, 31 ; er machte mich heute am morgen zum regierenden
haupt des hauses. J. Pacl Fislän 202 ; die ländliche familie,
der ich befreundet war. hatte verwandte häuser in der Stadt,
von gutem ansehen und ruf und in behaglichen Vermögens-
umständen. Göthe 26,34; das ganze Breitkopfischc haus,
die Stockische familie. manche andere behandelten mich als
einen nahen verwandten. 25, 187 ; es wurde ein familien-
ehrenpunkt, dasz jedes gute haus wenigstens mit einem
söhne, neffen, Schwager oder vetter muszte prangen können,
der die nazionalschaubühne mit einer komüdie . . beschenkt
halte. Wieland 19, 267 ; junge leute von gutem hause und
sorgfältiger erziehung. Göthe 18,315; ein junger mann aus
gutem hause. 24,270; er ward bald der innige freund unsers
hauses. 19, 316 ; wenn ältere geschwister alsdann für die
Jüngern sorgen , und das haus sich in sich selbst bedient
und aufhilft. 17, 283;
so erklär ich ihn für einen propheten,
will ihn mit all meinem haus anbeten. 13,73;
ach, des hauses zarte bände
sind gelöst auf immerdar;
denn sie wohnt im schattenlande,
die des hauses mutier war. Schiller glocke.
hierher fällt eine redensart die rechten häuser finden, ror die
rechte schmiede gehen : ich kenne menschen, die gar nichts als
ein paar Jahreszahlen im köpfe hatten, und damit in Berlin
die rechten häuser zu finden wuszten, und jetzt schon ordent-
liche Professoren sind. H. Heine 1, 237.
haus, geschlechl, im genealogischen sinne:
so schreiten keine irdschen weiber!
die zeugete kein sterblich haus!
Schiller kr. des Ibykus.
c) in prägnantem sinne, edles fürstliches geschlecht; es kann
das mü dem alten haus für bürg, schlosz (oben sp. 643) zu-
sammenhängen: aus welchen stammen und geschlechtern oder
häusern meine ankunft herDieszen. Schweisichen l, 21; meine
gegen ewerem churf. haus und person tragende demüthigc
wahre lieb und trew. Wekherlin dedical. zu den welllichen
gediclilen; dann so bald es dahin kommet, das eine gnadfraw,
und müszig sein will, alsbald fanget das gut an abzunemen,
und das haus oder geschlecht in ein verderben zu kommen.
FiS£HART ehez. (1591) V2'; als der krieg zwischen den beiden
fürstlichen häusern, Cassel und Darmstadf, angieng. Schcppios
253; der graf . . dankete vor die sonderbahre affeclion, welche
er auf sein hausz geleget. Talander Olorena (1694) 485; ich
sah manch stolzes haus, das die äugen über deine abkunft
zugeblinkt hätte. Göthe 10,97; jenes grosze reiche haus hatte
vergebliche versuche gemacht, einer hoffnungsvollen erbtochter
unterhaltende und wetteifernde gespielinnen zu verschaffen.
17,374;
er wirt sein von einem groszen haus
dan soichs sein tugent weiset aus.
historta Magelonae spielweis ßv*;
man weisz, dasz Hollstein zwar ein hausz der beiden ist,
die man ins sternenbuch der ewigkeit musz schreiben.
Phila!«dbr V. D. Linde verm. ged. (1710) 173,
der Howard und der Percy edle häuser,
ob ihre häupter gleich gestürzt, sind noch
an beiden reich. Schiller M. Stuart 2, 8;
sie scheinen mir aus einem edlen haus,
sie sehen stolz und unzufrieden aus. GöTH« 12. 108;
Konradin. der gepriesne held,
der meinem haus ein halb Jahrhundert lang,
in glück und noth, mit rath und that, bedient.
Ubland ged, 181.
d) haus, die zuhörerschaß eines Uieaters:
wie der Vorhang an der irauerbühne
niederrauschet bei der schönsten scene,
fliehn die schatten — und noch schweigend horcht das haus.
Schiller metancholie an Laura.
e) haus, die gesammtheü der landboten (s. haus 2, e, sp. 644) :
die absieht, ein gemischtes System von wähl- und berufs-
consuln durchzuführen , . . fand durchaus den beifall des
hauses. preusz. jahrb. 20. bd. s. 551 ; das haus tritt in die
tagesordnong ein; das haus schreitet zur abstimmung; der
könig hat die auflösung des hauses verfügt.
/) haus , inhaber und personal eines groszen Handelsgeschäfts,
dessen betrieb in einem eigens dafür bestimmten hause geschielü
{vergl. handelshaus, handlungshaus): ein haus (so nennt der
kaufroann sein comptoir). Kant 10,354; als achter klein-
handler steht er in seiner ausschnitlbude, voll von gewerbs-
651
HAUS — HAUSANZUG
II AUSAPOTHEKE — HAUSBACIvEN
G52
neid gegen alle groszen hüuser., absonderlich gegen das grosze
haus in Rom, das viele tausend Imchhalter und packknechle
besoldet und seine faktoreicn hat in allen vier welttheilen.
H. Heike 2, 330. eigens von dein einzelnen besiizer eines solchen
tjcschäßs: Jakob Oehnnann ist kein verächtlicher mann: er
halte in Amsterdam 4 jähre als börsenknecht gedient . .
darauf wurd er scharrend und schindend ein gutes haus,
indem er keines machte (spielend mit der bedeutung G oben
f'P. 64S), und stieg zur würde eines Siegelbewahrers von einem
ganzen ritterschaitlichen siegelkabinettc, das auf den adlichen
Schuldscheinen zerstreuet aufgepappt sasz. J. Paüi- Siebenk. l, 4.
10) eine nähere beilimnning des hauses rücksicldlicli des be-
silzers oder ronlandes yeschicld bei gröszeren häusern gern dadurch,
dasz man den betreffenden iiamen in den nominaliv dazu setzt,
um auf diese weise die volle abhängigkeü des hauses von seinem
Herrn zu zeichnen. — so wenn haus tn eigentlichem sinne (1 und
namentlich 2, i> sp. 643) steht: da er aufs gebirge Ephraim kam
zum hause Micha, ric/i/er 17, 8; sammt den alterthüniern des
hauses Cliigi. Herder zur seh. litt. 19 (1830) 5.142; besonders
aber dann, wenn haus die familie bezeichnet: ein man vom
hause Levi. 2 Mos. 2, 1 ; darumb hab ich dem hause Eli ge-
schworen , dasz diese missethat des hauses Eli solle nicht
vefsünet werden, l Sam. 3,14; zu der zeit wird das haus
Juda gehen zum haus Israel. Jer. 3, 18 ; er liesz das ganze
haus N. griiszen; wenn haus handlungshaus bedeutet : das haus
Frege, das haus Rothschild.
11) haus in der technischen spräche gehäuse: so der hohle tlieil
einer axl, haue, der den stiel aufnimmt. Schh. 2, 247. Tobler
280'. danach ist der zweite thcil des Wortes axhosel manubrium
asciae , der th. 1,1046 unerklärt gelassen ist, aus hüsel, häusel
entstellt; ferner der block oder das querholz, in dem die stcmm-
leisten am rüslwagen eingefügt sind, s. kipfhaus Ih. 5, 781. bei
den Schiffern das haus des kompasses, der behältcr in dem er
sich befindet; vom bcliäller des glühenden erzes beim glockengusz:
der meisler kann die form zerbrechen
mit weiser band zur rechten zeit!
doch webe, wenn in flarameribächen
das ßlübnde erz sich selbst beTreit!
blindwüibend, mit des donners krachen
zersprengt es das geborstne haus. Schiller glocke.
12) astrologisch: der himrael wirt von den alten ausgetheilt
in sieben häuser. Herr feldbau 9'; da musz man acht haben,
in welchem haus oder zeichen des himmels der mon sei. 5';
da thut es noth, die sunt/eit zu erkmiden,
die rechte sternenslunde auszulesen,
des biramels bauser forschend zu durchspüren,
ob nicht der feind des Wachsens und gedeihcus
in seinen ecken schadend sich verberge.
Schiller Piccol. 2, 6.
HAUSÄHREN, m. hausflur, in Schwaben und Franken. Schm.
1, 98 ; in Schlesien hauserden. Fromm, 4, 171. der letzte Iheil
des Wortes, ahd. erin pavimenlum, arin altarc (Graff 4, 4t;3)
gehört mit altnurd. arin fcuerherd wol zu ags. arn domus und
ist nicht dem Int. area entlehnt: stellen das fäszlein in dein
hausehren. Tahernaejj. AräH/(Tb. 1285; als mein herr in hausz-
ehren kam, und zum saal eingehen wolle. Simpl. 1,110 Kurz;
darinn (im hause) stund unten im hausährn ein mann. 3,405;
einige . . trinken in der braulstuben oder im hausehren ein
pfeiflein tabak. baurensl. laslerpr. 183 ; besinnst du dich auch
des alten Stickeis und seiner frau, der reinlichen holzkriige,
der wagen mit den verschiedenen gewichten auf dem haus-
ehren? J. Grimm /./. schriftcn 1,23.
H.\IISALTAR, «1.; du mein gast, dessen hünde ich bei
dem hausaitar gedrückt habe. Klinger 2,172;
der für seine bausaltäre,
kämpfend, ein beschirmer, nel.
ScuiLLKH siegeslent v. 113.
HAUSAMMER, f. embcriza familiaris. NEMNicn.
HAUSAMT, n. officium patrisfamiHäs. Stieler 42.
HAUSANUACHT, /. andacht die im kreise der familie ge-
halten wird.
HAUSANGFLEGE.NHEIT, f. die hauslialtung betreffende: liesz
«ich zu einer anspnirhsloKen Unterhaltung über hausangelcgen-
hcileii hetali. FnKTTAC handuchr. 1, 157.
HAUSANSTALT, f: wir, die wir auf der bOhnc höchsten»
einen provinzialnarrcn bringen, zum allgemeinen reichsbcslen
dann und wann eine gute hauRanslalt machen. MOser patr.
f>hant. l,3flS.
HAUSANZUG, m. bequeme kleidung vie sie im hause getragen
vird.
HAUSAPOTHEKE,/", pharmacolheca domeslica: ein glas flüs-
siges opium fehlte in der hausapotheke des geistlichen. Gothe
20,287; gott bewahre einen vor ihrer hausapotheke! Gotter
3, 402.
HAUSARBEIT , f. opcra domestica. Frisch 1, 428" ; geringe
hawsarbeit als spinnen neen und würken. A. v. Eybe 4'; zum
bierbrauen , branteweinbrennen und anderer groben haus-
arbeit. Felsenb. 2,185; ubung aber, die nützlich ist, findet
man vil genug in der hauszhaltung an allerhand hausznrbeit.
Fischart ehec. (1591) F6'; es war ein freudiger Wettstreit
zwischen ihnen; jenes pries den aufgang der sonne, .. dieses
die abendrüthe; ein anderes geschenke an kleidern, büchern;
diesz lectionen iin Unterricht, oder an der hausarbeit. Herder
:wr seh. litt. 6 (1827) 259. — In obscönem sinne, vom coilus:
weil er die klein hausarbeit nicht,
wie sichs gebührt, verriebt.
HoFFHAfCNs gesetlscliaflsl. 153.
HAUSARM, adj. l) arrner der im hause unterstützt wird:
nl. huysarme, egcni occulti: qui domi se tenuiter conlinent.
KiLiAN ; (Stiftung) dovon zu reichene und zu gebene armen
l)ilgerimen , husarmen unde andern armen luten. cod. dipl.
Sax. 2,2,166 v.J. 1377; die ander eynhundert mark halt hie
gcwolt man deylen solde umb gotz willen ghuden fromen
huyszarmen. testament von Peter Eickdolt i'. 1519 im arcltiv
der reform, gemeine zu Elberfeld; dasz der oder die an ihrem
gut .. gestraft, welche straf auf hauszarme leul oder arme
jungfrawen zu ehrlicher auszstewer gewendet werden sol.
reform, guter policeij 1530, 1, §2; ich musz gestehen, dasz die
hausarmen, wie man sie nennet, welche mit ihrer noth nicht
bekannt sind und sich des bettelns schämen, die etendestcn
sein. ScRivER seelensch. 2, 223 ; die bürgerschaft ernährt ihn
als einen hausarraen. Rabener 4, 38 ; Thienettc ist ein haus
armes, insolventes fräulein. J. Padl Qu. Fixlein 71; der haus
arme gibt dem straszenarmen , der eine lazzarone dem an
dem. Siebenkds 2,143.
2) bei Maaler m anderm sinne: hauszarm, herherglosz,
dürftig, inops, indigus 214", also des hauses und obdachs ent-
ratend, wie mhd.:
sprach der fuhs: ir tätj durch guot,
als manec ander man noch tuot,
den dicke muo^ erbarmen
eilender und husarmen.
Renner in Wackcrnagels leset. 1 (1839) 779,8.
dazu mhd. das neutr. hösarmen, heimatlosigkeit. Reinh. fuclis
s. 394.
HAUSARREST, m. gefangenhaltung in der eigenen wohnung.
HAUSARZNEI, /". medicamentum£mpiricum. Stieler 51: (die
hausmuttcr) soll auch die natürliche hausarznei wissen , den
irrigen und anderen ... zu rahten und zu helfen. Sebiz
feldb. 63.
HAUSARZT, Hl. arzt einer familie: unser mann wurde da-
zwischen wegen manches lebcnsfalles um rath gefragt, ja
sogar inuszte er sich nicht allein als hausfreund, sondern
auch als hausarzt zeigen. Götue 23, 51 ; wie ihn (den luijinlh
Beireis) auch die gräflich Veitheimische familie zu Harbke
als hausarzt willkommen hiesz. 31,227.
HAUSBACKEN, f. verb. für den hausbedarf backen : als auch
von dem gemeinen man manighfeltige und vil clage an die
rele gelanget, das die hecken inen ir melh, so sie haus-
backen lassen, gewönlich vorterben, das zuvil ader zuwenig
backen, auch vorbrennen und crluften. Leipziger bäckerordnung
(handschriftlich) von 1513, § 2.
HAUSBACKEN, part., für den hausbedarf gebacken, im gegen-
satz zu dem für den verkauf besser und feiner hergerichtelen
gebäck. nl. huysbacken brood , huysbruod , panis cibarius.
secundarius , autopynis, confusaneu.-i, sccundus, domesticus, dornt
coctus. KiLiAN ; grob hauszgebachen brot, agelaeus, secundaria
panis ex farina parum bene cribrala constans. Heniscii 520,30;
«ei», wie Ihm wolle, keine noth,
hauübacken, trichlit; ist mein brod. Göthb 45, 93.
häufig bddlidi verwandt: es ist natürlich dasz eine zeit da/u
gehiirte, ehe er sich aus den herrlichkeilen Italiens in das
hausbarkene linden konnte. Siebuhrs leben Z,UO; so fehlt
auch zuletzt der narr nicht, dessen hausbackener vcixlaml,
wenn irgend eine lüuschung auf antheil und neignng an-
Hpruch machen «olltc, sie al.sobald ... zu zerstören droht.
GOtuk 45,117; wenn er ihnen ihre eigenen hausbafkenrii
Personen, in wunderbaren Capriccio» diese lurtlckspicgelnd,
653
HAUSBÄCKER — HAUSBEWOHNER
HAUSBIBEL — H AUSBURSCH
654
zeigte. Imnerxann MiinMi. 1,168; eure moralien klingen zwar
ziemlich liausbacken, aber es liegt doch etwas wahres darin.
s. 186 ; welch ein widerwärtiges voIk , welch ein unerquick-
liches land ! wie steifleinen , wie hausbacken , w ie selbst-
süchtig, wie eng, wie englisch! H.Heine 3,160.
HÄUSBACKER, m. bäcker der den von den familien gekneteten
leig ausbäckt. Jacobsson 2, 234'.
HAUSBÄLKE, m. groszer balke, tcie er für den bau eines hatises
dient: hätten vor lachen zerspringen mögen, wie sie sahen
dasz er {der fuhrmann) drei hausbalken quer über den wagen
gelegt, unw. doclor 665 ; diese {die alten Deutschen) hatten sich
nehmlich vereinigt: dasz sie, wenn einer von ihnen seine
Wohnung durch feuer, oder sein schiflf, verlieren würde, ein-
ander mit einem hausbalken , oder mit einem dielenbiocke,
aushelfen wollten. J. Moser rerm. Schriften l, 373.
HAUSBAR, ffi. ak schelte für eine brummige Hausfrau. Fischart
gros:»). 72; mein hausbär, wolte sagen meine hausehie (ehe-
frau). che eines mannes 178.
HAUSBAU, m.: dasz die herren Genz und Raabe auf-
gefordert wurden, einem Lauchstädter hausbau (bau des Lauch-
städter Ihealerhauses) die gestalt zu verleiben. Götbe 31,V35.
HAUSBAÜER, m. aedificator. Stieler 101.
HAUSBAüM, tn. i) laure.x mag ain bauspaum haijen, wan
lar haijt ain haus in ainer bedeütung, dannen kümt daj
wort laurex, sam Isidorus spricht, wer au; des paums holz
taveln macht und habt die an diu haüser, die widertreibent
die flammen von den haüsern. Megenberg 328, 11.
2) der balken einer bockwindmühle , der das rnühlcnhaus auf
dem bocke festhält. Jacobsson 2, 235'.
HAUSBEDARF, m.: ich komme eben jetzt vom schreibe-
pult, habe scharf berechnet und summiert was wir an haus-
bedarf im ersten jähr verzehrt. Kotzebde dram. spiele 8,125.
HAUSBEDIENTER, m.: seine brüder, vettern, Schwäger,
klienten und hausbedienten. Wieland 19,298; jetzt verdingte
er sich als hausbedienfer. Hebel 2 (1853) 74.
HAUSBESCHRÄNKTHEIT, f :
sich tauchen in der hausbeschränktheit kühle.
W. V. Humboldt ges. werke 6, 603.
HAUSBESEN, m. besen zum reinigen der hausräume: (die
besem) werden iederzeit von birkenreise gebunden und ent-
weder lang, wo nemlich unmittelbahr der stiel daran mit
eingeflochten und gebunden, zu hausbesem, oder kurz zu
stallbesem gemacht, öcon. lex. (1731) 249;
hausbesen und eins besens mer {bedarf man),
do man all nacht den hcrd mit ker.
H. FoLZ bei Göz H. Sachs 4, 153.
als Spottname für einen immer 5U hause hantierenden : spinnen-
stecher, hauszbesem , schwätzsieder. Fischart jros^m. 78;
schmollappen, hauszbäscm, spinnenstecher, kammerjungen. 82.
HAUSBESITZER, m. : dort stiesz er auf den hausbesitzer
herrn Hummel. Freytag Handschrift l, 24.
HAUSBESTALLUNG, f. sold für die führung eines haus-
wesens: werdet ihr dem teufel ferner dienen von hause ausz,
so möchte es einmal unversehens kommen , dasz er euch
von hause ausz holete, und euch die hauszbestallung im
ewigen hölliscben feuer bezahlete. Schdppids 466.
HAUSBESUCH, m.:
herr pater, hausbesnche musz
ich mir im ernst verbitten.
Langbein schwanke, Klärchen.
HAÜSBETTLER, m. mendicus qui in domos venu, vel ostialim
slipem coUigü. Frisch 1,428.
HAUSBEWAHRER, m. :
docli vaterwille traute dich an Menelas,
den kühnen seedurcbstreicher, hausbewahrer auch.
GöTHE 41, 194.
HAUSBEWAHRÜNG, f:
dies ist der lohn,
den mir mein treuer, hochgepriesner mann
für meine lange hausbewahrung giebt!
Stolberg 14, 120.
HAUSBEWOHNEND, part.: der sichere sorgfältige haus-
bewohnende ackcrsmann (im gegensalze zu den umherziehmden
hirten). GciTHE 24, 214.
HAUSBEWOHNER, m.: haushewohner , lichter an die
fenstcr, zu ehren des kaisers und der nation ! Grabbe Napo-
leon S. 115;
markt und .«irasze werden stiller,
um des liciits gcsellge flamme
sammeln sich ilie haosbewohner. Schiller qlocke.
HAUSBIBEL, f. bibel die dem familiengcbrauchc dient: dasz
ich im schränkchen des untergegangnen bruders eine alte
bausbibel, worin die jungen buchstabieren lernten, mit einem
weiszen bucbbinderblatte gefunden, auf das der vater die
geburtjahre seiner kinder geschrieben hatte. J. Pacl Qu.
FLrlcin 208.
HAUSBIER, n. cererisia pro familia cocla. Frisch 1,428*.
HAUSBIRNE, f. dne sorte kegelförmiger birnai mit plallcm
köpfe. Nemnich.
HAUSBLASE, f. ichlhyocolla. vcrgl. hausenblase.
HAUSBÖRNER, s. hausbrenner.
HAUSBRAND, m.:
bedenkt ihr nicht, wenn eure rechnung voll,
dasz nachbars hausbrand euch verzehren soll?
GöTHK 41, 267.
HAUSBRAUCH, m. l) bedürfnis einer Haushaltung, baus-
bedarf: was indessen niemand zu läugnen begehren wird,
ist diesz: dasz es uns menschen vor der band noch immer
unmöglich geblieben ist, eine gestalt die uns schöner vor-
käme zu erfinden als die gestalt unsrer eignen gatlung. und
das ist für unsern hausbrauch genug. Wieland 24, 150.
2) brauch, säte in einer familie: für das zchilegah (kirchen-
gehen) war im hausbrauch gar kein platz. J. Gotthelf schul-
denb. 83.
HAUSBRENNER, m. l) einer der ein haus anzündet.
2) der Schröter, feuerschröter, Hirschkäfer, lucanus cerrus. er
soll nach dem Volksglauben auf seinen hörnern glühende kohlen
in gebäude tragen und diese so in brand setzen; oder das icetter
schlägt in die häuser, tvorein man den Schröter getragen hat. vgl.
Grimm mythologie 167. hauszbrenner, Schröter, ein groszer
hörnachter kefer. Henisch 521,35; et scarabeus iste majus-
culus, qui galeatus rubris cornibus, et alis festaceis armatus,
husbrenner dicitur in nostra regione. Ldther aliquot nomina
propria Germanorum ad priscam etymologiam restituta (1537) A 4*.
a«c/j blosz brenner (s. brenner 6), welches Luther in der rand-
bemerkung zu unzifer 2 3/o5. 8, 21 hat: das die Griechen heiszen
kynomyia, ist alle böse würm, so da schaden thun im felde.
raupen, fliegen, zwifalter, emmeisze, kefer, brenner und der
gleichen geschmeis, das beume und gewechse verderbet;
denn der grosze schwarze hauszbömer
schwang die flügel, streckt seine hömer.
froschm. 3,3, 12, Bbbv».
niederd. hüsbörner Schiller thierb. 2, 18.
HAUSBRIEF, m. kaufbrief eines Hauses. Frisch 1, 428*.
HAUSBROT, n. das für den gewöhnlichen Hausbedarf zube-
reitete, minder feine brot: grob weiszenbrot, das sein kleien
noch hat und nicht gebeutelt ist worden, hausbrot, speis-
brot. Henisch 520 ; man machet darvon (vom rocken) nur das
gemeine hausbrot vor den gemeinen mann. Tabernaem. 5S6 ;
rockenbrot wird genannt hochteutsch hausbrot und speis-
brot. 591; (ein krankes pferd) mit heiszem hauszbrodt reiben.
Pinter Pferdschatz (1603) 388.
HAüSßRUNNEN, m.: nun hatte er einen guten haus-
brunnen. J. Gotthelf schuldenb. 72.
HAUSBRÜTLING, m. : hausbrütling, terme de mepris, casa-
nier. Rondeau 287; ein welterfahrner liebster wird ihr der-
maleins besser anstehn als ein elender hausbrütling. Chr.
Weise überß. ged. 2, 261.
HAÜSBUBE, m. junger diener in einem Hauswesen: ich hab
... vil wüster schamlicher ding vor dir gethon, die ich vor
dem mynsten der husbuben nit gethon hei. Keisersberg
bilg. 205\
HAUSBUCH, n. l) register der ausgäbe und einnähme im
haus, Über oeconomicus. 2) grundbucli, cataster, über redituum.
Frisch l, 428\ 3) buch zum Hausgebrauch:
auch zur belustigung noch dies buch von garten- und baumzucht,
aufgeklappt, das der vater dem cidam schenkte zum hausbuch.
Voss Luise, 3. Idylle IL
HAUSBÜFFEL, m. der sich mit der Hausarbeit plagt (vergl.
büffel und büffelarbcit, Ih. 2,492): ich merkte daselbst in
kiuzen dasz er gesinnet sei mich nur zu einem hauspüffel
aufzuziehen, denn ich wurde täglich zum bierbrauen, branlc-
weiubrennen und anderer groben hausarbeit angewiesen.
Felsenb. 2, isö.
HAUSBÜRDE, f. negotia domeslica. Stieler 133.
HAUSBURSCH, m. ein bei jemandem zur mietHc wofmender
burscH, namentlich studenL Adelung, auch studeiU, der mit
einem andern in demselben hause wohnt: N. ist mein haus-
bursch.
655
HÄUSCHEN - H AÜSDIRNE
HAUSDUMEL - HAUSEHRE
656
HÄUSCHEN, n. kleines haus.
1) im eigentUdien sinne:
ach Amor dasz ich mücht als eine fliege werden,
mich düDkt ich stünde wol am besten hier auf erden.
ich nrolt ein häuszichinn aufliauen bei dem mund
der jenen die icli weisz, darinn ich wohnen kundt.
Opitz 2, 145;
die menschen stecktcfl in ihren niedlichen, netten häuschen,
die über der halde an den schroffsten abhängen und bis
auf die bergspitzen zerstreut liegen; niedliche, nette häus-
chen, gewöhnlich mit einer langen, balkonartigen galerie.
H.Heine 2,55;
an Reichenbachs bröcklichte mauer
lehnt sich das häuschen, wo streit kaum mir ein stübchen
gewann. Arndt yed. (1840) 246;
in dem garten steht ein häuschen
still von linden überdacht. R. Reimice Ueder 119.
den plur. häuserchen stall des gewöhnlichen bauschen braucht
GöTHE als anklang an die lieimisclie tnundarl, die dergleichen
bildungen liebt: sehr viele häuserchen stehen unmittelbar in
den canälen. 27, 107.
2) häuschen, verblümt für abirill, wie englisch Ü\e little house;
so in Obersaclisen. RIjdiger neuest, zuw. 2, 82 ; aber auch ander-
ueit, z. b. in der Wclterau: aufs häuschen gehen, vgl. häuslein.
3) die redensarl aus dem häuschen sein , kommen , die
fassung verlieren, ist nach dem bei haus H, 5, /i (ftp. üil) aus-
geführten zu ermessen: Berthold kam in dem fremden wesen
ganz aus seinem häuschen. Arnim kronenw. 1, 7t ;
warum bist du gleich auszerm haus,
warum gleich aus dem häuschen,
wenn einer dir mit brillen spricht? Göthe 3,161.
HAUSCHLAG, m. : hauschläge {nennt der müller) die aus-
gehauenen rinnen auf beiden mühlensteinen , die von dem
mitlelpunkte bis zum umfang nach einem bogen laufen.
Jacobsson 2, 235'. sie sind viit der haue in den slän geschlagen.
HAUSCHWERT, n.:
mit hauschwerdtern. Götling. musenalm. 1777 s. 29.
HAUSDEUTSCH, n. ; die kinder wollen hochdeutsch lernen,
ohne ihr hausdeutsch zu vergessen. L. Aürbacder über den
dialecl . . in Volksschulen, in seinen pädag. phanlasien München 1838.
HAUSDIEB, m. l) dieb der unter den gliedern eines haushaltes
befindlich ist: für die seckelabschneider, die hauszdieb, un-
getrewe knecht. Fischart chez. (1591) P3';
wer ein laschen hat grosz und weit,
da selten ein Pfenning innen Icit, . . .
und unter seim gesind ein hauszdieb,
und ein weih das in nicht hat lieb.
eins freyharls predig (Frankf. 1563) B6*;
wenns auch ein hausdieb ist. Ja, wer entdeckt ihn gleich?
Göthe 7, 80;
es kann kein fremder sein ! ein hausdieb hats genommen !
s. 85;
gegen Viktor, den sobn ihres erbfeindes, den nachfahrer des
hausdiebes der fürstlichen gunst. J. Paul Hesp. 2, 45.
2) hausdieb, der Sperling, fringilla domestica. Nemnich 2,1661.
HAUSDIEBIN, f.
HAUSDlEßSTAHL, m.: welche dem guten buchhändlcr ..
vor dein munde wegzuraffen, ein haus- und kirchendiebstahl
wäre. i. Paul Nepomuk-kirche 139.
HAUSDIENER, m. diener der zu einem haushalte gehört: der
hausdiener, dein sein lohn in einer verschlechterten raünz-
sorte bezahlt wird. Kmh rechlslehre {nQH) s.xxxn; der kerker,
der ihn (Ludwig XVI) empfängt, dünkt ihm gegen die quäl
der letzten tage eine willkommne zullucht; noch sind ihm
ja die seinen und einige treue hausdiener gelassen. Beckers
wellgesch. 12,270,
HAUSDIENERSCHAFT, f.: unter einer ausjewähltcn be-
gleitung eigener bausdienerschafi . . . erschienen die wahl-
bolschafter so wie die kurfürstcn in pcrsun. Göthe 24,304;
die hausdienerschaft hat das Privilegium Weihrauch zu fubri-
circn und für rcchnung des bischufs zu verkaufen, preusz.
Jahrb. bd. 20, s. 301.
HAUSDIENST, m. dienslleislung für die haushaltung.
HAUSDIENST, f. Jienerin eines hauset, nach dienst 7. Iheü
2, IH'J: domestica minisleria die haiiszdicnsl Dasyp.
HAUSDIRNE, f. dienytmayd eines hautwesens : zum ersten ist
sie bausdiernc, nicht die fiuw. Lutuer 4, 13:>*;
., , ,. III, n In II,
iiiiii M.ipd-n p.irhcn.
fatln. tp. 9i, 5|
hausknecht und hausdiern
Eol ain ander hofTiern. 401,22;
die köchln oder die hausdieren.
lloFFHANN gesetlsch. 130 ;
nl. huysdeerne focaria Kilian.
HAÜSDÜNKEL, n.:
viel lieber begeh ich mich gleich auf die flucht,
und kehr in das alte hausduukel hinein. Tieck 10, 363.
HAUSE, HAUSEN, m. der fisch acipenser huso, ahd. bftso
scarus, esox Graff 4,1059; mhd. böse:
rumbus sit störe, esax lass, ypotus hüse
lit
und häsen:
Haupts zeitschr. 5, 416, 90;
schouwet wie der hüscn an der Tuonouw gründe
lebt des tröres süeje gar. fruuend. 577, 15;
nhd. echinus buse, huze Dief. 194*; huso ein husz Dasyp.;
husz, hausz, ein fisch, antacaeus Maaler 233'; nl. huys, an-
tacetis, esox, exos Kilian;
frau, wie gebt ir des hausen ein pfund?
man sagt, er sei im morzen gesund.
fasln, sp. 370, 19.
HAÜSECKE, f.: er sab .. einige mal nach der feindlichen
hausecke hinüber, wo das zimmer des doctors lag. Freytag
handschr. 2, 6.
HAUSEHRE, f. in mehrfachem sinne.
1) ansehen, glänz, ehre des hauswesens und seines Vorstandes,
mhd. bösere in manigfacher anwendung , mit Übergang der be-
deiUung in den begriff hauswesen überhaupt, worüber Haupt in
seiner Zeitschrift 6, 3S7 ff. eine ausführliclie auseinanderselzung
gegeben hat: die bauszeer, hauszhaltung oder hauszhab, res
familiaris atque domestica Maaler 214'; einer umb dessen
bauszeer es wo! Stadt, conslitulus bene de rebus domesticis das. ;
ith dächte, ihr rettetet indesz die bausehre und gäbt uns
was zum besten. Göthe 14, 91.
2) die nhd. quellen betonen namentlich bei hausehre das an-
sehen eines hauswesens, sofern es durch die frau, wirtschaßlidi
und sittlich, gestützt wird: bausehr ligt am weih, und nit am
man. Agr. spr. (i560) 236'; im sprücbwort sagt man: die
hauszehr ligt mehr am weih, dann am mann. Fischart ehez.
(1591) Me*;
■vraz, rates man daruff {auf den tisch) setzt,
von spise und von Silbergeschirre,
das lag alles gar irre
under dem tische in der eschen . . .
der rilter schämte sich des gar sere,
er gedacht dis ist nit kliig huszere. Dioclet. 3762;
einer hat mir mein hauszer genumen,
und ist meiner frauen insz flaiscbgaden gestigen.
fastn. sy. 709, 20;
der einem geet zu seinem weih naschen,
und spilt mit ir in der untern taschen,
da mit er im sein hauser stilt
und schwecht im seiner eren schilt. 710, 10.
3) daher wird die hausfrau selbst eine hausehre genannt: sie
(die eliefrau) ist ... sein hauszehr, bauszirew, hauszfreüd,
hauszzierd ... Garg. 72'; also ist ein frommes weih eine
hausehre und hauszierde. Roth hausmütler-ABC Cl'; nicht
eine bnusmutter, sondern eine hausotter, nicht eine haus-
frau oder hausfreude, sondern ein bauskreuze, nicht eine
hausehre, sondern eine hausbeschwere. Js'; und so tritt haus-
elirc geradezu als litel für die gattin seil dem 16. jahrh. auf.
gewis mit unter anlehnung an die bibelsptaclie , wie die unten
folgende stelle aus Albebus ehbüchlin bezeugt: die könige der
heerschaaren sind unlernander freunde, und die hausehre
Iheilet den raub aus. ps. 68, 13 (xcti lii^aioTtjTt rov oi'xor
8ie)da9'ai a>n)ka sepluag.; Luther hatte 1524 dafür noclt hau--
zierde gesetzt) ; uff der gassen sollen die weiber nit ein lang
concilium iialten, sonder sich bald wider zu hausz innchen,
davon sie den herlichcu namen in der heiligen schiift haben,
das sie hnuszche (lies buuszehr) bciszeii. E. Alberus ehbüchlin
G2'; sie (tias weib) niusz nit vil ausz dem hausz spacieien
gehn, wo sie daz nit Ihiil, so ist sie kein hauszehr, sonndrr
ein hauszschaiid. G3'; mit seiner bauszehrc, desWolguslischen
supcrintcndonten d. Jacubi Rungii locbter, hat er sehr wol
gerathenc kiiidcr gezeuget. Micrälius alles l'ummern 4, 64 ;
mit zugesüztcr bcgrüszung seiner vilverlraulen hauszchr'>.
BuTscHRY /id, A(ifi:f//fi 11 ; das golt meine lnTzlibsIc bauseiirc
von discr weit in die ewige Seligkeit nbgefodcri. 80.".; d"-
der gemeine gullc.t wolfürgcsetr.len treunciszigen pi'
berzvicigelieble bauszehrc. Rist /'arn. 444; der piszgr.m
hauszwirtb nclist seiner ebenfalls ciszgraucn allen bauszebie.
657
HAUSEHRE — HAUSEN
HAUSEN
65S
irrgarten 51; indessen glaube ich, tlasz blosz, um die gleich-
heit im ehestande zu erbalten , einem solcben manne nicht
unrecht geschieht, wenn er eine geschminkte hausehre hat.
J. E. Schlegel 3,367; dasz seine hausehre für galanlerie-
waaren an krämer und packenlräger 300 thaler schuldig
wäre. Moser patr. phanl. l (179S) "2; die liebe hausehre des
braven pastors nahm das ding zwar nicht völlig so. Sicgf'r.
V. Lindenberg i, 56 ; trotz dem gebrumme seiner alten haus-
ehre. 1,137; er nüthigte das schwarze genie um so zuver-
sichtlicher hinein, da er wuszte, dasz seine strenge haus-
ehre nicht zu hause sei. 1,155; wir mögten den zärtlichen
dichter, der so liebliche lieder für seine hausehre singt,
in vorigen zeilen für sein mädchen haben singen hören.
2,37; erst gegen abend könnt ich mich entschlieszen , zu
dem groszen werke des büchertransportes zu schreiten, sie
wurden mit hülfe der alten hausehre ausgepackt. Schleier-
MACHER (a. s. kben l, 339); und liesze unsere hochweise haus-
ehre nicht ihre Schlüssel überall stecken und herumliegen.
HoLTEi Lammfell 170; spielend mit den bedeiilungcn 2 und 3:
noch ungekräiikt ist völlig die hausehr unseres neulings;
deim die bald, nach der regel, ihm hausehr ist und genannt wird,
hörete nichts. Voss Luisej 3. Idylle II.
HAÜSEID, m. juramentum domeslicum, volunlarium. Stieler
364; hauszzank und eid, macht nit grosz leidl. hauszeid
soll man verhalten , nit halten . . man heiszt die zorneid
hauszeid. Agr. spr. (1560) 303'.
HÄUSEL, H. i. häuslein.
HÄUSEL, m. fem. häuselin, mielhbewohner eines hauses, das-
selbe was hauser 1 («. unten) :
seine frau liebste soll auch da sein,
nebst ihren söhnen und löchtern,
nebst ihren knechten und ihren mägden,
wie auch häusel und häusciinnen,
kurz, das ganze hausgesinde. weim. jahrb. 3, 367.
HAUSELLE, f. ulna domestica. Stieler 374.
HÄUSELN, verb. einer kleinen hauswirtschaft vorstehen, wohnen ;
auch sparsam sein, in der Schweiz. Stalder 2, 27 ; anderwärts
kinderspietc treiben, tändeln. Schm. 2. 249. — Ab davon liegt das
pari, gehäuselt an der folgenden stelle, wo es in felder gelheilt,
gewürfelt bezeichnet (vgl. unten hausung) : seit letztem dienstag
wird ein 4'/2 jähriger knabe, namens Rudolf Baumgartner,
aus dem rennweg in Zürich, verraiszt. derselbe trägt ein
gehäuseltes rückli, gleiche hosen und gürtli, weisze strumpfe
und bereits neue lederschühli mit gehäuseltem luch gefüttert.
neue Zürcher zeilung 1S54, «0.160.
HAUSEN , rcrft. habitare. ahd. hösön , mhd. hösen, in zwei
hauptbedeulungen , die nach intransitivei- oder transitiver fügung
sicli bestimmen.
\. hausen intransitiv.
1) die älteren quellen geben das wort in dem sinne mit einetn
hause sitzen, oder sich häuslich niederlassen: gleich wie sich die
schiffenden fräwen, wann sie das land und gestad erreichen :
also ergefzt die hausenden, wann sie ir vatterland und erb-
lichen sitz antreffen, nachdem sie vielleicht geschäft halben
lang danon sint ausz gewesen. Fischart ehez. (1591) J3';
wer auch da wer, der da huszen (sich anbauen) wült. weisth.
1,13S; alle die da syen uf des ehgenannt gottshuses zu s. Al-
ban gutern, so die husen wollen, so mag einer howen in
denselben hölzern ein ufhebi (dacltsluhl). 327. mit einem
adverb der richtung: wiebald ober beide vülker, mit gleicher
begierd, Galliam zu bewonen , über Rhein kamend in das
lang begerd land, und da jeder Iheil gedacht weiter hinein
ze hausen (sich anzusiedeln). Stumpf chron. 1,168'; mit einem
duttv der pcrson, einem ein haus herrichten, bauen: [die bienen)
habent auch die art, da; sie des ersten dem volk hausent,
und dar nach den künegen. Megenberg 290, 20.
2) oft aber tritt auch in der alten spraclic der begriff der an-
siedlung zurück, und nur der des wohnens , sä es im eigenen
oder fremden hause, hervor: alid. (sie) hüsont in himile. Notker
bei Graff 4, 1059 ;
mhd. daj («c/i/o«: des knnigs) was eben undc wit.
besetzet vil höfliche
mit raanepem fürsten riche,
die alle gohüsct heieti dar in.
ei wa.s der peste gewin
da^ si alle unih *re striien. Wigalois 10, 12;
daseihst (in einem «c/itossc) ich immer hüsen wil
bis an meines endes zil. Hätzlerin 153», |2l-
nhd. hausen, loger, elre logd, demeurer Ronoeai; 287 ; di viende
des menschin sint sine gehfiscten {domeslici, Lutuer haus-
IV. II.
gesinde, s. d.). Behainis ev, bucli, Matlh. 10, 36 ; lassent mich
den kranken pilger, der hinnen bei euch hauset, sehen.
Aimon bog. Biij ; das niemand daselbs wonen , noch kein
mensch drinnen hausen sol. Jer. 49, 18, vergL 33 ; i. f. gnaden
losament bestellen, da sie den winter über hausen möchten.
ScHWEi.MCUEN 1,246; zu hause? seil ehegestern hause ich.
Hippel lebensl. 3, 173 ; die schöne gegend . . in welcher ich
eine zeit lang wohnen und hausen durfte. Güthe 25,225;
in einer schönern und freundlichem gegend . . wo vorzüg-
liche menschen herrschen und hausen. 23,174; in der thal-
stadt hausen die Studenten und die city. J. Pail Tilan 1,170;
um in seinem kinderlosen wittwerstande gemeinschaftlich mit
ihm zu hausen. Tieck 4, 42 ;
bat sie umb goHswilln, das sie doch
im nur dieselbig nacht weit günnen
das er bei ir möcht hausen dinnen.
ß. VV ALDIS Esop 2,98,8;
in dein reich geht der enge steg,
da wollen wir frölich hausen.
n. KsAüST gnssenhawer s. 34;
wo hausest du? wo die erzeuger? Odyss. 1,171;
wenn des lebens stürme brausen,
feinden sich die menschen an,
können nicht zusammen hausen,
friedlich gehn auf einer bahn. Rückert 169;
der Vesuv an dem wir hausen. 296;
und alle horchen staunend auf,
die in den ihälern hausen. Uula:<I) gcd. 3S7;
romantische menschenfresser
hausen auf jenem scblosz. 407.
in bildlicher Verwendung:
lasz mich in deins herzen clauscn
hinfür als her lieplich hausen.
neujahrswunscli im weim. jahrb. 2,80;
wie kann in der die wuth des tenfels hausen,
in der die weit nur einen enget sah? Göeingk 1,91;
haust wirklich eine seel in mir? Götee 3,115;
ach was ist das für ein grausen,
wenn ein maler und ein dichter
beid in einer seele hausen! R. Reinice lieder 54;
die alten . . glaubten noch dazu , dasz jeder gott in seiner
Statue hause. J. Paul Titan 1, 27 ; Schoppe sagte . . jede noth,
selber die allgemeine, hause doch nur in einer brüst. 3, 13S;
dasz zwei sich ganz entgegengeselzte dinge in dem menschen
hausen, ein gott und ein thier. Klinger 11, 15.
3) der begriff der gescidossenen Wohnung verliert sich und hausen
beloiit nur noch den längern aufenihall an einer st4tle, unter
einer geeellscliaß : Wilhelm erinnerte sich ähnlicher scenen,
da er noch unter den schauspielern hauste. Güthe 23, 8 ;
in die bände der in Mittel- und Niederdeutschland hausen-
den literaturfreunde. 45,186;
(du beitelmann) im sommer untern zeunen hausest.
H. Sachs 2, 4, 2'';
kTirz, lieber hätte sich einer mit drachen
und haselwürmen herum gezaust,
als, wenns ihr die tyrannih zu machen
einfiel, mit Sonneniön gehaust. Wiklakd 21, 14;
hier wendet sich der gast mit grausen:
so kann ich hier nicht ferner hausen.
Schiller ring des Potykrales.
von thiercn und gegenständen:
da sah man eher hausen
in tiefer waldesnacht. Uhland ged. 375;
katzen die im keller hausen. R. Reinice lieder 296;
wer hat den sand gezählet,
welcher im wasser haust? Arndt geft. (1840) 478;
vom lieimisch sein in einem zweige des wissens: buch der be-
trachlungen erweitert sich jeden tag demjenigen der im Orient
hauset. Göthe 6, 140.
4) auch in bezug auf abstraete dinge wird hausen angewendet :
mhd. eg het diu grö3;e armuot
zuo im gehüsct in den glet (hviie),
da seilen fröude bi bestet. ^Vi(iutoi<i 147, 1^,
nhd. das recht wird in der wüsten woncn, und gercchtigkeit
auf dem acker hausen. Jes. 32,16;
(ligyplisctic ruinen) wo barbarei und kunst verknüpft zusammen
hausen. Rrocees 2, 699;
hier wandelt noch die liebe,
hier hauset noch das glück. Götue 1, 126.
6) hausen gewinnt die bedeutung bleiben, weilen, in der ein
längerer aufenthall {wie bei 3 und 4) nicht hervorzulreleji braucht:
unsers hausens ist also nit.
J.'Atrer 223» (1110, 8 Keller);
42
659
HAUSEN
HAUSEN— HAUSENBLATTER -
660
wenn der scharfe nordwind saust,
keine roso langr haust,
liald ihr stocli daslohot
nnitteruückt und roseukuhl.
J.C.GöRiwc licbes-meyen-blülimlem (1654) (i:j;
jue:endmuth
will nicht weilen und hnuscn. Körner 1,239.
fi) liaui'eii, bezogen auf das eheliche verhäÜnh zimclicn mann
und weih: die jenigen, so bei liäuszliclien weibern liic nicht
wol gchauszl liabei). Fisciiart eltez. (1501) G s* ; das or {der
eliemann) fridlich in aller gotlsforclit mit ihr {der frau) banse,
gern arl)eite, nnd «einem hause mit ehren I>eger vorzu-
stehen. L(i"; Cato acblele seiner franen, als er inil ihr hän-
sele, gar wenig, als die von ihm aber verstoszen nnd einen
andern genommen, liebele er sie iniuünstig. Schuppius 52t ;
einer ncuecrmnldten , der Srlinlferin, wird ztigesunycn:
wie frisch wird nun dein .Schälfer hausen,
und in den linslcrn büschen mausen. Kist l'arn. 550;
die letztere stelle zeigt, wie liansen auf geschlvclillielie verliällnissc
uberliaujil zielen konnte: lassend uns zesamen hausen oder
beüren , eundem Ihalamum ineamna. Maalkr 214'; diszinahls
sähe er, dasz ein besziicher nngestaller scheim, ein zwerg,
mit der kiinigin sclicrzte, nnd dergestalt hänsele, dessen sieb
der könig wohl solle bedacht haben. riiiLANDKti 2 (1043) 1^07;
ich sprich: man flndt noch mnngcn man,
wenn in ein frau sieht gutlich an,
so wil er i'iber nacht J)ei ir hausen.
fiif^tii. sp. 119, 34.
7) dtr beipi/f hausen, wie er iwmentlicli oben unter no, 1,2
und 0 belegt ist, sclilieszt zugleich den- beijrijj liaushullen , wirl-
schapcn in sich, welcher in folgenden stellen besonders deutlich
hervor tritt: mancher banset, als habe er sein gut gefunden
(er stellet sich, als wenn man ihm gebeten habe in eil zu
verderben). Scuottkl 1125"; dasz er mehr als looo Ihaler in
einem b.mm iigen hätte , aus welchem {gelde) er den bauer
hausen liesze, nnd um solches nie keine rechnung begehret.
Simjil. l,44n Kurz; derohalb setzt ich mir vor, hinfiirder
anders zu liansen imd alles wieder doppelt einzubringen,
was ich biszher verliedei licht. 4,22; potz fickrament, sagte
ich, jetzt sehet, frau, was vor ein geist in nnscrm hnnsz
gehet; das ist schön gchansel. s. 70; ich iianse mit mir
selber, aber weisz, was l'ür einen kleinen hauszrath ich habe.
ScHUPi'iüs 742;
mit vielem läszt sich schmausen;
mit wenig läszt sich liauscn. Götiie 10,217;
der mann gewinne was er wöll, halts das weih nit znsamcn
und hauset im Irewiich inid wol, so isis umb snnst. Ar.n.
sjir. (1560) 23G'; ein bi'ichbinder bct ein frommes ehrliches
weih, das im wol banset. Katziporns V«'.
Von hier aus verläuft das wort in prägnanter bedeutung nach
zuri sräen hin.
s) in scliweiznischen quellen hriszt hausen gut wirtscha/len,
simrsam sein: er hauset, er ist Imushüllifi Stai.üer 2,27; hftsa
hiiushtiUen , sparen Tuiii.En 280* ; wir' wollen hausen nnd sparen.
Testai-ozzi Lienh. und Gertr. 1,05; ho, sagle der alle, es
macht sich, man iiansele so viel man konnte, man hülle
leicht ds halb mehr bramhen können. J. Gottiielf erznhlg.
4,204; gerade so ist es beim bansen iiisbesonders, l)eini
besserwerden, sich bekehren, im allKi'meinen : frnchllose ver-
suche, riickRille sind die g» lührliehslen feinde. Uli d.knecht t,s.
ähnlich in K'irntlien :
halt i zu wenig hier und wein,
(1.1 mach i kiiiK- Hausen,
da giesz i fflei liral wasser drein,
da» muesz mer helfen liausen. I.Rxr.n 270.
9) andmsfits übel wirtsehnften , wüsten, in strengerem und
freierem sinne: mit verkoufen und oncli mit verschenken der-
maszen gi-biiset, das inen . . ire erbreciil genommen. JIotz
Ziirrhrr urkundenbvch 1,132 (von 1505); nicht allein wirdt so
gehaiiscl wo es feindl isi, sondern auch der freunde wir<lt
wenig Tersrlioiiet. KiRcniior viUiJ. disrijil. 131 ; aber wie ich
rn rart<«z gchauflt, davon «chwieg ich stockstill, dann ich
»••rpto, er m<"igle e« zu L. anszkringen nnd mir deszwegen
b<i niciitem weih einen biisen rauch machen. Simjd. I,.ti>n
liiirz; die sr)ldaleii hau.^en auf den diirfern, mililes poimUintHr
fl'/ro«. STEiMnAcii 1,719; weil eine feinrsbninst, obwohl ohne
Kchnden, da K''lian«el halle, J. I'aim. /legrlj. 4. 1 ;
ilinweil dnr frinil huiml no nn|,'fue(f
wider rhriiinm unil nein nnnien
und unter ium rlirlmn »INninnn.
drunil) wil ich hausen immer hin,
ein wolf bleiben, wie ich jetzt hin.
B. Wauus />(.;> 4,3,79;
dasz ich auch schcinliar leb
und neinni in gutem zu ! nicht scheinbar n<ir von auszen,
wie farisccr tliuti, die haimlich änderst haus/cn.
RoMPi.ER VON Löwenhalt 34;
der pursch lärmt, fährt aus und haust.
GÖNTilKR bei Slci-nlifu-h 1, 719;
du siehst das werk der frühen froste:
so hausen die oktohcrwesie ! Wielanu 9, 170;
hättet ihr den fuchs gesehen
auf der llaclien schüssel hausen,
neidisch müsztct ihr gestehen:
welch ein appctit zum schmausen! Götrk 3, ISG;
das reich das sie beschützen sollten,
es liegt geplündert und verhsert.
man laszi ihr toben, wüthend hausen,
schon ist die halbe weit verthan. 41,12;
giebt es keinen gott? was? dürfen
in seiner schöplung konige so hausen?
.Schiller Hartos 5, 4.
daher im bairischen Sprachgebiete liausen, lärmen, sdireien, zanken.
SciiM. 2, 249 ; hausen schellen, schimpfen, zanken, verweis geben
Lexer 136; ähnlich von dem quälen und peiniijen einer person:
(der landsliiiecht) hcgundt mit der fraweu zu hausen.
b. Waldis ICso]) 4, 12, 13.
II. bansen, transitiv gebraucht, mit der bedeutung einen ins
lidus aufnehmen, beherbergen, hat die nebenform hausen, die auf
ein früheres husjan zurückweist und sich an das nord. Iiysa be-
herbergen anschlieszt: die so lose leute heusen, hegen, auf-
halten oder koppeln, sollen .. 10 pfund verbrochen haben.
Walter dilm. ehron. (1683) 168; doch tritt diese form gegen
hausen, mhd. hfisen sehr zurück: swcr in {einen todlschhiger)
bfiset oder bcrbergl, der glt zchen pfund äne gnade. Dinkels-
bühlcr Statuten in Haupts zeitschr. 7,06; slet erj ((/«.< «Wi) aber
i*i;, und en bofct noch en hiiset noch en ejet noch en trenket
erj nicht, so ist her unschuldic an deine schaden. Sachsensj).
2,40,2; daj der vorgenante pi'alTe ,. von etteligen unsirn
bürgern gebüset und gehcimet sie. Norditäuser weisthümer
(14. jahrh.) in den neuen mittheilg. des dür.-sächs. allerlhums-
vaeins 1,3,17; housit odir bcgit ein man dybe odir roup.
Magdch. Idunie i, 51; genanten .Marlinum, oder seine anhenger
und folger, irgend auf eine weise hausen oder herbergen.
scliriß Ixos X bei Luther 1,103'; den vorgemelten Martin
Luther nicht hansei, hövet, etzt, trenkt, noch enthaltet.
kaiserl. edict ebenda 4Cl'; alle schelke kann sie {die well)
hausen , leiden , sich ir erbarmen nnd uberhelfen. Luther
6,194'; und {papst lionifacius) lies ein urteil gehen, weil der
könig {l'hilipp von Frankreich) im nicht gehorsam werc, wider
die Coliimncser, so iler heiligst vater Bonifacins aus groszcm
mutwillen vertrieben halte, sonder dieselben hauset und
unterhielt, zum ungehorsam wider seine heiligkeil, so muszt
er im bann sein. 480'; so soll bei leibes strafe verboten
sein, dasz niemandes keinen fehder wissentlich hausen, hofen
oder in seinem gebiet wissentlich dulden sol. Schickfüsz
schles. cluronica 3, 162; hierauf ward dem herrn pater injnn-
giret, keine köchin zu bansen, welche nicht von sechs tmd
dreiszig jähren wiire. Chr. Weise kl. leute 40; auch wollle
<ior bund nicht leiden, dasz ein unlerllian des slifles einen
auswilrtigcn befehdete, und wer es thiile, den sollte niemand
hausen noch hegen. Moser osnabr. gesch. 3, 204 ;
Atlas aber sein bit veracht,
drum das er Jupiters snn was,
hics er in fareji stracks l'ürbas,
dann er in Kar nit hausen woli
und lorcht seiner öpfel von K'old.
WiCKRA« pitijer X2, Id. 79;
wann wir Christen in dem sinno
nicht (Irr beiden wesen hausten. Logau 2,168, 17 ^
die kühn es wagt
den nucbbeladneu niaiui zu hausen. Stolrrro 1.1, 19.
UAIISKNBLASE, f. die blase des hausen, zum anklHien von
dingen gebraucht: so mnsz man hausenplasen zum .sode neinen
{zum sieden des hechles) . . darvon kleistert oder klebet die
brüe. Mathks. Sar. 34*. (/«/^»r (/(> /(»rm hansblase, s. sp. (i:<l:
hernach bekam ich elliche bliiltcr zart jnnglernperganient ;
dnR fitrbte ich rolli, gelb, blau und gnln und richtet v* zu,
dasz .. man nicht ei kennen konle, was es vor ein inaleri.
ob en hörn oder hauszblascn, pergameut oder eine talchart
gewesen, .S'(hi;i/. 4, lOS Ann.
IIALSKMtl.ATTKH, /". hausenblase: die hauscnbluteren, leA-
661
II AÜSENGEL — HAUSFLUR
HAUSFRANZOSE — HAUSFREUND
662
HAUSENGEL, f«.; das die weiber keine menschen, son-
dern engel sein, nemlicL gulte uder büse bausengel. Botscuk»
ralin. 128.
HALSENKOPF, m. das eingetceide des hausen. Nemnich.
HAUSENHOGEN, m. der rvgen des hausen, cuviar. Jacobsso»
_, -OJ .
HAUSENSTEIN, vi. calculus belugae, ein knOdielclien im köpfe
des hausen. Nemmch 1, 755.
HAUSENTE, f. anas domeslica.
HAUSER. «I. 1) der in einem hause wohnt, mielsmann, zins-
viann. in fiinnberg. Scum. 2, 249.
2) haashdlUr, uirtscJiaftsßhrer. Schm. 2, 249. auch in bösem
sinne, einer der schlecht haushäU, verschwendet. Stieler SOI.
3) beherberger: wann nun ein ieder (befehder) zu kreisz
geliracbt wird, soll er umb seine gesellscbaft, bauser, höfer,
lieförderer befraget werden. Scuickfusz schles. chronica 3, 104.
HAUSEKIN, /■- haiisliällfrin : hab seiner hanszerin auch
-liehen (ijeliehen) 10 gülden. 0. Rüland handeUb. 22. besonders
Jie haushällerin i*i einem convente , pfarrhofe und deryl. Schm.
2, 249. pfarrerskOcJiin Felder reich und arm 90.
HÄUSERMARKT, m.: sie haben auf einem häusermarkt
\iel bäuser, Iheils aufgeseLzet, Iheils zerleget stehen, pers.
reisebsscbr. 3,1; obgedacbler häusermaikt, da man ein bausz
kaufen , und inner zween tagesfrist auf eine andere stelle
der Stadt fertig aufgebauet werden kan, weil die balken all-
bereit in einander gefüget, das.
HÄUSERN , verb., wie hausen H, beherbergen : kein huren-
vülk häiisern. snclis. proeinzialbt. 10, 502.
HÄUSERREHIE, f.: die häuserreihe einer strasze, eines
lilatzes.
HÄUSERSCHATTEN, m.: dann wurde der hinunel immer
freundlicher und röther, die schwalben und die blütenbäurae
immer lauter, die häuserschatten breiler. J. Paul Qu. Fix-
lein 201.
HÄÜSERWERTH, »j. ; der häuserwerth sinkt in kriegszeiten.
HALSESEL, als bezeichnuug eines ehemanns: derhalben ein
mann erstmals dem weih in disem fal nicht zuvil einräumen
soll, sondern allzeit den zäum bei bänden behalten, sonst
wo es solche waldesel oder nl meh hauszesel übersehen . .
FiscuART ehe:. (1591) L l'.
HAUSEULE . /■. strix passerina , der kleine kauz, lodlenrogel.
Nehmch 4, i:HSO.
HAUSE.\EMPEL, n. ; (mein) durch die einheimischen und
hauszexempel , dann durch ausziendische und frembde. Me-
laaciUhun declam. v. kaiäer Friedrichen, deutsch v. Lautekbeck
(I5t;;i) 8.
HAUSFARRE, f. färbe eines geschleclUs : ein kleines paus-
backiges niannlein, in die faausfarben des fürstcn gekleidet.
E. T. A. HoFTMANX S, 21.
HAUSFEIND, m. feind eines hauses, einer familic, tnimicus
domeslicus, Simulator. Stieler 461 ;
mhd. vrirsictitekeit und giioier rät
näriuwen ir enweder? hat.
wa iiher der hüsvigent ist,
vil kiioi wirt man vor dem gevrist. edelstein 70,07.
H.VUSFEIX , m. Iiaussimpel, Stubenhocker, vergl. feix 3, 1473 :
aber wie kommt der hauszfei.x darzu, dasz er sich in allem
mit dem valer vergleichen will. Chr. Weise tT;/j. (löSO) 212;
wer aber ein hausfeix bleiben , den ofen hüten , und nur
der katzen abwarten will. C. Scuorer unvorgr. discurs (1G59).
in der sdireibung hausveix: ein ander, der sich etliche jähr
in frembden ländern versucht hat, kan durch seine actiones
leicht darthun, dasz er kein hauszveix sei. Chr. Weise erzn.
205 (184); es wUre ein hausveix, ein Spulwurm, eine back-
üfenklinke, imd was sonst vor ehrentilul heraus fuhren.
pol. ndscher 49; maochen penal und hauszveix. ped. schul-
fuclui 72.
HAUSFEST, n. ; wer einigen wohlwollenden antheil an den
kleinen bans- ja sludierstubenfeslen der Schriftsteller nimmt.
J. Paul uns. Unie. vorr. s. 29.
IL^USFLIEGE, f musea domeMica. Nemnich.
HAUSFLUCH, m.: als in einer revier Sachsenlands das
fluchen vcrbotien ward, kamen die bauren zum schösser oder
amtman, und baten, er solt ihnen doch einen hauszlluch
erlauben, änderst kiiiiten sie ihr gesind nicht regiren. Zink-
C8EF apophlli. 1 (lti26) 336.
HAUSFLUR, m. und f.: auf der treppe, die vom hausflure
lu dem Wohnzimmer führte. Immerman"! MimrhU. l, 91 ; und
mit drei salzen war der leichte husar aus der hausflur durch
dtsfl hofraum entschwunden. Holtei Lammfell 128;
eine, die rasch ein groszes gewand sich
webt und melodisch singt, dasz ringsum hallet die hausDur.
Odyssee 10, "227.
HAUSFRANZOSE, wi. nannte »nun im vorigen Jahrhundert
einen in guten luJusern als hausmeister und sprachldirer ange-
stellten Franzosen, übertragen: dem lustigen um die sonne
hüpfenden Merkur, dem hausfranzosen der plaaetensystems.
J. Paul Levana 2.31.
HAUSFRANZüSIN, f.: weiland hatte sie zu Prag als haus-
französin oder mamsell in condition gcslantlen. Siegfr. von
Lindenberg 2,192; seine satirischen raujseo und bonnen und
hausfranzüsinnen. J. Paul grönl. proc. 1, rorr. s. G. die haus-
französin ist der litel eines lustspiels der frau Gottscheb.
HAUSFRAU, f. 1) mhd. hüsvrouwe, die frau als vorstand
der haushaltung, gallin des hausherrn, ehefrau: die hauszfrauw
»oder hauszmQter, die frauw im hausz, domina. Maaler 214*.
a) das wirtschaftliche verluiünis betonend: wer ein hausfrawen
hat, der bringet sein gut in rat. Sir. 26,26; wo kein haus-
fraw ist, da gehets dem hauswirl, als gieng er in der irre.
27; dasz die leideuschaft [eines hnecUes) zu seiner hausfrau
sich in ihm tagtäglich vermehrt. Götue 16, IIS ; was wird
nicht gleich abgestreift, was nicht gleich der Vergessenheit
überantuurtet, sobald ein frauenzimmer sich im stände der
hausfrau, der multer beündel! 17, 2S4; sie hat die Schlüssel
und vertritt von jetzt an die stelle meiner hausfrau. Holtei
Lammfell 66;
die räume wachsen, es dehnt sich das haus.
und drinnen waltet
die züchtige hausfrau. Scuiller gto(Jf:e ;
und es versetzte darauf die kluge, verständige hausfrau:
Vater, nicht gerne verschenk ich die abgetragene leintvaud.
GoiUE 40, 234 ;
endlich aber begann die würdige hausfrau und sagte. 236.
b) die älteren quellen nameiUlidi lieben durch das wort auch
nur das eheliche Verhältnis hervor: do er dannocht was gronen
in der plomen seiner jugende, ward im zuogeaignet ain hailig-
lehendige hausfraw mit namen Oltegeba. herzog Ernst 231,31
Bartsch; über diese rede ward sein (des Tobias) hausfraw zor-
nig. Tob. 2,22; Tobias und Hanna sein hausfraw. 10,3; ein
rilter der bette zwo töchter von zweien hauszfrauwen. b. d.
Hebe 2S5''; oft stund er (der ehemann) des nachts auf von
seiner hausfrawen, und legt sich zu denselbigen dirnen. 2SS';
die künigin Hester, desz königs von Syrien hauszfraw. 2SS*;
sehet, ich hab bei meiner hauszfraw selig ein fünfzig und
mehr jar gevvont, und ist mir dasz leiste jar gewesen als
ob ich noch, wie man saget, im küssmonat lebte. Fiscuart
eluz. (1591) Fl'; das der allerhöchsJgelröbnte meine herzliebe
hausfrau ihrer bisher getragenen leibeshürde allePL-i iiillirst
entblöset. Bdtscuky kanzL 609;
ja enist hie niemnu
wan ir und die hüsfrowe min. Erec 4771 ,
hausfrau, du ze.ihest mich einer sach,
wie ich auf fremder geigen mach, fastn. sp. 161,21,
rbenso hausfrau als anrede des mannes an seine gattin 163, l ;
165, 12;
deszhalb er (.ihrnhnni) in dem selben landt
sein schüue hauszfrau Schwester nannt.
SCUWARZESBEBG 156* ;
ja, eure hausfrau lächelte so listig.
Schiller Piccul. 3, 1.
2) hausfrau, die liduslicU gesinnte frau: es ist nichts nalür
lieber, als dasz er {der bräuligam) auch solid denkt, und
lieber sich eine hausfrau, als der well eine putzducke zu
bilden wünscht. Götue 19,287;
also sinil houszlrnneu kein haiiszrrawen,
sonder auszi'ruweu, wann sie drniisz (ihm dem hGu.^e] schawen.
Fiscuart cliez. (1591) Dl».
3) liausfrau, casaria, mulier domeslica, domus custos. SriE-
LER 546.
HAUSFRÄULEIN, n. irirtschafterin in einem Hauswesen, aus
geberin. Jacübsson 6, 57'.
I HAUSFREUDE, f luiusliche freude. Götter 2, 165.
I HAUSFREUND, m. freund einer familie , ein zwar erst seit
I rongetn jaltrhundert für das hochdeutsche helegbares wort, niederl.
aber weiter zurückreichend: htiysvriend familiaris Kilian; der
I ärztliche bausfreund eilt herbei. Göthe17, 4ü3; rath Schnei-
663 HAUSFREÜNDSCUAFT — II AUSGEBACKEJV
HAUSGEBÄRERIN — HAUSGELD
Gü4
der, unser hausficund. 24, 109 ; mein vater war sehr glorios
über dieses gelingen, und der gute hausfreund, der eben zu
tische kam, muszte die freude theilen. 22S ; der rlicinlandisclie
hausfreund von Hebel;
als den Raphael schenkte der israelitische hausfreund.
Voss Luise, 2. lilylle.
auch in Keuiger gulern shine, den liebhabe)- einer ehefrau be-
zeichnend: so glaubte icii herauszufinden, dasz die lochler
wohl dem vater, die beiden andern Jiindcr aber dem haus-
freund angehören mochten. Güthe 24,140; s\c fühlte sich
glücklich, dasz sie ungehindert eine lebhafte sinnlichkeil
heiter beschäftigen durfte. einen hausfreund konnte sie
nicht entbehren. 15,264; sie nahm den arm ihres haus-
trcundes an. 270.
HAUSFREUINÜSCHAFT, f. gesamtheit der freunde eines hauses :
unier der hausrreund.«cliart, die gern auch Luise behält, ist
redlicher keiner denn ich ! Voss Luise, 2. Idylle.
HAUSFRIEDE, m. l) schütz und Sicherheit im eigenen hause;'
mhd. hilsvride: vort hain wir gesichirt bid gudin truin den
husvridin van unsir bürg Rennenberg, dal nieman deme
anderin sin deil intvirrin sal an eine vreimde hant. Höfer
Urkunden 19 (r. 1270); nhd. item um den hauszfriede, den die
von Quedlinburg, als unsere frau meinet, brechen sollen,
wann sie ihre burger in ihren häusern greifen und fangen.
(.hiedlinb. quelle von 1455 bei Hai.taüs 843; den hausfrieden
schirmen. Fischart ehez. (1591) kc'; vom hausfriede. Löhneys
regierkunsl (1679) 284'.
2) friede, einigkcit im hause:
ein jeder der hauszfried wil lian,
der thu nur was die frawe wil.
'mit der geigen da schweiget still,
in den hausztried schlug wol der blitz.'
GiLBUsius 57;
der mann liebt den hausfrieden, um sich in seinen geschäften
nicht behindert zu sehen. Kant 10,340; ein verpönter ein-
griff in meine rechte auf ruhe und hausfriedjen. TmCmmel
3,87; (Abraham) findet .«ich .. als gälte zweier frauen, als
vater zweier söhne, und in diesem augenblick ist sein haus-
friede gestört. GöTUE 24,211;
alles versüszt ja
uns einniüthiger sinn, hausfried und die Hebe gesundheit.
Voss Luise, 3. Idylle I.
HAUSFRIEDENSRRECHER, m. nach hausfriede 1.
HAUSFRIEDENSBRUCH, m.: wann einer den andern bei
tage oder nacht mit vorsatz, muhtwilliger weise sein hausz
aufsliesze, und jemands darein schlüge, oder gewalt übete,
solches sol für ein hausziriedbruch erkant . . werden. Löii-
HEYS regierl:unf:t (1(179) 2S4'.
HAUSFRÖ.MMIGKEIT, f: wir wollen der hausfrömraigkeit
das gebührende loh nicht entziehen: .. aber sie reicht nicht
mehr hin, wir müssen den begriff einer weltfrömmigkeit
fassen. Göthe 22, 149.
HAUSFUCHS, ni. 1) wie bausfeix Stubenhocker, haussimpel:
aber w ie kommt der hausfux darzu , dasz er sich in allem
mit dem vater vergleichen will. Chr. Weise ercn. (I704) 239,
wo die ausgäbe von 1680 5. 2t2 bausfeix liest.
2) hausfuchs heiszt auch eine geringe arl eierkuchen. Ocon.
lex. (1731) 952.
HAUSKÜRST, m. rjyovfievoe rov oi'xov: erwürget Macseia
den son des königcs, und Asrikani den hausfürsten, und
Elkana den neheslen nach dem könige. 2 cliron. 28, 7. als
bezeichnung eines hausherrn : denn in derselbigen (häusHchkeit)
erkennt der hauszfUrst seines tachtropfes reichsgrcnzen.
Garg. 03'.
HAUSGANG, «i. gan(i eines hauses, der nach den zimninn
führt, corndor: siehentc sccne. hausgang in Mathilden» schlosz.
Fh. MGller 3,72; zu Bonndorf im Donaukieis warf eine frau
am 12. april 1810 die heisze asche in ein hölzernes gefüsz,
Rtellte C8 auf den hausgang und dachte an nichts. Hebel
(1853) 2, 185.
HAUSGA^S. f. anas anser domefticus. Nehnich.
HAUSGAHTEiN, vi. garten an einem luiuu. Götue 3, 13S;
den kleinen hausgaiten und die wirtliche luiibe verlassend.
33, 193; die inagd war im bausgartcn beschiiftigt. 26, 3U0;
«lieg in den kleinen hauHgarteii, Fhevtai. handschr. 1,24.
HAUSGAST, m. luisjin cornaculurius. Stiei.lr ü14.
HAUSGKBACKEN, pari., w»e hausbacken »p. 052; haus-
gebackaiies brot. auch übertragen:
welch hausgcbackncs volk macht hier sich breit?
Shukesj). sommernuclitstr. 3, 1,
im original mit einem andein bilde:
wbat hempen home-spuns have we swaggering hcre?
HAUSGEBÄRERIN, f. hausmuller, ehefrau, nach mhd. bere-
rinue und bairerinne, mutter: benügt sich mit einer, wie der
hiinmel mit der einigen groszgebeuchten schwangeren erd,
.. lebt also an eifer, darf mit keim anderen um die henn
gübelen, hat sein eigen leibsguardi, hauszgbiirin (doch kein
Saloinous bärin), miittrösterin. Garg. 69'.
HAUSGEBÄU, n. das gebäude das ein hatts bildet : gelegenheit
[luge) des hauszgebäws. Sebiz feldb. 26.
HAUSGEBRAUCH, n». wie hausbrauch,
1) bedarf und benulzung im hauswcsen: welch ein unter-
schied ist nicht zwischen einem menschen der sich von inner
aus auferbauen und einem, der auf die weit wirken und sie
zum hausgebrauch belehren will! Gothe 28,53; wir sind
in Deutschland sehr verstandig und haben guten willen,
beides für den hausgebrauch ; wenn aber etwas besonderes
zum Vorschein kommt, so wissen wir gar nicht, was wir
damit anfangen sollen. 49,182; einzelne capitel {von Kanti
krilik dei- reinen vernunß) glaubt ich vor andern zu verstehen
und gewann gar manches zu meinem hausgebrauch. 50,52;
denn bisher hatte man das deutsche nur zum volk.slied und
zum hausgebrauche gehabt. Gervinus gcsch. d. deutschen dich-
lung 1, 68.
2) brauch, silte im hause:
erlaubt, dasz ich nach altem hausgebrauch
den t'rühtrunk erst mit meinen knechten theile.
Schiller Teil 2, 1.
HAUSGEBÜHR, f. administralio domus. Stieler 861.
HAUSGEBÜHRLICH, adj.: und ist wie in dem hauszge-
bürlichen A. B. C. stehet, ein böser anbisz, alles zur raorgen-
suppen verschlingen. Fischaut gruszm. 41.
HAUSGEFAHR, f dubia securitus rei familiaris. Stie/.eb 402.
HAUSGEFÄSZ, n.? ajif eine häuslerfamilie bezogen : das arme
hausgefäsz hingegen seufzete zu gott und klagt ihm seine
noth, als sie trost und hülf durch den unversehens her-
kommenen thaler emplingen. iJini/)/, 3, 361 Kurz, es ist jeden-
falls ein durch die atisgaben laufender druckfelder für haus-
gesäsz, s. d.
HAUSGEFIEDER, n. geflügel das in einem hauswenen unter-
hallen wird:
lärmend nift das hausgeüeder
ihr vom weiher dank empor. Borger 3'.
FIAUSGEHEIMNIS, n. .• kein briefgeheimnis, kein haus-
geheimnis I alle diese obsoleten begriffe müssen fallen ! alles
miisz öffentlich sein ! Immermann Münclih. 2, 6.
HAUSGEHüRIG, adj. domesticus, familiaris. Dasyp.
HAUSGEIST, ni. l) Spiritus familiaris Frisch 1, 42S'; haus-
geister lares Stieler 038. häußg auf sorgende menschen einer
familie übertragen : dies ist ein räthsel. ihr hausgeist wird
ihnen dasselbe auflösen können, frau Gottsched briefe 1.33;
diesmal bin ich doch mit den eingebungen ihres treuen" haus-
gcistes zufrieden. 1, 2tti; Margarethe, so will ich meinen sorg-
lichen hausgeist nennen , war mit ihrem manne sehr unzu-
frieden. Göthe 15, 280; die kleinen hausgeister der höfe.
J. I'al'l herbstblumine 3, 100.
2) geiü dtr hduslichkeit. J. Gotthelf II, 241.
HAUSGELARM, n.; es sind mir treiniche erhoinngsstunden,
wenn ich mich zuweilen der arbeit und dem hausgehirm ent-
ziehe, und bei einem guten freund in ruhe ein pfeifchen
schmaurhe. a. mann im Tockenb. 261.
HAUSGELD, n. l) geld das für eine wohnung gezahlt wird,
mietzins. hausgclt, pecunia habitalionis Stieler 682. auch die
cntschädigung die einer adlichen udue für das aufgeben Utrei
Wohnsitzes im stammschlosse jährlich gezahlt wird. Fri.sch 1,428'.
Haltaus 845.
2) hausgeld war eine abgäbe die die kaufmannschafl zu Frank-
furt a. M. von jedem in der stadl aligescldosi>enen kaufgcschdße
erheben durße. Haltaus 845.
3) Steuer die von einem jeden wohnhatue tu entrichten iW.-
die kt^niglichen Friesen waren freilich nicht . . . mit ihrem
landgelde zurück geblieben , hatten aber . . . seil vierzehn
jähren das hausgeld nicht mehr entrichtet. Üaiii.(|*rn ddn.
getch. 2,15; legte ihnen ein hausgeld von einem pfund eng-
lisch . . von jedem hause auf. dat.
065 HAUSGELEGENHEIT— HAUSGENOSSE
HÄUSGELEGENHEIT, f. läge der räume eines hauses: du
kennst bei mir schon hausgelegenheit {weist in meinem hause
beschäd). Claudius S, 124.
HAÜSGELEIT, n. schütz den das haus gewährt (vgl. geleil):
uüd gleich wie die schneck braucht ir hausz
ITir einen schilt in allem strausz,
also Solls hausz und die hauszhaltung
sein des weibes Zuflucht, aufenthaltung:
denn auszerhalb dem hauszgeleit
hat man kein rechte Sicherheit.
FiscuART ehez. (lo91) Cb*.
HAUSGEMACH, n. bequeme wohnung, bequemlichkeÜ die durch
eine wohnung geschaffen wird; mhd. hüsgemach nur in dem
sinne von wohnung, wb. 2,1,14': eigen rauch und gut hausz-
geraach ist über alle sach. S. Fbank sprichw. 1,144 ; haus-
gemach ist über alle sach. Neandeb sprichw. ed. Latendorf 17 ;
seinen erbherrn des jars einmal, das ist, selten sehen, dann
ein solcher hat frid und ruh, und gut hauszgemach. Agr.
spr. (1500) 21'; nichts bessers dann gilt hauszgemach. ein
hauszgemach hat [besitzt, schlieszt in sich) ein zimliche not-
turft und auszkomnien, darfür der hauszvater niemand bedarf
rechenschaft geben. liT*; ich will bedacht sein, euch ein
losament aufzurichten, darinnen ihr gut hausgemach haben
sollet, engl. kam. 2, Jis';
der low erseufzet da und sprach:
jetzt solt ich haben hauszgemach,
und in meim alter friedlich leben.
B. Waldis 1,12, 18;
und machen mir ein leimen nest,
dort oben under jenem dach,
und haben fried und hauszgemach. 1, 16, 74.
HAUSGEMACHT, part.: dabei war die (englische) nation
sehr frugal und kleidete sich, mit ausnähme der hofleute,
in hausgemachtem zeuge. Niebohr leben 2, 132.
HAUSGEMÄSZ, adj. wie es einer haushallung angemessen ist :
die reichen ellern ermanen ire kinder zur nüchterkeit . • .
zu hauszgemäser Sparsamkeit. Fiscbart ehez. (1591) R4'.
HAUSGEMEINDE, f. die familie als gemeinde gedacht: die
predigten sind kurz, zum vorlesen in der hausgemeinde ge-
eignet, theol. Ittteraturbl. 1867, s. 24S.
HAUSGEMERK, «. die cypresse wird so genannt, weil sie als
merkzeichen eines todesfalls in der familie von dem grabe empor-
wächst :
0 traurigs erdgewächs! ach unglückseligs zeichen
und leidigs hauszgemärk! Rompler 101.
HAUSGEMURR, n. eine bezeichnung de)- brummenden ehefrau:
was mir der herr von der andern Xantippe schreibet, habe
ich meinem hausgemurre von worte zu worte vorgelesen.
BüTSCHKY kanzl. 559 ; ein ungelegenes weih und hausgemurre.
698 ; ein ungelegenes hausgemurre immer zu übertragen, (ist)
mehr als beschwerlich. 877.
HALSGENOSSE, m., ahd. hftsginög, hösknoj, contubernalis,
domeslicus, curialis Gbaff 2, 1126 ; vihd. hüsgenos und -genöje,
in mehrfachem ^inne.
1) mübewohner desselben hauses:
das ist unwende
in enphähe an des tiuvels wer
allej himelische her
zeinem hüsgenöje immer mer.
Haupts zeitschr. 1, 476, 1171 ;
da? wäre bluot,
als et, von Kristes wunden vlöj,
macht in der engel husgenöj. Seifr. Helbling 2, 856;
ein jglich vveib sol von irer nachbarin und hausgenossen
fordern silbern und gülden gefesz und kleider. 2 Mos. 3,22;
du Fashur solt mit allen deinen hausgenossen gefangen gehen
und gen Babel komen. Jer. 20,0; jedermann suchte sich de«
verdachtes zu erwehren, es gab unter den hausgenossen hef-
tige scenen. Güthe 20, 2S7 ; wir sahen uns bald von allen
hausgenossen umgeben. 24,103;
entsetzen, meines mordsinns hausgenosz.
Shakesp. Alacb. 5, 5,
direness, Tamiliar to my slaughterous thougbts;
aucii von einem, der nur auf besuch mil andern zusammenwohnt:
als hausgenosse halle ich mich neben sie gestellt (bäm be-
uche einer kirclw, in der fremde). Tuümmel 3, 134.
2) specietl im gegensatz zum bcsilzer des hauses, mielsmann.
ScuM. 2, 247; hauszgcnosz, tn(/ui<inuj> Heniscii 1495, 14; swelch
man zu der stat gehört, be si bescj^en (luiusbesitzer) oder si
hCisgeno;. Freiburger stadtrecht 269; bildlich: so ist auch das
gewissen hauszgenosse, welcher sich gar leichtlich beleidigen
HAUSGENOSSE— HAUSGERÄTH 666
last, dasz er hausz und wohnung des herzens umbkebret
und übern häufen wirft, polit. stockf. 187;
er muste sein geschieden
von freund und Vaterland. Aegyptus bauszgenosz
ist der, der alle weit behauszt in seiner schosz. 1-lesinc 4.
3) die angehörigen eines hauswesens , im gegensatz zum vor-
stände des hauses, dem hausvater und der hausnmtter; nament-
lich werden unter hausgenossen die begriffen die schütz in einem
hause empfangen oder dienste darin leisten: hauszgenossen,
domesiiä Dasyp.; der bauszgenosz, ausz einem ^hauszgesind,
familiaris Maaleb 214'; der bauszgenosz, was zu dem hausz
dienet oder gehört, domeslicus. das.; ein hausgenos und mied-
ling sollen nicht davon (vom passah) essen. 2 Mos. 12,45; kein
ander sol von dem heiligen essen, noch des priesters haus-
genos, noch tagloner. Z Mos. 22,10; dein knecht, deine magd,
dein taglöhner, dein hausgenos, dein frembdllnger bei dir.
25, 6; das sind die sechs freistedte, beide den kindern Israel
und den frembdlingen und den hausgenossen unter euch.
4 3/os. 35,15; haben sie den hausvater Beelzebub geheiszen,
wie viel mehr werden sie seine hausgenossen also heiszen?
Malth. 10,25; so seid ir nu nicht mehr geste, und frembd-
linge, sondern bürger mit den heiligen, und goltes haus-
genossen (goth. ingardjans gu{)s). Eph. 2, 19 ; so aber jemand
die seinen, sonderlich seine hausgenossen, nicht versorget
(goth. jabai hvas svesaim , Jiisbun ingardjam , ni gal)laihi{>).
1 Tim. 5, 8 ; wann ausz fahrläsigkeit der hauszgenossen das
hausz verprinnet oder sonst zu grund gehet. Fischart ehez.
(1591) L5*; wo eine übelbestellte hauszhaltung ist, da machen
es die hauszgenossen, wann sie zum tisch oder in die kirchen
gehen sollen, gleich wie jener Schneider .. Schcppiüs 110. —
Auf die hörigen eines hofes bezogen : wer denne on des gotzhus
stat richtet, der sol dien husgenoszen gebieten innront acht
tagen bi der busze, ein husgenos dem andern, die zesemen
hoerent in den hof. weisth. 1,1.
4) hausgenossen werden die viünzer genannt, da die fürst-
liche münze ursprünglich im hause des fürsten selbst war (vergl.
Haltaüs 846): wan ein camerer stirbt, so sollen in die hus-
genossen die uf die münz gehören zu grab tragen, weisth.
1,533 (Mainz, lö.jahrh.); der voit sol auch haben alleiue die
Juden, und die münze, und sol setzen zwelf munzere, die
heijent husgenojjen. 3,609 (Öhringen 1253).
5) hausgenossen, coloni liberi villarum, quae immediale subsunt
imperU). Haltaus 848.
6) hausgenossen, nobiles sibi pares, quibus conlradistinguuntur
übergenossen, das.
HAUSGENOSSENSCHAFT, f. stand und gesamtheü der haus-
genossen.
1) naoA hausgenosse 1 : ein groszer schwarzer kater, welcher
ihm treu anhing, machte seine ganze hausgenossenschaft aus.
I.MMERMANN MüncMi. 1,221; sollte es nicht überall so sein,
wo ein kreis von menschen sich zur hausgenossenschaft zu-
sammenschlieszt? Beyschlac ev. predigten, 1. sammhing s. 10.
2) nach hausgenosse 4 eine gesamtheit der münzei: hCis-
genö^schaf in L.4Comblets urkundenb. 2, 263 (13. jahrh.).
3) nach hausgenosse 6:
so man dem (bauer) ^esegent swert,
der Wirt unwert ein riter.
herre, saelic siter!
er biet in siner hüsgnöjschafl
an sinen wiruen besser kraft.
Seifr. Helbling 8, 343; vergl. 572.
HAUSGENOSSIN, f. nach hausgenosse 1 : durch diese blicke
ihm dankend, dasz er ihnen solche hausgenossin mitgebracht.
Holt El Lamvifell 52.
HAUSGERÄTH, m. hausrat, hausgcrät: er hatte keinen ein-
zigen diener, noch den geringsten hauszgeralh mehr. pers.
baumg. 2, 9 ; weil sie in hütten gewohnet, und mit geringem
hauszgerathe sich beholfen haben. Micrälius altes Pommern 1,11.
HAUSGERÄTH, n. geräth, wie es im hauswesen erforderlich,
mhd. liösgeraete, was auch auf die hausthiere mit bezogen wird,
vergl. wb. 2,1,574'; nhd. wenn eine hausmulter silzt und
spinnet, nehet, läppet oder flicket das hausgerelhe. Roth
hausmulter ABC D 8 ; wer zwänge uns zu plumpen, barbarischen
formen des hausgeriilhs, da wir in allem, allem, in stuhlen
und tischen, leuchtern und lampen, bis zum kleinsten gefäsz.
so reinere, schönere formen vor uns sehen, und sie nur
nachmachen dürfen? Herder zur seh. litt. (1830) s. 140; bei
Zacuariä selbst von der tabaksdose:
du hausgeräth bei thoren und bei weisen,
dich, dose, soll die leier dankbar preisen, poet.schr. 1772, 2, 29^^
ÜÜ7 ilAüSGERÄÜMIGKElT — UAÜSGESINDE
II AUSGESINDE — IIAUSCOTTESDIENST C6S
IIAUSGEUÄUMIGKEIT, f.: jene kleinen liäuser und ziin-
iner in Funipeji erschienen mir nun zugleich enger und weiter;
enger, weil ich sie mir von so viel würdigen gegenständen
vullgedrangt dachte, weiter weil gerade diese gegenstände
tiicht Llosz als nuthdürftig vorhanden , sondern . . . verziert
und belebt , den sinn erfreuen und erweitern , wie es die
gröszte hausgcräuniigteit nicht thun könnte, üüthe 2S, Gl.
liAUSGESANG, in.: ich schicke ihn vielleicht auf Michaelis,
weil er wohl künftigen winter der auführer meines kleinen
liausgesanses werden möchte. Götue an Zelter 121.
HAL'SGESÄSZ, n. die mil einem hause auijcscssene faniilic,
das im eiijenen hause ge/ührle hauswesen. AßNoi.D pfmij.'ilmunlaii
lli) ; ein dorf von ongevchr 24 hausgcsesz. wie. bei Keukkin
1S"J, uu auch die form hausgesetz angetjeben wird; wer es, dasz
der man im bauszgescsz der probstei mit todt ubgieng. wcislh.
2, litt. .V. unlen hausgesessen.
HAIJSGESCIIÄFT, n. ; hansgeschiift nc(jolie domeslice. Hul-
sius 71"; res dumealica, hausgescheft Alu. Ul'; tägliche und
gemeine bauszgeschäft , m'yvUa fatniliaria Maaler 2U''; also
soll auch ein manu seiner frawen dise bauszgeschäft, die sie
wul verrichten kan , zu verwalten verlrawen. Fiscuakt ehez.
(1'>'J1) F4*; das auch kein bauszgeschäft so schlecht und ver-
ächtlich war, das sie nicht willig und mit lust tbäte, wann
es der mann biese. Se'; Charlotte gab dem neuen ankömm-
ling nur wenige winke, wie es mit dem hausgeschäfte zu
hallen sei. Götue 17, Cli; in allen haus- und bandvverks-
geschäften grifl" ich tüchtig ein. 23, 174.
HALSGESCHÄFTLICHKEIT, f.: das sie auch ire kinder
ilurch ire e.xempel werden zur hauszgeschäfllichkeit an-
schicken, ermahnen und reizen. Fiscuakt ehez. (1591) Fe'.
IIAL'SGESCHIHH, ?(. hausgerälh, mhd. hüsgeschirre: busz-
geschir, ulemile, suj>iieUex voc. iuc. Ihcut. ks'; klein zei^pröchlig
hauszgeschirr und gerümpel das nit vil wärt noch nütz ist,
nacbgültige gschirr und schlächlcr bauszraat, frivola. Maa-
1.EB 214';
ich waisz ain orden darin ich mangem also we,
er ist vil leuteii wul erkaut und haist: die e;
der ist so Litter und so sctiarf,
waim mun so vil darz& Ledarr
Tou hausgeschirre. üuland vulUl. 718,
in den darauf folgenden versen wird was zum liausgeschirr gehört,
aufgezählt ;
i\. ich seh die wohniuig öd und menschenleer.
ü. auch ohne nahrung, ohne hausgesuhirr?
Stolbeho 14, 254.
bausgeschirr verbliiml für penis : er bat ihm unser jung füllin
im stall, all sein hauszgescbirr unden am bauch ganz und
gar abbciszen lassen. Fbev garleng. 33 {geschicIUen u. hislorieu
15S3 .s. 540').
HAESGESCnUEI, n.;
nun wiinsch icli unscrm hauhcrrn ein fett rind,
und der lieliwcrtheri haurrati ein kind,
und der tochtcr zwei, und ihrer inagd drei,
80 gibt es ein ganzes hausgeschrei.
clliche schöne neue ijewöhnliclie Sprüche eines
ehrsunicn zinunerhandwerks (u. o. u. j.) B5.
HAUSGESELLE, m. geselle, besonders eines webers, der nicht
beim meisler oder fabrikanten, sondern in seiner eigenen wvhnung
arbeitel.
HAL'SGESESSE.N, pari, mit einem hause angesessen : item die
bauszgesesscn seint zue Uockenau in der gemein, der giebt
jeglicb bauszgescsz unserm gn. berren jährlich ein fasznacht-
hneii. weislh. 2,10!); worauf aber dieser {der ralh zu Halle)
aiilworlele: die Siroharle wären ihre gescbworne hausgeses-
sene bürger und dicncr, mit denen sie nach der willkübr
verluhren. DiiEvnAUJ'r Saallcreis 1,130.
HAL'SGESICHT , n. wie man es im hause zeigt, aUlihjliches
ijesiclit: wenn er ausgebt, sein bausgesiebt zurückläszt. liiri-EL
{über die ehe) 5, 143.
HAIJSGE.SINÜE, n., mlul. b6sgcsinde.
!) die zu einem haunwesen gehörende gesamte dicneri'Cha/t : das
liaus/.gesind, dienslvolk , famtlia Maaleh 214'; wan zQ dem
h:iu-/.gesind gebort oder dienet, famdiam H hoc familiäre das.;
all hcifi bauH/.gonind sull er einig untereinander beballen,
oihI nicht gedulden, dasz sie neid und husz gegen einander
|i.>k;>'ii. Seiiiz feUb. o:t; »eugamnic oder Mutrcueii liausgesindc.
||--i ii<'!. Ghtphiuh IGüh 1, h39;
r|> und kindfrr und dai hausgiMind. fu'iln. ip, 210,32;
-o ein ^aut friilijc liuriiff wyli,
din sirh d<Tm;ihZ*!M »tätig» Irjl»
<6r arbeit, nunipt iriri hniiiiiKnoind.
l-'UftkRI.M l.ittaru» Vi',
ein liausz und hauszgesiud voll trawren.
Weckheklin hlä,
und wie sein edles jnngl'rüuliches weil» . . .
voll ahndnng von des heldengutten lall,
wach all ihr hausgesinde Jammern wird.
ül'KGKK 103';
und rief zusammen weih und kind,
dazu sein ganzes hausgesind.
A. Konscu 'als Noah aus dem kuslen war.'
2) im weiteren sinne wird hausgesinde für alle unter einem
haushaltungsvurslandc vereinigten hausangchörigen ißselzl: iiausz-
gesind, familia , domus aliquundo. Dasypod. ; ul. buysghesind
familia, domus Kilian ; ej {das meerrind) ist gar ain küen licr
und gar zornik und doch niht gegen fremden tiern , neur
gegen seim hausgesind , wan ej vichtet alle zeit mit seiner
frawen, unz ej si ertffif. Megenuekc 237,13; der son ver-
acht den vater, die tochter setzt sich wider die mutler, die
schnür ist wider die scbwigcr, und des menschen feinde sind
sein eigen hausgesinde {txO'()ol Ttftvzss ai'Sous ol iv liö
oi'icco avTov septuag.). Micha 7,6; ich habe aber auch getauft
des Stephana hausgesinde {griecli. rov .^TEfavit olxor, gulh.
|)ans Staifanaus gadaukans). 1 Cor. 1, IG; o wie viel ruhe
konten ihr {ehefrauen) euch, evverem ebevogt, imd dem ganzen
hauszgesind darmit schaffen? Fiscuart ehez. (1591) G7'; und
kan bei mir selbs nit gedenken, mit was gemüt der mann
gegen seinem weih zürnen, oder dieselbig strafen darf, vvelclier
sie und dasz hauszgesind mangel leiden laszt, und sein hausz
nicht nach notturft versihet. Yl'; wenn ein söhn über 10
jähr alt worden ist, so musz man ihn von aller bösen ge-
sellschaft abziehen, denn er würde sonsten in einem augen-
blick seinen vater und das ganze bauszgesinde zu gründe
richten, pers. baumg. 7,24. den hofstaal eines fiirslen bezeich-
nend : der margraffe mit seiner fraw en und tochter auch der
mertcile seines bauszgesindes spaciren . . gingen. Steinuüwel
96, 32 Keller, bei Niebdur ist hausgesinde in dem altrvmi.Hheu
sinne von familia gebraucht: es war bei den Lavinienseru im
andenken, dasz ihre Stadt unter Albas berrschaft von sechs-
hundert dazu ausgesandten hausgesinden angebaut sei. 1,221;
dasz für die curie hundert hausgesinde angenommen wurden.
2, 177 ; die dreihundert und sechs Fabier wären mit ihren
hausgesinden . . umgekommen. 2, 219.
HAUSGESPONNEN, part. zunächst von garn und kinwand:
jetzo ging in die flur vorhin die verständige hansl'rau,
zum nuszbaumeuen schranke, dem stattliclicu, welcher mil
leinwand
hnusgcsponnenon garns und zarterer webe des auslands,
voll von unten bis oben gedrängt war.
Voss iMise, 3. Idylle II;
bildlich, um etwas tüchtiges, Icernhaftes zu seidmen: zwischen
Herdern und mir, seinem weih und meinem weib, seinem
bübcben und meinen müdchen, hat sich allbereits eine gute
hausgesponnene art von familienfrenndschaft erwürkt, die,
wie ich bolTe, derb und dauerhaft sein sull. Wieland in
Mercks briefs. 2, 81.
HAUSGEWÄCHS, n. heimisches gewdclis: damit wirblos die
ursprünglichen scharfen bausgewäcbse Deutschlands mit ihren
gewachsenen namen behalten: retliche und bolzäpfei. J. Tall
Vorschule d. äslh. 2, 201.
HAÜSGEWALT, f. die gewall des hausvaters über die haus^
angehörigen.
HAÜSGEWAND , n. häusliche kieidung : sie {germanische
Wandervölker) machten es sich lieimallich bc(]ueni und zogen
seidene bansgewänder an und ergingen sich friedlich unter
blumen und cypressen. Heine 2,100; als Johannes den ge-
lehrten im weitfaltigen hausgcwand vor sich sieben sab.
Hieiil cullurgesch. noo. 430.
HAUSGIEÜEL, «i. acumrn froulis aedificii Frisch 1,428';
domarium buiszgibbil, en bösgevel Dief. 189*.
HAI'SGLÜCKE, f. glocJie die in einem hause angrbraclil ist,
entweder um den eintritt jemandes ins Imus anzuzetgeu, oder das
gesinde zusammen zu rufen.
HAdSGLÜCK, ti. .' sie {die frau dem manne) ist sein knnkel-
gralin, spindelscepirige windolkönigin, bauszglück, bau.szdiicL,
jiaus/schiniick. Garg. 72*.
llAllSCiOTT, m. lur; «/. buysgod <(ir, deus dumestieus Kilian;
hauHZgöller, iKuales Maalkh 214'.
HAISGOTTESIJIENST, wi. gottesdienst der im hausr verrichiil
wird, im gfgensiiti zu dem in der ktniw abijehuUenen genieinde-
go(tei«dicnst : ich mag gern einen hausgulIeüdienHt in dem
saale geUallen seiieii , wo man zu !<pei»eu , sich gesellig tu
669
HAL SGÖTZE — HAUSHAGEL
HAL.
LTEN
670
versammeln, mit spiel und tanz zu ergötzen pflegt. Göthe
17, 278.
HAUSGÖTZE, m. : mancher Merkur, der als liausgötze von
seinem hochaltar über die hecken blickle. Thümmei, 6,445;
eine grosze . . Sparbüchse, vermuthiich der hausgötze des
schwarzen mannes. Lichtenberg 5 (1803) 177.
HAUSGRENZE, f. : haus- und hofgrenze, fincs qui singtilas
domos ac villas ab aliix vicinis separanl. Stieler 694.
HAÜSGRILLE, f. gryllus domcsticus. Nemnich.
HAUSHABE, m. haufbesilzer : yetlich huszhab, esz sy man
oder frauwen . . sol yedes iars dem vogtherren zu Flach ein
fasznachthun geben, irästh. 1,94.
HAÜSHABE. f. 1) häuslicher besitz: die bauszhaab, hausz-
raat, dienstvolk, familia, res familiaris, fortmae, pecnmae, sul>-
stanlia. Maaler 214'' ; dasz von jeder huszhab . . ein manns-
bild, so zum sacrament gangen, und kein fraw . , alda hingan
sölt. TscnuDi 1.406".
2) tcahrscheiniich hat Fischart diese bedeulung in der folgenden
stelle, wo er von einer guten ehefrau redet, nicht im sinne, son-
dern er u-ill (nach habe 1 sp. 42) die frau als stütze des hauscs
zeichnen: sie ist ein handhab, sein (des mannes) hauszhab.
Garq. 72'.
HAUSHABEN, n. das haushalten, die haushaltung, hauswesen.
ScHM. 2, 247 : das ein jeglicher mann oder hauszvatter sorg-
sam und nachbar seie. alles dasz jhenig so zu einem ein-
gezognen, ordenlichen hauszhaben von nöthen, zu bekommen.
FiscuART c/ie;. (1591) Xs"; ich hab ein einzige kunst gefasset,
und siehe ich nehre mein hauszhaben ehrlich. Scncppius 709;
vturde ich von meinen blutsvenvandlcn und vormundern er-
innert, dasz rechtschaffene diener mit 100 und 200 reichs-
thaler sampt dem hauszhaben und kindern ehrlich leben und
zufrieden sein. 759.
HAUSHABER, m. l) hausvater, dominus. Maaler 214".
2) einer der gut haus hält, ein häuslicher: pelican ist der
cinsidel, ein nachful, ein huszhaber, der da heimbleibet.
Keisersberg narrcnsch. SS".
HAUSHABIG, -HÄBIG. adj. 1) nUl einem hause oder einem
hausicesen versehen, ansässig, icohnhafl, Schweiz, haushäbig Stal-
i)ER 2,27; hushäbig Tobler 2S1'; wer nimmet nicht hier-
ausz ab die grosze fürsorg der natur für die hauszhäbigen?
FiscHART ehez. (1591) Ml'; ob derselbige Daniel Merian bei
euch gesessen, hauszhabig wonhaftig. Thcrkeisser notligedrung.
ausschräben (1584) 1, 40 ; so keiner in der festung hauszhabig
und wonendt wirdt gelitten. Kirchhof discipl. miL 27;
dann euch der weg nit dreit dabin,
da ich haushebig wonen bin.
Wickram pilgir 03, bl. 52.
2) haushäbig auch hausMlIcrisch , häuslich (Stalder 2,27.
ScHM. 2,247): deszgleichen eine hauszhalterin rhätlich und
tbällich, sparsam, sorgfeltig, embsig, sittsam und fridsam,
und hauszhabig seie, die nicht gern auszschweife, sonder,
wie man spriclit, den fusz auf der kugel habe. Sebiz feldb. 62.
HAUSHABIT, m. hausidcidung : ztcei junge fräulein haben
gelegenheil
durch einen kammerladen sich
im iiaushabit vertraut und nachbarlich
zu sebn. Wiklaki» 21, 197.
HAUSHABLICH, -HÄßLICH, adj. ein haus oder hauswesen
licsüzend, ansässig (Schm. 2, 247) : in den gerichten huszhablich
sitzet, weislh. 1,41 {von 1468); wer zu Mure huszbablich ist
gesin. s. 44 (r. 1543); das er mit seinem gut und hausgesind
in die Stadt Lavinium zog, do er sein haushäbliche wonung
bis an sein ende hielt. Lirius von Corbach 24; ein bischof
wirl erkiest, so er sin hus wol regieren kan. so müsz er
ie hushablich .syn. Zwingli 2, 316 ; Walther von Eschibach,
der sich gen Bern huszhablich gesetzt und da burger worden.
T.SCHUDI 1,119; ist wol zegedenken, so Sabinus ein römischer
bürger in Helvetien wonhafl und hauszhäblich gewesen. Stumpf
2,262'; ich aber bekante ihm alles, wie meine sache be-
schafTen, wo ich nemHch hauszhäblich und auch als ein ein-
sidler gewöhnet. Simpl. 2,201 Kurz; gab mir den raht, ich
solle mich aus dem krieg zu meinem gelt auf Prag oder
auf meines hauptmanns gütter thun und mich im frieden
hauszhäblich und geruhlich ernähren. 3, 73.
HAUSHARUNG, f.: huszhallung, huszhabung, tconomfo voe.
ine. Iheul. k 5'.
HAUSHAGEL, m. .schelte ßr böse veiber, nach hagel 4 spalte
144: es sind (unter den chefrauen) auch holzböck, wilde un-
Oäter, hauszhagel, beltschelmen. Fischart ettez. (159I) L:';
sie . . ist kein schandhi. ..-zhagel , der nach dem
donnern auch den regen hninzscherben und scheisz-
kacheln irem mann saukrati. pfannkratz über den köpf ab-
scbiitfet. Garg. 75*.
HAUSHAHN, m. gallus gallinaeeus domus. Frisch 1,428*;
der phenix rein und haushan fein
die zwen selten brautfürer sein.
Uhlasd vulkst. 38 {vogeihochzeit) i
ein alter haushahn hielt auf einer scheune wache.
Hacedor?« 2, 122.
als bezeichnung des wachsamen hausvaters: ach wann der lieben
cbegespielin etwann einmal ir nachtspeisiger hausztrost,
bauszsonn, hauszhan , ehegespan, ausz den äugen kommet.
Garg. 72'. als Spottname der netten Studenten (fftchse): welche
aufwarter von den andern gena/it wurden, bachantcn, pen-
näl, hauszhancn, spulwürme, miitterkälher, Säuglinge, quasi-
raodo geniti, junge herren. Philakder 1 (1642) 343.
HAUSHALT, n. .' das hauszhalt, hauszverwaltung, oeconomia
Maaler 214"; wie man, nemlich unter den leuten, ... ein-
gezogen, stille, in ruhe, friede und redligkeit mit lobe leben,
wol seine hauszhalt führen (so//). M. Neaivder //crfcnAcn (t5S2) 3S'.
HAUSHALT, m. fiihrung eines hauswcscns, art des haushaltens:
dasz man an etlichen orten wegen des schweren hauszhalts
und groszen aufgangs wenig verkaufen oder zu gelde machen
kan. Lühneys regierkunst (1679) 345*. haushaltung, hauswesen
selbst: der haushält, oeconomia, res familiaris, oeconomica
Stieler 741; sein haushält ging einen gelassenen und ein-
förmigen schritt. Göthe 18, 57 ; ich betrachtete den länd-
lichen haushält zum erstenmal mit freudigem antheil. 22, 193 ;
jedes von ihnen wird gedacht haben, es sei reif für einen
eigenen haushält. Gotthelf schuldenb. 16;
allerlei gutes geräth von eisen und holz für den neuen
haushält. Voss Luise, 3. lilytle 11;
billig seid ihr, 0 freund, zu den guten wirthen zu zählen,
die mit tüchtigen menschen den haushält zu führen bedacht
sind. Göthe 40, 313.
häufig in freierem sinne angewendet : der haushält eines Staates;
haushält der nalur; der haushält einer Stadt. J. Grimm in den
Berliner jahrb. 1841 no. 101 s. 801; es gibt viele berühmte ge-
lehrte, deren wissenschaftliches vermögec eine besondere
kraft ist, fast ohne berührung mit dem übrigen haushält
ihrer seele. Savigny kl. sehr. 4, 232; meine empfindungen
stehen zu derselben zeit abgesondert, gleichsam geronnen für
sichj sie haben keinen verkehr mit der achtung, sie führen
ihren eigenen hausbalt. Immerma^.n Münchh. 2,4;
so spricht, die allen bimmel in sich trägt,
in der die wonoen ihren hausbalt haben. Tieck 2, 106.
HAUSHALTEN, verb.
1) von dem Substantiv masc. haushält, das nach den dazu
gegebenen belegen seWsl ein hohes alter nicht zu haben scheint,
hat sich ein neueres denominativum liaushalten, praet. haushal-
tete, im sinne von wirtschaßen gebildet: dasz der leichtsinn,
der Unverstand mit dem erworbenen reichthum übel haus-
haltete. E. T. A. Hoffmann 2, 220; in der prägnanten bedeulung
gut wirtschaßen :
haushaltet mit der lebenskerze! Götter 1,324.
2) gewöhnlicher ist haushalten nur eine graphische zusammen-
rückung der formet haus halten (.?. halten 11,7 .nT). 294) in den
fällen wo die gesetze der Wortstellung die unmittelbare nähe beider
Wörter bedingen, im sinne ein hauswesen führen, hausen, wiit-
schaßen ^ eigentlich und übertragen : das sie mit hiirn haus-
halten. Luther 3, 525*; so wil ich nu, das die jungen widweu
freien , kinder zeugen , haushallen (griech. oty-oSeancnelv,
goth. garda valdan). 1 Jim. .5,14; einem haushalten, dispen-
satorem alicujus esse; promum condum esse Frisch 1, 428'; ein
mensch, der übel haushält , befindet sich in der dunkelheit
sehr wohl; er mag die posten nicht gerne zusammen rerlinen,
die er schuldig ist. Göthe 18,51; ich habe sowohl mit dem
gelde als mit der zeit, von denen ich rechenschafl zu gel)en
habe, nicht zum besten hausgehalten. 19,7; wo mau mit
dank in einem reisewagen haushielte und darin schriebe und
schliefe. J. Paul Titan 2, 121 ;
. Baumgartens weib, der haushält zu Alzellen,
wollt er zu frecher ungebühr mi.sbrauchen.
Schiller Teil I, 4.
in der bedeulung gtä wirtschaften, sparsam win : diese frau ver-
steht nicht bauszuhallen ; mit etwas haushalten, certo rrditu
fumiliam alere. Frisch 1. 42^'; im sinne von hangen 9 (.-71.659)
671
HAUSHALTEN — IIAUSH ALTER
HAUSHÄLTERIN — HAUSHALTSSAGHE 672
übel mit einem umyclteit : es ist ein elend an/usehct), wie sie
inil diesen leulen, die gewis keine kosten sparen, ihre leser
zu vergnügen, haushallen. Liscov 560; am gottlosesten frei-
lich , wiss er wol , werde mit ihm hausgehalten , falls er
clwan .. (zu eitler ;>»rrfiy/) sich einen besondern tag aussteche.
J. P.\üL koviel 3, 18.
HAUSHALTEN, n. der inßniliv des vorigen no. 2, das führen
eines Hauswesens: hauszhallen, der hauszhaab acht haben,
desz hauszhallens pflügen, rci familiari servire , comparcere,
parcere , parsimoniam adhiberc Maaler 214'; durch ordentlich
haushalten werden die kamer vol aller köstlicher lieblicher
reichthum. spr. Sal. 24,4; thu rechnung von deinem haus-
halten (t^s oly.otojuias aov, golh. fauragaggjis jieinis). Luc.
16,2; in der freieren bedcutung eines Übeln wirtschaßcns , sich
bOsc gcbahrcns :
wir scind verstricket ganz und gar
ob disz maus red und hauszhallen.
Ayrer .%()' (1803, 35 Keller);
haushalten bezeichnet dann auch den liausliaU, das hauswescn
selbst : es gehet inen (den fürsten) im groszcn haushalten wie
den bürgern im kleinen haushalten. Luther G, 145', der 'slaals-
haushaW uird dein bürgerlichen hauswesen gegenüber gestellt;
soviel an in ist, thun sie nichts anders, denn das baidc,
geistlich und welllich stand untergehen , und baide, hausz-
hallen und kinderzucht, verderben, desselben vorrede zur occo-
nomia chrisliana Jusli Menü (1529) a3'; meine liebste tochler,
du bist schon bei dem aller, dasz du einem haushalten vor-
stehen kanst. d. bärtigte frauenz. 83 ; es sind viel tausend
haushalten (famiiien) da , familiarum mulla millia ibi sunt.
Frisch 1, 428';
sorg der narung, angst und noth
ist im hauszhallen täglich brot.
FiscnART elicz. (1501) N3';
und will darin (in einem neugegründeten klostrr) ein clauszner sein,
und rühm ein ruiges hausziiniten. Ayrer 348* (1745,24 Keller);
er bat ein wol angstclts hauszhaltn.
faHn. 73» (2703, 2 Keller) ;
auch hellen wir gewisz
die buiter und milch alle tag;
thut ins hauszhallen wol,
vil gelis man mit ersparn mag.
145'' (3060, 15 Keller).
HAUSHALTER, - HÄLTER, m. 1) der fnhrer, vorstand einer
haushaltung, und zwar zunächst finer fremden, nd. huyshouder,
oeconomus , vir oeconomus , adminislrnlor rei familiaris Kilian;
oeconomus .. hausbaiter, hausvogt Alb. Ul'; .Joseph befaib
seinem haushalter und sprach, fülle den mennern ire secke
mit speise. 1 Mos. 44, 1 ; wie ein gros ding isls unib einen
Irewen und klugen haushalter, welchen sein berr setzet über
sein gesinde, das er inen zu rechter zeit ir gebür gebe?
Luc. 12,42; es war ein reicher man, der hatte einen haus-
haller. 16, 1 ; eigem faclor oder hauszhalter eines groszen
herrn. Sim^/. 2,184 Kurz; da fiel nun dieser böser hausbaiter
seinem herrn zu füszen. Happel acad. rom. 53. in freierem
sinne: da für halle uns jederman , nemlicb für Christus
diener, und baushaltcr über gotles geheininis. nu suchet man
nicht mehr an den hausballern, denn das sie trew erfunden
werden. 1 Cor. 4,1. 2; ein bischofT sol untaddclich sein, als
ein haushallcr golles. Ttt. 1,7; und dienet einander .. als
die guten haushalter der mancherlei gnaden goltes. 1 felr.
1,10; die priester sind haushalter über goltes geheimnis.
Ci-ADDIüs 9, 234.
2) audi der vorstand der eigenen haushallung, Hausvater : haiis-
haltcr .. palerfamilias Stieler 740; ein haushalter, dem das
haus gehört, pater familias , lierus qui domum regit. Frisch
1,428'; so würde doch der allmcchlige barmherzige goll ..
auch unser »eibcr und kindcr, widwen und waisen, freund-
licher, gncdrger, valcr und hausballer, schütz und schirm
nein. LtrnER 5,8'; alle haushüller. Moser phant. 2,7;
diücr karper nltcr,
ein geiizigor liaiiftltnlipr.
meutenj. der llerliner hdfchr. germ. f. 23, »lo. 47.
3) in prägnantem sinne, und hin geuOlinlich an no. 2 ange-
schlotten, einer der die Haushaltung gut zu führen vcrstclU, wirl-
'cliaftltrh gesinnter mann : wie oft rciszen sich solche Antaug-
lirhe iimb derglciclien üniptcr und sUlligen ihr ariniil mit
gemeinem (ibel. . . mit gefa.HzIem iieid gegen der hürgcr und
bauszhalier glück«eligkcil. Scn(;ppius 722; jeder der nicht zu
f;nindc gchru will, musz ein haushültcr werden. Güthe28,2C4.
häufig wird diese bedcutung noch durch adjeüive wie gut und
recht, verstdrlil: alsdann werden die gute bauszbiiller mit dem
papyr hinauslaugen mögen. Simjil. 4,407 Kurz; ich habe ein
aint, das seinen guten haus'balter nähren kann. Schiller kal).
u.bebe 1, 2; jeder gute haushalter sollte sie (die doppelte buch-
haltung) in seiner wirthschaft einführen. Göthe 18,51;
sprechend laszt mirs (das kind) gott Icngcr leben,
würt es ein recht hauszhalier geben.
Wickram pilgcr 0 2, hl. 50.
der gegensalz ist lüderlichcr haushalter: nur Sperlinge nahmen
frohlockend besitz von den kästen , und lieszen als lüder-
liche hausbaiter lange Strohhalme zu den löchern herab-
hängen. Frevtac handschr. 2. 38.
HAUSHÄLTERIN, -HÄLTERIN, /". führerin nnes Hauswesens,
sowol eines eigenen, ah eines fremden: baiishällerinn , dispen-
salrix Steinii.xch 1, C76 ; einer der eine groszc Verwaltung hat,
der niusz släts anheims eine hauszhalterin haben. Fischart
eliez. (1591) n7'; also bette auch mancher an seinem weib
eine feine hauszbailerin, wann er sie durch seine unhäusz-
liche weise . . nit verterble. Lö'; es soll auch jede gute
hauszhalterin iren flachs, weil er noch roh und grün ist,
von den harlocken . . losz machen. Sebiz feldbau 503 ; von
der wirthin im hausz . . (welche gar eine gute hauszhalterin
war). Simpl. 2, 183 A'itrz; ihr seit ein gute hauszbailerin, ihr
inüst wahrlich einen mann haben! Philander 1 (1642) 166;
er liebele seine frau ungemein . . . dann sie war eine für-
treffliche hauszhalterin. Happel arad. rom. 603; unter der
gestalt seiner frau werde ich anders nichts, als seine spcise-
wirthinn und haushälterin .. sein. Gellert 3, 267; man ver-
lange, dasz wir (die weiber) nur tändelpuppen oder haushäl-
terinnen sein sollten. Göthe 22, 55.
HAUSHÄLTERISCH, adj. und adv. nach der weise eines haus-
haüers, wirtschaftlich, sparsam: eine haushälterische frau, Hera
frugalis , uxor occonomiae perila Frisch 1,428'; sie ist haus-
hälterisch gekleidet, more bonae dispensnlricis vestita. das.; haus-
hälterisch sind sie (fraucn) so viel als billig ist. Göthe 20, 135;
die sanften abhänge haushälterisch benutzt. 23,3; seinen
haushälterischen charakter. 28, 212 ; ich fand sie verständig,
liebenswerth, haushälterisch. 30,237; sie wuszten dasz das
gerichl seine opfer nicht schlachtet, nein, mit haushälterischer
bosheit in unterirdischen kerkern an fauler vergifteter lufl
langsamen tod einathinen läszt. Soden >lM)ore oder das kind
der Hölle (1795) 64.
HAUSHÄLTIG, adj. wirtschaßlicb , sparsam: eine ehrliche
jungfrauw, eine hauszheltige treuwe person. L. Tuurneisser
nolhgedrung. ausschreiben (löHi) 2, lä; will er sie haushältig, so
entschuldigt sie sich, dasz sie nicht dazu angezogen, einen
so vornehmen besuch anzunehmen. J. E. Schlegel 3, 363 ;
hier gilt es nun bausbältig sein. Göthe 28,17; laszt aus
irgend welchem grund ein inädchen die schule nicht be-
suchen, . . und seht zu, ob es nicht mutierwitzig, lebendiger
rede kundig, wolgeartet und haushältig werde. J. Grimm ä7.
schripen l. 222.
HAUSHÄLTIGKEIT, f.: wegen ihrer hausheltigkeit und
Heisziger kinderzucht. Fr. Roth HausmüllcrABC K4.
HAUSHÄLTISCH, adj. wirtschaftlich, .t/iarjsani ; zunächst in
bezug auf verfahren und Sinnesart: wann er je hauszhällisch
damit verfahren will. Simpl. 4,6 Kurz; er wolle ihm eine
reiche Iran geben, da einem «ohldenkeiiden manne doch
nur mit einer haiishällischen gedient sei. Göthe 20,62; die
haushältischc malronc. 22,193; mit meinem übrigen haiis-
hällischen sinn. 23,191; erweisen sie sich baushiillischer als
die Nordländer. 28,112;° dasz man mit geräuchertem speck
und fleisch . . . nicht haushüllisch genug verfahre. 30', 41 ;
dann folgen später hinzugesellte gebäudc, haushältischcr be-
iiutzung des umherliegenden feldbesilzes gewidmet. 00, 306 ;
auch habe ich spur >on einem solchen schätze, der noch
irgendwo vergraben liegt, kann ich ihn beschwören, so
sollen sie ihn auch ei halten; indessen bitte haiisbällisch
mit «iem vnrralbc umzugelin. an Zelter 66. in bezug auf eine
suche die .mh spari^am abnutzt: ja wohl ist diesz eine rarilat
von eintüii liaiiszballischen kleide. Chr. Weise nbs. com. 30.'>.
HAUSHALTSCiKSCHÄFT, n.: hausliallsgeschafle, negtAia
domeslira. familiana. Stielkr 1713.
HAUSHALTSPLAN, m.: ihm einen hauslialtsplan zu ent-
werfen. Phrtz SUins leben l,i;t.
HAUSHALTSSArHE, f. sachc die den haushält angeht. Uannov.
viagatin 1839, 5. 807.
G73 IIAUSUALTSVERTRAG — HAUSHERR
HAUSHERRLICH — HAUSIEREN
674
HAUSHALTS VERTRAG, m.: in der ehe sali MiHon einen
Luushaltsvertrag. Ranre engl, gesch. 3, 420.
HAUSHALTUNG, f. 1) lührung und leiUing eines hausucscns :
liuszLaltuug, iiuszhabung, «co/iomia toc.inc. Iheid. ks*; hausz-
Laltung adminislralio rei favntiaris Maaleb 2U'; nl. huys-
buudiughe oeconoiuia KiUAX ; auf dasz du dich ehrlich ausz-
bringeu, und mit nötiger underhalt zu menschlichem leben
und hauszhaltung dienlich vorsehen mögest. Fischart cltez.
(1591) R3'; \vi eine gutte haushaltung anzustellen. Bltschky
kanzl. 442 ; wie eine glückselige hauszhaltung anzustellen sei.
ScHüPPius ü. vielfach in freiem sinne: ein solcher grundsatz..
ist ein subjeclives gesetz der haushaltung mit dem vorrath
unsres Verstandes. Kant 2, 2S4; der mensch, welchem die
haushaltung des erdbodens anvertraut ist. 9,27; naturgesetze
der haushaltung gottes. Herder seele u. goti (17S7) ISO; das
ganze syslem der thierischen haushaltung. Schiller Inst. kril.
ausg. 2, 362.
2) das liaustcescn selbst: alle sorg der ganzen haushaltung
ligt auf dir, omuis familiac causa consistit tibi. Maaler 214';-
in einer recht geordneten haushaltung. Fiscuart ehe:. (1591)
A'*; darauf (auf die kleidung) nicht viel kosten mit klcinolen,
geschmeid, oder sonst schmuck, zu abbruch der haushaltung,
angewendt werden. E"'; wie ein jeglicher sein ampt in einer
ordentlichen wolbestaiten haushaltung thun solle. Scuuri-as C;
also Solls hausz uud die hauszhaltung
sein des neilis zuUucht, aulenlhaltuug.
FiscHART ehe:. (1591) C6';
könnt unsre hausliallung nicht bestehen. Götue 13, 59.
sprichnvrtlich : die haushaltung hat ein grosz maul (kostet viel).
Creidius 2, 277,
3) die personen die zu einem hauswesen gehören: wenn eines
haushaltung sich vcrgröszert, uud die hausgenossen sich ver-
mehren. Loknians fab. 3; Walters ganze haushaltung kommt
hcunt her. Fr. Müller 1,273; sieben und zwanzig haushal-
lungen verloren {bei dem brande) wohnung und habe. Hebel
(1853) 2.185.
HAUSHÄLTUNGSBEDÜRFMS, fi..- so könnte man ja fast
alle huushallungsbedürfnisse . . bestreiten. Immermann Mitnchh.
1, 101.
HAUSHALTUNGSBUCH, h. buch das die einnahvien und aus-
gaben einer haushaltung nachweist.
HAUSHALTUNGSKUNST, f. ars oeconomica. Stieler 1010.
HAUSHALTUNGSRECHNUNG, f.: sie liefert dem vater
imnktlich ihre haushaltungsrechnung. Göthe 21, 145; der
Spanier liesel keine haushaltungrechnung, er bezahlt sie blos.
J, Paul TU. 5, ISl.
HAUSHALTÜNGSVORSTAND, ni.; die listen für die Volks-
zählung sind von jedem haushaltungsvorstande auszufüllen.
HAUSHALTUNGSWEISE, f.: seine Icbens- und haushal-
tungsweise war die knappste, die ich unter studirenden je
kannte. Göthe 25, 249.
HAUSHAMMEL, m. 1) stallschaf Nemnich. 2) bezeichnung
eines menschen der sein leben nur mit besorgung häuslicher ge-
schdfte hinbringt, in Franken und Düringen.
HAUSHEIME, «j. ; gryllus domesticus hausheim, gryllus agrestis
fcldheim. G. Agricola de animant. unter den namen der ani-
mant. subterr. — jetzt in der Verkleinerung hausheimclien.
HAUSHENNE, /. die zahme henne, im gegensatz zu den wilden
kennen.
HAUSHERR, m. herus , patcrfamilias, mhd. hüsherre wb.
1,CC7'; patcrfamilias husherr, husherre Dief. 416'; patronus
ein hauszherre 417'; hauszherr, der rneister in dem hausz
Maaler 214*; wenn ein hausherr wüste, zu welcher stunde
der dich kerne, so wachet er, und lies nicht in sein haus
brechen. Luc. 12, 39; der wird ein geheiliget fas sein, zu den
ehren, dem hausherrn breuchlich, und zu allem guten werk
bereitet. 2 Tim. 2,21; gleicher gestalt handeln auch etliche
hausherrn unbescheidenlich an ihrem gesind. Fischart eliez
11501) L3';
hausherr, frau und knechi und magd macht sich auf und forscht
und zählet. Hagedorn 2, 14;
scheinherrschan doch wolle dem hausherrn gönnen die hausfrau.
Voss Luise, 3. Idylle II.
ttic bet hausfrau {sp. 662) Irül die uirlschaflliche beziehung des
Kortes zurück, das ehelidie Verhältnis in den Vordergrund: welchen
ihr hauszherr schilt, den lobt sie (die frau) gewiszlich nicht.
Carg.-n"; zwar in später arbeil war ihr hausherr (Ilses gälte)
mäszig, auch mit dem weine wuszte er ziemlich bescheid.
Frettac handschr. 2, 41
IV. u.
HAUSHERRLICH, adj. : die hausheniiche gesellschaft (so-
ciclas hcrili.<}. Kant 5, S9.
HAUSllINDERER, in. hindercr des hattsuesens: unnütze
augengrcwel, hauszhinderer und haustölpel. Garg. 273*.
H.^USHIRT, m. hüter deshauses: ungehabte (/mstf/«*) vveiber
. sind gule^ haushirlen. Ledjiasn 2, 445.
HAUSHOCH, adj.: hoch uie ein haus: er verschwur oft nicht
zu trinken , er schiesz dann ein aufgehenglen engster von
eim hauszhohen stangenbaum herab. Garg. iso".
HAUSHOFMEISTER, in. aufseher über haus und hof , ver-
ualter des hauswesens: M. ich empfehle dir diesen ehreninann,
befördere mir ihn im dienste, sobald es sein kann, er ist
es werlh. G. soll von dieser minule an haushofmcislcr sein.
Fr. Müller 3,101; ein redlicher mann, hofrath Reinhardt,
machte bei dieser unerfreulichen tafel den haushofmeister,
zu trost und erbauung sämmtlicher gilbte. Göthe 26, 19S.
IIAUSHOFMEISTERIN, f. aufseherin über das gesamte haus-
u-esen : diejenige weiber, welche auf der weit haushoffmeiste-
rinne und warterinne gewesen wären. Philander l (1612), 235;
die alte haushofmeisterin. Simpl. 3, 66 Kurz, auch gattin des
haushofmeisters.
HÄUSHUHN, H. zahmes huhn.
HAUSHÜLSE, f. liguslrum vulgare. Nemnich 3,409.
HAUSHUND, «1. canis domesticus. Göthe 7,87;
so bald sich nur der haushund reget.
Hagedorn 2, 69.
HAUSHURE, f. haushur, die nil so gemein ist, derium
scortum. Maaler 214'.
HAUSHÜTER, m.: huszhuter, edUis, custos domus voc. ine.
ilieut. kö'; hanshüter guarJiano di casa Hdlsius 7t*.
HAUSHÜTERIN, f. casaria. Dasyp.
HAUSIEREN , verb., ein vor dem 15. jh. nicid aufueisbares
u-orl, von haus mit fremder endung gebildet, in melirern bedeu-
tungen , die nur theilwäse mit denen von hausen (sp. 057) zu-
sammen treffen.
1) seilen ttie hausen 2, icohnen, weilen:
verstieg sich anderweit erhitzter auf die zinnen,
wo grilner rühm hausirt. Sculteius bei Lessimg 8, 308.
2) häufiger, wie hausen 9 sp. 659, in dem sinne übel wirl-
schapen , wüsten: ausz diesem kann man meines erachlens
leichtlich abnemraen , wie sie (die Soldaten) in den kirchen
müssen gehausierel haben , wo sie in dieselbigen kommen.
gesjmch dräer guter freunde vom cardinal von Lothringen (1592)
Dl'; wir wollen eine grosze menge Soldaten werben, damit
wir Rom rund umkehren, und wollen also mit ihn hausieren
und umgehen, wie niemals erhöret, engl, comöd. Qq.
3) am gewöhnlicltsten aber bezeichnet hausieren schon von der
ersten zeit seines aufkommens die thäligkeil des kramers der mil
seinen verkäuflichen waaren von haus zu haus zieht: einich wul-
lein, seiden oder ander gewandt auszerhalb irer hewser, zins
oder gemach in der stat umb in der wirdt oder ander Icwt
hewser, das do genenndl wirdt hawsiren , nit vail fragen.
piürnberger polizeiordn. 133 (15. jahrh.) ; es sol in unserm fursten-
Ihumb, landen und gepieten den sonnenkremer oder knap-
secken nitt gestadt werden zu hausieren, landgr. riiHipsen
(von Hessen) reform. u. Ordnung (1526) Bij'; dasz etlich krämer
und landfarer im land uinbher zogen und mit dem kalze-
Ihonier imilchstein) hauszierten, das ist von hausz zu hausz
lijgten, wo sy möchten gelt bekommen. Wickram rollw. 35, 7
Kurz; als er schier die ganz stadl auszgehausziert bette,
und aber wenig gelt gelöszt. 35,12; gieng damit hausieren.
Stilling 1, 64 ; was ist der krämer dagegen, der mit kaffee
und zucker höckcrt , oder mit mäusefallen , puppen und
schwännern hausirt? Moser pa/r. p/iaH<. l (1798) 30; hausierte
in Karlsbad für grosze herren . . mit hübschen kupferstichen.
J.Paul Titan 2,93; unsere alläre, worauf wir opfern und
räuchern, sind Iragalläre, mit welchen wir in allen landein
hausiren , um sie vor beliebige götter hinzusetzen, ddmme-
rungen 41 ; man sagt hausieren gehen : er geht mit waaren
hausiren herum, circumfert merces per domos Steinbach 1,719;
etwas hausieren tragen: der selige seckelmeister, dem ich
ja all sein hab und gut hausieren trug. Sicbenk. 2,19;
könt cur wahr wol zu kram vcrkaulti
und dörfl sie nicht liausziren tragn.
J. Atrer f,isln..'i]). Hü' (2770,36 Keller).
in der folgenden fügung nach etwas hausieren erscheint im
gegensatz zu den i»i.s7(cr gegebenen belegen die thäligkeit des um-
ziehenden krämers vielmehr als ein einhandelnde, kaufende: nur
43
675
HAUSIERER — HAUSKLEID
H AUSKLEIDUNG — H AUSKÖMGIN
07G
vielleicht das Schicksal unserer philosophie , deren kameele
nicht durch das nadelohr eines Pariser oder Londoner thors
oder ohrs durchgehen, stellet uns von dem kleinstädtischen
hausieren nach auslandischem lohe her. J. Faul vorscli. der
dsth. 2, 187.
4i hausieren, von einer gangart des pferdes: der Franzosen
haubtman nach irer manir lies, was das pfert laufen mocht,
daher faren; gegen dem her VVihvoit, als er in die neheii
kam , seuberlich hausiert. Wilw. v. Schaumb. 91. es scheint
nidils als Verderbnis von basieren , basieren zu sein, worüber
sp. 543 nachzusehen.
HAUSIERER , m. circilor. Steinbach 1, 719 ; auch in der
form hausticrer:
wir ^ind die wuocherer und hausiiercr,
(lirliöurier, weciisler und bankierer. Lrag. Joh. Cj.
HAUSIERZETTEL , m. obrigkeitliche bescheinigung über die
befuyius zum hausieren : die gralulanten sollten ordentliche
hausierzeddel liisen. Rabeneb 2, 143.
HAÜSINNE, m. oder f. ein in Schlesien aufgewiesenes worl
zur bezeichnung der miete und der mielbcuuhncr eines hauses:
iiat ein lleischer in der vorstad zu hauszinne gewohnet {im
lat. original conduclo habilavil in suburbio). Vechneb ergiesz. der
Kalzüach (1608) bei Fromm. 4,171;
wann, jiingrern, eure tlöb, die ibr habt zu baus-innen,
was sie gehört, gescbn, vermelden sollen kiiuncn.
LocAU 1, 229, 52;
jederman hat zu hausz-innen zwei gar ungegieichte gaste.
3, 13, 50.
HAÜSINSCHRIFT, f: in dem Örtchen, das einigemal ab-
gebrannt war, erregte eine desperate hausinscbrift unsere
auimerk«:imkeit. Göthe 31, 102.
HAUSINVENTARIUM, n.: der adresskalender ist eigentlich
mein hiiusinveiiiuiiuin. Heine l,2S9.
HAUSJAMMER, m.: mit seinem herzen, das durch haus-
und kirclienjainmer schon die besten schwülsten wölken um
sich hnite J. Paul flegelj. i, 9.
HAUSJUiNGFER, f tochler vom hause, ßlia familias ; auch
mädchen das die haushallung führt, virgo dispensakix. Friscu
1, 42 s'.
HAUSKAMPF, m. kämpf, streit in einem hauswesen: wenn
sich aber berr Hummel der lioffnung hingab, den schwersten
hauskampf als sieger beendet zu haben. Fbeytag handschr.
1, 1^5.
HAUSKAPELLE, /■.; l) ein hauscapell, /orarium Alb. p3';
nd. buscapel lararium Chytraeüs cap. 4; nl. huyskapelle la-
rarium, sacrarium domeslicum Kilian.
2) in musicdlischem sinne, nach kapelle 5, Ih. 5,183: nun
halle sich ihm durch Mignon, den harfenspieler und Laertes,
der auf der violine nicht ungeschickt war, eine wunderliche
kleine hauskapelle gebildet. Göthe 19, 139.
HAUSKAPLAN, m.:
{ein Pfeifenrohr) aus der mondstadt Konstantinopel
mitgebracht von dem freunde, dem liouskhpelian der gcsandt-
schalt. Voss Luise, 2. Idylle.
HAUSKÄTZCHEN, n. als liebkosungswort für ein junges häus-
liches madchen: du bist mein liebes hauskätzchcn. Kotzebue
dram. spiele 2, 192.
HAUSKATZE, f. felis catus: dasz .. das gerüusch auf dem
boden von der bauskatze herrührte. H.Heine l,5G. als be-
zeichnung eines zu hause hockenden menschen: das sein die
hauszkatzen und bummeln, spieszträgcr, birnbratcr und stu-
benheizer. Happel acad. rom. 855.
HALSKAUF. m. emlio-vendilio domus. Stieler 939.
HAUSKELLER, m. 1) unter einem hause befindlicher kcllcr.
1) nach keller tli. 5, 515 ccllarius sedis alicujus principis vcl
domini. FRi>iCn l, 600'.
HAUSKELLNER, m. was bauskeller 2.
HAUSKIND, n. ßlius familias. Alberus bbl'. auch in
anderm sinne: leibeigen banszkind, das ist, in unserem hausz
geboren , leibeigner mensch oder eigner dienst, verna. Maa-
ler '.'14'.
HAUSKIRCHE, f. 1) lararium, sacellum domeslicum: die
bi«cbof<thaiiser »ind keine eigi-nllicben kliister, sie werden
indp« zu dieficir.gezöhlt, du sie gleiche vorrechlc gcnieszen,
eigne hdu<ikirchen besitzen . . und von einer anzahl mOncbe . .
bewohnt werden, preusz. jahrb. 20, 301.
2) h:iii«kirrhe, deriilio domettica. hautandacht. Friscb 1, 428".
HAUSKLEID, n.: die ehrlichen Abderilen sahen sich selbst
zum crtlcninabl auf der fcbanbUbne in puris naturalibus, . .
in ihren gewöhnlichen bauskleidern. Wieland 19,288; meine
schöne zu besuchen, die ich wieder in ihrem gewühnlichcn
hauskleide fand. Göthe 2*4, 284.
HAUSKLEIDUNG, f : in der abwescnheit eines vornehmen
mannes verkleidete man . . einen jungen menschen in die
hauskleidung dieses herrn. Göthe 19, 24'J.
H.^USKNAPPE, VI., wie hausgeselle {s.d.) der geselle der
Weber, der in der eignen wohnung arbeilcl: von eim pfundt
rauwer wyszer wollen durchusz soll ein ineister einem husz-
knappen zu kemmen geben dry heller. Mone zeilschr. f. d,
gcsch. des Oberrheins 9, 150 {v. 148C).
HAUSKNECHT, m. knecht in einem hauswesen;
1) allgemein einen hausbedienten bezeichnend: hausknecht,
Ordinarius servus, famulus Maa-ler 214*; (als ob man fragte)
einen liegen hausknecht von viel gescheftcn. Sir. 37,13; kein
hausknecht {goth. ni ainshun })ivel kan zweien herrn dienen.
Luc. 16,13; rief er zween seiner hausknechte und einem
gottfürchtigen kriegsknecht. ap. gesch. 10, 7 ; nL huysknecht . .
•oeconomus Kilian.
2) ein diener der die geringen diensle eines hauswesens ver-
richtet: hauszknecht, scoparius Dasvp;
nu, hausknecht, thu die tbur noch uns zu!
fnsln.sp. 251,15;
hausknecht und hauediern. 401, 22;
neur warb ich ümb ain hausmeit . . .
da lag pei ir der hausknecht. 755, 23-,
die Stadt schickt anderthalhen man {zum kämpfe),
das ist ein hausknecht und ein iinab,
kein reicher burger kumhi lierab. Soltau 232;
sechs schilfsessel umstanden den sieintlsch, welche der haus-
knecht (drs pfurrhofes)
heimlich geschnitzt. Voss Luise, 1. Idylle.
in einer bäuerlichen haushallung den pferde- und ackerknechten
gegenüber geslelll : der hausknecht ist gleichsam der scher-
wenzel in einer haushallung, und wird zu haus und auf dem
felde zu allen vorfallenden Verrichtungen gebraucht, so von
denen andern knechten nicht versehen werden können, öcon.
lex. (1731) 1237. ab?r in solchen hauswesen, namentlich in der
ScIiU'riz. auch der oberste knecht, der die Oberleitung führt : hausz-
knecht, der füniembst unter den knechten, columclla Maaler
214''; Hans Joggi sollte eine art von hausknecht werden,
und alle guter, welche nicht verpachtet waren, besorgen ..
unter dem hausknecht stunden die dienstboten, welche auf
dem lande arbeiteten, er halle sie zu regieren und auch zu
speisen, entweder auf rechnung des herrn, oder auf die
eigene. J. Gotthelf schuldenb. 399.
3) hausknecht in einem gasthofc: mediastinus Stieler 994;
hundert hend musz ein keller und hausknecht haben, wie
Driareus, auf das er unaufhörlich und unermüdel zupf, schöpf,
gewinn, hol, trag, ketsch , biet, stell, gisz, schenk, füll.
Garg. lOl'; und wie der hausknecht ein essen krebs auftrüge.
Kirchhof wendunm. 187'; sobald ihn der hausknecht {in die
gaststube treten) sähe, wolle er ihn austreiben. Simpl. 1,451
Kurz; der hausknecht führt sein pferd in stall. 3, 3S'J; er
hatte im stiefelschmieren eine Virtuosität gewonnen, auf die
ein hausknechl hätte reisen können. Rieul culturg. nov. 440.
4) hausknecht der castellan des I^ürnberger ralhauses. Nürnb.
polizeiordn. 80, Sl.
HAUSKNECHTSCHAFT, f. : {der gewesene hausknechl Rupperl
sagt) ich habe rn meiner hausknechtsschaft einen guten
grund zur dieberei gclegcf. ped. schulfuchs 239.
HAUSKOBOLD, »i. ;
gleich dem gescbärtigen hauskobold, der nächtlicher nrbcit
Iroh ist. Voss Luise, 2. Idylle.
HAUSKOCH, m. coquus privalus. Steinbacu 1,890.
HAUSKU.MG, Hl. bezeichuung des haushcrrn: diese und au-
derc inch hausznötige stück, so sie dem hauszkönig gründ-
lich zu erwigen fUrkoinmen. Garg. C4*; da macht man die
thor weil, das der hauszkönig einrent, lauft ihm mit zu-
gelhancn armen entgegen , die töchterlin sitzen ihren auf
dem arm . . die sönlin henken am rock. 73'.
HAUSKÜNIGIN, f.: {dasx der mann die frau) in eben-
würdigen thron für ein hauszkönigin aiifnimmcl und uobon
ihm cin.^etzct. Fiscuart Garg. c\* ;
dos man Ir {der rhefrnu) vorirawi den stand
und den hauntucppior utiorf^lbei,
und sie sur haiisxkönigin belibcl. chet. (1591) Dl',
mit der eignen n-uu und hauskönigin in gosellschaft zu leben
und zu handeln, J. pAtjL Levana 2, 71.
677
HAUSKOST — HAUSLAMM
HAUSLAND — HÄüSLEIN
678
HACSKOST, f. eibus famUiae Ordinarius, cibvs quolidianus.
Frisch 1, 42S'.
HAUSKOSTEN, f. fdur. kosten des hauswesens: aber jetzt,
denk , sind wir geldlos und die bauskosten warten nicht,
die laufen zu. J. Gotthelf schuldenb. 72.
HÄCSKRAFT, f.:
jenen wehr ich
mit der hauskraft,
bis Prometheus
mir das heer schickt. Göthe 40, 413.
HAUSKRÄHE, f. corvus corone, schwarze krähe. Nemnicb
2, 1241.
HAUSKREUZ, n. afflictio domeslica. Stieleb 1037; allerlei
gemeine bauscreutze hat sie mit sonderlicher gedult ge-
tragen. Opels Weigel 353 ; in seinem überswebren hauskreuze.
BoTSCHKY kanzl. 44; denkt nur, was mir vor ein hauscreulz
gleich den ietzigen abend über den bals kömmt. Chb. Weise
comöd. 209; eine überaus stille niedergeschlagene frau, die
irgend ein heimlich buuskreuz zur dichtkunst gebracht bat.
GoTTscHEDi.N briefe 2, 122; als abends der gute Moritz herein
reitend den arm brach . . das zerstörte die ganze frcude,
und brachte in unsern kleinen cirkel ein böses hauskreuz.
GöTHE 27.239; meinem manne war in schreck, angst und
truuer die gicht in den magen getreten und er lag ohne
hoffnung. das war ein hauskreuz. Tieck ges. nov. 2, 45 ;
doch tritt man aus der flitterwoche, so kommt das hauskreuz
nach und nach,
und kreucht mit sammt dem neuen paare in kieider, bett und
scblaTgemach. Günther 427;
gern wird hauskreuz auch von den leiden gebraucht, die durch
eine böse, namenllicli zänkische ehefrau herbei geführt trerden :
hat gott dir diesz hauskreuz zugesandt, so muszt du es auch
willig aufnehmen. Scriver seelensch. 2,279; unter die zahl
der gelehrten , welche der himmel mit bösen weibern ge-
straft hat, gehöret auch der berühmte Damis; gleichwohl
kann sich die gelehrte weit nicht über ihn beklugen, dasz
ihn dieses hauskreuz nur im geringsten abgehalten hätte,
ihr mit unzählbaren gelehrten Schriften zu dienen. Lessing
1, 232 ;
es ist doch ein geplagter man,
der sein weib nicht bezäumen kan,
er ist geplagt ob andern alln,
dann er kan mit seim weib nit stallo,
nun ist das hauscreuz so gethan,
dasz maus nie gnug beweinen kan.
J. DE Zeter siieculum viliorum et tirtutum 33;
die diefrau wird geradezu hauskreuz genannt: ja, wenn unser
gemeinschaftliches hauskreuz uns nicht weggetrieben hätte,
wollen wir groszmiithig sein, und ihre gesundheit trinken?
Gottes 3. 4S8.
HAUSKRIEG, m. häuslicher zwist und Unfrieden : hauszkrieg,
anheimische feyendschaft und unwirse, offensiones domeslicae
Maaler 214*; dasz ich hülf zu meinem künftigen hauszkrieg
zu hoffen hätte, dessen ankümligung ich stündlich von
meinem (manne) Springinsfelt gewärtig war. Simpl. 3, 107
Kurj; ich musz sehen ob ich meine mutier auf meine seile
bringen kann, dasz sie etwas durch den hauskrieg zu meiner
parlei besten erhaltet, inlerim 123; er machte ihm vom haus-
kriege nur so viel bekannt, als nölhig war. J. Paul Tit. 2, 30.
HAUSKRONE, f. l) die krune eines füntenhauses ; nament-
lich in Osterreich der nicht erblichen reichskrone früher enlgegen-
gestelU. Frisch l, 42S*. auf die hausmülze eines hausvaters über-
tragen : muszte in der haushültung, wie in jeder, jemand da
sein, der den ordentlichen hausvaler und ehemann vorstellte . .
deshalb setzte er sehr bald die siegwartische ledermülze auf
als hauskrone, J. Pacl leben Fiebels 56.
2} bezeichnung der ehefrau: mit seiner dritten hauskrone,
miss Antonia Cranmer, fängt sich die bekanntschaft zwar
auch in einem garten an. Wielasd Bunkliade, in den werken,
b, supf>lemenlband (1798) s. 94.
HAUSKUCHE, /". eulina dumestica, familians. Stieler 1001.
HAUSKLISST, f die fähitikeü , das hausuesen gut zu leiten:
fremder, wilsiu nachrichi haben,
wer für dir hier liegt begraben?
ach ! ein schätz, den sterbligkeit
mir verhüllte kurze zeit . . .
ein rubm, von ehegunst:
ein opal von hausekun.st.
LoCAC 1, 2iS, 2 (nv.tbmal einer redlichen frautm).
HAUSLAMM, n. ein ganz zahmes lamm, das frei im hause
ttmherkluß.
HAUSLAND, n.: in Forste amts Osterode ist mit diesem
(reihehause) ein gewisses masz land , sogenanntes bausland
verbunden. StCve wesen u. verf. 42.
HAUSLÄRMEN, m.: es fahet mancher einen hausziärmen
an , nur d; etwan ein hölzlin über zwcrchs im hause ligt.
AcB. spr. 22^'.
HAUSLATERNE, f. auf dem flur zur erleuchlung des hauses
hängend. Jacobsson 2, 235*.
HAÜSLAÜB, n. sempervivum, hausirurz. Nemsich 4, 1277.
HAUSLAUCH, m. l) senipervivum tectorum. Nemnich 4, 1278
mhd hüslouh , wb. 1,1044'; sempereiva huslauch, husloch,
hulauch DiEF. 526*; barba Joris hauslaucb, huszlauch off de
huse 6S' {die pflanze führt auch den namen donnerbarl) ; spe-
rima huslauch 546*.
2) auch sedum lelepMum , sonst fette kenne. Nessich 4.1273.
HAUSLAUCHVOGEL, m. papilio Apollo, Nemsich.
HAUSLEBEN . n. leben wie man eS im eignen hause führt,
als übrisclirifl eines gedichls bei LoCAO 1. I6S. 19.
HAüSLEHEN, n. das einem bestimmten geschlechte zustehende
lehen : die gruszen Mirabeauschen hausleben. Dahlharn gesch.
d. franz. revvl. ISö.
HAUSLEHRE. /". lehre in bezug auf das hauswesen : die
Sitten und lugenden beweglichst fürstellen, die haus- und
regimentslehre mit richtigen lehrsätzen beleuchten. BciscBCi
Palm. 380; He.^iods hauslehren von Voss.
HAUSLEHRER , m. 1) der lehren in bezug auf das haus-
wesen gibt, im 17. jahrh. wird Jesus Sirach häufig so genannt:
durch den getreuen hausziehrer Sirach. Schcppids 623 ; der
hauslehrer hat auch sehr viel zum rühm eines gottseligen
und tugendsamen weibs geschrieben z. b. im 26. capitei.
Scriver seelensch. 2, 318.
2) neuer ist das wort auf einen lehrer bezogen, der im haust
eines familienvalers, nicht in der schule unterrichtet: er bat dort
als hauslehrer an mehren orten gelebt. Freytag handschr.
2, 231.
HAUSLEIB, m. groszer leib brot, wie er für den hausbedarf
geformt wird: bat er zwen wind (windspiele) mit im traben,
denen söllent sy geben ain huszlaib. weL-ih. 1,218; wann ein
groszer hauszleib brot auf dem lisch lege. Paracelscs opp.
1,8SB;
kom her und lern mich hausziäib machen.
Atrer 433« (2179, 1 Kcllei).
HÄÜSLEIN, n. aediculae, domuncula, ahd. hüsili und hüsilin,
mhd. hinsei und hiuselin.
1) in eigentlicher bedcutung: huszei domuncula voc. ine. theut.
ks'; heüsziin. aediculae, casa mapalia Maaler 220*; wie ein
beuslin im Weinberge. Jcs. 1,8; wie wol das bäusel ein
kleines hi)ffel und ziemliche kammer hatte. Lazarillo de Tor-
mes 69; rechts stand ein golhisch- lombardisch kapriciöses
bäuslein, in dessen innern eine süsze, flatterhafte mädchen-
stimme .. trillerte. H.Heine 2, 67.
2) gehäuse über oder um ein schnüzwerk, baldachin : machet im
(dem schmlzbilde) ein feines heuslin. und setzls an die wand,
und heftets fest mit eisen, das nicht falle. weL<h. Sal. 13, 15;
eben so sind ihre gölzen. wenn man sie in ire heuslin
setzt, werden sie vol staubs , von den füszen dere, die hin
ein gehen. Barueh 6, 16.
3) bäuslein Jür abtritt, mundartlich sehr verbreitet (Fftouu.
6,147 tt. ö.), bei Frisch 1,427* aus Keisebsbebgs poslilie nach-
gewiesen; häuslein, heimliches gemach, eloaea, latrina Kibscb
cornuc. ;
das häaszie stnond olTa, drein sind si all glofTa.
scliwäb. lied v. 1633 bei Frosi. 4, 94, 59.
vielleicht fällt dieser bedeulung auch zu: und sollen auch keine
kandelle (canale) und drauf von der nachparn dechen und
hausein in den hoff gefört noch geleidt werden, weisih. 2, 262
(v. 1539).
4) häuslein, grab: sehen den engel uff dem stein huszen
sitzen vor dem grab oder hüszlin. Keiseb<bebg pcst 3, 4'.
5) häuslein von thierwohnungen : wenne man in (den vogel
galander) gevaeht und in besleujt in ainem häusel. .Mege.ibehc
176.8; heusziin der imben , favus Maaler 220*; liesz die
{Unten) ausz ittrem loch oder heusziin. Amadis2i2; Schnecken-
haus:
dann wann vom häus/jin kriecht die schneck,
so Irägis ein jedes kind hinwegk,
ja da uieman steckt in dem hausziin,
sah ich spilen damit ein mauszlin.
FiecHART ehet. (1591) C6»;
43*
679
HÄÜSLEINFEGER — HÄUSLICH
HÄUSLICH
680
von der fchaale einer srhildkrvte :
da ward sie (die sc/ii/i/Arö/e) crgetzt widenim,
sprach, o häuszliri, mein heiligmm,
truck tapfer nur, ich trag «lieh gern,
forthin soll mich niciit roch beschwern. D5';
fesludo liaijt ain snek, ilartiiTil) . . daj or mit ainr schaln be-
decket ist, als er in ainem iiäiisel sitz. Mecenbero 258, 24.
C) häiisicin, das keinhaits beim obst, tvie haus sp. (ill; ferner
die aus dem blütenkekhe enlwickelle hülse der Judenkirsche : nelinict
judeiikirsciien, die scliön und wol, aucli zeitig soind, zicliet
ihnen das häuslein ab. Hohrerg 3, 1, 15S'.
7) liiiiislein, bildlich für miUlerleib:
warumb weinet ein kindlin gleich
wann es von muterleibe weicht?
darnmb, das es sich merket blosz,
und seiner teck und häuszlins los.
FiscuART ehez. (1591) CS'.
ebenso für vulra:
dreu jar noch liieih ich ungcwert,
das sie mir nicht leb das heuslein,
do die pruchmaisen fliegen ein. fasln, sp. 123,25.
HÄÜSLEINFEGER, m. nach häuslein 3 : heusziefeger, rau-
mer, bernsicf her, repurgalor, lalrinarius. Heni?ch 1037, 17.
IlAl'SLEINWAND , f. aus qarn das im hause gesponnen isl,
bereitet; in lilterer form noch hausleinwad: linteum domesticum . .
hausleinwad. Stieler 2346; eine floiszig gesponnene haus-
leinwad,-die man seibs hat wirken lassen. Roth hausmüller-
ABC F7; wans etwe ein stückl hauszicinwed zu hcmeden,
hosenfueller, kotzn und leyiachen brauchn tlietn. Schwabe
lintenf. 40. bildlich: das machwerk (Werlhers frcuden von Nicolai)
selbst war aus der derben hausleinwand zugeschnitten, welche
recht derb zu bereiten der menschenverstand in seinem fa-
milienkreise sich viel zu schaffen macht. Göthe 26, 231.
HAISLEITEU, f scala. M.valer 215'.
HÄUSLER, m. 1) eintvohner eines dorfes, der nur ein haus,
kein fehl dazu besitzt, entgegengesetzt dem gutsbcsUzer: heuslcr,
incola paganus qui agros non possidct. Stieler 801; wo er als
hausier ansiissig ist. Feuerbach aclenmäsz. darstelt. 1,109;
der beleidigte soldat rächt sich am spotte des häuslcrs. Dija
Na Sore 4,302; die milglieder des deichbandes haben land
und leben zu verlieren, wenn der deich durchbricht; nicht
sü die später gekommenen handwciker, hausier oder pächter.
Moser rcrtn. schiiflen 1, 344.
2) dürfler ohne eigenes haus, bei einem andern zur miete woh-
nend. Adelung.
HÄUSLERIN , f nach hausier l : einer jeglichen halbver-
hungerten häuslerin. Holtei Lammfell 135.
HAUSLEUTE, plur. l) allgemein die bewohner eines hauses,
hausgenossen : die mörwellen sind die mancherlei hindcr-
nussen und anstösz, welche den hauszieuten {es ist ein schiff
einem hause verglichen worden), die sich ehrlich begeren zu
nehren, widerfaren. Fischart eltez. (1591) J3'; sie sagen,
dasz dieses gcschmcisz (bienen) ihre hausleute und nachbarn
stechen wird. Freytag handschr. 2,33.
2) die mietbcHohner eines hauses : die hauszieiit, hauszgcnosz,
die in einsi hausz woncnd, domeslici .Maaler 215"; sie hat
ein bequemes hausz, sie Ihn sich nach feinen hauszieuten
imi. Chr. Weise liebes-alliance 12; bauete über die 12 sluben,
und gedachte mich von den hauszleuthcn zu nehren. polil.
kiatschmaul (IG83) s. 12.
3) das gesinde eines hauses: dagegen versprechen sie mir,
dasz sie gegen meine hausleute von dem zweck ihres hicr-
seins schweigen. Freytac handschr. 1, 79.
4) die leute des Ihürmers, der liausmann genannt wurde und
zngleidi oß stadlmusicant war, hieszen iiotisleulc: man liesze
die sogenannten hausziculc oder vielmehr stadlmusicantcn
hohlen. Salinde 20.
5) eine gattung bauern: nicht weit von der bürg zu Holk
wohnten vor lieben langen jähren ein baar frommer haus-
leute, welche den edlen horrn daselbst für ihren gnädigen
gutsherm erkannten. .Moser patr. phanl. 2 (1798) 352; die
frage ob die hiesigen hausleute {die landleulc im Osnabrück-
sehen) ihre wohntingcn nicht bcrjnemcr einrichten k'innlen.
9, 139. im Bremisclicn heiszen hausleute bauern die volle eigen-
Ihnmer und niemand als der landeiherrschaß unterworfen sind;
$. unter erbexc 3, 719.
HAUSLICH, adj. und adr. domeüieus. frugi. ein hii>izlicher,
beimücher, domesticus ÜiKr. 190*; m altern iiuellrn »per ohne
umlaul: hatioziiche Sparsamkeit. Kisciiart chez. (1691) Ci*
in mehrfacher anwendung.
1) das ngene haiiswesen betreffend, den haushall angehend; so
in bezug auf das wohnen: sich häuslich niederlassen, ein haus-
wesen gründen; kein eigen domicilium und häuslich wesen
gehabt hab. Avrer proc. 1,7; ob er .. clwan irgends eine
häusliche wohnung hätte? Simpl. 3,198 Kurz; ist klar, wie
heftig die alten auf die ehrbare zucht unter den Studenten
gesehen, beides in üffentlichen collegien, und häuszlichcu
Wohnungen. Happel acad. rom. 24; gcist- weit- und häus-
licher stand [d. i. der angesessene bürgerstand). Oleariüs reisen,
auf dem titel ; er hat diesen namen weder ölTentlich noch
häuslich {in seiner wohnung) ausgesprochen. Hippel lebcnst.
I, 198; indesz sich der dichter, wohlverwahrt, häuslicher
wühnlichkeit freut. Göthe 33,147; wir richten uns immer
häuslich ein, um wieder auszuziehen. 17,313;
ihr (einer jungen frau) war kein ander ohrt, kein andre statt
bewust,
als die, wo sich ihr mann woit häusziich lassen finden.
Rist Parn. 782;
in bezug auf die führung des hauswesens und alles, was mit dem
eignen haushält zusammenhängt : nit minder gebüret die eben
und das häusziich wesen . . recht zusammen zu ordeneii
und zu reimen. Fischart chez. (1591) A2'; schöne liäuszlichc
lehren. C7"; die vielleicht zur häuslichen gchültin unter
meiner anleitung am besten herangewachsen wäre. Göthe
17,10; ich .. finde zuletzt nichts bequemer, als dasz andre
für mich bauen, pflanzen, und sich häuslich bemühen. 3is;
heimlich stahl mir Luise das Vorbild aus dem e:ewandscbrank
ihres papas, wie Rahel dio häuslichen göitcr des Laban.
Voss Luise, 2. Idylle;
war ich ein häusliches weib (eine hausfrau), und hätte, was icli
bedürfte,
treu sein wollt ich und froh, herzen und küssen den mann.
GöTUR t, 307-,
der ursach halb ich armer man weder zu weib noch kinden
darf, musz also von hevvszlichen eren bleiben. Chmkl urk.
Max. 304; das ich mich vor meinen gläubigem niendert darf
anheim thiin, und ich von hewsziichen eren kommen. 346
{vcrgl. hausehre s;;. 650) ; den häuslichen Wohlstand. Herder
z. seh. Uli. 19 (1S30), llt; der gcnusz der lang entbehrten
häuszlichen glückseligkeit. Wieland 7, ISO; häusliche, sitt-
liche, literarische Vergnügungen. Herder :»r seh. litt. 0 (1^27)
259; findest dein glück in einem stillen bürgerlichen leben,
in den ruhigen hä:uslichen freiulen. Göthe 10, 103; jede häus-
liche empfindung wird rege. 33,152; häuslicher friede, häus-
licher zank, zwist;
immer ist so das mädchcn beschäftigt und reifet im siillen
häuslicher tugend entgegen, den klugen mann zu beglücken.
Göthk I, 313.
in bezug auf personen die mit dem hauswesen zus(imnietih,hu)rn:
die häusliche gcsellschaft; häusliche freunde ;
und drinnen waltet
die züchtige hausfrau,
dio mutter der kinder,
und hcrschet weise
im hauslichen kreise. Schillkr glocke;
in bezug auf thiere, die im hauswesen unterhalten irtrden : kein
heuslich vihe zur narung. Dryander rorrc</e zu //.&a(/e(is /ikv/üiiij
R2; wie groszes gefallen die natur oder vi! mehr got ir
Schöpfer, an der hauszhaltung trage, sihet mann daran, das/,
er zu förderung .. derselbigen sonderes zaines, gciieimcs
und häusziiches vieh hat gegeben. Fischart Wie;. (1591) M l';
unter den zahmen und häuszlichen thicren. J. 1'rätorius
Storchs winlerqu. PC; die thiere, die der mensch zu zähmen
und häuslich zu machen gelernt hat. Kant 5,438;
mit ihr wohnten in einem zimrncr zwei Ifftiisziirho thiere,
Cyper, ein flcckigtcr kater, und ein goschwatziges papchcn.
/.ACiiARiÄ .Mnrner (1757) «.4;
ringt noch freut sieb der Stoppel ein schwärm glattleibiger
rinder,
und der gefallenen körnor die haiislicho gons mit dem feldhuhn.
Vo.ss Idiilleii 4, 18.
2) häuslich ron personen gesagt, gern um das hauswesen sich
kümmernd, im hause weilend und schaffend: ein heuslich weib
ist irem manne eine freude, und macht im ein fein rflgig
leben. Sir. 20,2; das sie die jungen weibcr leren .. sitlig
sein, keusch, heuslich, gütig, Iren mennern unicrihan. Tit.
2,5; wann die niänner schon häusziich, geschickt, arbeitsam,
karg und sparsam sind. Fischart ehez. (1591) G»'; als nun
der kirchgaiig lieschehcn was, lirng der gilt jung mann an,
gor häusziich zii sein. Wickran rollic. 7«, I Kur:; die frau
681
HÄUSLICH — HÄUSLICHKEIT
HÄÜSLICHSTttL — HAUSMANN
682
war in der zeit heuszlicli. Frey garleng. 88; darumb wenn
die frauwe hernach sich voriger faulheit annam, dröuwet er
ir mit erzehiter arzney zu helfen, dasz sie dennoch etlicher
maszen solcher sich entwehrete und häuszlicher begundt zu
werden. Kmicubof wendunm. 114'; häuszlicher frommer knächt,
der fleiszig auf den nutz seines meisters sieht, ein treüwer
diener und redlicher hauszknachf, servus bonae frugi Maaler
215*; lebte mit seiner frau arbeitsam und häuslich. Hebel
2 (IS53) s. 110;
werist du langisl als huslich gsin,
und nit gesessen bi dem win,
l'rüe und spad, dag und nacht,
het uns fil me nütz gebracht, fastn.sp. S21,34;
so wil ich ein weil heusziich sein,
die Stuben kern und heizen ein. H. Sachs 3, 3, 42';
wollt mir beschafTn ein solches weib
die heüsziich keusch und Trumb beleih.
. ScHXELZL hochzeit 9',
das man mich (schnecke) gar für häuszlicb hält.
FiscHART ehe:. (1591) CS';
es lockt und reizte licht und luft den häuslichsten zum aus-
spazieren. Brockes 7, 563;
unterdessen schleichet auf dem gange
hauslich spät die mutter noch vorbei. Göthe 1, 247;
denn noch so häuslich im hause,
mögen sie ölTentlich gern als müszige damen erscheinen.
1,343;
du bist, häusliches mädcben, gemeint. 1,391;
drum kommet, damit wir vernehmen,
ob sie gut und tugendhaft sei, ein häusliches mädchen.
40, 296.
3) häuslich, das hausiresen gut führend, das seine zu ralhe
haltend, sparsam: hauszlich, ein guter hauszhaiter, frugi, par-
cus Maaler 215*; nun wolan , was woltstu aber thun, so
durch Circes knnst köntest ausz eim trunkenen mann einen
nüchteren machen, ausz einem schlemmer einen kargen,
kündigen, ausz eim unhäuszlichen ein häuszlichen. Fischart
ehez. (1591) Tl'; welcher auszgäbiger ist in einem: ist von-
nöhten dasz er mäszig, karg und hauszlich in einem andern
seie. ScHLPPiüS 739;
vor dem lebnstuhl
prunkte mit Dresdener tassen der schön geäderte tbeetiscli,
welche die häusliche frau vornehmeren gasten nur anbot.
Voss Luise, 2. Idylle.
HÄUSLICHKEIT, f 1 {nach häuslich 1) der gesamle zustand
des Hauswesens und dieses selbst: die häusziiche herrschaft
und herrschaftliche häuszlichkeit. Garg. 63'; wie beschämen
uns im punkt der häuslichkeit die altgriechischen Wohnungen
und paläste ! Herder z. seh. Uli. 19 (1830) 141; der zierliche
topf nimmt manchen Strauch, manche zwiebel auf, um in
winterhafter häuslichkeit den sommcr zu heucheln. Götbe
33,152; so hoffe ich, sie werden die einfache treue recht-
lichkeit deutscher zustände nicht verschmähen, und mir ver-
zeihen, wenn ich .. kein anmuthigeres bild finde, als wie
sie uns der deutsche mittelstand in seinen reinen häuslich-
keilen sehn läszt. 21,126; dasz eine wirthin sich sehnt,
wieder ungestört in ihrer stillen häuslichkeit zu leben. Lmmer-
mann 3/ünc/i/i. 4, 100; verzeihen sie uns das unzarte eintreten
in ihre häuslichkeit. Frettag handschr. 1,90;
edle deutsche häuslichkeit
übers meer gesendet. Göthe 47, 208.
2) die liebe zum hauswesen und die neigung darin zu weilen
und zu wirken (häuslich 2): und {das ueib) inn aller zucht
und heuszlichkeit .. bleibet und verharret. Mathes. Sar. 7";
ein rechtschaffen weib . . liebet ir hauszgesind, will nit in
kleidern. sonder in rechter häuszlichkeit gesehen sein. Fischart
eliez. (1591) LT; aber häusziigkeit und tugend stehet .. wol
neben einander. Lohe:<steis >lrm. 1,199'; ohne das hält ich
des guten menschen gewissenhafte häuslichkeit zeilher schon
gern ein Liszchen ausgeweitet. Göthe 7,133;
die Schnecken die hcidochsen neiden,
weil sie die häuszlichkeit gar meiden,
und drumb auch nicht der immen schonen,
und im zerfallnen gmnur gern wonen.
also soll auch ein ehefraw meiden,
was sie von häuszlichkeit will scheiden.
FiscHA»? ehet. (1591) C6'.
3) {nach häuslich 3) wirlschafllichkeil , sparsamkeil: welcher
aber allgemach sich wird herauszwickelen {aus den schulden),
der macht ein gewonheit der häusziigkeit und mit diesem
fleisz hilft er dem gemüth und vermögen. Schuppius 739;
ein Weibchen, die . . . was sein (des mannes) (leisz gewinnt,
durch kluge häuslichkeit vermehret. Cottfr I, 254.
HÄÜSLICHSTILL, adj. :
und im genusse bäuslichstiller freuden. Gotter i, 430.
HAUSLIED, n.: hauslieder cantus domeslici, oeconomici.
Stieler URl.
H.\USLING, m. mielbetcohner eines hatises; ein eigenes haus
niäil besitzend, schulzvericandler : der himmlische vater wird
seine kinder und häuslinge schon wissen zu versorgen. Otho
1291; sollen sie auch unsre mietvölker an sich zu ziehen
versuchen , so würde doch solches alsdenn nur genihrlicU
für uns sein, wenn wir ihnen nicht samt unsern häuslingen
{griech. fisTOiy.oi) allein schon gewachsen wären. Heilman
thucyd. 166. namenlUch in yiedersachsen : nicht weniger schlimm
steht es mit dem begriffe des häuslings. in der regel denkt
rnan unter demselben einen nicht angesessenen einwohncr
der gemeinde, der hauptsächlich von lagelohn lebt, er kann
aber auch ein handwerk oder sonstiges kleines gewerbe be-
treiben, und durch diese nebenbestimmung kommen wir denn
in eine allmälige reihenfolge von Veränderungen hinein,
welche am ende den arzt , den advocaten , den kaufmann
etc. ebenfalls zum häusling stempeln kann. Stöve uesen u.
verf. 56 ;
'wo ich umseb, keiner hört mich an,
häusling oder sassen ! Voss 5, 3.
hie und da in Obersachsen vird häusling der bewohner des armen-
hauses genannt.
HAüSLOS, adj.: ich suochte dich e, da du laege höse-
lüsiu. hohes lied 35,4 Haupt; du würdest .. in schweifendes,
hausloses elend mich verstoszen. Göthe 57,36;
kein frevler in des königs jagd
naht bauslos eurem dach.
Freiligrath ged. (1845) 461.
H.XUSLÜMMEL, m. {terme de mepris) casanier, Rondead 287.
Chr. Weise comüd. 105.
HAUSLUST, /■.;
weil unsre hauslust manches trieb,
was kaum und kaum in schranken blieb. Voss 6, 202.
HAUSMACHT, f. macht über die ein geschlecht verfügt : haus-
macht, poteslas dominica, oeconomica Stieler 1204; jene
schrankenlose hausmacht in den familien des hohen adels.
Dahlma:«!« gescL der franz. revol. l%0; Friedrich hatte an dem
falschen freunde . . räche genommen . . und stand auf den
frischen trfimmern der weifischen hausmacht, dän. gcschichlc
1,32.1; sie {die territorialfürslen) benutzten die reformation,
um ... die guter der kirche zur vergröszening ihrer haus-
macht zu verwenden. Bradn «er briefe eines süddeutschen,
vorrede s. 13.
H.\ÜS.MÄDCHEN , n. dienslmädchen zur besorgung des haus-
fcesens: Studenten .. erhallen brockensträusze von den haus-
mädchcn. H. Heine 1, 77.
H.VUSMAGD, f famula. Maaler 215" ; hausmagd . . schlie-
szerin, ausgebmagd. Stieler 1210. nl. huysmaeght, famula,
ministra, ancilla, scoparia Kilian;
Marie, die geschäftige hausmagd,
welche gehaspeltes garn von der wind abspulte zum weben.
Voss Idyllen 16, loL
vergl. hausmeid.
HAUSMANN, m. l) der vorstand einer haushaltung , haus-
vater: also gieng der dippel in sich selb, erkannt seiner
frawen radt für gut und zoch wider zurück in sein alte
herberg, lies hinfurbas seinen eifer faren und ward ein recht-
geschaffner hausman. Wickram rollio. 154,3 Kurz; ein ehr-
licher hauszmann, welcher sich durch seine magd halte ver-
führen lassen. Schdppics 466; ich habe langes und breile-s
von einer sogenannten blulliebe schwatzen gehört, das einem
ordentlichen hausmann den köpf heisz machen könnte.
Schiller räuber l, l ;
darum so halt dein gosch du frosch (spriclil die Schnecke),
weil nichts auf häuszlichkeit verstehst,
wirst auch kein hauszman immer geben,
dann im hausz soll man still fein leben.
Fischart ehcz. (1591) DI";
dann, wie man sagt, ein hauszman bawet
nur auf ein fromm weib, dem man trawet,
aber auf kein luirätlich fraw,
da ist not, das der mann selbs schaw. D i'.
2) namentlich der vorstand einer ländlichen haushaltung , an-
tcohner einer dorfgemeinde : ein hausmann oder bauen geß.
finken 30; dem hausmann sein viehe so viel möglich ohne
schaden heimliefern, weisth. 2,187; wenn ein hausmann einen
guten hund hätte, und würde ihm todt geschlagen. 3,308;
6S3
IIAUSMANNSCHAFT — HAUSMEID
II AUSMEIER— II AUSMÜTTERLICHKEIT 684
in den freien marschiändern gilt {für den vollberechtigten
baticr) der ausdruclc liausmann , welcher in allerer zeit den
aligemeinen gegensalz gegen hofiirann (hovemann, hovelüde,
d. i. ritlermäsziger mann, diensimann, edclmann im neuern
sinne) zu hMen pflegt. Stüvk wcsen u. verf. 46.
3) hausmann ist auch der bei einem andern zur miete uohnt,
mielsmann: Lauszmann, der umb zinsz in eines anderen bausz
wonet , inquilinus Maaler 215"; liauszmann, der eine oder
zwo kamnieren inn hat, coenacularius das.;
ein armer hauszman one sorgen.
ü. Waldis £,vo/) 4, 93, 90.
4) bäusmann, der Wächter, beschlieszer eines haiises. im mitlel-
allcr tcar hüsman {wb. 2, 1, 40') der burgwart {nach haus »palte
643) der auf dem tcarlthurnic wohnte; und es geht der name
auch auf den kirclithürmer «p städlcn über: gleich wie man
nennet ein tburner oder hau.snian auf dem Ihurn, der da
wachen und über die stad sehen so!, das nicht fewer oder
feind schaden thue. Luther 1,370"; ein solcher bestalter
wechter, hausman oder thiirner. F. ^ora hausmütler-ABC J2^
HÄUSMANNSCHAFT, f. art und weise eines guten hausvalers:
wi! ich den hohen schulen in Teutschland ralhen, dasz sie
etliche lehrer der hau^zmannschaft halten, welche nit allein
jenes jurisconsulti rahtschläg examinirten, sondern suchten
die kunst der hanszhaltung. Schuppiüs TO.'«.
HAUSMANNSKOST. /". nahrung wie sie ein hausvaler gewöhn-
lich für sich und die seinigen bereiten läszt: ein gemeiner soldat
{erhält) desz tags 1 pfd. fleisch, oder hauszmanns kost. Bockler
kricgsschule (l66S) s. 111; vergnügt bei unsrer alltäglichen haus-
mannskost. Arnim Icronw. 1, 21; auffallendes, fremdartiges
war dem jungen menschen gerade hausmannskost. J. Paul
komel 3, "2.
HAUSMANNSTHURM , wi. kirchlhurm , auf dem der thürmei-
wohnt, hausmannsturn Frisch 1, 429".
HAUSMÄRCHEN , n. märchen wie es im häuslichen kreise
erzählt wird : kinder- und hauslifiärchen gesammelt durch die
brüder Grimm, auch märchen in bezug auf ein geschleclit:
bald sprachen wir von den wolbezeugten geschichten des
hauses von Barliarossa und Konradin , bald von den haus-
mürchen aus den zeiten des Attila. Arnim kronw. 1, 310.
HAUSMARDER, m. muslcla foina, Steinmarder. Nemnich 3,670.
HAUSMARK, n. aelhusa meum. Nem.mcuI. 99; hochteutsch
wird die beerwurz oder der wilde dill auch hauszmark ge-
nannt. Tabernaem. kräuterb. (1588) 233.
HAUSMARSCHALL. m. marschall einer fürstlichen hofhaltung,
der die iKin.H'r und scidösser unter aufsiclit hat.
HAUS.MAST, f. : die Schweinemast ist zweierlei, holzmast
und haiismast. öcon. lex. (1731) 1536.
HAUSMASTUNG, f.: es ist aber die hausmastung {der
Schweine) nicht einerlei, ebenda.
HAUSMATTE, f. an einem hause gelegene: konnte er einen
groszen theil der hausmatte wieder wässern, und das gru-
nete und trieb, dasz es eine helle pracht war. J. Gottdelf
schuldcnb. 72.
HAUS.MAUER, f. mauer eines hauses und um ein haus.
Fkeytag Itandschr. 2, 15.
HAUSMAUS, f. mus musculus, Nemnicu 3,654; ein hausz-
inausz lud ein feldmousz zu gast. Acr. spr. (1500) 36l'.
HAUSMAUSLELN, n. .■ ich bin in diesem kriege so neutral
als mein zahmes heimliches bau.smiiuslein , das gegenwärtig
ein kerzcnslümplein von gestern frühstückt. Hebel i. j. 1805
brieflich an Zenoides. übertragen: ncpoles, pronepotes und
abnepules da<t ist hausniUusl. Abele 3, 17.
HAUSMEGÄRE, /. ;
wenn meine hausmeg&re
noch zelintnal scIilimDier wäre. Gottir 3, 562.
HAUSMEHL, n. schwirzeres mchl für den gewöhnlichen haus-
bedarf: hauxxniil, das mal nach dem sirnmeimäl gcmalel,
ciburium sive iecunäaiium. MaaLEH 215*.
HAUSMEID, f. hausmagd:
noit ir dann euer ee icht zuprechen,
Bo null ir in kein buuRmeid zechen, fatln. *p. 168, 21 ,
liniimneirl, die alten korb hcrnunzl
ir h'-rren, die nlien korb ich \iieit. .172, 1«;
lUt: baa«m«it wolt ich wo) Tor»or({<>n. 477, 23;
do hon leb, d-" •■■ '■ ■■ i. .— Ti,) bienzcn,
•I« «olt ein w tfn. 769,24;
<•« I«' I ihm frei,
I ■ ■ iMiii.l Hei.
llorp«»!iw genelttehaftil. IS7,
HAUSMEIER, m. oberaufseher über haus und hof; nl. huys-
meyer oeconomus, major domus Kilian. von den historikern zur
bezeichnung der fränkischen majores dumus verwandt: und der-
selbigen zeit was Pipinus der oberist pfalzvogt und hausz-
meyer in Frankreich, den man nennet maior domus. Stdmpf
chron. (I5S6) 1G5'; Pippin von Landen .. der als hausmeier
für den unmündigen künig Dagobert eine fast unumschränkte
gewalt in Austrasien gewann. Giesebrecut gesch. der deutschen
kaiserzeü 1 (ISCO), 93.
HAUSMEIERAMT, n. .• das hauszmeyerampt ist bei den
Franken gar ansehnlich gewesen, und was ein bauszmeyer
so vil , als bei unseren tagen bei den Franzosen ein gran-
mäter oder conestabel. Stumpf chron. (I58ü) 105".
HAUSMEISTER, m. 1) hausherr, hausvaler: bauszmeister,
lierus, desz ha^szmeisters, das dem meister oder herren zfi-
gehört, herilis et hoc herile. Maaler 215".
' 2) gewöhnlicher der oberaufseher über das haus, oberster der haus-
dienerschaß: den küchenzettel, über den du dich alle morgen
mit deinem hausmeister beralhschlägst. Wieland 13,120;
bausmeister, sei willkommen: willst du was?
TiECK 2, 17,
HAUSMEISTERIN, /. nach hausmeister 2: der leibarzt ..
wollte eben der brünette mit dem schonen busen den an-
trag machen, ob sie nicht lust hätte, die stelle einer haus-
meisterin bei ihm einzunehmen. Wieland 12, 169.
HAUSMIETE, f. l) das mieten eines hauses. 2) der für ein
haus oder eine wohnung gezahlte mielzins.
HAUSMILBE, f. acarus siro. Nemnich 1,20.
HAUSMILDIGKEIT, f: wenn nun jemand eines mannes
hauszmildigkeit, zucht und gute auszrichtung, gute und guten
willen . . rühmen und preisen wil. Schottel 1139'.
HAUSMITTEL, n. medicina domestica. Steinbach 2, 67; diesz,
schöne Lili , würd ich sagen , ist mein erstes hausmittel.
Wieland 6,163; nicht allen ist es eigentlich um ihre bil-
dung zu thun ; viele wünschen nur so ein hausmittel zum
Wohlbefinden; recepte zum reichthum und zu jeder art von
glückseligkeil. Göthe 20,213; einen gewissen inbegriff theore-
tischer hausmittel . . , bei deren gebrauch er sich in man-
cherlei fällen ganz leidlich befindet. 38,27; wenn ich nicht
jenes eben gerühmte hausmittel seit geraumer zeit gegen
diese Zudringlichkeit angewendet . . hätte. 60, 285.
HAUSMOND, m. bild für die ehcgattin : hauszmon. Garg. 72".
vergl. haussonne.
HAUSMUSIK, f.: die hausfrau sang doch noch, wenn
hausmusik gemacht wurde, und nicht öffentlich, Reicuenau
aus unser n vier wänden 2, 11.
HAUSMUTTER, f. 1) die leUerin eines hauswesens, hausfrau :
hauszmuter, malerfamilias Dasvp. ; malerfamilias ein hansz-
rauter die ein ganz gesind zu versorgen hat. Dief. 351"; wie
sich ein ehrliches weih, so eine hauszmuter worden, in dem
chlichen geschäft gegen dem mann verhalten solle. Fischart
c/iez. (1591) B 3' ; gleichwol nicht also, das darumb ein hansz-
multer nicht soll ernsthaft und zu ihren Sachen etwas rauch
sein. C2"; schäm dich ins herz hinein, so eine schlechte
hausmutter zu sein, nicht bessere Ordnung zu halten! H.L.
Wagner AJ/irfermörd. 38; wie ängstlich hatte ich die alte haus-
mutier geschi'derl mit dem rocken im gürtel, mit schlüsseln
an der seile, brillen auf der nase, immer Heiszig, immer
in Unruhe, zänkisch und haushälterisch, kleinlich und be-
schwerlich! Göthe 13,42.
2) noctua pronuba. ein nachtschmctterling.
HAUSMÜTTERCHEN, n. ;
schad um die kleine Luise! das jugendlich höpfende mlgdlela
wird hausniütierchen schon, ehrbar und dem manne gehorsam.
Voss iMi.'^e, 3. Idytte l;
heiue ger&llst du mir sehr, hausmüiicrclicn ! (snqt ilrr linnstterr
tur liiiu.sfraH). Idytlen 4, 1.
hausmülterchcn wird auch einem häuslich besorgten mädchen
zugerufen. Göthk 7, 129.
HAUSMÜTTERLICH, adj. und adv.:
abrr dio omfiiRe Rnucis enirornto sich oft aus der kammer
und b«.iurgiti den hcrd hau.smuitorlich, Voss tdytten 18,105;
drei inonate treten auf . . dcccmbcr, hausmütterlich heran-
tretend. (Ji'THK 4, 3.
HAUSMÜ TTERLICHKEIT, f. :
anderen wird jn vorgönnt ein nbirhiedsrelRen mit jungfraun,
dasx, wie borousclii \uti lllu^ik, bintunx aus der (Teiheit «in
mAgdIcin
lur hauimOtterlichl.' s luisv, 3. /dy//r 11.
685
H AUSMUTZE — HAUSPROPHET
H AÜSPÜDEL — HAUSRÄTIGKEIT
686
HAÜSMCTZE, f. mutze die im hause herum getragen mrd.
eigentkümlich als bezeichnung einer herrischen gallin gebraucht:
die hausmülze sr. spectabilität, die groszmutter, würgte die
thür auf und blickte durch ein ritzchen. Hippel 2, 164, wol
mü anklang an die Irii^iale redensarl, dasz der mann zwar das
haupt des hauses, die frau aber das mützclien darauf sei.
HAUSNÄHRUAG, f. ernährung des haushalles: das anipt
eines hauszvatters mit der hausznarung, kinderraehrung . .
verrichten. Fischart ehez. (1591) J5*.
HAUSNÄHT, /. derbe, haltbare, aber weniger zierliche naht,
wie sie im haushält gefertigt wird.
HAUSNATTER, f. coluber natrix et domesticus. Nemnicu
2,1120. 1114.
HAUSNOT, f. necessitas domestica, rei familiaris incommoda.
Stieler 1337.
HÄUSNOTDÜRFT, f: mit speisz und anderer hausznolh-
durft nicht versehen. Lazariilo de Tormes 77.
HAUSNÖTIG, adj.: spinnen, nähen, und andere hausz-
nöttige arbeit. Fischart ehez. (1591) Vi'; diese und andere
meh hausznötige stQck, so sie dem hauszkünig gründlich zu
erwigen fürkommen. Garg. 64*.
HAUSNUMMER, f. nummer mit der die einzelnen häuser einer
strasze bezeichnet sind: seine hausnummer ist 10 {die nummer
des hauses in dem er wohnt) ; wo man seine bekannten nicht
zu finden vermag, wenn man ihre hausnummer nicht im
köpfe hat. H.Heine 1, 236; ich halte es nämlich für rathsam,
alle obskuren autoren mit ihrer hausnummer zu eitleren. 272.
HAUSOFFICIANT, m.: die bedienten und hausofficiauten
{der geistlichen liurfUrslen) schienen unzählig. GOthe 24, 303.
HALSORDNUNG, /. dispositio oeconomica. Siieler 1398.
HAUSORNAT, m.: nun zieht der kaiser seinen hausornat
an , . . eine neue bekleidung nach dem muster der alten
caroiingischen verfertigt. Güthe 24,317.
HAUSOTTER, f. hausschlange. fitr eine böse frau: {sie ist)
nicht eine hausmutter, sondern eine hausotter. Roth haus-
miUler-ABC Jö'.
HAUSPACHT, «1. /". conduclio domus. Sti£Leb 1406. auch
das zu salilende pachlgeld.
HAÜSPACHT, f. unrat des liauses, nadi tn/id. bäht, päht
lift. 1, 78': ez, sol nieman bi tage noch bi naht keinen harn
noch hüspäht noch unsüber gespüele . . her füeren in die
stat, nocii in die sträje niht werfen noch tragen, stadirecht
van Heran, bei Haupt 6, 474.
HAUSPENNAL, m. zu hause hockender student {vergl, haus-
fuchs): sie sagten, dasz er ein faauspennal wiiie. Schcp-
PIDS 546.
HAUSPFLEGE, f.: dann wie könte on ehliche saat das
land erbawet, . . die hauszpfleg verweset . . werden. Garg. 65'.
HAUSPFLICHT, f. domesticitatis juramentum. Stieler 1447.
HAUSPINSEL, m. grober, zu häuslichen anstreicharbeilen ye-
brauchler pinsel: es scheinet als ob es mit einem hauspensel
zusammen geflöszel und mit einer holzschären beschnitten
wer. Fischart bienk. 1588 150*.
HAÜSPLAGE, f. naufragium domesticum, privata calamilas.
Stieler 1458. auf ein böses weib bezogen: au dem neuen
stücke, die hausplage, so gut es sonst sein mag, ßnde ich
den titel sehr zu tadeln, als ob die hausplage nicht eben
so wohl vom männlichen als weiblichen geschiecbte sein
könnte! Lessinc 12,271.
HAUSPLAN. m. grundrisz eines hauses.
HAUSPLATZ, «i. bauplatz eines hauses. audi plalz innerhalb
eines hauses, die wate hausßur eines Wirtshauses: {hörte jemanden)
von oben herunter, an seiner stube vorbei, nach dem haus-
platze eilen. Güthe 18, 223.
HAUSPLUNDER, m. hausgeräl: hauszplunder, bauszradt,
sufrpellej; .Maaler 215*; welche (6ar/'«sz«"njönc/ie)deszhalb kessel,
häfen , bettgwandt und anderen hauszplunder in ihr dosier
führeten. Wdrstisen Basler chron. (1580) 213.
HAUSPOSSEN, m. häuslicher Schabernack:
welcher helliscb unruhig geist
halt mir den hauszbossen beweift? mückenkr. 1,632.
HAUSPOSTILLE, f. postilla domi legenda. Frisch 1, 429".
HAUSPREDIGT, f. concio oeconomica, domestica. Stieler 1471.
HAUSPRO FHET, ni. für den hahn verwendet, der dem hause
den morgen und das weiter verkündet {sp. 161) :
thier und menschen scbliefen Teste,
selbst der hausprophete schwieg.
LiCHTWKa fab. 1, no. 39.
HAUSPUDEL, m. ; der knabe suchte und rief nach seiner
mutze, die ihm endlich der muntere hauspudel, der so lange
damit gespielt , dienstfertig apportirte. E. T. A. Hoffxann
1, 165.
HAUSRACHTUN G, f.: unter Volksgebräuchen wird aufgezäldi
wa gibt man richtwein, wa ruckt man den tisch, wa gibt
man die hauszrachtung. Garg. 52*. es ist vieUeicIU nur mund-
artliche form von hausrichlung, und der richtscJimaus gemeint.
HAUSRÄDLEIN, n.: Martha, das hausrädlein {so bezeichnet
icegen ihrer hurtigheit im hauswesen). Yal. Herzberger eiangel.
herzp. 644.
HAUSRAT, wi. ratschlag in bezug auf das hauswesen: dann
sie {die weibcr) können gute hauszrhät geben. Garg. 74'.
HÄUSRAT, m. und n., hattsgeräte, mhd. hüsrät wb. 2,1,576':
suppellex huusraet, hawsrot Dief. 568*; utensile hauszrafe,
hueszrat 63l'; hauszraat , hauszplunder, farende haah, sup-
pellex, alter hauszraat, lumpen und falzen, scruta Maaleb
215*; farender hauszraat, wasz nit nüt und nagel hegreift,
ruta cofsa, hauszraat, eines yetlichen gut und hab, familiaris
res. das. ; h/. huysraed, ulcnsilia, supellex, bona mobilia Kiliax;
sehet ewren hausrat nicht an, denn die guter des ganzen
landes Egypten sollen ewr sein, l Mos. 45,20; du hast alle
mein hausrat betastet. 31,37; darumb ists viel besser., ein
nützlich hausrat sein, das im hause nütze ist. Baruch 6,bS;
es kan niemand einem starken in sein haus fallen und seinen
hausrat {goth. kasa) rauben. Marc. 3,27; wer auf dem dache
>.st und sein hausrat in dem hause {goth. jah kasa is in
razna), der steige nicht ernidder, dasselbige zu holen. Luc.
17,31; dieselbige {erinnerungen und ermahnungeu) als ein wol-
gemeint hocbzcitgeschenk oder bräutgab, und für einen klug-
machenden hauszrhät anzutragen und zu verehren. Fischart
ehez. (1591) A2*; sondern vielleicht iust habt, kosten auf
silbere vergulte geschin, herrlichen hauszraht, unnütze ge-
bäw, köstlichen pferdzeug anzuwenden. Es'; viel hauszraht
und kleider. Kirchhof wendunm. 118*; als sie nun mit irem
hausrat aus dem flecken füren. Wickham rollw. 153, 14 Aur;;
welche häuser, gründ und boden, gold, silber und andern
hauszrath besitzen. Schüppics 697 ; verwunderen sich die
Niederländer über die tulipanen oder ihr gemäl, ich meine
letztlich kein schönem hauszraht zu sein, als ein acker mit
Weizen und anderm körn beschwehrt, ein stall mit schafen
und herden vollgefüllt, oder ein trüchlein mit dukatcn und
reiehsthalern beladen. 701; dasz ich auch, als ich kein geld
mehr gehabt, meinen eigenen hauszrath darfür verpfändete.
Happel acad. rom. 817 ; der best hauszraht ein fromb weib.
Schottel 1141"; die wohnung selbst aber, hausrath und alle«
dessen was man sonst benüthigt ist, erscTiien weder elegant
noch kostbar. Göthe 30,237; die güterwagen fahren den
hausrath des neuen pfarrers nach Hukelum. i.VtMi. Qu. Fixlein
162; das licht, das dir der andre geben kann, zeigt, aber
zimmert nicht den hausrath deines matta^ Hesp. 1,257;
was würd man mir doch zu ir {der braut) geben?
ich must ie auch ein wenig hausrats han?
fasln, sp. 70, 7 ;
dem wil ich uemeii, was er hol,
kü, kelber und clainen hausrot. 590, 5;
zö letzt müst silber gschirr auf dban,
und hauszrat was sie mochten han.
WicKRAM pitger 02, bt. 50;
verfluchtes dumpfes mauerloch ! . . »
mit Instrumenten vollgepfropfl,
Urväter hausrath drein gestopft. Göthx 12, 31.
auch von dem einzelnen stücke eines hausraths: wenn ihm eine
fensterscheibe zerbrochen oder ein hausrath verschwunden
war. Kant 3,299; einen hausrath jenes volkes aus dem alten
Herculanuin in bänden zu haben. 10, 166. selbst von einer
lange dem haushall angehCrrigen dienerin:
doch, ich besinne mich — die ahnen ungezählet . . .
war noch ein altes stiick von hausrath hier zu sehn,
es war die magd, die sich frau Klare nannte.
WiKLAJID 21, 177.
hausrat verblümt ßr pents: von wegen des übergroszen, un-
gefuegen hausraths. Zimm. cAro/i. 2, 592, 34. cp/. hausgeschirr.
HAUSRÄTIG, adj.: karg, genau, hausräthig und sparsam
sein ist loblich und stehet einem Christen sehr wol an, aber
gar zu geizig sein . . ist eine gräuliche und abscheuliche
sündenthorheit. Simpl. 1 (1713) s. 352.
HAUSRÄTIGKEIT, f. was zum hausrate gehört, was den
hausrat ausmacht. Sebiz feldbau 62.
687
HAUSRÄTLEIN — IIAUSREGIJIENT
H AUSRINNE — IIAUSSCUIFF
688
IIAIJSRÄTLEIN, «. geringer liausral: etwas hauaziäthleins
das liug icb. Tu. PtATER U4; liesz mein liausziäthlcin zu
Basel. 149.
HAUSRÄTLICH, adj. zum bdusral gehörig: hausrälhlicbe
effekteu. Staldeb 2, 28.
HAUSUATSTÜCK , ti. .• der nomenclator war ein iinent-
helirliches liausrathstück im hause eines vornehmen Kümeis.
Ilorazens qiuildii von Wieland (ISOl) 1, 141.
H.\USRATTE, f. glis dotneslicus : glis haijl zc düulsch ain
ratt und ist zwaieriai: ainj ist ain hausratt, daj ander ain
xvailralt. Mege.\berg 140, 7. s. das folgende.
UAUSRATZE, f. mus ratttis. Nemmcu 3, 656.
HAliSRAUBER, in. : eins straszraubcrs mag sich einer mit
gewalt erweren ; dise hausrauber aber rauben und miisz
einer still scbwigen. Schade sal. u. pasqii. 3, ITJ.
UAUSRAÜCEl, Hl. 1) raucli der einetn liattsc entsteigt: zwischen
den ptlanzungen blühender Obstbäume ragten die strohdiicber
geselliger dörfer hervor, aus deren schlot friedlicher haus-
raiich in die luft wirbelle. MusXüs volkwi. 159.
2) für eigenen herd , eigenen uolinsitz verwendet, vergl. das
folgende, von läer aus wird hausrauch auclt der schmaus ge-
nannt, den der in ein neuerworbenes haus einziehende gibt. Rl'Diger
neuester zuwaclis 2, 82.
3) raucli, der sich in einem hause belästigend verbreitet: sie
(die frau) ist . . kein hauszrauch. Garg. 75" ; vor solchem
hauszcreutze und hausrauche soll sich ein jeder hüten {von
einem bösen weibe gesagt), zeilvertreiber 1008 s. 3S9.
HAUSRäUCHE, f. die statte des hausrauchs, der eigene herd,
eigene haushallung: aber sprechent die hofflüt, dasz je die
huszröichy sol einem vogt j herbsthun und ein vasznacht-
hun. weisth. 1, 44 ; wer der ist, der mit huszräuche mit sin
selbs üb, oder mit seinem gesind sitzen und wuhnhaft sin
will in dekeinen {irgend welchen) vorbenämpten stelten und
ländern. Tschudi 1,472'; dasz deheiner mit huszrüuchi bi
uns dannethin nit säsze. 481*.
HAUSRAL.M, m. räum den ein haus einnimint oder der inner-
halb eines hauses vorhanden ist: man folgte der sachte fort-
schreitenden menge, die nun schon einen kreis um den
künftigen hausraum gebildet hatte. Güthe 17,90; das local
mag für den stall zu Bethlehem . . gehalten werden , denn
in der tiefe sieht man noch die beiden bewuszten thiere.
auf einem erhühtercn hausraum ruht Joseph. 39,83;
es lohnt sich
jeder selbst, der sich im stillen hausraum
wohl befleiszigi übernomranes lagwerks. 11, 263.
HAUSREBE, f. als bild für die hausfrau: hiemit gott bc-
folhen sampt ewcl* lieben hausreben und drauben {hindern).
LoTHEß 5,462'; grüszt mir euer hausreben sampt ihren trau-
ben. br. 2, 067.
HAUSRECHT, n. l) potestas palrisfamilias , dominica, do-
mesticitatis jus. Stielek 1550 ; dem Schriftsteller . . , der als
erfinder der gedanken auch zugleich ein gewisses haus- und
herrenrecht über den ausdruck hat. Hebde« bei Campe;
Klylenmüslra nämlich macht ihrem gemahl den versleckten
\orwurf, dasz er die seinigea verlassen habe, um sich einer
auswärtigen Unternehmung zu widmen, er habe sich seiner
liausrechle dadurch begeben , will sie sagen, er sei ein
fremder. Schiller 231* (anmcrk. zu Iphig. in Aulis);
vier gcgenwaris der trau die diencrinnen scliilt,
der gebioiriii bausrechl tastet er vermessen an.
GÖTUE 41, 100.
Das hausrccbt enllidU zugleich den scliulz des hauses vor un-
befugtem eindringen oder verweilen; daher sein hausrecht brau-
chen, jemand aus dem hause entfernen in das er nicht gehört:
il.'i werd ich hausrccbl brauchen müssen.
I'latz! Junker Volaud konmil. Gotue 12, 210.
2) recld das in einer familie gilt: giebt der fürst nicht allen
seinen unlerthanen zu essen : . . gestaltet der valer seinem
lochlerchen nicht alle ihre natürliche freiheit . . so ist der
lursl und der valer ein lyrann, und unlerlhan und kind
-iriii aller pflicht gegen sie entbunden, herrliche» haus- und
! echt ! Wieland Bunkliade, in den werken, !>, sup^il. band
-I .». 172.
iL\USREi)E, f. termo famiUari», domesticus. Stieler 1540;
da» di tdnt 'ir'iu(le) die unter der rosa vorgehende hausreden
"•'gl*'' ■ ti. BcTsciiKT kanzl. 387.
IIA' --r, n. .' nun i<tt es war, zu eini hauizrcgiment
yi-h-iri i.i] -.iii;' ' Pficr will, dasz die cbrisüicbo
wciber sollen sanft sein. Fiscuart ehez. (1591) N 2* ; wer nach
der nmtlcr lodc das hausrcgiment zu führen haben werde.
HoLTEi Clir. Lammfell 46. .
HAÜSRINNE, /'. daclirinne ci7ies hauses: die spcrlinge an
den beiden hausrinnen traten in die gemütblichslen be-
ziehungen. Freytag handschr. l, 34.
HAUSROCK, ni. bequemer rock wie man t/j» im eigenen luiusc
trägt.
HAÜSROLLE, f. kleine rolle zum glällen der wüsche für den
haushallun'gsgebrauch.
HAUSRÜTLEIN, n. rolscliwänzchen : bausröthelein , une rous-
setle, phoenicurus dict. in dreien sprachen {Genf 1695) 160 ; haus-
röthele molacilla phoenicurus Nemkicu 3, 616 ; hauszrotele, phoeni-
curus, rulicella Maaler 215*.
HAUSROTUL , m. : der bauszrodel , register darein man
einsi hauszraat und gut aufschreibt, oder von $tuck zu stuck
geschriben lindl, invenlarium. Maaler 215*.
HAÜSRUTE, f.: bausruthcn heiszen die beiden rutben
an der Windmühle, welche in der welle ihre befestigung zu-
nächst der mühle haben. Jacoiisson 6, 58*.
HAUSSASSE, -SASSE, vi. der mit einem luiuse ansässtgc,
einwohner eines ortes: das, wo man hundert allar, oder vigilien
hat, nicht einen findet, der einen tisch voll armer leute
speiset , oder sonst armen haussessen gebe. Lütuer 1, IJl*.
als adjectiv: kein lediger knecht, der nicht baussesz und
beweibt sei. Schm. 3, 286.
HAUSSÄSSIG , adj. mit einem hause angesessen , an einem
orte wohnhaft: darvon enlpfalien sy von den haussessigen
üpfel , biren , nusz. Frank weltb. 50* ; ein professor , wenn
er gleich haussässig ist, verreiset mit seinen gedanken. Hippel
lebensl. 1,144;
darumb bringt unser gut und bnab,
deszgleichen unser welb und kind,
dasz wir darinn (in liom) hauszscssig sindt
und machen grosz das konigreicii !
AvRER 18' (105,33 Keller).
HAUSSCEPTER, m.: ich habe alleweil ein gängeichen mit
meinem elementischen weibe hallen müssen und ampts wegen
den hauszepter gebrauchet, interim 223;
das man ir (der fran) verirawt den stand,
und den bauszscepter uliergibct,
und das sie zur hauszkönigin belibct.
FiscHiRT chez. (1591) DI".
HAUSSCHABE, f. blalla; auch tenebrio mortisagus, lodlen-
käfer. Nemnich.
HAUSSCHADEN, wi. rei familiaris jaclura. Stieler 1704.
HAUSSCHAFFNER, m. hausverw alter ; mhd. hftsschaffier
franend. 345, 8; nhd. hauszschalTner oecoiiomus Maaler 215*.
HAUSSCHAFFNERIN, f: adroges hiisschaffenerin Üiek. 14*.
HAUSSCHANDE, f im gegensatz von hausehre {s.d.): wo
sie {das weib) das nit tluil, so ist sie kein hauszehr, sonnder
ein hauszschand. E. Alberus ehbüchlin G 3*.
HAUSSCHATZ, m. l) der hausrat , insofern er aus wert-
vollen stücken besteht: ihnen folgten dromedare, mit dem haus-
schatze des neuen cbepaares wohl bepackt, modenzeitung
1869, 764*.
2) bausschalz, in einer familie aufgehäufte kostbarkeitvn und
gelder, so nanienllich bei fürsten im gegensatze zum slaalsscbal/.
3) als bezcichnung einer hausfrau : hinlerlasscncr auszer-
wehlter bausschalz. Risr I'arn. 803.
HAUSSCHELM , m. : man lindl hauszschelmen auf allen
vieren, die Salumon und Jesus Syrach an vil orten so übel
auszgchn. S.Frank sprichw. (1541) 2,201*.
HAUSSCHENK, vi.: wollen e. str. ihren ring dem hausz-
schenken zum warzeiclicn schicken, er wird ge^n einen Irunk
salbeiwein oder cardebencdiclenwein anbcru schicken. Schl'P-
PIUS 100.
HAUSSCHERE, f. kleine seheie wie sie in der hau-ihallnng
gebraucht wird: man miisz etwa fünf gerad lassen sein, nit
alle ding beralTlen (berupfen), sonder mit der bauszscbcr be-
schneiden. Ac». spr. 228*.
HAUSSCHIFF, n. l) die haushallung mit einem schiff «rr-
glichen: auf dem miir regiert allein der wind, inn der liausz-
hallung goll. iim disem hanszschilT sind die .segel das vcr-
Irawen auf golles gulig anwähen. Fiscuart ehe:. (1501) J.«'.
dim. baussrhilTicin : iiichls aber schadet diesem hausscluiriin
also sehr {als nberßusz und wollHst). J 2*.
2) im mühlcnhau heiszl liausschinT dat eine scki/f der tchiff-
miXMe, auf tcclcJiem die mühle ilehl, Jacobsson 6, 58*.
689
HAUSSCHLACHT — HAÜSSORGE
HAUSSPEISE — H AUSSTEUER
690
HAUSSCHLACHT, f.: anderswo bringt es die frau kaum
zu einer kleinen erneute, höchstens zu einer insurrektion.
hier aber stehen sich beide ehemächte mit gleichen Streit-
kräften gegenüber und liefern ihre entsetzlichsten haus-
schlachten. H. Heixe 11, 153.
HAUSSCHLACHTEN, n. ; {ein guter hatisvaler) last . . so viel
ins haus schlachten, als er fleisch von zeit zu zeit be-
nöthiget, welches man das hansschlachten zu nennen pfleget.
öcon. lex. (1731) 21S0. übertragen: seid ihr denn nicht sämmt-
lich blos luftfarbenleute, und nicht einmal hölzerne, nur
luftige marionetten, wie sie der buchhändler Nikolai in Ber-
lin so lange um sich tanzen und reden sah, bis er ein haus-
schlachten dieser menschheit um sich her vornahm. J. Padl
komet 3. 213.
HAUSSCHLÄCHTER, m. schldchter, der niclil zum verkauf,
sondern für die familien vieh schlachtet. Jacobsson 2. 236*.
HAUSSCHLANGE, f. coluber berus , gemeine viper. Nemsich
2, 1109 ; wie der Olaus inn seiner histori von den hausz-
schlangen meldt. Fi«chart ehez. (1591) Lö*.
HAUSSCHLANGENTHÜM, n. in übertragenem sinne: ich
lernte in diesem hause die unterköthigkeit der höheren
beamtenweit und das hausschlangenlhum kennen. Harmsch
mein lebensmorgen 193.
HAÜSSCHLOSZ, n. .• die hauszschlösser , domorum clausa
Maaler 215".
HAUSSCHLÜSSEL, m. clavis domus. Frisch 1, 429*.
HAUSSCHMUCK, m. cullus, omamenta aedium: sie können
die residenz, die bilderkammer, den hausschmuck und die
terrasse von monseigneur nach aller bequemlichkeit besich-
tigen. Thümmel 6, 26S. hauszscbmuck, bezächmtng einer guten
galtin. Garg. '2'.
HÄÜSSCHNECKE, m. u. f.: von den gemeinen grund- oder
hauszschnecken. Fischart ehez. (1591) C7"; sie (die ehefrau) . .
ist ein hauszschneck, trägt das hausz am halsz, ist sie schon
leiblich drausz, ist sie mit sinnen zu hausz. Garg. 75*.
HAUSSCHNEIDER , m. der in den Musem seiner künden
arbeitel, sarcinator domesticus. Stieler 1900.
HAUSSCHOSZ, m. abgäbe von einem Iiause.
HAUSSCHÖSZLEIN, n. scltösding des hauses, von den hindern
gebraucht :
dasz sie {die haustäter) dieselben himmelspflänzIeiD,
ihr hausschüszlein, ihr ehrenkränzlein
ziehen und schmucken zu gottes ehren.
Fischart anmanung 22.
HAüSSCHREIBER, m. librarius domesticus. Stieler 1922.
HAUSSCHRETZEL, m. gcnius familiaris. Stieler 1914;
auch etlich glauben haben,
icglichs haus hab ein schreczlin : wer
das ert, dem geb es gut und er.
M. Behaim in Wackernagels leseb. (1861) 1236,36.
HAUSSCHRIFT, /". ; die erzählung .. hat völlig das an-
sehen aus den hausschriften des Fabischen geschlechts zu
stammen. Niebchr 2, 224.
HAUSSCHUH, m. für das bequeme tragen zu hause.
HAUSSCHULE, f. schola privata. Steixbach 2, 520.
HAUSSCHWALBE, f. Iiimndo urbica. Nemxich 3,164. so
nennt Fischart auch die ehefrau: führe mein Grandgauchiher
ein bausschwalm heim, die ihm ein gesellin sei inn der not.
Garg. 69'.
HAUSSCHWAMM, m. polyporus deslruclor.
HAUSSCHWEIN, n. sus scrofa. Nemxich.
HAUSSCHWELLE, f. janua domus; Urnen majoris portae
domus. Frisch 1, 429*.
HAUSSEGEN, m.: welcher gestall er mir zu dem auf-
gelragen-angelretenen amte allen amis- und haussegen wünd-
schet. Bctschry kanzl. 53S; und wer weisz, wie manchen
schönen haussegen die bauren , wann sie (schultheLtz und
bürgermeister) die Steuer und andere anlagen eintreiben, oft
auf den weg geben, baurenst. lasterprob 31.
HAUSSITZEND, pari, domo proprio possessionalus. Haltaus 850.
HAUSSOHN, m. filius familias: so war ich, als haussohn,
dessen casse nicht in reichlichen umständen sein konnte, . .
höchst verlegen. Göthe 26, 204.
HAUSSONNE, f.: ein schönes weib wird eine haussonne
genennet, gestr. rockenphil. 3,243. aber auch als bild für den
hausvaler. Kährend die hausviuller bauszmon heiszt. Garg. "2".
HAUSSORGE, f cura rei familiaris, sollicitudo de familia
consercanda. Frisch- 1,429*; hussorge domestica cura. voc. ine.
theut. kj'; haussorge, eura, pensieri de la famiglia. Hülsiüs "l';
corporalia, die erbscbafl und haussorg. Alberus Gl';
IV. 11.
mhd. ach noetic man, kumst du zer e,
wan du küme gwinnen mäht muos uiide bröt.
du komst in not: hiissorge tuot so we.
Bartsch deulfche tiederdichter 26S, 194.
vu't. 269,209;
uhd. je mehr einer sich der haussorg will entschlagen , so
viel mehr bedarf er eine hauszverwäserin. Fischart ehe:.
(1591) H"'; schöne weiber binden die haussorge unters knie,
dasz sie nicht das angesicht runzeln machen. Lehmaxx 170;
dasz sie auf zwene tage von Floramenen abschied nahmen
und die hauszsorge ihr anvertrauelen. polii. stockf. 299 ; dei
muszte entweder verse oder haussorgen im köpfe haben.
Excel pUil. f. d. weit 18.
HAUSSPEISE, /. obsonia familiaria, domestica. Stieler 2079 ;
das seine geste auch die hausspeis und was die kelle gibi
willig und gern für gut nemen. Mathesics /jocAsei/pred. Aal'
HAUSSPERLING, m. fringiUa domestica. bei Maaler iiocl
hausspar passer 215'.
HAÜSSPINNE, f. aranea domestica. Nemxich 1, 403.
HAUSSPRACHE, f. 1): auch die kleinen sprechen nun-
mehr geläufig deutsch, obgleich das italiänische meist noch
die haussprache unter uns bleibt. W. v. Humboldt uerke 5, 294.
2) haussprache, ein gericht, das die angelegcnheilen iceslfälischei
hausier oder hausgenossen entscheidet. Adeluxg.
HAUSSTAND, »i. 1) res familiaris, oeconomia. Stieler 2131 ;
einen hausstand haben , führen , leiten : eigenen hausstand
gründen; wie überswehr mir auch mein widersinnischer
hausstand ist. Butschrt kanzl. 45 ; wenn die nichte mit ihren
kindern zur tante zöge, mithin die kosten des hausstandes
völlig erspart würden. Segfr. v. Lindenberg 2,34; zeit und geld
seinen geschäften und dem hausslande entziehen. 70; sind
doch Ortsverhältnisse, famiiienbezüge, herkömmlichkeiten und
gewohnheiten schon abstumpfend genug; sie machen in ge-
schäften, im eh- und hausstande, in geselligen Verbindungen
das unerträgliche ertragbar. Göthe 32, 179 ; jeder mensch be-
darf einer wohnuog. und insofern er nicht untergeordnetes
mitglied eines hausstandes ist, kann er dieses bedürfnis . .
nur durch grundeigenthum , oder durch einen miethvertras
befriedigen. Savigxy System 4,32; der ordentliche hausstand.
übersdtrift eines gcdicides bei Hagedorx 3, 47, im texte heiszt es
haus- und wirthschaftswesen ;
solch einen engel ohn alle mängcl
zum mädchen haben: das hiesz ein mädchcn haben? —
heiszt eingesegnet sein, und weib und hausstand haben.
Lessing 1, 1".
2) die zu einem hausstand, haushält, gehörigen personen, na-
mentlich von der dienerschaß verstanden : seine Vermächtnisse
an freunde und verwandte, an den hausstand. Gükixgk im
leben Nicolais 106
3) der stand den ein mit eigenem haushalte versehener in der
bürgerlichen gesellschaft einnimmt, stand des angesessenen bürgers:
es tragen die lanam caprinam . . könige, forsten, obrigkeiten
und unterthanen. an der lana caprina ergetzen und erfreuen
sich die münchc, politici. scholastici und oeconomici. und
die im hausstande sich befinden. Schcppius 414; ich wil
wiederumb für dich beten, du magst sein im geistlichen,
im weltlichen oder im hausstand. 68.
4) hausstand heiszt in Leipzig ein stand, eine Verkaufsstelle,
die in einem hausflur befindlich ist.
HAUSSTANDSGELD, n. abgäbe die für gründung eines eigenen
hausstandes an die obrigkeit zu erlegen ist.
HAUSSTATT, m. oder n. für hausstand. haushält: das gibt
ein gut brot zum täglichen liausstatt. Taberxaem. krduterb.
(15SS) 727.
HAUSSTERN, m. als bild für eine gute gatiin. Garg. 72*.
HAUSSTEUER, f. beisleuer zur gründung und führung eina
eigenen haushalts: ich wil dir geben meine tochter, auch mein
ganz königreich zu einer hauszstewer. h. d. liebe 16S* ; so geb
ich euch meine inumen zu einem ehelichen gemahel , und
zu hauszsteuwer das königreich von Behem. 272'; weil er
sehe, dasz ich bei ihm hausen wolle, und sich leicht ein-
bilden könte, dasz es im anfang mit victualien schiecht be-
stellet sei, so schicke er mir zur haussfeuer neben einem
trunk ein stück fleisch mit samt dem holz, solches dabei
kochen zu lassen. Simpl. 1,315 Kurz; was müsten wir ihr [der
tochter die sich verheiraten will) erst zur haussteur geben? 3,319;
und fragt iedermann, was er zu haussteuer wil geben.
fastn. sj). 573. 14;
namentlich wird haussteuer als zu einer hochzät geschenktes
hausratsstüdc den geldgeschenken gegenüber gestellt: die knechte
44
ß91
H AUSSTEÜERLICH — HAUST
HAUSTAFEL — HAUSTHCRE
692
geben (als liochzeitsgcscJienk) geld, die zottenmSgd haussteuren.
baurensl. lanlerprub 184.
HAUSSTEUERLICH, adj. :ur außflfe des hauswesens ge-
eignet: welche froikürliche, ehrenbilliche und liauszsteuerliclie
gemeinschaft (die ehe). Garg. 64*.
HAUSSTEUEUN, rcrb. mil Iiniissfeuer versehen: damit du
aber meinen guten willen spürest, will ich dich mit eim par
körnlein oder zwei bauszsteuren. Mätres. Sar. 24*; die mit
ihrem goldc das liebe kindlein Jesum und seine werde multcr
die arme sechswöchnerin hauszstewretcn. 54'; etliche haben
kirch und schulgcbew fördern und fromme kinder helfen
hauszstewren und auszsetzen. 65".
HAÜSSTOCK, m. der in einem palrizierhause, einer bürg bc-
fmdliche stock, in den die füsze eines Verbrechers gelegt wurden :
huszstock strictarium, Iruncus domus. voc. ine. Iheul. k 5'.
HAUSSTREIT, tn. offensiuncula vernacula, tricae domesticac.
Stieler 2208.
HAUSSTRUDEL, wi. häusliche wirren, hauszwisl: Sara war
geduldig im creutz , und da sie den hauszstrudel hatte mit
ihrer magd der Hagar, welche ihr zun haupten wachsen
wollte: drum klagt sie solches ihrem berrn. CREinius 2,130.
HAUSSTUBE, /. .• understube , alias hausstube , sivc stube
unden im iiausc, coenaculum inferius Stieler 2216.
HAUSSTCRMER , *?!..• hauszslürmer, der thiiren aufbricht
oder in die heüser bricht zc stälen . ein dieb der einem
zu nacht in das hausz bricht, effracinr. Maaler 215'; baus-
stürmer aedium oppugnalor Hederich 1229. nl. huysstormer
effraclor Kilian.
HAUSSTUTZE,/', slülze, icorauf das haus ruht : hausstützen,
tibicines Stieler 2233.
HAUSSTÜTZLER , m.: haus- und stadtstützler, censores,
magislri morum observalores in quibvsdam locis. Frisch 2, 354'.
aus Besolds thesaurus.
HAUSSUCH, m. aufsuchung, besuch deshauses: täglich, alle
morgen, wird er in ihren hüttlein baussuch thun, und fragen :
kinder, habt ihr was zu essen? Otto 738.
HAUSSUCHE.N, verb. an haus durchforschen, haussuchung
lliun: houssuchit man um doube (diebe) gemeinlichin in cinir
slat, und vint man dy doube in ein; mannes houj. Maqdeb.
blume 1,52; auch l)ei .. hat die policei hausgesucht. Varn-
hagens lagebücher 8, 275. anders nd. einen liaussucben, einen
in seinem hause überfallen: wey den andern mit vorsate huis-
socket. und siet eme binnen siner were. Haltads 851.
HAUSSUCHETE, f. haussuchung: aber . . so man ain guefe
baussucheten het gethon , vvurd man selten gefeilt haben,
man het mer huren im haus, dann bethuecher, gefunden.
Zimm. chron. 3,444,14.
HAUSSUCHUNG, f. l) durchforschung eines hauses gemeiniglich
zur ermiUelung eines Verbrechens: haussuchung «w^Mtsi/io furti in
aedibus alicujns Stieler 2234; der docior erlanget endlich,
dasz hauszsuchung (nach einem gestohlenen scl'meine) geschehen
möchte. Happel acad. rom. 354; man musz haussuchung
Ihun ! Güthe 14.304; in freierem sinne: wirtbaten oft selbst
haussuchung nach den mangeln junger ehe- und schulleute.
J. Paul letif. pap. 1,60; Verdienste reizen zu nichts als zur
haussuchung nach Sünden, fiep.- kirche s. 133. von der durch-
slöberung eines nachla.^es seitens der eiben : als meine erben
noch mit dieser haussuchung beschäfftigt waren. Radener
sat. 2 (1701) 233.
2) für die alle spräche itt haussucliung das fiberfallen je-
mandes im eigenen harne (s. oben haussuchen am ende) ; mhd.
hössuochunge vh. 2,2,12'; qiii .. loquendo vulgariter hus-
suchiing feccrit. urk. r. 1281 bei Haltads 851.
HAUST, HAUSTE, m, häufen, und 'zwar nur auf den im
felde zusammengestellten häufen yetreide , heu u. s. w. bezogen.
ein nur im frilnkiscJien Sprachgebiete erscheinendes wort, für das
ron KEnRP.i:« ISii amzer den gewölmliehern männlichen formen
hau<le. huste auch eine weibliche huste beiqebraclä wird, nieder-
tindisch huyst van koren, coornhoop Hoffmanü gloss. belg.
46 (aus dem leullionisla) ; das der iierr V(m s. Nabor dem
meyger jar» »eines ainpls halber ein hauslen hauwe» aUo
vil er mit srrhs pferden gefüren mag, schuldig sei. weislh.
2,4«; dasz der meycr von Haldingen sali machen .. ein
haust hcwcs, .. und derselb baust sali sein fo grosz, dnsz
dn »eil niben denen lang darüber geworfen hieizont und
datzont uf die erdt reiche, und der haiiit soll also weit
«ein, da« ein «eil neun denen lang darninb geschlagen den
beflcbliesze, und den hau«t »ollen zwei kinder (reden, die
ober sieben jähr alt sein. 5. 571 ; da sal man machen sieben
hausten (von dem gemähten gctreide), und wan der bot das
gedeit, so ist der hausten ein sein. 572.
Der etymologische Zusammenhang dic.<:es Wortes mit häufe ist
bereits von Weigand (in dessen wörlerb. s. r.) betont worden,
er ist so aufzufassen dasz in hau-st die beiden schlieszenden
consonanten suffixaler nalur sind, und dasz die würzet in jener
ältesten form, ohne schlicszende labialis außritl, wie in tat. cu-
mulus; vergl. das .<;p. 5§3 ausgeführte.
HAUSTAFEL, f. 1) abschnitt des katechismus der über die
pflichten des hausstandes handelt: haustafel , als ein theil des
catechismi , tabula oeconomica. Frisch 1,429"; zum neunten
wirst du in dem catechismo finden die hausztafel, da wirst
dn sehen, was lehrer und zuhörer, obrigkcit und unter-
thancn, mann und weih, eitern, kinder und gesinde thun
sollen. ScHüPPiDS 2ü9.
2) die lafel an der die familie die mahlzeilen einnimmt: des
mittags fanden wir uns alle an der haustafel zusammen.
HAUSTAUBE, f. l) columba domeslica. Nemnich 3,1129.
2) haustauben nennen die hof- und feldtrompeter aus Ver-
achtung die thürmer und stadttrompelcr. Jacobsson 6,58';
vergl. hausleute und hausmann ; zum siebenden soll kain ehr-
licher trompeter mit gauklcrn , baustauben, thürmern nicht
blasen, kaiserl. privileg. der trompeter v. 1630 bei Frisius cere-
monial u. priv. derer trompeter u. pauker 22; weil. sich anfangs
dieser kriepsempörung unter der armee viel haustauben,
gaukler, und andere stimpler befunden, welche dann die
ehrliche feldtrompeter neben ihnen nicht passiren wollen.
brief der Wiener trompeter von 1643, das. s. 36.
HAUSTAUSCH, m. aedium permutatio. Stieler 2265.
HAUSTE, s. oben haust.
HAUSTEIN, m. behauener groszer battstein. Harff 70,16.
HAUSTEMPEL, «i. Stempel der gürtler zur herstellung der
knopfplatlen aus blech.
• HAUSTEN, verb. hauslen fertigen, getreide und heu zu hauslen
aufbinden: sollen dasz haw uff hausten, »rm//«. 2. 113; der-
seibigh sali in des hern hroel alle jerlichs helfen das haw
machen und hülsten. 254; in der Eifler mundart hausten,
hopfen, das heu in häufen setzen. Fromm. 6, 15.
HAUSTENMACHER, m.: wer ein haustmacher ist, der
soll ein gabel und rechen milbrengen. weisth. 2, 196 ; ob ein
Sambier oder baustenmacher auspliebe undt nit kem , dar-
durch das heuw zu schänden kommen möcht. das.
HAUSTENNE, f. tennc des hauses, hausflur.
HAUSTEÜFEL, m. 1) böser geist in einem hause: da un-
züchtige Priapus-diener ihren sahmen dem teufel aufopfern,
aus welchem hernach dieser tausendkünstler allerlei bild-
nüsse von wechselbülgen . kühlkröpfen, junge haus-, feld-
und bergteufel machet. Butschky Palm. 376. auch in abs-
traclem sinne: wider den hausteufel. wie die bösen weiber
ire fromme männer, und wie die bösen leichtfertigen buhen
irc fromme weiber plagen, titel einer scliriß von Adam Sciidrert
bei Weller annalen der poet. nal.-lil. 2, 379.
2) schelte für eine schlimme hausfrau : wenn er (ein fürst)
alle feinde umb und umb überwunden hat (wie Hercules),
so kau er doch zu letzt den hausteufel, den einheimischen
feind nicht überwinden, sondern das Irawle frewiin und
schöne königin Omphale mit irem schönen angesicht und
glatcn Zungen setzet dem thewren Herculi den schleier auf
und heiszet in spinnen. Luther 6, 1.')S'; sagst du dann sie
(die frau) sei embsig und ein geschickte hauszhalterin , so
wird sie gewiszlich ein kleiner hauszieufel darbci sein, und
weder knerht noch m.1gd umb sie bleiben mögen. Fiscrart
eliez. (ir.oi) T7'.
3) hausteufel, das streithuhn, tringa pugnur. Nemnicr 4,1486.
HAUSTHIER , n. nnimnl mnnsuelum , domesiicum , in den
deutschen Wörterbüchern rorAnEniKC nicht aufgeführt : die pferde-
weihe, woran auch anilere haus- und hoflhiere theil nehmen.
GöTHK 30,247; alle hauslhiere verlieren bekanntlich durch
den Umgang mit menschen viel von ihrer ursprünglichen
nusslatluug; hund und kalze ... werden in unsern stuben
kleine glatte «chmeichler. Immermann Miinchh. 1, 6. in der
Sehuei: ijill haust hier eigens vom schweine. Stai.der 2,28.
IIAISTMOR, n. die lltoreinfahrl eines hauses.
HAUSTHOHE, f. thüre die in ein haus führt ; mW. hAstüre
flr ertiuorhip wnni unde w«nt,
Ufif ««r die hOpiOrn v.inl.
linde flenn nun in dar tn. Iirnn 0284,
693
HAUSTIEF— HAÜSÜBEL
H AUSÜHR — HAUSVATER
694
•thd. danimb tratten sie zu Josephs haushalter, und redten
mit im für der hausthür- 1 Mos. 43, 19 ; und gehe kein mensch"
zu seiner hausthür eraus, bis an den morgen. 2 Mos. V2,22;
dein volii redet wider dich, an den wenden und unter den
Lausthüren. Hes. 33, 30 ; damit tritt er an die hauszthüre und
stochert in den zahnen, so denlien alle bauren, die vorüber
gehen, er hat fleisch gessen. Chr. Weise erzn. (leso) 34S;
wenn sie (das mädclien) hinter der hauszthür einen rendezvous
von zwei personen anstellet, und mit drei personen wieder
hervor kommet. 2S5; die colonne ist wie an einen spiesz zu
einer haustiiüre hineingeschoben. Göthe 29, 259 ; ein Nürn-
berger spieszbürger, der . . am lauen sommerabend vor seiner
hausthüre sasz. H. Heixe 1,47;
und warf darauf die hausthür
vor ibrer uase zu. Höltt 8 Halm.
übertragen: er {freund Hein) soll als Schutzheiliger und haus-
gott vorn an der hausthüre des buch» stehen. Claldils I
(/. II. 5. V.
HÄUSTIEF, adj. und ade. : hier steckt was, riechs so halb
und halb, heraus soll mirs , lägs auch hauslief begraben.
Fr. Mt^LLER 3.199.
HAL'STISCHLER , m. tischler der die bezüglichen arbeiten in
einem haushalte ständig besorgt.
HACSTOCK, ««. hackeklotz, haublock: ein heszlich weih ist
wie ein melzger hawslock, ob er schon tag und nacht auf
den gassen stehet , so wird er doch nicht gestohlen. Leu-
MASX 169.
HÄüSTÖLPEL , m. : es wird ein groszer häufen trotten-
scheisz und h"auszdülpel von den savoischen . . . gebirgen
kommen. Fischart groszm. 95 (il descendra grand abondance
de miquelots des montagnes de Savoye. Rabelais); mann-
lüse , gebrochene, unnütze augengrewel, hauszhinder.er und
hausztölpel, Garg. 273*.
HÄUSTRACHT, f. häusliche kleidung : andere {bdm carneral) . .
hüllen sich in pelze oder erscheinen in einer artigen haus-
iracht nur mit gesichtsmasken. Göthe 29,242.
HÄUSTRÄGERIN, f. : erstaunte über die menge der braunen
Lausträgerinnen , der Schnecken. Frektac handsdirift 1, 135.
5. haus 2. i, sp. 644.
HäUSTRäUER, f. 1) trauer einer familie üter deu lod eines
iurer milglieder.
2) trauerldeidung im hause, zum unterschiede von der öffent-
lichen. ADELUNG.
HäUSTRäUUNG, f. f riesterliche copulation die im hause,
\icht in der kirche gescliieht, copulatio domestica. Frisch 1, 429".
HÄUSTREUE, f. : sie {die galtin) ist . . sein {des mannes)
hauszehr, hausztrew, hauszfreüd, hauszzierd, hauszstern,
hauszmon. Gar*;. 72*.
HAÜSTROST, m. bezeicfinung des hausraters: ach wann der
lieben ehegespilin etwann einmal ir nachtspeisiger hausztrosl,
hauszsonn, hauszhao, eheg^span, aus den äugen kommet.
üarg. 72'.
HAUSTRUNK, wi. polus tenuis , cerevisia quotidiana, domi
lofla, secundaria, lisclärunk. Stieler 2331. in Weingegenden auch
ton» geringeren iceine geltend.
HAÜSTRUPPEN, f. plur. truppen die einem fürstlichen ge-
schleckte ah solchem terpflichlel sind, im gegensatz zu den staats-
iruppen. die franzOsisdien könige halten ihre haüslrufpen ; will
tiüOO königliche haustruppen bilden. Dahlha^^ gesch. d. ftanz.
levoL 343; laszt sofort meinen gemahl nach der gegend von
Lyon eilen, Berry ihn mit einem theil der haustruppen be-
gieilen. Grabbe Napoleon 2. aufz. 4. sc. (s. S6).
HAUSTUCH, n. hausleinuand : linteum domeslicum , usuale,
Uviäense. Stieler 2346;
S. und warhch bia ich ebrenwerih,
so ist ioü mein haus henr nocli ferd
keio reisten hanfs noch flachs nit kommen;
AI. wo hast denn so vil hausztuchs gnommen?
H. Sachs 2, 4, 13«.
HAUSTUGEND, f. : wohllhütigkeit ist eine haustugend der
,Me>erbeerschen familie. H.Heine 11,244.
HAUSTYRANN, m. bezeichnung eines herrischen haustaters.
HAUSTYRAN.NEI. f. : welches (hersdierschwerl) sie {die weiter)
dann gemeinlich übel brauchen, und werden durch ir hausz-
tiranney den männern inen oft zu nagwürmen, die inen das
herz und leben abnagen. Fischart ehez. (1591) L l*.
HAUSÜBEL, n. malum donuslicum : hausübel ist von gotles
vaterhand wie ein ander kreuz. Scriveh seelensch. 2, 278 {in
einer predigt über unglückücfie dten).
HAUSüHR, f.: horologium domeslicum. Frisch 1,429';
hört ich es pickern
oben am quell, ganz leise, wie wenn mir ferne die bausubr
pickerte. Voss Luise, 2. Idylle;
die religion nach der Vernunft verbessern kommt mir ebenso
vor, als wenn ich die sonne nach meiner alten hausuhr
stellen wollte. Claldics.
HäUSUMSTÄNDE . m. plur. stand und beschaffenheit eines
haushalts , einer familie: wenn ich nur erst HusvUds haus-
umstände recht genau wüszte! J.E.Schlegel 2,454.
HAUSUNG, f. 1) Wohnung, unterkunjt, bleibende statte in
einem hause, mhd. hösunge: hausung, habitatio, habitaculum
Dasyp. ; also, das sie ire leib und leben, gölte zu ehre und
lobe, aus mangel, notdürftiger hausunge, kleidung, narunge,
und wartunge, ferner zu krenken, schwechen und verkürzen.,
verhütet sein mögen. Ordnung des ralhs zu Leisnig von 1523,
bei Lctheb 2,265'; vertregt sich der antworler nicht mit dem
cleger hiernoch, so nagelt man die hawsunge zu. Michelsen
Untr. rccldsdenkm. 349; was gegen mittag gegem Islro ligt,
das hat etwa des wildbrets gelebt, on all hausung, ein sehr
wäldig wild grob volk. S. Fraxk wellbuch (1567) Sl' ;
du kehrst in fremder hausuog ein,
und sind doch alle bimmel dein. P. Gerhard 10, 7;
nd. hüsing wohnung, behausung Dähnert 197'; kein husung.
titel einer erzählung von Fr. Recter.
2) hausung 'an einem schnitzwerke, die Umrahmung, die die
feldung {die felder) umgibt: item die vj stuck flach geschnitten
sol alle husung vergult und versilbret sin und die feldung
versilbret und brüniert wie man dj wil haben {es betrifß einen
gesclinüzten altar). anz. f. künde d. d. vorzeit 1S66, 273 (Basel
von 15IS). vergl. häuseln oben sp. 657.
3) hausung. die führung des haushaltes, bewirtschaftung : man
hält hier schlechte hausung, domum suam male hie tuentur
homines. Stieler SOI.
4) häusung, mit umlaut, bei den sdtiffern, der über dem rah-
bolz befindliclie theil des schi/fes.
ELiUSUNGLÜCK, n. malum domeslicum, miseria domestica:
mein hauszunglück, das mich leider traff. Olearics pers
reisebeschr., vorrede; es gerähl wunderselten eine ehe so wohl,
das nicht ein teil in etwas solle unfriedlich sein ; wo nicht
auf beiden seilen, ob nun rwar solche unbescheidene ehe-
Jeute meistens ihnen selbst solch hausunglück beizumessen
haben, so . . . Bctschry Palm. 747.
HÄUSUNKE, f. 1) name dreier thiere: a) am gewöknliclisten
der hausschlange , coluber berus. Nemmch 2, 1109; faausunke,
serpens domesticus, seu in domibus habüans lacteque bubulo gaudens.
Stieler 23S6; b) des musteia putorius: iltis, unke, bausunk.
Nemnich 3,676; c) der rana porlentosa : unke, Uausunke, kreuz-
kröte, röhrling. 4, 1125.
2) nach dem thiere 1, a, dem eine grosze anhätigüchkeit an das
zum aufenüialte gewählte haus zugeschrieben ward, übertrug man
hausunke auf den Stubenhocker: nichtsdestoweniger machet
ihn .seine wahrhaftige gottesfurchl zu keinem menschenfeind
und betrübten hausunken, ehe eines weibes 383; das weib ist
eine wahre hausunke geworden, heiszt es in Düringen von einer
fr au die selten aus dem hause geht.
HAUSUNTERTHANIG, adj. ': immer und nothwendig gehört
die frau dem hause , nicht der gemeinde an , und ist auch
im hause nothwendig hausunterthäuig, die tochter dena vater,
das weib dein manne. Mommsen rOm. gesch. 1 (lSö6) s. 54.
HAUSVATER, m. paterfamilias. a) gewöhnlich, wenn vorstand
und leitung des hauswesens hervorgehoben werden: paterfamilias
husfaler, hauszvatter Dief. 416'; huszvatter, paterfamilias voc.
inc.theut. kd'; zu dem sibenden so ist der escheogrüdel dem
hauszvatter an dem allerliebsten, er niinpt in etwann zu der
ee. Keisersberg brOsamlin 79'; das aber ein hausvater die
seinen das wurt goltes leret. Lltuer U, 277' ; am zehenden
tag dieses monden, neine ein jglicher ein lamb, Ao ein haus-
vater ist, ja ein lamb zu einem haus. 2 3/0$. 12,3; haben
sie den hausvater {golh. gardavaidand) Beelzebub geheiszen,
wie viel mehr werden sie seine hausgenossen also heiszen?
Matlh. 10, 2ö ; da tratten die knechte zu dem hausvater, und
sprachen , herr, hastu nicht guten samen auf deinen acker
geseet? 13,27; und da sie den (groschen) enipfiengen, mur-
relen sie wider den haus\ater. 20, 11; es war ein hausvater,
der pflanzet einen Weinberg. 21,33 ; v\enn ein hausvater wüste,
welche stunde der dieb komen woll, so würde er ja wachen,
und nicht io sein haus brechen lassen. 42,43; ein hausz-
44*
695
HAUSVATER— HAUSVERTRAG
HAUSVERWALTER — HAUSWEIB
696
valter, der liedeiiicb zu sein Sachen fhut. Fiscbart e/i«. (l59l)
J3*; inn der hauszhaltung ist vielerlei voik. eins gebietet
und herschet, als der hauszvatter: dasz ander gcliorsamet,
als das weib: dasz drilt ist ein anmutige zugehülfe desz
geschlecbts und desz hauszgesinds, als die kind: dasz vierte
ist unterlhänig, als knechl und mägd. Ks'; das auch ein
solcher hauszvatter oder grundherr da sei, der sich auf das
feldbawwerk versteh. Sebiz feUb. 35; herr, herr, liaben wir
nicht in deinem namen viel tbaten gelban? das ist ein text
für die hauszvatter und hauszmiitter. Sciidppius 641 ; unsre
feine lebensart hat einem der ersten und süszesten Verhält-
nisse, dem Verhältnisse zwischeti hausvater und hausgenossen.
alle anmuth, alle würde genonmien. hausvatersrechte und
hausvatersfreuden sind grüsztentheils verschwunden. Kniggk
umg,tn.vt.1,ihi; in betracht dasz wir erst anfangen, legen
wir groszes gewicht auf die familienkreise. den hausvätern
und hausmüttern denken wir grosze Verpflichtungen zuzu-
tbeilen. Göthe 23, 150;
da vorhin ein hausvatter
het lileidet weib und kind. ühla?id volktl. 528,11.
b) seltener das rein eheliche verhällnis betonend: nl. huysvadcr,
paterfaniilias , maritus Kii,ia."i; ein hauszvatter het einen er-
welten son. Steisböwel (1555) A 7'; alsdann wird sie (</«e //««)
ihrem bauszvatler alle gebrechen, on einen, übersehen. Garij. 70'.
c) das cerhällnis als hausbesilzer zu einem mieter hervorhebend :
ich dingte mich und meinen jungen meinem hausvatter in die
kost. Simpl. 1,317 Kurz; mein hausvatter war des comman-
danten spurhund und mein hüter, maszen ich merkte, dasz
er all mein thun und lassen demselben hinterbrachte. 5. 318.
d) in vielen gegenden Norddeutschlands heiszt hausvater der leiler
eines gefdngnisses, eines arbeitshauses, eines spitals, einer herberge
oder sonst eines öffentlichen liauses, z. b. in Leipzig auf dem rat-
hause gleicli hausvogt.
HAUSVÄTERCHEN, n. ;
lieute gefällst mir auch du, hausväterchen {saijt die fran zum
manne). Voss Idyll. 4,5.
HÄUSVATERLICH, adj. und adv. : dieser milde, gutmüthige
und hausväterliche Ludwig Philipp. Heine 9, 45 ;
hielt der redliche pfarrer von Grünau heiter ein gastraahl,
seiner Luise zur lust, hausväterlich prangend im Schlafrock.
Voss ijUtSß s 1
HAUSVÄTERLICHKEIT, f. : gerade des mannes mit dem
ächtdeutschen humor, nämlich mit der sich selber belächeln-
den hausvälerlichkeit. J. Paci. vorsch. d. usth. l, 179.
HAUSVÄTERN, verb.: heut früh bah ich gebausvatert, wie
du mich haben willst. Göthe an frau r. Sto«2, 97; ich hab
denn so herum gebausvatert. an Auguste Slolberg , nach dem
17. mai 1776.
HAUSVEIX, ä. hausfeix.
HAUSVERFASSUNG, f.: ein mann von geist, herz und
talenten hatte sich in der nachbarschaft angekauft . . . wir
stimmten in unsern sitten, hausverfassungen und gewohn-
heiten sehr überein. Göthe 19,315.
HAUSVERGESSEN, pari.: du gäuchbornigs und weicb-
zornigs hanszvergessen mann und weibsvolk. Garg. 17*.
HAUSVERMEHRER, m. familiam aduugens. Stiei.eb 2373.
HAUSVEH.MIETER, m. locator aedium. Stiei.er 1275.
HAUSVERSTA.ND, m. tüchtiger verstand, wie er für die be-
s(/rgung der hausangelegenheilen genügt: aber man soll nicht
aller orten gelehrsamkeit , feine cultur fordern, sondern
gesunden bausverstand und gradcn sinn begünstigen. Kmggb
umg. m. m. 1,100; im allgemeinen aber sind sie {die ueber)
unbekannt mit allem, was die cinbildungskraft und das ge-
fübi erregt und obgleich auf den bausverstand zurückgeführt,
doch für geist und herz einiger aufregender nahrung be-
dürftig. GöTME 56,171; eine klare, plane darstellung seiner
(des nachdrudu) unrechtniSszigkeil für den gemeinen gesunden
haus- und hofversland. J.Paul herbstblum. Z,iO'.t note ; aber wo
mein kleiner' b.'iiisvrr»tand ausreicht , da wenigstens möchic
ich ihm nützlich werden. Fbeytac handschr. 2,41.
HALSVEHSTÄMJIG, adj. rtne haushaUung zu leiten verstehend:
derwegen beheuratel, freiet und trauet er im, inn seinem
nicht allein hartfehigeni, sundern auch mannskräftigem und
h3U«z»erständigcni alter, da» durcblatcrnige honiggurgnlsame
ffSulin G;ir(,'.'ilmrlle. Carg. 70".
HAUSVKRThAG, m. vertrag die hautangelegenheUen betreffend:
{drr tfufel) beüland ja in den konkordalen , die er mit dem
d. Faufl ab»cblatz, sogar auf dem arlikcl, daiiz der doctor
gar nicht beirsthen sollte; und dennelben Heparalartikei bab
ich in allen hausverträgen angetroffen, die der satan mit
jungen millionären machte. J. Paul jubeisen. 40.
HAUSVERWALTER, wi. oeconomus. Maaler 215'; geschäfts-
träger, hausverwalter, küchen- und kellermeister. Wielasd
25, C. arci praeposiliis , burgverwalter, burgvogt. Stieler 2425.
im königräch Saclwen werden die direcloren der zuiht- und arbeit^-
hduscr hausverwalter i/enannt.
HAUSVERWALTEHilN, f.:
die wohlhist ist des glucks vcrschwenderinn :
die freundschan dient ihm treu, als hausvenvalterinn.
BORGER llü'.
HAUSVERWALTUNG, /. .• wie liederlich sie {die weiber) der
herrschalt und hauszverwaltung sich annemmen. Fiscuabt
ehe:. (1591) Li".
HAUSVERWESER, m. leiler eines hauswesens an stelle des
hausherrn.
HAUSVERWESERIN, f. : je mehr einer sich der hauszsorg
will entschlagen, so viel mehr bedarf er eine hauszverwäserin,
die ihn der hauszgeschäft und sorg überhebe. Fischart ehez.
(1591) H7'.
HAUSVERWESUNG, f. : das wenige was mich von der haus-
verwesung trifft, mache ich ungeschickt. Niebühr leben 3, 151.
H.\USVIEH, n. pecora dotne^ttica, familiaria. Stieler 2369.
HAUSVOGEL, m. vogel als hausthier: huszvogel , allilis rel
altile. voc. ine. theut. ks'; hausvügel gullinae Nemnich.
HAUSVOGT, f?i. l) Verwalter eines hauswesens: oeconomus..
haushalter, hausvogt Alberus Ul'; hausvogt, der für das
haus sorgt oder etwas ausrichtet, procurator domus Frisch
1,420"; ich gehe dahin on kinder, und mein hausvogt hat
einen son. 1 Mos. 15, 2.
2) aufseher, castellan eines fürstlichen Schlosses oder einer bürg.
3) castellan eines rathauses (nach haus sp. 644), und als solcher
aufseher über die städtischen gefangenen.
4) im Lüneburgschen bilsvogt, ein amtsgehülfe , der ehever-
schreibungen aufnimmt, weim. jahrb. 3, 364.
HAUSVOGTEI, f. das städtische gefdngnis: die hausvogtei
zu Berlin.
HAÜSVÖGTIN, f., nach hausvogt l:
{die edelfran) rüffet irer hauszvögtin,
die unden am schlosz war gesessen. H. Sachs 2, 4, 96'
HAUSVOLK, n. domcstici. Stieler 2387.
HAUSVÖLKLEIN, n.: das ir dem guten herrn und freunde
wollet anzeigen, das er nicht schuldig sei, solche weise für-
zunemen, sich und sein bausvülklin zu communiciren. Ldtber
6, 275*.
HAUSWALTER, m. für laus, ein worl der gauncrsprache .
und überdisz habe ich noch die freibeit, wenn ich meinen
haiiszwaiter in seinem lager ausstäubere, so map ich ihm
den haisz brechen. Chr. Weise kl. leide 204.
HAUSWANZE, f. cimex lectularius. Nemsicu.
HAUSWÄRME, /'. erwärmung des hauses. so lieiszt die fest-
lichkeit des einzugs in ein neuerbautes haus, in welchem dann
das erste herdfcuer angezündet wird: wie wir Teutschen die
kirchweili und liauszwirm für hauszweihe nennen , welches
die agenda dedicationem tcmpli, und benedictionem domus
nennet. Matuesius postilla 3, 73*. im der form hauswermet,
wo es den eimugsschmaus bezeichnet, bei dem Schlesicr Rutschky :
ich habe in meiner neuen behausung eine kleine hauswermet
gutvermögenden freunden zu geben angezilt. kanzl. 246. in
gleichem sinne hauswürmde, eben falb achlesisch. Fromm. 4,171.
HAUSWART, m. : der hauswart, der in einem Seitenflügel
in dem inneren hofe wohnte, schlosz zimmer um zimmer
auf. F. Lewald Stella (1S70) .v. 3.
HAUSWÄSCHE, f. gewöhnliche wasche einer Haushaltung, roU-
Wdsche. der feineren plättwäsche entgcgengeitetzt. .Vueluxc.
HAUSWEHRE, f. schütz und verlhcidigung des hauses: als
die ofTentlichen siraszenreuber und niörder, die den land-
frieden und hausweiue versiilrrn. LurnER 3,108'; schalen
und sclineckenheuser waren ir (der ersten menschen) schusseln
und trinkgeschirr, ein stecken ir hauszwehre. Matiies. Sar. 8*.
IIAI'SWEIR, H. 1) hausmutter, frau des Hauses: nl. huj«-
wijf niu/er/a«n7ios, domina, hera domus Kiu\s; manches nach-
bars eheliches iiausweib. Götue 8,59; dast ... bausweibcr
gegen ihre weibliche dienerschafi eine härte bewiesen . . .
J. Paui. Lcvana 2, 77 ;
für dicli brennt nun der gutn hcrd nicht mehr;
kein huuiwolb lorgt für deinen obendgniii.
SiCBK ged. 10 {ele<iif).
2) bei SrieiER auch femina domus fiufov, domesti<,i. 2470.
69'
HAUSWERK — HAUSWIRT
HAUSWIRT — HAÜSZ
698
I
HAÜSWERK, n. hduiliclte rerrichtung: es ist ein schlecht
werk, das er {Isaac) aus einem lande ins ander zeucht, aber
er gehet dahin auf golles wort . . darumb ist sein werk
mechtig gros, und doch nur ein hauswerk. Lctder 4,144*;
die (andere magd) war nun ihnen {der mutier und groszmuUei)
recht, aber dem vater nicht, weil sie nur das haus- aber
nicht das feldwerk verstand, a. m. im Toggenb. 17.
HAUSWESEN, n. res domestica : das hauswesen bestehet in
guter nahrung. in einer anständigen liebste, und in ordent-
licher hauszucht. Chr. Weise A7. leute 371 ; vater und mutter,
sühne und töciiter, hof und wohnung, knechte und geräth,
das sind die natürlichen eiemente, aus denen überall .. das
hauswesen besteht. Momsisex rüm. gesell, l (lS56) s. 53 ; die
einladungen des diaconus , die von ihm ohne rücksicht auf
räum und grenzen des kleinen hauswesens ausgegangen waren.
Ihjiermaxs Münchh. 4,100; der sennor ordnete sein hausz-
wesen an, erhandelte eine gelegene herrschaft. einen schönen
palast und garten, ordnete sein hauszwesen der gestalt. das
er wüste wie viel die hüner alle tag eier legen könten. Phil-
A.\DER 2 (1643) 167; da Würde ich meine frau bald satt werden,
wenn sie niederträchtig genug wäre, sich um das hauswesen
zu bekümmern. Gellert 3, 2S5; Otlilie besorgte das haus-
wesen. GüTHE 17, 29S ; man wird nicht ärmer, wenn man sein
hauswesen zusammen zieht. 19, 239 ; eine frau, die das haus-
wesen recht zusammenhalte. 20, 6S; in einem wohl blühenden
hauswesen, Chb. Weise kl. leule 369;
ihr ganzes hans- und wirthschafiswesen
ist ordentlich und auserlesen. Hagedobs 3,47;
die Vögel sind fast alle verstummt , die kleinen fliegen am
rande des holzes und suchen reifen samen, denn ihr haus-
wesen ist zu ende , sie leben jetzt in der groszen gesell-
schaft. Fbeyt.\g handsclir. l, 101.
HACSWIESEL, n. muslela vulgaris. -JfEMMCH.
HAUSWILD, n.; denn in derselbigen {häuslichen herschaß)
erkennt der hauszfürst . . seines hohes und nideres hausz-
nildes oder vihes sicheren ein- und auszzug. Garg. 64*.
HAUSWIRT, m, hausherr, paterfamilias, mhd. hüswirt : paler-
familias hueszwirt, hauswirt Dief. 416'; huszwirt .. patronus,
paterfamilias voc. ine. theul. k5'; in mehrfachen beziehungen.
1) als besitzer eines hauses in dem er mit seinen angehürigen
vohnt :
mhd. wen list von einem slangen da^,
dai; er in einem hüse was
gar heimlich und gewonet wol. . . .
da? in der hüswirt lier genesen,
das 'et er von menschlicher art. edelst. 34, 6;
ton einem heiligen , der als besitzer des ihm zu ehren erbauten
klosters aufgefaszl tcird:
und büte ein munster wol getan :
'dar wart sente Stephan
hüswirt der merielere. EBER:tA5D v. Erfurt 1127.
2) in engem ansddusz an das vorige sehr häufig als vorstand
der hau.ihaltung : kan doch ein from hauswirt oder bürger,
nicht einen bösen knecht oder magd zu recht bringen.
LcTHER 5. 143' ; der man der hauswirt gieng zu inen eraus,
und sprach zu inen, nicht meine brüder, thut nicht so übel,
nach dem dieser man in mein haus komen ist , thut nicht
eine solche thorheit, rieht. 19,23; wo kein hausfraw ist, da
gehets dem hauswirt , als gieng er in der irre. Sir. 36. 27 ;
wo er eingehet, da sprechet zu dem hanswirte {goth. heiva-
franjin). Marc. 14,14; wenn der hauswirt aufgestanden ist,
und die thür verschlossen hat. Luc. 13, 25 ;
aber es lächelte drauf der'trefliiche hauswirtb, und saetp.
GöTHK 40, 234, reryt. 240^
3) in bezug auf die art, icie er der haushaltung vorsteht: er
ist ein guter, ein schlechter hauswirt ; wer ein hauswirt ist,
wirft auch das geringste nicht weg. vgl. unten hauswirtisch,
hauswirllich.
4) in bezug auf seine eheliche Stellung : huszwirt, vulg. eeman,
marilus. voc. ine. theul. k5*; marilus, der hauswirt, ehemann.
Alberl's Sl'; nit als mein bauszwirt, sundern als mein sun.
Albr. V. EvBE 50'; da ürias weib hörte, das ir man tod war,
trug sie leide nmb Iren hauswirt. 2Sam.ii,26; so soll auch
die fraw kein andere götter noch gottes dfenst iren inn
ehren zuhalten fürnemmen . dann die ir bauszwirt im bat
erkoren. Fischabt e/ies. (l59l) B4'; sie unterweiset ganz weisz-
lich ihre kind, und regiert ganz klüglich ihr gesind, warnet
ihren bauszwirt. K5*; {die frau) dankt beides gott und den
eitern, die sie zu eim solchen bauszwürt gefüget betten. Se';
sonst soll sie {die frau) ihres hauszwirths erkanntnus nichts
binden. Frankf. ref. 1,30, §4;
Jochebedt so ist mein nam
mein bauszwirt aber Jieisit Ämram.
H. Sachs 3, I, 2t'.
ddier hauswirt, anrede der frau an ihren mann: sein fraw
sagt : bauszwirt wie ist dir ? Pauli scirimpf 83' ; die efrau dicit
hauswirt, got geb dir heil und glück I fasln, sp. 163, 13 ;
hauswirt, du bist auf dem rechten weg. 167, II.
5) hauswirt als hausbesilzer, in bezug auf sein rerMUnis zu
einem abmieter einzelner theile des hauses: liesz derowegen in
gegenwart meines hauswirths meinen knecht vor mich kommen.
Simpl. 1.315 Kurz, in der heutigen spräche des gemeinen lebens sehr
gewohnlich; gegenüber der einquartierung : lüde je ein reuter den
andern auf seines hauszwirths speisz und trank zu gast. Simpl.
3,69. — Auch als Schützer der bei Uim Unterkunft findenden:
den Witwen ist er auch ein schutzherr und bauszwirth.
Weckherli!« 302.
e) hauswirt, besüglich des Verhältnisses zu seinen gasten:
wir selber wollen uns bald hier bald dort
in die gesellschaft mischen und das amt
des aulwarisamen hauswirths übernehmen.
Schiller Macbeth 3, 8.
HAUSWIRTIN , f. : huszwirtin , patrona, materfaniilias voc.
ine. tbeut. k 5* ; sonst hiesz die frau eines edelmannes haus-
wirlhin. J. Pacl Levana 2,82; und nach diesen geschichten
ward des weibs , seiner hauswirtin son krank. 1 tön. 17, 17.
HAUSWIRTISCH, adj. nach hauswirt 3: neulich begieng er
ein hauswirthisch stücke {ein geiziger hatte wasser in ein «ein-
fasz gegossen und etuas brantu-ein zugesetzt). Chr. Weise er;n. 116.
HAUSWIRTLICH, adj.: was aber hauswirthiiche ehrliche
weiber sind, rockenphil. (1707) 2, 138.
HAUSWIRTSCHAFT, f. hausuesen.
HAUSWISCH , n. ; o selige Rosemunda . sei fro, dasz du
ein solchen mann überkommen hast, ich wolt dj ich für
mein bauszwirt ein hauszwisch genommen het. Fischart ehez.
(1591) Sl".
H.\USWOHNLICH. adv. mansionarie: hauswöhnlich Halt-
ACS S51.
HAÜSWOHNÜNG, f. : huszwonung domicilium voc. ine. theut.
k 5' ; sedes domestica : da er oder sin irben ir huszwonunge
betten, urk. von 1467 bei Haltacs 851. •
HAÜSWXRZ, f. 1) semperrivum lectorum. Nemxich 4,1278.
mild, hüswurz tri». 3,829; huszwurz semperrira, semperdiva,
semirita, stirpa, barbacina, omnia idem significant. voc. ine. theut.
kö'; bei Serraxcs steht hauszwurtz dict. y5', dagegen hausz-
würfz synon. 94*; auch bei Hci.sius 7l' hauszwurtz; in tüt-
scher zunge huswurz oder dunderbar, darum das es gepflanzt
wird uff die hüser für den dunder. H. v, Bbackschweic deslil-
lirung (1505) 57.
2) auch sedum heiszt kleine hauswurz. Nexnich 4, 1270;
hauszwurz. zoophthalmon , sedum, sempervirum, aizoon malus
Maaler 215'; kleine hauszwurz trichales das.
H.AUSWURZBAUM , m. sempervivum arborescens. Nemmch
4, 1277.
HAUSWURZEL, f. sempervivum: ein bandvoll bauswurzel,
oder wegbreitblätter gesotten {gegen die herzbräune). Böckler
kriegssch. (166S) 902.
HAUSWÜRZELSAFT, m. saft der haustciarz: Vi löffel voll
auszgedruckt weiszrübensaft oder bauswurzelsaft {gegen die
herzbräune). Böceler das.
HAUSZ , adv. extra, foris, zusammengezogen aus hie ausz,
mhd. höje:
da; Ir ieslicher hüje beleip
und sinen gesellen drin (in den stall) treip.
Stricker 5, 17 Hahn;
icb blibe 6 hii; unz an mioen tot.
Magens heldenb. 2, 178;
milteld. hüje. Adrians mütheilungen s. 442,106; noch jetzt in
Franken haus. Kehbein 1S9: von Göthe mehrmals g^aueht.
wenn wir nur einmal aus der atmosphäre bausz sind, wollen
wir sehn wies geht. 42, 64 ; •
und reitt in blitz und wetterschein
gemäuerwerk entgegen,
liindts plerd hausz an und kriecht hinein,
und duckt sich vor dem regen. 1, 182.
bausz lassen, unterlassen:
s. hauszen.
vil besser i5t<>, du lassists husz !
RiTF Adam u. Heia 1878.
699
HAUSZANGE — H AUSZEN
UAUSZEN — HAUSZL'CUT
700
HAUSZANGE, f. queihoh bei pfuhlroslen.
HAL'SZANK, m. bellum domeslicum : Lauszank webrel uickl
lang. ScHOTTEL 1122'.
HALSZEHEM, m. zdienl oder zins von einem hause dem
yrundlierm ahi/Cfieben.
HAUSZEHRUNG, f.: wegen geldes und liauszehrung halber
... in groszem kunimer gewesen. Scuwkinichen 3, 230.
HAUSZEM , adv. extra, foris, das adverbium auszcn Jure/«
ein damü verschmolzenes liie der richtuny nach näher bestimmt.
1) bauszen zeigt auf einen gegenständ, eine person , dtc mit
dem sprechenden an gleicher stelle steht, es ist in gegensatz zu
«Irinnen gebracitt, das eine entferntere stelle bezeichnet: gleich
wie ein bans, das da kracbt und knackt, schreckt und jagt
den einwoncr aus , dasz er sich mehr für dem banse drin-
nen fiircbt, denn bauszen. Lutueh 3,249'; wie er mit Christo
gelhan bat, welchen er in einem nu aus dem verschlossen
und versigelten grab eraus rucket, das er zugleich in einem
augenblick drinnen und bauszen war. 5,505'; das gefengnis
funden wir verschlossen mit allem vleis, und die büter
bauszen stehen für den tbüren, aber da wir auftbaten, funden
wir niemand drinnen, aposlelgesch. 5,23; seie ein mann drin-
nen . . besser dann bauszen vier. Kirchhof disc. milil. 12;
du bist drinne fröhlich, so lasz uns bausen fröhlich sein.
Grimm deutsche sagen no. 232 ;
Leipzig liegt hauszen und Leipzig liegt drinnen,
also kan Leipzig nicht Leipzig' gewinnen.
PisiORius llies. par. 5, no. 27,
es sind spoUverse auf die belagerung Leipzigs i. j. 1547, in der
belagernden armee waren viele Leipziger Stadtkinder;
drinnen gefangen ist einer!
bleibet hauszen, folg ihm keiner. Götue 12, 67.
i« diesem sinne steht hauszen auch in den folgenden stellen, wo der
gegensalz weniger ausdrücklich hervorgehoben wird: ain mensch,
idas bauszen in der weit ist, das thut was es will. Keisers-
BtRC häslein EeC'; ain mensch bauszen in der weit, das
weib und kind zu versorgen bat. ebenda; da antwortet die
ganze gemeinde, und sprach mit lauter stimme, es geschehe
wie du uns gesagt hast, aber des volks ist viel, und rege-
nicbt w etter, und kan nicht bauszen stehen. Esra 10, 13 ;
wollen sie (die Juden) nu Moses gesetz genieszen, so müssen
sie zuvor wider ins.land Canaan komen und Moses Juden
werden , sein gebot halten . . . weil sie aber hauszen , und
Mose ungehorsam, sind in frembden landen unter dem keiser,
sollen sie des keisers recht halten. Luther 8,94"; saget dasz
ich bausen bin. causenmachcr 87 ; ich balle mich mit meiner
[rau itzt, weil ich keinen dienst habe, hauszen in der kueip-
scbenke am anger auf. Rabener sat. 3 (1757) s. 42; ich sags
ja immer, wenn man aus Scbwabenland heraus ist unter die
franken und Sachsen und Polacken gekommen , bort recht
und gerechtigkeit auf. 's ist a wüst volk bauszen. Immer-
MANN Münchh. 4, 49 ;
weil eben ist daselb (in Sdrnbery) der reichsztag,
dest thewrer ich es {dns wililprel) geben mag,
brengen das ^eld an einem hauten;
dalür wil kleine pleiuiwert kaufen.
die wil ich hauszen bei den liützen
an eier, käsz und geh vcrstützen.
B. Wüiiis Esop 4, &0, 69 ;
als Substantiv gebrauclil :
das hauszen musz viel besser sein :
ade, ich kum nicht wider nein [in einen kästen, eine maus
spriciUn). 2, 32, 19.
2) verstärkt ist hier bauszen in jüngeren quellen: die gras-
affen haben grosze lust das gewitter bei mir abzuwarten,
und hier hauszen zu kainpiren. Gotbe a« /rau r. S/ci« 1.9S;
hier hauszen ists sehr schön. 1,100; hier bauszen schläft
bicbs trefflich. 1,231; hier bauszen bin ich so weit ganz gut.
1,286; es sieht hier bausen gar artig aus, wenn sie nur
einen blick au-t meinem fenster Ibun könnten, l, 297 ; der
wind bat mich diese nacht nicht schlafen lassen, er ist
wülbend hier bauszen. 2,24; diesen winter bleib ich noch
bicr bauszen in meinem nesle, künftig bab ich auch ein
quartier in der sladt, da.s hübsch liegt und gerUumig ist.
»I Mercks brufs. 2, 259 ;
hier houszen giebis wölfe zu solchen lArnmeni.
KoRiKN 3. 22U;
auch da bauszen : in uieineui garten sind rusen und jelUngcr-
jelicber zweierlei suricn ... da bauszen sind auch iiumer
blumen, gelbe und blaue und rutbe. GuTUb 10,130;
d.-i liBiiszfn tu mir« zu kalt,
ich yeh lu ineincu wald. ilbcKiiiT g«i. </<
3) weü häu/iyer und schun in alten quellen hat bauszen den
scharfen hinweis auf die stelle des sprechenden verloren , es steht
allgemeiner nur im sinne von auszcn, auszerhalb, so dasz dafür
auch eben so gut das auf entfernteres zeigende drauszen ver-
wendet werden könnte : und sobent das der stein was dannen
gcwelbelet und sohen den cngel uQ' dem stein buszen sitzen
vor dem grab oder büszlin. Keisersberg fosj. 3, 4'; we uns,
die ganz ligen in dem dreck der wollust , haben allein das
mul husen. »laneHit/*. 137"; und setzet den tisch in die bütte
des Stifts .. bauszen für dem furhang. 2Afos. 40, 22; so soltu
nicht in sein haus gehen . . sondern du solt bauszen stehen.
b Mos. 24,11; fürelen Rabab eraus, sampt iiein valer und
mutier, und brüdern . . und lieszen sie bauszen auszcr dem
lager Israel. Jos. 6, 23 ; bauszen der grosze bof. l kön. 7, 9 ;
das ire kneufe gesehen wurden in dein beiligtbuui für dem
cbor, aber bauszen wurden sie nicht gesehen. 8,8; und da
sie hin ein kamen, opfer und brandopfer zu tbun, bestellet
im Jehu bauszen achzig man. 2 kön. 10,24; die decke des
sabbalhs, die sie am hause gcbawet hatten, und den gang
des küuigs bauszen. 16, 18 ; bauszen für Jerusalem im tal
Kidron. 23,4; da befalh der könig, das man eine lade
machte, uud setzet sie hauszen ins thor am hause des
herrn. 2 chron. 24,8; wild und unbendig, das ire füsze in
irem hause nicht bleiben können, itzt ist sie hauszen, itzt
auf der gassen, und Jauret an allen ecken, spr, Sal. 7,12;
das er binfurt nicht mehr kund öiTentlich in der stad geben,
sondern er war hauszen in den wüsten örtern. Marc. 1,45;
hauszen für der thür. 2,2; es kam seine mutier, und seine
brüder, und stunden bauszen. 3,31 (im folgenden verse meldet
das m hause versammelte volk: deine inutter und deine brüder
drauszen, griech. beide male i'^co, golh. üta); gieng er in den
tempel des herrn , und die ganze menge des volks war
bauszen. Lmc. 1,10; selig sind die .. zu den thoren eingehen
in die stad. denn hauszen sind die hunde, und zeuberer.
o/fenb. 22,15; die in der statt wollen die ihren rechen, so
waren die hauszen eizürnt. b. d. liebe 219'; ist er im gestuel
bauszen vorm chor gestanden, dieweil das ampt geweret hat.
Zimm. chron. 2,480,13; ich steckte die schuautze unter die
decke und behielt nichts bauszen als die äugen. 5imp/. 2,204
Kurz; bei 300 reutern setzten ins dorf, die übrigen aber
hielten davor hauszen. 3,240; bis einer kam und sagte: die
herren predicanten sollen herein trelten. sie folgten alle bis
auf einen, der bauszen blieb. 314; haben wir bauszen zu
Alldresden verwartet. Schweinicuen 1, 84 ; ich solle nur
sprechen , der vornehme mann , der die gelehrten kinder
macht, wäre hauszen. Chr. Weise frcim. redner 80t ; dasz ein
liebster und eine liebste bauszen wären , die ihn sprechen
wollen, causenm. 52; es sind liebster und liebste hauszen,
die begehren audienz. 54;
Piram. ach zieht mir aus den harten pFeii,
sonst sterb icit in geschwinder eil. . . .
eil ei! ei! ei! wie schmerzt es mich'
Tltisbc. geduld! er wird bald hausen sein.
A. üHVPUius Peter Squenz s. 25;
einst, ich denk es noch jetzt mit ^'rausen,
stieg er zu einer durchs fenster hinein,
ich iiielt die leiter uud paszte hauszen.
Kurnkr 3, 217.
liauszen lassen , bleiben lassen , unierlassen : wo ein pfarrberr
bubstische mess ballen wollte und etwas in der mess were,
das ine in seinem gewissen bescbwerdle, das mag er bauszen
lassen. Schehtlin br. s. 00 note.
HAL'SZIEGE, f. capra hircus. Nem.mcu.
HAUSZIER, /. decus familiae: die ebreisch sprach bat ein
art , das sie ein hausinutler oder ehelich weib nennet ein
bauszier. Luther 1,467'; ein weib und ein ofc scind ein
bausz/ier. Acr. spr. (l.soo) 345'.
HALSZIERDE, f uie bauszier. ps. 68,13 der ausgäbe v. 1524.
vgl. unter hausehre sp. 650.
HAUSZINS, »I. pensio pro habüatione et usu. Stikler 2651 ;
wenn es bekannt werde, dasz sie den bauszins nicht zahlen
könne, so nürde man sie nicht gerne irgendwo hinein lassen.
J. GoTTUKLF Kiithi dte grositnutter 1,155;
er »agi vll tu, livit nit du» miiisi,
all Jur erschleicht uns der bnusztlnsl,
denn niüii wir pfand lür bau«iiinfit lassen.
II. Sachs 1 (1590) 39 f.
HAUSZUCHT, f disciphnu domeüica: das hausweten be-
bt . . iu ordeullicher hautzuchl. Cur. Wkisk kl. Itute 37L
701
HAUSZ\M:CK — HAUT
HAUT
702
HACSZWECK, wi. streck den ein geschlecht im äuge hat : der
reichswirrwarr , der sich zu einer anarchischen fürstenrepu-
blik ausgebildet hatte, blieb sich selbst überlassen, konnte
man ihn doch trefflich für die hauszwecke ausbeuten. Bbacn
vier briefe eines süddeutschen, vorr. s. 17.
HAUSZWIST, m. jurgia domestica, discordia intestina. Stie-
ler 26G1.
HAUT, f. cutis; corium. ails. hüd; ags. hyd, engl, hide;
fries. hüd und hede; nl. huyd, huid; altn. hüd, schved. dän.
hud; ahd. höt, plur. hüti und später hiule, mhd. hüt, plur.
hiute. das vort ist urrencandt dem lat. cu-lis und scu-tum,
griech. xii-ros und axv-Tos, und gehört, vie unter haus sp. 640
angeführt ist, zur sanskr. Kurzel sku bedecken, verhüllen, so dasz
der ursprüngliche allgemeine sinn hülle, berge zu gründe liegt,
der vmlaut in der Stammsilbe des Wortes, der im ags. und fries.
schon in der nominalivform des sing, sich zeigt, erscheint in den
ältesten quellen des nhd. nur ungewöhnlich hier, ist aber noch
jetzt oberpfälzisch (Schm. 2, 255) :
ich merk den adel tut biszen
die hüi, sie mochten wol beschiszen
die hend an die eidgenoszen.
J. L%-m ^chieabenkr. 2S";
ebenso ini ace. :
do schetzt man dann die armen leut,
nimptä hör hinweg und auch die heut.
Uugteii ttuiiens Ciij (Schade sal. 1,10,114);
auch die andern casus des sing, haben selten, dem mhd. hiute
entsprechend, noch den umlaut:
dergleichen du bub in der heut {unten no.8)
mit inen auch hast zügestimpt.
Schade tat. «. pasqu. 3, 126, 37 ;
es ist ein bnb in seiner heut,
der solch lügen bringt under die leut.
B. Waldis Esop 1, II, 27;
wann ich denk erst in meinem mut,
auf ganzer häwt sei schlafen gut. H. Sachs 5, 34"';
gewöhnlich tritt in der Schriftsprache der umlaut erst an den plural-
formen zu tage.
haut bezeichnet
I. cutis, cuticula, die haut des menschlichen körpers ; über das
Verhältnis des Wortes zu feil ist 3, 1495 gehandelt.
l) man redet ton einer feinen, weichen, geschmeidigen,
linden, zarten, weiszen, glänzenden, rauhen, zähen, spröden,
harten , hornichten , runzlichen , aufgesprungenen haut ; das
die haut seines angesichts glentzet. 2 Afo«. 34, 29; meine haut
ist verschrumpfen und zu nicht worden. Hiob 7,5; meine
haut über mir ist schwarz worden. 30,30; dasz . . ir (rfer
alten leute) haut alt und zähe sei. Agr. ä/w. (1560) 56'; einen
ganz schwarzen habit . . aus welchem meine weisze haut
herTor schien wie der schnee. Simpl. 1,365 Kurz; die tiefe
narben, so mir die purpeln ipockengeschwüre) in die haut ge-
fressen, s. 382 ; die harte haut in bänden und füszen, callus
manuum et pedum Steij^bach I, 719 ; viel arbeit macht harte
haut, nimius labor manibus obducit callum. ebenda; du bist
so gar vast eraltet, das wol dasz Sprichwort war an dir
erschein!, die haut die sei kain türin, sy wisse wol die zeit
wann sy sich rimpfen sol. Wirsd.ng Calixstus (1520) Fl';
Wirt denn gehaiszen ain prut,
und. hat ain rünzelehtiu hut. Süchkwwtrt 31,72;
der junge schnee der haut kam zu dem schnee der haare,
auf dasz mit jenem der auf eine zeit sich paare.
LoGAu 3, &8, 61 ;
es nähern sich vom högel
zwei reuter, gelb von haut.
Freiligrath ged. (IWö) 236.
die blosze haut, die nicht bekleidete; er trägt auf der bloszen
haut ein wollenes hemd ;
dö truoc der reine gotes tnjt
ze liehe an siner blöden hüt
ein harte; luoch hsenn
halp und halbe? wüllin. Bari. 163, 12;
eine dicke haut hol der unempfindliche , ßhlloie und wider-
spenstige (s. dickhäutig 2,10811: unvermerkt werden sie eine
menge von vorurlheilen nnd die dicke haut der fühllosigkeif.
die sich gleichsam um ihr herz gezogen halle, abstreifen.
WiEiJkND 6,162; er hat eine zehe haut, die seel ist in ihm
venvickelt. Schottel 1124'; eben so werden solchen menschen
mehrere häule beigelegt: die neunerlei heud einer bösen
frawen, sambt ihren neun eigenschaften. H.Sachs 1,619*; die
weiber haben neun häule und in jede ist ein eigen schel-
menstückchen eingewickelt, exorcist 18; die weiber haben drei
heut ... erstlich ein hunds haut, das ist, wann mann sie
schilt oder straft, bellen sie herwider wie ein hund, hiff.
hiff. die ander haut ist ein sewhaut, da musz man scharpf
hawen, sol mann hindurch hawen, wirt sie aber getroffen
die sewhaut, so kröcht sie, och, och, wie ein saw. die dritt
haut ist ein menschenhaut, wer die trifft, der hört ein solche
stimm: ach herzlieber man, ich wil alles thun was dir lieb
ist. Ace. spr. (1560) 197'. ron ähnlicher anschauung aus heuzt
es: der mensch hat viel häute abzuwerfen, bisz er seiner
selbst und der weltlichen dinge nur einigermaszen sicher
wird. GüTHE an Plessing. bei S. Hirzel fragm. aus einer Göthe-
bibliolhek s. 10; und gieng doch dem krieg alle tag ain haut
ab; wer het, der behielt. UiVfc. r. Schaumb. 55.
2>te redensart eine zu kurze haut erklärt sich im texte:
des wolt sei sich do puken,
die floh ze tot ertruken.
secht, do ward ir dhaut ze kurz,
ir geschach nicht recht, sei liesz ein furz, ring 38, 2.
2) rencundungen, schlage treffen zunächst die haut : schmeiszt
ihme die haut voll ! Werlh. deduci. 2, 189 ; sie drescheten ihn
derb ab, also, dasz die haut rauchte, polil. stock f-2i; heran,
ihr erzberenhäuter, ich will euch die haut sonder seifen
und baisam einschmieren. A. Gryphics Horrib. s. 82; (der
kommandant der feste Ziebingen] liesz die kriegfestunggesetze.
gleich dem zendaveste, der auf 1200 häute geschrieben worden,
blosz weitläuftiger und gröber, doch unleserlicher, weil das
kurze schreibrohr ein langes spanisches röhr war. auf die
kompagnien von häuten schreiben und bringen , für die er
zu stehen hatte {er liesz seinen Soldaten die gesetze auf dem
rücken einprügeln). J. Paul ^epomukkirche 118; dessen fleisch
will ich in stücken reiszen und hungrigen geiern zur speise
geben , der ihm nur die haut ritzt oder ein haar kränkt I
Schiller räuber 4, 5 ;
und wolt euch iemant swechen an eurn eern,
dem wolt wir selber sein haut vol pern.
fasln, sp. 627, 18;
und bet im sein haut darumb volgeslagen,
das im kracht het sein magen. 81,3;
seim knecht ward die haut volgeslagen.
LiLiE?<CRo:« \olksl. 2, 19, 326 ;
trug a'so seins gespottes lohn
mit wolgeblewter haut darvon. H. Sachs 4, 3, 69';
und stoszen denn die tafel umb,
das jeder baldt von leder kumb,
so wird manchem zerhackt die haut.
^CHEIDT yrobian {Frankf. 1568) E6';
ron hier aus: aber da sitzen sie und heilen sich die haut.
Lessing 1, 523 ; und die heile haut ist zunächst die im kämpfe
unrerletzt gebliebene, doch stellt die fügung häufig in sehr freiem
sinne: sie waren jedes mahJ von den Verehrern der grylli-
schen muse so übel empfangen w orden , dasz sie , um mit
heiler haut davon zu kommen, für gut befanden, sich in
Zeiten der majorität zu submittieren. Wieland 19,299; in
einem andern noch schlechtem trauerspiele, wo eine von
den hauptpersonen ganz aus heiler haut starb. Lessinc 7,ii;
mit ganzer haut davon kommen, saivo ventre diseedere, latere
tecto. Serz 65*;
und, wie das alte Sprichwort lauf,
wol schlafen auf gesunder haut.
Ri?«GWALD /. ipnrh. (1585) 119;
der raubt sich heerden, der ein weib,
kelch, kreuz und leuchter vom altare,
berühmt sich dessen manche jähre
mit heiler haut, mit unverletztem leib.
GöTHB 41, 11.
die haut wird geschunden, abgezogen : die haut abziehen oder
schinden, delrahere pellem alicui Maaler 215'; als der heilig
zweifbot sant Bartholomeus thett, der liesz sich schinden,
und sin hut über die oren abziehen. Keisersberg bilg. 20';
ir schindet inen die haut abe, und das fleisch von iren
beinen. Micha 2.2; wenn ir inen die haut abgezogen habt,
zubrecht ir inen auch die beine. v. 3. über den bildlichen
gebrauch der redensart die haut über die obren ziehen sieh
unten H, 2.
3) an die Verwundung der haut knüpfen mancherlei redensarten
an, so jemandem auf die haut gehen, greifen, einem auf die
haut kommen :
und wirslO für dise stunt
der rede iemer m4re lui,
ex gät dir rtf dine hüt. n. lleinricli bS8;
dise hetzten ime die zwen grafen von Lutzelstain, gebruder,
an die haut. Zimm. ehron. 3,410,12; stieszen einander die
703
HAUT
HAUT
704
gläser in das gesiebt, mit den dagcn herausz, und auf die
haut , bisz hie und da einer nider fuie und liegen bliebe.
Philandeb 1 (1642) -342; einen in die wolle, auf die haut
greifen. Scbottel 1118'; eine kugel einem auf die haut jagen.
1112'; hatte er hierin was versehen, sein edelnian würde
ihn trefflich auf die haut gegriffen haben, pol. hofmädijcn 43 ;
wann der könig in Schweden sehe, dasz ihm ein jeder auf
einmal auf die haut tringen wolle. Scucppids 394; die iriibsal
ist ihm noch nicht auf sein eigen haut konnnen. lüO; hier
gieng ihnen nun Kleon vollends auf die haut. Heii.m.'VN" TItucyd.
486 ; die fleiszige keller gehen ihren untergebenen hüben
wacker auf die haut, dasz sie denen gasten geziemend auf-
warten. Neiner Idndlmarkl 391; die schüler .. können das,
so sie lernen , wo ihnen ein rechter nieister auf die haut
trit, nicht verlheidigen. Hugos civ. nag. (1. ausg.) 2, 237 aus
Melcbior von Osses poliliscltem leslamenle;
du den baren, lowen, drachen,
fertig wärest auf der haut. Spee Irutzn. 242;
Ursin ist ärgerlich und geht mir auf die liaut,
dasz ich ihm jüngst mein buch, den Phädon weggenommen.
Lkssing 1, 26;
sich seiner kaut fürchten, seine baut schonen, sparen: sy
forchten ir haut. Keisersberg has im pfeffer Bbe"; etliche
fürchten auch der haut, sorgen, sie müssen leih und gut
drüber verlieren. Luther 5, I5l'; darnach nimpt er die schrift
für sich, dafür sich seine haut furchte , und wil sie bezau-
bern, das sie in nicht ha wen solle. 3,63'; die unberittene
reuter, die unachtsamer weise ihre pferde verderben lassen
und sich auf merode begeben, damit sie ihre haut schonen.
Simpl. 1,408 Kurz; wann es gelegenheit gab, bei deren ich
vor mein person vom feind etwas zu erschnappen getraute,
so sparte ich meine haut so wenig als ein soldat. 3,37; —
zu seiner haut sehen , sich seiner haut wehren , seine haut
wagen , dran setzen : die Christen muszten sich ihrer haut
erwehren. Schütz Preuszen 19 ; sein haut verlheidigen. Kirch-
hof mil. disc. 162; wo nicht, so wollen sie haut und haar
daran wagen, b. d. liebe 207"; wann einer gleich das seinige
tbut, und die haut wacker dran streckt, der ander aber ist
faul, und wil nicht ziehen: so verderbt er seinen gesellen
auch. Cbeidius 1, 386 ; an den tröster musz die weit glauben
... und die alte haut dran wagen. Claudius 8,90; wenn
man seine haut für die allgemeine glückseligkeit dran setzte.
GöTHE 8,112 {dafür: wenn man seine haut für das allge-
meine wohl darbieten konnte. 42,377); unsere haut davon
zu bringen, setzen wir unsere haut dran. 8, 113; mich meiner
haut zu wehren. 8,122; setz ich nicht meine haut an an-
derer gut und geld, sollt ich sie nicht an mein wort setzen?
8,133; Götz, sei unser hauptmann, oder sieh zu deinem
scblosz und deiner haut. 8,141; sorgt für unsere haut und
eure, auf! auf! 8,147; geschwind! rettet eure haut ! 42,352;
dem Schlendriane nach sollten wir auch neben andern dingen
fechten und reiten lernen, um uns gelegentlich unserer haut
zu wehren und zu pferde kein schülerhaftes ansehn zu haben.
24, 230 ; es gilt haut um haut , jus talionis hie vigel , in usu
tu, requirit. Stieler 802;
betz hira, botz marter, krall und macht!
wir wend dapCer und frölich wagen die heiit
als die frommen Teütschcn und ehrlichen kriegsleüt.
Hemer fasln, spiel v. 1522, D iij ' ;
kein weg ist euch zu fern und krumb,
wo ir ein schleckbisziein erschmeckt,
dasz ir nicht ewcr haut dran streckt. niücke)ikr. 1, 1S6;
sieb seiner baut gewehret. Soltad volksl. 476 (t>. 1626);
der mensch nur kömmt vom welbe
ganz biosz als wie er hl mit mutternacktem leihe
obn schupp, ohn borst, ohn hörn, bringt nichut nicht an den tag,
darmit er seiner haut sich künftig wehren mag. Opitz 1,99;
dem feinde die baut hinhalten:
der an die feindt nicht helt die heut,
dem wirdt nichts von der auszbcui.
B. Waldis llsop 1,34, 39;
die baut dem lode nachtragen , dem lade im kämpfe entgegen
ifthen: t% ist im eben als dein, der all stundt dem tod die
haut nachtregl. Fro.nsferc krieijsb. 1,90*;
die biiut tragen sie nach dem tod,
wissen nicht wann er die wirt holn. 3, 73';
dann «r dem lodt die baut nach trcgt. 91*;
mit der baut zahlen , getüdtvl werden , ursprünglich doch nur
tom fallen im grfechl hergenommen: liat er den Lenzcnherg
unversehenlich überfallen, cingenomen und, wer sich zu wehr
fttlellt, erstochen, unter denen auch der vom Lenzenberg
gewesen, der hat mit der haut bezallt. Zimm. chrun. 2,501,22;
aber erfar ich der bösen duck mehr von dir, so niustu es
mit der haut bzalen. Pauli schimpf 173' ; er luusl zuletst
auch haar lassen und zalet sein tirannei mit der haut. Frank
wellb. 55' ; musz ichs auch mit der haut bezahlen, so sterb
ich selig in meinem beruf. Otho 500; wer nichts hat, musz
mit der haut bezahlen. Pistorius lhes.par.b,\0; auch liudet
man leicht den grund, warum alle fremde anlänglich als
knechte angesehen werden, mit ihrer haut konnten sie da-
mals noch wenig bezahlen , und man borgte ihnen darauf
das geleit nicht, wie jetzt. Moser osnübr. gesck l, 28 ;
scheid ich c; gelten mit der hewt. Suchenwiht 18,442-,
ir maniger ward erschossen,
sy zaitens mit der hewt. Soltaü volksl. 177;
die haut geben: und derhalb nit allein die propheten, Christus
und die apostel die haut haben darumb müssen geben. Frank
tvcllb. 38'; einen auf die haut legen, ihn umbringen. Schm.
2,255; mit der liaut haftet der Schuldner, der im falle der
zaiilungsunfdhtgkeil Icibcsslrafe leidet : diese , denen ich das
meinige auf ihre blosze haut borge, müssen mir auch mit
ihrer haut haften ; und sie danken gotl , dasz ich ihnen
kredit darauf gebe. Moser vcrm. schriflen 1,362;
so hctt ichs nimmer mer getraut,
ich hett auf in verwettet mein baut, fasln, sp. 82, 14.
etwas an eigner haut erfahren, zu eigenem schaden :
wenn man der Jugend reine wahrlieit sagt,
die gelben schnäbeln keineswegs behagt,
sie aber hinter drein nach jähren
das alles derb an eigner liaut erfahren,
dann dünkein sie, es kam aus eignem schöpf.
GöiHE 41, 100.
die haut verkauft der, der sich für kriegsdienste anwerben l'jszl :
die haut verkaufen. Schottel 111-2"; da kam mir manchmal
der gedanke, meine haut den Engländern zu verkaufen. Rieui
cuüurgesch. nov. 377;
drum bab ich meine haut dem kaiser verhandelt,
dasz keine sorg mich mehr anwandelt.
Schiller Wallenst. luger, G. auflr.
4) empßndungen des kitzeis, der furcht und des schredcens
äuszern sich auf der haut:
ich merk den adcl tut biszen (jucken)
die hat. J. Lenz Schwabenkr. 28';
es juckt ihn die haut, man musz sie ihm gerben, man musz
ihm mit eim eichenen flederwisch die leusz abstielen. Garg.
194'; aber ich schwieg wie ein weiser, weil mich die baut
nicht juckte. Simpl. 3,373 Kurz; der alte Fonseca beliebte
sich auch einmal zu netzen (baden) und die alte baut durch
lauliebes wasser zu kützeln. pol. slockßsdi 344;
ich weisz dasz dirs recht kerre thut
und kützelt dich an deiner baut. Mena?ites 1,221;
ich fürchte mich für dir, das mir die haut schawert. ps.
119,120; kann ich lachen, wenn mir die baut schaudert?
Schiller räuber 5,1; wenn bei der ballade (die Lenore ist
gemeint) nicht jedem es kalt über die haut laufen musz, so
will ich mein leben lang Hans Casper heiszen. BCrger 464';
weil . . haut und haar ihr zu berge steigen. Grimm deutsche
sagen no. 176;
und wenn ich schmeck ein ölkraut,
davor graust mir all mein haut, fastn. sp. 621, 27;
sccbt, stet, märki und patircn,
last eucli die haut schaureii. Liliencron volktl. 2,504,116;
er {'ter lnh) scbleiclit und brummet für und für,
dasz einem haut und haare schauert. Picandbr '2, 366.
vergl. gilnsehaul.
5) uie die haut voll schlagen (oben no. 2) ist gebildet sich
die haut voll lachen, tcol an den kitzel anknüpfend, der tnU
dem lachen verbunden i.st : aber diser possenreiszer lachte ihm
die haut voll an. Hörl v. WÄTTERSToiiFr Bacdiusia s. 330;
daher dann diese beide ihnen die haut voll lachten. Salinde
51; über meinen bisherigen zeilvcrlreih lachten sie sich
die haut voll. o. mann im Tockenb. 37. rergt. unten haulsalt.
die gleiche fiigung zeigen andere formein: wann seine schÜlcr
in dem exaininc übel bestehen , so setzet er sie von der
obersten auf die unlerstc bank, schilt ihnen die haut voll.
und sagt: du cscl , du schülz, du bürcnheulor. Schippii >
054; — die haut voll danzen, indulgere chorns .Maalkr 2I:>*;
die baut voll zu Ihun haben: sodann hat der gute schult
heisz seiner haut voll zu Ihun. baurenü. laslerpr, IGT; hin.
liebe Trau, das von Zimmermann, ich hab heut die haut voll
705
HAUT
HALT
706
zu thun. GöTHE an frau v. Stein 1,8; die baut voll lügen;
dafür: es. existieren nämlich eigentliche weiberhändler, die.,
lügen können, fast mehr als in die haut mag. Gotthelf
schuldenb. 5. eigetühümlith hmzt es: dasz alle wachter vor
forcht und schröcken , was sie nur ausz der haut bringen
kundten, darvon liefen. Hörl v. Wätterstorff Bacchusia Sl.
6) andere redensatten und spricItKörtlichcs : alt Icut, alt heut.
AcRic. sirr. (1560) 56'; es ist gut in seiner haut schlafen.
ScuLPPius 1143'; die haut ist allweg näher als das hemd.
J. Gotthelf schuldenb. 308; leichtsinnige bursche bohren
löcher in andrer leute haut. Leumank 6« Eiselei x 291; wor-
auf angeregter corporal sein anscblag machte, mir hinter die
haut zu kommen (obscön). Simpl. 3, 69 Keller; ähnlich nach
der haut brauchen : {die) kunigia von Frankreich . . die hat
Studenten und andere, die ir gefallen, einzogen, und nach
der haut gebraucht. Zimm. cAron. 1.440, 7, rergl. 2,504,6 und
noch mehrfach; sie musten blosz mit dem, was sie an der
haut trugen, die Stadt räumen {blosz mit den kleiJern auf dem
leibe), polil. hofmädijen 162 ; etwas füllt an blosze haut , an
linen armen, der sonst nichts hat : die {zehntausend gülden) Helen
u blosze haut, dann sie der wol bedurften. Zinwt. chron.
:. 541, 26; der mertail und insonderhait die ligenden gueter
s-ein Heinrichen von Landow zu Lautrach haiuigefallen ; der
ist iren ganz notlurftig gewesen und an blose haut kommen.
4, 364, 1. um eine nicht zu entfernende angewohnhdt zu kenn-
zeichnen, sagt man es ist ihm in die haut geheilt; das karten-
spielen ist ihm ganz in die haut geheilt (er kann es nicht
lassen), in der Welterau; was in der haut ist, kann man
nicht abstreifen wie ein paar hosen. Lehmann 197; da könnt
einem ein glück in die haut schieszen {ironisch). Schm. 2, 255;
etwas sehr ähnliches ist einem wie aus der haut geschnitten :
er "ist ihm also ehnlich, als were er ihm aus der haut ge-
schnitten. Schottel 113S'; er ist ihm gleich, als wäre er
ihm aus der haut geschnitten. Diez 63; man trinkt, dasz die
haut dampft; man sddägt , dasz die haut in fetzen herum
Diegt ; die verfluchten spitzbuben hätte er abschlagen lassen,
dasz die haut der wind genommen hätte. J. Gotthelf schuldenb.
385; zu einem unuerlen wird gesagt: aber du bist nicht werth,
dasz dich die haut zusammenhält. Gellert lustsp. 174S 29S
{loos in d. lott. 3,4, später unterdrückt); ein maller kann seine
haut kaum tragen:
du thust als künst du dhaut kaum trageu.
H. Sachs 1, 513';
vor bunger ich die baut kaum trag. 522';
bis auf die haut nasz werden;
jet2t kommt er an, bis auT die haut
einmal recht tüchtig durchgewascheu.
Schmidt v. Wermeuchem alm. 179S, s. 12;
wir lagen manche liebe nacht
durch Qäszt bis auf die haut. IIoltei manlellied.
~) hdtißg ist die Zusammenstellung von haut »ni7 andern Iheilen
des körpers. von einem abgemagerten wird gesagt, er sei nur
haut und bein , haut und knochen : ir haut beuget an den
beinen, und sind so dürr als ein scheit. klaget. Jer. 4,8;
mein gebein hanget an meiner haut und fleisch , und kan
meine zeene mit der haut nicht bedecken. Hiob 19, 20 ; es
ist nicht dann haut und bein. ägr. spr. (1560) 56'; unbarm-
herzig an ihnen saugen , bis ihnen nur die haut auf den
knochen übrig bleibt. Wiela.nd 6, 159 ; Luther war von mitt-
lerer gestalt (1519), damals noch sehr hager, haut und
knochen. Ranke reform. 1,412;
die mutter die — nur haut und knochen —
selbst auf dem kind erblassen musz.
A. Grtpbiüs 1698 2, 283.
man schwört bei haut und bein : wann man einen kaufmann
fraget, was dises oder jenes koste? alsdann schweren sie
hei haut und bein, dasz sie es selbst so und so vil koste.
Albertinus narrenhatz 334.
BesondKS häufig und all ist die Zusammenstellung von haut
und haar, mhd. hüt unde här (Zingerle alläleraliun bei mhd.
diciüern s. 26) : füret man den andern auch hin, das sie iren
mutwillen mit im trieben , und zogen im haut und bar ab.
2 Macc. 7, 7 ; aber die kälzlein, die sich so freundlich stellen,
die fornen lecken und hinten kratzen , die sind eben die
jenigen, welche . . unserm ganzen geschlecht nach haut und
haar, nach leib und leben trachten. Scoüppids 292; hier gehts
noch um haut und haar {bei einer prftgelei). Ihxermann Münchh.
4,24;
IV. D.
und scholt dein toben wern über jar,
es behielt mancher weder haut noch har.
fastn. sp. 625,8, vergl. 629,7,
und scbint die bauten gauz und gar,
dasz in bleibt weder haut noch har.
Schade sat. u. pasqu. 1, 9, 73 ;
do mit dasz man mög ursach haben,
uns baut und bar gar ab zu schaben. 2,225,1083;
ja, ja, beim glase wein hört ich wohl manchen prahlen,
er hesze haut und haar für meine provinzialen.
GöTHK 7, 44;
als blosze formel gebraucht: verbrenten si sich {an glühenden
spieszen), das in haut und har an den henden abgieng. Wilw.
V. Schaumb. 21 ;" es ist weder haut noch haar gut an ihm,
tantus quanlus est, scelus est. Stieleb 803 ; namenllich in festen
fügungen, von haut und haar, an haut und haar: viel mehr
vertrauen die baurcn denen, welche sie weder von haut oder
haar angehen oder kennen, als selbigen, die ihnen mit bluls-
freundschaft verwandt und zugethan sein, baurenst. lasterpr.
173; Judas der 11. zeug, der sonst beides an haut und haar
entwicht ist, kan er doch der wissentlichen warheit nicht
zugegen sein. Ayrer proc. 2,11;
mich ein frau gar ser heut pal,
dergleich ist nit in dieser stat
mit schon vou leib, an baut und bar.
fasln, gp. 277, 19;
denn sih er ist an haut und haar
durch Adams fall verderbet gar.
RrsGWALD /. warh. (1585) 11;
dan sie (die unzuchl) verderbt den menschen gar
an wirden, ansehn, baut und haar. 164;
mit haut und haar, eine formel die das äuszerlichste am viensch-
lichen kürper betonend, etwas als bis aufs dtiszerste, letzte voll-
bracht bezeichnen will: wenn es one die groszen herren were,
so fressen die kleiuen ihre armen leut mit haut und har.
Mathes. Sar. 82'; das (füllen) hätte er angefallen und ge-
fressen mit haut und haar. Grihm deutsche sagen «0.214; es
hat der teufel den Luther in alle lant gefürt, sie haben in
mit haut und har gar fressen. Schade sat. u. pasqu. 3, 101 ;
ewer sei disz büchlin gar mit haut und haar. Garg.il^; eine
eben solche beschmierte birne mit haut und haar aufzu-
fressen, Chr. Weise erzn. 410; als ich schon spürte dasz
monsieur Schmaalhans bei diesem edelmann mit haut und
haar einlogirt war. Jucundiss. 117 ; w er mit haut und haar
gauch ist. Klopstock 12,137;
und stöst man einmal sich au solchen stein,
so geht man drauf mit haut und haar und bein.
Schönborn bei A. Gbtphius 1098 2,504;
der ihr beweist,
herr Meffert sei mit baut und haaren
ein schöner geist. atm. der deuisciten musen 17S0, s. 217 ;
anbete du das feuer hundert jähr,
dann fall hinein, dich friszts mit }iaut und haar.
GoTEB 4, 353;
wir haben ihn!
er ist mit haut und haar gefangen. II, 152. 153.
die formel haut und haar in der reclUssprache (für ausstdupen
und haarabschneiden), vergl. rechtsalterthümer 7. 702 und Haltacs
852: nycht, wen czu hout und czu höre sol man richtin über
eine swanger frawe und ubir einen rechtin torin. Magdeb.
blume 2, 2, 186 ; ist abir dy dube under dren schillingin, man
richtit czu im czu hout und czu bore. 234; wer leip odir haut,
hout odir bor, dy im um deube oder valsch odir wanmoj
vorteilt wird, mit gelde lojt , der blybit rechleloj. 2,3,24;
einige maleücanten an haut und haar bestrafen. Hahn hisl. 1721
1,258; dasz . . der sendgraf (missus) hingegen der auszer-
ordentliche richter zu haut und haar gewesen. Moser palr.
phant. (1798) 1,329; dieses ihr richteraml auch auf die fölle
zu haut und haar zu erstrecken suchten, 4,197;
es gilt in weder bor noch heut, fasln, sp. 610, 16.
an haut und halse lohn empfangen, getödtet werden :
nachdem der Halirrhotb des was»ergottes söhn
Alcippen dir befleckt; der billich seinen lohn
von dir hat mit der haut und halse weggeu-agen. Opitz 1,93.
8) die bedeutung von haut als hülle und berge tritt namentlich
dann voll hervor, wenn der mensch in der haut steckend dar-
gestellt wird: dann er der werdest und anmütigest kerles war,
der in seiner haut und kappen Stack. Gar*;. 240*; o wenn ..
ich doch in eurer haut stäke. Riehl culturgesch. nov. 421 ; icli
möchte in deiner haut nicht stecken {möclUe nicht du sein); der
steckt nicht in seiner eigenen haut , der vermag und versieht
mehr, aU ein natürliclier mensdi versteht und vermag, es ist in
ihm eine fremde maclU wirksam; aber aucli er kennl sich nicht
43
707
HAUT
HAUT
708
mehr vor zorn (in Hessen). Yilhar 155; in kleiner haut steckeu
giosze leut. Scuottel 1144";
allein mir ist gnnz wohl in meiner haut.
WiKLAM) 10, f;S (ISO);
er stekt in keiner guten haut. Schottel lllS"; er muste lange
zeit das bett hüten und die leutc sagten schon herum daj^z
er in keiner guten haut stecke. Zinceble liausm. 2,31; idi
redete darauf einen jungen nebenstehenden fremden ati, dem
es auch . . nicht ganz wohl in seiner haut zu sein schien ;
denn auch er war verstununt. Göthe 2S,'21S;
(lern ist CS schlecht in seiner haut,
der in seineu eignen buseii scliuut. 4, 325;
näbms einer auch zum rrühstück täglich ein,
weder schlimmer, weder hesser,
sollts ihm in seinen hauten sein. U, 165
{vergl. über den plur. oben 1 ,«7). 702); das die well doch wil
bleiben wie sie ist, und lesset ir die alte haut nicht auszihen,
und nicht besser werden wil noch kau. Lltuek 5,534"; er
{goU) wil, das wir den sinn brechen, und in eine andere haut
kriechen. 4,102'; dasz man in eine ander haut schluppe, hilft
nit in himmel. Lehmann 6« Eiselein 290;
an Witzen histu tnib niul hlinil,
und gar gewisz desz teüfels kind,
zeiichstu nit ab die alten haut. Schwarzenbkrg 141';
Möchus ward mit ernst vermahnt, in ein andre haut zu krichen;
als er dieses nun gcthan, ward er dennoch auszgestrichen.
LoGAU 3, 104, 17.
häufig ist der älteren spräche die redensarl er ist ein bube, schalk,
najT in der haut , tvomit ucchselt in der bubenhaut stecken
(2, 463), in der narrenhaul, in der kindshaut stecken, veryl.
narrenhaut und kindeshaut 5, 757 ;
manch narr ist der do bettet stät . . .
das er kum von der narren hut.
Braut narrensch. 45, 4 ;
das sind heuchler in der haut, und füren nur einen schein,
die warheit zu schützen. Lltueb 1,235"; er ist vermaledeicl
und ein bube in der haut, gott ist nicht mit im. 4, SOG"; ja
das sie auch mörder, tod.schleger, und buben in der haut
sind. 522"; das wir verzweivelte buben in der haut sind, die
vol abgiitlerei stecken, ebenda; die Christen für kälzer zu
achten, schelten und tüdicn, so sys doch selbst in der haut
scind. Frank wellb. 45' ; die (jiiden) doch alle nichts als lauter
lose lecker und buben in der haut sein. Ayreh proc. 3,2;
aber ich fände dasz diese so sich oftmals vor die aller-
frommslen angestellct die allerärgstcn in der haut waren.
Jucundiss. 209;
wer etwas von dem Witzel holt
und sich darumb zu im gesellt
und seiner falschen lere vertraut,
der ist ein bube inn seiner haut.
Ai-BERUs coulrufaclur \ 4' ;
der ist ein narr in seiner heut.
H. Sacus 4, 3, 179*;
ein lauser in der haut. U. Hincwai.d /. w. 114;
ein Unflat in der haut. 141;
ein lügner in der haut. 142;
ein hanreb in der haut. 185;
ein hudler in der haut. 404;
ein bicderweib im angcslnht, ein schandsack in der haut
ist manche; geiles liegt bedeckt und l'rumes wird gescham.
LocAu 2, 103, 21.
aber audi ohne verächtliche beivtischung findet sich ein mann,
ein mensch in seiner haut sein :
und bett in meiner menschen haut
das liccbt der sonnen nit bcscbnwt.
HiTicwAM» /)•. E. G7*;
ich war ein man in meiner haut,
der «einem ackerbau verirawt. J(i'.
es u-ird gesagt einer f^ltrt aus der haut, ist nicht mehr bei sich,
zuufidisl vor verzweißumj , schmerz und wut : mancher pelnl
dahin zwenzig jar, hat keinen anstusz, wenn ein mal ein
lielicr kompt, das über drey tage wehret, so wil er aus der
haut farcn. Litiier 4, r>0(j'; wo es aber ist in ernstlichen
hendein imd Rachen , da vcrzwciveln sie gar, bringen sich
■<!l'- ninb, oder wollen sonst ans der haut farcn, das inen
.uizn weit zu enge wird. 5,312'; wie mancher mensch
' '. Htürmct und polleil in seinem hause über ein geringes
Inn seines gesindcs, als wolt er an» der haut fahren.
-in teelentch. 1,097; D. ich müchic aus der hanl fahren. —
/,. (hun sie das, und fahren sie in eine klügere. D. wie
lange soll ich noch den beleidigiuif^en der iiichtswdrdigslcn
krcalur ausgesetzt sein? Le8S1!«<. ' ' 'fi^. fasse dich
nur... liiklas. vater, ich fahre aus der haut. Güthe 11,105;
0 schweig, ich fahre aus der liaut. Arnim schaub. 1,100; ich
fahre vor eifersucht aus der haut. 2,31; wo drückt euch
denn der schuh so stark , dasz ihr aus der haut fahren
möchtet? RiEiiL cullurgesch. nov. 422; vor furcht: den nächst
an diesem zimmcr liegenden und ruhenden pursch dermaszeu
erschreckele, dasz er aus heftiger furcht ... hiitte aus der
haut fahren mögen. Saltnde 108; abir auch aus freude , ent-
zücken: vor freudeu fast aus der haut fahren, weslphäl. lio-
binson 1S8; vor allzu groszer freude wusle er fast in der haut
sich nicht zu behalten, sondern sprang in der sliibe herum
und frolockte. polit. hufmädgen 93; mein lied an Luther musz
gut sein, denn sogar \Vilm wollte dabei aus der haut fahren.
Voss briefe 1, 332 ;
er fuhr aus neuer freud und lusl schier aus der haut.
A. Gripuics 1698 I, 061;
for Verwunderung: hätte ich abcrmahls vor übcrmüsziger Ver-
wunderung aus der haut fahren mögen. Felsenb. 2,344.
9) diese Verwendung von haut (no. 8) fuhrt darauf, das wort
für den menschen selbst zu brauchen {vergl. balg 1,1085. 1086);
zu frühem vorlwmviend als Scheltwort:
da; er si mit der haut sluoo
also da; die guolc
vil sere bluote. -
er sprach: ir ej^cnt, übel hüt! Erec 6523;
ist dann die fraw zu lang ausz dem hawsz gewesl, und der
man zu ir spricht: sag an du püse haut, wo ge^stu her,
wo pistu so lang gcwcst? Albr. v. Eybe 14; dise verwegne
haut {eine ruchlose hausfrau) mit einem guten brügel beeren.
VViCKRAM rollw. 147, 4 Kurz; wer mit einer solchen bösen
haut (bösen chefrau) beralhcn ist. pers. baumg. 7,22; sie ist
eine lose haut, sceleslissima et corruptissima pellis est. Stieler
803; liärnln. etwas anders haut eine arme weibsperson Lexer
136 ; mit witziger anlchnung an die eigentliche bedeutung von
haut: das frau rulTeteufelin, meine widersacherin, eine böse
haut ist, wie wol sie 40 jähr von krcuzherrn , pfafTen, rat-
herrn und kaufleutcn gegerbt ist , so könte ihm doch der
teufel nicht ein paar schuhe aus der bösen haut schneiden.
IIenneberger 484;
die muter spricht: du faigo baut!
ich wolt auch gern sein ein praut. fa$tit.^ii. 9*s 19;
mulier mala berba,
ein weih ist ein böses kraul,
hüt du dich,
loquitur blanda verba,
red Ireundlich,
- die böse haut,
die narrt dich. Tuomas Elsbeth ncwc austerlesene
wein, ticder (1599) no. 16;
dann als Scheltwort für männer: kciscr Maximilian der erste
hielte einen edolmann an seinem hofc, der eine frevele haut
war. Fbey garlcng. 55; es ist mir der zähen haut {einem
geizigen) zu wenig gewesen. Kircuhof wendunm. ISl"; für die
gcsamiulhcit der bcwohncr eines dorfcs:
Oberndorf, du schehigc haut,
du scheust die l'eindt mit kabaskraut.
Zimm. cliron. 2, 310, 21.
Die neuere spräche braucht liaut in viel mihUretn sinne, in
vertraulicher, leise komischer redeweise: {er war) zugleich eine
gute haut, der die ganze zeit auf der schule zugebrachl.
maulalfe 51; wunderliche haut! Lessinc l, 2C9; 0 der när-
rische herr! .. die possici liebste haut von der weit. 2,489;
ehrliche haut! tröste dich! CiOtter Jeannette 3,5; eine ehr-
liche haut, mein vater; er starb an dci auszehrung. Fr. MIjI.i.er
2,175; ihr wiszl, ich bin eine ehrliche haut. Kutzeouk (/»«im.
.«;>. 1,13; ein so braver mann, dasz man sagen möchte eine
ehiliche deutsche iiaut. (jötue 27, 163; dasz der besagte
legazionrath Oefel die unbedenlendslc haut ist, die wir beide
nur kennen. J. Paui. uns. löge 1,172; dasz die ehrliche haut
von einem mann aus einfall denkt, der jüngste tag sei da
oder schon vorltei. a. d.leuf. pap. \,:i; weil er die gefälligste
haut war, die je über die erde lief. Titan 1,121; in der thal,
.vor mancher lustigen haut iiätt er sich ganz lächerlich gr-
niaclil, 3, S7 ; ich unglückliche haut, ftegelj. 3,\i^; Hamlet ist
die elirlichsle haut von der well. Mi;ink n, tls; sie giengen
so einfach, so scliliclil. da-^z Uinkler nuinchinal da» grü-zeu
vergasz, was wdl auch an den immer schwächer wcrdn .! n
fünf sinnen der allen haut lag, die noch immer vergrlu mn
auf lieförderniig wartete. Gutzkow fUter v. griste 7,5; Hans
Joggi war eine gutmütbigc haut und glaubte leicht. J.Gorr-
HKir tchulJenb. 361;
709
HAUT
HALT — HAUTEHRLICH
710
■wars nicht die gtile haut, der laienbnuler?
Lessisc 2, 337 ;
die gjite haut von inforraator,
der marzipan ihr statt der nahe gab.
MüsÄüs kinderkl. -IS;
wollt er (Aeneas) hei nacht, incognito,
zu schilTe sich begeben,
und wenn die gute haut (optima DUlo, Aen. 4, 291) noch
ruht,
und sichs nicht träumen läszt, auf gul
französiscli sich empfehlen. Blcäaukr Aen. 1, 160.
lo) auch in andrer ireise steht liant für die Persönlichkeit selbst:
in der Oberpfah sagt die rnuller zur braut, nachdem sie das
drangeld empfangen 'nun bist du braut und hast die haut
verkauft'. Schünwkrth 1,57; ebenso si:hlesisch :
glück zu, vergnügte braut, die haut ist nun verkauft.
GÜSTHER bei Steinbach 1, 720.
und er {der arst) möchte auch wieder mit unserer armen
Schwester haut seine erfahrungen erweitern. Göthe 11, 4S;
die weih kan hurn und bubcn bald
bringen in ein ander gestalt
und machen aus in heiige leut,
wenn schon bleiben die alte heut.
G. NiGRiNcs beschlag 'Ro*.
Bei der haut gottes wird geschiroren : summer botz haut !
Kirchhof wendunm. 395*; bei Jer haut gottes. wiszbad-. visen-
brünnl. 2, 166.
11. haut an thieren.
1) es ist unter feil 3 und 4 (th. 3, 1496 — 1498) auf den unter-
schied im gebrauche von feil, haut und balg bereits aufmerksam
gemacht, zugleich aber auch darauf liingeu^iesen worden, trie man
sich nicM streng an diese tcrminologie bindet und mit den aus-
drücken wechselt, pardus «haijt ain pard. da? ist ain tier
uianig^irbig sam daj pantier . . wan ej hat vil fleck an seiner
haut. Megenberg 150,14; stirbit einem manne ein pfert odir
ein ander vy, dag im czu pfände gesalzt were . . er sol dy
beut Torbrengin. Magdeb. bhime 1, 13S ; und man sol dem
Itrandopfer die haut abziehen. S Mos. 1,6; der natern alle
abgestreifte haut, seneclus Maaler 215'; der hase hat sechs
häute, lepus sex cutibus tegilur. Steixbach 1,719; man streifet
erst dem aal die haut ab. öcon. lex. (1731) 5; schneidet {den
Schnecken) . . mit einem scharfen messer die haut los. 220S ;
das schaf Inig am nämlichen tage seine eigene natürliche
«olle, wie sie ihm aus der haut heraus gewachsen war.
Hebel 3 (1S53) S4;
von visches hiute iruoger an
ein surköt und ein bönit. l'arz. 570,2;
er truoc an seltsxniu cleit:
swö hiute het er an geleit:
die heter in niuwen stunden
zwein tieren abe geschunden, licein 406;
panzer liegt mir noch am leibe,
Avie dem drachen seine haut. Ühlasd ged. 249;
auf eines tigers bunter haut
liegt der gebieter. Freiligrath ged. (1S45) 102.
2) siirichirOrlliches und redensarlen. alte häute dürfen viel
gerbens. Schottel 1113'; was hilft flickens und plelzens am
pelz, da haut und haar nicht gut ist. 1119"; sondern alle
unsere werk nichts anders sind, denn (mit urlaub) eitel leuse
in einem alten unreinen pelz, da nichts reines auszumachen,
und kurz, da weder haut noch har mehr gut ist. Luther
0,74'; auf der faulen haut liegen, oliosum esse, rergl. bären-
haut 1, 112S: damit wir hier nicht auf der faulen haut liegeu.
Pierot 1,402;
es hiin nicht, dasz du dich mit ihren (der ellern) nahmen
deckst,
wann du dich auf der haut des müszigganges streckst.
Camz ged. (1727) 137;
lue haut nicht ehe dann der beer gefangen seie, verkaufen.
Kirchhof milit. disc. 148; um die haut zanken, che der bäer
gestochen. Schottel 1118'; man verkaufet die haut nicht,
man habe dann den bär»n gefangen, kunst üb. alle künsle
61,2. ton einem dürren klepper heiszt es:
ir pfärt gein kurabcr was verselt:
man het im wol durch hi'it gezelt
elliu siniu rippe gar. Parz. 256, 18.
manche ursprünglidi hierher gehörige formein sind auf menschen
übertragen, so heiszl es nach dem schneiden der riemen aus der
thinhaul: aus eines andern baut ist gut riemen schneiden.
Schottel 1113'; aus andrer^ häule riemen schneiden. 1125';
ja es ist in ein fremde haut gut schneiden, es ist leicht
andern gesetz auflegen, die uns nichts angehen. Luther
von dergleichen haut gemeinlich alle bäpst geschnitten
worden. Kirchhof wendunm. 368*. von dem abbalgen der thiere
ist das bild einem die haut Ober die ehren ziehen , ihn bei
einer leistung oder zaiilung unbarv\herztg behandeln, hergenommen
(Frisch 1,429'): dürften wir nur so einmal an die fürsten,
die uns die haut über die obren ziehen. Göthe 8, 8 ; ihm
ein güllein zu theucr anzuhängen , um dann in zwei drei
Jahren ihm die haut über die obren zu ziehen und ihn
sammt seinen kindern über das nest hinauszuwerfen. Gott-
HELF sdiuldenb. 7;
Stadt und land hat viel gestriten,
wer im kriege mehr erlidten?
aber nun liegt an der thür
wie sich städte brechen für,
wer also die haut gefunden,
die dem lande weggescbunden. Logac 2,138,100.
eben so ist an den verkauf der thierhaut angelehnt die eigene
haut zu markte tragen : ein ieder musz seine eigene haut zu
markte tragen, cuique alea sua subeunda est. Steinbach 1,719;
{er) brachte immer die eigene haut zu markte. Heise 12, 192.
3) haut, etiras aus der thierhaut bereitetes; ein schlauch: und
sie gab irer niagd eine gepichle haut vol wein. Judith lo, 6;
eine schäferhütte, schäferzelt: mapalia hiute sumerl. 42,6. rergl.
kalberheütle 5,55; pergament: hut die da dun ist als das
bergamen, membrana voc.inc.theut.kb'; erfuhr ich die Wahr-
heit, dasz sie {die goldne bulle) nur eine alte haut sei. Heine
12, 34.
HL haut, eine dünne decke an Iheilen des thierischen Organis-
mus, an pflanzen u. ähnl.
1) decke an innern kürpertheilen : hut darin der ougapfel ist,
soletatica voc.inc.theut.kh^; zwischen der weichen und harten
iiaut des gehirns. Lichtenberg 5 (1803) 146; so hängt er
(gesloszcner diamant) sich bei der Verdauung an die häute des
magens und der eingeweide. Göthe 34,376; rergl. harnhaut,
hornhaut, jungfernhaut, netzhaut. älmiich haut im ei: hut in
dem ay, membranum lenue quod lalet in ovo. voc. ine. theut. k 5'.
2) haut an pflanzen und fruchten: hut zwischen der schel
und des kerns in der nusz, nauci. ebenda; haut . . über
castanien corium , über mandeikern cortex, corium Frisch
1,429';
hert ist gerstün kornes hüt. Otfrid 3, 7, 25;
im heiszen stübchea eng und traut
giebts nuu kartoffeln mit der haut.
ScH«iDT VON Wer:«ecchen atm. 1798 s. S4 ;
nimm und schäle derweil, Amalia, birnen und äpfel;
lös auch nOssen die haut. Voss Lnise, 3. Idylle I;
es hat neun häute,
beiszt alle leute. volksrätsel auf die zwiebcl.
3) haut die sich bildende decke über etwas verdunstendem oder
geronnenem: haut auf der milch; baut, die aus nassen ma-
terien obenher wird, als aus der feuchligkeit der geschwüre,
crusta Frisch 1,429'; die über eingekochten niaterien wird,
culicula c^ducta ebenda, s. harn haut 2, grindhaut, milchhaul,
auch häulchen.
IV. haut, übertragen.
1) die breiter und planken, womit das schiff ton auszen be-
kleidet ist. Jacobsson 2,236'; das verdeck war eingeschossen,
die bohlen der haut wie abgeschunden. Niebdbb leb. Hiebuhrs
1, 294.
2) haut, in einer redewendung bezüglich eines modelies: so
wurde in kurzer zeit durch gemeine arbeiter dieses unge-
heure modell bis gegen die letzte haut fertig gebracht. Göthe
35, 333.
H.\UT.\RTIG, adj. und adv. nach art einer haut gebildet.
H.\LT.VLSDC.\STüNG, f.
nALT.\LSSCHLAG, m. ansschlag auf der haut.
HAUTBEKLEIÜL.NG, /■..• ob wollene oder linnene haut-
beklcidung besser sei. Hlfelasd makrobiotik (1S23) 2,199.
HÄL'TCHEN, n. kleine oder dünne haut, namentlich im sinne
von haut HL- pellicula hulchin Diefe.nb. 132*; n/. velchen of
huyighen ebenda; das häuteben im ei; häntcben im äuge;
die dinle halte sich mit einem häutchen von schimmel über-
zogen; häutchen, culicula, so nennen die cbymisten eine
kleine sehr dünne salzartige rinde, welche sich auf der Ober-
fläche der salzauflösungen erzeugt, wenn man sie abdampft.
Jacobsson C, 58*. vergl. häullein.
HAUTDRÜSE, f. cutanea glandula. Neuxich.
HAUTEHHLICH, ad';..- wie oft manch haulehrJicher fcerl
auf schmahlem ungemächlichem tritt steht . . und mancher
lauskerl (mit verlaub zu reden) einen breiten stuhl hat. Fr.
Müller 3, 64. nach ehrliche haut {sp. 708) gebildet.
45*
711
HÄÜTELN — HÄUTIG
HAUTJUCKEN — HAUUNG
712
HÄLTELN, verb. ilerativbildung zu liiiuten, einem Itasen die
unter dem feile liegende zälte haut abnehmen : da man denn
die hasen, ehe man sie an den spiesz stecket, vorhero liöii-
telt , das ist die haut, so an wildprct klebet, sauber mit
einem scharfen messer herunter sclineidet. öcon. /ea;. (1731) 933.
HÄUTEN, verb. 1) die haut abziehen, mhd. Iiiuten, in tran-
sitiver und reflexiver fügung : man häutet wildprel; der bering
wird gehautet, ehe er auf den tiscii kommt; sich häuten,
wie schlangen und insecten. Frisch 1,430*; aucii von unsern
schlangen sind manche, zumal wenn sie sich noch nicht
lange gehäutet haben, an färbe und Zeichnungen schön.
Hebel (1S53) 2,33. nach dem letzleren auch übertragen: denn
will er (der kanzelredner) zuhörer, die {in den kirchenschlaf)
hereinkommen, um sich nach acht tagen geistlich zu häuten,
wie der frosch sich nach eben so vielen körperlich ausbälgt.
J.Paul jubelsenior 122; wenn doch in der sludierstube eines
gelehrten der glaube desselben sich so oft verwandeln, häu-
ten, einspinnen, verlarven, verpuppen musz, bis solcher wieder
endlich entpuppt ausfliegt, friedenpredigt 52. Infinitiv in sub-
stantiver Stellung: während . . ihres bäulens [während sie sicli
auskleidete). Titan 3,198.
2) häuten, mit einer (festen) haut umgeben : es ist uns einer
bekannt, der auch einmal mit einem bauer, zu gleichem
zweck (als agent für gelderaufnahme) nach Bern ging und
noch nicht recht gehäutet und gestählt war. J. Gotthelf
schuldenb. 262.
3) die unumgelautete form hauten, die im l&.jahrh. mehrfach
erscheint, schlieszl sich dem sinne nach zunächst an die bedeutung
1 an, sie bezeichnet einem zu leibe gehen : dann graf Lassla ein
unverträglich man, so liesz graf Ludwig sich nit hauten;
sie kamen kurzlich hernach mit worten anainandern. Zim'm.
chron. 3,415,18; hernach wer den man fieng, hat auch sein
haut, daher kompts, dasz man sagt, mit eim herumb hauten,
sein haut darstrecken. Garg. 194'.
HAUTFARBE, f. l) die färbe der haut: menschen von
weiszer, brauner, roter hautfarbe.
2) übertragen auf den inhaber der hautfarbe, den menschen,
insofern er glied einer race ist: Domingo, wo ein friedlicher
zustand durch die Pariser menschenrechte in ein wechsel-
seitiges morden aller hautfarben umgeschlagen ist. Dahlmann
gesch. d. franz. revol. 428.
HAUTFLATTERER, m. neuerer name für die gattung fleder-
mäuse. Minerva 1847, s. 400.
HAUTFORM, f. buch von vielen dünnen pergamenlbldtlern,
worin das gold bis zur höchsten feinheü gesclilagen wird, Jacobsson
2, 238'.
HAUTFRESSEL, n. juckender haulausschlag : rand, schuppen,
hautfressel, krelze. Paracelsus 1, 1120.
HAUTFRESSER, m. termestes pellio, pelzkäfer.
HAUTFRUCHT, f. ulriculus. Nemnich. der same einer solchen
fruclit ist in einer haut eingeschlossen.
HAUTGEÄDER , n. ; den nenten sy bruder Niciaus , der
was dürrs , magers auszgeschöpfts Icibs , allein von haut-
geüder und bein zusannnen geschmückt. S.Frank c/iron. 311*.
HAUTGESELL, m. üt die anrede eines baucrn in einem fast-
nachtsspiele an einen andern:
ja sichstus, mein lieber hautgesell, fasln, sp, 333,34.
ts soll wol darauf hingedeutet werden, wie beide gemeinschaßlich
in der narrenhaul («;>. 707) stecken.
HAUTGRAN.NE, f. ariltus, die samenhaul. Nemnich 1,4.')0.
HÄUTICHT, adj. cuticularis. Hederich 1193. in der Weiter-
bildung hautechtig: mit seinem hautechtigen haarwuchs.
Uffenrach neues rossbuch (l(i03) 1,139.
HÄUTIG, adj., mhd. hiulec, mit einer haut versehen: heutig,
eoriaceus , eule obduclus, membraneus Stieler H03; heutiges
(Icisch, caro musculosa das.; das weibcheii {des hokodih) legt
hundert häutige eter. Hebel 1 (1853) &4; dnsz es in Kwn
und andern welttheileii eidrxen ... gibt, die auf bäumen
leben, wie bei uns der laubfrosch, und durch liilfe von häu-
tigen auswUchsen auf beiden seilen gmsze »priinge in der
luft machen, ebenda, auch in unumgelautrtrr form hautig:
die feurigen (äugen) )tind fester, kecker gezeichnet, haben
weniger Schweifung, gleich dickere, bcHchniltencre, jedoch
weniger haiiligc augcnlippen. Lavaten phijsiogii. fragm. 4,4.
ab$ehn. 3. fragm. ;
Jurch ImiiiK« lirigel Junger fledermluie
den rfickfetognen pr«ll tu «rhnHIfn. Pn.Mflii'
HAUTJUCKEN, «. prurigo.
HAUTJUCKIG, adj. das hautjueken habend, kilzlich, übemiiilig
(s. .v;). 704): mit diser weisz .. möcht einer ein jeden Imul-
juckigen vogel für ein gauch ansehen. Garg. 122*.
HAUTKÄFER, vi. terme.<:les pellio, pelzkäfer.
HAUTKNECHT, ni. ;
dem lodt ist er entwichen,
dem haut- und beineiiknecht. Spee Irutzn. 57.
HÄUTLEIN, n. culicula; alid. hutili, bfitcli pellicula Graff
4,807; wi/irf. hiutel, hiulelin ; pellicula InüVm Dikf. 421*; hulel
cuticula, pellicula voc. ine. theut. k5'; da^ aug ist gesetzt in
siben rücke, daj siiit siben häutel, da mit ist diu crislalliscli
fäiiht verhüllt , dar an des gesihles kraft ligt. Megenbero
10, 10; der mag hat inwendig vil häutelvasen recht saiii
klainen plätlein an ainem püechlein, dar umb, da; von der-
selben häutleiu hitz da; ejjen dester pa; gekocht werd
32,9; da; man die wunden .. nihl bedecke mit masen noch
ain häutel dar ob lä; werden. 126,36; und h;U ietleich kern
(der kaslanie) ain besunder häutel, da; ist swarz. 317,15; {dii
nüssc des weiszen pfeffers) habent inwendig niht ain rot häutel
373,34; der star gieng im von den äugen, wie ein lu'Utlin
von einem ey. Tob. 11,14; subteil heütlin, als in den granat-
üpflen zwüschend den kernen, circu7n. Maaler 220* ; das
heutlein über der hirnschalc, pericranium, das heutlein über
dem gehirn , pia mater, meninges, involucrum cerebri Stikler
803; das beutlein der jungferschaft, hymcn. ebenda.
HAUTMUSKEL, «i. cutaneus musculus. Nemnich.
HAUTPLANKEN, f. plur. die atis planken bestehende atuszen-
bekleidung eines schi/fes. Jacobsson 6,58*. s. haut s/i. 710.
HAUTRAND, «i.; die hautränder einer gequetschten wunde
sind gezackt.
HAUTRAUDE, f. aspredo cutis. Stieler 1526.
HAUTRINDE, /. ftustra membranacea, eine gallung zoophylen.
Nemnich.
HAUTSATT, adv. sehr satt: könig! wenn ihr einmahl
hautsatt zu lachen lust habt, so laszt mich referieren. Fr.
MtJLLER 2,23. nach der redensart sich die baut voll lachen
(sp. 704) gebildet.
HAUTSCH, interj.: hautsch, hautsch, ist es so kalt, wey-
kürzer 47".
HAUTSCHNECKE, f. murex ctdaceus. Nemnich 3, 64n.
HAUTSCHNEE, m.:
der junge scluiee der baut kam zu dem schnee der haare,
aur dasz mit jenem der auf eine zeit sich paare:
das paaren gicng wol an, doch ward man zeitlich innen,
der nautschnce, der war glut; der haarschnee muste rinnen.
LOGAU 3, 88, 61.
HAUTSCHVVÄRZE, f.: moren- äve hautschwärze, cutis
pullula, et infusca. Stieler 1950.
HAUTSTRENGE, f. : bautsträng oder anwachsen, spannet
sich die haut über den leib wie ein drommel. Pinter pferd-
schalz (1688) 420.
HAUTÜBEL, n.: nur zuweilen leide er an hautübeln, und
dann kuriere er sich jedesmal mit nüchternem speichel.
H.Heine 1,56.
HÄUTUNG, f. das abstreifen der haut: oft sieht man au
der länge seines ganzen Stammes hin eine unzählige menge
leere bälge, welche sie (die processionsraupen) liei tier häuluiig
hängen lieszen. Hebel 2 (1853) 28; die färbe {der olter) ist,
nach den verschiedenen häutungen, oben grau, olivenbraun
oder schwärzlich, unten hellgrau, auch bläulich, .t. 33; sie
{die Seidenraupen) wuchsen schnell und waren nach der letzten
bUutung so heiszhungrig, dasz mau kaum blättcr genug
• herbeischaffen konnte, sie zu n.ihreu. Göthk 24, 192. über-
tragen: warum will denn der mann nicht ... seine neuen
häutungen zeigen, welche er, wie. die eintagtliege die ihrigen,
noch im flöge vornimmt? J.Paul friedenpredigl js. 53.
HAUTWÄHZCHKN, n. plur. püj>illac ncrreae. Nemnich 4, «56.
HAUTWULST, m. ; der rüssel ist unverhftitnismäszig breit,
und das gesichl durch dicke haulwüislc venicrL Rrkmm iUustr.
thierl. 2, 745.
HAUTWUNDE, f. wunde die nur die haut /n/fl; da si. h
denn fand, dasz es nur eine haiitwunde war, die nichts /u
sagen hatte. Guthe 35, 22.
lIAUTWrilM, m. ßaria medinenm. Nbmnich 2, Ißin.
HAUUNG, f. I) die litindlung des haiicns : seclio hainvuuge.
«niduuge Dief. 523*; howiing, secalio, sculplura vor. ine. thrul.
I •'*; vi. buMwiiighi', ^rrtin, ]<uliilio, iinijtutiilt- >•■••'•(
713
IIAinVALD — HE
2) ivi forsttcesen ist haiiung auch der ort, «o holz gefällt
werden kann. Jacobsson 2, 227' ;
wenn der ermattete Jäger, vom mittagsstrale getroffen,
durch die brennenden liaiden und weiten hauungen wandert.
Zacbariä lageszeiten (1757) 49.
HAUWALD, m. sylva eaedua: sylva, ein wald, sonderlich
ein bauwald oder forst. (entgegengesetzt wird) sylva incediia,
bauwald, darinn man gar nichts darf ahhawen. glosse zu Verg.
eclog. 1,1 in Verg. opp. ed. Egenolph (Frankf. 1597) 312'; bau-
wald, sylva, bauwald der nit verbannet ist, sylva eaedua
Maaler 215'; also auch wo gut holz vorhanden ist, daselbst
kau man auch leicbtlicb schöne häuwälde, künigiingräben,
Stauden und» hecken, item bauholzwälde anrichten und auf-
bauen. Sebiz feldb. 546; solches baumpflanzen mag allent-
halben und an allen solchen orten geschehen , da man
nit genug setzling oder junge pflanzen mag überkommen .
sonst in andern landen da grosze fürst und häuwälde sein,
bedarf es dieser mühe und arbeit noch langwirigkeil gar nit.
ebenda.
HAUZ , m. ein gaunerwort für hauer, mit dem beisinne des-
tropfes, lölpels: ich halt sie {die zigeuuer) für betler, kundt-
sciiafter oder Verräter, welche den hautzen und die hautzin
besefeln {betrügen). Agr. spr. (1560) 204*. auch in der form
huz: die hutzen beseflen und kamesieren. Fischart groszm.bO;
und hüz; fj'ti landfahrer spricht:
die {kleinigheitcn) wil ich hauszen bei den hützen
an eier, käsz und gelt versiützen. B. Waldis Esop 4, SO, 70.
s. auch kesselhauz.
HAUZAHN, 171. zahn vomil der eher haut, hauer. Jacobsson
'•., ö2'.
HAUZIN, f. bäuerin. s. den ersten beleg des artikels hauz.
HAUZINN, n. zinnplatte, worauf der gürtler mit dem hauer
die kiwpfscheiben aus messingblech aushaut. Jacobsson 2, 239'.
HAVARIE, HAVEREI, f. jaclura, dctmnum in mari, dasselbe
uuit das in der form haferei bereits sp. 126 aufgeführt ward,
zur etymologie hier nachzutragen ist die ausführung von Dozi in
seinen oosterlingen {Leiden 1867), der das wort auf das arabische
awär beschädigte waare, auwara schaden leiden zurückführt, und
es durch die Araber zunächst den Italienern, ton hier aus den
französischen und deutschen küsten zugekommen sein läszt.
HAWER, m. wird bei Neänich als ein navte des cyprinus
idits, sonst kühling, bratfisch, aufgeführt.
HA.XE, HÄXE, s. hechse.
HAZARD, m. s. hasard.
HAZE, f. name der elstcr, in Schwaben. Nemsich 2,1246.
das wort »st nach dem geschrei des vogels gebildet, vergl. hetze.
HäZEL, HÄZEL, m. der höher, corvus glandariiLt. geirvhn-
licher ist die Zusammensetzung baumhazel.
HAZLER, HÄZLER, m. häher, corvus glandarius. Nemxich
2, 1243. tvrgl. die forvt hatzler, hützier oben sp. 561, deren
Schreibung zeigt, dasz der stammvocal landschaplich kurz ge-
sfirochen wird, während die hier aufgeführte form ebenso für die
länge des stammvocals spricht.
HE, interj. den ausbruch rerscMedenartiger gefühle andeutend,
in der alten spräche noch selten erscheinend und hier vieist durch
interjectionen mit gleichem anlaute aber vollerem vocal ersetzt
{vergl. bei, ho, ahi, und ha sp.b). der vocalin he ist gewöhn-
lich gedehnt, daher auch die Schreibung heb, die in mehreren der
unten folgenden beispiele erscheint, die interjection für aus dem
französi.^chen ins deutsche eingedrungen zu halten, tcie gramm.
3.291 angedeutet ist, dazu liegt kein grund vor. he ist gegen
ha der gröbere ruf, und sieht
1) als unwillkürlicher ausdruck einer kraflanstrengung , so bei
den bergleuten: hei he! schreiet oder hauchet der bergmann
liei jedem schlag, wenn er arbeitet, min. lex. 29i'; es klinget
.irlig in die obren eines Zuschauers, wenn die häuer in ihrer
nrbeit mit denen Instrumenten ein klippern und klappern ver-
ursachen, auch fast zu jedem schlage hei schreien. Behrens
Uercynia euriosa 175.
2) als ausdrttck des hehagens, der freude:
he be! warurab soh Ich trtren?
nu rüerei midi der mci;
schlag schlag schlag üf mit freuden !
min tn'iren ist enzwei.
UnLA>iD volksl. 106 {\S. jahrh.) ;
es wolt ein Trau lu weine gan,
he ro ri ma to ri,
sie woh den man nit mit ir lan.
GöDEU " T.TT«,NN i;.;l.„h. 153, no. 154;
HE 714
he ho he,
litz und letz, guter netz,
rumpel spiel und des nit viel,
einen frischen freien mm ich haben wll.
Ambr. liederb. 236, 7;
he, he,
die weinlein, die wir gieszen,
die soll man trinken,
die brönnlein die da flieszen,
die sollen schwinken. Garg. 92*;
des triumphes, der Schadenfreude : alle deine feinde sperren ir
maul auf wider dich, pfeifen dich an, bleckeirdie zeene,
und sprechen, heb, wir haben sie vertilget, das ist der lag,
des wir haben begert, wir habens erlangt, wir habens erlebt.
klagel. Jer. 2, 16 ; he be! bad nur wol aus! Eulensp.3; he he
suchen nul 4; schreit dasz es jederman bort, be du bösz-
wicht, he du lecker, he be, hab ich dich überkommen, du
jungfrawdieb. b. d. liebe 22S'. auch abgeblaszter, eine liebkosung
begleitend: er kriegte mich beim kinne, und sagte, wie er
immer ganz spasbaft ist: hei kleine hure, willst du dir den
Informator . . Rabener sat. 3 (1757) 28.
Verstärkt wird der ausdruck des behagens durch den vorgesetzten
Jauchzer juch: juchhe, juch juch, nun hab ich mein bräut-
chen, nun dab ich die prinzessin gewonnen ! E. T. A. Horr-
MA.^N 6,387;
ich liab mein sach auf nichts gestellt.
juchhe !
drum ist« so wohl mir in der weh.
juchhe! Göthk 1, 145;
dreht sich mir alles henim — juchhe!
rund ist die weit. R. Rkwick tieder
"4;
jetzt weisz ich, warum es mir nirgend gefallt,
als einzig allein in dem grünen wald!
juchheisza juchhe, in dem grünen wald. 60;
s. weiter unter juchhe.
3) redupliciertes he malt blödes oder rohes lachen: ei warum
ruhen die auch nit, behebe! Fr. Müller 1,302; behebe!
liebster, bester herr Stark ! wie sie doch immer so gerne
spaszen ! Excel 12, 244. ältere quellen haben ha ha he als
interjection des lachens {vgl. ha) : ba ha he ! iez manest mich,
dasz ich aber musz lachen. Schade sat. u. pasqu. 2, 67.
4) he, anrufend, zum aufmerken und zur folge auffordernd:
he! frau zigeunerin, unterbrach sie Pedrillo, nicht so vor-
witzig! WiELASD 11,228; so halt doch eure mäuler dort,
kann kein gescheit wort vor euch reden. Guntel, he! Fr,
MtJLLER 1, 301; wo steckst du dann, hebe! 309; Spiegelberg!
he, Spiegel bergl die bestie börl nicht. Schiller räuber 1,2;
was besinnen! — Heinrich, he!
sattle noch den rappen!
GöCKiscK tieder d. liebenden (1779) 29;
he, mutter, seid so gut, schreit Scherasmin sie an,
und weiset uns den weg zu einem han.
WIKLA5D 22, 165 [Oberon 4, 36) ;
ihr himmlischen! he! Gotlschalk! hilf!
H. T. Kleist Käthchen 2, 8;
Sh. he, sag ich, Jessica! Lam. he, Jessica!
S/i. wer heiszt dich schrein? ich habs dir nicht geheiszen.
Shakesp. kauf mann v. Venedig 2, 5;
why, Jessica, J say ! why, Jessica ! ;
hc! holla! macht doch auf geschwind !
RoTZBBCB dram. sp. 1, 291;
mhd. als eingang einer anrede:
h§ reine vrouwe, nü lä
allen zwivel wesen.
zuo rehter zit genesen
soll du eines klndes. Diuliska 2, 37.
der ausruf wird durch zeigendes da zu he da! verstärkt {rergl.
unten das ztisammengerücUe heda):
he da ! rief ich, holt geschwind
einen boten. Göckingk 1,134;
he! he da! wollt ihr auseinander!
KoTZERUB dram. sp. 1, 27;
he! he da, gespenst! Plate?i 265.
auch als antwort auf einen ruf wird he gebraucht: indem sie
so saszen, pfiff valer Stilling. Mariechen und Heinrich ant-
worteten mit einem he! he! Stillisc jugend (1779) 134.
5) he, fragend und die crwartung einer antwort ausdrücJcend :
aber, freund, woran fehlte mir es, dasz ich bei gelegenheit
nicht eben so viel für dich würde getban haben? he! Les-
sixG 1,556; so seht ihr gewisz auch, dasz die prinzessin, die
er liebt, ein sommervogel ist, he? Wieland 11,229; diese
narbe! he, wiszt ihr r\>»\\'> >i>-Hiii er rdufrcr 4. 3; der lietrun-
715
HE— HEBAMME
HEBAMME — HEB AMMENBUCH
716
kene spielmann rief dem oberamtniann gleich entgegen:
könnt ihr mir ein Protokoll machen, he? Immeioiann .Wrntc/i/i.
4,49. zugleich uiucillen ausdrüclietid: he, rief er crbos?^!, was
Ihn ich mit der feile? E. T. A. Hoffmann 3,116;
was? fs wäre
niclil gcnkerci, an solchen geckereicn
ilie gute seile dennoch auszuspüren,
nin aniheil, dieser guten seito wesfcn
an dieser geckerei zu nelimen? lieh?
das nicht? Lessinc 2, 212;
he! was ist das? Kotzf.bük drnm. s;». 2, 301;
wenn er dich liebte, he, gäbst du ihm wohl gehör?
GöTiiK 7, 4S.
verstärkt ist die interjeclion lielin, atts hell nu znsamuicnoeßosscn :
hehn, Georg? hast dein meislor gfunncn?
ich dacht, wie du es könnst so wol.
Atrer fasln, sp. 25' (2461, IS Kdlri).
C) he, eine Zustimmung, eine ansführung einleitend, wie nun,
wol: aber, sagte Hans Joggi, und dann ds ander jähr im
Imstagc, wo wir so viel zu zahlen haben . .? he, antwortete
Anne Marei, so haben wir doch dann nicht in allen ecken
slünipleten nachzuzahlen. J. GoTTiiEir scliuldeub. T.\; hast was
mit dem freund da , so red . . he , sagte Hans Joggi , dem
das ding doch etwas in alhcm ging, meinetwegen kann ich
es wohl sagen. 171; he nun, sagte der andere, du hast ge-
dient, hast alte nieistcr, brave bauern, können die dir nicht
helfen? hast mit denen nicht geredet? he, ja, sagte Hans
Joggi, von kindsbeinen, fast von mutterleib liab ich gedient
und bei rechten bauern, aber . . . 235.
7) ein anderes he, zur angäbe der ricidung ausgerufen, ist
wol niclit reine interjeclion , sondern fuszl auf einer neben form
des adverbiums hie , hier, das sich seinerseits an einen dcmon-
slrativstamm anlehnt (s. weiteres unter hie) : weil es mir gar
nicht an räume fehlte, so spielte ich ihm (dein ßsche) durch
tritt und schritt, durch hopp und he, gar manchen possen.
MüncIJiausens wunderb, reisen 72 {aus dem zweiten secabenteuer,
wo sicli Münchhausen in detiKmagen eines fisches befindet), ein
durch zusammcnrüclatng dieses he mit der interj, hopp gebildetes
snbst. hopphe , hopphei gelU geradezu in den sinn des lärmens
über (Fro.'hm. .5,14S. 6,212). s. weiteres unter hopphe.
HE, die über ganz Kicderdeutschland , Schlesien, Obersachsen,
Düringcn , Hessen und Mein franken für das südlicher heimische
und in die schrißsiirache aufgenommene er verbreitete form des
persönlichen geschlechtigcn pronomens dritter person und männ-
lichen geschlechls. das worl, von dem eine weibliche movicrie form
iiähc die .sie bereits sp. 157 aufgeführt wurde, dient in Nieder- und
Mitteldeutschland in substantiver Verwendung zur bezeichnung des
viännchens bei lliieren: in Oldenburg 't iss en h6, es ist ein
männchen. Fromm. 3,501; im Schmalkaldischen der he das männ-
rhen der vögel. Vilmar 155; Luther gewährt lüerfür mehrfache
belege, er wendet es auch auf menschen, wie in Hessen he und
sä für mann und frau gilt (vergl. 3,691): aus dem spruch
sind wir genis, das gotl die menschen in die zwei teil ge-
leilet hat, das es man und weih, oder ein he und sie sein
soll. 2,163"; parden habe ich nicht gesehen, die landfarer
aber schreiben , es sei ein thier, das viel flecken auf dem
feil habe, und die sie sind grewiicher denn die hee. 3,234";
in derselben gemeine {die christliche kircite itt der archc Noac
verglichen) sind allerlei thier, sie und hee. 4,49"; zu dem hat
gott den menschen zur gcselschaft, nicht zur cinsamkcit,
geschaffen, welchs ausweiset, das er beiderlei gcschlecht der
vernünftigen und unvernünftigen thiercr, ein mcnicin und
frewlein , oder ein he oder sie geschaffen hat. 6, 270*. bei
ihm wccIiscU übrigens diese form , die ihm mundartlich heimisch
war, mit dem streng hochdeutschen eine sie, ein er (4, 19'. 20*),
das in solchen quellen häufig ■genug erscheint, vergl. 3,690^.
HKAII, interj.: darumb das ir nhcr meinheiligthum sprecht,
heah, CS ist entheiliget und über das land Israel, es ist ver-
wüst, lies. 25, 3 ; darumb, das Tyrus spricht ul»er Jeru.salem,
heah, die pforlen der Völker sind zcbrociicn. 2G, 2; darumb
das der feind uher euch rhümet, heah, die ewigen höhen
Kind nu unser erbe worden. 30, 2. die interjeclion ist keine
druliche , lumdern dem in diesen lUeUcn im hebräischen texte
rrsclieinenilrn ^I^^!7 nacJigelnldet,
HF.HAMMK, f. obttelrix. die ältesten begegnenden belege dieses
nur h ' ' ' ; unrte.% sind ahd. in folgenden formen iiber-
liffrri , . hefiianna ohttelrix (Insyf 4. «57 {alemau'
Ttt'rl. ".irn l't, ^. jiltrfi ), lirv.innftn o/)S/r/r- ' "■ "
das inlautende h der beiden ersten beispiele wird eine etymologische
geltung nicht beanspruchen kCmnen, sondern steht, wie auch sonst
in den alten quellen üpers (Weinbold alem. gramm. s. 199,
bair. s. 197) übcrfliissig eingeschoben, als echte form des wortes
bleibt demnach helianna, hevanuä. sie ist ak compositum ge-
faszl und zur erkldrung des letzten tlieils desselben Iheils altnord.
önn arbeil, tlieils golh. anno jahrgeld, dienslgeld bei angezogen
worden, doch ist diese heranzieliung hinfällig, da das alln. worl
auf ahd. ando rifer, viübe zurückführt, in der form also absieht,
und das golh. annö ein aus dem römischen lagcr entlehntes nur
gßlhi.'iches fremdworl kl. wenn, wie wahrscheinlich, eine zu.iam-
mcnselzung vorliegt, so wird man aus anderen bezeichnungen
dieser niUzlichen frau, wie hadcmutter, kindermutter, püppel-
mutter, weise mutier, hchcmutter, nl. hevemoeder, hevel-
moeder obsletrix (Kii.ian) darauf geleitet, in jenem -annä den
nächsten weiblichen verwandten des ahd. mannesnamens Anno zu
sehen, der seinerseits nur eine Weiterbildung des ahd. ano, mhd.
ane, mit dem fem. ahd. an;\, mhd. ane, nhd. der und die
ahne ist und ohne zweifei früher vater bedeutete, so dasz das
ahd. hev-annä im sinne ganz genau mil dem angeführten hehe-
mutler sich declde. da der letzte theil des wortes dem sinne nach
frühe dunkel wird, so treten verschiedene enlarlungen der worl-
form auf: &air. hebanginn Schm. 2, 140; hernach wurden die
Personen ab- aus- und umgewechslet , und kamen anstatt
deroscihcn die hcbwang, die macht bang, und drei wackere
starke woibcr, welche {bei einer entbindung) die mauer vor
dem einfallen hielten. Abele künstl. unordn. 2,239; hefang,
hefanginn, in den seile comm. höufing, höbing Schm. 2,155;
hebänkele obsletrix Dief. 390*. die umdeulung des letzten worl-
theils auf amme beginnt schon früh: hevammen, obstelrices
Graff 1, 251 (12. Jahrhundert), und setzt sich im mhd. und
nhd. fest:
den hefamracn er geböl,
daj si täten daj mort
mit michelen siinden
an den ebreisken chindcn.
cxodus in den ftinilijrnhcn 1, '«T, 11 ;
siu gebot dem man zehante
dai er sinen lli? wauie
heveammen ze l)rlngen.
Wernhkrs Maria, das. 2, 116, 3;
obsletrix hebam, hcbamme, höbamnic Dief. 390"; obstelnx
heffam nov. glos.<t. 26S'; nachdem aber etliche leibärzt sagen,
dasz ausz etlichen natürlichen Ursachen etwan eine, die
kein kind getragen, milch in brüsten haben mög, darumb,
so sich ein dirn in diesen fällen also entschuldiget, sol desz-
halben durch die hcbammen oder sonsten weiter erfahrung
geschehen. Carolina ur<. 35; da dann die hebamm all ir vor-
bcreitne rüstung darzu {zu der geburl) dienlich, nutzlich und
gut, bereit sol haben, als den kindslul, schürli, schwumm,
nadlen und faden. Hiff /ros//n"«:/i/e (1.551) 32"; alsbald ich auf
diese weit gehohren hin, hab ich auf der erden herum ge-
sprungen, ich habe meines vatern degen von der maur her-
unter gezogen und damit so ritterlich herum geschwermet,
dasz ich der hcbammen den köpf und der kindermagd den
leib entzwei gehauen. A. Gryphius //oni/>. s. 36; durch Unge-
schicklichkeit der hebamme kam ich für todi auf die well.
GöTiiE 24,11. — Übertragen: wann es wol gerät h , so seind
es alle hebammen, in tranguillo quilibet gubrrnator est. Hemscii
65; ward {Wieland) aber bald nach Zürich zu Bodmern ge-
zogen, den man in Süddeulschland, wie Gleimen nachher in
Norddeutschland, die hcbamme des genies nennen konnte.
Göthe 32, 23S ; sie {die kritik) verbessert den autor, indem
sie sein kind verbessert, und macht das erste buch zur heii-
ammc des andern. J. I'aui. (/rön/. pror. 2, 5 ; die hcbamme von
Hullens geistc war der zorn. Strausz Hüllen 1, 67.
HF.IIAMMENA.MT, n. niHHH.'! ü/».</rinViHm. Frisch 1,430*; alle
diejenige hobannnen, welche in allliicsiger Stadt zeilhero das
hehammenamt getrieben. Straszburger hebammen-ordnung (172^1
.V. 9 ; dem hebanuuenaint zu des allgemeinen wescns nutzen,
getreulich vorzustehen, s. 16.
HEHAMMENAHIJKIT, f labor obstctricius. Frisch 1,430*.
HEHAMMENAII/T, m. geburtshelfer : herr Oslander ist aN
einer der ersten heliammenär/le allgemein erkannt. Hkvnk'<
briefe an 1. v. Miiller 109.
IIEHAMMKNUIJCH, «. buch sur helehrung der heiiammen :
dasz er {der liebammenmeister) ausz denen an der zahl zwar
ühcrdüssigcn und weilliiuftigen, an getreuem Unterricht ai)er
' ■ "iflrn hebaunnenbiichern einen solchen nuszug
717
UEBAJiJIENDx^NST — HEBDREMEL
HEBE— UEBEG ABEL
71S
mache,*. . wekber alles dasjenige, was einer hebanimen aJs
hebammen zu erlernen und zu wissen nüthig und nützlich
ist, in sich fasse und begreife. Slraszburger hcbammen-ordnung
(172S) s.o.
HEBAMME.\DIE>ST, »i.; hebammendienste verrichten.
E. T. A. HoFFMA.Nx 11,120; in einein bilde: es wird vielleicht
eine misgeburt zur weit kommen, aber Deutschland wird
gebären, nur müssen wir ims der geschwätzigen alten weiber
entledigen, die sich herandrängen und ihren hebammendienst
anbieten. H. Heine 12, ut.
HEßAMME.NEX.\MEN , n.: {eine frau soll nicht) das heb-
ammenaml in oder auszerhalb der Stadt treiben , sie habe
dann vorher das gewohnliche hebammenexamen . . gebührend
ausgestanden. Slraszburqcr hebammen-ordnung (I72S) 5. 15.
HEBAMMENGESCHÄFT , n. .' die zu denen hebammen-
geschäften abgeordnete henen {ralsmitglieder surbeaufsiduiguny).
ebenda s. 3.
HEBAMMENKUNST, /.; die ganze hebammenkunst, und
derer lehrsätze von stück zu stück, durch gründlichen Unter-
richt erkläre, ebenda s. 5. übertragen : wer nicht die kunst
versteht, seine schüler zu dem gesagten oder nur angedeu-
teten vieles selbst hinzuerfinden zu lassen , ist kein guter
lehrer. hierauf gründet sich alle socratische hebammenkunst.
Kästner in Böltigers lit. zust. 1, 40.
HEBAMMENLOHX, tn. und n. viaeotrum. Faiscu 1, 430*.
HEßAMMENMEISTER, «i. aufseher und lehrer der vereidigten
hebammen in der stadl Stras:iburg. Straszb. h^ammen-ordnung
s. iff.
HEBAMMENORDNÜNG , f.: revidirle, vermehrt und ver-
besserte hebammenordnung (der stadl Slraszburg ton 1728);
eine andre (Verordnung), unter dem namen hebammenord-
nung, hat gefährliche misbräuche ausgerottet. Stcez 2,129.
hebamordniingbüchlein Garg. 7S'.
HEBAMMENPFETZ, m. einer der bei seiner geburt von der
hebamme gepfetzt, durch ungeschickten griff beschädigt ist: so
wiszt ihr nun, das er nichts hielt auf die heimdückische
gestolene, nachtdiebische kitzelfreud . . dann es gibt gcsto-
lene kind, liffkindecken, eilwerk, ungehewre krippel, spani-
sche hechizos, unzeitling, ehezeitig geburt, unzeili^ erstickt
obs, bebammenpfetz. Garg. 63'.
HEBAM.MENSCHILD, m. schild an der icohnung der hebamme :
den gewohnlichen hebammenschild oder tafel, mit der Stadt
Wappen versehen, öffentlich auszuhenkcn. Straszb. hebammen-
ordnung s. 13.
HEBAMMENSCHULE, f. fachschule für hebammen : der heb-
ammenmeister soll schwühren . . nicht nur allein die heb-
ammenschuhl ehestens zu eröffnen und in gehörig nutzlichen
gang zu bringen, sondern auch dieselbe darinnen . . bestän-
dig zu unterhalten, ebenda s. 4.
HEBA.MMENSTUHL , »«. stuhl den die hebammen bei ent-
bindungcn anwenden, gebärsluhl. ebenda 5.7.
HEßAMMENUNTERRICHT, m.: indem mein groszvater ..
anlasz nahm, dasz ein geburtshelfer angestellt, und der heb-
ammenunterricht eingeführt oder erneuert wurde. Göthe 24,12.
HEBAMMENWESEN, «.; das allhiesige hebammenwesen
in besser und volkomneren stand zu setzen. Straszb. hebam-
menordn. s. 3.
HEBAM.MLICH, adj.: von hebamlicher besicbtigung des
schwangern schweren leibs. Garg. 7S'.
HEBARM, HEBEARM, m. in einer uelle eingezapftes holz,
welches bei pochwerlien , slampfmülden und hammertrerken die
Stempel, Stampfer oder hümmer an ihren düumlingcn hebt. i\-
COBSSON 2, 239'. in den kupferhütten ist der hebearm eine
Stange, womit die saigerstücken aus den frischpfannen gehoben
werden, ebenda.
HEBARZT, wi. geburtshelfer: ich stelle ihnen diese kleine
geburt meiner muse vor, weil ich sie als den hebarzt davon
ansehen kann. RCoigeb neuester Zuwachs 4, 4.
HEBBEDIENTER, «i. abgaben erhebender bedienter: was ist
aber vom konsistorialsportulbolen Viktor zu erzählen? dieser
kirchliche hebbedionter setzte alle pfarrherren durch seinen
spasz . . in erstaunen. J. Paul Ilr.<q>. 2, 07.
HEBDREMEL, HEBEDREMEL, vi. hebebaum, s. dremel 3,
th. 2,1399: hebdrcinel rcclis Friscuun nomencl. bei Dief. OOS';
heebdremblcn und hcebeisen. Schm. 1, 4S9; denn wenn der
teufel einmal den hebdrcmcl unter eine seule bringet, und
rücket sie ausz dem blei, wirft sie umb und bringet sie ins '<
Weizen. MATUEsits hh:. i: Jcs. Christo 1, S3"; wann man das i
stück (geschütz) auszladen wil, so stöst man den hebdremrael
vorn in die mündung, und bückt damit das stück gegen der
erdo. Böckler kriegsschule (166S) s. 204.
HEBE, /'. in mehreren bedeutungen, dem verschiedenen sinne
des verbums heben entsprechend.
1) anhält, stütze: aber sie würzend nicht im bimmel, stehend
unter dem himmel fix ohn alle heb und anhang. Pahacels.
2, 71-.
2) instrumenl zum anhalten und fassen, griff, henkel: ansa
handhebe Dief. 36', vergl. handhebe sp. 39S; die beiden an-
dern sind bruslbilder von der ganz alten form, und haben
auf den Seiten zween hervorgehende bewegliche balken oder
heben von metall zum tragen. Winselman.n 2, 54.
3) hebe, ein theil des müJdenmechanismus : funden das der
boum in der steinmol zcu fil Vorteils hatte und gebrech an
der hebe an beiden mollen. Michelsen thür. rechtsdenkm. 134.
4) hebe, die handlang des empor- oder aufhebens, ahd. hevi
Graff 4, S24; nl. heve, hef, elevatio KaIA-^; nhd. hebe, kvatio,
elevatio Steinbach 1, 760 ;
ich trag ain pürd swerlicher heb (</. /i. die schwer zu fassen
und zu hatten ist). Wolkemsueis 87,2,21.
5) hebe, die erhebung von leistungen an zins und frohne, und
diese selbst {vgl. unten hebung), ein altgebräuchlicltes wort, das
noch in dem nassauischen hebehager, hebhager für hebehauer,
handfröhner (Keurei.n 190), sowie in hebekorn (s. unten) zu
tage tritt:
blüh, theurer ScbalTgotsch ! blüh und lebe,
kein fall ersteig dein grafTenhausz ;
das glücke zollt dir zins und hebe. Gcstheb 952.
Luther brauchte das wort für eine arl jüdischen opfers: das er
aber aus dem ebreischen zeuget die zwei wort, tnupha und
thruma, welchs webeopfer und hebeopfer, oder hebe und
webe durch mich verdeudscht sind. 3,57'; der reiche sol
nicht mehr geben und der arme nicht weniger an dem halben
sekel, den man dem herrn zur hebe gibt, für die versünung
irer seelen. 2 Mos. 30,15; sol einen {kucJien) von den allen
dem herrn zur hebe opfern. 3 Mos. 7,14; die rechte schul-
dein sollen sie dem priesler geben zur hebe von ihren dank-
opfern, v. 32; wenn aber des priesters tochter eines frembden
weib wird, die sol nicht von der heiligen hebe essen. 22, 12 ;
alles golds hebe, das sie dem herrn hüben, war sechzehen
tausent und sieben hundert und fünfzig sekel. 4 3/os. 31, 52;
du magst aber nicht essen in deinen thoren vom zehenden
deines getreids .. oder von deiner band hebe. 5 JUos. 12,17;
wer eine arme hebe vermag. Jes. 40, 20.
6) mundartlich in der Wctterau steht hebe für hefe fermentum;
in Franken ist hebe ein krummes messer oder handbeil , hippe
(ScuM. 2, 141) ; über diese formen unter hefe und hippe weiteres.
HEßEB.\LKEN, vi. balken über einer Zugbrücke zum aufziehen
derselben. Jacobsson 2, 239*.
HEBEBAUM, m. vectis: hebebaum, hebestangen vedis He-
MscH 215; hebebaum ist eine dicke . . stange von gutem
harten holze, welche in gemeinen leben zu fortbringung
groszer lasten . . gebrauchet werden kan. öcon. lex. (l73l) 965.
in der altern spräche häufig auch die form hebbaum : mit Stangen
und hebbäumen. Harnisch Ul; S hebbäumen. Böckler Än><;j5c/t.
(1668) s. 267. — Übertragen ; natürlicher weise war ihm also
ein Schwiegersohn jetzt am meisten erwünscht, da ihm etwan
die tochter gar mit tode abgehen könnte, ohne dasz er sie
noch zu einem springstab und hebebaum seines leibes ge-
braucht hätte. J. Paul Hesp. 4,24; sann nach, aus was für
absiebten ich der wohlthäter von lausenden und der hebe-
baum der ganzen erde geworden ? teuf. pap. 2, 3S ; war der
preszbengel der hebebaum von Völkern, so ist er auch das
Schwungbrett tMnes mannes. ddmmerungen 102.
HEBEBOCK, m. holzgerüst zum heben von lasten: l hebbock
complet. Böckleb kriegssch. (l66S) 271.
HEBEDAU.MEN, m. hebarm bei poch- und hammerwcrken.
Jacobsson 2, 239*.
HEBEDEHE, inlerj.:
wol von dem pfafTcn von Wisentbai,
und was er hat gethan.
pi pa pu pe,
d.-is hcbedehe.
Garg. 49'.
HEBEGABEL, f. kleiner eiserner hebel mit einem stiel, ge-
braucht bei dem zeugjagen, um die tücher oder garne damit auf
die forkcl- und slellstangcn lu lieben. Jacobsson 2, 239'.
719
HEBEGEBÜIIR— HEBEL
HEBEL — HEBEMUTTER
720
HEBEGEBÜHU, f. yehuhr für das crltcbcn von abgaben und
lasten.
HEBEGERÜST, «. geiüst zum heben von lasten, hebebock.
Jacobsson 2, 239'.
HEBEGESCHlUIl, n. ; man nennt solches (hebezciti] aus
einetn schraubensalz bestehend) auch ein hebegeschine, es dienet
zu eihebung eines ganzes gebäudes, einer gluciic aus ihicni
!>luhl. Jacobsson 4,42'.
HEBEISEN, »1. 1) vihd. hebisen, eiserner b&gel, in den man
die frauen treten licsz, wenn sie vom pferdc stiegen :
die vrowen hiej man dö ab heben,
icli l)at mir da; hebisen geben :
ich huob die vrowen ab vil gar. fraucnd. 37, (i;
daj hebisen ich dar truoc.
si sprach 'ir sit niht starc genuoc :
ir müct mich abegeheben niht:
ir sit Krane dar ziio enwihl.'
des Schimpfes wart gelachet da.
dö trals üt da; hebisen sä.
dö si her von dem satel sleif,
bi minein bar si mich begreil'. 37, 13/f.
2) eiserner stift zum festhalten der aufgeschlagenen blätler eines
buches: tenaculum liebysen, bebholzlin {scriploris) Diek. 577*.
3) cisenstange zum heben von lasten : lieber, hebeisen, allerlei
zeug oder instrunient , dannit man etwas hebt , relinaculum,
vectis Maaler 215'; hebeisen veüis Stieler 373; hebeisen,
brecbeisen veclis ferreus Friscu 1, 430* ; kommen Rumor und
Sutor, zwen dieb , tragen ein latern , etliche bebeisen und
bickel. AvRER fastn.sp. 3° (2351, 10 Keller), indem das malerial
aus dem das inslrumenl geferügl ist zuriicklriU und nur noch auf
seine benulzung gesehen wird, braucht man Jiebeisen allgetnein
uie bebebauin oder bebel und uendet, wenn das malerial aus-
drücklich liervorgehoben werden soll, die Verbindung eisernes
bebeisen an: 9 eiserne bebeisen. Bückler kricgssch. (lOGS)
seile 275.
4) hebeisen, elcvalorium, bei den Wundärzten ein kleiner und
feiner stählerner hebet, womit die zerquetschten stellen eines
hirnschädels wiedei- in gehörige läge gebracht werden, Jacobsson
2, 239'.
HEBEKÄSCHER, m. fischergarn, das bei trübem wasser auf
den grund gelegt und nach einer weile wieder gehoben wird.
Jacobsson 4,141*.
HEBEKOPF, m. hebarm an einem pocliwerke. min. lex. 29l'.
bei Frisch 1. 430' bebkopf.
HEBEKOBB, m. flacher korb der zu beiden seilen heben hat,
woran er getragen wird: hiermit setzte die frau einen unter
dem manlel habenden bebekorb auf den boden. Felsenb. 3,431.
HEBEKORN, n. körn ah zins oder abgäbe: den bauern die
äcker um bebekorn austhun. Frisch 1, 43ü' aus einer mär-
kischen quelle von 1050 und 1672.
HEBEKRAHN, «i. grosze hebemascliine. Jacobsson 2,239'.
HEBEL, m. l) veclis, inslrumenl zum heben, seit dem 16. jh.
bezeugt: hebel, veclis Alber. x4'. k2', Dasvp.*" Fischart im
Garg. will mit dem compositum bauernhebel den hebel in seiner
etnfaciislen geslalt als hebebaum, wie ihn die bauern brauchen,
schildern, der aucli als waffe dienl: wie mit zweien rapiren
zu schirmen, wie die knebcispiesz underzulaufen, die baurcn-
liebel abzuweisen. 177'; ferner lange stämmige bauein einem
solclien hebel vergleichen : er dorfl nicht wie jener baurenhebel
ein gänskrag drein stecken. 115"; nebenform ist Maalers heber
. . reell« 215'; drei oder vier starke bebel, von gutem zehem
bolz uhngefcbr 7 schue lang, so zu dem richten der stücke
fein glatt und bequem gemacht. Bückler kriegsschule (iGUs)
181; als waffe:
titcbl minder krättig schlug
der alte zu mit seinem schweren hcbei.
Wieland '12, 5!l {Dbvrun 2, 6, iior/»cr
knitiel genannt 1, 72);
bildlich : zur crreicbung seines vorhaben» setzte er alle hebel
ein; und ist das herz nicht der grosze bebel unsers lebens?
KLiNCCfi 12,118; bei den westphülischen friedensunlerhand-
lungcn sahen die versammelten tüchtigen inllnner wohl ein,
was für »in hebel erfordert wurde, um eine sisyphische last
vom platze zu bewegen. Gütue 26,128; da blos der basz
gegen einen stand , den der geliebte pllegesuhn ergiilTen,
der einzige hebel ist, welcher eine neue und auserlesene
tragik der bandlung in bewegang setzen könnte. E. T. A.
livrriiA!i!<i 12, 104;
dm «laaibau» RründlicbiteD bebel,
deu degeo oder dco itbel. RGckiiiit 149.
2) anders hat sich die grundbedeulung des worles in der altern
Sprache sjiecialisierl : ahd. bevilo fermenlum, bevil zima Ghafk
4,829; später fermenlum bebel Dief. 230'; azymus brot an
hebel 64'; bebel, bet'cl, zyme . fermenlum Dasvp. ; deiszem,
bebel, böfeie, uhrhacb (lies »nhab), saurleig, fermenlum He-
nisch 67t; fermentnm liocbdcntscb Sauerteig, deiszam büfel,
urhab, bebel und hölel. Tabernaem. kräulerb. 652;
dasz der hebel Vfie vor und e
Wirt sauren ie leiiger und mc,
also das brot gcbachen werd
z& nutz uns armen hie aiiT erd.
ScuAUE sat. u. j/UM^K. 1, 'Ai, 177.
das innere b wird durch v («ic schon im ahd.) oder f ersetzt:
fermenluni^he\e\ , befel, heffel Dief. 230'; zyma boefel, sur
liefel, sur heO'el 635'; nl, hevel, befdcegh /crwicM/wm Kilian;
befel, fermenlum Stieler fe06; /;air. hefel , befling sauerleig
ScuM. 2, 155 ; oder was teig man mit hefel oder pyer oder
bopfwasser macht, dy muszman alle laszen aufgeen. kuclten-
meislerd ciij; wenig befels vervvust ain ganzen laig. Reucblin
versl. ''; das ist der befel der gleichsznerei, vor dem sieb
alle inenscben bieten sollen, als der beir Cristus Jesus seinen
jungern selbs geholten halt, da er sprach: hielten eüwcb
vor dem hefel der abgeschaidnen. Keisersberg predigen (1508)
79*; bulen iich und sehend ücb fiir von dem hefel der
phariseier und saduceicr. Schade sat, u. pasqu. 3, 8, 37 ; dan
do verstanden die junger, dasz er nil den hefel des liblicben
brots, suiider vermeint, si sich zu hüten von der leer und
predig der phariseier und saduceier. 3, 9, 7 ; hüt dich vor
dem hölel der pharisecr. S. Frank citron. 1531 431*; jetz ist
disz land mit dem macbometischen hefel eingeseürt. weltb.h'i';
ein hefel den man nit unter das osterbrol musze lassen
koinmeu. kricgsb. d, fr. 155; das pcstilenzgeschwäi' zu offenen,
nemmct süudullen und saurleig oder büfel vom rocken. Sebiz
feldb. 65.
HEBELADE, f. winde womit namentlich starke bäume auf
einen wagen gehoben werden. Jacobsson 2, 239*.
HEBELARM, m. arm eines hebeis. in freier anwendung : der
balglreter stieg, gleich einem baromeler vor dauerhaftem
weiter, langsam hinauf und brachte sich uud den zurück-
gelangten zeltel , trotz alles obern vvinkens, mit seinen
hebelanuen keine ininute früher auf den tburm. J. I'all
Ilesp, 1,55.
HEBELATTE, f. hebarm bei poch- und hültenweiken, Jacobsson
2 239*.
' HEBELBAUM, m. hebebaum:
Runcus ist gewaltig stark, gebe haurcn groszcu nutz
künten ihn zum hebelbauin brauchen Inr das gröste klotz.
LoGAU 3, 153, 95.
HEBELEITER, /". winde, hebelade der fuhrleute. Jacobsson
2, 240".
HEBELMASCHINE, f, maschine womit das wasser aus den
gruben und gangen eines bergwerlcs gehobm wird. Jacobsson das,
HEBELN, verb. nach den beiden bedeulungen von hebel.
1) mit einem hebet empor heben, auch in übertragenem sinne:
der eine behelt den üudern in die höhe. Gutzkow Blasedow
u. s. söhne 1, 38.
2) mii sauerleig versehen, säiu-rn; nebenfonn befein: heblen,
seüren , fermcnlare, gchebiet oder geseiirl fcrmcnlatus, nnge-
hebiet, ungeseüret, azymus Dasyp. ; fermentare hefeln Ditr.
230'; azymus nit gebefeil 64'; befeien fermentare Stieler 806;
nl. hevelen fermentare, fermento iniscere, fcrmenta incremenlum
dare Kilian; seuret den teig mit hefel von anderem lockcnem
inehl, liesz es also heflen und über nacht stehii. L. TuuRN-
tissER bcsclir. influenl, Wirkungen 78.
HEBELZEUG, u. Werkzeug womit man wurzeln aus der erde
rehzl. Jacobsson 2, 240*.
HEBEMAHL, ti. gaslmahl das den zimmerleuten beim heben
oder riclUen eines gebäudes gegeben wird, Adellnc.
HEBEMASCHINE, f maschine zum heben von la.<:len. bildlicli:
sie (</ie inuller) sainmlete alle ihre inülterlicben anziehung-
kiafle und bebemaschiunen auf L'inen puiikl zum stürze der
stillen, grünen inyrihe. J. I'all Titan 3,74.
HEBEMISKEL, m. elevatur musculus , t. b. an den augen-
luli'in. den Uiqieu. auch musculus cremaster. Nkmnicb.
HEBEMUTTER, f hebamme: ol^letrtx bebmnlcr, nd. bevc-
moder DiEr. 3'Jo*. veryl. oben behainme sp. 710. auch eine
unlcrletbskrankhrtt heuzl so: coltca hevemoder, hevcn-, lief-,
heb-, bebe-, halTtnuler Dief. 13l'; ein kuldc hebemnier ebenda,
vagl. bUrmultcr und LUrvaler theil 1, sp. 1I3U u. lUti.
721
HEBEN
HEBEN
722
HEBEN, verb., capere, tollere.
I. Formelles.
golh. hafjan, fraet. ]i()l\ allsädis. hebbian, buf; mnd. nnd.
beven, bof; altniederfr. bevan, buof; niederl. beffen, bief;
fries. beva, büf; angels. bebban, böf; engl, bcave, bove md
beaved; allnord. beQa, bof; scltued. bäfva, dän. bäve mü nur
sclucacltem prael. (bäfvade, bävede); ahd. befifan und bevan,
praet. buob, inlid. beben und beven, piaei. buop. die formen
schuanken manigfacli.
1) das verbum von der tvurzel deulsch bab, lat. cap ausgehendj
wie bereits sp. 46 eröiiert ist, bildet seine praesentialen formen
millels eines m den deiUsclien sprachen wenig gebräucblicben determi-
nierenden dementes ja, so dasz im golliischen der infinitiv baf-ja-n,
tft jüngeren dialecten unter assimilätion und umlautung des wurzel-
vocals bebbian, bebban, beffan entsteht, der unter Vereinfachung
der so entstandenen doppelconsonanz zu beven, beben verläuft
{die ältere form zeigt sich dem gegenüber im altern nhd. nur noch
selten: was ist der andere giose bücke, doniittbe der bese
geist diese raenscben bebbeudeist? Merswin lü7; oder alluin
etwas zu beffen und an das radt zu greifen. S. Frank spr.
2, 103). daneben finden sich vereinzelt spuren, dasz die praesen-
tialen formen in der gewöhnlichen weise eines starken verbums
gebildet sind, ahd. also inf baf-a-n: eletare arbafen im voc.
sti.Galli bei Hattemer 1,14'; praes.iupor arbafit anhelal Graff
4, S20; mild, man sal in haben von der stat dö ber umbil-
llcben iiget. d. mysl. 1, 154, 16 (nachher 21 : man sal in beben
von der stat);
sun, habe da; du getragen mabt;
das dir ze swa;re si, lä ligen. JUS. Hagen 1, 367*
(Winsbecke 33,1, Haupl liest mit einer handschriß bebe); nbd.
erliaben, efferre, bocblicb loben. Maaler lll'; erhabende, der
erbebt, efferens das. seit der mhd. periode ist so formelle gleich-
lieit mit einzelnen bildungen des schwachen verbums haben erzielt,
welches bei der wurzelgemeinsdiaß auch begrifflich tlieilweise an-
rührt {vergl. unten beben II, 1 m. 2 mit haben sp. 50), wie haben
auch sonst formen von heben angenommen hat (sp. 49. 50), und
wiederum der inf heben für haben steht:
almüsen sei man denen geben,
die gar nichts übernächtigs heben.
Schade sal. u. pasqu. 1,35,302.
2) das praet. goth. hof, ahd. mhd. buob buop, wallet als hub
m den älteren nhd. quellen uneingeschränkt, wie die unten folgenden
beispiele reichlich ergeben, die praeterilalform hob , die wol nur
nach falscher analogie von quelle qoll , oder schere schor ge-
bildet ist, und als deren frühester anfang unten das praeteiilal-
particip gehoben neben dem eigentlich allein bereclitiglen gehaben
schon aus dem 16. Jahrhundert nachgewiesen wird, ist von gramma-
tikern und lexicographen des l'.jalirh., namentlich Schottel und
Stieler, noch gar nicht aufgeführt, erst Steinbach verzeichnet
sie, aber aucii ausschlieszlich, so dasz hub bei ihm nicht erscheint.
hob war in Schlesien langst volksmaszig gebräuchlich gewesen
(obschon die dichter der ersten schlesisclien schule, und sjtäler noch
Günther es vermeiden): also dasz sich sein Schreiber der
nutzung des gutes anmaszle, mit den gärtnern aufhob. Scuwei-
NicHEN 2,146; die .. Semnonen hoben auf diese zeitung als-
bald die belägerung der Stadt Clusium auf. Lohenstein Arm.
1, 74S' ; drang aber bei den Schriftstellern anderer Heimat noch
niclit durth, bis endlich nach der mitte des 18. jaftrh. die autorität
der grammatiker (Gottsched kern der sprachkunsl 1753 s. 156)
die form hob die vorwiegend gebräuchliche werden liesz, so dasz
Adelung hub nur noch für dialeclisch, für 'oberdeutsch' erklärte,
dennoch dauert hub bis in die neueste zeit neben hob:
die wölke hub sich. Stolbesc 3, 325;
und als die sichel zu Telde ging,
hubs an sich zu regen und strecken. Borger 61';
so will ich für Hektorn zeugen,
hub der söhn des Tvdeus an.
Schiller siegesfest r. 111-,
mein schwesterlcin klein
huh auf die bein. Götue 12, 237;
Nereideusiimnieu erhüben das lied. Platb» 135';
er hub zu rosz das schöne weih.
Uhla:<d gcit. 208 (und öfter, neben erhob $. 113).
eben so lange wie hub hält sich der oplaliv hübe (jetzt höbe nach
dem dominierenden hob), für den einigemal die an das nieder-
ländische practeritum hief anklingende form hiebe begegnet : ob er
nicht wisse, dasz die dünste, welche .«ich zur sonne crhiebcn,
von ihren stialen zerstreuet würdet)? Lessing 7,2&a;
IV. II.
wenn wir erhieben den grabstein.
•AiR£R fastn.sp. 4* (2352, 31 Keller),
eine form die die eben gemachte vergleichung mit dem niederl.
nach analogie reduplicierender verben gebildeten bief um so mehr
zuläszl, als die Zimm. chron. auch die indicativform hieb neben
hub «Md hueb gewährt: es gebieb sich sein, des knaben,
muelter ganz übel. 1, 434, S ; der gebieb sich innigclichen
übel. 4, 29S, 8. — lieben der starken form hat sich (schon mhd.,
wb. 1,643*) die schwache hebte ausgebildet: letzlich bebte ein
schulnieisler . . . also au. Schlppils 699; wir hebten aber
unsere herzen und stimmen zu gott in den bimrael. 714;
letztlich aber die obren hinzu hebet, hörte ich diese wort.
772; wofür aucli mit rückumlaut babte: deszwegen erbabl er
sich viel leichllicber auf, dann Galpan. Amadis 77.
3) die eigentliche starke form des part. praet. ist gehaben, eine
form die im 16. jahrh. noch die durchaus gewöhnliclie ist, im
17. jahrh. unterzugehen beginnt, alber noch in reuen bis in die
zweite lnüfte des IS. sich hält:
in ihrem anschäun glücklich zu sein,
ist einem einzgen aufgehaben (: haben).
WiELAMD 21, 68.
jetzt dauert sie noch in dem adjecliv gewordenen parlicip erhaben
fort, vergl. die ausführungcn bd. 3, 832. die form gehoben, an
der der Übergang des verbums in eine andere ablautreihe sieh vor-
zubereiten beginnt, erscheint bereits bei Lcther, allerdings als
ungewöhnliche neben gehaben, und nur in einer reimenden formet:
wie auch heraog George für andern allen gehoben und ge-
schoben hat. 6, 15* (die volle stelle unten II, 9). belege für das
aufkommen von gehoben im 17. jahrh. s. unter erheben bd.
3, 841. neben der starken form ist die schwache gehebt alt und
häufig (mhd. s. Ben.-MIjller a. a. o.) : weren sie menschen
und in ihrer ersten Unschuld blieben oder durch Christum
wider in ihre erste Unschuld und menschbeit gehabt, kriegsb.
d. fr. 36 ; durch Christum also wider in die erst , ya ein
bessere natur und Unschuld gebäht, das.; solt nicht in das
land komen , darüber ich meine band gebebt habe. 4 Mos.
14,30; darnach der benger . . (einen körper) widerumb an der
Stange auf den rost gehebt. Luther 3,419'; mit aufgeheblen
arm. Amadis 90;
ist alles leidens überhebt.
Wickrah irr reit, bitger 4*.
noch jetzt ist sie in Oberdeutscldand volksmaszig in mancherlei
schattiei'ungen : bair. gebebt und gehabt neben gehoben , ge-
haben und geheben Schm. 2, 13S; kärnln. höbat, gihop und
gibouben Lexer 136; in Scitwaben und in der Sdiweiz gehebt.
II. Bedeutung.
Als erste bedeutung von heben musi nach dem als urverwandt
hingestellten lat. capere, capulum, griech. xcoTirj die des fesl-
fassens, haltens gelten, woraus sich die des aufrectU oder empor-
haltens modificiert.
1) beben = hallen, festhalten, hat sich jetzt nur bei den süd-
lichen Hochdeutschen, Alemannen und Baiern erhalten, wo es volks-
maszig ist und sich mit haben (sp. 50) mischt, während es in
fränkischen landstrichen selten (Kehrein 190), in den andern
mittel- und den niederdeutschen gegenden nicht begegnet, die belege
aus älterer zeit stehen übeihaupt an zahl gegen die der zwdten
hauplbedeutung zurück.
mhd. da mit (mit einem ringe) was ze der selben zit
der Saphir üf den sarc gehaben. Wigatois 212, 30;
nhd. zunächst öfter mit einfachem objectsaccusativ : der ein hocke
(haken) domitle der bese geist diese menschen hebbct.
Merswin 107; Theagenes kniet ihm (seinem gegner beim ringen)
mit den knien zwischen die Schenkel auf die gemecht, hub
ihn also stark, dasz er sich nicht regen kundt. b. d. liebe 227* ;
was inen in die scheren gebebt wirt, fassen und heben sie
stark. Forer fischb. 121"; Galoar gab sein rosz den Jungfrauen
zu beben. Amadis 273; der meister befalb den knechten, sy
sollen in heben (einen jungen mann, zum zahnausziehen).
Wickram rollw. 118,12 Kurz; der veifolgete einen dieb mit
lautem nachschreien, hebt den dieb! Pbilandeb 1 (1642) s.68;
nemmen den kevben grangklich an,
beben in stark, lood in nil gon. Daniel 1545, Hiij';
diewcil es aber dozumal noch ain ncwe badstuben und die
bilz nit wol hueb, hett das frölin so übel im badt gefroren,
das man ime ain beiz hat muescn ins badt tragen. Zimm.
clnon. 2,452,18; lieber hall oder beb mich das ich nit fall,
retine me obsecro. Maaler 215*; wie noch jetzt im volksmunde
hubet-a haltet ihn (und nehmet ihn fest), in Ai)penzell. Tobler 248*.
46
723
HEBEN
HEBEN
724
allitlerierend ist heben und liabeti verbunden (iw;//. Iialten und
haben sp. 50) : hol ein man seinem weibe gebin sein gut
gancz odir gar, cju hebin und cju habin nach seinem lode.
Magdeb. blume 2, 2, 118.
Dem object treten ortsbestmmnngen hinzu, entweder im daliv
oder accusativ: fromme lent heben siel» nur am liimmel,
drumb haben sie kein glück aufm boden. Lehmann 1,242;
ßlüende brand sie hranclien,
liebens ihm an den leib. Körner hiat. t'o/fcs/. 331 ;
auch: {da ieh) letztlich aber die obren hinzu heltet , hörte
ich diese wort. Schuppics 772. diese richtunysbhlimmung tritt
auch in dem intransitiven Schweiz, of ncbes liei)a , nach etwas
zielen (Tobler 24S') hervor.
2) transitives heben wendet sich zur bcdeutung aushallen, er-
tragen : musz doch schauen , ob das kürbchcn auch einen
krach hebt, daclite er sich, nahm einen tüchtigen stein und
legte ihn in das kürbchen. Zingerle kinder- n. hausm. aus
Südd. 89. in bezug auf eine ertragungs fähige viitlelmäszigkeit an
personen : er laszt sich wo! heben, viediocriter doctus est, haud
excellit. prompt, von 1618, bei Schm. 2, 139.
3) lieben, intransitiv, in mehreren Schattierungen der bedeuinng.
a) haften, von gegenständen: in summa, es war allda ein
solch einreiiten von wein zur ächszt und scliiflf, als vil all
berge trauben geben, wie vil kornär an stengelein heben.
Garg. 59"; weil ein ganz land an im gehebt hat. lio'; du
plünderst deinem manne haus und bof ab, bis ihm kein
hemd mehr am leibe hebt. Scdiller rduber 2, 3.
b) aushalten, ausdauern, in bezug auf personen und gegen-
stände: bair. guele arbeil hebt lang, nahrhafte kost hebt lang
her. Schm. 2, 13S; Schweiz, s weiter habet. Tobler 248"; von
personen er mos hUba {herhalten, für jemand zahlen). 248'.
hierher die reimende formet leben und heben, deren letztes glied
das längere verweilen in einem orte oder zustande betonen will:
und forthin mit euch friedlicher leben und heben wolle.
Abele ktinstl. unordn. 1, 82 ;
er lebt noch ! lebt noch und liebt noch,
doch frag mich keiner: wie?
Scheffel gaiideamus s. 8S.
c) anhalten, still halten, zögern: er {Jesus) reit für sich zu
der stat in zu sinem tod, er hub nit still. Keisersberg
bilg. 174*;
do nam ers in der mitte,
er let ir ich waisz nit wie,
der man wo! auf der dillen scbrai :
ei beba, ich bin nocli hie,
ich bin noch nit im hew. Uhland volkxl. 729;
der drite .«sprach: heb, schüz, nun beit!
wfinscli, das wir nit verderben.
GöDEKE H. Tittmann liederb. 372, 119;
und breit dich ausz, und brang dahin,
und nimb die halben gassen in,
und siosz ein andern an ein seilen,
sprich iandsmaiin, bebali, gib mir weilen.
(jrubiaiiHs (l'raukf. 15(j8) D4' (b. 1, cap. 5).
in der Verbindung anheben {was l, 370 nicht erwähnt ward): heb
an, Unflat, ich han dichs gheiszen versuchen, nit gar frässen.
Üiog. Cij';
anheb ! wenn ich im noch techt {(lachte) . . .
fasln, sp. 836, 21.
d) auch der begriff des hindernüses tritt hervor: wo hebts
denn {woran liegt es?) da hebts. Schm. 2,139; es hebt hert,
sie bleiben bei einander. Pauli 38.
4) reicher gegen die vorigen bcdeutungen ist lieben, in die höhe
fassen, emporheben {der gegensalz von senken) entwickelt, zunächst
mit dem aec. des objects, dem vielfach riciUungsbeslimniungen hin-
zutreten: was du nicht heben kansl das las ligen {sprichworl).
Luther 0,140*; er hob drohend den stock; der wind hebt
den staub, venlus pulverem in sublime fert. Fri.«ch l,43o'; es
{das Wasser) trug ihn, und der geschickte Schwimmer be-
herrschte es. bald hatte er die vor ihm fortgerissene schöne
erreicht; er fa.izte sie, wuszic sie zu heben und zu trafen.
17,331; jede« blatt das vom winde gehoben wird. Detti.'ve
taget. 31 ;
ohne stock und utein zu heben. Dörorr 32';
wie »in ihn erblicld.
hflit nie die erKcliricIit,
mit crtiatinen rino wcitzc band. GAtiii l,2t3i
kein »inrlilicher, naffl «le.
rückt dieien icbleicr, bt« ich Kcllmt Ihn höbe.
.ScHlLl.Kii bitä tu iiiii
icn nnh« mich mit »hiizem bnnK<>n,
*le äUnr bfht d«n urhlcier Icichl. UHt.«Nn ijrä. V
der dritte hub ihn (den sclilcier) wieder sogleich
lyid küsste sie auf den mund so bleicli. 238;
klein Roland bebt die äugen hell. 338;
nur des waldes höchste eiche
hebt nicht mehr die stolzen wipfel. 257;
heben in die höhe, levare Dasyp.; das sie die hörner der
beiden abstoszen , welche das hörn haben über das land
Juda gehaben. Such. 1,2t; in das land, darüber ich habe
meine band gehaben, das ichs gebe Abiahain, Isaac und
Jacob. 2 Mos. 0,8; ich wil meine band in den himel heben.
5 3/o.«. 32, 40; hebet cwer äugen in die höhe und sehet. Jvs.
40, 26 {vergl. auch emporheben) ; liub derowegen mein gesiebt
gen bimmel. Fhilander 1 (1042) 538; seine reiter iuiben ihn
aufs pferd. Göthe 8,94; bildlich: es {ein schausinel\ übrigens
aufs deutsche theater zu heben, sehe ich noch keine hand-
habe, an Schiller 820; sie konnte nichts aus der froh be-
schwerten brüst auf die lippen heben , als die dcmüthigen
Worte ... J. Paul Hesp. 1,110;
forschend übersieht dein blick
eine groszgemcssne weite,
hebe micli an deine seile! Götue 1, 52;
aber nach Bacchus, dem weichen, dem träumenden , hebet
Cythere
blicke der süszen bcgier, selbst in dem niarmor noch feucht.
274.
der schreiben wollende hebt die fcder:
und da die volksgesebichte
den griffet wartend hebt. Uhland ged. 96;
der trinker hebt das glas:
ein neigicin noch drin ist,
du ein fauler zecher bist,
heb hinten übersieh das glas! Uhland votkst. 592,
rcrgl. auch aufheben, das object wird hier vielfach kurzer Hand
unlfidrückt ;
alrest huob er unde tranc
vil manig ungclüegen slunt.
weinscimelg in Wackernacels leseb, 734,11;
es läszl sich keiner scherzen,
wenns der gesundheit gilt, er hebt von ganzem herzen
und leert die schale wol. Fleming 90,82 Lappenberg;
der stolze hebt das liaupt, den köpf; also wurden die Midia-
niler gedemütiget für den kindern Israel, und hüben ircii
köpf nicht mehr empor, rieht. 8,28; er wird trinken vom
baclie auf dem wcge , darum!) wird er das hcubt empor
heben, ps. 110,7; der betende und schwörende hebt die band;
hub sie die bände gen himinci , dankte herzinniglich gott.
unw. doct. 540 ;
sie wärun irö licnti zi goto helTcnli. Otfrid 1,4, I«;
ein färber kömmt, der schwören soll.
der l'nrber liebt die blaue band. Lessing 1, 16;
warum besuchen wir die heiigen h.nuser
und lieben zu dem himmel Iroinnie bände?
Schiller 511 (hraul v. Messimi) ;
er sprachs, und jener bösewichl, gewandt
in jeder list, l'elasgcr im betrügen,
hebt himmelan die losgobundne band.
zcrstörumj von Troja 26;
da hebt er hoch die bände, der rilterlicbe greis:
der flnk hat wieder samcn, dem Herrn sei dank und preis!
Uhland ged. 370;
da hohen sie zu ihrem hciligtbum,
dem specr des Mavors, flehend blick und band. 379;
der hämpfer hebt den arm , das schwort , der sieger hebt die
fahne :
ein etwas isis, wofür den arin ihr hebet. RGckrrt 131 ;
wir waren berzensfreuiide, wnITenbrüder,
für eine saclie hoben wir den nrm.
Schiller junijfrnu 3, t ;
68 hebt ilie frolheit siegend ihre fahnc. Tett 4, 2;
der tanzende hebt den fusz:
wln »irh leise der knhn sriiaukelt auf silberner niil,
liiipit der gühtlirige lusz nut dcK tocls niclodischer wo(fC;
sauDPliides saitengetoii hobt den utberistlien leili.
Schiller tarn;
mit ausgelassenem olijecl das pferd hebt schöne, equus gresius
glomeral .««/»er/io.t Stikler 805; technisch ein haus wird ge-
holien , gerichtet {vergl. hebemahl, hehcschinaus) ; der reilcr
wird in den satlel gehoben; mit der andern {hand) hub er
ihn in sattel. Philander I (1042) 332; davon übertragen auf
einen, dem man die mittel zum fortkommen reicht: zweitens Jiiib
er keine vetlern in den sattel. J. Paul Hesp. 1,35; ein kOnig.
anfuhrer wird auf den schild gehi'beii ;
725
HEBEX
HEBEN
726
wer hub dich auf den thron?
A. Grtphik i69S 1,21,
atliem , seufzer heben die brüst; athem der die brusl hebl.
Bettise lageb. 50;
seufzer werden ihren busen heben,
thränen über ihre wangea beben.
J. M. Miller ged. S5;
hebt den busen
nicht ein mitleidiger seufzer für mich?
Ramlir 1, 14;
ein kuss auf deines mädchens wange,
oder auf. ihren gehobnen busen. Uöltt 106 Halm;
noch mit liedern ihren busen
hüben nicht die weichen musen,
nie mit saitenbarmonie.
Schiller triumph der liebe v. 19-,
die brüst von leisem drang gehoben.
ÜHLASD ged. 14.
on stelle der rein transiliven erscheinl häutig reflexive fugung:
als hübe sich ein adler in die lüfte. Lessisg 1, 96;
doch als ihr (einer schlänge) frost uud noth entwich,
erbohlte, regt und hub sie sich,
und lohnte dem mit bisz und stich,
den ihre retiung so bemühte. Hageborn 2, 29;
und von ihrem goit ergriffen
hub sich jetzt die seherin. Schiller ^leffes/fs/ v. 146;
da hebt sich aus dem gründe
■ ein riiter jung und fein. Uhlasd ged. 177;
und der jOogling sank vom rosse,
konnte kaum sich wieder heben. 219,
jener hub sich in den bügeln,
wuthvoU seine lanze schwingend. 277;
ton gegensländen , denen dadurch der schein von selbsllhäliykeit
verliehen irird: die bäume heben sich in die luft; die winde
hoben sich und brausten dahin. Bettine lageb. 117;
eine schale des harms, eine der freuden wog
gott dem menschengeschlecht; aber der lastende
kummer senket die schale,
immer hebet die andre sich. Höltt 96 Ualin;
da, wo rings um die wand sich polster schwellend heben.
WiELASD 22, 219 (Oberon 5, 53);
seufzend hub sich ihr busen. Stolberc 1, 139;
ich sehe dich, wenn auf dem fernen wege
der staub sich hebt. Götue 1, 65;
da hebt sich aus der tiefe
'ne haind wie elfenbein. Uhla!«d ged. 177;
und dieses haupt, das trauernd niederhieng,
es hebt sich in der blumen Irischem schmucke. 1S5;
schon hüben sich die bleichen augenlieder,
ihr äuge schmachtete zu mir empor. 143;
blumen heben sich und bäume
sind erfrischet vom gewitter. 256;
der Vorhang hebt sich über einer weit,
die längst hinab ist in der Zeiten ström. 101 ;
zum dritten mal hebt sich die sonne. 239;
bezüglich des emporragens eines gegenständes über einen andern :
aber eh
Per^'onte noch das letzte wort vollendet,
hebt ein palast vor ihm sich lultig in die höh.
WiELASD IS, 163;
schau hin, dort hebt «ich Rheims mit seinen thürmen.
Schiller jung fr. 3, 9;
hier ist das felsenrilT, drauf Teil aus der barke gesprungen;
sieh! ein ewiges mal hebet dem kühnen sich hier.
UuLAHD ged. 111;
auf schroffem steine,
dem man die bürg gebrochen, hebt sich neu
ein wolkenscblosz, ein zauberhaft gebäu. 119;
dort in der fruchlbaren ebene heben sich die grünea Saat-
felder;
wo hoch und golden sich die ernte hebt,
mit rotben, blauen blumen hell durchwebt.
Uhlasd ged. 115.
bei parlicipialconstruclion urird das reflexivum unierdrückt : so
hatten mich ihre behenden sichern füsze nie entzückt, und
nie so ihre braunen hebenden lockfen über den schönen
weiszen hals, sammt aller ihrer kleidung. Heinse Ardinghello 1
(ISSS) s. 149; ein hebender busen. Klikger 3,88; die hebende
brüst drückte das gewand von ihrem busen. 4, 99 ; die lieb-
lichen äugen, den hebenden busen. Tieck Sternb. 2, 147 ; der
Icbensbeschreiber liegt hier . . . auf dem hebenden grase.
J. Paul uns. löge 3, 98.
5) in anlehnung an die bedeutung A wird beben vielfach un-
sinnliclter verwendet, so
a) vom schalle, Hede, gesange:
o lerche, dein sang,
er bebt sich, er schwingt sich in woune. Ublamd ged. 33.
b) in bezug auf seelenslimmungen. das fortleben des mhd. so
häufigen unhü heben für gering, unurichtig achten:
da; ein richer bebt unbö,
da; machet einen armen frö. Freidahk 43, 2;
mich huop die wunde vil unhö. frauend. 74, 2t;
Idsxt sich für die spdlere spräche durch beispiele nicht nachweisen,
erst die neuere zeit braucJit heben in einigermaszen andern sinne,
nämlich vom aufragen der seele über die gewöhnliclte Stimmung:
ohne leben lebt der weit,
wer nicht gut gewissen hält;
gut gewissen in der zeit
hebt schon an die ewigkeit. Logac 3,211;
wahre freuden fliehn
mit ihr (der Unschuld), und jedes mächtige gefübl,
das deine seele hub. Stolberg 3,7;
unsre seelen hüben sich auf der liebe seufzer. 1, 150;
sie [die liebe) . . hebet uns auf eine bimmelsleiter,
wo wir den glänz der gottheit schaun. Uöltt 20O Halm ;
(wann) mich zum gipfel der gefuhle
deine silberstimme hebt. Gotter 1, 165;
Bacchus becher hebt den muth. 265;
was nennt man grosz? was hebt die seele schaudernd
dem immer wiederholenden erzähler? Götbe 9, 86;
des herzeus andacht hebt sich frei zu gott.
Schiller M. Stuart 5, 7;
wie ich auf einmal so leicht , so gehoben mich fühle !
ScBiLLER kab. u. liebe 4, 8 ; wenn die natur alle röhren des
lebensstromes öffnete, und wenn alle ihre Springbrunnen auf-
stiegen und brennend in einander spielten von der sonne
übermalt: dann wurde Viktor . . . von ihnen gehoben und
erweicht. J. Paul Hesp. 1, 161 ; als Viktor seine seele hob an
den hohen weiszen säulen des vom lord entworfenen parkes.
260 ; strömte vor meinem gesiebt eine ätherische morgenluft
vorüber, sie drückte mich nicht mit dem schwülen west
eines trauerfächers, sondern hob mich mit dem wehen einer
freiheitfahne. uns. löge vorr. 21 ; eine gereinigte hebende maien-
luft. 3, 65.
Als folge einer solchen seelenslimmung erscheint die gehobene
rede, die gehobene spräche, der gehobene stil; auch der
gehobene gang:
Satan verliesz das gebirg, und ging mit gehobenem schritte
über Jerusalem her. Klopstock 3, 150.
c) in bezug auf lob und preis: das heist warlich hoch an-
gefangen, die liebe treEFlich gepreiset und gehaben. Lutheb
6,46*; heben einen bisz in den himmel, das ist, sehr loben,
in coelum ferre Frisch 1, 430* ;
und darum hueb er auch den Wilhelm, den geehrten
von Rappoltstein, so hoch. Roxpler 106;
es nähret auch der Elbestrand
in schönen leibern kluge sinnen,
die billig sind sehr hoch zu heben. Rist Parn. 339.
rf) in bezug auf rang, ansehen, würde: die vermögensver-
hältnisse dieses mannes haben sich gehoben; die revolution
hob leute niedrigen herkommens, liesz alle geschlechter
sinken ; einen aus einem niedrigen stand heben, exaüare, ad
dignitalem promovere Frisch 1, 430'; hebe in darnach, und
sihe durch die finger. Luther 1,559'; das er des brots ge-
stalt {beim abendmahle) so hoch hebe, das wir des gedechtnis
des herm vergessen. 3, so'; jeder dachte daran, sich zu
heben, die umstände zu nutzen, zu regieren. L. Tieck ges.
nov. 4,10; Christian von Wolf, der die Universität .Marburg
so sehr hob. Hugo civ. mag. 5, 59 ; hebt sich jetzt der bauer
aus seiner erniedrigung. H. Hei.ne 13,141; cavaliere und ad-
julanten ertrugen die geheimen dornen ihrer Stellung ohne
die laute krilik, welche sonst wohl von der Umgebung sou-
veräner herren ausgeht . . denn der fürst verstand es, sie
vor fremden zu heben. Freytag handschr. 2,331;
wenn unsre thaten uns nicht aus dem dunkeln heben.
J. E. Schlegel 1, 224;
J. man tadelt den der seine thaten wägt.
lt. auch den, der wahren werth zu stolz nicht achtet,
wie den, der falschen werth zu eitel hebt. Götue 9, 9 :
sich über einen heben:
stürzt der rüstigste läufer der bahn, so lacht man am Ufer,
wie man bei hier und taback über besiegte sich hebt.
Götbe 1, 40»;
vergl. überheben.
e) auch anderweit, bezüglidi gegenständen, die vor andern
hervortreten, sich von ihnen abheben: das dunkle gewand hob
die weisze ihres halses; durch den seidenen schuh wurde
die Zierlichkeit des fuszes gehoben ; die dunkle wandfläche
46*
727
HEBEN
HEBEN
728
hebt die an ihr befestigten marmorbüsten ; alle diese stücke,
kleinere und grüszere, die in der jetzigen ausgäbe korrekt,
rein und schon dastehen, sind lyrische gedichte, d. i. gesang.
also erhebe man die stimme und lese sie vor, auch wenn
man sie sich selbst lieset. so heben sie sich vom blatt und
werden nicht nur verständlich, sondern lebendig. Herder
j. sck. HU. 20 (1S30) 324; er trat auf den von fünf einzelnen
tannenbüumen gehobnen berg. J.Paul Hesp, 3, t4t;
siehe, wie rings um den rand die netten bänke sich dehnen,
wie von buntem gestein scliimmernd der estricli sicli liebll
ScuiLLER I'onippji u. llvrcitl. r. 24;
da tritt mit eins im vollen faclielschein
des Hacchus göttlich niarmorbild hervor ...
in jugendlülle tiebt sich die gesialt. Uhland ged. 315.
f) endlich auch in bezug auf eine die secle drfickende last:
mir wäre es auch ein trost , einen repräsentanlen meiner
iieigung und herzlichen theilnahme bei ihnen zu wissen;
doch auch das soll nicht sein , und gerade trifft das alles
zusammen in einer zeit wo icii auch mancherlei zu lieben
und zu schleppen habe. Güthe an Zelter 85.
(?) metrisch: der viermal gehobene vers; verql. hebung 2;
doch hebt der accent bei uns in gewissen Tällen auch kurze
sylben, zuweilen bis zur schcinlänge, wie er öfter bei längen
niedersinkt oder gänzlich fehlt. F. A. Wolf kl. sehr, (herausg.
V. Benihardy) s. 9:i().
6) mehrfach trird lieben nicht sowol vom eigentlichen aclc des
emporhebens gebraucht, als von der fähigkeit dazu: ein starker
mensch hebt mit leichtigkeit zwei centner; die wage hebt
lausend pfund. Adelung.
7) lu'mfig ist heben im sinne von anheben, anfangen, 6e-
ginnen; zwar nicht gerade mit transitivem accusaliv, eine fitgung,
die nach dem mhd. erst wieder bei neueren beobachlel wird:
tnhd. so diu katre vrijjet vi),
zehaiit so hebet si ir spil. lieein 824;
dö niemen durch .si dö nilit tete,
dö liuop si ein schelten, u. Heinrich 1319;
dö huob er eine wise, diu was von Amile.
Gudrun 397, 1 ;
nhd. auffahrend, hebt er
neuen gesang. Voss 3, 70;
sie findi die todeswunden zwei:
da hebt sie wildes Klaggeschrei. Uhi.and ged. 353;
da hebt den flötenden wonnescball
aus duftigen büschen die t\aclitigall. Lenau F(ii/.'i( 51;
und die zofen und eunuchen
hüben wieder ihre lache. II. Heine 18, 22;
uol aber in reflexiver fügung: ahd. heve sih ouh wig gagen
mir. NoTKER ps. 20,3;
tnhd. die virkörten sich in diu doleheit,
dannin bübin sich diu leit. AtmoUed 50;
hie hevei sich ein ina»re. klage 1;
dö huob sich der jaden leit. Waltuer 15,37;
nhd. hiemit da höh e.s sich,
es ward oin stürm und ain dosz. Hätzlerin 2C3, 310;
da hub sich ein donnern und blilzcn. 2 3fo$. 19, IG; hub sich
der streit im walde Ephraim. 2Satti. 18, 0; da selbs hub sich
ein gros freudcngcschrei. //«. 23, 42; und hub sich ein gros
nngewitter auf dem meerc. Jona t,4; da hebt sich denn das
schmeichlcn und lieb reden. Luther 1,255'; da gehet ein
new weiter her. ich hatte mich schier zu rüge geslellel, und
meinet, es wcre ansgestritlen, so hebt siclis aller erst. 3,35';
CS würde eben ein solch angst und not sich heben über
diesem erkenlnis und gedechtnis, wie sich erhaben bat bis-
her über dem, das man Chiistus leib wirdiglicli empiängen
woltc. 83*; da hebt sichs denn, da geheis, plitz, platz, wer
da ligt der ligt. 185'; hie hebt sich nii die frage, ob Jona
auch gesündiget habe? 200'; aber nach den vierzig lagen,
da er sähe, das die bestimpte zeit f(W-übcr war, bebt sich
sein zorn. 22ü'; wenn wir sehen, das der schimpf aus ist,
und sich der ernst hebt. 4,132'; itzl hebt sichs auch hin
und wider in landen, nachdem das evangeliiim wider aiif-
komen ist, das jederman anhebt zu klagen. 115*; was ist»
aber, da» zuvor eine thewrung ins land kompt? da« isis,
wenn das erangelium recht angehet, muH sich zuvor ein
bunger und kummer heben im gewissen. 118'; da wird sich
oin schlachten und opfern heben. 201*; da wird sich trübsal
heben. 29»i"; weil sich liie der zank über diesem heublstück
buh. s, :i*; darüber sich auch der zank gehalten hat, dosz
man ihnen nicht bat pruviant zuführen lassen, lischr. 432*;
da sip da* sahen, ImiIi '.j. Ii ein j.lmmerlich geschrei. buch d.
liebe 219'; hebt sich ein grosz geschrei und gelümmel unter
dem Volk. 227'; da hub sich ein schönes gestech. 2(>6'; da
hübe sich ein groszer schrecken von dem volk. 209";
weil sich als {alles) Unglück heben wil.
V. Rebhuhn klag d. a. vi. 7;
da wirt sich heben iamer und not.
bist. Magelonae spielweix Dij';
sich soll bait hebn der bettlerstanz.
AtRKR fasln, fip. 80* (2775, 18 Jieller) ;
erst thet der bettlers danz sich heben.
mi'ukenkr. 1, 543;
nie, rief Hermann, du bliebest zurück, und nah an Karthago
bebt sich der kämpf, und tönet des schimmernden leides getosc?
l'vRKER Tniiisias 2, I4U;
und es hebt sich flötcngesäusci. Platen 259;
zu Speier im saale da hebt sich ein klingen.
Uhland ged. 327.
8) die bedeulung von heben modificiert sich aus der des reinen
etnpor, in die höhe hebcns zu der wegheben, davonheben. dies zeigt
sich zunäciisl , wenn rirhlungsbeslitnmungcn dem verbum hinzu-
treten, die kranke wurde aus dem bell gehoben; er hob das
kind vom pferd herab ;
daj phert mit dem zoume zucken si began,
und bat sich snelleclichcn von dem satele heben dan.
iVi/;. 1251,4;
die levitcn aber hüben die lade des herrn er ab. 1 Sam. 0, 15 ;
reumet den weg, hebt die anstösze aus den wegen meines
Volks. Jes. 57,14; Rega hub sogleich ein bret von der kiste.
<jöthe 29,335; fischer hüben ihr netz aus dem (liisse;
wenn dann, wie gehoben aus den nchsen
zwei gestirn, in körper körper wachsen.
Schiller 1, 46 Kurz;
er bebt eine schüssel von tisches.milt
und trügt sie stumm hinaus. Uhland ged. 335;
hub er gleich sich oft vom lager. 281 ;
auch ohne richlungsbeslimmung , namentlich in technischer spräche :
der fuchs oder wolf hebt die lockspeise (Adelung); mit knap\mn
ausdrucke: einen graben heben, den schlämm aus demselben
weglieben, ihn räumen: dergleichen graben {auf feuclilcn ackern
und wiesen) sollen alle jähr im februario oder martio . . .
gehoben, das ist geräumet und ausgeworfen, oder sonst nur
allezeit reine gehalten werden, vcon. lex. (1731) 847; ähnlich
bergmännisch einen Stollen heben, ihn ausräumen; stolln aul-
heben, wiiiier. lex. 543". vergl. ferner unten no. 12.
9) lieben in der vorigen bedeulung üt vielfaclt unsinnlicher
oder bildlich verwendet: es wird sich freilich fragen, ob wir
hierin recht und fug gehabt haben, wider des capitels freie
walh . . einen andern bischoff zu welen, und damit sie irer
freien walh zu entsetzen und aus der gewebr zu heben.
Luther 8, l'; in der formel gehoben und geschoben, auf das
wegräumen der hindernissc zielend: denn ich habs selbs zu
Wormbs gesehen, und itzt zu Augsburg erfaren, wie auch
herzog George für andern allen gehoben und geschoben hat,
und gerne ein Unglück und hlutvergieszen angerichl bette.
0,15'; so aber eins stirbt, so loben sy gott, das discr von
allem unglück und übel gehebt und erlöset sei. Frank wellb.
86'; wendete alle seine macht wider die Wandalicr, dasz er
sie aus Hispanien heben möchte. Micrälius 1,70; gute arz-
neien, die nach dem ersten gebrauch das siechthum eher zu
vermehren scheinen, das sie doch, wenn lleiszig fortgenommen
wird, am ende wirklich aus der wiirzel heben. J. Paul 6iogr.
belusl. 1,147; seine flöte hob das herz aus dem schlagenden
lieberblut sanft in den beruhigten äther des himmels im
träume hinüber, //c.«;). 1,250; der eigendünkel eines halb-
klugen egoislen bebt ihn über alle menschen hinweg. Guthb
14,188; über vieles, was ich begehrte und nicht erlangte,
hast du mich hinweg gehoben. Bettinb briefe 1,194;
die ewigen gofiililo
liehen mich, hoch und hehr,
au.s iniischem ginvühlo. (iorns 1, 99;
dich hier zu linden, h.-it mir da.s gefühl
von iirbmerz und tod inüt meiner hrusl gehoben. 10, 310.
im ritterlichen kämpfe wurde dir gegner von dem .Hegenden aus
dem satlel geiioben; dies wird ülierlragen auf besiegte, in irgend
welrJier weite unterliegende : er sasz in schönen umsländen, der
mann; alter wie gesagt! die einzige verdammte redensart hoii
ihn glatt aus dem sattel. Kncel phil. f. d. well (1775) 1,72;
zweitens hob er keine vettern in den sattel, sondern Hchlimine
daraus. J. Padl Hesp. 1,36. ähnlich ml einen aus der stille
heben :
729
HEBEN
HEBEN
730
dasz man führt bei hof ein spiel: wie gefällt dir dein geselle?
scliiciit sich recht; man hebt daselbst einen gern ausz seiner
stelle. LoGAD 3, 1^, 6ö.
die redensart ein kind aus der taufe heben, fathenateUe bei ihm
vertreten , miitellat. lerare de sacro fönte , fuszt auf dem alt-
chrisüiehen brauche ^ dasz der taufzeuge den täufling aus dem
taufbrunnen erhob und ihn in die kirche einführte, ein brauch
der seil außommen der kindertaufe sich verlieren muste, während
der ausdrtick sich hielt:
gie zuo der muoter sin
und zuo der edeln künegin,
diu het in üj der toufe erhaben. Wigalois 37, 25;
der ein hebt in ausz dem tauf, der ander zu dank ins grab.
Garg.lio'; als landgraf Philips hertzog Heinrichen-dem jungen
zu Wolfenbutel ein söhn ausz der tauf hebte. Zi>kgref
apoplUh. 1, 167 ; der dolmetscher, dem sie . . . ein kind aus
der taufe gehoben hatte. Güthe 24, 134. gekürzt heiszt das
auch nur das kind heben: ich bitte aber., alle diejenigen,
so da teufen , kinder heben und dabei stehen , weiten zu
herzen nemen das trefflich werk und den groszen ernst, der
hierinnen ist. Llther 2,249*; frau Charlotte wird das kind
heben. Schiller an Goihe 1S9;
da? kind biej er ze toufe tragen,
er huop ej selbe und hiej ej sus
nach sinem namen Gregorjus. Hart«a:< Gregor. 9C3;
r. da kam zu mir nit weit Ton binnen
Jesus und woU mein gfatter sein.
U. woll er dir hebn das kindlein dein?
ey, ey, du seist in gwonnen han.
Atrer fastn. sp. 2S» (2476, 33 Keller) ;
(weil) mein weib ist eins kindts genessn,
das biszher ist ein held gewessn,
so bit ich euch durch gott, das ihr
solches mein kind wolt heben mir
und machen einen Christen drausz.
29' (24S0, 11 Keller).
verschieden von diesem ist ein kind heben, es zur well fördern,
bezüglich der hebammen gesagt.
10) all und häufig ist reflexives heben von personen und perso-
nificationen, zur bezeichnung der Veränderung eines früheren platzeSj
des hinzu- oder fortgeliens:
ahd. denne hevit sih mit imo herjö meista. MuspUli 75;
rn'irf. an jenem morgen fruo huoben si sich dan. Nib. 476, 1 ;
die snellen Bürgenden sich üj huoben. 1462, 1;
Ludewic und Hartmuot sich huoben mit ir schar
mit vanen üf gerihlet vil zorneclichen dar. Gudr. 777, 1;
mit grisgramenden zenden ze hant huop er sich dar.
1510, 2;
zuozim huop er balde sich. Barlaam 37, 38;
nhd. wolauf, lieber herr Pinkenpank,
die drei böse weib nemen dasz vich an meinen dank.
dar umb heb dich schnell dar zue. fastn. jp. 491, 24; ~
ganz ungewöhnlich ist geworden J. Pauls: die pfarrleute hoben
sich endlich in den belaubten concertsaal. Hesp. 2, 95, denn
die fügung hat seil der feslselzung des nhd. gemeinhin nicbl den
sinn des .<tieh länzu begebens, sondern den des fortbegebens be-
halten: wir wollen gerne leiden und zusehen, das ir mit dem
wort fechtet , das die rechte lere bewerd werde , aber die
faust haltet stille . . oder hebt euch zum lande aus. Luther
2, 459* ; hebt euch aus dieser gemeine. 4 Mos. 16, 45 ; heb
dich an deinen ort. 24,11; da sprach Jhesus zu im, heb
dich weg von mir (griech. vTtaye öniaot uov). Matth. 4, lo;
wer zu diesem berge spreche, heb dich und wirf dich ins
ineer {griech. än&r,Ti aal ßkijdT^Ti eis rrjf &('daaoai', golh.
ushafei J)uk jab vairp |)us in marein). Marc. U, 23; heb dich
hin aus und gehe von hinnen {t%s).d'e vcat no^avov iiTev&sy).
Luc. 13,32; und der herr sprach zu Abram: heb dich aus
deinem heimat und von deiner fründtschaft und aus deines
Vaters haus, in ein land, das ich dir zeigen wil. Züricher
bibel 1530 6' (1 Mos. 12, 1 ; gehe aus deinem Vaterland 6c«
Luther); vor im fleucht und hebt sich das erdtrich, der ganz
umbkreis mit allen denen die darauf wonend. 435 {Sahum 1,5) ;
heb dich an galgen , i in crucem! Maaler 215'; gedenket,
dasz ir euch von dannen hebt, denn sollt ihr euch ein weil
hie enthalten, es müszt euch den leib kosten, b. d. liebe 273' ;
heb dich weg von mir, der du unwissend . . . bist. pers.
baumg. 10, 5;
wir haben zu laufen ferr und weil.
heben wir uns, es ist wol zeit, fasln, sp. 419, 28;
so hebe dich mir aus den äugen geschwind. BBrcer Ol';
Ycrruchterl bebe dich von hinnen! Gmthe 12, 174;
0 himmel, welch gefühl ergreift mich nun, ^
da sich die nacht von berg und tbälern hebt!
bin ich es selbst? bin ich hierher gekommen?
es weicht die finsternis ... 10, 277.
11) nahe hierzu tritt den fusz heben für fortgehen:
hub ruhig weiter fusz und slab. BCrger 32';
eigenthümlich ist den tritt heben ßr tritte hebend formieren,
gehen :
du hebst den tritt der unsterblicben,
und gehest hoch vor vielen landen her. Klopstock 1, 252.
12) heben, weglieben, erheben, entnehmen, in bezug auf geld
und geldeswert, steuern und abgaben : und dieweil er (der müUer)
nun die freiheit hat, dasz esz frei mühle ist, und die nach-
barn ihme den dienst thun, soll er mahlen umb halben
molter, doch also, er soll heben von dem malter zwei fasz.
weislh. 2, 289 ; einer freier banmölle, die also steet, soll han
zween trinnen weisz und rocken , und soll mollen geleich
nach seinem werdt und davon molter heben. 30S; dag nye-
mands andern enden dann bei ew traid heben und anschütten
solle. Chmel urk. Max. VIS; es seie dann, dasz der mann
aus solchen meliorationen schon so viel gehoben, als sie ihn
gekostet. Mainzer landr. (1755) I § 6 ; ich habe Johann in die
Stadt geschickt, einen Wechsel für mich zu heben. Thünnel
2, 287 ; sie stimmten alle darin überein, dasz das geld, was
sie höben, blos zu Unterhaltung der wege angewandt würde.
Moser palr. phant. 2 (179S) 289 ; sie, deren gesetz die münze
verbannte, hüben jetzt jährlich tausend talente. Stolberg 9,57;
durften keine kriege geführt, keine steuern gehoben werden.
Schiller 780; Natalie ist dein, ich bin der zauberer, der
diesen schätz gehoben hat. Güthe 20, 3j06 ; Zahlungen aus
der casse heben, an Voigt 396; einen vorrath von Urkunden
heben. J. Griüm in den Bert. Jahrbüchern 1841, no. 101, s. 801 ;
der niemals geld vom wucher hebt.
Opitz psalmen s. 31 ;
und gein samen sol das land
als ein rechtes erbtheil heben, s. 49;
wann der fürst nur einen liebet
und die andern übergibet,
wird in vielen viel vergeben
was, nur einer, nicht kau heben. Locau 2, 90, 64;
Obrigkeiten heiszen gölter, soUn den menschen wolfahrt geben:
wollen aber meistens Selbsten von den menschen wolfahrt heben.
3, 63, 36 ;
schaw, wie wir oft Ton einem jetzt nutx, jetzt schaden heben.
3, 240, 124.
ähnlich : und im fall , wo es nicht sein wil , bei dem unge-
lenken man, und nicht zu heben ist ein zeugnis von h(erjog)
G(<"orgen) ewres redlichen wandeis, sa habt ir daran mehr
denn gnug, das beide gott und die weit .. zeugen, das ir
christlich und allein um Christus willen solchs thut und
leidet. Luther 5,508';
man diene gott, mit mäszig leben,
doch so, dasz man nicht mangel leide,
das ist dem höchsten keine freude,
wer damit wolt den himmel heben.
Simpl. 1, 82 Keller;
du hast den weinstock sampt den reben
weit aus Egypten wollen heben.
Opitz psalmen s. 156 ;
diesz Siegel nur kann nichts zerreiszen.
du schwaches gefäsz von fleisch und blu»,
du hobst es. Wielamd 18, 226;
nun du deinen mann in dem hamen hast, must dus auch
fein schlau anfangen, dasz du ihn hebst. Schiller räuber 2,3.
13) hieran knüpß die formet heben und legen, eigentlich ein-
künße erheben und steuern oder lasten erlegen , daher rorthetle
und lasten tragen (Schm. 2, 13S) : darby er dann nit anders
finden . . könnte, dann das sy in begerlind under ze trucken,
also das er allein irem zwang ergeben sin, und mit inen
weder heben noch leggen solle. Hotz Züricher urkundenbuch
1,58 (r. 1548) ; dieweil dann alle drey regiment (reuter, fusz-
volk, arkelley) zusammen gehören, so ist billich, das sie raht
und kriegssachen mit einander besehlieszen, auch sonst mit
einander heben und legen. Froxsperg tneysfc. 1,67"; sie ver-
sprechen als fromme unterlhanen und bürger sich zu hallen,
mit uns zu heben und zu legen, und in wasser und feuers-
nolh der ganzen lieben gemeine treulich beizustehen. Chr.
Weise com. 265. so deutet die formet auch das gesamtrerhallen
eines in einem bestimmten trirkungskreise an: wie viel sie ihnen
[die lehrer den sehülem) sonsten, auch dem leibe nach, mit
rennen und laufen, mit wachen und leiten, mit versorge und
Wartung, mit heben und legen, in allem ihrem anliegm,
731
HEBEN— IIERENIIOLZ
IIEBENSTREIT — IIEBESEIL
732
sonderlich in krankiieileii und dergleichen , gutes getlian
haben. Pdilander 1 (1042) 502; u-eitcr die gesamlc ausfitliruiiti
einer sadie: das alte testanient . . da sie (die Juden) Moses
und die propheten inne heben und legen. Luther 8, 122",
uorin sie nur Moses und die jirophcten kennen , das ihnen viit
diesen besclilossen isl; icii hatte zwar die liebste im arm, hin-
gegen aber tausenderlei gedanken im köpf, wie ich meine
Sache heben und legen wolle. Simpl. l, 338 Kurz, in Tirol
heiszl heben und legen cinetn kranken alle hilfe angedcihcn lassen.
Fromm. C, 147.
14) heben als Icchniscber ausdruck in der rechenkunst, .cov\-
jtensare: zehn gegen zehn hebt sich; gegenseitige fodcrungen,
insofern sie auf denselben gegenständ gehen, wirken als ein-
ander gegenseitig bebend (compensation). Hugo heul. rOtn. recht
(IS26) 302;
ihr Wille gegen meinen !
eins gegen eins,
mich dünkt es hebt sich ! Göthe 33, 243.
15) heben geht endlich aus dem begriffe des wegbcbens in den
des besciligcns, enlfernens über: will man nun sagen, trösten
hiesze , die schmerzen der seelen vertreiben , oder lindern,
die aus dem leiden des leibes bei einem siechen menschen
entspringen : so fragt sichs nur, wie man diese verriugern
oder heben kann, wenn man jene nicht vermindert oder weg-
schafft? Gellert 5,31; einen Widerspruch heben. Kant 4, 85;
es ist geschehen i gehoben das furchtbare hindernis ! Schiller
kab. u. liebe 4, 8 ; (Mittler) war der mann alle sorgen zu heben
und alle augenblicklichen hindernisse bei seile zu bringen.
GöTBE 17,299; das hindernis ist gehoben. 20,188;
und hübe deine rede jeden zweifei. 9, 95;
in einem augenlilicke soll entstehn,
was jiihre lang bereitet werden sollte,
in einem augenblick gehoben sein,
was mühe kaum in jähren lösen könnte. 189;
E. entgegen treibt mich dir die höchste noth.
G. ist sie zu heben möglich, sei mirs pflicht. 3G1;
am ende, freund, ists nichts als atonie der seele,
die leicht zu heben ist. Wieland 18, 180;
und das band der länder ist gehoben,
und die alten formen stürzen ein. Schiller 101'.
16) nur biblisch ist heben, ein hebopfer bringen, und von Luther
nach hebe 5 (sp. 718) verwendet: desselben speisopfer heben
zum gedcchtnis , und anzünden auf dem altar. Z Mos. 2,9;
alles fett des sündopfers sol er heben. 4,8; wie eis hebt
vom ochsen im dankopfcr. v. 10; es sol einer heben seine
iiand vol semelmelhs vom speisopfer, und des öles, und den
ganzen wcirauch der auf dem speisopfer ligt, und sols an-
zünden auf dem allar. 6,15; auf das sie nicht entheiligen
das heilige der kinder [srael , das sie dem herrn heben.
22,15; den. zehenden der kinder Israel, den sie dem herrn
heben. 4 Mos. 18, 24 ; alles golds hebe , das sie dem herrn
hüben. 31,52; das sol nu das hebopfer sein, das ir heben
sollet. lies. 45, 13.
17) vergl. abheben, aufheben, ausheben, beheben, davon-
heben (2,865), cinheben, emporheben, entheben, entgegen-
heben, erheben, forlheben, geheben, herheben, heianheben,
herausheben, herunterheben, hiniieben , hinwegheben, los-
lieben , nachheben , niederheben , überheben, verheben, vor-
heben, wegheben, ziirückhebcn.
HKBENAGEJ. , m, stiß im Schlagwerke einer uhr, um den
liammcr desselben zu heben. Jacobsson 2, 240*.
IIEHENUIG, adj. fc.slliallend , besitzend, vom parlic. hebend
ijebiUUi (vgl. über ähnliche bildtinyen gramm. 2,301): wa; giilles
der keiscr yn gegeben liait . . daj sie da; mogent virerbcn
oder virlihen als recht ist, wem sie wollen, da/, man daran
vesle unde hebendig ist. weislh. 4, 593 (14. und 15. jahrh.).
heU'iie ans hrssiachcn Urkunden des U. jahrh. bei Vii.mah 156.
ItKItE.NilOLZ , n. vbeuum , nebenform zu ebenholz (3,15),
riick.\iflitlich des schwankenden anlanls bereits an dem tat. ebciuiui
und liebeuum ein Vorbild habend, im 16. und il.jahrU. vielfach
iiebrauclil: die üchifTe llirum, die guld aus Ophir fürelun,
brachten «teer viel hebenholz und cdelgesteine. l kbn. 10,11;
Salomo lies au« dem hebenliolz treppen im haune des herrn
und im hause des königs machen , und harfen und praller
für die «enger, idiron. », II; die haben dir elfenbein und
hcbcnholz verkauft. //«. 27,15; er giiil eben für eibenholi.
dann eben oder hcbenholz gibt einen lieblichen gpsundcn
geriich: eibcnholz einen schcdliclicn. anm. uriszh. lusln. 628;
ja Indien lirinid un* nll'-
Ja» >chwrtfrxc liflii'iih»!
HEDENSHIEIT, m. für heb den streit, fang den streit an,
eine imperaliimche bildung wie oben hauenhclm, hauenschild
(sp. 580). als schelte für ein streitsüchtiges weih :
du kupplerin, gcitiger sclilunt und nasenrinipf,
du spulnapf, hehenstreit, wcntenschimpf. fustn..<;p. 255, 18. '
als eigennaine steht HebenstrU bereits in einem uneciiten Hede
Neidharts :
her Hcbenstrit von Hohenvels der junge.
Haupts Neidliart xxxix, 3.
HEDER, «i. in mehreren bcdeutungen.
1) persönlich, der etwas hebt, emporhebt:
musz er ewiger- heber
wie Sisyphus des steins schon sein. Interim 14;
auch in uneigentlichem sinne (nach heben 5, d) : lieber, fautor,
promolor, patronus, adjutor, propugnator, auxiliaritis Stieler 805;
und, nach der formet lieben und legen (sp. 730): heber und
leger sein , dispensatorem et primarium in domo esse. Frisch
1, 430'.
2) verschiedene Instrumente lieiszen heber.
a) bei Maaler 215' heber, hebeisen, allerlei zeug oder in-
slrument darmit man etwas hebt, relinaculum, veclis; sonst
hebel (sp. 719).
b) lieber, elevalorium, ein chirurgisches Instrument zum empor-
heben eingedrückter stellen eines lürnschädels. Frisch 1,430'; sonst
liebeisen (sp. 719).
c) heber, der hebearm in pochwerken , Stampfmühlen und
hammerwerkcn. Jacobsson 2, 239*.
d) heber, ein Werkzeug der gärtner zum ausheben von pflanzen
aus der erde; bildlich: ist diese blume mit dem melonenheber
des todes oder Schicksals aus meinen biographischen beeten
ausgestochen und versetzt. J. Paul Hesp. 3, 24.
e) heber lieiszen dem borlenwiricer die zwei schnüre, welche
wiler alle eingelesencn wellcnkorlen eines bortenwirker Stuhls unter-
zogen werden. Jacobsson 2, 241*.
f) a/zi gewöhnlichsten heiszl heber ein Werkzeug zum heben von
flüssigkeilen atis dem fasse: heber, sipho, tubulus doliaris Stie-
ler 805.
3) der analom nennt heber den elevalor musculus, den hebe-
muskel der tippen, der augenlieder u. a.
HEUERAD, n. rad zum heben einer last, am brunnen zum
heben des eimers ; in Schlaguhren rad zur hebung des hammers.
IIEBEREGISTER, m. rcgister über zu hebende steuern und
gefalle.
HEBEREI, f. wiederholtes heben, in verdchllichem sinne : denn
was ist die ganze heberei der gebirge (d. h. die lehre davon)
zuletzt als ein mechanisches mittel, ohne dem verstand irgend
eine möglichkeil, der cinbildnngskraft irgend eine thunlich-
keit zu verleihen ? Göthe 51, 182.
HEBERIEGEL, «i. hebebanm, hebel: ein fudcr bucher
(buchener) hebriegel. Tücher baumeiiterbuch 76,36.
HEBEBIEMEN, «i. Werne» der zum heben einer last dient.
heberiemen am pfeil, amentum Stieler 1610.
HEBEBIN, f. zu heber (vgl. heben 15 «p. 731): gottes guad
ist nicht eine hegeriii , sondern heberin der Sünde. IIeinr.
MiJLiKR erquickst, s. 15.
IIKBEKLEIN, n. kleiner lieber, siphunculus. Stieler 805.
HKBEBLING, «i. .• iezundt ist man nur zuvil wilzig und ist
doch selbige witz mit aim rohen beberling versigelt. Zinim.
chron. 1,460,34. «'«5 isl gemeint?
HEBEBÜLLE, f. rolle in der zu erhebende abgaben verzeichnet
sind: eine gleichmiiszigere verlheilung der steuern und eine
verbesserte heberolle. Dahlmann ge.<tch. d. franz. rev. 30.
HEBEBSTANGE, /". mcrtie slange, über der der klempnrr die
röhren zu einem lieber biegt. Jacobsson 2,241*.
IIKBKSCHIENE, f. eisen, wodurch in einem mfihlenbau du-
tragbank und das ijanzc lager, sammt allem was daran unii
darauf ist. erhoben und niedergelassen wird. Jacobsson das.
IIEBEStMIMAUS, Hl. schmaus, der zur feier des liebens ein<
hauses (sp. 724) (legehen wird, richtschmaiu. s. hebemalil .v;i. 72(i.
1IEBES(,'III)LTEB. f die schulter eines zum hebopfer gebracliliu
thieres. nur in Luthers bibeliiber.\et:ung: und soll also heiligen
die webcbrust, und die hebeschulder, die gewebel und gc
hebel itind von dem wider der fülle Aarons und seiner »önc.
2 Mos. 29, 27 ; die wcbcbrust und die hebeschiildor. 3 Mck
10,14.
IIEBESEIL, n. teil tum ziehen des scitwrren i/rschütses oder
des Schiffes stroniaufwdils ; auch »iinUi'ü ,iru,iiiul. Jacobssom
», 2(iU'.
733
HEBESPIEGEL — IIEBIG
IlEBiÜlvEiT — llElUUi'ZE
734
HEBESPIEGEL, m. discus lijneus in morlario me lormeiUo
bellica, cui imjionuntur pyroboli. Frisch 1, 430'.
HEBESTANGE, f. staiige zum bewegen von lasten, phalanga.
Alb. bei Fbisch 1, 430'.
HEBESTADT, f. civilas in qua coUecla imperialis ejcigitur.
Frisch das.
HEBESTELLE, f. stelle an der äne abgäbe, namentlich Wege-
geld, erhoben trird.
HEBETATZE, /. der hebearm in poch- und hammerwerken
und Stampfmühlen.
HEBETUCH, «. lach das man auf- und niederlassen kann
und das bei dem stellen einer jagd dazu dient, dem uilde freien
ausgang zu verschaffen. Jacobsson 2, 241*.
HEBEWEBK, n. complicierte Vorrichtung zum heben einer last,
hebezeug, hcbemascltine : inwendig am ende {einer lafctte) wird
ein eisern ring fest angemacht, umb mit zug- oder heb-
iverk dardurch in der notli zu gebrauclien. Bückler kriegssch.
(16ti8) 177.
HEBEWINDE, f. icinde zum emporheben und aufladen starker
bihime, licbelade.
HEBEZANGE, f. zange auf hammencerkcn , zum heben von
eisen in das frischfeuer und unter den hammer.
HEBEZAPFEN, m. der hebearm in poch- und hammerwerken
und Stampfmühlen. Jacobsson 2, 239*. — Bei Fischart unter
gdrtnergeräten aufgezählt : mit haciiengraben, schaufeien, siche-
len, karstien, rattenkloen, spaden, hebzapfen, jettauen, grab-
stickeln . . . Garg. 183'.
HEBEZEUG, HEBZEUG, m. und v. Werkzeug zum heben von
lasten : das ist ein wunderbarlichs instrument, ein hebzeug,
damit man schwere last erbeben oder fort schieben kau.
Thdrneiszer magna alchymia 2, 15 ; hüben darauf mit einem
hebzeug grosze gewaltige feisen und steine. Kirchhof mit.
rfwc. 104; hebezeug ist eine' winde, damit die kunsträder (im
bergwerk) aufgehoben werden, min. lex. 292'; durch solches
mittel rückte man diese steine dicht an einander ohne alle
hebezeuge. Winkelmann 1,306; den hebezeug meiner kürper-
maschine in bewegung setzen. Kant 3,55; bildlich: Babette
fand endlich ein hebezeug, den glänzenden und doch trauten
bruder aus dem gastzimmer in ihres .. aufzuwinden. J.Paul
Titan 5, 8 ; und mit welchem hebezeug wollt ihr vollends die
verarmende menge aus dem schmutzigen eigennutze aufreiszen
und gegen die sonne heben? nacluiämmerungen 84.
HEBHEü, ffl. n. epheu, mit vortretendem h zunächst aus der
form ebheu entstanden, über die 3,678 gesprochen wird: wie
solt weibern solch natürliche geschicklichkeit dem man zu
dienen, und on ine weniger dann ein hebheu ohn das hausz
zu bestehen, umbsonst zugestanden sein? Garg. 66'.
HEBIG, adj. haltend, haftend, zähe, nach heben l bis Z
{sp. 722). ahd. hebig und heflg »» der etwas modificierten be-
deutung gravis, molestus, arduus, praeclarus (Graff 4, 825), von
dem nicht umlautfähigen habig continuus, haftend, der form nach
völlig getrennt, auch im mhd. als hebec theilweise noch von dem
unumgelanteten habec abliegend, bis mit dem eindringen des
Umlauts in dieses letztere wort beide Wörter, ohnehin begrifflich und
nach abslammung nahe verwandte, sich mischen, und namentlich
für die zeit des 16. jahrh., in welchem die gewöhnlichsten belege
begegnen, nicht entschieden werden kann, ob unter hebig nicht
vielmehr das sp. 94 aufgeführte häbig gemeint ist; wie beispiels-
weise auch Maaler 215' hebig und häbig avarus, parcus, lenax
vereint aufführt.
hebig sagt aus
1) hallend, festhaltend: vor allen dingen sol er vast hebig
sin der evangelischen leer. Leo Jüo Titus BB';
dann je ein Christ soll hebig sein
am gringcn, weil er hat herein
in dweli nichts braclit, musz leer hinausz.
BiRK tloiiprlspilcr 125.
vasthebig, dem man nichts ausz den henden nemmen und
reiszen mag, pertinax Maaler 215'; noch bairisch hebig, beheb,
behebig, haltend, fest, stark, {auch karg), mit der neben form
gehibig, cedere nescius aus einem prom/>/. t;. 16JS. Scnm. 2, MO.
2) karg, zäh: bist du von art oder gewonheit karg, ein
zucher und hebig, so thun dir gewalt an, gib allinilsen.
Keisehsberg irrig schaf {ibU) 7'; hebig, parcus Hederich 1231.
3) hebig, wolhabend, reich, kann entgegen den beiden vorigen
bedeutungen, der nachten abslammung nach nicht zweifelhaft sein,
es hat zu heben keine bcziehung, sondern ist nur andere Schreibung
für häbig {no. 3, sp. 94): ain woJerbawne und hebige stat.
Zimm. chron. 1,517. '
HEBIGKEIT, f. lenacitas. Maaler 215'. vergl. häbigkeit
5p. 94.
HEBLICH, adj. und adv., quod tollt, sustolli et auferri polest,
nur von Stieler 805 als einfaches wort aufgeführt, obwol hierfür
sonstige belege gebrechen; in den Zusammensetzungen erheblich
(3, 846), unerheblich ist es häufig, ein anderes heblich ist nur
frühere Schreibung für hüblich {sp. 95) : wo die klage dinglich
oder heblich ist, im rechten realis genannt, brandenburgische
kammerger.-ordn. von 1516.
HEBLING , «1. 1) der hebearm in poch- und hammerwerken
und Stampfmühlen. Jacobsson 2, 239".
2) mundartlich in der Wetterau der Sauerteig, auch hefling.
vergl. hebel, hefel sp. 720.
HEBOPFER, HEBEOPFER, n. in der bibelsprache eine art
jüdischen opfers, vergl. hebe 7 sp. 718: sage den kindern Israel,
das sie mir ein hebopfer geben. 2 Mos. 25, 2 ; denn es ist
ein hebopfer, und die hebopfer sollen des berrn sein, von
den kindern Israel an Iren dankopfern und hebopfern. 29,28
{frühere ausgaben des alten lest, haben hier licbung) ; geht unter
euch hebeopfer dem herrn, also das das hebeopfer des herrn
ein iglicher williglich bringe, gold, silber, crz . . . 35,5; also
solt auch ir das hebopfer dem herrn geben von allen ewrn
zehenden, die ir nempt von den kindern Israel, das ir solcbs
hebeopfer des herrn dem priester Aaron gebet. 4 3/os. 18,28;
ir berge zu Gilboa , es müsse weder thawen noch regenen
auf euch, noch acker sein, da hebopfer von komen. 2 Sam.
1,21; daselbs wil ich ewr hebopfer und ersllinge ewr opfer
foddern, mit allem das ir mir heiliget. Hes. 20,40; wo mil
teuschen wir dich? am zehenden und hebopfer. Maleachi 3,8.
in anlehnung an die bibelsprache bei Brockes:
lasz gott heb-geb-opfer rauchen. 1, 95.
HEBRÄELN , verb., jüdeln, jüdisch sprechen : es ist gefähr-
iich mit den Juden zu handeln, wann sie miteinander an-
fahen zu hebräeln , wie viel mehr mit dem leidigen teufel,
wann man mit ihm in einer unverständlichen sprach con-
trahirt. Simpl. 4, 190 Kurz.
HEBBÄER. ff», hebraeus, Jude: ein gewerke und bergmann
musz ein guter Hebräer sein und das a b c von hinten, nehm-
lich mit z als zubusze anfangen, und bisz aufs a als aus-
beute fortbuchstabiren. miner. lex. 29l'. als bezeichnung eines
handelsjuden in der neben form Ebräer Is. d. folg.): haben sie
etwas zu schachern, schrie der Ebräer gewaltig hinein, dasz
die fenster erklangen. Thümmel werke 1 (1820) s. 134.
HEBBÄISCH, adj. und adv. hebraicus, hebraice, ahd. hebrcisk
neben ebreisc, ebräisc (Graff 4, 760), mhd. ebreisch, eine form
die Luther immer braucht: meine ebreische spräche leret
mich also. 3,57'; der ebreische knecht, den du uns herein
gebracht hast. 1 Mos. 39,17; ein teich der heiszet auf ebreisch
Bethhesda. Joh. 5,2; trie er auch statt Hebräer stets Ebrcer
schreibt: sie sind Ebreer, ich auch {golh. Haibraieis sind,
jah ik). 2 Cor. 11,22; ein Ebreer aus den Ebreern {goth.
Haibraius us Haibraium). Phil. 3, 5. eine witzige redensart
hebräisch lernen, auf dinge bezogen, die bei einem Juden ver-
kauft oder versetzt werden, läuft schon seit dem i6. Jahrhundert :
sammt und seide zureist und verschleist endlich, und wer
des zu viel hat, dem kommen die motten drein, geredts
wol, so müssen hauben und schauben hebreisch lernen oder
gar an trüdelmarkt und pranger gesielt . . werden. Mathes.
Sar. (1562) 69'; es geschieht biszw eilen, dasz darnach die-
selbe newe kleider hebräisch lernen müssen, wann man sie
kaum ein oder zwei mahl getragen hat. Cbeidiüs 1,232; sie
hat noch etwas von göldnen ketten und perlen , das musz
hebraeisch lernen. A. Gryphius (1698) i, 820; unser Interesse
erfodert es, dasz beides knöpfe und tressen ebräisch lernen.
Hazards lebensg. 15Z ; aber ich konnte es doch im hebräischen
nicht so weit bringen wie meine taschenuhr, die viel intimen
Umgang mit pfandverleihern halte und .. die heilige spräche
lernte. H. Heinb 1, 239.
IIEBRITZE, f. einer der mehrfach variierenden namen dei
sorbus aucuparia, die sonst j^beresche, eberesche, eibischbeere,
eibrischbeere, ebritzbeere ,^ ebritze , ebreis, ebenreis (3, üi)
heiszt. der umstand, dasz man die beeren dieser pflanze zu
dühnen verwendet, läszt hcbi itze für dohne selbst gesetzt werden :
ja vatter, sagt diser son {nämlich ein junger sperling zum alten),
wenn aber die stalljungen hebrifzen machen und ir maschen
und schlingen ins stro binden, da bleibt auch mancher
{sj^erling) behenken, wo hastu das gesehen, sagt der all? 'zu
hof bein rosobuben'. Mathesius Luther (l.'83) 99'.
735
HEBTREMEL — HECHEL
HECHEL
736
HEBTREMEL, ni. uebcnform zu hehdreiuel , hebedieiucl
sp. '17 : mit . . . spritzen, legeisen, hebtremeln, walhölzcrn,
hebzeug. Garg. 201"; ein wagen mit lelinseilern, lahnniigein,
heblranuiiei , die räder an den bergen mit zu huiumcn.
BücKi-ER kriegsscli. 503.
HEBUMG, f. mhd. bcbungc, j» comiiosilen die die riciUung des
hebens näher bezeichnen (üfüebunge mhd. üb. 1, ü4ü', enlhelningc
Lexer 1,571), wie auch die altere nhd. spräche das teorl in ein-
faclier gestall nur tingeuölinlich braucld (no. (i). die bedcutnmj
ist nach dem verbuvt lieben verschieden urlig cnltrickell.
1) das heben in die höhe {nach beben 4) : liebung sublalio
Steinbach l, 760; durcb liebung der band wurde abgestimmt;
nach bebuug des ankers segelt das schiff ab; hcbung des
kopfes ; hebung des fuszes beim tanzen, schreiten ; hebnng, sivc
hub der pferde, viollis cruruin glovieratio. Stiei.er SOh. in bezug
auf bodenverhdllnisse : horizontal liegende flötze, welclie sich
an steilen felswänden oberhalb fortsetzen , werden durch
hebungen einer solchen bergwand erklärt. Göthe 51, 178.
2) hebung ist nicht nur die handlung des hebens, auch das
gehobene selbst : hebung der kähue, dte gerundete erhebung oder
erhöhung atn hinter- und voi-derlheil eines groszen kahns oder
fluszschiffes in dessen bodcn. Jacobsson 2, 242' ; die gegend ist
durchaus nicht , was man eine schone nennt , denn sie be-
steht lediglich aus wellenden hebungen und Senkungen des
erdreichs. Immermann Miinchh. 1,171.
3) hebung, in unsinnliclier Verwendung (nach heben 5) : der
redner sprach zuerst leise, dann aber mit hebung der stimme;
für die hebung der untern volksklassen geschah unter dieser
regierung so gut wie nichts; hebung, promolio , exallatio,
auxilium , adjuinentum , adminiculuin, subsidinm. Stieler 805.
in bezug auf das abheben, hervortreten eines gejenslandes vor dem
andern (s. sp. 726) : aus den regeln der brechung und hebung
(der färben). Göthe 52,141. in der mctrik ist seil dem ende des
vorigen Jahrhunderts für a^ais und S'saie hebung und Senkung
aufgekommen: wo der grammatische accent hier mit der quan-
tität der sylben, da mit der bebung des verses . . in einen
widerstreit gerälh. F. A. Wolf kl. schriften {ed. Bernhard]/) 949.
4) hebung, das wegheben, davonhebcn (heben 9 spalte 72S):
hebung aus der tauf, levatio de fönte sacro Frisch 1, 430'.
5) hebung, entnähme von steuern, gefallen, einkünften, scluttzen
(heben 12):
nur immer alle sieben jähr
liiszt sich (bei einem xckaize) ein Däramchen sehn.
dann mag ein l)Ock, kohlschwarz von haar,
die hebung wohl bestehn. Bürger 24';
seine gröszteniheils nur in hebungen und rechnungsfiihrung
bestehenden amtsgeschäfte. Niebuhr kl. sehr. 1, 69. aucli die
erhobene Steuer selbst: denn wir könnten auch jetzt eine haupt-
steuerkasse entbehren, wenn der obersteuereinnehnier jedem
empfänger seine hebung in bänden liesze, und sich begnügte,
aoweisungen darauf zu ertheilen. Moser pa(r. ;t/ia»<. 3, 94; es
schickte sich so wenig für die pfarrer, die hebung zu haben,
als man solche einem gemeinen manu so leicht anvertrauen
konnte, s.üb; 1000 thaler cour. an hebungen. Weserzeitung l>it>3
no. 3022.
6) Luther brauclde in den einzelausgaben seines alten tesla-
menls (1523 — 152S) hebung für Opfer {nach heben 10): es ist
ein hebung und die hebung sollen des herrn sein. 2 Mos.
29, 28, neben bebopfer {sp. 734), wahrend in den spätem gesaml-
ausgaben der Ijibel überall das letztere worl gesetzt wird.
HEBUNGSBEDIENTER , m. angestellter für erhebung von
gefallen: der treue hebungbedientc und generalkonlrolleiu-
der ganzen scbnldenniassc. J. Paul a. d. teuf pap. 2, 24o. —
fem. hebungsbedientc : eine solche zizerone {jührerin eines
blinden bettlers), du sie dessen regle und hebungbediente ist.
biogr. bei. 1, 154.
HEBüNGSKHAFT, f.: hebungskraft dcH wassers. /lan nur.
mmtazin 1843, », 21*.
KEBUNGSTAG, m. der tag an dem abgaben erhoben werden,
Siegfr. v. Ltndenbery (1784) 1,87.
HECilEL, f. pecten ferreus; arisla, ahd. mhd. Iiachele,
liethclc, niederd. nirdrri heknl , engl, hatchel und liackle,
%chued. Iittckla, d<in. hegle. die allgemein angenommene mcinung.
doii dieses wart in ctymologixrhcm zusammenhange mit haken
»/Wie, kann nach dem, wui über haken sjmlte 177 bemerkt ist,
nicht fjcthnU werden; bediel scheint vielmehr eine itrnttivbildung
lu dem ahd. trrbum hcclian, becchan üerJien; und dir eigentliche
bfdailung slacJiel xetgl souol der name der vnonis arvensu, der
beim Volke sowol hechelkraut als stachelkraut {sonst hauhecliel,
heuhechcl) ist, als auch der unten no. 2 aufgeführte name des
stichlings.
hcchel bezeichnet
l) ein gerät mit scharfen drahtspitzen, zum durchziehen und
reinigen des ftaclises oder hanfes: rixale hechel , nd. heckele,
liekele, hekel pro lino Dief. 499*; die hächlen, darmit man
werch, flachs hächiet, pecten, hamiis Maaler204'; nachdem
brechen wird {der flachs) . . erstlich durch eine grobe, her-
nach durch eine mittelmäszigc, und endlich durch eine klare
hechel gezogen , von dem wcrck oder heede abgesondert.
öcon. lex. (1731) 690;
von der hösuii hcchel itzt,
scharll'espitzi,
wirsi ciu (//ndis) durchgcpeinigl.
Voss 4, 139.
dieses durch die hcchel ziehen ist übertragen worden auf das
ziehen eines guten namens durch scharfe zungen, auf die scharfe
beurlheilung der person , der worlc oVer der thaten jemandes:
wolan , da ist nichts mehr zu marlern an dem tcxl , denn
das würlliu mein das wil ich durch der schvvermer hechel
ziehen , auf das ja kein bein an dem text ganz und unge-
niartert bleibe, und wollen niemand etwas mehr daran zu
schwermen lassen. Luther 3,346'; er sei denn wohl ver-
sucht und durch die hechel gezogen, tischr. 134'. 220'; nicht
allein, weil ich abwesend, sondern auch nu mehr je lenger
je schwecher werde , und durch die hechel inn der weit
mehr gezogen, denn mau vieleicht wissen kan, und fast
abgemergelt bin. Selneccer christl. psalmen {Leipzig 1587) ror-
redc ; etliche alte weinbeiszer und betagte mütterlein , die
sitzen blieben, davon jene von ihren bauerswesen und allen
geschichten . . discurirten, diese aber . . allerlei leut, ledige
und verheirathe, ihres geschlechts art durch die hechel zogen
und andelen, dasz sich das eine theil zu köstlich, das ander
aber zu schlecht gegen seinem vermögen in kleidung herfür
gethan und erzeigt hätte. Simpl. 3,345 Kurz; gemeiniglich di
liderlichsten pflegen am meisten andere durch di hechel zu
zihen. Butschky kanzl. 403 ; ob du schon ein wenig grob und
schlecht bist, so wird man dich schon über die hechel ziehen
und durch den Strudel laufen, schleifen und hohlen lassen,
bisz du gar bald ein vollkommener hofmann worden. Cocay
teulscher labyrinth 79 ; wer hat sie denn darzu gesetzet, dasz
sie hierher kommen, und unsere einwohner durch die hechel
ziehen sollen? I'lesse 1, 118; dasz sie den bürgern so verächt-
lich begegnet, und durch die hechel gezogen. 119;
dusz ich irre, bleibt gewis, allilicwcil ein mensch ich hin ;
der nun mehr ist als ein mensch, niiig mich durch die hechel
ziehn. Logau 2, 103, 23;
greif erst die fehler an, die du selbst an dir ziehst,
uh du der andern thun durch deine hechel ziehst.
Caniz ged. 96;
danach durch die hechel gehn, bemängelt, getadelt werden:
da musz sogar im kirchenstande die pfarrfrau durch die hechel
gehii. GÖI4TUER 429.
die hcchel in bildern und redensarten für böses, martervolles:
einen solchen (elirbrccliri) nrleil ich in di schul,
ein hechel sol sein sein sitzstnl,
ain igelshiiut sol sein sein rok,
sein pruch die sei ain nesselstok. fastn.sp. 710,27;
gar dick der hachlen er cnipryndi
wer stäies zanket, wie ein kiiiilt
und meint diu worheit mncluMi hlyiidt.
IIrant narroHSch. 71 ;
mancher will ous allen sachen
KJvirh process und hadcr luauhen,
glaulil (las rocht zu machen hlliid :
üiilche. leurels-niil-gcsüllt'n
Mtltn man auf hecheln Hiellcii,
lausen wul den norrengriixl.
ulierarhoiliing der vorigen sielte,
». Zarnckes nH.iijiiltr s. 70*;
lierr Koreas stand indi'Nsen an suinein haum allein.
HO unbehaglich iils stund er auf schurr ge.vpiizteii hecheln.
WiKLAnn 4, 205 (n. .4m. », 12).
andere redensarten: sie hieben sich in ihrer licrrlicbkcit wie
ein frosch auf der hechel. baurensl. la.<lerfirob 21 ; ich habe
ihn bei unserer ersten bekannlschaft sclilecbl , ja, ich darf
wohl sagen, mit der hechel Irisiil ((/. h. heim frisieren ttichtig
gerauft). Güthk 20,223;
der iluKki mich nyii ein redlich man
und diitll ein liecliel giyteii uii. Mt;li!<i(li ijrurhm. Clj',
diT iin'i.'X oucli liechlc'ii lecken kiinneii. m iiij *.
737
HECHEL — HECHELN
HECHELN — HECHSE
738
die hechel als bild für eine scharfe zunge (nach dem oWjen
durch die hechej ziehen):
wie scharf ist öfters eure (der Jungfern) hechel,
wenn ihr von Junggesellen sprecht? Picamjer 3, 405.
im dänisclien heiszl mil rüchieht hierauf ein alles zäniäsches tceib
en gammel hegle; dann als bild des scharfen, schwieriges ent-
wirrenden Sinnes:
den knoten ich entstricken wil mit mines sinnes hechel.
meistert, der Kolmarer hdschr. 28, 82.
2) hechel . name eines kleinen slachliclHen fisches , slichling,
gaslerosteus : dentex hechele, hechein, niederd. hecfcel Dief. 173'.
3) hechel, arifta, hart, granne am getreide. rgl. auch hachel
sp. 9S. und achel 1, 162.
HECHEL, adj., s. häckel sp. 101.
HECHELBANK, f. bank worauf die hediel befestig wird.
JACOB?SOX 2,242'.
HECHELB.VRT. f». slacJdicher bart, einer hechel vergleiclibar :
>ein hechelbart ist ihr wie wollen. Garg. 72*.
HECHELBARTIG, adj.: hör mein hechelbartiger kund,
kanst auch durch den knebelbart pfeifen? Fischart groszm. 74.
HECHELEL f. das hedieln ; im übertragenen sinne nach durch
die hechel ziehen oben: sich von hecheleien herauskommender
Schriften nähren. Saiffart bei Campe .«. r. neidgift.
HECHELFRAU, f. frau die aus dem hecheln des flachses oder
hanfes ein geuTfbe macht.
HECHELHAAR, m. imperativisches composüum hechel das
haar, hat Fischaet ah flohname gebraucht:
auch Pluikropf, Zanhak, Hechelhor,
der BuckelspruDg, und Jungfrauspor. flolihatt 1707 Kurz.
HECHELICHT, adj. und adv. stachlidil nach art der hechel;
auch in übertragener bedeutung: hechelichte reden, eariila, verba
ambigua, convicia, scommala, dicteria. Stieler 731.
HECHELJUBILIERER, m. sdterzhaße bezeicJmung eines hechel-
machers, der einem juwelierer verglichen irird , da er, wie dieser
das gold mit edelsteinen, so das holz mit hecheln besetzt:
ihr nagelneue herrn, ihr hecheljubilierer,
du mausfall-inausfallmann, und ihr carainspazierer.
Opel u. Coin 264, IM.
HECHELRAMM, m. scandix pecten Veneris, nadelkerbel. Nem-
NiCH 4.1233.
HECHELKERBEL, m. dieselbe pflanze.
HECHELKRÄMER, m.: schon in meiner frühen jugend halt
ich oft von den schlauen Venetianern gehört, die alljährlich
aus ihrer heimat als inäusefailen- und hechelkrämer nach
Deutschlands gehirgen reiseten. d. deutsche Gilblas 143.
HECHELMACHER, m. qui ferreos pectines facit. Frisch l,39l';
da ein hechelmacher sich bei einem burgersmann zu München
aufgehalten, allda seine hecherle und mausfalln yerfertigt.
piegenwedel 28. sprichwörtlich aufpassen wie ein hechelmacher,
sehr genau: die scharfen äugen der kälzer, die da ärger
spannen als die hechelnmacher, sehen doch herdurch. interim
.536; der alte Hildebrand passte auf wie ein hechelmacher,
ob er Luther zuerst nannte oder Zwingli. Riehl cuUurgesch.
nor. 342.
HECHELMANN. m. der hecheln fertigt oder feil hat:
daselbst sich versamblet han
die naauszfallenkrämmer,
nicht sich zu wehrn sondern zu zebm,
wie auch die hechelmänner.
Soltau vidksl. 495 {v. 1632).
nach dem ruf, mit dem sie in mangelhaßem deutsch ihre waare
anbieten, verzeichnet Stieler 1235 auch iliren namen als hekel-
mausefall ; heckelemeusefallenmacher. Philander (/«grf.) 3,35.
HECHELN, verb. J) mit der hechel flachs oder hanf bearbeiten:
carminare hecheln, carminalio das hercheln (mil der nebenform
carminare, tzokken, heckein in hortu aus Trocbvs) DiEr. 102";
stimuloTC hecheilen, nd. heckein (nach stimula hechel, hebel.
hekele neben flachszschwinge) 553"; hächlen. durch die bächel
ziehen, siupam pectere, carminare Maaler 204'; da hechelte
man (der hanf erzäliü) erstlich den groben kuder, folgends den
spinnhanf und zuletzt den schlechten banf von mir hinweg.
Simjd. 2,179 Kurz;
disiu blou, disiu dahs,
disiu hachelte vlahs,
dise spunnen, dise näten. Iwein 6204.
2) liecheln bildlich in mehrerlei beziehung.
a) nach dem bilde einen durch die hechel ziehen (oben
«p. "36) heisit hecheln herb tadeln, mit spitzen reden verhöhnen :
Sinngedichte verfertigt er (Kästner), die aber unmöglich ans
einer poetischen ader geflossen sind, sondern ihren Ursprung
in des Verfassers hang zum sticheln und hecheln haben
IV. 11.
müssen. (Schclz) almanach der bellettristen für 1782, s. 90; sie
gewöhnen sich ans hecheln und medisiren. Hermes Sophiens
reise 4,162; der musz sich dann auch nicht wuudern, wenn
die weite weit ein wenig klatscht, ein wenig spöttelt, ein
wenig hechelt. Korzi.BtE die Stricknadeln a. 3, sc.Z; nun gieng
sie auf die geschichte der commandanten. majoren und haupt-
leute und diejenigen ihrer weiber über, und hiechelte endlich
die ganze bände. J. Gotthelf schuldenb. 253; Börne machte
sich über diesen unglücklichen beständig lustig, und beson-
ders hechelte er ihn wegen der mundfaulen und kauder-
wäläcben art, wie er das französische aussprach. H. Heihe
12, 125. vergl. aushecheln . durchhecheln ; niederd. up ^nem
hekeln un mäkeln. Schütze 2,120. Keisersberg hat das büd
in anderer weise ausgeführt: und wolt dir ein abc gemacht
haben, in dem ich dir den flachs gehächelt wolt haben
und den staub und den selben blunder daraus geschüttelt.
Spinnerin 1510 a6'.
b) anders ist einem den rücken hecheln, ihn geiszeln , in
einem bilde:
swer freuntlich lechelt
gen uns, und uns den rucke hechelt
mit manger untreuwe hagdorn. Kenner 15049;
noch jetzt mundartlich (oberüslreichisch) hecheln prügeln Fromm.
3,190.
c) hecheln, cotre; mögtest du aber hechlen? Zimm. ekron.
4,279,7.
HECHELSCHERZ, m. spottender, geiszelnder scherz: was wir
empfinden und wissen, fast alles kann, auf unterschiedene
art, den inhalt eines liedes abgeben, folglich auch der hechel-
scherz. Hagedors 3, xv;
der könig, der ihn (den schützen .ister) nicht so fürchterlich
geglaubet,
bereut den hechelscherz, der ihm sein äuge raubet. 2, 60;
ein feiner spott, ein hechelscherz
war sonst bei hole zugelassen. Götz 3, 187.
HECHELSCHBIFT, f. satyra, spotudtriß, einen durchzuziehen.
Frisch 1, 39l'.
HECHELSTUHL, m. gestell, worauf die hecheln beim hecheln
des flachses oder hanfes befestigt werden. Jacobsson J, 242'.
HECHELTRÄGER, m. herumziehender hechelverkdufer : ei sehet
doch die schöne könige.und fürsten , welche wie die fast-
nachbutzen oder wie die hechlenträger und Schornsteinfeger
herein tretten. Rist friedewünsch. Teutschl. 37; unter unsern
•bauern. hirten. Jägern, bergleuten. handwerksburschen, kessel-
führern, bechelträgern, bothsknechten. fuhrleuten, trutscheln,
Tvrolern. undTyrolerinnen cursiret wirklich eine erstaunliche
menge von liedern , worunter nicht leicht eins sein wird,
woraus der dichter fürs volk nicht wenigstens etwas lernen
könnte. Bürger 32l'. mit bezug darauf dasz viele solche hau-
sierer aus Italien kommen: eben so wenig, wie Ciceros geist
seinen enkel hechellräger für den seinigen erkennen weite.
(ScHCLz) almanach der belleltristen für 1782 s. 89.
HECHELUNG, f. carminalio. Stei:<bach 1,721.
HECHELZAHN, m. zahn, stächet einer bediel: auf der mitte
dieses brettes (der hechel) ist eine vierkantige erhühung von
breiter zusammengesetzt, auf deren Oberfläche . . . viele ge-
spitzte drahtstifte oder hechelzähne senkrecht stehen. Jacobs-
so>- 2. 242'. übertragen heiszen auch die spitzen zahne einzelner
groszen fischarten hechelzähne.
HECHELZAHNMÄSZIG , adj.: keiner kan glauben, wie
stachelhaftig und hechelzahnmäszig weh einem das schrepfen
auf den Schienbeinen kitzelt, so fern ers nicht selbst erfahren.
Simpl. 4, 15 Kurz.
HECHEN, verb. keuchen, ein lautmalendes wort, öfter in der
ilerativfonn hechzen (s. d.) begegnend, mundartlich über Mittel-
deutschland verbreitet; hächen Schütz siegl. id. 2; im Osterlande
hechen schnell und kurz alem holen, wie nach angestrengtem
laufe: er kam herangehecht, herangekeucht; auch in Nieder-
deulschland hechen keuchen Woeste volksüberlief. 99.
HECHLER, m. pedinans , slrigilans, auch in übertragenem
sinne. Stieler 731.
HECHLERLN, f. pedinalrix: hächlerin Frisch 1,391*.
HECHSE, f. 1) kniebug an den hinlerßszen der thiere, mhd.
hahse. hähse, hehse und mit assimilation der inlaiäenden con-
sonanlen hasse (mhd. wb. 1, 612'). das wort hat seine heimat t/n
bairischen und fränkischen spradigebiet, reicht auch nach fiieder-
deutschland; die formen variieren: bcür. hächsen Scbm. 2,147;
poblex hechsze Dief. 443* (aus einem Mmb. voc.); henneberg.
hächse und hasse Reinwald 1,56. 61; niederl. hesene. heisene,
47
i39
HECHSE — HECHT
HECHT — HECHTKRAUT
740
hese das.; niederd. hesse br. wh. 2,626; hösse Schamb. 81* ;
dänisch im plur. haser die sehnen oder bänder im kniegelenk;
erweitert sind die formen ags. höhsene , fries. hoxene , huxne
kniekehle, was wieder mit ags. hüli, ho calx, calcaneum in Ver-
bindung steht, und alle die bisher genannten formen als verwandle
zu golh. hahan hangen, hingen tind zu hake, haken (sp. 177)
stellt, wozu auch das golh. hölia pflüg {seiner form wegen, sp. i'S)
gehört. Nemnich stellt die rnanigfachen formen des wortes zu-
sammen: poples . . der auswärts gehogene theil an den hinter-
fiiszen , in verschiedenen deutschen provinzen : die häkse,
hächse, hachse, haxe, hexe. 4,1043; hechsse oder hesse
heiszet das hinterste hein an den schöps- oder andern keulen,
so von einigen auch flegeikappe genennet wird, weil es mit
dieser einige ähnlichkeit. Ocwi. lex. (l"31) 966.
2) hechse bezeichnet nachher auch den ganzen theil eines tbier-
beines, welcher sich zwischen dem eigenllichen fusz und dem schlegH
oder oberbein befindet. Schm. 2,147; so einem rosz die hüll
oder heeszen seindt aufgelaufen. Tabernaemont. kräuterb.
(158S) 743. auf mensclten übertragen lieiszt es das bein über-
haupt, meist in verächtlichem sinne: ich lauf mir d' häxen halb
ab um dich. Schwabe lintenf. 61; daher in Kärnten hackse,
haxe, mit dem dim. haxel mehr das magere oder krumme bein
bezeichnet. Lexer 130; in Augsburg hachsen krumme beine
ScHMiD Schwab, wb. 252; aber auch ohne solchen nebensinn: ein
haar häxerl hat die gehrt Jungfer wie ein drexlerdocken.
Schwabe lintenf. 59.
3) hechse, ein krummes messer der gärtner, wird nach der
ähnlichkeit mit 1 den namen haben: die wurzeln des hopfens
mit einer hexe oder sonst scharfem messer abschneiden,
CoLERüs hausb. bei Frisch 1, 450\
HECHSEL, m., s. häcksel sji. lOS.
HECHSNEN , verb. die ßechsen des kniebuges durchschneiden,
ahd. hahsinön , hasinön, subnervare , nervös abscidere (Graff
4, SOO), niAd. hahsenen, hähsenen (?/)ö. l, 612'): item wer dem
andern sein vieh bei nacht ertödte oder hächsenete. bair.
landtagshandlungen des 15. jahrh. bei Schm. 2, 147. auch in der
gekürzten form hechsen, assimiliert hessen, gedehnt heesen (vgl.
unien an seiner stelle), s. einhechsen 3,197.
HECHT, wi. 1) esox lucius. ahd. hachit, hechit, heched ;
mhd. hechet, hecht; ags. hacod; niederl. heket lupus piscis
Kilian ; genui .mnes Stachelgebisses wegen so genannt {vgl. hechel
sp. 735), wie auch der scliwedisclie nante güdda, dän. giedde auf
gadd Stachel, der englische pike auf pike spitze, Stachel, dorn,
auch der franz. brochet auf broche spiesz, brocher durch-
stechen, der niederwendische schczipei auf schczipasch stechen,
beiszen zurückführt, lucius heget, hecht, höcht, nrf. heket,
heckte Dief. 33S'; lupus hecht 340'; einen blamenser (^o/Zei/)
von einem hechede. buch v. guter speise 2;
karpfen, forhen, hecht und ruppen
die i.sz ich lieber, denn ölsuppen. fasln, sp. 726,2;
hier (am strande mich einem fisclifnnqp) sah man aal und welsz
und auszerlesiie Schmerlen,
und perszken, meine lust, und köstlich« rorcllen,
auch karpfen, liarben, hechi, und laclis, die zier der tisch.
A. Ghypuius i (ItWs) (>4;
öfter noch, wenn es dem iiebchen gefallt und linde die luft
wellt,
stoszen den nachen wir ab hoch au! die wallende nuth,.
werleo das netz nach dem barsch und stellen dem aale die
reuKcii,
ködern die angel dem hecht, spieszen bei Inckuln ihn auf.
Arihdt ijrd. (IS4()) s. i(,'i.
sjiriehw örtlich : von kleinen fisclili'in werden die hecht gros.
ScHOTTEL 1125*; die hechle werden um deszwegen in die teiche
gesetzt, damit die andern tische nicht faul werden. I'istorius
Ihn. par. 5, no. 73 ; wie der hecht als hersclier des teiches gilt :
ein hecht ref^iert ein lange zeit
in einem wasser Kruxz und weil;
all viüclie Hetzen ilin da walten,
ward lür ein berrn und koniK Khalten.
II. VValdis I^koji 3, S;
nn Unruhe und sehrecken erregender mensch wird einem hecht
im karpfenteiche verglichen; so trifft meine beirierkmig hier
ein, dasz ein guter filoii immer der motivierende iiedit wird,
der den frommen karpfensalz der Klillen im — reiche ztim
schwimmen bringt. J. I*aul Tüan 2, 27. — Hnchxrlülich des
hechte* al» speise wird unlencliieden fridcher oder grüner, gc-
^alzner, gesottncr, gebratncr hecht; durch das sieden werden
die uhupf-en de* fi'chn blau ;
»Ic ■ li (Inf he,
ml' ' ■ in vniner hecht.
mm. r mann, mein nigel, int mir recht:
»o i>t <!• r h. I] tij'hi Kar zu bluu gftkotten. Cbli.irt \,:<^.
der redensart faule fische machen, lügen, erdichtete nachrichlen,
erlogene entschuldigungen vorbringen, sclwinl sich zur seile zu
stellen einen faulen hecht reiszen:
hast neulich hinter meinem wissn
mir einen faulen beclit frerissn.
H. Hingwald laut. warh. 368.
2) hecht, übertragen auf einen menschen, zunächst einen raub -
süchligen, was schon in frühen werken angedeutet erscheint: pei
dem hecht versten ich all wüetreici», die arm laut frejjenl
und auch ir aigen mag und freunt verderbent. Mecenberc
254,14; dis ist ein schimpflich gelichnus der vische .. ein
hecht ein riiuber. fischbüchlein aus dem auf. des 16. jahrh. im
anz. des germ. mus. 1S57, sp. 363 ; sind das nicht gestohlene
Sachen? schon gut, dasz wir euch hecht erwischt haben.
d. d. Gilblas 176 ; dann abgeblaszier , in der bedeutung wie kerl,
biirsche: verbrennt diesen brief, damit es nicht dermaleinst
ofl'enhar werde, was für drollige hechte wir sind. BCrcer
an F. L. W.Meyer den l. »nirz 1789; der medikus, der keinen
narren in der weit zum narren haben konnte, . . steckte dem
dünnen hecht {dem apolbcker Zeusler) die raufe voll wahrheit-
futter. J.Paul Hesp. 2,40; der arme hecht im parterre wird
zu sich selber sagen: solche witze kann ich auch machen.
H. Heine lt,435;
kurz, dame Vastola, von ihrem schönheitsthrone
herab gestürzt, der unwirthharen see
in einer tonne preis gegeben . . .
gesperrt zu einem solchen hechte!
und diesen feinen Seladon
(das ideal von einem besenbinder)
so olTentlich zum vater ihrer kiiuier
erklärt! Wieland 18, 151;
wird auch so ein hecht wie andre sein,
die wenig sich kümmern um ihre frauen. Kotzkbvr;
reiche hechte (unter den batiern), die das geld nicht sparen,
schmausen ihn {den getrockneten bering) zu schnaps und hier.
J. F. Kind ijeduUte;
in Baiern hecht mensch, loser vogel Schm. 2, 148.
3) hecht, in der Studentensprache, der beiszende rauch, nament-
lich des tabaks: die stuhe ist voll hecht; kerle, ihr habt einen
furchtbaren hecht in die stuhe gemacht!
HECHT, adj., ein seemännisches wort, vom schiffe gebraucht,
das kein wasser durchläszt: der kahn ist hecht;
und wellen hoch und wild, hurrah !
die barke hecht und schier —
die wasserweit ist unser haus
und lusige kerls sind wir.
Freiligrath zwischen den garben (1849) s. 169.
es ist mundartlich niederdeutsche form des adj. haft sp. 132.
HECHTAPFEL, m. eine apfelart, hellgrün mit dunleelroten
streifen. Nehnich.
HECHTBARSCH, m. perca lucioperca, der zander. IVemnich
4,907.
HECHTBAUCH, HECHTSBAUCH, m. bauch eines heclUes.
übertragen auch der bauch eines pferdes, wenn er von den rippen
an auf einmal eingezogen, und so dem bauche eines hechtes ähn-
lich ist.
HECHTGRAU, adj. grau wie der hedU an .<ieinen seitentheilen :
er trug ein hechtgraues kleid, mit rotiien aufschlagen. Les-
sing 1,233; in einem kleide, wie ich es nie getragen: es
war hechtgrau mit etwas gold. Gothe 2«, 83.
HECHThlEFER, m. f: hechtkieler, backenzähne des hechls,
mandibula lucii. Frisch 1,432*. als arzneimittel gegen selten^
stechen verwandt, öcon. lex. (1731) 968.
HECHTKOI'F, «I. 1) köpf eines hechtes:
derselb als sie wol wirdig war,
legt ihr (Oeim i/iislindlilv) ein schönen heclitknpr dar.
ijioliiiinus (Fruiikf. l.MiS) II ij« (>. I,. 4. cnp.);
aus denen beinen des hechtkopfs wollen etliche curieuse laute
die vornehmsten Werkzeuge, so bei der creu/.igung Christi vor-
gekommen, heraus bringen, öcon. lex. 9(i8, mü besag darauf:
er sah lieher Ninetten an und lauschte auf jede mimische
woge, die um jede llschreuse spielte, in die er einfahren,
auf jede schwiuimfeder eines angelhakens, der für seinen
herhtkupf ein passioniiistrumenl werden könnte. J. Faul heimt.
klai/el. 5.
2) nach der ähnlichkeit hechtkopf an pfcrden : hechtkopf,
lAle de lirochet . . . {uilrhei) gemeiniglich mehr ilick nl« leicht
ist, eine breite stirn , und den vcudertheil eingebogen hat,
welche» ihm einige Ähnlichkeit mit einem hechlkopfe gieht.
Jacobsso?» »1. flo*. hechtskopf Nrmnicii wb.
HECHTKRAUT, n. samenhaul, polamogelon rersrliiedener arten,
irrt/ die lierhte gern darauf Irirlien.
741
HECHTKREUZ — HECK
HECKÄPFEL —HECKE
r42
HECHTKKEUZ, n. ein kreusförmiger knocken des Hechtes, als
arzneimUtd verwandt : nimb chelidoniam . schweinsbein und
hechtcreutz, mnch das zu pulver. Seuteb rossarzn. 424.
HECHTLACHE, /. potamogeton senatum, eine w asser pßanse,
zwischen deren kraute sich gern die jungen hechte aufhallen,
s. hechf«tuhl.
HECHTLEBER, f. jecur lucii. an sie knüpft der leberreim
(s. d.) an.
HECHTLEICH. m. ova luciorum.
HECHTLELN, n. kleiner hecht:
iirr in des meres gründe
da schwimmt ein hechteiein. Uhlamo voVul. 72.
HECHTREISZER. m. müglied einer eigenen, namentlich in der
mark Brandenburg bestandenen fifcherzunfl , die hechte einsalzte
und verschickte. Jacobssoji 2, 242*.
HECHTSATZ. m. heiszen junge hechte, bis «c drei jähre alt sind.
HECHTSAUGE, n. äuge vom hecld: ein wolfsaug, oder hechls-
aug, oder die steinlin, die man in der schwalben leib findet,
lialien gleiclimäszige kraft (gegen die hüze in den äugen). Sebiz
felilb. 75.
HECHTSCHIMMEL, m. pferd von hechtgrauer färbe.
HECHTSLEDER, n. ; der zog aus wie hechtsleder [entfloh).
Arm« schaul). 2,266.
HECHTSTIRNE, f. heiszt die stirne eines pferdes, wenn sie zu
schmal und eingebogen ist. Nemsich.
HECHTSTÜHL. m. polaviogeton serratum, eine Wasserpflanze,
weil die jungen hechte gern zwischen ihrem schwimmenden kraule
stehen, s. bechtlache.
HECHTTEICH, vi. lach in dem hechle gezogen werden, öcon.
lex. fl731) 977.
HECHTWASSER, n. wasser worin der hecht schwimmt und jagt,
bildlich: Everard wurde durch Firmians entfernung erst in sein
elemenf, sein rechtes hechtwasser gesetzt. i.PkVL Siebenk.i.nd.
HECHTZAHIN, «I. zahn vom hechte: luciodontes .. verstei-
nerte hechtzähne. Nemnich 3, 458. auf räuberische menschen
übertragen : der ihnen den raub aus den hechtzähnen zu ziehen
drohte. J. ?\xsl Titan 3,146.
HECHZEN, verb. schluchzen, ein lautmalendes wort, wie besehen
und hetschen: bair. hechezen, hichezen. keuchen, schluchzen,
vom pferde auch wiehern Schm. 2,143; rheinisch hechzen, am
fiiederrhein hechten Kehreis 190; tn Hessen hechzen keuchen
Vn.MAR 156; singuUare hichezen Dief. nov. gloss. 340'; auch
Schwab, hiechzen schluchzen Schmid 277 ; in Kärnten hahazen
ächzen, keuchen Lexer 130.
HECK, n. product des hackens, gehack: das hack dein und
schlag aier in schusseln . . . wirf das heck darein, kuchen-
meisterei ciij.
HECK, n. das collectivum zu hag sp. 137, in zwei bedeulungen.
l) dorngebüsch , geslrüpp aus dornichten sträuchem : dumus
hegk, hekcb Dief. 192'; dumus heck o. stait (sfuH) do vi!
bnsz in Stent, nov. gloss. 142'; heg, hechk das.; repres hegg
37b'; heck, vepres, dumus, rubus, inde labrusca idem voc. ine.
theut. i2; audi vom einzelnen dornstrauche :
gleich wie ein dorn und heck uns unversehens ritzet.
Wese»»ick spielsieben (17u2) 32.
3) in fiiedersacluen heiszt heck die aus reisem geflochtene oder
aus latten zusammen geschlagene thür, welche den eingany und
ausgang eines dorfes der ganzen breite des fahrwegs nach ver-
sciilieszt. Schmidt v. VVernelche.n ged. s. 10. 17; in Holstein hek
die thüre eines zaunes oder geheges dem vieh den durchgang zu
wehren. ScHiJTZE 2, 12S ; ähnlich niederl. heck neben hecke Kilia:« ;
engl, halch, </if<r, luke, auch die halbe thür der breite nach an
den Ivlusern der landleute ; schwed. hack raufe, hack pa en
vagn , leiter eines wagens , wie ähnlich im Waldeckschen heck,
hawerheck das hölzerne gitterartige gestell einer sense beim haber-
mähen genannt wird (Ccrtze 470*>; indem sie das heck öffnete,
sang sie. Hippel {lebensl.) 3,215; die bäuerin eilt ans heck.
W.Alexis ruhe ist die erste bürgerpflictU 1 (1S52) s. 123 ;
und rief im ilorf dem ersten knecht,
der mir am heck bciregnei.
ScHüiDT V. Wem. almanacli 1798, s. 31-,
einyang und ausgang einer schonung:
trotz der warnunKstarel
schlüpft der mariier, keck,
seitwärts durch der schonung heck. 124.
3) heck, der hinterste Iheil eines scitiffes , 'oltngefäkr von der
Oberkante des lunteisten endes des untersten barkJiolzes bis zum
bfirä.' Jacobsso«» «. 60*. — In dm hedeutungen 1 und 2 wecliselt
au» wart mtl dem wcibltciieii hecke, s. d.
HECKAPFEL, ni. pyrus malus fruleseens, staudenapfel, Johan-
nisapfel.
HECKRÄLKEN, m. der obere letzte balken im hinlertheile eines
Schilfes, welcher über das ganze sclüff reicht, in der mitte auf den
hintersteren und mit den enden auf den randhülzem rulit. s. heck 3.
HECKBAUER , m. bauer der zugleich als vogelhecke dient,
foetura avium in cavea: dasz ein solcher grüner schlummer-
käfig wie ein vergröszerter kanarien - heckbauer aussieht.
J. Paul Siebenk. 2, 8.
HECKRAUM, m. liguslrum vulgare, haTtriegel,^ zaunriegel. vgl.
heckenhaum.
HECKRL\DER, m. operarius qui colliqat sentes et dumos sepis;
qui dumeluni sepis vinculis constringit. Frisch 1, 395'.
HECKRUCHE, f carpinus belulus, hagebuche. Nemnich 2, 895.
HECKDORN, m. hagedorn , Crataegus oxyacantha. Nemnich
2,1270. auch der schwarzdorn, prunusspinosa. i,lQ'i&. schwarze
heckdornen {werden anstatt Stecknadeln gebraucht). Happel acad.
rom. 783.
HECKDRÜSE, f s. unter begedrüse.
HECKE, f. sepimentum; foetura; wie hag sp. 137 eine bildung
von der würzet hag hauen , stechen , wobei der wurzelbegriff auf
stechendes, dornichtes gebüsch specialisiert erscheint {s. unten die
bedeulungen 1 — 8). der begriff foetura entwickelt sich, urie unten
gezeigt wird, zunächst aus dem örtliclien sinne des gebüsches. die
älteren formen des wortes ergeben rücksichllich der den stamm
schlieszenden gutturalen dasselbe schwanken innerhalb der drei
stufen des lautes, icie es bei haken sp. 103 zu verzeichnen war:
ahd. hegga (Graff 4, 762) mit der nebenform hecka «n hecke-
mi'ire maceriae (2, 841); mhd. hegge (Neidhart xxi. 11) und
hecke ; sp<i/er noch vepres hegge, hecke Dief. 6tl'; dumus hekch
192'; auch im englischen zeigen die verschiedenen formen altes
schwanken der gutturalen an, hedge weist auf älteres hecge {icie
edge aus ags. ecg entstanden ist, hegge Sachsenchron. z.j. 547),
hatch geht auf ags. häcce zurück. — hecke drückt aus:
1) den stechenden dornstrauch , vorzüglich die galtung rubus,
brombeere und ihre verwandte: dumus, hecke, stöde in dem
wolde Dief. nov. gloss. 142'; wenn der herr Sebah und Zal-
muna in meine band gibt, wil ich ewr fleisch mit dornen
aus der wüsten, und mit hecken zudreschen. richter S.l; er
nam die ehesten der stad und dornen aus der wüsten und
hecken, und lies es die leute zu Sucotb fülen. ».16; da
werden dornen und hecken sein (eis yjoaov eaovrat, xai
eis axav&av septuag.) Jes. 7, 23 ; denn es werden auf dem
acker meines volk? dornen und hecken wachsen (^ y^ tov
Äaav ftov, axav&a xai xooros avaß^aerai sept.). 32,13;
seet nicht unter die hecken (urj aTteior^re in äxavd'ats
sept.). Jer. 4,3; man lieset nicht feigen von den dornen,
auch so lieset man nicht drauben von den hecken (ov yk^
i^ axavd'cä-v avXjJyovaiv dvxa, ovSs ix ßarov XQvyöiatv
arafvXrjv, goth. ni auk us })aurnura lisanda smakkans, nih
})an US aihvatundjai trndanda veinabasja). Luc. 6,44;
wir irren ohne ruh. wenn wir den leib ausstrecken,
verkehrt das küssen sich in allzeit Trische hecken.
A. Grtphiüs (1698) 1,45.
2) viel häufiger im allgemeinen sinne, niedriges, domiges und
stachliches gebüsch: spinetum hecke Dief. 547'; /r«/ex gestreiisz
von bolz, hecken 249'; beckwald, ein ort da vil dornhecken
wachsen , dumetum , spinetum Dasvp. ; hecken , dorngesteüd,
senticetum Maaler 215'; hacke, pro dornpusch, dumetum Steih-
BACu 1, 666 ; sepimenta, hecken die man setzt, dasz ein zäun
darausz w erde. Alb. ; hecke ist ein wildes und von sich selbst
auf den feldern und wiesen, an den wegen und hölzern ge-
wachsenes ungeschlachtes gebüsche, aus allerhand doru-
sträuchern und andern buschholz . . . bestehend, öcon. lex.
(1731) 978; sähe einen wider hinder im, in der hecken mit
seinen hörnern hangen, l Mos. 22.13; das sie komen und
alle sich legen an die trocken beche, und in die Steinklüfte,
und in alle hecken, und in alle püssche. Jes. 7, 19; es feret
daher der lewe aus seiner hecke (ix Trjs fiärS^as ai/rov
«7»/.). Jer. 4,7; und wie eine hecken im garten ist, darauf
allerlei vogel nisten. Baruch 6,70; zu Quintin lieszen sich
die ratten zwen monat nit sehen, und starben vor schrecken,
und die hasen liefen im land Lützelhurg ausz den hecken.
Garg.lSI*; und hiebst um dich herum? da wirds den hecken
und dornen gut gegangen sein. Göthe 8, lü; jeder bäum,
jede hecke ist ein strausz von blüthen. 16,6;
und alles, das dem leib sanft ihut,
das wil mich ntraer dünken gut,
und künweilen uotern hecken,
das wil mir alles uimt.i' schmecken, fasln, fp. 720 37/
47*
743
HECKE
HECKE — HECKELKRAUT
744
es mag gar licht ein wind har fegen
er döt den Crowen die stürz ab wegen
die hangen an den nächsten hecken.
Brani narrensch. HO', 100;
wo dir geliebt, in ungeheuren hecken
durch zeichen, durch gesteht, durch licht uns zu erschrecken.
A. Grtpuius I69S 1, IJU;
ttzt wird da kaum geschaut
ein altes mauerwerk und unter den gebeinen,
uiit hecken ganz Terschrenkt. Opitz I, r^9;
wie, wann des müllers brauner stecken,
den esel, welcher ledig zeucht, . . .
vielleicht Ton distelreichen hecken
gehietherisch verscheucht. Uz 2,268;
herr Goldmar geht durch hecken,
er rauschet durch das grün, ühland ged. 227;
aus den hecken, bang und scheue,
bricht hervor ein zartes reh. R. Reinicc Ucder 156.
in den hecken reiten, slrauchdieberei treiben (s. heckenreiter):
wan ir in hecken reiten,
so hallen ir euch Teucht.
ir nementz den kauHeuten,
das hond ir noch nit beicht. Soltau 226 (v. 1519).
spricliwürtliches : sollen wir zu inen tretten, so müssen sie
warlich solche ergernis der Uneinigkeit wegthun , und des
texls und Verstands zuvor eins und gewis werden, sonst
schewen wir uns ganz billich, und sagen, der teufel ist in
der hecken. Luther 3, 44o'; wider die kleinmütigen und ver-
zagten sagt er, wer alle hecken schewen wolle, werde nimmer
zu keinem wald kommen. Zinkgref apoplith l (1626) 219 ; wann
du jede hecken fürchten wilst, so wirstu dein lebtag in keinen
wald kommen. Simpl. 3, 199 Kurz;
E. der blitz, der stamm erschellt,
zermalmt die schwachen äst. S. er schont der kleinen hecken,
wenn er die zedern trifft. Lohknstein Sophon. s. 91, 441.
3) wie hag 4 und hagen 5 {sp. 138. 151) gewinnt auch hecke
die erweiterte bedeutung gehOh, kleiner wald: haben auch solche
hecken begangen, weisth. l, 595 ; aus des mannes eigenem
gehölz und bäumen, so in seinen eigenen hecken gewachsen
sein. 605; die sonslen ander gehölze in anderer leutlie rüder
und hecken hinweg genommen, das.; die hecke eine.t einzelnen
kann ein llieil eines der ganzen gemeinde zustehenden tvaldes sein:
ilein , im gemeinen wald aus anderer leuthe hecken reife-
slangen, tiudern, Stangen, gärten, und dergleichen abgeholet.
tlu.selbst.
4) von dem gdrlner wird eine vornehmlich durch strauchobsl
gebildete wand in einem garten eine hecke genannt: in den
gärlen werden dagegen hecken mit lleisz gezogen . . . diese
hecken setzt man zum theil frei, zum theil werden sie an
geländern und bindwerk gezogen und zierlich unter der schere
gehallen. Jacobsson 2,243*;
sehn von weitem schon im garten dich
deine hecken stutzen, bäume kappen.
Schmidt v. Wermeucher ged. lOS.
6) gewöhnlicher aber heiszt hecke die einfriedigung eines gartens
oder feldes durch niedriges geslrduch, schon ahd.: heggo vallo
Graff 4,762; häufig seit der neuern zeit: hecke sepes Stieler
727 ; lebendige hecke sepes sylvestris, naturalis, gemachte hecke
lepes structilis. das.; man kann jeden bauer nicht zwingen,
eine mauer oder eine lebendige hecke um seine gründe zu
halten, und eine (odle hecke (eine hecke von dürrem geslrducli),
oder ein graben rückt leicht unvermerkt fort. Moser osn.
grsch. 1,120; kommen mir für wie die hecken, die meine
bauren gar schlau um ihre feldcr herumführen, dasz ja kein
hase drüber setzt. Scbiller rduber 1, 1 ; diese drei oder vier
waren über die hecke gestiegen, polil. slockf. 284; aus einer
ecke des gartens, zunächst der einfassenden hecke. Imnek-
MANN Münclih. 1, 86;
umzäunt von grüner hecko
blüht blume, Lohn und Frucht. Voss;
zäun und Lecke werden oft verbunden gebraucht, da der begriff
beider Wörter in einander üherflieszt: wo man einen oder mehr
kranke und lahme leiiiciiweber auf dem markt, in hfluseru
und hinter den zäunen und hecken anIralT. Simpl. l,ioa Kurz;
ein höl/.cni männlein, wunderlich ge.iclimückt,
l«t aulKeAtelli Vor all den kOlinen rurki'ii,
ein niAnnleJD, In die Rtnlluiig hingebiir.kt,
die hinter zäunen heiniiicb Ist und hecken.
l'utA:<i> yed. 437.
ahnluh: wffiiii Hf-riiiann der befreier nicht gewesen wäre, so
»atzet Ihr nicht so breit hier twiicben euren hecken und
pfiblen. imiERiiAnN Munchh. t,ui. iprichwöTÜKh: was die ege
bestrichen und die hecke bedecket, das folget dem erbe (es
ist feld und garten als zugehvr zum hause gemeint). Pistorids thes.
par. 3, 86; hinter der hecke hallen, jemand auflauern: so läsle
• sich der teufel nicht von jedermans geschrei erschräcken :
er hält lang hinder der hecken. J. Nas der warnungsengel 138 ;
wo die hecke am niedrigsten isl, da steigt man über; hinter
der hecke sind auch Icule, summa saepe ingenia in occulto
latent. Serz 65'.
6) hecke, wie heck 2 (sp. 741) das eine dorßrasze versper-
rende gatter (engl, halch gatter, einfalirt , auch Schraffierung):
es soll ein jeder im ein- und ausgehen oder fahren , die
hecke vor dem ende des dorfes zutiiachen. Ordnung von Rügen-
walde, bei Frisch 1,395*; im Gütlingischen isl hi^ke, büke eine
vor der eigentlichen hausthür befindliche halbe gatterlhür, welche,
während die hausthür selbst zurückgelehnt isl, den eingang ins
haus versperrt und, wenn sie geöffnet ist, von selbst wieder zu-
fällt. Schambach 77'; vergl. auch hake sp. 179. ein hieran an-
lehnendes nd. Sprichwort en up der büke sitlen ihm hinterher
sän, findet sich ähnlich auch im obern Deutschland : er ist gleich
bei der hecke, ad omnia paralus et expeditus, statim se offert,
promlus manu. Serz 65*.
7) hecke, der aus reisig geflochlene schanzkorb:
vor Toreneck in einer heck
hat man ein scharpl'e metz (eine knnone) gesehn.
UlLDEBRAHO votkst. 93, 3.
8) hecke, eine art falle zum fang jagdbarer thiere, wol davon
so genannt, das sie mit reisigem holz bedeckt ist: das nyemanl
in demselben wiltbanne jagen sali, dann ein keiser und eiu
faudt von Minzenberg, der sali jagen äne hecken und Äne
garn tzu zocken ; were darüber jagt tzu der hecken und be-
griffen wirt, der hat ein hant verloren, weisth. 1, 498 (v. 133S).
vergl. das bair. gehägel: hasen in schnüren, gchägeln, träten
oder fallen zu fahen. Schm. 2,162; ferner gehag, eine art von
un weidmännischem jagen in Baiern, gehägte, eben dergleichen art
beim hasenfangen. Frisch 1,396"; hecken, eine art von unweid-
männischem jagen 395'. die hecke scheint der drauche (2,1342)
nahe verwandt, da drflher und heckenjeger zusammen genannt
werden, s. nachher heckenjäger.
9) hecke, foetura und tempus foeturae scheint von dem bis-
herigen abzuliegen, und ist doch nichts als der unter 2 und 3
entwickelte örtliche sinn auf den Vorgang übertragen, der gebüsch
und ifald voraussetzt; das hierzu gehörige verbum hecken, früher
reflexiv sich hecken Iteiszt zunächst sich in einer hecke festsetzen,
sich einnisten, vergl. unten hecken 2; in ganz ähnlicher weise
hat auch hagen die bedeutung aviarium entwickelt, sp. 151. hecke,
vorzugsweise von vögeln, auch in zweiler knie von zalimen im
zimmer gehaltenen, gesagt, drückt aus:
a) den ort des heckens : hacke, ornithotrophium, locus ubi ani-
malia ad procreandas soboles asservantur. Steinbach 1,666; daher
pflegt inan z. e. von den canarienvügeln zu sagen: man habe
sie in die hecke geworfen , wenn man sie nemlich in ein
freies und geraumes behällnis (zum begatten) gebracht, öcon.
lex. (1731) 982; übertragen:
und ach! was ist die weit? der schnöden Unzucht hecke.
PuiLANDBR v. D. LiNDE galante ged. (I71Ü) s. 67.
b) den act und die zeit des ausbrütens: der vogel ist von
der ersten oder zweiten hecke. Jacobssom 6,61"; bildlieh:
aber er (der name Achatonyx) ist bei den alten ganz uner-
hört, und selbst die spätem Schriftsteller . . . kennen ihn
nicht, so dasz er aus einer ganz neuen hecke sein musz.
Lessing 8,81.
c) die junge brut selbst: wie mögen sie ihr (der natur) wohl
vürschreil)en , wie sie das all? ob sies einzeln, oder paar-
weise? oder die ganze hecke auf ein mal ausfliegen lassen
soll? BCrgeh 319*.
10) als erstes glied einiger composita entwickelt hecke den begriff
des hcimlicltcn, nicht legitimen, vergl. heckeiuünie, bcckenarzi,
heckenjäger, bcckoiiwirl, hcrkgroschen u.a.
UKCKEGHUSCIltN. IlECKtiltOSCIlEN, ni. l) yrosciien wn
falschem oder unerlaubtem gejirdge; vergl. heckeinünze.
2) yroschen der nacli dem Volksglauben andere hcckl (s. heck-
pfennig): hier ist eine (mtime) davon, ein schöner Schweden-
thalcr. der oheiin gab mir ihn bei der einsegnung als het k-
gruschen und ich trage ihn seil der zeit in der bOnie. Fbeytac
handsdir. 1 , Wl.
HECKFLKHAIJT, n, unmis arvtnsis, hauhechrl, und scandix
pecten Vencrts , ion\l liiilutknmm ; miutiis , lnwlicckel , liii kr!
kraut. Al»krus.
745
HECKEMÄNNCHEN-- HECKEN
HECKEN
746
HECKEMLNNCHEN, HECKMÄNNCHEN, f. die aWaune, die
mit der kraß geld zu hecken begabt gedacht wird, sprichicörtlich
häszt es von einem, dessen gut sich in auffallender ueise mehrt.
er musz eia heckemännchen haben; das heckmännclien aller
männer und zeiten. J. Pacl leb. Fibels s. 27. im Göttingischen
ist heckemänneken auf ein geldstücJc übertragen, was immer
neues qeld hervorbringt. Schajcbach 78*.
HECKEMÜNZE, HECKMLNZE, f. monela vUior, nullius
auäoritatis. Fkisch 1,675*; dieweil man mit groszen schaden
erfahren , dasz die heckenmünzen hin und wider in den
kreiszen auszgebreitet , gemeinem besten Loch schädlich.
abschied des reichst, v. Speier 1570, § 133 ; heckenmünze, mon- !
noie defendue; fabrique de fausse monnoie; monnoie fausse, qui
n'est pas loiale. Rondead diel. 2S9 ; maszen niemals kein dieb-
slal Ton einiger importanz, keine heckmünze, kein falsches
gepräge würde klagbar geworden sein, wobei nicht ein Jude
solle interessirt gewesen sein. Hasards lebensgesch. 235. auch
die anstaU in der soldie münzen geprägt werden : beckenmünze,
monetarium privatum, jus monetae cudendae non habens. Stie-
I.ER 1310.
HECKEMÜNZER, HECKENMCNZER , m. falschmünzer :
heckenmünzer, faux monnoieur. Rosdead 289.
HECKEMÜNZMEISTER, m. : das gepräge, was er trägt, ist
nicht das werk eines heckemünzmeisters, sondern des red-
lichen gemeinen wesens. .Moser patr. phant. 3 (1798) 194.
HECKEMLTTER, HECKMLTTER, /.; es ist eine gute heck-
mutter, felix et foecunda est puerpera. Stieler 728. vgl. unten
hecken 2, c. im Götlingischen heckmoime für eine frau die viele
Idnder geboren hat. Schambach 78*.
HECKEN, verb. in zwei völlig gesciäedenen bedeutungen.
1) hecken ist , wie hacken , eine itilensirbildung zur wurzel
hag, die in dem verbum hauen mit abgeworfener schlieszender
gulturalis hervortritt (sp. 574). die intensivbildung hat nach viel-
fach gebräuchlicher weise den wurzelschlusz verstärkt, und theils
unumgelautele , theils umgelautele form entwickelt {wie die ganz
glcicJien bildungen schmucken und schmücken von schmiegen,
zucken und zücken ton ziehen u. a.), nur dasz in beiden ver-
schiedene selten der Wurzelbedeutung zum ausdruck gelangt sind:
wenn hacken auf das intensive schlagen zielt, so geht hecken
vielmehr auf beiszen und stechen, nach bedeutungen von hauen
die sp. 579 aufgeführt sind. ahd. hekchan , hecchan , hechan
mordere Graff 4,762; mhd. hecken hauen, stechen (tc6. 1,607');
nl. hecken mordere Kiliax ; nhd. hecken , stupfen , pungere,
slimulare Maaler 215'; gift, das .. zuletzt wie ein schlang und
scorpio beiszt oder heckt. S. Fr.ink sprichw. 2,23*; welches
{scharfe hörn) es in seinen rächen heckt. Forer fischb. 38*;
so ein ross geheckt wird, es sei von was vergiftem thier es
wolle. Secter rossarzn. 122; haemorrhois, .. ein schlang welches
bis oder hecken machet das blut auszflieszen. Dasyp. ;
beimlicb zu im her kriechen was
ein grosze schlang die mein sobn becket.
H. Sachs 3, 1, 188';
untrewe art hell widerpart,
spür ich in meinen sachen,
wer weis wie lang mich heckt die schlang,
das ich sein auch würd lachen.
Ambr. liederb. no. 194, 11;
übertragen im sinne von plagen:
unfal thet st ser hecken,
verluren leib und gfit. Soltau 218 (». 1516);
noch b(ar. Lecken stechen, von bleuen, mucken, scorpionen,
schlangen Schm. 2,149; in Kärnten hacken siechen, verwunden,
besonders von we.<ipen- und bienenstichen Lexer 136 ; im Luser-
nischen hocken Ziscerle 34'; Schweiz. Lecken Stalder 2,29;
in Appenz.'ll hecka mit gift, namentlich von krölen, besprengen,
dann übertragen plagen, necken. Tobler 260*; in Tirol ist hecken
auf ein spiel gewendet, in dem man eier auf einander schlägt,
was sonst auch pecken {schlagen, klopfen) genannt wird. Fromm.
6, 148 {dasselbe spiel heitzl in fiürnberg härtein, sp. 510). dieser
bedeutung füll aucii zu, wenn hecken vom durchbrechen der ersten
zäline bä kindern gebraucht wird : rfen/io zahne bekommen, zahne
hecken. Kirscb comuc; vergl. häckerchen sp. 105.
2) ein ganz anderes wort ist hecken im gegensalz zu dem
vorigen oberdeutsdien von müteldetitscher heimat und in der be-
deutung parere, nämlich ein denominativ von hecke in der bedeu-
tung 2 und 3 (sp. 743). es ist ganz gleich wie Lausen {sp. 657)
von Laus gebildet, und sagt zunächst nur aus in einer hecke
sitzen, dort nisten, der Übergang in die heutige bedeutung wird
durch die folgenden beispiele anschaulich.
a) die älteste fügung ist die reflexive, zunächst in bezug auf
vügel, dann aber auch in freierer anwendung:
ander rogele hecken
sich möjen von der alten kraft
daj sie werden libhaft.
H. T. Krolewitz Vaterunser 4345
(vorher 4340 nisten);
die barbarei hat dort ein rauchaltar.
auf selben hecken sich die ungeschickten (holen.
Che. Gbtphics poet. wäld. 2, 421-
der sorgenwurm heckt sich in seidenwurms geweben.
LoHENSTKl5 .4rmin. 1, 557*;
es kann sich keine schneck im meere sicher hecken.
WlEDMASS dec. 90;
solche bastart und gothisch rott
sich lang bei uns gehecket hat. Opel u. Cotn 338,22;
nun sich die sünde mehrt
und mancher widerchrist in gottes tempel lehrt,
und schwere ketzerei sich heckt in allen landen.
A. Grtphics 1698 2, 424.
b) Lecken, intransitiv, in der hecke weilen, mäen, von vögeln
und anderm gethier:
Melis hatte sich gestrecket
ohngefehr auf seinen bauch
hinter einen baselstraucb,
da so mancher vogel hecket.
FLEmn«c 1. 366 Lappenb. {Od. 4, 28) ;
wiewol du uns hast wollen stecken
in örter, wo die drachen hecken.
Opitz psalmen s. ST ;
sie irrten, wenn der mondenschein
den wald mit silber deckte,
vertraulich durch den myrthenhain,
wo mancher voget heckte. Höltt 27 Halm.
c) von hier aus entfallet transitives hecken den sinn sidi be-
gatten, junge zeugen, Mas worl gehl auszer auf vögel auch auf
kleinere fruchtbare säugethiere: denn der vogel hat ein haus
funden, und die schwalbe ir nest, da sie junge hecken,
ps. 84, 4; solche wolthaten gottes geniesze er auch von dem
geflügel, so von einer zeit zu der andern sich bei ihm nieder-
lieszen, entweder zu ruhen und sicL zu speisen oder eier
zu legen und junge zu Lecken. Simpl. 2, 261 Kurz; von einer
gattung Vögel , die zu derselben zeit ankommen und junge
Lecken. 262; eine frembde cjprische katz die wol mausen kan,
ist einem hauszvater nützlicher, als alle in seinem hause
geheckete einheimische ratten und mause. Schüppics 56 ; keine
atzel heckt eine taube. Pistoriüs thes. par. 4, 90 ; es hecket
keine taube einen sperber, fortes creantur forlibus et bonis,
neque imbellem feroces progenerant aquilae columbam. Stieler 728 ;
dann der baasz ist gern, da er geheckt wird. Garg. 260* ;
wo der storch auf hohem sitze
friedlich seine jungen heckt. Saus j/ed. (1803) s. 84.
oft ist das objed zu ergänzen: item, so hegget und tregt ein
jglich thier und allerlei vogel zu seinerzeit. LtrrnER 6, 134';
die caninicLen fangen an zu Lecken, wenn sie secLs monat
alt sind. öcon. lex. (1731) 429;
ich geh und will den bahn (der amsel) zur sie in bauer stecken ;
die jungen bring ich dir, sobald die alten hecken.
Gellkrt 3, 461 ;
setzet eure vorhnt dabin,
wo die Wölfe nistend hecken. Göthe 3, 221;
der k'ukuk, der der grasemück
so gern ins nestcheo heckt.
Shakesp. sommernachstraum 3, 1;
seWst scherzhaft von fruchtbaren menschen (vergl. heckemutter) :
doch es ist gut für die nation, dasz es auch leute giebl, die
hecken, mein bruder mästet sich mit ehelicher liebe, und ist
schon am duzend kinder. Stcrz 1, 27. in noch freierer anwen-
dung: gelt sei oft unfruchtbare wahr, trage und Lecke nicht
wider gelt {ausspruch Luthers). Zi5kgref apophth. 1 (1626) 254 ;
ja ist ein Sprichwort worden draus,
der neid werd zu holt ghecket aus.
aber in klöstem werd erzogen.
Fischart r. St. Dominici leben D 1* (v. 670 Hurz):
dasz todtes Pferdefleisch den schwarzen kefer heckt,
ein krebs den scorpion, der kotb den frosch erweckt.
Opitz 1, 47;
der himmel hat gezürnt, das feuer uns verzehret,
die luft auch pest geheckt. 2,97;
itzt heckt die faule luft geschwinde pestilenzen.
A. Grtpbios 1698 1, 18;
und sprach : mein bruder schau, heckt auch die höllsche weh
so «ine grimme pest? «. 141:
747
HECKEN — HECKENJÄGER
HECKENIvÄFER — UECKENWINDE
748
gib acluung, bitt ich dich, wie unsre licder scbullea,
uod was tur eine briu man allentlialbeii heckt,
so >vuii sieb dus gebiet des teutschen bodens streckt.
Camz ged. ytj;
wo mir das brot am beszten schmeckt,
und wo mein pfeunig junge bäckt,
da ruhet mein vertriebner sinn.
Stoppe bei Steimbach 1, C(>6.
d) hecken, in scherzhaftem oder halb veräclUlichent sinne über-
trayen auf das hervorbringen von gedanken , planen und an-
schlagen: wenn der köpf eines Spielers wie des miltonschen
leufels seiner täglich eine grosze sünde hecket. J. Paul teuf,
pap. 1,70; dieses jämmerliche Wortspiel heckte .. ich. *. hl;
verse ohne allen reim und metrum, dergleichen ich 1000 in
einer stunde hecke, wenns sein musz. ßegelj. 1,7(5;
der wünsch der Zärtlichkeit, der wünsche widerspiel,
die olt der ebstand heckt, erreicht sein edles ziel.
Hageoohn 2, 103;
wer tücke heckt, musz nüchtern sein. 3, 125;
hinterm oTen sitzt und heckt
Schelmerei die streiche. Ovkrbbck ged. 241;
er ist ein taugenichts, der voller thorheit steckt,
spielt, säurt und tabak raucht, und tolle streiche heckt.
GöTUK 7, 41.
vergl. aushecken.
3) hecken in folgendem:
der grose Uololern heckt seinen heldenmuth
an diesz zwar zierliches, doch gleichwol Icindlichs blut.
Opitz 3, 79,
tsl vol nur druckfehler für henken.
HECKENAMMER, f. emberiia cirlus, gefleckte ammer. Nemnicu
2,1477.
HECKENAPFEL, m. pyrus malus frulescens, slaudenapfel,
Johannisapfel. Nemnicu; heckenapfel spineolus Dasvp. vergl.
heckapfel. i
HECKENARZT, m. ärztlicher pfuscher (vgl. iiecke 10 sp. 744) :
solche gemeine bartscherer, heckenärzt, henkersbuben. Taber-
NAEMONTANüs kräulerb. (l5bs) 4ö2.
HECKENBAUM, m. bäum der sich zum ziehen in hecken eignet,
namentlich hciszl so cornus sangtunea , der hartriegel (Nemnicu
•.:, 1228). und liqustrum vulgare (3, 409).
HECKEN BEERE, f. ribes uva crispa, wilde Stachelbeere. Nem-
nicu 4, MUO.
HECKE.N'BINDER , m. arbeiter der dornenbecken zu zäunen
bindet und zubereitet. Frisch 1, 395'.
HECKENDARM, m. cucubalus baccifera, der grosze schwarze
hühnerdarm , änc pflanze die vorzüglich zwischen hecken wächst.
HECKENDIEB , vi. Strauchdieb, auch heckdieb latro He-
:<iscH U91.
HECKENFEUER, HECKFEüER, n. kleingewehrfeuer der infan-
tcrie , das nur von einzelnen aus dem gliede hervortretenden ab-
gegeben wird: ein gespräch, das wie ein heckenfeuer licraiil-
sprang, und wobei mir viel entging. Hippel 1,340; nicht
mehr einzeln, sondern wie heckenfeuer flogen die schmähen-
den Worte und forderungen hin und her. Frevtag handsclir.
2, 239 ; das y-anen lief von dorf zu dorf wie ein heckfeuer
umher. D. Quixote iibers. von Soltau 3, 257 (2. aufi).
HECKENFISCHER , m. Strauchdieb : mit ganz anderen ge-
fühlen blickt der freie bewohner des {Bündner) landes zu
diesen vestcn auf. meist der geschichtc unkundig sieht er
sie nur als ketlenhäuser und Zwingburgen der vorzeit an, als
die horste schuldbelastetcr Wegelagerer, gewaltlhlitiger zwing-
herrcn und ritterlicher misscthüter, schnupiihähnc , hecken-
(isclier. staudenreiter. Koul Aljtenreisen 2 (11549) 120.
HECKE.NFLAGGE, f. flagge auf dem schiff, die den wind
iinzeigt. auch nur Iiecke genannt. Keurei.n 190. s. heck 3 sp. 741.
HECKEN GANG, m. verbindungs- oder Spaziergang zwischen
zwei hecken.
HECKENHOPFEN, m. wilder, in domhecken und gebüsch
waduender hopfen. Ocon. lex. (1731) 982; beckbopfen humulus.
NtMNICB.
HECKENHURE, f Jie im gebüsch ihr wescn treibt: der war
ein hiertc und pfcifcr, lliat seinem fromen weihe wenig gnts,
hcngcl hich an heckenhuren. Jon. RnouK lugends. weibersptrgcl
(csd) Po'.
HECKENIGEL, m. der gemeine iget, crinaceus.
HECKENISOP, m. graliola officinalit, das gnadenkraut. Nen-
.1100 3. 77
HECKEN JÄGER, m. der in einer hecke (& sp. 744) jagdbare
Ihure fangt: wo mau einen dröbcr (fallentteUer, $. draucbc
theil 7, 1342) begriffe oder eicca beckcnjrger, dem lall manu
iglicheiu die rechten hant abcslugcn. weisth. 1, 49» (v. 133b).
auch einer, der zur ungewöhnlichen zeit und unerlaubt jagt. vgl.
heckjagen.
HECKENKÄFER, m. nieloe proscarabaeus. Nemnicu.
HECKENKAPER, f. capparis sepiaria , eine art des kapem-
strauchs.
HECKENKERBEL, m. Undylium anlhriscus, heckenkörfel.
Nemnicu 4,1465.
HECKENKIRSCHE , f. lonicera xylosteum. Nemmicu 3, 443.
auch die azalea hciszl so.
HECKENKRIEG, vi. kleiner krieg, bei dem der angreifer hinter
hecken lauert: der heckenkrieg (gen. plur) von verdorbenen
edelleuten und stiaszraubern nit zu reden, kriegsb. d. fr. \90.
HECKENLESER, m. reishulzleser : qui coUigit ramos tenuiores
ul fasciculos faciat. Friscu 1, 395*.
HECKENMÜNZE, f. s. heckemünze.
HECKENNESSEL, f. stachys silvatica, grosze sünknessel. Nem-
nicu 4,1361.
HECKENNUSZ, n. äne art von haselnüssen: darnach seind
(von den haselnüssen) auch gemein die langlechte waid- und
hecken nüsse. anm. weiszh. luslg. 391.
HECKENPFRIEME, f. spartium sepium, eine art des pfriemen-
krautcs.
HECKENREITER , vi. busdiklepper, Strauchdieb , wie busch-
reiter 2, 5G2: reuber die sich usz dem Stegreif ernerend als
die heckenrüter. S. FKANk spr. 2, 105* ; (ein adliclier der) für
einen oflfnen straszrauber und heckenreuter beruft und ver-
mert vvere. Germ, chron. (153s) 95"; wie bei uns etliche hecken-
leiter sich im Stegreif nehren. weltbuch (ibti') 16*; jetzt werden
die reichen Fugger höher geachtet als tausend adlige heckcn-
leiter. AasiM kronenw, 1,202;
ir heckenreuter, tönt gemach,
schiest die flilerling nit zu hoch
in dem grünen Unstern halte! Ohland volkst. 497;
Hans Quitzow schaut von seiner veste
rings, wie der falk aus hohem neste,
dem bischof und der acht zu trutz
holt er der heckenreiter schütz.
SCUMIUI V. WüHNEUCllKN ulm. 179S s. lOU.
im Nassauischen bezeichnet das fem. heckenreitersche, hecken-
reiterin, eine herumziehende, hinter den hecken, zäunen sich auf-
hallende schlechte Weibsperson. Keurein 190.
HECKENROSE, /. rosa canina, sonst hagerose (sp. 154) :
manch plätzchen traut, wo wilde nelken dütten,
wo tbymian und heckeiirose lacht.
Schmidt v. Werneücuen atm. 179S s. 79;
heckrose Lonicerüs kräuterb. 61*.
HECKENSAME, HECKSAME, m. ulcx europacus, eine ginsterart
HECKENSCHERE, f. eine grosze und mit langen griffen ver-
sehene schere, mit der der gdrtner die hecken verschneidet. Jacobs-
soN 2, 243*.
HECKENSCHIESZER, vi. die eidechsc, die in den hecken umher
fahrt, im Nassouischm. Keurein 190.
HECKENSCHLEHE, HECKSCilLEHE, f. prunus spinosa,
heck- und herbslschlehn, prunus silvestris. Stieler 1S32,
HECKENSCHMÄTZER, m. heiszen zwei vögel: die grasmückc,
motacilla curruca (Nemnicu 3, ülO), aber auch der neunlOdter,
lanius excubilor (3,323); diminutiv: das heckenschmetzcric.
cselliöniii 223. verql. dorngiitzer 2, 1297.
HECKENSCHNAKRE, f. rallus crex, dir Wachtelkönig, heck-
schnarr Nemmcu 4,1117; heckschnari'c, eine art Wasserhühner.
Frisch t. 395'.
HECKENSCHWEIN, m. erinaceus europaeus, der iget, englisch
iiedgc-iiog. NtMMCH 2, 1520.
HECKENSPINNEB, tm. pfialaenu dumeti.
HECKENVOGEL, m., was hcckcnschmätzcr.
HECKENVOLL, adj. mit dornbüsctien erfüllt:
denn Tnllt mich Morpheus an: und reist mich hin und wieder
durch bcckenvdllo berg, in ein i-ypresseiithal
und uiibewuhntes teld, und luahlt die rauhe quaal
vi-rlii^liiiT si'cleii ab ! A. (JRrpiiius IG9S 1, 210.
HECKENWALD, m. spinetum, dunutum. Maaler 215*; heck-
wald, ein ort da vi! dum hecken wachsen, dumelum, sptnetum.
Da.sypouiuh.
HECKENWANZE, f amex dumosus.
HECKENWELSZLING, m. papiUo cralatgL
HECKENVVEN/EL, m. moluctUa campestrit.
HECKENWICKE, jf. vicia dumtlorun..
HECKENWINüE, f. i^nvulmMa teyMH,
749
HECKEIN^MRT — IIECKICHT
HECKI^'G — HEDELSCIILICH
750
HECKENWIRT, m. der eine Kinkelschenke unterhält r o wie
mancher rabenvatter verkreucht sich ein und alle tag in die
heimbliche schlupfninkel zu den heckenwirten , und macht
sich da lustig mit seines gleichen halunken, er denkt aber
nicht an sein arm weih und kinder. Creidics 2, 24S. mhd.
heckwirt und heckenwirt (Lexer mhd. üb. 1, 1202). — Am
Rheine heiszt heckenwirt, auch strauszwirt der wirt. der seinen
nelbstgezogenen wein verzapß und zum zeichen gewöhnlich einen
fichlen- oder tannenzweig ans haus steckt, ein solcher wirt darf
nicht das ganze jähr hindurch Wirtschaft treiben. Kehrein 190.
HECKEPFENNIG, HECKPFENNIG, m. l) ein pfennig von
falschem oder unerlaubtem gepräge (rergl. heckemiinze).
2) ein Pfennig , der nach dem Volksglauben andere zu hecken
vermag {vgl. geld hecken sp. 746) : ohne die vermutheten eigen-
schaften eines heckpfennigs zu entdecken. Mlsäcs volksm.
(17SS) 2, 193.
HECKER, m. l) nach hecken 1 sp. 745. der da stiehl, beiszt:
hecker, beiszer, verietzer, als ein beiszenderhund. ein heckende
schlang. Thcrneisser magna alchym. (l593) 2, 127. <j«c/j über-
tragen anreizer, auflietzer: fried und zu friden handeln laszt
euch all befohlen sein : von denselbigen steht nichts prae-
figuriert, allein von den heckern und anreitzern. Paracei.s.
opp. 2, 633*. in der Schweiz heiszt hecker das reisholz. Stalder
2,29, gewii unter anlehnung an den stechenden dornstrauch; das
fem. die heckere bezeichnet die wespe. ibid.
2) hecker, winzer, ist niclits als die im 15. 16.jahrh. gewöhn-
liche Schreibweise für das jetzt gewöhnliche häcker {sp. 105) : das
ein ackerman dry halb tag sol fronen mit einem pflüg, und
ein hecker dry halb tage mit einer hepen. weislh. 4,599;
einsmals ein armer hecker was
im Frankenland, derselbig sasz
in eim dorf, heiszet Wintershausen. H. Sachs 5, 373''.
3) hecker für den eher (Nejc.mch 4, 1406) ist ebenfalls nur
aus hacker umgelautele form und steht begrifflich nahe zu hacksch
{sp. 107) und hauend schwein {sp. 579). im Göttingischen be-
zeichnet das fem. dazu hecke ein venchniltnes schwein. Jacobs-
SON 6, 61*.
HECKETHALER, HECKTHALER. m. l) Ihaler von uner-
laubtem oder falschem gepräge. vergl. heckemiinze.
2) thaler der andere heckt {vergl. Grimm myth. 572): hecke-
thaler vermehren das geld. Ccrtze419; in dem zweiten dieser
gesetze wird von den goldstücken gesagt, dasz sie wahre
heckethaler wären. Klopstock 12,39; die weiber halten ohne-
hin einen ehemann für den lebendigen teufel. dem sie ihre
seele — oft ihr kind — verschreiben, damit der böse ihnen
heckthaler und eszwaare zutrage. J.Paul Siebenk. 1,26; wie
im zimmer das weiter, so ist im freien die schöne natur der
nothpfennig und heckthaler des gesprächs. flegelj. 2, 134.
HECKEZEIT, HECKZEIT. f. zeit in der die Ihiere hecken:
Rogar die heck- und wurfzeiten jedes viehes müssen stets in
die monate seines reichlichem futters fallen. J. Paul biogr.
belust. 1. 157.
HECKHAFT, adj. foecundus, bei Stieler: tauben und hasen
sind vor anderen tieren heckbaft, columbae et lepores foecun-
diora sunt animalia. 72S-
HECKHERBERGE, f geringes und verdächtiges Wirtshaus, an
ungewöhnlichen slraszen und wäldern. Frisch 1, 395'. vergl.
heckenwirt.
HECKHOLZ, n. l) heckenbaum, cornus sangmnea und ligu-
ürum vulgare.
2) ein joch von kurzem holze, einem schweine umgehangen, um
es von dem einbrechen in gärten abzuhalten: dasz die Suppli-
kanten zwar ilife schweine den winter über, wie bisher, ohne
hirten laufen zu lassen berechtigt seien , selbige aber doch
des nachts aufstallen und bewahren, auch den übersteigenden
Schweinen sogenannte heckhölzer umhangen., sollten. .Moser
palr. phanl. 3 (l79S) s. 202 {vorher s. 201 jochhecke genannt).
HECKHOPFEN, s. heckenhopfen.
HECKICHT, adj. viil hecken bestanden, sendosus , dumosus.
Stieler 727 ; in der Weiterbildung heckechtig dumosus. spinosus
Dasyp.; heckächtig dumomis Maaler 215*; wir geriethen auch
an einem beckichten und wüsten orth zu einem see. Opitz
2, 2S6 ;
sie stampfen
um sich den heckigten wald und reiszen ihn bis zu den wurreln.
HoDüER Homer 1, 190.
HECKICHT, n. dorngebüsch, dieseWe bildung wie domicht
t, 129S: arbustum heckechl Dief. 45'; in schlechter Schreibung
heckig, dwmetum, tel dumetium idem, est locus ubi creseunt
plures vepres. voc. inc. theut. i2'.
HECKING, m. rana bufo, die kröte, in Ostreich. Nemsich
4,1123. sie ist so genannt, weil das volk glaubt, sie verwunde
durch bisz menschen ; vergl. der kroten pij ist sü unrain, daj
man in selten gehauen mag. Megenberg 296,17; und hecken
von kröten sp. 745.
HECKJAGEN, n. 1) das jagen an unerlaubten orten oder zu
verbotenen zälen. Jacobsson 2. 243*.
2) ein treibjagen, welches durch vorhölzer und hecken ange-
stellt wird, um das daselbst befindliche wild gleichfalls herbei zu
treiben, daselbst.
HECKKIRSCHE, f s. heckenkirsche.
HECKKNIE, n. kniehöher am heckbalken zur Verbindung des
hinlerschiffs. J-vcobsso"« 6, 61*.
HECKL.\UGE, f. die lauge, welche in den wachsgefäszen nach
dem anschieszen oder krystalltsieren des Salpeters zurück bleibt und
abgezapft wird : auch mutterlauge genannt. Jacobsso."* 2, 243".
HECKNATTER, f. die viper, wegen ihres bisses so genannt
{vgL hecken l sp. 745) : nater, hecknater, schlangen geschlächt,
vipera. Maaler 303*.
HECRNOT.\R, m. : hecknotarien, so ohne approbation creirt
worden, unwürdig und untüchtig dazu sind. Jülichsche rechls-
ordnung bei Frisch 1. 395'.
HECKOTTER, f die giftige otter, viper {s. hecknatter): von
der natter oder heckotter. Hohberc 3, 2, 374*.
HECKPFAHL, m. pfähl, woran das heck {no. 2 spalte 741)
befestigt ist.
HECKROSE, f, s. heckenrose.
HECKS.^.ME. m. s. heckensame.
HECKSCHLANGE, f. vipera, was hecknatter, heckotter.
heckenschlang Frischlin nomencl. bei Frisch 1.395*.
HECKSCHCLMEISTER, m. magister pergulanus. Serz 65'.
HECKSEL für häcksel häckerling sp. lOS. heckselkasten
Klamer Schmidt kom. dicht. 1S6.
HECKSTAPEL, m. pfähl, woran das heck befestigt ist. s. heck-
pfahl.
HECKSTCTZEN, f. plur. die das heck eines schiffes stützenden
balkcn. Jacobsson 6, 61*.
HECKUNG, f. progeneratio , exclusio pullorum . nidulorum
exstructio , vulgo nidificatio, foetura, foecundüas. Stieler 72S.
heckung der zahne nach zahne hecken sp. "45: nunmehro ge-
lange ich an einen zufall, welcher denen kindern am schmerz-
haftesten fällt, . . . nemlich die heckung der zahne. Ettner
hehamme 873.
HECKWEIDE, f. salix helix, bachweide, niedrige buschweide.
Nemnich 4, 1201. vergl. hageweide.
HECKWERK, n. heckenanlagen. Behrens Hercynia curiosa.
164. 165. 167.
HED.\ , die tnterjection he da {sp. 714) zusammengerückt ge-
schrieben: heda, herr von Brandeis, pst! psti kommt schnell I
Arnim schaub. 1, 24; heda! was wollt ihr damit sagen?
Kotzebüe dram. sp. 1, 307 ; heda he ! was soIi das sein ? 2, 261.
HEDE, f. siuppa, werg, ein niederdeutsches wort, von dem aber
auch die hochdeutsche form sich vereinzelt findet: stuppa beide,
held, hede Dief. 55S'; shtppa heyden, hede nov. gloss. 35l';
stuppa , hede /. werck Breslauer vocab. {manuscr.) 15. jh. ; stupa
das werck oder heden Trochüs R3*; mancher ... gedenkt
sein bischen hede besser zu nutzen. Moser palr. phanl. l (1798)
116: ist es ihnen unbekannt geblieben, dasz jährlich über
hundert centner hede zu chignons verbraucht werden? 2,72;
wie ein bund hehde. Soph. reuen l, 411 ; alifries. hede werg
RiCHTHOFEN 802'; 1« iViedprAfssen hede. Vilmar 156. etymo-
logisch hat hede, beide zu beide loca incuUa , silva keine be-
ziehung ; es geht vielmehr, indem es sich dem sinne nach mit werg,
ahd. äwirchi , später ewerch, abwerg (Kirsch eornuc.) als vom
flachse durch arbeiten entferntes, gesondertes, deckt, auf eine
einfachere form der wurzel skid, goih. skaidan , ahd. sceidan
scheiden zurück, die das erste element des anlauts nicht zeigt {wie
ahd. skama und hämo wurzclhaß zusammengehören), hede,
hochd. beide heiszt demnach eigentlich die abscheidung, und kehrt
mit diesem grundbegriffe, nur anders gewendet, im bairischen wieder:
die haid. unrat, abfall, auskehricht, unreinigkeit. Schm. 2, 151.
HEDEL, m. der obere thcil des Schlammes beim scldemmen der
erze. miner. lex. 291". vgl. hädel sp. 109, und häuptel sp. 610.
HEDELHERD. m. herd zum waschen der erze. Jacobsson 6, 6l'.
HEDELSCHLICH, wj. der oberste, 6«te sddich beim wasciten
und schlemmen der erze.
751
HEDEN — HEER
HEER
752
HEDEN, adj. aus hede, werg , gefertigt: hedene leinwand.
Jacobsson 2, 213'.
HEDERER, m., s. haderer.
HEDERICH, m. und n. 1) erysimum ofßcinale, wilder senf,
eine in rispen wachsende pflanze (der name erscheint in folge
dessen an liader angelehnt, vergl. sp. 112 und hadel sp. 109).
es erscheint als Unkraut auf ackern : hedericli ist ein kraul,
welches auf den ackern . . . sonderlich aber auf denen mit
haber besäeten feldern inanchnial in solcher menge wachset,
dasz man von ferne nicht änderst denken solle, als es seie
der acker über und über mit riebsen besäet. Ocon. lex. (l"3l)
9S3; da sonst in andere wege gegen dem früling nichts an-
ders dann hederich, hattich und ander unkraut würden mit
der frucht aufwachsen. Sebiz feldb. 290; Christus wolt nicht
das hedderich ausrotten lassen, das nicht auch der weilzen
mit ausgerottet würde. Luther 1, 492'. erysimon hederich,
wegsenf Dief. 208'; wegesenf, erysimon, et verbcna foeminae,
alias hederich. Stieleb 2011. als name ähnlicher pflanzen:
erysimum alliaria, knoblauchhederich; erysimum cheiranthoides,
der levkojenarlige hederich, schotendolter; sinapis arvensis,
gelber falscher hederich, ackersenf; raphamis raphanislrum,
weiszer hederich, auch heidenrettich, heiderich, ackerrettich;
rumar acutus, rother hederich. in f^iedersachsen führt auch
glecoma hederacea, der gundermann, den namen hederik, hede-
rich , huderich ; noch anderswo endlich heiszt hederich tlUaspi
arvense, der batiernsenf. Nemnicq.
2) sluppa hederick Dief. 558". aus einem niedersächs. glossar
des lt. jahrh. ist wol nichts als vereinzelte Weiterbildung von hede.
HEDERISCH, adj., die umgelautele form von haderisch, streit-
süchtig, zanksüchtig, vergl. sp. 114:
umb das ir seit so hedrisch leut. fastn. sp. 222, 25.
HEDERLE, interj. in einem fuhrmannsliede, wol an den aus-
ruf he, wie ihn der fuhrmann braucht, verkleinernd angelehnt,
während das damit verbundene zum fitz und federle an das
klatschen mit der peitsche erinnern soll, vergl. 3,1694 unten:
es wolt ein furman ins Elsasz faren,
er wolt ein Inder wein aufladen,
darzu den aller — bederle
zum fitz und federle !
darzu den allerbesten. Uhla;*d volksl. "34-,
der ruf ist als refrain in allen versen des liedcs. angebracht.
HEEL, adj., andere Schreibung für hähl , glatt, schlüpfrig,
sp. 158 : doch die mühlstein recht einzurichten , rnusz man
die beede steine, wann sie etwan gar zu heel und schlipfrig
worden, fein klein und schränket hauen. Hohbebg 2, 81*. in
übertragener bedeutung:
mit schönen, helen, glatten worten.
H. Sachs 2, 2, 44'.
HEER , n. exercüus. golh. harjis ; alts. altnfr. heri ; fries.
hiri und here; nd. hör; ags. here; altn. herr, schwed. här,
Jdn. haer; ahd. hari und heri, mhd. her. das wart, über alte
deutschen dialectc gleichmäszig ausgebreitet, ist seiner etymologisclien
belüge und seiner ersten bedeutung nach noch dunkel, da sichere
vergleiche mit den urverwandten sprachen fehlen; nur zweifelnd
ist es mit sanskr. kula lierde, schwärm, menge, geschlecht, ge-
nossenschaß (Röhtl.-Rotb 2,351) zusammengestellt worden, beer
wird gebraudil:
1) von einer geschlossenen kriegerischen schaar: ahd. hari
fxercUus , heri müitia, agmen , acics , ala, miles, hostis Graff
4,983;
dannin wuhitln sint vreinkischi heri,
dl wurden Cesari al unterdan. Annolied 394;
mihd. die wellent zuo iu riten mit her in dize lant. Nib. 823, 3;
des wart das hiunische her
getnungcn vi! s£re. Hiterolf u. Dielt. 1394;
zuo dem her« breit. Alphart» toii 35, 2;
dd lacb er her daz gröze, daz üf dem vehie lac.
Kib. 180,1;
von kreujfahrern :
«Ich irhar Ton roanegen landen
des beiligeisles her. Walther 76,3;
wir nhd. da must er mit dem frommen beer
durch ein gebirge wüst und leer. UHtAHD ged. 328;
fxereitu* , ein here fulckcs DiEF. 216*; her, exercitus , vutg.
geordent her voc. ine. Iheul. i4*; mit rossen und wagen und
allem beer des Pharao. 2 Mos. 14,0; mehre dein beer und
zeuch au«, ridtt. 9,29; auch kamen alle tage etliche zu David
im zu helfen, bis das ein gros beer ward, wie ein beer
gottes. ichron. 13,32; alle zu rosse, ein groszer häufe, und
ein mecbiiges beer. Hes. 38, 1&; dagegen bracht Apollonius
ein gros beer zusamen. iMacc. 3,10; der kOnig mit seinem
unüberwindlichen beere. 2 Macc. 1, 13 ; werden in helfen ver-
derben, und sein beer unterdrücken. Dan. 11, 2C; hierauf
führt er sein beer ins feld. Garg. 265"; mit einem leichten
beer von dreiszig tausend zu rosse und siebenzig lausend
zu fusze. Zicler Banise (noo) 607; dem worle als massen-
begriffc kann auch eine plurale filgung folgen: es sei die nach-
richt angekommen , das französische beer ziehe sich von
st. Menehould auf Chalons, der könig wolle sie nicht ent-
wischen lassen und habe daher bcfehl zum aufbruche ge-
geben. GuTHE 30, 61 ;
seiner heldentbat
rühmt sich dein groszes beer. Gleix 4, 144;
beere, lager, scenter, kröne
schützen den Verbrecher nicht. Uz 1,297;
ein sieghaft beer umgab mit jauchzendem getöne
den groszen Scipio. 2, 44;
ein beer von beiden wird durch Üppigkeit geschwäcbt.
». 60;
die losung braust von beer zu beer, ,
Schiller 1, 52 Kurt;
mit trommelwirbel, trommetenschall,
so zieht das beer zum stürme, üuland ged. 68;
bei, sausende pfeile, klirrender schwerterschlag
bis Harald fiel und sein trotziges beer erlag. 351.
im beer liegen, als glicd eines heeres zu felde liegen, streiten:
also sol sich niemand entsetzen, sondern nur frülich sein,
ob wir sehen, wie schendlich das evangelium verfolget wird,
denn es ist so zuvor gesagt, das wir uns des trösten und
frisch drauf wagen , man mus hie im beer ligen. Luther
4, 97" ; zu beere gehen, sich schaaren, sich sammeln ; übertragen
auf den plötzlichen einbruch der nactU: alsbald die nacht zu
here gieng, ingruente nocte. Frisch 1, 432', aus einer quelle des
16. jahrh. über die allilterierende formet beer und hagel vergl.
sp. 142.
Der beisinn des gewaltigen, überwältigenden, den beer im mhd.
entwickelt, und der namentlich in den formein eins her sin,
werden (wb. 1, 66l') jemand überkommen, hervortritt, läszt sich
für die spätere spräche durch beispiele niclit belegen ; et» nachklang
aber daher ist, wenn heerkuh (s. d.) schweizerisch die kuh heiszt,
die der herde als mcister vorangeht.
2) auf biblischer anschauung beruht es, die engcl als streitbares
Heer golles hinzustellen, wie als gegensatz dazu auch der teufet
sein heer böser gcister zur Verfügung hat: ahd. thö sliumo ward
thär mit themo engile menigl himilisches heres {lat. mulli-
tudo militiae caelestis). Tatian 6, 3 ;
so quimit ein heri fona himilzungalon,
da:; andar fona pebbe: dar pägant siu umbi {die seete).
Muspitli 4;
mhd. so müei^et ir gesegent sin
von allem bimelischen her. Tristan 374,27:
durch alle; bimeliscbes her
hilf mir da; ich die s^le erner, Frbidane;
nhd. wolber, wolher, wolher,
alles teufelisches beer,
aus beeben und aus brüchicb,
aus wiesen und aus rorich. fastn.sp. 900, 14;
ich sähe den herrn sitzen auf seinem sluel und alles hime-
lisch heer neben im stehen zu seiner rechten und linken.
lAön. 22, 19; im folgele nach das beer im himel auf weiszon
pferden. o^rnft. 19, 14; den christon wolle er (der /eu/el) gern
durch sein hüllischcs beer abbruch thun. Schdppids 338;
all engcl und bimels beer,
und was dienet «lniner ehr,
auch Cherubim und suraphim,
singen imcr mit hoher stim. Luther 8, 367*;
des frevlers fluch fällt auf sein haubt,
der goties beeren buhn gesprochen. Hagedorn I, •>.
3) das gefolge des wilden Jägers heiszt das wilde, wülhende heer :
das i.it des wildnn becrcs Jagd,
die bis zum jüngsten tage wAbrU BHrcrr 71'.
die formet wird für vergleiche verwendet: es schien, als wenn
das ganze alte schlusz vom wüthenden beere besessen sei.
Güthe 18,263; auch auf eine lärmende, wilde scfiaar übertragen:
indem er auf einmal in diese stille, in der sie einsam und
unbesrhlifligt zu >ersinkcn schien , ein wildes beer hcrciu-
brachte. 17, 22«,
4| heer, auch von einer sehr gros zen Hicht kriegtrisdun tehaai ,
menschcnhaufe :
v(in liuten was der luolouf
*d grA( d»{ er bt goie jach
i»l er Die gr(»ter ner ftstoh. gut. Gerhard 1308;
753
HEER
HEER — HEEREN
754
ob in saj frouwen ein her
in den venstern üf dem palas
und sähen kämpf der vor in was. Parz. 541, 20;
haltet ob dem ungesewrten brot, denn eben an dem selben
tage hab ich ewr beer aus Egypteniande gefüret , darunib
soll ir diesen tag hallen. 2 Mos. 12, 1" ; da kam ödem in sie,
und wurden wider lebendig, und richten sich auf ire füsze.
und ir war ein seer gros beer. Hes. 37,10;
weh aber dem verstockten beer,
das sich hier selbst verblendet. P. Gerhard 1, 6;
das schreib dir in dein herze,
du herzbetrübtes beer,
bei denen gram und schmerze. 3, (>.
'mich dürstet sehr.'
das alles hört der Juden beer,
und weisz nicht, was er meine. 26, 22;
ich dräng im geiste mich zum tempel der Cythere,
durch schwärmender verliebten beere. Uz 2, 2S3.
beer ist die Steigerung von häufe und schaar:
häufen schauten; allein bald wurden die häufen zu schaaren,
bald die schaaren zu beeren. Klopstock 6, 2öS.
heute hört man sehr häufig ein beer von müsziggängerns ein
. beer von gläubigem bedrängt ihn.
5) beer, eine schaar von thieren: und teilet das volk das
bei im war, und die schafe, und die rinder, und die kamel,
in zwei beere, l Mos. 32, 7; ein beer der heuschrecken, locu-
starum muüitudo. Fbisch 1, 432'; auf eisschollen sanft gewiegt,
schlummerte ein beer von walrossen. Peterman."« millheilungen,
ergänzungsheft 16, s. 42 ;
der bienen beer. Gökiüce 1, 177;
der Vögel buntgefiedert beer
singt morgen mir vielleicht nicht mehr, üz 1, 292;
gestirn und erd und blaue fluten
und ihr oevölkernd beer. 2, lüO;
liebe tönt der sänger beer
von den zweigen nieder. Götter 1, 73-,
drei tage lag er blutig, und drei näcbte so,
umflattert von der raben beer. Stolbesg 1,89.
tbierheer Bbockes 7,720; raupenheer 2,461.
6) beer von einer eng verbundenen menge gegenständen , und
von abstracten begriffen, trenn sie personificiert gedacht uerden.
a) die bibelsprache nennt in solcher art die gestirne beer des
bimmeis : sehest die sonne und den mond, und die sterne,
das ganze beer des himels. 5 Mos. 4, 19 ; und hin gehet und
dienet andern göttern , und betet sie an, es sei sonn oder
mond, oder irgend ein beer des himels. 17,3; bettet an
allerlei beer am himel. 2kön. 21,3; bawet allen beeren am
himel altar. 5; du hast gemacht den himel und aller himel
himel, mit alle irem beer. Pieh. 9, 6 ; der ausdruck wird nachher
auch mehr oder weniger frei von andern Schriftstellern gebraucht:
und bezeuget es das unzehlig himmlisch beer, also nenne
ich hie das gestirn am firmament. Kirchuof f?iü. disc. 91 ;
wer ruft dem beer der sterne? Gellert 2, 145;
und ringsumher die sterne,
das beer des himmels, machtest du! Vz 1,342;
der sonnen zahllos beer, die ihrem schöpfer sangen. 343.
b) beer in bezug auf andere dinge und abstracta: nun aber
trat auf einmal ein neues beer von kleinen bucbstäbchea
und zeichen benor, von punkten und stricheichen aller art,
welche eigentlich die vocale vorstellen sollten [im hebräischen
alpliabete). Göthe 24, 200 ; mit dem ganzen beer ihrer reize.
J. Paul mumien 3, 19 ; ein beer von krankheiten ;
und meiner sünden beer, mit mir in stehter schlacht.
WECKUERLn« 18;
so bricht aus tiefer höhlen schoosz
das beer der winde brüllend los. Hagedorn 3,130;
ein heer von schönen duften.
Zachariä poet. Schriften 2, 290;
und von der seufzer heer darin {in der weit)
wünscht ich so viele nur zu hören,
als ich in lächeln umzukehren
fähig bin. Gökitigk I, 215;
und schwarzer sorgen heer
siieg wolkicht vor ihm auf, wie staub am rothen meer.
Uz 2, 34 ;
doch wenn ich wieder sie ein heer verliebter schwöre,
(!as rauschende geschwätz und süsien unsinn führe, j. 157;
was ist und war,
in himmel, erd und meere,
das kennet gott, und seiner werke beere
sind ewig vor ihm offenbar. Gbllbrt 2, 159-,
die leichten beere schöner empiindungen.
Stolbeic 1, 415;
jener küsse heer. Gotter 1, 326;
IV u.
mit beeren, in schaaren, mit häufen:
küssten immer in die wette,
bisz es Venus so verfügte,
dasz die küsse flügel nahmen,
hin und her mit beeren kamen.
Logad 3, 100 {ur.tprung der biene).
HEER, adj. s. hehr.
HEER, m., so ist für bäber {sp. 158) bei Logad 2, 68 ge-
schrieben.
HEERBAHN, f. weg für das heer, heerstras^, in eigentlichem
vie in freierem sinne, breite strasze überhaupt: herban, herrn-
strasz, landstrasz, herrenweg, via mililaris, via publica, prae-
toria He5iscb 180; n/. herbane, heyrbane, ria militaris, via
pubUca, et via basilica, regia, consularis, praetoria Eilian ; nach
allem wird der ausländische genius die betretenen heerbahnen
des alterlhums mit blumen bestreuen. Fichte reden an die
deutsche nation (ISOS) s. 167 ;
die heerbahn lallt zu weit, der Tuszpfad lauft geschwinder.
A. GRTPaas 1698 1, 54a.
HEERBANN, m. l) aufgebut der waffenfähigen freien in einem
bezirk eigentlich zu allen öffentlichen angeleyenheiten , später be-
sonders nur zum kriegsdiensle, miltellat. heribannus, mhd. herban
{tcb. 1, 80') ; vgl. über das tcort und seine enlwickelung rechtsalt.
295 /f. nhd. nur noch bücheniort: in der zweiten periode, wie
der lehndienst den heerbann verdrungen hatte. Moser osn.
gesch. 1, 37;
sie folgen alle
dem heerbann des gewaltig herrschenden
Burgund und wollen Orleans bezwingen.
ScaaLBR Jungfrau prolug 3. sc. ;
in alterthümelnder form:
sie folgten, wenn der heribann ergieng,
dem reichspanier und schlugen seine schlachten. Teil 2,2.
2) die durch solches aufgebot zusammengebrachte mannsehafl :
mhd. durch da; si beten herban,
die knehte sanden si dd dan,
daj si die beide guote
suochten üj dem bluoie. Biterolf u. üielteib 9539;
nhd. unsre vorfahren hatten den hauptmann im beerbann oder
den spätem gerichtsherm zum advokaten und Syndikus seiner
ihm untergebenen gemeinen geordnet. Moser patr. phant. l
(179S) 294; solche personen aber, welche nicht zum heer-
bann gehörten, oder um nach dem jetzigen styl zu sprechen,
ieute, die nicht amtsäszig waren, hatten ihre erwählten ad-
vokaten, dergleichen den heerbannalislen oder amt-
sassen nicht gestattet wurden, das.
3) heerbann , die Steuer der freien zu den gemeinen landes-
und verlheidigungsbediirfnissen, vgl. rechtsalt. 298. sie war beer-
scbilling {alts. heriscilling), trenn sie in gcld, heermalter (alts.
herimaldar). trenn sie in cerealien geleistet ward.
HEERBIENE, f. raubbiene. Nexmcb. vergl. beeren.
HEERBRAND, »n. kriegsßamme , als poetisches bild für den
dahinraffenden krieg :
her vür er un näh jaginta,
witini slahinta,
unz in Egypti lant;
so michil wart der berebrant. Annoiied 434,
wird sich für die neuere spräche kaum nachweisen lassen, jitzt
bezeichnet heerbrand eine art von feuerkugeln oder Sternschnuppen.
HEERD, m. 5. herd.
HEERDE, f. s. herde.
HEERDIENER, m. diener für das heer: welcher ... jeden
Staatdiener für einen heerdiener ansehen musz. J. Paol nsch-
dämmer. s. 90.
HEERDIENST, m. dienst im Heere: beer- und seedienst.
Becker weltiiesch. 9. 498.
HEERDRCSE, f. aus hegedrüse entstellt? lähmung der
glider, der gleichen schwindung, geschwellung, heerdrüsen.
Paracelsus chir. schrißen 173'.
HEEREBEWEGEND, part. :
jetzo nach wirbel und schlag der heerebewegenden trommel
nahten sie all in gemessenem schritt. Ptrkkr Tunis. 4, 26.
HEEREN , verb. mit kriegsvolk übeiziehen , dann auch ver-
wüsten, rauben, ahd. hariön, heriön, berron vastare, grassari,
populäre, praedari, deripere Graff 4, 986, mhd. berjen und hern ;
ags. hergian; altn. herja krieg führen, einen raubzug unter-
nehmen, plündern ; dän. haerje und haerge verheeren, verwüsten :
schwed. härja, härja med eld och svärd, mit feuer und schwert
verwüsten, nur das ältere nhd. braucht das verbum noch in der
einfallen form, die neuere Schriftsprache im compos. verheeren.
4S
755 HEERESABTHEILÜNG — HEERESORDNUNG
HEERESRICHTER — HEERFÜHRER 756
mit der seltenem nebenform verbergen (Zinkgref apojMi. l 1626
s. 100), in der das ableitende j zu g verhärtet mit der ursprüng-
lichen vocalkürze erhalten ist; vergl. auch auslieeren 1,885.
vastare heren Diek. 607*; beeren, pro quo plerumque dicunt
bergen, vastare. Stieler 814, als nicht mehr häufiges wart;
er zog fein leise
von Hall in Meisen
mit Ffirstenbergen,
thät sengn und bergen. Soltad 485 (». 1631).
in Franken noch jetzt beren, übel wirtschapen, übel, schonungs-
los verfahren. Schm. 2,229; bair. bergen, verbergen, verheeren,
nüt dem subsl. hergcr, verheerer, auf die raubhiene bezogen, s. 237.
HEERESABTHEILÜNG, f. abtheilung eines heeres. Daiilmann
gesch. der franz. rev. 453; gewisse heeresabtheiliingen (sind
zur erbschaß berufen), wenn ein dazu geliöriger soidat obne
erben stirbt. MChlenrrüch lehrb. des pandectenrechls (3. auß.)
3, 242.
HEERESEINRICHTÜNG, f.: die Umänderung der beeres-
einricbtungen ... ist überall in arbeit, grenzbolen, 26. jahrg.
s. 316.
HEERESFOLGE, f. Verpflichtung mit dem hcerc zu ziehen,
einen kriegszug zu unternehmen: beersfoige, sequela post luslra-
lionem Stieler 534; die bevölkerung auszer der beeresfolge
im kriege ibm keine dienste leistete. Schlosser weltg. 2, 19 ;
ibre einzige verpilicbtung gegen den oberberrn bestand in
der beeresfolge und in einem jäbriicben tribut. 4, 522. —
Dann auch die so verpflichtete mannschaß und der zug selbst:
heersfolge , expedilio Steinbach -1, 4SI ; beersfolge , expcditio
bellica, feldzug Frisch 1, 432'. vergl. beerfolge.
HEERESHAUFE, m. häufe, abtheilung eines heeres: bis wobin
Attila könig der Hunnen mit seinen ungebeuren beereshaufen
... gelangle. Güthe 30,93. vergl. beerbaufe.
HEERESKÖRPER, m.: im allgemeinen sind solcbe con-
centrationen groszer beereskürper vor ilireni definitiven tran.«-
port nicbt anzuratben. der feldzug von 1866 in Deutschland {rm
der kriegsqeschichtl. abtheil, des preusz. groszen generalstabs) s. 28.
HEERESKRAFT, f. menge von kriegern , groszes heer, vergl.
kraft H, 12, Ih. 5, sp. 1942 oben: agmen zögende beres kraft
DiEr. 18"; zog aber wider sie aus ... mit einer beerskraft.
2 c/ifOH. 14, 9 ; in beerskraft zu belfen dem könige wider die
feinde. 26,13; komen mit bcers kraft. Jer. 46,22; er wird
seine macbt und sein berz wider den künig gegen mittag
erregen, mit groszer beerskraft. Dan. li, 25; trotzete auf seine
macbt, und grosze beerskraft. Judith 1,4; von dannen ist
key. may. mit bereskraft für Venlo gezogen, rüm. kais. maj.
glück und sieg wider den herzog von Cleven (1543) ij ' ; keyscr
Ludwig der zweite ward in seiner Jugend von seinem vatter
mit beerskraft gebn Rom gesandt. Zinkgref apophth. l (1620)
s. 18; dasz sie seine undertbanen mit beerskraft zu annem-
mung desz interims zwingen wollen. «.95; als Gelinier, der
Wenden künig, von Belisario mit bereskraft überzogen.
BüTSCHKT Pa/m. 797; was ballen sie ibnen {die Cananiler den
Israeliten) für ursacb geben, sie mit beerskraft zu überzieben,
und ibr hausz und bof in brand zu stecken? Schuppius 362;
diese machen sieb auf mit groszeni gefolg und iieereskraft.
GöTHE 45,193; er {ein bäum) steht hinter mauern und be-
festigungen von riegeln und sclilössern wohl verwahrt, aucii
mit heercskraft bewacht, s. 202; kriegerische rausik, durcb-
marscb gewalliger bcereskraft. 41,221;
bewafTncn soll er ganz die hcereskrafl
der langbebaarten Danacr zum streit. BKrckr 149'.
s. beerkrafl.
HEERES.MACHT, f, nie heerkraft: will hernach einen, wer
der auch sei, mit heeres macbt lassen vor mein scblosz
kommen. Zimcbep apophth. i (1626) 120;
der flotten «cheuterung, der länder ihr verterben.
der heeresmacht verlust kränkt mein gcmüthe nicht.
LoHKNSTBiN htumen i. .'><);
wie maiiprbrecher brechen wir
in ihre heeresmacht,
in ihr« Kiolzen grenadier,
die beiden ihrer ichlacht. Gleim 4, 125;
Almanzor. der mohrcnkAnIg,
kommt mit groszer heeresmacht
von Cordova hergezogen, -
zu erstOrmen jene itadt. Uilanb ged, 257.
I. heermacht.
HEEKESORDNUNG, f.: der anfang einer neuen heere«-
ordnung, einer neuen xtrstegie xchlost «ich bald an dieses
frile gelingen. 0aiilmaN5 getch. d. frant. rerol. 459.
HEERESRICHTER, wi. ; in folge eines Spruchs der persi-
schen heeresricbter. Schlosser weltg. 1,76.
HEERESSCHAR, f.:
wer ihn erlegt und wie man ihn erschlagen,
ob in den schranken, ob in heeresscbaur.
Gries Ariosl 36, 69.
s. beerschar.
HEERESSCHAU, f:
ein weites felJ, nicht fern von Gazas ihoren,
hat der raonarch zur beeresschau erkoren.
Gries Tasao 17, 9.
s. beerschau.
HEERESSTELLUNG, f.: der beitritt Ocsireicbs verschaffte
der coalilion nicbt blosz eine grosze masse von streilkriiflen,
sondern auch, nach den räumlichen Verhältnissen des kriegs-
scbauplatzes, eine sehr vorlheilbafte heeresstellung. Beckers
weltgesch. 14, 293.
HEERESVOLK, n. ; viillig im urältesten slyl ruft er sein
ganzes beeresvolk in die flächen von Aderbijan zusammen.
Göthe 0, 199. s. heervolk.
HEERESVORTRAB, m. rorarii:
er holTte,
zum heeresvortrab noch versetzt zu werden.
Körner Zritiy 2, 5.
HEERESWEG, m. heerstrasze, in engerem und freierem sinne:
mit der naturwissenschaft ging es langsamer, bis sie den
beeresweg der Wissenschaft traf. Kant 2, 15. s. beerweg.
HEERES WOGE, f. die ein kriegsheer bildende vunge unlir
dem bilde einer woge:
drum hab ich euch, ihr wiszts, auch ehrenvoll
stets unterschieden in der lieereswoge.
ScniLLER Wallensteins loa 3, 15.
HEERESZUG, m. l) expeditio bellica: auf dessen (lebenl-
liches anrufen richtet Carl der grosze seinen heereszug nach
Italien. Gütue 38, 307.
2) das ziehende heer selbst: nach alter reichsstädliscber sitle
posaunte der tbürmer des hauptthurms so oft fruppen an-
rückten, und an diesem neujabrslage wollte er gar nicbt auf-
hören , welches ein zeichen war, dasz gröszere heereszüge
von mehreren seilen in bewegung seien. Güthe 24,130;
so blieb er bald ein gutes stück
hinter dem heereszug zurück. Uhland ged. 329.
5. heerzufr.
HEEREVERSAMMELND, part.:
dräuend dem küstenvolk und den heercvcrsammelnden schilTen.
PvRKKR Tunis. 1 , 39.
HEERFAHNE, f., früher m., die hauptfahne des ganzen heeres,
mhd. bervane {wb. 3, 235') ;
den herfan land si (die fürsten) denn fliegen.
teuf eis ueli 7247;
beer-, kriegs- und reichsfabnc, vexillum praetorium Stieler 309.
HEERFAHRT, f. 1) expeditio mililaris; ahd. herivart expe-
dilio vel praeparatio belli Graff 3, 584; mhd. bervart üb. 3,252';
expeditio heryait, hervacrt üief. 218'; «/. bervaerd, beyrvaerd,
expedilio, profectio mililaris, expedilio bellica Kilian ; wenn
jemand newiich ein weih genomen bat, der sol nicht in die
beerfart ziehen. 5 Mos. 24, 5. dazu heerfahrtswagen, plausira
militaria Frisch 1, 432*.
2) audi das heer selbst : eje/ci/t« berefart, hervaert Dief. 216*.
3) Steuer zu einer heerfahrt : beerfahrt, expedilio hostilLi, item
pecunia sire tributum pro expeditione facienda. Stieler 404.
HEERFAHRTEN, verb. eine heerfahrt machen, mhd. hcrvertcn
(tt'fr. 3,257'):
sie mögen nu wol deste ha-./
herfarten unde krigeii.
Lif.i«?<CRo;» volksl. 2, S7' (v. 1476).
HEERFLÜCHTIG, adj. desertor, perfuga : heernüchlig werden.
desererc exercitum, rulg. desertiren. Frisch 1, 432*.
HEERFOLGE, f. dem beere zu leistende folge: von jedem
iünderbesilz war die Verbindlichkeit unzertrennlich, hcerfolgo
zu leisten. Schiller 1034. s. beeresfolge.
HEERFOIIREND, pari.: fand sie eine bcrubigting in dem
befliich des groszen heerführenden könig« {Fnedrichs II. ro»i
Vreuszen). Göthk 32,220.
HEERFOHRKR, wi. dux belli, mhd. hcrvücrer vb. S, 263':
heerfiirer, bauplleut und nirgcsetztc eine» zeug», imperntores.
Maaler 2I.'>'; unser fürstlicher heerführer kam an und nahm
quartier im klostcr rI. Maxiinin. GöthkSO, 170; welcher vor
Iheil für lien heerführer und »ein volk I 0,170;
757 HEERFÜHRERSCHAFT — HEERHORN
dich erhört Roms
heerführer. Klopstock 6, 250;
in stahl gehüllt, erscheint nunmehr der Franken
heerführer dort, von edlem zorn entbrannt.
Gries Tusso 11, 78.
HEERFÜHRERSCHÄFT, f. auch in freierem sinne, führung
einer gesellschaß: es war seine verunglückte heerführerschaftj
an die er ohne verdrusz nicht denken konnte. Güthe 19,69.
HEERFÜRST, m. befehlshaber eines heeres: sandte seine heer-
fürsten {tovs ao^ovras t^» Svväuecos avxo~ septuag.) wider
die siedle IsraeL 2 cAron. 16, 4 ; Sopher den beerfiirsten (to^-
yon/uftarea zcüv Swä/nscov sept.) der das landvolk zu mustern
pflegt. Jer. S'i, 25.
HEERGÄNS, f. 1) der gemeine reiber, ardea cinerea. Nem-
NicH 1,433; der grünen, heergans, schwan, reiger und tauben-
fliegenden . . . Venus. Fischart groszm. 81. das tiort scheint
nichts als eine umdeutschung des griech. iqcoSiös; franz. heron.
2) auch der schwarze taucher, eine art Wasserhuhn, wird heer-
gans genannt: fulica hergans Dief. 250'. rj/. baargans sp. 28.
HEERGEBOT, n.:
da leuchten Moskaus flammen
ein freudig morgenroth;
die von Thiiiskon stammen,
verstehn solch heergebot. M. v. Schenke>dorf 414.
HEER GEFOLGE, n,;
vor seinem heergefolge ritt
der kühne held Harald, ühlasd ged. 306.
HEERGELD, n. pecunia sive tributum alendo exerälui colla-
tum, aufläge zur Unterhaltung des kriegsrolks. Frisch 1,432'.
HEERGELEITE, n. ;
aus war der zug, als, wider aller meinung,
Armida kam mit ihrem heergeleit. Gbies Tusso 17, 33.
HEERGERÄTHE, n. ausrüstung für den heereszug: heer-
gerätbe, suppellex castrensis, res ad expeditionem militarem per-
linentes, was dem Soldaten im felde nötig ist. Frisch 1,432'; für
die bescbauung seines teich- oder beergeräthes das beste
pfand liefern. Moser palr. phant. 1 (1798) s. 332 ;
geh und lasz
mein heergeräth einschilTen. ScmLiER Jungfrau 1,6;
übertragen : das gemeine tragische heergerätbe und dicbter-
service, thron, zepter, dolcb, blume, tempel, scblacbtopfer,
und einige flammen und go!d. J. Paul rorsch. d. ästhetik 2,S0.
HEERGESETZGEBUNG, f: die preuszische heerrerfassung
und beergesetzgebung. Becker weltg. 14,54.
HEERGEWETTE, n. die bcstandtheile einer kriegsrüstung ; sie
sind gegenständ specieller erbredillicher bestimmungen , da sie auf
den sahn vererben, worüber RA. 567/". gehandelt ist. mhd. her-
gewaete «'6. 3, 778'; berwete Magdeh. blume 1, 150 u.ü. Sachsen-
spiegel 1,22,4; feodalicium berwede Dief. 230*; Henricus ver-
ordnete, dasz allezeit der erstgebobrne sobn dem krieg ge-
widmet sein, und in solcher betracbtung aus der väterlichen
erbschaft das beergewette zum voraus haben solle. Hahss
/)«/. (1721) 2,37; ein beweis mehr ursprünglicber freibeit der
landbewobner liegt auch in der einricbtung, dasz sowohl
unter unadeiicben wie unter adelicben in hiesigen landen ein
beergewette gezogen {erblich erlangt) wird. v. Kobbe Bremen
V. Verden 1, 309. Moser braucht die niederdeutsche form beer-
gewede {osn. gesch. 1, 64) neben der hochdeutschen beergewette
1, 66; viit wechselndem geschlecht: wir finden bierin sofort den
grund, warum sieb im bausgcnossenrecbte eine beergewedde,
worunter Stiefel und sporn , im leibeigenthura nach ritter-
recbte hingegen dergleichen nicht findet, denn das beer-
gewedde der letztern steckt in dem barnische, wodurch zwölf
inansi dispensiret waren, ein eignes beergewedde zu haben.
patr. phant. 3 (179S) s. 258.
HEERHEUSCHRECKE, f gryllus migralorius. Nemnich 3, 83.
HEERHOLZ , m. landschaftliche bezeichnung des holzhähers.
Adelung, berbolz corvus glandarius. Nem.mch 2, 1242.
HEERHORN, n. hörn das im heereszug geblasen wird, schlacht-
posaune, ahd. berihorn, herhorn classicum, lituus, tuba Graff
4,1037; mhd. bereborn, herhorn trfc. 1,715'; buccina herhorn
Dief. 83'; börborn, /«fca Dasyp. ; heerhorn, tuba, buccina, lüuus
Maaler 215*; heerhorn, tuba militaris Stieler 775; denn umb
in Wirt frölicben heilen mein pluotigs herhorn. herzog Ernst
1^6,6 Bartsch; liesz drommeten und beerbörner blasen. Aimon
bog. hiij; pfeifen und beerbörner. Lohenstei« Arm. 2,171";
wan das herhorn schallt und ihm {dem mutigen liengsie) in
ehren klinget. Roxplkr 126;
. HEERHÜRE — HEERMANN 758
hui! sasz er selber auf und schlun^
sein heerhorn um den nacken. Bürger 53'.
herbornbloser tubicinus, tubicina, licinator voc. ine. theut. i4'.
HEERHURE, /". populi prostibulum : berhur lena, est publica
meretrix et impudica. voc. ine. theut. i4'; (famula) quae erat
von dem groszen gescblecht huren und buhen, cognomine
optime merito ein heerhur appellata. de fide concub. 117 ;
du mürfellier, du herhur, du lasterschubel! fasln. sp.2oh,\6;
du wärest gmeinlich die heerhuor genennt. 866, 27.
HEERKARCH, m. karren für ein glied des heeres, fahrbare
barocke: weiszt kein seszbaft beusziich wobnung, wie die
tarlarische beerkärcb. Garg. 68".
HEERKÖNTG, m.: die fübrer nannten sich, je nachdem
sie ihre züge zu land oder zu wasser machten , beerkönige
oder seekönige. Schlosser weltg. 5,214. im gegensatz zu volks-
könig: Gustav HI (ton Schweden) wurde nicht volksfürst,
sondern bof- und beerkönig. Bülau neue jahrb. 1846, 10. hefl,
s. 371.
HEERKRAFT , f. menge eiius heeres , gewaltiges heer : und
Assa hatte ein heerkraft die scbild und spies trugen, 2 chron.
14, 8. s. beereskraft.
HEERKUH, f. eine starke kuh. Nemmch. ex ist in der Schweiz
die kuh, die in einer herde den meister spielt und die glocke trägt.
Tobler 264'. vergl. beer sp. 752.
HEERKUTSCHE, f. landschaßlich name einer landkutsche,
welche nur personen führt, weil sie deren viele fortbringen kann.
Adelung.
HEERLAGER, n. castra, in oberdeutscher form heerleger nach
wj/id. leger: castra ein kriegszläger, hörläger Dasyp. ; das beer-
läger castra Maaler 215*;
ainsmals in dem schlaurafTenland
ich ein gwaltiges heerleger fand
von eynem vollen groszen heer. H. Sachs 1, 543.
die mitteldeutsche form beerlager, in Luthers bibelübersetzung
mehrfach vertreten , ist allein der Schriftsprache geblieben : sie
wurden geschlagen für dem berrn und für seinem beerlager.
2 chron. 14, 13 ; ich lies den stank von ewrem beerlager in
ewre nasen geben. j4nios4, 10; sie traten auf die breite der
erden , und umbringeten das beerlager der heiligen, offenb.
20,9; die ubralten Teutschen, ehe sie stäte und vestungen
gehabt, haben ihren sitz und bleibungsort ihr lager genant;
... da die ganze heermacht sich aufhielt, war das beerlager.
Schottel haubtspr. 254. — beerlager gilt auch von den insassen
desselben, dem ganzen heer: da kamen zu häuf und zogen hin-
auf die fünf konige der Amoriter . . mit alle ircm beerlager.
Jos. 10, 5; dabei sich dann im angesicht beider beerlager ein
sonderbarer Zweikampf . . zutrüge. Talander Olorena (1694) s. 62.
HEERLING, m. Weintraube die in folge zu später blute nicht
hat reifen können , sonst bürling {sp. 480) , bartling {sp. 516) ;
vielleicht ist die letztere die ächte form, die andern Verstümmelungen
davon : und wartet das er (der weinberg) drauben brecbte, aber
er brachte beerlinge. Jes. 5, 2 ; warum hat er denn beerlinge
gebracht, da ich wartet das er drauben brecbte. v. 4; zur
selbigen zeit wird man nicht mehr sagen , die veter haben
beerlinge gessen, und der kinder zeene sind stumpf worden,
sondern ein jglicher wird umb seiner missetbat willen sterben,
und welcher mensch beerlinge isset, dem sollen seine zeene
stumpf werden. Jer. 31,29. 30;
doch trefft (ihr hliize) nur dieses Weinbergs spitze,
und macht, dasz dieser theil der weit,
den diese pflanze recht verstellt,
nicht ferner beerlinge so schlimmer art besitze!
Hagedorn 3, 46.
HEERMACHT, f. was heeresmachl: und da da« jar umb
war . . . füret Joab die heermacht und verderbt der kinder
Ammon land. i chron. 21,1; und unter irer band die beer-
macht drei hundert tausent und sieben tausent und fünf
hundert zum streit geschickt. 2 chron. 26, 13 ;
wer solch ein herz an seinen busen drückt,
der knnn für herd und hof mit freuden fechten,
und keines königs beermacbt fürchtet er.
Schiller Tett 1, 2.
' HEERMAN.N, m. zum heerdienst verpflichteter freier, ahd.
bariman , heriman , mhd. hereman , berman , ags. hereman,
aUn. hermadr, vgl. rechtsaü. 292; Herman, den die Lateiner
übel verkeren, und Arminium nennen, beiszt aber ein heer-
man, dux belli, der zum heer und streit tüchtig ist, die seinen
zu retten und fern an zii geben, sein leib und leben drüber
wagen. Litheb 5,154'. die stelle beiceist, dasz das wort im
48*
759 HEERMÄNNCHEN — HEERPREDIGER
HEERPREDIGT — HEERSTEIER
760
16. jahrh. nicht eu)enüich mehr lebt; künstliche aiiffiischung hat
es zu unserer zeit hie und da erfahren, tihertragen und land-
schaftlich wird durch heermann der leithammel bezrichnel.
HEERMÄNNCHEN, n. mustela vulgaris, uiesel. Nejinich
3^ 67S. der name scheint nur verslfimmclt aus der Verkleinerungs-
form von liarm mustela erminca, härmcben, nd. heimken.
HEEHMÄSSE, f.: die zahllosen, aus oslen und westen her-
bt'igeiufcnen Leermassen. Beckers weltg. u, 39.
HEERM.\ÜS, f. mus silvaticus , grosse feldmaus. Nemnich
3, 659.
HEER.MEISTER , m. oberster über das Heer, Oberbefehlshaber,
der heermeister des kaisers tritt auf Gütbe 41,12; rilterorden
haben ihre heermeister: sie steillen nämlich, mit geist und
raunterkeit, eine ritterlafel vor. obenan sasz der heermeister,
zur Seite desselben der canzler, sodann die wichtigsten
Staatsbeamten, nun folgten die ritten 26,136. als deutsche
Umschreibung des römischen magister equitum : zu Rom Ward
Q. Fabius zum dictalor und von ihm Q. Aulius zum heer-
meister ernannt. Niebühr 3,266; seine schöne erzählung, in
der diciator und heermeister persönlich so entscheidend auf-
treten. 232.
HEERMIGE, f. malricaria chamomilla, die kamille. wol nur
verderbt aus dem griechischen y^afiaiurjXov. eine andere versUim-
melung oder umdculschung derselben pflanze ist heermünze, heer-
münzel, 7uit anlehnung an die minzenarlen.
HEERMOOS, n. equiselum arvense, schaßheu.
HEERMCDE, adj., nach mhd. hermüedc, vom heercszuge
ermüdet, wieder aufgefrischt: die heermüden heldinnen. Grimm
deutsche sagen no. -160.
HEERFAIJKE, f. lympanum aeneum. das ahd. heri-pouhhan
beicichncle, der ursprünglichen bedeulung des letzten compositions-
theiles gemdsz , überhaupt ein zeichen für das heer, das für das
äuge durch ein banner, für das ohr durch einen weithin dringenden
ton gegeben - ward , daher hcripauchan vexülum , während eine
vulgataslellc cum significalionibus cccinerunt tubis posl eos eben
auch mit der glosse heripouhhanum versehen wird, anderwärts
heripauhhan geradezu sonus vocis ausdrückt (Graff 3, 14). als
pauke, mhd. bouke, älter boiiken im neutrum (noch im voc.
ine. Iheut. baucken tympanum bä") auf das bekannte für die
feldmusik häufig verwendvlc inslrumcnt bezogen tvard {s. 1, 1186),
tni«/e auch hcerpauke diesen eingeschränkten sinn annehmen;
seil wann ist näher nicht nachzuweisen , eben so wenig, ob das
ahd. wort in spätem zeilen fortgelebt hat, oder ob iieerpauke erst
als verhältnismäszig spätes wurt nach pauke wieder neu gebildet
ist; die belege gehen ins 16. jahrh. hinauf, wo die form licer-
paukel (s. baukel 1,1186) begegnet: liesz er selbs vor im her
umb die statt die spil gehen, tromelen und hörpaukeien.
Garg. 200'; heerpuuke oder keszelpauke , lympanum aeneum
Stieler 107; lasset die personen alle auf den hof fordern,
und unterdessen die heerpauken und drompeten erschallen.
A. Grypbius (1698) 1, 831; die heerpauke schlagen, pulsare tym-
panum geminum Frisch 1,433'; er wuszte vielleicht, was er
die Vesta tragen sähe, nicht besser zu nennen, als ein tym-
panum ; oder hörte es ein lympanum nennen, und konnte sich
nichts anders dabei gedenken, als das Instrument welches wir
eine heerpauke nennen. Lessing 0,441 notc ; wir, die Carbos,
Cassius, Scaurus, Cüpios und Manlius Icgiunen durch trom-
mel und heerpauke, als keimcr der kiiegskunst, schreckten.
Klopstock 12, 2!)3. in einem bilde: wilde männerfesle, die das
spbärcnecho der frcude auf der heerpauke vortragen wollen.
J. Fall Ttlan 3, \hb.
HEERPAUKE, m. nebenform zu heerpauker: und waren von
der strasze an bi.sz an die graden über sechsmal trompeter
und heerpauken , die bei annahung aus denen crkern der
häuser sich hören lieszen. unw. doctor 648.
HEERPAUKER, m. acneator. Stieler 107: diesen folgten
fünf trompeter und ein heerpauker. Talander Olorena (16i)4)
13 ; hupft geschrcnJit mit den füszcn luif den zwcn Sattel-
bogen bin und wider, wie die hccrbaukcner mit den
bcndcn Irommcn schlagen, dann mit den füszen hab ichs
noch nicht gesehen. Garg. 23o'.
HEERPAUKISCH , adv, nach art eina heerpauhers: (houn)
auf sp.inHi-h und hOrpaukiHcb. Garg. 137'.
HEERPFCHL, m. ein feldbette: dar nflh sal sie gebn einen
berphule, da? ist ein belle und ein küssen. Sachtenitp. \,i2,i;
heirpfoil mtid. wb. 2,1,516*; »eine tägliche kleider und beer-
pfiil. da« int ein bette. Stible« 2i0e.
jlf I ,,!,., 1 i..,| .. .^ feldprrdiger. Mathk-. I.ullnr II'.*.
HEERPREDIGT, f. feldpredigl: und {Paulus im letzten capitel
des Epheseibricf;^) thut wie ein fromcr rechter feldheubimaii,
der seinem volk, in der Schlachtordnung gerichtet, eine felil-
predigt thul, und vermanet, das sie fest stehen und sich
kecklich und getrost wehren sollen, das es wol mag heiszen,
eine heerpredigt für die Christen. Luther 5, 510"; eine heer-
predigt wider den Türken. 4,472"; dasz ein Jesuit in Litauen
eine heerpredigt gethan, als das polnische kriegsvolk aus-
gezogen. Ernst gcmüL^ergetzligkeilen s. 550.
HEERRAUCH, m. hOhenrauch: beim heerrauch .. erscheint
die sonne rubinrotb. Gotue 52,75. vergl. hägerauch sp. 153.
HEERRAUPE, f. eine in dichten schaaren ziehende madenarl,
heerwurm.
HEERRÜF, m.:
also lenkte zum meeres Strand die tapferen Völker
Eberslcins heerruf. Ptrker Tunis. 3, 144.
HEERSCHAR, f. schar von der ausdehnung eines heeres, grosze
menge, heer; mhd. hereschar, herschar: exercthis ein herscher
Dief. nor. g/oM. 161*; die könige der heerscharen sind unler-
nander freunde, ps. 68,13; lobet den herrn alle seine heer-
scbaren, seine diener, die ir seinen willen thut. 103,21; alle
heerscharen des hcrrn, lobet den herrn. gesang der drei mdnner
62; als bald ward da bei dem engcl die menge der hime-
lischen heerscharen (golh. managei harjis himinakundis), die
lobten gott. Luc. 2, 13;
got, der harr der iieerscharen. Wkckherlin 169;
ehre dem wunderbaren,
der unzählbare weiten in den ozean der Unendlichkeit aussSle,
und sie fulleto mit heerschaarcn unstcrhlictier!
Klopstock 1, 195;
sie taumelten hin vor dem schwert,
zu der heerschaar der erschlagnen! 6, 249.
von den sternen {anlehnend an heer sp. 753) : diesz darfst du vor
diesen himmlischen hecrschaaren bekennen. Göthe 21, 182.
vergl. heeresschar.
HEERSCHATZ, «i. laudemium, was ehrschalz. Adelung.
HEERSCHAU,/", lustralio exerätus, musleruvg. Frisch 1,433';
dcrohalben verordnete auch käyser Heinrich, alle jähr heer-
schaue zu thun , das volk zu mustern. Löhnets regierkunsl
(1679) 79'. J. Paul hielt das wort, das in der technischen spräche
noch heute vor dem fremden revue zwücktrill, für ein zu seiner
zeit neu gebildetes: noch gedeihlicher und weiter pflanzen
zeitungsblätter neue Wörter (unblutige ncuigkeiten) fort, z. b.
heerschau, statt revue. vorsch. d. äith. 2, 193. s. heeresschau.
HEERSCHIFF, n. kriegsschi/f :
sehnest du dich schon heut nach dem räum Karthago, des
heerschills. Ptrker Tunis. 4, 66.
HEERSCHILD, m. clypeus militaris, mhd. hereschilt, herschilt:
der heerschild ist erklungen,
der ruf: fürs Vaterland ! Uuland ged. 70.
der heerschild als symbol der kriegspfiicht und' der Standesehre
des adels {vgl. mhd. wb. 2, 2, 130'): nach den salischen siben
heerschiltcn. Garg. 271*; da ein fürst jetzt seines mitfürsten
färbe tragen kann , ohne seinen heerschild zu erniedrigen.
Moser patr. phanl. (1798) 2, 62.
HEERSCHINEPFE, f. scolopax galtinago, vergl. haarschnepfc
spalte 37.
HEERSCHREIER, m. ausrufet in einem heere. als aufforäerer
zur Übergabe, Parlamentär, fungierend: haben sy den herschreyer
oder parsifandten mit einem trummeter gegen Pü.\berg ge-
schickt (um das schlosz zur Übergabe auffordern zu lassen), anz.
des germ. mus. 1866, sp. 41 (v. 1523); demselben parsifandten
oder heerschreyer. das. sprichwOrllicJi : er schreiet wie ein
heerschreier. DOkz sprüchw. 13.
HEERSCHULD, f. abgäbe für das heer : das reicbsgelt, so man
selbige zeit heerschuldl oder königsteuwr nennet. Fionsperg
kriegsb. 3, 205*.
HEERSPITZE, f. in sddaclUordnung gestelUer heerhaufe: wer
ist die erfür bricht, wie die inorgenröle, schön wie der inond,
auszerwelet wie die sonne, hchrecklirh wie die bcerspilzen.
liohet. 0, 9; auf das man die reine ciiristliche lere und rechten
verstand davon erhalle, wider des leufels hi-irvpiiüiMi, so n
dagegen gerichtet hat. Luther 6,301*;
wie cnchröcklich itt ir heerspitii.
il. Sachs 3. 1. :ii».
HEEKSTEUER, f. abgäbe zur Unterhaltung des lieeres , ahd.
beri^liuro, herstiiira, m/id. hersliiire; hecrsleur, trihulum quod
ad bellum <]rrendum dalur, pecunia alendo erercilui coHalum.
761
HEERSTR ASZE — HEERWAGEN
HEERWEG — HEESEN
762
HEERSTRASZE, f. 1) slrasze für das heer,' breite landslrasze,
ahd. beristräja, ags. herestraet: via regia ein hehrstrasz Tbochls
T4'; auf eine grosze heerstrasze. Felsenb. 1,115; dasz man
in Wesiphaien an der heerslrasze kaum ein haus, und noch
seltener ein dorf sehe. Moser patr. phant. l (i:9S) 24S; ins-
gemein glaubt ein richter oder beamter, er leiste dem Staat
einen nichtigen dienst, wenn er einen land- oder dorfweg
zur zoll- oder heerslrasze adelt. 2, 279 ; da wir in dieselbe
heerslrasze fielen, auf der wir mit so viel muth und hoffnung
ins land eingetreten waren. GOthe 30, 126. — Bemerkensuerl
tcird in einer quelle ron 1464 noch ittUerscIiieden zirischen heer-
slrasze {ROmerslrasze) und landslrasze, letztere als die strasze
genommen, die mehrere orte des engem landes unter einander ver-
bindet: zwüschenl der heerstrausz und lanlstrausz. ein acker
nebent der heerstrausz und nebenl der lanlstrausz hinuf.
Mo5E tirgesch. des bad. landes 1 (1S45) s. 141, vgl. s. 154. dieser
unterschied tritt später überall nicht hervor.
2) auch die milchstrasze heiszl heerslrasze: wir sehen oft
an dem himel ainen prallen halben krai; wei; und klär reht
sam ain kläreu straj. der krai; haijt von den laien die
hersträ;. Megesberg TS, 16; herslrasze galaxia voc. ine. theut.
14'; galaxia die herslrasze in celo Biet. 255'; ßr die gegen-
trarl ist der natne noch aus Schwaben (Meier schtcäb. sagen 137)
und dem Waldeckschen (Clrtze 244) bezeugt.
HEERSTROM, m. breiter ström, hauf-tstrom des landes:
des landes heerstrom wuchs und schwoll. Bcrcer 36".
HEERTROMMEL, f. die jüngere form zu heerlrumme, s. den
ziceitfolgenden artikel. in alten orgeln fülrrte ein paukenzug den
namen heertrommel. Jacobssoh 4, 464*.
HEERTROMPETER, m. buccinalor bellicus, qui titba Signum
in belle dat. Frisch 1. 433*.
HEERTRUMME, HEERDRUMME, f. Irommel die von dem
beere gerührt tcird: hörtrumme, lympanum Dasip.;
trummeten thet man lut erschellen,
die börtrummen hört man lut erknelien.
LlLlE?(CRO!« volkst. 2, 547, 136 (r. 1504);
so baldt sie hören di beertrommen.
H. >:achs 3, 1, 34»;
blast lärmen und schlagt die beerdrummen !
der feiod ist uns gar nahent kommen.
J. Atrer 296' (14S2, 16 Keller).
REERVERDERBER, m.:
der kaiser hat Soldaten, keinen feldberrn,
denn dieser könig Ferdinand von Ungarn
versteht den krieg nicht — Gallas? hat kein glück,
und war von jeher nur ein heerverderber.
Schiller Watlensleins tod 4, 7.
HEERVERFASSüNG , f. : die preuszische heerverfassung.
Beckers iceltgesch. 14. 54.
HEERVERSAMMLCNG. f.: eine ansehnliche heerversamni-
liing in Galizien zeigte, dasz das cabinel die Wichtigkeit des
inomentes kannte. Beckers irellg. 14, 40.
HEERVOGEL, m. upupa, der tciedehopf. Nemxich. auch dän.
hserfugl. der erste tlieil des wortes ist uol entsteUung des ahd.
horu, mhd. bor kot. vergl. heergans und haargans sp. 28.
HEERVOLK, n. kriegsvolk, mhd. hervolc (wb. 3,365'): Saul
lag in der Wagenburg, und das heervolk umb in her. l Sam.
26,5; und mit inen unter irem geschlecht im hause irer
veter waren gerüst heervolk zum streit sechs und dreiszig
tausent. Ichron. S, i; die schild seiner starken sind rot, sein
heervolk sihet wie pui-pur. .VaA. 2, 4; sollen wol durch solch
grosz geschrei und gerücht unser fürsten und hervolk, so
im teglichen streit erbeilen, verzagt worden sein. Schade sat.
u. pasqu. 2, 103. 35 (r. 1527). vergl. exercitus ein here tulkes
DiEF. 216'. f. heeresvolk.
HEERWAGEN, m. l) tragen, trie er in einem kriegszuge ver-
wendet wird, theils als eigentlicher Streitwagen, theils zum heran-
führen von munition und proriant, mhd. herwagen :
darnach hept sich denn ain sirit.
das der ainer undcr, der ander obnan lit
in dem selben vehten
von den riuer und den knehten.
so sitzend denn die ITirsten,
die da sind die dürsten,
ulT ainen herwagen,
der ist mit isen umbslagen.
, den luond si durch das her jagen
und die baner enbar tragen, leufels nel: 7213;
darumb bedarf man des herwagen,
der da si wol besJagen,
das er die fürsien und herren tüg tracen.
da sind verdeckt! rosi vor,
die trettend die vigind ins hör. "253;
das ieglicli hove bestellen soll drey gewapnete, und drey
hove drey herwagen, weisth. 1,612 (r. 1403); item zweyhundert
grobes geschützes, zwey und zwenzig tausent schanzbauren
und sechätausent leichter pferd , alle bandeweisz und inn
fäfilin gemustert, sowol mit ihren hönvagen, sampt dem hauen
(als Wappen) darauf, und mit vorrath von gurgelprovision, auch
schmiden und sattlern, und anderm nötigem anhang versehen.
Garg. 263"; er ward eines kulschers auf einem heerwagen
gewahr, so körn nacher Paris fübrele. polit. stockßch 219 ; es
gab grosze höfe , die den heerwagen zur fortbringung der
artillerie stellen muszten. Moser patr. phanl. 3 (1798) s. 95;
derhalben auch mich die heerwagen
zum krieg für knecht und reuter tragen.
froschmeuseler 1, 2, 9, bl. Kv*.
2) heerwagen heiszt auch an bezirk von gewissen dorfschaften
oder unterthanen , welche in kriegszeiten einen heerwagen stellen
und unterhalten müssen. Adelcxg.
3) heerwagen, von dem geslirn, das sonst himmelswagen, groszer
bär genannt mrd: arcturus der hörwagen Dief. 45*; arctos,
latine ursa ein bär , oder hörwagen am himel , oder siben
gestirn gegen milnacht. Dasyp. ; der kleine bär, cynosura, heiszt
kleiner heerwagen. Stieler 252S.
HEER WEG, m. heerslrasze, breite landslrasze, mhd. herwec:
heerweg, via mililaris, regia, pifblica Stieler. 2455; es ist nicht
unmöglich, ein kleines land dermaszen mit beerwegen zu
belegen, dasz dessen einwohner keine andere Schätzung, als
deren Unterhaltung tragen können. MösERpair. p/ian/. 2 (179S)
279 ; nachdem ich in der locanda reale, einem groszen statt-
lichen hause an dem heerwege vor der Stadt , quartier ge-
macht hatte. Secme Spaziergang 1, 121 ;
als plötzlich von dem heerweg ein getrabe
zu meinem bangen obre tönt. Alii?(ger Dootin 2,36;
weil er alle mit lieb herbergete, wohnend am heerweg.
Utas 6, 15;
StaufTachers haus verbirgt sich nicht, zu äuszerst
am offnen heerweg stehts, ein wirthlich dach
für alle wandrer, die des weges fahren.
ScHiLLjsR Teil 1, 2.
Über einen früheren unterschied zwisclien heerweg und land-
slrasze vergl. unter heerslrasze.
HEERWESE.N, n. Ordnung und ausrüslung eines heeres. Dahx-
iiA>"?i gesch. d. franz. rev. 159.
HEERWURM, m. i) das beer einem wurme oder einer schlänge
verglichen: eine strecke die nicht einmal hinreicht, dasz sich
efn solcher ungeheurer heerwurm (der zug der Israeliten) in
bewegung setzen könnte. Göthe6, 179; seil 10 uhr vormittag
ting die ungeheure bagage an zu retiriren . . . vrenigstens
10,000 mann schlenderten zur bedeckung dieses gewaltigen
heerwurms, dessen schwänz sich noch um 4 uhr nicht ganz
durch Weimar gewunden hatte, nebenher, statt in reih und
glied zu fechten. Ferxow in Böttgers lUler. zusl. 2, 267.
2) heerwurra heiszt eine in diclüen schaaren zidiende art von
maden. vergl. heerraupe.
HEERZEÜG, m. madtinae bellicae, apparatus bellicus. Frisch
1, 433'. auch persönlich: welciie (wall/ische) den heerzeug desz
groszen Alexanders erschreckt haben. Foreb fischb. 87'.
HEERZüG, «1. 1) expeditio bellica: auf welche zeit und
wesz orts solcher beharrlicher heerzug gegen den Türken für-
zunemmen und zu vollnziehen sei. abschied des reichstags zu
Augsburg 1530, §102; unser herr und heiland Jesus Christus
wird d; haupt und der feldoberst dieses so herrlichen, hei-
ligen und löblichen heerzugs sein. Zinegref apophth. l (1626)
93; wolle doch seinen jungem sehn desz heerzugs befreien.
ScHCPPIOS 405.
2) aucli das ziehende heer selbst:
ebenso laut dort hallte der grund von der kommenden Völker
mächtigem gang; denn in eile durchzog das getilde der heerzug.
Itias 2, 7S5;
also entstrablt auch jetzt dem prangenden erze des heerzugs
lufierheliender glänz. Borger 20«';
ihm folet der Polen leicht berittne schaar,
sammt einem heerzug donischer kosaken.
Schiller üemetr., 2. auft. (670»);
und zogen aus, webklagend, männer und weiber,
ein groszer heerzug, nach der mitiagsonne, •■
mit dem schwert sich schlagend durch das deutsche land.
Teil 2, 2.
HEESEN, verb. die sehnen an den füszen durchschneiden, ein
Jägerausdruck, aus bechsen (jp. 739) entstanden: beesen ein
wild, wenn man einem nicht ganz todtgeschossenen wilde die
grosze flecbse über dem knie des hinterlaufes abschneidet,
so nennt man dies: heesen. v. Tat^xcEx waidm. piort. -^oo.
763
HEFE
HEFE
764
HEFE, f. und m. faex.
ahd. nur als masc. gebraucld: ahd. heffe fex , hephen feces
Graff 4, 828, aus früherem hafjo, hefjo emporheber von haljan,
beffan entstanden; mhd. hebe, hefe, hepbe {masc. und fem.)
Lkxeb mhd. handuürterb. 1, 1198. die geschlechtsschwankungen bei
diesem worte beginnen früh, vielleicht durch den umstand hervor-
gerufen, dasz der sing, im gebrauclte gegen den plur. sehr zurück-
steht, das alte männliche geschlecht tritt an mehrfachen beispielen
bis auf unsere tage hervor: und ist ein überflusz, wie der beff
im wein. Paracelsüs opp. 1,825'; es blieb kein hefen von
bedenklicbkeiten übrig. Hippel 8,60; denn allgemein genom-
men ist der cbarakter der nation hier der unertrfiglichste
am ganzen mittelländischen meer. hier ist der hefen von
Spanien. Lenz 1,224;
wein, den die bosheit ausgedacht . . .
in dem des liefens aurruhr tobt. Hagedorn 3, 46;
wenn nun mit dem taumelkelche der räche
gott kommt, und, bis zum heTen hinab, sie ihn trinken, und
sterben! Klopstock 5, 154;
nach der letzten öhlung soll
bereu mich noch färben.
BORGER 120' (Variante v. 1789 zum zeclilicde) ;
während wiederum hefe als femininum, wie es jetzt ausschliesz-
lich gebraucht ist, schon früh nachgewiesen werden kann: die
beff und der gesamelt unflat alles menschlichs geschlechts,
die Hünen, deutsche städtechron. 3,52,19 (15. Jahrhundert) ; fex,
trusen, häpffe, . . feculenlus vol hepfe oder trusen, unsauber.
Dasyp. ; die trusen, bäpfen faex Maaler 411'; die hefe, fex
Stieler 805; von wein, darinne keine hefen ist. Jes. 25,6;
die häfen slöszt auf, fermentum protrudil spumam, den wein
von der häfen abziehen, vinum defaecare. Frisch 1, 393'.
hefe bezeichnet
1) durch gährung entstehende absonderung einer flüssigkeit,
namentlich an wein und hier, die mundartlich auch banne
(1, 1134), drusen (2, 1461), gest, gerbe, habe {sp. 45) genannt
wird: fex heben, heven, heve, hefen, heffe, heff, heffen,
häpfen, hove Dief. 232"; nl. heffe, hevel, faex, scdimentum,
et cremor sive flos ccrevisiae, fermentum cerevisiarium Kilian;
ags. bezeichnet häfe den Sauerteig: lociad, and warniad fram
Pharisea and Herodes häfe. Marc. 9, 15, was zum niederl. heffe,
heve fermentum (Kilian) tritt, während hierfür hochdeutsch hebe!,
hefel {sp. 720) statt hat; es wiederholt sich dieser Wechsel in der
bedeutung an altn. kvikur, dän. kväger, norw. kveik , schwcd.
kvikka hefe, bair. öslreichisch keck, kick, kikel Sauerteig, vergl.
theil 5, 376. {ein teig) mit pyerhefen erhaben oder mit medt-
befen. kuchenmeisterei ciiij; wie essig aus den weinhefen zu
machen. Hohberg 1, 384 ; frische hefen , faex rccens Stein-
bach 1,722; hefen einrühren, in einen teig, zum gähren;
do ich an irem pelt entslief,
die trau zu eim pirpreuen lief
und pracht ein gellen vor dies vol) heffen; . . .
die hefTen gosz sie unter mich,
dasz ich darinn lag lesterlich. fasln, sp. 116, 17.
hefen brennen, branntuein aus ihnen bereiten {vgl. unten hefen-
branntwein): von jedem tag, so er solicbe heffen geprennt
oder den vermeinten wein davon verkauft hat. Nürnb. poliz.-
ordn. 270. unterscheidet man rücksichtlich des getränkes in dem
die hefe sich bildet , weinliefe, bierhefe (wciszbierhefc, braun-
bierhefe), melhhefc, cyderhefc, brannlweinhefe, so kennt man
in bezug auf den ort, wo die hefe gefunden wird, oberhcfe {auf
dem hier schwimmend), untcrhcfe, spundhefe {am spundloch
eines fasses), fasz-, grund- oder bodenbefe; nachdem gebrauch
den man von der hefe macht, stellhefe {dem biere zum bessern
gältren zugesetzt), preszhefe.
2) uneigentlich heiszt auch der bodensatz beim auspressen des
Öles hefe, s. ölhefe; ferner: iiepffc der salb magma Dasyp.;
hefe beim tliran , der unterste, zälteste theil desselben, s. hefen-
Ihran ; in ähnlicJiem sinne von dem bodensalze des kaffces: jetzt
nach vier uhr tritt er aus dem banse voll kaffce, den er in
Hnkclum nur der inultcr wegen trank, die diesen weiblichen
wein noch zwei tage darauf über die hefen des bodcnsatzes
ai>/og. J. Paul Qu. Fixlein 137.
3) liefe ist in ausgedehnter bildlicher Verwendung.
o) an die hefe als guhrungsmittel lehnen an: sie war zu heftig
ereifert, nur wandte sich jetzt ihr zorn gegen ihre Schwester,
die zu deinxclben eigentlich die hefen eingerührt hatte. Arnim
krntirnir. 1, ri^5;
■ ""«) herz, von hefen rein,
Mier.
vpiclelt durch die daucr. Vom poft. werke (1835) 204»;
und so war Weyermann ; und ich gönnte ihm gern die hefe
(die gerichthallerei), die seinen ganzen teig aufhob und über
den backtrog trieb. J.?\vl biogr. belust. 1,12'; indesz werden
(in mehr als einem sinne) deutsche hefe und französischer
schäum bald sich senken, und das geistige ungetrübt nach-
lassen, friedenpr. 45.
b) weit mehr bilder knüpfen sich an den umstand, dasx die
hefe vielfach als bodensatz einer flüssigkeit erscheint :
des lebens wein ist abgezogen,
und nur die hefe blieb der weit zurück.
Schiller Macbeth 2,9;
einen kelch bis auf die hefen leeren ; denn der herr hat
einen becher in der band , und mit starken wein vol ein-
geschenkt, und schenkt aus demselben, aber die gottlosen
müssen alle trinken, und die hefen aussaufen. |)s. 75, 9; stehe
auf, Jerusalem, die du von der band des herrn den kelch
seines grimmes getrunken hast, die hefen des daumelkelchs
hastu ausgetrunken, und die tropfen geleckt. Jes. 51,17; ich
neme den daumelkelch von deiner band sampt den hefen des
kelchs meins grimmes, du soll in nicht mehr trinken, v.22;
weil sie denn also ganz noch erfahren nicht ist die crfahrung,
ganz ihr bitterer kelch
bis zu den hefen hinab noch nicht getrunken.
Klopstock 2, 159;
du dachtest an uns, barmherziger, als wir
hatten bis zu den hefen den kelch des todes getrunken! 5,45;
geusz auch ihnen, vergelter! der räche taumelkelch voll!
lasz sie bis zu den hefen hinab ihn trinken, und sterben!
5. 124;
vielleicht, weltrichter, haben sie,
in ihrer stolzen, bangen müh,
den taumelkelch bald ausgeleert,
bis auf die heefen ausgeleert! 7, 137;
leidig ist ihr trost, denn ach! sie nippten
nur vom licbeskelch, und tranken nicht,
tranken nicht, wie ich, mit süszem beben
ganz ihn leer, bis auf den hefen ganz!
Schmidt v. Werneuchk!« alin. 1798 s. 64;
die letzte hefe soll ich noch genieszen
im schmerzensbecher. Plate« 104-,
erst als die lust gehetzt bis zur entseelung,
der freudenkelch geleert bis auf die hefe.
Uhland ged. 435;
um die einförmigen freuden einer einzigen, mit romanhafter
treue in gerader linie sich fortschleppenden leidenschaft bis
auf die hefen zu erschöpfen. Wieland 2,175;
bereit, bis auf die hefen sein ritterlich blut zu verspritzen.
4,87 (t02);
auch sein spotteten sie, und gaben ihm, als er in durste
rufte, nicht galle nur, sie gaben die untersten hefen
ihres hohnes ihm auch in seineu quälen! Klopstock 5, 124;
auf die hefen kommen, gehen, zur neige gehen: wer den wein
hat getrunken , der sol auch vor gut haben , wann es auf
die hefen kommt. Lehmann 172; wenn ein ding zu end ist
kommen , so sagt man , es gehet auf die häfen. 19S ; man
belleiszt sich insgemein in allem thun dasz der anfang gut
sei, darnach gehets auf die hefen. 24 ; das sie {die stiße) zu-
letzt, wie sie wirdig sind, komen auf die hefen. Luther
1,308*; es ist mit dem endcchrist auf die hefen kumcn,
und Christus wil sein ein ende machen. 4,352'; da es nu
mit Rom und welschem lande auf die hefen und todte
neigen komen war. 8, 24o'; denn die weit mit ihren kindern,
sonderlich in itzigen hefen und grundsuppen , do es alles
auf die neige kommen ist, hat ihre eigene weise und regel.
Roth hausmütter abc (J ; herwiderunib so wer das bistumb
zu Wurms in abnemen bisz auf die heffen. deutsche städte-
chron. 3,117,22; unterdessen . . . ist sein söhn hier guter
dinge, der wird zwar nun wohl auch allinählig auf die hefen
gekommen sein ; aber es ist schon recht, ein sainmicr will
einen zerstrciicr haben. Lessing 1,502; er sitzt auf der hefe,
in summa calamitate est. Serz 65*; mein Franzose kam, und
es fand sich, dasz der arme Icufcl mit seiner bürsc auf den
hefen war. Skumb Spaziergang t, 121. — hefe als symbol des
unreinen, widritjen : aber höre .. wo du dein hier getrunken,
muszt du auch deine hefen vergicszen; du betrinkst dich an
fremden orten und dann kommst du zu mir und machst
Spektakel. IMiur/. Ilolbrrg 39» ; hört, mein herr, wo ihr, euer
hier getrunken habt, da vorschüttet auch eure hefu^ 462; der
wascht sich mit hefen («■ isla ihmo unrecht , so ist mirs
nicht unrecht). Lehrann 203; sich mit dreck wcschcn. den
hindern mit btifen wüschen, sich mit kolcn weisz machen,
wann ein undat sich mit dem andern wil schön machen.
Acr. »pr, (1560) lo'. als hild für trübes, in einer redensart:
765 HEFE — HEFENWUST
im traum ich heinte hab gesebn
einen kochtopf zerbrochen siehn,
der war nicht wie er gestern war,
was bdeuts, sagt mirs ohn befen klar.
Wellkr 30;ä/ir. krieg s. 70 (v. 1620).
auf seinen hefen liegen: Moab ist von seiner jugent auf
sicher gewest , und auf seinen hefen still gelegen, und ist
nie aus einem fas ins ander gegossen, und nie ins gefengnis
gezogen, darumb ist sein geschmack im blieben, und sein
gerucb nicht verendert worden. Jer. 48, 11; zur selbigen zeit,
wil ich Jerusalem mit laternen durchsuchen, und wil heim-
suchen die leute, die auf iren hefen llgen, und sprechen in
irem herzen, der herr wird weder guts noch büses thun.
Zephanja 1, 12.
Die hefe als bild für das unterste, gemeinste einer gesellsckafls-
classe (uie lal. faex plebis, faex civitatis) : da fiel der geist der
geitigkeit durch die äugen ein in das herz der weinbuben,
tabernierer, füller, spiler, gaszenlretter, freiheiter, jaufkinder,
gaigenschwenkel, luderer, und was solcher heffen was. deutsche
städtechron. 3, 142,21 (lö. jahrli.) ; kerl, den man mit recht den
schäum und die hefen des gesamten adels nennen konnte.
ehe eines tceibes 77; die hefe des volkes. Platen 302; suche
dir ein weib aus der hefe des volks. F. Lewald Stdla 361 ;
jetzt leider scheint man in beiden Städten {Ulm und Nürnberg)
das fasz des Staats, weil der obere bierhahn sauers gesüff
herausliesz, unten einen zoll hoch über der hefe des pöbeis
angezapft zu haben. J.Pall Sieb. 1,75; die hefe vom menschen-
geschlecht. Fr. Müller 2,10; das häsziiche teufeis- und hexen-
wesen, das nur in düstern ängstlichen zeitläufen aus verwor-
rener einbilduDgskraft sich entwickein und in der hefe mensch-
licher natur seine nahrung finden konnte. Göthe 46,133;
bedenk doch herr, dasz du uns, wir dir tbewer,
bedenk dein wort, volk, bausz,
und wendend deine band von uns, wirf nu dein fewer,
und geusz die hoffen ausz. Weckuerlis 326.
hefe, das letzte, der resl, in bezug auf zeit : ob nu aber wol
in diesen trüben letzten hefen der "weit nicht mehr viel leute
sind, die mit solchen äugen die jünger und diener Christi
anschauen. Selseccer chrisll. psalmen (1587) rorr.; die hefe des
winters .. auf dem lande genossen. Herders lebensb. 1,2,246.
HEFEL, m. s. hebel 2 sp. 720.
HEFE.NALAUN, hi. alumen faecis, eine arl künstlichen alauns,
auch drusenalaun. Nemsich.
HEFEiNBÄCKER, m. bäcker feinerer waare, deren teig durch
hefen bereitet u-iid, u-eiszbäcker, kuchenbäcker.
HEFENBÄ.CKEREI, f. das geschäft eines hefenbdckers.
HEFENBRANMWEI.N , «i. brannttcein 'der aus weinhefen
destilliert wird.
HEFENBROT, n. roggenbrot, dessen teig mit hefen anstatt des
Sauerteigs zum aufgehen oder gähren gebracht wird. Jacobsso."«
2, 246'.
HEFEiNBRÖTCHEN, n. kleines weianbrci mit hefen gebacken,
milchbrOtchen, franzbrölcheh.
HEFENER, HEFTER, m. außäufer von hefen, um diese zu
gewerblichen zwecken weiter zu verwenden : es gepewt ein erber
rath, das . . die heffner, die die heffen oder einich verdorben
hier von den bierprewen oder bierschenken hie in dieser stat
kauffen oder nemen , dasselbig hier und alles das , so sie
ausz derselben heffen zwingen, noten oder bringen, widerumb
für hier mit einicher hilflf oder gemechf , wie man die er-
denken mag, nit sollen machen. AYirnfe. polizei-ordnung 270.
hefner, in liürnberg die essigmadter. Jacobsson 6, 62*.
HEFENKUCHEN, m. kuchen dessen teig mit bierhefe zum auf-
gehen oder zur gahre gebracht ist. dimin. hefenküchlein in
I^ürnberg pfann- oder eierkucfien.
HEFENSTÜCK , n. ein vorläufig in kleinem masze mit hefen
gemachler weizentcig , der bei dem semmelteig die gahre befördert
und die hefen zum theil erspart. Jacobsson 2, 246*.
HEFE.NTEIG, m. teig aus ireiienihehl, der mit liefen zur gahre
gcbraclil wird.
HEFE.MHRÄN, m. bodensalz des thrans: schwarzen oder
hefenthran. den man zu Wagenschmiere nutzt. Jacobsson 7,538".
HEFE.NWEIN, m. nicht abgezogener, trüber wein : hepfwein
sive hefenwein, vinum fecatum, non depuratum. Stieler 2477.
HEFENWL'ST, m. :
ile hatt ihm hundertmal den degen allbereit
gestoszen, bisz ans hert, in rücken und die seit,
als sie den unflabt nun bat aus der weit gereumet,
und solchen hefenwust einmal recht weg gescbeumet,
so wand sie sich. D. v. d. Wbudbr .iriost 22, 94, 6.
HEFICHT — HEFT
r66
HEFICHT, adj. und adv. hefenarlig, hefenähnlich: feculentus
heeffich, nd. heficke Dief. 228'; heücht waszer, aqua feculenta,
limosa, spurca Stieler 806 ; faeculentia hefichtes wesen Kirsch
cornue. ;
sie (die bremse) leckte von dem heiszen schäume,
der heeflcht am gebisse (des pferdes) flosz. Gellkrt 1,46.
HEFIG, adj. hefen habend: feculentus hevik Dief. nov.gloss.
169; heftger wein, heflges hier.
HEFT, n. u. m. manubrium; capulus; fibula; charlae junctae.
ahd. hefli, mhd. hefte, nur neutralen geschlecltts, abgeleitet als
instrumentale und handlungsbildung von der würzet hab fassen,
halten (sp. 46. 721), und nah verwandt dem masc. haft, das
gleiche würzet und verwandtes suffix zeigt, das maseuline ge-
schlecht am Worte, das neben dem ursprünglich allein berechtigten
neutralen sich entwickelt hat, erscheint schwankend in der bedeu-
tung 5 zusammengeheftetes papier, eine junge bedeutung, ungefähr
gleichzeitig mit band volumen (l, 1098) aufgekommen und viel-
leicht diesem warte rücksichtlich des genus-verhältnisses angeglichen,
auszerdem in der bedeutung 3, /(i>r wahrschHnlich ebenfalls durch
Verwechselung mit haft (sp. 128) gleicher bedeutung entstanden ;
selten in der bedeutung 2 schwertgriff in mitleldeutsclien quellen, wo
das wort überhaupt ursprünglich nicht heimisch sciteint, 6ei Stieler
der heft, degenheft capulus ensis 723, und bei Lessixg: viel-
leicht hätte er es (das schwer!) mir gelassen, aber gold war
der heft. 2, 106.
heft bezeichnet
!) handhabe, griff an einem gerate überhau]4: ahd. hefte r.
halbe, manubrium Graff 4,744; manubrium hefte, heft, ein
heft an eirae meszer, nd. hecht, .t. stel Dief. 348*; niedert.
hecht, hef, manubrium, capulus, fibula Kilia.n ; so der stil eines
teils: heft am bell, manubrium securis , asciae Stieleh 723;
das bell hat kein heft. bricf Uhlasds in L. Uhland. eine gäbe
für freunde s. 28S; handhabe eines jaches: das hefte, woran es
joch seyge, manubrium, ein halm. Maaleb 215*; heft, die
handhabe, der griff eines gewehrs oder Instruments. Frisch
1.432*. mehrfach in der spräche der handwerker: heft, der
oberste theil eines bergbohrers. Jacobsson 2, 246*; der schaft
oder das heft des diamants (beim glaser). 1,236'; beim schiffer
heft das seil, das den kahn am xifer hall: heft remulcum (narts)
voc. ine. theut. i 2* ; schiffheft, remullum, dicitur funis quo ligalur
navis ad portum s 7* ; in komischer rede am Rhein heft eine
starke nase, die einer handhabe verglichen wird. Kehrein 191 ;
ebenso schlesisch. sprichwörllidi eine sache am rechten hefte
anfassen :
es fehlt euch nicht, faszt ihrs am rechten hefte.
ÜHLAKD ged. 448;
bildlich: dadurch griff nun Ninetle in das heft und die hand-
habe seines lebens und herzens und hielt ihn an seinem
fehler fest — aus räche und aus eitelkeit. J. Paul heiml.
klaget. 15; hier ist heft als handhabe eines gefäszes gedacht.
2) im engern sinne ist heft der griff einer waffe, eines sehwertes,
dolches: ahd. hefti, helza, capulum Graff 4,744; capulus heft
an eime swerte o. messer. Dief. 99*; heft manubrium defen-
diculi voc. ine. theut. i2'; hefte, manubrium, capulus vel capulum
Dasyp. ; nam das schwert von seiner rechten hüft, und stiesz
im in seinen bauch, das auch das heft der schneiten nach
hinein für, und das fette das heft verschlos. Hehler 3,22;
grosze köstliche Qschzeen, darausz man allerlei kostliche heft
an die wor macht. Frane weltb. 30*;
sie halt ihm hundertmal den degen allbereit
gestoszen, bis an» heft, in rücken und die seit.
D. T. D. Werder Ariost 22, 94, 6-,
und stosze tief ihm ins gekröse,
nachbohrend bis ans helt, den stahl.
Schiller kämpf m. d. drachen 245,
bis ans heft
bohrt ich mein schwert in deine stolze brüst.
Platkw 231.
anstatt des ganzen Schwertes ist heft gesetzt:
braucht, tapfren siegcrl braucht das heft. Gcsther 124.
An dieses heft als griff der waffe und als symbol der gewalt
lehnen manche bildliche redensarten an: als zwei junge leulh-
lein . . mit einander hochzeil gehalten betten, begäbe sichs
nach auszgang der (litterwochen, dasz die fraw das schwerdt
bei dem heft zu fassen sich . . beflisse. Kirchhof wendunm.
328'; das heft ergreifen, haben, halten: man wird ihm bei-
stimmen wenn es ihn verdrieszt, dasz dergleichen influenzen
sich nach Deutschland erstrecken, und verrückte,, ja unwür-
767
HEFT
IIEFTCUEN — HEFTEN
768
dige Personen das beft ergreifen. Göthe 31, 24; damit er das
heft aileine in die hiinde bekommen . . . möchte. Mascou
2,55; er war actuarius beim pupillencollegium und balle
freilieb daselbst, wie der perpeluirlicbe secretär einer aka-
demie, eigenllicb das beft in banden. GOtue 25,24t; sü lange
die democratiscbe repräsentation nocb nirgend das beft in
der band bat. Frantz In Utk aller pwteien s. 131 ;
und ob gleich krönen, gut und leben,
ihm zu beherrschen sein vom bimniel übergehen,
geschieht niclit, dasz der frau das hell niclit auch gehört.
iloFKiiAMNswALUAf ijclf. scliäfcr s. 105;
jetzt sind wir nocli beisammen im land,
wir habens beft noch in der band.
Schiller Walteitsl. Imjcr, M.uitftr.;
das bild ist an das lieft eines messers angeknüpß:
behalt das messerbeft in deiner band!
du bist der recht natürlich herr
übers würtembergisch land. Uhland vulksl. 483;
einem das beft in die band spielen : hieraus entspannen sieb
die innerlichen kriege , welche dem kiiiser Julius das beft
allein in die band spielten. Lohenstein ylrm««. 1,5"; das beft
in liänden lassen: und ihr das beft in bänden lassen. Mascou
2,91; das bäft aus den bänden lassen, poteslalem suatii alii
tradere Steinbach 1, CGI ; das beft niclit aus den bänden lassen,
non omillere capitl rei, iwn cedere possessione rci. Serz G5'; das
heft aus den bänden geben: so bedauert er es am ende
docii wohl selbst, dasz er das heft aus den bänden gegeben.
Lessing 12,264; einem das beft aus den bänden drehen,
paranli facerc quippiam exlorquere pcragenli facultatcm. Serz 65*.
3) in vielireren bedeulungen berührt sicli beft genau mit dem
masc. hafl (l, b und 3 ip. 129. 130) und dieser engen berührung
mögen die geschlechlsschwankungen zunächst entspringen.
a) beft, die naht, der stich der eine naht macht: soitu die
darme (eines verletzten hundcs) vorbin inn ire alle statt siltig-
licb einlegen, und ein stuck speck in das loch stecken, und
darnach den schaden zusamen heften : du must aber nach
einem jeden hefl den faden mit einem knöpflein zusamen
binden, und jedesmal den faden abschneiden. Sebiz fddbau
580; worauf sie (die haare bei Verfertigung eines haarpinscls) oben
den ersten und hinten her den zweiten beft erbalten, der
beft macht die bauptsacbc bei der arbeit aus. Jacobsson G, 3';
jetzt reist mit allen kraCten
der furcht für gotl wol gar er eiidiicii aus den Ijcftcn.
LoGAU 3, 216.
b) beft fibula, spange, haller am kleide oder luche : concinna-
bulum .i. ßbula ein beft Dief. 138'; mit beft und schlinge
wird ein kleid zugemacht; zuweilen war anstatt des knopfes
ein spitziger beft, und die weiber zu Argos und Aegina
trugen dergleichen hefte gröszer als zu Alben. \Vinkel.mann
5,17; anstatt des knotens waren zwo zipfel ... unter der
brüst vermittelst eines befles {Tze^ovis) zusammengebängef.
5,33. nach der Schreibweise des id. jahrh. Idszt sich nicht genau
entscheiden, ob die plurale form dem neulr. beft oder dem masc.
baft {sp. 130) zufalle, obschon bei letzlerem der schwache plur.
haften Jas gewöhnliche ist: soll fünfzig güldene hefte machen
da mit man die leppiche zusamen hefte. 2 Mus. 20,6; soll
fünfzig cbcrne hefte machen, und die hefte in die scbleuflin
tbun. 11; Süll den furhang mit heften anheften. 33; belle,
ührrinken, ringe und Spangen, und allerlei gülden gerethe.
35,22; die hefte, die spangea. Jes.3,lH; die hefte, gpangen,
kellein. Mathes. Sar. 50*. — heft ist auch ein ring an einem
balken zum daranbinden eines gegenständes, krampe : stell es (das
pferd) ein stund vor tags an ein heft under ein ladt, damit
es weder lecken nocb naschen möge. Seuteb rossarzn. 8.
4) bcfl, verblümt für penis: das er, wie man sagt, lain im
lieft war. Zimmer, chron. 1, ISO, 18.
.')) bell von einer mdszigen anzahl verbundener papicrbogcn ;
eine bedeulung die in den Wörterbüchern vor AoELtJNC nicht an-
gegeben ist, aber doch tchon in einem gedichle Haceührn« t'o»
I'IO ersclieinl:
wa« ihn bembht, verherrlich! »inH erpct/i.
Rind weder pracht, noch l.i
ei int ein buch, da« er ncir
CK ist ein schätz von ihm I '
iilsgcscIiiiMU':
Mfle. 1,57;
rfoi bcfl kann bttchrieben, bedruck setn ; eine zeil.^chrifl, ein buch
metieinl in heften , deren eine antahl einen band bilden ; lieft
eine« »cbülertt , rinc« Htudcnlcn, in dai er den Vortrag des
ItkrfTt einlrii(it ; hefl des pnifefmon*, nach dem er ttinen Vortrag
hall: ein Miik auf den beuligen bcfl meiner hund»cbrift.
ThCm.mel C, 333; dasz man ihr irgend einen hefl milgelbeilt,
aus dem sie sieb , was ihr gemütblicb war, ausgeschrieben.
Göthe 17, 23S ; dieser hatte seine akademischen hefte mit
groszer Sorgfalt geschrieben. 24,224; durch andre unter meines
Vaters francofurtensien befindliche bücher und hefte. 234; sie
erhalten auch endlich wieder einmal einen beitrag von mir
und zwar einen ziemlich starken hefl Cellini. an .Sc/iiWer 267 ;
wenn man kein bcslimmtes gehalt dafür bezieht, dasz man
die allen geschicblcn alle halbe jähre vom hefte abliest (als
Professor). H. Heine 2, 426.
HEFTCHEN, n. kleines ließ: beflgen , undnulus , hatnulus
Hederich 1233. auch in der bedeulung h : ein beflchcn papier.
HEFTÜECKEL, m. einbanddcckel eines heßes (no. 5): sand
läszt er (ein spielender knabe) als Wasserfälle über alle befl-
deckel rinnen. Reicuenau aus unsern vier wänden 1, 25.
HEFTE, /". handlang und zeit des beftens (unten sp. 7C9) 6c«
den Winzern: es wird aber dieses heften in die erste und
andere hefte eingctbeilel. die erste hefte gnschiebet gleich
nach der breche im junio und ist sonslen die zwölfte arbeil
im Weinberge, öcon. lex. (1731) 986.
HEFTEISEN , n. in den glashütten ein eisen, an das bei der
Verfertigung der gläser diese letzteren mit den boden vermöi/e etwas
glasmasse geheftet werden , um sie um obern theile zu vollenden.
Jacohsson 2, 216'.
HEFTEL, «1. und n., im ersleren falle diminutiv zu bai"!, mit
der nebenform liaflel, bäflel (sp. 132), im letzteren diminuliv zu
beft (2, fc), oM beflili (Graff 4,744);- die bedeulung ist dieselbe.
befiel bedeutet ein häkchen am kleide , zum zuhaken desselben :
der befiel greift in die schlinge oder ose; früher war befiel
ai(c/t eine gespaltene spangennadel , womit die kleidungsslücke
zusammengeheftet wurden, in kostbarer ausfülirung ein weiblicher
Schmuckgegenstand, von diesen spangennadeln aus ist der name
befiel in Oberdeulschland auf geu-Ohnliche Stecknadeln übertragen
worden. Jacobsson 2,246'; befiel, bei den Jägern der spann-
pflock , bei den fischern ein pfähl zur befestigung der netze, vgl.
häftel .<;;). 133: hierauf hat man an den zwei seilen des ersten
reifs beim eingang des garns zwei befiel von ohngefehr ander-
halb schuh lang, damit der aufgezogene beern recht gerad
dardurch erhallen werde, fest zu machen, jagls-eryützungen
1, 45. befiel heiszen endlich auch die langen gewundenen faden,
mit denen sich pflanzen aufranken, cirrlii. Nemnich 2, 1048. vgl.
hefl lein.
HEFTELFABRIK, f:
er hat auch eine beftelfabrik. GöruB 13, 52.
HEFTELGELD, n. trinkgeld für weibliche dienersdiaß, franz.
poiir les epingles: einer jeden zubringerin . . . eine gewisse
besoldung für das häflelgeld oder leikauf. mägdelob 37.
HEFTELMACHER, «i. verfertiger von hefleln. der beftel-
macher sagt von sich:
ich mach steckheft ausz messingdrat,
lein auszgebiilzt, rund, sauber, glatt,
mit runden kiiupllein gut und scharpf,
aller art wie man der bedarf,
auch mach ich hacken und schlcifleiii gut
g.schwcrzt und geziert, darmit man thut
sich eliibrüsten weib und auch mann,
dasz die kleider glatt ligen an.
II. Sachs bfyclirmh. aller ttände auf
erden (156S) d2;
heflclmacher, acicularius Stieler 1193. sprichwörtlich in Üüringen,
aufpassen wie ein heflclmacher, genau achtung geben.
HEFTELN, verb. durclt hcftel schlieszen, mit ließet n befestigen:
ich iiäflele fibulo Steinbacu 1,661; der alte in dem seltsam
piäcbligen inantcl, vorn mit eiocm rolheu steine zugebeftcll.
Arnim kroncnw. 1, 45.
HEFTEN, verb. figere, ligare; a/id. heflan, m/iJ. heften ; eine
denominulivbildung von dem sp. 132 aufgeführten adj. baft vinctus,
zunächst mil dem allgemeinsten sinne verhaßet machen, befestigen,
der sich in verschiedenen Wendungen sinnlicher oder unsinnlicher
ausspricht.
1) lran.<<ilivet hefleii etwas fest anfügen, befestigen, von personen
und gtgenMndai ; alid. in einem bilde: sie heflenl mullitu-
dinem audiluriim in uiiitateni tidei, alsc diu binta zesamcne
duinget die meiiige derü lokko. Wiliirah 30,12;
nllt. thiin sprnk iherA innnnd l^(Tcr
an tiicro hiMiKinnn, tliAr hie giliilild Htuod,
wnn wundcrquAln. Ililiiiml 5V.U ;
mhit. »f hntte zeiiiem ostc
diu picrt hcidlu vasto. Iwtin 3400;
' ri wurcn da gchaft. /.Va«'. 200;
reo
HEFTEN
HEFTEN
770
diu ander sacli ist, Jaj diu ziuig geheft ist in den munf.
Megenberc 15,9; got ist Christus der gemachit ist ii? einem
wibe, . . der geborn i«t üj der juncvrowen, der geliden bat
in dem vleische, der hat al geheftit an dem cruce. Behaims
ev.-buch s. ' Beckstein, das nhd. hat den begriff geicihnlich so
verengt, dasz das befestigen durch nügel , nadeln oder eine naiit
geschieht : an ein crcuz heften oder schlahen, an gaigen henken,
suffigere cmci. Maaleb Sis' ; soll sie (die steine) auf die schul-
tern des leihrocks heften. 2 Mos. 2S, 12; das du die selben
zween ringe heftest an zwo ecken des schiltlins. t>. 23; und
macht ja fünfzig schleuflin an jgiichen teppich am ort, da
mit sie zusamen geheftet würden. 36, 17 ; bunden eine gele
schnür dran , das sie an den hut von oben her geheftet
würde. 39,31; seinen schedel heften sie ans haus Dagon.
Ichron. 11.10; der zimerman nam den goldscTimid zu sich,
und macheten mit dem hamer das blech glat auf dem ambos
. . . und heflens mit nageln, das es nicht seit wackeln. Jes.
41,7; macht ihm ein feins heuslin, und setzts an die wand,
und heflets fest mit eisen, weish. 13,15; oben zu seinen heubten
heften sie die ursach seines todes, beschrieben, nemiich, das
i«t Jhesus der Juden könig. Matlh. 27,37; ausgetilget die
hondschrift so wider uns war, welche durch Satzung entstund
und uns entgegen war, und hat sie aus dem mittel gethan,
und an das creuz geheftet (golh. ganagljands ita du galgin).
Col. 2. 14; sie nimmt eine von ihren schleifen ab, die sie dem
prinzen überliefert, und heftet die seinige an ihren busen.
Schiller Dom Kariös urspr. bearb. (3, 93 Kurz) ; rotn befestigen
durch hefte, fibulae: fibulare heften Dief. 233'; nicht mehr das
haar mit goldnen spangen geheftet. Lessing 6,434;
dazu den mantel wählt, von glänzender
seide gewebt, in bleichem purpur schimmernd;
über der achsel hefl ihn (fas^e ihn zusammen) eine goldne
cicade {als spange). Schiller 4% (braut v. iJessina).
seltener steht heften bei den neuern auch in dem sinne durch
binden befestigen : es finden sich noch eherne ringe im fusz-
boden, woran man die stiere geheftet. Güthe 60, 191 ; bair.
ein schiff, einen flosz heften, am ufer festbinden Schm. 2,162;
mit unterdrücktem object: in nöten weiszt sy (die uell) nit, wa
sy soll heften oder yhren anker einwerfen. Frank tce//ft. 158*;
bei den tcinzern v^einreben heften, mit stroh an die pfähle binden,
öcon. lex. 9S6; dafür nassauisch den weinberg heften, oder blosz
heften (ohne acc), rebschOszlinge binden. Kebreix 191 ; durch
leim fest machen : etwaran heften oder kleiben, agglutinare ad
aliquid Maaler 215'.
In der technischen spräche icird heften viel verwandt: der
tischler heftet eine leiste, befestigt sie mit nageln, bevor sie an-
geleimt wird; der buchbinder heftet die bogen aneinander, heftet
ein buch; die acten einer behürde werden geheftet; der Schneider,
die nähcrin heftet stücke zeugs mit groszen Stichen an einander,
um sie danach durch eine sorgfältig ausgeführte naht enger zu ver-
binden; rfertfundarsi heftet eine wunde: heften, ein haft gäben,
wie einer wunden. Maaler 215*; weliche wunden meiszelns
oder heftens notdürftig weren oder wurden. Nürnb. polizei-
ordn. s. 44; wunden und strimen und eiterbeulen, die nicht
geheftet noch verbunden , noch mit öle gelindert sind. Jes.
1.6; dasz man diese wunden gemeiniglich heften musz, und
zwar fein fest und eng zusammen. Acricola neue feldscherkunst
(1701) 121.
Sprichwörtlich einem etwas auf den ermel heften, ihm schimpf
anthun , eine redensart die an die mittelalterliclie silte anknüpft,
rechtlose, blödsinnige, Juden durch eigenthümliche streifen auf ihrer
kleidung der öffentlichen kenntnis und Verachtung preis zu geben:
etwas auf den ärmel heften, crimen affigere Kirsch cornuc;
denn es kunte kein mensch mit frieden vor ihren hause
Torbei gehen, dem sie nicht allemahl was auf den errael
hefteten. Schelmuffsky 2,48; wir wollen ihm bei der herzogin
wieder etwas auf den ermel heften und die narrenkappe
vollends zuschneiden, d. bärligle frauenz. 7 ; einem ein ge-
heimnis auf die nase heften, es seiner kenntnis preis geben:
dem musz man so was an die nase heften, wenns morgen
am marktbrunnen ausgeschellt sein soll. Schiller kubale u.
liebe 1.2.
2) an die bedeutung 1 schliesst sich transitives heften in der
rechlssjtrachc , mit bes'chlag belegen, ron sachen , verhaften, von
personen: wer derselb aincm hcrren oder jemand schuldig zu
Rickenbach, darumb möcht man inn und das sin wol heften,
bisz er die schulden abtrag. weisth. 1,211 (st. Gallen r. 1495);
soll man die personn, so die ansprach hat, heften und in
IV. n.
tiüslong lumen. 1,40 (Zürich v. 146S); deszhalb sy zu zitten
üwer münch, ettwen die couversen, ouch Qwer fich . . fräven-
lich anfallend, pfendent und heftend. Oheix chron.v. Reichenau
140, 4. vgl. haften 8 sp. 135.
3) transitives heften unsinnlicher und übertragen: denn er
(gott) hat sein wort und seinen willen an sie (die obrigkeit)
geheft und gebunden, da er spricht, gebet dem keiser, was
des keisers ist. Lcther 3,329*; nu ist das nicht unnütze,
sondern seliglich , was den glauben hebt , tregt und heftet.
377'; aber euszerlich ding mit gottes wort gefasset, ist heil
und Seligkeit, darumb, das es im wort hanget, und den
glauben heftet , wie ich itzt von Isagc und dem regenbogcn
gesagt habe, welche beide euszerliche leibliche ding sind,
aber weil sie ins wort gefasset sind, muszte Abraham seinen
glauben heften an den zukünftigen Isaac. 37i'; da er das
gute thun wird, weil es das gute ist, nicht weil willkührliche
belohnungen darauf gesetzt sind, die seinen flatterhaften
blick ehedem blos heften und stärken sollten , die Innern
bessern belohnungen desselben zu erkennen. Lessing 10,327;
die begierden , wodurch wir an gewisse naturdinge geheftet
unfähig gemacht w erden . . . Kä.nt 7, 313 ; Carlos musz alles
rührende seiner läge aufbieten . . ihn (den marquis) auf seinen
eigenen traurigen zustand zu heften. Schiller 763; die mit
dem besitze ihrer klöster und prälaturen auch die stimme auf
dem reichstage beibehalten, die an jene geheftet ist. 801; da
die menschen in groszen Staaten und die bienen in groszen
stücken muth und warme eiobüszen : so heftet man jetzt
an kleine länder andre kleine länder, wie an bienenstücke
koloniestücke. J. P.\ul Ilesp. 2, 123 ; falle willig, stein in die luft
der erde geheftet. 250; die theologie nimmt die Offenbarung
gewöhnlich als ein zeitliches produkt nach der Schöpfung an,
und heftet das produkt an einzelne Völker, kl. bücherschau
1,193;
(lebrl) wie eintracbt, treu und muth, mit unzerirennten kräften,
an eine kleine macht des glückes Dügel heften.
Haller schicei:. ged. (1768) 35;
(der) dicht an unsere fersen
heftete seine verderben. Klopstock 3, 277;
hnußg die gedanken , blicke , äugen auf etwas heften : auf
das, was in seiner seele vorging, geheftet, schien er weder
zu sehen noch zu hören. Wieland l, 70; als ich den letzten
blick auf die bezauberten haine heftete, s. 45; traurig stand
sie , und heftete blicke auf ihn , die ihm das herz durch-
bohrten. 5.361; indem sie äugen voll mitleidender liebe auf
ihn heftete. 374; der blick, den sie diesen abend auf mich
geheftet hatte. 2,49; den glänz der berühmtesten männer vor
ihm zu verdunkeln, die äugen der weit auf sich zu heften.
326; diese (reßexion) aber scheint mir im munde der Kly-
temnestra, die zu sehr auf ihr gegenwärtiges leiden geheftet
ist, um solchen allgemeinen betrachtungen räum geben zu
können, nicht ganz schicklich zu sein. Schiller 235; Alba
heftet einen fragenden blick auf den könig. Dom Karlos, urspr.
bearb. (3. 56 Kurz) ; seine äugen heftete er wieder in ein buch.
J. Paul //esp. 2, 13 ; (Viclor) so aus allen gegenständen seiner
liebe herausgeschleudert, so auf nichts geheftet als auf eine
von weitem donnernde zukunft. 4,22; gutes mutterland. ich
will dicb noch einmal mit deinen bergen und wäldern über-
schauen und dein bild in die unsterbliche seele heften. 4,125;
indesz sie den köpf wie eine muse vorsenkte, den blick
empor, ihn in eine träumerische weite heftend. Titan 2, 69 ;
Albana war in sprachloser rührung auf das geliebte ange-
sicht geheftet. 4,162;
Philo und Kaipbas hefteten grimmig
itiren blick auf die erde. Klopstock 4, 18;
wenn er um mittemacht
die seele auf das wohl der menschbeit heftete,
und manchen plan entwarf. Höltt 45 Halm;
ganz auf den strahlenden tempel der kunst das äuge geheftet.
Railer 1, 31.
mit gehefteten äugen, oculis fixis;
er sprach mit geheftetem blicke. Klopstock 4, SS;
sein geheftetes äuge verliesz des versöhnenden blick nicht.
4, 93;
er findet Johannes,
und begleitet des Jüngers blick mit geheftetem äuge. 4, ITS .
schaute zur erde binab mit gehefteten äugen. Jlias 3, 217.
ron hier atis konnte gesagt werden : da er nun seinem armen
freunde .. offen und heftend in das feste angesicht schaltete.
J. Paul Hesp. 2, 5 (mit unterdrücktem object, etwa den blick).
49
771
HEFTEN — HEFTIG
HEFTIG
772
4) reflexives heften, tri sinnlicher und übertragener bcdeulung;
alid. noch ze unrehto farenten ne gän ih. ih ne wile mih
sär heften ze in. Notker ps. 25, bei llallcmer 2,88';
mhd. die dri krefte hänt mit kraft
gebettet sich in einen liatt. g. Gerhard 322;
nlid. die weinrüb heft oder henkt sich an mit iren gäbelinen»
an allein so sy erwütscht, conipkdilur vitis suis claviculii quic-
quid esl nacta. Maaler 215''; vergl. heftsteciien ; von jiersonen:
do keiten sich die von sant Gallen von den stetlen und haften
sich an die Appenzeller. Justingers Berner cliron. s. 190 Sluder.
die neuere spradie braucht sich heften t?ie/(r im gewählter oder
gehobener rede:
warum verfolgst du mich und heftest dich
so wutheutbraunt an meine fersen?
Schiller Jungfrau 3, 9;
wir heften uns an seine sohlen,
das furchtbare geschlecht der nacht.
kruniche des Ibykun v. 127;
du hättest wenigstens . . . etwas gehabt, woran sich deine
sorgen und dein schmerz geheftet hatten. Gothe 7, 125; seine
seele heftete sich nun an den nachflor seiner liebe, an die
von Zeusein besprützle Agnola. J. Paul Hesp. 3, 23 ; eine
klostersage , die sich daran {an ein buch) geheftet hatte.
Fbeytag handsdtr. 1, 12.
5) ine haften {sp. 135) einigemal transitiv für heften gebraucht
vird, so steht umgekehrt bisweilen intransitives heften für haften:
wird es doch bei keinem nicht heften noch durchdringen,
pcrs. rosenthal 2, 32;
bleibe nicht am boden heften,
fiisch pewagt und frisch hinaus,
kopl und arm mit heitern krallen
überall sind sie zu haus. Göthe 23, 15.
nd. alsobald quam dar ein man,
de had'le ein grol tollicket wams an,
keine lues koute hechten up siner kappe.
Lal'remberc schal zgeil. 4, 47.
es folgt eine den accusativ regierende praeposition (veryl. das zu
haften 2 sp. 134 bemerkte) : wenn ihre äugen auf mich heften.
Klinoer 2, 208,
HEFTEB. m. der etwas heftet, so wie der hefte (3,b sp. 707)
rerjeititit: hcfter ßbularius, alligator Stieler 815, mit dem fem.
hi'fteriiin. fibuiana. an einem sattelbaum führen die zwei kleinen
stürlie. die die beiden vorderlhvile verbinden, den namen hefter.
Jaciir«si>n 7. ITl'.
flEFTFADE.X, m. faden zum heßen oder binden: nadel, heft-
fadfMi , kreiden, «nch< und piruiete (pergamentene) zeti, an
yedt's derselben zetleiein ein lium beftladens gepiinden sei.
pinriib. polizeiurdn. 17ü; primeten zettel, daran heftfaden ge-
piinden i<i. das.
HEFTHAKE.N, m. haken an der hefllade der buchbinder, um
die (liinile zum heften der bogen aufzuspannen. Jacobsson 2,247'.
HEKTHÄKLEI.N . n. kleinere gekrümmte nadel zum zunähen
von wunden: hernach sol man die hefthecklein hinweg neni-
men und die wundt wol mit warmen wasser beben. Zeuen-
DuBFER zwei bücher von gebrechen der ross {ib'l) 2,14.
HEFTIG, adj. und adv vehemvns, vehementer.
Das mild, noch selten geliräucldiche hahec, lieftec («•&. 1,604'),
das in der unumgelautelen form, wie noch in der heuligen spräche,
ali zweiler llieil von cömpositen erscheint {über eine ahd. form
$. unter heftigliclien), geht vom subst. halt {.sp. I2b) aus, und hat
zunächst die bcdeulung halt habend, festigkrit, duuer zeigend, eine
bcdeulunii die gegen andere spater entwickelte die seltenere wird.
li hellig für sinnliches halt, festigkeit habend, im bairiichen
Sprachgebiete SciiM. 2. 162; der biscbol ward in einen heftigen
Ihnrn gefangen gelegt. AvEjrTirc chron. das.; vgl. mhd. heftig
»nii beschlag belegt Lexer mhd. handwörterb. 1, 1203.
2) hellig für beharrlich, ausdauernd: htlftiger ackermann,
aratur durui Maaler 2ü5*; iiilftig und lleiszig etwas vermeiden,
acuter aliquid cavere 204*; er ist hUftig daran ge\vü«en, miiltus
in eo fuü. 20&': in der ganzen epistel an die Romer und
ü:iliiler . . . treibt s. Paulus diesen orlicul {dasz der mensch
allein durch glauben selig werde) iilT» allerheftigst. Albehüi widder
Hi/jr/« l)b'; zu einem der unlustig war über die armen, das
»ie «0 liefiig »or seiner lliur saszen und auf almosen war-
icirn. ZiKkCiiEF ajrtjplith. 1 (l(i2<l) i. 3*t3; wenn «ie heftig und
kiäfiig bcicn. xrhiagl eine tlirünc die andere. Scriveb »er/e/Mc/i.
2. 243 diff bedeulung klingt noch bu in die neue zeit nach:
nachbarn bezeugen» häufig, die nach milleriiaibt den liasi-
»clien klirper am «chreibptiil heftig schreiben sahen*. J. Pall
uuswaht a. d. teufrls pap. I, aviso i. xu.
3) daher heftig grosz, schwer, wichtig, gewaltig, arg {mhd. Iieftic,
hüftig Lexer a.a.o.): daj die sache also mechteg und also
hefteg sy, dag wir me hülfe notdurftig sin. Janssen Frankf.
reicliscorr. 1 (1863) s. 21 {v. 1386) ; wann die alten bedechten
das sie junk gewesen wern und eins andern sünde pey den
iren wollen messen . . so wer es nindert so häftig noch so
schwere. Steinhöwel 100,13 Keller; und ist {das vaterunser)
fürwar aus der maszen ein heftig, herzlich gebete, darin er
den abgrund seines herznis , beide gegen uns und seinem
vater eröfTnet und ganz erausschüttet. Luther 6,170'; heftige
und uszrichtliche argumentcn wider die Juden. Reuchlin
augensp. ix'; das argument und die ursach wäre heftig, xv';
haftige und vast wichtige ursach zu beschälten, vehemens causa
ad objurgandum. Maaler 205'; häftiger träffenlicher reder, der
streng und gewaltig ist, und redt das zu der sach dienet,
nervosus orator. das.; darüber er dann allemal einen heftigen
Seufzer liesz. Philander 1 (1642) 2S2; dem wirth . . der dann
die gefahr noch heftiger machte. Simpl. 2,299 Kurz; man
sagt, sie haben bei 900 gueler edler ritler und knecht da
gefangen und erstochen; es ist, ob got will, nit so heftig.
d. slädlecliron. 5,288,10;
ich gelaub und torst wol bringen bei,
das mein klag noch die heftigst sei.
fasln, sp. 387, 6;
düsselbig rieht gepen ihr ausz,
und mach die sach heftig und schwer,
das solchs des königs licielcli wer.
J. Atrkr 389« (1954, 35 Keller).
4) hieran schlieszt sich heftig in adverbialer Stellung, überam,
sehr, schwer: es verwundert mich nit häftig, »lon magnopere
miror. Maaler 206"; sich häftig klagen, graviler queri das.;
solchen soll er zum heftigsten undersagen. Kirchhof »?u7i7.
disc. 230; diser argvvon naine bei ime teglichs so heftig zu.
Z/mm. c/iron. 1, 340, 2; dessen ein teufel heftig lachete. Phil-
ander 1 (1642) 263; dann die amptleute in der hüllen ganz
zollfrei, sehr gern aufgenommen, und heftig respectirt werden,
s. 302; sollet ihr meinen, das der hase allber und ein unver-
stlindiges thier seye, werdet ihr von der opinion und ein-
bildung heftig betrogen. Schuppius 529; lernen auf dem sterb-
beltlein erkennen, dasz sie tboren gewesen, und der rechten
weiszheit heftig verfehlet haben. Brandts bericht vom leben
Taubmanns s. 76; aber, wie alles bei den Franzosen aufs hef-
tigste übertrieben und karrikatur wird. H.Heine 11,150;
doch sottest gleiclnvol du erkennen meine sinnen,
du würdest diel) pewisz leibhaftig scheu können-,
dann nisz,- ich bilde dich mir da so heftig ein,
dasz du dir auch selbselbst nicht kanst so ähnlich sein.
Opitz 2, 236;
weil mich der feind mit schreien jaget,
und der gottlose heftig plaget, psutuien 104;
lasz ihn stets unl)eknnnt, lasz ihn verachtet bleiben:
straf ihn noch heiliger! Croneck 1,5.
namentlich auch, wenn heftig verstärkend vor ein adjecliv tritt:
denn sie wollen mir einen tück beweisen, und sind mir
heftig gram. ps. 55,4; hUftig ernsthaft und fleiszig, valdc
Studiosus ac diligens Maaler 204*; häftig heisz, brulig heisz,
sol nimius, hüftig schwör und wichtig, pergravis das.; einem
hüftig oder überansz günstig sein, validissime favere alicui 205*;
ich bin hüftig bekümmert, aegre est. das.; (alles) zu thun heftig
verpllicht und schuldig sein. Fhünsperger kriegsb. 1,38*; sie
hat die Griechen heftig lieb. b. d. liebe 210'; dasz er in von
derselben {der sünde) wegen heftig hart hallen wolt. Avrer
fjroc. 2,10; es isl so heftig thewer. engl, komöd. l, KS; die
bitte liegt mir heftig schwer auf dem herzen. S8; auch: heftig
sehr verliebt. T4'; so stehet es auch zum heftigsten unsauber,
wenn allerlei lateinische, französische, spannische und welsche
Wörter in dem lext unserer rede gedickt werden. Opitz poeierei
s. 2»;
ach goil, es ihnt mir heftig weh,
doKZ ich so sclinndlich Inr dir sieb
und mit .lu l:iulcii schaden
der »eclen bin beladen. Rist himl. lieder 8.
5) der begriff der dauer, beharrtichkeil , sdtwere wendet sich,
und in der modernen spräche häufiger als in der dltern. zu drnt
der schliefe, des ungcstums : vehemens liaftig, heftik DiEF. 608*;
so von i>ersonen: als ein heftiger kriegsnian. «cis/i. Sal. 18,15;
denn die creulnr, so dir, als dem schepfor. dienet, ist heftig
zur plage über die ungerechten. 16,21; büftige und scharpfc
zeugen, die .streng auf ein sach Iringend, und die e« einem
in hart habend (/iu/(en), tesles acerrtmi. Maaler 2i).i'; hüftiger,
raucher und strenger berr, dominus acer das.; häftiger oder
F3
HEFTIG
HEFTIG — HEFTKORN
774
gewaltiger buler, amalor acer das.; raucher, häftiger Wider-
sacher, adversarius acerrimus das.; der Jüngling ist meistens
von natur in seinen wünschen und Unternehmungen kühn,
heftig und unbeständig. Gellebt 7, 26S. ton gemülseigen-
schaflen und bewegungen : verflucht sei ir zorn, das er so heftig
ist. l3/o5. 49, 7; ein heimliche gäbe stillet den zorn, und ein
geschenk im schos den heftigen grim. spr. Sal. 21,14; wenn
die leute reich sind, wird der zorn deste heftiger. Sir. 28,12;
häftig und hitzig herz, cor acre Maaler 204*; gar zehaftig
über gut. nimis allentus das.; häftige grosze sorg, cura acris
205'; häftige und einbrünstige begird, cupidilas acerrima et
forlissima. das.; ich habe ein so häftiges gemüthe nicht ge-
sehen, tale vehemens el impolens ingenium non observavi. Stein-
bach 1,601; mein geblüt kam in ein heftiges wallen, ich ward
unruhig. Rabe.ner sat. 1 (1761) s. 110; so oft sie einen dürf-
tigen, der um eine geringe gäbe bat, mit dem heftigsten eifer
über seine faulheit .. von sich stiesz. s. 114; nun brach die
furie des haupimanns und um desto heftiger los, als er in
der Zwischenzeit noch eine flasche wein beinahe ganz allein
ausgetrunken hatte. Göthe 25.262; ich faszte in der wuth
meines schmerzens tausend heftige entschlieszungen. Wieland
2,70; die heftige begierde, womit ich wünschte, dasz dieses
briefchen von Psyche geschrieben sein möchte, s. 72;
es nagt ein heftig brand an ädern und gebeinen,
der kiczel stiebt mein fleisch, die geilheit regt mein herz.
LoHE?<STEi?i bliimen s. 5S;
doch in des kampfes hertigster erbittrung
gedachtest du mit würde deines bnulers.
Schiller braut v. ilessina (493').
m bezug auf slunn, geteilter, feuer, regengüsse, kämpf, schladil:
wie ein heis wasser vom heftigen fewr versendet. Jes. 64,2;
als nu die Schlacht am heftigsten war. 2 Macc. 10, 29 ; der
kämpf wirdt ye häftiger und grimmer, impensius accendunlur
certamina. Maaler 205*; darnach ward der krieg heftiger denne
vor. JusTiSGERS Benier chron. s. 190 Studer; er befindet sich
auf der see, wo ihn ein heftiger stürm von der groszten
höhe in den tiefsten abgrund wirft. Rabexer 5fj/. l (1761) HS ;
am abend des sechsten tages erhob sich ein heftiger stürm.
Wieland 1,52; ein heftiger gewitterregen durchnäszte mich;
die truppen des feindes wichen zurück vor dem heftigen
feuer unserer artillerie; in beziq auf kranklieit, schmerzen: ein
heftiger fieberanfall; der kranke leidet heftige schmerzen;
1» bezug auf andere dinge: so viel wir nur in so heftiger eile
finden konlen. Felsenb.4,i\3; als die heftigen tanze angingen,
die ich meinem vater zu liebe . . zu vermeiden pflegte. Göthe
19,276; allen diesen mangeln suchte ich abzuhelfen, und
zwar, weil ich keine zeit verlieren wollte, auf eine etwas
heftige weise. 25,251;
so that der geist des Widerspruchs
mehr Wirkung, als die kralt des heftigsten geruchs.
Gellert 1, 57.
entsprechend allen diesen bezügen sieht nun heftig auch adverbial:
die ströme werden sich mit einander heftig ergieszen. tveish.
5, 23 ; er straft in mit schmerzen auf seinem bette, und alle
seine gebeine heftig. Hiob 33, 19 ; stürmet die stad heftig.
1 Macc. 15,25; habt euch wider mich gerhümbt, und heftig
wider mich geredt. //e»\35, 13; sollen .. zu gott rufen heftig.
Jona 3,8; und es kam, das er mit dem tode rang, und betet
heftiger. Luc. 22,44; die erschrack aber ob solichem angreifen
so heftig . . . das sie überlaut anfieng zu schreien. Zimmer,
chron. 1,466,2; in dem ich mich nun ab aller dieser er-
schröcklichen gestalt so heftig entsetzete. Philander 1 (1642)
399; heftig bitten, obsecrare Stieler 175; die haaptursachen,
warum wir zu heftig begehren oder verabscheuen. Gellert
6,212; von der Schönheit der person, die er heftig liebt.
222; es ist eine menschliche Schwachheit, sich dasjenige
leicht überreden zu lassen. Was man heftig wünscht. Lessi.-sg
1,455; dann ergreift sie ihn heftig bei der band. Schiller
Jungfrau 4, 13;
die menschen sind wo! narren, die neid so heffig (/. heftig) treibt,
dasz sie sich selbst verfolgen um das was keinem bleibt.
LocAD 3, \>>0, 41;
dasz meine liebe selbst, die ich euch zeige,
nur eures hasses flammen hefiger schüre.
Schiller 492" (braut v. Mesfina);
tu heftig braust das blut in deinen adem,
du würdest nur zerstören Karlos 2, 2.
in betug auf ungestüme ausführung einer handlunq: es geht
jetzt etwas heftig mit der recrntirung. Götbe 11,309.
6) eigenlhümlich ist auch heftig im sinne von schwer, gefähr-
lich verwendet: häftige und rauche reisz oder zug, miiitia acris.
Maaler 205*.
7) an die bedeulunq 5 angeschlossen und von personen gesagt
heiszt heftig zunächst zornmütig, feindselig, so bairisch Schm.
2,162; einem feind und heftig werden. Avesti.'jcs daselbst:
kärntn. haffik böse, erzürnt Lexer 130; der vater, der sein
gut und habe übel auszgibet und verzert, den sune des zu
berauben, der thut wider das gesetze der nature und ist zu
heftig und ungütig seinem sune. A. v. Etb 21"; ein biene ist
so ein zornigs, hefligs thierlin. Luther 5,55*; wenn man
die heftigen und nasweisen, den niemand recht kan thun . .
zu ämptern nimpt, so hat man sie geschweigt. Fba.xk parad.
(1558) 197';
wie du der frawen sprachst ir lob (ironisch),
sie wer karg, heftig und sehr grob. H. Sachs 1, 513'.
die moderne spräche braucht heftig im sinne von außrausend,
plötzlich aupauchenden zorn nicht beherscliend, das gegentheil von
gelassen: man kann mit ihm nicht ruhig reden, er wird zu
leicht heftig; mein vater ist ein strenger und heftiger .. mann.
C. F. Weisze /i«/s/). 1,141; er {Hölderlin) bat eine heftige sub-
jectivität. Schiller an Göthe 329; sonst ruhig und gelassen ist
er jetzt heftig und aufgeregt. Besedix dram. werke 23, 231 ; auch
von Worten und thaten , die dieser gemütsstimmung entspringen :
du hast heute einen so seltsamen heftigen oder spitzigen ton.
s. 309 ; nicht wahr, Luise , du bekanntest nur, weil ich zu
heftig fragte? Schiller kab.u. liebe 5,2; heftige worte fielen
zwischen den beiden gegnern ; er stiesz einen heftigen fluch
aus ; er schlug heftig auf den tisch.
HEFTIGKEIT, f. nach den verschiedenen beieulungen von
heftig: heftigkeit vehementia Dasyp. ; n/. heftigheyd vehemcnlia
KiLiAS; häfligkeit , groszer ernst und anhaltung, vehemenlia
Maaler 205'; man wird bei seiner regierungszeit keiner be-
stürzung noch seufzer über die heftigkeit seiner gewait gewahr.
pers. baumgarten, vorrede; die häftigkeit des zornes, irae vehe-
mentia Steinbach 1,661; seine häfligkeit im lieben zu er-
kennen geben, vehementiam amoris oslendere. das.; davon ist im
rathe mit groszer häftigkeit gesprochen worden, de Ulis magna
contenlione in senalu aclunt est. das.; mit grosza' häfligkeit
schlagen, ingeuli vi conßigere das.; da es mit der groszten
heftigkeit dasjenige verlangte, was ihm einfiel, und mit bänden
und füszen seinen Unwillen bezeugte, wenn jemand so unbe-
dachtsam war, und ihm widersprach. Rabener sal. 1 (1761)
s. 116; so hat sie mir gestern abend noch mit groszer heftig-
keit erklärt, dasz sie dieszmal gewisz sterben würde. Göthe
25,281; sie sprang auf und ging auf mich los, aber nicht
mit heftigkeit. 285; alles was dem stoCfund dem sinne nach
bei mir ähnliches verwahrt und gehegt worden , fhat sich
hervor, und diesz mit um so mehr heftigkeit als ich höchst
nöthig fühlte, mich aus der wirklichen weit .. in eine ideelle
zu flüchten. 32,92; Karlos spricht mit abscheu und heftig-
keit von diesem gericht. Schiller dorn Karlos, urspr. bearb.
(3,51 Kurz). _
IIEFTIGKCHN, adj.: nun bethäligt er., einen heftigkübnen
und muthigen charakter. Göthe 6,212.
HEFTIGLICH, adv. vehementer, mhd. heftecliche Lexer 1, 1204 :
heftigklich vehementer Dasyp.; diser abt, als er wz {d.i. was)
eins bescheidnen sinnes, macht sich uff und volsireckt heflig-
lich dy gescheffl des künigs. Keisersberc Jtfarie himrlfarl lü';
zankten »ich mit im hefligiich. richler s,l; eine gififührende
Schlange, di alle menschen mit ihren zahnen heftigltch ver-
wupdet. Bdtschky Palm. 69 ;
so häftiglich entbrant. Weckberli:i 721.
HEFTIGLICHEN, adv. vehementer, die ahd. form heiflich-
iichen: gegröjlichet bis du heiflichlichen, maijnificalus es vehe-
menter Windberger ps. 103,1, zeigt, wie ein später belegtes adj.
heifte vehemens (Lexer mhd. üb. 1, 1210 neben hefte) unechtes
ei und steht für hefiichlichen ifie heinde für hende, leifel für
lefil (Wei.nhold bair.gramm. 83; alem. gramm. 55.1031, trelche
annähme zugleich frühere etymologische ansicliten über das adj.
heftig, als ob es mit altn. heipt, gvth. haifsts zorn zusammen-
hienge, beseitigt ; mhd. hefteclichen,heftenklkhen (Lexeb 1,1204);
nhd. was hülfe denselben {künig), so er im ganzen lande heftig-
lieben anhielte, goltesdienst , worl und ehre zu fördern?
Luther 6.144*.
HEFTKORN, n. beim rotgieszer kleine zapfen am manlel einer
thönernen form, dazu dienend, beide hälften des mantels mit ein-
ander zu vereinigen. Jacob'^^ix 2. 2IT'.
49*
775
HEFTLADE — HEGE
HEGE — HEGEGRABEN
776
HEFTLADE, f. beim buchbinder ein ladenarliycs geslcll. tcor-
auf bücher gehe/ld werden: in fonn einer buchbinder-liefllade.
J. Paul bioqr. belust. 1,117.
HEFTLEIN, n. kleine spange , nadel, zum zusammenhalten
eines kleides, dim. von haft und heft {vergl. liäftiein x;?. 136) ;
mild, hefteiin: aäcula heflie, haflle, guffen Dief. 9*; fibuUi ein
hiusthcfllin 233'; acicula liäfllein, guffen Goui onomasl. (1582)
214; liefllein, parva ßbula, acicula, uncinulus Stieler 815; ein
durchlociiert oder mit groszen glufen (oder heftlein) zer-
stoclienes papier. Hohberc 2, 42o'; o/J in kostbarer ausführung :
der preiit vergüller gürtel und gülden hefllein gestunden
58 gülden, d. städtechron. 2,6, anm. 3; in einem merderein
mantel, der mit seiden purpur ein Überzug het, und hei gar
küstiich heftlein. 3,69,4;
auch hab ich nadeln, pursten und kern,
linp'erhuot, laschen und nestel vil,
helticin und hcklein, wie inansz wil.
fasln, sp. 477, 27 ;
ihr kinder, bringt hadcrlumpen mir!
ich gib euch schön gmahlt brief darfQr,
Stecknadel, hertlein und schleiren.
Ayrer 105' (532, 13 Keller).
HEFTLER, m. befiel- oder spangenmacher : papirenhutmacher,
heftler. Fiscuart groszm. 78.
HEFTLLNG, m. im nasscrbau eine gewisse art faschinen.
HEFT.NABEL, ni. die stelle in der mitte am baden änes glas-
kelchs, tco der glasmacher das heßeisen abbricht. Jacobsson 2,247'.
HEFT.NADEL, f. nadel zum hcßen: umb grosz heftnadel
iij dl. (kaufpreis). ^iirnb. poUzeiordn. 186. der wundarzt bedarf
einer heflnadel zum nähen der wutiden.
HEFTNAHT, f. bei riemern und saltlern eine halb zusammen-
geffigte naht, die mit zwirn oder bindfaden gemacht ist. Jacobsson
6, 62'.
HEFTPFLASTER , n. pflasler das die rdnder einer wunde
zusammenschlieszi. in freierer und übertragener bedeutung : kenner
sagen, jedes geheimnis, das man einer schönen sage, sei ein
heflpdaster. das mit ihr zusammenleime. J. Paul Hesp. 2, tO.
HEFTPULVER, n,.- es sind etliche heftpulfer, heftwasser,
die ein wunden zusammen ziehend. Paracelsus c/hV. sc//r. 14".
in freierem qebrauclie : der nachmittag lief wie eine liciite
quelle über bunte kleinigkeiten wie über goldsand hinüber, .,
über den blumenstaub wohlwollender feinlieiten , der das
beste heftpulver der herzen ist. J. Paul Hesp. 3, 227.
HEFTSCHARTE, f. schale oder griff des winzermcssers ; beim
böUcher ein wädenes band, womit die gesjmllenen faszbänder oder
reifen zum austrocknen nmd an beiden enden zusammengebunden
werden. Jacobsson 2, 247'.
HEFTSCHNUR , f. der bindfaden , woran der buchbinder die
einzelnen bogen eines bvches beim anbinden heftet.
HEFTSEIDE, f. seidenfaden zum heften: umb heftseiden
xxiiij dl. {kaufpreis). fiürnb. poUzeiordn. 186.
HEFTSPAN, «I., die heflscharle bei den bOltchcrn.
HEFTSTECKEiV . m. sleclcen woran pflanzen {reben, bolinen)
.^ich anranken, anheften, bildlich: indem ich kein verbleib-
lichen und bestandigen heftstecken als das wirihshaus . . .
gehabt hab. Abele künsll. unordn. 2, 260.
HEFTSTIFT, m. slift an der heßlade der buchbinder zum fest-
halten der heflschnüre.
HEFTSTRICK, m. ein stück vom haspeheil, holz damit zusam-
mcnzu.%chnüren , das man in eine bergwerksyrube hinablassen will,
hergw.-lex. 292*.
HEFTWASSER, h. .' heftwasser {plur.) die ein wunden zu-
»ammcn/iebend. Paracelsus c/iir. sehr. 14*.
HEFTWEISE, adv. in ließen (nach heft 5 sp. 767): das werk
wird heflwcise iierausgegcben. bildlich: um mich (als fürst-
lichen leichnam) in mehre ganze zerfüllt, gleichsam heftweise
in mehre kirchen beizusetzen. J.Paul kumet 2,55.
HEFTWUNDE, f. wunde die geheßct werden musz : vcrwonl
einer den andern, das nicht iieftwondeu wern, ist die inillelKt
bues. weisth. 5,266 (v. 1475); das es schwerlichen heft- und
dotlirh wonden wem. das.
HF^FTZWIRN, m. zwirn zum ließen eines buches : {ein perga-
menlitreifen) war etwa vor zweihundert jähren von einem
buchbinder auf die rückseile eines dicken Landes geklebt
worden, um die dauer de« hcfizwirni zu vcrsinrken. Frevtac
liandichr. 1, 359.
HEGE, f. in mehrfachem sinne, im ganzen wenig begegnend.
1) wie bog und hcrke, zäun, einzdunung, ahd. hegt GRArr
4,701, mhd. hege : durc wa» zcsl&rel liäsln hegen ire, «/ quid
de.itnixisU maccriam ejus. ps. 79, 13 im cod. Trevir. (ed. Grafjf
5.381); noch jetzt im ?lassauisclien : heege. hege, dialectfurm für
hecke. Kehrein HU; ebenso koburgisch heg Fromm. 2, 428', 99;
und niederdeutsch hege neben M^e hecke Schambacu 71"; beide
parthien solent die hege und gel)ucke nil vergenglich werden
iaiszen. nassauusche urk. von 1469, .<;. Lexer mhd. wb. 1, 763 ;
Schweiz.: diser vogel (eine art erdliühnlein) wirt von unsern
weidleulen . . heggschilr genennt, darumb dasz er scharweisz
bei den hegen lunbharlanft. Heuszlin i'y(;d6. (15S2) 106*. über-
tragen auf den pferch, innerhalb dessen thiere weiden (wie hag,
vergl. sp. 13S) : mandra ein heg oder gczeun . , ostium vici vel
flexus, ein schlag an der hege. Alb. Ee4'.
2) Schonung, geschonter wald: kein anderer hätte die helfte
davon (von bauliolz) umb gcld bekommen, weil die hege gar
sehr in acht genommen wird, intcrim 213.
3) Schonung des wildes, Schonzeit: otter und biber haben
keine häge. Pisiobius thes. par. 1, no. 70, s. 93.
4) allgemeiner unterhalt, schütz und schirm (vergl. hegen
HO. 5) : so wird durch den gerichtsvoigt auf erkäntnis der
schöpfen dem käufer und seinen crl)cn über das verkaufte
guth hege und friede gewirket. Haltaus 776. einen in hege
und pflege haben; es musz die heg- und pflege des mensch-
lichen geschlechts von der wiegen an eben so wohl, als aller
andern wachsenden dingen mit groszer Sorgfalt beobachlet
werden. Barclais Spiegel menschl. gemütsneigungen verdeutscht
(1660) s. 1; verblümt in geschlcchtlicliem sinne: wann ein ehe-
mann seiner frauen ihre hege und pflege nicht thun künte.
Wendliager baurenrecbl bei Grimm rechtsdll. 445.
5) ab davon steht hege, der sclilägel, hölzerner hammer, ncben-
form zu hage (sp. 140), auch mit erweichter gutturalis heie (nd.)
genannt; bei den salzwirkern: klopfet mit einem kleinen eisernen
liammer . . . ingleichen einer kleinen hölzernen hege , oder
hammergen, auf die seilen oder pörle an der pfaunen, dasz
das angelegte, von feuer aber mürbe gebrante salz oder
scheep abfället. Hohndorf beschreibiing des salzwerks zu Halle
in Sachsen (1749) s. 60.
HEGE, adj. dürr, trocken, s. hei.
HEGEBEREITER , m. berittener forstbedienter, aufseher über
holz und wild einer wnldung (der zugleich polizeiliche befugnisse
ausübt): hegebereiter und beltelvögte. J.Vwi biogr. bei. \,lbi.
HEGEBUSZE, f. busze die für die Verletzung einer einfrie-
digung zu entrichten ist: der {schultheisz) sol ine gebieten ..
gehorsam zu sin; wolen sie des nit thun, so sol er zweii
scheffen nemen, ein faden vor sin huszdore legen, und als
dicke der oder sin gesynne durch die dore gehnt, den fadem
brechen oder die segele swechen , als dick verlusel er die
hegebusze, daj ist zelien margke . . . weisth. 2, 225.
HEGEDORN, m. Crataegus oxyacantha, hagedorn. Nemnich
2, 1270.
HEGEDRÜSE, f. l) der alte name für inguen, scltamüieile,
hoden, ahd. hegadrösi inguen, hegidruosi vcrenda, hegedrousa
inguina, pudenda corporis (Graff 5, 263), mhd. hegedruose. der
erste thcil des worls fuszl wol auf der Verwendung der würzet hag
schlagen, stechen in geschlechtlicher bezichung, vergl. unter hagen
tauriis sp. 151. die form schwanld manigfach : neben hegedrüse
geht hagedrhse, heidruse, heudrusse, heuwedruse inguen Diek.
298', entstellt auch beide- /. heildrusz , her-drusz , hardrdsz,
hadrisze das.; inguen hagedros, hageldruse, heckdrusz nov.
g/o.?.«. 276*; habdrusz vel hegdrus voc. ine. theut. hs'; tesliculus
heck-/, heydrusz Dief. 5Sl'. noch jetzt in Oberhessen heidruse,
heidrüssen, weiche, leiste, schamseile, auch pudenda. Vilmar 157.
2) das wort wird auf eine ge.Kcliwulst , ein geschwür gewendet
(nach drUse 2 Iheil 2,1458); und zwar zunächst auf eine ge-
scliwulsl an den schamtheilen : habdrusz , ingwen , est quedum
pestis circa genitalia, vel hegdrus. voc.inc.lheul. hS'; krebsartiges
geschwür, karfunkel: anllirax hegedrüse Dikf. 39*; kropfge-
schwulst: Struma hagdrüssen am hals 557*; paradiola, .i. globus
qui nascitur in aure l. juxta aurem, ein hcid drusze, heidiüs
411'; hagdrüsc nennen einige ein gewächs am hals, struma.
Frisch 394*; herkdritse, kropfgcschwulst. Nemnich wb. ; sol-
cher präslen (der frifel det pferik) ist den heidruscn oder
kröpfen nicht fnsl ungleich. Seriz feldb. 153; und luachl
gleich ein wehlug , als werc es ein hegcdrusz. Paracelsus
opp. 1, 768*.
nKGF^GRAHEN, m. graben um eine Schonung: bis ich eines
tage» über die frischbesäle wnidblösze kam und nn dem
rande de-* lirKegrabens eine weibliche geslnll sitzend . . fand,
GöTIll '
in
HEGEHEIDE — HEGEN
HEGEN
778
HEGEHEIDE, f.: auch die freie beide, darzu die hegeheide
und die hegeholze; cod. dipl. Brand. 1, 23, 209 (v. 143S).
HEGEHOLZ, n. geschonter tcald, Schonung: hain-, hege- d
gehegeholz, syka incidua Stieler S54; wenn ein schwärm
ibienen) kernt an das hegholz, der soll da bleiben, tceislh.
3, S98 ; hägeholz. wird ein stücke wald oder bolz genennet,
so geschonet wird. vcon. lex. (1731) 897.
HEGEL , ni. l) slier, zudilstier, tergl. unter bagen taurus
sp. 151. Schweiz, hegi zucfilstier Töbler 260*.
2) narr, querkopf, Schweiz, hegel, baurenhegel grobian Stalder
2,30; im Aargau uird der eigenname Heinrich in den Spott-
namen Heichel, Zürih-Hegel 'querkopf umgesetzt. Rochholz bei
Fromm. 6, 45S'; es rührt das mundartliche rerbum hcgeln, ^her-
nehmen, mit warten oder schlagen, auf eine niedrige art foppen
(Stalder a. a. o.), bair. begeln zum besten haben, aufziehen,
necken (Schm. 2,164), schwdb. hegen plagen (Schmid 26S) an;
als die den begel gefoppet {ofßciere einen neuen ehemann), er
würde mir {der frau) die hosen lassen müssen. Simpl. 3, 40
Kurz.
3) vielleichl hieran anschlieszend wurden in Nürnberg die öffent-
lichen sprttchsprecher, gelegenheilsdichler der niedrigäen arl hegel,
hegelein genannt (neben hängelein sp. 439): noch auch unge-
pcten nyemant zu essen geben sollen, dann pfeifern, hegein
lind pu^awnern , die inn auf dieselben zeit zu dem tanz
hofieren und dienen. Tiürnb. poltzäordn. 90; dem hegelein,
der zum tanz ledt. s. 79; dem hegelin. s. 9L
4) hegel, Schweiz, auch eine schlechte art zulegemesser, mit
hölzernem griff. Stalder 2, 30. Tobler 260'.
HEGELING, m. l) hügeling, fichtenslämmchen, das zu einem
zaunstiß dienen kann. Schm. 2, 163.
2) auch ein kleiner iceiszfisch, albula minima, in der Schweiz ;
hägling, tnilling, leucisci lacuslres minimi, sind kleine wysze
braatfischle. Maaleb 205'. s. hägling sp. 156.
HEGE.MAHL. n. gehegtes gericht. Haltaus 776.
HEGEMARKE, f. geschonter gemeindewalä : auch heuwet ein
walpode oder die synen in der hegemerg, so sal der lanl-
man nit buszen, ob er darafler auch dannne heuwet. heuwet
aber ein walpode in der gebückten {durch einen zäun, knick
bezeichneten) hegemarg, so sal er als wole buszen als der
lantman , und der lantman als der walpode. weiith. 3, 48S
OVetterau 1401). dafür hagmarch ueisth. 1,212 {Scliweiz 1495).
HEGEN, rerb., ahd. he^an in mnpi pihekit circumseptus,
untarhekit v. untarzönit intersepta (Graff 4, 76l), mhd. hegen ;
aqs. hegian, engl, hedge, fries. heia, ul. heghen ujid hegenen
(Killan).
l) mü einem hag oder einer hege umgeben, umzäunen : hägen,
hegen, sepire, obsepire, munire sepimento Stieler 726 ; vortmer
so hant die bubener reicht in mins herren walt von Colne
da; si hegessal {zaunstecken) suUent hauwen , da; si unser
herren garten hegen sullent. weisth. 2,221; niederdeutsch in
bezug auf eine bürg, nach hag 2, a spalte 138: de borch be-
beilt und hegede keiser Heinrik. deulsclie städtedtron. 7, 8, 15
{Magdeb. schöppenchron.) ; in bezug auf tciesen : etliche wiesen
haben heureclit, die . . müssen, wenn sie gemähet, zur hut
und trifft offen bleiben ; andere haben garlenrecht, die mögen
nach belieben gehäget werden. Ocon. lex. (1731) 2673. das
hegen der wiesen geschieht gewöhnlich nur bildlich, indem statt
des vollen um die wiese gezogenen zaunes eine stange mit dom-
geslrüpp oder stroh am eingange der wiese aufgesteckt wird, tergl.
hegewiscb. — hegen sepire sonst in bildlicher Verwendung ;
liebliche hügel heget
das angenehmste thal. Wi£LA!<d 5, 140 (n. .imad. 17, 17).
'j) der kampfplatz wird gehegt, abgegrenzt und eingefriedigt:
der ritter sachen nun durch waffen auszzuiragen,
so wurden also bald die schranken aufgeschlagen,
und Viereck» abgeiheilt, der kampfplatz ward gehegt,
zwo weite pforlen auch gebawet, nie man pflegt.
D. V. D. Werder .\riost 26, 38, 3.
Gleicherweise grenzte man ab und befriedigte die unter freiem
himmel gelegene gerichtsslälte, von welchem ältesten gebrauche, auch
nachdem dieser längst sich verloren halle, die reclUsausdrücke
gericht hegen, ding hegen (2, 1165), bank, gerichtsbank, ding-
bank (1, nos), urtheil, recht hegen in anwendung blieben {mhd.
beispiele bei Lexer mhd. wb. 1,1205. 1206), die um so eher in den
bloszen sinn von gericht halten, ding halten aufgehen konnten,
als hegen auch sonst begrifflich dem hallen sich manigfach nähert
{vgl. unten no. 6. 7 und namentlich 10) : und fragt den schult-
heiszen, were es zit das gericht zu haldi'n. iI.kz her es dan
anhübe? do wart gewiset, es were zit. also heget der schult-
heisz das gericht von siner hern von Frankfurt wegen, weisth.
3,486 (p. 1441); von wegen meines gn. herrn von Hanau ..
hege ich disz markergeding und recht. 490 (r. 1493); bei irer
oberkeit die das selbig peinlich gericht fürnemlich und on
alle mittel zu bannen und zu hegen macht hat. Carolina
art. 219 {der der ausdruck sonst fremd; spätere ausgaben haben
den durchgehenden druckfehler bauen und heben) ; gott hat in
dem menschlichen herzen ein innerlich geheimes gericht ge-
hegef, das ist das gewissen. Otho 992; sollten ihn abbitte.,
vor der gehegten dingebank thun lassen, maulaffe 228; hof-
schulze, sagte der bauer, . . kommt also nur immerhin zum
stuhl, denn das gericht musz gehegt werden auch ohne dieses
{das vermiszle schwert des freigrafen). Immermann Afönc/i/i. 4, 52 ;
in der tautologisch gewordenen Verbindung hegen und halten :
damit sie nicht der menschen, sondern gottes gericht hegeten
und hielten. Mathes. Sar. 22*;
nach vieler meinung ruckt der grosze tag herbei,
au dem der böcbste vogt soll recht und urtheil hegen.
Opitz 1,33;
wann dasz dein scharfer spruch ergeht,
und du das recht im himmel hegst,
so musz der erdenbaw erschrecken.
psalmen s. 145 {nach ps. 76, 9: wenn du das
urtheil lassest hören vom himel);
es ist der herr, der urtheil hegt
dem Volke dasz die erde trägt, s. 12;
vermumtes unrecht sitzt
nun auf gehegter bank.
E. Hasma."»:«, ari.li. zu Opi't:' poeterei s, 237 ;
doch darf man in der Stadt kein offen blutrecht hegen.
A. Grtphics 1698 1,32;
M. das recht ist vor das volk, auf fürsten schleitt mau degen.
Th. die werden über dich zuletzt auch urtheil hegen. 1, 82;
da sollt ihr meinetwegen
vor zwölf geschlechtern Israels
bericht (l. gericht) und urtheil hegen. Gcmher 28.
nach diesen formein heiszt es auch: sothanen frieden nun banne
und bege ich euch. Halt aus 774; recht und gerechtigkeit
hegen und handhaben. Schm. 2, 163 {v. 1746) ;
dennoch hegst du kaiserrecht
über deinen treuen knecht. Bürger 51".
3) hegen {nach hege 2 u, 3) von der Schonung des forstes,
sowie des ftschwassers und der darin sich außiallenden Ihiere. zu
gründe liegt die Vorstellung, dasz die Schonung ursprünglich durdi
das' umgeben der gesdwnten örtlidikeit mit einem hag geschielU {vgl.
hagen l sp. 152) : diese gerechtigkeit zu bagen ist gröszer als
die gerechtigkeit zu jagen, indem in diesem letztern fall das
wild in seiner freiheit gelassen wird, zu gehen wo es will;
wenn aber der wald durch niederhauung der bäume oder
sonsten gehäget und geschlossen wird, kan durch hemmung
des wildprets denen benachbarten . . ein schaden zuwachsen.
vcon. lex. (1731) 897; confovere futren, hegen Dief. 141'; c;u
eine, der wilde tyr hegit. Magdeb. blume 1,24; er bett die
krebs im gehegten und verbotnen bach der edlen frawen zu
Tornaw .. heimlich gefangen. Kircuhof wendunm. 102'; ein
fiscber welcher . . . den fischreichen flusz zu hegen und zu
fischen hatte, maulaffe 151 ; wild aller art ... zu hegen und
zu pflegen. Bradn bilder aus d. deutsch, kleinstaaterei 2 (1869) 231 ;
das ist der will des herren mein,
das ich im hag vil birsch und schwein.
SCHWARZE^BERG 138^;
sein trinken führt der bach; der wilde Forst, der hägt
ihm was auf seinen tisch. Fleming 130, 70 Lappenberg;
in einem bilde:
wünsch ist ein armer Jäger,
ein unglückhafler hager,
hägt stets, doch ohne fang.
Scu>ÜFFis mirant. flöllein (1682) s. 25.
4) von hier aus wird hegen audi gesagt:
a) vom unterhalt und pflege von hausthieren : er hägt hunde,
canes alit. Steisbach 1,667; ihr wünscht allein zu sein und
tauben zu hegen. Scheffel Ekkehard {[S6S) s. 105;
(ein huD , .) mit guter gersten gar wol hegt.
B. Waldis Esop 4, 53, 3;
das wild, das hausvieh so man hegt.
Opitz psalmen 270;
und daran anknüpfend, bildlich und spridiwürtlich : er heget
eine schlänge im busen , anguem in sinu fovet. Stieler 720.
b) von der pflege eines gartcns, einer anläge, und der pflanzen
darin: der gottselige fürsalz, den wir itzl haben im herzen,
ist eine ausländische, rare blume, welche es gleichsam «ider
779
HEGEN
HEGEN
780
sfinen willen häget und traget, die bösen lüsle aber sind
seine natürlicbe gewächse. Scriver seeletisch. 1,79; möge . .
eine löbliche bürgerscliaft von Bingen diese anlöge schirmen,
durch eifriges nachpflanzen und sorgfältiges hegen ihr, zu
nutz und freude so vieler tausende , nach und nach in die
höhe helfen. Göthe 43,281;
wir haben nun vernotnmen,
was für ein giildnes land du hier hast überk-ommen,
das Ceres düngt und baut, Pomona liebt und hegt.
Fleming 171, 11 Lappenhenj;
. . . garten zier und pracht,
die tausend lilumen hegt. Rist Parn. 4$S;
dieser arten
blumen sinds, die ich will hegen
in dem garten. Rückert 3S5.
bildlich: ew. durchlaucht haben seit jener zeit so viel nütz-
liches und angenehmes gepflanzt und gehegt. Götue 37, 5.
c) häufig in neueien quellen von der pflege und dem sorg-
fälligen unlerhall einer person : also sei ein fürst ein Ludewig
sein , das ist , Irost und Zuflucht der leute. item , heger,
darumb, das er sol hegen, befrieden, schützen, und behüten,
sein land und leute. Luther 5,154';
dasz sie so schwer am vater sich vergingeu,
ihn durrten sie in diesem berge hegen
bis er gestorben. Tieck 13, 145;
in der Verbindung hegen und wegen , niederdeutsch : dat kind
heegen un weegen, für das land in alle wege sorgen. Schütze
2,119; hochdeutsch hegen und pflegen: einen armen, alten,
schwachen ehekrüppel musz ich schon mehrere jähre nur so
hegen und pflegen. Götue 11,309; darum hatte frau Hadwig
den alten herzog in Schwaben genommen , ihrem vater zu
gefallen, hatte ihn auch gehegt und gepflegt, wie es einem
grauen haupt zukam. Scheffel Ekkehard (18C8) s. 3; wiewohl . .
Berchta ihn in der gefangenschafl hegte und pflegte wie ihren
herrn. s. 75;
das pfafllein, das wuszte sich besser zu hegen,
und weidlich am tisch und im bette zu pflegen. Borger G6';
sie hegt und pflegte mich; sie putzte mich heraus. 106'-,
mein altes glück . . .
mich hats von Jugend auf gehegt, gepflegt. Göthe 9, 341 ;
auch in der Verbindung hegen und fordern , nicht auf leibliche
pflege, sondern auf die der gesellschaßlichen beziehuugen ange-
wendet: durch gesellige Verbindungen wuszte man sich zu
hegen und zu fördern. 30,196; in welcher bedeutung auch hegen
in folgender stelle:
bat eine sich den beiden nun
beinah herangepflegt,
so kann die nachl)arin nicht ruhn,
die ihn gesellig hegt. Göthe 1, 150.
d) abstracler, von der pflege guter oder böser eigenschaften : man
soll das böse nicht hegen, mala non sunt fovenda. Stieler ^6;
man musz der knahen hoszheit nicht hegen, in nialiliis puero-
rum connitendum non est. das.; die schwache seile des liehen
Vaters zu hegen. Göthe 2f>,17; bei seinen groszen Verdiensten
liegte und pflegte es {das 18. Jahrhundert) manche möngel.
53. 162; älter auch von der fOrderung und Unterstützung eines
aufruhrs: die selben die den auflauf gemacliet und geheget
haben, d. städtechron. 3, 333, 5 (urk. Karls ]V von 1349).
5) hegen niclU sowol auf pflege und unterhalt, als auf ge-
U'ährung einer herberge bezogen : hcgit ein man roubir, so da;
sy von im und czu im reilin. Magdeb.blume 1,53; hegit und
houjil ymant einen notzcog. 1,54; da; er dy rouber houjit
und hegit. 1.115; die so lose leute hausen, hegen, aufhallen
oder koppeln. Walter ditm. chron. (1083) s. 108; auch \*'olltc
der bund nicht leiden, dasz ein uutcrihan des stifics einen
auswürligen befehdete, und wer es thtite, den sollte niemand
hausen noch liegen. Moser osn.gesch.3,2{H; ich könnte nicht
so viel leute um mich hiigcn , non amo conversationem tot
hominum. Steinbacu 1. C67 ; wer diebcsgcsindel seines nutzeng
wegen hegt. allg. preutx. landrecht Iheil 2, fif. 20, § 1223.
C) daher hegen in sich schlieszen, entitallen, bergen :
dann unter land r*t durch und durch verheeret:
et heget nicht* all ichrccken der »lets wehret.
Opitz ptalmen s. 113,
alle» bat »ich ichon gcicgct,
wag wBid, lun uud wniter heget.
•He« braucht «ich «einer ruh.
Flibino 2tK). no l ,n,„r„i. ,•
von allem, was die innei heget,
Ui dic*8r ring mrlii höchiiet ftu.
SrillLLIta ririr; -i, • l'oii/Matc» ;
siehst du eine hütte im wulde Trci,
weiszt nicht ob sie dir ein liebchen hegt. Göthp ri, 7(I;
ich bring ihn {den krug) zu und wünsche laut,
dasz er nicht nur den durst euch stillt;
die zahl der tropfen, die er hegt,
sei euren lagen zugelegt. 12, 50;
trauteste, weil ja im räum das schiff noch speis und getraiik uns
hegt, sein hier uns die rinder verscluini. Odyssee 12, 321 ;
und dennoch wohl uns, wenn die asche treu
den funken lic^'t, wenn das gelauschte herz
nicht müde winl, von neuem zu erglühn!
Uhland (jed. 119.
von gefühleji und anschauungen : woUust hegt unlust. Schot-
tel ins';
wie grosz wird dort {im jenseits) die wollust sein,
die gabr nichts eitles heget. Rist turnt, lied. 5, 339 j
was auf erden, was in lüften
lebensodem in sich hegt. Bürger 1*;
hoffart heget nicht Vernunft; wer aus hofTart wen veracbt,
dessen lacht man, wie es brauch, das man eines narren lacht.
LocAD 3, 23U, 66;
Vernunft und liebe hegen jedes glück,
uud jeden Unfall mildert ihre band. Götub 9, 348;
was dir an freuden hegte dieser ort,
das hast du, mein ich, ziemlich ausgekostet.
Lenau Fuusl 118.
hierlier auch:
ihm (goll) ziemt?, die weit im Innern zu bewegen,
natur in sich, sich in natur zu hegen,
so dasz, was in ihm lebt und webt und ist,
nie seine kraft, nie seinen geist vermiszt. Göthe i, 228.
7) die enlu'ickelung der bedeutung lange zeit führen oder haben,
bewahren, von persönlichem subjecl gebraucht, wird schon für das
mild, durch zahlreiche beispiele belegt (Le.xer 1, 1206); den begriff-
lichen Zusammenhang mit halten (II, 3 sp. 290) betont die allU-
terierende Verbindung halten und hegen : warum freust du dich
nicht auch einmal mit freunden , die frieden halten und
hegen? Göthe 17,106; zugleich aber ist jedem geboten für
sich zu behalten und zu hegen was man ihm als bescheid
zu ertheilen für gut findet. 22, b ; ähnlich haben und hegen:
das ist die wahre liebe, und die habe und hege ich im
herzen zu dir, mein Oswald, wie sie nur ein mädchen haben
und hegen kann . . und habe sie gehabt und gehegt immer-
dar. Immermann Minichh. 4, 80. die anuendung des verbums
in diesem sinne geschieht gewöhnlich in bezug auf kostbarkeiten :
ich habe einen jungen mann gekannt , der eine Stecknadel
dem geliebten mädchen, abschied nehmend, entwendete . . .
und diesen gehegten und gepflegten schätz von einer groszen,
mehrjährigen fahrt wieder zurückbrachte. Göthe 21, 222; ferner
in bezug auf lelircn, wissen, gefühle, tugend und laster: der-
gleichen müsziggang heget nur laster. Butscbry Patmos 594;
wer Übels übet oder hägt,
desz gleiche schuld ir jeder tregt.
Scuwarzenberg 122';
es sind warhaftigc dinge, so ich crzchle, welche, wie sie
klar und gewis, also hegen {liewahren im gedächtnis) sie wenig
diejenige, die hie irrwegig erfunden werden. Schuppiüs 777;
dasz man nicht allein . . die lehre verdammte, sondern zu-
gleich mit eins den, der sie liägte, ohne die geringste ab-
mahnung, in den bann ihal? Lessinc 8,372; hast ihre (</it
multer) märchen und anekdolen wiederholt vernommen, und
trägst und hegst alles in fiischem belebenden gcdUchlnis.
Göthe in Bettinens briefen 2,230;
schawt desz ihr disi im herzen heget. Üpitz ps. s. 10;
das alles hegt in feinem berxcnl Gütus 11,324;
ulier der säiiger hascht im Ougo die zartesten siralilen.
eint, und bogt sie In treuer brüst und retiot mit liebe
sie noch dem fernsten geschleclit in ewig Ifbendcn tönen.
l'TRKKR 7'l(ni>. '.K 4(1'):
hegst im herzen du diu stunden
uusrcr kindhcii noch, die ir.lume?
Chaiiisko ijed. 188 {dm muv Anufini;
friede, Sorgfalt; frcudc, Wohlgefallen, bewundernng hegen :
hinweg mit allen freuden,
die man in disem leben hegt.
Ri>T himt. Iteder 5, 331 ;
liebe bogt den fried und friede mehrt dn» lleboa.
Parn. 48»;
aie dOrfcn hond an dicto legen,
di« rt-|«d« doch mit ihnen bogen.
Opitz ptatmen i. 105;
irh hege alle hochnrhtung für die Verdienste dcR Tboinasius.
Hacedübü 1,112 uiim. ; ich erkenne mit dcmüthigem danke
dir snodc, wclrlu- ~ir liri dieser gclegmlieit auf eine so M)r-
781
HEGEN
HEGEN — HEGER
782
sichtige (unisi^ige) art gegen mich hegen. Habeseb sat. 3
(1757) s. 33; liein volk hegt mehr anhanglichkeit für seine
fürsten (als die Deutschen). H.Heine 6,50; hegte sie (RaJul)
doch die gröszte bewunderung für jenen besonnenen bildner
des Wortes. 12,10; sehn sie denu nicht, dasz ich die zärt-
lichste Sorgfalt für ihre gesundheit hege? Kotzebce d^r trirr-
«arr a. 1. sc. 6 ;
noch kenn ich jeden bäum,
wo ich vor so viel jähren
gehegt den jugendtraum,
der scheu dahin gefahren. Lenaü neue ged. 116;
gesinnung, meinung, ansieht, vermuthung, hofifnung, wünsch,
zweifei hegen ; hoffnung hägen, alere spem Steisbach 1, 667 ;
welche hoffnung magst du hegen von einem menschen, dessen
köpf das herz verschlungen hat? Kotzebce tUlwisser a. 2,
sc. 2; die wenigen zweifei, die meine freundin noch hegte.
GöTHE 20, 1S2; drum ist mir sehr vonnöthen, dasz ihr eine
gute meinung von mir heget und behaltet. Imnerxanx Münchh.
4, 62;
der so viel herz in seiner brüst,
als Julius sein vater heget,
mehr sanltmuth aber bei sich trüget.
Lohenstein .-Irw. 2, 511';
dein liebster war ein junges blut,
und junges blut hegt wanlselmuth,
wie die aprillenzeit. ßÜBCER 47' ;
ihr feinde zittert! unser beer
hat kriegeskunst unii muth,
ist schneller mit dem mordgewehr
und hegt der väter blut. Kahler 1, 105;
wer einen j^ugendfunken
noch hegt in seiner brüst. Uhland ged. 409;
sie hegen zwischen sich den zweifei,
ihr miszgestaltet zwitterkind. Göthb 41, 15;
zorn, groll, hasz, abscheu, mistrauen hegen : sie hügen zorn
mit einander, ira est inter illos. Sieinbach 1,667; hasz gegen
einen hägen, odium habere in aliquem. das.; so möchte ich
ihnen denn doch . . etwas von dem thurme erzählen, gegen
den sie ein groszes misztrauen zu hegen scheinen. Göthe
20,209; so hegte er doch einen unergründlichen groll gegen
die reichen. Hei.\e 12,37;
die uacbbarn hegen zank und strausz.
Opitz psalmen s. 156;
da der herr (gott) noch hegte zorn. Logad 2,141,7;
wie seelig lebt ein frei gemüthe,
das weder list noch rachgier hägt.
GcNTiiER beC STErNBACH o. n. o. ;
häget des muthigen volkes bort den nagenden unmuth
auch in der tapferen brüst? Ptrker Tunis. 10, 23;
liebe , Zuneigung hegen : mein iiebes-feur, das ich hegte.
Simpl. 3,18 Kurz;
lieben bat selten viel flammen geheget,
so sich ausz ascbe des alters erreget.
LoGAO 3, 2S, 29;
dann wilder thiere zunfl
hegt nur zu mancher zeit der süszen liebe brunft. 3, 33, 64;
wir hegen lieb und glauben
einfältig gleich den tauben.
Voss poel. iterke (1835) 168;
sogar einen eid hegen, ihn aufrecht, heilig halten:
des eides krafl wird stets geheget
den er dem Isaac abgeleget. Opitz psalmen «.198.
8) anknüpfend an diese bedeulung ron hegen (7) steht das
vort bei GöTBE mehrfach freier; so von liebenden die gegenseitig
bild und andenken im herzen bewahren:
sie hegten einander im herzen. 1, 222;
nun aber die schöne.
die dich am herzen hegte? 3, 156;
und trol unter anlehnung an Gotheschen Sprachgebrauch bei Cha5«isso :
suchst redlich du die Wahrheit, die vielen so verhaszt,
80 sei dem gleichgesinnten ein liebgehegier gast!
gedickte 242;
vom haften lassen der. blicke an einem gegenstände:
der küDstler froh die stillen blicke hegt,
wo leben sich zum leben freundlich regt. Göthb 3, 138;
auch vom festhalten, nicht wanken einer ptrson an einem gegen-
stände :
ihr hegt euch an verderbtem herzen. 41, 16;
untereinander gemischt standen bergbewohner, die zwischen
felsen , flehten und föhren ihre stillen Wohnsitze hegten,
flachländer von bügeln, auen und wiesen her, gewerbslcute
der kleinen städte und was sich alles versammelt hatte.
15, 308; ejnc rerwendung, zu der eine äknlickc schon des ll.jahrh.
gestellt werden k-ann :
weil go'ites bott dich bütl, und gar auf bänden trägt,
wann nur dein wandel sich in rechten wegen hägt.
J. RoaPLER V. LÖWENBALT 31.
9) im niederdeutschen Sprachgebiete wendete sich hegen zu der
bedeulung beisammen halten, zu rate hallen, sparen : sprichtrOrt-
lich de wat heget, de hell wat. Richev (1754) s. 92; ebenso
Schütze 2,119; ähnlich auch einmal bei A. Gbtpbics:
man sagt, wer hält, der hegt. 2, 67.
men mot de grüschens bi enander hegen (einen zum andern
legen, sparen). Schambach 77*; auch te räe hegen, zu rate
halten, das.; im Waldeckschen : wei den groschken nit heget,
de is des dälers nit werth. Ccrtze 339 ;
sobald ein tausend mark zusammen ist geheget,
uud tausend noch dazu, der grund (zum reichtlium) ist schon
geleget. Rachel sut. (1677) s. 33.
an diese bedeulung rührt an der gebrauch von hegen bei B.Waldis,
in dem sinne aufsparen, zusammenlegen :
(die dattelkeme) all auf einen häufen hegt,
auf sein altar zum opfer legt, tsop 3, 3S, 17.
10) trie sehr hegen seiner bedeulung nach sich halten genähert
hat, zeigen namentlich die scMesischen dichter des l~. jahrh., die
es bisweilen ganz gleich mit dem letzleren warte setzen und es
namentlich vom abhalten von festlichkaten, tanz, spiel und mahl
brauchen (s. halten H, 6 sp. 293): nach dem diese (tafel) auf-
gehoben war, hegten sie zu uns allerhand geile tanze mit
denen unverschämtesten Stellungen. Lohesstei5 j4rm. 1.456*;
hegten zusammen unib diese Hermanns-seule einen artlichen
tanz. 1404*; zu diesem Hede hegten umb den wagen des
krieges die drei verwandelten Jungfrauen . . . auf allerhand
arten künstliche tanze. 2, Sil';
ihr nymfen windet kränze,
hegt schöne lobe-länze. Oprrz 1, 7t ;
auf das der musen rei um dich [ßchte) heg ihren tanz.
LoGAC 1, 193;
er (CJiri.stHs) ist um uns zu dienen
in knechts gestalt erschienen,
und als das maal geheget,
hat er sich abgeleget (enlkteidet, zum fuszwaschi^n).
A. Grtpbies 1698 2, 198.
anderweit wird hegen im sinne von halten n,8 sf. 295 gewährt:
im himmel wirst du, lieber Christ,
erst ein gespräch, dasz freudig ist,
mit disen männem hegen. Rist sabb. seeienlust 7$;
weUer im sinne von halten U, 11 sp. 296 :
weil forsten menschen sind, die doch der menschheit bestes,
die freundschaft, kennen nicht, weil herrschaft nicht viel Testes
von bund und treuen hegt. Logac 2, 122, 15.
11) hege, conjunctit statt heige, habe: wir die gnossen süllent
och dem gotshuse ze Lucern trühundert eiger und ein osler-
lam, dl hörn und har und hoden heg. weisth. i^ZTi {Luzern
14. jahrh.). s. beige.
12) über das vcrlidltnis von hegen zu heien vgl. das letzte wort.
HEGENER, ni. l) ein fisch, eyprinus phoxinus, elritze; s.hi-
gener sp. 152.
2) in der Schweiz der angelfischer, nach dem verbum begenen,
mit der angel fischen, angeln. Stalder 2, 30.
HEGER, m. nach verschiedenen beJeulungen des verbums hegen.
1) (nach hegen 3) beamteter der über eine Schonung gesetzt ist,
forstaufseher : lucarius heger Dief. 337';
förster und Jäger,
amtleut und liäger,
redner und pfleger . . .
haben nicht groszen lohn,
werden doch bald reich davon.
Chr. LEUMAN5 in Uo/fmanns spenden 1,75,-
was wünsch ich aber lang!
wünsch ist ein armer Jäger,
ein unglückhafier hager,
hägt stets, doch ohne Tang.
Scu^DFFis mirant. flöttein (1682) s. 24.
2) in allgemeinerem sinne (nach hegen 4) Schützer, pfleger,
Unterhalter: heger, propugnator, defensor, protector mit dem fem.
hegerinn adjulrix Stieler 726; heger (soll ein fürst sein) da-
rumb, das er sei hegen, befrieden, schützen, und behüten,
sein land und seine leute. Lituer 5, 154*;
David war ein fromer birte : Nimrod ein gewaltsam Jäger:
fürsten sollen sein des volkes, nicht zersireuer, sondern hager.
Logad 2, 44, 63.
7S3
HEGER— HEGERLING
HEGERMANN— HEGGE
3) lieger, helder, herberge gewährender, nach hegen 5 : diebs-
heger, receptor, receptalor furum Stieler 726.
4) heger, sparer, schöner (hegen 9): nach groszem heger
kommt ein groszer feger. Simrock sprichw. s. 237; das Sprich-
wort ist über ganz ?<iederdeulschland verbreilel:
nan goden lieeger
kumi en goden feeger. Schütze 2, 119;
nö den heger kiinimf en ft'ger. Frdmm. 6,211; nah'n hördor
kuniml 'n riilirder, nah'n lieper kiimmt 'n feger. Köster aUerlh.,
gesell, u. sagen der herzogth. Brmen u. Verden 254 ; ein wortipiel
mil lieger hdher einßechlend: upn heeger kiimt en verteerer.
dem is de heeger wegllagen. Schütze 2, 119; mehr rerdunkell
ist das Wortspiel bei Schambach : den is de heger owcr den
bürg elögen, von dem ist die sparsüinkeit gewichen. 77*.
5) anders ist zu nehmen heger, hager in der allem rechis-
sptache eine art kleiner Ichnsleule , wol als inimbcr eines hags
(na. 3 sp. 138, vergl. auch hagen 4 sp. I5l): hagere, hegeri,
hegermanni coloni vocanlnr in terrls Brunsnic. et Luneb. qui
mansos et praedia sua beneficiali lege accipiunl. Haltaus 777.
6) heger heiszen in der grafschaß Ziegenhain blaltläuse und
ähnliches Ungeziefer (käferlarven) nebst dem sogenannten mchllliau,
welches sich am kraule {brassica oleracea) findet, wodurch das
zusammenziehen der krautblälter bewirkt und das kraul unbrauchbar
gemacht wird. Yilmar 156.
HEGER, «1, sandhügel in den strömen, vergl. hüger sp. 152:
(die qercdüsame der landeslierren bestehen) in der Zueignung der
in den öffentlichen Aussen neuentstandenen heger, werder
und inseln. Hadbold sächs. privatrecht {\S20) §231; die anhal-
tische regierung bietet durch bekannlmachung vom 12. oclbr. 1864
die verpaclitung der domäne Burow bei Co.'iwig aus, zu welcher
u.a. auch gehören 20 morgen eibwall und weidenheger.
HEGER, m. niederdeutsche form von häher (sp. 158 ; vgl. auch
hägert s/j. 154); ags. higora, mnd. hegger (Reinecke Fuclis 15);
auch mitleldeuUch garrulus heger Trochus bei Dief. 258'; heger,
häher, holzsclireier, garrulus glandaiius Schamb. 77*; in England. .
lebt man wie in einem groszen waide, wo man den löwen
brüllen, den hengst wiehern, die krähe krächzen, den heger
schreien und den frosch quacken iäszt. Moser palr. phant. 3
(1798) s. 91.
HEGERBUBE, m. hübe zur hilfeleislung für einen heger, forsl-
warl: die personen zum weidwerk und jagen gehörig, .. als
forsimeister, Jägermeister, meisterjäger, windmeister, bürsch-
meisler, forstknecht, Wildschützen, holzwart, jägerknecht,
hägerbuhen oder hundsbuhen. Sebiz fcldbau 563.
HEGERDING, n. gericht für die lieger (no. b): die Verbin-
dung der lalhufen mil einem oberhofe, die hier (in ISieder-
sachsen) nicht minder als in Westphalen .. durch das haus-
genossenrecht, durch latengerichte, meierdinge, probsldinge,
bägerdinge etc. zusammengehalten wurde, Stüvk wesen u. verf
teile 38.
HEGEREIS, «. junger schlanker bäum oder sogen, slange, die
man auf den jungen schlagen oder hauen stehen Idszt. Jacobsson
2, 187'.
HEGEREITER, m. was hegebereiter spalte 776: hägreiter
Sophiens reise 6,494; Panlalon befiehlt dem barlequin, den
hegereitern des marquis zu sagen, dasz sie aufs geschwin-
deste einen vorralh von wildpret auf das schlosz bringen
sollen. Lessinc 4, 436 ;
hier holet mich kein hegereuter ein. Güntuer 1038.
HEGERGERICHT, n. was hegerding. Haltaus 777.
HEGERGRU.NÜ, m. seltr fester grund im wasser, auch risen-
grund genannt. Jacobsson 6, 6."}*. wol nach heger, hüger, sand-
hügel in den strömen, als Untergrund worauf diese sich anlegen.
HEGERGLT, n. fundut emphyleulicus, bcgermannsgut. Halt-
Aü« 777.
HEGERHERR, m.: hegerhcrren, nobiles, cmphyteularum
domini, quorum jussu et auloritale eolonaria illa judicia exer-
rrnlur. Haltaus das.
HEGERHUFE, f mansus haegericus : hcgerhufe ist ein stück
f<ld, welches ßo morgen hat, und 4 hackenhufen begreift.
Jacobsson 0,63", vgl. auch baltijicite Studien 15, s. 75; von der
'" '•• -f ■] .. zwei gülden (steuert, das. s. n (r. 1026): vicl-
'h die hier (amt Lauenstein) vorkommende b.'igcr-
• ', ^o wie da» in Meklenburg der fall i»t, wo sie
eine dopppjip ».,'irhnische hufc enthalt. Stüve uesen u. verf 36.
HEGERJUNKER, m. hegerherr.
HEGERLING, m. caneer squilla, bctrenkrebs. NEiifric» I,ä04.
784
HEGERMANN, m. der heger (no. 5 spalte 7S^. vergl. unUr
begergut.
HEGERN, verb. beger, sandhügel im ströme, ansetzen, vergl.
anhügern 1,364.
HEGERRECHT, n. recht was für die heger (no. 5) gilt Halt-
aus 777.
HEGERT, m. gibt Nemmch wb. als name für die dohle, corvus
munedula.
HEGESAL, w. was zur ein friedigung dient: vortmer so bant
die bubener reicht in mins herren walt von Colne daj si
hegessall sullent hauwen, daj si unser herren jiarten hegen
sullent. weisth. 2,221 (von Bacharach); der mach auch houlz
dariime hauwen zo zünen und hegcsall. 222. auch in der
form heisei Lexer mhd. wb. 1,1206 (rhein., \h. jahrh.).
HEGESCHÄR , «». eine art von erdhühnlcin : von den erd-
hünlinen , und erstlich von denen so gmeinlich heggeschär
genennt werdend . . trochilus terresfris. diser vogcl wirt von
unseren weidieülen eggenschär, anderschwo heggeschär, oder
heggschär genennf, darumb dasz er scharweisz bei den hegen
umbhärlauft, da man in dann nach dem höuwet tindt.
Heuszlin vogelbuch (1582) 106'; Fischart zählt unter einer menge
von vögeln auf: hegeschär, mattkern, kopprigerle, meben,
mistler, schneehüner, bolbrot und sonst ein geschwader
merchen und lerchen. Garg. 237.
HEGESCHAUB, m. hegewisch; verderbt auch hegescheibe, f
HEGESCHLAG, m. ein gehegter schlag, d.i. theil eines gehölzes
der nicht verletzt werden darf Jacobsson 2, 187*.
HEGESEULE, f seule, um die grenzen eines geheges zu be-
zeichnen. Jacobsson 2,187"; hegeseule terminus venationum, et
juris lignandi vel pascendi. Stieler 1693; inmaszen er auch in
wenig stunden dahin zog und von dem Crescenlio bisz an
die hegeseulen vor dem dorfe begleitet ward. Chr. Weise pcJ.
näscher 85.
HEGETAUBE, /". Waldtaube: palumbus hegitube, auch ha-,
heitube Dief. 408". vergl. auch heidentaube.
HEGEWALD, m. gehegter, geschonter wald (vgl. auch hag^vald
i/). 157): lucus, ein hegwalt, non est caeduu.t. Alb. Eei^; was
schaden in iren heegwalden gescheen. weislh. 4,546 (l6.jahrh.);
nach disem (aufruf des büttels) tretten jedes Hecken under-
thonen besonder ab, zelen umb, ob die nachparn auch alle
erschienen, und rügen förster aus den heegwelden. dise
försler seind sonderlich jedem flecken zugeordnet, die först
gect under inen umb, das alle tage einer im hccgwald forsten
musz. das.; er muste (von dem bekannten gebrauche bei den
Semnoncn ist die rede) seinen eigenen leib selbsten, also ligend,
widerum ausz dem geheiligten hegewald oder hain walzen!
anm. Weisheit luslgarlen 6. der vielfach begegnende eigenname
Hegewald gehört wol nicht hierher, sondern ist aus der impera-
tivisclien Zusammensetzung Hegenwald = heg den wald ent-
standen.
HEGEWASSER, n. wasser worin fische gehegt werden, bildlich:
wo änderst diese bergkleut gott nit inn sein hcgwasser und
wildbann gefallen sein. Mathes. Sar. 9*.
HEGEWEIDE, f weide, triß die gehegt wird:
harten streit
im sommer umb die hepeweid.
ü. HiNcwALD /ot</. ivarh. 332.
HEGEWIESE, f eine wiese welche gartenrecht hat und gehegt
wird, so dasz ohne des eigenthümers willen niemand darauf weiden
darf. öcon. lex. (1731) 899;
auf der hägewlese zle^ und kuh.
ScHBiDT v. Wkr?(kucukn ahn. 1798 ,«. 2.
HEGEWISCH, m. ein wLich stroh oder bündel reisholi an einer
Stange, rinen gehegten acker oder wald zu bezeichnen. Jacobsson
2,187'.
HEGEZEIT, /■. zeit im sommer, in der jagdbare vögel , will
und fische geschont werden:
dort hauset er, bricht und entweiht
die grftiiien und die hegcieit. TueaiiEL 2, 294.
IIEGGE, f für hecke, dornstrauch, dornicliles unkraut, schreibt
auch die Zürcher bibel v. 1530: ich wil in (den rebgarten) wiist
legen, diij er weder geschnitten noch gehackt wird sondern
dorn und heggen tragen (vulg. ascendent veprcs et spinoe;
Li'THER distrln und dornen drauf wachsen). Jes. 5,6; zur
selben zeit werdend alle wciiigurlen, ob gleich in eiin lausenl
lilbcn ninb tausent halbörller erknufl sind, zu heggen und
dornen (Luther: dornen und hecken). Jet. 7,23; also wirdl
das ganz land zu heggen und dornen. 24. -hegge spinelum,
7S5
HEGLICH — HEHL
HEHL — HEULEN
786
uie hecke 2 sp.lil: was ain feintlich gestreusz und ain hegge
mit raucQ doren umb das schlosz. d. städkchron. 5, 107, 18
{Augsburg).
HEGLICH, adj.:
von gottes gut fleust dein gemüth
ergetzung beglich.
dem solst bierob mit preisz und lob
danksagen täglich.
Melisscs bei Opitz herausg. v. Zinkgref 171.
sieht heglich hier in dem sinne von hegend, in sich schlieszend,
bergend ?
HEGRICHT, adj.: bleich hegricht zieht der tag zögernd
mit erstem Schimmer herauf. Brachvogel in der beilage zur
neuen preusz. zeilung no. 174 lom 2S. juli 1867. es berührt sicli
das uort mit bair. gehayig, gehaigig, gehaiwig trocken neblig
(ScHM. 2, 127) und gehört zu hege, hei düir, trocken , s. unten
das letztere tcorl.
HEGCNG, /". nach den verschiedenen bedeutungen des verbums
hegen.
1) nach hegen 2 : nach gethaoer hegung (des markergedinges).
ucislh. 3, 490.
2) nach hegen 3: {der hegereiler ist verbunden) vornemlich
auf die hägung des holz- und wildes . . . bedacht zu sein,
öcon. lex. (1731) 898; hägung fotus Steixbach 1,667.
3) nach hegen 4: hegung eines gartens; hegung und pflege
einer kranken person ; nacA hegen 4, d : hegung verschlimmert
alles, omnes deteriores sumus licenlia. Stieler 726.
4) nach hegen 5: hegung von dieben, Verbrechern; hegung,
receplio, receptaculum , defensio, prvteclio, munimcnlum Stieler.
5) nach hegen 7 : spreche ich über euch wegen hegung heid-
nischen aberglaubens und nächtlichen götzendienstes die Ver-
weisung aus haus und hof, und gau und iand aus. Scheffel
Ekkchard (1S68) s. 145.
HEH. interj. vergl. unter he sp. 713.
HEHEM , interj. : hebern , da leg alsdann .... Fischart
bienk.13'; hehem: dem: schlemm: recht : eh dich der schelm
schlecht. 102*;
hehem, das heist ein guter trank,
jetzt bin ich gsundt. vor war ich krank.
ScHEiDT grobianus (156S) A2', danach Garg. 23*.
HEHER, m. corvus glandarius, s. häher sp. 158.
HEHL, früheres zu einem subst. masc. und netär. gewordenes
adjecliv, verborgen, geheim; mhd. hffile, dem ein fem. haele ter-
heimlichung zur seite stellt (Lexer mhd. tfb. 1, 114S). das trort
ist eine intensivbildung zur würzet hal, mhd. heln verhehlen, ver-
bergen , in dem frühere reduplication sich in eine einfache länge
zusammengezogen hat (hsele entspringt aus allem hahali, uie
mhd. maere berühmt aus altem mamari, lat. memor) ; die schon
seit der mhd. periode fast ausschlieszltch erfolgte formelhafte Ver-
wendung untergräbt den freieren adjedirischen gebrauch und formt
das wort zum subst. um, doch nicht olme dasz adjectivische Ver-
wendung in reclä sinnlicher bedeutung daneben mundartlich fort-
dauere: hal, subübscurus Alb.; in der Schweiz hähl, hehl, hei
umwölkt, bedeckt Stalder 2,11; occuUus haal Dikfe.^b. 392*
{niederd. 15. jaJirh.).
Die formein, in denen hehl im nhd. erscheint, sind:
1) in den altern quellen unpersönlich mich hat ein ding, etwas
hehl, ich verhehle, verheimliche es (vgl. mich hat fremd, mich
hat unbillich unter haben sp. 5S) : so wil ich auch sampt den
meinen nicht feiren mit beten und flehen zu gott und
unser gebet sei uns nicht heel haben, woUens anzeigen öffent-
lich. Luther 5, 276*; für einem frembden thu nicht, das dich
heel hat, denn du weiszest nicht, was draus komen möcht.
6ir. 8, 21 ; was dich heel hat, das schreibe nicht. M. Neasder
sylloge locutionum s. 6. dieser ßgung gegenüber fehlen für das
fortleben des mhd. mich hat hale eines dinges (Leier a.a.o.)
alle belege.
2) ebenso mich nimmt hehl:
der Wirt sprach aber wider lim :
nimts iuch niht hael, gern ich vernim
waj ir kumbers unde Sünden bat. Parz. 467, 20;
venraw unter tauset kaum eim,
was dich hei nimpt, behalt in gheim.
Tu. BiKK doppelspiler 51.
3) aus der vorwiegend negativen Verwendung der formet l ent-
springt, die Substantive Stellung von hehl, in dem die einfache
negation nicht durch kein ersetzt wird: wie sie im sinn haben
die lutherischen mit gcwalt zu dempfen, wo sie es nur thun
kündten, und das hat sie auch kein heel. Llther 5, 304*;
das habe ich gern nachgelassen und hat mich kein' hehl'
IV. li.
dasz ein fürst und regent sei eine weltliche person. tischr.
393*; ir wesen hat sie kein heel, und rhümen Ire sünde,
wie die zu Sodom, und verbergen sie nicht. Jes. 3, 9; ir wesea
hat sie kein heel. saußeufel (1552) A 2'. hierbei ist hehl als
masc. gedacht: es hat mich keinen häl, libere profiteor, con-
fiteor, pro mysterio non habeo, non diffiteor. Stieler 734.
4) dem unpersönlichen gebrauche steht für die neuere zeit als
gewöhnlicher die persönliche fügung ich habe einer sache oder
ich habe es {dessen) nicht hehl gegenüber, eine fügung für die
es schon frühe beispiele gibt {aufgezählt theil 3,1128; vergl. auch
gramm. 4, 247) : die lasier, die ihrer gar nicht hehl haben.
Kakt 6,194. in prägnant adjeclivischer Stellung, mit accusatio
anstatt des genitivs: man kan nichts häl vor ihm haben, nihil
polest dam illum haberi. Stieler 734 ; ich werde unsere
freundschaft nie hehl haben. Niebchr leben 2, 21.
5) auch hier ist der Substantive gebrauch von hehl bevorzugt;
und zwar erscheint hehl
a) in der mehrzahl der fälle als neutrum: und welche Unge-
rechtigkeit würde es auch nicht gewesen sein, wenn man
die guten ehrlichen knechte, die es kein hehl hatten, wie in
ihren Schriften und sonst offenbar am tage lag, so hätte ver-
stoszen wollen. Klopstock 12, 19 ; was sollen wir es hehl
haben, dasz die meisten der groszen Altfranken sind; sie
haben es ja selbst kein hehl. j. 170; Klärchen hatte es kein
hehl, dasz sie den kniegürtel der Jungfrau schon als ein
stück ihrer toilette betrachtete. ThCjijiel 3, 2S2 ; wenn ich
dessen kein hehl habe. Holtei Lammfell il.
b) weniger oft als masc: ich habe des keinen hehl. Jacobi
Woldemar 32; ich habe meiner reue keinen hehl. Gotter 3,407;
gehorsam jeglichem befehl,
und seinem eigeosinn,
hab ichs sonst aber keinen behl,
dasz ich ihm böse bin. Gleix 4,217;
er hat es keinen hehl, dasz wir um seinetwillen
hieher berufen sind. Schiller Piccol. 5, 1.
6) neu ist die fügung aus etwas kein hehl machen : er macht
aus seiner abneigung gegen die liberalen grundsätze gar kein
hehl; ich mache gar kein hehl daraus, dasz ich ihn nicht
leiden mag; die hofdienerschaft machte gar kein hehl daraus,
dasz im falle des . . . sieges Nassau sich auf dem rechten
Rheinufer abwärts bis nach Deutz ausdehnen werde. Bbacn
bilder aus d. deutschen kleinstaaterei 2 (1869) x. 242.
.7) die unter 5 tind 6 aufgezählten beispiele lassen erkennen,
wie hehl auch zu freierer substantiver Verwendung in der bedeu-
tung Verheimlichung, heimlichkeit gelangen konnte: äuszerungen,
wobei kein hehl und nichts arges ist. Kant 10, 122 ;
und wo dein (des weines) reiner nektar llieszt,
da schwindet arg und hehl und list. Blcmaue» 1, 34.
tn Basel wird rücksichtlich der Verhandlungen in geheimer süzung
des rats hehl geboten, Verschwiegenheit auferlegt; ähnlich nieder-
deutsch in dem hale wesen, im geheimnis sein, in häle im
geheimen, auch in officiellcr spräche, vergl. unten hehlen 2, a.
S) die mhd. formet sunder haäle, in der haele gewöhnlich, ciber
wol zu unrecht, als substantives fem. aufgefaszt wird, ist auch
nhd. noch gebraucitt:
geselle, ich sag dir sunder hol,
vor die wärheil daj vernim. Helbling 8, 102;
swie ofle du die sünde tuest,
als orte du sie büejeu muosü
hie mit dem übe sunder hei
oder dort an der sei. 9, 17;
ich bit dich pilger sag mir on häle warumb hastu mich als
fast angesehen. Aimon bog. rl.
9) woher kommt es, dasz es jetzo so kunter bunt, über hei
und bei in der weit .. hergehet? Rein. Fuchs {Rostock 1650) 414.
trenn in dieser, sonst nicht weiter zu belegenden rcdensart hcl
hierher gehört, so würde der gegensalz bei zu bellen schreien,
lärmen (l, 1452) fallen und die formet das verborgene und laut
verkündete betonen.
10) ab von hehl steht der bedeutung wie höchst wahrscheinlich
auch dem Ursprünge nach das adj. hahl, hähl, auch hehl, hei
geschrieben, über das sp. 158 zu vergleichen.
HEHLEN, verb. oceuUare.
1) formelles, die alten dialecte haben in häufiger vertcendung
ein starkes verbum, ahd. helan, praet. hal, pari, holan, mhd.
heln, praet. hal, pari, geholn, alts. ags. helan, fries. heia, urrer-
wandt dem lat. occulcre, celare, griech. MafÄmreiv; daneben
erscheint weniger oft belegt auch eine schwache bildung, ahd. haljan
heljan velare, tegere, biheljan velare, munire, mhd. entheln, aus
50
rs7
HLULEN — HEHLEREI
HEHLERIN - HEHLLICH
78S
der veibuigenlieit nehmen, veiheln verbergen, alls. ags. liehelian
xelare, oc^tiUarc. das im li.jaltrh. noch häufige slarlic hcln wird
nach dieser zeit in seiner einfachen form (nicht in der Zusammen-
setzung verheln, nhd. verhehlen, die bis heute häufig angewendet
ist und nadi ihrem übcrtrilt in die schwaclie conjugation sich doch
das pari, verholileii als adj. gcrcltel hat) selten, und es ist wahr-
scheinlicli, dasz mit dem zurückdringen des Wortes auch die starken
conjugationsformen in venjessenhcil , die schwachen in allgemeine
Verwendung kommen {ein praes. hclet aus dem ib.jahrh. s. unten),
wie lange neben den letzteren starke formen sich noch liallen, kann
durch belege nidit dargethan werden; mundartlich geht noch' jetzt
in Diiringen ein starkes praes. hielt in der reimenden formel:
wer iiielt, der stielt, grammaliker und Wörterbücher des 10. 17.
jahrh. führen kein praet. hal, part. geholen mehr auf; Stieler
"33, der das einfache verbum überhaupt als seltenes gibt, schreibt
liüieu, gchälet.
2) bedeutung. ofcu/tre helen, occi/Z/are helen Dief. 392'; celare
lielen, hellen, helii HO*; velare decken .i. heleu, helu, heylen
609"; hehlen, hälen, helen celare, dissimulare Schottel 1335;
hehlen occultare Heüebich 1234; nl. helen celare, occuUare,
tacere, silere Kilian ; in mehrfachem gebrauche.
a) verheimliclien, verbergen, in bczug auf ein wmen, eine er-
fahr uny ; mit dem acc. der suche: helen daj wir czu rechte
iielen sullen und melden dag wir czu rechte melden sullen.
eid der ratsmitylieder in ISordhauscn (l5. jahrh.), in den neuen
mittheil. des dür.-sächs. veräns 3,4,47; den rath (ratsverhandlung)
hälen als wir zu recht sollen. Haltaus 872 {aus Erfurt) ; der
ding weij oder mit lielet. Magdeb. blume 2, 3, 71. auch mit
dativ der person oder entsprechender pracpositionaler fügung: icli
kann es dir nicht hehlen, ich kann es vor dir nicht hehlen;
ich kan auch e. k. f. g. nicht hehlen , das mir viel genanter
d. Eck ... ketzerische bücher ailegirt. Luther 1,148';
wer bürgt uns
ilafür, dasz wir nicht opler der Itcschlüsse sind,
die man vor uns zu hehlen nöihig achtet?
ScuiLLER Wallensteins tod 1,5;
IM bezug auf empfindungen :
sie sprach : gesell ich kan
mein lieb nit lenger helen. Zimm. chron. 4,321,1;
ach, 's ist doch hart, so einsam sein,
des lebens lust, des lebens pein
im eignen buscn hehlen.
Siegfried Sciimioi in Scitillers musenalm. 1798 s. 31;
hehlen intransitiv: sollte ich damit zurückhalten und hehlen?
ClAUUILS 7, IV.
//) verheimlichen, vcibergen, in bezug auf eine sachc oder eine
person: eine gestohlene sache bei sich hehlen; diebe, rauher
helilen ; einen bei sich hehlen , occultare aliqucm apud sc.
Hederich 1234. s. hehlcr.
HtHLE.N, t'crfc. consentire, s. hellen.
HEHLER, m. nach liehlen 2, verberger gestohlenen gutes, lier-
herger von verbrectiern. zumeist im Sprichworte: der ist so wol
ein dieb der die leiter hclt als der da stilt : der hehler ist
wie der steler. He.mscu 093 ; heier und steler ist ein dieb
wie der ander. C94; siehler und hehler ist einer so gut als
der ander. Lehmann 137; der heier ist eben wie der stcler.
ScHoTTEL 1127"; der hehlcr ist so gut als der Stehler. Pisto-
Kius Uies. par. 5, 74 ;
schuldig ist der lelbig häler
widerkerung gleich dem staler. Scuwarzenberg 119^;
wann nicht war d«r hohler,
so war auch nicht der »tchler. Pistoriu» 10,37;
der hehler wie der Stehler. Platen 261 ;
hehler der slraszcnräuber, occuUaior el recqttor latronum. He-
DEBicM 1234; er war sein mitschuldiger und hehlcr .. der ihm
zu seinen taschenspicicrstückclicn und dicbereien behuiriich
gewesen und seinen raub mit ihm gcthcilt hat. Scuiller gcister-
srher {lust.-krit. au5</. 4,219); wer seines vorlhcils wegen sich
einer begünstigung {von diebstuhlen) schuldig macht, wird als
liehlcf bestraft, ürafgetetzhuch für d. norddeiäschen bund $ 'iUH ;
eiii' ' , i.'iiicn itchlor,
eil einen liulcr, . . .
all' ii> n thtttcr
hat iri i!i'in man zu erkennen,
den man kan versoffen nennen. Looau l,22t,M.
1. dicbshehler.
HEMLEKEI, /. . hehlcrei, verliergung einer als Verbrecher
K<knnn»fti j>prson oder sonstige Unterstützung, um «ic gericht-
I schlingen zu entziehen. Aükcu Uhrb. d. üraf-
/< (IH36) j. 592; bcblcrei iii bcziehung auf vrr-
'i''' ' rigcnlhum. criminal<jt$ctzhuch f. d. kunig-
relch Sachsen von 1S38, arl. 239 ; wer die hehlcrei gewohn-
lieitsmiiszig betreibt, preusz. Strafgesetzbuch von 1851, § 239.
HEHLEHIN, f.:
wenn sich die majestät
zur hehlerin erniedrigt — hinler unserra rücken
mit uiisern schlimmsten feinden sich versteht.
Schiller Karlos 5, 10.
HEHLERISCH, adj. wnd adv. dissimulans, occultans, arcanus,
clandestinus, abditus, latenter, obscure, capliose. Stieler 734; ein
hälerischer mensch, homo arcanus, secretus , balerischer ort,
anyulus rcconditus, locus ab arbitris remolus. das.
HEHLKASZ, n. .• taciturnus, der schweigen kan, ein heelfusz
vocant nostrates, .i. vas ininime perfluum. Ai.b. 3'.
HEHLHEIT, f. diebische verMmlichung , Verfälschung. SeuM.
2,170 aus einer bair. quelle von 1332.
HEHLIG, s. unter behling und hehllich.
HEHLING, «I. geheimnis , mhd. hajiinc: wo wir nun den
herzogen den argwon nicht auszreden, wirdt der ritter meinen,
wir hüben den heling offenbar gemacht. Galmy 339; narren,
kiindt, volle leut, die reden die warheit und ist kain heling
huiider {hinter) sie zu legen {d. h. bei ihnen zu hinterlegen).
Zimm. chron. 2,204,5; derhalben hat sie den heling länger
in ir selbs nit behalten oder verschweigen kinden. 3, 72, 1 ;
do faade er ain vetter, der im ganz wol bekannt und ver-
trawt . . . dem sagt er allen häling und die ursach seiner
ankunft. 3,109,37; damit wurden die folia Sibillae und der
grosz heling geoffenbaret. 3,522,28; solchs ist im ganzen
künigreich kein heling. 3,540,21;
nun sag ich dir mein hälung ganz.
Gengenbacu histf.ners Jacobsbr. 3C2
{bei Götlekc s. 240).
tu der formel den hehling kalten, oder auch nur hehling halten,
das geheimnis bewahren {vergl. auch unten beim adj. hehling):
doch nam er sie do in eid ein heling ze halten. Bundsch. 113
{Gödckes Genyenbach s. 31) ; so ferr und er ein hüling hallen
wolt. 14; so du aber mir hälig zu halten verhciszeu will.
Wetzel Giaffers söhne {Basel 1583) 270 ;
ich thäte dir das alhie khunitt,
wo häling halten khöndt din mundt.
DiRCK Su,sannn (1532) aiij*;
häling ich dir will halten wol. das.
HEHLING, adj. heimlich, heimtückisdi :
der selbe hat bctwungen mich
gar äno ha:lingcn slicb. Part. 222,4;
und alsz sie disz sagt, sähe sie sich allenthalben nach desz
königs wehr umb, welches sie bählinger weise entfüret.
Amadis 23; bair. heelig und hälig Schm. 2, 171. als adv.:
süiiiclis wardt von inen b:iiden so heling gehalten, das hie-
von niemandts, Wissens trug. Zimm. chron. 4,362,21.
HEHLINGEN, adv. heimlich, ahd. halingun, mhd. hajüngcn :
clani hehlingen Ald. bei Frisch 1, 434*; wie nun das {töctderlcin)
ersieht den herren am backen und hart streichen, sprucht
es helingen zu dem frawenzimmer: dieser man hat leus im
hart. Zimm. chron. 4, 3G9, 19. schwdb. helingen und heligen
heimlich, leise Scümid 272.
HEHLINGS, adv. heimlich: es war fast wunderbar, wie das
so hchlings geschehen konnte. Aueiibacii dorfgesch. 1,113.
HEHLKÄIM'LEIN , n. unsichtbar machemU: hülle, mutze, hui,
m/i(<. helkappc und helkeppelin (Lexer »i/iJ. tW\ 1,123t. 1232):
denn die bepste haltens nie mit ernst im sinn, das sie wider
deii Türken kriegen wollen , sondern brauchten des türki-
schen kriegs zum hüllin, darunter sie spieleten, und das gelt
mit ablas aus deudscben landen raubeten . . . also vcrdamplen
sie meinen arlikcl , nicht dariimb , das er dem türkischen
krieg wehret, sondern das er solch belekeplin abreis, und
dem gelt gen Rom die strasze legt. Luther 4, 432*.
HEHLLICH, adj. und adv. heimlich, verborgen: heilich, hclleich
SciiN. 2,170; hetlicb und on sein wiszen. 171; gewöhnlich in
der schretbung hchlich , <it(f/* hehlig: die lehcngüter kimiien
unverbcst der herrn ausz einer liandt in die ander kommen
mit einem uh ichligen kauf oder hchlich. weislh. 2, 201 ; hel-
liger weisz. Bambergensis art.wn; man sich erkundigen mag,
das/, er kürzlich vor dem brandl hdicher und verdllchllirher
weisz mit ungowönlichen, vcrdJlchllichcn, gefährlichen fcuer-
wcrken, damit man heimlich zu brennen pllegt, umbgangeu
ist. eandina ort. 41; belicher, ungewöhnlicher und gefährlicher
weisz {'clandestino, insolUo et noxtomodo'). urj. 42; welcher aber
in eines ändern huiz heligcr und verbullcner weisz hauwrl.
art. ICH.
789
HEHLSCHLEICHER — HEHR
HEHR
790
HEHLSCHLEICHER, m. leiseschlacber, dttckmätiser : die arme
heelschleicher reden wol leis, und machens heimlich, Jesus
aber lU.ets bald. Otho 1375.
HEHLU.NG, f.: hälung, dissimulatw , occuliatw , absconsio,
receptio. Stieler 734;
die hehluug schmerzt mich, tochter. Siolbkrg 4, 212.
HEHR, adj. praestans , magnus , aUus, sanclus , ein nur in
den continentalen ländern des deutschen Sprachgebietes übliches icort,
ahd. mhd. her, aÜs. mütelniederd. her, nl. beer in heerlick magni-
ficus (Kilian). Die venrandtscliafllichen Verhältnisse des trortes
genau festzustellen, fällt schwer, als yrundbegri/f hat man fast
allgemein leuchtend, glänzend angenommen, und das golhische,
nur einmal begegnende hais leuchte (dat. pl. haizam /usra ).au-
TidScov loh. 18, 3) herangezogen, so dasz das r im auslaute von
her auf früheres s zurückgienge. indes ist das goth. hais selbst
ein etymologisch dunkles uort , das aber wahrscheinlich nicht von
seiner u-irkung, sondern von der form den namen trägt, das tcie
goth. niais {mehr) eine innere Zerrüttung erfahren hat und dessen
auslaut suffixaler nalur ist, so dasz eine Verwandtschaft zwischen
beiden Wörtern anzunehmen bedenklich fällt, eher möchte her
{und dann mit ursprünglichem auslatäenden r) mit sanskr. kil sich
freuen, spielen, tändeln, kila, spiel, tändelt, kilakilä freuden-
geschrei, keli belustigung, spiel, liebesspiel, tändelei (Böhtl.-Roth
2,292.293.42s) zu vermitteln sein, Wörter, deren sinn auf der
grundanschauung des behagens und des gehobenen fuszt. diese
grundanscfiauung zeigt sich auch beim deutschen hehr deutlich,
wenn es freudig, stolz auszudrücken hat, eine bedeutung, die ob-
schon ahd. nicht bezeugt, doch die ursprünglichste zu sein scheint.
Bedeutung und gebrauch.
1) gehoben, stolz, freudig, mhd. nicht unhäufig:
ich was mines muotes ie sd her
daj ich in gedanken dicke schöne lac.
minnes. frühting ISO, 1;
das si im entrunoen, des wären si vil her. Nib. 1474, 3;
der rede was dö Hagne in sime herzen her. 147S, 1;
swelch man wirt äne muot ze rieh,
wil er ze sere striusen sich
üf sine richheit, so wirt er ze here. Walihkr 81,25.
nhd. noch in einer formet nachzuweisen:
sie thäten mich bald fragen,
ob ich der Schreiber war,
das sollt ich kurzum sagen;
darzu ward mir nicht hehr (= dabei ward mir niclit
wol). des linaben wumterhorn 2,25«.
2) überwiegender wird hehr gebraucht vom hervorragen rücksicht-
lich der gesellschaftlichen Stellung und des ansehens, eine bedeutung
die noch jetzt in dem verdunkelten comparativ herr (s. d.) dominiert,
die auch in den unten folgenden composilen hehrfroh, hehrgut
zu tage tritt : ahd. heren proceres, herero, heriro, heruro, prae-
stantior, senior, prior, major, heröslo primus, princcps Graff
4, 9SS; Lysianuse heristen in theru steti tbiu Abilina was
heijjan, untar then heriston biscolun Anna in Caipha (Lysania
lelrarcha Abilinae, siJ) principibus sacerdotum Anna et Caipha).
Tatian 13,1;
er was heröro man. Hüdebrandslied 7;
manige bischof also herin,
die dir ceichin haftig wärin. Annolied 101;
atis. sia quädun that sia kuning ödran
ne habdin undar irö heriskipie, newau thcna heran kSsar
fan Kumu-burg. Hetiamt 5377;
mhd. Philippe, künec here. Waxtber 16, 36;
owe wa; lob ich tumber man?
macti ich mir si ze her (cilielie ich sie zu hoch),
vil lihte wirt mins mundes lop mins herzen ser. 54, 5;
gistu mir din swester, so wil ich e; tuon,
die schoenen Kriemhilde, ein küniginne hör. Nib. 332,3;
daj ich ir ere,
reht als ein wunder so sunder so sere
minn und meine, si reine, si s*lic, si höre.
frauendienst 394, 20 ;
mild, so stolt is nicht noch so hör
ein vrouwe, ik vieige an er lör {wnjige).
niederd. Äsop v. Hoffmann 3, 21 ;
die moderne Schriftsprache ist zu dem gebrauche von hehr in diesem
sinne erst seit dem wieder bekannt werden der mhd. dichtungen
i/dangt (cergl. über den neuem gebrauch von hehr unten no. 6) :
ich sah noch nie solch einen hehren kreis.
ScHiLLKR Dcmetrius 1, 1;
den hehren despoten lieb ich im krieg. Götue 4,322;
ü könig Karl, mein bruder huhr,
o dasz ich floh tod dir! Ubl^nd ijed. 333.
3) doch ist hehr auch in der volksmäszigen .<;prache des 17. — IS.
jahrh. in der bedeutung 2 bezeugt, in der formet nämlich einen
hehr halten , einen hoch ansehen , schätzen : weil er seines
schlauen kopfs wegen von der ganzen gemeine schrecklich
hehr gehallen wird. Scboch stud.-leben Dij ; ebenso hehr thun,
hohe absieht haben : sie verwarf alle Spekulationen wohlmei-
nender basen und tanlen , die auf eine ehestiftung zielten,
und that mit der fräulein tochter so hehr, dasz sich kein
Junker an sie wagte. Musäds volksm. 513 {die enlführung).
4) hehr bezogen auf personen und gegenstände des cuUus, auf
gotl, Christus, die heiligen, wunder, die bibel u.s.w.: ahd. ih ne
eroti noh ne gewirdota . . daj hera heilictuom, neheina goles
wiha, fastataga, firtaga, andera hera dultaga. Mi^lle^uoff «.
Scheuer 220,100;
atts. bädun alo-waldon,
heran hetcn-kuning. Heliand 691 ;
mhd. da; ein magt ein kint gebar
here übr aller engel schar. Walther J5, 10;
here frouwe! {ausruf an die Jungfrau Maria). 39,24;
daj here {gelobte) laut vil reine. 78, 12;
Christ herre ! du bist gut,
nu hiir uns durch din reines plüt,
durch dine heren wunden. Uhlamd volksl. 797;
da; diser segen werde voliebräht
in der h^ren uamen drin
di ein wärer gel sin. 815;
nhd. hehr sacrosandus, solennis, auguslus Alb. cc3'; heilig und
hehr ist sein name. ps. 111,9; vgl. die auslegung dieser stelle:
das wort terribile heisze ich auf mein deudsch, hehr, das
man zu latein meluendum, reverendum heiszl. als wenn man
ein bilde, kirche, fest, heiligthum oder dergleichen, schon
und hehr helf, und gleich mit sorgen und ernst sich dagegen
stellt, also ist der name des herrn nicht allein heilig an
sich selbs, sondern auch hehr und hoch gehalten von den
menschen. Lcther 5, 206'; das beer und werde Hecht des
evangelii. Mathesiüs Sar. 61';
nachdem die glock grosz und schwer,
und die stet heilig, kostlich, beer.
B. Waldis d. pabstl. reich 1, 16;
mit bezog auf das feiern von festen : und {hat) die heidnischen
orgia und Mertens tage alle wochen hehr und heilig gehalten.
Mathes. Sar. 15".
Bei neuern steht hehr {vergl. unten 6) auch von heidnischen
gottheiten, oder von personificalionen im getvande der gottheü:
dort wo Kalypso
wohnt, die scböngelockte, die hehre melodische gottin,
die mich gepflegt und erquickt. Odyssee 12,4-19;
fragt den forscher, wo die Wahrheit wohnt ;
aber sieh! der himmel ist verschlossen,
wo die hehre göttin thront. Tiedgb Urania 1 ;
und so haben
mich, im stillen, . . .
hehre musen auferzogen. Götob 2, 23;
wenn gottheit Camarupa, hoch und hehr,
durch lüfte schwankend wandelt leicht und schwer. 3, 104.
5) die ältere spräche braucht tiehr, zunächst wieder an die Be-
deutung 2 angesdibssen , weiter von profanen dingen, die sich
auszeichnen, hervorsiechen: äl66 mit allen den heresten salboii.
Williram 38, 10;
dere gesiebte däre quam wilin ere
von Armßnie der herin,
da Nöe ü; der arkin ging. Annotied 308;
schccniu laut rieh und here. Walther 15, 6;
dar ist ein mile oder mer,
da; ich gesach nie burc so hör
mit aller slachte richheit. Parz. 250, 14.
in diesem sinne noch im 16. 17. jaftrh.: so habe mau di^cn
nusz für ein beer und heilig, oder köstlich herrnwasser ge-
ballen. Matuesils in Wcu:kernagcls leseb. 3,1,425;
soll wol Bireno sie gesehen nacket haben,
ihr heere zarte haut und schönste leibes gaben.
D. V. D. Werder Ariost 2, 69, 2.
6) spiUer, nach dem 17. jahrh., ist hehr tn diesem sinne ver-
schollen, und lebt überhaupt {auszer in den formein 3) nur in
der bedeutung 4, in der man « aus Lcthers bibel kennt, in
der 2. Iiälfle des 18. jahrh. kommt es wieder in häufige aniren-
dung. Wieland bezeichnet es in einem aufsalze vom jähre I7i(2
über die Borussias von Jemscii als ein 'veraltetes, aber aus Luthers
bibel bekanntes' wart, dessen Wiederbelebung er empfielill: nur
düucht mich sollte es nicht pro lubitu statt eines andern
uhnlicben , sondern nur als die stärkste poetische färbe in
791
HEHR— HEHRFROH
HEHRGUT— HET
792
der ganzen schattiriing, zu der es gehört (ehrwürdig, ernst,
erhüben, furchtbar, majestätisch, heilig, hehr), und also sehr
sparsam gebrauciit werden, werke in der Göschenschen ausgäbe
36, 69. aber er hatte sich selbst nicht an diese reyel gebunden,
hehr vielmehr schon 1776 freier verwendet:
der gnnie hof iu kurzer Frist
gestielelt unil beritten ist.
ein hehl er zug !
mnlermärclien (werke 18, 179
s. 243).
genauer im geiste der Wielandschen Vorschrift nahm Klopstock
hehr in die letzte ausgäbe seines Messias d'bO) auf:
denn es hielt noch immer der solin aus der fülle der seele
n.it ilcm viiier ge^prnche des schiciisalenthiillenden Inhalts
heilig, und lurchthar und hehr. icccke :<, 2>, altnlich s. 15
(H./c/i nicIU in der au.yijabe des Messias von 1751).
es wird nun hehr wieder häufig im sinne von erhaben, ehrfurcht-
gebietend gebraucht; so vom menschen, von dessen gefüläen, blicken,
aussprüchen :
sieh, schlecht und recht, ein hauersmann
am wanderstiibe schritt daher,
mit probem kittel angethan,
an wuchs und anllitz hoch und hehr. Borger 37';
rieht, ob ich recht, ob unrecht that; auf dich
beruf ich mich, dein spruch wird hehr mir .sein!
Stolbkrc 15, 216;
die ewigen geffihle
heben mich, hoch und hehr,
aus irdiscbem.^evvijhle. Göthe 1,98;
wenn du von Laura wahres hast gesungen,
von hehrem blick, Ton himmlischer geberde.
UuLAno ged. 126;
von der nalur, dem himmel, den sternen:
sanft umsauselten mich und hehr die nächtlichen schauer.
Stolberc tjediciile (1779) 162;
natur, so hehr! so wunderbar! 183,
die bezüglichen gedicfile sind von 1776; ein wundersamer zu-
stand bei hehrem mondenschein brachte mir das lied ' um
mitternacht'. Götbb 32,138;
gen himmel blickt ich, er war hell und hehr. 1, 6-,
nur immer zu! euch ist die weit erschlossen,
die erde weit, der himmel hehr und grosz. 3, 29;
die hehre weit, wie schwindet sie den sinnen! s. 30;
die weit sie ist so grosz und breit,
der himmel auch so hehr und weit. s. 103«
der tempel steht, dem höchsten sinn geweiht,
auf felsengrund in hehrer einsamkeit. s. 139;
{das schtosz) erleuchtet auszen hehr vom sonnengold. 47,156;
selbst von gebäuden:
es stand in alten Zeiten ein schlosz so hoch und hehr.
UuLAND ijed. 390.
7) hehr heiszt mundartlich auch fein, dünn, schmal, von der
druckschrift, vom garn, hclllönender stimme. Kehrein 191. Schmidt
ueslerw. idiotikon 72; hehr geriebenes ))rül. Vilmar 157.
HEHHAL'CH, m., vergl. hägerauch sp. 153: wenn abendrüte
oder hehrauch ist, so versihet man sich schön weiter. Ma-
th esius postille 3, 38*.
HEHRE, f. stolze Schönheit (nach hehr 5): ob wo! die newc
und künftige weit auch nicht leere und üde sein, sondern ir
liehr und schmuclv von allerlei newen creaturen hal>en wird.
Mathesios Sar. 53'.
HKHHEN, verb. 1) sich zieren, schmücken (nacli hehr 5), tnlid.
hÄren, verwendet Voss, wol nur eine reminiscenz seiner altdcut-
trJien Studien:
ei ! seht mir, ei !
wie hold der mal
die lult aus wölken kJfiret,
das! wald und au
mit bunter schau
und vogelsang sich hebrct. 4, Vi.
1) ganz anders ist ein bei Luther vorkommendes heitren zu
nehmen, et ist nebenform zu eiiren ackern (3,57, veryl. ereii
3, 7%7, ähren 1,198, {Iren 1,515), mit vorgetretenem h: das weis
ich wol, das viel götllicher were, ackerwerk iiieluen und
kaufmanschaft mindern , und die viel besiicr thun , die der
Schrift nach, die erden crheiten, und ir nariing draus snriien
... es ist noch viel land, das nicht umbtricben und geherei
i»t. 1.314'.
IIEHitFHOH, adj. autzerordenllieh, vorziiglich froh, im sdchs.
Kriiirbir(je üblich: die frembden sind beer fro, imd nemen die
piophrirn mit freuden auf. Mathesius in Wackeruaijels Irsrti.
.4; auch im SrlimalkaldiscJicn. Vilmar I.'.7.
HEHRGÜT, adj. vorz^Hch gut: so vil an dir ist, köndestu
alles überkommen, und in {den armen) auch die sonnen nemen
und einsperren, du seszest in für das liechl, damit du allein
ein her gut leben bettest. Frank sprichw. 2, 175*.
HEHRLICH, adj., .«. herlich.
HEHRMESSE, f. missa solemnis. Frisch 1,434*.
HEHRTHUM, n. das venerabile in der monstranz. Frisch 1,434*.
HEI, interj., in manigfacher Verwendung.
1) die altern cpen beleben durch hei den gang der erzdhlung
und die aufmerksamkeit des hörers für gehobene stellen:
der bere von dem schalle durch die kuche geriet:
ffey waj er kuchenknebte von dem viwer schiel!
vil ke^^cle wait geriieret, zerföeret maiiic brani:
hei waj man guoter spise in dem ascben ligen vant !
A'(/(. 900;
dö körnen ouch die geste imd erboijten sä zehant:
hey wa; man gröjer zühie an den Ton Durgonden vant!
1602,4;
bei was *r tiefer wunden durch die helme sluoc ! 1882, 2;
hei wie vor dem gesinde der alle Wate reitl Cudr. 1668,2;
hei wie Biterolfes haot
half da sinem kinde! Biterolf ii. Dietleib 10666;
ähnlich auch anderweit:
wer sol nu üf Steinberc
wurken Wernbaries werc?
hei wie er gab iiiide lech! minnes. frühling 25,29;
hey, was du genäden leist
an die sündesiechen!
KoNR. V. WÜRZBüRC 347, 77 Bartsch.
nach diesen Vorbildern verwenden neue dichter hei wieder:
als kriegsruf erklang,
bei ! wie der weisze Jüngling (Btiiclier) in n sattel sich schwang !
Arndt ged. (Iij40) 283;
hei, sausende pfeile, klirrender schwerterschlag!
bis Harald fiel und sein trotziges beer erlag.
Uhland ged. 351;
und als das frübroth leuchtet und als der nebel sinkt,
hei, wie es da von Speeren und morgensternen blinkt! 361;
bei, wie der löwe Ulrich so grimmig tobt und würgt! 368;
bei, wie das leid durcbmälist du, Walthari, tapfrer schnilter!
Scheffel VVatlltaritied im Elilielutrd (186S>) s. 448.
2) oft ist auch hei ausdruck der freude, des jauchzens , ein-
leilung eines freudig ausgesprochenen wunsclies:
mhd. wol dem manne, der mit wibe
disen sumer so veriribe,
daj er liebes wirt gewert!
hey, wie dem sin leii verswindet!
KoNR. V. WÖRZBURG 355, 14 Barisch :
bort der Niblunge besloj^en hat sin haut,
hey solder immer konicn in Burgonden lant! JVt/,'. 717, 4;
hey wa;re ich dort!
bi der wolgeiänen la}ge ich gerne an minem röme.
Neidhart 12, 24;
nhd. bei, die that, sie ist gethan!
schaut, was unser zaubcr kann! BBrcer 297';
wohl schwitz ich von dem schweren druck:
bei, bairisch hier, ein guter schluck,
sollt mir gar köstlich luuiuleu. Uhland ged. 345;
er sprang vom schiffe, da fiel er auf die band:
hei, riel er, ich fas? und orgreile dich, Engelland! 350;
hei, spricht der wolf mit lachen, gefiel euch dieser schwank?
369;
und mit heissahei und ahermal hei
die liebe sie spielet frisch. Arndt ged. (1840) s. 110;
hei, die pbilisterroädel, wie hab ich sie geschreckt!
hei, die philisterbuben, was hatten sie respekt!
H. Keinick tiider 218;
im gefolge anderer interjeclionen {vergl. auch die engivrbundenen
heida, heidi, heisa, heia, heiahoh »rirf juchhei): hey sa ! rief
er, indem er die Hasche in die Imhe hielt, es leben die feeii
und die liezauberlen prin/.essiiineii ! Wieland 11,214; hey sa!
der henker hole die grillen! lustig weil wir ledig sind ! das.:
hey SU ! auf gesuiidheit unserer prinzessin ! 249; hey sa,
gnädiger herr, rief er, freude über freude! 374; hey sa! da
wirds zugehen ! da wird der himmel voller geigen hUngen !
12,21.
3) hei, eine ermunlerung einleitend, vie auf! nun! wolan!
hei wolan, liats die meinung, so laszl uns inn ein eck beim
ramin scbniuben. (itirij. 22(i'; der pfaff spricht: ich darls
nicht wol vor eucli sagen, die fraw antwortet: hey, lieber
lierr, sagendH, es schadet nichts. Wickraii ro/dr. 139, 12 A'urz;
schwvaiern, nun zum tnnz heran I
bvl! wuhloni Bürger 297';
auch nur einen schnell aufsteigenden gedanken einführend: weiidl
sich mit guten uurlun wider zu rück und sagt: hey, ich
793
HEI
HEI — HEIA
r94
Bihe w il, dasz ist ein lantzkneclit lierberg; habt mir niclil
zu ur.j'ut. WiCKRAM io//jr. 04. 12 Aur:; was gefult eucli? roter
ode-- weiszer? hey nasser, so steubls nicht. Gary. ST*; schneid
icD ehr oder esz ich ehr? hei, ich will erst essen. Grimm
kinder- u. Iiausm. VIS.
4) hei, als einfacher zuruf; bah. hau so viel als he! Iiorrh!;
mit hai gibt auch ein yeru/ener kund, dasz er den rvf renovimen.
ScHM. 2. 127; schueiz. hai zuruf an d'is vieh. auch an menschen,
um zum gehen zu ermuntern, um sie vor sich hin zutreiben. Tobleb
252*; hev hay. hotta. ein geschrei eines karrennianns. Maa-
LER 220*"; hey gemach lährt man den berg auf. Garg. 86*;
hey weckt es, dann es ist weckens zeit. SC';
her, wölt ir mich lahn fahren mit.
H. Sachs 3, 1, 157'.
in Verbindung mit da {vgl. auch heida): hey da! groszmutter . .
ihr könnt ja wahrsagen, nicht so? Wieiji.nd 11,229; hey da,
groszmutter, wir wollen von was anderm reden. 234.
5) hei, als einleilung zu einer Zustimmung: hei ja, es ist
billich, beim risenwadel, ich will ihnen den wein schenken.
Garg. 148'. in der Schweiz hei jo, ei ja. Tobler 260'.
6) Keil öfter aber ist hei einleilung zu einem Widerspruch, einer
abtcehr:
•hey sin Hp iu wol gevellet.
ir habt iuch zim gesellet".
dö sprach si 'nune welle got". Parz. 133, 21,
hey , sagt der roller, dunkt er (der wagen) euch dann nit
geladen sein? Wickram rollw. 68,6 Kurz; hey, wolt ir darumb
aufston? 93,24; hey, nit also, .. ir müst ein wenig gmach
traben. 158,18; hey nein, wir schälk sitzen hie bei from-
men leuten. Garg. 89'; hey, ist ein stimm anzeigende dasz
man eines dings voll nnd maszleidig ist, hey es ist sj {sein,
dessen) gnug, ohe jam satis est. Maaler 220*; hei, sobald
jemand anders was will, kommt euch der hunger wieder
an. werdet böse, thut als ob ihr noch nichts hättet. J. Gott-
HELF schuldenb. s. 6;
da sprach der schwan: hey, bruder, nein!
warumb solt ich jetzt traurig sein ?
B. Waldis Esop 2, 44, 13;
acht auch nicht ob dein herr schon sag,
der gut gsell nimmer trinken mag.
hay lieber, sprich, laszt mir in sitzen,
wir wollen im noch basz zu spitzen.
ScHEiDT grobianus [Frkf. 1568) D vij * (ö. 1, eap. 7).
7) hei, ausrxif eines unwilli(ien, zornigen: hei das ihnen der
teufel das hinder theil gesegene. Garg. 33'; hey du schalk,
gastu noch da und ich meint, du wärest gestorben ? Wickram
ro//if. 42,28 Kurz; hey dasz dich gott sehend! 45,16; hey,
köpf, wollest dich der meisterschaft annemmen und meiner
frawen .. wee thun? 77,9; hey, du schandlicher jüdischer
hund ! 87, 12 ; fragte, was ich schreiben solle, der general-
auditor (welcher vielleicht unwillig war, weil sich mein examen
tief in die nacht hinein verzog) antwortete: hey! schreib:
deine mutier, die hure! Simpl. i, 215 Kurz.
8) hei, Oper ausruf der klage, des Jammers:
bei wa; ich größer sorge dike umb Stfriden bän!
Aifc. 843.4;
öwe unde heiä hei
da; ich dinen vater ie gesacb. Parz. 496, 22-,
hey, ein geschrei eines weinenden, ah, ah. Maaler 220*; hei
wie vil bluls ist umb dise stat vergossen worden? Fra^k
chronica 1531 189'; hey ihr unsterblichen gütter, verkürzet mir
doch mein leben , auf dasz mein herzleid ein ende nehme.
engl. comCd. LI; hev ho! welch ein trauriges loos! Klisger
3,141;
hei waren wir selbs ruwig gsin,
so wer es uns nit darzö kon {gekommen). Daniel Sij';
hei schwere busi Melissds psatm. üb';
hey schaden! dasz mir nicht die mühle werden soll.
Rachel sul. (1677) 34.
9) hei beim einschläfern der kinder: wir ziehn die gardinen
vor und wünschen ihr eine angeneme ruh! hey, ey, o! po-
peyo I (Schulz) oAmanach der beltettr. 1782 s. 75 ;
sie herzten und drückten
* und wiegten ihn ein.
hei ei o 1 popeio '. Göthk 8, 53.
vtrgL heiopopeio, und das verbum heien wiegen.
HEI, m. gehegter wald, srhonung; ein vorzüglich m Baiern,
Schwaben, Franken und Hessen gebrauchtes worl, das dem sinne
und der abstammung nach mil hag und hagen ursprünglich
identisdi, auf eine seltr alte nebenform zurückgelit, in der itilau^
lende gulluralis erweicht worden ist: schon das langobardische
wOrterbuch im codex Carensis bringt gajo id est silra regis {Haupts
zeilsdir. i. .ö54*) als zusammenzieiiung von gahagio ; daneben läuft
ein als fem. behandeltes latinisirtes haja (Graft 4.761); haia
militaris vallus Du Ca.nge r. Henlschel 3. 614'; dieser form schUeszl
sich auch im gesclilechte mhd. heie, hei. gehegter wald {wb. 1, 649*)
an. bairisch i.4 hai masc, in erweiterter bedeulung Schonung,
hegung. Vermehrung; scliwäb. hei befriedigter wald ScHMiD 268;
hoy in der Oberpfalz : dazu {zum verbum hoya in der bedeutung
einplanken) stimmt auch der name jedes waldes, der so ge-
hütet wird: hoy = hag, der eingehegte befriedete wald.
ScHöNWERTH aus der Oherpfalz 2 (18581 s. 337; hay, m. ein
buschiger, gehegter wald Fai^^CH 1,395'; in Hessen he als neulr.,
eingepifdigter bezirk, zumal waldbezirk Vilmar 156 ; im hai liegen,
oder in den hai legen (ron hölzern, wiesen, wässern) cor be-
schädigung, besonders durch viehtrieb, verwahrt sein oder verwahren
ScBM, 2.128; man sol auch in yeder hutt {forstbezirk) einen
loh \buschholzbestand) in hay legen . . und man sol auch in
einer meil von der stat und auch in den lohen, die man in
hay legt, nicht hawen. Nürnb. polizeiordn. 305 ; ebenso einen hei
hegen, eine Schonung durch einfriedigen anlegen {nach hegen 3
s/). 778): item weisen wir, dasz iedes dorf der vier gemeiod
alle jähr drei junge haye von dem hirten und vihe solle
geheget werden, dessen gehet alle jähr einer aus, der ander
an, und soll ein iedes dorf seine haye zeichnen. treis/A. 2,185
(Hundsrück, von 1608). hier wechselt die form hei mU hag
(s. hag 4 sp. 138) : dahe sichs begäbe, dasz ein hirt mit dem
strich auf einem gehegten haye kommen thäte, soll er an
einem ort und ende dardurch treiben ; so aber ein hirt in
einem verbotenen hag zu weiden, wenden und kehren triebe
{gibt er strafe), das. s. 185. 186. — Entsprechend dieser bedeutung
von hei haben die bairischen composita heiholz, heireis, heiscbiag,
heiwiese dieselbe bedeulung wie hegeholz u. s. w. oben, vergl.
auch heien für hegen.
HEI, adj. trocken, dürr, ein in der form manigfach wechselndes
wort, die älteste nachweisliche form ist ahd. hei uridum Gbaff
4, 709 {aus den Itrabanschen glossen), sie scheint nicht ganz unver-
slümmelt zu sein, sondern etwa für heii (ron einem stamme heija)
zu stehen, worauf die spätere form heie und beige {mit g aus
j vergröbert) hinweist, die sich wied^ mil ahd. arheigetun aeslua-
verunl, erhegetemo winte venlo urente (Graff 4,710) berührt,
das wort gehl vorzüglich über das bairische , fränkische, hessische
Sprachgebiet: kärntn. kaig mit hOhenrauch bedeckt, koig schwül
mit dem subsl. hai, kai {für gehail höhenrauch (Lexeb 130),
kaig aus ge-heige; bair. hai als subst. in haidampf, hainebel,
hairauch trockner dampf oder nebel in der atmosphäre zu heiszer
Sommerszeit Schm. 2, 127, ron ahd. bei uredo ausgehend ; hessisch
{zumal in Oberhessen) hei, heie. beige, hege 'der feuchtigkeit,
des Wassers ermangelnd, mithin dem sinne unseres trocken ziem-
lich, weniger dem begriffe dürr entsprechend'. Vilmab 157; heige
zeit, trock-ne Jahreszeit, hages wasser seichtes wasser das.; im
fiassauischen ist die heiezeit die heisze Sommerzeit, in weldier der
hammer {in eisenwerken) eine zeit lang ruht. Kehbeik 192; auch
in Schwaben findet sich gehai. kai, koi. rffirr, ausgetrocknet,
dunstig bei warmem weiter ohne nebel, ruhig ^ von der luft bei
warmem weiter. ScHMin 254; war gar ein trocken jähr, hege
zeit, so dasz in der Stadt kein wasser war. Frankenberg, chron.
bei Frisch 1,396'; es kunte niemand dem feur steuren, dann
die zeit war trocken und hege. das. s. auch gehei und kei
5, 429.
HEIA, interj., verstärktes bei.
1) ausdruck des jauchzens, der freude: heia, o, ein früiich
geschrei, juheya, o, io, gestienlis particula. Maaler 215*;
heia, Flurtanüssel,
mein herr schlecht mein frau umb den drüssel.
zwar er thuot ir gar recht,
darumb bin ich ain frölicher knecht. fastn. fp. 511, 7.
in der Verbindung ju heia, juchheia {vergl. die eben angeführte
stelle aus Maaler):
sonst kommen wir nach kurzer reit,
ju heva ! brüder all bereit,
und hohlen die intressea. Fr. M!}llsr 2, 95;
heisa, juchheia! dudeldumdei!
das gehl ja hoch her. bin auch dabei!
Schiller Wattensl. tager, 8. auflr.
2) die erveilerung heia ho, heiaho steht häufig als refrain zu
gesellschaftsliedern des le.jahrh.:
gen diser sumerzeite
do fallen die külen tawe,
düs heia ho! Uhla;id vcilksl. 577;
79r
HEICIIEN — HEIDE
HEinE
796
wa'! ich (larinn (in einem lande) gesehen hab,
will ich euch machen kund,
heia ho! C33;
der reich man was geritten ausz,
ein betler kam im für das haus,
das heia ho! 737;
das lied meint Fischart, wenn er unter andern aufzählt: der
beller heyaho. Garg. 2S". — Scltwäbisch ist heiekuh in den sinn
des geschreis, Idrtnens übergegangen. Schmid 255.
HEICHEN, verb. anhelare; die verwandlscbaß zu keiclicn wird
5, 438 ausführlich besprochen, keicher, fmlmonarius. keichig,
engbrüstig, heieben Schottel 1343;
meins gemüts durchschneidend heichen
mit viel keichen. Melissvs psalm. Q4\
s. beuchen.
HEIDA , interj., aus hei und da zusammengeflossen ; betont
liüida und beidä.
1) ah zuruf zum anhalten, still hallen {vergl. hei da unter
bei 4 sp. 793): heyda! wo wollte ich in meinem vorigen bin?
Lessing 10, 239;
heida! feins liebchen, nun kehr um!
bleib hier und tröste dich! Borger 47*;
heida! halt an, du kecker wicht! Uuland ijed. 335.
2) als ausruf der freude: heida I nun gehn wir dem friih-
linge mit starken schritten entgegen. Voss briefe 1,237.
3) aber auch ausruf des Schmerzes {vgl. hei 8 sjk 793):
rasende, zähme dich doch! heida, ein puff auf den rücken!
wehe, der fusz ! und wieder die hand ! Voss Idyllen 14,63.
HEIDBEERE, f., früher n., vaccinium, ahd. heitperi, mlid.
beilber: vaccinium heidber, haidbcr, baidper Dief. 604"; aber
zur abendzech muszlen sie sich mit beidbüren bebelfeii :
daher noch auf den beutigen tag die jungherrn des laiids
heidbür unterzechen , und befindens bei ihrem guten wein
sehr gut, und speien nur des besser darvon. Garg. 14S*.
geuvhnliclter in der form heidelbeere, s. d.
HEIBIJTZEL, m. Verkleinerungsform zu hagebutz sp. 141, mit
erweichung der lautgruppe hage- zu hei-: heibutzel oder ha-
butzeibaum cornus voc. ine. teut. i2'.
HEIDE, f. ager, campus.
golh. haij)i, gen. hai|)jos ; ahd. heida, fi«r in der bedeutung 4
unlen; «i/id. beide; ogs. baed, eny/. beath ; a//n. beidr «//(Z heidi,
schwcd. bed, dän. liede. der begriff der dem worte zu gründe
liegt, ist der der weilen landstreckc , des aiisyedehnten feldes , es
stimmt (abgesehen von den suffixalen dementen) zu sanskr. kshetra
yrund und boden, feld, gegend , plalz, land (von kshi weilen,
wohnen Böhtl.-Roth 2,571); griech. xoitt] lagcr hat eine ver-
engte bedeutung entwickeil. im deutschen verläuft der begriff von
beide folgendermaszen.
l) beide bildet den gegensatz zu dem für haushallung und
Wirtschaft urbar gemachten, der wohnung zunächst liegenden stück
garten oder feld, bezeichnet also etwa unser gefilde, feld und fliur
vn weitesten sinne: go//i. gakunnaij) blomans baijijös (t« x^iin
roll dy^ov). Nallh. C, 28 ; insandida ina hai{)jüs seinaizus (eii
Tuiis dyoovs avtov) haidan sveina. Luc. 15, 15. mhd. schlieszt
lieide den walt ai«, wisc, anger, ouwe sind ihr niclil entgegen-
gesetzt, weiden aber als besundire sich ablu-bcnde Iheile der flur
'•II iirhen der beide ausdrücklich hervorgehoben:
seht, wie heid und anger Itt,
und wie der walt in tüften slät.
mmnes. 1 , 05* Ilagen ;
weih ein kleit treit
litiidu und anger, di b! schouwct sumcrouwen. 1, lOV;
\i:\\ und nnger stöt bekleil,
bluomen breit
kiht man üf den beiden. 1, tu9'i
witi((artpn, buume, gesa-iej velt,
al die wisen unt die h(!i<Je.
Wolfram Willchalm 250, 25.
drr \tall wird der beide tn manchen Wendungen atadrücklich
rnlgfgenge seilt (vgl. unter den vorhergehenden beispirlcn das erste):
ich nach vil liebte varwe hün
die ht-idc und al den );''*>*'')<'" walt.
diu siut nu beide worden val. minn<$. frühl. Ut), 30;
beide und« wall »int beide nü val. Waltuir 39,2;
'■I, ^njonel wol diu beide,
ijiit niuwem loiibe stäl der walt.
NiiDUART II, b llaujtl ;
In dem walde sO«{e d'pno
•iriK'^ni rieinlu voKelin.
•n der beide bluonien ichinnc
blAeJfnt gegen dr« naairii »rbln. fiaurndiii.^i T . II;
was aber bäum- und buschbeslund der Iwide nicht ausschlieszt :
under der linden
an der beide. Waltukr 39, 12.
namentlich ist charaklerislischer scfimuck der lieide der wilde rosen-
slrauch :
kernen ist uns ein liehtiu ougenweide:
man sihl der rösen wunder üf der beide.
Neidhart 24, 19 Haupl ; vgl. 18, 7 ; 25, 26 ;
und diu beide wol gestalt
schöne lil gerwsel.
K. V. Wörzburg lieder 11,31 (s. 363 Bartsch).
hervorgehoben wird besonders der blumen- und grasschmuck der
lieide durch die stehenden beiwörter liehtiu, rötiu, griieniu beide;
diu beide röt, der grüenc wall. Waltber 122,33;
diu beide in Hehler varwe lit
von des meien blüete.
K. v. WÖRZBüRC lieder 7, 5 (s. 858 Bartsch) ;
nu siht man die beide geblQemei wol. 9, 15 (s. 361),
beide hat ir lieht gewant. Neiduart 6,12 Haupt;
ich wände daj ich iemer bluomen röt
gesxhe an grüener beide. Walther 114, 33;
Alphari der junge gap Witegen einen slac,
das *•" üf der beide g-rüene vor im gestrecket lac.
Alpharls toä 301, 2;
von der beide grüene soliestu geriten hän. 23, 4;
sumervar
ist nu gar
beide, velt,
anger, walt,
hie um da,
wij, röt, blä,
gel, brün, grüen,
wol gestalt. frauendienst 431, 21.
ebenso heiszl sie wegen ihrer ausdchnung diu breite beide , wie
wir ähnlich vom breiten felde, von weiter flur reden :
üf eine grüene beide
kwämen si ze abenlzit,
diu was breit unde wit.
gesamtalienteuer 1, 396, 74 (nachher
anger wit genannt 80);
sagt, hßrre, wer ir sii
daj ir alterseine ritent üf der beide wit,
AlpUarls toä 147, 2 ;
so halient uj den vanden durch iuwer degenheil,
ül dem gesinde uf die beide breit I 150,2.
diese Verhältnisse dauern auch für dcts nhd. : die lieid , grosz
weyt läld, campus Maaleh 215"; die heid facht an ze grünen,
redeunl campis gramina. das. ; (schwämme die) auf den beiden
oder druseben gern wachsen. Bock kreuterbuch (1565) s. 347*,
s. auch driesch 2, 14oS ;
ihr gärten, Weinberg, försl, ihr &cker, halden, bayden.
Weckuerlin 3üü (nach ps. 148, 9);
alle Vögel in den lüften
hört man singen weil und breit,
alle nymphcn in der heid
sieht man newu heirath stiften.
Opitz v. Zinkf/ref s. S4 {in der FellniheUchen
ausg. 2,200 ist der vers vurdiidvil),
wie sie so lieblich blickt
über die breite beiden,
die in dem Keinthal ligt. Zinkgref das. s. 172;
grosz ist das schluszgeb.iudc
in EhrenbuTK; nuf einer schonen beide
liegls uuszerlialb der Stadt. A1.XINCKR üovltn 4, 'Ji>.
vammllick im volksmäszigen liede:
liebstu mich, so lieb ich dich,
rösleln auf der beiden! IIhland volkitl. 112,
als er da kam auf grüne heid. 244;
dein belebt soll du biu aufgeben
auf diser haide grün. 334;
ich bnii uf diser beide breit
güi rilter und oucb knochl. 40C;
kuinl mir ewr brudt'r auf breiter heid. 434;
das pluuilt; aiil der haide,
das uin ist weisz, das ander plaw,
der färb ist niancberlai«. 4SU;
dl« biiidun die Ich doch mainc . . .
»ie ist im tiimolreirb ;
darin da plui «in plümlein,
da» gibt ain liecbteii schein. Mi5;
die heid itt worden griienc.
LlLlKNCRUI« lolksl. 2, 00, 2;
ilor kaUer wiri dich »elbst noch iScbcn {feindlitA angreifen)
Ulf mancher grieiinr bnyde. 8oltau 357 (run t.ViO).
wann Ich lofirh tilittr grüne heid.
(iic^ci:KPti:ii Sollh. \Tl'-'\
797
HEIDE
IIEIDE
798
<!0 lans: bisz ich (im kämpfe) aufreibe
dich auf der grünen heid.
HiLDEBRAitD volksl. 3S0 (f. 1631) ;
im wähl und auf der heide
da such ich meine freude,
ich bin ein jägersmaun.
volksl. aus dem \9.jahih. nach Borssba?«!«
{tijl. Hoffmann ge-^elhch. lieder s. bS);
neuere didiler, die dch dem volkslone anscblies:en , brauchen heide
vuch ganz in diesem sinne:
sah ein knab ein röslein stehn,
röslein auf der beiden. Götue 1, 17;
pOngsten war, das fest der freude,
das da feiern wald und beide. ühlat<d ged. 218;
es gieng wohl über die heide
zur allen kapell empor
ein greis in waffengescbmeide. 19?.
Fesle formein haben sich an heide seil der mhd. zeit angeschlossen,
namenllich über die heide gehen, zieheo, reiten, in dem sinne
icie über feld gehen (3,1475. 1476), über land ziehen:
mir iroumte bint leide, wie iuch rwei wildiu swin
jageten über heide. Aift. S64, 3 ;
ach goit, wie we tut scheiden!
hat mir mein herz verwundi;
so trab ich über die beiden,
und traur zu aller stund, ühlasd volksl. 129;
und als sie über die beide kamen,
hörten sie ein glöcklein läuten. 222;
dann reitens frölich uberd heyd.
narrensch. s. 51' Zarncke ;
nrf. we is, de varen der over de beide,
nu Reinke alsus de strate beiecht?
lleiiieke Fuchi^ 3318.
über heid und über wies eilen. Frisch 1,434*; flohen und
stoben sie über die heid hinüber. Garg. 23S'. um die Ver-
bannung aus einer Stadt auszudrücken, heiszl es:
mancher zu meisierschaft sich kert,
der nye das hantwerk hat geleri (gelernt),
einer dem andern werkt zu leid,
und tribt sich selbs dick über die heid.
Brast narrensch. 4S, 12.
(trner : was macht dein herr, dasz er sich so verschanzer?
wil er nicht einmal ins feld ziehen? ich möchte ihn gern
einmal auf einer grünen heide sehen. Schuppics 809; denn
auf der heide wird die feldschlacht geschlagen, hier sammeln sich
die heere:
die hielten üf der beide, die ritter unverzaget.
Atpharts lod 114, 3;
der schönste tod auf dieser weit
ist, wer auf grüner heide fällt. R. Reisick lieder 23;
vgl. auch einen Iheil der belege oben unter grüner, breiter beide.
syiricImörHich : wanns den dieben kompt zum eid, und dem
wolf zur heid, so kommen sie beide darvon. Hemsch 695,24;
ähnlich bei Pistorius : wann es dem wolf zur heide und dem
dieb zum eide kommt, so haben sie gewonnen spiel, thes.
par. 8,27; auf grüner heide fischen. Scuottel 1116*.
Die bedeutung 1 tritt ferner noch in mancher der unten folgenden
Zusammensetzungen hervor ; s. heidehopfen, heidelerche, heidcn-
flachs, heidenlilie, heidenmeise, heidenelke, heidenelster,
heidenrose.
2) aus dem gegensalze, den heide zu den einem wohnhause
zunächst liegenden fruchttragenden grundstücken bildel, flieszt die
rnrstcliung eines nicht urbar zu machenden, unfruchtbaren landes;
diese Vorstellung musz zwar frühe entwickelt sein, worauf der alte
name heide für heidekraut {unten i) so wie die bedeutung des
ujs. hjed campus incuUus, locus desertus, tesqua, ericetum (Grei!«
2,1b) hinweist, kommt aber erst später zu gröszerer geltung ; in
Ober- wie in Kederdeutschland werden mit dem namen heide
ßache trockene landstrecken belegt, deren Untergrund Sandboden
iil, worauf eine dünne erdschicht liegt;
meilenlang einöde, nur heid und aschiger flugsand;
kaum em gezirp, kaum fern dürftiger schoucken geblöck.
freundlich ergosz ihr ürochen die kleine najad'; und am bächlein
hub sich, freundlich und klein, dieses bewirtende haus.
Voss 6, 311 {mit der Überschrift das haus
in der beide);
laut klirrt und klafft es, fi-ei vom koppcl,
durch kern und dorn, durch heid und Stoppel.
Borger 69'.
niederdeutsch vird in der reimenden formet heide unde weide
das fette grasland der trocknen heide gegenüber gestellt {die formet
erlangt aiuh den allgemeinen sinn alles zusammen, alles mit-
einander, hamburg. hey un wey Hichey 92); die heide macht
ihre bewohner (leiszig, und diente vordem mehr zur schaaf-
und bieneuzucbl, als jetzt. Müser osn. gach. l,9i. am bekann-
tesleii und ausgedehntesten üi unter solchen landslrecken die Liine-
burger heide: also das es forthin da weder holz noch rosz-
mucken hat, sonder die ganze gegene ist seither zu einer
feinen ebene worden, wie die Lunenburger heid. Garj. 14"';
in zwei und dreiszik stunden
reit er auf Cassel zu
wol über die lünneburgischen beiden.
L'hlasb volksl. 550;
sie dient manigfach als bild für dürres, ödes : in der Lüneburger
heide des geschäftlebens. J. P.vcl kl. büchersckau 1, 19 ; das
gesiebt {einer frau) nur ein mund zwischen zwei obren, die
brüst trostlos öde, wie die Lüneburger heide. H. Hei:*e 1,13.
Luther braucht so heide für ödes land: David war in der
wüsten Siph, in der heide. iSam. 23, 15; gieng hin zu David
in die heide. v. 16 ; ist nicht David bei uns verborgen in der
bürg in der heide auf dem hügel Hachila, der zur rechten
iigt an der wüsten? v. 19; wie der lew das wüd friszt in
der heide. Sir. 13, 23 ; «/. heyde, ericelum, locus cofiosus erica
Kilian; dichter nennen sie dürre, wilde, wüste heide:
auf dürrer haid such ich mein waid.
Ublatcd volksl. 395;
auf wilder heid such in mein weid. 396;
in Wüstung und auf wilder bayd.
SCHWAKZESBEBG 156';
allbier in dieser wüsten heid
ist gar kein mensch nicht weil und breit. Opitz 2, 201;
wo du {teufet) was künftig ofl erklärt,
in einer jungfraun eingeweide,
die durch des eignen vaters schwerdt
geopfert in der wüsten heide. Ä. Gryphids 169S 1,60;
wenn der ermattete Jäger, vom mittagsstrale getroffen,
durch die brennenden haiden und weiten hauungen wandert;
wie erquickt dann sein durstiges herz nicht die schatiichie wiese.
Zachariä tagesteiten (1757) s. 49;
warum
verweilet ihr auf dieser dürren heide
durch solch prophetisch grOszen unsern zug?
Schiller Macbeth l, 5, nach.-
why
upon this blasted heath you stop cur way
with such prophetic greeting?;
ich sag es dir: ein kerl, der speculin,
ist wie ein thier, auf dürrer heide
von einem bösen geist im kreis herum geführt,
und rings umher liegt schöne grüne weide. Göthe 12,91;
bedenk ich dann, wie manches jähr
sich schon mein sinn erschlieszet,
wie er, wo dürre heide war,
nur freudenquell genieszet. 2, 191.
der landschaßliche reiz der heide trtrd erst seit dem bekannt-
werden der gesänge Ossians geschildert: Ossian hat in meinem
herzen den Homer verdrängt, welch eine weit, in die der
herrliche mich führt ! zu wandern über die heide, umsaust
vom Sturmwinde, der in dampfenden nebeln die geister der
Väter, im dänmiernden lichte des mondes hinführt. Götbe
16, 126.
3) beide für wald in den norddeutschen bezirken, fuszt auf der
bedeutung 2, es ist gewöhnlich der mit nadelholz bestandene heide-
boden: heide heiszet eigentlich ein groszer wilder mit tangel-
oder schwarzem holze bewachsener wald. öcon. lex. (1731) 9S7;
heide, lucus, sylva, sallus Steisbach 1,722; heide waldigles
land zur wildbahn und zum holzfällen Schütze 2, 126 ; so heiszen
in der Mark alle wälder beiden, bei Halle a. S. ein ausgedehnter
nadelwald, der auch laubholz enthält, die Dölauer heide, bei
Düben in der preusz. provinz Sachen liegt die Dübener, oder
dübische heide; doch sint dri heide binnen Sachsen, di den
wilden tieren nede geworcht ist bi kunges banne, sunder
beren unde wolfen und vuchsen; da5 beigen banvorste. dag
eine ist die heide zu Kovne; da; andere der Harcz; daj
dirte die Magetheide. Sachsensp. 2, 61, § 2. Schiller nimmt
heide für bergwald:
so stürzt der weiterbach
sich rauschend nieder von des berges beide.
Zerstörung von Troja 54;
so, wenn der pdüger schaar auf hoher bergesheide
der äite mörderische schneide
auf den bejahrten stamm der wilden esche löckt. 107;
zerreiszt der erde brüllend eingeweide
und zieht den eiehbaum von des berges beide. Dido 89;
jetzt liebt sie noch, zu wohnen auf den bergen,
und von der freien heide fürchtet sie
herabzusteigen in das niedre dach
der menschen. Jungfrau, protog, 8. auflr. ;
ofl vernahm sie {die stimme des lüfthorns) mein obr mit freudea
auf des hochlands bergigten beiden,
weuu die tobende Jagd erscholl. 3J. Stuart 3, 1.
799
HEIDE
HEIDE
800
4) beide als name mehrerer pflanzen, dieaufheidcbodentcacbsen.
a) die erica, schon ahd. heida Ihymus, myrice Graff4,S09;
mW. beide Lexer vihd. üb. 1,1207; beid, ein kraut, erice,
sisara, tamarix Maaler 215*; in Baiern die bald und der hoiden
ScHMELLER 2, 150 ; 7i/. bcjdc, l. heydkruyd erica, brya silvestris
Kilian; nd. heie erica Scuambach '?'; auch nicderrhein. hey
vierica Dief. 35S* (15. jahrh.); der wird sein, wie die beide in
der wüsten (i'arai a>s tj nyQiofiv^ixT] iv rrj iQrjfiCü septuag.)
ier. 1", 6, vergl. 48, 6 ; wer bayd im wald mebet oder mit
eisern reeben oder kreuln rechet, der ist verfallen zwei pfund
neuer heller, marggr. nürnb. waldordnung Diij*.
b) beide oder beiden als masc. sparlium scoparium, pfriemen-
kraut. ScHN. 2, 151.
c) empelrum nigrum, die beide mit schwarzen beeren. Nem-
NICB 2, 1486.
d) ledum pahislre, weisze beide, hartheide. Nemsich 3,357.
e) beide, buchweizen: bucbweitzen, oder, wie man ihn im
südlichen Deutschland allgemein nennt, die beide. Sartori
neueste reise durch Öslerreich (1812) 2,389. beide ül erst jüngere
form für das masc. beiden und beidenkorn, dessen name viel-
viehr mit beide, beiden paganus zusammenhangt.
5) beide, seeheide, benennung einer corallenarl, gorgonia
flacomus. •
HEIDE, m. paganus.
Das tcorl {in der ällern form beiden) ist ursprünglich ein
adjecliv zu beide {in der bedeulung l), nach der einführung des
chrislenthums dem lat. paganus, bewohner des platten landes und
gegenüber der christlichen lehre altgläubiger, nachgebildet, wie be-
reits Adelung ausgeführt hat; die nachbildung musz bei den-
jenigen deutschen stammen erfolgt sein, die nähere berührung mit
Rom, tind kenntnis der römischen kirchenväter, welche das wort
paganus in der zuletzt angeführten bedcutung seit dem 4. jahrh.
brauchen, halten, die Gothen richten sich beim ausdruch des begriffs
heide, heidnisch nach dem griechischen sprachgebrauche und geben
id'vixol durch })ai |)iud6 {Matlli. 5, 46. 6, 7), das adv. dd'vixm
durch Jjiudiskü {Gal. 2, 14) wieder; und nur einmal begegnet das
adj. bai|)ns in der schwachen femininform haij)n6 : vasu{)-J)an
s6 qinö hai})nö {rjv Se jj yvvrj 'EX).T;vis). Marc. 7, 26, wo
aber gefragt werden darf, ob das wort hier schon von Ulfilas
gebraucht ist oder nicht vielmehr erst aus der späteren aufenlhalts-
zeit der Gothen in Italien stammt, wo es von einem abschreiber
in den text gesetzt ward, allen deutschen stammen auszer den
Gothen ist das wort gemeinsam: ahd. beidan, mhd. beiden,
alls. bMin, ags. haeden, fries. bethin, bethen, altn. heidinn ;
und zwar zunächst immer in adjeäivisclier Verbindung : ahd. eno
ni tuont tba; beidan! man (nonne et ethnici hoc faciunt)t
Talian 32, 7 ;
atts. hwand he gehalöda mit thiu h6(Tina liudi,
werös an is willeon. Heliand 4169;
agt. genam ])ä I>one hxdenan mannan
faste be feaxe sinum. Judith 98;
mhd. dd der bädine man
so Terra warih gehörsam.
Haupts zeitschr. 3, 522, 129 (lli. jahrh.);
doch gehen die spuren substantivischen gebrauchs bis ins 8. jahrh.
hinauf: ahd. heidano, beidbeno lieide Graff 4,811; altn fr. Ihm
herelikere endi thia hötbinua {haerelicos et paganos). Werdener
psalmencomm. 68 ;
agt. svylc väs I)eäv hyra,
haeffenra hyht. bvövutf 179;
im mhd. ist der substantivische gebrauch des wertes bereits der
durcliaiu gewöhnliclie geworden; im nhd. Idszt sich dennoch eine
spur aöjectivischer fügung nachweisen:
wiwol er (liiob) was ain haiden man.
SCUWARZEMBERC 15Q*.
die form beiden, mit schUeszendem n im uominaliv, die im mhd.
wallet, hält sich zum theü noch bis ins 17. jalirhundert : beiden
paganus, gtntilis , elhnieus. roc. ine. theut. 12*; gentilu heuden
Dief. 260*; paganus beyden 40&';
wem (tedrt) ir von art ein beiden,
ir uiusient mich erbarmen. AtUwert 134, 1-,
darinn {in Britannien) sus sin künig, biesz Lucius, ain haiden.
deutsche ttüdtcchron. 4, 2%ü, 22; dieser (Nereus) wird auch für
das meer bcy den beydenen genommen. Omtz 1,3'J {sie klingt
noch jHzl im adjecliv bcideniscii, heidnisch nach); seil dem
15. jahrh. aber dringt das bestreben mehr und mehr durch, das
ichlutiende n de* worlei abzuwerfen und die dfclinationsvrrlullt-
niti« nach analogie von Jude, mit dem et häufig verbunden er-
scheint, zu regeln {vergl. auch die verkehrung von Christen tri
Christ thcil 2,620; jenes bestreben geht in seinen anfangen >a
frühe Zeiten zurück, schon ahd. ist dafür die Verkürzung des Oiij.
beidanise zu beidisc zeuge, im U.jalirh. begegnet der ortsnane
beidacker für heidenacker Mone urgesch. des bad. landes l, 221) :
gentilis beid Dief. 26o'; ein beid, ein ungloubiger. Keiskrs-
iiERC bilg. 7«'; da ward er wider ein heydt, wolt kein chiist
mehr sein. Frank chron. (1538) 46'; so aber jemand die seinen,
sonderlich seine bausgenossen, nicht versorget, der bat den
glauben verleugnet, und ist erger denn ein beide, ifim. 5, 8;
die form beide kann im 16. jahrh. als die allgemein übliche an-
gesehen werden.
Bedeulung.
1) in der bibelsprache des alten testamenls bildet beide den
gegensatz zu dem allein auserwähllen voUie , den Juden; da sich
in dieser beziehung die Christen als die nachfolger der Juden be-
trachten , so prägt sich nach dem neuen teslamente der gegensalz
der Christen und Juden gegen die beiden aus: denn wo ist
ein volk auf erden, wie dein volk Israel? .. welchs du dir
erlöset hast von Egypten, von den beiden und iren güttern.
2 Sam. 7,23; beissche von mir, so wil ich dir die beiden
zum erbe geben, und der weit ende zum eigenthum. ps. 2, 8;
er thut grosze zeichen und wunder unter den beiden, denn
er bat allezeit unterscheid gebalten, zwisschen seinem volk
und den beiden, stücke in Esther 9,6; wenn ir betet, soll ir
nicht viel plappern, wie die beiden, denn sie meinen, sie
werden erhöret, wenn sie viel wort machen, darumb solt ir
euch inen nicht gleichen, ewer vater weis, was ir bedürfet,
ehe denn ir in bittet. Malth. 6, 7 ; wurden mit uns eins, das
wir unter die beiden , sie aber unter die beschneitung pre-
digeten. Gal. 2, 9 ; auf das der segen Abrahe unter die beiden
kerne, in Christo Jhesu , und wir also den verheiszen geist
empfiengen, durch den glauben. 3,14. auf grund dieser bibli-
schen anschäuungen werden rücksichtlich des glaubens Juden,
Christen, beiden unterschieden:
kristen, Juden und die beiden
jehent daj diz ir erbe si. VValthkr 16,29;
im dienent kristen, Juden unde beiden,
der elliu lebenden wunder nert. 22, 16.
Mohamedaner sind den beiden ausdrücklich beigezählt, und oft
wird sogar unter beiden geradezu nur der sarazene gemeint:
sarracenus beydan, heyden Dief. 513"; verpot inen bei ver-
lierung der ritterschaft , das kainer under inen gesellscbaft,
frid, pact oder ainigung mit den tnrken, saracenen oder
baiden machen oder aufrichten solt. Zimm. diron. 1,478,2;
aufs ander jar kommen die beiden. Garg.26*;
einen wartman er haiden sacb,
itl der beiden ber aldar geritn.
dane wart tjostieren niht vermitn . . .
dö muost ein sölich tjost geschehen,
des der Franzoys und der Sarnzin
beide geprisel müejen sin. Wolfriii Willeh. 333,17-,
das sag wir euch, wir türkischer beiden (spricht der tiiikischc
kiiiser). fasln, sp. 3U3, 4 ;
denn schon sind alle beiden aut dem zuge,
des sultans machtgc flotte ist gelandet.
TiKCK kaiser Uctavian s. 241;
doch werden auch, und im neuem Sprachgebrauch gewöhnlich, die
bekenner des islams als monotheisten von den heiden abgeholnn :
in solcher weis wurden {würden) alle mcntschen letsllich, es
weren gleich Juden , baiden , turken oder Christen seeiig,
niemands uszgenommcn. Zimm. chron. 3, 302, 28 ;
allerhöchster rex, allcrmtichti^stur imncrator,
und aller türken, seraphei, beiden guLcrnator.
fiisln. sp. 301, 13;
kein türk, tyrann noch heide
CS örger machen künnt. Opxl u. Court 218, 6.
2) abgesehen von diesem unterschied zwischen den drei religioncn
heiszl beide im mhd. jeder, der noch nicht oder nicht mehr den
orthodoxen glauben an Christum hegt:
ein heiden was der irste man
den got niarbfii hogan.
DU Relouht ilu;; Kllas unde Enoch
fOr lieiileii Nim hcholtcii noch.
liöA oucb eil) bciilrii was,
der in der arkiMi gniias.
Jop liir wAr uln huidcii hieit,
di'ii gut dar iiiiihu niht vpi>iir|;.
nii iiPiiil oiich drier kiiiiogo war,
diT hflitnl ciiior Ka.ipnr,
Mrlcliiur uml llalthas:'iii :
die mucio wir lür beiden hdu.
WoLFBAi Willehatm 307, i ff. ,
801
HEIDE
HEIDE — HEIDELATTICH
802
dalier heiszen lieiden auch die Völker des classischen alterthums:
die alten haiden (die Griechen). Mecenberg 312, l ; es ist auch
meins erachtens die recht, grundtlich warhait, wie sollichs
auch vor vil jaren die gclerten und erfarnen heiden gehalten
uml der poet Martiaiis ein soliichs guet leben auch beschreibt.
Zirnm. cliron. 3,479,32;
Sarkophagen und urnen verzierte der beide mit leben,
faunen taiiz«n umher, mit der bacchantinnen chor
machen sie bunte reihe. Göthe 1,347;
ferner die noch unficlauften kinder ; so sagt der bairische bauer
zum Pfarrer : mach mer aus n häden en Christen , «renn er
ihm ein kind zum laufen bringt. Schm. 2, 151 ;
getoufl wib den heiden treit,
swic dej liiot der touf hab umbeleit.
Wolfram WiUehalm 307,21;
endlich auch die Merodoitn angehörigen der christlichen gemeine:
swelch kristen kristentuomes gibt
an werten und an werken nibt,
der ist wo) balp ein heiden. Waither 7, 13;
nicht diesen heiden [den Schweden) überliefrc dich,
die krieg mit unsrer beiigen kircbe füliren.
Schiller Wullenslcins tod 5,5;
so spilzl sich der gegensatz zu zwischen Christen (gläubigen) und
heiden (ungläubigen) : er lebt wie ein beide, expers est oninis
religionis, atheus est. Stieler St7; heyde, ungläubiger, a sacris
chiistianis alienus {neben elhnicus, gentilis) Hederich 12S2; wie
gott recht zu ehren sei, ist den beiden unbewusi, uns Christen
aher geofifenbaret. Löh.veys regicrkunsl (1679) 4*; nein! aus
diesem Wirrwarr helfe sich ein christ, dem heiden ist das
rathsel zu spitzig. Scuiller Ficsko 3,7;
du bist noch ein heiden
mit zouberlicbcn listen,
und er ein reiner kristen. Barlaam 278, 12;
er war ein beid, ihr schien des glaubens licht.
Alxingeb Dootin 4, 1 ;
und gegenüber den glaubenserleuehleten ekristen heiszen die heiden
blind:
Homerus selbst, obwohl ein Winder beide. 7, 49.
leule die sich von christlicher anscfiauung entfernt und der an-
schauung des classischen alterthums genähert haben, erfahren die
hiei- golind tadelnde bezeichnung heiden: der grosze beide ist
nämlich der name, den man in Deutschland dem Göthe bei-
legt. H. Heine 5, 228.
3) nacA dem ersten erscheinen der zigeuner im iö. Jahrhundert
wurden dieselben heiden genannt:
beschlüsz den spiclier und duo die büener in, ...
dan die heiden sind in dem land. fastn. sp. 821,26;
diser zeginer oder heit,
er kan mir geben rechten bscheit. 823, 9.
noch heute haben «c mundartlich den namen behalten : in der
Schweiz heid zigeuner Stalder 2,30; ebenso beide im Elsasz
Fromm. 3, 4S3; und in Tirol Fromm. 6,373; n/. heyd-lieden,
leugitani, nubiani, ringari, assyrii, cilices, aegyptii, et id genus
hominum vilissimum, utriusque sexus, incerlis sedUius vagabundum,
in omnes orbis partes diffusum, mendicatione, dtiromantia et furtis
clandestinis se cxercens. Kilias; daher im heutigen hoWindisch
heiden , fem. heidin und heidinne gleichbedeutend mit land-
streicher; vergl. auch beidenvolk.
4) auch herumzieitende kaußeute maurischer und sicilisdier heimat
hieszen in Deutschland heiden : also sagt man auch und findt
geschriben, das ainest ain inwoner zu Marie, unfer von
Siraszburg, ain holen, groszen stein in seinem Weingarten
gefunden {geffdtt mit einer materie die kupßr in gold verwan-
delt) ... wie er nun das nit gekennt oder geachtet, auch
weiter zu Straszburg bei den goldschmiden , die gleicbfals
seinen geprauch nit gewisst oder verstanden, erkundiget, was
es doch seie, do hab ers doch zu letst gegen aim haiden
umb sechzig mark silhers verkauft. Zimm. chron. 4, 235, 24.
5) sprichwörtlich: er schwöret und fluchet wie ein hayd.
D(5ez 38; da fuhr ihn der amtsschreiber wie ein betrunkener
beide an. Hebkl 2 (1353) s. 240; denn mit dem heiden ver-
bindet sich die Vorstellung des wilden, schrecklichen und bösen
{vgl. au€fi heidenbeesl, heidenbrosl und vorzüglich heidnisch 3):
dann wer ich ain wilder haid,
ir sollt euch mein erbarmen.
Zimmer, chron. 4,315,33;
der wilde beide flog voraus, erbittert.
Gries Tasso 3, 34 ;
nnd mehr, mehr als den tod, dräut mir ein böser beide.
Alxi5GB> Dootin 3, 7;
JV. H.
er riefs mii einer miene
und einem blick, der beiden zur gebühr
genölbigt hält. Wikla«d 22, 2'.> (Oberon l,45)i
und auch die wilden riesen der sagen werden als heiden be-
zeichnet :
wie ihn der beide siebet,
schreit er ihn grimmig an.
s. 114 (Oft. 3, 31, vorher riese).
6) beide als erstes glied von composilen dient in der spradie
des gemeinen Icbens als Verstärkung, vergl. beidenangsl, heiden-
geld, beidenmäszig u. a. die Vorstellung des sdirccMichen, Un-
geheuern , die sich an beide knüpß {vergl. unter 5) wendet sich
zu der in hohem grade, überaus, ähnlich wie z.b. bei fürchter-
lich Iheil 4, 1 sp. 706.
HEIDE, f. hochdeutsche form für hede, stuppa, s. sp. 750.
HEIDEBEREITER, m. berittener forslaufseher {nach beide 3
(.«;>. 79S). y. heidereiter.
HEIDEBESEN, m. besen von heidekraut.
HEIDEBIEiNE , f. biene die ihren honig aus dem heidekraute
einsammelt. Jacobssos 2, 248*.
HEIDEBIE.NKR.\UT , n. ledum paluslre, eine heidepflanze.
Nemxich 3, 357.
HEIDEBÖCKCHEN, n. häufen von abgemähtem heidekorn, auf
dem felde lagernd, damit die körner besser trocknen, in Ober-
sachsen. Adelüsg.
HEIDEBODE.N. «i. trockner boden der beide (2 sp. 797).
HEIDEBRAND, m. brand einer beide oder eines nadelwaldes.
HEIDEBUSCH, m. buscIJiolz das auf der beide {2 sp. 797)
wächst.
HEIDECHSE, f. für eidechse, vergl. theil 3,83: eydechs,
eglesz oder heydechs. Enceliüs de re metallica 219; wo ihr
euch schon besser verbürget, als eine heidechse. Harniscli 51.
HEIDECKERiN, n. tormenlilla: inn Sachsen wirdt die tor-
mentiil beideckern genannt. Tabernaem. kräuterb. (I5SS) 447.
nd. heideckere, tormenlilla erecia Schamb. 77*. s. eckein 3,24.
HEIDEDEICH . m. kleiner niedriger dämm , in unfruchtbaren
gegenden angelegt, dasz das aus ihnen herab flieszende wasser da-
selbst stehen bleibe und sich verliere, nicht aber die frvcfitbaren
gegenden verderbe. Jacobssojj 2, 248*.
HEIDEDROSSEL,/! turdus iliacus. Nemmch 4, 1809; beide-,
pfeif-, bcrg- oder zippdroszel, turdus minor Stieler 329.
HEIDEENTE, f. anas mediocris. Nemnich.
HEIDEERDE, f. humus pauperata, weniger fruchtbar und leiditer
als. gartcnerdc. Jacobsson 6, 63*.
HEIDEFENCH, m. polygonum fagopyrum, heidenkorn, buch-
weizen. Nem.nich 4, 1029. 5. beidel, beidelpfennig und heiden-
korn.
HEIDEFLECHTE, f.: liehen encetorum, die weisze heidc-
flechtc. Nem.mch 3, 396.
HEIDEFUTTER , n. futler, welches auf dürren unfrudübaren
heiden wächst.
HEIDEGRAS, n. üdiea islandicus.
HEIDEGßÜTZE, f. grütze von heidenkorn: andere .. nehmen
wienerischen oder andern griesz, gcrsten- oder heydegrütze
{zu brei für kinder). Ettner hebamme 825. die bessere form
beidengrütze ist nicht zu belegen.
HEIDEHONIG, m. honig von Mdebienen.
HEIDEHOPFE.N, ni. humulus lupulus, wilder hopfen, wie er
auf der flur (beide 1 sp. 795) wächst. Nemrich 3, 183.
HEIDEKNECHT, m. geringer forstbedienter, vgl heideläufer.
HEIDEKOLK, m. sumpflodi in einer beide:
fort grasen sie {die rinder) bis zu dem baidekolke.
AnsKTTE V. Droste ged. 43.
vergl. kolk theil 5, 1613.
HEIDEKORN, n. polygonum fagopynim, buchweizen. s. liei-
denkorn.
HEIDEKRAUT, n. erica vulgaris; merica heidecrawt, beide-
krut DiEF. 358*.
HEIDEKRESSE, f. iberis nudicaulis. Nemmch 3,213.
HEIDEL , m. polygonum fagopyrum , der buchwäzen, heiden-
korn: panicnm heydel Dief. 409*; panicum butzenwcizcn. heydel
GoLii onomast. (1582)379; trägt nit der sand umb Nürnberg
dest mehr heydel, je mehr beydelfresser da aufslebn ? Garg. 65*.
spridncörtlich : er ist in den haidel gehupft, se ipse indicavit.
Serz 6l'. vergl. heiden und heidenkorn.
HEIDELAND, n. nach beide 2 «p. 797:
und rings statt duftger gärten ein ödes beideland.
UoLAno ged. 392.
HEIDELATTICH, m. lactuca perennis, blauer heidelatticb.
Nemnicd 3, 309.
51
803
HEIDELÄUFER — HElDEx\
HEIDEN — HEIDENGOTT
804
HEIDELÄDFER, m. niederer forslbedieiiter {nacli beide 3, spalte
■398), der sein waldreiuer uiilersiuheiid begehl, in !\orddeulschland.
HEIDELBEERE, f., früher n., die jütujere form von heid-
beere (sj). 795), aus heiden-beere (die auf der heide wäclisl)
eutslanden, uic mhd. oiigen-weide sich in ougel-weide verderbt,
rergl. grainm. 2, 540, und heidelkorn für beidenkorn unten,
die form kann seit dem u.jaJtrh. nachgewiesen werden:
der pfalTe nxra ein heidelber
für sin opfer in disen noeten. Renner 8922.
der name giit
1) von der schwaribeere und ihrem Strauche, vaccinium myr-
lillus. Nem.mch 4, 1537 ; heidelbere vacäniuni, vulg. scbwarzber
voc.inc.theul.ii*; weil wir nicbls als piize und heidelbeeren
zu essen halten. Schweimcben 1,352; ihr (einer zigeunerin)
hemt war schneeweis, . . woraus sie hervor schiene wie eine
heidelbeer in einer milch. Simpl. 3,108 Kurz; man bereitet
ein mahl von hundßeisch in bärentalg gesotten mit heidel-
beeren, wobei jeder tapfer zulangen musz. Lichtenberg 5
(1803) s. 138;
ich suchte heidelbeeren
in dieses thals gebüsch. Voss 2, 246.
2) auch von der brombeere: moradumi, moradumum , mora-
dium heidelber, heidelper Dief. 192'; heidelber, ru/g. braniber,
moradumi, est fruclus niger crescens in dumis. voc. ine. theul. i 2*.
3) rott andern ähnliehen pflanzen : vaccinium vilis idaea die
Preiselbeere, rolhe heidelbeere Nemnicu 4,1540; vaccinium
utiginosum, moosheidelbeere, grosze heidelbeere 1539 ; arbutus
uva ursi, mehlbeere, spanische heidelbeere 1, 412; royena glabra,
africanische heidelbeere 5, 238.
HEIDELBEERBAUM, m. vaccinium arcloslaphylos. Nemnicu.
HE1DELBEERK.\MM, m. kämm um die heidelbeeren von ihren
sträuchern abzustreifen, öcon. lex. (1731) 991.
HEIDELBEERMYRTE, f. myrica gale. Nemnich 3, 6S9.
HEIDELBEERSTAUDE, f.: dumus, dilinus heidelberstud
DiEF. 19.J'; heidelbereslauden myrlelum Maaler 220'.
HEIDELBEERSTRAüCH, m. an dem die heidelbeeren wachsen.
HEIDELBLATT, m. woi blalt des heidelbeerslrauchs : man
nimpt dürre niyrlhcn oder heidelhlälter. Uffenbach neues ross-
buch (1003) 2, 22C. vgl. unten heidelstaude für heidelbeerslaude.
HEIDELBLU.ME, /". gnaphalium arenarium, gelbes ruhrkraul,
gelbe Strohblume.
HEIDELBREI, m. brei aus heidel, buchweizcn : bair. haiden-
brein, brei oder griitze von heidekorn. Sciim. 2,151; gries, gersten,
baberkorn, hirs und heidenprein. Hohberg 1,194*; was soll
man . . . mit viel häberen hechten , gsathaber, graupen und
heidelbrei den magen verwollstopfen. Garg. 45';
nichts gessen denn ein hcidelprel.
H. Sachs 2,4, 13';
uns beed ein kesz und brot woi kleckt,
etwan darzu ein heidelbrei.
J. Atrk» 275« (1374, 34 Keller).
davon: gumpostsieder, abergläubische mörleut, heidelbrei-
fressige Iretler. Fischart groszm. 94.
HEIDELERUHE, f. alauda arborca , auch alauda campestris
und crmtala. ^"esinich 1,139.142.143; bei Stieler 1147 beidel-
lercbe, sanglerche, alauda campestiis, vel canora;
dürft ich mit der schwalbe ziehen,
mit der heidelerche fliehen.
Kotzebu« drarn. spiele 2, 250.
tprichwörtlich singea wie eine heidelerche; singt sie nicht artig,
frau nachbarinn, wahrhaftig, wie eine heidelerche su schön!
C. F. WiiszE kom. opern 2, 130 (tust, tchtister 1, l.t).
HEIDELFRESSER, m. Garg. 65*. s. die ttelle unter heidel
sp. 802.
HEIDELGRIES, m. gries aus heidel, buchweizen,
HEIDELHAHiN, m. tetrao tetrix, der birkhahn.
HEIDELKORN, n. buchunzen : cirrr heidelkorn DiEF. 117*.
f. heidenknrn.
HEIDELKHAUT.
HEIDELFFE.NMt, , m. pamanii uniiciim , uelacher pfennig,
wfUchrr hirsen. Nejij<ich 4,840; heidclfench, hcidelpennich
pafucum Dief. iw*. veiyl. heidcfench.
HEIDELSTAl DE, f für hcideibeerstDudc. Schm. 2,151.
HEIDELVVINDE, f. potygonum convulrulus. wildes hndckorn,
Nkm.iich 4, 102«.
HEIDEN, m. paganut, t. heide.
HEIDEN, ni. i) ptlygonum fagupyrum, buchuenen, hadenkorn,
die form beiden iW wo/ nichste kürtung aus beidenkorn, t.d.;
iie tfrandfrl tich zu heidel (»p. 902) und mit anlehnung an beide
ericetum, tesqua zu heide (sp. 799). das wort ist dem hair.
Sprachgebiete ägen : haiden und haidel Schm. 2, 151 ; in Kärnten
baden Lkxer 137; sa. (summa) des heidens und der kuchen-
speis 26Va sunier. städtechron. 2, 319, 27.
2) gcnista pilosa , der harige giiister, klein beiden. Nem-
MCH 3, 31.
HEIDEN, »I. schmale lange axt der zimmerleute , in Baiern
ScuH. 2, 151; Kärnten Lexer 131 und Tirol Fromm. 5,445; man
unterscheidet die haiden nach ihrer form in schwäbische,
halbschwäbische und deutsche. Schm. a. a. o.
HEIDEN, rerb. für heien, schützen, hegen: die hölzer werden,
so viel miigiich , verfriedet , und vor dem geisz-viehe ver-
wahret, die jungen bolzungen ebenmäszig woi gehcidet. Hoh-
berg 1, 79'.
HEIDENA.NGST, /". übermäszige angst (nach heide G sp.hOi):
er hat eine heidenangst vor dem tode.
HEIDENANGST, adj.: mir ist heidenangst.
HEIDENARTIG, adv.: ein kind heidenartig aufwachsen
lassen. A. Lafontaine der nalurmensch (1801) s. 130.
HEIDENAUGE, n..-
so steinern ist so gar ein heidenauge nicht,
dasz es soluli einem leid der thränen zoll versagte.
Alxinger Doolin 4, 24.
HEIDENBEEST, n. Schimpfwort für einen menschen, der utld
in den lag hinein lebt (vergl. heide 5 s/j. 801). Schütze 2,126;
hcidenbchst. Hermes Soph. reisen 0, 433.
HEIDEN BEKEHRER, w. der den Iwiden das evani)elium ver-
kündet, missionar. fem. heidenbekehrerin: wollt ihr durch
nuisen die religion, wie Sokiates die philosophie, von ihrem
himmel auf die erde bringen und pflanzen: so eifert jenem
nuister nach, näiniich Herdern! oder einem Klopslock, oder
überhaupt den dichtem älterer zeiten. solche musen allein
können die heidenbekehrerinnen so vieler groszen werden.
J. Paul dämmerungeu 142.
HEIDENBILD, n. sculplilia gentium idololatrica. Stieler 14-5.
HEIDENBLÜMLEIN, n. daphne cneorum. um München. Schm.
2,151.
HEIDENBREIN, m. brei und grülze von Iteidtkorn; auch das
heidekorn seihst; bairisch. s. heidelbrei.
HEIDENBRUST, f., nach heide 5 sp. 801 :
das mädcben seiner lieb und tust
in angst und pein zu sehn,
ist von der ärgsten heidenbrust
wohl schwerlich auszustchn. ÜBrcer 103'.
HEIDENCHRIST, m. : die Christen der ältesten kirche waren
Judenchristen oder heidenchristen (j'c nachdem sie geborene Juden
oder heidrn waren).
HEIDENCHRISTLICH, adj.: weder judenchristliche, noch
heidenchristliche färbung sei in dem hirtcn wahrzunehmen.
Hauck theol. Jahresbericht, 2. Jahrg., s. 544.
HEIDENDAMPF, m. evaporatio campestris. Stieler 276. woi
für heidumpf; vergl. unten heidenrauch und beiderauch.
HEIDENDRECK, m. /itjxojiiov, der erste auswarf neuge-
borener kinder, kindcspech, erbkot.
HEIDENELKE, f. dianthus delloides , kriediende feldnelke.
Nemnich 2, 1404.
HEIDENELSTER, f coracias garrula, mandelkrähe.
HEIDENFEIND, m.:
ein jünger sankt Basils, ein groszcr heidenfeind.
WiKLAND 22, 262 (Oberun 6, 27).
vergl. heidcnhasser.
IlEIDKNFELD, n. ericetum. Stieler 464.
HF^IDENFLACHS, fn. antirrhinum linaria, flachskratU. Nemnich
1, 359.
HEIDENFRAU, f. heidnisches weih. Happel aead. rom. 1 1.
in bexug auf die frau Venus des Tannhäusrrliedes : ixt also dieser
alte dichter so frei und grosz gesinnt , dasz er auch noch
die rückkehr zur heidenfrau für verzeihlich hält? Freytac
handschr. 2, 19.'>.
HEIDEN(;ELI), n. 1) grld welfhes für das betreiben der feldtr
mit dem viehe entrielitel wird, tnßgeld. Adelung.
2) (nach beide 0 .</). 802), übermässig nW geld: ein haiden-
geid, sehr viel geld Scnii. 2,161; er verbraucht ein heiden-
geld, wahre iinsummen.
HEIDENGLAUBE, m. genlilimu$. Stiele« 6«5.
HEIDEN(;()TT, m. deus falstu:
kein licidongol noch götlln. Wickhirlin 677;
(la«z •lertdiche bei den allen hcidengOttcro im innern der
berge weilen. Freytac handschr. 2, 100.
805
HEffiENGR AB — HEIPENKCNST
HEIDE>XAND — HEIDENSCHAFT
806
HEIDENGRÄB, n. tuniulus pagani. so heiszen dem volke die
grablu'igel allgermanisclien Ursprungs, in SüddeulscMand auch die
römischen grabslätlen. ■ der name ist alt, sclion im capit. Pader-
brunnense 22 steht die latänische Umschreibung: jubemus ut
Corpora christianorum Saxanorum aJ cimiteria ecclesiae defe-
rantur, et non ad tumulus paganorum. Pertz mon. 3,49, und
begegnet auch als Ortsname: zen heidengrebern (von 1392). im
Brand zen haidengrebern {von 1475). Mone urgesch. des bad.
landes 1. 215.
HEIDENGRAUPEX, /". plur. cremor panici. Stieler 69S,
graupen aus heidenkorn gefertigt.
HEIDE.NHAAR, n. gfuOhnlich im plur. heidenhaare, die haare
die die kinder vüt auf die weit bringen, nach der dhnlichkeü auch
die federn junger tauben, so lange sie haaren gleichen.
HEIDE.NHASSER, m.:
der mächtige Circasser
blieb selbst nicht sicher vor dem heidenhasser.
Gries Tusso 3, 44.
s. heidenfeind.
HEIDENHAUT, f. unreinigkeit, die neugeborene kinder auf den
köpfen mit zur irell bringen und die sich nachher in geslall einer
rinde oder hatit löst. Adelung.
HEIDEAHO.MG, HEIDEHOMG. m. honig den die bienen von
den heidepflanzen einsammeln ; heidhonig J.acobsson 2, 24&'.
auch die hauptsächlich den heidehonig gebende erica heiszt so:
ha! ein dunkler, romantischer hain voll rissiger eichen,
heidenhonig und ginst und Wespennester und hirschbrunst.
Schmidt v. Wermeochbn ged. 121.
HEIDEMSCH, adj. s. heidnisch.
HEIDE.MSOP, m. cistus helianthemum , erdepheu. Nehnich
2,1031. s. heidenschmuck.
HEIDE.NKI.ND, n. heidnisches kind, mhd. heiden-kint:
dir anlasz geben, dasz du gern von neun
und durchs ganze leben wirst des herren sein:
denn wenn heidenkinder ihn gern lieb wolln kriegen,
Solls euch wohl nicht minder am herzen liegen,
die ihr winzig kleine schon dem herrn geweiht
und bei der gemeine in der pflege seid. Göihb 4", 109.
HEIDENKIRCHE, f. gotteshaus der heiden : (Lysias) zog wider
die jiiden, der meinung, das er heiden in die stad setzen,
und den tempel zu seinem jerlichen nutz braueben wolt, wie
ander heidenkirchen, und das priesterthum jerlich verleihen.
2 Macc. 11. 3.
HEIDENKLANG, m. heidnischer klang:
fort heidenklang! verklinge!
verkling uraltes weh !
komm, Christenlerche, singe
ein lied aus höhrer höh. Arndt ged. (1S40) 579.
HEIDENKORN, n. 1) pdygonum fagopyrum, huchtceizen, In-
licum saiacenicum, franz. ble sarrasin, alt bied turchique, bühm.
pohanka {von pohan paganus) und talarka, auch ehstn. tattar,
ftnn. tattarwehna. alle diese namen deuten auf die einführung
dieses gelreides aus südüsllichen gegenden hin, vgl. auch die aus-
führungen bei Schm. 2,151. vihd. heidenkorn; cicer heiden-
korn DiEP. 117"; nierfia heidenkorn 353"; heidenkorn, ocj/mum
Alberus SS 8*; panicuvx, sei das recht heidenkorn sein, das.;
an heidenkorn und kuchenspeis 29 sumer. deutsche städlechron.
2, 318, 24. die form schwankt manigfach in heidelkorn {s. d.)
und heidekorn, jetzt die gewöhnliche: heidekorn Schnorr kunst-
haus- u. wunderbuch (1644) s. 228 unter den pflanzen des juni;
um Ingpruck bauen sie viel türkisch- und haidekorn, das sie
blende nennen. Göthe 27,22; ich glaube die Ursache dieses
krankhaften zustandes in dem häufigen gebrauch des tür-
kischen und haidekorns zu flnden. .«. 55; buchweizen (fago-
pyrum esculentura), auch heidekorn, haden, blende, griken
genannt. Masids lesebudt 2 (3. aufl.) s. 3. g^ürzt sind die formen
heiden, heidel {sp. 802. S03) und endlieh beide, mit verän-
dertem geschlecht, sp. 799.
2) polygonum conruhulus, wildes heidekorn. Nehnicq 4,1029.
HEIDENKOST, f barbarorum cibus:
und heidenkost strömt neuen segen
auf länder. ThEmmel 3, 30.
HEIDENKOTH, m. fit^xciriof. rergl. heidendreck.
HEIDENKUNST, f. kunsl der heidniscJten {arabischen) aslrologen :
eim kristen menschen nit zfl stat
das er mit heiden kunst umh gat,
und merk ulT der planetcn louf,
ob dvser tag sy gfit zöra koul,
zQ buwen, krieg, machung der ee,
ifl fräntschaft und des glrchen me.
DiiA:«T narremch. 65, 22.
HEIDENLA.ND, 11. land der heiden, mhd. heidenlant Lexer
1, 1208 : und kämen die meisten aus heidenländern, wo man
kinder fresse und ander lüt. J. Gotthelf crzäldungen 4,18;
schlimm genug, dasz in den heidenlanden
die schöne spräche von Ok was unerhörtes war.
\ViEi.A>D 22, 10 (Öfteren 1, 12!.
HEIDENL.ÄRM, m. überaus grosser lärm: die kinder machten
einen heidenlärm.
HEIDENLASTER, n. peccata gentilium. Stieler 1059.
HEIDENLEBEN, n. gentilismus, paganismus. Stieler 1098.
jetzt mit tadelndem sinne {nach beide 5 sp. SOI): er führt ein
heidenleben, lebt wild und in den tag hinein;
das schreibt -sich her von euern lästern und sünden,
von dem gräuel und heidenleben,
dem sich officier und Soldaten ergeben.
Schiller Waltensteins lager, 8. aufir.
HEIDENLILIE, f. UHum martagon, feldlilie. auch umgedeutet
in heidnische lilie.
HEIDENMANN, wi. ; nicht ziemts einer cbristenfrau, einen
heidenmann zu nehmen. Grimm deutsche sagen 2, no. 430.
HEIDENMÄSZIG, adv. l) nach ort eines heiden : heidenmäszig
leben.
2) als verstärkendes adv. {vgl. beide 6 sp. 802), überaus, höchst:
wir haben heidenmäszig viel geld.
HEIDE.NMEISE, f. parus crislatus, haubenmeise. Nem.x. 4, 868.
HEIDENNATüR, f : der grosze beide ist nämlich der name,
den man in Deutschland dem Götbe beilegt, doch ist dieser
name nicht ganz passend, das heidenthum des Göthe ist
wunderbar modernisiert, seine starke heidennatur bekundet
sich in dem klaren , scharfen auffassen aller äuszeren er-
scbeinungen, aller färben und gestallen; aber das christen-
thum hat ihn zu gleicher zeit mit einer tieferen Verständnis
begabt. H. Heixe 5,228.
HEIDENPOET, m.:
ein dorfpredikant,
der vom alten Homer im vorbeigehn etwa gehört bat,
dasz der heidenpoet Satanas küche bewohnt. Voss 3, 143.
HEIDENRAUCH, m. wol umgedeutet aus heiraucb, vgl. beim
adj. hei sp. 794: in diesem monat war eine Zeitlang grosze
hitze und dürrunge, im felde war es allenthalben wie heiden -
rauch anzusehen. V. Rcdolph zeitbüchlein {Erfurt 1586) Mij'.
s. auch heiderauch.
HEIDE.NREICH, n. heidnisches reich, land der heiden: paga-
nisvius haidenreich Dief. 405*.
HEIDENREICH, m. Ihlaspi arrense und campestre, bauemsenf;
wol nur verderbung von bederich sp. 751. dieselbe verderbung
scheint aucli zu walten in
HEIDENRETTICH, m. raphanus raphanistrum und tlüaspt
campestre. Nemnicb.
HEIDENRIEGEL, m..-
manch Brockenstückchen wäre durchzuproben,
doch heidenriegel find ich vorgeschoben.
das Griechenvolk es taugte nie reeht Tiel! Göthb 41,110.
HEIDENROSE. f. rosa canina, heckenrose, feldrose.
HEIDENRÖSLEIN, n. dim. zum vorigen, es ist die Über-
schrift zum Hede
sah ein knab ein röslein stebn,
röslein auf der beiden. Göthe 1, 17.
HEIDENSCHAFT, f., aiid. heidanskaft, mhd. heidenschaft,
geiüilitas.
1) zustand eines heiden :
der toufoaph wart geneiget
ein «enec geinme gräle.
vol wajjers an dem male
wart er, ze warm noch ze kalt.
dö stuont ein gräwer priesier alt,
der ä; heidenschaft manc kindelin
och gestoben bete drin. Part. 8!7, 9;
wann es die heiden tbäten, muste man denken, ihre heiden-
schaft bringe nichts anders mit sieb. Schuppids 390.
2) weil häufiger, wie schon mhd. (Leier wb. 1, 1209) gesamt-
heil heidnischer Völker, auch land derselben:
dö reit er in die heidenschaft
verre hin bij an daj mer.
gesamtahenteuer 1, 417, 1050;
A| heidenschaft ge\-uor nie man
üf toufpflegeaden landen . . . Parz. 766, 26;
dö beleip der heidenschaft genuoc
tot von Rennewartes hant. Wittehalm 388, 22;
du scholt auch wijjen, da; all die maistcr, die in der Zauber-
kunst ISrent, daj sprechent, daj die götter und diegaist..
die zaubrser dester 6 erhoernt, wenn si in wairach opfernt.
51*
807
HEIDENSCHAFT — HEIDENTHUM
IIEIDENVIEH — HEIDERICH
808
daj ist aiii inung in der. haidenscliaft. Megenbehg 377,26,-
er wird ein ricliler sein in der hcidenscliaft. Luther 1, S9'
{ps. UO, 6, später: er wird richten unter den beiden); zu-
hricht und zustöret das jüdcnihum zu gründe, und bawet die
heidenschaft zu seinem reich , so •weil die weit ist. 3, 183' ;
abet ich {Paulus) habe durch dieseibige (gnade) das evon-
gelium durch die ganze heidenschaft bracht , und seer viel
leule bekeref, wie er anderswo sogt, das er von Asia bis in
Welschland alles mit dem cvangelio erfüllet habe. C, 22l';
s. Paulus ward mit Barnaba ausgesondert . . das sie sollen
in die heidenschaft durch alle weit ziehen. 222*; es werden
auch one zweifel am letzten geriebt vor Christo und aller
weit viel hundert tausent verlorne menschen schreien und
klagen über die oberkeit in aller weit, die solchen dienst ver-
sewml haben, von anfang her der heidnischaft. Melanchthon
anriclitg. der lat. schul {Bonn 1543) hl*; es waren zu Jerusalem
männer aus aller heidenschaft underm himmel. Reiszneü Jeius.
1, 122'; nicht ohne nachdenken hat die alle heidenschaft ihrem
Jupiter den scharfsichtigen adlcr zum feldzeichen gegeben.
BüTSCHKT PalmOS 90; das wurde verkündet in der ganzen
heidenschaft. Sinhoce 2, 29C ;
also auf weise gleich
hat er regentn und reich
untr seiner nügel schütz
der heidenschaft zu trotz. Opel u. Coun 399,74;
disz haben aufgemerkt als unerhörte sachen
die bei der heidenschaft des hinimels lauf kund machen.
Opitz Grolius^ Wahrheit s, 353.
in die heidenschaft ziehen , fahren hiesx zunächst nach dem
Morgenlande reisen :
wer in die heidenschaft will fahrn,
der soll sich hie ind leng nit sparn (safit ein schiffspatron ein-
ladend). J. Atrkr 20S' (1037, 9 Keller) ;
wir wollen in die heidenschaft hin,
dem türkischen kaiser wahrn bringn. 208* (1038,6);
aber es wird auch allgemeiner für das reisen in fremde, unbe-
kannte, weit entlegene Idnder gebraucht: damit zoch er darvon
in fremlide landf, in die haidenschaft. Zimm.chron. 1,281,19.
HEIDENSCHMERZ, m. l) schmerz eines heiden:
und es klagt {seit der auferslühung Jesu) hei keiner leiche
nimmermehr der kalte, bleiche
gottveilaszne hcidenschmerz. M. v. Sche!4eendorf 444 Hagen.
2) auszcrordentlich groszer schmerz (nach beide 6 sp. 802).
HEIUE.NSCHMUCK, m. decus campi, ist der name zwäer
pflanzen: des cistus helianthemum, Sonnenröschen, erdcphcu Nem-
wiCH 2, 1052, und der serratula tinctoria, schartenkraul, wiesen-
scliarle 4, 1288.
HEIDENSCHWAMM, f». fungus campestris. Stieler 1952.
HEIDE.NSCHWER, adj. überaus schwer (nach beide 6 sp. 802):
heiden^chwer, verdammt, vernucht schwer. Fromm. 5, 12.
HEIDE.NSITTE, f. mos paganorum.
HEIDE.NSTAÜT, f. urbs genlilis. Stieler 2113.
HElüEiNSTH.\SZE, f. als name für eine heerslraszc führt Frisch
1,435' an. es ist die noch von den Römern angelegte strasze;
leryl. beide 2 sp. 801 oben.
HEIDENSTÜCK, n..-
und so, Torm keuschen blick
des tages, im kostüm der heldenzeit zu schimmern {nackt),
däucht ihm ein wahres heidenstück.
WiKLAXD 22, 113 {Oberon 3, 29).
HEIDENTAUBE, f wilde taube, waidtaube: heidentul)en,pü/um-
bus, est ciilumba silveslris. voc. ine. Iheut. i 2'; palumbus ha- /. heid-
tube DiEF. 40s'; ptttumbus haidtaub nov. yloss. 278*.
HEIDEMK.MI'EL, m. tcmpcl der heiden; bidental Stieler 2350.
HLIDE.NTHUM, fi. ahd. heidantuom, mhd. heidentuom, pa^i-
nilas, rjenttlitat.
1) zustand, art, leben eines heiden. neuere definieren den begriff:
beidentbuin fpaganisinus) ist der worlerklUrung nach der reli-
giöse aberglaube des Volkes in waldein (haidcn) d. h. einer
menge, deren religionsglaube noch ohne alle kirchliche Ver-
fassung ist. Kant 1,219; heidenthum ist derjenige glaube,
der das wesentliche aller Verehrung gotles nicht in die mora-
liliit setzt. 248; heidenthum nennen wir ... olle vorchrist-
liche, irdisch iiatOrliche cntfallung des menschen- und Völker-
lebens. Kritzi er humauital u. christenthum 2, 97, wobei die ver-
schiedenen auffassunijen des worts beide (l und 2 sp. 80ü) zu
gründe gelegt und; ahd. ist bereit» aus dem begriffe heidnische art
oder lehre der weitere goltlosiykeii geflossen: Jicidantuum sacri-
tegium GRArr 4,hi2 (rrrj/. heidnisch 3);
»ie hntlcn iill.«,irn(it .l.-i» li' llfiilhumb gesogen
I" ürotiut' wahih. «.930;
denn ach ! das arme kind lag noch im heidenthum,
und glaubt' an'Mahomcd, unwissend zwar warum.
WiELiWD 22, 2(iü [Oberon 6, 23) ;
Uambald, der bald nachhdr vom frommen
dienst unsers licrrii zum lieiilcnihurae sank.
Gribs Tusso 5, 75 ;
mit den gebcinen der heiligen ward ein misbrauch gelrieben,
der die christliche religion in ein förmliches heidenihum ver-
wandelte. Schlosser wcltg. 4, 500. der plur. hcidcnthümer 15/
.teilen: das ganze nullelaller hatte einen groszen vorralh des-
selben {des glaubens an Vorzeichen) aus seinen verschiedenen
heidcnlhüinern ererbt. J. Burcihardt cultur der renaissance
(1869) s. 420.
2) («iie heidenschaft 2), land, Völker der heiden:
dasz bei dem heidenthumb durch wollust böser bitten
die angebohrne kraft der sinnen ward bestritten
vei wunder ich mich nicht. Opitz Grulius' wahrh. ».323;
ihr tanzt dem türken hurtig vor,
ihr thuet ihm auf die thür und thor
TU stürzen gottes sehn :
das heidenihum tanzt auch darauf,
0 liebes Deutschland, schau, pasz auf,
sonst wirst du untergan. Opel h. Cod?« 143, 15;
und was er {llüon) glaubt, beschwört er hoch und theuer,
erbötig, dessen richtigkeit
dem ganzen heidenthum mit seinem blanken eisen
zu waseer und zu land handgreiflich zu erweisen.
Wieland 22, 26t {Uberun 6, 25);
Mohr, so will ich ein christ werden ! Fiesko. die kirche bedankt
sich für die blättern des heidenihums. Scdiller Fiesko 5, 10.
HEIDENVIEH, m. Schimpfwort, wie hcidcnbeest {.ip. 801).
HEIDENVOLK, n. 1) heidnisches volk:
das heiden volk so doch die Christen pflegt zu hassen.
Opitz Grotiiis' Wahrheit s. 345 ;
der mit dem heidenvolk für ihre sache fleht.
Alxincer üoolin 4, 58,
er {Turpin) hat das christenlhura mit mund und faust verfochten,
viel heidenvolks getauft und viel ins gras gestreckt. 7, 9.
2) volk von zigeunern oder landstreichern, gesindel {s. beide j
sp. 801): es wäre gut, wenn du einmal hinausgingst und nach-
sähest: ich traue dem heidenvolk, das in den letzten tagen
hier herumstrich, nicht, daheim 1866, s. 507*.
HEIDENVORHOF, m. vorhof des jüdischen tempels , in dem
die heiden weilen durften. J. Paul hat das wort mehrfach bild-
lich verwendet: er lächelte im chore (d.h. auf der emporkirchc),
diesem freihaven und heidenvorhof ausländischer kirchen-
gänger. Qu. Fixlein 70 ; da der heidenvorhof seines herzens
so voll weiber wurde, indesz im allerhciligsten desselben
nichts war als ein stummes dunkel. Hcsp. 2, 194 ; so viele
fehltritle thut der gute schon im heidenvorhofe der liebe; wie
soll er im weibervorhofe bestehen, oder im fmstern allcr-
heiligslen fuszen? Titan 1,185; die predigt des kandidalen
musz zum gewöhnlichen eingangc noch einen zweiten haben,
den man denn hier anstöszt als heidenvorhof. komet 3, 240.
HEIDENWEG , m. Rümerstrasze ; als name eines aüen weges
über den Naszfelder oder Korntauern Senn. 1, 1052 I'rommann.
vcrgl. hcidensirasze.
HEIDENVVL'LLKRAUT, n. verbascum lyclmitU. Neun. 4,1551.
HEIDENWL'HZ, f., nüid. heidenwurz aggericum Lexes wb.
l,120',i: niinb dan nigranwurz, haidenwurz. Seuter rossar:n.393.
HEIDENZEIT, f.:
ein böses wcsen
hat seinen wohnsiiz unter diesem bäum
schon seil der alten grauen heidcnzcit.
Schiller Jungfrau, prolog, 2. auftr.
HEIOENZEN, verb. zur heidenarl hinneigen: wäre gut , es
wären allein die heidenzende Juden solche greuliche Icute
gewesen. Damhawer calechismusmilch (Siraszburg 1666) 8, 822.
I. judenzen,
HEIDKPFRIEME, f. spartium scoparium, pfriemenkraut, besen-
kraut, kleine heidcpfrienien, genista pilosa, der haarige gmster.
Nkunich 3,31.
HEIDEOl'ENDEL, m. tliymus ser}iytlum, feldquendel.
HEIDEHAUCII, m.: die donnerwolkc zerllosz in einen
«anfien heideraurh. MusXus volhsm, 2(l7ss) n. s. heidenrauch.
HEIDEHKITEH, m.: in dieser schule halle mein vater eitie
tüchtige rcchneiikunst und eine vorziiglichüle handschrifl ge-
wonnen, »0 dasz sein herr, der grnf, ihn zu einem heidc-
relter, wie man sie damals in Rügen nannte, oder einem
kleinen fr.r5ter besliminle. Arndt leben 4. t. heideheiciler.
HEIDEHICH, m. 1) unuteutung von hcdcrich sp. 7.M.
2) name de% heiderlings, heideschwammu, agarieus camptsliu.
S09
HEIDERLLNG — HEIDI
HEIDERLING, m. agaricus campestris, heideschwantm . cham-
yignon : solche {schvämme) nennt man zu teulsch lieidei üng
oder druschling dariimb das sie auf den beiden oder druschen
gern wachsen. Bock heulerbuch (l565) 347*; heideriing, sorle
de champignvn Roxdeaü 290; heideriing oder träuschiing, sind
oben bieichfarb und unten braun; diese werden gieichfals
geschület und alsdann mit gewürz und butter zubereitet.
HoHBEBG 3, 1, 405*. vergl. druschling 2, 1461.
HEIDEROSE, f. rosa canina. s. heidenrose.
HEIDESAND. m. zerfallener granil. NESsicn.
HEIDESCHAF, n. schaf das auf einer beide getceidel wird,
s. heidschnucke.
HEIDESCHNEPFE, f. scolopax arquala. Neäüich 4, 1-252.
HEIDESCHWAMM, »i. agaricus campestris, heideriing: heider-
iing oder heideschwamm. Stosch A7. beilr. 1, 64.
HEIDESCHWÄRM, HEIDSCHWARM, m. schwärm von heide-
bknen, der ausfliegt, wenn die heide zu blühen anfängt. Jacobs-
so>- 6, 64".
HEIDESEGGE, f earex globularis.
HEIDESENF, m. sisymbrium arenosum.
HEIDESIEBT, n. siebt oder kleine sense, das heidekraut damit
abzumähen, in ?iiedersachsen. Jacobsso.n 2, 24S'.
HEIDESTEIN, m. der yranit. Nemsicb wb.
HEIDETÄUBLING, m. agaricus virescens , grüner blälter-
schuamm. Nesmch 1, 116.
HEIDETORF, m. eine torfart: wurzellorf, auch heide- und
rasentorf, . . ist mit unvermoderter heide, laub, gras, zarten
wurzeln und blättern durchwebt. Jacobsson ?, 232*.
HEIDEWICKE, f. vicia satita, fulterwicke, feldwicke. Nemsich
4.1505.
HEIDEWIND, »»..•
tu öd und irauriff selbst den haidewinden
sind diese wiüterlichen einsamkeiten.
Lesau neuere geil. (1843) . . .
HEIDEZIEMER, m. lurdus iliacus, heidedrossei Nem.i. 4, 1509.
HEIDFEÜER, n. .• die zitlermäler, heidfeurer oder andere
bijäe um sich fressende aber doch nicht tief in die haut
beis/iende oder sich einsenkende rauden. Thcrneiszer beschreib,
influenl. Wirkungen (I57S) 120. es ist wol lepra alba, das wilde
feuer (3, 15SG) gemeint, und das erste glied der Zusammensetzung
lehnt an heide 5 (sp. SOI) an.
HEIDHOLZ, n. jedes der beiden hölzer, welche behufs aus-
zimmerung eines vierseitigen Schachts an den baden kurzen selten
wagerecht angebracht werden, heidhölzer ausscheren , die Ver-
zapfung der heidhölzer anfertigen. Jacobsson 2, 24S". auch in
der form haidholz, haitholz, helholz Veitu bergwörterbuch (IS'O)
257. — heid- ist hier Verstümmelung von haupt, vgl. sp. 596. 597.
HEIDI, interj., betont heidi und heidi.
1) zum ausdruck lauter, ausbrechender lust: heidi, fröhlich!;
heidi, laszt uns lustig sein!; in Holstein heidi, lustig! ausruf
des frohsein s Schütze 2, 126.
2) zur bezeichnung eines schnellen komniens und gehens: in
Kärnthen heidi! schnell, so schnell als möglich! Le.teh 137; in
meiner Westentasche habe ich den blitz (ein Zündhölzchen ist
gemeint) und in einem halben hui! schlägt er ein, wo ich
will, und heidi! hast mich gesehen! Auerbach der wahrspruch
(1859) s. 62.
3) an diese bedeutung lehnt sich die durch ganz Deutschland
verbreitete redensart heidi sein , heidi gehen , im umsehen ver-
loren gehen; dat geld is heidi. Scni^TZK 2,126; sin geld is
heidi. Scdaxb. 77' ; in Hessen er ist heidi, es ist aus mit ihm,
er is/ dem tode verfallen. Vilmar 157; ähnlieh in Nassau Keor-
ei» 191, in ßaiern Scnji. 2, 152, und anderswo: ich führte zu
hause, so lange ich geld hatte, gute wirthschaft, wie aber
mein geldgen heidi war . . so reiste ich selbst nach Dresden.
Lipziger candidate s. 9; ich sehe dasz er recht hat, und der
hart soll noch heut diesen abend heidi gehn. Siegfr. v. l.indenb.
4, 204 ; den andern lag liesz ich den feldscherer holen, und
der sagte mir, dasz das äuge heidi sei. Ijuierma.'«!» Münchh.-
4, 25 ;
Tergeblich! Hie freude
ist diesmal hejdi!
itir ihat wer zu leide,
entflogen ist sie. Oterbick ged. 207;
und nun gieng ich heidi! verlassen in der noth.
KoTiKBUt dram. »piete 1, 315.
4) erweileiungen von heidi,
a) als ausdruck der lusl : in Holstein beidideidum, ausruf des
frok'eins SchCtzb 2,126;
ebenso heididei
HEIDI — HEIDNISCH 810
auf, musikanten, auf! herbei!
ihr wiszi mein leibstück schon:
'beidideidum, heidideldei,
ich denk ans uachbars söhn!'
J. M. MiLLKR ged. 77.
juchhei ! biümelein !
dnrie und blühe!
stecke alle blättctien aus,
wachse bis zum himmel naus.
iuchhei I heididei!
dümlein und blühe! Arsdt ged. (1S40) 28!.
b) als ausdruck schneller bewegung ist namentlich heidipritscb,
heidebritsch riei in gebrauch, so elsässisch:
nein, nein, herr Langbein, heidebritsch!
schlupft s (die eidechse rorm storche) dief ins gras nin ime witsch.
A. Stöbkr bei Pro»«. 4, 115,
gebn sie als, baidebritsch, zue's Prechters.
AS50I.D jfingstmoning (1850) 22';
bair. heidibripridsch. Sch». 2, 152 ; im weslerwäldschen heidi-
pritscb, heideprilsch, auch nur pritsch : mein geld ist pritscb,
heidepritsch. Schkidt weslerw. idiotikon 146.
Man hat zur erkldrung des einfachen heidi sowol als nament-
lich der erweiterung heidipritscb slavische oder englische rede-
formeln herangezogen und fremden Ursprung der interjectionen
behauptet (Stosch Weine beitrage l, t09 daclite sogar an franz.
adieu , indem er gehört haben wollte , dasz beidi trie adieu als
absehiedsformel verwendet würde: ich will heidie gehen; na
heidie u. dergl., eine nachricht die von anderer seile her keine
bestdtigung gefunden hat). — Was zunächst einfaches beidi 6c-
triffl , so widerlegt die gleichmäszige Verbreitung des Wortes über
ganz Ober- und Niederdeutschland, sowie erweiterungen zu heidi-
deldei , beidideidum , heididei , die nichts als naturlaute sind,
den gedanken an ein anschleppen von fremder seile her. heidi-
pritscb angehend, so wird man wol nicht fehl greifen, wenn man
dessen entstehung in der hanstcurslcomödie sucht und den letzten
theil des wortes mit dem ständigen attribute des hanswursts , der
pritsche, in Verbindung bringt; man musz sich hierbei erinnern,
wie der hanswurst jeden wilz , jeden ausfall gegen seine gegner
mit einem pritschensehlagc begleitete.
HEIDIQHT, adj. ericis obsitus , sleriHs, incuUus: beidichter
ort, ericelum Stieler S17.
HEIDIN, f. heidnisches weib; mhd. beideninne, beideotn,
heidenin Lexer mhd. wb. l, I20S ;
- ach, der mann ist sein freund, so dachte die heidin.
Klopstock 4, 25.
HEIDISCH, adj. gentilis, elhnicus, die seltenere form für heid-
nisch, schon ahd. bezeugt, hier in substantivischem gebrauche: föne
dien die sih in martyrio (jihlungo) geloubton, und ad paga-
nismum (ze heidescun) irwunden. Notker ps. 43, bei Hallemer
2,153"; mhd. heidisch Lexer wb. 1,1209; vergL über die form
bei heide sp. 800 oben, den Sarracenen und andern heideschen
lülen. d. städtechron. 8,112,12; (Cäsar) dankete dem apgotte
Mcrcurius sines glückes und gesiges noch heidcschem sitten.
s. 331, 5; Wilhelm, ein heidesch künig von Normandye. 4.33, 13;
so es nichts ist denn nur ir (der bischöfe) beidischer bracht,
geiz und falscher erdichter gewalt und tirannei. Schade sat.
u. pasqu. 3. 135, 20.
HEIDNISCH, adj. und adv. gentilis, ethnicus, ahd. beidaoisc,
mhd. heideniscb, gebraucht
1) von personen, die dem heidenthume (s. heide l — 4 sp. 800.
801) angehören:
wie ob da? heidenische her
mit vil krefteclicher wer
üf uns kumi geriten her. gesamlabent. 1,399,393;
sust sprach der heidenische man. 403,519;
umbe da; heidenische wip
er hete gerne sinen lip
dem grimmen tot gegeben. 419, 1091;
ouch ban ich über Och gesant da; beidensche volke. deutsche
stddtccliron. 8,112,22; das nuwe Babilonie, do herre ist der
beidensche keiser, genant der soldan von Babilonie. 249,28;
(Jovianus sprach) er were crislen, er wolle nüt ein herre sin
über die beiden, do «chruwent die beidenschen rilter, sü
wollent durch sinen willen crislen werden. 369,22; Socratcs
ein beidenscher natürlicher wyser meisler. Kekersberc bilg.
76'; biesz heidnische speher darein (in das schlosz) legen, die
des tburns und schlosz lagwächler waren, b. d. liebe 267*;
ich erinnere mich, wie die erbaren heidnischen regenlen
(herscher aus dem altirüiume) dieses lasier {den ehcbruch) mit
so groszem ernst und eifer gestraft haben. Schlppics 513 ;
811
HEIDNISCH
IIEIDOCHS — HEIE
812
der türkische kaiarr Dpricht
wann ir zuo uns kompt in unser gepiet,
so muosz all unser huidnische diet
euch grosz er und reverenz erzeigen, /'as/n.sj). 302, 21.
2) vom lande, den silten , gebrauchen, zeUen, arbeiten der
lieiden: die heidnisch Gulilea. Mallh. 4,15; das under ainem
perg, nit weit von Ulm gelegen, . . vor und ehe das iandt
zu Schwaben zu Christenglauben genzlich bekert, ain baidt-
nischer tempel gestanden sei. Zimm. chron. 4, 331, 21 ;
ze sinen friwcnden er dö nam
zwelf schärpliu sper von Angram,
Stare roprine schefte drin
von Graste Gentesin
Ü5 einem heidenschen muor. Parz. 335, 23;
da nun Achior sähe, das der gott Israel geholfen hatte, ver-
lies er die heidnische weise, und gleubte an gott, und lies
sich beschneiten. JudUh 14.6; der befalh inen heidnische
weise an zufaben. da richten sie zu Jerusalem heidnische
Spielheuser an, und hielten die beschneitung nicht mehr.
l Macc. 1.14. 15; lieszen also irer vcler sitten faren , und
hielten die heidnische für köstlich. 2 Macc. 4,15; das heid-
nische Wesen nam .. überhand. 1. 13; von dem heidnischen
opfer. 7, 42 ; das ich keine freude habe an der ehre, die ich
bei den gottlosen habe, auch keine lust an der heidnischen
und frembden heirat. slücke in Esther 3,11; so du, der du
ein Jude bist, heidnisch lebst {goth. jabai pu ludaius visands
J)iudisku libais). Gal. 2, 14 ; heidnisch leben, paganisare, indc
paganismus est ejus vUa. voc. ine. theiU. i2*; ein fast mehr als
heidnischer aberglaube. Kant 6, 386; — die entdeckung zweier
gedichte. deren abfassung über die christliche zeit unsers
vaterländischen alterthiims weg noch in die heidnische zurück-
weicht. J. Grimm Id. Schriften 2, 1.
heidnische arbeit, heidnisches werk nannte man arbeilen in
Weberei, Stickerei und schmiedekunsl von morgcnhindischem {byzan-
tinischem) Ursprünge, sowie die im lande gefertigten nachahmungen
derselben :
ein brönne hdt er an geleit
über einen wijen halsberc.
daj was heideniscbej werc
von breiten blechen hürnin:
mit golde wären geleit dar in
rubin und manic edel stein. Wigalots 189, 29;
auleum heidcnnisch werk, aulea heidnische gewürkte tücher
DiEFENB. 6l'; heidnische decke tapetum Maaler 220"; wie ein
junkfrow tbut die vor einem bildner {muster) sitzt, und hei-
densch werk wirkt, die den bildner stetigs ansieht und noch
im wirkt. Keisersberg 6(7,9. 159'; igcwandwirken) die heidnisch
arbeit genampt, die nit gar briiechiich zun selben zeit war.
Argovia 1862/3, s. 25; der saal, darin man speisen solte, war
über alle maszen lustig accomodirt, die sessel mit samraet
beschlagen, mit polstern und stulküssen von schöner aus-
genähter, so neuer als alter heidnischer arbeit belegt. Simpl.
3, 348 Kurz, heidnische kleider waren kleider wie man sie sich
im Morgcnlande getragen dachte: in einem so schlechten zu-
stande auch die geklecksten decorationen waren, so wenig
scheinbar auch türkische und heidnische kleider (einer theater-
garderobe) . . . sein mochten. Güthe 18, 170. im mitldalter
wurden heidenische kuochen bereitet. Haupts zeilschr. 5,12; auch
eine erbsspeise , die heidnische oder böhmische hiesz: behem-
mische oder heidenische crweisz. buch v. guter speise no. 63.
die heidnische spiache war die arabische, nach der bedeutuug
von beide als sarazen, sp. 800 :
sibcn Sterne si dö nanie
heidenich (auf arabisch). Part. 782, 2;
vergl. in heidenischer schrifte. Parz. 453,13; in hcidensch
grüejcn. g. Gerh. 1345.
3) der qegensatz des chrislenthums gegen das heidenlhum Idszt
mü dem be<iriff heidnisch den nebensinn des bösen , hassens-
würdtgen verbunden erscheinen : das wir die vergangen zeit des
leben» zugebracht haben nach heidnischen willen , da wir
wandelten in unzucbt, liistcn, Irunkenheit, fresserei, seiiferoi
und grcwlichen abgöltercien. l l'etr. 4,3; daher: {der feld-
,.i„.,li <„;/ ,i,r ,.<,irr ermahnen) dasz die Ordnung, gehorsam,
' unter ihnen erhalten, sich christlicher lieb,
lier silten oder goilseligkcit imd rcdliclikril
In ll< i'i^cD, das gegenüpiel, nemlich olle heidnische unadeiiche
't'ti'-ri, wie christlichen und ritlernia*zigen leulen gebührt,
wollen, reuterbcttallung von Speier 1570, rem heslellung
/«- und reutcrrccJitens { 3. au wird lieidnisch uie schreck-
n-'i, arg gibnueht:
doch endlich kam die sache vor gericht.
da muszte sicbs denn ofTenbaren,
warum sie seit so vielen jähren
so heidnisch unversöhnlich waren.
Gellert 1, 137 (die beiden Wächter);
der gereizte feind kam über den Rhein und hauste heidnisch
mit den leulen. Hebel 3 (1853) 41.
4) heidnisch als beiname von pflanzen : heidnisches wund-
kraut, soWago lirjaurfa Nemnich 4, 1323; das heidnische wund-
kraut . . . heilet die wunden, alle offene schaden und Suszer-
liche fisteln. Sebiz fcldbau 211 ; heidnische blume oder heid-
nische lilie , lilium martagon , ihre verscliiedenen benennungen
führt Sebiz auf: feldlilien , oder goldwurz, oder heidnisch-
))lum, oder lilien von der schedelstat. s. 58, auch holl. lelietjes
van Kalvarie; end/tcA heidnisch bieneiikraut , ledum pahtstre
Nemmch 3, 357.
HEIDOCHS, m. für eidechse th. 3,83; das geschlecht hat sich
unter anlehnung an ochse ins männliche umgesetzt: dieser fisch
ist dem irdischen heydox gleich. Forer fisclib.ib*; von einer
anderen frömbden art der beidocbsen. thierb. (1583) 165'; au
anderer stelle dafür so man einen egochs entzwei schneidl.
161'; plur. heidochsen Garg. 33'; grüner heidochs, ist doch
groszer dann der gmein bei uns, lacerla, laccrtus. Maaler 22o'.
HEIDSCHNÜCKE, f. kleine art von schafeu vorzüglich in der
Lüneburger heide. Jacobsson 6, 63*. auch in der form heidc-
schnacke : die kleinesten (schüfe) sind die sogenannten heidc-
scbnacken in dem Lüneburgischen, öcon. lex. (1731) 2134.
HEIDSCHNUCKISCH , adj.: von den heidschnuckiscben
bauern konte man nichts habhaft werden. Leiermatz (166S)
no. 298.
HEIDUCK, ffi. gewöhnlich betont heiduck, dagegen plur. hei-
ducken sowol als heidücken, in Ungarn heimischer vollcsstamm,
der in seiner nationallracht vornehmlich am hofe von Ungarn und
Polen kriegsdienste leistete: husaren und beyduckcn in Ungarn.
Fischart groszm. 72; wann er {der könig von Polen) nun reut,
beschicht es mitt grosen trionph, herligkeit und pracht, reit-
ten vor und nach ime vil stattlicher herrn, ritter und adels-
personen, neben seinen guardi, wülche uf beden seilen der
straszen . . stunde, das sein husar und heuducken, mechtig
bös volkh. S. KiECHEL reisen s. 100. als votksname statt der
Ungarn :
die Böhmen und Heyducken,
viel Türken auch zugleich,
aus Engelland viel ducken
versprachen ihm (pfalzgraf Friedrich) das reich.
Opel «. Cohn 72, 4.
seü dem iS. Jahrhundert hat man auch bediente, die man in die
nationalirachl der heidücken kleidete, so genannt: man lacht
über den narrn, und läszt ihn durch die heyducken als einen
wahnwitzigen kerl hinausstoszen. Rabener saliren i (1757)
s. 41 ; dasz ihre antischamber von heidücken und pagen wim-
melt. Schiller /rat. «. /ie/;c 4, 6 ; unmittelbar hinter Kurmainz
kündigten zehn kaiserliche laufer. ein und vierzig lakeycn
und acht heidücken die majestülen selbst an. Güthe 24,304;
er hatte keinen kammerdiener und keinen heiduck. Hebel 2
(1853) 184;
das wimmeln einer heeresschar
von ^roszen zierlichen und .schmucken
leibdienem aller art, von laul'ern und heidücken.
Wieland 18, 190.
HEIDUCKENADLER, wi. falco harpyia. Neiixicr.
HEIDUCKENTANZ, m. Slavorum saltatio. Stieler 2256.
HEIE, f. Schlägel, hölzerner hammer, nebenform zu hege
{sp. 776); mhd. heie, hei Lexer wb. 1,1209; bair. die hai,
haien, der haior, rammen Senn. 2,128; nl. heye, heyblock
fisluca Kilian; fisluca heyen Dief. 237'; malleus ligneus, siegel
oder beige Trochus R2'; oder wenn ich leugnete, das
gottes son mensch were worden, imd jemand hielte mir für
Job. 1. das wort ist fleisch worden, wolt ich also sagen,
wort heisze ein krnmpholz, fleisch heisze ein heien , und
intlszt der text nii su lauten , das krumphulz ist zur heien
worden {ah beispirl einer unsinnigen Übersetzung). Luther 3,342';
beyen, bfllz, hund. oder schlogicr, damit man die pfal oder
srhwircn in die crd treibt , und so man brugkcn machl,
schlecht man die pfill mit sülicher rüslung in d; wasser.
zeucht .»y wider auf mit seylen, und laszt sy darnach hllrab
füllen oder schnellen, fistuca. Maaled 220*; noch jetU $chweii.
huja ramvie, rammblock Tobler 279*. mit dem vrrbum huja
und heija rammen; bei Stalder 2,31 ist heye, heien ein livts.
das die timmerleute zwischen den srhl.igel und das breit oder den
balken halten, welche tie tusamvienfchlagen wollen, um die ürricht
813
HEIE — HEIEN
HEIER — HEIGERLEIS
814
gleich zu verüiälen und den beulen vorzubeugen. — Für heie
begegnet auch das masc. heier: trusorium haüer, haier. hoyer
do mit man die pfel stoszet. Dief. 600'; hajer o. stoszei, dy
man für dy pfeyl slost. nov. gloss. 373*.
HEIE, m. hüter, Schützer, tcart, mhd. heie; vergl. escbheie
3, 1142, holzheie, und Schm. l, 1022 Fromm.
HEIE, ffl. squaius , haifisch, hat schon Fischart einmal tcol
aus den nordisdien sprachen herübergenommen , wonach sich die
:u hai sp. 172 gemachte bemerkung modificierl: item schwenz von
heyen und rochen: darvon die heutig form der güldenen und
silbern zansteurer, so man anhenket, heriiommet. Garg. 163'.
HEIEN, lerb. sepire, munire, tueri, begrifflich sich tnil hegen
sp. 777 berührend, mit dem eine nicht mehr gefühlte tcurzelgemein-
schafl vorliegt, während hegen als denominativ von hag oder
hege erscheint, hat sich zu der schon früh begegnenden nebenform
hei {sp. 793) nun ebenso die denominativform heien gebildet,
mhd. neben hegen in ausgebreiteter Verwendung {wb. 1, 649. Lexer
1, 1209). von der auch ein starkes pari, praet. geheien {neben
geheiet) mehrmals auftaucht:
vor dem walde ist rösen vil geheien. Neidhart 27, 10.
für heien steht auch heigen , eine form deren gutturalis für j
geschrieben ist, das sich seinerseits wieder aus dem unmittelbar
roraufgehenden i entu-ickelt : und heigetent in etliche herren uf
künige Rudolfe zu leide, d. städtechron. S,iäO,lß (Königshofen);
pfaffen unde leijen,
wer da| boumelin bete geheijen,
die kwamen dar und besähen wol . . .
ein reines gotes wunder, gesamlabenteuer 3,459,164.
i;;i nhd. steht heien , nur auf oberdeutsches Sprachgebiet einge-
schränkt,
\) ton der ein friedigung und hut einer Schonung (hei sp. 793):
tn der Ober}>fal: hoya einplanken, einhegen Schö.xwerth aus d.
Oberpfalz 2 (iSöS) s. 337 ; bair. einen esch (feld), eine fluer,
ein holz, einen wisplatz, ein fischwasser haien, durch be-
uachung, sicherslellung vor schaden zu gehörigem ertrag zu bringen
suchen. Schm. 2, 12S ; so ist uns an dem wüdpann, den der-
selb hayen sol, merklichen gelegen. Cbmel urk. }Iax. 26 ; das
er das (eibene holz) hayen und nicht mehr abschlahen laszen
welle. 170; auch von hut und Schonung eines steinbruclis : nach-
dem man etllich fels und v\ent am perg lange zeit geheit
und behalten hat zu der stat nottorft. Tccher baumeislerb.
81,2; hat die fels ... geheiet und vor behalten, ob etwas
furfiell, das man zu not stein bedorft. Sl, 9. daher sich der
sinn sparen, auPieben entwickelt: wir haien und beben disz
allain auf, wie fein goldt. S. FBAMi ... 3,124.
2) von dem schütz, der hut einer person : {ein betrüger sprach)
er were keiser Friderich . . und hieltent in ouch etlich herren
deruf und heieten in, kunig Rudolf zu leide. Closexer in d.
deutschen städtechron. 8, 45, IS; mit allen ehren haben sie sy
{die falschen prophelen) gehaiet und auf den bänden tragen.
Frank paradoxa (1539) 140'. weniger den schütz als die pflege
betonend: eine person haigen und nähren Schm. 2, 12S; kämtn.
hcin, haijen, heigen, schonend behandeln, pflegen, lieben Lexer
137; nie thiirlich thond wir nun, das flaisch also hayen und
zärtlin. Fra.nk laster bj ; bair. auch sich haien , sich gütlich
Ihun, sichs wol sein lassen. Schm. ; weiter einen heien, ihn zum
nachtheile eines andern bevorzugen : es soll nicht ein unterthan
für den andern gehaiet werden, das.; schwäb. heien, in Ulm
holen, schonen, verzärteln. Schmid 268.
3) heien, in weiterem sinne pflegen, wahren, aufrecht erhalten,
so recht und frid haien, aber auch übel und missetat haien
Schm.; in Tirol haien, säubern, pflegen, reinigen, hegen, ein gut
haje oder moare, den acker bestellen. Fromm. 5,445.
HEIE.N, verb. schlagen, sloszen, in näclisier Verwandtschaft mit
heie schlägel oben,- selten in der einfachen form erscheinend,
schwäb. heien, huien, hegen {neben geheien und keien) schlagen,
werfen Schmid 269 ; tirol. heien {neben geheien und keien) werfen,
fallen lassen. Fromm. 6,148; gewöhnlich in Zusammensetzungen
geheien, verheien, und liier in die bedeutung plagen, ärgern
(soll sich von jedermann lassen vexieren und geheien. Luther
liscJir. 180'), auch betrügen übergeJiend. das weitere s. unter ge-
heien, verheien, ungeheit ; vergl. auch keien 5, 440.
HEIE.N, verb. uxorein ducere, dann coire, das mhd. hiwen
und hien (wb. 1, 694') oberdeutsch in geheien noch lebend, s. d.
und keien 5, 441 oben.
HEIEN, verb. kinder wiegen, einsehldfern , ein lautmalendes,
mundartlich , namentlich im bairischen und fränkischen Sprach-
gebiete sehr verbreitetes worl: kämt, heien u-iegen, einschläfern, i
mit aia und haia bett , wiege in der kindersprache Lexeb 4;
bair. heieln, heielen , heia popaia singen, schlafen, mit heie-
bettel, heiel bell Schm. 2,133; ebenso im Sassauisclien heieln
wiegen, heio wiege Kehreis 192; im Fichtelgebiige und ander-
wärts heia kinderbettchen , wiege Fromm. 4, 25S. 6, 130. veigl.
hei beim einschläfern der kinder sp. 793.
Ein anderes heien gibt Stieler als nebenform von eien, blan-
diri , kindliche liebkosungen maclien. 31; das ist in Tirol haien.
haiuien, haiele machen, von kindern, liebkosen, streicheln, herzen,
haiele. haidel liebkosung, kuss. Fromm. 5, 445.
HEIER, tn. l) Schlägel, ramme; s. heie sp. 812.
2) nach heien 2 sp. 813 Schützer, hört: so spricht das omb-
stoud volk {in Kärnten bei erwdhlung eines fürsten) : der fürst
dis lands kumpt. so spricht der paur, ist er auch ein ge-
rechter richter und liebhaber des heils uusers lands ..? ist
er auch ein heyer und auszer {äuszerer, kundgAer) des christ-
lichen glaubens? so schreien sy all, ja er ists und wirts.
Frank weltb. 90'.
3) betrüger, scherer, nach heien vexieren, betrügen, oben :
sie oams, und gab im fünr mattheier.
da lacht derselbig leutgeheier,
sprach, sibe wol, solt mir sonst nit glücken,
wenn ich die bawrn nit könt berücken.
WoLGKMCTH uewer Esopus (1623) 2, 407 ;
Johannes Faber, nach dem rechten namen nebulo oder uf
tütsch heyerli genannt. Zwixgli deutsehe Schriften 3, 14.
HEIGE, der conjunctiv des praesens vom verbum haben, in der
Schweiz und im obern Elsasz, sowie im südlichsten Schwaben ge-
bräuchlich, und, wie Weixhold alem. gramm. s. 3S6 vermutet,
aus der erweiterten form liabege entstanden {für habje , hebje
stehend und einen Infinitiv habjan, hebjan neben haben voraus-
setzend, eine Voraussetzung die durch ?iotkersche formen wie hebis
du hast, habint sie haben, habita er hatte gestützt wird, vergl.
über das schwanken von haben in der conjugationsart sp. 46. 4S).
durch den bei haben gewöhnlichen ausfall der inlautenden labialis
wird heige aus habege, hebege, wie indicatives schwaz. hein
aus habin, hebin sie haben hervorgeht, seit dem IS.jahrh. nach-
weisbar, steht die form heige soiroi als verbales vollwort, wie in
der function eines hilfsverbums.
1) als verbales vollwort, und hier in dem sinne von haben
erhalten , besitzen II sp. 55 ff., während in der bedeutung haben
= hallen nie die conjunctiv form beige, sondern habe oder hebe
eintritt: darnach lät man an recht, was ein vogt rechtz heig
in dem hof ze Wecgis. weisth. i, 161 {anf. des u.jahrh.); von
dem drillen teile heige zerunge der voget. 4, 478 {Thiengen
bei Waldshut von 1301); swer och len heige, der sol drufe
sizzen. 479; die da säga, mir heiga nit de rechta glauba.
Tobler alte dialeclproben aus d. Schweiz 23 {Zürich il.jahrh.);
si heige keis bämpfeli daheim. J. Gotthelf erzäldungen 4,145;
und spricht grad unverholen
er heige gwalt. Udlawd votkut. 897 ;
in der form hege : ein osterlam, dg hörn und har und hoden
heg. weisth. 4,377 {Luzern li.jahrh.); a/5 beheige: er beheig
es {das zinskorn) denne mit des vogtes willen. 375.
2) als hilfszeilwort : si heige gester welle reiche, aber d frau
heig ds monetgeld noh nit gha vom herr, und e krüzer, syg
e krüzer, wo si noh gha heig. J. Gotthelf erzdA/un^n 4,145;
und ander rromrn eidgnossen,
die heigend vil wunden ghan.
N. Manuel 405 Grüneisen;
du hast oft angezogen ,
im lied das du hast gmacht,
erstunken und erlogen,
wir heigend gotl veracht. 406.
3) ein indicatives heigen bei Notker : wir ne beigen nebeln
lieht föne uns selben, ps. 11 {Hattemer 2, %6') ; löse mich gol
minero heili. dia wir noh ne heigen. ps. 50 (2, 181'), ist schwer-
lich mit den vorstehend 1 u. 2 aufgeführten formen zusammen-
zustellen, sondern stcld wol für eigen mit vorgetretenem h, ebenso
wie desselben conjunclives heigin : et non insultent in me ini-
mici mei. unde mih ze buhe ne heigin mine flenda. ps. 34
(2, 121').
HEIGER, n». reiher, mhd. beiger, ahd. heigir: aicedo haiger
Dief. 21"; ardea baigir, heigher 46'; caladrius halgir 88"; gar-
culus beiger /. richard 257*.
HEIGERLEIS, m. ein reihentanz, mhd. heierleis, heierles und
heijerleis {uol so genannt nach dem dabei ertönenden rufe hei,
heiä hei) Lexer mhd. wb. 1,1210; nit moegent ir dienen gott
und dem rychtuomb, als ir gedenken, und in üwerem an-
815
HEIIGKEIT — HEIL
HEIL
816
schlagk haben, und meinent, ir können zuo beiden henden.
als do man ein heigerleisz macht, und könnent gotl ein handt
bieten, und der rychtuomb die ander hand, und also umbhär
danzen. Keisersberg postillc in Wackcrnagels leaebucli 3, 1, 5C.
HEIIGKEIT, /■. trockene Itilze , dilirung (s. hei sp. 794): ob
es sach wer das sich heygkeit oder fruslwetlcr ynsliind {als
hindernd für den betrieb einer mühle.). weislh. 2, 167 (1552, vom
Uundsrück); da ein heyigkeit oder frost käme, solle der lehen-
man also zeitlich zu der mühlcn fahren , dasz der mülner
warten mag drei tag, so sol der mülner mahlen dem lehen-
man also , dasz er sich des hungers crwühren magh. s. 390
(1506, ton der Untermoscl).
HEIJÜM, interj. : nun hotta Bläszle heijum, dasz man noch
ferner kum. Fisgdart groszm. Gl.
HEIKEL, adj. 1) zart, delical, udhlerisch, dasselbe was hackel,
häckel, vergl. spalte 102, wo die form Ijcikel schon besprechutig
erfahren hat: wann du gesund bist, brauche den leib, und
seie nicht zu haiggel. Scnumcs "G8; was wunderst du dich,
dasz die haigglere {heikleren, coniparativ) wanderer biszweilen
miid , und der arbeit halber ungeduldig , in die Wirtshäuser
kommen sein? 741; äuszerst heikel in der wähl seines Um-
gangs. Stilling 2,47; wenn du einen braven mann kriegen
kannst , muszt du nicht zu heikel sein. Auerbach dorfgesch.
1,309.
2) im 16. jahrh. in der etwas modificierten bedeutung empfind-
lich, besorgt: sein sehr heikel, wie man stettes erfehrt {d.h.
empfindlich und besorgt, dasz ihre sünde cnldeclU und bestraft
icerdc). Jon. Nas der warmingsengel 102.
HEIKEL, m. ekel, bedenklichkeil: keinen heikel haben Scum.
2, 165.
HEIKELKRAUT, n. hauhechcl, dasselbe was hcckelkraut spalte
744 : resta bovis, heickelkraut. Gersdorf 104.
HEIKLICH, adj. für heikellich, wählemch, zart, ekel: die
jetzige heikliche weit. AnELE tinordn. 1,283; der schätz der
jungfrauschaft ist so haiklich als ein spiegel , der von ge-
ringstem athem verdunkelt wird. A. a s. Claha Judas 2, 132 ;
ist demnach weit besser, wann die Jungfrauen haiklich seind,
dann {die begriffe) haiklich und heilig seind zwei blutsver-
wandte. 133; ich habe, wie sie wissen, in angelegenhciten
der musik und oper so wenig compefenz und einsieht, dasz
ich ihnen mit meinem besten willen und vermögen bei dieser
gelegenheit wenig taugen werde; besonders da man es in
opernsachen mit sehr heiklichen leuten zu thun hat. Schiller
an Güthe 763; als Napoleon in Erfurt war, wünschte er ich
möchte ein trauerspicl Brutus schreiben, der groszherzog
schickte deshalb eine eslafette an mich, der gegenständ war
mir zu heikelich, daher unterliesz ich es. Göthe im bricf-
fcechscl zwischen Htm u. dem rathc Grüner {Leipzig 1853) 86.
HEIL, adj. samis, sanatus , salvus. golh. hails; alts. mnd.
\ii\ ; allnfr. nieder/, heil ; ags. hdl ; fries. hei ; altn, heill, dän.
heel, schwcd. hei ; ahd. mhd. heil, es ist allgemein anerkannt,
dasz die goth. form hails aus älterem halja-s entsprungen sei,
und SU sanskr. kalya-s gesund, angenehm, griech. xaXö-e in
verwandtschaß steht (Curtil's i. 131). heil bedeutet:
1) unverletzt, frei von krankheil oder wunden: ahd. ni hab6nt
nütthurfti thie hcilon läches, ouh thie ubil habent {non necesse
babenl sani medicum, sed qui male habent). Talian 56,4; non
est sanilas in carne mea. min lichamo no ist heil. Notker
ps. 37 (2,131* Haltcmer);
mhd. (lä wart von sinetn munde
der heile unt der wunde
minncclich gcgriic;;«. Wolfrai Willeh. 227,24.
nhd. ein jeder «ein sehrcchcn hat.
niemandt ist allcnlhalhcn heil,
denn ich hab auch ein sondern feil {fehler).
II. Waldis Imp 4, 74, 23;
ist gleich mein ganzes fleisch nicht heil,
Tcrschraachiet schon die scelc mir.
Opitz psalmcn i i i
heute, da wir alle hluten,
MIna, blielisl du unberührt.
ganz und heil ist uns der rctier. Unlaku </«>'. 2'.M ;
ja bringst du ans licht die ersehnte, di« rrucht, grndlieinig,
mit hallen KcloJiiinn.
l'iii'TZ polil. teocliuntlube (1947) 45,
auch freier:
uml (Ing die vollcniN nii zu ihrer liiier tu singen,
d.iriri war r.% «oKar für einen «tniker hart,
«ein herz ganz heil davon zu l.ringon.
Wliii.AND /), 135 (n. Amiiii. 17, !l).
dieum tinne von heil uhlieszrn sich die gangbaren formrln an
„ ,1 !.„,i,.r i..„i .1.,,..,. I ., I .;i ... |,^„, ,(,.,|„.n,
.<;. beispiele unter haut sp. 702; mit heiler haut davon kam.
Münchh. 31 ; ai(f/i aus heiler haut einen schaden bekommen ;
der lahme Paul meldete. Greif habe in heiler haut eine lahme
pfote I)ekommen. Sicgfr. v. Lindenb. 2, 170.
In demselben sinne bildete heil ferner von den dllcslen zeilen
her eine wünsch- und grusz formet; vergl. über das goth. haiis
beim zubringen eines bechcis Grimm gesch. d. deulsclien spräche
454; hails [liudan Judaie! Marc. 15,18; ahd. heil wis Ihn,
gebonö follu (havc gratia plcna) l Tatian3,2; weitere ags., alln.,
ahil. und mhd. beispiele s. gramm. 4,298, mhd. wb. 1,050*;
später ausgestorben und jetzt durch das subst. heil ersetzt.
2) heil bedeutet weiter geheill, hergestelll von leibesschäden : fand
then scalc, thie thär sioh was, hcilan {invenit servum, qm
langueral, sanum). Talian 47,9;
mines lierzcn tiefiu wunde
die muoj iemer oITcn slön, sin werde heil von IHlicgunde.
Waltiieh 74, 18;
nhd. fast immer nur in praedicativer Stellung und in festen for-
mein, heil sein, heil werden, heil machen: so ist der grind
heil. 3 3/os. 13,37; der hcrr wird dich schlahen mit drüsen
Egypti, mit feigwarzen, mit grind und kretz, das du nicht
kanst heil werden. 5 Mos. 28, 27 ; da das ganze volk be-
schnitten war, blieben sie an ircm ort im lagcr, bis sie heil
worden. JosuaS, 8; wir hoffeten, wir sollen heil werden, aber
sihc, so ist mehr Schadens da. Jer. 14,19; heile mich herr,
so werde ich heil. 17,14; es ist umb sonst, das du viel
erzneiest, du wirst doch nicht heil. 46,11; nemct auch salben
zu iren wunden, ob sie vieleicht mücht heil werden. 51, S;
durch welches wunden ir seid heil worden. iPe/r. 2, 24; seine
tüdtliche wunde ward heil, offcnb. 13,3; als nun Galmy der
ritter von seiner empfangenen wunde ganz heil worden war.
Galmy 176; mit solchem wasser wasche man den schaden,
davon wird der schaden heil. Tabernaem. 828 ; er zeigt uns
das ächte gut und macht die herzen heil. Wieland 31,403;
blift dat oge denne wecii, und werde gi hol,
so isset ju doch ein gröt vordel,
gi dorven men ein venster tosluten. Hein. I-\chs 6437;
kein besser kraut für diesen feil,
denn das man mit gedult mach heil.
B. Waldis Esojt I, 6, 50;
war mein herz heil und trügest du das wunde!
Freilicratu ges. diclituiigen 6, 203.
nicht blosz rücksicMich der leibesschäden, auch in bezug auf innere
kranklieiten tiiVd heil gebraucht: eben wollt ich dir schreiben
und dich wo möglich um gute nachricht bitten, ich habe
keine frohe stunde, bis du wieder heil bist. Güthe an frau
V. Stein 2, 73. — Früher noch freier, heil machen retten aus
einer gefahr : und her sach einen gröjiu wint, her vorchle
sich und do her begunde zu sinken, do rufte her und sprach:
herre, mache mich heil! Behaims evang.-buch, Matth. 14,30.
3) heil übertragen, rücksichtlich des erlösens der seele ron der
Sünde: oba ij arloubit s! in sambajtag wola tuon odaubilo.
s61a heila tuon oda furliosan {animatn salvam facere an pcrdcreiJ
Talian 69,4; her sal Iieil machen sin volk von iren sünden.
■ Behaivis evang.-buch, Maith. 1,2t;
wüst du nini, da.sz er hand anleg
auf dasz du ewig hau mögst werden.
ROIPLER V. I.ÖWRNnAF.T 40.
4) stchl in den bisher aufgeführten bvispiekn heil nur von
personen und gliedern des leilu's, so wird zumal im niederdeutschen
sprach^bicle das adjectiv auch von gegenständen t^ovcndet, im sinne
von ganz, vollständig, unzerrissen; schon in aUer zeit:
alts. that feha lakan tehrast
an middion an twi^, that i^r managan dag
an lliemo wilie innan wiui<lron gi.iiriiiniil
hol hangöda. Ilctiaml im'.l;
miut. dat (/io{;) blöf nicht al M\ :
men höw dAr af dat dniddc dAl.
i'. d. Iioltc des hilliijen cru:cs 729 Schrddcr ;
de des middagcs upstcil, de cn slopt nicht den hclen dach,
non sterlil lotam, media qui luce rcsurgil. Tunnich;» 419//o//>m.,
eine nyneghe {keine einzige) heile mark geldes. d. stndlechron.
<(, 142, 20 ; volksmäszig in niederdeutschen gegenden i.<:t er hat kein
licileg hemd auf dem leibe; auch auf dem \Vei:lerwaUle : de
h.'ilo lag, do ganze hMc tag ScnMior we.<iterv>. idiot. 71; delt
gras stellt noch UM {ist noch nidil gesehnilkn). das. ; rhrin-
frdnkisch :
(Vau Holla trirkt op Ihrer bahn,
klemmt np don wagnn moi hnren hespnnni
un Talirt wirk (htw) dnr ilnl hälc lAnd.
W V \Vu nnsOill. rliingxrhtr kinnf {im<J) < 1 1S.
817
HEIL
HEIL
818
hiernach nehmen schriflsleUer nördlicher heimat heil in die Schrift-
sprache auf:
wie schiffe sanken, weil ihr bord
Zuflucht gewährte einem sehlechteu:
so weht das meine heil zum port,
dir zu gefallen, der gerechten!
Freiligrath ijlatibcnsbck. iSö.
foimelhafl vcrbindel sich half und hei, so im sjirichworte dat is
nich half nich hei, ganz und gar nichts; tautologisch steht hei
und all, hei und ganz: heel un all, ganz und gar Schütze
2,121;
se tugcden over Reinken hei unde ganz
schuldich to wesen in der missedät. Rein, fuchs 1S14.
lieil in adverbialer Stellung heiszt ganz, völlig, und war in diesem
sinne und in nicderdailsclier form im 16. jahrh. ata meisten aus
einem Irinkliede bekannt:
es flog ein vögelein über deu Rhein,
hei ut, hei ut, hei ut!
ein gleslein mit külem wein,
es musz getrunken sein !
GöDEKE u. TiTTMANN Hcderb. 133 8;
danach freiFiscuART: nun ist bibendum, nun pede libero zu
trappelen telliis, und zu läppelen häl us. Garg. 95'; veryl.
so fangen se an, ere dröge kele to salven
und supen herum bi hclen und bi halven.
Laurehberg 4, 30S Lappcnb.
doch crstreclU sich der adverbiale gebrauch von heil auch noc/t
auf mitteldeutsche gegcnden , Düringen , Hessen, Franken, wo es
vornehmlich zur Verstärkung von adjectiven dient, vgl. unten heil-
froh; in Hessen heillang: den ganzen heillangen tag hindurch.
ViLMAR 159; in Franken heilwohl zufrieden. Fromm. 2,26";
heil gut, heil gut, laszt uns nun gehn,
dasz wir jetzt nicht die schanz versehn.
WiTTEL Zelotypia (1571) G6'.
hterher fällt auch das alte mord- und rettungsgeschrei heil alle !
mit starker cllipse = alle ganz und gar {mögen zu hilfe kommen),
vcrgl. Grimm rechtsalt. 877.
HEIL, n., Salus, ahd. mhd. heil, t>» verschiedenem sinne.
1) nach dem adj. heil 1 u. 2, gesundheil, namentlich befreiung,
geitesiing von krankheit :
heil erfolgte durch die wunde,
krankheit diente zum gesunde. Logau 1, 73, 96-,
den arzt der jede pflanze nennt,
die wurzeln bis ins tiefste kennt,
dem kranken heil, dem wunden lindrung schafft,
umarm ich hier in geist- und körperkraft. Göthe4I,128;
dem widerspenstigen kranken die mittel seines heils auf-
dringen. Gotter 3, 74.
2) vielfach ist die vm-ige bedeutung zu dem allgemeinen begriffe
wolfahrl, wolergehen, wolbeßnden in bczug auf körperliche Verhält-
nisse nicht nur, sondern auch in bezug auf vermögen, stand,
sociale Stellung u. älinl. erweitert worden : heil, gsundlieit, salus,
nutz, wolstand. Maaler 215''; an seinem heil und wolstand
verzagen, desperare salutem. das.; die ding wüssen ist der
Jünglingen nutz und heil , nosse omnia haec salus est adole-
sccnlulis. das.; seines heils kein rechnung nit haben, sein heil
versäumen und übersähen oder übergäben, sein heil in die
schanz schlahen , deserere salutem. das. ; du hast solch gros
heil gegeben, durch die band deines knechts. richter 15, 18 ;
es sol auf diesen tag niemand sterben , denn der herr hat
heute heil gegeben in Israel. 1 Sam. 11, 13 ; gott ist mein
bort, auf den ich trawc, mein schilt und hörn meines heils.
2 Sam. 22, 3 ; durch in gab der herr heil in Syrien. 2 kön. 5, 1;
der seinem könige gros heil beweiset und wolthut seinem
gesalbten, ps. 18,51; prediget einen lag am andern sein heil
(das heil das von ihm, gott, ausgeht). 96,2; die erde thue sich
auf, und bringe heil. /es. 45, 8; bis das ire gerechtigkeit auf-
gehe wie ein glänz, und ir heil entbrenne wie eine fackel.
62,1; die furcht des herrn .. gibt reichen frieden und heil.
Sir. 1, 23 ; welche die ehre gottes, und desz gemeinen nutzen
heil befürdercn werden. Scuuppids 726; das heil des Staates,
worunter man nicht das wohl der Staatsbürger und ihre glück-
seligkeit verstehen musz . . , sondern den zustand der grösten
Übereinstimmung der Verfassung mit rechtsprincipien. Kant
5,151;
da war es hohe zeit sich an das land zu machen, ^
da saht für euer heil ihr recht den bimmel wachen.
Flbbikg 169, 106 Lappenberg;
der fürs gemeine heil zu sorgen war gebohren.
LouKNsiEiN hyacinthen «. 53;
sie {die liebe) wacht für unser heil, sie lindert unsern kummer.
IIaller "icfiwciz. ijcd. (1768) s. 134:
IV. II,
das wort, das unsern buud gesi.hurzet,
das heil, das uns kein teufel raubt
und kein tyrannentrug uns kürzet,
das sei gehalten uud geglaubt! Arndt ged. (1840) 302;
alles heil soll dich umschweben.
A. W. Schlegel 1, 32;
die mutter starb dir frühe;
man sah an dem vertust,
dasz dir kein heil erblühe
von einer irdschen brüst. Uhiahd ged. 42;
in solchem angedeuken
des laudes heil erneun. 96.
sprichwörtlich: der wölfe tod ist der schaafe heil. Pistorius
thcs. par. 8, ho. 30.
heil in dieser allgevieinen bedeutung berührt sich begrifflich mit
glück , und diese berührung wird sowol durch die tautologischen
vabindungen glück und heil, heil und segen , als durch die
weiter folgenden formein hervorgehoben.
a) Verbindungen von glück und heil : zeit hat glück und
heil. ScHOTTEL 1128'; ahd. hei unde sälda, bona fortuna Gkaff
4, S64;
liej er sich vollecliche bi der mäze wern,
so möht ime gelücke heil uud sa;lde und ere üf riscu.
Walther 29, 31 ;
ich wynsch dem reich gelück und alles hail.
ÜULAND volksl. 426;
heil und segen :
drum rufen wir zum meisler der weit,
er wolle von dem himmelszelt
nur heil und segen gieszeu aus
hier über dieses offne haus. Uhland ged. 62;
heil und wolfahrt:
der allerhöchste gott, der woll euch langes leben
in glück und Unglück heil und alle wolfahrt geben!
Fleming 15S, 18 Lappcnberq.
b) heil wünschen:
si wünschten im alle heiles nach. Wigulois 51, 20;
und got vüege iu heil und ere,
gesehe ich iuch nimraer möre. Iwcin 1991;
wir Juden, ewre brüder, so zu Jerusalem . . sind, wündschen
euch Juden, unsern brüdcrn, so in Egypteu sind, glück und
heil. « Macc. 1, 1 ;
gott geb euch heil und frieden. Bürger 52*.
daher als zuruf, glückwunsch, heil ! heil dir ! heil sei dir ! :
wie oft hat dich dein vatterland,
wan du von meinen groszen printzen
in vil ferr-ligende provintzen
lohwürdig wärest auszgesant,
zumahl voll trawrigkeit und fraid
mit heil, glückwünschung, grusz geehret!
Weckherlin 382.
seit dem IS.jaltrh. sehr gebräuchlich geworden:
heil sei dir! denn du hast mein leben,
die seele mir gerettet; du! Gellert 2, 230;
heil dir, mein .theurer freund! Klopstock 1,50;
heil dir, Macbeth! heil dir, than von Glamis!
Schiller Macbeth 1,5;
all hail, iVIacbeth! hau to thee, thanc of Glamis!;
heil dir, o Jungfrau,
liebliche herrscherin ! br. v. Messina (499*);
dreifaches heil dir! das.;
heil ihnen über diese frage! rief der abbe. Göthe 20,127;
heil fester stein vom festen steine!
heil stolzer freier deutscher manu!
Arndt ged. (1840) 287;
da rief der könig frohgemuth :
heil Milon von Anglanle! Uuland <jcd. ZiC.
aber auch sdion im frühen vihd. bekannt:
heil dir, sprah er, sune min !
mih dunkit, du salt kuninc sin.
Lamprecbts Alexander 398.
turnerisclier grusz ist gut heil! wie gutes glück! guter erfolg!;
mitü. giuj üf den stein, der da stö,
da mite {mit einem becken) des brunncn ein teil:
zwäre, so hästü girot heil,
gescheidestü mit ßren dan. Iwein 5%;
nd. he rep : gut heil, eddel vogcl! Rcinecke fuchs 943.
c) sein heil versuchen : an dem hof waren vill hüpschcr
frauen und junkfrauen , lust zu solichem ritterspill gebent,
den sich VVilwold genau tet , sein hail versuecht , dasz die
ab ime gefallen truegen und er lieb von in gehalten werden
möcht. Wiltv. V. Schaumburg 33; der erst und mannlichst held,
so mir heut zu gesiebt kommet, mit dem wil ich mein heil
versuchen. 6'a/»jy 67; dasz wir beide unser heil gegen ein-
ander versuchen. 14S; sein heil versuchen, vulg. versuchen
62
819
HEIL
HEIL — HülLANl)
820
was man ausrichten könne, loilare, quid valeaiit humeri , an
velil procedere, omnem lapidein movcic. Frisch I, 435';
wir, die wir unser heil noch ferner mit euch wagen,
was traf auch uns vor angst! Fleming 168, Cl Lapjwnb.
d) zum heile ausschlagen: diese that ist ihm nicht zum
heile ausgeschlagen;
mhd. als in ir liinc ze heile sluoc,
so brjaglcn si vil küme daj hröt. Wignlois 137, 31.
f) mit heil, mil glück, mil erfolg:
kain arzt purgiert so gar mit hau,
er ninipt desz guten auch ain thail.
SCHWARZENBERG 13"';
wann ruilt ein mensch inn dieTe höll,
den man mit stricken ziehen soll,
er halt dann Tast dasselbij^ sail,
siinst habt der ober nit mit hail. 155'.
mit heil, mil ellipse eines verbums, etwa gesclwlicii , wird wie
franz. ä la lionne heure gebraucht: will du mich zalen, mit
heil ! wo nit, will ich mich den nächsten zu meins gnadigen
fürslen und heiren von München secretarien verfügen , der
selbig wirt mir wol weg und steg anzeigen, da mit ich zait
werd. L'hi-AND rolksl. 621 ; wilt du gutwillig ausz meinem palast
gehen, mit heil, wo nicht, so lug dasz du sicher Ipndelest,
dasz du nicht mit Unwillen weichen müssest, buch d. liebe 215'.
Die rorslellung des künpigcn glucks und crfolgs, die heil in
diesen formein innewohnt, läszl im mhd. üf ein heil geradezu
die bedcutung aufs geraleieol annehmen :
der besten Küren bleib ein teil
mit den bruodern üf ein heil, tidänd. chron. 2416.
3) auch in anderer weise verallgemeinert sich der begriff 1,
heil heiszl rctlung aus irgend welcher gefahr oder not: denn im
menschen ist kein heil, sagt der 146. psalm. aber mein sieg
und heil ist der herr, der hilft und kan helfen, heil sol
man hie verstehen, sieg oder hülfe, das uns gott leszt , in
seinem namen und wort, endlich den sieg behalten, und
hilft uns, das wir obligen. Luther 5,58', herr, ich warte auf
dein heil. 1 Mos. 49, IS ; sehet zu, was fnr ein heil der herr
heule an euch thun wird, denn diese Egypter, die ir heule
sehet, werdet ir nimmermehr sehen ewiglich. 2 Mos. 14,13;
soll Jonathan sterben der ein solch heil in Israel gelhan hat?
2 Sam. 14,45;
zum buhle da rettet euch! harret derweil!
gleich kehr ich zurück, uns allen ist heil. Göthe 2, 3S ;
G. entferne dich
aus meiner enge reingezognem kreis.
//. den eben such ich auf! da dring ich hin!
dort holf ich heil! du wirst mich nicht versloszen. 9,331.
4) heil, freisein oder erlösung der seele vom zustande der sünde
{vgl. das adj. heil no. 3): mhd. da; ewige heil. Ködiz 56,2;
nhd. heute ist diesem hause heil widerfaren , sinleuial er
{Zacchäus) auch Abrahams son ist. denn des menschen son
ist komen zu suchen und selig zu machen, das verloren ist.
Luc. 19, 10; jene frommen seelen, die das heil den Völkern zu
bringen sich durcli alle weltllieile zerstreuen, (jüthe 23, 124;
valschen samen bat er gesät,
der seien hail ganz hin gewiit. Uhland volksl. 426;
die predig seines hcils. Wkckherlin 97;
dein heil, o Christ, nicht zu verscherzen,
sei wach und niichiern zum gebet! Gellrrt 2, 9S;
bedenke, dasz dicsz wort das heil der ganzen weit,
den rath der Seligkeit, den geist aus goli enthalt. 192;
er ((juU) reinigt dich wie gold im feuor,
macht dir das heil der seelc tbcncr. 217;
mich, spricht er, der mit solchem ernst inul lleisze
«ein {ei'jiucs) heil ges(ha(Tl. VVrKLANn IS, 7S;
euch will i('h meine letzte beichIc thun,
und euer mund soll mir das heil verkiniden.
Schiller U. Stuart 5, 7 ;
denn Jesus Christus ist {geboren,
es scheint das lichte heil gewis. Arnut ■•'■'i 'i-nn ',s:,.
mil dem ungewöhnlichen plur. heile:
sehr bin ich begnadiget worden, habe der bnl.,
glitte« viel empinngen und diiiiko weinend dem geber.
Kl.ypsTocK 6,194 (,M('M. 19, .'.s.').
.'.) eine gewisse personilicalion von heil tritt hervor, wenn der
wnlftihrl , Teilung bringende so bezeichnet wird, nicht häufig im
trclllidien sinne; als anrede an die geliebte:
lart höchste» hail, bewciüzt onch mlll!
Hillilrnn \:X)', IM;
aber im ycullichen sinne, von gott und Chri.\lus, (leniihnUrh : «lar
imimc fk|>racli licr Sjmeöu: lierre, l;V/ (liricii kmlil in xiidc.
wanne niine ougen haben gesehen din heil, da; hedötit:
herre, lä; mich sterben . . und la; mich künden . . da; ich
in minen armen han gchabit der si erlösen sal. d. myst.
1,80,18; er (goU) wird ja mein heil sein. Uiob 13,16; thu
nicht von mir die band ab, gott mein heil. ps. 27,0; er-
höre uns nach der wunderlichen gcrechtigkcit , gott unser
heil. 65,6; der du unser heil und siegman bist. Luther
6,130';
das er (üirislus) sei das leben,
und heil in not und .«tcrbcn. 8, 369';
er sprach zu seinem lieben son,
die zeit ist hie zurbarmen,
far hin meins herzen werde krön,
und sei das heil dem armen. 366';
herr Jesus Christ der heiland
ist unser heil und trost. Uhland volksl. 8-10;
Jesus Christ, -
der unser heil und fürsprech ist.
'(»Clin wir in liüchstcn nölen sein' v, 4;
mein herr und heil. Weckuerli'v "*;
ich lege mich,
mein heil, auf dich,
und ruh in deinen wunden. A. üRYi-nius 1698 2,277;
da sandte gott von seinem ibrop
das heil der weit, dich seinen söhn. Gellert 2, 151 :
du, unser heil und höchstes gut,
vereinest dich mit fleisch und blui. 155;
heil und leben,
lehr mich schweben
durch das grauen zweifeln beben
deinem frommen vater zu. Arndt ged. (1810) 557.
6) Pflanzennamen, a) heil aller schaden, genliana cruciala,
kreuzwurz; auch viscum album , inislel; ferner veronica ofßci-
nalis, grundheil, und achiUea millefolium, Schafgarbe, vgl. heil
allen schaden unter heilen.
b) heil aller weit, veronica offtcinalis, grundheil; agrimonia,
Odermennig ; anagallis arvensis, gauchlicil; geum urbanum, nelken-
kraul.
c) heil aller wunden, sedum tekphium, fette lienne.
d) heil über alles, scnecio saracenicus, lieidnisches wundkraul.
Nemnich.
HEILAND, HI. salvalor, das parlicipium pracs. von iieilen in
noch aller form, wie die Golhcn das nach neuleslamentlichcm
sprachgebrauche auf Christus gewendete griech. ocottjo durch das
pari, nasjands von nasjan rc//c»t wiedergaben, so überselzlen
die von der römischen kirche abhängigen allhochdeulschen und
niederdeutschen stamme das, in gleichem .sinne gebräuchliche lat.
salvator in derselben weise durch ahd. heilant , heiland , alts.
heliand , atlnfr. holand , ags. luelcnd, eine übersclzung, die oft
den characler eines eiyenuamens annahm: siu gibiril sun, inti
thfi ginemnis sinan namon Heilant, bilhiu wanta her sina;
folc heila; tuot fon irö sunlon. Tatian 5,8; dicnso ags.: |»u
nemst hys namen Hjelend: he södlice hys folc häl gedcd
frain hyra synnum. Malth. 1,21;
skalt thana magu födcan
thes höhon hetiankuningcs; tlie skal lleliand tc namon
cgan mit eldiun. Heiland 266.
indem so das parlicipium zu einem festen nominalbegriffe sich
veränderte, blieb die sprachliche form {wie bei den zu eigennamen
gefvordenen parlicipien Wieland, Wigand u. n., veryl. grannn.
4,255) (Zi((/i «6(T die zeit hinaus unangetastet, wo die sfirache
vollere vorale der ableilungssilben in tonloses e umsetzte, mhd.
heilant :
dö half in unser heilant
da^ si in den stunden
ir not wol (iberwnnden. /icr:u<; Ernst 4442 Itartsclt;
nu ist die bctevart so bor,
Crisl reit selber gen Jcnisaleni,
er fürt ein krnze an siner haut;'
nu hell uns der heilant! Umland votkut. 824;
«ii(/ hob sich dadurch von der ijewölinlichen und m tmiiuifunlrni
fjvbrauche stehenden form heilend ab.
Itas nhd. verwendet heiland foliiendermaszeu .
I) «'IC die alte sftrache , von ('JirL<itus: hcilunl aller well,
salvator nosler Jhesus .V/u {Christus), voc. ine. theut. i2'; liAle
ixl uns gcborn der heilant der da ist Christus der herre in
der 8lat Dävidis. lichainis cv.-buch, l.uc. 2,11; alles lleisrh
wir«* den heiland giiltcs sehen. LurriER /.uc. 3, 6; wir liaben
selber gehiini und eikennel, das dieser ist warlich Thrislus,
der Mclt liriiand. Job. 4,42; gleich wie auch ('lui^lii« dnx
lieiilil hl der gemeine, tind er ist seines leibes hrilainl. h'ph.
.'>. 23: unser wanilel aber ist im liimel, von dannen wir auch
821
HEILAND
HEILAND — HEILBRINGEND
S22
k
warten des beilands Jliesu Christi des heim. Phil. 3, 20 ; auch
Luc. 2, 30: meine äugen haben deinen heiiand gesehen, gegen
das griech. ort slSov ol ofd'uXuoi itov to atorrjoiöv oov,
golh. ])ande sehvun augüna nieina naseia J)eina; von Christo
uBserm heiiand. Schlppils 696; so wenig Jesus zweifelt oder
zweifeln kann , dasz gott sein vater sei , so wenig zweifeln
sie {die yläubigen), dasz er der söhn gottes und ihr heiiand
sei. Er^esti predigten (1768)166; ob er gehörig an den heiiand
glaubt? HoLTEi Lammfell 71;
tierr Jesus Christ der heiiand
ist unser heil und irost. Uhlajcd volksl. &40;
DU kom der beiden heiiand. Lithek S, 357*;
Jesus Christus unser heiiand,
der den tod uLerwand. 359";
mein heiiand ! was werd ich heginnen !
ich ganz mit lästern überhäuft. "
A. Grt?hics 169S 2, 2S6;
auf, schicke dich,
recht feierlich
des heilands fest mit danken zu begehen!
Gellert 2, 1S6 [Keihnadüilied);
es wäre
so unerhört doch nicht, dasz uns der heiiand
auf wegen zu sich zöge, die der kluge
von selbst nicht leicht betreten würde.
Lessisg 2, 191 ;
du süszer heiiand Jesus Christ.
Arndt ged. (1&40) 533;
weinet nicht, mein süszes heil,
meinen heiiand hab ich funden. 535.
«6«- eine« von Luther gewagten gegensatz ron heiiand zu feiland
rergl. beim letzteren icorte, theil 3, 144S.
Mit der annifung des heilands werden atisbrüche des Schmerzes
und klagen eingeführt {vergl. gramm. 3, 297) :
kalt wehten entsetzen und grausen sie an.
'o Jesu, mein heiiand, was hab ich gethan?'
sie wand sich das hast von den bänden. Borger 62*.
2) Llther Kandte in der bibeliiberselzung heiiand auch auf gott,
so im alten testamente, uo die LXX gewöhnlich oonr^ia geben :
gott ist mein bort . . mein heiiand der du mir hilfst vom
frevel. 2Sam. 22, 3; hilf uns gott unser heiiand. l cAron. 17,35;
gott der du mein gott und heiiand bist. p^. 51,16; herr gott
mein heiiand, ich schreie tag und nacht für dir. SS, 2; ich
bin der herr, und ist auszer mir kein heiiand {y.ai ovy. e<ni
Txnos^ iuov ao}^iov). Jes. 43, 11. ferner im neuen lestamenle,
wo acoTJ,o bisweilen auch auf gott geht: mein geist frewet sich
gottes meines heilandes. Luc. 1, 47 {auch schon bei Behaim :
min geist hat sich irhaben in gote mime heilande, vulg.
txullavit Spiritus mens in deo salutari meo); das wir auf den
lebendigen gott gehoffet haben, welcher ist der heiiand aller
menschen, sonderiich aber der gleubigen. iTim. 4,10; dem
gott, der allein weise ist, unserm heiiand. Judae 25. hiernach
steht auch anderweit heiiand im gleichem bezuge:
mein herr, mein heiler, mein heiiand. Weckherlis 8;
gott der du stets mein gott und frischer heiiand bist.
FLE«t5G 8, 35 Lappenberg.
3) heiiand, ron menschen, die ron eineni schweren und allge-
meinen übel befreien und heil bringen; zunächst wieder in der
bibelsprache : da schrien die kinder Israel zu dem herrn, und
der herr erwecket inen einen heiiand {aojrrj^a septuag.), der
sie eriöset, Athniel, den son Renas, rieht. 3,9; und der herr
gab Israel einen heiiand {acoTr^giav), der sie aus der gewalt
der Syrer füret. 2*0«. 13,5; und werden heilande {nvaato-
^ouevoi) her auf komen auf den berg Zion, das gebirge
Esau zu richten. Obadja 21. danadi vielfach auch anderweil:
>on der obrigkeit sagte er {Luther): sie sollen diese drei
ainpfer und naramen führen: das sie solten helfen, nehren
und wehren, und also heiszen heiländ, vätter und rctter.
Zi.NKCREF apopliUi. 1 (1626) 252; disz ist Jothams fabel, desz
weisen mannes und groszen regenten , und lieblichen hei-
landes in Israel, Gideons söhn. Scncppius S2S; er war dazu-
mal mein heiiand, asylum, rcfugium meum tunc temporis erat.
Stieler 818; der heiiand des landes. Klinger ///ea/er 4,124;
würde nun einem Staate in den gehörigen Zeiträumen ein
solcher heiiand (irie Cäsar, Friedrich, l^apoleon) beschieden:
so wäre dem slaal jedes stehende beer durch das im heiiand
schlafende erspart und er brauchte für nichts zu sorgen als
für den frieden. J, Fall friedenpr. 7;
nun frewt euch lieben hcrren mein,
der Saul wirdi ewer heiiand sein.
SCBMELZL Haut 29^
Wallenst. sie haben ihren letzten schlusz gefaszt
in Wien, mir den nachfolger schon gegeben.
der Ungarn könig ists, der Ferdinand,
des kaisers söhnlein, der isi jetzt ihr heiiand,
das neu aufgehende gestiru ! Schiller Piccol. 2, 5.
«ifi ausdrücklicher beziehung auf no. 1: bei dem gallerieinspeklor.
den er für einen wahren kunstesel oder palmesel erkläre,
auf dem ein heiiand der kunst mit mühe in das Jerusalem
der gallerie einreite, am ende mehr zum gekreuzigtwerden,
als zum königwerden. J. Paul komel 3,109; denke nur nie-
mand, dasz man auf ihn als den heiiand gewartet habe.
GöTHE 56, 131.
4) heiiand nennen die bauren uff den Schwarzwalt und im
Preiszgau den mon, wenn sie ihn ehreriietig nennen wollen.
Simpl. calender 60.
5) heiiand, die pflanze sambucus ebulus, allich, Nekmcb
4, 1217.
6) heiiand, eine binde ßr wunden, rergl. heilend.
HEILANDIN, f, nach heiiand 3: wen unter diesen Herodes-
bescbirapfungen seiner heilandin nicht einmal der stolz auf-
richtete. J. Paul uns. löge 2, 123.
HEILANSTALT, f. anstatt zum heilen von krankheiien.
HEILARM, m. : heilarm, hülfarm, rettarm, schulzarm, suppe-
tiae, auxilia, brachia, quibus fidere possumus, manus auxiliaris.
Stieler 54.
HEILART, /•. art krankheilen zu Iteilen.
HEILAUSSCHUSZ, m.: es ist der söhn jenes tugendhaften
kriegers, der im heilausschusz sasz und den sieg organisierte,
es ist Hippolyt Carnot. heilausschusz I comite du salut pu-
blic ! das wort klingt noch weit erschütternder als der name
Napoleon Bonaparte. H.Heine 9,119.
HEILBAD , n. bad zu heilzwecken : gesundbäder, Ihermae
salutares, melallicae, alias heilbäder. Stieler 77;
der einst hier für das zipperlein
dies warme heilbad brauchen sollte,
und dessen eminenz hier in Gasiein
so wie in Salzburg residiren wollte. Blcxacer 1, 192.
HEILBALSÄM, m. baisam zur heilung von wunden, auch
übertragen: der glaube, der heilbalsam der heutigen Philo-
sophie. Klixcer 3, viii.
HEILBAR, adj. in zwei bedeutungen, activ und passiv.
1) in der älteren ^ache, wie im mhd. heilbaere, glück, heil
bringend, gewöhnlidi auf das geistliche heil bezogen : in dem er
(Christus) dir hat ein ebenpild haylperer undertenigkeyt vor-
getragen, lurzmaner 79'; o du sueszerund haylper nam Jhesu,
der allen sewchen hailf. 2o'; die werden verfürt , die da
gleuben, das der ablas heilbar und zu frucht des geists nütz
und dienstlich sei. Luther l, 25S'.
2) jünger ist die passive bedeutung was geheilt werden kann,
sanabiUs {und wahrscheinlich nicht wie die erste rom subsl. heil,
sondern rom rerbum heilen hergeleitet, rgL über die ableitungs-
silbe bar th. 1,1120. 1121): eine heilbare wunde, rulnus sanabile,
das ist noch eine heilbare krankheit, morbus adhuc sanabilis
est. Steixbacb 1, 723 ; was an dem leibe noch heilbar, quod
in corpore medicabUe. das. ; eine blasse färbe, die . . auf eine
heilbare krankheit deutet. Göthe 16,206; er versicherte, dasz
es der einzige weg sei, sie zu heilen, wenn sie heilbar wären.
20, 215; heilbare nichtigkeiten im gerichtlichen verfahren.
Martin procesz -(ISOO) s. 261.
HEILBARLICH, adv. medicabiHter. Steikbach 1, 723.
HEILBERTIG s. heilwärfig.
HEILßlNDE, f : die fiirstin hatte zwei Verhüllungen, wovon
er die eine sehr liebte und die andre sehr hasztc. die ge-
liebte war ein schleier, der für ihre wunden äugen eine heil-
binde war. J. Paul Ilesp. 3, 29.
HEILBLATT, n. l) thalicirum ßavum und thalictrum minus,
Wiesenraule. Nem.mcu 4,1452; die Wiesenrauten oder heilblat
wirdt heutiges tags sehr gepriesen und gelobt. Tabernaem.
kräuterb. (töSS) 147.
2) ai<f/i aristolochia clemalitis, gemeine Osterluzei, heiszl heil-
blatt. Nemmcu 1,458.
HEILBOCK, m. verschnittener bock. Nevxich 2^818; heil-
bock caf<!r Maaler 215*; caper, ein heilbock, oder ein bock,
dem verschnitten ist. glosse in Vergil. ojtp. ed. Egenolph {Frankf
1597) 312'. vergL unten heilen für verschneiden.
HEILBRINGEND, part.: und nun ist ja in der that es
würdig, recht und heilbringend, mit den waffen mensch-
licher Wissenschaft die apostolicität des ganzen neuen lesta-
ments nachzuweisen, evangel. kirchenseitung 1867 s. 546.
823
TIEILBRINGER — HEILEN
HEILEN
824
HEILBRINGER, m. : Jesus . . hciland, heilbringer, seelig-
inachor. eihaller. Stiei.er 886.
HKILBRDNNEN, vi. brunnen der heilung bewirkt, gesnnd-
bruniien : gcsundlieits- oder hcilbrunn , fons medicalus , salu-
taris, dkinus. Stieier 253; meine meinung wäre (sintemal er
alle brunnenquellen in der weit zu dirigiren bäflc) von ihm
einen gesundbrunnen auf meinen bof zu begehren . . . der
fürst oder rcgent über das stille meer und dessen hülen ant-
wortete ... so hätten jedoch dergleichen heiihrunnen in die
♦iinge keinen bestand. Simpl. 2,77 Kurz; die jenige wundcr-
barlichc würkung, die man an solchen neuen heilbrünnen
sihet. das. bildlich: gott der herr ist meine Sterke, und mein
psalm , und ist mein heil, ir werdet mit frcuden wasser
schepfen, aus den heiihrunnen. Jos. 12,3;
rtie scitc {Christi) voller bohl läszt sich den staiil diirchstcchcn,
die aller iin.«!chuid silz, der liehe hcilhrunn war.
LonKNSTKiN geisll. qcdankon 19.
HEILBUTT, »7». pleuronccles hippoglossus, ein groszer plallßsch ;
auch heiligebutt. Nemnich 4, lOOS; den besten geschinack
haben die heilbütte von 40 bis 10 pfund. 1009. auch fem.:
da wo man die grosze heilbütte fängt, und ihre flössen, raft
genannt, gesalzen versendet. Dahlmann ddn. gcsch. 2, 77.
HEILDIEiNEK, m. wird neuerdings in Preuszcn ein gehilfc
genannt , der in lazareten und anderswo niedere chirurgische
dienslc leLttd.
HEILDRÜSE, f. : panus, panicula, humor in inguinibus maxime,
sed alia quoque mevibra infesta, heildrüs. Ai.berus diel, k 4*.
isl es nur eine entarlung von hegedrüse, heidrüse sj). 776?
HEILE, f. heilung, genesung ; ahd. heili in geistlichem sinne :
quadrigae tuac salvatio . . . dine reita sint dien heilt die an
dih keloubent. Hattemer dcnkm. 2, 512'; später in niedici-
nüchcm : die üll . . sinth auch gulh zu der heil. H. v. Pfols-
PRCNDT buch der bünd-ertznei 26,4; das leinöl ist das beste
zu aller heil. 26, 8, •'so nimestu an der heile kein schaden.
28, 16.
HEILEBART, m. in Braunscliweig benennung des slorches,
Nemicich 1,431. aus adcbär verderbt; vergl. 1,176.
HEILE.N , vcrb. heil machen und heil werden, bade begriffe
sind im ahd. noch durch die form geschieden: heilan sanare,
heilen sanescere; im mhd. aber sind sie bereits in der einen form
heilen zusammengeflossen , die nun sowol activ als passiv nach
den verschiedenen bedeulungen des adj. heil steht.
l. heilen activ und transitiv.
1) mit dem acc. der person , einen von einer krankheit oder
einem Icibesschaden herstellen : ahd. bat inan , tha; her nidar-
stigi inti heilti sinan sun, ther bigan tho sterban. Tat. 55, 2;
mlid. Liulgast peheilet siner wunden was. Nib. 311, 1;
nhd. her gap en craft und gewalt ubir alle töfelc, und da;
si die soeben heiletcn. Dehaims ev.-buch, Luc. 9,1; da heiletc
gott Abimclech und sein weih und seine megde, das sie
kindcr gebaren. Luther \ Mos. 20,1"; ach gott, heile sie.
A Mos. 12,13; der herr wird dich schlahcn mit einer bösen
drüs an den knien und waden, das du nicht kanst gehcilet
werden. 5 Mos. 28, 35 ; da kcrct Joram der künig umb, das
er sich heilen liesze zu Israel von den schlegen. 2 kön. 8, 29 ;
sihe, ich wil sie heilen und gesund machen. Jer. 33, 6; dein
schaden ist gros, wie ein meer, wer kan dich heilen? klaget.
2,13; da ward ein besessener zu im bracht, der war blind
und stum, und er heilet in. Matth. 12,22; rürel sein ohr
an, und heilet in. Luc. 22,51; sie hielten sich für geheilt.
GöTHE 20,279;
zwccn rrommc wundcrlh&ter . . .
verbannten manchen kobold,
und manchen liösen alp,
und h(!ilt(!n manchen Junker
und manches kranke kalb. IIöi.tt 8 Halm;
be.sser wiir«,
wenn wir ihn (den am fusze bcncMdiiUcn freuml) hcilrn
konnten, lieber gleich
aur treuen rath des nrztcs eine cur
versuchten, dann mit dem Kohcilien froh
den neuen weg deit rriKChnn Icbenfi gingen. GAthr 0, 114 i
im Wlldbad will er reiten, wo hcisz ein quell entspringt,
der sieche hellt und krül'iigt, der greise wieder jflngt.
IIULAKD ijcil. 358.
r« hei»zt einen von einer krankheit heilen : als ob ich ihn
davon (com Wahnsinn) heilen konnte! Abkken Grrifensec (IHdi)
2, 18,
2) ttall der penton vird dn kranke leibealml in den ace. gr-
tetU : wenne man si (Imsenlunqr) /rreibel .. so haill si mücd
f" '^ i, ■ ' 11,17 einem von adcl
damit einen halsz geheilet, welchem unterschiedene lücher
hinein gefaulet. Acricoi.a neue feldscherkunsl (1701) 73;
ja er heilt Malchus ohr der um ihn stricke flicht.
LoHEKSTEifl geisll. gcdanken 77.
3) heilen mit dem acc. des zu entfernenden leibesschadens :
ahd. der alle dine siecheitc heilet. Notker ps. 102 {Hattemer
2,364''); mhd. des selben rindcs milch .. haill frische wunden.
Mecenberc 123,15; sein gall .. hailt der wunden mSjcn und
bailt auch der urn smerzen. das.;
arzte jrewan her GAwein,
Im sell)en undc in zwcin,
ze hcilennc ir wimden. Iwcin 7775;
nhd. und nach dem allen, plaget in der herr in seinem cin-
gewcide mit solcher krankheit, die nicht zu heilen war. 2 chron.
21,18; damit heilet er und vertreibt die schmerzen. Str. 38^7;
heilet allerlei seuchc und krankheit im volk. Matth. 4,23;
weil die heiligen keine krankheit mehr heilclen, suchten die
Icut die ärzt wieder. Zinkgref apoplilh. i (102C) 276; da bc-
guntc ihm der geheilete schaden zu schmerzen. Acricola neue
feldscherkunsl (l701)21; mit diesem pflaster wirst du alle haupt-
wunden glücklich heilen. 42; eine wunde, nachdem sie schon
eine geraume zeit geheilet. 56. nicht blosz personen, auch medi-
camente werden so heilend gedacht; das pflaster heilt die wunde;
CS ist ein heilsam arzt, der solche salb erthcilt,
die alle wunden schmiert, nie aber keine heilt.
LOCAU 3, 217;
ach I solche laugen heilt den alleriirgsten grind.
Rachkl sat. (1677) 21.
hierher auch das imperativischc compositum heil allen schaden
als pflanzenname, gcntiana cruciata, kreuzenzian. Nemnich3,35;
veronica offiänalis, grundheil. 4,1555; achillca millefolium, Schaf-
garbe (in Slraszburg). 1,36. in der Allmark : heilt allen schaoden,
viscum album. Schiller z. tider- u. kräulabuchc 3, 37*. vergl.
das subst. heil 6, sp. 820.
4) heilen, übertragen auf das erlösen von der sünde {vgl. das
adj. heil 3, sp. SIC): des menschin sun ist kumen zu hcilene
da; vertorbin was. Bchaims ev.-buch, Malth. 18, 11 {bei Lutukii
selig zu machen, das verloren ist); die Übertragung ist oft aus-
drücklich an die vorigen bcdeutungen angelehnt: herr, sei mir
gnädig, denn ich bin schwach, heile mich herr, denn meine
gebeine sind erschrocken, ps. 6,3; heile meine seele, denn
ich habe an dir gesündigt. 41,5; der dir alle deine sündr
vergibt, und heilet alle deine gebrechen. 103,3; so keret im
wider, ir abtrünnige kinder, so wil ich euch heilen von ewreni
ungehorsam. Jer. 3, 22; ir sünd damit zu büszcn, und ir ver
wundt gewissen zu heilen. S.Frank sprichw. 2,192;
di schlang erhöhet an dem pfal,
verwundter menschen hailt on zal.
SCHWARZENRERG 154*;
dasz dein blut, so von dir flcuszt,
ein bewehrter baisam heiszt,
der die alte sündenbeulcn
kan mit einem tropfen heilen. Caniz gcd. (1727) 21.
5) heilen wird, namentlich in der neuern spräche, auch bild-
lich von dem befreien geistiger und seelischer laden und unvoll-
kommenhciten gebraucht: die zeit heilt den kumincr; so wil
ich ir abtretlen wider heilen. Ilosea 14,5; alle meine furchl
ist geheilt. Kmnger 1,257; selbst meine gewandlheit heilte
nicht alle seine zwcifel. 9,182; einen von vorurtheilen heilen.
11,131; wir können uns von dem krebsschaden der vonir-
theilc vieler Jahrtausende noch niclit heilen. !lEiNSE/lr(/ifi/)/if//()
2 (1787) 51 ; der lange schlaf des todes schlieszt unsere narben
zu, und der kurze des lebcns unsere wunden, der schlaf ist
die hülfte der zeit, die uns heilt. J. Paul Ucsp. 2,116;
drum liAngc Doolin auch gerechter rachgier nach.
znmahl, da sie dorn ji'inglitig allgemach
die scelcnnundcn heilt, die Weichlichkeit verscheuchet.
A1.XINGER Doolin 9v 4;
lastt diesen hftndedruck die wunde heilen,
die meine zunge fthcrcilcnd schlug. Scmit.ntL jiingfr. ?. .';
sollte denn
von allen riltcrn dieses hol» nicht einer,,
von allen damen keine — sie zu heilen {irlirdig sein)'/
Ol r/o« 2, »i
wie den bezauberten von rnu.och tmd wahn
der goitheii nAlie leicht und willig heilt;
sn war auch ich %'on aller phanliiüir,
von Jeder sucht, von jedem rnUrhon triebe
mit <Unnm blick in deinen blick geheilt. G6m 0, n>>.
ol sprich es aus,
ein hohes wort, dos mich »u heilen iflne. 342.
825
HEILEN
HEn.EM) — HEILERSCHREIEN
826
(;) seilen liciszt heilen, will sächlichem object, aus einer gefahr
reiten [vergl. das sitbst. heil 3, sp. 819) :
sein hauptlewt und befehlslewt gut
ir leben heilten in gueter huet. Soliac 417 (i-. 1564).
7) heilen, ganz machen, von dingen gebraucht, schlieszt sich der
nieder- und millcldeulschen bedculung des adj. heil (4, sp. 819)
an : da alles voIk zu im trat, heilet er den altar des herin
der zubrochen war. ikijn. 18,30; wenn ich den himel zu-
schliesze das nicht regent, oder heisze die hevrschrecken das
land fressen . . und sie betten und mein angesicht suchen,-
und sich von iren bösen wegen bekeren weiden, so wil ich
vom himel hören, und ire sünde vergeben, und ir land heilen.
2 chron. 1, 14 ; der du die erde bewegt und zurissen hast,
heile ire brüche, die so zurschellet ist. ps. 60, 4 ; noch heute
in Düringen volkstnäszig : die risse in einem Stiefel heilen;
die schaden eines gebäudes heilen; wie audi das folgende
sprichtcort sowol in dieser, als auch in der bedeutung 3 gebraucht
nird: alte schaden sind bös heilen. Simrock sprichu: s. 475.
Dagegen sind der modernen gewäldten spräche angehörige formein,
uic : einen risz in der freundscbaft heilen : aber noch blieb
mir etwas übrig, womit ich die beleidigte gesetze versöhnen
und die miszhandelte Ordnung wiederum heilen kann. Schiller
räuber 5, 2 ;
laszt mich diesen risz
schnell heilend schlieszen, eh er ewig wird, jungfr. 2, 2,
nur bilder, von der bedeutung 1 w. 3 auf gegenstände und ein-
riclUungen übertragen.
8) oft ist in den bedeulungen 1 — 5 das persönliche oder sächliche
f'hjcct unterdrückt: ahd. salbutun mit olu manage inti heiltun.
Tatian 44, 29 ; mhd. und nhd. und si gingen üj . . . heilinde
allinthalbin. Behaims cv.-buch, Luc. 9,6;
diu guote wundet unde heilet,
der ich vor in allen dienen sei. Waither 98, 34;
ich kan schlagen oder heilen. 5 Mos. 32, 39 ; die schrift-
gelerten und phariseer hielten auf in, ob er auch heilen
würde am sabbath. Luc. 6,7;
wenn das vertrauen heilt, so heil ich bald. Göthe 9, 178;
nur heilen will er {der quell) künftig, nicht erschrecken.
13, 257.
so steht auch der sid>slanlivisch gebrauchte inf. heilen mehrfach
absolut: bis der grim des herrn über sein volk wuchs, das
kein heilen mehr da war. 5 Mos. 32, 39 ;
0 wort der schrecken und der freuden,
zum heilen mächtig und zerschneiden !
Ar:idt geil. (1810) 559.
9) eigenthümlich ist einigemal heilen mit dem dat. stall des acc.
K'rhunden, eine icol dem lat. mederi nachgebildete construclion :
o du sueszer und hailper nam Jhesu, der allen sewchen hailt.
herzmaner 20*; s. Johann und s. Valentin heiin .. den fal-
lenden siechtagen. Fischart bienk. 184*.
IL heilen passiv und intransitiv.
1) heil werden, von personen : des hagdorns sam . . ist den
kinden guot, diu ir ärmel oben verlaidigt habent an der
wegung: wenn si den sämen trinkent, su hailent si. Megen-
BERG316, 12; gewöhnlicher von Icibesschäden und wunden : wenn
in jemands Heisch an der haut eine drüs wird, und wider
heilet. 3 Mos. 13,18; du menschenkind, ich wil den arm
Pharao des königes von Egypten zubrechen, und sihe, er sol
nicht verbunden werden, das er heilen möge. A/es. 30, 21; es
begiebt sich oftermahls, das von wegen einer leibesschwach-
heit keine wunden heilen will. Agricola neue feldscherkunst
(1701) X. 5; es heilet eine wunde viel besser ungeheftet. 82;
•der stich fängt an zu heilen, vulnus ex idu consanescit, coire
videtur. Stieler 819; die schlage heilen, consanantur plagae.
Steinbach 1, 724 ; es heilte glücklich bis auf die wüste narbe.
Schiller räuber 4, 3.
2) in bezug auf seelenleiden :
brecht auf, ihr wunden meiner seele,
und heilet nie! Raxler 2, 35.
HEILEN, verb. castrieren, verschneiden: castrare heilen, nrf,
heien, also mau dcme quecke doif. Dief. 105'; eunuchus ge-
helit man 213'; heilen, verschneiden, auszschneiden, evirarc,
evirare corpnis, castrare Maaler 216"; heilen, .. porcos castrare
Stieler 81S ; in Vorarlberg hüla castrieren (widder, stier, hengst)
Fromm. 5, 486 ; doch wellicher under inen den huobern gc-
meinklich oder sonderlich under siner zal galtvech zwen
geheilel slier hette, der möge mit denselben ouch wol zum
zugvech zc weid faren . . . aber under dem galtvech damit
man zuo den kügen zuo weide fart, soll dhein geheilter stier
sein. Hotz Zürcher urkundenb. 1, 142 (von 1576).
Es fehlt jeder anhält dafür, dasz das verbum mit dem vorigen
heilen sanare ursprünglich identisch sei, wenn auch ein siclierer
aufschlusz Hber etymologische verhällnisse niclü gegeben werden
kann, auffallend klingt an das irische caillira, verderbe, castriere.
HEILEND, n. eine binde wie sie der Wundarzt braucht: du
soll auch allwegen die arm oder die bein mit häylenden
binden, wo dann die wund ist. Gersdorf feldb. d. wundarzn.
(152S) 35; so nim ein heylandt von einem tuch, damit man
einen bindet dem man ader laszt. das.; dorumb gobent sye
im uff ein solichs geleilt, ein gehürnte frog, eine gabelechte
frog. alsz die böszen knaben thund. man spricht gemein-
lich, hut dich vor den geteilten, die mit dem lotterholz geben
eim das selb holz zwischen beide hend , und machent ein
heilant dorumb , und wettent mit eim, ob es härab gang,
oder nit. welches er denn erwelet, so ist es verloren. Keisers-
BERG postill (1522) 2, 74'.
HEILER, m. der heil macht.
1) allgemein, der wunden heilt: alid. dir irbaront sie iru
vulnera (wundiin), wanda du iro sanator (heilarc) bist. Notker
ps. 68 (Hattemer 2, 234') ; mhd. her sal heilen Jesus, da; dütit
ein heilere, wan her sal uns heilen von tätlichen wunden.
d. myst. 1,111,19;
wände ejn wart ze der stat
nie bähest mS gesät
der baj ein heiisere
der sele wunden wsere. Gregor. 3621;
nhd. heiler mit der enenei, curator, remediator. voc. ine. Uteut.
i2'; sanator, heiler, arzt Kirsch comuc; die heiler sind nicht
alle heiler, medicantes non semper sunt medentes. Stieler 818.
2) heiler, salvator, wie heilant als stehende bczeichnung Christi :
aAd. heilari ; aftn/ranA. likhamon thes helires. Werdener psalm-
commentar 61 ; mhd. heilaere Lexer wb. 1, 1211 ; nhd. heiliger
und barmherziger heiler, ewiger gott. Basler plenarium von
1514, l'; in der nacht da Maria Christum den heiler gebahr.
Praetoriüs salurnalia 1663 s. 364.
HEILER, m. junges verschnittenes pferd oder rind (nach Scbuei-
lers deutung, das noch nicht oder noch nicht seit langem wieder
ganz geheilt ist). Schh. 2,169. vgl heilpferd. — In Düringen
hciszt heiler der schwänschneider. Stieler 818.
HEILERBE, m. erbe des heiU :
es sing ihm der heilerb, und cherub!
Klopsiock 6, 2S6; vergl. 289.
HEILERGESCHREI, n., in älterer form heilalgeschrei, der
ruf um hilfe, nach den warten heil alle ! (sp. 817) gebildet, vgl.
rechtsall. 877; dann in weiterer bedeutung klagegeschrei , belei-
digender, herausfordernder, zum aufruhr reizender ruf die forvi
wechselt mehrfach, das wort ist als juristische bezäcitnung des mord-
geschreis noch in anwendung gewesen, als der ruf, der dieser
bezeichnung zu gründe lag, nicht mehr angewendet wurde; woraus
die manigfachc verderbnis des Wortes sich erklärt: Herman Lore
hat zu Bergkheym obir den schynder eyn heylergeschrey
gemacht, ungedrucktes buszregister der grafschaft Büdingen von
1475 — 82; Henn Raezkoph-hat by nacht eyn heilergeschrey
gemacht, das.; dafür heilgeschrei : das jhene, das an das
landtgeiicht gehöret ghein Oberrambstadt, nemblich diepstall,
mordt, heilgeschrei und nachtbrandt. weislh. 4, 541 ; heiliger-
geschrei: item wer es sach, daj einer solich . . frebel ver-
brochen bette, und ein amptman adir schollcsz angriffe und
hiesz ym bürgen off der scheffen sprach, und eyner queme
mit wirhafliger band und understünde dem amptman adir
dem scholteszen den zu entweldigen usz der friheyt, und
auch der selbe ein heiligergeschrei mecht, der darf unszers
herren genade wol. 2,229; andere formen: heilachgeschrei.
Lexer jc6. 1, 1211 ; heilawcgeschrei. Haltaus 904; heuer- oder
mordtgeschrei. 905. die belege sind den hesäschcn gegenden zu-
gehörig; vergl. aucli Vilmar 158. 5. heiierschreien.
HEILERIN, /■.;
du bist der krankheit heilerin. WECKnERn:« 764.
HEILERSCHREIEN, verb., ein hciUrgeschrei ausstoszen: Pedcr
Hulks frauwe hat snyder Henchisz frauwen ein stule genomen
dar uff se sasz und hat se da mit geslan das se heylcr-
schrey. ungedruckies biiszregisler der grafschaft Büdingen von
1475—82; Henn Keiser hat Elszcn geslagcn mit eim knoltel
das se gcheilerschrit hat. das. aucfi transitiv: der selbe hat
Anna geheilerschreit und hat se auch inn das wasser ge-
wnrf'Mi und gp=lncen. ebenda.
827
IIEILFELS — HEILIG
HEILIG
828
HEILFELS. r». refugiuvi, petra salulis. Steinbach 1, 43t.
HEILFEHTIG, adj. salutifer, utilis, santis. Stieler 40G. da-
selbst heilfertigkeil, ulilitas, coiiimodum, sanilas.
HEILF1{AU , f. ärzlin : zu Honi lebe eine berühmte licil-
frau, die diesem siechthiira abhelfen könne. Gälmm deutsche
sagen 2, no. 442. rergl. heilmann.
HEILFROH, adj. und adv. in vollem masze, ganz und gar froh
{vgl. heil 4, sp. 817): ich war heilfroh, als der erschütternde
psalm zu ende war. Tiiümmel 3, 58 ; wie heilfroh blickte ich
an den blauen himmel hinauf, als ich den klosterhof zehn
schritte hinter mir hatte! 5,384; ich bin heilfroh. Guthe
an Zelter 463 ; sie hat sich immer wunder wieviel auf ihr
hübsches mäskchen eingebildet .. das soll sie nun wol bleiben
lassen und kann heilfroh sein, wenn ich sie hinterher noch
nehme. Spielhac^n die dorfcoqnettc (1869) s. 106.
HEILGEHILFE, m. kos heildicner.
HEILGESANG, m.:
doch, 0 forsten, hört,
den heilgesang des volks. Stolberg 4, 219.
HEILGESCHÄFT, n, geschdß des arzles. bldller für lit. unler-
hillung 1S46 s. 567.
HEILGICHEN, m. ah diminutiv zu heilig, in ironischem sinne :
{ich weisz dasz die gemeine sachc ist) Christi und gottes selber,
welche nicht also erblaszt irer sünde halben, wie ich einzeles
heilgichen erblassen und zittern mus. Luther 5, 42'.
HEILGIEßIG, adj. begierig nach dem {ewigen) heil:
und immerdar bereit
mit lieb und ohne forcht die wältlicti eutelkeit,
so bald nur goit gebicth, lieilgiirig aurzugeben.
ROMPLER 112.
HEILGIFT, n. aconitum anlhora , heilsamer sturmhut, eine
giftpflanze. Nemnich 1, 50.
HEILGÜRKE, f. momordica balsamina, balsamapfel.
HEILHACKER, m. scolopax arquata, eine schnepfenart.
HEILHOLDER, m. sambucus ebulus, altich. Nemnich 4,1217.
vergl. heiland.
HEILHORN, »j. nach der biblischen form hörn des heils,
vergl. unter heil sp. 817 :
er hat uns ulTgricht sin heilhorn
in sins kinds Davids hiisz erkorn. trag. Joh. Av.
HEILIG, adj. und adv. sanctus, sancte.
Ahd. heilag, mhd. heilec; ahn fr. heilig; alts. helag; fries.
hrlich ; ags. haiig, engl, holy; ahn. heilagr. goth. mangelt das
uort und wird durcli veihs vertreten, das vielgebrauchte adjecliv
hat in eigenthümlicher weise eine vocalverkilrzung seiner Stamm-
silbe erfahren, die, sicA weil bin erstreckend, nach verschiedenen
dialecten verschieden zu tage tritt, im wind, wurde ahes helag,
heiig zu hillig, hilg:
se scholde it ok an den hilligen dagen
10 pinxien in dat munsler dragen. Zeno 169 Liibben;
den rechten wech na dem hijgen grave. lieinecke fuclis 2'SO ;
eine form die sich auch zum theil im friesischen findet: also
helpe thi god and sin hilge moder sente Maria. Richthofen
245', 1. anderswo trat heilig zu heiig, helg zurück: so im alt-
nord. wo neben heilagr sich schwaches helgi , Jielga entwickelt,
auch acc. dat. helgan, hcigum vorkommt, nach welchen letzteren
ddn. heilig, schwed. heiig gebildet ist; ganz gleich in mittel- und
oberdeutschen dialecten : der heiig Joannes. Zwinch vom touf
i2'; ich touf dich im namen des vatters und suns und lie-
ligen geists. i 3*, neben heilig geisl daselbst;
all beigen stet wirt er verschmähen.
Gejigehbacu Nültlt. 763 ;
ward (iir in bracht ein beiger man.
104C {neben di« lieilig erden; vergl.
ferner im. 137. 418);
der heiig gei«te (Tomen «ol,
der mag das wol voihringcn.
Uhla!«» votkst. 871 {vergl. 410. 4M);
zumal auch dann , wenn das adj. in snbstantivem gebrauch er-
scheint: patronus hclig der kirchen Dief. 417' {rhein., \{).jahrh.);
l-atronus . . ein helge von der kirchen. voc. opt. Leipzig 1501
15*; bair. hälling. Sch«. 1,107S Frommann;
m.inchcr «pricht er hab hilf von beigen envorbcn.
SOLTAU I, 2.'):i,
daR gotzwori bet ty Juda« giert,
dar ilürcli verrÄiery wirt gemert,
•'iMl hPis kein bellig geitclirilirn.
•i, 143. 5 {Sutolhurn 1.'.3.1).
in der Scliwriz jetzt helge hnluienbtld , dann bild überliaufil.
Stai.IiKR 2.36; im fiatsaui.'-rhrn hclli»;n fahncn mit bililcm von,
'■■■•'' ^iMi ••■" • .' :"i/fn 3, rf.
Die eigentliche bedeutung des adjedivs, heil habend, mit sich
führend, erscheint von allem an fang an auf das gcislliclie lieil,
die erlüsung von der sünde {no. 4, sp. 819) bezogen, wahrschein-
lich dasz heilig, da es so ausschlieszlich cultuswort ist, fd)erftaupt
cr.'it zur zeit der 7mssion in den angelsäclisischen nnd westdeutschen
landen gebildet wurde, es tritt als cpilheton zundclisl des retlung
bringenden citristengoltes , der personen der trinität, der vuitter
gottes und der heiligen auf und erlangt dann freiere Verwendung.
1) heilig, bezogen auf die göttlichen personen : aM. cot heilac.
W'cssobr. gebet 8 ; unser herro der heilige Christ. MCllenhoff
u. Scherer 210,4,4; inphieng thö antwurti fon Ihemo beilegen
gciste. Tatian 7, 4 ; an der hciligun trinemmid« gloubich.
MtjLi.ENH. u. Scherer 222,8; mhd. also werdent ouch die
siben gäbe des heiligen geistes übernätiurlich der sele in
gegojjen. J. myst. 2, 328, 2 ; in dem muote der ein bilde der
heiligen drivaltikeit in der sele ist. 359,26;
diu aller megde spiegel ist,
diu den vil heiligen Krist,
aller keiser keiser, truoc. g. Gerh. 2240;
nu hiien wir den heiligen geist
umb den rehten glouben allermeist;
nhd. ir künd dem herrn nicht dienen, denn er ist ein heiliger
gotf. Jos. 24,19; verwirf mich nicht von deinem angesichle
und nim deinen heiligen geist nicht von mir. ps. 51,13; heilig,
heilig, heilig ist der herr zebaoth. Jes. 0,3; sendest deinen
heiligen geist aus der höhe, weish. Sal. 9, 17 ; erfand sichs
das sie schwanger war von dem heiligen geist. Matlh. 1,18;
heiliger vater, erhalt sie in deinem namen. Jos. 17,11; sie
haben sich versamlet über dein heiliges kind Jhesu. apostel-
gesch. 4, 27 ; ob {über) im erschyncn ist gott der heilig geist
in gestalt einer tuben. Keisersberg postill (1522) 2,13'; von
dem heiligen aller heiligen, von Christo Jesu. 117";
so bitten wir den vil heiligen Crist
der alle der weite gewaltig ist. Uhland votksl. 825;
kom heiliger geist, herre gott. Luther 8, 360';
du lieber tieilger frommer Christ,
der für uns kinder kommen ist. liindcrlied;
weltricbter! schrecklicher! hör unser jammernd flehnl
lasz uns nicht ganz vor dir, du heiliger, vcrgehn !
Klopstock 7, 216.
auch thcile, eigenschaßen , altribute , handlungen der göttlichen
personen hciszcn heilig : ich gloubo daj diu sin heiligosta sCIa
do vone demo lichaman zi helle nider vuor mit der siner
golelichun krei'te. MCllenh. «. Scherer 223, 51 ; sundcriichen
sali du mich (Christum) biten, daj ich dich teilhaftig mache
mines heiligen lidenes und ininer heiligen werke di ich habe
getan üf ertliche, d. myst. 1,4,30; gott dein weg ist heilig.
ps. 77,14; sage Aaion und seinen sönen, das sie ., meinen
heiligen namen nicht entheiligen , denn ich bin der herr.
i Mos. 22,2; heilig und hehr ist sein name. ps. 111,9; {der
herr) sieget mit seiner rechten, und mit seinem heiligen arm.
9S, 1;
die hcilgen schlafe (Clirisli) stebn von tausend kreilen ofTeu.
Lohenstein gcisll. ged. s. 17.
als ausruf des erstauncns und Schreckens dient heiliger gott!;
hilf, heiliger gott! Schiller räutec 4, 2; wofür verblaszter auch
heiliger himmel steht:
0 heiliger himmel! verzeih mir die süiid! Borger 36".
der heilige Christ ist auch auf die weihnachlsgesclienke überlra-gen
worden, weil man sich Christus ab gesehen kgcber denkt [s. Christ-
kind, christkindchen theil 2, 62.>): einem den heiligen Christ
geben, munus natalilium offene alicui. Stieler 206; ein statt-
licher heiliger Christ, amplissimum donum, lectissima munera
nalalitia Christi, das.
2) heilig gehl ferner auf die enget, die Jungfrau Maria, die
aposlel, väler und mdrtirer der kirdie , sowie auf die projJirten
und erzvdler des ahen tcstaments: cz, ist ze wijjen , daj sanl
Jcroniiniiä von ciinc heiligen vatcr schrlbet, der Isiläk hie;.
(/. myst. 2, 359, 23 ;
krist herre . . pilic min wol dur diner muotor Are.
.tI.h Ir der heilig ongfl pfla-gf
und din, (16 du in der kripjicii I.Tgo. Walturr 24,24;
nun liiit Irli (lii^h, n du liallige inAier Ann.i,
mit Joacliiiii driiH'iii li(irli|,M'liipii'ii iiKinne
und mit ollem liuiligeii go9( hloclitc dein.
Urlano voUuL 839)
et gingen drei bellgo frawon
t» morgenR in dem tnwe. 8.32;
die heiligen drei könige; der heiligen dry kflnig lag. Kiisiai»
BKRO jmstlll (<■<■" < ?'i';
829
HEILIG
HEILIG
830
die beiigen drei könig mit ihrem stern. Göthe 1, 164;
als ausruf: hilf, heilige niutter gottes I seid ihrs, gestrenger
herre? Schiller räuber 5,1; die heilige faniilie {auch über-
tragen auf ein bild, das diese darstelll); wie nl me denn sol
der schraoch ^otts und seiner heiligen hefliglicher gestroft
werden, weder der schmoch dermenschen. Keisersberg postill
(1522) 2,15'; meinen heiligen apostelen. 4S'; alle seien der
heiligen allväUer. 3,2'; wir begont hüt den tag des groszen
heiligen sancti Johannis des töufers. 4, 3" ; der heilige Kaphael,
der engel des herrn. Tob. 3,25; wenn aber des menschen
son komen wird, in seiner herrligkeit, und alle heilige engel
mit im. Matth. 25, 31 ; als es nu offenbart ist seinen heiligen
aposteln und propheten. Eph.3,ö; durch die band des hei-
ligen Propheten, weish. Sal. 11,1; das die nachkommen ein
e.xempel der gedult hätten, wie an dem heiligen Hiob. Tob.
2, 12 ; wie die heiligen patriarchen. 6, 21 ; den heiligen man
Mosen. Sir. 45,1; die heiligen veter. v. 2; durch den mund
seiner heiligen propheten. Luc. 1,10 ; der heilige Athanasius.
Abele gerichtsh. 2 (1661) 28S;
und wenn sie sang, so klangs so sfisz,
als sang ein heilger engel. IIöltt 20 Halm;
hier ruht der staub des heiigen Ludewig.
Schiller Jungfrau, prolog, 3. auftr. ;
da trat die heilige (Jungfrau) zu mir. 1, 10;
J. heiige Jungfrau! L. warum nennst du
die beiige ! sie weisz nichts von dir. 3, 10.
bemerkenswert ist die häufung des deutschen heilig und des ftemden
sanct tor heiligennamen, uamentlicli im volkstnunde:
hailiger sant Wolfgange !
du bist ain hailiger man. Uhland tolkil. 812;
heiliger st. Castulus un.i unser liele frau I Sch«. 2, 169.
ebenso gehl {nie bei l) heilig auf glieder, eigenschaften , hand-
hingen der betreffenden heiligen personen: diu sunne der geieh-
tikeit hat si umbegeben {die Jungfrau Maria) und hat geschinen
in ir heiligen lichamen. d. f«j,$/. 2, 342,^8; dai her {Johannes)
Kristum ouch rurete mit sinen heiligen banden und in toufte.
1,144,38; deszglichen ist er (JcAuhh«) ein maiteier ... wann
er ist der, der do sin heiliges blut vergossen hat umb der
geiechtigkeil und warheit willen. Keisebsbebg postill (1522)
4,6'; die scheu Ottiliens, sich jener heiligen gestalt {der
tnutter gotles) anzumaszen. Güthe 17,271; die heiligen gebeine
der märtirer.
Endlich werden auch der papst und die bischöfe der christlichen
kirche heilig genannt: heiliger vater, anrede an den papst; ich
höre , heiligster vater, das gar ein böse gerücbt über mich
gehe. Luther 1,56"; allerheiligister vater, heiligen hochwür-
digen herren, und andere unser in gemein mithelfer. Schabe
sat. u. pasqu. 3,90,34; s. allerheiligst 1,224;
den zorn zu sühnen
des heiigen vaters, der den bann dir schleudert.
Uhlasd ged. 186;
hier in dem angesichte meines königs
und dieses heiigen bischofs reich ich ihr
die band als meiner fürstlichen gemahlin.
Schiller Jungfrau 3, 4.
die kirche spricht heilig, setzt einzelne ihrer glieder unter die
heiligen; das ehrwürdige ansehn, das sie {Sperata) in ihrem
leben genosz, verwandelte sich nach ihrem tode schnell in
den gedanken, dasz man sie sogleich für selig, ja für heilig
halten müsse. Göthe 20,279; einen in die zaal oder geinein-
schaft der heiligen setzen oder ordnen, allegare aliquem coelo.
Maaler 216*.
3) nach der bedeutung 2 wird nun heilig in substantiver Stellung
und gewöhnlich in schwacher form der heilige, die heiligen von
canonisierlen und angebeteten gliedern der kirche gebraucht, wobei
mancJte freiheil sich ausbildet, der gebrauch findet nämlich statt:
a) rein in bezug auf solche personen:
Christe ginädö! kyrie eleison.
heir^n uns alld heiligen! kyrie eleison.
MBllenboff u. Scberer s. 51 ;
da; ist da? minneklich bild Jhesu Christi , ... da hat man
den, der alle heiligen hat geheiliget. Suso briefe 84 Preger;
Christus ist unser einiger mittler, nicht Maria, noch die
heiligen. Luther 2,322'; also haben wir Christen alle ein
bruderschaft in der tauf uberkomen, da hat kein heilige mehr
von, denn ich und du. denn eben als thewer jener erkauft
ist, so thewer bin ich auch erkauft, gott hat eben so viel
an mich gewendt, als an den grösten heiligen. 336'; das
äind die rechten güldenen legenden, darinne uns gott leret,
wie er seine heiligen kocht und bret, und so mit inen spielt,
als sei es alles erlogen, was er inen verheiszet. 4,195'; auf
die Zukunft unsers herrn Jhesu Christi sampt allen seinen
heiligen, l Thess. 3, 13 ; es seie dieser {der h. Antonius) gleich
verachtet und verlassen worden , so bald ihm ein newer
heilig, der Rochus, succedirt sei. Zi.nkgref apophth. 1 (1626) 5;
ich sehe gleichwol wenig heiligen, die eine grosze profession
von Vergebung und Verzeihung der ihnen zugefügten injurien
gemacht habeu. Schuppius 306 ; unsere apostel und heiligen.
Seume Spaziergang 1, 27 ; da haben uns die lieben heiligen
gerettet. 2, 44;
ernstvoll ist der kämpf der sündea !
und der heilige nur singt
an dem ziele siegeslieder! Klopstock 7, 255.
zu den heiligen , d. h. zu dem orte wo sie verehrt werden, und
wo man sie sich gegenwärtig denkt, wird gew all fahrtet, und dieser
umstand ist zu einer obscönen anspielung benutzt:
sie maint, sie weil irem man abfallen
und well zu lebendigen heiligen wallen,
die ir mer ablasz geben dann er,
und der ir albeg erfüll ir ger. fasln, sp. 160, 15.
die heiligen werden angerufen, daher in Tirol alle hailing an-
rüefen , in groszer not sein {scherzwäse auch sich erbrechen).
Fromm. 5,446; wie man die körper der heiligen zu ehren
pflegt. Göthe 20, 278 ; die heiligen vereeren , colere coelestes
Maaler 216'; nicht nur im gebet, auch im ängstlichen flehen
gegenüber menschen:
den brief!
im namen aller heiligen ! ScaaLER Carlos 2, S.
mit anspielung auf Maria Magdalena:
alle schönen Sünderinnen,
die zu heiligen sich geweint. Göthe 2, 286.
oft in Sprüchwörtern und redensarten: das gemeiniglich aller frevel
an heiligen dingen begangen , sei flugs und bald gerochen,
daher das Sprichwort kompt, es ist mit heiligen nicht gut
scherzen, sie zeichen gerne. Ll'Ther 3, 247' ; wer schlechten
heiligen dient, der ist leicht so werth als sie. Lehma!<x 143;
wie der heilig so der dienen das. ; der allen heiligen dient,
der dient niemand. 145; die allen heiligen dienen haben kalte
küche. das. ; die heiligen hohlen ihr wachs wieder ... die
schätz der kirchen nimmt man hin, das wird ihnen bringen
kein gewinn. Pistorils thes.par. 5,75; der himmel führt seine
heiligen wunderlich. E. v. Kleist werke (1803) 1, 91. wer nicht
ausführlich erzählen u-ill sagt: ich will dir nicht alle heiligen
hertragen. Eiselein 295, grosze herren dürfen mit heiligen
scherzen. Simrock spricAtr. 237; wenn gott nicht hilft, so ziehn
auch die heiligen keinen sträng an. 238 ; wie der heilige, so
der feiertag. das. eine formet der vemänung ist der heilige
heiszt nicht also:
aht. jetzt komt mein wagn, ich wil drauf sitzen
und ^ol'*^nd in das wildbad fabrn,
mein junkherr, gott wöll euch bewarn.
edelmann. nein herr, der heilig beist nii also,
kehrt umb, ir mOst mit mir alldo
heimfahren jetzt auf mein berghausz.
H. Sachs 5,340».
Von einem schlechten, lächtsinnigcn oder lebenslustigen menschen
wird gesagt er ist kein heiliger: höre den Taubmannum,
welcher uff der rostockischen Universität zwar nicht unter
die heiligen gezehlet wird. Schcppius 741; bei allen euren
gräueln seid ihr noch ein heiliger gegen den Vatermörder.
Schiller räuber 5,1. nach dem ungewöhnlichen gebahren, das
die legenden oft von den heiligen berichten , heiszt es von einem
sonderbaren menschen er ist ein wunderlicher heiliger: ein
wunderlicher heiliger, miriftcus mortalis. Serz 65"; der land-
graf ist ein wunderlicher heiliger. Ar.mm schaub. l, 179 ; mon-
sieur Tscherning hat mir oft bekant , wie er unterweilens
leuten , w eiche ihn ausz miszgönstigen herzen von meiner
person gefraget, einen aufgebunden habe. . . allein ich merke
endlich , dasz tolle heiligen gefunden werden , welche ver-
meinen, dasz das sein ernst gewesen sei. Schuppius 634.
6) heilige werden die reliquien der heiligen genannt, auf sie
wird der cid abgelegt, reclUsalterth. 896: swenne der vrine böte
von deme richtere und von den schephen gekorn wirt, sft
sal her deme künge hulde tAn ndch vrles mannes rechte;
sti. sal in der richter nemen bie der hant unde secze in üf
ein küssen unde dl einen stöl gein sich , und sal ime di
heiligen in den schüj tön. Saclisensp. 3, 56, § 1 ; tar er selb
dritte geweren uf den heiligin , daj er nicht darvon gewusi
831
HEILIG
heilk;
832
habe. Maydcb. blume 2, 220 ; als er (ein beklagkr) sich mit
ciden lojin sol , cjcut der cleger yenen geweldiciichiii von
den heiligin und nurt (ihn irrt) an seinem cide. S9 (tnil der
überschriß: ob ein man dem anderen seine vingcr cjoge von
den heiligin); die person des oder der heiliyen steht hierbei initiier
im hinlergrunde , der scitwöreiide ruft sie ttnter devi sichtbaren
zeichen ihrer relu]uien an , und die eidesfurmel ist so helfe mir
gütt und die heiligen; so muj der cleger aller first ftf in
sweren, daj her der lät schuldic sie dar urabe her vervestet
sl, daj ime got so helfe und die heiligen. Sac/isensp. 3, 88, §3;
denn _^so er (der kdniij) tritt ins regimcnt,
so musz er recken auf sein hendt,
zö gott, und seinen hcgien (/. hclgen) schwern,
das er das recht nit wel verkern.
Thurnkiszer archidoxa (1575) 31.
verijl. heiligenschrein.
c) da der heilige patron und eigcnlhümer einer ihm geweililen
Stiftung ist: patronus ein heilig der kirchen. Dief. 417', so steht
in gewissen Wendungen der heilige für die entsprechende Stiftung,
namentlich gut und vermögen derselben (vgl. unten heiligenkiix,
heiligenmeier, heiligenmeisler, heiligenpllegcr): der slift zu
Möszkirch gibt järlich dem hailigen zu Pfaltenhofen zehen
schiUing heller. Zimm. chron. 2,73,12; sollich gelt (was von
einer wallfahrt einkam) wolt der pfarrer zu Möszkirch . . zum
halbtheil ansprechen und also mit dem hailigen theilen.
480,23; wenn die baukoslen weder der heilige noch die
gemein zu tragen vermag. Wirzb. verordn. von 1687 bei Scum.
2,170; herren und heiligen gehen über alles (d. h. fiscus und
fromme Stifter haben den Vorzug bei schuld fordcrungen). Fistohius
thes. par. 10, 29 ; arme leute machen reiche heilige, unselige
leute machen die heiligen reich. Simrock sprichw. 238 ; des
heiligen rechnung, rationes redituum ecclcsiae Stieler 887; in
anderer fiigung auch heilige guter, bona ecclesiaslica. das.; hei-
lige kuxe, s. unter hciligenkux. — Mundartlich (in Franken)
ist für heilige die nasalierte form heiling üblich: der heiling,
sacrum aerarium Serz 65*.
d) heilige endlich sind bilder der heiligen, namentlich jene
kleinen gezeichneten oder gedruckten bilder, die das volk an Wall-
fahrtsorten bekommt, vergl. Scum. 1,1078 Frommatm; in Tirol
der hailing, bildnis eines heiligen Fromm. 5, 446 ; Martin, warte!
(zieht ein gebetbuch hervor und gibt dem hüben einen hei-
ligen). GüTHE 8,18; aber auch das geschnitzte oder sleingehaume
slatidbild :
auf der Bidassoabrücke
steht ein heiiger allergrau. Uhland gcd. 289.
die ursj)rüngliclic bedeulung verflacht sich schon früh zu der bildnis,
bildchen überhaupt, wobei an darstellung aus der geschichle der
heiligen niclU viehr gedacht wird: rocke oder schapperone, gür-
telc oder messere, büechclln oder heilgelin oder des gelich . .
das jufige Hute gerne h/int. Nie. v. Basel ed. Schmidt s. 70;
ist etwan ain thoreter hailglin oder sunst etwas, wenn man
dirs niinpt, so kan dich niemant getrosten. Keisersberg geistl,
Spinnerin (1511) o l'; nd. billigen bilder in den büchcrn Hichey 95 ;
in Schwaben helgle, illuminiertes bildchen in holz geschnitten oder
in kupfer gestochen, würtcmbergisch plur. holgen Schmiü 271;
Schweiz, der beigen kupferslich, gemäldc überhaupt Stalder 2,36,
in Appenzell helgeli Todler 201"; cinsidlcr. weist du nichts von
unserm herrn gott? Simpl. ja, er ist daheim an unsrer stubcn-
thür gestanden auf dem helgen. mein meüder hat ihn von
der kürbe mitgebracht und hingckleibt. Sim;*/. 1,31 Kurz; ver-
traute er ihnen anfangs nur schlechte, alsdann immer bessere
kupferstiche und helgen an, um damit einen kleinen haiidcl
zu treiben. Heuel 2 (1853) 85.
In Uaiern heiszl seinen heiligen kriegen ausgescholten werden,
einen verweis (einen 'denkzeltcl') bekommen. Schm. 2,170.
c) wie es böse cngel qibt, so auch heilige des teufeis: eitel
inerterer und heiligen des teufcis in der helle. Luther 0,22*.
4) heilig find die statten, zeiten, gegenstände, vernchtnngen,
ili\amthcd des chrutlic/icn cullus , in der altteslamcntlicben bibrl-
sjirache auch des jüdischen , so wie religiöse lehren , glaube : daj
diu heiliga hfis wundcriih ist in rchte. INotkkr pi.ci (llaltemer
2,217'); beiligA sunnAntagA inli heiliga inissa inti thcn hci-
ligoii wij7,od ni erita , so ih mit rehlu scolta. MCllenh. «.
S<:iiehk» is.t, II; einem heiligen, des lac man hiute begftl in
der lirjligen kristcnheit. d. mysl. 2, 2ü5, 1 ; ob du alle die
heilige geschrifl niht ergründen inaht. 354,2;
de* beiliren kriuzei krafl
prüet« dich mit freuilen »Igoh.-in
au mentchllcbcr »xlckclt. (/. Gvrh. 2787;
der siebende tag aber ist der grosze heilige sabbalh. 3 Mos.
23, 3 ; hallet meinen sabbath, denn er sol euch heilig sein.
2 Mos. 31,14; den siebenden tag aber soit ir heilig halten.
35, 2; da werdet ir singen, wie zu nacht eines heiligen festes.
Jcs. 30, 29 ; wenn er in das heilige (des tempel!) gehet. 2 Mos.
28,29; für dem furhang im heiligen. 3 Mos. 4,6; Christus
ist nicht eingegangen in das heilige, so mit henden gemacht
ist. Uebr. 9, 24 ; der hcrr ist in seinem heiligen tempel. ps.
11,4; das gebe ich zum heiligen hause goltes. l c/iron. 30, 4 ;
du soll aber nemen den widder der füllung, und sein fleisch
an eim heiligen ort kochen. 2 il/os. 29, 31 ; das sie mich leiten
und brengcn zu deinem heiligen berg. ps. 43, 3; gen Jerusalem
in die heilige stad. iVe/». U, 1; der herr wird Juda erben für
sein thcil in dem heiligen lande. Süc/iarja 2, 12 ; er (der lu:rr)
sprach, trit nicht herzu, zeuch deine schuh aus von deinen
füszen, denn der ort, da du aufstehest, ist ein heilig land.
2 Mos. 3, 5 ; soll Aaron deinem bruder heilige kleider machen.
28,2; die heilige krön an den hut (des priesters). 29,6; mache
ein heiliges salböle. 30,25; des heiligen wassers nemen in
ein erden gefesz. 4 3/os. 5, 17; betet den herrn an in heiligem
schmuck, i chron. 17,29; das man ... die heiligen gefesz
gottes ins haus bringe. 23,19; ein schön weih, das from
bleibt , ist wie die helle lampen auf dem heiligen leuchter.
Sir. 26,22; wir wissen das recht ist, und haben die heilige
Schrift für uns. Jer. 8, 8 ; ich wil nu preisen des herrn werk,
aus der heiligen schrift. Sir. 42,15; weil du von kind auf
die heilige schrift weiszest. 2 Tim. 3,15; wer heilige lehre
heiliglich behelt. wcish. 6, 11 ; gedenket an Mosen . . der nicht
mit dem schwert, sondern mit heiligem gebet den Amalech
schlttge. Judith 4, 12 ; das heilige lestern. spr. Sal. 20, 25 ; heilige
ding, gegenstände und handlungen des cuUus : heilige ding thun,
machen oder wurken , sancüßcare , sacrificare. voc. ine. theul.
i 3' ; heilige ding verkaufen , simonisare. das. ; der verstand
leret was heilig ist (Variante verstand ist erkentnis heiliger
dinge), spr. Sal. 9,10; das heilig evangelium. Keisersuerc
postill (1522) 1,25'; heilig zyt und tag die gefallen seind in
diszer künftigen wochen. 2,112"; heilig olung, sacra unäio,
est umcm de seplcm sacramentis. voc. ine. theut. i'i*; sacrarium,
sacramenthusziin /. heiliger schrin Dief. 50o'; das heilige
abendmahl; die heilige taufe; der heilige glaube der Christen;
die heilige christliche iirche; die heilige geschichle; obgleich
die epische poesie des mittclalters in heilige und profane
geschieden war. IL Heine 6,23; der heilige kusz, das heilige
liebeszeichen ; grüszet euch unternander mit dem heiligen
kus. 1 Cor. 16,20; der heilige brunnen, Weihwasser; es ist.,
kein brunn so heilig oder gesalzen , wenn auch die oster-
kerzen darinn gestanden und alles heillhumb darinn gesenkt
were, und wenn es der bapsl selbst am guten frcilag geölel
und gemachet bette, das uns von sündcn rein machen ...
könne. MATUES.Sar.l2o'; der heilige abend, der abend, dann
auch der ganze tag vor einem hohen kirchlichen feste;
die hiiuptcr, die cristcnliait regiern,
und die den liailgcn glauben .sultcii zicrn.
Uhland votksl. i'Ü,
er wolt ziehen zum heiligen grabe. 784;
wol würdig ist der römschen krön,
dem kumlit on znif'cl inn sin handt
die lißilig crd, und das glul>to landl.
ItRANT varrvii^''' "'' '■ ' .
icli liab ein beiz, der ist zerrissen,
durchausz gcschmirct und beschissen,
dasz er sieht wie die beilig erd. il. (iA( ii.s .'>, ^if>s>.
die lieilige erde ist aber auch die geueihte erde des begrabnü-
plalzes :
als des gerechten sarg mit heiliger erde bedeckt war.
UULAMD (jed. II t;
hciligs holz. 0 das du trögest
den der dich und alles triigt!
LOUENSTBIN (jciilt. ijed. s. 139;
ein beiligii« gebet, d^ nach dem geiz nicht scbincckel.
sticht liunderl ochsen aus. Hacukl su(. <lfl77) 41,
or lus in der poslillo,
sie snsz um ii.ilicr.ihm.
diinij /('L'c II iliru wongcn
de Hirnen blick
villi i'poltcr
dr IIS zurück. Holt» 12 llnlm;
Jaiicliii, liiinmel, dio ihr ihn erfuhrt,
den tog der liolliggion geburk Gkllirt }, 166;
liiüz diilnoii weg mich wieder Trendig wnllun,"
und Itiliro Hiich dein heilig reiht. Isi^
war vom hohen werilir der lieiliccii «rlirifteii durchdrungen.
GOTUB 40, 237 i
833
HEILIG
HEILIG
834
wahrlich unsere zeit vergleicht sich dea seltensten Zeiten,
die die geschichte bemerkt, die heilige wie die gemeine.
2S7;
langst hätt ich diesen hof
verlassen, diese weh verlassen, halte
in hejigen mauern mich begraben.
ScHlLLE« Carlos 2, S;
und vor dem dorf, wo ich geboren, steht
ein uralt muttergoltesbild, . . .
und eine heiige eiche steht dameben,
durch vieler wunder segenskrafl berühmt, jungfr. 1, 10;
als bräche sie {die hand) in eines tempels heiigen bau. 2, S;
die slirne meines herren ist noch nicht
gekrönt, das heiige öl hat seine scheitet
noch nicht benetzt. 3, 4;
o ^ebenedeites,
beiliges getön,
wenn des grabgeläutes
dumpfe halle wehn.' Voss 5,230;
als kaiser Rothbart lobesam
zum heiigen land gezogen kam. Uhukd ged. 32S:
und der ritter kniet betend
vor dem heiligen altar. 2öb;
auf Galiciens Telsenstrande
ragt ein heiiger gnadenort. 2S6.
das zeichen des heiligen kreazes machen ;
und als sie mit beiligem kreuz sich versehn :
'goti helfe mir gnädiglicb, amen!'
da wagte sies zitternd zum stalle zu gebn. BEReE« 63*.
der heilige sagen :
wurd uns [Christuf] seinen balligen segen geben.
Schade sal. u. pasqu. 2, 186, 374.
es ist auch die formet des exorcismus:
die fraw fing an den beilling segen
und sprach dw pös gespenst albegen
hast an der pinztag nacht dein räum.
Berliner meislerl. hdschr. f. 73, wo. 211.
das heilige amt, die inqirisition :
gleich einem ketxer vor dem beiigen amt.
SCHOXER Curtos 2, 5;
heilige bände, eheliche {nach dem sacramenl der ehe):
beschlossen sie, die theuern sprösziinge
dereinst durch heiige bände zu verknüpfen.
Uaiji?iD ged. 172.
heilige zeit hiesz auch die zeit einer kirchliehen Jubelfeier, in der
ablasi gespendet ward; da eine solche nur in langen und unge-
tcissen Zwischenräumen vorkam, so dient die formet zur hezäch-
nung eines langen und ungerrissen zeitabschnilles : der., darum
auch nicht creditactien zu kaufen braucht, die alle heilige
zeit einmal eine kleine dividende zahlen können. Haltische
Zeitung no. 19 von 1S6S.
5) wenn bisher heilig nur in bezug auf solche personen, gegen-
stände und Zeiten stand, die in directer beziehung zu den heil
spendenden gnadenmitteln der Kirche sind, so wird das adjeciiv
Vielfach auch freier gebraucht, es gehl zunächst auf personen,
die sich in denken und Ihun den Vorschriften der religion streng
unterordnen, von sünde frei und in folge desseti verehntngswürdig
sind, sowie deren leben und wirken : heiliger, fromer, redlicher
mann, n> sanciissimus Maaler 216*; heilig, andechtig und
gollich, t'o<irus, devolus voc. ine. theut. i3'; heilig heiszt, das
abgesondert, goU zugeeigent ist, das niemand angreifen und
bellecken sol, sondern in ehren halten sol. Lcther 1,4S9';
das wörtlin heilig, heiszt das goltes eigen ist und im allein
gebürt, das wir auf deudsch heiszen geweihet, also sagt nu
Petrus, ir habt euch nu got zu eigen geben, darumb sehet
zu, das ir euch nicht lasset widerumb fiiren in die weltliche
lüste . . so seid ir heilig, wie er heilig ist. 2, 33l'; sie {die
söhne Aarons) sollen irem got heilig sein. 3 Mos. 21,6; darumb
soitu in (den priester) heilig halten, v. S ; das du dem herrn
deinem gott ein heilig volk seiest. 5 Mos. 26, 19 ; darumb soll
ir euch heiligen, das ir heilig seid, denn ich bin heilig,
und solt nicht ewer seelen verunreinigen. 3 3fos. 11, 44; hei-
liget euch und seid heilig, denn ich bin der herr ewr gotf.
20, 7 ; der tod seiner heiligen ist werd gehalten , für dem
herrn. ps. 116,15; bitte für uns zum herrn, .denn du bist ein
heilig, gottfürchlig weih. Judith 8,24; wo man aber die gebot
hell, da ist ein heilig lebeii gewis, wer aber ein heilig leben
füret, der ist gott nahe, weish. 6, 19. 20; Herodes aber furchte
Jobannem, denn er wüste, das er ein fromer und heiliger
man war. iVarc. 6,20; ein bischof sol untaddelich sein, ..
gastfrei, gütig, züchtig, gerecht, heilig, keusch. TU.i,S; das
ungläubige weib wird geheiliget durch den man, sonst weren
ewre kinder unrein, nu aber sind sie heilig, i Cor. 7, 14 ; das
IV. u.
die menner beten an allen orten, und aufheben heilige hende,
on zorn und zweivel. l7'jm.2, 8; in einem bilde: ist der an-
bruch heilig, so ist auch der leig heilig, und su die tvurzel
heilig ist, so sind auch die zweige heilig. Rom. 11,16; herr
gott himlischer vater, der du heiligen mut, guten raht, und
rechte werk schaffest. Luther S,366"; wir sollen ihn {den
Sonntag) heiligen, das ist, mit heiligen gedanken. mit heiligen
Worten, mit heiligen werken sollen wir nicht nur den sontags
morgen, sondern den ganzen sontag zubringen. Schcppics 191 ;
ein heiliger pilger. Seche Spaziergang 2, 4S ; die heiligsten,
gelehrtesten, erfahrensten männer aller zeiten. Gütbe 16, 294.
sprichwörtlich : heilig leut , heilige werk. Acr. sprich«. (1560)
310*; es sind nicht alle heilige, die in aller heiligen kirchen
gehen. Simrock sprichw. 23S;
dar gegen fyndt man narren dick
die zu all sächen hand vil glück
und in irn Sünden sindt so frr,
ab ob ir werk ganz beilig sy.' Brant narrens<A. 57,78;
lieb ihn (goti) weil du ihn ehren must,
und lasz dich nicht gewalt noch lust
von diesem heiigen vorsatz trennen. Casiz ged. 13;
und dasz nun solch begehren
als heilig und gerecht der himmel mag erhören.
RACHEt'^sa/. (1677) 4ö;
bet oft; durchschau mit beilgem muthe
die herzliche barmberzigkeit (Christi). Gklleri 2, 100;
dort werd ich, heilig und verklärt,
der tugend ganzen wertb empfinden. 229;
ein herz, das nur das gute liebt,
und rein und heilig ist. L'z 1, 295;
heilige einfalt ! dieser nach einem warte von Busz gebUdele aus-
ruf wird auch frei verwendet: Juliane dagegen Ist die liebe,
heilige einfalt. Lessing 1,395;
verzeihe, heiiger mann [anrede an einen lilausner).
WiKLAKD IS, S4;
wer bist du, heilig wunderbares mädcben?
Schiller Jungfrau 1, 10;
das heiige mädcben
liebt nicht die ruhe eines müszgen hofs. 3, 3;
sie (Domingo) sind ein beilger mann. Carlos 1, 1.
tn bezug auf Ktopslock:
wo ein beld und beiliger starb, wo ein dichter gesungen.
GüTBX 2, 140.
lA adverbialer Stellung heilig leben, heilig wandeln :
gib nur gnade, gib nur segen,
dasz ich noch in deinen wegen
heilig wandle. Schdppics 967.
6) heilig heiszt aber dann auch der, der stcJi nur den schein
eines heiligen (5) zu geben weisz: Lucas der berühmte maier
zu Witteberg hat . . . pQegen zu sagen : die heilige schälk
seien die allerärgste. Schcppics 144; gefärbte, sire schein-
heiligen, hypocritae SiiELEK 887; er macht eine heilige miene;
das ist die ganze hexerei, die ihr in einen heiligen nebel
verschleiert, unsere furchtsamkeit zu misbrauchen. Schiller
räuber l, l ;
es ist am tag. er wird erhört, sie liebt!
beim himmel, diese heilige empfindet! Carlos 2,9.
namentlich auch in den formetn sich heilig machen, heilig thun:
wan die für uns ruhmrähtig sich
selbs beilig machen, schändend dich.
Weckherlin 14 (ps. 5, 7) ;
er mochte noch so heilig thun, sah man den sparren doch von
vorne. Gcmher bei Steiiihach I, 723.
vom Volke in Sehwaben werden heilige die pielisten genannt (Schhid
270), tn der gegend ton Einbeck de bilgen Wiedertäufer Scham-
bach 82*. vgl. die composila fleischheilig |B. Rixgwald ecang.
Evi*), maulheilig {Ir. Eck. Avii).
7) sehr frei stetil heilig, trenn « ron verehrten welüiclten per-
sonen, oder scherzhafter weise gar von personificationen gebraucht
wird: beim heiligen Milz. Garg. 158';
ein ouwer hellig heiszt Grobian,
den will yetz fyren yederman. Brast narrensch. 72, 1;
will in hadern und in schenken
heiiger Hafis dein gedenken. Götbs 5, 4.
es gehl auch auf heidnische gottheilen:
eine götiin erblickt er, vor allen die herrlichste schöne,
Venus Urania wars, und er entbrannte für sie.
achl die heilige selbst, sie widerstand nicht dem werben,
und der verwegene hielt fest sie im arme bestrickt. 2, 139;
sowie auf statten und gerate des heidnischen cultus: heilig ge-
büsch, lucus Stieler 112;
53
835
HEILIG
HEILIG
836
0 Venus Urania ! bracht icli nur dir . . .
im hain, am ufer, auf höhen, auf wiesen,
wo nur ein heiiger stein, wo nur ein rasen war,
das erste weihrauchopfer dar. Raiiler 2, 21;
wie fiber dem furchtbaren Rhein in den heiligen wäldern
wiithe die flamme des gerechten zorns. Klopstock S, 111;
in eure schalten, rege wipfel
des alten, heiigen, dichtbelaubten haines. Göthe 9,3;
so hält mich Thoas hier, ein edler mann,
in ernsten, heiigen sklavenbanden fest. s. 4;
wie von honig schwärmts und von most ringsum,
und von heiligem rankengewimmel! Voss 5,86 ((iilhyrambus).
S) auch in bezug auf dinge wird heilig frei gchrauchl, es sind
solche, die audi ohne näheren bezug auf den christlichen cuUus
uns verehrungswürdig, unverlelzlich sind:
was ist heilig? das isls, was viele seelen zusammen
bindet; band es auch nur leicht, wie die binse den kränz,
was ist das heiligste? das was heut und ewig die geister
tiefer und tiefer gefühlt, immer nur einiger macht.
GöTHK 1, 403;
all ist die bezeichnung das heilige römische reich , dem schon
riimischen sacrum iniperiuni roinanum nachgebildet; unser und
desz heiligen reichs underlhanen. Friedrichs III reform, zu
Frankfurt von 1442, eingang;
das liebe heiige römsche reich,
wie hälis nur noch zusammen? Göthe 12, 144;
mit bezug hierauf :
zu Aachen in seiner kaiserpracht,
im alterthümlichen saale,
sasz könig Rudolphs heilige macht.
Schiller grof v. Habsburg;
übertragen :
es ist das königthum, das nie veraltet,
das heiige reich des wahren, guten, schönen.
ÜHLAND geil. 121 ;
die heilige allianz; der heilige bund. Beckers weltgesch. 14,397 ;
die Seelen derer, die ich erdrosselte im (aumel der liebe,
derer, die ich zerschmellerle im heiligen schlaf. Schiller
räuber 5,2; die heilige natur;
süsze heilige natur,
lasz mich gehn auf deiner spur. Stolberg;
der edle Jüngling nahm das heiige schwerl
mit nassem aug aus seines sterbenden
pflegvaters band. Wieland 18, 32;
doit stand der alte zecher,
trank letzte lebensgluth,
und warf den heiigen becher
hinunter in die Huth. Göthe 12, 142;
als das heilige blatt von Maros grabe getrennt ward {ein blatl
vom grabe Virgils). ausg. v. Hempel 3,204;
dem dunkeln schoosz der heiigen erde
vertrauen wir der bände that. Schiller glocke 235;
heiige Ordnung, segenreiche
himraelstochter. 300;
heilig ist die Jugendzeit. Uhland ged. 11;
doch möcht ich eins erringen
in diesem heiigen krieg. 70;
lasz du mir ungeschwächt
der Väter fromme sitte,
des bauses heilig recht! 95;
zween männer ernst und sinnig,
vereint durch hcilge bände. 397.
adverbial: die Jalousiefenster streueten gebrochne lichter, grüne
zitternde schalten aus und es dämmerte heilig wie in hainen
um tempel. J. Paul TÜan 2, 211 ;
sein ehrlich fromm gesiebt, sein heilig graues haar.
Gellert I, 142;
nach solchen opfern, heilig groszen,
was gälten diese lieder dir? Uiilamd ged. 74.
9) oft wird heilig in dem vorigen sinne in bezug auf eigen-
ychaften , gefühle und gesinnungen gesetzt: ein heiliger wille,
d. h. ein solcher, der keiner dem moralischen gesetzc wider-
streitenden maximc fähig wäre. Kant 4,133; das reine silten-
gcsetz, welches darum selbst heilig heiszi. das.; der wille,
dessen maximen notliwendig mit den gesetzen der aiiltmomie
zusammenstimmen, ist ein heiliger, schlechterdings guter wille.
f-'>; o siel nocl» immer zauberin, heilige bcweglichkrit, iin-
aufhOrlicher wirbel aller reize I Lenz 1,24t; endlich sprang
«ie wie begeistert auf und rief mit heiliger freude: ja, sie
bat mir vergehen! Göthb 17,408; und dorh empfand ich
eine gewisse heilige scheu. E. T. A. HorraANN 8,35; noch
heute fühle ich den heiligen schauer, der durch meine seele
zog, wenn ich vor seinem (SdilegrU) kolbedcr stand und ihn
sprechen hörte. H.Heine werke 6,128; heilige gefühle {der
liebe). Gott er l, 253;
geuszt ein engel heiliges entzücken
durch mein zitterndes gebein? Höltt 159 Halm;
von seines auges mildem blick entbrennet
ein heilig feuer, das uns nie entweicht. Göthe 13,257;
gieb dasz ich mich an herz und sinn
zum heiligen bekehre. Borger 103';
doch was der frauen mund betheuert,
ist mir zu glauben heiige pflicbt. Umland ijihI. 64.
in den formein heilig sein, heilig halten: eine sache heilig
halten, summa religionc aliquid colerc Steinbach 1,723;
ich schwöre bei dem glänz, mit dem du bist umgeben,
dein an^edenken soll in mir so lange leben,
und gleichsam heilig sein, bisz rtasz ich folgen darf.
Caniz gedickte (1727) s. 1S3;
(eine frau die) nicht stunden, die der küche heilig sind,
im sopha beim roman verträumt. Gotter 1,254;
sei mir heilig, o Hur, wo Michaelis schläft,
von den edlen beklagt. Höltt 57 llulm;
er, der gesetze heilig hielt,
und ihren strafen nicht entrann,
auch wenn die strafen ungerecht. Ra,>iler 2, 40;
Jugend, frübling, festpokal,
mädchen in der holden biüthe,
beilig sein sie allzumahl
unsrem ernsteren gemüthe I Uuland ged. 12;
beilig achten wir die geister,
aber uaraen sind uns dunst. 40.
10) der sinn von heilig = unvcilclzlich tritt vorziiglich dann
hervor, wenn das adjcctiv in bezug auf ein versprechen , einen
schwur steht, wobei man allerdings von der religiiiscn Vorstellung
betreffs der unvcrbriichlichkeil eines beim heiligen namen geleisteten
eides ausgehl:
aber ich sage dir an und mit heiligem eide beschwör ichs.
Itias t,223;
ein heiliges versprechen; mein wort ist mir heilig; der letzte
wille des verstorbenen soll uns heilig sein; adverbial: die
heilige Jungfrau ist bekanntlich die vorzüglichste patronin
der Messinesen, und du kannst nicht glauben, wie fest und
heilig sie noch auf ihren schulzbrief halten. Seüjje s-paziergang
2, 37 ; sie verspricht heilig, um neun ulir zu hause zu sein.
Göthe 23, 135;
und wie sie (die verliebten) . . .
sich täglich heiliger verbanden,
je mehr sie Schwierigkeiten sahn. Gotter I, 43;
genug, ich bin dir heilig dafür gut. Gökimgk 2,200.
fernei- in bezug auf einen schütz, schirm, Schonung : es ist dein
vater! er hat dir das leben gegeben, du bist sein fleisch,
sein blut — also sei er dir heilig! Schiller rduber 1,1;
ich sibe ein obe; hangen,
ej habe här ode horste,
in einem heiligen vorste
zc Düringcn noch ze Sahsen
enkunde niht gewahsen
bejjer obej üf rise. Iteinh. fiiclis s. 302;
meister rührt sich und geselle
in der freiheit hcilgem schütz. Schiller i.il'x'ke 315;
nichts heiliges ist mehr, es lösen
sich alle bände frommer scheu. 370;
nicht Unschuld, nicht der klösterliche Schleier,
nichts heiliges ist meiner wilden gier,
die trotzig alle schranken übtrspringt. Mncbrili 4,6,
der deutsche ehrt zu allen Zeiten
der forsten heiligen beruf. I^hland i/ed. 83.
11) deni gebrauche von heilig in bezug auf schwur und ver-
sfn-cchen scläieszt sich der folgende an, in dem sinne von unver-
brüchlich, gewLi: mit der bitte völliger heiliger Verschwiegen-
heit meines namens. Herder brief vom <<. od. 177t (Wcinhuld
Buie ."!. tSO); adverbial: da lies ein bl.'illgen und sende inirs
heilig wieder! Göthe an Kestwr 'i\. uov. 1774 [GOlhe n. Werther
232) ; und kurz und gut, madam, verlieren sie keine worle.
Wilhclminc heuratet lieilig keinen cdclmann , s<i lange Rrav
lebt. Nenke hieben l'.ninthal (17S4) .<. 23;
diis Rchäkernde mädrhcn, doi liebend mich neckt.
hat «irhcr und heilig darin (in der lanne) sich veri<tockl.
LA;«r,BKiM fchiFdnke, klitrctirn.
volkiniilsifg in llaiern hailig , höchst wahrscheinlich, gewis : des
gscliihht hAli, das wird gewis geschehen; des is hAli drlogen,
das ist gewis erlogen , hAli und gewis, so hili als betet, so h.Ali
»Is amen, ganz gewis, unfehlbar. Sch«. 2, 169. im Fuldaitchen
l.^t hellig vcrslitrkend geworden : heilig schön , ganz besondert,
837
HEILIG— HEILIGEN
HEU.IGEN
838
ausgezeichnet schön. Vilmar 163, ebenso heiig in der düringisch-
hennebergischen mundart. Fromm. 6,515,8; in ähnlichem sinne:
dasz gott der herr unterweilens seine heilige Ursachen habe,
warumb er einem frommen weih einen bösen mann, und einem
bösen mann ein frommes weib gebe, gott henge gemeiniglich
den knüppel bei dem hund. Schüppius 147.
12) heilig bei benennung von knocken, thieren, pflanzen, krank-
heiten.
a) das heilige bein, os sacnm, kreuzbein, ein Iheil des mensch-
lichen beckens. Nemxich 4, 1193.
6) heiliger fisch, labrus anthias, aus der gallung der Upppsche.
c) heilig heu, medicago sativa, die lueerne; ferner hedysarum
onobrychis, esparselle, und viscum album, mistel.
d) heilige pflanze, santolina chamae-cyparissvs, cypressenkrcuit.
e) des heiligen geistes wurzel, angelica archangelica, engelwurz.
f) heilig holz , Franzosenholz, engl, holy wood, franz. bois
Saint: das heilig holz, lignum sanctum , ein americanisches
holz, welches wegen vieler kraft in der arznei so genannt
wird. Frisch 1, 436*.
g) das heilige ding, das heilige gut, ein carbunkelgeschu-iir :
carfunkel oder bletterlin , ist die schöne, schon röte, das
heilig ding, sonst heilig gut, freiszgut , wildfeuwer, pruna,
ignis persicus und ärd'^a^ genandt. entstehet vom groben
geblüt und verderbten humore. Thcrseiszer magna alchymia
(1583) 2, 144. in Siederdeulschland ist das heilige ding der rot-
lauf, die rose: hillige ding, die rose, erysipelas. Richey 95;
das heilige ding war eine volksthümliche benennung für die
rose. Rosenkranz in Prulz' museum 1851, heß 13, s. 9, vo auch
ein Spruch die rose zu bannen, milgelheill wird:
mutter Maria und hillige ding
stritten sich um en golden ring,
mutter .Maria gewand,
dat hilge ding verschwand.
im Gotlingischen dient dafür die bezeichnung det hilge wark,
det hilge fiier, oder det hilge schlechthin. Schambach S2"; auch
bei Stieler das heilige feuer, erysipelas, morbus 887. die
Eibschiffer dagegen nennen dat hillige füer 'ein bekanntes an-
zeirhen von Veränderung der luft nach ungewitter' . Schütze 2, 138.
HEILIG, n. der lobgesang sancltis, nach der steUe Jes. 6,3:
man singt das heilig;
da werd ich zu dem throne dringen,
wo gott, mein heil, sich offenbart;
ein heilig, heilig, heilig singen
dem lamme, das erwürget ward. Gkllert 2, 229.
HEILIGBAR, adj. das heilige in sich tragend: wie dann auch
der mehr ist, der do heiliget, dann der do geheiliget vvirt,
so ist der heiligbar sabbat mehr, dann ein geheiligete sele.
Carlstad vom sabbat ciiij*.
HEILIGEN, verb. sacripcare, consecrare, ahd. heilagön, mhd.
heiligen ; nach verschiedenen bedeulungen des adjectivs beilig enl-
uickelt.
1) heilig halten, als heilig verehren, in bezug auf die gültlichen
peisonen, propitelen, mdrlirer: daselbs (in der stißshülte) wil ich
den kindern Israel erkandt und geheiligt werden in meiner
herrligkeit. 2 Mos. 29, 43 ; darumb, das ir euch an mir ver-
sündigt habt . . das ir mich nicht heiligetet unter den kin-
dern Israel. 5 Mos. 32, 51 ; (dasz) gott der heilige geheiliget
werde in gerechtigkeit. Jes. 5,16; heiliget aber gott den herrn
in ewrem herzen, l Petr. 3, 15. in bezug auf den götllichen
namen : unser vater in dem himel. dein name werde gehei-
liget. Matth. 6, 9 ;
weit über unser stammeln weit
i;eht deines namens herrlichkeit!
ihn heilige, von lieb entbrennt,
wer deinen groszen namen kennt. Klopstock 7,257;
durch Hieremiam den heiligelen. Schade sat. u.pasqu. 3,28,27.
auch von dem canonisationsacle der kirche: Luittoldus bischoff
zu Augspurg, der pracht zu Rom zu wegen von dem bapst,
das man sant Ulrich hailiget. d. slädtechron. 4,298,7.
2) ebenso in bezug auf dinge des cultus und feste: gedenke
des sabbaths tags, das du in heiligest. 2 Mos. 20, 8 ; das sie
kemen und hütten der thor, zu heiligen den sabbathtag.
AV/i. 13, 22. mhd. und uns allen geboten bat, daj man den
ruowetac heiligen sol. Er. Bebthold 268, 38, gegen : du soll
dinen ruowetac heilig machen. 268,1; das er den feiertag
nicht allein gebeut zu halten , sondern auch heiligen, oder
heilig achten. Luther 1,244';
du solt heiigen den siebend tag,
das du und dein haus rügen mag. 8, 361».
auch in bezug auf heidnische feste: heiliget dem Baal das fest.
2 kön. 10, 20 ; oder auf andere dinge des heidnischen cultus : dise
{schlangen) heiligt man zu Calicut und darf yha bei leib nie-
mandt leids thun. Frask ueltb. 203".
3) in bezug auf opfer und gaben die gott dargebracht verden,
erlangt heiligen den sinn weihen , als zeichen der Verehrung
spenden : heilige mir alle erstgeburt. 2 Mos. 13, 2 ; ich hab
das geld dem herrn geheiliget, rictit. 17,3; alle hebopfer die
die kinder Israel heiligen dem herrn. 4 Mos. 18, 19 ; alles
Silber und gold , sampt dem ehrnen und eisern gerete sol
dem herrn geheiliget sein, das {dasz es) zu des herrn schätz
kome. Josua 6,19; wenn jemand sein haus heiliget, das
{dasz es) dem herrn heilig sei. 3 Mus. 17, 14. Chrislus wird als
Opfergabe gedacht:
ach, unsere kinder tödten,
den, der für sie sich heiliget, tödten sie. Klopstock 4, 157.
eine kirche heiligen, sie zur stalte gottes bestimmen : heiligen,
sanclificare, dedicare, videlicet ecclesiam. voc. ine. Iheut. i3'; ein
bild heiligen, dedicare, consecrare simulacrum Stieler 887; sie
haben die heidnischen teinpel dem wahren gott geheiliget,
templa ethnicorum deo vero dedicacerunl. Steinbach 1, 724.
4) heiligen von personen die sich g(4t zu eigen geben und ihr
denken und thun nach seinen geselzen regeln {vergl. heilig 5,
sp. 833) ; in verschiedenen beziehungen.
a) in der bibelsprache heiligt der priester das volk , damit es
würdig ein göttliches fest begehe: gehe hin zum volk, und heilige
sie heute und morgen. 2 .Vos. 19,10; stehe auf und heilige
das volk, und sprich, heiliget euch auf morgen. Josua 7,13;
versamlet das volk, heiliget die gemeine. Joel 2,16. ebenso
reflexiv sich heiligen : denn ich bin der herr ewr gott , da-
rumb solt ir euch heiligen, das ir heilig seid, denn ich bin
heilig. 3 .Vo5. 11,44; also heiligeten sich die priester und
leviten. l chron. 16, 14.
b) anders aber ist reflexives heiligen vüt dem dativ der person :
sich gott heiligen, sich ihm ganz zu eigen geben; die keuschen
nonnen, welche sich gott dem herrn geheiliget, sein heilige
gefäsze. Butschky Patmos 232; ähnlich: wenn ihr bei belei-
digungen gottes . . eure bände aufhebet, sie zu hindern, so
heiliget ihr eure bände gott. Nicolai Gökingks leben 114 {aus
einer Jesuitenpredigt).
c) gott heiligt menschen, erhebt sie atts dem zustande der Sünde:
heilige sie in deiner Wahrheit. Joh. 17, 17 ; nach dem geist,
der da heiliget. Rom. 1,4; der gott des friedes heilige euch
durch und durch, l Thess. 5, 23 ; gottes wort ist heilig und
heiliget alles, das an im und in im ist. Lctuer 3, ölt*, ebenso
der glaube:
der glaube heiligt dich. Gkllert 2, 173.
daher das particip geheiligt, rän, von Sünden frei:
ein herz, von eigeuliebe fern, . . .
geheiligt durch die furcht des herrn. Gellert 2, 143 ;
gott vernahm der frommen angst gebeie,
und geheiligt ging sie ein zur ruh. Borger 100*;
nichts ist verwerflich, das mit danksagung empfangen wird,
denn es wird geheiliget durch das wort gottes und gebet.
1 Tim. 4, 5.
5) heiligen von etwas , gehl in den sinn reinigen, von etwas
befreien über: sol mit seinem finger vom blut drauf (au/" der»
dltar) sprengen sieben mal , und ihn reinigen und heiligen
von der unreinigkeit der kinder Israel. 3 Mos. 16, 19.
6) abgesehen von diesen der bibelsprache und der sich ihr an-
schlieszenden sprechart angehörigen bedeulungen steht heiligen,
zunächst mit dem aec. des objects und dat. der person, in freiem
sinne (nach heilig S) in bezug auf dinge die einen würdigen oder
erhabenen zweck haben, einer guten bestimmung geweUit werden:
wolan, ihr edlen Jünglinge . . diese meine bände, diese meine
brüst, dieses mein gemüth hab ich euch geheiliget, ihr möget
mir nun folgen, oder zuvor laufen. Schuppics 851 ;
er heiligte, bei der gescbäfte meu^e,
den tag dem Staat und seinem wem die nacht.
Hacedor?! 3, 44 ;
wie meinst du, dasz Canut nun von mir fodern darf,
die pQlcht zu hintergehn, der ich mich unterwarf,
und aus strarbarem basz für UlTos übelthaten,
ihn, dem ich meine treu geheiligt, zu verrathen?
J. E. Schlegel 1, 227;
vor dem herannabn, und dem ausspruch der freien,
die sich dem tode gelassener heiligen, entQiehn sie !
Klopstock 1, 192;
den Jüngling, der sein ganzes leben
dir und der lächelnden Weisheit heiligt.
F. L. Stolberg I, 3.
53*
839
HEILIGEX — HEIUOENEHRE
IIEILIGENFEST — HEILIOENPFLEGER 840
auch ohne dativ :
»u( dem nahlplatz heiligten die alinen
ihrer eichen stolze riesciipraclit. Körner 1, (>1.
")' heiligen, von dingen, die durch geßhl und anschauung als
erhaben, rerehruiigswürdig bezeichnet u'crden : die durch Cor-
m-iile, Racine und Voltaire geheiligle theorie. Gotter 2, v ;
ein schreckliches loos, nur darum der erste (d. h. könig) zu
sein, um von .. der prieslerwuth ersonnene verbrechen zu
heiligen. Klinger 4,216; Lavatern besonders konnte man
zum rühme nachsagen, dasz er wirklich höhere zwecke halte
und, wenn er weltklug handelte, wohl glauben durfte, der
zweck heilige die mittel. Güthe 26,296;
er {der weise) stirbt getrost : er segnet seine Zeiten,
imd heiliget sein theil der ewigiieiteii. Hagedorn 1, 13;
ach! die Treundin hier und dort!
deren nam uns diesen ort
heiligt und verschönet! Voss 5,202;
du willst die macht,
die ruhig, sicher thronende, erschijttern,
die in verjährt geheiligtem besitz,
in der gewohnheit festgegründet ruht.
Schiller W'ullensteins lod 1,4;
weh dem, der an den würdig alten hausrath
ihm rührt, das iheure erbstück seiner ahnen)
das jähr übt eine heiligende kraft;
was grau Tür alter ist, das ist ihm göttlich, das.;
ich räche eines vaiers blutgen mord,
die fromme sohnspdicht heiligt meine wafTen. Jungfrau 2,2;
entfernt sich die verehrte, heiligt er
den pfad, den leis ihr schöner fusz betrat. Götiie 9, 108;
nachahmend heiliget ein ganzes volk
die edle ihat der herrscher zum gesetz. 93.
in bezug auf schulz und schirm stehend heiszl heiligen itnverletz-
lich machen (s. heilig 10, sp. 836): die person des fürsten ist
geheiligt; das geheiligte gastrecbt.
HEILIGENÄMT, n. Verwaltung des kircbenvermögens {vergl.
heilig 3, c sp. 831): eine last des heiligen -ainpts. baurenst.
luslerpr. 59.
HEILIGENBEERE, f.: vilis alba, heiligenberen, eszelsrüben.
Gersdorf feldb. d. wundarzn. 105.
HEILIGEN BEUTEL, m. kiingelbeulel, in dem die spende für die
kiiche beim gottesdienst eingesammelt wird: welcher den heiligen-
litiitel in der kirchen herum trägt, baurenst. laslerpr. 59.
HEILIGENBILD, h..- in den bänden hielt er ein papiernes
heiligenbild. H. Heine werke 2,93. ein mädchen bezeichnend:
da schaut ich eine schöne maid,
die emsig wusch ein weiszes kleid.
die wänglein süsz, die äuglein mild,
ein blondgelocktes heilgeiibild. 15, 22.
HEILIGENBILDCHEN, n. dim.: die allgläubigen, die ortho-
doxen ärgerten sich, dasz in dem stamme des gioszen bau-
nies keine nische mit einem heiligenbildchen befindlich war.
H. Hei.ne 6,72; ein hübsches heiligenbildciien von wachs.
I, 309.
HEILIGENBLENDE, f. blende in der ein heiligenbild steht:
heilgciiblenden, wo die ganze nacht
Christus braut mit ihren Irommeii sorgen
zu gebeten und gcüängen wacht. Borger 95'.
HEILIGENDIEB, m. der kirchenvermOgen stiehlt (s. heilig 3, c
sp. 831) : da er sich doch wohl (6« der wähl eines heiliqen-
pßegers) auf das allerbeste bedacht, und nicht gemeinel, dasz
diesem oder jenem , so ein groszer schelin , schinder oder
unheiliger heiiigendicbe in denen herzen und gedanken stecken
vNürde. baurenst. laslerpr. 57. als Scheltwort:
ei sag du mir du heilingdieb,
was darfst frolocken der geschieht? H. Sachs 5,222'.
HEILIGENDIENST, ni. unbetung und Verehrung der heiligen:
wenn nur der misbrauch der heiligendiensl und abgiitlcrei
Nf-rmiddcn bliebe. Luther 6,76'; ah wa.s wirstu hie zu denken
kriegen, wie viel abgOtterei du hiewieder geübt hast, mit so
viel iir,! imd unzclichen eigen werken, die solcher
Tlofturi, ,1 hüben. 314*.
HEIi^lwi.. ,1.1 .,-.]', m.: ganz erfüllt von der herrlichkcit
de«t dichlers (liolhet) gegenüber seinen von erborgtem heiligi-n-
dun«ic aufgeblasenen anklagern und bemiiklern. H. Stieglitz
iflbUbuiqr. 154
HEILIGENEHHE, f. : de« Zwingiis geist sonderlich, der viel
mit einmengcl von bilden, fegfewer, hciligcnchre, Schlüssel,
erbsünd, und wpij< nicht was mehr seiner newen tollen leren.
Llthla I -'
HEILIGENFEST, n. .• die drillen feiertage der groszen
kirchenfesle und einige aus der katholischen zeit übrig ge-
bliebene heiligenfeste wurden aufgehoben. Beckers weligesch.
11,119.
HEILIGENFRESSER , m. spotlname für den frümmler. als
der die heiligenbilder, wenn er sie veiehrcnd küsst , vor inbrunst
gleiclisam anhekzl (vergl. fressen 2, theil 4', 133) : gleichwol seit
ir. frater Jan, nit also, ir seit kein heiligen fresser, kein
hinimelsnister. Garg. 240*; wollen sich fromme herzen der
well nicht gleich steilen, da rufet man sie für simpel und
heiligenfresser, für Sonderling und sauerseher aus. Otho 673;
konle mich nicht gnugsam verwundern über den küchen-
meister, welcher ein groszer heiligenfresser sein wolle, und.,
fleiszig in der bibel läse. Schupi'IUS 505; es sind, wie ich
höre, noch einige pfälTerchcn auf dem lande, welche auch
wollen zu naseweis werden : denen heiligenfressern will ich
bei instehender Visitation ein gebisz anlegen oder was anders
zu käuen für geben, inlerim 274.
HEILIGENFRESSERIN, f. : zumal sie von ihr gehört hatte,
dasz sie eine rechte hciligenfresserin wäre und täglichen be-
such von geistlichen hätte, begebenheilen derer herren ofßciers
auf Werbungen (1741) 1, 79.
HEILIGENFRESSERISCH, adj.: solche gebrauche, die nicht
jeder heiligenfresserische narr verstehet, interim 167.
HEILIGENGABE, f. : für Wörter, die aus dem latein- oder
griechischen entlöhnt und dannenher aigenllich unteülsch
sein, hab ich bisweil versuechl, ganz-teülsche zugebrauchen,
da ich nämlich schulen und kirchen lähr- und bäl-häuszer
nänn, das opfer eine hailgen-gab. Rompler v. Löwenhalt vor-
rede X. 20.
HEILIGENGELD, n. geld was einer kirchlichen Stiftung zu-
gehört: (der Pfarrer beabsichtigt) das gefallen hailgengell zu
seiner gelegenheit zu erheben und zu erholen. Zimm. chron.
2,480,32; das dem planer das hailigengelt nil zustünde.
481, 9.
HEILIGENGESTALT, f: (damil wir ein bild) wie heiligeu-
gestaiten in der leidenwoche hinter dem Schleier hängen
sehen. J. Paul Titan t, I35.
HEILIGENGÖTZE, m. büd, schnilzbild eines heiligen, das volk
nennt die weiszpappcl, aus deren holz solche gefertigt werden,
heiligengötzenholz. Wagner «. Hebig botan. forsthandb., reghter7
HEILIGENHAUS, n. haus, behalter einer heiligen figur. über-
tragen: statt des vorigen pianoforles stand ein gläsernes hei-
ligenhaus der tonmuse du , eine harmonika. J. Paul Tüan
2, 185. in der form belgenhaus (s. heilig sp. 827): die auszen-
deichgründe mit dem helgenhause. Weserzeilung l%hZ «0.2941.
dim. helgenhäuslein: gib acht auf die bildstöck, helgen-
häuslein und creuz an den wegen. Simpl. 3, 305 Kurz.
HEILIGENHOLZ, n. populus alba, weiszpappel. Nbmnich
4, 1043. vergl. unter heiligengölze.
HEILIGEN KUX, m. kux der einer lärche zu gule gebaut wird,
miner. lex. 292". stall dessen auch heiliger kux. Veith berg-
wörterbuch 310.
HEILIGENMEIER, w. Verwalter des kirchenvermügens (s. heilig
3, c .s;i. 831): der schultheisz, heimburg, heiligen mayer, und
rechncr. Frey garleng. 49.
HEILIGENMEISTER, m. dasselbe. Vilmar 158: der soge-
nannte heiligenmeister mit dem klingelbeutelslah. J.Pavl leben
Fibels s. 25.
HEILIGENMÖRDER, m.: dis ist der aller ergesl und ver-
drieslichsl vers, den lyrannen und heiligenmiudern ... der
bapsl hat Juhannem Husz, und viel heiligen verbrand. Luther
5,62'; aber viel mehr ist (rior/i päpstlicher lehre) verflucht
8. Petrus, der sie (die faischen lehrrr) 2. Pet. 2 nennet, schände
und lasier der heiligen kirche, wenn er noch lebete, der
tcufel würde in betretten , bei diesen heiligeinnördern. 64'.
HEILUiENNISCHE, f was heiligenblende: nur die hei-
ligennischen an den enden werden wieder aufgebaut. Seunb
spastergang 2, 37 ; die fromme sieinkrone einer heiligennische.
H. Heine 2, 60.
HKILIGENPFENNING. m : heiligenpfenninge, pfaffenpf.n
niiige als name für i/ie nummi lintcteatt bei Frisch 1, 436*.
IIEILIGENPFLEtiER, w». r«M(i//tT des ktrclwnvermögens («k
heiligeniiieier, heiligenmeister, vergl. heilig 3, e sf. 831): die
von Irigersheiin sollen iinder ine orden (ordnen) geswurn
undergenger, inesscr, Steinsetzer, dorfmeisler, Schulzen, hirlen.
auch hriligeiipfleger, die frnm sind, weislh. 4,520 (wn 1481);
ei lol mich ein ieder, der den [dann) luo dien zuo kilcben-
84 1 HEILIGENSCHEIN — IIEILIGH ALTUNG
HEILIGHOCH — HEILIGKEIT
842
meiger oder lieiligenpfleger geordenf oder gesatz werden, den
lieiligen und der kilclien bi sinem geswornen eido daj ir
getruwelicli handln und inpringen und ale jor, uan man daj
an in begerl, darumb erber rechnung thuon. 5, 355 (r. 144S) ;
aber die baiiigenpfleger daselbs namen sich seiner predig
nichs an. Zimm. chron. 2, 4SJ,16; von den kircheiiiilleslen,
kirchenvätern oder heil igpf legem, bauieiist. lastet pr. 56;
nicht ohn ists, wo ein piarrer rechtschaffne heiligenpfleger
hat , dasz er ein desto glückseligerer mann sei , denn das
kirchenwesen blühet und däuet, wo gute Ordnung gehalten
und gehandhabt wird. 58.
HEILIGENSCHEl.N, »n. l) schein nie man Hin sich um das
haupt der gOlUichen }iersonen und der heiligen denkt , nimbtis,
aurcole; ein erst in der 2. hälfte des rangen jahrh. in gebrauch
gekommenes , von den u-örlerbüchern bis mit Adelung ?iif/i/ ver-
zeiclineles uort , auf das Kirsch comuc. vorbereitet : nimbus . .
ein strahl oder schein um das haupt, wie die heiligen pflegen
abgebildet zu werden;
die höchsie tugend, wie ein heiligenscheio,
umgibt des baisers tiaupt. Götue 41, 10;
ein glänzender dampf umflosz wie ein heiligenschein den
erdenrand. J. Paul Titan 2, 57 ; das wunderbare ist der hei-
ligenschein eines geliebten hauptes. 222; schwer und schlum-
mernd schwamm die sonne auf ihrem meer, es zog sie hin-
unter, ihr goldner heiligenschein glühte fort im leeren blau.
flegelj. 1,104.
2) schein, anschein eines heiligen wandels :
jenen heilgenschein,
in den so gern sich manctier grosze hüllet.
Alxit«ger Doolin 7, 13.
HEILIGENSCHREIN, m. schrein in dem gebeine, reliquien
von heiligen außeuahrt werden : heilgenschrein sacrarium, arca
voc. ine. Iheut. i 3'.
HEILIGENSOLE, f. sole die vom salzwerk an klöster und
kirchen entrichtet wird is. heilig 3,c sp.SM): sechs und zwanzig
zciber heiligensole. Hohsdohf beschreibung des salzwerks zu Halle
(1749) s. 21.
HEILIGENSTAB, vt. commentaculum quo agri metiunlur
etiam ein heyigen stab. Trochls R 2' {im cap. de rusticis in-
strum). der name dieses ineszinstrumentes geht sicher von dem
richterlichen stabe aus (rechtsalterth. 761), der bei eidesleistungen
I.V. heilig 3, b sp. S30) diente, und der für streitige fälle zugleich
den Charakter eines maszes gehabt zu haben scheint.
HEILIGENSTOCR, m. stock mit einem heiligenbild, bildstock:
ein heilgenstock stund auch dabei {bei dem neuen kreuze).
Alberus E!:op (1550) Ä. 83;
als wir um eine ecke herum kamen und bei einem heiligen-
slock ausruhten. Güthe 16,265.
HEILIGENSTÜRMER, m. der gegen die Verehrung der heiligen
und ihrer bilder stürmt.
HEILIGENSTÜRMEREI, /.; den Franzosen während der
revolution . . welche in den lagen ihrer titanischen heiligen-
stürmerei an allen Pariser häusern das st. oder saint aus-
kratzen lieszen. J. Paul doppelwörter 14.
HEILIGENTRACHT, /". das umlragen der heiligenbilder : man
trug auch einige markgötler bei einer jährlichen Versamm-
lung auf den gränzen der mark herum, und im christenthum
kam die heiligenlracht an ihre stelle. Moser osn.gesch. 1,56.
HEILIGENVEREHRUNG, f: um weder in die heiligen-
verehrung {Luthers) der allzueifrigen Lutheraner .. zu fallen.
Th. Abbt I, 77.
HEILIGENZIRKEL, m. wie heiligenschein, der nimbus um
die köpfe der heiligen. J. Paul braucht das wort scherzhaft von
einem rothen streifen, der durch den druck eines Indes auf der
stirne entstanden ist: es war einer der neuesten trefflichsten
aber engsten hüte, welcher seine stirne . . mit einem artigen
heiligenzirkel oder rothen schnitt geändert {lies gerändert)
hatte, leben Fibels 132.
HEILIGER, v\. hedigmacher, geisilidier relter:
preis dem heiliger der sünder!
Klomtock 7, 247. 268.
HEILIGFROH, adv. in heiligkeit froh:
im himmel nicht also,
da wird man nicht emphnden
das strenge gitt der Sünden,
da lebt man heilig-froh. Rist himml. tieder 5,326.
HEILIGHALTUNG, f heilighaitung der religjon. Beckers
weltgesch. 14, 213.
HEILIGHOCH, arf;.; das heilig-hobe band (rf/e efte), welches
I zum vorbilde der geistlichen Vermählung mit Christo fürge-
I stellet zu «erden gewürdiget ist. Bütschry Patm. 694;
I er ist nnd bleibt gott jederzeit
im lieilig-hohen sitze. Opitz psolmen s. 124.
HEILIGHOLZ, n. guajacum sanctum, Franzosenholz, rergl.
heilig 12, f sp. 837.
HEILIGI.N, f. eine heilige: da ich nun meine sach so weit
gebracht , dasz man mich schier vor eine halbe heiliginne
hielte. Simpl. 3,60 Kurz; chor der heiligen und der hei-
liginnen. RCCKERT 61.
HEILIGKEIT, f. ahd. heilicheit, mhd. heilecheit, heilekeit,
heilkeit; in zwei hauptbedeulungen.
I) das heiligsein , die eigenscfiaft und Persönlichkeit , zustand
des heiligen : heiligkeit sanctitas, sanctimonia Dasyp.
a) nach dem adj. heilig 1 und 2 {sp. S2S) ro?i den göttlichen
personen, der Jungfrau Maria, den erzrätern, märtirern der kirche :
die heiligkeit des herrn. 2 .Vos. 28,36; ir heiligen lobsingel
dem herrn, danket und preiset seine heiligkeit. ps. 30,5;
ich {gott) habe einst geschworen bei meiner heiligkeit. 89,36;
er {goll) wird heiligkeit nemen zum unüberwindlichen schilde.
weish. Sal. 5,20; in heiligkeit der engel einher gehen, in
sanctitate angelorum ambulare. Steinb.icu 1,723; dieses thut
ihr {der heil. Clara) in ihrer heiligkeit weiter keinen schaden.
Secme Spaziergang 1,132;
sich begunden über al
die glocken selbe liuten . . .
dö kos wip unde man
sine {des lieil. Gregor) heilecheit dar an. Gregor. 3592,
bei gottes heiligkeit. Opitz psalmen s. 250;
lernt von Marien auch wodurch man gott behagt,
die seine mutter ist, und nennt sich doch nur magd.
sie ist voll heiligkeit. werke 3, 199.
heiligkeit ist der titel des papsles: es sollen ewer heiligkeit
und geistlichkeit {Paul 111) obren und nasen sich nicht ver-
wundern, das ich verdampter, verfluchter, unreiner, stinken-
der ketzer, für ewer heiligen reinigkeit, mit solcher meiner
unfletigen stinkenden schrift mich unterstehe zu komen, denn
ewer heiligkeit wissen, das s. Paulus spricht, den reinen ist
alles rein. Luther 6,499'; auch cardinäle werden so angeredet :
aber einen solchen unverschempten bösen wurm bette ich e.
(eure) cardinalische heiligkeit nicht gehalten. 6,361*. scherzhaft
hat diesen <j7e/ Secme auch auf Standbilder von heiligen gewendet:
im hintergmnde der krjpte stehen noch ein paar weibliche
heiligkeiten , deren namen ich vergessen habe, deren blut
aber noch beständig flieszt. Spaziergang 2, 63.
b) nach heilig 4 {sp. 83l) ron den statten, geraten, zeiten des
cultus ; schon ahd.: domum luam decet sanctitudo ... dinero
aecciesiae gezimet heiligheit in ewigheite. Notker ps. 92 {Hattemer
2,337'); dein wort ist eine rechte lere, heiligkeit ist die zierde
deines hauses ewiglich, ps. 93,5; der berg des herrn Zebaoth,
ein berg oer heiligkeit. Sacharja 8, 3 ; die heiligkeit des sonn-
tags soll durch weltliche arbeit nicht gestört werden;
wie ist dein hausz gezieret weit und breit,
ohn zeit und ziel mit aller heiligkeit!
Opitz psalmen 178.
auch von heidnischen :
des tempels heiligkeit
hat ein befleckter mensch durch seinen blick entweiht.
i. E. Schlegel 1, 57.
von den sacramenten, lehren, gebrauchen, einrichtungen der kirche:
die heiligkeit der taufe; mit speisze und trank, und mancherlei
taufe und äuszerlicher heiligkeit. Hebr. 9, lO; die heiligkeit des
eides; die heiligkeit der ehe darf nicht angetastet werden.
c) nach heilig 5 {sp. 833) t'O« menscJien , die einen heiligen,
gottseligen wandet führen : das er (der mensch) die weit regieren
soll, mit heiligkeit, und gerechtigkeit. weish. Sal. 9,3; das
wir . . im dieneten on furcht unser lebelang, in heiligkeit und
gerechtigkeit, die im gefeilig ist. Luc. l, 75 {auch in Behaims
evang.-buche in heilikeit und girechlikeit); ziehet den newen
menschen an, der nach gott geschaffen ist, in rechtschaffener
heiligkeit und gerechtigkeit. £]p/i. 4, 24; das ewre herzen ge-
sterkt und unstrefflich seien , in der heiligkeit für gott und
unserro vater. 1 Täm-s. 3, 13; das noch nicht geoffenbart were
der weg zur heiligkeit. We6r. 9, 8; auf das sie nicht Ursache
nemen .. ire heiligkeit zu preisen. Luther 3,382';
er hat uns auch zur heiligkeit,
die für ihm bleibet jederzeit,
erzeuget und aufs neu erkohren. Oprrz 3,123;
so sollt ihr euer ganzes leben
der wahren heiligkeit ergeben. 1^;
843
HEILIGKEIT — HEILIGSBRUCH
HEILIGSBRUCIIIG - HEILIGTHUM
S44
danirnb das volk der tieiligkeii
dir rufen sol zur rechten zeit. 156;
dann werden wir in deinen teinpel gehn,
und dein gebot in hciligkeit betracliten.
Caniz gcri. 30.
auch ana lieidnischer anscliauuiig lieratis:
es ist genug, dasz man aus blinder heiligkeit
der groszen göttinn sitz durch griechisch blut entweiht.
i. E. Schlegel 1, 32.
d) nach heilig 6 (sp. S34) von menschen mit dem bloszen schein
des heiligen, und ihrem Ihiin : die heiligkeil seiner iniene halle
uns getäuscht;
eh noch der stände unterscheid
aus brüdern iiebenbuhler machte,
und gleisznerische heiligkeit
das höchste gut der Sterblichkeit,
den frohen sinn, um seine Unschuld brachte.
WlELANI) 10, 136.
f) endlich (nach heilig 8—10 sp. S35) roti maximen, gefühlen,
einnchluiigen . schütz, im sinne von höchster ehrwürdigkeil, ttnver-
lelzlichk^'it : die heiligkeit der maximen in befolgung seiner
pGicht. Kant 6,209; da man gezwungen wird, zeuge zu sein,
so ist ein zwang, seine Urkunden zu zeigen, wohl auch ge-
denkbar, die heiligkeil der briefschaften hat doch wohl nicht
mehr für sich, als die heiligkeit des gedächtnisses. Hugo
iialurrecht (1SI9) s. 500 anm. ; die heiligkeit des gastrechts;
sie erstechen sich unter einander bei der geringsten veran-
lassung, . . . aber ein fremder ist heilig, ich möchte mich
freilich nicht zu sehr auf meine fremde heiligkeil verlassen.
Seüme Spaziergang 2,54; heiligkeit einer fürstlichen person.
2) die ältere spräche hat neben den vorigen abstracten bedeti-
tungen auch eine concrete des ivortes entwickelt, sie bezeichnet
damit zunächst das venerabile, das 'hochwürdigsle gut' : dar umbe
sol man den kor in der kirchen aber flijeclicher eren danne
die kirchen, wanne da wonet diu heilikeil aller heiligen
(heilikeit?) inne. Br. Berthold 446,38; man gab uns baiden
unsern herrn und die hailigkait {abendmald). d. städlechron.
5,13", 11; ej wser niht tugenlleich getan, der die hailichail
für die hunt würfe. Megenberg 380,23 {mit anklang an Matth.
7, 6). dann auch andere geiveihte gegenstände, sowie handlungen,
sacramente: dar umb prinnent die poesen Christen vast in
der hell, die da; hailig öl und die andern haiiichait unwir-
dicleich enpfangen habent. 336,20; pallcn iren pfarrer vor-
genant, das er in die kirchen geen und das sacrament und
ander heiligkeit darusz tragen und die bewaren wolt. deutsche
slädtediron. 2, 221 anm. l ; reliquien :
wä beslüj ie maget bort so gröjen?
dir sxlden kefs vol heilikeit gestoben
kan niht gcnöjen [Maria ist an(ieri'dcl).
S. Holbtinij 11,53.
tH bezug auf cuUusgegenstände der Juden : so die Juden sehent
das man inen sollichen Irang und gewalt an ir heiligkait
thete {nämlich ihre bücher wegnähme). Beuchlin augensp. xix'.
HEILIGKHAIJT, n. rerbena offtcinalis, eisenkraut. Nemnich
4, 1553.
HKILIGLEBENDIG, adj. ein heiliges leben führend : ward im
ziiogeaignel ain hailiglebendig bausfraw. herz. Ernst 231, 31
bartsch.
HEILIGLICH, adj. und adv., mhd. heileclich, adv. heile-
I liehe: die ehe rein und heiliglich Italien. Luther 6,353';
sagen uns darnach, man müsse der alten veler Ordnung
heiliglicli Italien. 458'; als denn wirstu on heiichelei, recht
und lieiliglich schweren. Jer. 4, 2; wer heilige lere heiliglich
behelt, der wird heilig gehalten, weish. 6, II.
HEILIGLICHEN, adv.: da ward er gar reich, und lebet
tngnntliclien und heiliglichen. Luther 6, 60t'.
HK.ILIGMACHEH , m. heiliger, befreier von der sünde: berr
du woltcsl (/. wollest) beide ein hciligmacher und behüler
deines Volks sein. G. Wicelius p.va/<es efc/<'.vi(Js<(CMS (1550) 132';
(Mürdest du sehen, dasz) Christus zwar dein lieiligmacher
i»l. :ibrr Moses dein klüger. Schuppius 7C5.
HEILI(iMA(JilL.NG, f.: Inichlmachiing oder heiligninchiing
.. fructißcatw vel saticlificatio. voe. 1482 i5*; heiligmachung
tuHctificdlto Hasvp.
HEILIG.MONAT, m. december. Weinhoi.d deiäsclie monatnamen
d«»««) ».41; im ,. heiligmnnat. Kikchart groszm. 121.
HKILUJHOTH, adj.:
die ro»« von Saron.
dii- heiligroihe, prophetengereierip. II. IIcimk I.'>, i)-».
HEILKiSHHLCII , m. mrrilegium: «ie . . . begiengen ausz
Icwfii.rt,.., Piii^iircrbiifii- ' !■ f< tIi* -If l:iinftirrti gericbl>i
den allergroszien hailligsprucli {indem sie Chrislo bei der kreu-
zigung die kleider nahmen), herzmaner 125*.
hEILIGSBBUCHIG, adj. sacrilegus: danksage dir ... uinb
die turstigen angreifung der heilligspruchigen hendeder jhenen,
die dich suchten zehalten, herzmaner 60'; o du uberfraszige
. . . geitzgirigkeit der groben lotterpucben, die sich nicht ge-
schämt haben, das klain und gering gewendlein oder klaid-
lein des armen nackenden Jhesu mit beilligpruchiger geitzig-
keit zezerreiszen. 124*.
HEFLIGSCHAUERND, adj. :
ja Schöpfer! ich empfmde hciligschnuernd
dich gegenwartig! Wikland sup/il. 2, 199.
HEILIGSCHÖN, adj.: so heilig-schön sah er das mädchen
liegen. J. Paul flegelj. 3, 23.
HEILIGSPRECHUNG, f.: canonisalio heiiigsprechung, erhe-
bung unter die heiligen. Kirsch cornuc. ; in freiem sinne: zur
heiiigsprechung Lianens. J. Paul Titan 1, 136.
HEILIGSCSZ, adj.:
in purer lieb und heilig-süszer brunst.
Weckherlin 700.
HEILIGTAG, m. feierlag: im newen lestarnent ligt der sab-
balh nider, nach der groben euszerlichen weise, denn es ist
alle tag heiligtag. Luther 3,107".
HEILIGTHUM, n., ahd. heilictuom, mhd. heilecluoni, in
mehrfachem sinne, der plural ist in der allem spräche dem sing,
gleich, erst die neuere braucht heiligthünier.
1) zustand der heiligkeil :
gesundheit war in leib, Vergnügung in die herzen,
der Unschuld heiligthum gepflanzt der seele ein.
Lohenstein geislt. gedanken s. 48.
übertragen auf die person: das niemand in das haus des herrn
gehe, on die priester und leviten die da dienen, die sollen
hin ein gehen, denn sie sind heiligthum. 2 c/iron. 23, 6 ; noch
leiden wir nichts, sondern gehen auf rosen, und sind schelter
und beiszer, sie aber sind eitel heiligthum. Luther 3,382";
also wer vater und mutier ist, haus wol regirt, und kinder
zeucht zu gotlesdicnst, ist auch eitel heiligthum und heilig
werk und heiliger orden. 511".
2) gewöhnlicher bedeutet heiligthum einen heiligen ort oder ein
heiliges ding.
a) in der bibelsprache gotteshaus , tcmpel: sanctuarium dei,
gotes heiligtuom. Notker ;w. 89 (//u//cmer 2, 327') ; sie sollen
mir ein heiligthum machen, das ich unter inen wone. 2 Mos.
25, 8 ; aus den hundert centnern Silbers gos man die füsze
des heiliglhums {der slißshütle). 38,27; sage deinem briider
Aaron, das er nicht allerlei zeit in das inwendige heiligihuni
gehe binder dem furhang. 3 3/os. 16, 2; bawet gott dem herrn
ein heiligthum. l c//ioh. 23, 29 ; das du ein haus bawesl zum
heiligthum. 29,10; hebet ewre liende auf im iieiligthum und
lobet den herrn. /w. 134, 2; erbarm dich der stad Jerusalem,
da dein heiligthum ist, und da du wonest. Sir. 36, 15;
sie (Jerusfl/eni) hat gesehn die beiden
gehn in ihr heiligthum. Opitz 3, 31 ;
ach ! soll man den prophcten
und priester deines volks im heiligthumb« tödtcn? 36;
aus gottes throne dieszt
ein Strom, der sich ergieszt,
durchs heiligthum. Klopstück 7,147 {am pftiuisl feste).
freier von anderem aufenthallsorte goltes: da Israel aus Egypten
zoch . . da ward Jtida sein heiligthum. ps. 114, 2; rom liimmel:
er (gott) sende ihr hülf von seinem heiligtiiumb. Schuppius 3;
am grab hlfr, sollen wir nur fern
des ewigweisen rathschlusz sehn !
vom weilen siehn,
und noch ins hciligtlium nicht gehn! Klopsto( w 7 '« .
von einer der heil. Jungfrau geweihten capelle:
dn, in ihrem heiligthuine,
wirkt sie (die multer gttttes) wunder mancher art.
Uuland ijed. 287.
auch von heidnivhen cuUussIdtten:
der k6nig und nicht du herrtchl in dem hoiligthiim.
i. K. ScHLKGiL t, 58 {Urest u. /Vi"'' ) .
heraus in eure srhniten, rege wipfel
de» iilten, liellgeii, dii'hllieliuibti'u li;iiiies,
wii! Iii der gutliu i^tilleii heiliglliuin,
tret ich noch jetzt mit Rchauderndem gefiilil. fifiiHK !». :i.
' I rme heilige, gottgeweihte sache im allgemeinen : ir soll das
heiliglhuni (rö nyiov) tiichl den htindrn geben. Malth. 7, 6
(bei lirhaim ir sull nicht geben das heilige den hunden);
(l.iiiinili l:iv drill diliikel und fillen f.iieii . und l^-iiic \-"'
S45
HEILIGTHÜM
HEILIGTHL MSCHÄNDER — HEILKRAUT 846
dieser schrift , als von dem allerhühesten , edlesten heilig-
thum, als von der alleneicbsten fundgruben, die ninier mehr
gniig ausgegründet w erden mag. Bindseils bibel 7, 304 (vor-
rede Z: alt. test.) ; daher plumpt mein Carlsfad herein wie eine
saw, die nu die perlen fressen, und wie ein hund, der das
heiligthum verschlungen hat. Luther 3, 6i';
die ihr des lebens tacht brennt zu gedächtnüs-kerzen,
und euch ein heiligthum laszt ihre leichen sein.
LoHENSTEis hyaciiilhen s. 51.
aprkhuürllich : der sein selbst heiligthum ist, ist anderer leut
greuel. Schottel 1114". etuas uerttolles hebt man wie ein
heiligthum auf, in welcher redensart sich die bedeutung mit unten
d berührt: er hält es vor ein heiligthum, rem sanctam habet.
Steinbach 1,724; aus der sache ein heiligthum machen, rem
sancte ctistodirc. das.
Von gegenständen des heidnisclien cultus:
ich wollt ein heiligthum (das bild der Diana) aus mord und
gräul entführen. J. E. Schlegel 1,63;
die heiligthümer Latiens . . . freventlich zu entweihen. Ra-
BE.NER sat. 2 (1761) 256;
da hoben sie {die Lalinei') zu ihrem heiligthum,
dem speer des Ma»ors, flehend blick undhand.
Uhlasd ged. 379.
c) anslail einer heiligen sache ist eine lieilige handluhg , ein
heiliger zustand im allgemeinen durch heiligthum bezeichnet:
damit er anzeigt, das nicht köstlicher ding sei, denn leiden,
sterben, und allerlei unglück, denn sie sind heiligthum, und
heiligen den menschen von seinen werken zu goltes werken
. . . darumb sei er sie auch erkennen für heiligthumb , fro
werden und gott danken, so sie im komen. Lltuer 1, 244'.
.NoTKER gab sacramenta durch heiligtuom wieder : daj chit spen-
dön ih sacramenta corporis mei et sanguinis, diu heilichluoiii
mines lichamin unde bluofes. ps. 2f (Hallemer 2, 81").
d) besonders häufig ist seit dem mittelalter die specielle bedeu-
tung reliquien eines heiligen geivorden, wobei das worl im singular
als collectivbegriff steht : daj hera heilicluom . . nehän ih so
geeret s6 ih mit rehfa scolla. Müllenh. u. Scbeber 220,100;
ein kefsen nam er an der stet,
diu was heiictuoraes vol. Wigalois 115, 10;
die ander pristerschaft . . kamen auch da in iren korrocken
und chorcappen mit yrem heiligtum. d. stddlechron. 3,302,1;
ain trüchlin mit vil hailgtumbs. 4,304,6; nach fisch gein
aubent bestrich er alle krank leut auch auf dem hof mit
sant Bernharts hailgtumb. 325, 24 ; merke wie wir narren
sind gewesen, wenn man uns sagte, da ligt s. Peter, s. Jacob,
das heilige grab , diese oder jene heiligen, ... so bald wir
das geschrei gehöret haben , sind wir zugefallen als blinde
und törichte leute, und haben mit häufen kirchen gestiftet,
ja wenn wir einen finger oder heubtschedel vom heiligtum
überkomen kundten, rieht man so bald altar und capellen
auf. LoTBER 4, 15S'; ein güldenes creufzlein mit diamanten
besetzt und mit heiligthum gefüllt. Simpl. 3, i'Q Kurz ; heilig-
tum an gebeinen , reliquiae sanclorum , i. e. cineres et ossa
Stieler 887; heiligthumskästlein, lipsanolluca Frisch 1,436*;
eine feine monstranz darinn wenig heiligthumb zu finden.
Agricola neue feldscherkunst (1701) 5.77;
wir küszten es (ein gewand) gleich einem heiligthum.
Uhlasd ged. 180.
vergl. heilthum. über solche heiligthümer wurden kirchen ge-
sttflcl (s. die eben angeführte stelle Luthers) als gutes und von
Sünde befreiendes werk; daher eine redensart heiligthümer stiften
schlechthin für gutes thun : ein mancher, welcher auch nicht
viel gutes im Schilde führet und die tage seines lebens wenig
heiligthümer gestiftet hat. Sinipl. (1684) 1, 247.
e) heiligthum hieszen auch die insignien des heiligen römischen
reiches: ich Jörg Pfinczing zoch mit dem Sigmunt Stromer
gen Offen, und der aller durchleüchtigister künig Sigmund
gab uns das grosz heiligtum: das sper und das heilig krewcz
und ander heillums vil, das zu dem newen spital ist. das
probt wir gen Nüremberg. d. slädlechron. 2,42,26, vgl. 341,14;
unser herr rex {Friedrich III) der vorderte, da; man im ant-
wurfen solfe da; wirdig heiligtum, da; heilige speer und alle
andere stuck , die dan bei keiser Sigmunds lobleicher ge-
dechtnus zeiten in befolhen wurden, und gab zu versleen,
sein gnade wer nu zum reiche erwelet und gecronet und
sein vorfaren am reiche romische keiser und kunige hatten
sulch heiligfumclennet alzeit in ir gewalf gehatt. 3,380,2;
von dem hochwirdigen heiligthumb. Ticber 125, 26. der tag
an dem die reiclisin^gnien dem rotte 3« Nürnberg öffentlich gezeigt
wurden, hicsz des heiligtumbs Weisung tag. 127, 30, oder kürzer
das heiligthumb. 127,34. das gerüst, auf dem die kleinodien
gezeigt wurden, war der heiligthumssful. 126, 14.
f) die moderne spräche verwendet heiligthum frei, aber mit
anlehnung an die bedeutung i.a: denn der edle Jüngling neben
ihm war zu blöde und zu fest , dem verwandten der ge-
liebten . . . das heiligthum seiner wünsche aufzuschlieszen.
J. Paul Titan 2, tlS; ich würde sündig an seiner unsterb-
lichen seele, zugäbe ich, dasz ihm ein name, ein wappen
werfher sei, als das heiligthum seiner empfindungen. Immer-
mann Münchh. 4, 132;
wann aber um das heiligthum (das abendlicht)
die dunkeln wölken niederrollen. Uhla.'«d ged. 3;
durch thüren wandl ich, die mir sonst verriegelt,
bis zu der Schönheit stillem heiligthume. 132.
HEILIGTHUMSCHÄNDER, m. :
gebeut ihr (der Faste), dem beiligthumschäDder
ganz das Ireveinde herz zu durchglühn.
Voss Ovid nr. 3>, 55 (metamurph. 8, 792).
heiliglhumsschänder. Heilman Thucyd. 144. 159.
HEILIGTHLMSFAHRT. f wallfahrt nach ausgestellten reliquien.
HEILIGUNG, /. die handlung des heiligcns; ahd. heiligunga
sanctificatio {auch opfer, sacrificium bei Noteer ps. 106, Hatlemer
2, 390'), mhd. heiligunge.
1) nach heiligen 1 — 3 (sp. 837) das heilig machen oder hallen,
als heilig verehren; von der erhebung einer heiligen person: den
lag irre (Maria) heiligunge enwi;;e wir nif. d. mj/sf. 1,17, 23 ;
heiligung oder heiligmachung, sanctificatio Frisch 1,436'; dann
von der weihe eines golleshauses : heiligung, heiligmachung, con-
seeratio, sanäificatio Maaler 216"; die heiligung oder weihung,
consecratio, sacratio Frisch a.a.O.; von der strengen feier der
christlichen feste: die heiligung des feiertags; in Basel hat sich
jüngst eine gesellschaft für sonntagsheiligung gebildet.
2) öfter nach heiligen 4 {sp. 838) befreiung von der sünde
und leben in gott: in Christo Jesu, welcher uns gemacht ist
von gott zur Weisheit , und zur gerechfigkeit , und zur hei-
ligung, und zur erlösung. l Cor. 1,30; lasset uns von aller
beQeckuug des fleischs und des geistes uns reinigen und fort
faren mit der heiligung. 2 Cor. 7,1; das ist der wille gottes,
ewer heiligung. 1 Thess. 4, 3 ; gott hat uns nicht berufen zur
unreinigkeif, sondern zur heiligung. 7; das euch gott erwelet
hat von anfang zur Seligkeit, in der heiligung des geistes,
und im glauben der Wahrheit. -2 Thess. 2,13; so sie bleiben
im glauben, und in der liebe, und in der heiligung, sampt
der zucht. 1 Tim. 2, 15 ; jaget nach dem friede gegen jeder-
man, und der heiligung, on welche wird niemand den herrn
sehen. Hebr. i2,H; es ist auch allhie eine heiligung von den
übrigen Sünden, das uns die übrigen Sünden nicht schaden.
Luther 3, 433";
dasz nach der heiligung hier aur der erde
den gläubigen ein ewig leben werde.
Lohe:«stei>- geistl. gedankcn 104;
du wirst die kraft
zur heiligung mir schenken. Gellert 2, 133;
soll dein verderbtes herz zur heiligung genesen,
Christ, so versäume nicht, das wort des herrn zu lesen. 192;
die heiligung errordert müh,
du wirkst sie nicht, gott wirket sie. 222.
HEILIGÜNGSKRAFT, f: in dem sinne der kirchlichen
lehre, ihrer erfahrungsvollen geschichte, ihrer heiligungskräffe
und erleuchtung. evangel. kirchenzeitung 1S6G s. 763.
HEILIGVERZERRT, adj. : eine heiligverzerrte miene. Ra-
bener 2, 166.
HEILIGVVERTH, adj.;
von deiner heiligwerthen Stadt. Opitz psalmen 128.
HEILIXG. m. s. unter heilig 3, c sp. 831.
HEILKELCH, w». gesundheit bringender kelch :
dir reichten umsonst die nymfen den heilkelch.
Neubeck der ijpsundbninnen 79.
HEILKR.\FT, f kraft zu heilen: es fragte sich, wie man
der innern jugendlichen heiikraft zu hülfe käme? Göthe
25, 9 ; gewisse pflanzen haben heilkräfte.
HEILKRÄFTIG, adj.: heilkräftige kräuler; heilkräftige
bäder;
wie er dem boden der llur heilkräftige wurzeln entwühlend,
achtend nicht auf den durt, noch auf den farbigen glänz.
RÖCKERT 279.
HEILKRADT, n. l) im allgemeinen sinne kraiä mit heil-
kräflen : grosze strecken mit Iieilkräutern bestellt . . übersah
847
IIEILKRÄÜTCHEN — HEILLOS
IIEILLO SE — HEILPFUSCHER
848
er. GuTHE 21, 69 ; giflkiäuter wachsen auf dem einen, üeil-
kräuter treibt der andere griind. J. Gotthklf Uli derpdclUer 12.
2) name verscliiedeiter pflanzen : licracleitm spliondylium, bäirn-
hlau, OHc/i /loWäiid. heilkruid. Nemmch 3, 13-1 ; seneciosaracenuus,
heidnisches wundkiaul. 4, 1279; anayallis aivensis, gauchheil, giund-
lieil. 1. 256 ; arislolocliiu clemalilis, Osterluzei. 1, 45S.
HEILKRÄL'TCHEiN, n. ajmja leptuns. I;rirrheiiitir 'linifi'!. Nem-
MCU 1. 131.
HEILKUNDE, f. ars tnedendi.
HEILKUiNST, /. ars niedendi: (der walirai) wird in der lieil-
kiinst verscliiedenllicli, so wohl innerlich in verschiedener
form, als auch äuszeriich in pflastern gebraucht. Lichtenberg
5 (1803) 14C; etliche ärzte sind der meinuiig, die menschen
hätten die heilkunsl vom lieben vieb gelernt. Riebl cuUiir-
gescli. nov. 406.
HEILKÜNSTLER, wi. .• überhaupt wird der kluge politische
heilkünstler sich am wenigsten von dem guten arzte unter-
scheiden. J. Pacl doppelte örler 53.
HEILLANG, adj. ganz lang, vullig lang, in Hessen: den
ganzen heiliangen lag hindurch. Vilmar 159. vergl. heilfroh,
beilwohl.
HEILLOS, adj. und adv., nach dem subsl. hei! in wehr-
facliem sinne.
1) olme gesundhcü , körperlich gebrecldich (heil 1 spalte 817) :
wann ich doch nit mehr dann ein wenig ein behelf bette,
es were gleich eine eiserne band ... so wolt ich dennoch
mit gottes gnad und hülf im feld noch irgend so gut sein
als sonsten ein heilloser mensch. Götz v. B. 81; bair. haillos
unlüclUig , unbrauchbar, schlecht im physischen verslande: mein
vater ist ganz haillos, ziemlich kränklich, entkräßet. Scbm. 2, 170;
auch auf dinge übertragen : ain bailloser strick, slrick der nicht
Italt , nicht zu brauchen ist. das.; fiäilis schwätzig /. unnütz
l. heiiosz DiEF. 254'.
2) im I6.jahrh. häufiger ohne wolfahrt in bczug aufstand und
vermögen (heil 2 sp. Sil), arm, elend, niedrig: qui.<quilia beilosz
/. liederlichs volk Dief. 480'; beillosz leüt , nicht sollend,
liederlich und veraCht leüt, guisquiliae Maaler 216'; heillose
verarmte kind, unglück bat euch überwunden. Aimon bog. g;
gott verstecket seine gaben wunderbarlicb , und ist hohen
tilteln menschlicher weiszbeit gar feindt, sihet in die tiefe,
in das heiiosz, nider, demut , mit disen theilet der beilig
geist sein gnad. Agr. -fr. (1560) 99';
und reut zö Zeiten iimb ain peüt,
das whören etlich bailosz leüt. Schwarzenberg 138' ;
weil ich hab weder Trcudt nocl) muth
bei meinem weib all mein lebtag,
ich bei ir gar nicht leben mag.
8ie maciit mich heiiosz und verdrossn.
i. Ayrer 56* (294, !t Keller);
wo man heillo8Z gesindlein find,
da merkt man wobt dasz sie nicht sind
vom adei her der göttcr kind. Lehmann 157;
und dasz ich nicht hilllo.sz und beillosz bleib.
Weckbkrlin 111 (;)S. 25,21).
3) lieillos. ohne rettung, ohne hilfe (nach heil 3 spalte 819):
ihr Verhältnis heillos zerrütten, ja gänzlich zerstören. Spiel-
HACEN Röschen vom liofe (1864) 5. 170.
4) heillos endlich vielfach in moralischem sinne (heil 4 s/i. 819).
a) streng genommtn , böse, abscheulich: heillos, vialedictus,
rxecrabilis Stieler 1178; er ist ein heiloser man, dem nie-
mand etwas sagen thar. 1 Ä'ani. 25, t7; mein herr setze nicht
sein herz wider diesen Nabal den heiloscn man. 25 ; es war
daselbs ein herümblcr heilloser man. 2 Sam. 20,1; wiewull
er all sein tag für ein redlichen kneclit, must er nun furan
für einen heillr)sen man gehallen werden. Wtlw. v. Schaum-
'lurg 67; ein heilloser mensch, homo sceleiatus Steiniiacii
1, 1075; die.ser Vorligcrn .. war ein luilloser mann. Stoi,1)Kmg
10, .'1; alle drei lirudcr waien iieillose mcnsclien, kaum einer
besser als der andere. Dahi.hann ddn, gesch. 1,436;
au« der heilloiton Rchul. Weckhkrlin 634;
llere nun fconiitc den zorn im herzen nicht borgen, und nagte:
wcicti ein wort, heillo»cr Krunide, ba»t ihi gc»pro(linn V
lieRCKR 212'.
>n bttug auf mmsdäiche lehren, handlungen: unter der dirmunge
'/) füret «r dis hciius, ungeschickt gebet mit ein, diiH
<h nirgent zur messe reimet. Luther 2, .'iUO'; u Ae»
M.1I..-.II canons, nnn sihet fein, wie er zusainen getragen
und gcrafTt iil , von ungelerlen lollen pfaffen. dat. {nachher
in dem verfluchten canun. 607*).
b) aucli in verbluszlerem sinne böse, arg, schlimm: ach! sagt
sie, da sie ihn (den söhn) eiblickle, du beilloser vogel. was
macbstu mir vor creuz und herzenleid? Simpl. 4,330 Kurz;
0 du lieilloser, erbärmlicher prahlhansl Scii im er rautcr 1.2;
aber ich wcisz selbst nicht recht, woran ich bin, und die
heillose foppt mich. Hei.nse /ln/iH<y/(p//y 2, 58. von gegenständen
und handlungen : es ist ein beilloses leben. Seume spazierg.
2.64; und da ereigneten sieb gar beillose misgriOTe. H.Heine
12,60. sogar nur zur Verstärkung gebraucht : das kostet heillos
viel geld, oder: das kostet ein heilloses geld.
HEILLOSE. /". vuniias, negligentia. Maaler 216*.
HEILLOSIEREN, rerb. sich beillos («o. 4) geberden?: die
Rennen und Schotten beillosieren und schlemmen oder haben
sonst kein fried. Fronsperg kriegsb. 1, 171".
HEILLO.SIG, adj.:
.loannes der heilosig man . . .
der lig in starken banden gl'angen. trag. Juh. Lvij.
HEILLOSIGKEIT, f, nach heillos 2, mangel an pflege, Ver-
wahrlosung: das schlosz Ziraber ist uszer groszer bailosget
und liederlicher haushaltung also verwarluset worden. Zimm.
chron. 2,79,1; den {faden) soll ein junkiraw bei der grefin
uszer hailoskait mit eim Hecht haben abbrennt und der faden
ins trüclilin gebronnen haben. 80,2; diser grälin ist .. ain
grosze untrew in ainer apoleke zu Frankfort widerfareu,
gleichwol solchs mer uszer groszer hailos- und liderlichkait,
dann anderer gestalt, beschehen. 385, 5; ist das schlosz
Ochsenstain . . . uszer hailoskait und verwarlosung des ge-
sinds uf dem berdt, wie man sprucht, verbronnen. 430,33.
HEILMACHEND , part. : so du im geiste wandelst , und
wilst deinen werken , mit innerlicher andacht , ein höheres
leben geben, so werden alle deine tage foll gutter Verdienste
sein, die sonne dieses tages ist die heilmachende gnade in
der sele. Bütschky Palm. S47.
HEILMACHER, m. l) heilender arzt, in allgemeinem sinne:
heilmacber medicus Dasyp.
2) fifer rettung aus der sünde beuirkl , auf Christus bezogen
{vgl. heiland, heiler, heiligmacher) : heiliger und barmherziger
heilmacber, ewiger gott. Üasler plenarium v. t51S, l' {die aus-
gäbe V. 1514 liest heiler); so ist doch die rechtvertigung nit
geben worden den füszen, als dem punischrich, sunder dem
haubt, das ist Christo Jesu unserm heilmacber. Gödekes Gengen-
bach 392, 11 ; welche auch yn verkündten geboren sein den
heilmacber der weit. Frank wellb. 173'; {die zeit in welcher)
der heilmacber in seiner majestat künRig ist. c/iron. 1531
523'; beut ist auch geboren der heilinacher, welcher ist
Christus. Reiszner Jcrtis. 2,43".
HEILMACHIG, adj. medicus, salubris. Dasyp.
HEILMACHUNG, f: solche heilmacbung hat gott durch
mancherlei geschiebten erinnert. Reiszner Jerus. 2, 7'.
HEILMANN, m. l) Iwilbringender mann : Alexander ist auch
so vil gesagt {nämlich ah Ludwig a/.e^ixnxo^) i. e. helfmann,
heilmann. E. Alberus Wörterbuch, daher = arzt: theils be-
schränkte er {graf Harrach) sich auf die Schilderung seiner prak-
tischen thäligkeil , ärztlicher Verhältnisse, merkwürdiger be-
rührungen und einllüsse, die eine person der art als Standes-,
weit- und heilmann erlebt. Götiik 32, 151. vergl. heilfrau.
2) in I^itrnberg wird beilmann ein irrschniltencs junges pferd
genannt. Scum. 2, 169. vergl. heilen castruren sp. 825.
HEILMITTEL, n. heilendes mittel im allgemeinen sinne: ein
hcilmitlcl wider das lieber. «nfer.vc/iie(/e/i ro« heilsmillel, s.d.
HEILNACIIT, f nox salutifera, poetisch für chridnacht. Stie-
ler 1322.
HEILORT, »I. 1) ort wo der kranke heil findet: die vei-
schiedeiien vulkerschaRen, welche an einem solchen beilorl
{(Karlsbad) zusamnienIrcITen. Göthe 32,34; in freierem sinne:
kann ich in ihren armen eine moglichkeil fühlen, mich vun
ihr zu trennen? und doch, ich werde fern von ihr sein,
werde einen beilorl für unsere liehe suchen, und vicrde sie
immer mit mir haben. Is, 110.
2) heil- Schulz und nncblorl, asylum. Stieler 1305.
HKILI'FKRI), »I. vnsrhniltenes junges pferd. Scim. 2,10«.
HEILI'FLASTKU, n, heilendes pflaster : sie machen es wie
ein rasender patieiit, welcher un stall eines heilpllaslers
spanische lliegen auf seinen schaden begehret, interim 182.
Stiei.er meint unter lieilpflaster das rmplastrum opodeldoch
l'ararrlsi, il. ntrinum, 49».
HKILPFISCHKH, m. ärztlicher pfu*chrr: der proloniedikiK
b'.lt .l.p I iM'.ii.i.i-.hcr. J. Raul Stebenko* 4,75.
849
HEILPROFEZEIER — HEILSAM
HEILSAM — HEILSTÄTTE
850
I
HEILPROFEZEIER, m.:
0 dichtergenosse, profetischer vogel {schwan),
sei heute dem dichter ein heilprofezeier!
RccKERT ges. ged. 1, 476.
HEILQüELL, m. hälender quell : heilquell, fons salutis Stie-
ler 1493; wie die kranken zum heilquell steigen. Hölderlin
Hyperion 2 (1799) 120.
HEILQUELLE./', dasselbe: sie (di> J«u/"W) vergiften die neuen
hcüquellen. H. Heixe 3, 70.
HEU.REICH, adj.:
des herren wort ist wahr, und sein heilreiche red
ist ewiglich gewis zu wehren. Weckherlik 6S;
der hailreich höllyerstöhrer. Ro»pler 40.
HEILROSS, n. verschnittenes junges pferd. Schm. 2, 169.
HEILSALRE, f. : heil- sive wundsalbe, balsamus vulnerarius.
Stieler 1673.
HEILSAM, adj. und adv. salutaris, salulariler, ahd. heilsam
und heilesam, mhd. heilsam.
1) heilbringend, heilend, ton personen: ein gottloser böte
bringet unglück, aber ein Ireiier werber ist heilsam, spr. Sal.
13,17; einem helfen oder heilsam sein, saluti esse alicui.
Maaleb 216*;
alles was heilsam, was löblich sich nennet,
was sich selbst herrlich und witzig bekennet,
kumme mit eile den fehler zu büszen,
lege der fürstin sich nieder zu füszen. Locad 3, 212;
es ist ein heilsam arzt, der solche salb ertbeilt. 217;
die ihr felsen und bäume bewohnt, o heilsame nympben,
gebet jeglichem gern, was er Im stillen begehrt.
GÖTBB 2, 130.
ton menschlichen körperlheilen : heilsame bände, manus medicae
Steinb.\ch 1, 724 {etwa eines arztes) ; bildlich, in bezug auf seelen-
ivunden: wer unvorsichtig er aus feret, sticht wie ein schwert,
aber die zunge der weisen ist heilsam, spr. Sal. 12,18; eine
beilsame zunge ist ein bawm des lebens. 15, 4.
2) von arzneimitteln, genesung betiirkenden dingen : Marcianus
spricht, daj der stern (Jupiter) zuo allen dingen heilsam sei
und tcEtleichen dingen gesuntheit pring. MEfiEXBERG 57,19;
sein {des auerrindes) gall ist auch hailsam. 123,16; da? da;
tier mit seinem smalz heilsam ist. 134,2; heilsames kraut,
herba medicinalis Maaler 216'; aber was ist disz für ein spe-
cies der medicin , wann einer am haupt krank were, und
wolle die füsz unten her mit heilsamen oel bestreichen?
ScHDPPiDs 747; ich will dich nicht umsonst aus meines bru-
ders doctorkästchen gestohlen haben, heilsames gift! GOthe
8,197;
da in der püchsen bah ich ein hailsame salben.
fastn. sp. 768, 21 ;
möchte mir [gotl]
ein heilsam kraut entdecken. Göthe 9,235;
wo heimlich, seit urjabren unermüdet,
heilsam gewässer durch die klüfte schleicht. 13, 255;
adverbial:
weil mit heilsam beiszer schale
die genesung ihm begegnet. 241.
bildlich: ich will den beilsamen kelch nemen. p£. 116, 13; den
heilsamen unerschöpflichen brunn deiner göttlichen barm-
herzigkeit. Scbüppiüs 444.
3) heilsam von einem ort an dem heilung zu erlangen ist:
so vielen segen nimm mit fort
von dem heilsamen schönen ort {Carlsbad). Göthe 56,44.
4) heilsam in geistlichem und moralischem sinne, von lehren,
ratschlagen, einrichtungen u. dhnl.: wesen ungesceiden an so
heiUamemo wercbe. Notker ps. 33 [Hattemer 2.113"); heil-
sammer und nützlicher raat, consilium salubre Maaler 216";
heilsamme, trostliche uad kreflige wort darvon ein krankner
gsund, und ein todter auferweckt wirt, verba salubria. das.;
er hat in (der vater den verlorenen söhn) heilsam oder gnedig-
lichen empfangen. Keisersberg pos/«7i (1522) 2,50*; lere mich
heilsame sillen und erkentnis. ps. 119.66; die lippen der
gerechten leren heilsam ding. Sprüche Sal. 10,32; denn sie
halten ein heilsam zeichen , auf das sie gedecbten an das
gebot in deinem gesetze. veish. Sal. 16,6; ein gottfürchtiger
redet allezeit das heilsam ist. Sir. 27,12; so etwas mehr der
heilsamen lere wider ist. \Tim. l, lO; bei den heilsamen
Worten unsers herrn Jhesu Christi. 6,3; halt an dem fur-
bilde der heilsamen wort, die du von mir gebort hast. 2 Tim.
1, 13; es ist erschienen die heilsame gnade gottes allen
menschen. Tit. 2, 11 ; ich glaub dasz mit diesem gedieht das
BpitzQndige geschlecht der poeten die potentatea habe wollen
IV. n.
ermanen, wie sicher und heilsam es ihnen seie desz pöfels
gemeinschaft zu bekommen und zu behalten. Schcppids 747;
für Sultane sind diesz heilsame bilder, um sie zuweilen an
ihre menschlichkeit zu erinnerH. Hei.nse 4rding/ieWo 2, S8 ; den
Versprechungen heilsame schranken setzen. Gotter 3,64; sie
(die katholische veltansicht) war notwendig, als eine heilsame
reaktion gegen den grauenhaft kolossalen materialismus.
H. Hei.ne 6, 21 ;
der heilsame verstand, dasz einer züchtig lebe,
niemanden schaden tbu, und jedem gleiches gebe,
ist nöthig als wol was: doch steht es gleichwol frei
zu setzen kunst und witz durch die poeterei.
LoGAU 1, ''
i;
gott ist der herr, und seinen segen
veriheilt er stets mit weiser band ;
nicht so, wie wirs zu wünschen pflegen,
doch so, wie ers uns heilsam fand. Gellert 2,172;
musz ich denn wieder diesen schmerz als gut
und heilsam preisen? Göthe 9, 175.
adverbial : haben den für einen grewel , der heilsam leret.
Arnos 5, 10.
5) heilsam endlich in passivem sinne, was zu heilen tst : heil-
sam, zu heilen und zu gneeren leicht und kommiich, sana-
bilis Maaler 216*; ungern heilsame geschwär zu heilen. Sebiz
feldbau 95; unheilsame krankheit, morbus desperatus Stieler S18.
HEILSA.ME, /■. /i«7eni/e /cra/1 ; die heilsame, die im menschen
ist, heilet allein. Paracelsds Chirurg, sclirißen (1618) 3. mlid.
heilsame heilung Lexer 1, 1214.
HEILSAME.N. rerft. ; durch deinen samen sollend alle Völker
geheilsamet (Lother: gesegenet, vulg. benedicentur) werden.
Zürcher hibel 1530 14* (l Afos. 26,14).
HEILSAMIGKEIT, f. salubritas: wiewol alle erzney sein er-
funden worden zu heilsamigkeit der menschen. A. v. Eybe 44*.
HEILSA.MKEIT, f. salubritas. Dastp. ; salvatio heilsamkeit
Dief. 509'; sanclilas heilsamkeit 510';
dasz anders gar nit ist dann die
kraft goies die uns armen hie
ein heilsamkeit eim ieden ist.
Schade tat, u. pasqu. 1, 21, 55;
0 du quell der beilsamkeit,
du berühmbter arzt der glieder.
Opitz 2, 14 (vum Warmbrunn in Schlesien).
HEILSAMLICH, adj. und adv. salubris , salubrüer Maaler
216*; es mag auch das kraut nützlich und heilsamlich zu den
wundtränken gebrauchet werden. Tabersaem. 122; es mögen
auch junge kinder diesen zucker heilsamlich gebrauchen. 451;
das er gotles gegenwart heilsamlich betrachten und sich
dardurch trösten kan. Bdtschkt Palm. 503 ; Cäsarn schössen
für griram hierüber die thränen aus den äugen, und er wüste
nicht vernünftig zu entschlüssen, was er heilsamlich thun
solle. Lohenstein Arm. 1,1006;
das zwergfeil heilsamlich erschüttern. Gotter 1,418.
Dastp. schreibt heilsamklich salubriter, vas auf eine nebenform
heilsamiglich iceist.
HEILSANEIGNÜNG, f. in christlichem sinne: nicht die kirche
kann dir unmittelbar das heil aneignen, sondern das einzige
Organ der heilsaneignung ist der glaube, evangel. kirchenzeitung
1867 s. 547.
HEILSANSTALT, f.: die universelle tendenz der christ-
lichen heilsanstalt. Winer bibl. realicörlerb. (2. aufl.) 1, 84.
HEILSCHÜLE, f : heilschule für pferde nnd andere haus-
thiere. Göthes briefe an Voigt 367.
HE1LS.MITTEL, n. im christlichen sinne, mittel zu dem einen
ewigen heil, gnadenmiltel : daran aber hängt wiederum die lehre
von den heilsmitleln, wort und sacrament. Gradl die unler-
scheidunqslehren s. 12.
HEILSORDNDNG, f. Ordnung für das evige heil: diese
Schwierigkeit kann nur durch anhaltende eingewöhnung in
die heilsordnung . . . überwunden werden, evangel. kirchen-
zeitung 1866 s. 749. t'i» freiem sinne: es hat ... diese heils-
ordnung, dasz sich mädchen bei uns allemal wie gesuche
bei fürsten in duplikaten einreichen müssen , offenbar die
absiebt, sie alle an einander zu gewöhnen. J. Pacl Hesp.
3, 192.
HEILSTATT, f.: heil- nw zuflachtstatt , asylum. Stieler
2113;
sie suchen hellstet pey den Juden, fastn. $p. 1320.
HEILSTÄTTE, f. stalte zur genesung oder retlung: daher sie
auch , wenn sie angefochten und gedrungen werden , kein
I besser Zuflucht und heilstete haben, denn diese sprfiche.
54
851
HEILSTREICHEND — HEILTHUM
HEILTHUM — HEILUNG
852
Ldtheb 1.59', man sa(jl von einfm kranken, er suche heil-
stä leii. wenn er kurx vor dem tode unruhig wird und auf eine
andere stalle yebiaclU sein wiUj tco er sich besser zu befinden
hu/p. AOEI.I-NG.
IIEILSTKELCHEND, part : etliche gelerlen, so wegen ihrer
slixiKt eiuas iicidiger und heilstreichender seind dann an-
dere eiiiliillige und wolmeinende personen. Thdrneiszer nol-
gedr. aus.-clneilien (töS4) vorr. s, 2. vergl. dtis folgende.
HEILSTKEICHER , m. ; dieser heilsireicher, falscher ver-
reitei. Thürnei<zer a.a.O. 2,68. mü dem adjeäiv heilstrei-
chen<ch: deihnlb er mich heilstreicherischer weisz goheten,
1, 'S. — heil scheint nicids als rerslüninieluny von hehl, und heil-
streuhtT Infi im sinnr mit hehlschleicher sp. 7S9 zusammen.
HEILSVEHKUNDIÜÜNG. /. Verkündigung des (ewigen) heils:
güiips strulmihiil in der genesis ist golles erste heilsver-
kü[iili)!iiriß. Kritzleb humaniläl u. dtrulenlhum 2, 94.
HEILSWEG, m. weg des (ewigen) heils: der glaube an die
hilifl als gdites vvort entsteht erst dadurch in mir, dasz sie
denselhen heilsweg bezeugt, der in meiner persönlichen er-
falnung sich als der wahre bewährt hat. evangel. kirclien-
ieitiiiiii t8<>T S. 539.
HEILTHÄTIG. adj. Ihilig zur genesung: die natur des kranken
bewit'-; sii h riclh<t als heillliätig.
HEILTH.\T1GKEIT, f.: die heillhätigkeit des Organismus
in kiiinUifiien, Jenaer Hl. zeilunq 18-15 i. lO.iö,
HEILTHUM. n. ll reliquie (der nach dem kalholischen glauben
heil ünngcnde kraß inwuhnt). gewöhnlich ist das worl callecliv
gebraucht :
mild, er hie; mit riüchea siten
in der selben stat enmiten
gote ein münster maclien . , .
daz bicj er mit heihuonie
woi zieren unde wilien sä. Bnrlaam 340, 10;
ein knppelle, da man inne sanc,
mit heiituom wol beraten, virginal 127, 6,
nhd. neben dem eigenllichen auch in freiem sinne: das creuz ist
biisz. so es aber erkandt, recht gefaszt und gcküszt wirt,
ists ei'el heilthumb, das den menschen golt behaglich, zum
ewigen leben einfiirt. Acr. spr. 135*; also ist einem Christen
die ganze well eitel heillhum, reinigiieit, nutz und frumen,
Lcther 2, 3ü9*; (die päpsle und bischüfe würden) wo etwa ein
stuiikhart inen aus dorn bauch entfüre, oder ire stinkende
füsz und schuch, uns für heiltuin zu küssen geben, wie sie
mit der todten gebeine und unfletigen hoddeln zuvor geihan
haben. 6,324*; rhümen und tragen sich mit den heuiitern
Peiri und Pauli, weisen die, und hallen sie für gros heil-
Ihnni. 8.276'; aber das ist das recht heillhum, das wir nicht
allein Paulum und seine episteln, sondern auch die pro-
pheten und apostel , ja den herrn Christum selbs haben in
der Schrift, das.; die da s. Pauli episteln hören oder lesen,
die briren und sehen den heiligen apostel Paulum selbs, das
ist recht heillhum, das ist mir lieber, denn das beinen oder
hüitzene heilllinm. welches vom teufel erdacht und erfunden
ist ... ich wil wol sagen, das es nicht heiligen, sondern
pferde bcin, irgend von einem schindeleich sind, das., vergl.
die weiteren ausführunyen 277'; heillhum, das man am hals
tragt, amulelum, bulla. voc. von 1735 bei Schm. 2,170;
werft das heilthumb und die perlein
nicht IQr die buiide und die scinvein.
H. Sachs 4, 1, 78";
all ein bochgeweihtäs hcilthum.
TiECK ijes. no». 10, 291.
auf das beilthum iiird geschworen (vgl. heilig 3, d sp. 831) : soll er
schweren zu gotl und uf sanct Pirmans heilthumb. icm(/i.5,000;
li biM ir herze unde ir hant
TOrhtlirlie, als e{ Ir was gewant,
dem heiltuome und <lem eide. Tri»lan 394, 3.
heillhum ist auch die gewHhle hoslie in der monsiranz: darnach
haben sie uns (beim abendmohl) die eine geslnit deit wein«
gar genomen , . , mit der weise möchten sie uns auch die
andere geMail nemen. und die ledige mnnstranzen für hcil-
Ihnm zu küssen geben. Lother 1,338'; von hislorien sagt er
(S Fiank), nie seien in die poeiereien gefasset wie ein hetl-
Ihiinib in ein monstranz. Zinkcref apophlh. I, 2(J7.
heillhum hritzen ferntr geyemtnnde heidnischer Verehrung: sie
Inigen die bilder der güller und bciithuinb mit inen, buch
der liebe 22n';
{■Irr TUrka »prichi) was teitlu mir vom alchorao,
nutrhii liAtb Ich gaiii für bellum hnn,
dann Macbomet liui en unn geben,
P. Ctncynkiu 107 !i:,4 r.Mi*i> ;
nachdem du hast bei tag und nacht
die gniter dir zuwidcrn gmacht, . . .
und ir heiiihumh gar olt entwicht,
davor leid, was dir jetzt geschieht.
B. Waldis Esop 1, 15, 19.
s. heiligthum 2, b sp. 845.
2) heillhum werden die reichskleinodien genannt, sofern sie aus
reliqiiien bestehen (s. heiligthum 2,e spBih): dieser Cunral hett
grosze andacht zu dem allerwirdigsten hohen und kaiser-
lichem heiltnmb, das von alter allweg ein römischer kaiser
mit im zu einer besondern beschirmung des reichs füeret,
zu dem creuz, zu der lanzen oder sper, zu dem nagel und
andern groszen stucken, d. slddlechron. 3. 92, IG; die fürsten
waren milier und tedingten , dasz sie (kniser Ludwigs söhne)
sollen das hailtumh anlwurlen gen Nurenbcrg in dem negsten
aprillen. also brachten sie dasselb das ist: krön, dorn, sper,
nagel und das lebenhaflig creuz mit andern stucken, die von
aller ein kaiser bei im gehabt het an seiner seilen. 155, 5,
auch der tag, an dem diese kleinodien jährlich dem volke gezeigt
wurden, hicsz heillhum: am monlag vor dem heillum. 2,213,8;
am sunlag nach dem heillum. 216, 1. das yerüst, auf dem die
kleinodien bei der Schaustellung lagen, war der heillhuinstuhl:
wenn sie den heillumslull wider abprechen auf dem uiarkt.
TucHERs baumeisterb. 43,28; das gehülz zu dem heillum stull.
126, 27.
3) heillhum für das stift, in dem die gebeine des heiligen
verwahrt werden und dem es geweiht ist (s. heilig 3, c sp. 831):
als bald ain kint gebairin (/. geboren) wirt, so ist es dem
haillon und dem golzhus schuldig truw und warhait. wcislh.
4,490 ist. Blasien v. 1383); sie sont dem haillon, aim apl
und dem golzhus gehorsam, gelruvv und hold sin. 491.
HEILTHLMFÜHRER, m. reliquienhändler :
des glychen dönt die heiltöm fürer,
stürnenstoszer, stazionierer,
die nyenant liein liirchwih verligen,
uf der sie nit ölTlich usz scbrigen
wie das sie füren in dem sacl<
das bew, das tief vergraben lagk
under der kripf zu Betilehein, u.s.w.
Brant narrensch. 63, ll ff.
HEILTHUMHAUS, n. sacristei, sacrarium. Maaleb 221'.
HEILTHL'MKASTEN, »i. lipsanotheca. voc. von 1735 6e» Schm.
2, 170.
HEILTHUMZEIGER, vi. hierophanla. Dasyp,
HEILTHLMZEIGÜNG, f. sciiaustelluag von reliquien. Schm.
2, 170.
HEILTRANK, f?i. heilender, genesung fördernder trank:
auch von dem beiltrank,
welchen am boffnungscap die tropische sonne gekeltert.
Kosegarten Jucunde (180S) 93;
auf dem tische stand ein kühler
beiltrank, standen arzeneien. Scqeffju. trompeter 187.
HEILTROPFEN, «i. arznei in tropfen: den bittern heil-
troplen. J. Paul dämmerungen 99.
HEILTRÜNK, «!..• der könig zohe herzog Gotlwalden und
mich zu seiner und der rcichsrälhe tafel, er trank aber nicht
ehe, als bisz der oberste priester kam, und aus dreien
güldenen hörnern, darauf allerhand sinnenbildcr nusgeetzl
waren, dem könige den ersten trank in weine, zu ehren
des segnenden Thor, den andern des die feinde stürzenden
Othin, den diidcn der fruchtbaren Freja zutrank, denn
dieses waren ... die nothwendigsten heil trinke. Loben-
stein ylrni. 2, 884'.
HEILUNG, f. sanatio. curatio, mhd. beilunge (I.exer t,12l5),
nach den ver.Khiedenen bedeutungen von heilen in verscliicdenem
Minne entwickelt.
1) befreiung von körperlichen leiden: heilung, das oriniii,
medicalio Maaler 22l'; es köuipt auch oft durch (Ihle hei-
lung, dasz eine wunde, nachdem sie schon eine geraume
zeit geheilet, wieder schmerzen macht. Agricoi.a neue feld-
fcherkunsl (\'0\)hh\ die heilung eines kranken vom flcber ist
oft schwielig; die heilung der krebsgeschwürc glückt selten ;
hat er jene weiiiheit erfunden, die Mose« verachten,
und, durch sündiger kranken heilung, den »obhath enlwoihn
lehn. KLorsTO« 4, IM;
■ch I loll Ihm, vielleicht,
dar edlen glleiier gransume vfrsiummlung.
verlud »laii heilung, angekündigt werden? GAthi 0,342.
I.BssiNC will heilung nur in beschninktetn sinne anyewrndä wissen :
beilung kann nur von ttuszerlichen scbfldeo getagt werden.
5. 805.
853
HEIL13G — HEILÜXGSMITTEL
HEILÜNGSSAFT — HEILWÄRTIG
854
2) heilung auch das mülel womit ein leiden geheilt icird:
heilung remedium {neben curalio) Dastp. ; ein gut remedi für
den durst? ist ein gute heilung für den hundsbisz, lauf
allzeit nach dem bund, so beiszet er dich nimmer wund.
Garg. 10l\
3) heilung, das erlösen von der sünde: sahatio beilunge
DiEF. 509'.
4) heilung, befreiung von seelischen leiden: ich bitte dich,
lege den kummer dieses mannes meinem herzen nicht gar
zu nahe, da ich ihm doch nicht helfen kann, könnte ich
diesz, so möchtest du ihn immer noch quälender schildern,
denn in seiner heilung fände ich ja wiederum linderung.
Ki.i56£B 7,131;
und für die kränkungen der Trirklichkeit
sucht man sieb beilung in des dichters träumen.
Uhla:«o ged. 1U3.
5) heilung , rcltung cor gefahr und widrigen äuszeren Ver-
hältnissen :
wie meine trübsal sie ergötzet,
wie meine beilung sie verletzet. Weckheriit« 154,
6) nach dem intransitiven heilen {sp. 825) hat heilung oß auch
den passiven sinn des hcilwerdens, der genesung von körperlichen
oder seelischen leiden : heilung oder zuwacbsung der wunden,
glutinalio vulneris Maaler 221* ; will vonnöthen sein, dasz man
die wunden auch durch einen gebührlichen wundtrank säu-
bere, und zur heilung befördere. Acricolä neue feUscherkunst
(1701) s. 184; die wunde zu keiner beilung kommen lassen.
199 ; die heilung schritt rasch genug vor. Holtei Lamm-
fell 24.
HEILUNG, f. rerschneidung, eviraüo, caslratio. Maaler 216*.
veryl. heilen sp. 825.
HEILUNGSART, /. .■ die krankheit rieb alle ohne unter-
schied der naturen und der heilungsarten auf. Heilmax
Thucyd. 238.
HEILÜNGSARZT, m.:
ist ein zauberkundiger, ist ein heilungsarzt,
der ohne die hülle Zeus zu mildern vermag
meine quälen? Stolberg 14, 144.
HEILUNGSHAND, f.:
in die heilungshand der göttersöbne dich
zu werfen. 14, 335.
HE1LU"NGSR0STEN, pl: ein verwundeter kann beilungs-
kosten fordern. Hopf.ners commentar (1818) 764.
HEILUNGSKRAFT, f.: groszen dank verdient die natur,
dasz sie in die exi«(enz eines jeden lebenden wesens auch
so viel heilungskraft gelegt hat, dasz es sich, wenn es an
dem einen oder dem andern ende zerrissen wird, selbst
wieder zusammenflicken kann, und was sind die tausend-
fälligen religionen anders als tausendfache äuszerungen dieser
heilungskraft? Göthe an Lavaler 152; er merkte aber bald,
dasz nicht seine lippen offizinell wären, sondern seine band,
deren heilungfcräfte durch berühren einwirkten. J. Pacl 6»«^.
belust. 1, 52 ; der glaube an heilungkrafl der krieggifle. däm-
merungen 64;
durch die beilungskraft der zeit
von allen regungen der eifersucbl befreit.
Hageoor:« 2, lUO;
minnesold hat aller leiden,
aller leiden heilungskraft. Borger 17*.
HEILüNGSKUNDE, f. ars medendi. Escheäbchg handb. der
class. liUeratur (1:92) 236.
HEILUNGSRUNST, f.:
um dem Hippocrates getreulich nachzuleben,
rausi keine neuerung die heilungskunst entweihn
Hagedors 2, 97;
die in der heilnngskunst gewandt,
sind andrer meinung, als Purgant. 107.
HEILL^'GSLABSAL, n.:
du wärst mir zwar ein becher,
Ton heilungslabsal voll. Bürger 120*.
HEILüNGSLEHRE, f. lehre von der heilung der Krankheiten.
HEILUNGSMITTEL, n.: alle heilungsmittel eines Hippo-
krates sind vergeblich, wo die natur sich nicht selbst hilft.
HfitisB Ardinghello 2, 289 ;
mochte mir (goti)
ein beilsam kraut entdecken, einen trank,
der deinem sinne frieden brächte, frieden un«!
das treuste wori, das von der lippe Oiesit,
das schone beiluiigsmittel wirkt nicht mebr. Götbb 9, 236.
HEILUNGSSAFT, ro.;
und (der enget) träufelt unsichtbar die fiüssgen kräfte
iu ein gefäsz voll edler heilungssäfle. Gries Tisso 11,73.
HEILVERRCNDERIN, f. verkünderin des (ewigen) heiU:
tninkne blicke, die entzückune straien,
danken dir, o beilverkünderin!
MATTHisso:f ged. 122 (in Laura, aU sie
Klop>locks auferstehuiigstied tang).
HEILYERSÄÜMT, pari.:
vergebens ich verzehre
die heilversaumbte zeit.
ScB^ÖFFls mirant. ftötlein (16S2) 25, 14.
HEIL WAG, m. heilbringendes wasser ; es ist das wasser, was
zu heiligen zeilen um mitternacht gesciurpfl wird, tergi mylhol.
551/'. mhd. heilawäc, heihväc, heilwEege Leier l, 1212; dasz
Dieszend brunnenwasser, so man in der h. weinacht so lang
die glock zwolfe schlägt samlet , und beilwag genant wird,
ist gut wider das nabelwehe. Philander l, 483.
HEIL WÄRT, adj. auf das heil zielend, zum heile gereichend,
heilsam: das heilwert kreuz gegen die Türken beschiroMiL
Regensb. chron. bei Scan. 2, 170 ;
Heilwärt.Ädelwebrt sind namen,
die ror lürsten löblich kamen.
ist recht christenthum dabei,
weisz ich nicht, was schöner sei.
LoGAU 3,71,81 (ron einem jungen prinsen,
Chiistiun Albrechien).
hJußger ist die erweüerte form
HEILWÄRTIG, adj. in demselben sinne, namentlich im 15. 16.
l'.jahrh. viel gebraucht: salubris hailwertig Dief. nw. gloss. 325*;
beihvertig. salcus, salutaris voc. ine. leul. i2'; heilwärtig salu-
taris Stieler 2439; von personen : ein frommer mann ist an
viel orten beilwerdig. Lehmann 2,110; ton dingen: in derzeit
der Sicherheit beilwertige arzneien bereiten. Lcther 1, 2i4*;
gewöhnlich von den göttlichen gnadenmilleln : {ein wunder) ver-
kündend die heilwertig gnad, allen menschen erscbinen.
S. Frank cliron. 1331 126*; es ist viel besser, das man menschen
Stiftung und Satzung veracbt, . . . denn das man sich an
diesem heilwertigen sacrament der göttlichen majeslet ver-
greifet. LcTHER 2,48*; mein sönlein unter meinem herzen
fület auch seine beilwertige band. Mathesids Mst. von Jesu
Christo 1,31*; damit nu jederman dise beilwertige lere an-
neme. Sarepla 65*; s. Paul hat zuvor gesehen, dj es dahin
komen würd das wir hindan gesetzt die hailwertigen baubt-
artikel. Melanchlhons anweisung in die heil, schriß deutsch von
Spalatincs (1523) 6; wer diesz .. allerheilwärligst gebot ver-
schmächl. LcTHEB 6r. 1,409; das beilwertige wort, tischreden
292'; von wegen seines beilwärligen gottesworts. citurf. Joh.
Friedrich in MelancJiUwns werken (v. Breischneider) 5,747; gottes
beihvertiges wort hette er gern aus der weit getrieben, ein
lustig gesprech der teufet (1542) b l'; dasselbige beilwertige gottes
wort und liebe evangelium. J. Greff Lazarus, vorreden';
aber die weil gotl sein wort daruff wirfet, nemlich das (wer
die schlänge wirdt ansehen , der würdt gesund werden) da
machet das wort aus der ehernen schlangen ein geistliche
beilwertige schlangen. Agricola 136 gem. fragstucke (1528) d7*;
Jesus ist das heilwartige kräutlein caryopbyllata, sonsten
sanamunda genannt, welches alle gebrechen heilet. Otho 103;
der tag der beilwärligen geburt Jesu Christi. Bctschkt Pat-
fnos 51; er kan geistliche waffen und beilwertige speise daraus
{aus dem gebetbüchlein) nehmen, hochd. kanzellei 738; beilwer-
tige reliquia. Schm. 2,170;
gottes heilwertiges wort bette er gern ausz der weit getriben.
Schade sat. u. pasqu. 1, 62, 248.
heilwertig machen, salvare voc. ine. theuL i2'; der sabbat
machet heilwertig. S. Frank wellb. 123\ adverbial heilwärtig
anschauen, so dasz es zum heil gereicht:
gönne [es ist ein gebet an die Themis) dasz ich dir zo ehren . .
mein nicht schuldig blut vergiesze.
und (wo ich was bitten kan)
schau disz reich heilwertig an! A. Grtpbtds 1698 1,451.
entstellungen von heilwSrlig sind heiihertig: weil viel blöder
gewissen sich erholet und erquickt haben disser heilbertigen
1er {des ecangeliums). Albercs widder Jörg Witzeln F5'; und
ifoi auch heilwürdig {vergL Schm. 4,161.163): beilwürdig salu-
taiis SiiELEB 2509; zu erbauung desz heilwurdigen taberoa-
culs. ScatPPics 724. ferner heil wirtig, in. passiver bedeutung
{wie heihvärlig machen, oben, und heilsam sp. 85o): bisz heil-
wirtig. gesund oder gegrüszt, salve. Altenstaig voc 07* 6«
54*
855
HEIL WÄRTIGKEIT — HEIM
HEIM
856
Fri«cu 1,435*; dein glaub hat dich beilwirtig gemacht. Keisebs-
BERG }iOfl. daselhsl.
HEILWÄHTIGKEIT, f.: hcilwertigkeit , salubritas . sahalio
toc. iiic. Iheul. i2'; in unseim sahbal ist forclit und arheit.
seinleiiiül wir uns füiselien und surgleltiglicb bewaren müssen,
d; uir an nichts iileben oder anliungen, d; uns in der beil-
wei tilieil hindern mög, sondern vor alle den (lilien niög, das
wider die heilickeit sein möchte. Carlstad vom sabbal dij*;
dafür h eil b ert i kei t irer sele. Schm. 2,170; umb hail-
wünißknit unser vorvordern und nachkommen, das.
HEILWÄRTIGLICH, adv.: heÜMerliglich salubnler voc. ine.
theiit. i 2'.
HEILWIRKUNG, f.: ein mittel, dessen beriihrung allein
zur {niedicintschen) beilwirkung hinreicht. Gersdobfs rcpertorium
1840 5. 28.
HEILWIRTIG. adj. s. oben unter heilwärlig.
HEILVVISSENSCHAFT. f. ars medendi.
HEILWOHL, adv. ganz, völlig wohl: heilwohl zufrieden.
Fbomm. 2. 2H7. 22 {aus Franken), vergl. heilfroh.
HEILWORDIG, s. heilwärtig.
HEILWL'RZ, f. name mehrerer pftamen : pastinaca opopanax.
Nemnicb 4, 873; panax quinquefolia. 840; althaea of/icinalis.
1, 207 ; tormenlilla erccla, rotlie lieilwurz. 4, 1465.
HEILWURZEL, f. panax quinquefolia. Nemnich 4, 840.
HEI.M, n. domicilium, domus.
l. Formelles und etymologisches, goth. haims, fem.; allnord.
beimr, masc; alls. hem ma.ic. und neulr.; ags. hüm, masc;
fries. h^m , masc. und fem.; ahd. heim, masc; mbd. heim,
neulr. das neutrale geschleclU dauert auch für die nhd. periode
in der scliriftsprache uneingeschränkt fort; im bairischen dagegen
gilt der und das haim. Schm. 2,192; ebenso im kärntnischen.
Lexer 138 ; im niederdeutschen erscheint eine weibliche form :
des togen dun di Tursten van ein
ein iderman na siner heim.
LiLiENCRON volktl. 1, 225' ;
dat wl weren bleven to der heim
und nu nich utgetogen,
dat duchte mi wo! gude! 2,154';
voller aber:
jedoch 6t he tor heime„quain.
niederd. Asop v. Uoffmann s. 73, 12),
die sich hierdurch zu dem mhd. fem. heime heimat {wb. I, 655)
stellt , s. unten heime. vorzüglich dem alemannischen Sprach-
gebiete eigenlhümlich ist die nebenform hein für heim in dem
falle wenn das wort adverbial sieht {unten II, 2) ; schon im spätem
mhd., vergl. Le.xeh 1,I2IC; do er hain kom. d. städlechron.
4, 257, 16 ; 80 sol si ietweders mals ein garben mit ir hein
tragen ungevarlich. weisth. I, 367 (Scitwarzwald, um 1500) ;
damit kartens wider hein zu land.
Lenz Scliwabenkr. 60*.
heim gehurt der abstammung nach als eine mediale bildung zur
Wurzel sanskr. kshi (aus ski, der anlaul s ist auch in den urver-
wandten sprachen , wie anderwärts oft, zum Iheil untergegangen)
sidi aufhallen , wohnen , bewohnen , und ist dieselbe bildung wie
dat tanskr. masc. kihima aufenthall, rast (Büutl.-Rütii 2, 57G);
litauisch berührt sich kemas dorf, kaim^nas nachhar, szeim^na
familie, wogegen die verwandlschaß mit griech. xiöfirj dorf wegen
des völlig verschiedenen wurzelvocals sehr sweifelhaß ersciteint.
U. Bedeutung.
1) heim als substatitiv. es bezeichnet das haus, in das man
gehört: so in Appenzell h£m haus, stallung und das dazu gehörige
grundstück, der ganze gutsbesilz Tobler 259*; sonst lieim um-
zäunter platz auf dem die wohnung mit einigen morgen landes
steht, haus, wohnstalle Stalder 2,32; bair. haim, elterliches haus,
heimat Scun. 2,192; in Karnthen bdm , hoam elterliches haus
Lexer 138; hess. Uiai heimat Vilmab 159. die ältere icliriß-
sprache braucht beim als subst. im ganzen selten, so in der be-
deulung wohnung, elterliches haus:
auch k6ni man an dem heim (einer Jungfrau) paiiirn,
ihr singen und »cliOn musiclrn
und alle kurzweil fangen un. J. Atrer 393' (1976,24 Ketter);
dann auch in der weiteren bedeuiung stdtle wo man hin gehört,
htimalUcher ort, namentlich in der allitterierenden formel haus
ood beim :
dM er muot< kon roD hua und heim.
fa$ln. fp. 893, 30;
Ich mutz dir »on unterm regt klagen.
der wil nich trüten Ton hum und heim.
»pil V. WiUi. netten A 6.
nach dem 16. jahrh. ist der gebrauch von heim als subst. nur
in so weit bekannt, als es den zweiten theil einer groszen anzahl
zusammengesetzter Ortsnamen bildet; die erneuerung des worts
geschieht in der 2. hälfte des 18. jahrh., wahrscheinlich dasz bei
dem damaligen einflusz der englischen liUeratur das engl, so oft
gebrauchte home eingewirkt hat :
dein genius,
der im goldnen ntlier der empflndung
schwebete, seinem heim. Siolbkro 2, 228;
einsam sciilummert sie hier . . .
. . vom landliclien heim ihres geliebten entfernt. 301)
wo dünkelsnurm die keime
benagt im innern heime. 5,258;'
das herz das nie vergasz das traute heim der ahnen,
wo Rügens lieblichkeit das blaue meer umschlingt.
Anyot ijed. (IS4U) 344;
wer ein heim hatte oder einen guten freund. Gotthelf 11,230;
so alleine auf der weit, nirgends mehr ein beim. 218; es wird
in der neuesten zeit namentlich im zcilungsstil mit Vorliebe ge-
braucht: anschaulich vveisz uns Freytag den deutschen bauer
in seinem lieim und auf seinen ziigen vorzuführen, deutsches
museum v. Prutz 1866, 712; unser heim ist zu einem blühenden
ort geworden. Frankfurter Journal 1869 no. 27.
2) ausgedehnter ist der adverbiale gebrauch von heim, und es
sind besonders einige casus des Singulars, die so verwendet werden.
a) selten und verhältnismdszig spät der geniliv: zog icli wieder
nach heims. Schweinichen 2,136; bin also .. von heims auf-
gewesen. 206; wieder heims gezogen. 3,54. tg/. anheims 1,373.
b) dativ und accusaliv erscheinen häufig, schon ahd. ist dat.
heime domi, rurc, heim domum (Graff 4, 947. 948), ebenso mhd.:
swer ej ze rehte haben wii
der muoj diu dicker heime sin. Iwein 2853;
mit urloube er dö danne schiet
von dem künege Artuse,
ze varne heim ze hüse. Erec 9978;
nhd. do wir den regken nicht heime funden. altd. bl. 1,122
(16. ;aiir/i.) ; noch jetzt volksmäszig in Düringen ich bin heime
gegen ich gehe heim ; ei , was a wüster gseil I . . . hast nit
heime finden können? Immermann Münchh. 3,100; damit er
wider heim mücht zerung haben {für den heimweg). Wickrak
ro//K'. 29, 16 Kurz, nicht immer aber werden die casus aus ein-
ander gehalten, für den dativ heime tritt heim auf: die dann
hie haim in der stat ze Augspurg sint. d. 5/äd/ec//ron. 4,130,5;
hie haim in der stat. 6, 133, 1; das heiszen wir nirgend heim,
auf der schuckel und woge sitzen, keinen gewissen fus noch
räum haben. Luther 8, 12i'; heim erzogen kindt, ist bei
leuten wie ein rindt. Agr. spr. 8l'; ich komme von heim,
domo venio. Stieler 820;
sagt eurem herren haim,
dasz er sich sol bewaren
des besten so er kan. Udlakd volkst. 461;
in neueren quellen (wo sonst für heim gewöhnlich daheim steht,
s. 2,677): drei leben friedlich, wenn zwei niclit heim sind
(sprichwori). Lessing 11,386;
heim bauen die weiber und kindcr den beerd. BBrcer 60';
heim lauern die hunde am spülenden teich. daf.;
mein vater heim ist nn kleinndien,
ist reich an erz und gold. 169';
doch heim erschosz die bogenspannerin
Diana sie {ilie inuilcr). 174';
ich bin nicht der fremde kind,
ich bin heim geboren. Röckert 353.
ebenso wird statt des acc. heim die dativform heime gesetzt:
wölt ir disz jar mein sclilarhul sein,
80 ziehet mit mir heimo! Uuland volktl. 250;
10 get er An alle sorg wider heime.
fastn. $p. 378, 1;
nd. te tette dat kint dAr nedder
unde gink hönie wodder. van tunte Marinen 182.
weitere beispiele sind in dem folgenden verstreut.
3) die adverbialen casus heime, lieim treten meist in Verbin-
dung mä Verben einerseits des bleibens, seins, der ruhe, anderer-
seits der bewegung auf. ritcksichlUch der sclireibweise in den
fällen, wo adverbium und vrrbum unmittelbar neben einander zu
stehen kommen , zeigt sich in allem wie in jungem quellen das
gröste scitwanken , indem Iheils das odrerbium ab casus eines
Substantivs nocli gefühlt und vom verbum getrennt gehalten, thrils
aber auch, gerade entgrgrngesetit, mit dem lelsirren als ein wurt
ytehrieben wird, im allgemeinen kann beobachtet werden , dasz
der erstere fall gewölmlicJi dann eitHiitt , wo das adverbium mit
voller sinnlicher kraft steht, inJhrend im letzteren falle jenes eine
857
HEIM
HEßl
858
schon mehr ahgeblaszie bedeulung cntu-kkelt hat. die bezüglichen
verben werden hier in alphalwliicher reihe aufgeführt , wobei zu
bemerken, dasz nur bei heim suchen (s. unten) der versuch
gemaclU worden ist, das wort als eigentliches compositum zu be-
handeln.
A. veibunden mit dem dativ heime, heim:
besuchen: anstatt des unibmeiens im garten, pflegten
sie heimzubesuchen die specereiläden. Garg. 188'. vgl. heim
suchen.
bleiben :
ringsum hast und getös die heimgebliebenen aufregt.
Pthker Tunis. 9, 154.
finden:
dieweil der herr . . .
die spoiter wol in ihren sünden
einmal wird wissen heim 2u finden.
B. RncwALD tr. Eck. K8*;
wach auf! die zeit
ist allbereit,
da gott dich heim wird finden. Möhlpfort 64.
lassen:
ich hab 'nen treuen dienstmann heimgelassen,
der mir mein schlosz und theures weib beschirmt.
TiECK 2, 33.
sein: er sprach zu im: kum do ich heim bin. Keisers-
BERG postill (1522) 3, lOS*. übertragen bewandert sein, künde
haben :
und alles, was die Zeichnung sähe,
wärs auch nur halb in deinem herzen heim,
das sollte rufen : vater Gleim !
Kl. Schmidt poet. briefe 110.
suchen, diese vielgebrauchte Wortverbindung tcird, wie oben
bemerkt, manchmal zur eigentlichen composilion : steig ab und
haimsuch die heiligen vetter in der vorhell, herzmaner 170 ;
Paulus heimsuchet die christgläubigen. Reiszner Jerus. 1,103';
flammen und schwert heimsuchten diese vom blute der Völker
dreier welttheile trunkne konigin der städte. Stolberg 10,33.
die bedeulung ist :
1) einen daheim aufsuchen, besuchen :
da; sin geselle Dieterich
üf gnäde in heime suochte. Engelh. 56S5;
heimsuch mich einmal, revise ad me. Maaler 217*; ichs zu
wegen bringen will (wo mir änderst die fraw bekannt ist)
sie selbst mit mund und ihrem trost dich heimsuchen musz.
Galmy 22; bitten wil, ihr wollet so demüiig sein, und in
in seiner schweren krankheit heimsuchen. 27; als die zeit
herzu kam, dasz der bauch anfieng grosz zu werden, bedacht
sie sich, zur verhäligung dieser ihrer handlung, irer basen
ein heimzusuchen. Amadis 411; das dijenigen, di vor der zeit
ohne ihrer {der unglücklich gewordenen) geselschaft fast nicht
zu leben gewust, si nicht einmal heimzusuchen gewürdiget,
BoTSCHKT hd. kanzl. 674; ich habe dir, mein theurer, lange
nicht geschrieben ; es ist aber freilich jetzt die zeit nicht,
seine freunde heimzusuchen , weder in person , noch brief-
lich. GöTHK an Knebel 407;
dieselbig {stadt Zürich) wolt auch nicht erlosen
die glegenheit, ir aufgestosen,
ir uralt freund und nachbarleut
heimzusuchen in freuden weit.
Fischart glückh. schiff 136.
2) speciell von gott.
a) in gnädigem sinne, segnend: und der herr sucht heim
Sara. iMos. 21, 1; es ist ein groszer prophet unter uns auf-
gestanden, und gott hat sein volk heim gesucht. Luc. 7,16;
das du nicht erkennet hast die zeit darinnen du heimgesucht
bist. 19,44; Simon bat erzelet wie aufs erst gott heimgesucht
hat und angenomen ein volk aus den beiden zu seinem
namen. apostelgesch. 15,14; was ist der mensch, das du sein
gedenkest? und des menschen son das du in heimsuchest?
Hebr. 2, 6 (nach ps. 8, 5); gottes gute, mit «elcher er das land
heimsuchet und es sehr reich machet. Bctschst Palmas 221.
6) strafend: suche heim alle beiden, sei der keinem gnedig.
px. 59, 6; ich will euch heimsuchen mit schrecken, schwulst
und fieber. SMos. 26, 16; ich wil den erdboden heimsuchen,
umb seiner bosheit willen. Jes. 13, lt. daher heim suchen den
sinn strafen annimmt: ich werde ire sünde wol heimsuchen,
wenn mein zeit kompt heim zu suchen. 2 Mos. 32, 14 ; bin
ein eiveriger gott, der da heimsucht der veter roisselhat an
den kindern. 20,5; dasz er (goll) die, welche er lieb hat, ..
mit creuz und leiden .. heimsucht. Kirchhof wendunm. 251';
da hast mich mit dieser krankheit heimgesucht. Schcppics
431; denn ich müste befürchten, dasz gott .. die mishand-
lung meiner ellern an mir heimsuchte, Felsenb. 1,397; ich
sterbe, und vergeh es der band, durch die mich gott heim-
sucht. Lessing 2S7;
drumb thfit uns got auch suchen haim
mit seinem zoru. Schmelzl David 25*.
auch von andern als galt wird heim suchen im sinne ton strafen
gesagt: ist ein ausrufer, oder ankündiger, oder gar ein
scribent wegen einer solchen anpreisung eines solchen buchs
verdienter maszen heimgesucht worden. Klopstock 12,224;
so werden sie als aufwiegier und meutmacber angesehn,
und . . . mit der fünfzehnjährigen landesverweisung heimge-
sucht. 276.
3) der letztgegebenen bedeulung des Wortes angeschlossen, können
auch übel, plagen heim suchen: die furcht des herrn fordert
zum leben , und wird sat bleiben , das kein übel sie heim-
suchen wird, spräche Sal. 19, 23.
4) heim suchen, prüfend besuchen, untersuchen: gott ist zu
hoch in seiner kraft . . wer wil aber in heimsuchen seinen
weg? Hiob 36,23.
5) die allere rechtssprache kennt namentlich heim suchen tn
zwei bedeutungen.
a) einen in seinem wohnhause überfallen, feindlich den Haus-
frieden brechen {vgl. haussuchen sp. 691) : swilch man den da-
heime süchit, i; si nacht oder tac, mit unrechter gewalt.
Statuten v. Mülhausen bei Haltaüs 868; heim suchit ein man
den andern mit unrechtir gewalt. Magdeb. blume 1,57; bair.
haimsuechen, jemanden in dessen eigenem hause aufsuchen um
ihn zu mishandeln. Schm. 2, 193. daher freier einen feindlich
überfallen : das sie niemandt als ihre feindt heimgesucht und
beleidigt haben. Redter v. Speir kriegsordn. vorrede; Rusilio
fragte den wirth, was für ein krieg in der küche gewesen?
der wirth antwortete, der knecht hat die köchin einmahl
heimgesucht, unw. doct. 751 ;
einst wüthet eine pest durch Europas nord,
genannt der schwarze tod. wenn der schwärzere,
die sittliche, mit der ihr (revolulinnsmänner) heimsucht,
sich nur nicht auch zu dem norden hinwölkt.
Klopstock 7, 12.
6) Haussuchung hallen, zur erforschung eines Verbrechens (rechts-
alterlh. 639) : alle tafernen und andere spielhäuser und ver-
dächtige Wohnungen visitiren und heimsuchen. Sch». 2,193.
6) heim suchen trie ansuchen, begeltren :
dasz man Lipzig furbasz eren schol,
hat das conzili auch haim gesucht.
LiLiBTicRon volkst. 1, 233*, 245.
B. verbunden mit dem ace. heim :
sich begeben: wir wollen uns nun heim begeben; die
ganze gesellschafl begab sich heim,
bergen:
wiederum miss ich jetzt unter den heimgeborgenen Troern
meine beiden söhne. Borger 254'.
berufen: von dem wäg widerumb heim berflfen, exüinere
revocare Maaler 216*.
betteln: wäre der alte noch länger lebendig blieben, so
hätte ich endlich heim bettlen müssen {betteln um heim zu
kommen). SimpL 2,160 Kurz, jetzt reflexiv: er bettelte sich
heim.
b e u g e n, ein landwirtschaftlicher atisdruek: (man soll im oclober)
das wipfelfutter aus den Weingärten heirabeugen und streifen,
ist im Winter den kälberkühen . . . sehr dienlich. Hohberc
1, 135*.
bringen: mich mit frieden wider heim zu meinem vater
bringen. 1 jVos. 28,21; bringet heim was ir gekauft habt für
den hunger. 42,19; vol zoch ich aus, aber leer hat mich
der herr wider heim bracht. Ruth l,2l; einen triumph oder
sig mit im heim bringen, deportare triumphum Maaler 216';
einen widerumb heim bringen , reducem facere. das. in der
bedeulung hinbringen, zubringen: dazu er auch seinen heiligen
geist geben hat, der uns solchs {reich gottes) heimbrechte.
Luther 4,41"'; das er seinen lieben son für dich gibt, und
durchs evangelium dir heimbringt, aus allem jamer und not
zu helfen. 6, 4S'; durch das worl und die taufe mus es uns
heimgebracht werden. 354*; die sachen erstlich gott heim
gebracht und befohlen. Kirchhof mil. dise. 21.
deihen (theil 2,909): so betten wir ... kein not dörfen
leiden, noch den Wucherern heimgedigen sein. S. Frank chron.
251'; über das deicht disen anklagern der ganz last des ge-
richts heim. 455*.
859
HEIM
HEIM
860
eilen:
eilt er froh mit dem gerins^en lohne
heim zu seinen tief verdeckten Horden.
Seuhk ged. 60 (der wilde).
sich erinnern:
da ich euch wieder sehe, eure stimme
vernehme, den geliebten ton, mich heim
erinnre an die vaterliche flur. Schiller yun^/'r. 4,9.
erwachsen, dem ursprünglichen besitzer zufallen: solich
gelend und äcker so bald uns und unserm dosier wiederum
heim erwachsen . . sollen. Haltaüs 859.
fahren: liesz mich dann heimfahren (ziehen). Th. Plater
63; also ist sye widerumb heim gefaren mit Iren dienern in
ir land. Keisersberg poslill (1522) 2,19';
und kommt denn abgedankt und arm, nach wenig jähren,
in kläglichem triumpb, als krüppel heimgefahren.
Caniz ged. 91.
heim fahren, in das ewige leben eingehen (s. unlen heim gehen) :
wenn wir heimfarn aus diesem elende. Luther 8, 360'.
fallen, dahin fallen, wovon etwas ausgegangen ist: sol als
denn {ein geschenk) dem fürsten wider heim fallen. Afes. 46, 17;
sein' gut ist dem keiser heimgefallen. Reiszner Jerus. 2,94*;
das heurathsgiit . . . fallet nach der frauen tod ihren erben
wieder heim. Mainzer landr. (1755) I, §3;
könig. sagt dem canzler, unser will sei,
dasz er Jann Panser, unserm raht . . .
die nächst beimlalln herrschaft verschreib.
J. Atrkr fastn. öö' (2620, 24 Keller).
freier zufallen, verfallen: von rechtswegen hätten die zehnten,
weiche die mission . . hie und da erlangt hatte, den bischöfen
heirafalien sollen. Moser osn. gesch. 1,321; war des landes
verwiesen , und alle seine guter dem fiscus heimgefallen.
SCBIUEB 859;
was seh ich? götter!
ist Pluto heimgefallen die ganze weit?
Fr. Möller 2, 289.
fergen (3, 1530): einen heimfergken, in sein hausz jagen
oder treiben, domum conjicere aliquem Maaler 216';
und also din vertruwen Sterken,
bis dich din stündle wirt heim ferken,
da alles truren ist vertust.
A. BuiABER vermaming zuom gesang str. 8.
fertigen: der ehgenante unser sweher sol uns auch die
vorgen. sine fochter beimvertigen nach sinen eren {mit an-
gemessener aussteuer zuscliidien). Haltaüs 859 ; euch ganz Irucken
ausz dem bad auszgezwagen und abgeriben heimzufertigen.
Garg.22'; das holz ward ihm von der zunft der kärchelzieher
heim gefärliget. 157*.
sich finden: ich finde mich heim, erreiche suchend meine
Wohnung; in anderm sinne, sich heimisch fühlen:
ein schönes herz hat bald sich heim gefunden.
Schiller 554 {huldigung der künsle).
folgen: was sy irer hab zu im pracht hat (eine geschie-
dene ehefrau) das sol ir haimfoigen. Haltaüs 860.
führen: füre in wider mit dir beim. Xkön. 13,18; wil
dich des wegs wider heimfüren des du komen bist. Jes. 37,29;
der köni^ kert sich nit daran,
er fQrt sie (die. Jungfrau) mit im heim.
Uhlano volksl. 457 ;
den pock will ich an ain rebsail schnüren
und will in iez mit mir heim füeren. fus(n.sp. 353,7;
heimziifriliren die der Phrygier geraubt,
Helena vom ufer der barb'aren.
Schiller Iphigenie in Aulis v, 190.
eine braut heim führen, uxorem ducere: ich bin gekommen
meine braut heim zu führen. Kotzebue dram. sp. 2,323;
dann führ ich als meine braut sie heim. 2H4.
anders als brautfiihrer die braut heim führen , sie in die neue
heimtiaUe geleiten : einem die braut nach allem brauch heim
füren, deducere sponsam marito vel ad marüum. Maaler 216';
als marggraf Fridcrich
kont hillich triumllercn.
weil man Ihm pr.ichiiglirh
weit sein gemahl heim führen. Wickbbrlin 358;
tpriehwartiich: wer das glfick hat, führt die braut beim;
der deme das glück gi^nnet wol,
da« er die braut heimlulirrn «oll.
J. Athür 369« (1852, 2 Kelltr).
dm leib beim führen, ihn begraben :
lu San-Pcdro de Cardcna . . .
wird mi^ln körper helmfrenihrt. Hirdir Cid 65.
einen heim führen, abführen, abfertigen : in dieser absieht that
er (Germanicus) verschiedene feldzüge, . . ohne jedoch seine
völlige absieht zu erreichen , indem er einigemal gar übel
heimgeführt, und auch durch seine vortheile nicht verbessert
wurde. Moser osn. gesch. 1, 151.
geben, in mehrfachem sinne:
a) ins haus geben, zu eigen geben:
vil narrecliter ist der verdöt
mit üppikeit und lichtem mät
das so im got hat geben hein. Brant narrensch. 3, 7.
6) anheim geben, anlwitn stellen: zum ersten die Sachen gott
heim geben. Luther 3,125'; golt alles heimgeben und be-
fehlen. 403'; es sei nu der garten (das paradies\ wie und wo
er wolle, geben wir gott heim. 4, n'; welches alles ich weder
besteligen noch verwerfen will, sonder einem jeden heim-
geben haben. Micvllüs Tac. 439*.
c) znrückiicben, so zunächst von leiten: als verfallene heim-
gebne und uffgeboe lehen. Haltaüs 860; in bezug auf anderes,
wieder geben:
land guot nöw mel zem beken tragen,
80 git er dir brot wider hain,
das altotat und ist klain. leufels netz 9355;
erwiedern: er (Voigt) halte mir eine visite heimzugeben. Schiller
an Kürner 2,137; mit dem nebensinne des strafenden vergellens :
Europa gab jetzt dem südwestlichen Asien die völkerschwarrae
und Verheerungen heim, die es siebenhundert jähre vorher
von dem norden dieses welttbeils empfangen. Schiller 1030;
überdiesz kann er mit nächstem die freude haben, seinem
nebenbuhler den spott auf die schönste art heimzugeben.
kab. n. liebe 1,5; bezahlen sie ihn mit gleicher münze —
geben sies ihm heim! neffe als onkel 2,8; ich denke aber, wir
haben es ihm damals heimgegeben, dem armen schlucker.
TiECK nov.-kranz 3, 315.
gedenken: heim gedenken, domum speclare, cupere redwe
ad suos. Frisch 1, 436'.
gehen: vado domum ich gen heim. voc. ine. theut. i2*;
gieng mit im heim , und asz mit im. Keisersberg postill
(1522) 3,105"; las uns wider heim gehen. iSam. 9,5; Saul
gieng auch heim gen Gibea. 10,26; gieng er heim in sein
haus. Luc. 1,23; wenn es zeit ist, musz man die gedanken
lassen heim gehen. Lebmann 133;
nun wil ich heim gdn landwerts ein
zu einer wunderschönen frawen. Uhlano volksl.
208.
heim gehen für sterben (s. heim fahren oben): als er diesz
gesagt hatte, sank er zurück mit himmlischem lächeln und
war heimgegangen. Güthk 23,194; dasz er nun gern zu seiner
frau heimgehen wollte, wenn ihn gott abriefe. NtSBUHR kl.
sehr. 1, 75 ;
und wenn einst am Rhein der letzte
sprosz germanischen getilütes
heimgegangen zu den vatern.
ScHEKFEL Irompeter s. 69.
bair. heiszt haim g£n sich zurückziehen, und sterben. Scbm.
2,193. — anders heim gehen, in bezug anfein sächliches subject.
zufallen, verfallen: 5 Schillinge, die dem gerichte heimgingen.
Haltaus 861.
geigen: einen heim geigen, in volksrnd-tziger rede, ihn ab-
führen, zurechtweisen, ein bild, hergenommen von den bauren-
burschen , die sich nach tanzbelustigungen von den aufspielenden
musikern heim bringen la.^sen.
geleiten: heim geleiten, deducere domum Dastp.:
Pferd und wagen . . .
die sicher nach ffeilbronn dich hoimgeleiten.
Kleist KäiUcIten v. Heilbr. 3, 6.
haben, zurück haben: es haben nun e. k. f. g. die drei
praebenden . . widderumb heim. Luther br. 2, 52».
hinken:
das ich an den wendlen heim bin ghunken.
H. Sachs 3, I, 194'.
holen:
gott hat dir disos kin<l nur löhnungsweist gegeben,
drtiiii holt er wider hnim, was vor «ein eigen war.
RoüPLin im;
heirotuholen, die in rftubers arm«
des genohuen Hymen« freuden trug.
Schiller //i/ayt-nic tu Aiilm f. 2W.
ein weib heim holen, uxorem ducere: welclier ein weih ver-
trawet bat, und hat sie noch nicht heim geholet. tMos.20,1;
aU Maria . . . dem Joseph vertrnwet war, ehe er aie heim
holet. Malth. l. is.
861
HEIM
HEIM
862
I
kehren: wir wollen nicht heim keren, bis die kioder
Israel einnemen ein jglicher sein erbe. 4 Mos. 32, IS ; ein
jgiicber keie wider heim mit frieden. 1 kün. 22, 1" ;
mattblökend kehrt das vieh in langsam schwerem trabe
heim von der au. Götter 1, 132;
mfiszig kehrten zu dem dichterlande
heim die götter. Schiller gölter Griechenlands;
durchroiszt die weit am wandcrstobe,
fremd kehrt er heim ins Vaterhaus, glocke v. 61 ;
kehr des weges heim, woher du kamst.
Kleist Kätkchen v. Heilbr. 3, 6 ;
endlich heimgekehrt,
grüjz ich athmend meinen heerd. Voss 5, 248.
auch reflexiv: sich heim keeren, conrerlere se domum Maäler
216'; das sich ein jglicher zu seinem volk heimkeren, und
ein jgiicber in sein iand fliehen wird. Jes. 13, 14. — heim
kehren {wie heim geben), vom sterben:
nun bist du heimgekehret,
wo man ambrosia speist. Uhland ged. 43.
kommen: wenn die fiawen ruszen (lärmen), so ist es
ein zeicben das der man nit dobeim ist , und so er wider
beim kurapt , so hören sie denn ufif ruszen. Keisersberg
poslill (1522)4,40"; da er wider heim kam. 2S(jm. 12, 20; da
lies Jhesus das volk von sich, und kam heim. Matlh. li,ZG;
wenn er beim kompt vom felde. Luc. 17,7; dasz sie bei
berzunabender nacbt sieb nicht getraueten, selbigen abend
wieder beim zu kommen, pers, rosenlhal 3,1. freier: dem
deutschen leser, . . . wenn er aus dem buche heimkommt.
J. Pacl kl. büclterschau 1,174; von umgekommenen lieiszl es:
und ach ! sie kamen dieszmahl nicht
von ihrer arbeit heim. Gotter 1, 312;
sprichwörllick : wer nie ausz kam, der kam nie heim. Katzipo-
rus C 7 ;
ihr wist, lieber her vaier mein,
wer nie auscjuam, der quam nie heim,
der lernet nichts, das ist je war.
lüsloria Magelonae spielweis 13.
einem heim kommen , verqoUen uerden (s. kommen 5, 1644).
ScHM. 2, 193; wahrscheinlich wird ihnen (den Engländern) alles
heimkommen, was sie zu lande und wasser treiben. Kunger
9,228;
es kommt euch jetzo heim. GEntqer 1023.
heim kommen, von gülern und leiten, dem vorigen besitzer oder
dem lehnsherrn wieder zukommen. Haltacs 861.
lassen, mit ellipse eines andern verbums der beuegung:
wölt mir mein falsche frawen
widerumb laszen heim. Uhlasd volksl. 323.
laufen: heimlaufen, domum currere. Frisch 1,436';
so tuot er (der fturliüier) och dick hain loufen,
und lat die rinder das körn beslioufen. teufe.ls netz 12432.
legen, anheim stellen: dasz du deine pflicbt so weit ver-
gessen hast, die gesetze, deren räcber du sein sollst, aus
liebe zu deinem bruder zu verletzen, diesz . . lege ich deinem
gew issen beim. Klinger 7, 173.
leiten: so man aine bröt hainlailet, so siebt man den
sumer vor ir unde gigot und sweglol unde vidlot engegin ir.
MoNE anz. 4,369.
leuchten: der rhodisehe kolossus, der nach den Zeug-
nissen der alten mit einer laterne die schiffe beimleucbtete.
J. Paul biogr.bel. 1,38. übertragen einen heim leuchten, einem
den Standpunkt klar machen, ihn zurechl weisen: gleichwohl ver-
drosz mich seine schleichende feindseligkeit, und ich tränkte
sie ihm in der vorrede . . ein ; wo ich ihn zwar nicht nannte,
aber hesziich abmalte und heimleuchtete. Reisrens lebens-
beschr. 117.
sich machen: sich heim machen, capessere se domum
Maaleb 216'; da war ihres bleibens nicht langer, macht sich
heim und sagt zu ihrem manne . . . E. Alberds 8 ;
mit Woltrost ler macht ich mich heim.
SCHWARZEMBERG 159*;
dsBZ nach vollbrachten sachen
sich der gesandt enlschleust nach Reuszen heim zu machen.
A. Grtphiis 1698 1, 171.
reden: wir müssen mehr gehrauch von dem wort heim
machen, es ist sehr stark, beimreden ist, in die sele reden,
höchste Überzeugung verbunden mit der schaam sie zu ge-
stebn bewirken. Lichtenberg lerm. sehr. (1844) 1, 318. vergl.
beim geigen, beim leuchten, in der fiberlragenen bedeutung.
reisen: da nu der könig alle sachen in Cilicia verrichtet
hatte, und wider heim reisete. 2 Macc. 4, 36.
reiten: in finstrer nacht waren wir heim geritten; beim
heimreiten überlegte er den seinigen (plan). Immermann Münchh.
1,179.
rudern, nach hause rudern. Klikgeb 7,252.
schicken: er schicket in heim. Marc. 8,26; freier: übel
heim schicken, male accipere. Serz 65*; jcb wollte dich schön
heimschicken, ego te magnißce tractare possem. das.; die feinde
wurden mit blutigen küpfen beim geschickt; machte . . den
Schulmeister blos lächerlich und verächtlich , und hetzt ihn
blos im allgemeinen so gut ab, und schickt ihn beim. J. Paul
leben Fibels 187 ;
bald bätt ich lust dich wehrlos heimzuschicken,
und, weil der flug dich (.4mor) nur zur Schelmerei verführt,
dir deine schwingen auszupQücken. \Vielaj(d 10, 145.
schieben: den eid einem beim schieben, zuschieben, zttrück-
schieben. Haltacs 866. vergl. beim weisen.
schiffen, renavigare in patriam. Frisch 1,436*.
schlagen: sieb . .. ihrer eignen baab und guter zuent-
euszern und den gläubigem beiinzuschlagen. Haltaüs 867 ;
haim schlagen dem verfertiger eine arbeit, sie ilim wieder zu-
stellen, weil sie nicht nach verlangen gemacht ist. Schm. 2,193.
schreiben, zuschreiben, beimessen: er hielte die für grosze
thoren, welche, wann sie ihre sachen selbst verfahrlest oder
übel angestelt , es gottes nothwendiger versehung schuld
geben , oder dem glücke heiraschreiben wollen. Zivkgref
apophth. 1, 112.
schwärmen: wenn er des abends betrunken heime
schwärmt. Tiecr 2, 334.
sich sehnen: das kind sehnt sich heim;
mit heiszen thränen wirst du dich dereinst
heim sehnen nach den väterlichen bergen.
ScuiLLER fett 2, 1.
seilen, am seile zu sich ziehen, verlocken: (Crobilus) faet zwo
schöne hurn, dero er sich neret, und vil jüngling . . einzohe
und beimsailt. S. Frank sprichw. 2, 131*.
sein, mit ausgelassenem zweiten verb der bewegung; aber weil
der Türk wider beim ist (gezogen). Luther 3, 320*.
senden: als nu nach etlichen jaren Nehemias ... vom
könige beim gesand ward. 2 Macc. 1, 20.
setzen, anheim geben, überlassen: als nu die genanten dem
rate sulcbs beim salzten, d. slädlechron. 3, 377, 2 ; darzu sol
man dem wilden vielköpfigen böfel nichts zu reformieren
heimsetzen, kriegbüchl. d. fr. 168; lasset uns gott bitten umb
Vergebung unser sünde und ims heimsetzen , er wird alles
fein nach seinem willen und lobe schicken. Luther 2,515';
es gehört mir nicht zu von den sachen zu disputiren, ich
setz den bocbweisen heim. 3,413*; ich will es aber einem
ieden heimgesetzt haben , damit umbzugebeu nach seinem
gefallen. Fronsperg kriegsb. 2,173*; ich wil des brn. bitten
fortbin nicht mehr stat geben, sondern alles seinem befeh-
licb beimsäzzen. Bdtschky hd. kanzl. 133;
ich hab es dem glück heimgesetzt,
es ficht mich eben nichtsen an. H. Sachs 3,2,167';
derhalben ist noch mein beger,
dasz darumb werd gestrafTet er,
das setz ich euch, herr richter, heim. 5,363'.
in der Verbindung beleblen und heim setzen : aber das (geschenk)
bevelhen der priorin und ir haim setzen , das sy es geh
deiner tocbter oder ainer andern die sein notdürftiger war.
Keisersberg has impf.EeS*; biemit auch von diesem gnug,
und biemit das urtheil dem verstendigen leser heim gesetzet
und befohlen. WtiRTz pract. der wundarxn. 349.
spielen: (gott) dem wir all unser anligende not bilUch
selten heimspilen. S. Frank chron. 247*.
sprechen: einem etwas haim sprechen, es ihm zusprechen,
als sein erklären. Schm. 2, 193 (aus Avkrtin) ; adjudicare baim-
sprecben Dief. 13*.
stehen, sich angemessen stellen, entsprechen: nnd all ihr
gewinnens wirdt beim stehen ihrer Vernunft: wie sie die-
selbige werden richten, dermaszen werden sie glück oder
Unglück empfahen. Pabacelsds opp. 2, 652*.
stellen, zunächst in der folgenden stelle zugehen lassen, über-
mitteln : wir haben auch vleiszig umb d. ürbanum Begium
geschrieben , und heften in gern euch wider heimgestellet,
aber er ist nicht zu erheben gewest, bei dem fromen fürsten.
Lcther 6, 325' ; gewöhnlicher anheim stellen, überlassen : er stellet
es aber dem heim, der da recht richtet. iPe/r. 2, 23; ich wil
gott die Sache heimstellen. Luther 3, 119*; derhalben was die
ursach hie gewesen ist, das s. Paulus verbindert ist, mus
863
HEIM
HEIM — HEIMAT
864
man gott heimstellen. 267*; da sie nu die sache dem dritten
beimstellelen zu urteilen. 473*; ob nun solches ein gleichnus
habe mit der bestellung der bergkbülten . . stelle ich einem
jeden heim bei sich zubedenken. Mathes. Sar. 153'; so wolt
ers ihrem gutachten haben heimgestellt, ob nicht . . Zinkgref
apophlh. 1,37; {habe) alles dieser sache . . seinem hochver-
nünftigen judicio heimgestellet. Schuppius 625; stelle es ledig-
lich ihrer klugheit und billigkeit heim. Gotter 3, 377 ;
du richten aller weit,
dir hab ichs heimgestellt,
wasz mir in disen Jahren
von menschen wiederfahren. Rist himl. lieder 2,107;
es ist des herren band, ich stell ihm alles heim.
Chr. Grypuius jioeJ. wälder 1,329;
dir sei es gänzlich heimgestellt,
wie, wo, und wenn ich scheide. Cakiz ged. 46;
war denn diese (lammenliebe
treier willkür heimgestellt? BiSacER 44';
ach, es ist doch besser,
ich stells dem himmel heim.
Schiller Wallensteins tod 5, 6.
fortneln : weder gefangen nemen , noch schlagen dörfen sie,
sonder dasselbig ist den priestern allein zugelassen und heim-
gestelt. MicYLL. jTac. 440* ; wollet diese verdriesliche sache ..
dem heimstellen und lassen, der da recht richtet. Lütuer
3,390*; wollen wir im die sach heimstellen und befehlen.
420*; habe mir keine andere (worte) draus (aus goUes worlen)
machen wollen noch machen lassen , sondern dir befohlen
und heimgestellet, ob etwas finster darinnen were. 489*.
sterben, durch sterbe fall zukommen, anheim fallen: das,
so der besitzer stirbt, das leben frei wider heim sterbe dem
der es vorhin verkauft. Luther 1,296*; oft schätzten sich
die verwundeten glücklich, wenn sie gefangen wurden, um
nicht den messern und piilen ihrer landsmännischen medi-
cinalraelzgerknechte heimzusterbeu. reichsanzeiger bei Campe
s. V. landsmännisch.
steuern, in zwei ganz verschiedenen bedeutungen : a) das
schiff nach der heimal lenken: als wir lange genug ausgewesen,
steuerten v*'ir wieder heim, b) heim steuern, eine person, ihr
eine heimsleuer geben. Adelung.
sumsen:
bienchen, schwer von honigseim,
sumsen goidgeOügelt heim.
Voss poet. werke (1835) 160'.
theidingen: den sun widerum heimtädigen , reconciliare
^ium donium. Maai.er 217*.
thun: einen haim tuen, bildlich, t/m übertreffen, zwingen;
umbringen, besonders wenn es heimlich geschicIU. Schm. 2, 193.
tragen.
es wxr wol das ainr wurd geslagen,
das man (man ihn) hain müs tragen, teufeis netz 4292;
dort trägt man ßsch und vögel heim. Voss 5, 19;
gehäuß heim bin tragen (vergl. jedoch heimhin, heimzu):
euer urtail will ich haim hin tragen
und will sie meinem man eben sagen, fastn. sp. 312, 17.
in freierem sinne zutragen, überweisen: aber die ehre sol nie-
mand annenien , als im geschehen , oder auf im bleiben
lassen, sondern sie heiligen und gotte beim tragen, des sie
ist. Luther 1, 489*.
treiben, domuni compellere. Frisch 1,436*; der iiirt treibt
die herde heim, übertragen heisxt es meislern. Schm. 2,193.
trop fen:
' tropf heim wie ein getaufte mausz.
J. Athbr fasln, sp. 105« (2867, 22 Xe//er).
verlangen: das kiiid «erlangte heim zu seinen ellern;
bimmel an scholl das gesclirei der heimverinngenden Völker.
Uürcer V»)'.
rertbcilcn, lulheütn: sy (die ttadt Aecon) ward wol heim
verteilet dem geschiccht Äser, aber die selben Asarite be-
saszen sie nie. Fraxi uellb. 164*.
wallen, eioentlich: die pilger wallen heim; übertragen (wte
heidi fahren, gehen) sterben:
zeuch der groszen heimgewallten
geider zum feste der tocliier herab! BCRCgR 78V
wandeln: wir wandelten im abendlichle beim.
wandern: nach hause tire heimwandern, regredi, pedem
rttro fetre, domiun revenire. SrieiER 2.^02.
watscheln: nyniphen, die um milternacbt heiinwatscbeln
oboe latcrne. Fa. MCller 3,114.
weisen, zuweisen: welche es aber nicht lernen wollen,
das man denselbigen sage, wie sie Christum verleugnen, und
keine Christen sind, sollen auch nicht zum sacrament ge-
lassen werden, . . sondern dem bapst und seinen oflicialen,
dazu dem teufel selbs heimgeweiset sein. Luther 8, 346*.
zurückweisen, zurückschieben : den angebotten eidt dem anbieter
heim weisen. Vrankf. ref I 39 § 14.
werfen: so der aigenberr den erteilten aid oder betewrung
dem erbman haimwerfen wolle. Haltads 870. s. heim schieben.
wollen, mit Unterdrückung eines zweiten verbums der be-
wegung : komm, wir wollen nun heim.
zahlen, zurückzahlen, vergelten: eine schuld heim zahlen;
jetzt kam die stunde, wo das Schicksal dem drüben heim-
zahlte, dasz er herrn Hummel durch sein dasein gekränkt
hatte. Frevtag handsclir. 3, 6.
zetteln: wann er also nun die zeit hat zugebracht, nnd
sich getrocknet, geriben, gewischt, gefrischt, und die kleider
geendet, zettelt er allgemach wider heim. Garg. 183'.
ziehen: David bleib in der beide, aber Jonathan zoch
wider heim. 1 Sam. 23, 18 ; zog heim in seine stad. 2 Sam.
17,23; das er wider heim zihe in sein land. Jes. 37, 7; darnach
zog er wider heim gen Jerusalem. \Macc. 11,7; pleon astisch :
und zeucht ein yeder wider beim zu hausz. Frank wellb. 152';
zart frewlein, laszt von evvrem zorn,
zieciit wider heim zu lande! Uhland votksl. 299;
die Schweden ziehen heim; daheime wann sie blieben,
war Deutschland auch daheim, und nicht wie jetzt vertrieben.
LoGAU 2, 63, 54 (der Scliweden austug
anno 50);
und jedes beer, mit sing und sang . . .
zog beim zu seinen bäusern. Bürger 13';
blockend ziehen heim die schafe.
Schiller gtocke v. 277.
zittern: wenn ein dieb oder mörder sich in der nacht
dem dunkel dieses waldes nähert, so gehe ein beiliger schauer
von dieser stelle aus, der sie erschrecke, dasz sie heim-
zittern, nachdenken und busze thun über ihre schändliche
werke. Stillinc gesch. des herrn v. Morgenlhau 1,98.
zügeln:
so klar die luft, mich dünkt ich seh den hlrten
heimzügeln von der duftbesäumten höh.
A. V. Oroste ged. 90.
zünden:
lug jeder wi er find sein hausz,
so mag im denn der tag heim zünden,
und kan das hausz on iacklen finden.
ScuBiDT grob. (1568) J5' (2,7).
Übertragen, wie heim leuchten, abfertigen. Fromm. 6,120,61.
HEIMARBEITER, m. arbeiter, die nicht in eineni local ihres
arbeitgebers, sondern in eigener wohnung arbeiten, in Nürnberg.
Fromm. 2, 247.
HEIMAT, f pairia, domiciUum.
ahd. heiinöli, mhd. beimöte und heimuote neben heimut und
heimuot ; das golh. weist eine enveiterung haimö|)li, plur. haim-
ü|)lja (ayQovs Marc. 10, 29. 30) auf, die sich auch ahd. als
heiniüdili (Graff 4, 951) wieder findet, das wort zeigt, wie
armut, kleinod und monat, vor dem suffixalen, zustands- und
orlsbildenden t ableitenden ursprünglich langen vocal , der sich
aucli, nachdem im allgemeinen solche vocale zu tonlosem c zurück-
gegangen waren, ausnahmsweise erhielt, freilich nicht ohne schwanken,
die mild, gewöhnliche Verbreiterung iieimuote, iiciinuol Idszt sehen,
wie man das wort misierstdndlich mit muot zusammcnbnichte
(wie man kleinod in kleiniieit umdeutete 5, 1122), klar zeigt sich
dieses zusammenbringen in der form hcinmuot Lexer wb. 1,1221;
welcher tod dich füret zu der heinmiit dins vatterlands der
ewigen seligkeil. Keisersberg bilg. 73*; sicher kummen zu dem
rechten woren heinmud und vatterland der ewigen Seligkeit.
82'; heimmiit pairia DiEF. nor. gloss. 283* (l!>. jahrh.) ; heiinSl,
heimut dauert auch noch später fort; der mit (lysz und ylent
sucht sin zillich heimut. Keisersberg bilg., lilelblatt;
wenn elnr aiist rrcmlnlcn landen kümpt
zu den seinen in sein heimut.
B. Walois Esop 3, 29, 9.
in dem heule autsehliesilich schrißgemdszen iieiinat H die w-
sprüngliche abl<-Hungssill)e -6t durch at verdrängt, ganz so wie
zu mhd. mänüt .'■ich niAnüt, ebenso tu kleinst scJion im H.jahrh.
die nrbenform kleinflt findet (5, 1121 ; der froiiwen klcin.1l.
biterolf 12 174 Martin). Iieiinat ist seil dem 15. jahrh. aus ver-
tchtedcnen gegendrn nacliwcubar : patria das hnyinat DiRf. nov.
glost. 2s:i' (augsburgiscJi), Luther braucJU diese form (s. unten),
ebenso kennt sw Maaikr: aus unserem heimat, linder l.inds-
865
HEIMAT
HEIMAT — HEIMATLICH
866
i
mann, consors pairiae 216', tcie sie denn im t^.jahrh. schon ent-
sclueden überwiegt, aus ihr enlspringea zwei neben formen ; eine
mit nasal verseltene heimant: das iieimandt, Vaterland, patria
Maaler a. a. o. ; nach dem nasal fdlÜ der schlieszende consonant
ab: die herberg und heimen , darin wir hie in zyt wonend.
ZwiNGLi 2, 208; JM formelhaftem gebrauche ohne artikel: desz-
mals brachen die Golhier von heimant auszgetriben in Traciam.
S. Frank chron, 1531 153'; und eine abgeschwächle : heimet,
vatteriand palria Dasyp. ; wiewol sy die zeit in ainem fremb-
den iand und nit in iiem haimet waren. Melascrthon haupt-
artikel d. h. schriß verdeutscht fol. 6S ; sich in irer heimet nit
wüsten weiter zu betragen oder zu erneren. Zimm. chron.
4, 304, t5 ; gaben sich widerumb auf die flucht nach irem
heimet. H. Stade» l4; in meiner hcimeth. Simpl. i,lbi Kurz;
der hecht thet sich von dannen machen
und wider in sein heimet fliehen.
ß. Waldis Esop 3, 8, 17;
ohne artikel:
sich wend nach heimet unverzaget.
B. RiNCWALD ev. Hh 3* ;
eine form , die sich in den süddeutschen mundarten bis heute
erhalten hat, und der sich mitteldeutsches (dür., obersächs.) heimde,
hemde {patria heimede Dief. 416', Ib.jahrh.) anschheszt.
Das geschlecht des ivortes ist ursprünglich nur neutrales getcesen,
bereits im viltd. aber entwickelt sich daneben das weibliche und
erscheint bald gleich häufig {gleiche geschlechlsschwankung bei arjnut,
s. 1, 561). wenn für die heutige Schriftsprache heimat als fem.
ausschlieszlich gilt, so ist es im 16. jahrh. als neutrum noch häufig
(beispiele s. oben), im 17. jaftrh. wenigstens noch gebräuchlich : bei
einnemung ihres heimats. Simpl.'i, 254 Kurz; wie es in meinem
heimeth zu gehen pflegte. 4, 83 ; noch jetzt ist das neutrale
geschlecht nntndarllich vielfach ausschlieszlich üblich, so z. b. in
Hessen das heimed, heraed Vilmar 159, bair. das haimät, plur.
die haimater Schx. 2, 193 ; ebenso in Kärnthen hämat Le-KEr 13S.
Bedeutung.
1) heimat, das Iand oder auch nur der landstridi, in dem
man geboren ist oder bleibenden aufenthalt hat: der got des
himels, der mich von meines vaters hause genomen hat, und
von meiner heimat. l Mos. 24, 7 ; in seiner heimath {Deutsch-
land). Zisrgref apophlh. l, 425 ; wie ich in mein heimat wider
kommen bin. Schuppius 760 ; ee ist entweder faulheit oder
Ungeschicklichkeit, oder aber eine schwere Steuer, die sie
{die emigranlett) aus ihrer heimath treibt. Moser pa/r. pAan/. l
(1798) 345 ; manche deutsche flüchtlinge haben in der Schweiz
eine zweite heimat gefunden ; famiiien ziehen über die see,
um sich in Amerika eine neue heimat zu gründen;
leider ist die heimat
zur fremde dir geworden. Schiller Teil 2, 1;
eingedenk der heimat, gleitet
er {der schiffer) im wogensturz daher. Voss 4, 153;
da weiszt ja, in der deutschen heimath blieb
die junge gattin mir, kaum anvermählt.
Uhland ged. 185;
schon führt er zu der heimath strande,
von golde schwer, den eignen mast. il2;
wo so mancher von der heimath
scheidet ohne widerkebr. 290;
mir aber ist
die heimath längst verloren. 385;
sei mir gegrüszt, du ewiges meer,
wie spräche der heimat rauscht mir dein wasser.
H. Heise 15, 241.
in bezug auf pflanzen, thiere: die heimath dieser pflanze {Sola-
num pseudocapsicum) ist ungewis. Nemsich 4, 1319 ; und vögel
flogen nach diesen und jenen richlungen wie nach verschie-
denen heimathen. A. Stifter Studien 5, 79.
2) heimat, der geburtsort oder ständige wohnort: wan . . die
mergker einen uszman {aus einem andern dorfe) betreden, der
sich nicht phenden laiszen woilde, dem solle er {nämlich
ein mdrker) nachgehen wisz in syn haimaide, und dan den
darumb furdern und anlangen, weisth. 3,32^ {Hessen tJ. f440);
solche vermächtnns hinderlägten wir ... in meines manns
heimath in Hochdeutschland. Simpl. 3,57 Kurz;
traute heimat meiner lieben! Salis;
doch vor der heimath thoren am altar
da harrten schon zum festlichen empfang
der frauen und der jungfraun helle schaar. Uhland gcd. 379.
3) selbst das cUerliclie haus und besitzlhum heiszt so, in Baiern.
ScHM. 2,193 {vcrgl. auch unten heimathaus), woraus der .nnn
haus und hof, besüzlhum überliaupt sich ausbildet, auszer in
Baiern namentlich auch in der Schweiz: die hemel, hämet mtl
IV. 11.
dem plur. hemeta, hämeta, auch in der formet hös ond hemet
Tobler 259; das heimath sieht nicht am besten aus, selb
ist wahr, aber das Iand ist gut. J. Gotthelf schuldenb. S ; er
nimmt zum maasstab seinen erlös aus dem verbesserten heim-
wesen. das neue heimath kostet ihn wohl 10,000 gülden...
5. 19. dim. heimathli : es geht um ein heimathli. das also
hättet ihr gerne gehabt, s. 6.
4) heimat in freierer anwendung.
a) dem Christen ist der himmel die heimat, «ni gegensatz zur
erde, auf der er als gast oder fremdling weilt:
wann, friedensbothe, der du das paradies
dem müden erdenpilger enischlieszest, tod,
wann führst du mich mit deiucm goldnen
Stabe gen himmel, zu meiner heimath? Höltt 84 Halm;
ein zarter fremdling auf der rauhen erde,
der bald zur heimath sich zurückgeschwungen.
Uhlasd ged. 126;
fremdling bin ich nur im staube,
meine heimat such ich wieder,
meine grüne himmelslaube. Ar^dt ged. (1840) 486.
b) diciüerisch:
der entrückt nun den gefahren,
wie ülyss nach zwanzig jähren,
in der wünsche heimath ruht. Borger 72'.
c) redensarten. in Baiern haszl ein zweckloses, ungegründetes
geschwälz ein scbmaz, der keine heimat hat. Schh. 2,193;
etwas kommt einem von heimat aus, aus sich selbst;
drum flickt er da und dort
mit frömbden lumpen zu, wan nämlich teütsche wort
dem ungeschickten köpf von haimatausz nicht kommen.
Rohpler 114.
HEI.MATFLÜR, f.:
0 du heimatflur! Röckert ged. 317.
HEIMATFORST, «i. ;
so führt die wilde löwion ihre jungen, . . .
und macht durch beispiel frühe sie zum graun
des Jägers, wenn er stört die heimatforste.
Gries Tassos befr. Jerus. 9, 29.
HEIMATGEGEND, f:
du rufst in heimatgegenden mich zurück.
Plate» an \V. Genih.
HEIMATGEVVÄSSER, »i. ; ein revolutionärer frosch, welcher
sich gern aus dem dicken heimatgewässer erhübe. H.Heine
11, 155.
HEIMATHAUS, n. elterliches, geburtshaus (heimat 3 oben):
beschleichend fieber brachte dir verderben,
du wurdest bei der eitern weheklagen
aus deiuem heimathhause hingetragen
zur Stätte, die nicht blut, nur blumen färben.
Uhlasd ged. 128.
HEIMATHÜTTE, f.:
munter fördert seine schritte
fern im wilden forsl der wandrer
nach der lieben heimathütte. Schiller gloclte v. 276.
HEIMATKLA.NG, «i.:
die todtenglocke tönte mir
so traurig sonst, so bang;
seit euch geläutet ward von ihr,
ist sie mir heimathklang. Uhlakd ged. 117.
HEIMATKREIS, m.: der heimatkreis des säugethiers ist
beschränkter als der eines vogels oder fisches. Brehm iUustr.
thierleben 1, xxviir.
HEI.MATLAND, n.: sein rühm ging durch ganz Schwaben,
sein heiiualland. Riehl cuUurgesch. nov. 407;
iosonders werth ist mir so edler gast,
der aus dem nordseben heimathlande kommt.
UaLA><i> ged. 170;
das deutsche heimaüand verschmähten sie. 187;
vom himmel:
lösen sich die irdschen bände?
wird auch mir die schwinge frei,
dasz ich in dem heimathlande,
freundin, dir vereinigt sei? 47.
HEIMATLICH, adj. 1) der heimat angehörig, in bezug zu ihr
stehetid: es ist mir alles aus einer jugenderinnrung bekannt,
wie die hcimalhliche ferne, deren man sich {deutlich bewuszt
fühlt, obscbon man sie schon lange vergessen bat. Guthe
{Beltine briefe 1,229); sein söhn Hakon, dem er die heimat-
liche macht übergeben. Dablüann dän. gesch.l,iO'; obgleich
er {Börne), ebenso wie Göthe, den heimatlichen dialekt nie
ganz verleugnen konnte. Heine 12, 31 ;
und als ich kam ins heimatliche thal. Scbillir Teil 2, 2;
ein heiraathlicher schatten wehet hier. Uhland ged. 116.
55
S6-
IIEIMATLICHKEIT— HEIMBÜRGE
HEIMBÜRGE — HEIMCHENGEZIRP
868
2) schweizerüch, nach heimat 3, das besilzthum pflegend : die
Schweizer . . . sind sonst ein haushalte) isclie?, heimatliches
volk. J. V. Müller werke (1817) 24, 196.
HEIMATLICHKEIT, f.
HEIMATLIEDCHEN, n.:
so heiszt sie ihn die griechsche zither schlagen,
und heimnthliedchen singen in die saiten. Uhland gcd. 439.
HEIMATLOS, adj. ohne heimal : wie er . . auf ungebahnten
straszen hinziehe, mit gefahr und noih zu felde liege , und
bei so viel unbestand und wagnis sich gewöhne heimalhlos
und freundlos zu sein. Güthe 17,321;
als noch im hau.«e lag die hieiclie hi'ille,
da wuszi ich nicht, wohin nach ihr mich wenden;
sie schien mir, heimalhlos, mit klaggebcrde
zu schweben zwischen bimmel hin und erde.
Uhlakd gcd. 142;
die heimath blosz macht heimalhlos
die kinder ihres dichters.
Freiligratb ges. dichiungen 3, 203.
im pulizeistile : der heimatlose Verbrecher N., der nirgends orts-
amichörig ist.
HEIMATLOSIGKEIT, f.
HEIMATLl FT, /. ;
das ist ja meine heimatlurt!
die glühende wange empfand es. H. Heine 17, 146.
HEIMATPFORTE, f.:
entblöszt sind von veriheidigern die mauern (von Oiipnns),
denn rastlos fechtend fällt die mannschaft aus;
doch wenge sehn die heimatpforte wieder.
Schiller Jungfrau 1, 3.
HEIMATSCHEIN, «i. obrigkeitliche bescheinigung über die orls-
angehorigkrit jemandes.
HEIMATSHERD, m.:.
die . . . siebern wobnsitz gibt am heimatsberde.
W. V. UuMBOLDT ges. werke 6, 629.
HEIMATSTRAND, m. ;
so wächsest du [pflanze) am heimathstrande.
UuLAND ged, «4 ;
in jener urne, die vom heimathstrande
ich hergebracht. 125.
HEIMATSÜCHTIG, adj. : Theseus mit seinen heftig rudern-
den Athenern gewinnt schon, heiinaihsiichtig, das hohe mecr.
GuTHE 39, 32. das hierzu gehörige subst. heimatsucht ist ohne
beleg: vergl. aber unten heimsuclit für heimiveh.
HEIMATVERLANGEND, pari.:
wie einst dich {mper) begrüszten
zehntausend griechen heizen,
ungliinklickaniplcnde, heimalverlangende,
wellhenihmte griechenherzen. II. Heine 15,240.
HEIMATVVALD, m .
die käfer flatterten eilig fort.
sie suchen feucr, und lassen bald
weit hinter sich den heimalwald. H. Heinf. IS, 2.56.
HEIMATW.\RTS, adv. :
wie ich aus euch mich sehnte beimotwärts,
so wird nach euch sich sehnen nun mein herz.
RÜCKERT 2^>h.
HEI. MBA CK HAUS, n. gemeinsames backhaus für einen bestimmten
stadttheil, mit bannrecht, in fiorddnringen ; im sondershäusischen
landtag wurde am 7. juli 1868 verhandelt über entsch.ldignng
für aufgehobene hcimbackhriuser.
HKIMI5ERGE, s. heimhürge.
HKIMREUtJTHU.M , n. verwaUungs- oder aufsichtsbezirk eines
heimbürgen, neislh. 4, 517. .518.
HEI.MBLEIBIG, adj.: {eine fromme frau) ist schamhaft,
züchtig, heimpieibig. Fischabt ehez. 543.
HF^I.MHRI.NGEIK, m. der andere heim bringt, nach hanse ge-
leitet: wenn auch 100 mädchcn zu tanze gehen, kriegen nur
7 einen hcimhringer. Weserzeilting 1853 no. 3015 {aus Sord-
frieüand).
HEIMBÜHGE, m. aufsrher, Verwalter einer gemeinde, gemeinde-
rorstrher ; ahd. hcimhurgo Iribunu» Graff 3,177; mhd. heim-
biirge Lbxer 1, 12t«. die form des oft gebrauchten Wortes srliwanlU :
die ilfllung des heimhürgeii tsl Ihcils unter dem schuUheisz, llieili
Iritt er für und stall des letzteren auf, vgl. Haltaus 85«/.; im
Eluuz waren die hcimbiirgen tlieils riciUer, Iheiis auch aufseher
Über maasze, gewichte, wege und siege, und einsammler der steuern.
Strastburifir gössen- und hdusernamen im nütlelalter {Straszburg
1871) f. 7.'i. 70, wo eine heimbiirgcngagsc nachgewiesen ist: de«
bcrren ro«» «oll der gcmelt hei in borg gclien einen sedier
babern. weitlh. ' -■< ir-- -■•-■■■-,■ ,it„,,- ,),.„ ^,.|h,.n «:ilt sinf
ierlichä förstere der heimburg zu Liehtenowe, der schulteisz
zu Swartzach und der gerichlsbolt zu Ulme. 4,517 {Schwarz-
wald); der schullheisz, heimburg, heiligen mayer, und rechner.
Frey garteng. 49; ober schult rieht ein heimborge, weislh.
3, 325 (ff««en) ; die heimburger. 1,524 (frantoi); derheim-
biirger oder berr schullheisz des orts. gepß. finken 17; in
Hessen heimburger vorstand eines dorfes , dorfrichter, jetzt als
amtsbezeichnung ausgestorben, noch aber sprichwörllich auf einen
menschen gewendet, der sich der angelegenheil anderer annimmt
und dafür eine gewisse auctorität in anspruch nimmt. Vilmar 159;
endlich fiigete sichs nun, dasz der heimbiirgel das freie
pferd bei den obren crdappele. maulaffc in2 ; wir . . . deli-
berirten nicht anders als wenn wir heimbiirgel wären, welche
die gemeine zusammen rufen sollen. 120; in dem dorf zu
Cappel, gelegen by dem schlosz Rodeck, sol sin ein heim-
herg und zwölf lichter an dem buren gericlite gemeinlicb.
weislh. \,\\1 {Schwarzwald, die fortselzung des textes gewährt ab-
wechselnd heimburge und heimburger); heim berger hiesz
{und heiszl hier und da noch) in den alloranischen Ihcilcn ISassaus
der bürgermeisler, in trierschen Ihcilen heimerich. Kehrein 192;
dem hei mri eben oder gemeinde, weislh. 2, blO (Untermoscl);
der schullheisz und die heinbrich. tceislh.G, ^-2 {Franken). —
In Dresden waren heimbürgen beim begrdhnisu esen : zu grahe-
bittern und grabebilterinnon , auch denen heimbürgen vor
den thoren zu Dresden sollen ehrliche, vernünftige, des
lesens und Schreibens wohl erfahrne leute gebrauchet werden.
Dresdner leichenordnung von 1686 hei Schmieder Sachsens polizei-
verfassung (1774) s. 37; leichenträger und amtsheimbürgen.
rescript von 1773, das. s. 39. mit einem fem. heimbürgin:
denen von dem stadirath in der residenz Dresden, Neustadt
bei Dresden, ingleiclien vor den thoren angeordneten Icichen-
billerinnen , oder leichenwascherinnen und hcimbürginnen
wird kein zwangs- oder verbielhungsrccht gegen einander
zugestanden, vielmehr bleibt es eines jeden willkühr über-
lassen , welche von diesen leichenwascherinnen und beim-
bürginnen ein jeder wegen beschickung seiner . . . verslor-
fiencn personen gehrauchen will, rescript v. 1773, das. s. 38.
HEIMCHEN, w. grgllus domeslicus. wir fühlen das worl einzig
als diininutivuni von heime gryllus {s. d.), doch hat es sich aus
einem verdunkelten compositum gebildet, das ahd. hatte für das
tliicr den taulologischcn namen miihheimo {vgl. unter hammel-
maus sp.3l2), später mucheim cicada (Dief. lli"), grillus mucha-
haim {nov.gloss. 19S'), umgesetzt {männlichen geschlechls) heimoch,
heimuch {für heimmuch) cicada Dief. 117'; grillus heimamuch,
hcumugg, heimenmiig 270"; gryllus ein heimenmuck Dastp.;
der heimuch, porcus, gryllus Maaler 217"; diese letzleren formen
giengen weiter zurück: gryllus ein grill, heymch Alb. Xx 2*;
niederd. cicada hiemk, hemeke Dief. lli', und hieran anleh-
nend, konnte sich das wort als diminulivum neulrum ausbilden,
so dasz formen wie heimcbin, heimicbin, iieiingin, heumchin
bei Dief. aufgeführt werden; auch grillus heinunelichen nov.
gloss. 198'. jenes hcimgen das war einem kleinen kindigen
in seine wiege gekrochen und wolle das kindigen mit seinein
singen nicht schlafen lassen, da kam das schwestergen des
kindigens in der wiegen und fieng das heimgen. Cnn. A.
RoTHENS 131 lehrgediclite {ICOS) 14; und alles ist so still dasz
ich die fröschc in dem Rhein, die heimeben auf der wiese
höre singen. Arnim schaub. 1,157; beim gesange der heim-
chen. GöTHE 20, 237;
nur dasz hier im alternden gemäucr.
melancholisch noch ein hciiurheii zirpt.
Mattiiisso^ grd. (1794) .'c.29;
{wenn ein nmdelien) nach dem mondn nur blicket,
nur verpiszmeinnirhl pflücket,
und mit nächtlichen hiümrhrn zirpt. Voss 4,73;
grillen, beiracben ziitertönig
spielen auf von fern und nah. Rückbrt 1S5.
der gesang des heimchens gilt als todverkündend:
das heimeilen zirpte klAglicb,
das lange nicht gezirpt.
gelt, sagten alle liaiiern,
gelt, unser Pfarrer stirbt. lloi.Tr 13 llntm :
fin mpianchnjisch hcimchen zirpt
vor Ihrer kiininifrihur;
ilas leirlihiibn schreit, ach gott! sie stirbt,
<lo» dorfes heste zierl .'. IH.
hei SrieLKH heimchen in übertragener bedeulung: heiinke (niedn-
deutsche form) sive heimlein cliam dicitur mulier doini laieii-»
cl lantans. sio.
HFIMrfIK\(if7M!P. rr — -• -'" '••• '•'•v<.
869
HEIMCHENGREIFER — HEIMEN
HEIMEN — HEIMFL HRUNG
870
I
HEIMCHE.NGREIFER, »i. aufstöberer von kleinigkeiten, kleintg-
keitskrämer : ju das ist der alte heimchengreifer, der kluge
hinterdrein. Tiecr 3. bi. lergl. lieimchensucher.
HEIMCHE.NMUSIK, f. gesang ton heimelten : eine heimchen-
rausik hob an. Grimm deutsche sagen no. 31.
HEIMCHENSüCHER, «i. «ie heimchengreifer : duckinäuser,
hcimchensiicher! Arsim schaub. 1,40.
HEIMCHENSUCHEREI, f.: deine alten traumbücher, die
alte heimchensucherei und glaubensstreitigkeit. ebenda 2,153.
UEIMDIRNE, f. dirne oder magd die zu hause bleibt, im
gegensatz derjenigen die mit dem vieh auf die ^Ipe gesendet icirrf.
ScHM. 2,192; die heimdirne hatte ihre arge noth mit den
unruliigen thieren. Silberstein die alpenrose von Ischl 2,172.
HEIME, f. heimat, mhd. heime {wb. 1,655'): wii- varin üj
dem eilende dirre zerganclichun welle in die Tatirhaimi. Moke
anz. 4,369;
aus ihrer ewgen heime. Röckert jerf. -2, 93.
auch niederdeutsch vorhanden, vergl. bei heim sp. S55.
HEIME, m. ttnd f. yryllus domesticus, ahd. hemo, mhd.he'ime,
nur männlichen geschlechls : cicada heime Dief. 117"; grillus
heime, heiraen 270*; die heime, grytlus domesticus Stieler S20;
wir heiszeus {die thierc) hewschrecken , es sind aber nicht
hewschrecken, sondern den hewschrecken oder heimen gleich,
es ist ein gemein thier in morgenlendern. Lltuer 3,313';
er gehet nach hause , fängt in der kuchen eine gnlle oder
heime. Glirsfeld hist. rosengeb. 640 ; in dem kleinen garten-
zinimer, worin wir nachbarskinder uns versammeln, ist auch
das gezische einer heime empfindlich. Moser pa/r. p/iant. 3, 91;
diu ameije uiit der heim. Renner 5616;
auszer dasz er {der fuchs) feldmäus, heimen,
maulwürr, (rösch und Schnecken friszt.
Brocses 9, 255;
es zirpten grillen und heimen. Höltt 162 Halm ;
von kräutern, büschen und bäumen
ertönet um und um
gesang der vögel und heimen,
des bienenvolks gesumm. Voss 4, ISI ;
vor diesem grabgesang der beimen.
ScaxioT v. Wernecchen almanach 1798 s. 118.
veryl. heimchen.
HEIMEL, ti. gryUusdomeslicus, verkkinerungsform zum vorigen :
cicada heimel. auch heimilin, heimelin, heimlin Dief. 117*.
HEIMELDIXGER, ni. eine apfelsorte. Nemsich. bei Frisch
1, 43S* ist heimelling eine art frucht- und pfersichbäume , aus
tnelocotanea verderbt.
HElMELMÄUSCHEiN, n. gryllus domesttcus. Nemnich : heimel-
luusz cicada Dief. 117*. es ist Verstümmelung von devi untei-
heimchen aufgeführten heimenmuck , heimuch. vergl. auch
bammelmaus.
HEI.MELN, verb. heimatliche, vertraute gefühle erregen, ein
schweizerisches wort: es heimelet mich, es ist' mir so als war
kh hier daheim; dieser mensch heimelet mich, zieht mich mit
geheimem zauber an sich. Stalder 2, 33. in der Verbindung an-
heimeln hat das wort allgemänen eingang in die Schriftsprache
gefunden: alles heimelte den knaben an, als er aus der
fremde nach hause kam. Alerbach dorfgesch. 1,236; ein Vor-
zug des deutschen wesens, der in dem deutschen herzen der
Elsässer bald anheimeln und erkennbar werden wird. Fürst
RisMARCK im deutschen reichstage den 2. mai 1871.
Ein anderes heimeln, mit der bedeulung abscondere, aä se in
piira/um domum revocare, bringt Stieler 820.
HEIMEN, udv., der form nach das ahd. ortsadverbium heimina,
heiminan ron hause, von der heimat (Graff 4, 951, vgl. gramm.
3,205), aber in etwas anderer bedeulung:
1) zu hause, in der heimat; meist in veibindung hie heiraen,
da heimen (2,678): der an de; ratz urloub hie hainian belibe.
d. stddtechron. 4, 145, 29 ;
do hörnen ist es gar geheim. Eyri^c 2, 2 ;
ferner nach heimen, von heimen: von solchem fall dermaszen
geletzet dasz ihn seine diener nach heimen fuhren muszten.
Kirchhof wendunm. lo'; machet er sich auf den weg Dach
heimen zu reisen. 120*;
laufestu iez von haimen her,
so sag mir wie es umb dich stee. fasln, sp. 356, 6.
2) nach haitse, in die heimat:
sie schwngen die frawen auf ein pfert.
der her lost selbs ir auf die paot,
und pracbt sie heimen in sein lant.
RosK^BLCT in den fastn.sp. 1143.
HEI-MEN, verb., mhd. heimen (Leser wb. 1,1219) in mehr-
fachem sinne.
1) »n sein haus aufnehmen, heimat, herberge gewähren: da;
der vorgenante pfaffe . . von etteligen unsirn burgern gehöset
und geheimet sie. fs'ordhäuser ueisth. {li.jahrh.) in den neuen
mittheil, des dür.-sächs. alterthumsvereins 1,3,11; darnach baimet
er bös liit gen Wellenburg. d. städtechr. 4,47,14, vgl. 5,16,3;
eine frau heimen, heimführen Frisch 1,436'. ton galt, in den
himmel aufnehmen : als nun goll den fursten well heimen.
ScH.«. 2, 194.
2) fest nehmen, verhaften : als alle stete ir Juden uff einen
genanten tag haimen werden, d. stddtechron. 1,114,29; die
solch fremd Juden haimten und troffen betten. 30.
3) hehlen : sich eines gestolnen und entwendeten guetes
UBderwmden und haimen. Schm. 2, 194.
4) I« bezug auf gegenstände der ernte, einbringen {vgl. heimsen):
beimen , messem facere, fniges succidere, fruges in horrea con-
vehere Stieler 820 ; wer nusz , eppel , und beren , geheimpt
obsz nympt im tage {bei tage stiehlt), ^ioye. zeitschr. f. d. gesch.
des Oberrheins 2, 63 ; item gemein obsz ungeheimpt. das.
5) auch allgemeiner von gegenständen an sich nehmen, ein-
nehmen, z. b. vom zehnten. Schm. a. a. o.
6) heimen. heimisch, vertraut machen; s. einheimen /A. 3, 197.
HEIMENGESCHWIRR, n. :
heimengeschwirr ringsum, und surrende bienen im schauer.
Voss 2, 244 (läylt. 14, 70).
HEIMER, adv. aus dem mhd. heimwert, ahd. heimort, heim-
wärts, nach hause: die sie von dannen heimer mit in bringen.
Hütten 5,199 Münch;
und do ich wider heimer kam. Uhlakd volksl. 752. 753;
als nun die rautter heimer kam
und solcbs vom töchterlein vernam. Etring 1, 45;
der pfair sich eilend heimer macht. 392;
all ungeheiszen heimer gingen. 393.
HEIMER, «1. besitzer änes heims (l, sp. 855), baurenguts-
besitzer. weisth. 2, 198.
HEIMET, *. heimat.
HEIMFAHRT, f, mhd. heimvart.
l) allgemein zug nach der heimat, zug nach hause: die heim-
fart domum reditio Maaler 216'; da ist ein frölicbe beimfart
{aus dem kriege}. Luther 3, 176'. jetzt in verengtem sinne, fahrt
zu wagen nach hause.
.2) die heimkehr des eben verehlichten mit seiner braut in das
eigene haus und die deswegen veranstaltete festlichkeit hiesz heim-
fahrt: so hab ich auch nu, aus begeren meines lieben vaters,
mich verehelicht . . bin willens auf dinstag über acht ta^e . .
eine kleine frewde und heimfart zu machen. Llther 3, 150';
herzallerliebste, dicweiln wir
wider zu hausz seind glanget schier,
so wollen wir mit jung und alten
ino unserm scblosz die heimfahrt halten
und die soll wern vierzehen tag.
J. Ayrer 214* (1064, 4 Keller);
liesz hochzeit noch beimbfahrt so frölieh nicht abgeben.
Weckherlh« 663.
3) heimfahrt, vom tode: wir mugin uns vrouwen uf die
hainvart. wan wir varin ü; dem eilende dirre zerganclichun
weite in die vatirhainii. .Mone 0112. 4,369; denn es sollt ja
nunmehr die zeit da sein meiner heimifahrt und ruhe. Lctber
br. 5, 674 ;
ich vermahn euch, Reineke, rief sie. bedenket! die lange
heimfahrt steht euch bevor, entladet reuig die seele.
GöTHE 40, 70.
HEIMFAHRTSMAHLZEIT, f.:
mit jungen und mit alten
die beimfartsmalzeit jetzt zu halten.
J. Ayber 261' (1306, 20 KeUer).
HEIMFALL, ni. das zurückfallen von gut oder lehn an den
früheren besitzer; heimfall, hereditas, successio, acquisitio, conso-
lidatio. Stieler 422.
HEIMFÄLLIG, adj. heim faltend, zurück fallend: beimrällig
sein. Mainzer landr. 1755, 28, § 6; beimfällige guter, guter so
vergeben werden kuuoeu, ledige guter, bona vacantia. Frisch
1, 437*.
HEIMFALLSRECHT, n. Schiller 780*.
HEIMFELD, n. feld das in des eigenen dorfes flur liegt.
HEIMFÜHRÜNG, f. führung nach hause, besonders das feier-
liche geleilen der braut nach ihrer neuen heimat und das bei
dieser gelegenheit veranstaltete fest: die haimfierung. Zimm. ehr.
1, 423, 34 ; über die heimfübrung frawen Barbara, marggrätia
65*
871
HEIMGANG — HEIMIIÜFENER
HEIMISCH
872
zu Baden. Weckherlin 358 ; die fürslen in Schlesien auf die
heimführung einzuladen. Schweinichen 2,293; am 28. april
habe ich meine hochzeitliche freude und ehrenfest gehabt . .
und war die heimfülirung hernach den 2. juny. zeitsdtr. des
Vereins f. d. gescliichte Schlesiens C, 275.
HEIMGANG, m. das gelien nach hause: die fiihrcr aller Ver-
bindungen traten zusammen, erklärten den coramers für auf-
gehoben und forderten ruhigen heimgang der stamme. Fbeytag
handschr. 2, 240. — t'bertrogen vom sterben (s. heim gehen
sp. 860) : der heimgang unsers vaters hat uns in tiefe traucr
versetzt.
HEIMGARTEN , ni. l) gcmeindegarlcn , der vor einem heim
{sp. 855) gelegene, mit bäumen bestandene platz, auf den sich die
gemeindeglieder zu spiel, unterliallung und Zwiesprache einzufinden
pflegten, schon ahd. wird daher forum durch heimgart übersetzt
(Graff 4, 249) ; heingarte compitum, .i. locus ubi nustici diebus
festivis conveniunl ad jocandum. Dief. 13"'. als ortsname: im
Haimgarteu (also wurd der lindengart, dorin das hofgericht
iedes mals angefangen und geendet wart, genannt). Zimmer,
chron. 2, 350, 4 (vorher vor der statt under den linden).
2) daher in Oberdeutschland trauliclw zusammenkunß , plau-
deret, besuch, Unterhaltung, «i/irf. heinigarte (Lexer it't. 1,1219);
haingarten, convenUculum amicorum seu vicinorum, sie sein im
haingarten, conventum agunt familiärem, prompt, von 1618 bei
ScHN. 2, 67. das tvort ist in diesem sinne noch jetzt über das ganze
aleviannische und bairisclie Sprachgebiet verbreitet, als hangerfe,
hungerte, hungert bei Stalder 2, 20 ; heimgarten besuchgesell-
schaft ScHMiD Schwab, wb. 221; haimgart, hainigarten Schm.
a.a.O.; kärntnisch haingart, hangart, hangarst, hagarst Lexeb
109. vielfach in den weisthümern in wechselnder form : ihre
kleider, als sie am sontag zu kirchen und hongurten goht.
1,251 {Thurgau); die kleider, wie er an den fyrtagen zue der
kirchen und zue hangerten gangen ist. 16i{das.); alsz er
ze kilchen oder haingarten gaet. 4, 293 (Züric/j) ; sin best
gewant , dag er an dem sunnentag ze kilchen treit und ze
baingarten. 482 {Schwarzwald); zu kircheu und hain guten.
5, 145 (st. Gallen).
3) modern ist beimgarten für kirchhof: der selten besuchte
kircbbof konnte sehr wohl den stummen versprengten ver-
bergen, sogar vor dem todlengräber, der seine gange in dem
ihm anvertrauten heimgarten nicht gern weiter ausdehnte,
als er eben muszte. yarlenlaube 1S66, s. 671.
HEIM GARTEN, verb. besuch machen, in gesellschaß gehen oder
sein, auch traulich kosen, plaudern, in Baiern tind Schwaben.
ScBM. 2,68. ScHMiD 221. Fromm. 2,515.
HEIMGEßACKEN, pari. : nu ist es woll war, ... das ein
ieglich frau . . wolgefallen zu menlichen, unerschrocken und
kecken ernsthaften mannen tragen, gedenkend, das dieselbig
ehr oder dapferlicher etwas von frauen wegen wagen oder
tun dürfen, den heirabgebacken oder weibisch raenner. Wilw.
r. Schaumb. 60.
HEIMGEDING, n. dorfgerichl. weisth. 5,090.
IIEIMGEWÄCHS, n, auf eigener flur geivachsene rebe: das/,
sie den gesten ausz keinem andern hausz oder keller noch
eigenem heimbgewechs kein wein, er seye dann bevor orden-
lich verzeichnet und angekerbt, fürstellen. Mone zeitschr. f.
d. ijesch. des Oberrheins 3, 282.
HEIMGEZOGEN , part. : ein heimgezogen kindt , das inn
seinem eigen willen ist auferzogen und erwachsen. Agricola
spr. 83*;
manec heimzogen knabe.
jiinijtimj 237 {bei Ilaupi 8, 057).
HEIMGRAS, n. gras das auf dem heimgrund wächst: wie
die Schwaiger ausz ainem andern gericht ein nemen aul
bainigrasz schaff und schwein, ueiX/i. 3, 732 {Tirol, ib. jahrli.).
HEI.MGRLND, m. grund der in der dorfsflur lie^, im yegen-
talz der alpgründe. .Schm. 2, 193.
HEIMHI.N, adv. nach hause (rergl. heimzu):
ci lieber last micli tiaimliin suppen. il. Sachi 1,468';
iiini wir un<i lieirnhlii rürJt-rn wulln. 4,3, 18';
mit blutigen küiifeii liaimhiii jagen. 3, 1,71*;
bin icb docb vor zu ;ill<>ii miililn
aiiiiz der flau wider liHimbitikoiiiinei),
bab wol Ott mehr nriii zu mir f^iioiniiiKii.
J. Araiiii fmln.yp. W* (2041, 27 KtUer)
HKIMliOI.Z, n. waddparcelle eines particularen , im gtgmuti
dkf «i.ini'tvtaldungeN. Schm. 2, 1»3.
HMMHl i- K, f. hufe die in einei dorfts eigener qemarkung liegt.
HLIVHI i- KNKH, m bexilier eturr saUlien hufe.
HEIMISCH, adj., mhd. heimisch, domeslicus; in mehrfachem
sinne.
1) von personen, eine lieimat habend, an einem orte angesessen,
wohnend: von wem nimpt man den zoll? niniiit man in von
den heimischen, oder nimpt man in von den frömbden?
Keisersberg yw.«//// (1522) 2, 59*; wolle aber ein frümder man
einen heimschcn da (ijericiülich) angrifen, so mag der heimsch
den frömdcn wol stellen nach des hofs recht. weu^Ut. 5, 81 ;
dasz die andern heiniischen auf der stuben vcrdriszen thet.
Frey garteng. 45; fremd und heimisch (leule). Simpl. 2,174
Kurz, in einer abgeschwächten form : welcher man desz ge-
brauchen will, er sei heims oder frembd. wei,sllL2,t)l3{Eifel,
von 1547); vergl. jedoch hierzu anheims und anhcimsch 1,373.
in diesem sinne ist das einfurhe heimisch mehr und mehr durch
einheimisch (3, 197) ersetzt worden, etwas anders ist heimisch
in der formet heimische arme gefaszt, nämlich zu hause weilend,
sich im eigenen hause verbergend : aber die sondere heimischen
arme leuth, die nit auf alle kirchweihe laufen, und eim jeden
für die thür kommen. Acr. spr. (1560) 69*. hieran streifend
kennt auch die moderne spräche heimisch noch im änne von zu
hause anwesend, in haus oder heimat weilend:
Reinekc trat in die wohnung der frauen und Tand sie nicht
iieiniisch. Götbe 40, 41 ;
ich bleibe nicht wie ihr, so heimisch, still
auf einem flecke sitzen. Tieck 3, 27.
2) an die vorige bedeutung schlieszt sich der sinn vertraut,
heimalgewohnt, vertraulich: um dem Tourenne zu wehren, dasz
er sich in unserm gau, in Schwaben und Franken . . nicht
zu heimisch und gemein machen solle. Simpl. 3,245 Kurz;
weil in der nühe die wohlgewogenheit sich in eine majestät
verändert, und die heimische gesellschaft in eine Verachtung.
BuTSCHKY I'atm, 419;
da bist du nun, graflein, da bist du zu haus,
das heimische llndest du schlimmer! Göthe 1, 195.
in den Verbindungen heimisch sein , werden , wohnen , sich
heimisch fühlen: icb fühle mich hier ganz heimisch;
liier, wo die alle treue heimisch wohnt.
Schiller Teil 3, 2 ;
Jüngling, fesseln möchten wir sie gerne
an das neue vaterland.
genius. darum grabt ihr diesen bäum
mit den wurzeln in die erde,
dasz die hohe heimisch werde
in dem neuen vaterland? Iiutdigung der künsic (hhi') ;
so lang icb micb noch fühle solin der erde,
ist heimisch mir die irdische beschwerde.
Lenau Fausl 146.
3) heimisch, der heimat angehörig oder ihr gemäsz, von dingen
und einrichtungen :
vattcr und milter sie nit ehren
kein heimsch noch frembdi straff nit hören.
Wickrah pilijer M3 bl. 44.
erst in der modernen spräche vielgebraucht: freund Meyer, seinen
beimischen dialekt nie völlig verläugnend. Göthes hriefe an
helvetische freunde .«.15; die bezüge auf die beimische biihne
nicht auszer äugen lassen. H. Heime 11,134; in heimischer
wirlhschaflstracht. Freytac hand.ichr. 1,115;
{liarden) die ihr von Saroiis pnlraen und von
heimischen eichen euch kränze wandet. Höltt 85 llatm ;
des heimischen gelildes räum. Voss 5, 61 ;
jetzt mit herzlicher freude betrat er das beimische ufer.
Itdgssee 4, 521 ;
lern auf der rhede ruft iler pilot, es warten die Holten,
die iu der fremdliuge laiul tragen den heimischen lleisz.
Schiller spaiienjany v. 112;
so, wenn Apoll zu Delos heiinscbem herd
von seinem wintersilz am Xanibus wiederkehrt. Dido 27;
nach so langer irenniinK wieder
gekommen in dein heimi.sch land. lliiini zierinnen (238);
jedweden eidam
zuriickzufiihren in sein heimi.sch reich, das. (240);
wir lagen noch immer im heimi^tchen bell. II. IIkins 17,252;
es tlleK am heimischen himmul
die andere loiinc schon aul. Chamisso ged. 85;
vemi'iiiKchle gier, die inis nach l'reinilcm KPornt,
indesz »rhmachvoll dan heiinische venllrbl! IIhland ped. 1S7.
in freierem sinne (wie zu hause sp. 045) :
ein mtnnlein, in die .■ilelliuiK hingeburkt,
die hinter zäunen heimisch ist und hecken. Uhland j/nf. 4:>7.
4) beimiscli ron den zahmen oder hau Mertn : heimsch, hcitn-
licb, ricMr Maai.er 216'; dises wind die heimschcn liahich ..
873
HEDnSCII — UEDILICU
HEIMLICH
874
anders ist es mit den wilden habichen. Keisersbmg bilg.n';
anno tausent sechs und achtzig flohen die heimischen thier,
als gens, enten, hennen . . als wild in die wäld und berg.
S. Frank chron. 1531 305'; kam darauf ein übergroszer sterben
über die menschen , heimische und wilde thier. Germaniae
cAror». 1538 172'; Trajanus hat schauwspiel gehalten, darinn vil
tausent wilde und heimische thier getödtet worden. Reiszner
Jerus. 2,160'; an etlichen orten sollen die ael heimisch ge-
macht werden, also dasz sie speis empfahen ausz den bänden
der menschen. Fober ßschb. 178'; nicht allein von solchen
wilden thieren, sonder auch von den heimischen vieh zu ver-
stehen ist , als capaunen , vogel , gensz , enten. Paracelsls
opp. 301* ; von dem haimischen eher. Mecenberg 122, 2 ; als
magstu auch einen heimischen schweins köpf machen, koch-
buch bei Haupt 9,371; dann auch von im hause lebenden, nicht
eigentlich zahmen thieren: die feldmausz kroch in die statt,
käme zur heimischen mausz in einn keller. Agr. spr. (1560)
362*. ebenso von pflanzen: daj kraut (sen/) ist zwaierlai: daj
ain ist wild und daj ander haimisch. Megexrerg 398, 33 ;
calamus aromaticus, heimischer zitwan Dief. 88'; wilden und
heimischen lauch. Zechendorfer gebrechen der ross (1571) 66.
5) heimisch in dem sinne von tückisch, boshap, entwickelt sich
aus der Vorstellung des häuslich verborgenen, gelieimen, irie hämisch
{sp. 30S) einen ähnlichen Übergang erfaJiren hat : sind sunst ein
heimisch dückisch volk. Frank ueltb. 136'; so war er doch
nicht sittig, nicht redlich noch aufrichtig, sondern es war
ein heimische, spitzbübische list in ime. Melanchthons prophet
Daniel ausgelegt, deu/scÄ roH Jonas (1546) 147; wie fleiszig aber
und hinderlistig, mit was heimischen herzen und schilenden
äugen der eheteufel, als ein erbfeind gottes, auf solches alles
sehe. A. Musculus eheteufel (FranA/. 1564) Av';
ein heimisch schlagenden gaul. H. Sachs 5, 123';
er ist ein schalk, helmischer duck. 360';
ach ir heimischen bösewicht . . .
allzeit habt ir gebraucht solch stück,
heimische böse neue tück.
Schade sat. u. pasqu. 1,90,380.385;
kirchen beraubung und darbei
bös heimisch tück und grosz untreu. 1,123,456;
wann einer heimisch schalkhaft ist,
from scheint und doch voll scbalks und list. Etring 2, 71 ;
item tinanzer heimisch gsellen
die stets nach rrembden gute steilen, das.
HEIMKEHR, f. rückkehr nach hause, ein neues, nach heim
kehren {sp. 860) gebildetes wort ; über die form vgl. unter kehr
theü 5, 400. der die weite weit durchlaufen hatte, und nun
auf seiner heimkehr war. Klisger 6,20;
wenn einst ein gott aus diesem krieg
siegreiche heimkehr mir gewährte.
Schiller Zerstörung von Troja 16;
denn nicht den tag der frohen heimkehr werd ich sehn.
Jungfrau 2, 7;
io dem trüben, kalten, traurigen hause,
wo meine mutter am eiogang kaurt,
und auf des sohnes heimkehr laurt. U. Heine 15,56;
auch geschenke gab er ihm, . . .
und das zehrgeld für die heimkehr. 18,203;
freunde, die mir vorwürfe machten über dieses zurückfallen
in den alten aberglauben , wie sie meine heimkehr zu gott
zu nennen beliebten. 18, 9.
HEIMREHKLNG, f. domum redUio. Steinbach 1, 846.
HEl.MKNECHT, m. knecht für das liauswesen ; der heim-
knecht sal im winther holz vor alle Stuben , die man in-
heiszel, tragen. Michelsen Mainzer hof s. 40, vergl. auch s. 18.
HEIMKÖMMLLNG, m. redux. Dablmann gesch. v. Dänem. 1,4.
HEIMkUH, f. knh die im dorfe, zu hause bleibt, wältrend die
andern den hodisommer über auf die alpe ziehen, im Bregenzer
ualde. vergl. heiinvieh.
HEIMKUNFT, f. domum reditio: wenn ich dessen heimkunft-
abwarten künte. ehe eines mannes 169.
HEI.MLANÜ, n. heimatliches land: der fünfte sagte: wann
er in Holland nichts anders als läusz und einen magern leib
hat holen wollen , so hätte er besser gethan , er wäre in
einem vollen zu heiniland blieben. Simpl. 4,345 Kurz.
HEIMLEITE, f. heimführung der braut : ir sunt varin als ain
brut ze haiulaiti. so man aine brut hainlaitet, so sieht man
den sunier vor ir unde gigot und sweglot und vidlot engegin
ir. Mose anz. 4,369.
HEI.MLICH, adj. und ad«, vernaculus, occuUus; mhd. heime-
licli, heimlich, beinlich, dem sinne nach sich mü dem adj.
heimisch berührend, ist heimlich im allgemeinen von jeher mehr
in anwendung geivesen und daher auch begrifflich reicher aut-
gebildet worden, es bedeutet
1) zunächst von personen einheimisch, an einem bestimmten orie
zu hause, gegensatz zu fremd :
blt in da? er die geste
und die heinlichen habe wert.
Pars. 345, 9;
ich Tuor von lande über mer
mit einem heimelichen her. Tristan 162, 2;
an aim fremden menschen sam an aim haimleichen. Megen-
berg 483,3; die heimlichen geschlechter zu Freyburg ver-
sagten noch in unsrer väter tagen dem adel ehren und
regiment. Niebuhr 2, 142 ; und die schwäbische braut {musle)
einen andern wittwensitz, als die sächsische bekommen, da
jene auf waffen und pferd, diese aber auf ein landgut heim-
lich geführt wurde. Moser osn. gesch. 1, 10.
2) ron thieren, im hause lebend, zahm, gegensatz zu wild:
und ist kain wildej tier, da; sö schier haimleich werd und
den läuten undertän {als der elephant). Megenberg 134, 16 ;
heimlicher schweineber, i-erre^, est porcus domesticus non ca-
stratus. voc. ine. theut. i 3* ; wann man die wilden enten fahen,
und heimlich oder zam machen will. Sebiz feldb. 112; die
wilden {schwanen) sind in unsern landen ungemein, sind aber
etwas kleiner als die heimlichen. Hohberg 2,53S'; Bellonius
schreibt, man könne den bieber zahm und heimlich machen.
549';
ja, wir wölln hasn und merkatzn fangen,
und wölln wilt afTen ausznemen,
sie heimlich machen und zemen.
J. Atrer 455' (2287, 17 Keller) ;
es war so heimlich und so zahm. Brockes 6,253;
und das alte wild oder rech mit ihr so heimlich war als die
jungen waren. Bocc. (1580) 1, 72*. auch von pflanzen : heim-
licher zitwan, calamus aromaticus, est nomen euiusdam herbae.
voc. ine. theut. i3* {vergl. heimisch 4 am Schlüsse).
3) aus der bedeutung des heimatlichen und häuslichen flieszt
die Vorstellung des traulichen und vertraiäen.
a) von einem orte, einer zeit, einem dinge, und den daran
sich bildenden gefühlen, in welchem sinne das adjecliv vorzüglich
im bair. und alemannischen Sprachgebiete volksmdszig ist (Schm.
2, 194. ScHMiD 270. Stalder 2, 34) : zwei linden die mit ihren
ausgebreiteten ästen den kleinen platz vor der kirche be-
decken , der ringsum mit bauerhöfen , scheuern und höfen
eingeschlossen ist. so vertraulich, so heimlich hab ich nicht
leicht einplätzchen gefunden. Göthe 16,17; die warme stube,
der heimelige nachmittag. J. Gottbelf schuldenb. 127 ;
dasz desz geflögels beer sich also frölich stellt,
dasz durch sein singen saat und beiden heimlich werden.
Opitz 2, 10;
noch harrte im heimlichen dämmerlicht
die weit dem morgen entgegen. Körner 1,286;
ich fühle es noch, wie heimlich mirs war, als ich zum ersten-
male an einem hohen mittag hinein {in ein von bäumen ge-
schlossenes plätzcheny trat. Göthe 16,82; wir dachten es uns
so bequem, so artig, so gemüthlich und heimlich, die weit,
die wir zusammen nicht sehen sollten, in der erinnerung
zu durchreisen. 17,11. substantivisch: das ist das wahre hei-
melig, wenn der mensch so von herzen fühlt, wie wenig er
ist , wie grosz der herr ist , und dabei ihm so wohl ums
herz wird, als wäre er halbers schon im himmel. J. Gotthelf
schuldenb. 147.
In etwas anderem sinne es ist mir heimlich, wold, frei ton
furclit: dem von Seckendorf war hiebei nit hainilich, dann
er nit wissen mögt, was das für ein wesen. Zimmer, chron.
4, 221, 33, welche Verbindung den Übergang zu der folgenden be-
deutung bildet.
b) heimlich ist auch der von gespensterhaftem freie ort : es ist
im hause heimlich, domus o spedris non infestatur. Steinbacb
1,728; es musz in diesem gebüsch nicht gar heimlich sein,
wer weisz, was vor ein geist uns verführen will. G. Hoffhann
Eviana {Leipz. 1696) 157. veigl. unheimlich.
c) ton menschen, in verschiedenen abstufungen.
a) häuslich bequem, ohne sich zwang anzuthun : nun aber
fangen wir an uns zu schämen, dasz wir so lange für schick-
lich gefunden, ihn (licri geist im Hamlet) auch im innersten
gemach der künigin geharnischt auftreten zu sehen, wie viel
heimlicher, häuslicher, furchtbarer tritt er jetzt nun auch
hier auf, in derselben gcslalt nie er sonst hier zu verweilen
875
HEIMLICH
HEIMLICH
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pQegte, im hauskleide, im nacbirock, barmlos, ohne wehr.
GöTBB 45, t)2.
ß) vertraut, freundlich, zutraulich: (das leben des heil. Ludwig)
das besclirebiu bat er Berit, sin cappellan, der im beimeiicb
gewesl ist von jügeut bis an sinen tod. KüDiz 1,15; slugen
zu tod ein purger . . und slaiften und tüten ein . . di waren
dem piscbolT heimleicben. d. stddtechron. 1, 57, c ; der Ireip sin
wip von im, darumbe da; sü eime biscbove zu heimeiich
waj. 8, 34, 14 ; die zu dem rate bürent und ime heimlich sint.
9, 1016, 23 ; was bringt etwan me Verachtung, dann zuvil heim-
lich sein den underlhonen? J. Pauli 30; es ist leichtfertiger
leut art, dasz sie mit eim jeden leichtlich kundtschalt machen
und werden ihm baldl heimlich. Acr. spr. (1560)8*; sie war
mit uns schon so heimlich, dasz ichs wagt, und ihres namens
begert. Andreae f/it/m. /joc/i;. 1,3, 68; mein vater hat sie recht
heimlich gemacht, bis sie ihm alles verschrieben hat. Hörn
Schtniedejacob 2,05; bair. gegen jemand heimlich werden.
ScBM. 2, 194;
der herreii kneclit
und ander die r3 hoff gont schlecken
und heimlich bi den herren stecken.
Braist narrenscli, 100, 4.
/) friedfertig, still, so baimch (Schm. a.a.O.); heimlich und
still gemül, alla mens et placida Maaleb 216'; adverbial:
sie {itie schlnnije) spracli : wir haben Leid nit räum,
kan micli allein behelTen kaum.
er {der iijiU) sprach: ich will mich gar wol schicken,
heimlich in einen winket drücken
und halten wie ein frommer east.
B. Waldis Esop 2, 98, 12.
d) in Schlesien braucht man heimlich im sinne von freund-
lich, heiter bezüglich des wellers: wir werden heute heimliches
weiter haben, habebinnis liodie siidum coelum. Steinbach 1, 728 ;
ein heimlicher abend trockne die pfützen eines schlüpfrigen
tages auf. Lohenstein Arm. 1,76*; ein mann stehet unbe-
weget: es ist allzeit hell, allzeit heimlichs weiter in seinem
gemüte. Opitz 2,305.
,.. 4) aus dem heimatlichen, häuslichen entmckelt sich weiter der
begriff des fremden äugen entzogenen, verborgenen, geheimen, eben
auch in mehrfaclier bezithung ausgebildet.
a) das adjecliv ist näher an einen gegenständ angeschlossen,
und bedeutet mehr passiv verborgen gelegen oder gehalten , ver-
steckt, in bezug auf orte, dinge, kräfte: wenne seiner prünften
zeit ist, dag ej unkäuschen wil, so suocht ej im haimleich
stet, daj ej die laut iht sehent. Megeniierg 124,21; feur-
pfeil . . oder heimliche feur (griechisches), deutsche stddtechron.
2, 290, 23 ;
si wist in heinliche wege. Pars. 100, 2;
die heimliche schetze, und die verborgen kleinot. Jes. 45, 3 ;
sie hatten einen heimlichen gang unter dem tisch gemacht.
Bei zu Babel 12 ; heimlicher uszgang under der erden, cunits,
via et foramen sub terra, voc. ine. theut. i3'; heimlich buch,
in Straszburg das yelieimbuch für aufzeichnung von ratsbeschlüssen
und Straferkenntnissen, d. slädtechr. 9, lo\9, 9; durch eine heim-
liche thür hinein tratle. Amadis 44; sol er auch seine heim-
liche halten (hinterhalte) also artlich verschmückt haben.
Fronsperc kriegsb. 1,177'; was ich aber dir von bepstlicber
heiligkeit geschrieben habe, ist noch heimlich, ich vertraw
dirs aber als meinein lieben bruder, beballs bei dir. Albercs
neice zeüung (1541) 6; den Schlüssel zu i. f. g. heimlichsten
Sachen anvertraut. Schueinichen 1,145; da ich dich so oft
im heimlichen bade .. überrascht habe. Kmnger 10,11; ihre
heimliche surplus-kasse. J. Pacl herbstbl. 3, 245. etwas heim-
lich halten, versteck!; etwas vor einem heimlich haben, oder
vor im verbergen, occultare rem aliquant alicui. Maaler 210';
wann einer gefangene heimlich hUlt. Carolina art. 41; eine
sacbe heimlich halten. Hahns /(i,v(. 1721, 2, 272, not.dd; wann
CS nur heimlich bleibe, sei es keine Sünde. Schuppius 509;
ein verleumbder verrhel was er heimlich weis. spr.Sal. 11,13;
wann laub und gra.'iz durch wintem pein
stirbt gänzlich vor den aiigcn dein,
wi haimlich bleibt ir wachscnt kral't,
erscheint durch sunimers aiKctiKcliaCi.
SCUWARZK.TIIIKMC 151';
du zeigest mir den weg, der zu dei wclslifii fuhrt,
der auch sonst heimlich ist, den nie kein beide spürt.
ri.KMiMG H, 15 Lappenh.:
■la. 1.1,1. , i...„ (.,... i..,^f) jm gpfei j,j,»z heimlich und tief.
ÜOicEii 33';
es zog Ihn entlang,
iieim .t ruirim.r di^ länipchens, den heimlichen gang. 33',
horch! horch! da knarrte die heimliche thür. 36';
links am see . . .
liegt eine matte heimlich im gehölz.
Schiller Tett 1, 4;
versammelt bah ich
in heimlicher kapeile die gefährlen. M, Stuart 3,6;
ewge kräfie, zeit und ferne,
heimlich wie die kraft der slerne,
wiegen dieses hlui zur ruh. Götue 1, 50;
und ich fühle dieser schmerzen,
still im herzen,
heimlich bildende gewalt. 101.
//■('( und /ur den modernen Sprachgebrauch ungewöhnlich:
wenn die alle ernster und leiser
zu sprechen begann und vom Rothbart sprach,
von unserem heimlichen kaiser . . .
er hause versteckt in einem berg. II. Heine 17, 163.
heimlich ist zu einem vcrbuni des verbergens gestellt: er verbirget
mich heimlich in seinem gezell. ps. 27,5; du verbirgest sie
heimlich bei dir für jedermans trotz. 31,21; als er die leiche
heimlich versteckt hatte. Tob. 2, 4 ; wir reden von der heim-
lichen verborgenen Weisheit goltes. l Cor. 2, 7. heimliche
orte am menschlichen kürper, pudenda: soll die (verbrecherin)
durch verständige frawen an heimlichen statten . . besichligt
werden. Carolina art. 35; welche leule nicht stürben die wurden
geschlagen an heimlichen orten, l Sam. 5,12; die krankhcilen
hieran heiszen heimliche: schlug die Icute in der slad, beide
klein und gros, und kriegten heimliche plage an heimlichen
ürten. 1 Sam. 5, 9;
der hab das heimlich leiden! Garg. 86';
doch steht heimlich leiden vielfach auch in ganz anderem sinne:
das heimlich leiden, heimlicher und verborgener schmerz,
dolor lacitus Maaler 216'; sy tregt in irem herzen ein heim-
lich leiden oder knmber, mente tacila gerit vulnus. das.; denn
er (Paulus) gibt das brennen schlecht allen, die on gnade in
der keuscheit sind, und zeigt kein ander erznei, denn die
ehe. wo es nun nicht so gemein ding, oder ein ander raht
dazu were, bette er ja nicht die ehe fürgeschlagen, wiewol
man es auf deudsch heiszt, das heimlich leiden, welchs
Sprichwort doch auch nicht so gemein were, wo es ein
recht, heimlich übel were. Luther 2, 306*.
heimlich gmach, latrina. Maaler 216''; zubrachen die seule
Baal , sampt der kirchen Baal und machten ein heimlich
gemach draus. 2 iö/i. 10, 27 ; peto secessum, ich wil uffs heim-
lich gmach gehn. Alb.; der andere., wüntscble sich glück-
seelig zu sein , wann er dasz breit auf dem heimlichen
gemach were, damit er seiner liebsten je zu zeilen, mochte
den leib berühren. Puilander 1 (1642) s. 123; heimlich zu der
nalur, cloaca, priveta, latrina. voc. ine. theut. i3";
Simplex noch weiter am heimlichen ort
seine red mit dem scheermesser führt fort.
Simpt. 2, 180 Kurz.
b) von rat, anschlügen, Verhandlungen: sü bettend ouch eine
gesetzede, daj sü pfalTen möhlent under in han, aber ir
keiner solle meister under in sine noch an Iren heimelicben
rot gon. d. städtechr. 8,106,27; haslu gottes heimlichen rat
gehört? Iliob lb,S; heimliche ralhscliläge, consilia clandestina
Steinbach 1, 727 ; da huob die fraw an , ich enwaisz von
was haimlicher oft'cnbarung, als ob si künftige ding weste.
herz. Ernst 233,1 Bartsch; liesz sie die nüchslen freunde des
Scherfenberger kommen, die muszicn ihn heimlich nehmen
und um seinen vursalz fragen. Grimm deutsdie sagen »ly, 29;
zu üirenbaren heimliche vertruwete rede. i>V. 42, 29; ich hab
0 künig dir was heimlichs zu sagen, richter 'i, ]0 ; redet jnit
David heimlich, l Sam. 18,22; das heimliche mehr (geheime
abslimmung). Bluntschli 2, IS ; reformation konig Maximilians,
die freischüpfen und das heimlich geriebt zu Westphalen
betreffend, aus Worms von 1495; wir ricbler des hohen heim-
lichen gerichts. Kleist Kdthchcn 1,|; ricbler des heimlichen
gerichts. Gothe 8, 159.
c) beamtete die wichtige und geheim zu haltende ralschlJge in
»laatssachen erlheilen, heiszen heimliche rülhe, das adjecliv isl
nach heutiiß-m s])rachgebrauch durch geheim (s.d.) ersetil: heim-
licher lalgebc, secrctarius, secrelus coUiUiarius ivc. ine. theut. ii';
Carolu von Millitz, unserm nuncio und heimlichen camerer.
Luthkr 1, 137'; (liiarao) ncnnel in (Joseph) den heimlichen ratb.
1 Mos. 41,45; David machte in zum heimlichen rat. 3 JKim.
23,23; sie (die weistteit) ist der heimlicher rat hn crkcnlni«
gottes. weish. Sal. 8, 4. — heimliche freiHchöffen, dte bmilter
di's hnmiuhen yenchts. /.immer, chron l, 4t>i», 24.
S77
HEIMLICH
HE1>U.ICH
878
d) häufiger sieht heimlich eng angeschlossen an den sdtaffenden.
thäligen menschen, sein thun, denken, fühlen: seine heimliche
Sünde. Biob 20,11; zu mir ist komen ein heimlich wort.
4,12; heimliche gespräch mit dem feind, coUoquia clandeslina
cum hostibus Maaler 216*; daran sich anschlies:end : die von
Angspurg . . . haben in bestell auf ir feind zu ainem baim-
licben knecht (der ihnen im geheimen Spionen- und banditen-
dienste leistet), d.slddlechr.ö, 32-2, li; von misirauen, arg^vohn.
falschen freunden , heimlichen laurern und lächelnden ver-
räthern umgeben zu sein. Wielasd 8. 303; ein heimliche gäbe
stillet den zorn. spr. Sal. 21,14; wer aber mit heimlichen
tiicken urabgehet. Sir. 13,32; wenn ein arme beurin etwas
heimlichs gethon het . . . und in der fasten irem pfairer
beicht, der selb wil si umb heimliche sünd nit heimlich
uszrichten und absolvieren. Schade sa/. «.pas/;«. 3, 177; wann
einer eins heimlichen brands {heimlicher brandsiipung) verdacht
oder beklagt würde. Carolina art. 41 ; so einer erstlichen ge-
stolen hat, unter fünf gülden wehrt, und der dieb mit solchem
diebslal, ehe er damit in sein gewahrsam fcompt, nicht be-
schrien, berüchtigt oder betretten würde . . ist ein heimlicher
und geringer diebstal. ort. 157; verborgenen heimlichen hasz
auszstoszen, occlusum odium effundere. Maaler 216'; was wir
versprechen, geschihet mit dem heimlichen bedinge: wann
kein hinternis die möglichkeit verhindert. Bctscbky hochd.
kanzl. 105; die gefährlichsten heimlichen Zusammenkünfte.
GöTHE S, 1S6; bemerktet ihrs nicht selbst mit heimlicher
freude? 192; ich weisz selbst nicht aus welcher heimlichen
ahndung ich nach der Übersetzung ... zu allererst sähe.
Lessixg 6, 198; heimliche verlöbnüsz stiften keine ehe. Pisto-
Rics Ihes. jmr. 1, 91 ; heimliche begierden . occultae et lectae
cupidilales Steisbach 1, 727; heimliche kunst , Zauberkunst;
bette einen tüfel für sich betwungen , zu ervarende an ime
heimliche sache. d. stJdtechr. 8, 149, 22 ; leider dauerte dieser
heimliche emerb nicht lange. Göthe 20, 111 ;
kein feuer, keine kohle kann brennen so heisz,
als heimliche liebe, von der niemand nichts weisz.
tülkslied.
in adverbialer Stellung: warumb hastu heimlich geflohen?
1 ^os. 31,27; ich bin aus dem lande der Ebreer heimlich
gestolen. 40,15; wenn dich dein bnider . . überreden würde
heimlich. 5 Mos. 13, 6 ; verflucht sei , wer seinen nechsten
heimlich schlegt. 27, 24 ; hatte zween kundschafl"er heimlich
ausgesand. Jos. 2, 1 ; sandte botschaft zu AbiMelech heimlich.
ruht. 9,31; er wird euch strafen, wo ihr person ansehet
heimlich. Hiob 13,10; so raus meine seele doch heimlich
weinen. Jer. 13,17; derwegen er daselbsten (zu London) auf
das aller heimlichest, so ihm müglich einritte. Amadis 379;
so leugnet er nun die ganze schuld, und lodert beweis über
das, was ich ihme zu gulle, auf sein wort heimlich und in
treuen vorgeliehen. Bctschkt hd. kanzl. 249 ; einer liebte heim-
lich und im sinn, wie die arme Juden wucheren, ein an-
derer ofl'entlich und ohne schew. Philaxder 1 (1642) 124; dasz
oftmals kinder und gesinde ihre eitern und herren heimlich
bestehlen. Schdppics 200; heimlich aber befahl er ihr. Simpl.
1,300 Kurz; heimlich einen sehen; heimlich lieben, hassen;
in einer verstärkenden Verbindung: ja frei geordnet heimlich
under dem hütle in disem seinem gotshausz seiner abgöttin
Veneri zu dienen. Fbask trellb. 122";
ich stflnd an einem morgen
heimlich an einem ort. Uhlüto rolksl.
133;
ist euch cur ratter und möter so gram,
oder habt ir heimlich einen man? 264;
den (hasen) hat mir heimlich bracht ein bawr.
grobian (1568) J4" [b. 2, cap. 7);
«an heimlich ich in meinem eingeweid
von schwerer pein und leid
gequälet. Wecebksli;« 53 {ps. 16, 7) ;
noch weiter flndet sich ein unbefugtes klagen,
dasz manche {frau) schläppisch geh, und kaum in viencho
, . ^ ^3?en
die Stuben emmal kehr, und dasz sie heimlich nasch.
Rachel sai. (16771 23;
so lang es gott gefält, so lange der noch schweigt,
der alles heimlich sieht und olTenbarlich zeigt. 40;
bis dasi der grosze held
rem heimlich aus der sladt sich gibt ins basenfeld. 67 ;
ob die groszen in Berlin
von mir hören? an mich denken?
solle das mich heimlich kränken? GöKt?«» 1,64;
du willst dich heimlich aus Karthago stehlen?
ScuiXKa Diäo 57, tgl. 63;
heimlich musz ich immer weinen,
aber freundlich kann ich scheinen. Göthe 1, 102;
heimlich in mein zimmerchen verschlossen, s. 79;
ich . . . winkle heimlich nieder,
nur mit der band. Voss 4, 245;
. heimlich im grausamen bunde verschworen.
H. Heise 15, 43 ;
aber nachts im thalesgrunde,
wandelts heimlich, wunderbar. 51 ;
dem könig wards heimlich im busen bang. 64.
mit äner praepos. verbunden: heimlich vor mir, und heimlich
vor dir, dam me, dam te est. Maaler 216';
denn fürst Anchises stahl von ihrer art,
und führte, heimlich vor Laomedou,
die Stuten vor. Bürger 161'.
heimlich thun, geheimnisroll thun, die absieht zu verbergen haben :
ich will nicht heimlich thun mit meinem Wohlgefallen,
das Siegel meiner königlichen gunst
soll hell und weit auf eurer stirne leuchten.
ScBrLLER Carlos 4, 12.
5) heimlich, in bezug auf das ohr, a) leise, still: wa? man
lud aus dem marstal, daj ging gar behent und haimlich zu.
d. ifarftecAr. 2, 306, 3 ; sagt zu seinem gesellen heimlich in ein
ohr. Wickram roWif. 12,10 A'iirj; sprichestu hie heimlich, mein
leser, was sol dise bildnus ..? Frask chron. 1536 1,156";
er schlich gar heimlich durch das haus.
B. Walbis EiOp i. ^1. T' :
hub an und sprach: fraw, seit ir da?
der mann antwort heimlich, sprach: ja! 82;
es führt ihn allmählich mit heimlichem tritt.
Bürger 33';
die heimliche laute (die bei vollem diore unhürbare). Mattbesos
kl. generalbaszschule 46.
b) aber auch nidit aussprechend, nicht ausdrücklich anerken-
nend: der von Rafenstein het etwo vill der mechtigisten
stett , die seiner bartei waren . in Flandern. ... die wollen
des beimbiich und on wort sein ; man nest aber ir meinung.
Wilw. V. Schaumb. 95.
6) heimlich für die erkenntnis, mystisch, allegorisch: heim-
liche bedeitung, mysticus, divinus, occultus, figuratus, quod in
se habet secretam occullaiionem intelligentiae. voe. ine. theut. i 3' ;
die heimliche Offenbarung Johannis, apocalypsis Stieler 67;
darumb zwingt dieser text, das eben dasselbige königreich,
welchs David hat leiblich und zeitlich gehabt, solle unter
diesem könige geistlich und ewig werden . . sihe so heimlich
und so gewalliglich beweiset die schrift, das alle menschen
müssen von todten auferstehen. Luther 3, 1S8"; diese weise
zu lehren, dasz man durch allegorien und Ireimliche deutung
der historien, die articul des glaubens den kindern und albern
erkläret Schüppics 840 ; gleichnüsse geben uns unsere flecken,
gebrechen und mängel heimlich zu erkennen. Bitschkt Palm.
932; den heimlichen sinn (der formet für die fehme). Inner-
MASif Münchh. 4, 57.
7) anders vt heimlich im folgenden, der erkenntnis entzogen,
unbeKuszt :
eine ranstat ist die well, drinnen fast ein jedes haus
heimlich doch, wo wisziich nicht, hat nnd heget einen Claus.
LoGAü 3, 16, 63 {der well thorheit).
nu ist das gewis und hat keinen zweivel, das solch bücblin
der könig selbs nicht hat gemacht, und sol ganz heimlich
sein, wer es habe gemacht, doch also das man den meister
greifen solle in seinen Worten , wer er sei. Lcther 3. 33o'.
8) heimlich, rersehtciegen : der gouch ist heimlich und kan
sin heimlicheit still halten und verbergen, es soll einer ein
künigreich hinder in legen und verbergen. Mcr:ver geuchmaU
925 Scheible. hieran rührt sächliches heimlich, im sinne von zu
verschweigendes, geheimnis:
von nun an, will ich. sei nichts heimliches
mehr unter uns. Schiller Carlot 5,11;
ein heimliches gesiebt, ein geheimnisvolles: und die schöne
Johanna sah mich an so seltsam, so heimlich, so räthsel-
hafl traulich, als gehörte sie selbst zu den märchen. wovon
sie eben erz3hlte. H. He!?ie 1,221;
mein herr, begann der schwager Matx
mit heimlichem gesiebt,
war mir beschert dort jener .schätz.
führ ich den herrn wohl nicht. Borger 24*.
dann aber ist heimlich auc/i verschlossen, undurchdringlich in
bezug auf erforschung: inmitt^st führte mich sowohl auf dem
schiffe als auch an andern orten dermaszen sparsam und
879
HEIMLICH — HEIMLICHKEIT
HEIMLICHKEIT
880
heimlich auf, dasz ein jeder glauben muszte, ich hätte nicht
10 gülden in meinem ganzen leben. Felsenb. 1,35; Oranien
sinnt nichts gutes, seine gedanken reichen in die ferne, er
ist heimlich, scheint alles anzunehmen, widerspricht nie, und
in tiefster ehrfurcht, mit grüszter vorsieht thut er was ihm
beliebt. Güthe 8, 1S5;
merkst du wohl? sie trauen uns niclit,
rürchtcn des Friedlanders heimlich gesteht.
Schiller Wullcnst. lager, 2. auflv.
9) die bedeutung des versleckten, gefährlichen, die in der vorigen
no. hervortritt, enltiickcll sich nocli treuer, so dasz heimlich den
sinn empfangt, den sonst unheimlich (gebildet nach heimlich
3,6 ^. S74) hat: mir ist zu Zeiten wie dem menschen, der
in nacht wandelt, und an gespcnster glaubt, jeder winkcl
ist ihm heimlich und schauerhaft. Kli.nger titealer 3, 298.
10) heimlich endlich {wie heimisch 5, sp. 873) hciszt iteim-
tückisch, boshaft:
vi] practicken und haimlich rhet
yebten sy manigfali. Soltau volksl. 363 (IQ.jahrh.).
abgeschwächter auch nur listig: was woltestu die uffschneider
vertragen, diesen oder jenen ctaminiren und heimlich fangen,
wo oder in welchem wirtshause er logiret gewesen , was
diese oder jenige Stadt vor ein sonderliches ken- und merk-
zeichen, wo man in die stad gicnge? Schuppius 547.
HEIMLICHEN , adv. im gdieimen , geheim ; heimlichen be-
griffen, surripere, latenter rapere, heimlichen dienen, submini-
slrare, subinferre. voc. ine. thcut. i3'; heimlichen schiffen oder
heimlichen uff dem wasser faren, subnavigare, occulle narigare.
das.; heimlich, verborgenlich , heimlichen, in gheim. Maa-
LER 216*.
HEIMLICHER, wi. geheimer ratgeber, geheimer rat, mhd. heim-
iichaere Lexer wb. 1, 1217 : unser lieben gelrüwen und heim-
licheren-und anderer frumer lüte gnug. Gersdorf cod. dipl.
Sax. 2,1,386, vgl. 389.416.420; Ernfrid von Seckendorff, der
unsers herren kunigs heimlicher was. d. städlechr. 3, 348, 13 ;
unser lieb heimlicher und rat. Schm. 2, 195 (wo/t 1365) ; heim-
licher, mitglieder des raihs zu Zürich zwisdien 1375 und 1395.
Blumtschii 1,337.
HEIMLICHKEIT, f, mhd. heimelicheit, heunlicheit, nach
dem adj. heimlich in mehrfacher bedeutung.
1) Vertraulichkeit, vertrautes Verhältnis (nacli heimlich 3, c, /9
sp. 874) : zu disem bobeste bette sant Jeronimus vil heime-
licheit. deutsche städtechron. 0,b20, 20; sant Arbogast und sant
Florencie ... die hettent vil heimelicheit und wonunge bi
den brüdern zu sant Thoraan iren landslüten. 728, 27.
2) Verborgenheit, verborgener ort: sinnigem, harmlosem volke
in der stillen, umfriedeten heimlichkeit seiner niedern berg-
und waldbütten. H.Heine 1,34;
in stiller heimlichkeit, umzieh mit engen schranken,
berncht eine andre lehr, und wohnt in den gedanken,
ihr folget, wer allein auf eigne weiszheit baut.
Ualler scliweii. ged. (1768) 56;
allein mit kühnem aug ins hciligthum zu blicken,
wo die natiir im werk, bemüht mit meistcrstücken,
bei dunkler heimlichkeit, der ewgen riclitschnur treu,
zu unserm rüthsel wird, und kunst ihr kommt nicht bei.
Lessimc 1, 175;
«ag an, wo du sie (die hraul) fandest, wo verbirgst,
in welches orts verschwiegner heimlichkeit?
Schiller 495* (braut v. Messma);
jetzt kein gedanke mehr, in scheuer heimlichkeit
des herzens glut der neugier zu entrücken,
der ehe heiiger name wird entweiht. Dido 32.
3) daher (vergl. heimlich 4, a am Schlüsse sp. 870) von den
geheimen orten am memchlichen kürper : die wurzcl zum z.lpfle
gemacht und in der weiber lieimlichkeitcn gcllian, zeucht
ihre gemeine flüsz heraus. Taiiernaem. 1025; ferner von leiden:
der kriechen waj'^er bringt den frawen ir hainilichait , diu
mensiruum hai7,t. Megenberg 342,14; — endlich auch vom
ablriU: cloaca ein heimlichkeit Dief. 128'; ein jode .. vel in
ein priveten oder heimlicheil. d. stddtccliron. 7,155,16; er ..
versichere sich, dasz mein gr. (gnädtger) lierr und Trau auch
das geringste, so ihnen zu dienst gcschihet, nil nnbclont
lassen, und solle ihnen einer nur auf die hviinlicbkcit mit
einem liccht vorgehen. Simpl. 3, 152 Kurz.
4) auch vom heimlichen gcncht : er eizlihltc, der fremde habe
die bcinilirhkeit droben am frcislublc in Unordnung gebracht.
ImiiaiiANM Munclili. 4,70.
6) heimlichkeit, geheimnii. dp mg. $tthl oft in colUcliveni
a) in allgetneiner bedeutung: damit sie (die procuratores) die
heimlichkeit der canzlei , den parlheien zu nachtheil , nicht
sehen oder erfahren, reform, des cammergcnctUs v. 1531, § 41 ;
das etwann durch tiunkcnhcit die heimlicbkeitcn, so billich
verschwiegen , offenbart werden, ivform. guter policei, Augsb.
1530, VIH, § 1; sei unverworren mit dem der heimligkeil offen-
bart. spr.Sal. 20,19; odenbar nicht eins andern heimligkeil.
25, 9 ; der künige und fürsten rat und heimligkeil sol man
verschweigen, aber goltes werk sol man herrlich preisen und
offenbaren. Tob. 12, 8;. (rffr herr) verstehet alle heimligkeil,
und ist im keine sache verborgen. Sir. 42,20; verriet den
feinden alle heimligkeil. 2 Jl/occ. 13, 21 ; herr ewiger gott, du
kennest alle heimligkeil. Shs. 42; ich wil meinen mund auf-
thun , und wil aussprechen die heimligkeil von anfang der
weit. Matlh. 13, 35 ; wem er mücht ctwan die heimlichkeit
sines herzens öffnen. Cvrillus n'; herr vertrawet mir was
ir vvölt, nur kein heimligkeil. Agricola spr.i'i*; (es) ist den
weibern wol heimlichkeit zu vcilrawen, dann sie verschweigen
alles was sie nicht wissen. Fischart groszm. Sfi; so du ein
heimlichkeit, die ich dir sagen werd, zu halten will schweren.
bienk. 113"; mancher erzehlcte dem andern seine heimlich-
keit. I'iiiLANDER 1(1642)122; die sich in alle bände! mischen,
alle heimlichkeiteil auszförschlcn. s. 141 ; weil er bereits vor-
längst meine heimlichkeit gewust und mich gleichsam in- und
auswendig gekanl. Simpl. \,i9i Kurz; du verräthst sonst unsre
heimlichkeit. Fr. MCller 3, 326 ; fürchten sie (die fische) grau-
same ahndung, wenn sie die heimlichkeiten des stillen wasser-
reiches verriethen? H.Heine 7,4S;
gib niir guten bscheidt,
doch sag im nit dein heimlichkeit.
WiCKBAM pilg. H2, bl. 26;
doch zu was end will hie mein mund
dir meine Unschuld und gefahren
und heimlichkeiten offenbaren,
wan dir schon vorhin alles kund? Weckherlin 55;
wer weisz so wol als ihr die heimligkeil der erden,
und alle lügenden, die hier gefunden werden? Opitz 1,134;
nichts kleines war es, solche heimlichkeit
verhüllt zu tragen diese hingen jähre,
den mann zu täuschen.
ScHn-LKR 508 (braut von ilessina);
du weiszt nun meine heimlichkeit,
so halte den mund und sei gescheit!
CuAMisso ijcd. 202;
von den geheimnissen des freigericMs: so bleibt alles in der
heimlichkeit, Immerhann Münddi. 4,14; welche Versicherung
begehrt ihr von mir, dasz ich eure heimlichkeit nicht aus-
bringe? 62; wer dergleichen absonderliche heimlichkeit er-
fuhr, der verräth sie auch an seinen freund. 63.
b) in erhabenem sinne, von den gclieitnnissen gotlcs , des ge-
wissens, der natur: seine gericht und heimlicheil hall er (gott)
inen nil geüffnel. Keisersberg /)o$/(7/ (1522) 2, 7t'; deszhalben
zimt es sich gar nit, dasz wir in sölichen dingen die heim-
ligkeil goltes urleilen wellend und richten. Zwincli 1,I3I;
frowe, wissest das der engel Gabriel dicke mit mir redet und
das ich von sinre schöne erschricke und vcrzuckel wurde
also lange, bitz er mir sine heimelicheit gescit. d. städlechron.
0,533,27;
kein phnntasey soll haben stall
zu gründen goltes haimligkait.
ir dief und hoch ist ungesnit. Schwarzenberg 1.')5';
wer gottos heimligkeil
vcrmcssentlich erforscht, der segelt gar zu weit,
und schifl't in einer sec, durch die er nicht kan kommen.
OriT/ H, 322;
nu aber herzog Georg auch sich unicrslehet, die heimligkeil
des gewissens zu erforschen. Luther 0,4'; sie aber faren
daher, und forschen auch die heimligkeil der herzen und
gewissen. 12'; die heimlichkeit der natur hat an ir dasz sie
gegen seinem lleisch und blut mit liobc beweget wirf. b. d.
liebe 221*; wenn wir uns alle ihrer (der natur) heimligkeilen
kundig und versichert bediinkeu lassen , so hat dennoch
diese grosze künstlerin vil meistcrsireichc für sich behalten,
die sie niclit entdeckt, [{itscuky l'alm. 57«; es gab zu allen
Zeiten eine hcimlirhkeil der well, mehr wcrlh in höhe und
tiefe der Weisheit und liisl, als alles, was in der geschicbto
laut geworden. Arnim knmw. 1,7;
und nich hat ewrct fleiiic« »pur
der hcinilichkriirn der notiir.
di« jnmnhl wdrdlglirh vermeiirri,
gcwchrct bald, und ganz orklilret. Wecuhrrmi 547.
c) aber auch umgekehrt, heimlichkeil ul weniger als gelieimnix ;
Lessinc definiert den unlerichied: Falk, man hat lange genug
881
HEDILICHKEIT — HEIMSCHNAT
HEIMSELIGREIT — HEIMSICHE
882
aus heimlichkeiten das geheimnis gemacht. Ernst, wie ver-
stehst du das? F. das gelieimnis der freimaurerei .. ist das,
was der freimaurer nicht über seine lippen bringen kann,
wenn es auch möglich wäre, dasz er es wollte, aber heim-
liehkeiten sind dinge, die sich wohl sagen lassen, und die
man nur zu gewissen zeiten , in gewissen ländern , theils
aus neid verhehlte, theils aus furcht verbisz, theils aus klug-
heit verschwieg. 10,292. in diesem sinne die folgende stelle:
sie ifürsten) schonen des mannes, der um ihre heimlichkeiten
weisz, nur so lange, als sie seiner unumgänglich bedürfen.
KüiGCE umg. m. menschen 3, II.
5) heimlichkeit, leises, geräuschloses wesen {nach heimlich 5
sp. 87S): als schon die dammerung hereinbrach, und die
bunten waldlieder allmählig verstummten und die bäume
immer ernsthafter rauschten, eine erhabene heimlichkeit und
innige feier zog, wie der ödem gottes, durch die verklärte
stille. H.Heise 2,328.
6) heimlichkeit (nach heimlich 6 sp. S'S), viysterium, ge-
heimer sinn, geheime bedeulung: heimlichkeit mysterium voc.
tnc. Iheut. i3'; die hohe haimlichait der reden und Wörter
die sie heiszent cabala. Recchüs augensp. l'; ist es euch
genehm und zum behagen, dasz mein eidam . . wissend ge-
macht werde auf rother offener erde, fahe losung und heim-
lichkeit, wie kaiser Carolus gesetzt zu seiner zeit? Iuxebmann
Münchh. 4, 56 {nachher den heimlichen sinn. 57) ;
die heimlichkeit der träum verstobn. H. Sachs 4,2,42'.
") heimlichkeit (nach heimlich 8), geheimhaüung, verschicie-
genheH :
zu meiner zeit
beflisz man sich der heimlichkeit.
genosz der Jüngling ein vergnügen,
so war er dankbar und verschwiegen. Hagedor!« 3, "2.
8) aber auch nur heimlichlhuerei, geheimniskrämerei : man zeigt
natürlich allen fremden noch mit vieler heimlichkeit das
fenster, wo die verschworenen . . . lauerten. Seüme mein
Sommer 126; der (baron) musz es doch vor allen dingen
wissen und die heimlichkeit und das gepuschele unter der
band gefällt gnädigem fräulein nicht mehr. Imxerma.nn Münchh.
3, 149.
HEI.MLICHS, adv.: da kam herzog Ludwig der schwarz,
erstig vor tags heimlichs die statt. S. Franc chronica 209*.
HEIMLICHSELIG, adj. ; menschen . . welche mit mehr als
einer dinte schreiben, sind heimlich-selige käuze und finden
bei jeder einkehr in sich schon den tisch gedeckt und lustige
gesellschaft. J. Padl leben Fibels 81.
HEIMLICHTCCKISCH, adj. : heimlich-tückische, böse leute,
Bltschky Palm. 811.
HEIMLISTIGKEIT, (.: da einer das weibliche geschlecht
wegen ihrer lieblichkeit lobete, der ander wegen ihrer heim-
listigkeit tadelte. Philander 2 (1643) 290.
HEIMLOS , adj. ohne haus und heim : sie hatte bei an-
gehndem winter soviel heimlose kinder aufgegriffen, dasz sie
um herbeischaffung so vielen kostgelds in groszem kummer
war. Hermes Soph. reise 6,37. auclt in elicas anderem sinne:
in den unbekannten wegen eines heimlosen forstes (d.h. in
dem kein haus anzutreffen). Dya A'a Sore 1,213.
HEIMMEIER, m. Vorsteher einer gemeinde, dorfmeier : die
gemein mit irem heinmeiger. tieislh. 2, 51.
UEI.MMUCKEL, n.: gryllus, heimenmuck, grill, heimmuckeL
Goi.ii onomast. (1582) 306. vergl. unter heimchen.
HEIMRATH, «j. geschworene des deichgerichUs im cleveschen.
Haltaus 866.
HEIMREISE, f. üio domum:
diu Hilden heimreise mit Hctelen geschach. Gudr. M", 1 ;
welch vergnügen dann am abend meiner heerde auf meinem
hörn zur heimreise zu blasen ! a. m. im Tockenb. 29.
HEIMRICH, wi. für heimburge, s.d.
HEIMHITT, f». equitatio domum.
HEIMRUFLNG, f. vocaiio domum:
die heimrufung der
verbannten freunde. Shakesp. Macbeth 5, 7.
HEIMRUTHE, f. viasz für die breite einer dorfstrasze: item
hait der scheffen gewiset, das die heynrude sechzehen bchuwe
lang sin sal. weiüh. 2,33.
HEIMS, s. heim sp. 856, und heimisch 1, sp. 872.
HEI.MSCHAR, /■. in Niederdeutschland, bezirk einer dorfschaft.
HEIMSCH.NAT, f: heimschnat ist insgemein in der ge-
meinen mark ein strich, welcher zwar zur Viehweide allen
iv. 1,,
genossen offen ist, zum plaggenmalt aber einem dorfe oder
einer bauerschaft allein gehöret. Moser osn. gesch. 1, 20.
HEI.MSELIGKEIT , /. ; weiche paradisische heimseligkeit I
Tieck j. tischt. 2, 108.
HEIMSEiS' , verb. nach hause führen , heim bringen, in der
form schwankend ; ein mhd. heimsen heimbringen, an sieh nehmen
ueisl Le-XEr wb. 1, 1220 auf; Schm. 1, 198 scJireibt haimszen,
einhaimszen heimführen, heimbringen, feldfrüchle, ernte; ander-
tcett wird der sibilant verbreitert, vgl. einheimschen 3,198; ein
jeder . . die solche weg, ir gut zu heimschen fürnemmen (es
ist von der einbringung ton feldfrüchien die rede). JIo.ie zeitschr.
f. d. gesch. des Oberrheins 3, 185 ; beheimschen und zueigenen.
ScHOTTEL 624'; Stieler gibt auch heimischen me.-isem facere,
fruges succidere neben einheimsen colligere, percipere fruges 820.
heimszen entspricht altn. heimta fordern, holen, schwed. hemta,
während zu heimsen und seiner Verbreiterung heimschen ein von
Aasen beigd)racJUes norweg. hemsa neben hemta beeren sammeln
stimmt :
. . . die goldbamstere, die viel zusammen beimsea.
v. BiSEE}« (jed. 166;
wann die heisere cicade
zu der beiszeu arbeit mahnt,
heimst der sommer seine scbwade,
weil er schon den winter ahuu Rücxeit 242.
HEIMSEX, m. s. beimzen.
HEI.MSIGEX, rerb. refl. sich nach hause begeben, eine bildung
vom adv. heims sp. 856 : da bettend sy dasmahls lassen fragen,
sindemahls niemandt käme, wie sy doch hinfüio sich halten
sollten, damit sy recht und nicht unrecht thäten ..? wurde
inen befohlen und gehaiszen, dasz sy sich haimsigen sollten,
und ihr allmendt innhaben, nuzen und nieszen hin als her.
weislh. 1, 39S (Schwarzwald, von 1487).
HEIMSTÄTTE, f. das eigene haus, überhaupt das haus in
welchem man wohnungsberechtigt ist. auch übertragen: die Uni-
versität, eine heimstätte wahrer bildung.
HEIMSTELLU.NG, f. deditio. Stieler 2147: oberwehnte unter-
thänigste heimstellung. abschied des reidisl. zu Augsburg 1548,
§ 28 ; in kraft hochgedachter römischer kaiserlichen mayestat
uns gegebener vollmacht und heimstellung. reichsrecess v. 1555
bei H. A Lapide diss. de rat. stat. 68 ; also sollen wir auch
vom compromiss sagen, und wissen doch auch nit, ob wirs zu
einer heinistellung oder hindergaug bei Jesu bringen können,
dann einmahl ist wahr, dasz er es unsern teufein keinem zu
gefallen thue. Ayrer proc. 3, 1, s. 697.
HEIMSTEL'ER. f. aussleuer, mitgift, mhd. heimstiare, hein-
stiure. Lexeb wb. 1,1220: heimstür, so das weih zum mann
bringt , dos. Maaler 217* ; Abraham aber gab all sein guot
Isaac. aber den kindern, die er von den kebsweibern hatte,
gab er heimsteur, und liesz sie von seinem sun Isaac ziehen
Züricher bibel 1530 13* (l .Mos. 2ö, 6 ; Luther: geschenke, vulg.
munera); schenket es von stund an der juukfrawen (braut)
zu einer heimsteuer. Kirchhof wendunm. 29*; bracht alles
was im sein vatter zur heimsteur geben hatte mit frischem
inut und guten gesellen durch. I7ü*; mit verheiszung einer
reichlichen heimsteur. Wickram roUw. 16, 26 Kurz; die selbigen
(zwei Schwestern) bat mein vatter selig allein darumb in das
kloster getban , das ich mein stat dester bas mag erhalten,
sunst hett er in vil zur heimsteur geben müssen. 145,6;
seiner hauszfrauen zugebrachte heimsteuwer. Frankfurter ref.
11,19, §5; was das vor eiuer sein müste, so der Esther als
einer abtrünnigen Jüdin gelt ... zu ihrer heimsteuer geben
würde? Simpl. 4,143 Kurz; das burggrafthum Altenburg, das
der keiser Fridericus II seiner tochter zur heimsteuer gegeben.
Hahns At^. (1742) 5,148;
das leiiach ist je sein heimstewr.
H. Sacbs 3, 3, 83'.
HEIMSTEüERRÜHMIG, adj.: (äne gute frau) ist nit räsz-
züngig, . . . heimsteurruhmig. Garg. 75*.
HEIMSTRASZE, f. slrasze, weg nach hause:
die stett mit iren geuoszen
körten uf die bcimsiroszeii. Lemz Scliwabenkrieg 53'.
HEIMSTRAUCH, m. oxymt/rsine, myrtus acuta. Alb.
HEIMSUCHE, f. eindringen in ein Itaus in friedbrecherischer
absieht (s.sp. 848, «o. 5,a): daj ir irkennen soll, welche sachin
peinlichin sein, dy sint deube, roup, mort, mortbrant, ...
heimsuche. Magdd>.blume i,lbl; tut yinant den anderen unge-
richtc mit heimsuche. 2,2,275; drü ding, das sint flieszend
wnden, dieb und heimsuchen, du sol ein vogt richten, weislh.
1, 307 (Schwarzwald, 15. jahrh.) ; swer in der stat ze Gewiler
5G
883
HEIMSUCHEN — HEIMWÄRTS
HEIMWEG — HEIMZEN
884
{Gebweikr) . . die heinsücUe tuut oder den pluolschlag tuot
äne den tod, der het des aptz von Murbach uuhuld beschul-
diget. 5, 344 (r. 1310) ; dise pöge sol halbe werden der slat
und halbe jenem {dem bcscliädiglen) für die haimsuche. Nürnb.
polizeiordn. 37.
HEIMSUCHEN, verb. s. unter heim sp. 857.
HEIMSUCHEN, n. besuchen, aufsuchen im eigenen hause:
scbaw, mein herr, ob ain sollichs gnugsam sei für das erst
haimsuchen. Wirsüng Calixtus (1520) Hiij'; aber lassen wir
die red, wann es spat ist, und sag mir die ursach deines
haimsuchens. Jiiij'.
HEIMSUCHER, «i. invisens, visitans, visüator. Stieler 2236.
mhd. heirasuocher, verletzer des Hausfriedens, wb. 2, 2, 12'.
HEIMSUCHT, f. heimweh: seine äugen waren roth und
feucht von den quälen der heimsucht. J.Paul uns. löge \, 49.
HEIMSUCHT, f. invasio violetUa, irruptio in aedes altcujus
cum armis. Stieleb 2235.
HEIMSUCHUNG, f. nach den verschiedenen bedetUungen von
heim suchen,
1) besuch: heimsuchung, congressus , visitalio Maaler 217*;
heimsuchung visitalio Stieler 2235 ; das fest der heimsuchung
der Jungfrau Maria, da sie die Elisabeth besuchet. Kirsch
cornuc; bedankte mich aber der treuherzigen heimsuchung.
.\bele künstl. unordn. vorr. s. 4.
2) von gott [nach heim suchen sp.Söl) in gnädigem, freund-
lichem sinne: gottes gnädige heimsuchung. Bütschky Palm. 221.
3) öfter heimsuchung besuch des strafenden gottes, so dasz
das wort geradezu in die bedeulung strafe, Strafgericht übergehl:
was wolt ir Ihun am tage der heimsuchunge und des Un-
glücks, das von ferne kompt? Jes. 10,3; ich wil Unglück
über sie komen lassen, das jar irer heimsuchung. Jer, 23,12;
der tag ires unfals wird über sie komen, nemlicb, die zeit
irer heimsuchung. 46, 21 ; sihe, du stolzer, ich wil an dich,
spricht der herr herr Zebaoth, denn dein tag ist komen, die
zeit deiner heimsuchung. 50,31; laszt erzu komen, die heim-
suchung der stad, und ein jglicher habe ein mürdlich woffen
in seiner band. Hes. 9, 1 ; ob sie sich dann nicht der gött-
lichen heimsuchung fürchteten, maulaffe Hl; die fürchterlichen
Werkzeuge der heimsuchung des menschlichen geschlechls.
Käst 9, 27 ; zweitens müssen die irrthümer, mit deren iieim-
suchung ich (der teufet) mich befassen soll, ganz unerheblich
sein, einen atheisten . . feind ich niemals au. J. Paul aus-
wahl aus d. teufeis pap. 2, l.
4) heimsuchung, eindringen in ein haus als friedensbrecher.
Haltaüs 868 ; von clage wider den , der heimsuchunge tut
an eines mannes leib und gut. Magdeb. blume i, 57.
HEIMTKAGER, m.: gleichfals ist auch nicht unwissend,
dasz diejenigen weidlich bei denen bauren herhalten müssen,
die es mit dem pfarrer halten, den solchen geben sie aller-
hand schandnahmen , heiszen sie verräther, dankverdiener,
fuchsschwänzer, heimtrager u. d. g. baurenst. lastej-pr. 46.
HEI.MTÜCKE, f. heimliche, bösartige hinterlisl : die scholiasten
regten sich mit besondrer heimtücke dawider, die nachrichl
von ihren damaligen ranken füllt viele blätler der Jahrbücher.
Klopstock 12,42; sie fechten mit erbitterung, mit heimtücke,
mit Verzweiflung. Schiller 1002.
HEIMTÜCKER, m. : derjenige, der körperkraft, wenn sie
auch noch so gering ist, besitzt, ist wenigstens selten ein
heimtücker. novellcnzeüung 1866, s. 598.
HEIMTÜCKISCH, adj. und adv., subdolus, subdole, fallaciter.
Stieler 2348; so wiszl ihr nun, das er nichts hielt auf die
heimdückische gestolene, nachtdiebische kitzelfreud, da sich
einer in dachmarter und gespensl verstellen musz. Gorg. 63";
also bracht er beimduckisch mit seim supponieren und abs-
irahirn, den blunder heim. 158*; der mann gefällt mir nicht,
— er hat so was heimtückisches in den augcn ! Wieland 8, 284 ;
die pest über dich, schwarzer heimtückischer beuchter!
Schiller Fmko 4, 13.
HEIMÜBEL, n. gryllut: leimen, so gleich nach dem new-
mond gegraben und in die gebüw , . verbraucht wird, erzeuget
grillen oder hcimübel. Simpl. calender 84. das worl ul verderbt
aut hcimuiuckcl sp. 881, vgl. weiteres unter beimchen sji. 868.
HKIMIJT, I. heimat.
HKIMVIEH, n. vieh welches nichl auf die alpenweide kommt.
ScHN i. lo:t.
HEIM\V.\HTS, adv. dotnum versus; ahd. heimwartes, heiin-
ortc», und ohne genilivtetclun heiiiiort {üHKry 4,951.050); mhd.
heimwart, beiinwert: der Leiter auch beimwerls gen Paris
keret. Aimon bog. c; im beimwerls reiten, bog. h; gingenl
wider beimwerls. bog. F; damit zog er wider sein slrasz
beimwertz zu. Wickbam rollw. 9, 16 Kurz; zog er zu fusz über
feld beimwertz. 47, 23 ; da ich heimwärts gieng. Simpl. 4, 31
Kurz;
und heimwärts schlägt der sanfte Fried ensmarsch.
Scuillgr Pic.cot. 1, 4 ;
die vorm ihorc
werden schleunig heimwärts tanzen.
Scueffel trompeter 175.
HEIMWEG, m. weg nach hause, mhd. heimwec: es waren
ihm aber ein paar knotten ... in die schuhe gefallen , die
drückten ihn auf dem heimweg. Grimm deutsche sagen «o. 10.
HEI.MWEH , n. desiderium patriae, von Steinbach 2, 957
zuerst aufgeführt, er hatte das worl wol aus Scheuchzers selt-
samer nalurgeschichten des Schweizerlandes wöchentliche erzehlung,
einem auch in Deutschland viel gelesenen Journale, kennen gelernt,
wo in no. 15, s. 57 vom 20. mai 1705 unter dem tilel von dem
heimwehe diese 'uns Schweizeren besondere krankheit' be-
schrieben und mittel zur heilung deiselben vorgeschlagen wurden,
das wort hat sich rasch in der schrißsprache eingebürgert: doch
ists mir als hält ich eine art heimweh. Claudius 1 «. 2, s.x;
ich bin nachtwächter und astronom hier geworden, um nur
die Stadt bei tage nicht zu sehen , zu der mich das heim-
weh zurücktrieb; ich kann dir versichern, ich habe ordent-
lich oft wieder eine art von hinausweh empfunden. Brentano
die tust, musikanten 30; das gefühl, das sie für heimweh nach
der katholischen mutterkirche hielten. H. Heine 5,230; da
lernen wir leute kennen , welche bei unruhigen zeiten zu-
nächst ihre einnahmen, dann auch ihre stellen verlieren . .
andere, welche pfründen annehmen und in melancholischem
heimweh nach der früheren freiheit dahin siechen. J. Burck-
hardt cultur der renaissance (1869) 217 ;
und wenn endlich doch das heimweh nach dem himmel
dich besiegt, so nimm aus diesem weltgeiummel,
nimm uns, wenn du aufUiegst, alle mit! Wieland 9,172;
das röslein, das du mir geschickt,
von deiner lieben hand geptlückt,
es lebte kaum zum abendroth,
das heimweh gab ihm Irühcn tod. Uhlano ged. 114;
es ging mir äuszerlich ziemlich gut (in Frankreich),
doch innerlich war ich beklommen,
und die bcklemmung täglich wuchs —
ich hatte das heimweh bekommen. H. Heine 17, 196.
HEIM WEIDE, f. weide in der nächsten dorfßur; gegensatz zu
alpenweide. Schm. 2, 193.
HEIMWESEN, ii. l) hauswesen, wohnung, «lAd. heimwesen :
heimwesen, mansio, habitaculum, domus voc. ine. tlieut. i3";
das heimwäsen, stäte wonung, domicilium Maaler 217'; {die
geschworenen boten sollen) die gerichtsbrief der jenigen, die
sie berühren . . in ihr gewöhnliche behausung oder heim-
wesen . . getrewlich einantworten, cammergerichtsordnung von
1521, XVIII §1; sind züchtig und blybend in üwren klösteren,
bis dasz ir . . . eerbre heimwesen und wonungen mögend
haben. Zwingli 2, 382 ; er nimmt zum maasstab seinen erlös
aus dem verbesserten heimwesen. J. Gotthelf schuldenb. 19;
Laura richtete sich ihr kleines heimwesen zu einem feen-
schlosz ein. Frevtac handschr. 1,41.
2) auch nur unlerkunß, herberge: zu demselbigen kam ains-
mals ain pulvermacher und schütz . . het hievor vil haim-
wesens bei iine gesucht. Zimmer, chron. 2, 594, 5.
HEIMWISE, f.: do mich nieman kent, do ich keinen
fründ noch kein heiinwise habe, noch kein blybende stat.
Keisersberg bilg. 168*. das wort ist verderbt aus ahd. heim
wist domicilium Gbaff 1, 1062 ; mhd. heimwist und heinwisl
Lexer wb. 1. 1222.
HEIMWOHNUNG, f. domicilium, scdes domeslica. Haltaus 871
(t'o»i 1516); weiter gibt den immen die natur, dasz sie ihre
spcisz auch tragen gedewt in ihre heimwonung. Paracelsos
opp. 1, 1067*.
HEIMZAHLUNG, f rückiahlung: oft sind mit den staats-
papieren lütlcrien verbunden, um die rinsen oder auch die
heim/ahlungen danach zu bestimmen. Huco encyclop. 1835 s. 202.
HEIMZEN, ni. obersaclmsches gelreidemas: , niederd. himten
(.?. (f.): nach dem so genannten allen oder Leipziger maa»
hält ein srheffel vier sip-maas oder viertel . . ein heimbzen
ist ein halber scheffel. öcon. lex. (1731) 1407; nach Adelln«;
werden 5 heimzcn für 4 Dresdener scheffel gcrcchnei. fi <'"
form heimsen :
ein haibor hoiroien körn war meinoi rater» bro.li
llüiNia poal. handbuch U^'-') >''>
885
HEIMZU — HEIN
HEIN— HEEVRICH
886
HEIMZU, adv. heimwärts, nach hause, trie heimhin, oben
sp. 871 :
bisz das der abend herein trung,
das ider f'rolich heimzu guns.
FisCHARi gluckh. schiff 1132,
vergl. wir wollen heime zu. Garg. 93*.
HEIMZUG, m. zug nach hause, heimreise, heimfahrt: so ists
mit dieses königs reise, und wider heimzuge, gangen. 2 Macc.
13,26; kauften sy umb yren sold am heimzug eitel wein
und w eiber. Frank wellb. 6S'; im heimzug (des kreuzfahrer-
heers). chron. 1538 146';
man must auf sein begehren
ihm eilend fünfmal zehn der edelsten gewehren,
den er, nach dem sie sich aufs euszerste verpDich!,
den heimzug stracks erlaubt. A. Grtphius 1698 1, 144;
laszt mit jauchzen-vollem lachen
uns des heimzugs anfang machen. 147;
alle nicht, die wieder kehren,
mögen sich des heimzugs freun.
Schiller 53* (siegesfesl).
HEIN, interj.:
halt ich wil dir dein maul verstecken,
hain, hain hain hain, wer dich du schalt,
ich wil dir blewen deinen balk. H.Sachs 3,3,8';
hein ! ists nit gnue, dasz mer enk weisn thuet, wie es machen
mueszt. Schwabe tinlenf.ll; auch fragend: hein, wer hat ein-
ander übern gänsztreck gführt, wir die Leipziger oder die
Leipziger uns? 5.17; hein, sehn dan die kerl auch wie andre
menschen aus? 51; in der erweiterten form heinz: heinz, habt
es nit in zeitungsblädeln .. glesn? 15; heinz, mögt ein oder
der ander sagn , von dem lintnfassl kriegt mer itze schon
die vierdt proportion, und dennester ists noch alleweil voll-
eiugschankt. 53. s. unten das verbum heinen.
HEIN, n». tri der formet freund Hein, der lad, seit der 2. hälpe
des vorigen Jahrhunderts aufgekommen.
Hein ist kürzung von Heine (s. d.), neben Heinz und Hinz
einer hypocoristischen form von Heinrich, wie ähnlich Johannes
in Hannes, Hans zurück gieng. beide verglichene namen haben
auch das mit einander gemein, dasz sie ungemein häufig erscheinen,
in folge dessen ihre schärfe als eigennamen verlieren und mehr
allgemein als bezeichnung männlicher personen angewendet werden,
deren eigentlichen namen man niclU kennt oder nennen will; wie
durch Hans und Kunz gröszere gruppen alltäglicher menschen
characterisiert werden (sp. 456), so in ganz gleicher weise auch
durch Heinz und Kunz, Hinz und Kunz; Heinz, Hinz sagen
dasselbe aus wie etwa Dingsda (theil 2, 1177), und in ebender-
selben allgemeinen bedeiäung braucht Hagedor.n auch die andere
koseform Hein :
mein! sage mir, warum die fürsten fechten?
fragt Görgel den gevatter Hein.
der lacht und spricht: wenn sie, wie wir gedächten;
sie stellten alle händel ein.
wenn sie, wie wir, nur oft zusammen zechten;
sie würden freund und brüder sein. 3,47.
Heinrich und seine koseformen treten nun auch als namen für
solche gefürchtete wesen ein , deren eigentlichen namen man zu
nennen sich scheut, gerade wie Hans für teufet, tod, wolf und
henker verwendet wird (sp. 458). Heinrich , Heinz sind kobold-
namen. Grijim mythol. 471; Hein für den teufet. Lexer 1,1222
(aus bruder Hans Marienliedern) ; er sihet eben als hab er holz-
öpfel gessen, .. wie Henn der teufel. Agr. spr. (1560)322";
und so mochte auch Hein für den tod in I^iederdeulscldand,
namentlich um Hamburg, wo ohnedem die koseform Hein für
Heinrich sehr im schwänge gieng (vergl. Laürembergs Lappen-
berg 138, 95. 99. 139, 117) eine volksmdszige bezeichnung sein, die
Claudios in seinen werken anwendete, mit worten, die auf eine
entlehnung vom volke hinzudeuten scheinen : die alten solln ihn
(den tod) anders gebildet haben ... s ist das wirklich ein
gutes bild vom Hain ; bin aber doch lieber beim knochen-
mann geblieben, so steht er in unsrer kirch, und so hab
ichn mir immer von klein auf vorgestellt dasz er aufm kirch-
hof über die gräber hinschreite, wenn eins von uns kindern
s abends zusammenschauern that, und die mutier denn sagte:
der tod sei übers grab gangen, werke l «. 2, xii (von 1774).
die seitgenossen nahmen Claudius als erftnder des Wortes : bei der
armuth der teulschen spräche an synonymischen ausdrücken
für das allegorische ideal des todes, hat sich der Verfasser
erlaubt, die jokose benennung von freund Hein, die der er-
findsame Asmus bekanntermaszen, nicht eben als ein Schau-
stück, sondern nur als eine bequeme Scheidemünze oder
wohl gar als nothmünze ausgeprägt hat, und die schon hin
und wieder vor voll angenommen wird . . auch seines orts
in Umlauf zu sezen : denn er gestehet gern und willig, dasz
dieser ausdruck ihm ein wahrer gewinn und bei gegenwärtiger
arbeit ganz unentbehrlich gewesen ist. MusÄcs in der vor-
rede zu freund Heins erscheinungen in Holbeins manier von J. R.
Schellenberg (Winterthur 1785) s. 6. trenn Lessing den aus-
druck schon im jähre 1778 in einem briefe an Claudius braucht:
bei gott, lieber Claudius, freund Hein fängt auch unter
meinen freunden an, die oberstelle zu gewinnen. 12, 505, so
will er gewis dem einführer desselben in die scliripsprache nur
andeuten, welches gefallen auch er. Lessing, daran habe; bald
aber ist der ausdruck populär geworden : bis mir freund Hain
sein allgütiges nichtweiter zuruft. RCdiger neuester Zuwachs 1
(1782) 2 ; da wäre ihnen der abruf freund Hains dazwischen
gekommen. 4 (1785) 5; wir sagen das nicht um des armen
Schelms willen, denn freund Hain hat ihn bereits weggesichelt.
Siegfr. v. Lindenberg (1783) 3, 66 ; der freund Hain sitzt auf
seinem pürschwagen. J. Paul Tit. 2,106; die kunst gelassen
und weise zu sterben, du weiszt, dasz ich den freund Hain
niemals gesucht habe. Schleiermacher briefe 4,42;
und dasz, wenn endlich spät die allgemeine pause
für ihn beginnt, freund Haio ihm sanft die kolbe lause.
Gotter 3, Lxxrv;
da flucht ich den weibern und reichen halunken,
und mischte mir teufelskraut in den wein,
und hab mit dem tode schmollis getrunken,
der sprach : flducit, ich heisze freund Hein I
H. Heise 15, 37.
HEIN für hin, s. das letztere.
HEINACHT, adv. diese nacht, mhd. hinaht, ahd. hinaht, ent-
standen aus einer alten accusativform hia naht hanc noclem, vgL
gramm. 3, 139; Schweiz, hinecht, hienacht Tobler 268*; in
andern mundarten zu heint und hint (s. d.) herabgesunken.
heinacht weist
1) auf gegenwärtige zeit:
das fräwlin gund erseüfzen ser,
mit wainen sy da sprach :
nu hebt sich heinnacht alles wee,
meins herzen ungemach. Hdlzterin s. 10*, 11,21.
2) auf die nächste Vergangenheit: heinacht tat ich . . . die
pforl auf. Aimon bog. V ;
wir danken dir, du höchstes gflt,
das du uns heinacht hast behät.
das gros kircliengesangbuch (Slrastb. 1560) 241.
3) auf die zukunfl: nement ewer ruwe noch heinacht, und
morgen wollen wir streiten. Aimon bog. Biiij; darumbbedunkt
mich gut sein dasz wir noch heinacht zu Parisz benachtend.
bog. Rij;
wir wellen heinacht von hinnan nit schaiden.
fastn. sp. 4>3, 27.
4) pleonastisch : heinacht abends. Schertlix br. 70. 71 ; wie
sclion mhd.: ir werdent alle noch hinaht an dirre naht an
mir ergerunge lidende und dultende. Mone schausp. des mittel-
allers 1, 63.
HEINDIG, s. heintig.
HEINE, ni. koseform für Heinrich, in der allgemeinen bedeu-
tung kerl, bursch verwendet (vergl. die ausführungen bei Hein
o6eri) : iren lieben pfetterman künig Heinrich , welcher wol
hat ein groszer Haine müssen werden. Garg. 110*.
HEINEN, verb. weinen, pfälzisch und schwäbisch. Schmid270;
ftaiV. hüenen, hienen, hinnen Schm. 2,202; von hunden fietilen :
die wilden schwein die hört wir greinen,
die hund peilen, bellen und heinen.
H. Sachs 1 (1590) 313'.
HEINEN , verb. aus hegenen , einer erweilerung von hegen,
schützen, hüten?:
wird eim ein predicatur beschert,
so musz er heinen ir gefert.
Schade sat. ti. pasqu, 1, 29, 94.
HEININGSAPFEL, m. eine apfelart, säuerlich von geschmack.
.Nemnich.
HEINRICH, m. der eigenname wird mit adjectivischen beisdtzen
verschieden verwendet.
1) als bezeichnung von personen, in der allgemeinen bedeutung
mensch, bursch (wie Hans sp. 456) : so niederd. knökern Hinrek
ein magerer mensch, isern Hinnerk ein starker muthiger mensch,
holten Hinrek klotziger mensch. Schütze 2,139.140; im Oster-
lande ein sanfter Heinrich, ein gutmüthiger, sich viel gefallen
lassender mensch.
56*
8S7
HEINRICH — HEINT
HEINT
2) ah ppanzenname. es hl das zu erklären 'aus den Vor-
stellungen von elben und kobolden, die gern Heinz oder Heinrich
heiszen , was hernach auf teufet und hexen tibergieng. solchen
dämonischen wesen sclnrieb man die heiikrafl des krqules zu.'
Grixx mythol. UM.
0) groszer Heinrich, inula helenium, alantwurz. Nemnich
3, 242.
b) guter Heinrich, chenopodiuni bonus Henricus, der gemeine
gänsefusz. 2,1014; der wilde und auch niderigwachsende giiter-
heinrich. Sebiz feldb. 457 ; der gute oder stolze Heinrich,
sonsten auch schmieriger mangolt oder schmerbel genannt,
öcon. /er. (1731) 992; in der Schweiz der heinerli Stalder 2,35;
verderbt die lieimele. 34. auch chenofmiium vulvaria, stinkender
gänsefusz, schamkraut, heiszt so: atriplcx canina vel faetida, gut
Heinrich, stolz Heinrich, kiihwurz. Alb. CC4'; ferner der Sauer-
ampfer: rumex heist auch der gut Heinrich. FF 3*.
f) stolzer Heinrich, chenopodiuni bonus Henricus und chenop.
vulvaria. s. unter b; ferner senecio vulgaris, kreuzwurz. Nemnich.
d) böser Heinrich , orobanchc major, erbsenwürgei', Sommer-
wurz. INemnich 4, 796 ; zum unterschied des büsen Heinrichs,
welches ein schädlich kraut ist , und von den bauren die
böse blume geheiszen wird. Ocon. lex. 992.
e) rother Heinrich, wildei- Sauerampfer, niederd. roen Hinrik.
Fromm. 5, 147.
f) wilder Heinrich, phxjteuma spicala, rapunzel. schweizerisch
wilde heimele. Stai.der 2,34.
3) fauler Heinrich, name eines destillierofens : einen faulen
Heinrich oder Heinzen ; ist eine sonderliche art eines destil-
lierofens, da mit einem feuer unterschiedliche wärme in be-
liebigem maas kan erbalten werden, öcon. lex. 390. s. unten
Heinz.
4) stolzer Heinrich , nd. stolten Hinrik heiszt ein mit einer
fhllung zugerichteter yänsehals; auch eine grosze bhUwurst. Schiller
zum meklenb. Ihier- u. kräuterb. 2, 32*.
5) sanfter Heinrich , im Oslerlande ein in weicliem rhythmus
dahin gleitender tanz, namentlich ein langsamer walzcr. einen
sanften Heinrich aufspielen lassen, nach Wackernagel (Ger-
mania 5, 334) lieiszl in Berlin sanfter Heinrich eine besondere
brantweinnikchung.
HEINSCHKRAUT, n. gnaphalium slocchas, moltenkrajtt. NiEMN.
HEINSKKAIJT, n. ; hedera cilicia, amaradukis, ie lenger ie
lieber, heinskraut, hünstkraut. Alberus EEl".
HEINT, adv. die weitere kürzung aus heinacht, diese nacht,
sp. 886. die kürzung läszl sich durch zwischenformen stufenweise
verfolgen, an heinacht riihrl noch nahe heinett, heinet: heinett
Ubland volksl. 31S (vgl. die stelle unten 3); wir wollen deine
antwort noch heinet haben. Th. Münder bei Luther 3,134*;
die form heinte ist wahrsdieinlirh aus heinet nur umgesetzt:
dasz du mich diesen tag gnediglich behütet hast und bitte
dich, du wollest mich auch heinte diese nacht gnediglich
behüten. Alberus Jesusbüchlein (ißOS) B2'. dadurch dasz man
bei heim an das der Zusammensetzung nach theilweise verwandle
heule daclUe, das auch begrifflich anrührt, indem heint mehrfach
in die bedcutung hodie übergeht (unten 3), konnte die nebenform
heunt entstehen: heunt, hac nocte Stieler 836; heunt nacht,
wenn wir alle schlafen. L. I'h. Hahn d. aufruhr zu IHsa 28;
auch heunte : ihr könnt hcunte kein hier mehr kriegen. Schoch
slud.-leb. K; heunte gebrauche sie nichts, unw. docior 396;
heunte noch. 453. — Die äuszersle kürzung von heinaclit, heint
t.«/ hint, s.d.; vergl. auch hinnarht.
Bedeutung.
1) heint, hac nocte. Alb.; ü) bezogen auf die gegenwärtige
nachl : gut nacht doctor, schlaf und befehl dich nur golt
woi, oder ich trag dich lieunt zum leufcl. l'liit. Lugd. 4, 241 ;
ich will einmal wissen, wu heint mein Frilz steckt. Simpl.
4,71 Kurz;
heint ist gleich die andre nncht,
dasz man hochzcit <la gt-mnclii.
Flkmin» .'t42, 251 lAjppenberg.
b) auf die letztvergangene nadd bezogen, $o in Hessen stets,
vo für die nächstkommende nadd schcier tchier gebraucht wird.
''iLMAR DiO; mir ist heiiit etwas kiuid gethan worden .. es
tot ein «eliger man zu Hom, der hat eine gute frawen, die
ist heint einen kindes Kchwanger wurden. Ldtiikr 6, .'>()()';
uod mich heint uinb zwei faHt sehr (mit lulaub) gebrochen.
br, b, 330 ; lieher juiik«'r (fragt der ductor, der morgens kommt)
wie ist» euch heint gangen? KiRCHUur wendunm. 122'; das/,
mir heiol getriluml, ich hab getroxchen. Simpl. 4, 224 Kurz :
der heint hat diesen man er.«tochen.
H. Sachs 3, 2, g*;
ein weib hat heint betrogen mich.
B.'VValdis Esop I, 86, 36;
ach hört, wa.s mir eetraumet heint
von dem Herodes, Jesu Teind.
Pötzigcr leeilinaclussiiiel in den neuen mtllheil. des
sächs.-dür. altertliumsvereins, bil. 10, «.251;
wir (Uamadriaden) lieszen unsre rind blosz, heint auch, wie
ihr wiszt,
dasz man euch seh und ehrt und mit dem handliusz griiszt.
A. Grvphius 169S I, 708.
f) auf die nacht zukünßige nacht zeigend: ir sollent das nachl-
feldt heint hie bei uns nemen. Aimon bog. Tiiij; du wirst
vielleicht heint wider bei deinem waltbruder bleiben. Schade
sat. «. pasqu. 2,72,14; wir wollen es heint beschlafen. Aoh.
spr. (1560) 74*;
ein weiblein, dem die äugen Fenstern . . .
die nem ich für mein nachtmol heint. fastn. sp. 265,8;
wen wir heint nit Irölich fünden. 718, 21;
die sprach zu mir: noch heint so kiimm! 1009, 10:
komm heint um halber mitternacht!
so wil ich dich lassen ein. Uhland votl^st. 179;
so kum ich heint herwider ein,
die weil so entschläft mein vater
tind die muter mein. 196;
ich weis ein frewlein hübsch und fein,
weit gotl ich solt heint bei ir sein.
Ambr. tiederb. no. 59, ».55;
Cunz Zwerg der sagt ims bald zu,
heint hab bei mir dein ruh. no. 139, 42, s. 172;
ich furcht wir müssen ober nacht
heint bleiben in dem wüsten wald. 11. Sachs 3,2,141';
gott geh ir heint die ewig rhew [rulie).
li. Waldis Esop 2,80, 32;
ich will meinen lieben gesten
heinte geben was zum besten. Fleming 314, 78 Lappenb.;
0 raondes silber stirn ! o wo dir ist bewust
wo der halbgölter schaar auf heint sucht ilire lusl;
so lehne mir dein licht! A. Gryphius 1098 1,704;
hüt auch heinte meine sachen
und bestelle selbst die wachen. Wiedehann mai 45;
ich war den tag in deiner hut,
hehüt auch heint mich, vater gut.
E. M. Arndt ged. (1840) 475.
2) heint wird durch Zusätze wie diese, vergangene nacht
sciürfer bestimmt (vergl. auch heinacht sp. 886 und das zusam-
mengerückte heintnacht unten): heint vergangner nacht liin
ich dahinden bei einem waltbruder gelegen. Schade sat. u.
pasqu. 2,01, 24; was sie (die mause) uns heint diese nacht an
unserm brodt für einen schaden gethan. hLst. v. Lazaritlu de
Tormes 51 ; wir haben hier heint nacht illumination gehabt.
Claudius 1 u. 2, 221 ;
heint in diser vergangen nacht. II. Sachs 3, Itl-SO*;
ich bin die nacht heint schier erdürst. 3, 3,40*;
ähnlich heint abend: selbigen (hosen) heint auf den abend ver-
zehren. Butschky /»d. Aanc/. 370 ; das soll der schelme heinte
den abend noch wissen. Chr. Weise betrog, betrug 55 ;
zu publiciern heint abends spat. II. Sachs 3,1,132*.
3) heint in der bedeulung heute, hodie. dic.<:elbe konnte sich
um so leicIUer entwickeln , als abgesehen von nahe liegenda- Ver-
wechselung beider begrifflich und lautlich nahe stehender Wörter,
die alle ziildung nach nachten statt nach tagen (Tacit. Germ. II)
noch lange fortlebt, und in der reciUssjirache wie in der poetLicIien
angewendet wird (Grein ags. wb. 2,285; lleliand 1053. 1994;
mhd. wb. 2,1,299'; Hichthufen 94o'): bair. heint heute Schm.
2,217; kärntn. ebenso, guolen heunt guten tag als gruszformel.
Lkxkr 140; so küiiibt . . der erzhischof von Trier mit seinem
Volk auf heint gen der Nefinstai, . . . und versehenlicb auf
morgen zu uns. d. slndtechron. 2,48,14; man solle heint die
Schriften und arlikeln herr Leonharten in den kerker zu-
stellen. Luther 3,417'; lasset uns heint nit weise sein, ein
jeder spare sein weiszheit I>isz morgen. Agb. .tfir. (isoo) 74*;
mag aber heinte diesen ehrentag mit ufTentlicher Uneinigkeit
nicht vcninehren. polit. stock f. 2i:>;
ich bitt euch, lielx-r vattor,
blolbont heiiiett herhaim ! IIhlano voIIuI, 318;
de» glückü woll wir dn warten tfln,
PH kum heim oder morfreii. .V2>'i;
wt'i.H mir ein moKdlnin hülisrh uiul fein,
mit ditr irli wilU golt heint
Miii linrieii frulich icin,
III riiii w(iri({erleleln,
»liaricron, umbniren,
d«n liflbea langen lag. Ambr. liederb. no. tOH, «. Ii6.
SS9
HEINTIG— HEINZ
HEINZ — UEINZELMANN
890
HEINTIG. aJjecihbUdung aus dem vorigen, wte heutig aus
heute; in doppelter bedeutung.
1) nach heint l : heuntig ad sttperiorem noclevi nftectans Stie-
ler 836; kan sie dan ihres eheliebsten diese heintige nacht
nicht entbehren? Siwpl. 4,41 Kurz;
du eiinst mir euts die beintig naclit.
H. Sachs 3,2, \&;
mir ge<cliach so weh die beindig nacbt.
Ambr. liederb. no. 130,63, s. 155.
2) nach heint 3 : heintig heulig Schm. 2, 217 ; heintige zeit
sein, von zeilpunkten vor der thür, gleich da sein. das.
HEINTNACHT, aus heint nacht (s. heint 2 (Aen) zusammen-
gerückt: hofier wir ir heintnaciit. Wirsü.ng Calixtus (1520) Cs|;
mich hat heintnacht ein trut getnickt. Paracels. opp. 2,292';
da ich heintnacht mein «onung hat.
M.MoNTASUS Tilus u. Gisippns Diüj.
HEIISZ, «i.. koseform des äyennamens Heinrich, wie Hans
{sp. 455) über den engen kreis des eigennamens hinausgetreten
und allgemeiner veruendet , vergl. die ausfübrungen unter Hein
sp. 885.
1) Heinz uird hingestellt als häufig vorkommender name für
bauren, kneclüe, gemeine leute (vergl. Wacrernacel in der Germ.
5, 333) :
reiter Heinz. Schade sal. «. pasqu. 2, 42, 14;
die lieb beilig vasznacbt
die macbt uns tu der narren,
so Wirt dann Heinz und Conz und Metz
bei einander beharren,
so gibt der Heinz der Metzen einen smutz.
fastn. sp. 1107;
ein ring mit einem blawen stein
wil Heinz der Metzen kaufen. Uhlawd volksl. 640;
Tboms liebet .Mieken (so beiszts in einer alten ballade),
allein sein unstern will, dasz Micke für Heinzen glüht,
für Heinzen, der all sein glück in Rösens äugen sieht.
Wieland 5, 163 (h. Amadis 18, S) ;
daher namentlich die formet Heinz und Cunz allgemein ßr nicht
näher bezeichnete menschen, für 'den und jenen gebraucht icird:
lauft Cunz weg. so kommt Heinz wieder. Pistobils thcs. par.
5,23; die herren sagen oft lauft Kunz weg, so kommt Heinz
wieder, es geschieht aber wenn es Kunz dem Heinzen sagt,
so bleiben sie beide drauszen. Lehmann 141; wann arme
leute kommen, und sie um eine nachtheiberg ansprechen,
oder nur in der scheur liegen wollen, da ist vielmals weder
Heinz oder Kunz daheim, baurensl. lasterprob 144; ebenso Heinz
und Benz:
da lept Hainz und Benz im saus.
Zimmer, chron. 4, 316, 41.
rorgl. Hinz.
2) Heinz gelU in den appellaliven sinn bursch, menscli über; so
heiszen arbeiter beim städtischen röhrenwesen in Nürnberg röhren-
heinzen. Tccber 6a«<meis/fTi(. 242, It; häufig jedodi mit verächt-
lichem nebensinne kerl: Eutropius, ein verschnittener, war
mechtig an des kaisers Arcadius hof. diser Hainz was auch
ein geltnarr. Aventin bei Schm. 2, 220; waldheinz nennen die
bewohner der fränkischen thäler den Düringer wäldler. Fromm.
4, 315 ;
merk, baur! du bist ein grober Heinz.
Uhland volkst. 699 ;
ein treger scbelm und fauler Henz,
der sich stets stechen leszt den glenz.
B. Waldis 3, 48, 15.
ihärfer narr, thöriciUer mensch: wer wolt ein solcher narr
Hill Heinz sein, der solchs thät (sich auch das grusle unrecht
:■■ fallen liesze). nun ist disz warlich Christus, Christus ist
'in solcher Heinz und Siemann, der kompt zu uns herab,
iin herr aller herren. S. Frank pararfora 9S*; also hab ich.,
dieweil lassen doctor Saw, Witzel, Tölpel, Schmid, Rotzleffel,
Tellerlecker, Brunzscherbcn, Heinz, Meinz, und wer sie mehr
^ind, iiner hin bellen, belvern, fluchen und zürnen. Lltuer
^, 7'; ihr tabacksheinzen. Hn«r. doct. 355. schwäbisch Heinz
^ubenhocker. Scbmid 271 ; Heinz der faule oder ungehorsame
rlifiler, s. unten beinzenbank ;
ijch Hainz narr red on gefer. fasln, sp. 653, fi ;
Hainz nar ist die insdirift des bildes zu Brants narrensch. cap. 5;
der herzog Heinrich von Braunschweig wird in einem gediciäe des
\e>. jahrh. so genannt:
jo SOS nicht reim {reimt), lieber Heinz narr,
was wilt du nier thun? sag ausgar!
Schabe s.ir.'i/. ;«(it(^u. 2, 84, 142, vnl "!.'■''<
3) Heinz ist thiername {uie Hans i.d sp. 45S); so für den
kaier; im Nassauischen Heinsch. Kehreis 192; für den Zug-
ochsen. Frisch 1, 43S'; im fränkisch-liennebergischen aber auch
für das männchen der kaninchen. Fromm. 4. 314. 315. Adelung
gibt für feldbienen den namen waldheinzen. vgl. unten Heinzel
und Hinz.
4) wol dem umstände, dasz Heinz der geschäftige, die haus-
arbeiien ohne mühe für hausbewolwer besorgende kobold heiszt
(mythol. 471), ist es zuzuschreiben, dasz der name auch auf gerate
übertragen wird, die bei bequemer handhabung gute arbeit leisten.
a) Heinz, eine wasserhebemaschine des altern berghaues. Veith
bergwörterb. s. 271; hell er das wasser mit wasserknechten,
oder beugt seine künste, pumpen, heinzen, bulgen , oder
groszen zeuge. Math es. Sar. 64'; da man bei uns mit groszen
künsten , heinzen , taschhespeln . pumpen das wasser hebet
oder herausz zeucht. 125'. s. heinzenkunst.
b) fauler Heinz , bei Chemikern und apothekern ein sparsam
brennender und gute hilze gebender ofen. Frisch 1,43S'.
c) fauler Heinz ist auch ein gebäck: gebachenes, so man
den faulen Heinzen nennet. Hohberg 3, 3, 94*.
d) Heinz, vorriclUung zum tragen, hallen u. dergl. : stifelhainz
stiefelzieher , heuhainz im Allgäu pßock mit querhülzern, dienlich
heu zu trocknen. Schm. 2,220; der letzlere heiszt in Schwaben
und der Schweiz weiblich heinze. Schmid 271. Stalder 2, 35 ;
in Hessen heiszt heinz die köze, ein rückenkoib mit tragbändern.
Vilmar 160. 221.
HELNZ, interj., s. hein sp. 885.
HEINZEL , m. Verkleinerungsform zu Heinz , in mehrfache!
bedeutung.
1) wie Heinz 3, ihiemame; für ein junges pferd Schm. 2,220;
heinsei ein junges pferd, heinzel ». q. füllen Nemnich ; verderbt
auch heiszerl das.; schweizerisch he'izel junges stierkalb Stalder
2,36; auch die waldmöre , sterna hirundo, heiszt am Würmsee
heinzel. Schm. s. heinzlein.
2) der koboldname Heinzel (vgl. oben Heinz 4 und Heinzel-
männchen) gieng auf die marionette über, der man allerhand
schreckgestaU zu geben liebte, auch auf das pujfenspiel. Wackeb-
nacel in der Germania 5,334; Schm. 2,220; hainzi, gaukel-
männlein , hainzi spilen , ludere larvam masculam , atellar.as
dare Schönsledeb; dcJier mit einem den heinzel spielen, sein
spiel mit Htm treiben : selten sie, sprach er, die frembden der-
gestalten für narren umbziehen und mit höchster leib und
lebens gefahr also den hainzel mit ihnen spilen? Hörl ton
\V.\tterstorff Bacchusia 409.
3) heinzel als gerät, namentlich ab Vorrichtung zum tragen,
halten u.s.w. (vgl. Heinz 4, d); stifelhainzi stiefelzieher Schm.
2, 220.
4) heinzel heiszt auch ein scldechles bieTj nachbier. Schm. 1,301.
s. unten Heinzlein.
HEINZELBAN'K, f. schnitzbank, drehbank. Schm. a. a. o. vgl.
das vorhergehende und hänselbank sp. 464.
HEINZELER, m. frachtf uhrmann, der mit einem gescJiirr und
pferde fährt; zu Frankfurt, das wort ist aus einzeler /A. 3,350
verderbt: hatten abermal 24 starke heinzler oder lastträger
mit eisernen winden, seilen, ketten und leitern zu schicken
und zu schaffen gehabt, bisz sie ihn (einen ungeheuren sack)
auf den wagen bringen mögen , den hernach acht grosze
heinzlers-gäule, vollends hinunder zur gehörigen stelle ziehen
müssen. Pliil. Lugd. 3, 134.
HELNZELMANN, HEI>ZELM.\NNCHEN, m. l) name für
einen kobold, hausgeisl (s. Heinz 4, vergl. auch kobold Hl. 4.
thal 5,1551): faunus , ein feldgeist, beinzelman. Alb. BB3'".
lamia, kobolt, schretlin, heinzelmencben. das. ;
wie war zu Colin es doch vordem
mit beinzelmännchen so bequem !
denn, war man fuul, man legte sich
bin auf die bank und pflegte sich:
da kamen bei nacht, ehe maus gedacht,
die männlein und schwärmten, und klappten und lärmten . . .
und eh ein faulpelz noch erwacht,
war all sein tagewerk bereits gemacht.
A. KoPiscu tceike {Bert. 1^56) 1, 123.
auch die alraunwurzel heiszt so : die botanischen namen und
medizinischen Wirkungen der atropa mondragora hängen genau
mit diesen verschiedenen sagen des aberglaubens zusammen,
sie wird alrun, alninke, hundsapfel, schlafapfel , galgen-
männlein, heinzelmännlein und pissedieb genannt. Cl. Bren-
tano ges. Schriften (Frankf 1852) 6, 431 anm.
2) in Hessen die frucht des Crataegus oryacanlha. Vilmar lOn.
«. heinzerleinsdorn.
891
HEINZELN— HEIRATH
HEIRATII
892
HEINZELN, rerb. sein ffiel mil jen) and treiben. Schi*. 2,220.
nach Heinzel 2 oben.
HEINZEN, rerb. nach Heinz 4. d sp. 890, heu auf pßücken
trocbien oder mm dörren darauf bringen. Schm. 2,220. Schmid
271 ; aus dem Allgäu und dem obern Schwaben, auch Schweiz.
auflieinzpn. heti auf die heinze legen. Stalder 2,35.
HEINZENBANK, f. Schulbank^ auf der faule und ungehorsame
Schiller sitzen müssen (Heinz 2 sp. 889) : die mitschuler inuszten
vor ihm fliehen, seine gesellschafl meiden, er wurde aus der
classe gezogen und auf die heinzenbank gesetzet. unw.docl.b^S.
HEINZENKUNST, f. wasserhebem aschine des dUern bergbaues.
Veith bcrgwörlerbuch 271. vergl. Heinz 4, a sp. 890.
HEINZENROCK, s. unten heinzrucker.
HEINZENSEIL, n. seil an der heinzenkunsl ; dann auch die
kette unter dem schemel des gOpeh, woran die wage hängt; end-
lich die kette, womit die blasebdlge auf den hütlenwerken gezogen
werden. Jacobsson 2. 248*.
HEINZERLEINSDORN, m. hagedorn, Crataegus oxyacanlha.
Nemxich 2. 1270.
HEINZERN, verb. wiehern, wol nach Heinzel als name für
ein junges pferd gebildet. Nemnich wb. schreibt heinsern.
HEI.NZLEIN, m. wie Heinzel Verkleinerungsform zu Heinz.
neben der Verwendung als eigenname für menschen sieht die form
auch freier.
1) namentlich als thiername; so für das pferd: wenn ein
roJler etwan ein pferd hat und spricht heinzlin hotta, husta
heinziin. Keisersberg sünden d. m. .35' ; gewöhnlicher für schwein :
die eher zu den jungen heinzlin , welche man abgewöhnet
hat [in einen stall sperre). Sebiz feldb. 131 ; wolt darumb der
könig inn Frankreich {Heinrich III ist gemeint) all esellreiber
henken , weil sie den eseln Herri rufen , und die feutsche
sauhirten all ertrenken , weil sie die seu heinzlin heiszen?
Garg. 109*; das ist wol war, dasz man der s. Margareten
und des s. Gregorii drachen sampt des s. Anthonii heinzlin
eben so wol anbellet . . als die h. selbst, bienk. 142'.
2) beinzlein nachbier, wie heinzel 4: kofenl, frisch bier,
beinslein. Rädlein 553'; nd. war armer Heinke name für eine
geringe bierarl :
de kernen de von groten Scbeppenstide
und brochten obren armen Heinken medde.
Hildebrand volltsl. 23, 15.
HEINZLER, s. heinzeler.
HEINZLUNGENESSER, «i. .' sunt deinde alii, qui fiunt
vulgo schafslrunken . . das seind die albern schaaf, weich-
herzige, weibische, mütterliche, kindische, forcbtsame läppen,
löffelmäuler, sewlüffel, gänsziüffel, löffelgänsz, leuszmichel,
heinzlungenesser, raütehu, schudip. de generib. cbriosbr. 16.
HEINZRUCKER, m. name eines geringen weins , gemeint ist
wol ein solcher, der selbst einen Heinz, bauer. Unecht 'herum-
reüzt': seifwein, treifwein, tropfwein, pfaffendorfer .. heinz-
rucker, ruck den Heinzen. Garg. 5S'. einige zälen weiter be-
gegnet noch einmal heinzenrock.
HEIOPOPEIO, n.: Cldrchcn (singt) ... mutter. lasz das
lieiopopeio. Clärdien. schellet niirs nicht; es ist ein kräftig
lied. hab ich doch schon manchmal ein groszes kind damit
schlafen gewiegt. Göthe 8,232. s. hei 9 «p. 793.
HEIRASPELN, verb. komische enlsteUung von heirathen: sie
will ihn wol gar heiraspeln? Thilo Adelheid {schauspel 1119) (il ;
voUisniäszig in milleldeutschen gegenden.
HEIRATH, m. und f. malrimonium, connubium.
1. Die formen, das wort ist nur im hochdeutschen und attszer-
dem im ags. Sprachgebiete bezeugt: ahd. mhd. lilrät, ags. liirfid,
hjrfid mit der neben form hivraeden und mit der vom oberdeutschen
abweichenden bedeutung familia. beide bedeutungen aber, sowol
connubium als familia sind aus einer ursprünglicheren und allge-
meineren specialisierl. hl-rül, als compositum im ersten tlieik mit
goth. heiv familie, haus sowie mil alid. hiwo familiaris. conjux,
hiHunga contubernium, malrimonium zusammenhängend , drückt
zunächst die besorgung , einrichluny , Ordnung eines hausslandes
aus, dat ags. wendet dies auf das geordnete und gegliederte haus-
wesen überhaupt, das hochdeutsche auf einen bedeutsamen schritt
dazu, auf die schlieszung einer ehe. das yeschledü des wertes ist
(nur im hnchdeiüschen) schwankend geworden, das nach dem
zweiten worlgliede rät allbercchliglc masciäinum, das im ahd. bei
Will IRAN bezeugt ist: ou siu btrates scal gegruojet nerdan.
eben so im mhd. :
nii hegunilen im die witen
rAtfn linde priien
umb Glichen Alr6i. a. Heinrick 1463,
erscheint noch im IC. jahrh. als gewöhnliches, im 17. als gebräuch-
liches, bei Luther wiegt es bedeutend vor, s. beispiele unten ; als
der heirath zwischen ihr und herr Johannsen Wernhern ab-
geredt. Zimmer, chron. 1,423,29; blulscliandllicher heirath.
Frischun nomencl. 383; aus einem solchen heirath. Laz. de
Tormes 121; der heirabt erreichte seinen fortgang. 122; der
mir zu diesem heirath geholfen. Philander 1 (1642) 158 ; zum
heirath geben. Schlppius 719; noch jetzt bair. der heirath
ehevertrag (unterschieden von der copulalion). Schm. 2, 130. diesem
geschleclUe gemäsz ist der allerdings seltene plnral heiräthe gebildet :
warumb thnn die männer büse heiräbte. J. Cocay teutscher
labyrinth {Colin 1650) 26. schon im ahd. aber beginnt das fem.
am Worte einzutreten , gewis unter einflusz der mehr abstracten
bedeutung, die sich entwickelt hat: dia hirät {acc.) connubium.
Notker bei Graff 4, 1066; mhd. diu hirat wb. 2, 1,576'; (habe)
keine lust an der heidnischen und frembden heirat. stücke in
Esther 3,11; es erlangt .mt ende des 17. jahrh. in der Schrift-
sprache die ausschlieszliche herschaft, die nebenform der {und
die) heuralh , seil dem 16. jahrh. belegbar, deutet auf ein mhd.
bis jetzt nicht nachgewiesenes hiurät, das den labial des ersten
composüionsgliedes , der in ags. hlv-raeden noch erhalten war,
vocalisiert zeigte, diese form ist besonders im 17. und 18. jahrh.
im schwänge, einer etymologischen grille zu liebe, der zufolge man
das wort mit heuren, miethen, kaufen (s.d.) zusammenbrachte:
der heürat, das mannen. Maaler 220'; durch disen heurat.
Zimm. chron. 1,179,5; von wegen disz heuraths. j4imon bog.
Jiiij; seit dem heurat. rfos.; den heuralh. Giaffers söhne {ibSZ)
129 ; die heurat, malrimonium, connubium, conjugium, vinculum
jugale. Stieler 833; das geheimnis von meines vaters heu-
ralh. Cronegk 1, 87.
II. Bedeutung.
1) heirath, die schlieszung, eingehung einer ehe, verehelichung :
heirat, desponsatio, uxoratio, malrimonium. voc. ine. theut. is';
die liebe ist ein fieber, von dem man nur durch die heirath
geheilt wird, die ehe ist dann der zustand der gesundheit,
des behaglichen glucks. Benedix dramat. werke 11,11; Weis-
ungen und der bischof seien ausgesühnt, und man redete
viel von einer heirath mit der wilwe des von Walldorf. Göthk
8, 69 ; doch sind die misheirathen viel gewöhnlicher als die
heirathen. 20, 69. es hciszt eine gute, böse, glückliche, un-
glückliche, standesgemäsze, vorlheilhafle, unvorlheilhafte
heirath: weiter findet man auch solche grobe leute, die ire
tüchtcr schlecht nicht wollen vergeben, ob gleich das kind
gerne wolt , und der maszen heirat fürhanden ist , der im
ehrlich und nützlich were. Luther 5, 253' ; das der heirat
dem kinde ehrlich und nützlich ist. 253'; und damit einen
heirat abschlegl, der doch im löblich und ehrlich were. das.;
anfänglich seind alle heirahten über die maszen gut. Cocay
teutscher labyrinth (1650) 29 ; könne er sich dennoch zu einem
ehrlichen heirath nicht entschlieszen, sondern die hure regiere
in seinem herzen. Schüppius 462; eine stattliche heurat, matri-
monium felix, plenum dignilatis et concordiae, unglückliche heiirat,
infauslum, in felix connubium. Stieler 833; er hat so eine
mitlelmäszige heurat getroffen , nja/nnionii/m mediocre inivit.
das.; mein valer fühlte es selbst, wie ungleich diese heirath
sei , und befahl mir, eine abschlägige anlwort {auf die be-
werbung) zu ertheilen. Rabener «ai. 3 (1757) 159. eine vorlheil-
hafle heirath ist gewöhnlich auch eine solche, bei der die braut
eine grosze ausstcner empfängt: auch der ältere hruder bat hier
eine sehr vorlheilhafle heirath von wenigstens loooo thlrn.
gethan. Lessing 12, 23; eben das hevizl auch eine reiche heiralh;
die weil nun lieber rrci'iiiJ. golt itürunil der gesiailcn
nurh lang geliiiblcr mi'ili, dich «Midlich auch erquickt,
mit guter dienstes-stall und heuratli dich beglückt,
HOMPt.ER V. LöWKNHALT 153.
man vollzieht, macht, thut, trilTt, stiftet eine beiratb, gebt
eine heirath ein : er wolt zu im gen Ptolemais komen , da
wollen sie einander selbs ansprechen , und den heirat vol-
ziehen. 1 Warf. 10,56; sie war glücklich, als die heirath ..
nicht vollzogen wurde. Gothe 20. 68; grave Gebhart von
Furstcnberg, durch den diser bcurat zuwegcn bracht. Zimm.
chrnn. 1,17h, II ; als der heirat zwischen ir und berrn Johannsen
Wernhern abgeredl. 423.29; nachdem berr Johanns Wernher
der Böcklinen den heirat abgeschriben. 2, 150, 21 : die Wid-
mann, Fiiggrr, .. mit welchen könig und kaiscr selbst heiralh
und freundschaft zu treffen nicht zweifle». Schdppiü» 719; wie
ich den beurath nicht gemacht habe. Elisabeth Charlotte
». Orleans brirft s. 26» Menzel; sie wissen wohl noch nicht . .
893
HEIRATH — HEIRATHEN
dasz sich indessen auch unter uns eine heirath gemacht hat?
GöTHE 20, 91 ; ist . . im begriff eine heirath zu thun. Schiller
685 ; eine heurath stiften, sponsalia conlrahere SiEmBACH 2, 221 ;
so iäszt er auch nicht von der liebhaberei, manchmal eine
heirath zu stiften. Göthe 20, 22ü;
Ists aber ietzo zeit durch heirat sich zu binden?
Flemimg 65, 237 Lappenberg.
bUdlich:
der weinstock pfleget sich nicht mit gewDit zu zwingen
umb seinen ulmeDstamm, die liebe macht allein,
dasz er sich umb ihn schlägt, geht seine heirath ein,
und breitet sich bäum an. Opitz 1, 12;
vian geht auf die heirath: auf die heurath gehen, nuptias
iniendere Steinbach 2, 221 ; mein vater lag mir (seiner tochler)
alle tage in den obren, und er hätte, glaube ich, lieber ge-
sehen, ich wäre selbst auf die heirath ausgegangen. Raben er
sat. 3 (1T57) 156 ; eine heirath wird vorgeschlagen : als diesem
fürsten zuvor . . eine beurat mit könig Sigmunds in Polen
tochter vorgeschlagen. Zinkgref apophth. i (1626) llT ; die hei-
rath geht vor sich, geschieht, geht zurück: das sie unser
lieben frawen neunzig tausent ave Maria zu betten verhiesz,
damit der beurat nit firgieng. Zimm. chron. 1,180,14; mitler
weil geschach der heirat zwischen graf Jörgen von Lupfen
und weilunt berr Hainrichs von Stofeln seiligen nachgelaszne
witib. 2, 272, 27 ; die alte . . . besorgte, ihre tochter möchte
vielleicht deszwegen unlustig werden, und der bevorstehende
ansehenliche heirath zurucke gehen. Simpl. 3,301 Kurz; du
weiszt wohl noch nicht, Sophie, dasz ein unglücklicher zufall
deine heirath getrennt hat? (zu einer braut gesprochen). Schiller
ne/fe als onkel 1, 7 ;
er, wie mirs kurz hernach durch einen freund entdeckt:
ward von der heirath durch mein rasen abgeschreckt.
A. Grtphius 1698 1, 194;
eine heirath haben, für die verehelichung versprochen sän: der
heurath wirt vorhanden sein, man wirts vermächlen, despon-
debüur. Maaler 220*;
und so eine {Jungfrau) ein heirat hat,
so wöll wir sie an kindes statt
auszsteurn und reichlich begabn.
J. Atrer 134' (675, 29 Keller).
sprichwörtlich: übereilte heirat fällt selten gut aus. Simrock
sprichw. s. 239; heirat ist ein verdeckt essen, das.;
botz creuz ! wie ist . . .
der heurat ein verdöcktes essen! Weckherlih 804;
ihr kennet das gemeine Sprichwort : der tod und heirath ent-
decken alle dinge. A. Gryphids 1698 1,801;
heirat ins blut
thut selten gut. Simrock sprichio. 239;
die erste heirat ist ein eh,
die zweite ein weh,
die dritte nichts meh. das.
2) heirath, die person, welche sich erklärter massen mit einer
andern ehelich verbinden will, in bezug auf diese, geliebter, ge-
liebte. ScHM. 2,131; im Allgäu der heirath, bräutigam, braut.
Schmid 271. der Übergang aus der vorigen bedeutung in diese ist
derselbe wie bei dienst, s. theil 2, 1119.
HEIEIATH- t» compositen, s. heiraths-.
HEIRATHEN , verb. eine heirat vollziehen , sich verehelichen ;
mhd. hiräten wb. 2,1,576*; das vom compositum hirdt gebildete
wort verdrängt das einfache biwen, gehien, ahd. hiwan sich ver-
mählen, heiraten, desponsare, uxorare, matrimonium convehere.
voc. ine. theul. iZ* ; heüraten oder verheüraten, conlrahere, inire,
sortiri matrimonium, ducere iu:orem, nubere viro, copulari, iungi
maliimonio, vinculis jugalibus sese innectere. Maaler 220'. in
mehrfacher fügung.
1) intransitiv: er will nicht länger ledig bleiben, er will
heirathen; wer heirathet thut wohl, wer ledig bleibt, thut
besser. Simrocs sprichw. 239; ich stellte mir es als etwas sehr
mögliches vor, dasz der professor aus Verzweiflung, mich nicht
bekommen zu haben, gar nicht geheirathet hätte. Radener
sat.Z (1757) 175;
es lüstet sie alle zu heiraten
wie den hund nach osterbraten. Siirock a. a. o.
»n» substantivisch gesetzten infiniliv: was soll ich thun? das
heirathen ist eine freude und ist auch eine quäl. Grimm
Idnder- u. hausmärchen (1857) 1, 70; aufs heurathen gehen,
procare et ambire nuptias Serz 69'; das mensch ist reif zum
heuraten, haec virgo est nufrite. Stieler S33; andere tropfen
Uit'i^haber) sagten mir viel vom heurathen. Simpl. 3,52 Kurz;
HEIRATHEN — HEIRATHSANTRAG 894
ah> spiel: wir hatten uns in abwechselnden spielen erschöpft,
als wir endlich aufs heurathen fielen, das als spiel lustig
genug ist {folgt die beschretbung). Göthe 16, 207. Sprichwörter :
das heuraten gerät nicht allemal, matrimoniorum eventus dubius
est. Stieler 833; heirathen ist nicht kappentauschen; hei-
rathen ist lotterie; heirathen ist leicht, haushalten schwer;
zum heirathen und seefahren
musz mau die worte sparen;
heirathen in eile
bereut man mit weile.
2) mit praepositionen. zu jemand heiraten: schämen sich
zu einer burgerin zu beiraten , sy fliehen auch der burger
gesellschaft. Fra?<k «-e/ifr. 46' ; bald fingen wir an zu den ein-
wonern diser insel zu heirathen. 223'; ebenso an jemand hei-
rathen : dasz sie an gemelten freiherren heirathen solle. Spee
güld. tr. 440; in eine familie , in ein haus heirathen, vergl.
einheirathen 3,198; nach einer Stadt, einem dorfe heirathen;
sprichwörtlich :
beirathe über den mist,
so weiszt du wer sie ist;
mit praep. der Ursache und der absieht : um geld , nach gelde
heirathen ; nach neigung, nach liebe, nach Standesrücksichten
heirathen ;
sölchs alle menschen nempt zu mut
und heirat nit nach päsem gut.
Scuwarzemberg 132".
3) heirathen transitiv, sotcol vom manne als vom weihe ge-
sagt : ein stück, worin der held . . seine leibliche scbwester
heirathet. Wieland 19,283; da wird nichts draus, Jungfer
Schmergelina ! . . wenn du ja geheirathet sein willst, so lasz
dich den zwerg Migonnet heirathen. 11,128; das will ich doch
sehn, wer mich zwingen soll, ein mensch zu heirathen, das
mich vor fünf jähren auf eine so spröde art von sich ge-
wiesen hat! Rabener sat. 3 (1757) 187; entschlieszt ihr euch
eine verlaszne zu heirathen? Göthe 8,83; Climene. ich ge-
horche ihnen, ich bin bereit, Timanten zu heurathen. Cho.negk
1, 80 ; sie heurathen einander, nuptüs inter se junguntur. Stein-
bach 2,221.
4) heirathen , mit sächlichem object , spottend oder verächtlich
von eigennidzigem heirathen: hier hat ein geldsack den andern
geheirathet ; er hat das geld geheurathet, nicht die person,
sellam aut strata emit, non equum. Serz 69'.
5) heirathen, transitiv, bildlich: das kupfer wird zu groszen
ehren kommen, dann man es in viel münzhütten zum silber
heiraten wird. Fischart groszm. 125.
6) passives geheirathet sein, eine ehe geschlossen haben, ver-
heirathet sein: weiter ist ein gelehrter entweder geheurathet,
oder ungeheurathet, hat kinder gezeuget oder keine. J. J.
Moser beitrag zu e. lexico der theologen (1740) i-orr. §2; sie ist
schon geheirathet. Hermes Soph. rnsen 1,241;
macht das ir vil ungheirat pleibn.
ScHMELZL hochzeil 22*.
7) heirathen verblümt für coire. Schm. 2, 131.
S) die bedeutung von heirathen schwächt sich auch ab (wie bei
freien theil 4', sp. 107), es heiszl nur werben: indem ein ge-
wisser guter freund , welcher umb ein reich wittweibchen
heurathete, heute abend willens wäre ihr mit einer galanten
nachtmusic aufzuwarten, unw. doct. 295.
HEIRATHER, m. der eine ehe schlieszen ivill, bräutigam:
heurater sponsus Stieler 833; das tägliche zureden ihrer ver-
wandten und Armatims , des neuen heirathers groszes ver-
mögen setzte Floramenens gemütbe nicht weniger zu. polil.
stockf. 314 ; weniger geld , Jungfer Fanferlüschin , und mehr
Schönheit, oder sucht eure heirather anderswo. Wieland
11, 128.
HEIRATHERIN, f.: heuraterinn, sponsa Stieler 833.
HEIRATHLICH, adj.: heirathliche freundschaft. Rihel Liv.
(1598) 11; beiratliche abrede, heiratliche Sprüche. Schm. 2,131.
HEIRATHSABEND, m. sponsalia. Frischlin nomencl. 430.
HEIRATHSABREDE, f. : ist hochermelter herzog Sigmundt
... verursacht, herrn Johannsen Wörnhern von Zimbern ...
eilendts zu kaiscr Friderichen in das IS'iderlant umb ain be-
schliesliche heiratsabred zu schicken. Zimm. chron. 1,494,13.
HEIRATHSÄCHTER , m. der die heiral in die acht thut, sie
verschmäht: solche ehverächter und beurbatsächter. Fischart
ehz. 499.
HEIRATHSANTRAG , m. antrag auf verehelichung : einen
heirathsantrag stellen, machen ; mit heiratbsanträgen geplagt.
Klingbr 1. 413.
895
HEIRATHSBINDÜNG
HEISCH
896
HEIRATIISBINDUNG, f. copulalio ecciesiashca. Stieler ir.s.
HEIKATIISBRIEF, vi. Urkunde über eine eheschlmzung ; der-
selbe elxret die schrift reclil, der sie mit solclien äugen, mit
denen ein treues weil) ihre vermorgengabung oder heiiralbs-
brief . . . ansiebet. Brandt berichl von dem leben TatJjmanns
(1075) s. 03.
HEIRATHSCONTRACT, m. ehcverlrag. Frisch 1,440'.
HEIRATIISFEST, n. fest der verehelickung :
Msz dasz ihr heurnthfest (o trüber lag!) anbrach.
Ji. Grvpuius lüitS 1, 201.
HEIRATHSGÜT, bis zum 18. jalirh. HEIRATHGUT, n. (jul
was die frau in die vlic bringt, milgiß, aussleuer: geit ir der
man ir morgengab mit sambt dem hciratguüt. Wacre«nagei.
leset. 934, 15 ; ist gewonlich und gemein das im die fraw
zubringt und gibt ein beiratgut. A.v. E\ue lä'; {es ward ein
vertrag gemacht) das herzog Karl von Burgundi . . sein eiicbe
dochter frauen Maria kaiserlicher majestat son , herzogen
Maximiiiano von Österreich, zu einem eclichen gemahel und
ime darzue alle Nidcrlant, so der herzog inhet . . zu heirat-
guet geben solde. Wilw. v. Schaumb. 26 ; nam papst Celestinns
der 3. des oftgedachten herzog Wilhelms einige tochter Con-
stantiam, so ein nonn, ausz dem klosler und gab sie zur
ehe keisern Heinrichen dem sechsten , eim herzogen von
Schwaben , mit befehl , an statt des heiirhatguts die reich
heider Siciiien zu holen. Fischart bienk. 128*; gab seinem
tochterman 10 goldgulden zum heurathgut. Zinkgref apopidh.
1 (1626) 349 ; es war also bald ausgemacht , dasz der herr
Melina die tochter heirathen sollte, dagegen sollte sie wegen
ihrer unart kein heirathsgut mitnehmen. Göthe 18,83;
C. wir waren gleich am stand, wir waren eins von sinnen :
P. kein ander beirathgut hab ich ie schätzen kiinnen.
A. Grvphius 1Ö9S 1, 194;
er musz, spricht dieser greis, vor ollen andern dingen
der braut ein heirathgut von fünfzig dörfern bringen.
Hagedorn 2, 13;
das heirathsgut der fräulein tochter. Gökingk 2, 169.
tprichwort: eine schöne Jungfrau trägt ihr heiratsgut im an-
gesicht. Lehmann 169; es trägt manche ihr heirathsgut unter
den äugen. Simrock spricltw. 239.
HEIRATHSJAHR, n. annus nuptialis. Stieler 879.
HEIRATHSLEUTE , plur.: heiratleute paranimphi. voc. iiic.
thettl. i 3*.
HEIRATHSLUST, f. : die heirathslust kommt wie ein dieb
in der nacht. Götter schausp. (1795) 287.
HEIRATHSLUSTIG, adj.
HEIRATHS.MAHL, n. : eim ein heüratraal geben, sponsalia
alieui praebere. Maaler 220*.
HEIRATHSMANN, m. der eine heir(U zu stände bringt, lieirats-
stißer: iieiratzman paranimphus voc. ine. theut. is'; da kumpt
dann der heirathsmann, der sy zusammen geben halt. Frank
vellb. 152".
HEIUATHSNOTUL, f. pactum dotale. Kirsch cornuc.
HEIRATHSPUiN'CT, m. bestimmung wegen der verehelichung:
die heuratspuncten waren diese, dasz ich ihm 1000 reichs-
thaier pargelt zubringen, er aber hingegen mich in Teutsch-
land zu seinem beimath um dieselbige versichern solte. Simpl.
3,53 Kurz.
HEIRATHSREGELN, plur. Icges matrimoniales. Stieler 1576.
HKIKATHSSACHE, HEIRATHSACHE, f. : das ist bei den
Fersern der gebrauch in heirath- und ehesacben, dasz nicht
die eitern der braut dolem geben, sondern der hr:ititigamb
musz solches thun. pers. rosenlhal 5,14'; das sollte dir lieb
sein, dasz ich schweigen kann, und besonders von beiraths-
sacben. Lessinc 1, 245;
(de* hAchiten aug) blickt auch in lieirathKsaclien.
zwei «eelen können ja hier ein verbiindnug niachcn.
A. Urtphius Kim I, 210;
df>r ganze lerin betrifTi nur heirathsachen. IIacedoiii« 2, i:<.
HEIHATHSSCHEU, f. scheu vor vei ehelichung.
HKIRATHSSCHEU, adj. eine verehelichung scheuend : ein bei-
Talllx^(:heller alter Junggeselle.
HKIRATHSSCHLUSZ, wi. tcldieszung eines eheveHrags :
wie manchen liciraths-RrhlUKZ zcrroiizl itzt briinsl und rciK-,
nun man lie aiifn papi^r. nicht mehr in« h<'rz<! »rhrf-ibi.
LOHEHITKIN in llolfmnnnuwatilaun u. u.
ausertes. ged. 6, 13;
er liebet tie, «ie ihn, dictt macht den heiralh-ichluDZ.
IIallm schweii, ged. (1*68) 'il.
HEIRATIISSEGEN, m. für ehcsegen (vergl. das folgende):
goit wolle lieiner fort mit langen jähren pflegen,
und dich beseligen mit reichem heiraths-segen.
Opitz 1, 46b.
HEIRATHSSTAND, «i. ungut für ehesiand:
hast den klugen sinn gewand
auf den fruchiharn heiraths stand. Opitz 2, 62.
HEIRATHSSTERN, »». heurahtstern, felicilas conjugii. Stie-
ler 2150.
HEIRATHSSTIFTEN, n.: in gewissen jähren geben sich die
flauen mit nichts lieber, als mit heiralhsstiften ab. Gotter
3,357.
HEIRATHSSTIFTER, m.: ein keuratstifler, e»ncilial»r nvp-
liarum. Frisch 1, 449*.
HEIRATHSSTIFTUNG, f cnncilialio nupttarum. Frisch 1,44«'.
HEIRATHSTAG, m. lag der verehelichung:
ja d^sz ihr hcirathstag bestimmt und angesetzt.
A. Grvphius 169S I, 200.
HEIRATHSVERSAMMLUNG, f. Versammlung zum zweck einer
ehcschlieszung : er ist uf ain zeit in seiner jugendt in ainer
heiratsversamlung etlicher vom adel in ainer stall etliche lag
gewest. Zimm. chron. 2,243,3.
HEIRATHSVEUSPRECHEN, n.: er hat ihr ein heiralhs-
versprechen gethan.
HEIRATHSVERSI'RECHÜNG , f sponsalia. Kirsch cornuc;
bekenne dasz.. ich mademoiselle von Beaumarchais .. durch
hundertfältig -wiederholte heirathsversprechungen betrogen
habe. Göthe 10, 78.
HEIRATHSVORSCHLAG, m.; plagt er mich nicht seit einem
jähre mit heirathsvorschlägen? Klinger 1,376.
HEIRATHSVVAPPEN, n. ein wapfjen welches vian durch eine
hciralh erlangt. Adelung.
HEIRATHSWEISE, adv. per inodum matrimonii. Stieler 833.
HEIRATHSZEIT , f. : heurahtzeit , tempus conjugio aptum,
pubertas. Stieler 2620;
er lag für sie gestreckt, beklagt sein hcrzcleidt,
der fräulein schweren fall (i/iren tod) für ihre heurathzeit.
Opitz J, 19S.
HEIRATHSZEITE, adj. reif zum heiraten: mein tochter ist
heuratszeit, ich gib ir einen mann. Garg. 86'.
HEIRATHUNG, f. verehelichung: die heuratung, coniractus
matrimonii Stieler 833; eine heuratung verhindern, dislurbare
nuptias, das.; derwegen wir wol sagen kündten , dasz nicht
die menschen , sonder allein gott diese ehe (wie auch alle
andere ehrliche zusammen heuratung) zusammen gefüget.
Amadis 320.
HEIREN, verb. für heirathen: ich möchte keinen Jäger
heiren. Auerhach dorfgesch. 1, 91. vgl. weiteres über diese form
unter beuren.
HEIRIRARUM, intcrj.:
du denkest nun : heiricrarum,
wer scliieret sich nun was darum! Menantes 1,220.
HEIS, m. schluchzen, ein lautmalendes wort; singultus heisz
ader da; kriszen in der kein Dief. 53G*. vgl. hesch und hick
HEIS, adj. heiser, s. heisch.
HEIS.\, au.truf des jubeis und des triumplies, zusammengerückt
aus bei sa, s. hei 2, sp.Tj'i: heissa lustig über und über!
M. Schuster bestraße Verleumdung (Slraszb. 1668) s. 56 ; heisa !
so machen wirs, wenn wir lustig sein. Chr. Weise comö(i. 25;
was gedrucktes von meinem Carl? heisa victoria! Fr. Müller
1,321; Sdiweizer (mit einem Sprung), heisa! heisa! so ist ja
imscr Roller zebnbundcrtfacii vergütet! Schiller rdiifter 3, 2;
l;eisa, heisa! ein fang, ein süperber fang! 5,2; heisa Jörge
heisa! Wall die beiden billets 3; heisa! heisa! so ists recht,
die tochter machte ich dir zur hur, den jungen zu brei, und
dich mach ich nun zimicht! Inmi-rmann Miinchh. 4, 3o;
heisa und hopsaiia! lasit nur das tanzen bleiben!
KoTZKRUH dram. .«)). 1, 213;
heisa! ich folge deg FriedlünHrrs fahn !
ScillLLKR Witttensl I 7 -;""•
schon um die lindn war 4>s voll.
und nllcN tanzte schon wie toll.
jnrlih«' ! juchhe!
ju('lilit<isn ! hci.ia I hn !
SU gi<!ii),' iler llfdelbngcn. Götiir 12, 5t.
HEISCH, m. forderung, verlangen, nebcnform su ei«ch 8,36.«
mit vurydretenem li {vgl. unten das verhum bcisclien); .«e irird
aus dem 10. jaiirh. bezeugt hei ScM«. 2,253. I.KXFR mhd. wh.
1, 1223. du folgenden stellen .sind aus dem 17. jahrh. und, mU
einci attsnahmc, von schlcsiichcn diciAem:
897
HEISCH — HEISCHEN
HEISCHEN
898
gott hat diäz nicht geschafft, noch diesen heisch gepriesen
(die furiieiuny der Gibfouiter menschen zu oi'fein).
A. Grtphiüs Iö98 1,5(51;
sagt: dasz sein kaiser nichts in Siebenbürgen lian
eniliengen unserm iieisch. Lohenstein Ibndi. 19, 499;
wie dasz aufs vatern heisch sie nicht den sultan liebt?
3s, ^3.i ;
der aiisgang wird entdecken
wie weit sich unsre macht, des kaisers heisch erstrecken.
Aijiippina 7s, 120;
(er) schlägt sein letztes heil mit's kaisers heisch in wind.
Lleupalia 25, i>"4;
ihr nymfen . . .
gehorchet der naiur und ihrem heisch. Wernickk 257.
HEISCH, adj. rauh, heiser, von der slimme. ahd. heis und
beisi, (iiis. Iiäs, mlid. heis und heise; yeicühnlichei- ist liier schon
die treilcibildung heiser (s. unlen iieiscber und heiser), die
foim lieis und heise lebt bis ins Iß.jahrh.: rauctis heise, heisz'
nd. hes, heesz Djef. Abb';
(Äso^,) stamlet mit heiszer, böser sprach.
6. \V ALDIS leben Esopi 39.
die rnbreitei'ung des auslauts s in seh (wie in kirscbe für kirse,
barnisch für harnüs) beijinnt schon im ii.jahrh., am frühesten
in Schlesien und durch niederdeutsche vocabularien bezeugt: iieisch
raticus inleilinearversion der psalmen v. Petrus v. Patschkau von
1340, fcei HuFFMANN /"«nrff/r. 1, 376*; raucus hesch, heescli Dief.
a. a. 0., nov. yloss. 314' ; seit dem 16. jahrh. scheint nur heisch
noch vorzukommen, velches wieder nebst der erweiterten form
heischer nach der tnille des IH. jahrh. in der Schriftsprache dem
edleren heiser gewichen ist und nur in den mundarten {nament-
lich ii den mitteldeutschen , schlesisch , obersäclisisdi , düringisch,
auch hessnch Vilmar 160) sich gehalten hat»: ich habe mich
müde geschrien, mein halsz ist heisch, ps. 69, 4 ; das ers ja
üiciit hesser maclie, denn David, und solch lied ja nicht
bOlier singe, er wird sonst gewislich iieisch werden. Luther
6,140'; fuichlsaine seele! gut, rede mit ihr, bis du heisch
wirst, ich will des todes sein, nenn sie einen pfifferling auf
dein gescbwätze giebt. Stürz 2,202;
mein scbäTer glaub es mir, da&z ich itzund nicht kaa
mit dir, weil ich ganz heisch, ein liedchen stimmen an.
scitaub. enijl. u. franz. cum. 1,542;
macht unser fleisz kein grosz geräiisch,
und schreien wir bei warmen tagen . . .
uns nicht, wie du im neste, heisch. Gellert 1, 70.
Jifan hat heisch, ahd. heis etymologisch vermitteln wollen mit
sanskr. käs, Irtt. käset husten; zu unrecht, da die vocale völlig
andere sind und die würzet käs schon ihren regelrechten Vertreter
in ahd. huoslo, ags. hvüsla husten hat, beis stimmt den lauten
nach zu sanskr. kesara mahne, haar, lat. caesaries , auch die
bedeutungen liegen nicht so weit aus einander^ als es auf den
ersten blick scheinen möchte; das starrende, gestrüppte was sich
mit dem begriffe der mahne verbindet, ist auf jenes gefühl im
halse übei tragen, was mit einem ähnlichen bilde auch raub ge-
nannt wird.
HEISCHBRIEF, m. forderungsbrief der obrigkeil an die unler-
thancn zu listHiiq einer pflicht. Frisch 1, 438*.
HEISCHEFOR.M, f. so haben neuere grammaliker für imperativ
gesetzt.
HEISCHEN, verb. begehren, bitten, fordern; neben form von
eischen , ahd. eisctin , mit vorgetretenem b. «6er das formelle
des woiles vergl. thcil 3,863; die dort ausgesprochene vermuthung,
dasz die nähe von beiszen jubere auf die verderbung von eischen
in heischen mitgewirkt habe, findet best'itigung in der mehrfach
beobachteten Verwechselung beider Wörter; so braucht man an der
Blies heischen für heiszen. Schm. 2, 253; da lit (liegt) guet, das
da heischet hoifgoit. tceis7/i. 6,547 {Obermonel) ; sieben rode-
flure. der iist .. heiszet die Fylegiobe, der ander heischet
oin Bennans groibe. das.; der best beiszet 'cueszbolz', der
siebent heischet 'der jonge besehe', s. 54S ; umgekehrt slelU
heiszen für heischen : barfuszig und armgklich gckieidt, brol
heiszenl. Aimon bog. A {vergl. unten heiszen I, 3). Schweizer
und Elsasser schreiben auch heuschen: höuschen , forderen
adimcere Maaler 228* neben das schuldig heischen poscere
das.; bette er mir ein guten brenntenwein gehöiscbet, ich
wolt im wol ein ban geben. Wickram rollw. 50,9 Kurz;
die {fiärttp) all wurden abgeheuschen (mifiirfnrdert) zu stund,
sich zu kereu vom Swiizer punt. Lenz Schwubeiikr. 17'.
heischen iü wie eiscben im praet. doppelformig : dem althochd.
eiscün, eiscöla gemdsz iit nur eischte heischte, geeischt ge-
heischt, formen die die heutige sclirißsprache auch fast ausscliliesz-
lich brauclil; daneben hat sich, in der tnhd, ztU, nach analogie
IV. II.
der reduplicierenden praeterita , ein iesch hiescb , geeischen
gebeischen herausgebildet, das auch im nitd. in zahlreichen beleiien
(s. unlen) vuriianden ist und nodt im pari, gebeischen bei GüThe
8, 149 dauert.
Die bedeulung von heischen isl iunächsl die allgemeine ver-
langen, begehren, wie urverwandte wOrler darlliun: sanskr. is
wünsclien, begehren, nach etwas streben, alts. iskati quaerere, litt.
jgszküli, rt/ss. iskat', 6ö/im. jiskati. diese bedeutung trill »tilder
oder heftiger hervor.
1) heischen verlangen in bittender weise: danimbe getorslen
sü (die geiszier) nieiiian {dal., bei niemanden) lieischen noch
fordein noch in kein bus kiiinmeii. so sii zum ersten iiiole
in ein slat oder in ein dorf koraent , man lüde sii daime
und fürt sü one ir heischen drin. Closener. d. slddtvchron.
8,106.16; lieben fiünt {sagt kaiser Titiis) icli h;ilie liisi-n dag
verlorn, wan nieinan het mir büie üt \ctwas) gebeischen noch
von n\k üt enpfangen. 346,24; des kam der hol Alirahams
kiiecht zij Rebecca bei einen briinnen im hiscb von ir trinken.
Spiegel menscht, beltaltnusse (1492) 17"; beissclie von mir, sn wil
ich dir die beiden zum erbe gehen, und der weit ende zum
eigentbum. ps. 2, 8; die jungen kinder heischen biot, und ist
niemand ders inen breche, klaget. 4.4; wie Alexander .. ze
trinken hiescb Hercuüs trunk, ..gab im Jolla flugs des wassers
im trunk. Forer //»>r&. 46*; ein gutherziger mann bekam das
fieher, und wurde ihm geralben, von einem gewissen mann
Zucker zu heischen, pers. baumg. 6, 9 ; diesz ist der prinz
Pallagonia . . welcher von zeit zu zeit durch die Stadt geht
und für die in der Barbarei gefangenen Sklaven ein iösegeld
zusammen heischt. Göthe 2S, 125 ;
er hiesch ein tal'len, schreib darin
Joannes sol sin nammen sin. trag. Job. Av;
da er zuletzt nun sterben solt,
hiesch den plarrherrn und beichten wolt.
B. Waldis Esvp 4, 46, 8;
ich heische deinen Unterricht in ganz
was anderm. Lessing 2, 274;
(ich) wünschte viel, und hoffte wenig,
und heischte nichts — froh wie ein könig,
wenn meine spröde mich nur litt. Gottek 1, 443;
in dörfern erquickt man den Sänger,
so schreitet und heischt er umlcnkliche zeit,
der hart wächst ihm länger und lauger. Göms 3, 4;
all er zum kräftgen jiinglins nun erstarkt,
da heischt er schiffe von dem vaier. Uuland ged. 175;
stellt zuerst sich ein ein püppchen,
heischt er gleich ein kindersüppchen. RItckert 227.
2) namentlich steht heischen ron dem geringen betller: der arm
man der bedler macht sich widder uff dye strosz, als den
(denn) dveselben darafler gon heischen und bellen. Keisers-
BERG bilg. l'ü"; nim wider ain geleicbnus V(m ainem beeller,
der da sitzet vor der kirchen, der selb haischet nit mit dem
mund, sonder sein groszen wunden und geschundne beia,
die schreien und baischen für in. has impf bl'; mein biot
mit heischen zu gewinnen. Aimon bog. B; dasz sie {die betller)
allein on allen mangel durch heischen reichlich erneit werden.
Agr. sfr. 11560) 67'; betteln und brot heischen gehet in einen
sack. Lehmann SO; an einem abend kam vor ihre thür, umb
ein bisziein essen zu heischen, ein mann. pers. baumg. 2,9;
ein bedürlliger mann heischte von einem frommen manne
etwas, der eben damabis kein geld bei sich hatte. 4,12; es
schicket sich nicht vor einen betller, der heischen gehet,
dasz er boffärtig sei. 8,12; gosz ihm seinen bafen voll, eh
er hiesch. Simpl. I, 451 Kurz; alle waren angeregt zur theil-
nahme, dergestalt, dasz er {ein alter belteljude) ohne irgend zu
fordern oder zu heischen, mit reichlichen gaben zur wege-
zehrung beglückt wurde. Göthe 48,33;
im snmmer bättlens er sich nert,
und raösz lyden manch übel zyt,
und heischt vil, wenig man im gytl.
Brant uarrensch. 70, 30 ;
und wer hi haisch das petel proi,
der werd auch dorthin leiden not.
SCUWARZENBERC 145';
noch ist ein an von nassen knaben,
die wöId ein siiodern orden haben,
heischen von der heiligen wegen.
MuRNER sdtdmeniunft 34';
ton hunden :
bistu sein herr, so bschirm in auch,
du werst sonst mit dem hund ein gaucb,
gib im darzn das beste Qelsch,
das er dir nicht vergebens heisch.
ScuEiDT grub, (ib^) FT (6. 2, cap. 8);
57
899
HEISCHEN
HEISCHEN — HEISCHER
900
aber aucii von fahrenden scliüleni : als wier gan Ulm kamen,
liiesz niicli Paulus mit dem {geschrnhten) tudi umhher gan,
den maclierlon darzu heischen. Tn. Platter 2C; also zugen
wir zum land aus, da muszt ich vor mir anliin heischen. 3("i;
dieweil gieng ich gen heischen. 37; ferner berechtigte das
sechzehnte jaiirhundert zu einem etwas kriifligeren lieischen
auf ihren stromartigen Wanderungen die wilden sludircndon.
GöTHE 45,250. von handwerL^burscIien : im verlauf der zeit
bemerkte ich , besonders auch auf reisen , vorüberziehende
handwerker, nicht grüszend wie sonst, noch weniger eine
milde gäbe heischend. 251. von andern hilfsbedürfligen :
noch nicht bin ich gewohnt, vom fremden die gäbe zu heischen,
die er oft ungern gibt, um los zu werden den armen. 40,245.
licisclien auch durch betteln erlangen, zusammenbetteln: eiste
Zigeunerin, hast du brav geheischen? zweite, wenig genug. 8,140.
3) heischen fordernd begehren, verlangen was gewährt werden
musz: die von Nürmberg .. heischen an mir, da; ich in die
slüsz wider geben solle, die ich mit dem swert gewunnen
han. d. städlechr. 2,411,35; so heischen die von Nürmberg
die slosz wider gar umbsust. 412, 4; fordert nur getrost von
mir mojgengabe und geschenk, ich wils geben, wie ir heis-
schet , gebt mir nur die dirne zum weihe. 1 Mos. 34,12;
auszerdem aber musztc jeder fremder, wenn er bürger wurde,
dem burrichter drei Schillinge bezahlen; eines bürgers söhn
hingegen konnte das bürgerrecht mit einem pfennig heischen.
Moser osn. gesch. 3, 72. in älteren quellen öfter mit dem daliv
der person, von jemand fordern: wie künde dirre koufman so
geturstig sin , daj er dir solle heischen des er dir nut be-
valch. d. städte-chron. 8,54,18; so gingent biderbe lüte und
hieschent an dem ringe den lüten, da; sü die bruder (geiszler)
stürtent zu kerzen und zu vanen. 111,18;
drum heisch und erfordre du. Wkckherlin 5;
er {der mal), der freund der liehcsgötter,
heischet opter und gesang. Hölty 131 Halm;
der held der dreimal frieden heischt. Ramler 1,63;
des Patrioten rause . . .
stolz auf des Vaterlandes ehre,
heischet sie kränze für ihre Schwestern. 103;
oder ich heische
selber von ihm das schiff, hölfsvoik aus den bergen von Cabesch
ihm zu schafTcn, wo mir die tapfern bewohner noch treu sind.
Pyrker Tunis. 2, 223 ;
in der altern form eischen :
man aischt von dir ein groszes gut
für des jungen Hütten leib. Uhland volksl, 484.
von dem fordern eines kavfpreises, eines honorars; so schweizei'isch
was iieisrlit der kaufmann für seine waare?; dasz der rom.
hof mit allem kein gelt soll heischen für einige bestätlignng.
Fisch A RT tJcH/c. 45*; darnach hiesch im der fürsprech die vier
gülden {gebühren). Wickram ruUw. 59, 22 Kurz, von der for-
derung einer schuld:
canz mitten in der räch erweiszt er sein erbarmen :
naischt uns die schuld und zahlt sich seihstcn für uns armen.
HOMPLEK V. LÖWEPIIULT 25 ;
daher heischen geradezu für mahnen : denn die anderen {glän-
biger) die eim nicht heuschen, machen einen hinlässig. Tu.
Platter 195.
4) lieischen, fordern vor gerichl. Haltaus 871 ; vor gericht
heischen, citare ad judicem, in jus vocare. Stieler 825; einen
richtcr heischen , postularc judicem. das. ; sol man nergent
anderswo recht nemen und geben, dan vor den hubern zuo
dem huphof. und welcher erbe anderswohin hiesche oder
klegtc, der sol sin erbschaft und beslentnis verlorn bau.
wekth. 5,570; seid ihr anders als gehörig geheischen und
geladen worden? Ihmernank Münchh. S,H; dagegen kam ein
kerl , der der frohnbot hiesz , von wegen des dings {heim-
lichen gerichts) droben unter den drei linden , und sagte ich
sei geheischen und geladen zum stuhl. 4,25;
bald wir lie wolln heischen Innsen.
ItEBHeN X. 22, US Patm.
rbenfo hcinchen fordern zum kämpfe: und hiesch sü Agamemnon
dicke henis zu slrile. d. stddlerhr, 8, 2i)G, 2.
5) heischen, fordern, in bezug auf rigensrhaflen , leistungrn ;
iiiin Hlat {%land) heischet d; ich sol lang cleider bysz uff die
lüsz tragen. KeisKRsnERC 61/9. Itl'; was im nutz und gilt ist,
d; »ein leih heischt. Kbask ueUb. T;
hai er an cim pfundt fleUch
nit RnuK zumal, da« er mehr heUch (/iir $eine ernältrung
ni'tllinj Ulli),
*o »(>|>i im mehr. I! 'v < ■■ ■•■• •-.•;
disz al)er ist das aller meist
das gott heischt ein willigen geist.
WicKRAM pitg. 3, 4, hl. 89;
dos käisers wohlfarlh heischt und billicht was ich thu.
A. fiRYPUius lü<js 1, 14;
dasz der verbundne leib zu viel vom geistc heischt.
Hau-ir it/iiieü. geä. (1768) 130;
der tod der fliege heiszt mich dichten;
der tod der mücke heischt mein lied. Gellert 1, 161 ;
solche thaten heiseiien finstcrnis. Gotter 2,509;
doch wenn das mächtige, das uns regiert,
ein groszes opfcr heischt, wir bringcns doch
mit blutendem gefühl der noth zuletzt. Göthe 9, 281 ;
scharf ahndet der gerechte richtcr die verbrechen,
wenn seines volkes Sicherheit
es heischet. Kahler 2,29;
auch der mutter
— kommts nun zur trennung — wird es thränen kosten,
und ohne dein erinnern — doch die ordnunj^
und deiner tochter jähre heischen sie. Schiller Jphig. 3,4;
wie anders! da des muthes freier trieb
zur kühnen that mich zog, die rauh pebietcnd
die noth jetzt, die erhaltung von mir heischt.
^yallfHüleins tod 1,4;
die rauhe sturmhewegte zeit
heischt einen kraftbcgabtnrn Steuermann, juwjfr. 1,5;
bald spielle er den heuchler, bald den spaszmacber, wie es
die zeit heischte, parasit 1,2; ihre (der fürsten) gewalt sei
mehr oder minder ausgedehnt, je nachdem der besondere
vortheil jedes volks es heische. Beckers wcltgesch. (6. ausg.)
14,383. in bezug auf heilmittel:
schaipf laugen heischt bösr grinde.
Soltau 497 [von 1632).
6) heischen tu bezug auf die geliote der siltlichkeit, der vicnschen-
liebe :
ein äuge, das sich schlieszt, ein haihgebrochnes herz,
heischt eine thräne doch, und eines freundes schmerz.
Gotter 1, 141 ;
gib ihn der strafe preis, die sein verbrechen heischet. 2,464;
schwach ist ihr herz, doch rein; und Schwachheit heischt
geduld. 427;
doch Lila hörte nichts, als was die mutler {die mullerpfticht)
heischte.
Wieland 17, 86 {Idris 2, 28) ;
verkenne meinen guten willen nicht,
dich zu erinnern heischt oft meine pflicht. Lk?iad Faust 143.
.7) reflexives heischen erforderlich sein, erfordert werden : i. f.
gnaden hätten wohl Ursachen . . das bei der sachen zu thun,
was sich heischte. Schweimchen 2, 19.
HEISCHER, m. postulans, depioscens, petilor, rogator, flagitalor.
Stieler 825; höuscher, forderer, stipulator Maaler SCS'; nach
den verschiedenen bcdeutungcn von heischen.
1) nach heischen 2, bettler: ein bedürftiger mann heischte
von einem frommen manne etwas, der eben damahls kein
gcld bei sich hatte, der heischer gieng mit einem sauern
gesiebte von dannen. pers. baumg. i, ii ; es wird ein heuscher
sein, und der kann warten. J. Gotthelf schutdenh. 161.
2) nach heischen 4, der forderer, kläger : wan der heischer
will, so musz der Schuldner triu an eidsstalt geben, das er
dhein barschaft hab. weislh. 6, 316 ; aber auch der gericidsbote,
bültel: aus furcht, die heischer und landknechte möchten
hinten nach kommen. Chr. Weise erzn. 35.
HEISCHER, adj. und adv. rauh, belegt, von stimme und ton,
erweiterte form von heiscli .ijmitc 897 : wann sich die kinder
heischer geschrien haben. Tabernaemont. kräulerb. 6S5; er
redete mit mir ganz heischer. Aiiele 2, :i27 ; als er . . . im
fortgehen mit einer heiscbern stimme einige vcrse sang.
Rarener sat. 2(1761)238; was ist gemeiner als die spräche
der dichter, welche über ihr heischres röhr seufzen? 321;
ich habe, wie sie hören, einen heiscbern hals. Leskinc I.1:i|;
die heischere kehle wird durch einen guten trunk «odanii
gelabel. Moser patr. ptianl. 1 (179S) s. 372; sie ist hei>!(her,
sag ich ihnen — sie könnte sich {durch das singen) schaden
thun. (iotter Jeannette \.aufz. i. aufir, ;
bald kommt er {Marcrtls gvixl) mir durrhnrtit mit blut und
thraiiiMi vor,
ruft heiicher und verweist, dasz ich nun »elhst verlnssen (hin).
A. Grtphiiii I(>9S I, -ilU;
Marccil, dein bloMer mund, doln rauh und hoisrhre nimm.
'.MS;
OK «nng die heinchrA KrillA
die gnnio Homniorzcit. lUcinoRN 2, i\'>;
welrh« Niimme. rauh und heiücliorl l/Htixn i/cd. I'i';
o fiii-r\ti>'* i;nwUbl («rlumpirr knnben,
barlii-i/iTr mruIrliCTi, licisclirpr Kriihli iml - •> ' ''
901
HEISCHERKEIT — HEISCHUXG
HEISER — HEISERLICH
902
lasse du den heischren freier!
hier bin ich der singen kann. REckert 1;
in bezug auf ftul, quelle:
es hemmen seinen lauf nicht hluhmenvolle fcliler,
durch die ein lautrer bach mit heischerm murmeln schleicht.
Uz 1 (neS) 92;
murmelt ihr, wann alles ruht,
murmelt, saiiftbewegte bäume,
bei dem sprudeln heischrer fluth,
mich in woUusr^olIe träume! 150;
ach dein so zartes klagen
rührt alles, fräuelein,
schwellt auf die heischre quelle,
erweicht den kiesclstein. Fr. MjJller 2, 329.
5. heiser.
HEISCHERKEIT, f.:
er stimmt die lügenden der spröden sängerinn,
trotz aller heischerkeit, trotz allem eigensinn.
Hagjsdorn 1, 22.
s heiserkeit.
HEISCHESATZ, tn. postulatum. der aiisdruck tcar zu anfang
des lS.;/i. in der mathematik üblich: podulaluvi, ein geheischter
salz. RiRsca cornuc; postulatum, ein heischesatz, wird ins-
gemein ein satz genennet, den man ohne beweis zu geben
von einem andern fordern kann. fna/Aema/. /ex. (1747) 1,1032.
Cur. V. Wolf rerpflanzte das tcort mit etwas geänderter bedeutung
in die philusophie : die erwegungs-sätze, welche aus einer er-
klärung hergeleitet werden, nenne ich grund-sätze; die übungs-
sätze, welche man aus einer erklärung schlieszet, heische-
sätze. Vernunft, gedanken v. d. Iiräßen des mensM. Verstandes
(5. uu/J. 1727) s. 79; und seither erscheint es mehrfach ange-
wendet: was ich hier blosz postuliere (nämtich die annähme,
es habe eine sehr frühe Sammlung von nacitrichlen über Christi
leben eicistirt) wird sich in der folge zeigen, dasz es wirklich
so gewesen, man müszie gar nicht wissen, wie neugierig
die menge nach allem ist, was einen groszen mann betrift,
für den sie einmal sich einnehmen lassen , wenn man mir
diesen heischesatz streitig machen wollte. Lessing 11, 496 ;
ich nehme dieses als einen heischesatz an, dasz die Vor-
stellungskraft der seele sich nach läge der körper richtet.
Kabenek su^. 2 (1761) 27S ; frevelt man aber mit einem Philo-
sophen, so erbittert man gewis ein ganzes beer junger schrift-
steiler, welche das lehrgebäude ihres abgotts durch heische-
satze, lehrsätze, grundsätze, und aufgaben, vertheidigen. 293;
ein ernsthafter, nüchterner, förmlicher, strenger mann, der . .
den köpf voll defiuizionen, Ichrsätze, heischesätze und korol-
larien hatte. Wielard 15,172; heischesätze, apopbthegmen,
pUiiosopheme . . ersinn ich in einer woche unzählige. J.Paul
Titan 2,1.
HEISCHHEIT, f raucedo. Dief. 485'.
HEISCHIG, adj. supfdex, flagitans, petens. Stieleb 825 ; (ej»
treues ueib lärd) nicht zu viel keischig noch beiszig sein.
Garg. 70*. — anheischig hat zu diesem warte keinen bezug,
vergl. Iheil 1.373.
HEISCHIGKEIT, f. ravis, raucedo, rauälas. Stieler 826.
HEISCHRLLNGE.ND, part. raucisonus. HEDERicn 1239.
HEISCHUNG, f. forderung, mhd. eischunge. Lexeb icb. 1.533;
lieischung , begerung oder forderung , postulatio , desideratio.
voc. ine. theut. i3'; hetschung, forderung, exactio. Dasypod. ;
böuschung eines begärten aings, stipulatio, stipulatus. Maai.er
228*; unverschämte heischung, inverecunda postulatio Stieler
825; in verschiedener ausprägung des begiiffs.
1) nach heischen 2, beitel, betteki: mendicabulum, mendicatio,
bettlerei , heischung. Dasypod.; in der Zusammensetzung ab-
heischung: darinnen allerhandt ungebürliche händel gegen
die underthonen doselbsten mit abheischung brodt, fleisch,
eier und anders verüben helfen, urfehde v. Johann Waldschmidt
tum j. 1599, liandschrißl. im Büdinger arcltiv.
2) rechtnviszige forderung {nadi heischen 3): wolt ich ein
rock nemen bitz an dye waden tragen, so spottet man myn,
ich trüg nit cleider noch {nach) heischung niyns stats, min
slat heischet dj ich sol lang cleider bysz uflf die fSsz tragen.
Keisersberc W«;. lll'; indessen wurde aus seinem gesprache
mit den nachbarn klar, dasz diese bauern sich den heischungen
des Staats zum öfTentJicben nutzen gegenüber im zustttnde
des krieges glaubten. InMERSiA.tN Münchh. i, 137.
3) nadi heischen 4, forderung vor gtrichl : gerichtsheischung
ciiatiu Stieler 825; solche heischung geschieht am ersten,
andern und dritten rechtstag. Kirchhof niiii/. dtsc. 247 ; antrag
des klägers : ii(T den selbigen termin sal und musz ich durch
LiiMliütiL' ili« r' •.•(T<: ricillcn und proccdirn. fehmyericlitsurk.
v. 1509, handschriftl. im Büdinger archiv; beischung heiszt aber
auch die gericlälich bewilligte zeit, um sich über etwas rats su
erholen oder um eine thatsache genau in erfahrung zu bringen,
frist, bedenkzeit: mögen wol haiscbuug und bedacht begeren
drei vierzehen tag. Schm. 1, 123.
HEISER, adj. und adv. rauft, unrein, nicht hell, von stimme
und ton. es hat sich in der form des mhd. heiser erhalten, einer
Weiterbildung von heis , und gilt jetzt allein noch für zulässig
in der seliriftsprache , während die breiteren formen heisch und
heischer (sp. 900) vom 15. bis in dieses Jahrhundert nebenher
liefen: raucus heiser, heiszer Dief. 485'; heiser, raucus, vulg.
ruch im halsz. voc. ine. theut. i3'; heiser sein oder werden,
raucere , raucescere, raucare. das.; wenig heiser, raviscellus
Dasypod.; heiser, raueus , raucidulus , heiserlächt, ein wenig
heiser, subraucus Maaleb 217"; heiser von vielen fragen werden,
raucum rogilando fieri Steixbach 1, 728 ; seine helle stimm
mit der feiszten suppen heiser gemacht. Kirchhof wendunm.
439'; ich sagte dasz ich vom schlafe noch ganz heiser wäre.
Jucundiss. 168 ; ihre {der kühe) heisere schellen klangen wieder-
hallend hin und her. Stilli.ng Jugend 2, 29; der satan schrie
sich in ihm heiszer. J. Paul Hesp. 3, 109 ; ich kann dir das
wort oder den laut nicht beschreiben, mein geliebter! der
gesang der nachtigall klingt heiser gegen seine süszigkeit.
Immerma.n.n Münclih. 3, 91 ;
berr, nimb doch zu den obren
mein heiser notgeschrei! Flksimg 7, 51 Lappenb.;
da unbesorgt der hirte lieb und freude
auf heiserm röhr den öden leisen sagt.
Zacuarul 2, 298 ;
der ziegengefiiszete pausback
zwingt den heiseren ton wild aus dem schmetternden hörn.
Göthe 1, 347;
das ist der ewige gesang,
der jedem an die obren klingt,
den, unser ganzes leben lang,
uns heiser jede stunde singt. 12, 80;
auf weit verbreitet öden eisesfeldem,
wo nur der heisre lämmergeier krächzt.
Schiller Teil 2,2;
heisere grillen umschwirrten sie.
Voss 1, 19 {Luise 1, 111);
wann die heisere cicade
zu der heiszen arbeit mahnt. Rcccert 242;
so heiszer auch die geigen tönen. Lei^vau Faust 174;
sie sollen ihn nicht haben,
den freien deutschen Rhein,
ob sie, wie gierge raben,
sich heiser darnach schrein. N. Becexr riheinlied.
heiser bedeutet auch leise, flüsternd: ich zischelte meine com-
plimente so heiser zu. Chr. Weise erzn. 345.
HEISERE, f. heiserkeit: heisere, raris, raucitas Maaler 217*;
raucedo heisere Golii üHomas/. (1582) 254; die heiszere in der
stimm und red. Gebsdorf feldb. der wundarzn. (lö28)S4; aus
dem gemeinen kühl wird für die kinder, ihnen die heisere
zu vertreiben, ein herrliche brustlatwerge gemachet. Taber-
SAEHONT. 789.
HEISEREI. f. heiserkeit. mitd. heiserie Leser wb. 1,1223:
ein arth {offener sclidden , gegen die ein gewisser baisam nicht
hilß) . . kompt ausz haiserei. Paracelsus chir. schriß. (I6ls) 83*.
HEISERHARSCH, adj. heiser und rauh:
recht widerlich
drang mir ins ehr ihr {der eulen) heiserharsches schrillen.
U. Hei:«k 16, 45.
HEISERIG, HEISRIG, adj. heiser: raucus heiszrig Dief.485*j
dies erweckt ihr grose müh,
drum sie sich gar heisricb schrie.
Hein, fuchs (Hostock 1650) 101.
bei Stieler heisericht: heiserichtschreiend usque ad ravim
cljimans 1933.
HEISERIGKEIT, f. heiserkeit. in komisclier verkehrung des
Sinnes: hesser ein klein geläut denn kein getaut, ich hörs
doch lieber grosz, das macht mein heiszerigkeit inn om.
Garg. 154*.
HEISERKEIT, f. raucedo, raucitas, ravis. Dasyp. ; so macht
er (der stein calophanus) im ain süeje oder ain helle stimm
und behüett die keleu vor baiserhait. Mege.\b£rg 440,30;
wenn man die erste ungesalzene brühe vom braunen kohl
mit etwas zucker versüszt, vertreibt solche den husten, heiser-
keit und engbrüstigkeit. öcon. lex. (1731) 1254 ; im trinken soll
mich die heiserkeit nicht hindern. Holtei Lammfell 184.
HEISERLICH, adv.: rduce heiäzerlich Dief. 485'; da; eisen
doent haiserleichen. Mege.'^berc 479, 26.
903
HEISERN— HEISZ
HEISZ
904
HEISERN, verb. heiser, gedampft rufen; impersonal gebraucht:
Evclicn, licisert es.
wer ist da? friif; ich.
Kleist zfihr. krtiq, «. 157 Her erflen nmg.
HEFSIEREN. rerb. hin und her ziehen oder laufen, dasselbe
was hasiei eil sp. bAA und haiisieien 4 sp. b75 :
hon mnn die triimon niren.
sy rtirkieii niiszhiii, pur hald
slicli man den vt>iiii hcisicren.
heisieren vor dem wnld. Soltaü 177 {v. 1502).
dai mhd liei^lieien eiii-n [nachgetrirsen bei Grimm kl, scJiripen
i,'As:) irird tuil ullfranz. h.istier ziisamniengnlvlU.
HEISOCKE, f Überkleid, tiiaulrl. die geiröhn liehe form ist
hiiseik«'. s. d. : nin schwarze pinfnclie schaniltilleiu' lieisdckcn
mit diiiiiMSchkiiten einiel . nier »in schwarze scliomlnttene
heisDcken. Ihuilitng hm. iVillib. Pirkhuimers veilassener liah, in :
zum andenken W. Piikhaimcrs (iV«;n&. 1828) s. 49 ; ain scbelters
hei*iirkli'in on enncl. das.
HEISTER, m. junger tratdbaum , buche. Vilmar 161. auch
qnerciis robur cum longo pcdiculu , Sommereiche , gemeine eiche.
Nkmnich 4. 1106.
HEISTER. /". und m. ebler, corvus pica. in ?iorddeulschland.
Nemmch •-'. I2jr,.
HEISTERKOPF, in der nordd. redemtarl heislerkopfschieszen,
einen ifurzribaiim schlaf/en. rergl kopfheisler ///. 5. 1775.
HEISTERSCHNEPFE, f. harmalopus. meerelster. Nemnich.
HEISZ. adj. und udv. fervidus, culidus. golh. unbclcgl, doch
erscheint im subsl. licilo fieber ein verwandter; alls. fries. viederd.
bei; altniederfränk. iicit, nirderl. hei; ags. UM, engl, hot ; all-
nord. heilr. schued. iift , ddn. iu'd; ahd. mhd. heij. die be-
zirhunuen des uorts zu hei trocken , dürr spalte 794 erscheinen
ZKcifvllüS , ohne dasz jedoch weitere etymologische ausführungen
gevaiß werden können. — heisz steht
1) von dem feuer, der flamme, der glul :
ahd. dai er . ._ hellä fiiir harlo piwise,
pelilieü pina : dar piiitil Sataiin;
der altisiö heijjan laue. Jiiiv/ii</( 23;
attt. werpan it an biiar ilur,
Utan it thär haiöian h^ta lögna. Hetiand 2574;
mhd. er müj immer .«in geimnden
in der haij^en fiures flamme.
II. V. Melk crinnernngen 91 Heimel;
bowel üj den helmen den hcijen fiures sciiin.
Gudrun 1388, 2 ;
nhd. ach herre, lieber herre mein,
wem liel'eiet ir euer schlosz?
'leb belils den beiszen Icuersflammen.' Uhland t)ot/i.<:2. 289 ;
du sollest d.-ihaime bleiben
und haben ^ut bausKemach
ob einer haiszen gluie (dns Itprdfeuer ist gemeint). 331 ;
zuhandt im einer veikiin<len ihnt.
sprach : dein bausz brendt in beiszer glut.
li. Wald IS t:sop 3, 36, 9;
so wird das schöne gold durch heisze glut bewehrt {bewährt).
A. Grtphius 1698 2, 458;
meint ihr, dasz in den heiszen gluthcn
die zeit, ein pbönix, sich erneut? üiilatid ged. 93.
2) ron dingen denen durch das feuer ein hoher grad von vdrme
mitgetheilt üt : heisze plallen, ein beiszer ofen. heiszcs wosser,
hei.sze speisen; köre den mörser dicke umme gen dem fiur,
d;i5 er gelich heij habe. b. v. guter speise II; setzt sie mit
dem bloszen arsz uf die beisz escli {asche). Ulensp. 84, s. 123
Lappenbcry ; aus seiner nase gehet raucli, wie von heiszen
tiipfen und kesseln. Hiob 41,11; ich seiic ein beis siedend
topfen. Jer. 1,13; lege auch den tupf lehr auf die glut, auf
das er Iieis «erde, und sein crz entbrenne. //«. 24, II; wie
ein hei« wasser vom iiefligen feuer versendet. Jes. 04, 2; und
befalh, man Bulle den ofen sieben mal hriszer machen, denn
man sonst zu thun pQegle. Üan. 3, 19; unsere kiicben buchen
wir in beiszer a-icbe. Simpl. l,39 Kurz; also warm und beisz,
wie man die paslellin friszi. Garg. l4o'; die Römer lieb-
kotten den sinn des gefllbls mit baden . . sie fingen vom
beiszeti an und gingen alsdenn alle grade der wdrme durch
.. bis zum kalten. Heinse Ardingh. 2,124;
das lor hsnds auTgehawen,
da*selbig der Gecken verderben «ras,
man scbuti in beisi wasser und'r die äugen.
UULAfip Vutk><l. Wi.
iprichicOrÜich : das ist wie ein tropfen auf einen beiszen tlcio;
ich trink Im allertiermc'i zog,
und di-nnoch «Ird ralrs nie g'nug.
lallt wie auf bsisiau aMln. Uhlai«o Qtd. M;
man musz das eisen schmieden, weil es heisz ist, die lierren
j.iciiliiner sind seit einem halben jnhre um mich lieiuin gc-
schiiihen, wie die katze um den heiszen brei I Guthe U, 2(i6;
etwas zu heisz kuchen ; ich hnbe keine lust wachend dafür
zu büszen, wenn ihnen ein zwerg im tranine was zu heisz
gekocht hat. Wiei.and 11,200; es ist keine suppe so heisz
gegessen wie gekocht; bildlich etwas fällt einem beisz ein,
hergenommen roii der eben gekurhten , noch dumpfenden speise:
unterdessen fält mir alleweil ein exempel liei.'sz ein, welches
dem vorigen nicht ungleich, gepß. ßnken 72; mir fiel beisz
hierbei ein, dasz ... Heinse Ardingh. 1,133; diesz ist eine
posse . . die wir bei.sz durch die kammeijiingfer erfuhren.
2,293. anders etwas heisz machen, bedeutend, arg: wer seinen
nechsten lobet mit groszem geschrei . . der ist zu achten
wie ein lesterer, denn er macht die sach verdechlig, das
jederman denkt, er wolle ein bOse sach schmücken, das ers
so heis machet. Luther l, 487'. — einem die iiölle heisz
machen {mit bezichung auf die bedvutung A.b unten) aliquem in
peiturbationcs cunjicere. Stieler 822, i. hülle; ähnlich einem
das hemd heisz machen : dann es war nichts anders mit
mir, als dasz ich meinem mann oder gegentbeii. wann einer
mit mir zu thnn bekommen, das bemd rechtscIialTen heisz
machen, also dasz ich woi vor einen einfachen guten Soldaten
passiren hätte können. Simpl. 1,293 Kurz; das bad beisz
machen ;
Benedict tet dem Ilauser kund :
das bad war im zu heisze {iiri einer hplngerung).
ÜHLAMD volttst. 473.
heisze quellen; heisze Strudel, die heisz aus der erde kommen ,
ins wililbad will er reiten, wo beisz ein quell entspringt,
der sieche heilt und kraltigt, der ftrcise wieder jungt.
Unland ijeU. 35»;
wo aus dem fel.<!en,<!palt
am bcigzesten und vollsten der edle sprudel wallt, dat.
technisch: der probierofen gehet heisz, wenn das feuer verstärkt
ist. Jacobsson 2,249'; der Schmelzofen einer glashülte wird heisz
geschult, das. ; die erze werden bei den proben beisz getban,
zum sch7i;clzen cihitzt. 250*.
heii^ze dämpfe, die von heisz gemachten flüssigkeiten aufsteigen:
es sasz an einem tisch der knecbt auch mit den seinen,
der grosze breiiopf stund und gab den beiszen rauch.
Rachel sat. (1677) s. 35.
das heisze eisen bei gottesurtheilen, s. theil 3. 365.
3) im engen anschlusz an die vorigen Verwendungen steht heisz
von der sonne tcnd das durch sie heisz gemachte: diu heijja
sunna bat mir mine scune henoman. Williram viii, 9; hitzige,
heisze und stächende sonn, assus sol. Maaler 217'; wenn aber
die sonne heis schien. 2 Mos. 10, 21 ; morgen sol euch hitife
geschehen, wenn die sonne beginnet heis zu scheinen. 1 Sam.
11,9; man sol die Ihor Jerusalem nicht aufthun. bis das die
sonne heis werde. Neh. 7,3; heisz beisz wie sticht die sono.
Garg. 100*;
hier macht (scheint) die sonne bei.<z, hier blendt der Schimmer
von mannigraltgen lichtem meinen blick.
Imhermanm drumen (IS43) s. 102;
bald steigt die sonne drückend beisz. Uhland ged. 317;
der seine cier auf der erden leszt, und leszt sie die heiszen
erden ausbrüen. ///oft 39,14; da der tag am heiszesicn war.
l Mos. 18.1; da der lag am heislen war. 2 Sawi. 4,5; wenn
sie die iiitze drücken wird, weiden sie verschmachten, und
wenn es heis wird, werden sie vergeben. Hivb 6,17; wenn
ir sehet den sudwind wehen , so sprecht ir, es wird heis
werden. Luc. 12,65; den menschen ward heis für groszer
hilze. o^rnd. 16, 9; eine billte wider den iieiszen millag. Sir.
34,19; die sonne . . macbels beiszer denn viel ofen. 43,4;
ein beiszer siimer, aeslas calida. Maaler 217'; ein beisz oder
hitzig land, plaga arens. das.; den 8. Juli 1707 nach dem allen
calender, den die Engelländer nudi haben, war eine so un-
erträgliche liilze in Eugelland .. dasz verschiedene peisonen,
die auf dem fehle zu lliim h.itlen, starben . . datier man
auch denselben tag holluesday oder den beiszen dienslag
genennel. Chr. Wulf remünß. gedanken v. den Wirkungen der
natur 299; an einem heiszen luge, den uns die sonne und
der feind beisz macbic. Lessinc 1,555; heisze winde;
das jabr ist niemals gleich, bald l^t os kalt, bald heisi.
FLKai>o 115,7 (.•i;i/»-ii6. ;
(da die muie) am kapitol in den licisten »nml trat.
Klop-tock I, 101 i
noch iChnlTen im belsian gclilde die unmmcnden bicnen.
l'nn?iD !/((/. 2.m.
905
DEISZ
HEISZ
906
Von den ionnmstrahlen übertragen: die heiszen strohIeD die
Ciiciliens scliünheit von sich warf. Heixse Ardinglullo l,12l;
wie heisz die äugen in inicU sonnten 1 21S. spicIiwOrtlicIi es
isl hier ein lieiszes pDaster, es nl unbehaglich, une auf dem
von der sonne duiclthitzten pßaster ; der stein weg ist heisz ..
also ist der steinweg heisz, da Ihewre zerung ist, und gehet
Til auf, man veizeret vi!, zu Nürnberg ist ein heiszer stein-
weg, zu Biuunschweig ist er nil also heisz, dj ist. zu Braun-
schweig ist leichler zeren, denn zu Nürnberg, ägricola spr.
(löbO) •24-2\
4) heisz, von einem hohen grade innerer wärme bei menschen
und thieren; in verschiedener ausprdgung.
a\ bcsNylich der arbeit, anslrent^ung : eine schwere arbeit
macht heisz; heisz und blutig vom einhauen setzten wir uns
zu den würfeln. Immermasn dramen (1S43) 227;
das sie sich speisen nicht vom wort,
sonilern von jeder lecker speis,
das sie sich fressen drüber heis.
Fischart v. s. Domin. 3500 Kurz;
mit der britannischen
sah ich im streitlduf Deutschlands muse
heisz zu den krönenden zielen fliegen.
Klopstock 1, 100;
daher: bei der arbeit gieng es heisz her, es wurde tüchtig
geschaETl;
wenn ein wackrer mann
mit heiszer stirn von saurer arbeit kommt. Göthe 9, 184;
von der siirne heisz
rinnen musz der schweisz,
soll das werk den meister loben. Schiller glocke;
daher die arbeit selbst heisz genannt wird; das heisze lagwerk.
Brentano lust. musik. 25;
wann die heisere cicade
zu der heiszen arbeit mahnt.
RiJCKERT 242
I
ebenso wie kämpf, Schlacht: jagt geschwind herum und sucht
noch reiler aufzutreiben ... es fangt an heisz zu werden.
GuTBE 8,101; diese Schlacht war heisz! Klopstock 8, 1S3;
all disen heiszen stürm und brennendes biulbad.
Weckherlin 1ö4;
doch wo man nach der heiszen schlacht
nicht wieder von sich selbst erwacht. Wielasd 10, 189;
an der Katzbach auch hatt es gar heiszen strausz.
Arsdt ged. (IMO) 279;
(hnllpv) vereint bestanden manch (urchtbaren stürm,
manch heisze schlacht zur see und am gestad.
L'hla^d yed. 172;
fehlest du dem christenheere
heut, an diesem heiszen tag? 25S.
b) heisz vird der von affecicn , leidenscliaflen betregte: ihr
müät ein wenig gmach traben [nicht so eifrig auf eurer meinung
bei^teheu), wie kent ir so ein heiszen köpf liaben? Wickram
ro/iif. 158, 20 Kurz; heisz vor der stirn sein, riilg. leicht zornig
werden, facile irasci, exaesluare ira. Frisch 1.439'; heiszes blut
ballen, tgl. heiszbintig; unter dieser Schilderung sehnte sich
Viktor wieder so bewegt nach ihm , als wären sie ein jähr
auseinander gewesen; daher legte er sich im abendrothe
unter birkenhiätter, dem stifte gegenüber, um ihn sogleich mit
heiszen armen in verhaft zu nehmen. J. Paul Hesp. 1,260;
der wein stieg im hinauf ins ehirn,
wardt roih und heisz vor seiner stirn.
B. VValdis Esop 3, 93, 180;
ich musz mit der goldenen locke zuvor
trocknen meine heisze waoge,
ehe ich singe den groszten der söhne Manas.
Klopstock 1, 246;
ob ich, mein fürst, ob dieser heisze köpf
den streit zuerst begonnen? Gotue 9. Ibl;
indessen klopft vermisclit mit banger lust
ein tüszer schmerz in ihrer heiszen biust.
\Viela;»d 10, 150;
woher, du »fiszes schmachten, frommes wnhnen,
die sich mit inl>riin<t auf gen himmel ilrnngen,
die mir die heisze brüst wie ströme sprengen?
Arkdt ijeä. 231 ;
bei heiszem herzen
und Innern lebeus voll. Lula^d ged. 46;
dasi ich mit dem heiszen blute
meine schmerzen niederschrieb, n. IIei^k 15,45;
▼erlasse am bufc die geliebte seele nicht — sei ihr einziger,
hei-izesler freund. J. Faijl Hrsp. 2.115; es wird einem mann
überhaupt liei einer ganz vernünftigen fron nie recht wohl,
sondern hei einer l.losz feinen , phantasierenden , heiszen,
launeuhaflen. isl er erst zu hause, s. 8 ;
disz ist die sfisze lust, die aus dem himmel brachte
den heiszen Jupiter, die iün zum stiere niaclae.
Fle3Ii?(c e2, 154 L^ippenb.;
welche die angst und der wütlieiide liunger
grab niclit gestürzt liat,
und zerschmeitern ihr zartes gebeiu
noch in das grab niclit gestürzt liat, ergreifen lieiszere kricger.
[aries eebeiu an Jerusalems trümmerD:
KL0P^T0CK 4, 91 ;
so erschrickt ein heiszer verbrechet
vor der vollendeten ihat. .«. 9) ;
so sciiweig in mir, du heiszer frager, herz! 10, 53.
etwas macht einem oder einen heisz, setzt Um in aufregunp:
dem macht das getümmel
dieser weit nicht lieisz,
wer getrost zum himmel
auizuschauen weisz. Overbece rerm. ged. 7
heisz vor erwartung
dessen was kommen werde, genosz er so mächtiger Freuden.
Klopstock a, 3s;
doch wenn dich, jüngling, andere sorg entflammt,
und dirs zu lieisz wird, dasz du der harden guug
im haine noch nicht gingst. 1, 114;
sprichwörtlich :
was ich nicht weisz,
macht mir nicht heisz.
Weiszb kom. opern (1768) 2, 130;
was ich nicht weisz
macht mich niclit lieisz.
und was ich weisz
machte mich heisz,
wenn ich nicht wüszte,
wies werden müszie. Götbb 2, 259;
namenllich die angst macht heisz, auch abwechselnd lieisz und
kalt: mich überläuft es heisz bei diesen fürchleriichen ge-
danken; eim heisz machen, das ist treiben, vexieren, angst
machen. Maaler 217*;
erst will ich sagen was ich waisz
und dir vor engsten machen haisz. U. Sacus 1, 514*.
aber auch die liebe:
welche frau sich hübschlich ausz kan sprenzen . . .
die macht manchem man haisz und kalt, fnsln.sp. 693,9;
die liebe steckt im herzen . . .
wir zweifeln wie uns sei; letzt ist uns heisz, letzt kalt,
und wissen nicht wohin. Opitz 2, (i6.
nach alle dem werden die bewegenden leidenschopen selbst, sowie
ihre ausbräche und die durch sie bewirkten handlunyen heisz
genannt: so jemerlich betrogen, das were zu heis und zu
i hart. Llther 6, tos'; ir hei-z ist in heiszer andachl. Hos. 6,6;
I meine heisze threnen und gebet. Tofr. 7, 13; derowegen halte
j ich davor, dasz die erste liehe die heiszeste ist. Scu»eikichen
1,74; unter . . heiszen wollustküssen. Hei.\>e Ardinyhetlo 1. 123;
alle heisze werte meiner begeisterung. j. Pai:l Hrsp. rorr. xi;
wir schwuren bei Thuiskon , dasz wir einen adicr nehmen
wollten ! da nun mein sechster bnider auch todl war, da
wurde die räche so heisz bei mir, als der schwur! Klupstock
S, 185; jähre schon, lange jähre, hab ich dich, heisze. ge-
rechte, wiedervpigeltende räche beschlossen! s. 35; heisze
neugier. Gotter 2, 69;
man sach vil heiszer trehem
ausz Iren euglin gen. L'hlasd tolkxl. 457;
wird seine deemiiht schwach und knit
sein muhtwill aber heisz und prächtig. Weckherlin 35;
mit heiszem sehnen meiner schien. 297;
gibt blosz, nur mir zu trotz, Lysandern ihre hand,
Lvsandern auf den sie aus heiszer räch erzittert.
A. Grtphils Iti9>> 1, 199;
die rachlust ist sehr kurz, gehls schon wie sichs gehört,
wird doch die heisze räch mit nachreu stets versehrt. 561;
Assisens engel löscht im schnee die wilde hitze,
sein heiszer eifer tilgt, bis in der geilheit sitze,
des Übels Werkzeug aus. IIaller sclitcriz. ije-l. (1768) «.66;
und ist noch irgenil ein groszrer,
neiszerer fluch, der siebenfältig Verwünschungen hinströmt.
Klopstock 4, 22;
neiszer erwartung voll. 6,42;
zu heisz sei die Versuchung nicht. 7, 253:
ach, hciszres feuers, liebt ich ein sterblich weih
als meinen mittler. IIoltt Uu ll»lm;
würde mein heiszer .«eelenwunsch erlüllung. 98;
nur vom tnchtgen will ich wissen,
heiszem äugleii, derben küssen. Göthe 2,287:
ihre liefgebrochnen seiifzer wehen
ihrer aiiiiacht heiszes, heiszes flehen
bin zum opierweihrauch.
SEcae qed. 23ii {ilie 6e(«rin);
auch schwör ich heiszen billigen basz
und tiefen zorii ohn imterl.isz
dem Iraiizmaan und dem Iraiiüchen tnnd.
kKiot yed. (1!>40) 213;
007
HEISZ
IIEISZ— HEISZEN
90S
unil dem jünglinp, dem die liebe
bciszes sehneu aiifgcweckt. ühland ged, 5;
nie kommt das wort, ihr treuen väier,
dem beiszen hcrzeusdauke gleich. tA;
liest darin so manche stunde,
ach, und oft mit lieiszcn tbrunen. 2G9.
und dennoch brachte keiner dieser boten
der heiszgeliebten meine beiszen grüsze.
H. Heine lU, 46.
bcisz dem cntsfpredtcnd in adverbialer Stellung : hegan sie heisz
zu weinen. Aimon bog. d; da du so heisz vveinetest und belest.
7'()6.12, 12; so heis ist er mit hasz und grini über initli be-
gossen. Llther 6, g'; so eben fällt mir der zweifcl heisz auf
das herz. Leisewitz briefe 255; presset die klopfenden ver-
gänglichen herzen heisz an einander. J. Paul //«/). 2,1 OG; sie
sagte heisz und leise: comment? 3,37; da trieb ein Ideines
wehen die entfliegenden laute hciszer und näher an ihr herz.
239; eine gute neue richtanstalt dieser art (eine liltcratur-
zeilung), nur als ein frucht- und stachelzweig einer neuen
heisz vortreibenden zeit entstanden, rorscli. der äslliel. 3,48;
seinem alleinigen fache hciszer sich weihend, ßegclj. 1,77;
sie hub beis an zu weinen sehr.
Ambr. lieilcrb. 227, St, s. 331 ;
die fieng heis an zu weinen und klagen,
ir bände ob dem haupte zusammen schlagen. 241,25, s.'ü'J;
heiszcr liehe durch dich enkcl und cnkclin
gott und seine uatur. IIöltv 95 Huhn;
der mcislcr jeder kuust liihlt tief, begehret heisz.
Gotter 1, 197;
er rannt auf eine binde
so heisz und hastig vor. Uuland ged. 371..
c) heisz ist der kranke, namentlich der fiebernde : eine fieber-
heisze stirne; seine band war heisz, sein puls schlug fiebernd.
Pantelon, sein {des kranken Phylax) bester freund,
leckt ihm an dem beiszen munde. Gellert 1, 37.
dann heiszt das ficbcr selbst heisz : wie einer von den giftigsten
Ottern gestochen wird, oder ein heisz schwind fiber oder
peslilenz kriegt. Lutueu 6, 27o'; als dies gefiihi mich, mücht
ich doch sagen , w ie ein heiszes fieber befiel. Tieck werke
l(i, lt>9;
wie wenn die hciszc macht
der Seuchen uns besiegt. A. Grypuius 1699 1, 2t0;
gar mancher steht lebendig hier,
den euer vaior noch zuletzt
der beiszen lieberwuth cntrisz. Götue 12, 5G;
auch der fiebernde schlaf: das leben ist ein schlaf, ein ge-
drückter beiszer schlaf. J. I'all llesp. 4, 83.
d) heisz von dingen, die durch Ihierische wärme einen hohen
iednnegrad erlangt haben: schmeisle eine schwalbe aus irem
ncst , das fiel im also heis in die äugen , davon ward er
blind. Tob. 2,11; ein beiszen scheisz. Carg. lOü' ;
sie {die bremse) leckte von dem beiszen schäume
der heclicbt am gchissc {des iiferdcs) llosz. Geli.ert 1, 45.
5) heisz, von der bedeutung 4 ausgehend, heiszt stark ver-
langend, hochgradig, in bczug auf hunger und durst {vgl. beisz-
bunger) :
so ist er doch
wohl noch nicht ganz gestillt, der heisze hunger.
Lessing 2, 2U8;
von beiszem durste glühn
mir Schlund und gaumcn. Almkceh Uoolin 4, 7G;
die glühnden lippen saugen
mit bciszem dural den ihnii der liehe auf.
Wieland 21, 14 {(Iheron 7, 15);
damit in bezidtung stehend ein Sprichwort: er hat einen beiszen
inagen, hat haus und bof vcrdeuel. Sciiottei. 1125*.
»;) heisz von dingen, die liilze im körpcr erzeugen: heisze
weine, ball. st. 15,120;
ach! was isis ein gro^zcr Jammer,
im fall ein beUzcr gift beschicichl ko manche kammer,
erwürget jung und alt. Kist l'unt. 5'J2;
die armen socien bri>izrn
der liebe «fiizes glTt. nie wiihli sein heLtzer braod
io ihrem bluil Wieland 23, II {Obermt 7, II).
7) juriitiich auf bciszem fuszc verfolgen, während die fusj-
ipur des rerbrediert noch warm ist, auf frücher that : also sollen
unsere bcanilc was angcIrolTen und flüchtig wird, auf heiszeiii
fuszc verfolgen. cmTnu comtit. Brand.-Culmb. 2,1, f. tllG.
8) bviitz übertragen von färben und lildeni: ein gcmUldc in
li'ix/'ii, ».:!iilii ii>1c;ii färben; insgemein braucht die lyrische
1 •- ' .'i!) In I /•■ bilder und bricht sie ineisicn« kurz ab, um
liotL uiiitit .:.uu geben zu kriiinen. J. (Ihimm 'iltd walder 1,21.
9) im miltclalter und bis auf die neuere zeit herab wurden
menschen und dinge ihrer complexion nach bcisz, kalt, trocken
oder dürr, feucht oder uasz genannt; vergl. die ausführliche dar-
legung unter kalt llieil 5, 78 /f. Sanguiniker galten für bcisz und
feucht (Mecenuerg 373,17), daher: heisz und wunsam oder
frolich, hilaris. toc. ine. tiieut. i 3'. cholerilier werden als heisz
und trocken gedacht : colericus trucken und heisz Uief. 13l',
und so berührt sich diese bedeutung viit der oben 4, b. vergl.
auch bilzig.
HEISZ, n. hilzc:
so ölTncn wir das licht durch freundlich gegenschauen,
erleuchten seinen sinn, entzünden ihm ein heisz
dadurch in ihm zerschmelzt der zagheit kaltes eisz.
LoGAU 2, 11.
HEISZ, HJ. geheuiz, befehl: von dcj rats bcij;. deutsclie
slädtechron. 4, 148, 2 ;
es ist des divans schlusz,
der janitscharcn heisz disz, was er reden musz.
Lüuenstein Ibrali. 90, 66;
der auf der obcrn heisz musz böser böte sein. 103, 489;
ich will des kaisers heisz unweigerlich erfüllen.
Agriignna 4S, ivl.
HEISZADEH, f.: alii in pollice venam vulgo dictam die
heiszader iu pluthoricis secaudain coiumendant. Ürügühann
ep. iliuerar. xiv.
llElSZBLUTEiN'D, pari.:
hciszblutend, todt sahst du, heiliger, dich
ewig her, vom beginn an. Klopstock 6, 228.
HEISZBLÜTIG, adj. 1) Iwiszes blut habend, in bezug auf
sdugcthiere gegenüber fischen, amphibien: das schwein ist ein
heiszblüligcs thier. hannov. magazin 1844, s. 306.
2) nach heisz 4, b, unruhiges, von Icidcnschaflen leicht erregtes
blut habend: die Italiener, ein heiszblütiges volk.
HEISZE, f. idtze: heisze ardor Steinbacu 1, 729; nach
heisz 8 : linker seile des ^eniäldes geht alles in flucht, nackt
und bekleidet, von der heisze des lichts geblendet. Hei.nse
in den bricfen zwischen Gleim, llcinse u. Müller hoausg. v. Kürte
{Zürich isüG) 1, 348. vergl. das adj. beiszig unten.
IIEISZELWOUT, n. ein von Zwingli gebildeter ausdruck, den
LuTUER 3,445' anführt und kritisiert: aufs vicrde kömpt er
(Zwingli) auf die wort im abendmal , und teilet dieselbigen
in zwei thcil. aus etlichen macht er befehl, die uns etwas
beiszen thun oder befehlen, als diese (nemet, esset), aus
etlichen macht er rede oder gespieche, die uns schlecht sagen,
was geschehe, aber ich mus hie seines lilzichten, feindseligen
deudsches brauchen, welchs im doch viel bas gefellet, denn
dem storke sein klappern , wiewol einer schwitzen mücht,
che crs verstehet, er wil so viel gestammelt oder gehustet
(ich soll sagen) geredl haben, wo golt gebeut, da sind heiszel-
wort, als du soll kein ander güttcr haben, wo er aber etwas
thut, da sind thallich wort, als gcu. 1. es werde lieclil. der
ausdruck wird noch mehrmals angezogen, vgl. 445'. 446'. 447'. 484*.
HEISZEN , verb. I) heisz machen , mlid. hcijen : beiszen,
heizen, calcfacere, inflammare SriEim s22; der hcimknecbt sal
im winther bolz vor alle sluben, die mau inheiszet, tragen.
MiciitLSEN Mainzer hof s. 40. vergl. heizen.
2) heisz sein (ahd. beijcu) : esluare beiszen , nrf. beilca .«.
harnen Uief. 211"; von der Siedehitze: beiszen scatcre 517*.
HEISZEN, verb. jubere, vocare ; vocan, nominari.
A. Formelles, golh. hailan ; alls. betau ; altnfr. beilan, nl.
helcn; ays. hiilan ; a/Z/'nes. bei a; u//h. heila, schwed. heia, dän.
hcJde; ahd. heijan, mhd. bcijcn. gemäsz den alten flcxions-
vcrhällnissen des Wortes, das sein practeritum redupliciercnd bildete:
goth. baihait, part. haitans, ags. hebt und bei, pari, gchäten,
ahd. mhd. biaj, hiej, part, guhcijan, gebcijcn, ist im nhd. in
der schriß.<:prache wol bis jetzt uneingeschränkt das praet. bicsz,
pari, geheiszen gebrauctU worden, mitteldeutsdie mundarlen aber
liaben das bestreben, das verbum nach analogic von scheiden in
den formen zu verderben und bilden neben dem pari, geheiszen
auch mit Vorliebe gebicszcn. • — In Verbindung mit dem hilfs-
verbum haben leidel (/as ;m;7ici/* geheiszen Verkürzung zu beiszen :
gut bat sie nil besiclt, oder haiszcn reden. S. Frank parad.
Km'; habe ich doch den narren nicht kuiumcn beiszen.
Lkhsikc 1,223;
bat dich mit steter acht zu ehruu nuszcrkohreD, . . .
dir lii'ilig heiscon sein das schone wundorfold
so deinen namoii liihrt. Opitz 1, 94.
vergl. die ausfühningrn bei halten s]>. 74.
ktymolcgtsch tsl beiszen an sanskr. kfla auffordrrung , ein-
iiitiiiui, /.--.r/, ;,•;). ifrlauijcn, absieht, kelaiia uuffiirdening, eitt'
909
HEISZEN
HEISZEN
010
Iddung, kvla^aü er fordert auf, /adf<«n (Böhtlisgk-Roth 2,423)
angelehnt vorden, nicht ohne tcahrscheinlichkeit trotz der im aus-
laiil der trurzel gestörten lautverschiebung. venn danach aus der
ersten bcdeutung des Wortes auffordern sich später eine zweite
•rennen, benennen entwickelte, so konnte das gotfrische für den
begriff ich werde genannt, nenne mich, noch die passive form
haitada verwenden, die in dem ags. halte rocor, nominor (Grein
2, IT), vielleicht auch im altnord. heiti (Scherer zur gesch. d. d.
spr. 197) noch nachklingt; nach dem frühen Untergang des pas-
sivums in den deutschen sprachen wurde die letztgenannte passive
bedeutung auf die einzig gebliibene activform übertragen, so dasz
seit der ahd. zeit heiszen die begriffe auffordern, nennen und
genannt werden auszudrücken hat.
B. Bedeutung.
I. heiszen activ.
1) der begriff auffordern, fordern, befehlen, IriU in mehrfacher
fügung auf
a) mit dem acc. der person : der sigrist thets, wie sie ihn
hiesz. b. d. liebe 2Hi' ; anch vertilgeten sie die Völker nicht, wie
sie doch der herr geheiszen hatte, ps. 106,34; sich heiszen,
weisen und lenken lassen. Recter v. Speir kriegsordn. 31;
sin swpster bede wo! gevar
Gäwän zuo zim sitzen lieg:
iewedriu tat als er si hiej. Parz. 636,30.
vielfach mit einem bestimmenden zusatze, wobei es nicht nüthig
ist, ellipse eines rerbums der bewegung (gehen, kommen) anzu-
nehmen : so soll der schultheisz alle gcrichtsleut und recht-
beisilzer vor sich heiszen. Recter v. Speir kriegsordn. 52 ; ich
fluchte also und hiesz den kerl und sein fuhrwerk zu allen
teufein. F. Jacobi j;j Mercks briefs. 2,123;
alsbald die priesier für sich hiesz.
B. Ri^iGWALD er. F 6" ;
die hofjUDkfrau mich zu euch hiesz.
i. Äther 95« (4S2, 7 Keller) ;
letzt aber soltu berein heiszen
den absolvierten graf Reinmundt,
das er gleich zu uns komb jetzund. 34S' (1745,10);
kamerfrau, heist die Jungfrau rein ! 422* (2123, 24).
b) mit dem acc. der sache: ich thü alles, das man heiszet.
lilensp. 64, s. 94 Lappenb. ;
tu, was der himmel heiszet!
nimm der bequemheil war, eh sie sich dir entreiszet!
Flkmikg 129, 33 Lappenb.;
dafür steht ein infinitiv: da Jhesus viel volks umb sich sähe,
hies er hinüber jenseid des meers faren. Matth. 8,18;
was hciszt der himmel dann, wann er nicht liehen heiszt?
IIaller Schweiz, ged, (176S) 75.
c) steht der inßnitiv heiszen substantiiisch, so wird das object
unterdrückt: nach ewerm heiszen und gebot. Aimon bog. f;
ein sonderlicher wind, der nicht von natur, sondern aus
goltes heiszen und sprechen schnee und eisz zu wasser
macht, so bald und so leichtlich. Luther 5, 470*; selbst thufs
gar, heiszen die helft, bitten ist umsonst. Schottel 1120'; die
Obrigkeit hat das heiszen und gebieten, die unterthanen das
thun und lassen. Pistohiüs thes. par. 8, ho. 36.
d) heiszen mit persönlichem und sächlichem acc.j eine sehr
häufige fügung, wenn die sache allgemeiner durch ein pronomen
bezeichnet werden kann ; so höre nu mein son meine stimme,
was ich dich heisze. l Mos. 27, 8 ; ich habs euch geheiszen.
2 Sam. 13,28; wenn dich der prophet etwas groszes bette
geheiszen, soltestu es nicht thun ? 2 kön. 5, 13 ; das du thu.st
alles was ich dich heisze. 2fAron. 7, 17; was eine mutter die
kinder beiszeL Sir. 3,3; wie und was gott ain iedes ding
haiszt, das ist sein wille und natur; als wan er hiesz ain
stain emporschweben, so machet er mit diesem haiszen und
wollen, dasz disz sein natur were. S. Frank . . . ; gott hat
nicht zu ihn geredt, noch sie etwas gehaiszen. parad. 106';
wie er das geredt hatte, da gieng Theagenes, und thet was
er in hiesz. b. d. liebe 210"; hast du im sinne das zu thun,
so kan ich dich es nicht heiszen , kan es auch nicht wol
wehren. 212*; mein Schwester sol das jenige thun, was du
sie heiszest. 213' ; ich befihle dir, was ich dich heisze, das
es geschehe. 288"; dasz ich es so öffentlich sagen sol, das
werdet ihr mich nicht heiszen. Schlppics 11; liebe Laura!
Hu kannst mich das heiszen? Klirger theater 2,136;
der dritt thut seilen, was man in haiszt. fasln, sp. 730, 21 ;
alle», was ich dich heisz das thu. E. Albercs s. 11;
was er dich heist, das wiltu thun. 11';
ich will ja singen, gott der taumelnden Mänadc,
was deine trunkne wut mich heiszt. RAat.iR.
c) das sächliche object, das meist einen zustand oder eine that
ausdrückt, wird nicM durch ein nomen , sondern durch einen
infinitiv bezeichnet, diese fügung wird vielfach als acc. cj(m inf.
bezeichnet, sie ist indes damit so wenig zu vergleichen, wie etwa
die Verbindung ich lehre ein kind lesen ; denn ich heisze dich
eilen steht nur für idi heisze dich, oder befehle dir das eilen;
goth. haihait galei})an sipönjans hindar marein. }Iaiih. 8. is;
mhd. des bewag er sich zehant
und begunde bögen an die want:
er hiej sich läjen dar in. d. arme ücinrich 1259,
nhd. er hies in hin aus gehen. 1 Mos. 15, 5 ; da nu die morgen-
röte aufgieng, hieszen die engel den Lot eilen. 19,15; da
mich aber gott aus meines vaters hause wandern hies. 20,13;
sol in der richter heiszen niderfallen. 5 .Mos. 25, 2 ; heis in
aufstehen. 2 kön. 9,2; sie baten in, das er sie nicht hiesze
in die tiefe faren, Luc. 8, 31 ; dasz er sein weih wolt heiszen
ins becken springen, b. d. liebe 2S%'; anlwort ihm der keiser,
und hiesz ihn stillschweigen. Zinkgref apophth. l (1626) 50;
ich wollte also lieber warten, bis mich der, der mich ver-
steckt hatte, selbst wieder hervorkommen hiesz. Lessing
1,253; und habe also den reim an galgen heiszen gehen.
3,377; Olivie hiesz mich ihr nachlaufen und sie festhalten.
Göthe 25,361;
er hiesz in so fräflichen liegen (lügen)
wol zu der selbigen stund. Uhland volkst. 306;
und Flora heiszet es zweimal hier frühling sein. Opitz 1,27;
in summa was in sich luft, see und erde hält,
das heiszt uns lieben jetzt und mitte sein gesellt.
FLK»n<c 62, 144 iMppenherg;
mag anch ein schöner tag gefunden werden können
wol durch das ganze jähr, der unsre mut und sinnen
durch sich selbst mehr vergniigt und heiszt uns frölich sein?
148,3;
auch den söhn, der eher starb, eh er anfing hier zu leben,
der mit finstrer nacht beringt sich zum grabe vor gegeben,
eh er sich ans licht begab, hiesz der herr gehn nahe vor.
LoGAC 2, 47 ;
{in der stadl) war ein poet, der die Verdienste pries,
die lugend durch sein lied belohnte,
und durch sein lied unsterblich werden hiesz.
Gellert 1, 179;
Elmire kömmt, und heiszt, vom zorn bewegt,
die mäurer aus einander gehen. 180;
du hast aus nichts den himmel und die erden,
und alles, was darinn ist, heiszen werden! Klopsiock 7,230;
wer biess die millionen lichter {sterne) brennen?
Gotter 1, 401;
komm, schöpfe wieder ruh ! heisz deine sorgen schwinden ! '
2,34;
und er hiesz mich freundlich trinken. Göthe 1, 199;
heisz mich nicht reden, heisz mich schweigen. 19, 262;
er hiesz ins schiff sie treten. Ubland gcd. 247.
Die Infinitive tran.^liver rerben können hierbei iJirerseits wieder
einen objcctsaccusativ nach sich ziehen, so dasz, da die infinitiv
form selbst als accusatir angesehen werden musz , ein satz drei
accusative enthält, von denen zwei vom verbum heiszen abhängig
sind, der dritte zu dem sächlichen object, dem infinitiv, gehört:
hieszen Ulenspiegel die pferd anspannen. Ulcnsp. 64, s. 93
Lappenb.; \r hieszen mich das hus räumen. 5.94; man will,
ich sei eines der schönsten gcschöpfe, womit du die weit
gezieret, und meine eigenliebe heiszt mich es glauben. Les-
sixc 1,132; das heiszt leiite vexieren. 292;
mtid. dö greif er ellenthafte zuo
und bieg si {dir todte Kric/nbitd) schiere baren
die liute die da wären. klage 397:
n/irf. hiesz gott den vaiter {.Abraham) tödten in.
Schwarze>'berg 102*;
ein fürst kann andern wol, nachdem er will, gebieten;
du dir und der natur, du heisrest dich kein wüten
empfinden, welches dich die du es heist, verzehrt.
A. Grtphics 1698 2, 458;
auch hat er Stadt und land schon manchen heiszen meiden.
IIaller scUwei:. gcd. (1768) 113;
denn sonst errathen sie, woran es ihm gebricht,
und heiszen ihn die zeitung lesen. Gellert 1, 102.
das object wird nur verstanden :
der pri«ster bringt den kelch; man wirft die ioose drein;
rings um ihn her liegt alles aul den knieen;
er murmelt ein gebet, und heiszt nun jeden ziehen {das Inns).
Wiela:<p 23, IS (O&cion 7,22).
bei Infinitiven reflextter verben kann diese ßgung hart klingen :
ein starker lasier heiszt dich, schwächern dich entziehn.
IIaller schwelt, ged. (17tiS) 77.
911
HEISZEN
HEISZEN
912
ß der inßnitiv tcird, bei sonst der voriqen gleicher ßgung,
durch zu venuillell, ein namenlUch von Güthe bei'OiziniU'r brauch
{es ist u'ul die anulogie von liillen, üufroidein cnlscheidcnd ye-
Kcsen): als er eiwas lieiindliclies gesprucLen und mich zu
blcibi-a gebeiszen liatle. '^5,355;
hoch anl dem alten thurmo steht
des hehlen edler ceist.
der wie das scliiff vorübergeht
es »Olli {II 1.11 ren hei:>zt. i, 106;
um! das vergiingne
hfis7t mit veiuuiien
vorunrls zu schauen,
scbniicii zurück. 119;
ich folge jenem trieb, der mir
schon lani.' den »eg zur llucht gezeigt, schon lange
miLh deiiiLT ijruniiei aul ewig zu
entziehen liiesz. lu. 'iu'i ;
Jcpinpn {aw.eiihlicl;), an dem nuMn herz mich gphpi«zen liölle
iliiii-n zu stiiroilieii. IC, 9s; li;il dich denn dein hi'iz gelic.iszen
auch nur jctnals das geringste für ihn zu liiuii? 2(i. 140.
y) stuU des inf. fuliß ein abhiinyiiier salz: nüid. so hie; er si
dnj si sich ouj^iin dien »'«iiilon. Wackernacel lesrb.'ili.2i;
d«') wart der richlcr zornig und bij einen slnen kuechl duj
her djr ging. d. myst. 1, 21, 3« ;
nü h''\i ander dine süne
d;ii si sich mit ilem plluoge müen. Helmbrecht Z%i ;
n/id. Iiollmeisier, ich heis/.e da dich
diis du thuest beseiiden i:ar
niein» suns von Kngellaiit schar,
(las sie dit zuo mir her tretteii.
üüiiELER 7326 Mertdorf;
do was ein wirlin, die liiesz mich, ich soll in bringen {den
kianki-n in ihr huus). Th. I'latter TS; auch ohne acc. der pcrson :
tuid Jesaia hies, man solle ein pQasler von feigen nenien.
Jes. 38. 21.
//) seit dem vorigen Jahrhundert nachweisbar ist das setzen eines
fiersünlichcn datiis für den aUbervchiiijlen accusaliv: E. weswegen
Soll ich mich freuen? //. weil ich dirs heisze. Lessing :u<)6;
er findet in dem zimmer des Leiio ein kleid der Silvia,
weiches ihr Mario ablegen hei-^zen. 4,363; wer heiszt es nun
dem bi'rrn Dusch, auf die recbnung der astronomen in einem
so patbelischen lone so greulich zu lügen? 6.100; denn
wer hie>z ihm, die ganze i Omisclie peschichle auf ein scliild
bringen? 4h2 nole ; der eine will dem andern etwas sagen,
und dieser iieiszt ihm, es bis nach lische zu versparen.
11.432; sie beiszen mir das l.ite baupisiück der aristole-
lischen dicbikunsl . .,. nachlesen. Mendelssohn bei Lessing
13.48: wer heiszt ihnen nun die scbiinheit dieses groszen
eindrucks ... anfecblen? Moser /»a/r. p/iü/ii. 1 (1798) 113; tliun
sie es nicht! sagte sie; denken sie an Lullen! denken!
sagie ich, bniucben sie mir das zu heiszen? Göthe 16,131;
der herr hals ihm gebeiszen. Schiller räuber 1,1;
nichts als die «teile von dem eid hlicb weg,
wie deine excellenz es mir peheiszeii. I'iccolomini 4,2;
wann liiesz ich dir die schrift an nurlcigh geben?
M. SLihirt b, 14.
i) im grgensalze zu \,e sieht der von heiszen abhängige in-
finitic im passirni sinne, riß. die ausfuhrungen gramm. i,6\. G2:
du ich hie; npheriin agnnm iinmaculatum (ungeflecbol lamb).
NuTüEa ps. 39 {llallcmer 2, l4o');
er bie{ die brüke nider l&n. lieein 4978,
SO soll er die steine heiszen ausbrechen, i Mos. 14,40; da
er wider heim kam, liics er im brot auftragen, und asz.
iSani. 12,20; Jehu aber jagt im nach, und hies in auch
»chlahen. 7 kön. 9,27; hies ich die Ibür znscblieszen. A'c/i.
13.1«; da die wort Esther wurden Mardachai angesagt, hies
Mardachai Esther wider sagen ... £»7//cr 4,12; hies die chro-
nica und die iiistorien bringen. 6,1; da ward der könig seer
fro. und hies Daniel aus dem graben ziehen, ßon. 6, 23; gab
das heiilit Huloferni» irer magd, und hies es in einen sack
flos/en. Judith 13.10; darnach hies Haguel einen scheps
schlachten, und da» mal bereiten. Tob. 7,9; da crs nicht
bitte zu bezalen, hie« der herr vcrkeufen in und sein weih
und »eine kindcr, und olles was er hatte. Mallh. i%,2!>\ und
er hirs den wagen ballen, aposlrlgescli, 8,38; sitzeslu und
richte«! mich nach dem gescize. und beiozesi mich schlaben
wider do"« genelze? 23.3; Alexander verwundeil »ich de»
n)eii«rben kiinheit, und hiest ihn under die ritterschafl zelen.
*-:" '/r. (liOü) 10*;
den hastu allen Türgestelt
mit groszen giunlen,
zu seinem reich die ganze weit
heiszen laden. Luthrr H, 359";
sie |p;il)en slahlpewanil begehrt,
und liieszeii satteln ilire piurd. Uiiland qed. 339.
k) für einen solchen inßnitiv vrrwendfn fiUere quellen auch das
pari, proet. (m/irf. irfo. 1, 6.5»'): daruinh haben wir disen brieve
heijjen gemacht und geschriben. deutsche slädlrrhron. 4,133.6,
vgl. 138.33; darnmb daj e; fiirba; also stet belibe, haben
wir dis zedel in unser stalpnch hei;5en geleil. 159,32. mit
wechselndem inf. und pari.: darumb haben wir disen brief
haij^en schiiben und gemachet. 131,14.
2) besonders hervorzuheben i.sl eine stehende formel : wer heiszt
dich das thun? tio heiszen in der bedeulung 1, aber ironisch
.•ilrhl. und ein unhefugtes thun kenn zeichnen uilt : wer heiszt ihn
denn ausgehen, gleich da ich ihn bniucbe? Le<sisg 1.342;
imverscli.-iinlerl s:igle Loiliaiio, wer heiszt dich buichen !
wer heiszt sie sich cinscblieszen ! versetzte Friedrich. Götue
20,306;
ein altes m.thrchen endet so,
wer Iieiszt sies deuten? 12, "239 j
m;iii hat gesagt: sie haben es verdient!
wer hat sie rebelliren denn gebeiszen?
Freiligratu i/e«. dicht. 3, 142.
statt des persönlichen acc. sieht auch hier ein dativ ; vgl. beispiele
unter 1, h oben,
3) heiszen in dem milderen sinne bitten, begehren, berührt sich
mit heischen {sp. 8971: da tbet er den mnnd uf und beist
den ganzen rat zfi im und bat in gar demnliglicben, da; sie
im wollen ein bet {bitte) geweren. UUnsp. 58, s. 85 Lappenb. ;
habe ich meinen freund beleidiget , so lasse er, heisze ich
bilselig, vermittels der wohlneigung, di Verzeihung darüber
ein Iriumffest anstellen. Butschky hd. kanzellei 57;
das bottenbrot das du heisi mir (von mir).
IIÜHKLER Hi31 Mertdorf,
gegen: ein bottenbrot das heische ich. 1610.
4) aus der bedeutung des mündlichen befehlens und nament-
lichen auffurderns konnte sich leicht der sinn rufen, nennen,
benennen entwickeln, auch hier gibt es verschiedene füyungen und
scliallierungcn der bedeutung.
a) nennen, rufen in bezug auf einen namen, sei er individuell
oder allgemeiner, tilel, würde : gnih. jali haitais namo is Johannen.
Luc. 1,13; ahd. er gesamenöt chiistianos in ajcclesia, dia er
ulrem (uderbalch) beijet. Notker ps. 32 {llattenier 2.109*);
mhd. da; klaget ouch sente Johannes in apocalipsi über di
di sich Juden bei;en und nicht Juden sin, und krislen heijen
und nicht krislen sin. d. myst. 1,7,33; nhd. sclinff sie ein
menlin und frewlin, und segenet sie, und hies iren namen
mensch. 1 Mos.b,2; des namen sollu Ismael heiszen. 16,11; ir
soll das funfzigst jar heiligen, und solts ein erlasjar heiszen
im lande. 3 3/os. 25, 10; denn die man itzt propheten heiszt,
die hies man vorzeiten scher. 1 Suhl 9,9; Absalom ober
hatte im eine senic aufgerichl . . . und hies die seule nach
seinem namen. 2 So»». 18, 18; die verwesimg heis ich meinen
vater. Hiob 17,14; niemand kann Jhesum einen herrn heiszen,
on durch den heiligen geist. 1 Cor. 12,3; Jüngling, lasz dich
entweder nicht mehr Alexander heiszen, oder wenn du ja so
heiszen wilst, wie ich, so befleiszige dich auch der lugend.
ScHUPi'ius 277; wie meint er nun wohl, herr Till, dasz die
leute den bieszen? wie? — einen liefsinnigen köpf, ja
warum nicht gar? einen narren! Engel philos. f. d. weit 1
(1775) 66;
er beiszt oie in der angst wol gor die Zauberin,
die ihm durch acharlon gifl verlabme krnll und sinn.
Flemimg (h), 195 Lappenb.t
die weit, die musz uns herrcn heiszen. 113, 61;
mit derer icli ncli&izchen und herrchen mich heisze.
Lor.*u 2, 12«, 34;
»io erblickten das bild der schön erwachsenen jungfVau
und die lieblicbeu madcbon, noch eher kinder in heiszen.
GOTii« 40, •;i»4 ;
nch nllm ! slAbnt einst ein ritler: ihn traf des mAnler« itoft ;
allmtichigerl wollt er rufen: man bictz davon da« xhlotz.
(JuLAND ijiit. 365;
in der allilterierenden Verbindung heiszen und halten: tag es
deinen milbrddern von mir, wiewo! sie mich ein heuchler
und oblrinnigen heiszen und halten werden. H.^acos dtal
75, 18.
b) bei dieser bedeutung ist auch das profdicat nicht in den acc.
»nii(/crn iii tirti iimii nr\,l:l liiramin. i. ä!I'.'K der dann nls rncatiV
913
HEISZEN
HEISZEX
914
fungiert, die fälle sind nur da erkennbar, wo ace. und nom. in
der form geschieden sind. golh. aj)j)an hva mik haitid frauja,
frauja? Lue. 6,46; ahd. mhd. ir heijent mich meister und
herro. Waceer.nagels leseb. (1S61) 320, 16 ;
sin name heidenscb was so her
daj man in hicj der bäruc. Parz. 13, 21 D;
nhd. was heiszt ir mich aber herr, herr? Luc. 6, 46; sie wird
einen son gebaren, des namen sollu Jhesus heiszen. Mallh. 1,21;
kamen sie zu beschneiten das kindlin und hieszen in nach
seinem vater Zacharias. Luc. 1,59; als ich dieses gehöret,
Säumete ich nicht ihn herr doctor zu heiszen. Schcppics 545;
sie hieszen sich einander du. E. Albercs 111';
ich hiesz ihn, mein Montan; er mich, mein herz, mein leben.
Gellebt 3, 450.
c) für eine rein passive ßgung er wird geheiszen , er ist
geheiszen sieht reflexives ich heisze mich (wie ich nenne mich
gegen ich bin genannt):
Th. zum ersten rede du, und sprich: wie nennst du dich?
0. ich heisze mich Orest. J. E. Schlegel 1,66;
der fuhrmann — er hiesz sich Wertheimer. Höfer in Wesler-
manns monatsheflen, febr. 1866, s. 452.
d) heiszen, bezüglich einer begri/fsbestimmung , etwas unter
einer bezeichnung verstehen : der nem fünf piilulas . . . und
nem die in kseswazjer oder in molken , da; haig ich all;
ain; {beides ist ein begriff). Megenberg 90,5; seele aber heiszet
er nach der schrift spräche, nicht wie wir, ein abgeson-
dert wesen vom leibe, sondern den ganzen menschen. Lcther
6, '8*; dann Christum, die gnad, das new testament, das
evangelium predigen , heiszt die schrift den heiligen geisl
predigen. S. Frank parad. lOS"; der begriff einer Ursache,
welchen wir., seinen empirischen Charakter heiszen können.
Käst 2,42"; M. du willst, ich soll meinen söhn verfluchen?
Fr. nicht doch! nicht dochl .. was heiszt ihr euren söhn?
dem ihr das leben gegeben habt , wenn er sich auch alle
ersinnliche mühe giebt, das eurige zu verkürzen ? Schiller
räuber 1,1; siehst du, das heisz ich ehrlich sein, das heisz
ich ein würdiges Werkzeug in der band der Vorsehung ab-
geben. 1,2; unsere grundsätze heiszt man das. Göthe 14, 271;
so thut das vorurtheil, es zeigt uns alle Sachen,
nicht wie sie selber sind, nur so wie wir sie machen,
legt den begriffen selbst sein eigen wesen bei,
heiszt gleiszen frömmigkeit, und andacht heuchelei.
Haller scUweiz. ged. (1768) 70;
der boszheit einfalt nennt, und heucheln andacht heiszt. 101;
levte. was ist der sogenannte geist?
was man so geist gewöhnlich heiszt,
antwortet, aber fragt nicht. Göihe 3, 116;
erkläre mir, was glücklich heiszt? das.
manchmal in prägnantem sinne: nun das heisz ich ein ge-
päcke! der ganze hof ist voll kisten, kästen, mantelsäcke und
ungeheurer verschlage. Göthe 14,15; das heisze ich ein atta-
chement! 86; das heisz ich einen kindersinn! 107. manchmal
auch verächtlich:
Wagner, allein die weit! des menschen herz und geist!
roöcht jeglicher doch was davon erkennen.
Faust, ja was man so erkennen heiszt!
wer darf das kind beim rechten namen nennen?
12. 38.
e) heiszen, beiüglieh einer eigenschaß, mit acc. des objects
und praedieativem adjectiv:
an wibe lobe stöt wol daj man si heije scboene.
Walther 35, 27 ;
was heiszest du mich gut? Marc. 10,18; dis sind aber die
feste des herrn, die ir heilig und meine feste heiszen soll.
^ Mos. 23,2; eines andern meinung gut heiszen, sententiam
alicujus approbare Steinbach 1, 730; wir müssen es sogar noch
gut heiszen, wenn der tüncher die spur unserer {der maurer)
bände völlig auslöscht und sich unser werk zueignet, indem
er es überzieht, glättet und färbt. Göthe 17,98; Serlo ist
wirklich mit der schönen Elmire öffentlich getraut, da der
vater ihre heimliche Vertraulichkeit nicht gut heiszen wollte.
20, 91 ; wurden dort herkömmlich begrüszt und willkommen
geheiszen. 24, 301;
man heiszt dich spröd und grob. Göntbkh 527;
die noth heiszt alles gut. Lbssikc 3, 341 ;
und nähern freundlich sich, und heiszen
willkommen dich in ihrem stillen reich. WreLA:«D 9, 161.
ß heiszen. mit persönlichem object und inßnitiv nennen, an-
geben, sagen dasx etwas ist, zeihen: das heiszen gottwillkommen
IV. I,.
sein, gratulatio Maaler 217*; von einem pfarrherrn, der seine
underthanen strafet , sy sollen einander nit so fräfenlich
heiszen liegen. Wickram rollw. 26, 10 Kurs; hab euch yetz
ein lange zeit gewert das fluchen , schweren , heiszen ein-
ander liegen, schlahen und raufen. 21 ; wie mhd. :
getörst ich heilen liegen aUus edeln lip,
so hei ir tievellichen an Rüedeger gelogen. Nib. 2167, 2.
g) eine formet hat zum persönlichen object adverbialen zusatz
gefügt: einen kurz und lang heiszen, Um mit Schimpfwörtern
aller arl belegen;
die hiesz mich kurz und lang,
und jene steckten mir die nadeln vor die nase.
Gcmhir 528.
5) einfaches heiszen in der bedetilung geloben, versprechen kann
nicht belegt werden; man vergl. aber geheiszen, verheiszen.
IL heiszen intransitiv und passiv.
1) genannt werden, einen eigennamen führen:
ahd. dat Hiltibrant hätti min fater : in beittu Hadubrant.
Hildebrandstieä 17 ;
mhd. sin name was gar erkennelich,
und hie; der berre Heinrich,
und was von Ouwe geborn. a. UeinriA 48;
nhd. es ist ein pfaff, der heiszt her Heinrich Hamenstede.
Ulensp. 64, s. 93 Lappenb. ; wonet in der stad, die da heiszt
Nazareth. Mallh. 2, 23 ; Simon , der da heiszt Petrus. 4, 18 ;
der darauf sasz, des name hies tod. offenb. 6, 8 ; sein name
heiszt gottes wort. 19, 13 ; unsers klosters custor, , . . hiesz
Clemens. Garj. 251': von den weinreben sagt er: sie tragen
dreierlei trauben, der erst heisze wollust, der ander trunken-
heit, der dritte unlust. Ziskgbef apophth. 1(1626)323;
und Sextus hies des täters nam. Scbwajize!<berg 113';
Hans vermut auch mein namen haiszt. 151*:
wir singen von einem edelman,
der heiszt Schmid von der Linden. Ubland volksl. 361;
mit namen baiszet er Kunz Schott. 3t>4;
und welche (Jungfrau) wird zuletzt nach deinem namen heiszen?
Rachel sat. (1677) 47i
hier lieget, die Beate heiszen sollte,
und lieber sein als heiszen wollte. Lssst^iG 1,27;
war ich besonnen, hiesz ich nicht der Teil.
Schiller Tetl 3, 3 ;
zu Weinsberg, der gepriesnen Stadt,
die von dem wein den namen hat . . .
und wo die bürg heiszt Weibertreu. ünLA!«D ged. 319;
wie heiszt sein name? 2 3/os. 3,13; da sagten wir inen wie
die menner hieszen. Esra 5, 4 ; auch fragten wir, wie sie
hieszen. 10; seine mutier antwortet ... er sol Johannes
heiszen. und sie sprachen zu ir, ist doch niemand in deiner
freundschaft, der also heisze. und sie winkten seinem vater,
wie er in w olt heiszen lassen. Luc. 1, 60 — 62 ; wie sie (die
edelleule) geschlechts und nahmens wegen heiszen. Secken-
DORFF 22; sie macht es wie die schöne Aspasia — oder wie
hiesz die prinzessiu in dem dicken romane? Lessing 1,240;
alle sind sie auf dem falschen wege gewesen, Clostermeier,
Schmid, und wie sie heiszen mögen, die darüber geschrieben
haben! Ixmerman!« Münchli. l, 139;
nur dasz Europa bald erfahre,
dasz einer lebt, der heiszt wie ihr.
Haller schweiz. ged. (1768) 9;
wie heiszt das ding, das wenge schätzen,
doch zierts des gröszten kaisers band.
Schiller Tiirandot 2, 4;
aber niemand mocht erkunden,
wie sie hiesze, wo sie lebte. Ubla:«d ged. 267.
betheuernd: wir gelangen heute gerade zu guten und geschickten
leulen, und ich will nicht Geschirrfasser heiszen, wenn ihr
nicht sogleich das handwerk so gut fassen sollt , wie ich
selbst. GöTBE 23, 61 ; wenn der ihn mit seiner Unterhandlung
aus dem oberhofe fortbringt, so will ich nicht Jochem heiszen.
Lmmerxann Münchii. 4,48. über die beUieuerungsformel : ich will
Hans heiszen vgl. sp. 458; wenn bei der bailade (die Lenore
ist gemeint) nicht jedem es kalt über die haut laufen musz,
so will ich mein leben lang Hans Casper heiszen. BCrger 464\
ähnlich: da will ich ein schelm heiszen, wenn ich das thue;
ich will Matz heiszen, wenn es nicht wahr ist.
2) heiszen lauten, von einem Spruch, einem eüate: cautius
sanguinc viperino? ja, das ist noch latein. aber wie heiszt
die ganze stelle? Lessing 1, 21S; also heiszt dein erster vers:
Ubercdle feitigk^it u. s. w. 294.
58
915
HEISZEN
IIEISZEN
916
3) heiszen, genannt trerden, von einer würde, einer eigenschaft :
ich lieije ein rilr und liän den sin
da? ich siiochende liie
einen man der mit mir sliite. Iwein 530;
der stolz und vermessen ist , hciszt ein loser mensch, spr.
Sal. 21.24; darumh nius ir trotzen köstlich ding sein, und
ir frevel mus wol gelhan heiszen ps. 73,6; wer da wird ..
nherhieihen zu Jerusalem, der wird heilig heiszen. Je.s, 4, 3;
da< ire herrn heiszen müssen hcrrn on land. 34.12; so wirds
ein lustiger sabbalh heiszen. 5S, 13 ; darumh setzen wir dich
zum hühenpriesier uher dein volk, und soll des kiinigs freund
hei<zen. l Macc. 10.20; wer nu eines von diesen kleinesten
gehiiien aufloset, und leret die leute also, der wird der klei-
nesi heiszen im himelreich. wer es ahcr thnt und leret, der
wird pro* heiszen im hnnclreich. Matth 5.19; mein haus sul
ein lielhaus heiszen. 21.13; bin fort nicht mehr werd, das
ich (lein son heisze. Luc 15.19; sihe aber zu, du heiszest
ein jiide. ROm.i,ll; der der rechte vater ist über alles was
da kinder heiszet £/)/i. 3, 15; ermanet euch selbs, alle tage,
so lange es heute heiszet. Hebr. 3,13; da die Schreiber nit
mehr srhreiber heiszen mögen, weil es gar zu teutsch ist.
ZiNkc.REF o//of)/i//i. 1,12; und warum sollte es ein Sinngedicht
iiei-/en. wenn es etwas weil besseres heiszen kann? Lessing
X 1 •' ; ich befinde mich seit einigen tagen recht sehr übel.
- -oll zwar nur ein flnszfieber sein, aber ich habe den
II.' kei davon, wie die dinge heiszen, die uns das leben so
in .iiigei'elim machen! an Eschenburg, bei Heinemann zur cr-
itiiirning an Lessing (1S70) i. 20; wie muszt dus denn machen,
■ in k iig zu heiszen? Engel philos. f. d. weit 1 (1775) 68;
noch raus solch zanken, reiszen, heiszen
der Iriedsam freist bei inen heiszen,
heist alles nur cathollsch sehr,
wenn es schon kaizenwollisch wer.
FiscuART r. St. Dom. 576 Kurz;
worauf des menschen muth
am meisten sieht und denkt, das heist sein bestes gut.
Opitz 1, 54;
so lange Cynthius der laiiterfinder heiszt.
Fleming 124, 68 Lappenberg;
und wir zanken, weil wir leider Christen niclit sind, sondern
heiszen. A. GRYruius I69H 2,457;
sieh auf den starken trieb, der uns zur wollust reiszet,
im freien wilde brunst, im menschen liebe heiszet.
Uz 1, 126;
Lorchen heiszt noch eine Jungfer, wisset, die ihrs noch nicht
wiszt :
so heiszt Lucifer ein enge), ob er gleich gefallen ist.
Lessing 1, 22;
formet hält uns nicht gebunden,
unsre kunst heiszt poesie. Uhland gcd. 40;
dasz die Türs Vaterland am reinsten glübn,
gebrandmarkt werden als des lands verrather
und, die noch jüngst des landes retter bicszen,
sieb flüthten müssen an des fremden herd. 102;
euch heiszt der wein der unart zunder,
und Iremder Völker trinklied tand. Hagedorn 3, 96;
und hiesz dem frommen volk ein söhn der sonne.
Ramler 1, 53-,
nimm alles vor, es sei so toll es will,
heisz anfangs närrisch, wie Cotlll;
dein beifall ist drum nicht verloren. Gellert 1, 199.
4) heiszen benannt werden, bedeuten.
a) bei lestslellung einer spraditiclien bedcutung : ciconia liaijt
ain storch und hai^t in anderr düutsch ain ödbär. Mecen-
BERC 175.0; das wort Jcsse heiszet ein brant und Inbrunst.
Ksi>eR>BERG bilg. Mb*; Joses aber mit dem zunamen von den
apo>iieln genant Barnaba». das heiszet ein sun des trosts.
afxistfl'iesch 4.30; denn das griechisch worl, so allhic stehet,
heiszet fürnemlich .. verendern. Luther 6,269"; (leiscii und
blut heiszet eigentlich, der alle mensch noch seiner Vernunft,
wie er von fleisch und blut kompl 26S'; grandis momcnli.
heilt eine «ache von Wichtigkeit. A. Guyphius 1698 1,770;
Anton, aggressor? was ist das für ein ding? UamLi. so heiszt
der. welcher ausschlügt. Lessinc 1, 251 ; der kubold müszte
mirs eiiigeblascn haben, wenn ich wüszte, was die kauder-
welschen Worte heinzcn sollen. 292; heiszt denn ein Alide
blos ein nachkomme des Ali, oder bedeut es auch einen,
welcher des Ali parlhei hSit? 9,205; lehren heiszt unter-
riebt geben, lernen das heiszt Unterricht empfangen und
annehmen. Hebkl 9 (IH53) 96;
bei In hell« alliance —
heim Bur deuuch der ichAne bund.
AMDT g-H. (IMO) 304.
b) auch anderweit bet einer begriffsbestinimung : {Paulus) machet
aus dem tod und grab nichts anders, denn das es heisze,
einen allen zerissen rock ausgezogen und weggeworfen, und
die auferstehung heisze, einen schönen newen rock ange-
zogen , welcher heiszt immortalilas , unverweslich oder Un-
sterblichkeit. Luther 6, 270'; wer sich mit seiner erbeit
neeret, und leszt im genügen, der hat ein fein rügig leben,
das heiszt einen schätz über alle scbetze finden. Sir. 40, 18;
wol . . . sterben heiszt,
wenn man mitbist, ohn schmerz, uml bald sein blut vergeusl.
Fleming 114,20 iMpprnb.;
er lebet, wie gar viel scblieszt dieses wort nicht ein!
ihr weisen, saget mir, heiszt leben mehr, als sein?
Hagedorn 2, 54;
von liebe nur im schlaf zu sprechen
hiesz bei Dianen schon ein siralbares verbrechen.
Wieland 10, 142;
ich flieh, um öfter noch zu streiten !
rief F"ix, der kern von tapfern leuten.
das biesz: (so übersetz ich ihn)
ich Hlch, um öfter noch zu tlichn. Lessing 1,7;
im sturmo scheitern und ersaufen,
hiesz mir unglücklichen, mit stürm in bafen laufen. 14;
ihr möchtet gutes stiften.
wie ihr es stiftet, kann dem parioicn
dem weisen gleich viel heiszen.
ScuiLLER Cartos 3, 10.
c) hierher mehrere feste formein, zum Iheil im prägnanten sinne
{entsprechend dem transitiven heiszen l, 4, d sp. 913).
rt) das will etwas heiszen, das will nicht viel, nichts
heiszen: schon zu anfang des Jahres konnte die zauherflöle
gegeben werden, ... und diesz wollte zu jener zeit, unter
den gegebenen umständen, schon etwas heiszen. Göthe 31,30;
so müszte man allenfalls den ersten paragraphen nennen,
wenn er etwas heiszen sollle. 30,214; nnd so habe ich es
{ein gedieht) . . . fort- und durchgelesen, welches etwas heiszen
will; denn, in zehn gesänge cingetheilt, enthält es über
sechzehnhundert stanzen. 45,225; an der legende selbst ist
schon nicht viel ; denn dasz ein sullan ein mädchen ver-
schenkt, will wohl nichts heiszen. an Schiller 492; wegen der
fcslgedichte muszt du dich noch gedulden; sie wollen theil-
weise nichts heiszen. an Zelter 323;
ich habe nichts zu thun; was heiszen tausend schritte?
im geben, glauben sies, bin ich ein rechter britte
Hagedorn 1, 62.
ß) das heiszt, das bedetäet, das nennt 7nan mit recht; es
folgt ein infinitiv oder ein particip. praet. {gramm. 4, 947) : es
ist auch in der that besonders, mit einem stolzen ich an-
zufangen, und alsdann die muscn anzurufen, nachdem man
schon alles auf die eignen hörner genommen hat. das heiszt
anklopfen, wenn man die thüre schon aufgemacht hat. Les-
sing 3,316; das heiszt, als ein mann von ehre gesprochen.
Schiller parasil 5,8; um gottes willen, mein vater! .. das
hieszc die ganze sache verderben. Göthe 22,63;
einwohner in planetcn setzen,
eh man aus sichern grimdcn scblieszt,
das nein in den planelen ist:
das beiszt zu früh bevölkern. Lbssino 1,51;
das heiszt dem Staate trefriich dienen! Gellert 1, 151;
die freibeit in der tugend finden,
das heiszt, um frei zu sein, sich erst an ketten binden. 169;
schöne kinder tragt ihr, und siebt mit verdeckten gesiebtem,
hettelt: das heiszt mit macht reden ans männliche heri.
1,355;
dieses heiszt die zeit verlieren. Ubland ged. 149;
fragend: heist das die kirchc erbaut, oder heist es dicselbige
geiirgert? Scnui'Pius 593; fraii Cyrilla! heist dieses spitzen
verkauft? A. Gnvi'Hius 1698 1,782; was sagen sie? bri<zl d.is
nicht flx gearbeitet? Wieland 10,274;
heist das In arniut hie gewandelt?
FisciiART von fl. Ihmin. II.VI kiiv:;
solch einen engcl
ohn alle maiiKcl
zum niadclien haben :
dm hicRZ ein niadcbnn haben?
beiütt eingesegnet sein, und wellt und hausstand
babon. LinsiNr. I, 17;
so, «chAner herr, holstl dai blosi kO.^nrn? 212;
kind, ich eritaun« gani. beim die», du haM mich lieh?
Gellert 3, 457 ;
neb lichrhon, hci.'ixt das moldrn,
wi>nn iniiM «Ich hcr«l und liiL-üil'
nch linlir.hcn, heimt <la<i urliniden,
wenn man «ich fest umtchiiedl? ('hland ijed. y, .
917
UEISZEN
liEISZERPICHT — HEISZHUNGER
918
t« andern Verbindungen: V. das Liesz ein fang! iV. der beste
im ganzen jähr. Göthe 11, 98 ;
man billt den coniiapunct, man heuh den alt hervor,
man brummt den tiefen basi, und wann es wol soll klingen,
so klingt es ohne wort, wil keine meinung bringen;
man weisz nicht ob es dank, man weisz nicht ob es preis,
man weisz nicht obs gebet, und was es sonsten heisz.
LocAU 2, 106, 39 {misbrauch der singekunst) ;
dis, dis, heist wahre lust zu sein,
die auf die tugeud körnt nach vieler noth nnd pein.
HoFFJANKswALDAu geir. Schäfer 192;
welch ein mädchen ich wünsche zu haben? ihr fragt mich.
ich hab sie,
wie ich sie wünsche, das heiszt, dünkt mich, mit wenigem
viel. GöTUB 1, 355;
das soll ein anstand heiszen ! 4, 314;
die alten namen nennen
nicht anders als zum scherz:
das heiszt, ich darfs bekennen,
für unser volk kein herz. Uhland ged. 96.
y) die foruiel das heiszt leitet einen vorbehält, eine nähere
erörterung, eine ausführuny ein, kommt in volksmäsziger spräche
auch zu heiszt das umgesetzt vor (Vilmar 161) und hol etwa
den adverbialen sinn wolverstanden , nämlich angenommen: ich
komme heute abend, das heiszt wenn ich kann ; mache du
doch plane, so viel du willst, und führe sie aus, so gut du
kannst, und würde aus diesen etwas, so wollte ich dir von
herzen gratulieren — heiszt das , wenn Constanze lust hat
auf deine intientionen ebensoviel einzugehen wie auf ihre
eigenen. Höfer in Weslermanns monalsheßen, januar 1866, s. 341.
S) fragend: was soll das heiszen? was heiszt das? wie
deute ich mir das?: was soll das heiszen, dasz du gar nicht
kommst?; was soll das heiszen? . . . verfluchter verräther,
wo hast du dieses blatt her? Lessinc 1,295; was heiszt es
mit den weltlichen bildern in der kirche, quid mundanae
imagines in templo volunl? Steinbach 1,730;
was hiesz denn das, dasz ihr so knall und fall
euch aus dem staube machtet? Lessi<<g 2, 290;
Sophie (aufgebracftt). was soll das heiszen, herr?
GöTUK 7, 100.
e) irotiisclies das heiszt: das heiszt nun gearbeitet! man
nennt es so, ohne beiechtigung; das soll ein berg heiszen?;
das ist deine weit! das heiszt eine weit! Götue 12, 31;
schon mhd. ähnliches:
es heijent alle; degeae, und sint geliche niht gemuot.
Nib. 1759, 4.
?) volksmäszig ist auch die Wendung dasz es nur so heiszt,
dasz man eine sache eben noch so benennt: wir machen etwas
feuer in die stube, dasz es nur so heiszt, dasz es nur niclU
ganz fehlt und man davon nocli reden kann.
5) von der vorigen bcdetUung aus berührt sich heiszen dem
begriffe nach mit sein : weil eben der putz in nichts als in
einigem puder bestand, womit er sich sonnlaglich besäete.
sah er so weisz aus, so schmeckt er freilich so gut als der
fürst , was sowol sonntage heiszen als putz. J. Paul flegelj.
1,142;
die schlimmsten stellt man an die spitzen,
oder vermengts, das man nicht weisz,
welcher koch oder kcllner heisz. froschm. ZI";
da sich die pesi der weit, der Mars, pflegt auszubreiten,
so weit die luft umarmt was land und wasser heiszt.
Fleüinc 117,3 Lappenberg;
versöhnt ist alles, wenn sie gattin heiszt. Götue 9,332;
glücklich fühl ich mich jetzt; ich möcht um vieles nicht heute
Tater heiszen und nicht Tür frau und kinder besorgt sein.
40, 248.
C) für persönliches ich heisze werde genannt, steht in Hessen
unpersönliches wie heiszt dich? es heiszt mich Johannes; nur
auf den taufnamen bezogen, da der zuname ausschlieszlich durch
sich schreiben eingeführt wird. Vilmar 161 ; eine ähnliche fügung
im sinne bedeuten : »eil Gallus auch einen Franzosen heiszet.
I'ltU. Lugd. 4, 311.
7) anderes unpersönliches es heiszt in mehreren bedeulungen,
a) entsprechend dem transitiven heiszen befehlen, fordern, es
uird befohlen, aufgefordert, verfügt: im krieg disputiert man
nicht viel, sondern es heiszet: knüpfe auf. Pistorils thes.
par. 5,8; es heiszl zu pferde, und zu tische! beides eine
schöne einladung. Göthe 14,14;
von brüderii, die du itzt mit deinem fett gespeist,
wird keiner sein , der mir {Ueincm söhnt) des lebens noht-
durfl weist.
da wird es heiszen: geh! du hast mir längst verdrossen.
ro<TFi. \\illrlu:id s. 222 (S, 043).
b) das hat sich ausgebildet zu dem sinne es gilt , man musz :
bei viel kindern und knappem verdienst da heiszt es sich
plagen, spricfU der arbeiter; der berg ist hoch und der weg
schlipfrig, es mag mit einem just (anlauf) nit ergahent werden,
ej heiszet aber und aber, unz ej ervochten wirt. Suso briefe
29 Preger.
c) nach tranätivem heiszen nennen, es wird gesagt, man sagt:
ich rede von solchen newlingen, von denen es heiszet, astra
necessitant. Philander 2 (1643) 149 ; zwei tausend thaler mehr
würden alles gut machen ; aber diese will man ersparen :
man musz sich behelfen , heiszt es. Wieland 7, 346 (300) ;
wann es auch nach seinem tode heiszen sollte : unter die-
jenigen gelehrten die zum teufel gefahren sind, gehört auch
der berühmte Damis! was schadet das! Lessing l. 232;
Spiegelberg, wird es heiszen, kannst du hexen, Spiegelberg?
Schiller räuber 1,2; und Spiegelberg wird es heiszen in
Osten und westen, und in den koth mit euch, ihr meinmen.
das.; ja es hiesz, dasz der graf ... das gut verlassen und
wieder nach der Stadt zurückkehren werde. Göthe 18,319.
HEISZERPICHT, part.:
aber gesondert im kreis, kaum achtend des mahles und trunkes,
oder des herzerfreuenden worts, ergaben die einen,
heiszerpicht auf gewinn, sich der Würfel trüglicher kurzweil.
PiRKER Tunis. 6, 421.
HEISZFLA.M.\IEND, part. :
doch wo der tag heiszOaramend niederglüht.
KÖR?iER 2, 117.
HEISZGELIEBT, part. : der söhn der ersten heiszgeliebten
meines freundes. Bettine briefe 1,130;
sasz die Jungfrau, einsam grauend.
Dach Abydos küste schauend,
wo der heiszgeliebte wohnt.
Schiller Uero u. Leander;
wohl vernahm die heiszgeliebte
ihres treuen sängers klagen. Uhland ged. 276;
und dennoch brachte keiner dieser boten
der heiszgeliebten meine heiszen grüsze !
H. Heine 16, 46.
HEISZGERUNGEN, part. :
ihre heiszgerungnen bände heben.
Secme ged. 235 (die belcrin).
HEISZGESOTTEN , pari. : heiszgesottner visch. H. Sachs
2, 4. 97'.
HEISZGEWEINT, part. :
ich musz vergehn mit Magdalcn
in heisz-geweinten thränen.
L. v. ScHNÖFFis mirant. flötlein 43.
HEISZGIERIG, adj.: der heisgierige tod. Bütschky hochd.
kanzellei s. 6S2.
HEISZGIESZEL, m. : heiszgieszel . . . sind bei der gegos-
senen waare von zinn stellen, worinn kleine löcher in groszer
anzahl beisammen sind, welches daher entstehet, wenn die
form, worinn gegossen wird, zu heisz gemacht ist. Jacobsson
2, 249'.
HEISZGRÄ.TIG, adj. im heiszen zustande spitzen oder stadieln
gebend {nach gradtig spinosus Dief. 547'). ei wird zunächst
gebraucht von erzen , die strengßüssig sind und viel ofenbrücite
und schlacken machen: heiszgrälig oder heiszgrädig .. ist so
viel wie wild, rauch, unartig, niinera/. /ex. 292'; weil bei uns
solche arme erz, oftmals speiszig, heiszgrelig sein. Matues.
Sar. 28*. dann im Ilennebergischen von einem dürren unfruclU-
baren lande; endlich übertragen vom menschen: lieiszgiälig,
cholerisch, in der mundarl von Scincäbisch-Hall. Rl'digeb neuester
Zuwachs 5, 206.
HEISZHIRMG, adj.: das hündlin ist zu hitzig in dem
houpt . . warumb geschieht es me, du best den hunt zu viil
by dem für lygcn . . darümb ist er so beiszhirnig und so
bald bereit crfür zu faren. Keisebsberg bilg. 146*.
HEISZHÖLLENÄNGST. adj.: bei meiner treu es Ihet mir
heiszhöllenangst sein. Schwabe lintenf. a3'.
HEISZHUNGER, m. groszer gieriger hunger. vor Adelung in
de;» Wörterbüchern nicht gewährt, während das adjectiv heisz-
hungrig seil Opitz unten belegt wird {vgl. heiszcr hunger unter
heisz 5 sp. 907). das wort sUehl in eigentlicher und übertragener
bedeutung: so hast du sie deiner kehle, deinem unersättlichen
hciszhunger hingegeben? Götue 20,96; freute er sich an
meinem heiszhunger nach kennlnissen, der sich nun bei der
krankhaften reizbarkeit völlig fieberhaft auszerte. 25, 1">7:
wenn dieser nicht fortgeritten wäre aus hciszhunger nach
der Stadt. J. Pall Tilan 1,77; er halle der unreinen mimik
919
HEISZHUNGER — HEIT
HEIT
920
des hund- und heiszbungers gemeiner weltlierzen zuschauen
und sich verhaszt und verworren seilen müssen, flegelj. 1,120;
wissenscliaflliclier heiszhunger. E. T. A. Hoffhann 8,35.
HEISZHUNGER, adj..\
0 bange angst, hetszhungre schmerzen. Tieck 2, 71.
HEISZHUNGRIG, adj. edacior, nimis esuriens, cibi calidioris
avidus. Steinbach 1,795; heisziiungrige leute. maula/fe 289;
weiche gallung von empfindnissen . . . wohl den flor des
lebens am grimmigsten anfeinden? zorn? dieser heiszhungrige
wolf friszt sich zu schnell satt. Schiller rduber 2,1; ich
läugne auch nicht, die Juden sind ein heiszhungrigcs unbe-
scheidenes Volk. Bettink bhefe 1,218;
auf disz sie an den tisch heiszhungrig nieilersitzen,
und essen, dasz sie mehr als vor zu Telde schwitzen.
Opitz I, 157;
heiszhungriger, als ein heuschreckenheer. Gleim 4,67;
stets nach speis und getränk hciszhungerig. Odyssee 18,3.
vergl. auch bungerheisz.
HEISZIG, adj. hilze habend, heisz (vom subst. heisze sp. 908
gebildet wie hitzig von hilze): fervidus heiszig Dief. 231'; wenn
man einen menseben brennen will , und man sin schonen
will und in sanft brennen , das in nit fast wee geschehe,
so brent man in nit mit ysen , Sünder mit heiszigem gold.
Keisersrerg bilg. Üb*.
HEISZKOPF, m. der einen heiszen köpf (heisz 4, 6 sp. 905)
hat, leicht aufbraust : mit obrist von Massenbach, dem heisz-
kopfe. balle ich eine wunderliche scene. Göthe 31, 273.
HEISZKÖPFIG, adj.: ein junger heiszköpfiger edelmann,
b. d. liebe 287*.
HEISZLICH. adj. und adv. heisz: heiszlich, subfervefaclus,
aliquanlum calidus Stieler 822:
und do sie auf der sldel sasz
gar heiszlich tet sie weinen. Uhland volksl. 676.
HEISZLUFTMASCHINE, f. so hat man die calorische maschine
übertragen.
HEISZSPORN, »?i. bildlich für einen hitzig andringenden
vienschen. es ist aus Shakespeares Heinrich IV, 1. theil, der unter
den personen den Henry Percy, surnamed Hotspur auftreten
läszl, durch Schlegels Übersetzung bekannt und beliebt worden,
jetzt viel verwendet: unsere junkerlichen heiszsporne; einer
der heiszsporne dieser radicalen partei.
HEISZSPORNIG. adj.
HEISZSTÜRZEND, pari.: aber es waren nicht mehr die
beiszsliirzenden Ihränen. Tieck 8,318.
HEISZTHEILNEHMEND, part.:
auch ich siand auf einem der hohen felsengestade,
schauete heisztheilnehmend hinab. Klopstoce 2, 192.
HEISZÜNG, f. 1) befehl, verlangen: jussio heiszunge Dief.
312'; von haisunge wegen unsers gn. b. von Mentze. weislh.
6,16 (von 1422); heiszung gottes, fatum Dasyp. ; on heiszung
diner Vernunft. Keisersrerg biig. 146".
2) heiszung, nomiuatio, vocatio, nuncupalio, appellalio, nomen-
clatio. tUulus Stieler 824.
HEISZWECKE, f ein zur fastenzeit bereitetes weiszbrot, das
mit einem aufyusz von heiszer milch gegessen wird, in Pommern
und Mrklenburg. nal.-zetlung 1861, no. 409.
HEISZWEIiNE.ND, pari.: da blickte sie heiszweinend auf
zu goii. J. Paul Titan 3, 81.
HEISZWCTHEND, pari.:
ei hat halt die heiizwüttend lieb
in meim herzen so starken trib,
wo irh eur lieh nicht thu erwerbn
•0 musz vor herzenleid ich sterhn.
J. ArnER 95' (483, 5 Kelter).
HEISZZORMG, adj.: da wurde sie beiszzornig auf sich
selbst und auf ihn. Freytac handschr. 1, 43.
HEIT, feminine endung für die bildung abslrader Substantive
aus Substantiven, adjectiven und parlicipien.
Et war frülier ein selbsl'Sndiges worl , masculinen geschlccIUs:
ijolh. haidus art , weise (l'hil. 1,18. 2 7'«m. 3,8), genau enl-
tprtchend dem sanskr. k^-lu-s ersclmnung , bild , gestall, würde,
hervorragende person (BOhtl. -Roth 2, 424); alts. hed stand,
würde; ags. hid persona, sexus , ordo , genus , specics , moduy
(Grein 2,3); altnord. heidr Itunor, dignitas ; ahd. beit in dem-
selben stnne. auch mhd. lebt das worl selbständig weiter, jedoch
als fem. fn der bedeulung art, beschaffenheil , weilte (mhd. wb
I, 05«*; Lexer 1, 1224):
daj kinne (Jesu) und euch ein teil der wangen
het ein schnener hart hevangen,
der was hrün unde reit,
ze mäjen lanc in schoener heit.
Br. Philipps Marienleben 5055.
der allgemeine sinn des worles läszt dasselbe gern als zweites ghed
von compositen verwendet werden, es dient, wie die fast gläcli-
bedeutenden subst. ahd. tuom, und ahd. scaf modus für zuslands-
bildungen. die anwendting des Wortes in solcher weise gehl durch
das alt- und miltelhochdeulsche, das altsdchs., fries. und ags. mit
den lOchlersprachen, während sie im altnord. {wie im gothischen)
unbekannt ist und die neunord. sprachen Wörter wie schwed. bitler-
het, lik-het gleichheit, dän. mörk-hed dunkelheil erst unter ein-
flusz des niederdeutschen bildeten.
Bei solchen zusammenselzungen änderte sich das geschlecht des
Wortes, nicht im ags., wo es auch als zweites glied von com-
positen masc. blieb; schwankend im alls., wo die wenigen beleg-
baren, hierhergehörenden bildungen theils masc, theils fem. sind;
durchgängig im friesischen, wo keine solche masculine bildung
nachzuweisen ist. das ahd. bewahrt das männliche geschlccht noch
an biscofbeit sacerdotium , das mhd. an ebenheit genösse (wb.
1, 656*), in andern fällen Irill das weibliche ein, unter dem ein-
flusse davon, dasz die mit beit zusammen gesetzten worte grösten-
theils abstracto, zustandshildungen sind, wie ja auch im mhd. heit
da, wo es auszer der composüion steht, sich durchgängig diesem
geschlcchle zugewendet hat. auch da , wo compostta persönliclie
begriffe ausdrücken, hat das fem. statt, wie in ahd. cristanheit
ecclesia, mhd. kristenheit; mhd. goteheit, menscheit.
heit bindet sich mit Substantiven, wie im ahd. dioheit humi-
litas , deganheit virtus , knehlbeit forlitudo, mhd. degenheit,
dörperheit , magelheit, wipheit; nhd. Christenheit, kindheit,
menschheit, gotlheit, narrheit, thorheit; in einer gröszeren
anzahl von fällen mit adjectiven , ahd. bittarheit , bösbeit, frl-
heil, heilagheil, tumbheit, wisheit, mhd. kuonheit, lösheit,
bösheit, stolzheit, smäheif, nhd. derbheit, dummheit, fauiheit,
feigheit, kühnheit, reinheit, triigheit, tollheit, gewisbeit und
vielen andern, auch mit parlicipien ; ahd. farloranheit, farmejan-
beit, trunkanbeit, mhd. gelegenheit, beworrenheit, nhd. trun-
kenheit, ergebenheit, Verlegenheit, gelehrtheit, verschwiegen-
heil, Verzagtheit u.a. im allgemeinen hat das nhd. -beit da
zur bildung von warten verwendet, wo die alte ableitung -i, mhd.
e in abgang gekommen ist, so dasz wo diese ableitung fortdauert
wie in grösze, länge, liebe, formen wie groszheil , langheit,
liebheit nicht vcnvendet werden (gramm. 2, 643), doch eilaubl
sich hier individueller Sprachgebrauch manche ausnahmen, wie
z. b. Dief. gloss. breit heit latitudo 320' für breite, tief heit pro-
fundilas 463' für tiefe aufzeigt, Melissus in den psalmen treu-
bait für treue {N6*, R 6'), strenghait für strenge (Rl'), auch
stolzliait für das masc. stolz (G 7') geicdhrl, und nocli jetzt
lindheit und lindigkeit neben linde lenilas , Weichheit neben
weiche mollitia hergehen (mollitia weiche Kirsch cornuc; eine
angenehme Weichheit. Göthe 25, 23). in andern fällen ist bet
fortbestand beider formen sonderung der begriffe eingetreten , wie
uns höbe etwas' anderes als hoheil, faule etwas anderes als faui-
heit ausdrückt; in noch andern endlich dient bei sonst gleidiem
sinne die eine form mehr der edlen, die andere auf -heit mehr
der gewöhnlichen spräche, so dasz nach dieser seile hin schöne
von Schönheit, reine von reinheit, kleine von kleinheit sich
scheidet.
Was die bedeulung von lieit in solchen Musammensetzungen
betrifft, so ist sie gramm. 2,544 dahin bestimmt worden, dasz
heil, Schaft und flium einander zwar gewissermaszen vertreten,
'doch bestehen feine, zum theil dialectische unterschiede: thum
bezeichnet mehr die würde, das gut, heil den blossen namen,
Schaft den bloszen zustand.' da die ursjirüngliche abstracte be-
deulung ton heit die nactiweislich ältere iit , so sind concrete
begriffe wie gottheit, Christenheit, menschheit als erst später
aus der abstraclen bedeulung hervorgegangen aufzufassen , niclil
umgekehrt.
Einfaches beit, in der bedeulung zustand, art, in älteren nhd.
quellen selten :
was thO ich nur, wo denk ich hin
dieweil ich txUo nackend hin.
loli ich zum vater in solcher haidl,
noio, wOrdt im machen grosxeii laidi.
SciiiELZL Verl, söhn 'IT;
findet sich nofb bair. die halt das sein, die art zu sein, der
zustand: von bloszer halt, freier holt, aus freien stücken, *on
junger hait auf, von jugend auf, lediger hail, im unverhriratcleu
921
HEITER
HEITER
922
Stande; auch adverbial lödigahait in ledigem stände, jungähait,
junghait in jungen jähren. Schm. 1, 11S6 Frommann.
Ober die verkehrung von heit in keit ist 5,500^. ausführlieh
gehandelt.
HEITER, adj. serenus. a/irf. heilar, f/iArf. heiter; ato. hedar;
nl. beyder clarus , coruscus , resplendcns Kilian; ags. hädor;
a//n. lieidr; mit dem vorigen worte wurzelhaß zusammenhängend,
auszer dem schon angeführten ketu erscheinung, klarheit, ist als
verwandt noch cetas glänzende erscheinung , aussehen (Bühtl.-
RoTH 2,1051), dilra sicidbar, hell, licht (1015) aufzuführen, wo-
gegen äne nahe Verwandtschaft mit griech. y.ad'a^os jedenfalls
nicht vorliegt, in dem ganzen deutschen Sprachgebiete tritt dem-
gemäsz auch an heiter nicht sowol der begriff der reinheü, als
vielmehr des glanzes und der helle in verschiedenen abstufungen
zu tage, es wird gesagt
1) von der sonne, dem himmel und seinem glänze, dem tage:
ahd. heilariu sunna. Graff 4, 813 ; heitarer tagastern, clarus
lucifer Schm. 2, 255 ;
alts. so thiio gisegid ward sedle nihor
heilra sunna. Heliand 5710;
ags. svä of hefene hädre scinetT
rodorcs camiel. Beövulf ib'ti;
mhd. liie mit disen sachen
begunde ej werden lieht,
sich begunde der nebel üf machen . . .
vil heiter schein diu sunne. rabenschtacht 374;
nhd. die klar heiler sonn, sol purus. Mäaleb 217*; vast hei-
terer mon , praenitens luna. 217'; heiter monschein, da gar
kein gwüik nit ist, luna pura 221';
bei heitrem rollmondglanze. Uhlaisd ged. 401 ;
es war im heitern Sonnenschein. Chamisso ged. 200;
der heitere himmel, ein heiterer tag, an dem die sonne glänzend
scheint, verschieden von dem blosz hellen himmel, hellen tage:
heiterer himmel, hüpsch und schön, apertum coelum Maaler
217'; unsre seelen, klar wie über uns das heitere blau des
himmels. Schiller Fieslco 4, 14 ; nur die hohen gebirgsketlen
waren unter einem klaren und heitern himmel sichtbar, alle
niedern gegenden mit einem weiszen wolkigen nebelmeer
überdeckt (der Standpunkt ist auf einem hohen berge). Göthe
16,230;
jener ort, der dich hält, wo ist er? wo (lieszet der himmel,
welcher dein aug umwölbt, heiter und lächelnd vorbei?
Klopstock 1, 22;
schaue des himmels
heitere bläue. 2, 212;
seht den himmel, wie heiter! Voss 4, 71;
der tag was heiter und schön. Aimon bog. c; hfipscher hei-
terer oder schöner lag, dies candidus, clarus Maaler 217';
das licht des tages ist
EU heiter ... die sonne zu lieblich. Gotter 2, 509;
glutroth sinket die sonn, und der mond am dunkelen himmel
schwebt wie ein silberner kahn, und verkündiget heitere pfingsten.
Voss 2, 22 (Idytt. 3, 2).
m der Verbindung heiter heller tag rührt es an die bedeutung
HO. 4 unten: ich habs nicht gehört verlesen, dasz es verboten
sei. mit deinem meilschi zu reden, und noch dazu am heiler
hellen tage. J. Gotihelf erzählungen 4, 231.
2) heiler ist die luft, das weiter, die gegend, die vom sonnen-
oder Sternenglanze durclistrahlt mrd: heitere luft, heiter weiter,
serenum Stieler 823; heitere nachte, noctes sublustres das.;
vernimm denn, was in heitrer mondnacht jüngst
ein schilTsgenosz auf dem verdeck erzählt! Uhlahd ged. 171 ;
ein heiteres dörfchen lag in einiger entfernung. Göthe 20,6;
man sieht über die reichen baumwiesen in eine heitere
ferne. 17, 4;
sie (etfen) bemalten die Dur mit dem heitersten grün.
HöLTT 69 Hiitm;
im warmen heiteren weiter
glänzet fruchtbar die gegend; mir bringen liebliche lüfte
über die wallende (luth süsz dultende kühlung herüber,
und dem lieitern erscheint die weh auch heiter.
Göthe 1, 336;
der heitere garten,
wo ich und Marthe deiner warten. 12, 240.
dann auch von personen und gegenständen, die uns in glänzender
ersclieinung entgegen treten: ein sichtbar oder heiter gemäl,
dj vil liechts bat, coUustrata pictura Maaler 217'; man liesz
den knaben eine arl von heitrer montining machen. Göthe
17,178; da sie sich denn in ihren heitern reinlichen uni-
formen, mit gesetzlichen bewegungen und einem natürlichen
lebhaften wesen, sehr gut ausnahmen. 278 ; die übrigen flächen
der wände und des gewölbes sah man regelmäszig abgelheilt,
und zwischen heitern und mannichfaltigen einfassungen,
kränzen und zierrathen heitere und bedeutende gestalten in
feldern von verschiedener grösze gemalt. 20, 19S ; er verhei-
rathete ihm seine tochter, ein frauenzimmer von der heiter-
sten Schönheit. 23,137;
frei und heiter zeigt sich des kopfes zierliches eirund.
40, 2S5.
3) heiter, hell leuchtend, vom flammenden, nicht blosz glim-
menden feuer : uf ein heiters kolfürle oder glütlin. RCff trost-
büchle 40* ; du siehst wol an einem Hecht, dj es glych als
heiter brent, so es schier kein doch {dockt) me hat, oder so
es schier am ende ist als an der ersten, jo etwan schint es
heiterer am letzten weder am anfang. Keisersberg ii/j. 150';
der ratt wirl bei der nacht mit heiterem schein des liechts
gebleut . dermaszen dasz er bei heiterem liecht nit fliehen
kann. Forer thierb. 109* ; ferner vom blinkenden metall und glas:
aus heiterm silber ward der schwarze trank (liaffee) geschenkt.
Zachariä 1,211 (Schnupftuch);
der Spiegel läuft darauf von seinem hauchen an,
und zeigt itzt keinen äffen weiter,
das dacht ich, rief er sehr erfreut,
die schuld liegt nicht an meiner häsziichkeit;
nein, junger herr, der spiegel war nicht heiter!
Gellert 1, 281.
vom klaren, glänzenden wasser:
kömmt bald an einen born, der tief und heiter war.
Hagedorn 2, 137.
übertragen, vom berühmten namen, der ja auch 'glänzt' :
oft ist der rühm, der schriftverfasser hebt,
ursprünglich schwach; doch hilft die kunst ihm weiter,
der gönner huld, nach der die Zuschrift strebt,
macht kleine grosz, und dunkle namen heiter.
IIagedorh 1, 58.
4) heiter schwächt sich von dem begriffe des glanzes, zu dem
des blosz hellen, lichten ab, so dasz ab sein gegensatz nicht sowol
wie bei den vorigen bedeutungen trübe und düster, vielmehr wie
beim letzten beispiele, welches den Übergang zeigt, dunkel hin-
gestellt werden musz : es facht an 'heiter tag werden , albescä
lux. Maaler 217'; heiter gewülk, nubes serena 221*; heitere
wölken, sudae nubes Steinbach 1,732; aber hei allen kindern
Israels was es heiter in iren wonungen. Züricher bibel 1530
33* {Ldther: liecht 2 3/oä. 1 0, 23) ; soll wir dir ein kerze an-
zünden? nein, sprach er, es ist heiter, ich gesihe noch genug.
Frey garteng. 11; die färb des baraesters ist bei seit heiler
rot. Forer thierb. 111*; die flossfeder auf dem rucken heiter
rot. ßschb. 15*; heiter läberfarb, fulvus Maaler 217', vgl. unten
heitergrau; da observierte ich wie die iiellglänzende sonne ..
ihre stralen durch dieselbige {see) bisz in diese schröckliche
tiefe hinunter warf, also dasz es diesen sylphis niemal an
keinem liecht nicht mangelte, man sähe sie in diesem ab-
grund so heiter wie auf dem erdboden leuchten. Simpl.2,'9
Kurz; die rundelle (laterne) lösche er nicht, die hatte man
dafür, um heiter zu machen, wo es dunkel sei. J. Gotthelf
bilder und sagen 4, 15 ;
der tag ist hier verbannt, kaum macht der todte schein
von einer larope noch den finstern zugang heiter.
WlELASD 17, 96 [Idr. u. Zen. 2,44);
den ganzen speisesahl
sah ich in finsternis zerrinnen; . . .
ich tappte nun so gut ich konnte weiter,
und fand zuletzt ein zimmer wieder heiter. 192 (3, 111);
der Vollmond macht nunmehr die ganze gegend heiter.
220 (4, -29).
in der Schweiz volksmäszig die hausflur, ein vorsaal ist nicht
heiter, hat zu wenig licht, bildlich:
ihm {dem säuqliri(i) ruhen noch im zeitenschoosze
die schwarzen und die heitern loose.
Schiller tied von der gtocke v. 54.
heitere wand als bergname:
etliche {hcnjknnppen) komcn mit iren secken,
schnereif, fuseisen und perkstecken,
sagent wie sey (si>) hart gearlieit band
in Gaflein, und der haitern ^and.
TuuRNBiszER archid. (1575) 51.
5) heiter übertragen auf das gehör, klar, deutlich : clarus, das
heiter und hall tönt, das man heiter und klar hört. Fris.
232*, danach Maaler 217'; sie sahen die liechter in der statt
und im schlosz, horten auch ganz haiter die uren schlagen»
923
HEITER
HEITER
924
stunden uszruefcn und die troinmcu schlugen im scblosz.
Zimm. chron. 3, 43S; noch bei Göthe:
lieiier klangen sogleich die gläser des wiithcs und pfarrers.
40,241;
daher auch eine heitere stimme, welche uichl heiser oder rauh
ist. Adelung.
6) lieiter auf erkenntnis und auffassung durch gcsicht und
verstand übertragen {vergi klar 10, th. 5,992); den ausgang von
110. i zeigt die formet das liegt heiter am tage; was dann, wo
maus änderst verstehen wil, ganz heiter am tag ligt. Galtny
273; wann der geist und sinn Christi im huchstabeu heiler
herausz am weg lege , so mücht den schätz . . . auch ein
jeder gottloser finden. S. Frank verbülschirt buch (1559) rorr.
bl. *ij*; die sach ligt heiter am tag, wie der paur an der
sonnen, aj)erta res et simplex, apparet aperte. M aaler 217'; die
sach ist heiter und offenbar, ligt am tag, res clara, celeber-
ritna H notissima. 217*;
das lit heiter am tag.
N. Manl'el fastn. 396 Grüneisen ;
desgleichen dem Albitio
bschechen ist, wie das am lag
ligl heiter.
Thurneiszer crlildrung der archid. (1575) 77 ,
dalier etwas heiter sagen, anzeigen, mit heitern Worten sagen:
ordo lucidus, ein feine Ordnung die einer im reden halt, dar-
mil und er dester heiterer und klarer rede. Fris. 789"; (eine
Öffnung) von einem artikel an den andren heiter und luter
vorgelesen, weislh. i,b6; inen selbs vermog darumb ufgerichtcr
biief und siglen under andcrra heiter bedingt und vorbehalten.
e2; (uie) es die marchslein clarlich und heiler uswysent.
Hotz Züricher urkundenb. 1, 131 {v. 1524) ; dievvyl des gestifts
zum groszen münsler oönung . . . gar heiler uswyst. 142
{v. 157(j); heiter, öffentlich liqtiido Dasyp. ; conspicuus, heiter,
klar, sichtbar Fris. 312'; cvidens, augenscheinlich, heiter und
klar 4S7*; heiterer, verstendiger, und verrümpter scribent,
author luculcntus Maaler 22l'; dj jemand sagen dürf wider
so heitern bescheid Christi, kriegb. d. fr. C3; mit heiterem
herichl , wie yeder form (der geburl) zum kummlichesten zu
lielfen sye. Hüff trostbüchlc A iij ; wie oben gesagt und heiter
durch die conlrafactur anzeigt ist. ll'; heiter, klarlich und
ougenschyniich fürgestellet und eröffnet. 16'; das drill buch
win eigentlich, klar und heiter alle handwürkung, auch das
ampt der hebammen leeren. 29'; so hab ihr mayest. frei
Laiter bekandt, sie wolle hinfür darauf bedacht sein. Fronsk
kriegsb. 3,140'; darby mocht ich heiter sahen, das diser un-
schuldig war. Maaler 217'; ich merks oder Verstands heiler,
clarel mUii. das.; ein ding heiler auszIegen, explicare aperte.
das.; habend von denselben goltzhüscrn heiler vcrsiglele brief.
Tsciiubi I, 226; heilere Wahrheit, veritas aperla, manifesta, ipsis-
sima veritas Stieler 823; heiterer Leweis, probalio ipso sole
nieridiano clarior. 824;
hast mit heiteren wortcn gseit
CS syg von sant Cornelius kommen, fastn, sp. 871, 23;
der glychnus gab Christus vil on zai,
tlarbv wir heiler wüssend zvcrslan,
wio lieh er arm sündcr hat gehan. 886, 13;
dasz wir arme Evakind
nüt anders, dann arm sündcr, sind,
das magst du nun heiter grylcn und sehen. 38;
die antwort die Christus heiter gii.
N. Manuel fasln. 355 Grfineisen;
dann dise gschicht zaigt baidtcr an
den schweren träum. S. IIirk lli:cl (1539) I>ij';
was ist nun wyicr zihuon vorhanden,
zeigs heiler an, verhall uns nüi. trag. Juh. Dij;
das sag uns heiter allen sant. Fij;
desz er gar heiter glougnel hat. Fv.
auch GOtiie hat noch in diesem sinne, zunächst in bczug auf
den blick, gesicfäskreis :
mit jedem schrill wird weiter
die rasche lehenshahn,
und lieiter, immer heiler {comparativ für heiterer)
•lelgl unser hlick hinan. 1, 131;
wir setzen den bezeichneten inaszstab, vielleicht nicht ganz
volUltindig und freilich nicht methodisch genug gereiht, zu
heiterer Übersicht hicher. 3G, 20b; ein blick auf die umMünde,
unter welchen beide inünncr gelebt, gibt zu einer heitern
^crglcK hung arilanz. fi.l, 1C1 ; ferner: diene geistreich heitern,
durcbdringciidrn, obgleich nicht einem Jeden gleich cingtlng-
lichen worte (Hegels), an Reinhard no. 103, i. 198; wie er auch
andcrtceil heiler für klar, sich seiner werke und ziele bewust,
braucht; da wir denn ungestört hier allein sind., und ganz
ruhigen heiteren sinnes. 17,5; vielerlei fragen, die durch
heilere liberalilät wohl aufzulösen sind, an Voigt s. 221; mein
vater war ein wohlhabender edelmann dieser provinz, ein
heilerer, klarer, thätiger, wackrer mann, werke 20, 46. ein
gebrauchtes bild knüpft ausdrücklich an die bcdeutung 4 an: keine
spur von Schiefheit, falscher anforderung, dunkler Selbst-
genügsamkeit, sondern alles klar, heiler und rein, wie ein
glas Wasser. 33,179;
frisch gewagt imd frisch hinaus,
köpf und ann mit heitern kr&t]t^n
überall sind sie zu haus. 23, 15.
Keisersbbrg schon setzt heiter «'jc ruhig, von leidensdtaft frei:
halt an dich, nit Schlags kind bisz dir der zorn vergat, denn
straf mit ainem haileren herzen nach Vernunft, alle die weil
dirs herz klopfet, so lang gang müszig (des strafens). siben
schaidcn h 6*.
7) heiter, übertragen auf die ruhig frühliche, von trübem freie
gemütsslimmung, verzeichnet zuerst Frisch : ain hailercs gemüth,
animus scrcnus 1, 397'. den ausgang dieser bedeutung von der
oben 1 zeichnen manche der unten folgenden beispiele, besonders
mich Schiller im Wallenstcin bei der beschreibung der planeten-
bdder :
ganz in der mitte glänzte silberhell
ein heitrer mann mit einer königsslirn,
das sei der Jupiter, des vaters stern. Piccol. 3, 4;
und beispiele unter heitern 1, c zeigen, wie die übertragene bedeu-
tung des adjcctivs wenigstens seil dem 17. Jahrhundert vorbereitet
ist. wir sagen ein heilerer mulh; ein heiterer mensch; ver-
gisz der sorgen und sei heiter; die heitern Giiechen. Heinsk
Ardingli. 1,120; dabei war sie ruhig und heiler. Gotue 17,178;
man kehrte zufrieden und heiler zurück. 31 ; der hauptmanu
. . . halle einen sehr versländigen brief vorausgeschickt, der
Charlotten völlig beruhigte, so viel deullichkeit über sich
selbst , so viel klarheil über seinen eigenen zustand , über
den zustand seiner freunde, gab eine heilere und fröhliche
aussieht. 28 ;
der du dort wandelst, ernstvoll und heiter doch.
Klopstock 1, 15;
mich scheucht ein trüber gedanke vom blinkenden weine
lief in die mclancholci!
ach du redest umsonst, vordem gewaltiges kelchglas,
heitre gedaiikcn mir zu! s. 27;
du starbst, wie du gelebt:
so heiter, wie dein Socrates. Uamlbr 2, 40;
ein west, wie du so heiler,
spielt um dein blundes haar. Gotter 1,27;
er ist nicht heiter, warum ist ers nicht?
ihr, lantc, habt mir ihn so schwer gemacht!
war er doch ein ganz andrer auf der reise !
so ruhig; hell! so froh bei'eilt! Schiller Piccul. 3,4;
wenn der tag nicht hell ist, sei du heiter. Rückert 325;
ihr heitern {müdchcn), kommt zu lanzes feier,
laszt wehn das rosige gewand ! Uhlanu yeä. 224 ;
doch den heitern pilgern Tolgen
andre baiTusz und bestaubt. 287;
ich mochte gern mein heitres lebenslicht,
mein schönes lieb, alliiberall umschweben. II. IIbine 15, S4 ;
es wird auch gesagt heilere fieude, als mehr ruhige, im gegen-
salz zur heftigen, wilden, ausgelassenen ficudc:
die hohe schwiirmcrei laugt meiner scelo nicht . . .
mein Clement ist heitre, sanTie freude. Wieland 9, 9.'i;
da kömmt er; kömmt mit hast; gliilit heitre Treude.
I.KSSINC 2, 285;
schon da gab dir, den du nicht kanntest,
heilere Treuden, mir aber lliranen !
Klopstock 1,51.
heiter gehl sodann auf gcsicht und minen, die eine solche gemüts-
slimmung wiederspiegcln : ein haiters gesiebt, ein vergnügtes
gesiebt, frons oder vullus Iranquillus et serenus. Frisch 1.387';
beidor äugen, bcsiuiders der madonna, lilicklen heiler schein,
in einpllndung Rchwimniend. IIeinsk Ardingh. 1,78; sie er-
ziihllc ihre beschwerlichen Wanderungen mit heitrem munde.
Immkrmann Münchh. 1,135;
kein niige war im dörrdien
1(1 lii'ltcr und üu blnii I fliii-TT 12 Halm;
die «lernen unter sich,
Hrhant er in eine well, die er bcseeliete,
nll heiurm blick herab. Vj;
925
HEITER
HEITERE
926
beseelt kein feuriger wünsch
dein heitres äuge? Raxler 1, 14;
und sein baupt, mit heiterm antlitz,
beugt Almansor ben Abdullah
über den gezierten taufstein. H. Heink 15, 101.
ferner auf zeiten , in denen etne iiettere geniütsstimmung tcallel:
sei thälig und gefällig, und lasz dir die gegenwart heiter
sein. GöTBE 20, 19;
sich sehen, Sympathie empfinden,
in einem heitern augenblick
aul ewigkeiten sich verbinden,
diesz ist der menschheit erstes glück. Gotter 1, 7 ;
das jähr ist hingeschwunden,
wie schäum im wilden bach.
denkt seinen heitern stunden,
denkt seinen trüben nach. Voss 4, 100;
endlich auf dinge, handlungen, zustände, die eine solche gemüls-
slimmung erzeugen: in heilerer gesellschaft. Göthe 31,127;
ein . . orientalisches mährchenbuch, woraus er auf der stelle
ein heiteres geschichtchen las. 130 ; hatte die jenaische ge-
selligkeit nichts von ihrem heitern Charakter verloren. 140 ;
hofrath Bluinenbach gönnte seinen weimarisch- und jenaischen
freunden einige tage, und auch dieszmai wie immer verlieh
seine gegenwart den heitersten Unterricht. 143 ; das erste was
wir thun sollten . . wäre, dasz ich die gegend mit der magnet-
nadel aufnähme, es ist das ein leichtes heileres geschäft.
17.32; der graf und die baronesse begegneten sich mit dem
heitern behagen, das ein paar liebende empfinden. 133 ; die
angenehmsten gesellschaften sind die, in welchen eine heitere
ehreibietung der glieder gegen einander obwaltet. 240; gott
bekehre dich zu dem heitern christenthume eines Herder,
Jacobi, Kant. J. Fall; wie froh-murmelnde frühlingwasser
Oosz den ganzen heiligen abend heiteres geschwätz des sohnes
und der mutter durch stube und Stubenkammer, leben Fibels
22; als sich nach dem heilern abendesscn die übrigen gaste
entfernten. Tieck 16, 1S2 (Sternbalds tranderunqen); die er-
neuerte liebe zur heiter griechischen kunst. H. Heixe 6,53;
eine ausschlieszlichkeit bei allen mittheilungen, wogegen die
hemmnisse der deutschen censur nur wie heitere rosenkelfen
erscheinen dürften. 9,98;
komm, und lehre mein lied jugendlich heiter sein.
Klopstock 1, 69;
flnslrer ernst und trauriges entsagen
war aus eurem heitern dienst verbannt
Schiller götler Griechenlands;
ja, danket ihrs (der muse), dasz sie das düstre bild
der Wahrheit in das heitre reich der kunst
hinüberspielt, die täuschung, die sie schafft,
aufrichtig selbst zerstört und ihren schein
der Wahrheit nicht betrüglich unterschiebt :
erust ist das leben, heiter ist die kunst.
^yaUens^ein, prolog ;
das spiel des lebens sieht sich heiter an. Piccol. 3, 4;
welch heitrer anblick ! welche schöne auen ! Demetrius 2, 2 ;
gelockt auf seligem grund zu wohnen,
du flüchtetest ins heiterste geschicki Göthe 41,226;
wann ward der heitre tanz erfunden
und wann das lose Pfänderspiel? Uhlajcd ged. 76;
man rettet gern aus trüber gegenwart
sich in das heitere gebiet der kunst. 103;
mit satyrlarven und mit blumenkränzen
umkleidete das alterthum den sarg,
der heiter die verglühte asche barg. 120.
vergl. frühlingsheiter.
8) heiter ist von froh unterschieden, indem ersteres als von
äuszeren begebenheiten unabhängige gemülsstimmung , letzteres als
m folge von ereignissen eingetreten gezeichnet trtrd;
eins verjüngte mein alter, durchrann, wie der tränkende bach
, . ,. , rinnt
durch die wiese, mein hen, machte den heiteren froh,
war mir wonne. Klopstock 2, 135;
andencärls tritt dieser untersctäed nicht hervor, vergl. namentlich
froh 1, theil 4', 222.
9) anlehnend an die bedeutung 7 ictrd heiter in der getrOhn-
lichen spräche des lebens auch ironisch veneendel: eine heitere
gcschichte!; das ist eine heitere Verwirrung'
HEITER, n. helligkeü, glani:
ich wünsche dasx die nacht {aoc.) lertreib ein helles heiter,
A. Grtpbius 1698 1, 332.
in schwacher form:
feölTnet ist die weit, uns alle lockt
ie neue lust aus enger klosterzelle
ins otTne heitre der verjüngten nur.
ScHiLLKR Demetrius 2, I.
HEITERE, HEITRE, /". klarheit, glänz, helligkeit, mhd. heitere,
heiter (Lexer 1, 1225), nach den verschiedenen bedeutungen von
heiter.
1) klarheU, glam, der sonne und des himmels :
als diu heiter durch da; glas
glestet von der sunnen,
so mühte man erkunnen
sine tugent der er pblac. Serrafiiw 296 (HaMp/5, S7);
daher auch die scfiönheit eines sonnigen tages, einer mondglinzenden
nacht: serenitas luftes heitere o. schöni Dief. nov.gloss.3ib*;
mit welcher hoheit blick wird auf uns herabsehn,
wen die heitre labt des goldenen tages! Klopstock 2, 39;
welche nachte, wenn nun der mond mit der heitre des himmels,
um der Schönheit preis, siegend stritt, und besiegt. 243;
gott sei dank für den herrlichen tag, und den herrlichen abend,
der uns morgende heitre verkündiget! Voss Luise 1, 590;
aber sie {die sonne) hauchte noch lang, mit sanftverglühendem
antlitz,
purpurröthlichen duft nach Osten; des kommenden morgens
heitre verkündend. Ptrker runi-s. S, 75.
2) Klopstock brauchte heitre auch trie at&rjo, erst in den
ausgaben des Messias seit 1773 :
ein Strom der himmelsheitre.
werke 3, lö (Hess, 1, 205; erste ausgaben
ein verklärter ätherischer ström);
ein schwebender leib aus heitre gebildet.
3,33 (l,4S5, früher hellleuchtend
gebildet);
sähe sie dasz aus wehendem staube sich engel erhoben!
und der leib der heitre den neugeschaffnen verklärte!
5,85 (11,1280, früher den ätherischen leib);
als sie . . . die stille heitre des himmels
näher den nicht begleiteten sonnen, erscbwebten.
6,25 (16,345);
ach, dann komm bald im weiszen kleide,
wallend im lieblichen strahl der heitre. 1, 52 (öden);
gleich einer lichten wölke mit goldnem säum,
erschwebt die dichtkunst jene gewölbte höh
der heitre. 2, 25 ;
die bläuliche heitre
lächelt. 112.
3) der geicühnlichen und volksmäszigen spräche war heilere
meist nur in der schwächeren bedeutung helligkeit gerecht {nach
heiter 4 sp. 922), namentlictt in bezug auf das lageslicht: alle
Tänster aufthun , dasz die heitere einher scheine, admittcre
lucem in thalamos totis fenestris. Maaler 22i'; mich, so bald
mir die heitere des tags nur ein wenig leuchtet , aus dem
staub machte. Siwipi. 3, 416 Kurz; so dasz ihnen, den sylphis
{in den abgründen des meeres) die see wie taglöcher oder fenster
taugten, durch welches sie beides, helle und wärme empfingen;
und wann sich solches nicht überall schickte, weil etliche
Seen gar krum hinum gingen, ward solches durch die reflesion
ersetzt, weil die natur hin und wieder in die winkel ganze
felsen von crjstall, diamanten und carfunklen geordnet, so
die hellung und heitere hinunter fertigten. 2, 79. so noch
Schweiz, tagheiteri, der anbrechende tag: da können wir ein
ganzes jähr arbeiten , von einer tagheiteri zur andere , wir
verdienen nicht so viel. J. Gotthelf schuldenb. 204.
Besonders bezeichnet heitere auch das aufhellen und klar werden
der Witterung nach einem stürme, wo auch die bedeutung 1 ««-
greift: und {Jesus) trüwet und überboldret den windt und
die ungestümigkeit des wassres . . und von stund an gclag
der windt, und ward gemacht ein grosze heilere und stille,
welle heitere und stille dem wüten und der ungestüme
nimmerme stracks von natur nachgefolget möcht sein. Kei-
SERSBERG postHl 1, 2s' ; von stundan gesasz die ungestüme
und ward ein schöne heitere und stille uff dem meer. Marie
himelfart 16*;
wohl mir! entflohn bin ich endlich dem wüst unholder er-
scheinung;
und des gewühls aufruhr schweiget, ein stürm, der verballt!
wieder erkenn ich und höre mich selbst, und die stimme ver-
sagt nicht;
klar in der heitere ward jeglicher laut melodie. Voss 3, 125.
4) heitere, übertragen auf helligkeü und klarheit des gesichls,
erkenntnisvermügens, Verstandes {nach heiter 6 sp. 923): heitere
und scharpfe der gesiebt, claritas oculonim Maaler 217'; die
heitere, cvidentia, claritas. das.; die Übertragung ist ausdrücklich
an die sinnlichen bedeutungen (t und 3) angeknüpft: wenn ain
mensch ausz der tunkle seins gemütes kumpt, das die haitere
aigner erkantnus geratet in der cellen seiner verstentnus aus-
927
HEITERGRAU — HEITERKEIT
HEITERLICH— HEITERN
928
hrechen , denn sieht er in welchem neliel und blinthait er
ist genesen. Keisersberg siben liauptsüiiden (1510) cc4';
0 reines licht, durchläutre
mich ganz mit deiner heitre.
zu schaun, was wahr ist, schön und gut!
Voss 5, '-!Ü6 (fibenclirieben 'die morgenheitre').
5) heitere, frohe gemülsstimmttng {nach heiter 7 sp. 924) :
dieser ist Philippus. die menschenfreundliche heitre
bildet die züge des stillen gesichts. Klopstock 3, 120;
es saszen umher, mit silberhaarigem iiaupte
Bartholomäus, Lebbäus gelehnt aul ein rüder, mit vollem
freudeglanzenden blicke der Zwilling, mit lächelnder heitre
seihst Nuihanael. 0, 175;
ah, wenn sie blieb, die sie war,
als sie erschien, so durchwallt heitre, durchströmt
froheres ihn. 7, 10.
HEITERGRAU, adj. lichtgrau, hellgrau : (der habidä) bat ein
heilergrauwen köpf. Stumpf 560.
HEITERICHT, adj. serenus, nitidus, coruscus ; der heiterichte
früling, i'er sudum Stieler S24.
HEITERKEIT, f., mlid. heiterkeit (Lexer 1, 1225).
1) glänz, strahlende klarheit der sonne, der sterne, des htmmcls,
des tages: heiterkeit des lages, serenum, heiterkeit der luft,
sudum Stieler 824;
beglückte nacht! die uns den schönsten tag gebiehret,
für welchem keiner hat gehabt mehr heiterkeit.
LouKNsTEiN himmelschlüssel s. 44.
in bezug auf orte die von der sonne bestrahlt werden, 'lachende
Auren' (heiter 2 sp. 921) :
und ruh und freude labt dein herz
in gegeuden voll heiterkeit. E. v. Kleist 1, 56.
2) heiterkeit = tielle (heiter 4) : das schlimmste war, dasz
sich . . der himmel mit wölken zu bedecken anfing, welche
ihnen kaum so viel heiterkeit übrig lieszen, dasz sie einen
weg in dem gehülze finden konnten. Wieland U, 162.
3) heiterkeit klarheil für das sehen, erkennen, auffassen:
heilerkeit der rede, jperspicuitas se) mortis, orationis claritas.
Stieler 824.
4) heilerkeit, die frohe gemiitsstimmung : eine wunderbare
heiterkeit hat meine ganze seele eingenommen, gleich den
süszen frühiingsmorgen die ich mit ganzem herzen geniesze.
GöTHE 16,7; was das handwerk hervorbringen kann , das
keine schönen Verhältnisse kennt, aber für bedürfnis, dauer
und heilerkeit arbeitet. 20,43; die thüre selbst war auf
iigyplische weise oben ein wenig enger als unten, und ihre
ehernen flügel bereiteten zu einem ernsthaften, ja zu einem
schauerlichen anblick vor. wie angenehm ward man daher
übeirascht , als diese erwartung sich in die reinste heiter-
keit auflöste. 197;
der pöbel sieht erstaunt des weisen angesicht,
sieht seine heiterkeit, doch ihre quelle nicht. Uz 2, 48.
auch der ausdruck dieser gemülsstimmung: der reichstag hörte
die rede des hcrrn N. mit vieler heiterkeit an ;
lispl ihm trost in die brüst, heiterkeit in den blick.
Hölty 68 Hittm;
tritt sie die schwester an mit falscher heiterkeit,
jäszt im verstellten aug der hotriiung strahlen blitzen.
Scuiller Dido 87.
im Wechsel mit der bedeulung 1 :
heiterkeit athmei die llur und heiterkeit garten und waldung,
heilerkeit vieh und gevügel und keck arbeitendes landvulk;
mehr der menschliche wirt, der mit heiterkeit alles beseelet,
auch mich schwelgenden gast. Voss 2,193 (Idyll. 12,1).
man tprield von heftiger heiterkeil: so herrschte in der ganzen
zeit eines längeren Zusammenseins eine aufgeregte inuntcr-
lieit , eine heftige heiterkeit, die kein stillstehen duldete.
GüTHE 31,200; sogar von ernster iieiterkeit (wie andererseits
von lächelndem ernst. IIeinse Ardingh. 1,81): es war ehcn-
niäszig bei einem lodesfalle .. dasz in ernster Iieiterkeit der
schönen freundin {der gestorbenen Corona Schröder) gedacht
wurde. Götiie 31,131. paradox ist die düstere heiterkeit: in
diesen liedern (den Volksliedern) füiilt man den iierzschlag des
deutschen Volks, hier ofreniiart sicii all <ieine düstere heiter-
keit, all »ieiue nürrisclie Vernunft. H. Heine 6,192.
hl heile; keil endlich, das was die hriinc (femhtsstimmung
hrrvoTTuH oder wecken soll, Vergnügung: indessen fehlte es
nicht on unterhaltender heiterkeit. Göthe 31.110; hierein
plural beilerkciten : (dasx der mann) durch orinnerung nn
liiiViere beilerkeiteo den trüben sugenhlick zu erhellen wnszie.
25,186; solchen Zerstreuungen und heiterkeiten gab ich mich
um so lieber und zwar bis zur trunkenheit hin. 26, 80.
HEITERLICH, adv. illuminale. Maaler 217*.
HEITEKLING, m. der heilerluit hingegeben, gebildet nach witz-
ling: das ist so die philosophie der bonvivanls und seichten
heilerlinge in der nusz. R. Goltz kneipen u. kneipgenies 47.
HEITERN, verb. in zwei bedeutungen.
1) wie ahd. heitaran, mhd. heitern, heüer machen; transitiv
und reflexiv.
a) in bezug auf Sonnenlicht und tageshelle; in einem bilde:
es schäumt der nahe lieJlt aus freuden seine wellen,
dasz sich um mitternacht der künste sonn erhellen
und prachtig heilern soll. Möhlpfort 78;
du, die vom göttlichen blick die ernste gcrechtigkeit lernte,
aber auch Ihren vertrautcu mit süszer freundlichkcit lächelt,
heitre die seele, die noch, umringt von dem graun der gesiebte,
innerlich bebt, mit himmlischem licht. Klopstock 3, 1U8;
a«c/j in nur abgeschwächlerer bedeutung liell machen, erhellen:
im trüben tag, den nur ein Irrlicht heitert.
II aller Schweiz, ged. (1768) s. 59;
bildlich:
der spräche horizont durch die criiik zu heitern.
Rost verm. ged. 86.
b) übertragen, ätherisch umbilden, läutern (vgl. oben beilere 2):
dasz auch wir mit seligem erbeben
himmelwärts die nassen blicke heben,
wo dein geist, vom irdischen geläutert,
sich zum engel heitert. Voss 4, 63.
c) am häufigsten in bezug auf die heilerkeit der seele und den
ausdruck derselben : si heitere ihr angesichte mit der hofnung
künftiger freudenbegebenheit. Rutscuky kanzl. 847; des mis-
muthigen antlitz heiterte sich. Scueffel Ekkeh. 23;
aber was ist es denn,
das mich heitert? Klopstock 1,84;
dort schuf sie der herr! hier dem staub näher den mond,
so (welclier), genosz schweigender kühler nacht, sanft schimmernd
die erdulder des Strahls heitert! Ib6;
wer, was die Schöpfung, und was er selbst sei, forscht,
anbetend forscht, was gott sei, den heitert, stärkt
genusz des geistes. 7, 35;
soust konnte deine seele
der Sänger heitern, und des sanfteu liedes
begleiterin, die leise goldne saite. 9,77;
treib, o selige, treibe
im beginne des werks uns schwarze sorgen und nebel
lerne zurück! wie der glänz am morgen, so heitre der eingang
unsere stirn, wie der glänz am abend, der fröhliche ausgang.
Herder zur seil. tili. u. kunst 10,229;
kein blick der hoffnung heitert die seele mir,
kein blick der freude! Höltv 78 Hutm;
komm, du engel gottes,
komm, meiu leben zu heitern! 112;
trockne deines Jammers thränen,
heitre deinen blick. Voss 4, 83;
doch das eng verschlossne haus
heitert warm und froher schmaus. 5,214;
nun seid ihr entkräftet und muthlos,
stets mühseliger irren nur eingedenk; und es heitert
nie euch Ireude den muth. Udystee 10,464;
drum lieh ich, heitre dein gcsicht,
ich scheue holl und himmel nicht,
bleibt mir dein äuge ollen.
Lenz an itiniia, in Voss musenalm. 1778, «. 47;
0 welch eiü mahl ! die grazie
der freundlichkcit, die suada, gieng
zu tische mit und heiterte
das fröstelnde gespräch, so bald es grillen tieng!
Kl. Schmidt /met. bv. 147.
«)// ausgelassenem objecl:
aus seiner (des dichten) hellen schule, so scheinis, ergieszt
sich nur, was heitert. Klopstock 2, 26.
d) ungewöhnlicher ist den kunnner heitern , ihn in freude
verkehren :
und sie blickten hinab, und sahn den göitliclicn wandeln,
sahn die jünger ihm folgen mit hnlhgeheiiertem kuminer.
Klopstock U, 221 :
0 so komm denni heitre das betrübtet BCngkr 08*.
e) Zusammensetzungen, vergl. aufheitern, ausheitern, durch-
bcilcrn, erheitern, anheitern gehört zu c oben und drückt tni
pait. praet. verblümt einen vtdszigen rausch aus: er ist etwas
ongehcilerl.
2) heilern, intraniitiv, heiter sein; zunddul in beiug auf luft
und weiter : das weiter hcilerl, klirt sich; gewöhnlich unpersün-
Uch es heitert : aber als es am hefligslen donnerte, heiterte
pH schon von hinten. J. (lOTTiiKi.r schuldenb. 56;
920 HEITERNESSEL — HEIZER\M:IB
und wenn bei stillem dämmerlicht
ein allerliebstes treugesichl
auf holder schwelle dir begegnet,
weiszt du obs heitert? ob es regnet? Gqthk 4,UJ,
auch in bezug auf den ausdruck innerer häteikeit:
hier ist das Wohlbehagen erblich,
die wange heitert wie der mund. 41, ilb.
HEITERNESSEL, f. urtica urens, vgl. eitei nessel th. 3, 393 :
Urtica granata, Leiternesszel Gersdorf fddb. d. wundarzn. 105 ;
atasilia, beilernesszel 100 ; die heilernesseln werden also ge-
nennt ihres bitzigea brands wegen. Tabebnaemont. 920; weil
an der Boyneburg schöne heiternesseln wachsen, wollte sie
davon zum futter abschneiden. Grimm d. sagen 1 no. 10.
HEITERÜNG. /. radiatio. Stieler S24.
HEITSCHEFFEL , m. flächenmasz in Schleswig von 144 oder
240 quadralruten. Jacobsso.n 2, 250 .
HEIZ. «i. lormenülla erecla. Nemnicu.
HElZß.\R, adj. zu lieizm: eine wohnung von sechs heiz-
baren zimmern.
HEIZBARKEIT, f.
HEIZBÜRDE, f. fascis virguUomm. Maaler 217 .
HEIZEL, m. als name für an junges Ihier, aus heinzel ent-
standen, s. sp. 890. xN'emsich nennt so das junge schwein; tn
derselben bedeutung heizlin bei Fiscuart: sechts also gehets
auch mit . . . s. Anthonii heizlin zu. bienk. 142'.
HEIZEN, verb. calefacere , ahd. beijan, mlul. heijen. die
geschärfte dentalis des von heisz unniillelbar ausgehenden verbums,
das die nebenform heiszea (sp. 90S) fast gänzlich verdrängt hat,
ist eingetreten wie in nhd. beizen für altes beijen, reizen für
alles reijen, weizen für mhd. weije; sie ist seit dem lö.jahrh.
naclizuweisen, s. unten, heizen wird gebraucht
1) von dem heisz machen eines ofens: gleich wie ein back-
ofen den der becker heizet. Hos. 1,4; der ofen ist zu stark
geheizt; reflexiv: der ofen heizt sich gut, leicht, schlecht,
schwer; mit ausgelassenem objed: man heizt mit holz, mit
kohleo;
die Muszkünn wirt in noch leern,
das er musz spüln, haizen und kern (als haw^arbeU).
fasln, sp. 786, 21.
von Itier aus heiszt es uneigentlich eine stube heizen, sie durch
heizen des ofens erwärmen : eine stube heizen , hypocauslum
calefacere Stieler S»22 ; der saal läszt sich wegen seiner grösze
nicht gut heizen; ein gutgeheiztes zimmer; das kleine zimmer
heizt sich gut; eine badstube heizen; und danach wieder e'ia
bad heizen, auch sprichwörtlich, wie einem warm machen (vgl.
einheizen theil 3,199):
nur sachte ! ruft der Greiner, euch wird das bad geheizt :
aufdampfen solls und qualmen, dasz euchs die äugen beizt.
Ubllasd geU. 362.
2) technisch beim Schiffsbau : heizen . . bei kalfaterung der
fahrzeuge, wenn die fugen mit werg gut verstopft sind, mit
angezündeten an einem stocke angebundenen holzbüscheln
die verstopften stellen erheizen, und, wenn selbige genugsam
erwärmet sind, mit der betheerung darüber fahren, um die
kaJfaterung zu vollenden. Jacobsson 2, 250'.
3) übertragen:
wird auch das feuer, womit Götz (von Berlichingen ist gemeint)
die busen heizet, ihn envärmen? Gökisgk 3,230;
die drei küpfe heizten sich immer wärmer. J. Pacl leb. Fibels
65 ; ich drückte das sybillinische blatt in ihre von der arbeit
geheizte band, jubeisen, 139.
4) heizen, intransitiv, hitze geben: der ofen heizt gut. vgl.
bitzen.
HEIZEN, verb. liebkosen, streicMn, küssen. ROdiger neuester
zuwaclis 2, 83. in Mäteldeulschland. es ist erweiterte form von
dem sp. 814 oben aufgeführten heien liebkosen.
HEIZER, m. calefactor. Stieler 822. beizer einer dampf-
maschine; heizer auf der locomotive; heizer in der ziegel-
sclieune Jacobsson 2, 250*. aucii apparat zum heizen an einer
mascliine: das kochende wasser befindet sich in der mitte
zwischen einem heizer und einem abkühler. Licutenberg 5
(180:!) 326.
HEIZERIN. f. furnaria. Steirbach 1,730.
HEIZERLICH, adj. aplus ad calefaciendum : die stube ist
gar nicht heizerlicb, Imc conclave nuUis ignibus calefieri polest.
Stieler 822.
HEIZERWEIB, n. heizerin:
drauf mit zorniger stimm antwortete Iros, der bettler:
wunder, wi« rasch der fresser mit fliegender zungc da plappert,
recht wie ein hcuerweibi Odyssee IS, 27.
iV, ;i.
HEIZKRAFT — HELD
930
HEIZKRAFT, f. kraft zu heizen, hitze zu geben : buchenholz
hat mehr heizkraft als tannenes; die grosze heizkraft der
Steinkohlen.
HEIZKRÄFTIG, adj.
HEIZUNG, f. calefactio, calefactus. Stieler 822; nach be-
schehener heizung des backofens. öcon. lex. (1731) sp. 1781;
heizung mit holz, mit kohlen, mit torf ; oder als compos. holz-,
kohlen-, torf-heizung.
HEKELN, verb. bei Güthe für häkeln t sp.180:
am flusse kannst du stemmen und hekeln;
Überschwemmung läszt sich nicht mäkeln. 2, 240.
HEL. adj. s. hähl sp. 158 und hehl sp. 785.
HELB. m. und n. stiel, griff an axl und bell, mhd. halp und
help (Lexer wh. 1, 1151) : helb, vulg. stil an der hacken oder
biel, cassidolabrum, est manubriim securis et bipennis. voc. ine.
theut. h&'; liastile ein helf oder stele, ut in securi Trocbus
R2'; in Baiern noch halb und helb, auch helben {masc. und
fem.) ScHM. 2,175; in Kärnlhcn help und hölp, masc. Lexep
138; Schweiz, helb neben halra Stalder 2,14; niederdeutsch im
Götlingenschen helf und helft neiär. Schambach 78*; ebenso helf
neutr. im Lippeschen Fromm. 6, 211, und in Siebenbürgen 4,194;
ein hawr gegangen kam in waldt,
und grüszt die beume manigfalt,
bat, sie i« wollen geben selb
zu seiner axt ein newes helb. B.Waldis Esop 1,39,6,
dein arm geben zwen trüschelDegl
oder zwei helb an zwen holzschlegl.
J. ÄTRER fastn. sp. 74» (2708, 24 Keller).
sprichwörtlich :
zu seiner axt fand er kein helb (ein abt, der ihm auf-
gegebene fragen nicht lösen kann).
B. \V ALDIS Esop 3,92,70;
das heiszt, wo man stets zusieht selb,
das in der axt recht steht der helb,
so gdeien pferd und alles viech. 94, 282.
Auf den wurzelhaflen Zusammenhang zwischen helb und half-ter
ist sp. 226 hingewiesen, vgl. auch halm sp. 240 und unten heim.
HELBE, f. spreu; ahd. hölawa, mhd. helewe. helwe, hilwe
(Lexer 1,1245), einer würzet mit hülse; in der nhd. periode
nur noch seilen erscheinend: palea helwe Dief. 406"; palea,
palia helwen, heliwin , helw nov. gloss. 276'; helbe, hülse,
haferbälglein Nemnich. mü abfall des Suffixes : hei corlex, vulg.
schale roc. ine. theut. i3'; hei an dem getraid teca das.; in
Oberhessen noch jetzt die Weiterbildung das held spreu (aus älterem
helwede) Vilmab 162. Maaler verzeichnet eine ableilung von
helbe: der helber, spreüwersack , wie maus braucht in die
kiudswiegen. 217*.
HELBLING, m. l) halbpfennig, münzstück im halben werte
eines jeweiligen Pfennings; mhd. helbeling, helbling, helberling
(Lexer 1, 1228) : helbling obulus, dicitur dimidius denarius voc.
ine. theut. i3'; so mögend sie den fal (erbfall) wider lösen
umb einen helbling und drie pfunt. weisth.i.i; der .. bes-
sert dritzsig Schillinge und einen helbeling. 159; der kaiser
warf im darein (einem bettler in einen groszen sack} einen helb-
ling oder örtlein oder haller. d. städlechron. 3, 110, 25, venjl.
die anmerk. dazu s. 430'; daj nach dem, als der her im
evangelio spricht, nit ein spetzlin, deren man doch zwei umb
einen helbling kaufft, tiff dj ertreich fall on gott. Keisers-
bebg irrig schaf 83'. mittel- und niederdeutsch ist die assimi-
lierte sciwn früh vorkommende form helling, halling: helling
Obolus, hallingas obolos Graff 4, SSO; fries. halling für halv-
ling Richthofes 793*; stips hellinck, hallinck Dief. 553' (nieder-
rheinisch); zwenzig Schillinge und sechs phenninge und ein
helling ist der läjen böge. Sachsensp. 3, 45, 7.
2) helbling , ein halber, scliwanlicnder mensch (vgl. halb 2, d
sp. 192): gott foddert den ganzen menschen, und mag der
helbling und heuchier nicht. Lotuer 3, 2is'.
HELBüTT, m. pleuronectes h^i^Ktglossus, was heilbutt sp. S23.
Nemnich 4,1008.
HELD, frt. heros, vir fortis.
alid. heJid, mhd. hell; alls. helid, mnd. tiL held; ags. häled;
goth. fries. nidit belegt, der altnord. spräche abgeliend, ddn. hell,
schwed. hjelte ist aus dem deutsdien eingedrungen, die abwand-
lung des Wortes geschali ini aftd. mhd. nur nacJi der starken
declination, und wie die Schriftsprache noch jetzt als nachklang
dieses terltällnisses den nom. nur ab held (meld beide) brauclU,
so hallen sicli andere casus in starker form neben den später auf-
gekommenen scIiwacJien bis in den ausgang des IB.jahrk; so der
acc. sing.: ich habe einen helt erweckt der helfen sol. ps.
>s9, 20; wenn das geschick dem lieblinge den held versagt,
59
931
HELD
HELD
932
Lessing 1,207 {tieben den Leiden das.); diesen ehrwürdigen
held. Schiller 7, 472 Kurz (gesell, der unrulien in Frankreich) ;
der herr baron verpasz bei seinem grossen schätz
(ieu Staatsmann und den held. Gellert 1, 100;
auch manchen mann, auch manchen held,
im frieden gut und stark im Feld,
gebar das Schwabenland. Schiller Elicrhard der Greiner ;
für den held und dichter sprieszet lorbeer.
Herder zur seh. litt. 6, 41 ;
dat. sing, helde: ich war einsmals hoffprediger bei einem
dapfern und groszmüligen helde. Schüppiüs 514; gekürzl held:
jedoch neigt alsobald sich sein gemüth und sinn
zum held. D. v. d. Werder Aritisi 11,17,8;
so würdest du wohl manchem held,
und manchem weisen beigesellt. Gellert 1,307,
doch tadelt er 318 diese form: manchem held ist wider die
grammalik (auch Wieland macht bei gleicher gelegenheil dieselbe
anmerkung in den nolen zur Musarion, 3. buch, th. 9, s. 118);
gen. beides: di eigenschaft eines rechtschaffenen beides.
BüTscHKY kanzl. 310 ; gedänkzettel zu entwerfung eines recht-
schaffenen beides. 311 ;
lang also war und treu
des helds bericnt. Alxinger Doolin 3, 53;
doch dessen (des wurfspieszes) irre spitze
trifft, statt des helds, Flandrin«n. 4, ti2 ;
ebenso «t die pluralform für nom. und aec. wenigstens im M.jahrh.
noch dann und wann beide: ihr septentrionalische helde.
ScHDPPics 390; die weiseste kaiser und kriegshelde. 393;
da er nun aber vernommen,
dasz die helde angekommen,
mit ihm kühnlich zu fechten. Opel u. Cohn 247, 5.
Die scliwachen von held gebildeten casus, die sich seit dem
H.jahrh. vereinzelt nachweisen lassen:
die beiden wunderbalde.
lied von der schlacht bei Sempuch in
Wackersagels leseb. 1114,29,
Überwiegen schon zu an fang des 16. jahrh. gegen die bis dahin
starken: des beiden. r/ie!ierrf. 30, 41 ; zum beiden. 43,8, gegen
des helds. 30,36; die beiden der beiden. Jes. 45, 2ü; wir
sind die beiden und die rechte kriegsleute. Jer. 48,14; das
herz der beiden in Moab. 41; eines tapferen berulischen
beldens. Micbäliüs altes Pommern i, 103 ; nur die nominaliv-
form beide, die consequenter weise versucht worden ist:
churfürst Philips der helde. Opel «. Cohn 122,5,
hat sich nicht wollen einbürgern.
Die beziehungen von held zur würzet hal, ahd. belan decken,
bergen , hehlen sind längst erkannt, nur wird man die grund-
bedeutung des Substantivs nicht activ , als deckender, schützender
nehmen dürfen, sondern da das sufßx passiv-begriffe bildet, als
bedeckter, mit der rüslung bekleideter krieger, worauf schon Kemble
(glossar zum Beovulf s. v.) hinwies, alln. hal-r, ags. bäle mann
ist wurzelhaft und nach der begrifflichen entwickelung verwandt
und aus der bedeutung krieger zu der mann verallgemeineii ; vgl.
eine ähnliche erscheinung bei held unten 5.
Bedeutung.
1) lield, der durch tapferkeil und kampfgewandtheil hervor-
ragende krieger: held robuslus homo voc. ine. theut. i4*; die
edieslen in Israel sind auf deiner hübe erschlagen, wie sind
die beiden gefallen? iSam. 1,19; gurte dein schwert an
deine seilen du belt. ps. 45, 4; bei dem volk werde ich gütig
erfunden, und im krieg ein belt. weish.H,lh; sieben beiden,
in groszer gravität und starke desz leibs. Fuilander 2 (lU43)
63; jedermann erstaunte in dem beiden und heerführer zu-
gleich den gefälligsten hofmann zu erblicken. Gütue 18,282;
in diesem {yedicfile) ist nicht Joseph der held, sondern Joseph
der vater, der »teurer des mangels, besungen. 33, 74; es gibt,
sagt man, für den kammerdiener keinen beiden, das konniit
aber blos daher, weil der held nur vom beiden anerkannt
werden kann. 17, 262;
ein held von ehren
begehrt dia eitelkeit und wollutt nicht zu hAren.
Opitz I, 1U3;
ein held fall ich; noch sterbend droht
mein lobel in der haiid!
uritierblich niaclit der beiden tod,
dfr lod fürt Vaterland 1 Gliih 4,2;
wir kommen, unser nicReggotl,
held Friedrich, Int voran I «. 15;
dtt i»t der lindwurm, kommt und «rhniit,
der hirt und het^rdun hat vemchlunKvn I
d*« itt der held, lirr ihn Iküwiiiikcii !
c. ....... 1 -ni/^f nül il. ilrnrhrn :
tili lianl als hold gethan ;
der muih ists, der den riiter ehret. das. ;
wenn heut ein geist herniedersiiege,
zugleich ein sänger und ein held. Uhlanp gcd. 91;
der held im streite, s. 233.
held ist namentlich auch der durch die sagen der vorzeü wegen
seiner tapferkeit und kriegslhalen gefeierte mann edler abkunft,
vergl. unlen die composita beldenaller, beldenbuch , helden-
einfalt, beldcnfabel, beldenfahrt, heldengeschichtc, helden-
lied, heldenzeit «. a.;
was der held Jason thät erlangen.
Fischart gliickli. schiff 1146;
es fochten nicht mit gröszrer wuth
um ein entlaufnes weih die beiden am Skamander.
VVikland 17, 43.
es heiszt der kühne, mutbige , tapfre, fromme, streitbare,
starke, redliche, junge, greise held;
mUd. von beiden lobeba;ren. Nib. 1,2;
sus riten zuo der bürge die helde kOene unde guot.
387,4;
des wurden snelle helde missevare. 1530,2;
die stolzen helde ma;re. Gudr. 1354,4;
nu zuo, ir majren helde. 1465, 1 :
die helde unwandelbaere. g. Gerli. 2708.
nhd. der herr mit dir, du streitbarer belt. richter 6,12; starke
beiden und kriegsleute. Ichron. 13,8; sie waren alle red-
liche beiden. 21; die starken beiden. Hes. 32,21; die doch
auch gefurchte beiden waren in der ganzen weit. 27; der
alle redliche teütsche held Sebastian Schertel Ton Bnrtenbach.
Puii-ANDER 2 (1643)357;
den werden thewren beiden {Zriny)
klagt man durch alle land. Körner hislor. volksl. 223:
umgurt mit beides dapCerkaite. Melissus ps. Sl';
von Leipzig aus manch Irischer held
auch da erschien im feld. Opel u. Cohn 40,9;
drum frommer held Betlehem Gabor
hilf mir unterdruckten empor! 34,21;
zwo grosze armada wol bestellt,
darunter war manch tapfer held. 65, 4;
es sah ihn jedermann
als den berühmtsten held und besten könig an.
PosTEL Willekind s. 80 (4, 342) ;
wir, alle beiden, stolz und kühn. Glsim 4, 112;
es war einmal ein groszer held,
der sich Äneas nannte. Blumauer 2, 3;
erliegt doch rechts, erliegt doch links
so mancher tapfre held! Bürger 112';
der treue
mitgefährt des wackern beiden
in so mancher, mancher schlacht. Herder Cid 67;
ein edler held ist, der fürs vaterland,
ein edlerer, der für des landes wohl,
der edelste, der für die menschheit kämpft.
zur seit. liU. 6, 34 ;
treuer, deutscher, biedrer held! Arndt ged. (1840) 237;
da liegen sterbend auf dem leichenfeld
der scnöne Sven und Ulf, der graue held.
Uhlano ged. 190 ;
nur er, der beste, blieb zurücs,
der kühne held Harald. 307;
in groszer trauer rilt von dann
der stolze held Harald, das.;
zur schmiede gieng ein junger held,
er halt ein gutes .schweri bestellt. 331;
da sprach herr Karl, der starke hold. 339;
sie sprach: dort reitet, bei gott, ein starkor held. 350;
da ritt aus Stuttgarts tlioren ein held von stolzer an. 358.
sprichwörtlich: beiden zeugen selten wieder beiden, heroum
filii noxae. Frisch 1,439*; hat einer gcld, so ist er ein held,
und der mit güldenen üpfcln werfen kan, behält das feld.
l'isTOHiüs thes. par. 9, no. 76 ; held hinderin ofcn, mües stne
animo Stieler 888. übertragen und mit anklang an die bedeti-
lung 3 unten:
douiHche freihell, deutscher gott,
dcuiücher plaubu ohne spott,
deutsche« licrx und deuischor stal
sind vier beiden allzumal. Arndt ged. (1840) 242.
2) held im geistlichen sinne, Christus heisxt so, er hni hntli'.
und lod besiegt:
or gieng aus der knmor sein,
dein königlichen saal so rein,
goU von an und moiisch ein held. l.irrHBR R, 357* .
rnth, kraft, und friodcfürst und hcldl
In flnlscli und bliit gokleid«!,
wirst du dos opler lur 4II11 weit.
Gillirt 2, 130, «argt. 187:
933
HELD
HELD — HELDE
934
freiwillig, als der heiden held,
trägst du, aus liebe lür die weit,
den tod, der uns gebühret. 132;
er fährt gen himmel, als ein held. 188.
ferner die engel, die das streitbare heer goltes sind (s. lieei- 2
sp. 752) :
wach auf, erhebe dich zu ihm,
um dessen majestät
das heer der frommen Cherubim,
ein heer von heiden ! steht. Glei» 4, 144 ;
auch gotl selbst:
der alte gott, der starke held,
der erd und himmel hingestellt.
Armdt ueii. (I%40) 150.
endlich heiszen held«n märlyrer und andere menschen, als hervor-
ragende glieder der 'streitbaren kirche' : Luther, der gottesmann
und held; rergl. auch gottesheld.
3) held überträgt sich auf einen, der in irgend einem gebiete
ettcas ausgezeichnetes, hervorragendes leistet, so im guten und
nützlichen: neulich war ich dabei, als sich ein sprachheld
bei einem vornehmen obristen umb dienst anmeldet. Simpl.
4,357 Kurz; es gibt gelegenheiten und umstände im handel,
wo die Versuchung, durch den schaden anderer sich zu be-
reichern , so grosz wird , dasz nur die alierredlichsten , die
heiden der gerechtigkeit, ihr widerstehen können. Garve
anmerk. zum 'i. buche von Cic. de off. s. 85; {baron von l'lotho)
war vom siebenjährigen kriege her als diplomatischer held
berühmt. Göthe 24,290;
zuvor bin ich ir trost und held,
ir heubtman und ir got gezelt.
zwar iezunt denken sie: du bist nicht wert,
dasz dich vor uns treget die erd.
Schade sat, v. pasqu. 1,74,209;
Teutschland, haubt und kaiserin
aller königreich auf erden,
nim dein edle sprachkunst hin,
welche neu gedrukt last werden,
Schotlei dein berühmter held. Risi Pam. 463;
schon das mhd. braucht helt in diesem sinne und setzt die eigen-
schaß in der einer hervorragt, in den geniliv, vgl. gramm. 4, 727 :
der alles dinges was ein helt,
des man ze frümekeite darf. troj. fcr. 6875;
diese fügung dauert auch im allem nhd. noch:
Straszburg liesz sich wol erkennen,
es nimt sich der sachen ein held.
LiLiEt<CR0>' volksl. 2, 97, 11 ;
gewöhnlich aber ivird der genitiv durch praepositionen umschrieben :
Englmar, du waist dasz wol,
dasz ich es {das liränzel) niemant geben sol,
er sei dan au springen ain helt.
und an tanzen auszerwelt. fastn. sp. 454, 27;
an demuth grosz, an lieb ein held. Gellert 2,205;
jeder dummkopf unsrer Zeiten
will ein held im schreiben sein.
ÄBR. GOTTB. KÄSTNER wevtie 1,118.
held hervorragend im schlimmen: weh denen, so heiden sind
wein zu saufen, und krieger in fullerei. Jes. 5,22;
so sie sint guoter spise vol,
dennoch CKent sie doch wol
biro, kumpost und rüebelin.
nu, helde, mac niht mere hinin
des iuch gelüste . . . Henner 9799;
wer nur am meisten gsaufen kan,
den preist man für ein heiden. Uhlahd volksl. 611,
veigl. kannenritter 5, 168, und hierheld 1, 1824 ;
der teufel ist ihr apt und held.
Fischart dichtungen 2, 366, 1346 Kurz ;
ein berühmter held im fressen. Hagedorn 2, 150;
der grosze beld in der verstellungskunst.
GöKtNGK 3, 257 ;
im wuchern einst ein held. 294.
held ironisch: hie solle der trotzige helt {Zwingli) antworten,
so fladdert er furüber. Lctber 3,469*; ein mann zu Amster-
dam, welcher bei den groszen grammaticalischen heiden so
verachtet war. dasz ich seinen namen fast nicht nennen darf.
ScHCPPiüs 267; es stiegen diese logische heiden ein wenig
iiber meinen horizont. 816; ich komme aber widerumb auf
unsere sprachhelden. i>jmp/.4,398 Kurz; das allerbeste (deutsch)
. . . wird hin und wider in den fürstlichen canzleien gefunden,
allwo man einen weit andern und ansehenlicheren stylum
findet als bei etlichen sprachhelden, die zwar davor gehalten
werden wollen, als wisten sie aHein die teutsche sprach zu
reformirn. 404; unter den griechischen knnstlern wird es auch
inittelmäszige heiden , wie unter ihren scribenten gegeben
haben. Winkeljc.\sn 5, 282; es sieht im sinne des neueren haupt-
keri (sp. 617):
woher hastu, o held, den Ursprung doch genommen?
du bist der muiter (traun) nicht aus der nasenkommen,
wie ein gemeiner rotz. Rachel sat. il677) 50.
warnend oder spottend sagt man im gemeinen leben : du bist
auch kein groszer held an gesundheit, nicht eben kerngesund.
4) held, der den mittelpunkt einer begebenheit, einer handlang
bildende mann, zunächst in der dichtersprache. es musz diese
bedeutung auf jene litteraturepoche zurückgehen, in der die haupt-
person eines dramas oder epos ein held sein muszte, icie Opitz
formuliert: in wichtigen sachen, da von güttern , heiden,
königen, fürsten, Städten, und dergleichen gehandelt wird.
poeterei 41. es heiszt der held des romans , des Schauspiels,
ein tragischer, komischer held; durch ein stück, worin der
held gleich in der ersten scene des ersten akts seinen vater
ermordet. Wieland 19, 283 ; der held {des dramas) war ein
vornehmer, tugendhafter, groszmüthiger, und dabei verkannter
und verfolgter mann. Göthe 18,245; da in dem stücke selbst
sehr viel getrunken und angesloszen wurde, so war nichts
natüHicher, als dasz die gesellschaft bei jedem solchen falle
sich lebhaft an den platz der heiden versetzte, gleichfalls
nnklingte und die günstlinge unter den handelnden personen
hoch leben liesz. 198; hier wird der Charakter des heiden
mit den schönsten zügen geschildert. 272; die herriichen
reden des vortrefflichen heiden, dessen rolle ihm zugefallen
war. 292; kurz, ich stellte bei der ganzen sache den heiden
einer ziemlich lustigen novelle dar. Immermanj« 3/«)ic/i/i. 1,166.
die bedeutung u-^ird nun freier gestaltet; ist der Schauspieler, der
den heiden eines Stückes agiert, ein bühnenheld (2,511), so bildet
der, uelcher das inleresse einer gesellscliaft hauptsächlich oder aus-
schlieszlich auf sich zu lenken iceisz oder erfährt, den heiden
der gesellschaft, des gesprächs, der Unterhaltung; mit un-
glaublicher gewandtheit wuszte sie den major zum heiden
dieses abends zu machen. Göthe 22,57; N. ist der held des
tages ;
einst, als du noch das nymplienvolk bekriegtest,
ein held des karnevals, den deutschen wirbel flogst.
;<CHiLLER an einen moralisten (1,65 Kurt).
5) held, in der altern spräche verallgemeinert zu dem begriff
mann überhaupt, entsprungen aus der anschauung der allgemeinen
wehrhafligkeit ; gerade so braucht das fries. wigand (pugnator)
für. söhn Richthofen 1148'. der Heiland gewährt heiidö harn,
lielidö folk für menschenkinder, menschenscMar (4332. 3567),
helidü kunni für menschengeschlecld , parallel mit leuie (1684),
helidö man heiszt einer der männer, irgend wer (2640); äAn-
licher gebrauch im mhd., wo zunäclist der begriff streitbarer mann
noch im Vordergründe steht:
den jungen niuwen heiden sä (rfie schteert genommen hatten),
gurten stolze riter wert
umbe nach ir rehte ir swert. g. Ger/i.3600 {nachher die ellent-
haften jungen 3631) ;
in andern stellen nicht:
kan einer weder singen noch sagen
den hei^t man einen swa^ren helt.
tiedersaat 3, 422, 49;
während wieder eine anzahl andere beispiele, bis ins nhd. reichend,
den gröbern sinn geselle, bursehe, kerl ausprägen:
er chod : ja ir helede,
wie getätet ir so ubile,
da? ir miiieme herren so habet gelönet,
daj irme sinen chopf siälet?
genesis in d. fundgruben 2, 67 ;
die fünft die sprach, ein junger held
het mich zum bulen auszerwelt. H. Sachs 1,508';
kurioser held. J. Gotthelf 2, 305. von thieren; wie schon mhd.
helede von kröten {mhd. üb. i,^-^'}, so nhd. in bezug auf einen
Sperling :
da sasz ich als ein armer held
beim fahrweg, auf einer dornhecken.
RoLLENHAGEN bei Gödeke, eilf bücher
'' deutsclier dichtung 1,119^,9.
6) bemerkenswert eine adjectivische fügung von held:
die dry houptlut uszerwelt
waren irs gemutz wol held.
J. Lenz Schwabenkrieg 65',
trenn hier nicht etwa held kürzung des plurals helde ist.
HELDE, f. fessel , nd. und md. form, die auf halten, nd.
balden zurückgehl und mit halde sp. 221 verwandt ist ; die mhd.
form ist halte. Haltacs 878; wil her in (den nicht zahlungs-
fähigen Schuldner) spannen mit einer heiden, daj mag her fön.
S^uiisensp. 3,39,1; da satzt sie mich wider in den kerker,
59*
935
HELDEN — HELDENBILD
HELDENBLICK — HELDENDICHTUNG 936
und lies mir die beine in eisern beiden legen, also sas ich
nahend einen tag und nacht, da lies sie mich von den beiden.
ein geschieht , wie goU einer erbaren kloster Jungfrau ausgebo^ev
hat, bei Lutber 2,384'; da sie nun nicht genug stocke und
beiden hetten, die Seeräuber drinnen zuverwahren. Micrälius
ö//e^ l'ommern 3, 413.
HELDEN, verb. neigen: sich beiden, etwar gegen hengen,
acctinare, verqere. Maaler 217'. s. hälden sj>. 222.
HELDENAHNEN, ftlur. : dieses volk (die Griechen), mit seinen
göttern schöner und näher befreundet als irgend eines, von
seiner heroischen vorzeit an, wo sich wie auf einem hohen
Vorgebirge stehend seine heldenahnen unter die götter ver-
loren. J. Paul vorsch. d. äslh. 1, S9.
HELDENALTEK, n. tempora heroica: freilich war diese Öffent-
lichkeit den Sitten des heldenalters, wie wir sie aus dem
Homer kennen lernen, nicht eben angemessen. A.W. Schlegel
rortes. über dram. knnst u. litt. s. 114.
HELDENANGESICHT, n.:
der thräiien stelle nahm ein glühend roth
im heldenangesicht. Gleik 4, 7U.
HELDENANTLITZ, n.;
wenn nicht ein janitscharensäbel ihm
das heldenantlitz wild zerrissen hatte. Körner 2, 165;
ach, es war das wohlbekannte
heldenantlitz. H. Heine 18, 113.
HELDEN APPETIT, m.: der brave norde .. ruht dann, sein
glas hier mit heldenappetit auszechend, neben vater Odin
auf der bank. Göthe 33, 86.
HELDENARBEIT, f.:
setze dich auf diesen sessel hier,
denn deine kraft griff heldenarbeit an. BISrger 173*.
HELDENARM, m. vir fortüs, manus victrix, vis heroica. Stie-
ler 54:
bis dasz durch kriegeslist,
doch nicht durch heldenarm, er überwunden ist.
PosTEL Wittekind s. 138 (6, 348) ;
doch hoffst du rettung noch von deinen heldenarmen,
so bleit) und schütze diesen ort!
Schiller Zerstörung von Troia 114*
verlasset nicht die allgemeine sache
in diesem augenblick, da wir, aufs neu
bedränget, eures heldenarms bedürfen. Jungfrau 5,7.
HELDENART, f. 1) heldengeschkchl :
fürstin, von den Obotriten einer deutschen lieldenart
hergesippt, gerechtem stamme, von Piastus zugepaart.
LocAü 3, 70, 79.
2) arl und weise änes beiden, heldenmäszige art: gedichte in
der heldenahrt, in der gemeinen ahrt, in der wechselahrt
und in klingreimen und sonnetten. Rist Parn., vorbericIU;
und schlägt den löwen in den hart,
dasz todt er niederstürzet,
das war ein streich nach heldenart,
mit heidenkraft gewürzet.
Bau» pipin der kurze str. 16.
HELDENAUGE, n.;
{Friedrich) sähe starr
mit heldenaugen, fähig durchzusehn,
was götteraugen sonst nur sichtbar ist,
nach dir, du lager der barbarcn, hin. Clrim 4, 71 ;
gar wunderbar begeistert und entflammt
hat mir dein heldenauge zugeleurhtft. K()Rner 2, 154.
HELDENBAHN, f. :
der knnig lebe! denn er gebt
auf seiner heldenliahn
mit so bescheidner majestfit,
als hätt er nichu geihan! Grim 4, 119;
Aleid betrat die heldenbahn, wie ich. GoTnR4,287.
HELDENBEDECKEND, part.:
nachdem er {der itpeer)
beide Scheiben durchfahren des heldenbederkendon Schildes
{noTtlSoe afifpißpÖTT;«).
BCrgkr 233» {Iliu»), tergl. \m\
HELDENBEWEGUNG, f.: wie spannt alle deine nerven
beldenbewegung. Fh. MI^LLER I, 360.
HELDENBILD, n. UM eines beiden:
du slchitt vom hohen bergetrficken
e« (r/tiK Klitnui) fiolz Im sonnensirohlc blicken, . .
voll licldnnbilder aller orte. Umland geä. 21Mt;
so ticht man auch die thftrm und m>iiiern
mit ihren lieldenbildürn dauern. 2U7,
auch der held xeWiU nach seiner äuszrrn ersciieinung :
•oll werden «einem kAnIg gleich
ein hohe* hclUenbild. 33^.
HELDENBLICK, m.:
es war die männlichkeit in seinen (l/'/i/sscs) lieldenblicken.
Hagedorn 2, 117.
vergl. heldenauge.
HELDENBLUME, f. held einer blume verglichen:
blühend blieb mir im gedächlnis
diese schlanke hcldenblume;
nie vergcss ich dieses schöne
träumerische Jünglingsantlitz. II. Heine 18, 109.
HELDENBLUT, n. l) blut eines beiden: wenn noch ein
tropfen deutschen heldenblutes in euren adcrn rinnt. Schiller
rduber 1, 2 ;
herrlich hat er ihn {den xtreil) geweiht
mit dem tlieuren heldenblut:
allen taplern ranns zum pfände,
dasz erliegen wird die schände.
Arndt ged. (1840) 236;
doch heldenblut ist dir geflossen,
dir sank der Jugend schönste zier. Uhland ged. 74.
2) heldenart:
so lang nach teutschem heldenblut
die nacbwelt schöpfen wird den mut,
wird auch dein name klingen.
M. Abele fierichtshändel (1681) 1,580;
heldenstamm : aus heldenblut geboren.
3) auch held selbst {vergl. blut 8, theil 2,173):
so erlischt nicht kühner muth,
so erbleicht nicht heldenblut.
Arndt ged. (18-10) s. 179.
HELDENBRAUT, f.:
he! warst du der, als du gefährten warbst, . . .
keck unter fremdes volk dich nisteltest,
und eine schöne, eine heldenbraut,
hinweg dem apischen geülde stahlst? Borger 151';
du muszt das weiche herz bezwingen lernen,
wenn dich als eine würdge heldenbraut
nach dieses lebens raschem kränz gelüstet.
Körner 2,128;
der freibeit lasz ich nun erschallen
mein zweites wort, mein kühnstes Med,
der heldenbraut, die von den hallen
des Sternendoms hernieder sieht.
M. V. Schenkendorf 397.
HELDENBRIEF, wi. poetischer brief, darstellung einer geschicht-
lich berühmten liebesbegebenheit : diese .. in der weit allzuwol
bekante liebesgeschicbte ist in sechs folgenden helden-briefen
entworfen. Louenstein blumen 29.
HELDENBRUÜER, m. : und doch ist jede dieser dichtungen
voll eigenen kräftigen lebens, wie zwei heldenbrüder. Uhlanu
in den musen 1812, 3. quarlal s. 73 ;
hier, heldenbrüder, bind er an {der feind) ! Gleix 4, 28.
HELDENBRUST, f.:
0 mischte nur der tod so mancher heldonbrust
nicht Unglück in das glück, und tliräncn in die lust!
J. E. Schlegel I, 3s2;
hat denn zur unerhörten that der mann
allein das recht? drückt denn unmögliches
nur är an die gewaltge heldenbrust? Göthe 9, 86;
der innre grimm der heldenbrust. Körner 2, 186;
schreckt denn der tod auch eine heldenbrust? 194.
HELDENBUCH, n. liber vironim forlium , in quo priscorum
heroum germanicorum facta rhyllnnis eT})ressa sunt. Stieler 256,
der name war seit den gesamtdrucicen der heiüglichen sagen im
Ih. Jahrb. angeumdet worden, in altgemeinerer bedeutung : mein
gefübl, das allerdings verarmt, wenn sich ihm das ganze
heldenbucb der urhistorischen lebensweit in einen dünnen
kalender verwandelt. J.Paul /./. bücherschau 1,25;
des königs namen meldet kein lied, kein heldenbucb.
UuLAND ged. 'M2.
HELDENBUSEN, m..-
edle lust, der lohn der lugend, dehnt
den heldenbusen aus und macht di«! äugen ihauon.
WlKLAND 17, 79;
wie mancher leunier auch den heldenbusen dehnt.
SCIULLER i)i</o 73.
HELDENDICHTER, m.: gleirbwobl fiel es mir ein, dasz
ich aus den beispielen des Hutners und Viigils brnierkl zu
haben glaubte, ein heldendichter pflege in dem eingange
seine« gedichts die ganze einiicbtung desselben nicht uinliMii-
licb zu verralhen. Lkssing 3, Mll ; eine neigung zu den soge-
nannlen ininnesingern und heldendirhtern. G'trnr 2«, 4s.
HELDKMIICHTUNG, f.: einige theile der alten heldensage
und beldendichtung. Vilmar lilt.-gfsch. (1856) 305.
93
HELDENDING — HELDENTUNKE
HELDENDING, n.:
die alten konten frölich singen
von tapfern deutschen heldens-dingen,
die ihre väter auszgeübet. Logau 1, 22, 71.
HELDENEHRE, f.:
walTenruhm und heldenehre
hätten zeitig ihm geblüht, ühlahd ged. 292.
HELDENEHREND, jxirl.:
also ralTt er sich auf zur heldenehrenden feldschlacht.
BÜRGER 215'.
HELDENEICHE, f.:
doch anders ist es in des weibes brüst,
die ihrer liebe zarte epheuranke
um eine kiihne heldeneiche webt. Kör:«ir 2, 128;
doch ewig ist der segen, ist das leben,
die schützend um die heldeneiche schweben. 3, 67.
HELDENEINFÄLT, f.: in allen diesen gedichten athmct
menschliches gefühl, Patriotismus, hasz des lasters und der
Weichlichkeit, und liebe der heldeneinfalt. Güthe 33, 76.
HELDENENDE, n.:
er sucht im Schlachtgewühl ein beldenende.
Schiller Zerstörung o. Troja 71.
HELDENENKEL, m.:
sah die heldenenkel fallen. Stolberg 1, 92.
HELDENFADEL, f.: die beiden fabel hingegen trat immer
aus einer gewissen ferne und im liebte des wunderbaren
bervor. A. W. Schlegel vorles. über dram. kunsl u. litt. 119.
HELDENFACKEL, f. :
groszer Wilhelm, theurer fürst, heldenfackel dieser zelten.
neuspross. palmbuum 333.
HELDENFAHNE, f. fahne die ein held trägt:
aus Verehrung
gegen diese heldenfahne. Herder Cid 70.
HELDENFAHRT, f.:
mit heldenfahrten und mit festestänzen,
mit satvrlar^ea und mit biumenkränzen
umkleidete das alterthum den sarg,
der heiter die verglühte asche barg. Uhlanb ged. 120.
HELDENFAMILIE,/'.; republikanisirten sie gewissermaszen
jene beldenfaraiiien (des altertliums). A.W.Schlegel ror/es. fiter
dram. kutisl u. litt. 114.
HELDENFAÜST, f.:
nicht heldenfaust, nicht beldenstamm, geliebte,
verehrte fremde, weisz ich dir zu bieten !
allein des bürgers hohen sicherstand. Göthe 9, 349.
HELDENFEDER, f.: das band, welches di abwesenden
(freunde) zu befangen pfleget, ist di güldene kette Herkulis,
weiche nicht aus dises beiden munde, sondern aus der
beldenfeder fleust, solche verknipfel und fesselt unsere frei-
heit mit gewaltsamer freundiichkeit , indehm kein tahl so
lif, da dise brifketle nicht durchzihen, und kein berg so
hoch, da si nicht überkommen soite. Botschky kanzellei 79.
HELDENFEST, n.:
dann feiern wir ein heldenfest
bei bischoff, punsch und wein.
Bürger 112» (feldiägerlied).
HEI.DENFEÜER, n.;
habt ihr, entflammt von heldenfeuer,
gesuchet, ja wohl gar bestanden abenteuer?
Alxinger Doolin 1, 46;
den ihr, als schoD in euch diesi heldenfeur gelodert,
das jetzt so mächtig flammt, zum Zweikampf aufgefodert.
6, 20;
nur in den äugen glüht noch heldenfeuer. Körner 2, 165.
HELDENFLüSZ, m.:
die beiden herzen flieszen
in eins, ein heldenDusz. M. v. Schejikesdorp 414.
HLLDENFRAü, f. virilis animi foeviina, heroina, virago.
Stieler 540.
HELDENFREUDIGKEIT, f.:
welche heldenfreudigkeit der liebe,
welche stärke mutbigen entsagens.
RücKBRT ges. ged. 1, 369.
HELDENFÜHRER, m..-
erfahren soll er was ein heldenbaufe
vermag, beseelt von einem heldenfuhrer.
„^. ^ Schiller Wallenst. tod 5, 5.
BELPENFLNKE, m.:
auch meines volks erstorbner muth
glimmt aaf in manchem heldenfunken.
ScHaLER Zerstörung von Troja 65.
HELDENFÜRST — HELDENGESTALT 938
HELDENFÜRST, m. : Montaigne bemerkte, dasz alle helden-
fürsten stets einen besondern schriftsteiler liebgewannen,
Alexander den Homer, Scipio Afrikanus den Xenophon. J. Pacl
ddmmerungen s. 100.
HELDENFÜTTER, n..-
ich sag ihm von vater und mutter
und von des unsterns nacht,
das ist ein heldenfutter,
was stählern die herzen macht. ARmn werke 19, 58.
HELDENGANG, m. gang, lauf ivie ihn der held thut, krteg,
kämpf: die freuden die der lohn des beldenganges sind.
Claldius 1 u. 2, 16. auch gang, schritt eines helden.
HELDENGATTE, m.:
sein edles, jungfräuliches weih . . .
voll ahndung von des heldengatten fall. Borger 163".
HELDENGEBIETER, m.:
herr, von Mendoza gesandt, dem tapferen heldengebiethcr,
komm ich, geflügelten schritt«. I>trker Tunis. 1, 35.
HELDENGEDICHT, n. gedieht über sagenhafte helden: die
unvergleichliche Arcadia, aus deren ich die wolredenheit
lernen wolle, war das erste stück, das mich von den rechten
historien zu den liebebüchern und von den warhaften ge-
schichten zu den heldengedicbten zog. Simpl. l, 32t Kurz;
man weis , dasz der eingang eines beldengedichts aus dem
innhalte und aus der anrufung besteht. Lessins 3,312. über-
haupt gröszeres episches gedieht:
lange lange lehrgedichte
die spinn ich recht mit fleisz;
flächsene heldengedichte
die haspl ich schnellerweis, ühlasd ged. 405.
HELDENGEIST,™. l)heldenmul; heldengeist spiri/t« fi«-oicj«
Stieler 638;
ist nur diesz zu erlangen
von deinem heldengeist, dasz du dich unterfangen
wtllt unsers landes heils. und stehn uns treulich bei.
PosTEL Wiltekind s. 119 (5,558)",
prüft auch der thor der Wahrheit ewge sätze,
des weisen glück, den echten heldengeist? Uagedor?) t, 11 !
der könig lebe! denn er heiszt:
der 6ine grosze mann,
dem jeder seineu heldengeist
im äuge sehen kann ! Gleis 4, 118.
2) geist eines verstorbenen helden:
wohl bah ich euer grüszen,
ihr heldengeister, gehört.
UoLA!«) ged. 199 {die tätergruft).
HELDENGEMÜT, n. gemülsart, gesinnung eines helden:
inaszen denn aus seinem angesichte ein heldengemühte leicht
zu erkennen. Bdtschkt kansl. 361. auch der so gesinnte held
selbst : {die dankbarkät) die bei den heldengemüttern mehr Ver-
wunderung, als nachfolge verursachet. Patmos 119.
HELDENGESANG, m.: Homers heldengesang. Bürger 177";
Kreuznach , Kreuznach ! deinen edelsten söhn will ich be-
singen, schliesz auf. grotte der vorzeit, heldengesang hervor,
geharnischt im stähle, dasz männlich ertöne meine seele im
lobe des starken. Fr. Miller l, 358.
HELDENGESCHICHTE, f. res gestae heroum et fortium virorum.
Stieler 1747: die Vorstellungen der griechischen künstler
waren aus ihrer eigenen fabel und heldengeschichte genom-
men. Winkelmann 3, iv; in der dunkeln mythologie und in
der heldengeschichte. x.«i; so eine liebe wie Brackenburgs
hab ich nie gesehen , ich glaubte sie sei nur in heldcn-
geschichten. Göthe 8,231;
nach hergebrachter sitte vom ritler, seinem herrn,
die beiden- und liebesgsscbichtc vertraulich zu erzählen.
Wieland 4,57 (n. Amadix 3,1).
HELDENGESCHLECHT, n. :
des heldengeschlechls enkel. Stolberg 1,7.
HELDENGESINNUNG, f.: der dichter selbst setzt sich
lieber in die zeiten der sittenunscbuld und der starken helden-
gesinnung zurück, als dasz er unsere tändlenden zeiten be-
sänge. GüTHE 33,72.
HELDENGESTALT, f: (Hamlet) hoffte, in gesellschaft seiner
hinterlassenen edlen mutter die heldengestalt jenes groszen
abgeschiednen zu verehren. Göthe 19, 74 ;
nicht aus stein ist das bild [Teils), noch von erz, nicht arbeit
der bände,
nur dem geistigen blick freier erscheinet es klar;
und je wilder der stiirm, je höher brauset die brandung,
um so mächtiger nur hebt sich die heldengestalt.
Uhlano ged. 111.
939 HELDENGEWCRGE — HELOENHRRZ
HELDENGEWÜRGE, ....
wohl sind mir die kämpfe belianiit iiiid lieldeiittewurge
{a>'8()0-/:Taoiae).
Stolbero 11. 239 (//. ', 237).
HELDENGLAUBE, «».;
(.4mo)) der seine lieblinge für ernste proben spart;
doch dem geprfilten, dessen hehlenglauhe
fest an ihm hält, ein weibchen guter art
lum schönsten erbiheil anllipwaliri. Götter 1, 2r)3.
HELDENGLEICH, adj.:
mit heldengleichera fleisz. Weckuerlin 660;
der ritter Tordo liesz, als sein (eind wollt entlliehen,
in heldengicicher glüht so scbilV als ineuschen glühen (vrr-
braniUii «te).
PosTEL ^yiltekind s. 92 (4, 724).
HELDENGLÜCK, n.:
o eroszer tag! o altes heldenglöck!
kommt wiederum, doch nur lür ihn (den kämpfenden (lelehrlen)
zurück. Hagedorn 1, 00;
denn beldenglück
ist wandelbar. Bürger 173'.
HLXDENGLUTH, f. : ha das; ist heldengluth, die auf deinen
uanpen hrennt! Klincer tliealer 3,346.
HELDENGREIS, «».:
da schüttelt die silberlocken der hohe heldengreis.
FoLLEN tiarfcngiiisze {Ziiricli 1823) s. 5.
HELDENGRIMM, m.:
förderte im heldengrimme
meines ungestümes lauf. Thömmel 2,96;
das däucht dem edlen Oörnberg schlimm,
er rüstet sich im heldengrimm,
den buhen will er schlagen. Arndt ged. (1840) 202.
HELDENGRÖSZE, f.:
doch Vastolas erhabner fürstensinn
zeigt just im Unglück, wo die blösze
gemeiner seelen sich am schnellsten ofTenbart,
die raajestät der angestammten art
in ihrer ganzen lieldengrösze. Wikland 18, 152;
trug mit mannesgeTühl die heldengrösze des weibes.
GöTHE 41, 320.
HELDENHAFT, adj. nach arl eines helden, heldenmäszii] : sich
heldenhaft im kriege erweisen , rem bellicam slrenue tradare,
animi vim et magnitudincm in proeliis oslendere. Stieler 888 ;
man bringe mir die alten
und auch die neuen her, die umb das schöne laub
des edlen lorbeer-baums so heldenhaft gekampfet.
Chr. Grtphiüs ;joet. wäld. 1,737;
und nun halten die gerichte
den behenden ritter auf.
o verteufelte geschichte!
heldenhafter lebenslauf ! Göthb 1, 194.
HELDENHAND, f. bracbium forte, generosum. Stiele« 752:
wollet uns bei dem Vaterland
schirmen mit eurer iielden-hand.
Opel u. Cohn 36, 82;
halt ihm der heiige greis den stahl entwunden,
den mannhaft noch die heldenhand umschlosz.
Griss Tassos bcfr. Jeru». 8, 34.
vergl. heldenarm.
HELDENHAUFE, m. häufe, schaar von tapfern männern.
Schiller Wollenst, tod 5, f>. s. die stelle unter heldenführer.
HELDENHAUPT, «.;
nun hab ich dich gesehen,
du hohes heldenhaupt.
M. V. Schenkzndorp 89 {an Göihe).
HELDENHEER, n..-
alt Joabs heldenheer die kinder Ammon schreckte.
IIaorporn 2, ö;
und tage« drauf, mit Sonnenaufgang, ging
»ein (l-riedncht) heldenheer still iiuer deinen ström,
du Uder! Clrim 4, 71.
HELDENHELM, n..-
dort ist mein hirten- und heldenheliD, da sind die Schweizer-
lande .'
FoLun harfmgritite (Züriclt 1823) «. 4.
HELDENHER U, m.:
ging«! du etwa, dem wunderbaren heldenherrn
mith anzukündigen. Gothr 41, 208.
HKLDENHERZ. n. Iapfrr% hrrx: heldfnherze f«/«.« herofcum,
unimoiiim SrikLKR S30;
wie die tlu*^ in das meer sich ohn zunehmen gieazen,
wl« aunz d»m mc«T ili«» (10«» auch ohn abnehmen nieiien,
al«o i'i ILr ■' • ,U nlielt dein heldenher*.
WaeanuRLii fi2'>;
HELDENJAHR — HELDENLEBEX
940
dein Friederich August,
an dessen helden-herz, an dessen felseu-brust
das glücke, wenn es auch die wellen nocli so tliürinet,
mit samt der raserei sich stets zu schänden stürmet.
Günther 729;
hoch schlägt sein heldenherz. Wikland 22,209 (06. 5,32);
dem muthigen Ulysses, der die that
von fern gesehn, entschwoll das heldenherz. Borger 166";
wo zarte minne herrschte, wo die liebe
der ritter grosze heldenherzen hob. Schiller jungfr. 1, 2.
auch die per-ion selbst, die ein solches herz trägt, heiszt eia
heldenherz:
es bleibt nicht unbelohnt diesz ächte heldenherz!
Wieland 23, 63 ;
im glänz der waffen sprengen
die reisigen voran,
und heldenherzen drängen
sich frisch zum kämpf heran. Arndt ged. (18-10) 63.
HELDENJAHR, n.:
doch gab ich rühm und banner, zu dank dem ewgen hcrrn,
und neunzig heldenjahre um diese stunde gern.
Follen harfengrüste s. 7.
HELDENJUGEND, f. l) zustand der jugend mit heldenmul
(jepaarl, das jung und tapfer sein.
2) gesamtlieit heldetimütiger Jünglinge: der französischeo
heldenjugend. Lessing 6,398;
Wandrer! sags den kinderlosen eitern,
dasz fürs Vaterland auf diesen feldern
Spartas kühne heldenjugend sank.
Körner leier u. schwert 9.
HELDENJÜNGLING, vi.: männliche und weibliche kraff-
geslalten , in gewaltsamen Stellungen, erinnerten an jenes
herrliche gefecht zwischen heldenjünglingen und amazonen,
wo hasz und feindseligkeit zuletzt sich in wechselseitig-
traulichen beistand auflöst, /^öthe 22,165;
und wenn du deinen heldenjüngling liebst
als heldenbraut, wies Zrinys tocbter zukommt.
Körner 2, 129.
HELDENKAMPF, m. ;
rasch, mit ernst und kraft zu ringen,
hat sie nun sich aufgeralTt,
und den lieldenkampf vollbringen
will ihr ernst und ihre kraft.
Bürger 44' (als Molly sich losreixzen ivollle).
HELDENKIND, n. kind eines helden, und dahei- mit der an-
läge zmn helden geboren: der knabe, indem er säugt, blickt
nach dem vater hinauf, er ist schon halbwüchsig, ein helden-
kind, nicht bewusztlos. Göthe 39,68;
ach, in ihrem keuschen schoosze
starb mit ihr ein heldenkind ! Stolberc 1, 90.
auch sprosz eines helden, und selbst ein held:
im harst von Unterwaiden da ragt ein heldenkind
hochhaubtig über alle die selbst gewaltig sind.
Follen litnfenyrusie (/.iirich 1823) 35.
HELDENKÖNIG, m. held tindkönig; auch könig über helden.
HELDENKÖNIGIN, f: jetzt werden wir wissen .. ob sie
todt, die heldeiikiinigin. Fr. MCller 2, 255.
HELDENKRAFT, f vis heroica. Steinbacu 1,923:
aus tippen soll man liehe saugen,
und aus dem weine heldcnkraft. Hagedorn 3, 102;
mit jugendlicher heldenkraft
urgnlf sie {diu haiid Schwerins) eine fnhn. Glrim 4, 19;
und er wanderte hin; und fand die Kadineier in menge
schmausend in der bürg der heldenkraft Eieokles.
BtSRGRR 217';
um seiner heldenkrSfle kühnen muth
in den versiegten ädern zu verjüngen. KArnkr 2, I70;
des lebens ewig junge heldenkraft
belebt des alten stanimes starke fasern. 3, (W.
HELDENKRÄFTIG, adj.:
ein mtinnllrh nntliir, ktihn und heldenkrftnig. Körnin 2, l)>5;
Hirhard ist offen zwar und heldenkrAftig. 3, 23.
HELDENKUNDE, f künde von einem helden:
wandeln wird die heldenkund«
nach der müllerlichen Stadt. M. v. ScaiNiiNDoar 203.
HELDENLAUF, m.:
uns gebe die erinnrung schAner zeit
lu frischem heldunlaul« neu« krafl. GOrnt 0, 3U.
HELDENLEREN, n..- wie ale dieae börgerlichkeit alt
pliilialerhafte kleinmia^^p penifflierten, und dagegen beitän-
941
HELDENLEIB— HELDENMÄSZIG
HELDEMIENGE — HELDENREDE
042
dig das grosze heldenleben des feudalistischen miltelalters i
gerühmt und gefeiert. H.Heine 6,122;
wollt ich mein groszes, schönes heldenjeben
so eleml enden. Körskr 2, i'l;
[gilt ihm) nichts dies heldenleben?
dies eine, grosze heldenleben nichts? 175;
man lispelt leichte liedchen, man spitzt manch Sinngedicht,
man höhnt die holden frauen, des alten liedes licht:
wo rüstig heldenleben längst auf heschwörung lauscht,
da trippelt man verüber und schauert, wenn es rauscht.
Uhlasd ged. 357.
HELDENLEIB, vi.: heldenleib mit allen in- und euser-
lichen lügenden ausgezirt. Bdtschky kanzl. 362;
seinen heldenleib und wolgesialte glieder.
Weceherliü 610.
HELDENLEICHE, f.
HELDENLEICHEMLCH, n..-
eure heldenleichentücher,
was bei Kulm und Leipzig fiel,
eure Scharnhorst, Gneisenau, Blücher
sind sie schon ein labelspiel? Ar>dt ged. (1S4Ö) 420.
HELDENLEIDEN, n.; die heldenleiden des göttlichen Ramo
bewegen mein herz wie ein bekanntes weh. H. Heise 1,216.
HELDENLELTE, pl.: Römer, Griechen und andere für-
bündige heldenleute. Bctschry Palm. 501.
HELDENLICHT, n.: legt man den Plutarch oder den
Tacitus gestärkter, begeisterter weg? und wie würde erst das
heroum des erstem mächtig und strahlend vor uns stehen,
hätte der grosze geist eines Tacitus sein heldenlicht auf die
beiden geworfen I J. Pacl vorsch. d. äslh. 2, 74.
HELDE^NLIED, n. carmen heroicum, versus epopaei. Stieler
1161:
und manch ein alterthümlich beldenlied
ertönt wie schwertgeklirr und schildesklang.
ÜHLA^iD ged. 171.
HELDENLOB, n. laus palmaris. Stieler 1171 :
dein wilder muth ist nichts, als durst nach heloenlob.
Gotter 2, 477.
HELDENLOCKE, f.:
auch eines kaisers heldenlocke bleicht. Kokses 2, 104.
HELDENLOOS, n.;
es ist dasselbe heldenloos,
es sind dieselben alten mähren.
H. Hewe 18,162.
HELDENLÖWE, m.: als der unvergleichliche mitternäch-
fische heldenlöwe Gustavus Adolphus vor Lützen schlagen
solt. Otho 110.
HELDENLüST, f. heroica cvpiditas. Stieler 1187:
schwingt zu ross sich, schwereerüstet,
glüht von edler heldenlust. Chla?(d ged. 264;
und was ist noch geblieben
von deutscher heldenlust? M. v. ScBE!rKE<fDORF 324.
HELDENMACHT, f. virtus heroica. Stieler 1204.
HELDENMÄDCHEN, n. .• das heldenmädchen gelobt oft im
taumel heiliger andacht, die Sünden all hinweg za beten.
Fr. MCller 1, 9;
ich spotte dieser Weichlinge, wir haben'
sie vor uns her gescheucht in zwanzig schlachten,
eh dieses heldenmädchen für sie stritt!
Schiller Jungfrau 5, 10.
HELDENMÄHL, n. mahlzeü der helden {in Walhalla):
iwöir richter thronen, hoch und schauerlich,
die wertheu nicht des heldenmahles mich.
Uhlawd ged. 200.
HELDENMAL, n. denkmal der helden: Rom ist herrlich,
und ich nahte voll ehrfurcht den alten heldenmalen. Eichen-
noRFF tcerke 3 (1841) 77 ;
sehntest dich nimmer ru schaun die heldenmahle der vorweit.
Ptrker Junis. 2, 141.
HELDENMANN, m. : Carmagnola, der sich als heldenmann
rüstig fühlt. GöTHE 38,267;
nicht knabe mehr! ein kühner heldenmann
umfaszt er sie, die kaum sich wehren kann. 41, 90.
HELDENM.\SZIG, adj. und adv. heroicus, ammo heroico.
Frisch 1,439"; heldenmäszige thaten. Chr. Weise erzn. 195;
mit heldenmäszigen königsaugen angesehen, comöd. 4;
worauf er alsofort
rächt heldenmSszig sprach.
Postbl Wittekind s. 55 (3, 325) ;
ihr {der glaubenshelden) glaube
schien freilich mir das heldcnmäszigste
an ihnen nie. Lissme 2, 262.
HELDENMENGE, f.:
schon umstand den baldachin
des groszen Carl solch eine heldenmenge,
als man noch niemals sah und niemals sehen wird.
Alxi?iger Dooiiu 7, 34.
HELDENMENSCH, m.:
für tugend, menschenrecht und menschenfreiheit sterben,
ist höchst erhabner muth, ist welterlöser-tod;
denn nur die göttlichsten der heldenraenschen färben
dafür den panzerrock mit ihrem herzblut roth. BCrger 101'.
HELDENMIENE, f.:
diese kühne
heldenmiene. Gotter 3,520;
und nahm so grosze heldenmiene an.
Shakesp. Lear 2, 2;
and put upon him such a deal of man.
HELDENMÜHE, f. Wielakd natur der dinge 2, 172.
HELDENMUTH, m. virtus sive mens heroica. Stieler 1299:
{dasz dr. Andreae) teufel, weit, misgunst. verläumbdung und
andere Widerwärtigkeiten mit groszem heldenmuth überwunden
und gleichsam mit füszen getreten hab. Schcppics 267; die
leutseligkeit der bourbonischen prinzen, die alle beschwerden
dieses feldzugs theilten und frühzeitige proben des helden-
rauths ablegten. Scüiller geschickte der unruhen in Frankreich
(7,467 Kwz);
der zornig bock drumb solches ihut
das er disz lob erwürb :
der hat ein freien helden muth
und frisset käsekörb. Hasenjagd 14;
es lacht ein heldenmuht um seufzer und um zähren.
PosTEL WiUekind s. 229 (8, 876) ;
Franzose, nicht an mann und pferd,
an heldenmuth gebrichts.
was hilft dir denn dein langes schwert,
und groszer Stiefel? nichts! Glei« 4, 36;
die männer haben heldenmuth,
verströmen patriotenblut. Höltt 159 Halm:
der wilde gleicht dem kind an unerfahrenheit,
erreicht an heldenmuth, beschämt an menschlicbkeit
uns Christen. Gotter 2, 327 ;
in der traube goldnem blut
trinken sanftmuth kannibalen,
die Verzweiflung heldenmuth.
Schiller lied an die freude.
HELDENMÜTHIG, adj. und adv. f'.renuus, slrenue. Stieler
1300:
darum von allers her ihr (der Deutschen) einziges vergnügen
und höchste wollust war, durch heldenmüthigs kriegen
verewiget zu sein. Postel WiUekind t. 125 (6, 78) ;
Sancbo, könig in Navarra,
zugenannt der heldenmüthge. Herder Cid 70;
den heldenmüthigen Verfechter ihrer kirche. Schiller gesch.
der unrnhen in Frankreich (7, 438 Kurz) ; nur so lange wir kleiu
sind, sind wir ganz uneigennützig, ganz heldeurnüthig, ganz
heroisch. H. Heine 12, 33.
HELDENMÜTTER, f. Fr. Müller 2, 367.
HELDENNAME, m.:
fürst Carl, der von dem hammer
den heldennamen trägt. Postel Wittekind s. 143 (6, 459).
HELDENODE, f.: verschiedene Sinngedichte und helden-
oden. Rabeser 2, 109.
HELDENOPER, f. in welcher helden die handelnden sind.
EscHESBCRG thcorie der schönen icissensch. (1789) 254.
HELDENPAAR, n.:
wie dieses heldenpar sich löwen ähnlich wies.
Postel Wiiiekind 249 (9, 483) ;
das liebenswürdge beldenpaar {Hüon und üezia).
WIELA5D 23, 5 (Oberon 7, 1) ;
und Rektors arm erschlug ein beldenpaar,
Menesthes und Anchialus. Börcbr 16&\
HELDENPROBE, f. specimen virlutis, riUerprvbe. Stieler 1483
HELDENRATH, m. l) heldenhafter ratgtber:
es wird mit waffenklange
ein heldenrath geehrt. M. v. ScHE;<n!n>ORF 259.
2) auch ratsversamlung und ratschlusz von helden.
HELDENHAST, f. ScnEKKEnooBF 230.
HELDENRECHT, n.;
neu gerüstet mit den götterwafTen,
die er mit gestähltem arme führt,
wird er sich nach heldenrecht verschalTen,
was sein wünsch bedarf und ihm gebührt. Böbcer S7'.
HELDENREDE, f.: komme mir doch nur einmal einer,
und versuch es an einer homerischen heldenrede mit hexa-
roeternl BCrger 180'.
943
HELDENTIEICII — IIELDENSCUERZ
HELDENSCHÖN — HELDENSPIEL
944
HELÜENKEICH, «. ;
der löwe brüllt erxürnt : ein solcher rath entehrt
mich und mein heldenreich. IIagsdoiin 2, 129.
HELDENREICH, adj.:
icii bin ein alter mann; wen durch ein halb Jahrhundert
diesz heldenreiche land bewundert,
den sah ich. Alxinger Dooliii 7, 1&.
HELDENREIHE, f.:
drei hundert Sparter ziehn in dieser heldenreihc
durchs thor der ewigkeit den übrigen voran. BCkcEh 101'.
IIELDENREIM, «». gemts (carminum) Iieroicum, sivc alexan-
drinum. Stieler 1513.
HELDENREISE, f.:
0 Jüngling (Alexander ist gemeint), rufte jener weise,
was macht, dasz deine heldcnreise
sich in Aurorens bette wagt.
Haller Schweiz, ged. (1768) s. 9.
HELDENREST, m.:
dasz noch ein heldenrest in Deutschland übrig bleibe.
J. E. ScuLECEL 1, 372.
HELDENROLLE, f. rolle des beiden in einem drama.
HELDENRÖTHE, f.:
und des blutes deutsche heldenröthe
jubelt von der freiheit morgenroth.
Körner leier «. schwert 77.
HELDENRUHM, m.:
entehrte Scipio mit tanzen
den heldenruhm und seine zeit? Hagedorn 3,96;
wie könnt ichs wagen, prinz, mein schwach verdienst
mit eures namens heldenruhm zu messen?
ScmuMR Jungfrau 3, 1.
HELDENRÜHMLICH, adj. xvSiävsi^a:
{Achill) kam zur heldenrühmlichen
Versammlung nicht. BSrger 148*.
HELDENSAAL, m. atrium heroum. Stieler 1672.
HELDENSÄREL, m.:
der Niklas Zriny, der gefürchtete,
ist jetzt in Wien, wie meine boten melden;
leicht überrumpeln wir das stolze Sigeth,
wenn dieser heldensäbel feiern musz. Körner 2, 110.
HELDENSAGE, f.: Herder .. machte mich mit den helden-
sagen mehr bekannt. Göthe 26,143; Fierabras und andere
ähnliche heldensagen und gedichte, könig Rolher, Tristan
und Isolde. 32,45; die deutsche, die griechische heldensage.
HELDENSAME, tn. : euch ist ein löwe, ein löwe gebohren,
ganz euer gepräge ! o seh eure hobelt das derbe gewundne
gemächtchen, wie es den heldensaamen verkündigt! Heinse
Ardingh. 2, 292,
HELDENSÄNGER, m. ; ja nicht einmal bios unter einem
dache sollte der heldensänger mit seinem beiden sich auf-
halten, sondern sogar unter einer hirnschaie, wodurch, da
nur einer darunter platz hat, natürlich der held und sein
Sänger in eines zusammen fallen. J. Paul lä). Fibels 195.
HELDENSCHAFT, f. l) zustand, Ihdligkeit eines helden:
heldenschaft beweisen.
2) gcsamtheit von helden: deshalb ist die ganze helden-
schaft aufgeregt, ihm [dem Jason) ergeben und untergeben.
Göthe 39, 36.
HELDE.NSCHAR, f.:
die tapfre heldentchaar. Postel Witlekind s. 8 (1,219);
wie der Rhein von j.ihcn felsen herab
seine donner stürzet und ewigen schäum . . .
so die heldenschaar auf den staunenden felnd.
Stolberc 1, 91.
HELDENSCHATTEN, m.:
und all ihr deutschen freien heldenscbattcn,
mit uns, mit uns, und unsrer fahnen llug.
KöRfCER Icicr H. fchwcrt 3!).
HELÜENSCHATZ, m. 1) schätz von heldensagen, heldenbuch :
wie im hcldciischatz eines {ein schwerl) beschrieben wird.
Simjil. 1, 450 Kurz.
2) Iheiirer held:
nimm denn auch auf deinem throne,
thcurer, höchster heldonschatz,
angethan mit goldner krune,
Deutschland, wieder deinen platz.
M. V. ScuiNKiNDOKr 247.
HELDKNSCHAL'SPIEL, n. in welchem helden die handelnden
yerwnen und. Klikcer 12, lOS.
HELDENS« HERZ, m. ; ein« erzablung, in welcher nndacbt
und df-rbf-r helilciischerz iiuf die wundcrlichsle weise vcr-
Muben sind. tuLAMb in den muten 1812, Z.quarlal, .«.74.
HELDENSCHÖN, adj.: kan gar wul aus einem ungestalten
leibe ein heldenschönes geiuütte kommen. Rutscbky kanzl. 484.
HELDENSCHÖNE, f.:
wo Rom in ernster heldenschöne,
indes der weltkreis ahnend schwieg,
im walTenschimmer, wie Athene,
verhängnisvoll der nacht entstieg.
Mattuisson ged. 237.
HELDENSCHRITT, ffi. ; der Grieche tanzet heldcntanz ; der
Deutsche, der das nicht kann, schreitet dafür heldenschrill.
Bürger 176';
(,Scharnhorst) der nie wankend ab und an
ging den festen heldenscliritt. Arndt ged. (1840)236;
wo ist der heldenschritt gewaltiger Oltonen?
geh, suche ihren staub, den längst der wind zerblios. IUI.
HELDENSCHUH, m. collmrnus. Stieler 1938.
HELDENSCHWARM, m. ;
drum hangen wir so treu und warm
am grafen, unsern herrn.
allein ist er ein heldenschwarm,
der donner rast in seinem arm.
Schiller graf Eberhard der Greiner.
HELDENSCHWEISZ, m.:
ihr gräber voller leichen
und tapferm heldenschweisz.
Paul Gerhardt lied: gottlob nun ist erschollen ;
wischt nur den heldenschweisz von euern schönen wangen
und ruhet aus. Wieland 17, 44 ;
es glühte der mittag; es rann
heldenschweisz auf zertrctnes gras. Siolberg 1,91.
HELDENSCHWERT, n. ensis Marlius. Stieler 195S.
HELDENSCHWESTER, f.: Antigone. heldenschwester !
Göthe 39, 20.
HELDENSCHWUNG, m. : nur dem heldenschwunge eines
solchen urkräftigen geistes, wie Jesus ihn besasz, konnte es
gelingen, sich über dieses eingefleischte und festgcstarrte
buchstabenwesen der jüdischen religion und Sittlichkeit kühn
zu erheben, hannov. mag. 1846, s. 420.
HELDENSEELE, f.:
durch Zrinys heldenseele. Körner 2, 154;
klanglos ist der tod der matten,
doch die heldenseelen wallen
herrlich fort ins reich der schatten.
Arndt ged. (1840) s. 23.
HELDENSINN, m. alliludo, magniludo animi, mens heroica.
Stieler 2031: rührende kindlichkeit und mächtiger helden-
sinn sind darin {im allfranz. gedieht von den Haimonskindern)
auf die eigenste weise verbunden. Uhland in den musen 1812,
3. Quartal, s. 72 ;
uubiegsam bleibt doch immerdar dein {Heklors) herz,
der axt des manns, der schilTholz zimmert, gleich,
die tief einhaut, und noch die schu-ungkraft mehrt,
so unzertrümmerlich hält auch in dir
dein heldensinn. Bürger 151';
wenn ich der Ungern heldensinn nicht kennt«.
Körner 2, ItiU;
(so hoch) als sich der groszo iohannitcrmcister
durch heldensinn und heldenUrafl geschwungen. 168.
HELDENSITZ, m.;
(Friedrich) sprang auf von seinem heldensitz. Gleih i, (>.
HELDENSOHN, m. söhn eines helden, daher selbst heldenJiaß :
empfiehl, o Ruddenbrock, mir nicht die heldensöhnc
von Sparta, Rom, Athen. Ra«ler 1,84;
so weit die erde hcldensöhne nShrt. Göthe 9,93;
umwälzen wirst du seines glückes rad,
CN'eitung bringen Frankreiths heldensöhncn.
Scuii.LKn yi(H!;/'r. prolog, 4. aufli.;
{Ich war es die) euren tapfern Iwldensöhnon
den tag der frohen wicderkelir geraubt! 5,6;
der beere vorDcbritt macht die erde dröhnen,
und wie die ström' au.s ihren ufern brausen,
so wogt es weil von DcutschL-inds heldcn.iöhncn.
Ubland ged. 146;
brich denn aus deinem sarge, steig aus dem «lüstern chnr
mit deinem heldensohno, du Rauschebart, hervor I 357.
HELDENSPIEL, m. 1) kampfspiel der helden:
begehe die erflehte Wiederkehr
mit hekatomben, schmnuson, heldenspicion.
Götter 2, 211;
euch verherrlichte das heldensniel
nn Aon iNlIimUK kmoptiroirlirn inalen,
und dl« wagen donnorien tum siel.
Scuillib gOilgr Ünechrnlamts.
945 HELDENSPIELER — HELDENSTÜCK
HELDENTANZ — HELDENTRAUM
946
2) ddier schlaclil:
preis dir, o Wellington,
trugst einen iiranz davon
blutig und roth.
schlugest im lieldenspiel,
scl)luges.t wo Roland liel,
schlugest der Franzen viel
blutig und tod. M. v. Schesiewdorf 117.
3) dramatisches spiel, dessen handelnde personen helden sind:
aa trauer- und heldenspielen. Güthe 31,202;
denn bald wird selbst das hohe heldenspiel,
der alten kunst und würde völlig eingedenk,
von uns kotburn und maskc willig leiben. 11, 315.
6« Stieler 2fl87 heldenspiel poema epicum.
HELDE.N'SPIELER , m. der die haiiptrolle in einem helden-
spicle (3) durch/ iihrl.
HELDENSPRACHE, f. so wurde im 17. jalirh. die deutsche
spräche lobend genannt: die teutsclie beldensprache, lingua
Tenionitm viclrix Stieler 2102; also ist mir hingegen unmög-
liih, das lachen zu verhalten, wie hochtrabend ein teutscher
herein tritt, so bald er nur ein wenig von unserer nachbarn
zusammen geflickten sprachen verstehen und daher lallen kan,
ob sie gleich unserer vollkommenen in, an, und vor sich
selbst bestehenden teutschen heldensprach weder an gute
noch allerthumb das wasser nit zu bieten vermögen. Sinipl.
4,360 Kurz; da werden wir dann mit dem reichlhum und
adel unserer heldensprach prangen. 407; befleisze ich mich,
unsere hochdeutsche haupt- und beldensprache ohne fremde
Wörter zu schreiben. BcTScnKV kanzl. ISO. auch noch im
18. jalirh.: dasz sein Jambus, vor allen andern versarten,
dergestalt mit der uranloge unserer beldensprache überein
stimme, dasz Homers heldengesang in keine andere versart
natürlicher, leichter und ungezwungener sich fügen lasse.
BtjRCER 177';
in jener beldensprache singt,
die stolz den rang der ersten in der weit sich weissagt.
Raxler 2, 33.
HELDEiNSTAB, f?i. fcldherrnstab :
der junge graf voll löwengrimra
Schwung seinen beldenstub. Scbiller graf Eberhard.
HELDENSTAMM, m. : der dieses land beherrschende helden-
stamm. Campe kinderschriflen 18, 48 ; mich, den letzten zweig
des heldenstamms. Klincer 4,212;
tochter eines beldenstammes. Herder Cid 48;
dde trauren um die sprosse
seines edlen beldenstammes
Remlings anmuilisvolle thale
und das alternde kästelt. Stolberc 1,90;
er sitzt zunächst gelassen an der flamme,
die markige gestalt aus altem heldenstamme. Göthk 2,147;
Dicht heidenraust, nicht heldenstamra, geliebte
verehrte (remdc, weisz ich dir zu bieten!
allein des bürgers hohen sichersland. 9,349;
und wollen unsern heldenstamm bewähren. 2, 220.
HELDE.NSTÄRK , adj. magnanimus , valentissimus , pugna-
cissimus. unimo et viribus praevalidus. Stieler 2123.
HELDENSTÄRKE, f.:
berr, erlülle sie {ilie Georqia Auqustn) mit Weisheit,
adle sie, o berr, durch Schönheit,
rüste sie mit heldenstärkc. Bürger 77';
weinet um mich, die ihr nie gefallen,
denen noch der Unschuld liljen binbn,
denen zu dem weichen bnsenwallen
beldenstarke die natur verliehn ! Schiller kindesmörderin ;
mich lasz errötben, mich, die neben dir
so klein sich liibli, zu deiner beldenstarke sich,
zu deiner boheit nicht erbeben kann! Jungfrau 4,2;
die Ott geprülte beldenstarke. Körner 2, 110.
HELDENSTARRSLNN, m. :
mach das unmögliche zu deinem ziel,
die zeit wird deinen heldenstarrsinn ehren,
und reiszt dich nicht aus deiner siegerbahn. KöR!«er 2, 105.
HELDENSTIRN, f. frons martia, ferox. Stieler 2172:
und seine bcldcnstirn ein neuer lorbeer schmückte.
ZacuariX poel. schliß. (1772) 1, 167;
auch deckt er seine schöne heldenstirn
mit einem blank polirten rossbnscbhelm. Borger 154'.
HELDENSTÜCK, n. l) hcldenmdszige that:
alda mit wunder er vollbracht ein heldenstück.
Weckhkrlin 620;
die Schlacht vor Jabes war sein erstes heldenstück.
A. Gbtpuius 1698 I, 591.
iV. II.
in der tadelnden formet das ist kein heldenstück, nichts groszes
oder zu lobendes: es sei sogar ein schlechtes heldenstück sie
{die Offenbarung) vollends zu gründe zu richten. Ficute kr. d.
offenb. 240;
das war kein heldenstück, Octavio!
Schiller W'allenst. tod 3, 9;
was isis am ende für ein heldenstück
ein mädchen zu vergessen. Plate:i 231.
2) Schauspiel dessen handelnde personen helden sind.
HELDENTANZ, th. Bürger 17ü' (s. die stelle unter helden-
schritt);
Terpsichore tanzt, in walTen, im scbleier,
den beldentanz und bocbzeiitanz. Rahler 1,6.
HELDENTENOR, m. tenorstimmc um heldenrollen in einer
aper zu sinqen. auch der inhaber einer solchen stimme.
HELDE.N'THAT, f. facinus nobile, memorandum , incndibile.
Stieler 2353: wan das darzu kommet, das solcher geborne
adel, literis et armis, durch kunst, tugend, erfahrenheit und
ritterliche heldenthalen gezieret wird, so ist er desto höher
zu achten. Philander 2 (IG4;!) 355; ist nicht ausübung der
pflicht, wenn ein sieg über uns, unsre leidenschaften ...
vorausgeht, eine beldenihat? Kli.ncer 11,23;
zu einer heldentbat den anlasz zu verpassen
war seine saclie nicht. VVieland 17, 35 {Uris 1, 44);
sie wünschen seine heldenthalen,
wiewohl sie sclmn der rul der ganzen weit verralhen,
aus seinem round zu hören. Alxocer Duulin 7, 24.
auch ironisch: das ist nun eine rechte heldentbat!; seht doch
diesen kühnen, unternehmenden köpf, wie er plane schmiedet
und ausführt, vor denen die iieldenlhalen eines Caitouches
und Howards verschwinden! Schiller räuiier 1,1; man führt
den künig im triumphe nach Paris, wo seine gegenwart dem
fanatischen eifer der kalholiken die losung gibt, sich gegen
die reformierten alles zu erlauben, alle ihre versammluiigs-
plälze werden von dem wülhenden pöbel gestürmt, die ihüren
eingesprengt ...; der kronfeldherr von Frankreich, der ehr-
würdige greis Montmorency, war es, der diese heldentbat
vollführle. gesch. d. unruhen in Frankreich (7,439 Kurz).
HELDENTHIER. n.: voran gingen die beldentkicre, zuerst
der stolze löwe. Fr. .MtiLLER 1, 20.
HELDENTHUM, m. zustand und betragen als hcld:
als aus des hains mäandrischen gewindeu
ihm etwas in die aiigen lallt,
das seinem heliientliurei und allen weishcitsgründen
der stoa selbst die wage hält. \Viela>-d n, 3U7;
vortrefflich! rief sie aus: das nenn ich heldentbum
und etwas mehr! 9, 15;
du, frühe schon zum beldenthum eingeweiht.
Rasiler I, 115;
ein böses beldenthum, wenn gegen mensch
der mensch zu leide zieht. Herder 2111- sch. tiit. 6,33;
dich drängt es, eine Hermannsschlacht zu schafTeo,
ein sinnig denkmal deutschen bebleiiihumcs.
UuLAND yed. 128;
doch schön ist noch dem groszen
das schlichte beldenthum. 395;
links stand ein alter pallazzo, . . auf dessen terra.<ise einige
grau ösireichische Soldaten zum beldenlbume abgerichtet
wurden. H. Heine 2.67.
HELDENTOCHTER, f.:
die heldentocbter sei des beiden werth. Körper 2, 119.
HELDENTOD, «». wiors gloriosa, heroica. Stieler 2291:
söhn, so du sterben wilst, so stirb den heblentod.
Greflimger Cid Dj*;
heldentode . . • schaust du. Stolberg 14, 160;
wir wollen heut uns mann für mann
zum heldentode mahnen. Ar?(DT ged. (1840) 195;
in dieser zeit, so reich an schönem slerlien,
an heldeiuod in frühen jugendtagen. Uulano ged. 128;
wohl wieget eines viele thaien auf . . .
das ist um deines Vaterlandes noih
der heldentod. 2ul.
HELDENTRACHT, f. : die erste actrice (in einem lustspiek)
war allerliebst , viel besser als neuiicb in heldentracUt und
leidenschafl. Götiie 27, 149.
HELDENTRAÜM, m.;
auf weicbgeschwollnem eiderflaum,
wo Wollust unter rosen lauert,
da träumen sie den heldentraum
von dem, was durch die zelten dauert.
Arndt geä. (1840) 239.
60
947
IIELDENTREUE — H'ELDENAVORT
IlELDEmVÜRGEND — HELDIN
948
HELDEiNTREUE, f.:
erst dank euch allen für die licldentrcuc,
mit der ihr diesen kämpf bestanden habt. Körner 2, 22G.
HELDENTRIEB, r«. ;
sind dieses heldentriebc,
die von dem thron entstehn? lohnst du mit gunst und liebe
Verachtung, sclimach und spoti?
I'osTEL WiUekind s. 201 (7, 1441).
HELDENTROST, m. ;
du edler heldentrost (.Uais). Opitz 1, 88.
HELDENTRUTZ, «...•
doch jetzt erscheint ein rittersmann . . . ;
ihm flammt« vom äuge, heldcntriitz
umwölket seine stirne. Alxinckr Doolin G, 75.
HELDENTUGEND, /. virtus heroica. Stieler 272:
Kwei trelTliche bewerber,
an heldentugeud gleich und kriegesruhm !
Schiller juiujlrau 3, 4;
dich liebt graT Dunois. sein edles herz,
dem rühm nur ollen und der lieldentugcnd,
es glüht l'ür dich in heiligem gefühl. 4, 2.
unter ankhnuiig an held 3 sp, 933: warlich rechte lielden-
tugenden, wenn man das gelt unter die leut laszt kommen,
den Schimmel davon treibt, und des gclls ein ineistcr ist.
Garg. 104*.
HELDENÜBUNG, f. : secht ihr meine knabatzen, waren das
(es ist ton knabenslrckhen geredet] nicht herrliche herhohischc
magenpulferigc heldenübungen? Garg.bi'.
HELDENUNGLÜCK, n.;
heldenunglück rührt die weiber. H. Heine 17, 07.
HELDENVATERLÄND, «. :
mein land, mein heldenvaterland. M.v. Schenkendorf 396.
HELDENVOLK, n.;
die spräche des heldenvolks (die deutsche). Rahler 1,110.
HELDENWANGE, f.:
hierauf nam eine llut von kummerreichen zären
die hcldenwangen ein. Postel Wittcliind s. öl (3, 554) ;
heldcnwangen blühen
schöner auf im tod. M.v. ScHEfiKENDORF 60.
HELDENWEG, m.:
worauf sein Ruodi fröhlich den heldenweg betrat.
FoLLEN liarfengvüsze (1823) 12.
HELDENWEIB, n. heroina, virilis animi focmina. Stieler
2470: Evadne; heldenweib, dem erschlagenen geniahl im
(lammentode folgend. Gütiie 39,8;
stirb, heldenweib! dir tod heiszt ewig leben!
Körner 2, 228.
HELDENWEHIE, f.:
[der goit der) dein ungeübtes schwerd im ersten kämpfe lenkte,
und init Plisthenens blut zur bcldenweihe tränkte.
Götter 2, 36.
HELDENWEISE, f. 1) arl eines Mden zu handeln und sich
ztt gebaliren.
2) melodie zn einem heldenliede:
hört vergnügt die bcldcnwcisen
klingen weithin durch das thal. Lknau >icuc gcd, 24.
HELDENWELT, f.: tnit welcher überirdischen empfindung
ciildecklc ich, dasz darin {in einem kästen) meine beiden- und
lieudcnwelt aufeinander gepackt sei {die figuren zu eUteni
heroischen Puppenspiele). Gütiie 18,23; sie {die poenie) kehrte
•ler jüngeren zeit den rücken, um die ideale gestalt, die sie
jener heidenwell abgewonnen , höchstens in den reiz der
grlijdetcn Spruche späterer Zeiten zu kleiden. Gervinus gesch.
der deutschen dichtung 1, 100
HELDENWESEN, «.; wir sahen nun nicht inelvr in jenen
;;tiiichten {Homers) ein angespanntes und aufgedunsenes
Ih-Idenwesen, sondern die abgeHpiegellc wahrhnit einer m-
ailcn gegenwarl. Götiie 20,146; jenes urkiüflige lieldenwcsen,
lUm in späteren gedichtcii so leicht . . in den cliaractcr des
ri>ciifres8crischeii übergeht, tritt hier in schmiicLloser rein-
liril und würde auf. Gt!.n\iKVfi gesch. ä. deutschen dichlung l,a2.
IIKI.IiKNWH.LE, »I.;
•i.i^ Mliiik4.ul kann diu hclüonbruit zentchmcticrn,
(loi h i'iiK-n heldenwillen beugt ei nichll Körnkr 2,215.
HELDEN WORT, n.;
wem wohllUKt nie den nncken bog,
und der gf-aundlicit innrk entnog,
di-in »ichi «in »lolzes «vurt wohl nn,
da« heldonwort: ich bin ein monn ! RCrckr '>\*.
HELDENWÜRGEND, part.:
und als sie zum gemächlichen paltast
des hcldcnw'ürgcnden gemahls {llelUors) gelangt.
ItÖRGKR 175".
HELDENWÜRGER, ni. :
wann dereinst
vom heldcnwürger Rektor sie [die Acluier) in meii^'
ermordet stürzen werden. Uüruer 144'.
HELDENWUTH, f. : eine heldenwuth, wie der norde sie
berserkeiwuth benennt. Gütue 48,89.
HELÜENZEICHEN, «.; noch hat derselb {Achilles) im ain
rum geachtet, nicht allein äiiserlich gegen den feinden sich
manlich, sonder innerhalb seinen glidern gegen dem an-
mutigen podagra auch ehrerbilig zu eizaigen , und es an
seinem heldenleib als ain heldenzaichen sliits mit zu tragen,
auch im zu zeilen mit seinem seitenspil zu hofircn. Fischart
podagr. troslh. bei Schciblc 10, 678.
HELDENZEIT, f. zeit der sagenhaßen beiden: die männer
der heldenzcit sind aus der weit geschieden. Niebüiir 1.620;
das alterthum der Stadt Abdera in Thracieii verliert sich in
der fabelhaften heldenzeit. Wieland 19.3;.
vorm keuschen blick
des tages, im kostüm der heldenzeit zu schimmern,
dnucht ihm ein wahres heidenstück.
WiELAisn 22, 113 {Obcron 3, 20).
auch zeit in der viele beiden sich finden, heldenhaße zeit: die
heldenzeit von 1813;
die heldenzeit ist jetzt. Logau 2, 13.
HELDENZEITALTER, n.
IIELDENZUCHT, f. 1) beldengescbleclit : mit der armada gien«;
. der kern der spanischen heldenzucht unter. Scnii.i.ER 770* ;
und habe noch zuleizt mehr teufel liergeflucht,
als je ein adjutanl von Dessaus heldenzucht.
Zachariä poet. sclirift. (1772) I, 182,
so sah die heldenzucht der alten,
so sahn die Omfales, die Dejaniren aus,
die eines Herkules umarmung auszuhalten
vermochten. Wieland 18, 125.
2) mannszucht eines beiden.
HELDENZUG, m. 1) kriegszug von Helden, auch die ziehenden
beiden selbst. J. Paul Tttan 2, 129.
2) heldenhaßer charakterzug.
HELDENZUNFT, f.:
ich wil allein beschwehren
die grosze heldenzunft, sie müg auf mein hegehren
dasz unterthänigst heist, ihr hohe Wissenschaft
itzt geben an den tag. Rist l^arn. A7*.
HELDENZUNGE, f. : der deutsche palmbaum hat den deut-
schen sprachgarten beschattet, die barbarische freund- {lies
fremd-) girigkeit entfernet , und di angebohrne heldenzunge
mit ihren liblüblichen fruchten erfreulichst geheget, Bctscoky
kanzl. 173.
HELDENZUSCHNITT, m. : könig Friedrich II von Prouszen
trug etwas von dem antiken charaktertypus und helden-
zuschnitt an sich. Augsburger allgcm. zeitung 1846 s. 286.
HELDENZUVERSICHT, f.: heldenzuversicht, welche die
last einer weit auf sich nimmt. Vabnhagen v. Ensb biogr. denk-
mäler 3, 604.
HELDENZWINGER, m..-
so schien es schier, als kShm Achilles selbs herein,
und wolle noch einmal der holdenzwinger sein.
ROMPLER 11t ;
kleiner beldeiizwinger {liebesgolt). höre mich I
Karschin in Voss muscnalm. 1798 s. 96.
HELDER, m. ; vivarium, thiergarten, fischwcyer, hcldrr.
Goi.ii onomast. (1582) 316. es steht für hiilter sp. 30t.
HELDIG, adj. Iteldenhaß: heldige tbatcn. bei Stieier ««^^
helllicht heroicHs, fortis.
HELDIN, f. virago, heroina. Stiei.er 887: ob sich gleich
nebst den güttinnen auch hcldinnen abgebildet finden. Winkei.-
MANN 4, 110;
holdinn [Maria Theresia), dön bezwingst du nicht I
Clki« 4, 61 ;
sin {die muxr) singt, dorn neide willig verborgen, bnld
die groszmuth Joseph<i, bald der gerucbiigkeii
und gnade liinidiiis in der weisen
heldinn Itullieniens, Deutschlands tochtcr. Rahlir 1, t03 ,
hupft der heldin noch diom herz entgegen?
trink ich. adicr, noch den (Innimenregen
ihre» nugc-i, da« verniehieiid brennt?
SciliLi.KR Mii leur/' (III l.iiura (1,73 Am;),
nach held 4: die heldin eines Schauspiels, eines romans.
einer geschichic, einer hcgchcnhcit; »ie war die heldin dci
abends;
949
HELDIMENTRITT — HELFEN
HELFEN
950
seit Pope in seiner geraubten locke
bei seiner heldin Unterrocke
nicht minder als fünfzig seifen auf einmahl angestellt.
WiELAWD 4, 196 (n. Amadis 8, 35).
von einer Schauspielerin die heldenrollen gibt: als sie bei der
Wohnung der Schauspielerin vorbeikamen , sahen beide den
freund am fenster der heldin stehen. Freytag handschr. 2,209.
HELDIl^^E^TRITT, m. : sie verachtet die Pariser theater-
grimassen , das vviegen der arme , und den heldinnentritt.
Stürz l. 93.
HELDISCH, adj. heldenhaft: dein stolzes, heldisch gemüth.
Hütten 5,160 Manch;
sein heldisch herz. Gkeflisger Cid Bviij.
HELDREICH, adj. mächtig, kraftvoll me ein held, tapfer: der
mit seiner heidtreichen handt dem teufel seine hell zerstören
kan. Ayrer proc. 2, 10.
HELDüiNG, f. u-ol nach häiden spalte 222, neigunq, niederl.
heldinghe, inclinalio, declivitas, propensio Kilian ; in übertragenem
sinne beliebung: sein leib und gut so! einem rath, Inhalts
der järlichen, und weit über menschen gedenken eingefurter
heldung, heimgefallen sein. Erfurter stadtordn. Qij'.
HELDVÄTERLA.ND, n. land der heldenväier:
welche berhümte Türuchiner
zu Cäsars Zeiten waren küner
als andre im heldvätterland.
Fischart gltickh. schiff 113.
HELDWALLEN, m. plur, von Fiscbart versuchte Umbildung
von Helvetier:
Turich, ein könig der Heldwalleo
und balgerhelden. glückli. schiff 105.
HELENENFEUER, n. elmsfeuer. s. helmenfeuer.
HELENENKRAUT, n. inula helenium, alantwurz. Nemnich
3, 242.
HELE.NENVVÜRZEL, f. cyperus americanus. Neh.mch.
HELFA.MME, f. eine umdeutung von hebamme, vgl. sp.'il^:
gepot deszhalb den helfammen , so ein israelisch kneblin
geporn wurde . . . S. Frane chronica 43". zur enlslehung der
umdeutung vergl. helfen in der gehurt, obstetricare Dasyp.
HELFANT, m. die mhd. und bis über das 16. jahrh. reichende
form von elefant, vergl. theil 3, 403 : seine helfanten mit den
thürnen, darinn moren wol geriist waren, b. d. liebe 220';
und fijrten in herum im land
gleichwie die moren den beifand.
FiscuARi flöhatz 3134 Kurz.
HELFANTENHAUT. f. pellü elephantina. Maaler 217'.
HELFANTSCHNOTZEN, f. manus, proboscis, promuscis. das.
HELFANTWAL. m. von einer grossen ualßschart : den wal-
fisch. rauschor oder helfantwal. Fischart ehzuchl 548.
HELFARM, m. im bergwerk ein eisen, das an die kunststange
angeschraubt wird und den krums hall; ebenso eine stange, die
von der welle des kunstrades bis zum kränz schief über den haupt-
arm geht und zur befestiqung des rades dient. Jacobssos 2, 250'.
HELFBAR, adj. auxilianus, juvans. Stieler S37.
HELFBEIN, n., s. helfenbein.
HELFBRIEF, m. decretum executionis sive immissionis. Halt-
Aüs ST5. s. unten helfen 1, 4.
HELFCHEN, «. im Osnabrückschen an masz, das den sech-
zehnten theil einer kanne oder eines maszes hält. Jacobsso.n 2. 250*.
HELFE, f. hilfe, ahd. helfa, mhd. helfe: umb di helf die
die hern von Bairn den von Augspurg gen dem Buttrich und
umb ander helf tun sullent. deutsche slädtechron. 4, 179, anm. 1.
s. hilfe und hülfe.
HELFEN, verb. juvare.
goth. hilpan; alts. ags. helpan, mnd. nl. helpen, engl, help;
fries. helpa; altn. hialpa, schwed. hjelpa, dän. hjelpe; alid.
helfan, vihd. helfen, die etymologischen bezüge des wortes werden
verschieden aufgefaszt, und zur vergleichung theils herangezogen
sanskr. (jaranam, Zuflucht, sdiulz, liiife, griech. i-ni-xovQos [aus
-xoQ^os) beisteher, helfer, theils, und wol mit besserer berech-
ti'/ung sanskr. kalp. kalpate sich wozu fügen, passen, wozu dienen,
helfen, kalpayati wozu verhelfen; lal. culpa schuld (veranlassung
eines Schadens); litt, szelpiü, szilpti helfen (Fick vergl. Wörter-
buch der indogerm. spr. s. 39).
Wie andere Wörter derselben reihe hat auch helfen namentlich
in den ablauirerhältnissen des praeleritums scftwanken erfahren,
zu dem sing, half steht gesetzmäszig der plur. hülfen, der wie
er mhd. durchaus wallet, noch in zaidreiehen beispielen über das
10. jahrh. Innaus au/lritt , z. b. oft bei Luther: sahens gern.
hulfens treiben und handhaben. 6,96*; zur messe hülfen.
104'; atich in der getrübten form holfen: an stricken und seilen,
welche inen die heiligen veter . . . heraus werfen und inen
holfen, das sie nicht ersofifen. 9*; sie holfen David wider die
'kriegsleut. Ichron. 13,12; wogegen die nach dem stammvocale
des sing, gerichtete pluralform halfen, die für das 11. Jahrhundert
bereits ziemlich allgemein gilt, schon im 16. ihre Vertreter hat:
ir halft mir nicht aus iren henden. rieht. 12, 2 ; viel auch
under dem häufen halfen zu kupplerei. Würstise.x Basler chron.
(1580) s. 201. weniger oft wird die alte singularform half zu
hulf gewandelt, z. b. bis heute in düringiscfter tmd obersächsischer
mundart; Stieleh giebt neben ich half auch ich holf 830.
selten ist das prael. hielf, nach art der reduplicierenden verben
gebildet :
derjegen aber ander warn,
die hielfen schauhen an dem kam.
hess. reimchron. in Adrians mittheil. 229.
die aüberechtigte conjunctivform hülfe findet sich bis auf unsere
zeit zahlreich gebraucht, war namentlich im vorigen Jahrhundert
noch gewöhnlich: nur möchte ich gern, dasz .. du ihm seine
erste bekanntschaften machen hülfest. Lessinc 12,494;
was hülf mir geld und ehr? Claudius 1 u. 2,98;
ho, ho! kam ich auch wieder hier,
du närrcheu du! was hülf es dir? Bürger 29';
was hülf es, meine beste, wenn ich dir
von möglichkeiten spräche! Göthe 9,243;
dafür hilfe: der ihme darausz hilfe. Fischart bienk. lOb*, und
ohne umlaut, in quellen des Iß. jahrh. hülfe: hulf mir nur sant
Christoffel ans land, ich weit mich wol mit im vertragen.
Wickram rollw. 12,10 Kurz; so verne er im ausz der sach
hülfe. 59, 11 ;
wenn ich trueg ain groszen berk
in ain tiefes thal, es hulf mich nit.
Zimmer, chron. 4, 329, 9.
die conj. form hälfe erscheint erst im 18. jahrh. : was half es
uns, meine freunde, wenn wir uns selbst betrügen wollten?
WiELA.ND 2, 239 (und noch öfter, z. b. 3, 427) ; noch heute macht
ich mich auf den weg nach America und half für die frei-
heit streiten. H. L. Wagner kindermörderin 60; das hälfe dem
papa nichts, der wolthäl. unbekannte 13. das pari, praet. ge-
holfen wird durch helfen ersetzt, nach den ausführungen bei haben
sp. 74: gott hat euch sechs tage helfen arbeiten. Schüppics
184; voll von dergleichen neugemachten bürgern war, die den
arginusischen sieg mit erfechten helfen. Lkssing 6, 329. selten
bleibt hier geholfen :
sie sind die ersten die do band
mich gbolfen triben ausz meim land.
Gengenbach 18, 235 Gödeke.
für die imperativ form hilf steht beif. Klisger lliealer 4, 259 ;
gehe nur hinunter! helfe dem alten dasz er fertig wird!
Göthe 11,116.
Die bedeutung von helfen, der die allgemeine Vorstellung nützen,
dienen zu gründe liegt, gliedert sich je nachdem das verbum mit
einem persönlichen oder einem unpersönlichen subject steht, in
jenem falle hebt helfen einen bewusten , thutigen beistand , äne
Unterstützung hervor, in diesem nur einen nutzen, eine förderung.
in beiden Schattierungen der hauptbedeutung ist die syntactische
Stellung von helfen manigfach.
1. helfen mit persönlichvn subject.
l) das verbum steld absolut:
mhd. mäc hilfet wol, friunt verre baj. Walther 79, 24,
mit weinenden ougen si ir vater umbeslö;:
hilfä, künic here ! Gudrun 686, 2;
nhd. da ich nun sähe, das ir nicht helfen wollet, rieht. 12,3;
es ist dem herrn nicht schweer, durch viel oder wenig helfen.
1 Sam. 14, 6 ; das der herr nicht durch schwert noch spies
hilft. 17, 47 ; schreien zu dir in unser not, so woltestu hören
und helfen. 2 cltrun. 20, 9 ; seine (gottes) rechte band hilft ge-
waltiglich. ps. 20, 7; wir haben einen gott der da hilft. 68,21;
ich habe einen hell erweckt der helfen sol. 89, 20; sie können
weder helfen noch schaden thun. Jer.l0,b; der herr.. hilft
in der not. Sir. 2, 13 ; hilf bei zeit, eh es komt weit. Schottel
1123'; wan gott helfen wil, so machet er auch aus feinden
freunde. 1126"; hier kann kein irdischer lebensmensch mehr
helfen. H. Heine 2, 250. in den imperatirischen und con-
junctivisclien formein hilf gult, helfe gott: hilf herr. der könig
erhöre uns, wenn wir rufen, ps. 20,1«; o herr hilf, o herr
las wol gelingen. 118,25. als ansruf stehend : hilf gott, welches
lärmen !
60*
951 HELFEN
hiir Jesu, Marie sone! Ubland tolkd. t44;
liilf, reicher Christ vom himoiel hoch! 2G1;
biir iiimmel! weis ist ilisz? A Grtpuius lUUS 1, 21;
der knnijj ruft mit einem mal:
liiirhimraell seh icli reciii? Uuland <jed. 337;
miisz man den miind doch, icli sollte meinen,
nicht weiter auriiiachen zu einem helf gon,
als zu einem krcuzsackerlot. Scuillkr 325*.
in Baiem ist liclf golt abiceisitiigsformpl grgen einen bclller, dem
man nichts geben kann oder uill, ferner fromme inlerjeclion, bei
erträlniung eines uns naliegewesenen verstorbenen : mein ver-
slorhener mann, liclf golt oder lielf ihm gott; auch inler-
jeclion bei einer droliung : liclf gotl ! wenn ich dicli derwiscli !
ScHM. 2. l'O; liilf goll, intirj. admirand., bone deiisJ Stieleh
837; alliemein ist der wumcli hell goll beim niesen; helfe gott,
prosit! Steindacu 1,774. vergl. nachher 2.
2) hellen niil einem dativ der person : wis karo mir ze
helfenoe. Nütker ps. 39 (2,142* Hallemer);
so klage ich dir min herzcleit
ür alle dine sa<leclieit:
dune helles mir, so bin ich tot. Tristan 32,25;
Ton deines vaters golt ist dir geholfen, i Mos. 49,25; betet
an und sprach, hilf mir könig. 2 Sam. 14,4; auch kamen
alle tage etliche zu David im zu helfen, l chron. 13,22; hilf
mir goll durch deinen namen. ps. 54,3; der herr wird mir
helfen. 55,17; S(»ll ich ihr helfen, Jungfer? sagte ich. Göthe
16,11; bair. einem kind helfen (ndm/ic/j sur cAe), es autstalten,
versorgen. Schm. 2, ISO;
geister alle nah und ferne,
nelU mir, ölTnet mir die pforte
tu dem grausam strengen herzen.
Arndt yeä. (1840) 145.
Oper in prägnantem sinne, so dasz das verbum nicht nur den
bloszen, sondern den vollendet u-irksamen beistand gegen ein übel
ausdri(rJä {vergl. eine hier anrührende bcdeuliing von helfen unten
no. 0): und er half vielen kranken die mit mancherlei seuchen
beladen waren. A/urc. l, 34; wem nicht zu ralben, dem stehet
auch nicht zu helfen. Pistoriüs thes. par, b, Z' ; ich erinnere
mich, einen armen schelm gesprochen zu haben . . der im
taglohn arbeitet und eilf lebendige kinder hat — man hat
tausend louisdore geboten, wer den groszen rüuber lebendig
liefert, dem manne kann geholfen werden. Schiller rduber
6, 2. als u:unsch- und billformcl :
Crist uns genädel kyrie eleison.
die beilegen alle bellen uns! kyrie eleison.
MiJLLEISUOFF U. SCHERKR S. 51;
ach richer Christ von himmel
unil Maria, reine magd !
wellend ir uns hellen
to sind wir iinverzat,n. Ubla!«d volksl. 410;
ach got, nun hilf du mir, ach herri 77S;
hilf uns, lieber berre goit! Lltuer 8,368*.
als wunscliformel beim niesen (vergl. oben l): habt ihr wol ge-
niest? so helf euch golt. I'ischaiit bienk. (15SS) 129*;
und wenn es an ein niesen geht,
dem nechsten zu der hei dir steht,
tolt husten in sein ancesicht,
damit er auch, goit hell dir, spricht.
ScuKiuT .'y'o6. (1568) AT*(b. 1, cap.2),
ironisch, aU drohung: wartet ich will euch helfen, quosego!;
mit folgendem infiniliü {unten 3, c): ich will dir lachen helfen!
putt risum hunc plorabis, desine rulcre. Frisch I, 440*. der name
L.'izartis !>< Helfdirgutt übersetzt norden, mit besug auf die sitte
dem bettler helf goll (». ol>en l) oder helf dir gott zuzurufen:
Lazarus der fromme Hclf-dir-golt. Otiio C24;
ein armer men«ch mit schmerzen lag,
liiesz lleir-dir-gott mit nahmen.
11. Iti>iG«vALO ev, K IT*.
belhtueruni)t- und schwurformrl ist so helfe mir golt; so wahr
mir goll helfe, mit beiwi auf den beistand gottet zur erlantjung
der ririi/cn trUgkfit : des dich diire sciildcgit, de» Itislur iiii-
«rhiildic. so dir got helfe, Ei furter judrnrid bei MülLEnuarr u.
Scherer 240, 1; also helf mir golt und die heiligen evangclia.
tittetformrl in der Carolina art. 3 ;
auch hirnrh ich Och dos botieiibrot
In dem briel also belT mir polt.
lliJHiLiR 2015 Mertdorf:
also helf mir goll, ila riram. Maaleh 217*.
S) et Irrten nttUer beüimmende znullie hinzu.
a) praefioiüionen die die riclitung des livlfvnt , au» vtlchetn
iuttanät oder nadt vtlchetn zielt hirvorMen, oder auch nur,
HELFEN
952
local und ruhend, den zustand an sich bezeichnen, in dem geholfen
wird; so an: ich versprach dir an der absrhrift zu helfen
{bei Verfertigung einer solchen). GöinE 17,11. auf: eine band
rüret mich an, und half mir auf die knie und auf die heude.
Dan. 10,10;
ach, lieben fVeunt, ich weit gern schelszen :
bellt mir doch pald auf den kiibel! jnstii. vp. 1057, 14;
als eingesclirielien sein in frevlen rauhe-huml,
der durch gebrauchten trotz der well billt aiii' den gruad.
LüGAU 1, U7;
liege nun im grase quer,
wer billt mir aul die beiae? Göthi 12, 230;
s. auflielfen. aus: aus schwürer sorg helfen, die sorg nh-
nemmen, curis eripere aliquem Maaler 217*; half inen aus irer
feinde band, rieht. 2, IS; golt ... der euch aus alle ewrein
Unglück und Irübsal gehoilen hal. 1 Sam. 10, 19; hilf mir aus
dem rächen des lewen. ;)s. 22. 22; und er inen half aus in-n
engsten. 107,13; dank müsse sie hüben, das sie mir aus
irer mordgruben, mit iretn zorn geholfen. Lütuer 0,15*, vgl.
aushelfen;
wir wonden alle sie wercn tot,
gntt liell'ü in noch uszcr not
und sein heilitrc triiiitut. Uüukler 3071 Merzdorf;
kanst mir mein Trawen zaigen,
so hill' du mir ausz not! Diiland t'o//:^/. 321.
bei: er hilft mir bei der arbeit; es wird mir unmöglich,
schwere gedanken los zu werden , sprach Ilse leise, armes
kind, rief der landwirlh, dabei dir zu helfen, geht über
meinen verstand. Frevtac handschr. 2, 115; (es konnte geschehen)
dasz ein geborner Abderit menschenversland bekam, aber
wenigstens musz man gestehen, wenn sich so etwas begab,
so halle Abdera nichts dabei geholfen. Wieland 19, 24. in
mit dem dat.: wer hilft mir in der noih?; mit dem acc, das
ziel des beistandes angebend : welle sie kiusche geloben, s6
helfet ir in ein klöster. Bn. Berthold 334,35; Clirislus helfe
uns in sein reich. Luther 0, 35l'; hilf mir wider in das
ampt, das du mir befolhen hast. ps. 7,7; dasz ich sie ...
bilten musz, es ja keiner christcnseele wissen zu lassen,
dasz meine frau durch ihre fcder solchem gehakschc in die
weit geholfen hat. Keiske bei Lessing 13,447;
und hilf zuletz uns armen
in die ewige Seligkeit! Uhland volksl, 531;
hilf, Ximene, hilf mir in die walTen. Herder Cid 63.
über: einer hilft dem andern über den zäun. Simrock spricJiw.
239. von: mein heiland, der du mir hilfst vom frevel. iSam.
22,3; mein gott, hilf mir von allen meinen Verfolgern, und
errette mich. ps. 7,2; du hilfesl im von aller seiner krank-
heit. 41,4; er stehet dem armen zur rechten, das er im
helfe von denen, die sein leben verurteilen. 109,31; lasset
euch helfen von diesen unartigen leulen. afyostelgesch. 2,40;
einem vom brod helfen, vulg. aus dein weg riiumen, e media
tollere aliquem. Frisch 1,44ü'; dem lieben gott von inaachein
lästigen kostgünger helfen. Schiller rduber l, 2 ;
Maria mAter, raine maid,
nun hill mir von den weihen! Uhland votksl. 703.
vor: alter hilft vor Ihorheit nicht. Pistorius thes.par. 2,18.
wider, gegen: im müsse wider seine feinde geholfen werden.
5 3/os. 33, 7; wider die feinde zu helfen. Esra 8,22; und ist
keiner der mir hilft wider jene. Z^a«. 8, 20. zu:
mirn hülfe nicman wider ze wepe,
er bete min dienest unde ouch mich.
miitius. fiuhl. 182, 12;
gcfellet sie aber irem bcrrn nicht, und wil ir nicht zur ehe
helfen. 2 Afo5. 21,8; hilf mir zu meim rechten, klagel. 3. bü ;
hal mir zu diesem weihe geholfen. 7'o6. 12, 3; hal dir wider
gehollen zu deinem gesiclile. e. 4 ; da kamen auch die zwcen
elleslen, vul falscher lisl wider Susanna, das sie ir zum tod
hülfen {beifrügen). Siis. 2S ; die kinder werden sich empören
wider ire ellern, und inen zum lode helfen. Multh. to, 21;
als er niemand meh iimb sidi hei, der ihm zu pferd luilT.
(Jan;. 266*; jetzt habe ich dem verspollelcn ... wieder zu
seiner ehre geholfen. E. v. Kleist 2,171. oline den duliv der
person : helfen mit gclil war niehl seine saclic . . eher h.llle
er zu geld helfen können, wenn gio«/er piofil sichtlicU im
Vordergrund gelegen wilrr. J. GoTTHELr schnldenb. 3in.
b) anstatt der pracpos. stehen adeeibien : ich wil dir davon
helfen, das du nicht durch» schweit füllest. Jer. 3U, 18; so
ein roeoscb etwa von einem feil übereilet würde, so helft
953
HELFEN
HELFEN
954
im wider zu recht. Gal. 0. 1 ; der lierr Jhesu« helfe euch
frisch und gesund wider heim. Luther 5, 14'*; meinem manlel
zurecht helfen {ausbessern). Happel acad. rom. 47; daus esz
hat nichts, sechs zink giebt nichts, qualuor drei helfen frei.
PisTOBics tlies. par. 1, 28 ; wer böses hindern und wehren
kan, und thut es nicht, der hilft dazu. 6,19; hilf mir darauf,
inteiprelare memoriae meae. Sebz 66*; um den des Originals
unkundigen leser einiger maszen wieder in den homerischen
ton hinein zu helfen. ßtJRGER ISö";
darzö hilft uns die goteshand.
LiLiE^CRON volksl. 1, 102', 14;
der mächtig goit leit sie fori an!
der inen so weit gbolfeii hat,
der helf in weiter zu der statt.
Fischart tjlückh. schiff 517.
c) es Irin ein ohjeclsinßnUiv an : helfest uns streiten wider
die kinder Ammon. riclil. 11,8; half inen das joch an irem
hals trugen. Hos. 11,4; wenn sie erwürget wurden, half ich
das urtheil sprechen, aposlelgesch. 26, 10 ; darnach wil ich auch
reuchern, die luft helfen fegen. Luther 3, 396'; ddsz sie ihm
wider den Hieb streiten hülfen. Schuppiüs 157 ; du hast mir
nun sechs tage helfen arbeiten. 194; die gewohnheit, in den
melankülischen stunden der guten frau ihr trauern und weinen
zu helfen. Wieland 12,53; ich kenne nur eine tragüdie, an
der die liebe selbst arbeiten helfen; und das ist Romeu und
Juliet, vom Shakespear. Lessisg 7, 67 ; er nähert sich ihm,
reicht ihm die band und hilft ihm sich aufrichten. Schiller
Carlos 5,4; junger tbaler! welche Schicksale erwarten dich I
. . . wie wirst du schwelgen , kuppeln , lügen und morden
helfen! H. Heine 1,27;
si disz land diu eigen
so hilfs uns mit eren bhan (belinlten).
ÜHLASD vulksl. 410;
es stet ein lind in disem tal,
ach gott! was tfit sie da?
sie will mir helfen trauren,
dasz ich kein bulen hab. 68,
vergl. über die alle Verpflichtung beim klagen zu helfen Hilde-
BBi,N0 in der Germania 10,137 — 143;
helft den gemeinen feiiid mir niederhalten,
das schöne grenzland kann euch nicht enigehn.
Schiller Wallensieins tod 1,5.
d) der inßniliv wird durch zu vermiUell oder durch einen ab-
hängigen salz vertreten : hilf imo ze gewerenne, als6 er gote
geswuor unde geantheijuta. Notker ps. 131 {2, Ad^' Hallemer) ;
der selbe half daj Anfortas
wart gesunt und wol genas. Parz. 796, 3;
nu helfet mir, ir zwene,
und ouch du, friundin ßene,
daj der künc her zuo mir rite. 719, 1;
got helfe mir deij wol erge,
das ich üj ir hulden kome niemer m£.
miiines. frülit. 155, 36;
beistehen und helfen mit aller macht, den Galileer mit seinen
lutherischen ausz zurotten und zu vertilgen. Schade sat. u.
pasqu. 2,104,26; indem er einer anzahl Sklaven .. die frei-
heit unter der bedingung schenkte, dasz sie ihm helfen
eolllen diese öden gegenden anzubauen. Wieland 7,126; hat
sie (die leidenschaß) dazu geholfen, seinem freunde diesen
beilsamen schwung zu geben. Schiller 764;
so helf uns got, dasz wir besion.
LiLiENCRON volksl. 102', 14;
Maria^hilf uns, dasz in kurzen stunden
ein guter frid werd funden! 102', 15;
die lose sklavin hilft des weisen lüsternheit
durch listige gescliaftigkeit
mit jedem augenblick lebhafter anzufachen.
\VlELA>(D 9, 7(j.
e) auch ein allgemeines object nimmt helfen zu sich: was kann
ich dir helfen?; du kannst mir nichts helfen; ein dienst-
müdclien das ihr gefüsz auf die unterste treppe gesetzt hatte
und sich umsah, ob keine kamerädin kommen wollte, ihr
es auf dt-n köpf zu helfen. Göthe 16, II.
f) die ältere spräche stellte zu iielfen einen genitiv der sache,
in dem sinne beistand für etwas leisten, einem zu etwas helfen:
so wa; sie luon wellen, unde ir fater diabolus (der tiefal),
des lielfent in filii diffidentiac. Notker ps. 82 (2, 298* Ihllemer) ;
hcMTo fater min, wurche sament mir, hilf mines werches.
108 (2,398');
und helfet mir der reise in Burgonden laot.
Ntti. 63i, 1 ;
daj wir niemant schuldig sein dej unrehten ze helfen, d.
städtechron. 1, 162, 40 ; nd. he hadde gelovet gode, er he stri-
dent began , he wolde to Magdeburg ein erzebischopdom
stiebten, hulpe om god des scges. 7,48,18; er kere denn
umb von seiner lesterlichen lere . . des helfe im und allen
Christus unser herr. Luther 3,470'; desz wir ihren gnaden
gern helfen wollen, sofern wir das mit dem leib und gut
vermögen, buch d. liebe 271';
des helf üch got der herr!
LiLiE>CR0S volksl. 2, 102', 15.
4) Pflicht des richters tear, rechtes zu helfen , beistand zur
erlanyung rechtens zu gewähren ; versuchte, ob uns der von
Jera recblz wolt helfen, d. städtechron. 2, 86, 21 ; sagten, das
sie des Wallenfelsers dyner, die do gefangen legen betten,
ledig gelassen und das man uns nicht rechtz woit zu in
helfen. 87,13; bedarf unser deheiner ze keiner sache, da
Süllen wir im des rehten helfen, weisth. 1, 330 ;
ain kaiser rechtes helfen schol. fasln, sp. 644, 8;
queme ein richter odir sein böte vor eins mans houj, und
solde einem pfandes helfin umschult. Magdeb.blume 2,2,212.
Pflicht der zeugen war einer parlci mit dem eide rechtes zu
helfen. Haltaüs 873, vergl. eidesbelfer; eim im rechten bei-
ston und helfen, adjumento esse in causis. Maaler 217*.
5) reflexives helfen : andern hat er geholfen, und kan im
selber nicht helfen. Uallh. 27,42; arzt hilf dir selber. Luc.
4,23; im selbs ausz dem kaat helfen, evellere sese ex cocno.
Maaler 217*; mensch hilf dir selbst, so hilfet gott mit.
Schottel 1123*; wer ihm lassen helfen wil, dem ist gut zu
helfen. 1146*; dasz sie .. sich nicht anders zu helfen wuszte,
als ihn wieder so freundlich anzusehen als sie nur immer
konnte. Wieland 12, 62; er kann sich nicht helfen bei schnellen
vorfallen, re subita consilia ejus torpenl, aestuat. Serz 60*; wenn
ich überhaupt die worte frisch lese ... so kann ich mir
nicht helfen, ich kann sie nicht anders verstehen, als ...
Heyne bei Lessisg 13,152; es war eine folge des mangels
an praktischer Ordnung, dasz man sich ohne bedenken half,
so wie man konnte. Nicolai das. 161 note; ein tischler, ein
tapezirer, ein mahler, der mit patronen und leichter Ver-
goldung sich zu helfen wuszte, nur dieser bedurfte man.
GüTHE 17,314; ich half mir mit pappe, färbe und papier.
18, 27 ;
zu haus und in dem kriege herrscht der mann
und in der fremde weisz er sich zu helfen. 9, 4;
ein bienchen trank und fiel in bach.
dies sah von oben eine taube,
und brach ein hlättchen von der laube,
und warfs ihr zu. das bienchen schwamm darnach
und half dadurch sich gliicklich aus dem bacb.
Michaelis im Leipz. ulin. der deutschen
musen 1779, s. 267.
6) helfen nach einem persönlichen subjecte wird seilen mit
aec. statt des dalivs verbunden {gegen helfen II, 6 unten) : in die
judicü löset in got, so hilfet in, daj er an imo ne fcrstiej.
Notker ps. 40 (2,143* Haltemer); {er soll schwüren) daj her
unschuldic si, daj in got so helfe zu irme kamphe. Sachsensp.
1,63,4; herr, du hilfest beide, menschen und vibe. ps.'iS.l;
ein geraten man kan viel tausent helfen. Luther 6,2*; das
gott nicht wolle, das jemandt sündige, noch jemands willen
reize und treibe zu Sünden, noch die sünde helfe oder ein
gefallen an ihr habe. Melanchtbon im corp. doctr. christ. (1560)
918; der einen armen hilft, der gedenket an sich selbst.
Schottel 1126*;
so dich der selb nit helfen mag
so bengst dich an den dürken.
Gekgenbach 18, 222 Gödeke;
lieber pappe, ich helfe dich (: küch). Götuk 13,149.
diese conslruclion ist enreitert: sagt von dieser weise was ihr
wollt: sie hat ihn sein ziel erreichen helfen. Lessing 7,222.
7) aus der unter 6 angeführten weise aber ist die passive fügung
ich werde geholfen hervorgegangen : wenn ich .. bei den lieiden
doctors stünde, und gerne geholfen sein wollte. Claudius
3,65; ohne von einem sterblichen menschen beklagt oder
geholfen zu werden. Moser phant. 2 (1798) 52; Klylemnestra
hat, geholfen von Aegisth , den Agamemnon am tag der
rückkehr umgebracht. Göthe 67,55;
und gingen alle alsohald
gehollen wieder licim. Claudius 6, 71.
hierher auch: der landfricd soll auf ihn geholfen sein. Frisch
1,440*. aus Tolners cod. dipl. 102. nach des ersteren deutung:
sie sollen den stührer des landfriedens alle strafen helfen*
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HELFEN
HELFEN
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8) helfun geld aus der bedeulung beistehen zu der handreichung
vnd dienste Ihttn über: acolytus hies, adinissus oder licen-
tiatus, der zu gelassen war urab den allar, dem priesler zu
dienen, als die den altar zurichteten, iiecbt und kerzen an-
zündeten, und zur messe hülfen. Luther C, 104'; sie waren
auch unter den beiden die zum streit hülfen, und mit bogen
geschickt waren zu beiden henden , auf steine , pfeile und
bogen. 1 chron. 13, 1 ; einem in der leich helfen , ein leich
lielfen bestatten oder zu der begrebnus tragen, adjtUare funus.
Maaler 217*.
9) helfen, mit Jativ eines Übels, gebrechen s , heiszt abhelfen,
viedeii: helft den verdruckten, schaffet dem waisen recht,
und helfet der widwen Sachen. Jes. 1, 1" ; hilf du diesem
unfal. 3,6; wie ist der sache zu helfen, quodnam remedium
rei? Steinbach 1,774; es könne andern gebrechen des leibes
noch etwan geholfen werden, allein , ein hur könne keine
Jungfer wieder werden. Schuppius 250; ob auch einer ihme
einbilden wolde, dasz er durch traurig betrübte gedanken
seinem künftigen zustand helfen wolle, wird er sich weit
irrend und betrogen finden , dann ist dein zustand recht-
meszig, ist die furcht vergeblich, ist er unrecbtmäszig und
unzulässig, würdest du dir nur das Unglück schwerer und
verdoppelt machen. 525; unterdessen steckt doch die wurzel
der krankheit im geblüt, und kan ihr {der krankheil) durch
arznei geholfen werden. 584;
diesz sah er seufzend an : nur dürft er es nicht wagen,
bei kriegesrüstun^'en den frieden vorzuschlagen.
doch seines suhans huld half dieser blödigkeit,
und gab auf einer jagd hierzu gelegenheit. Hagedorn 2, 11;
dem ist leichter geholfen, versetz ich, als wohl ein andrer
denken möchte. Göthe 1, 341.
auch mit acc: H. ach Thusnelda kommt wieder! ich bin
noch immer auszer mir ! aber die armen verwundeten leiden
darunter. Kr. das sollten sie nicht! H. kann ich es helfen?
ich weisz vor freude nicht, wo ich bin, und was ich thue.
Klopstock 10, 199.
IL helfen 7nit sächlichem subject.
1) absolut: das hilft; das mittel will nicht helfen; waz
half do, daj ib ij fore sageta in prophetis? Notker ps. 68
(2, 238* Hatlemer) ; sihe, wenn er zubricht, so hilft kein bawen.
Ihob 12,14; rosse helfen auch nicht, und ire grosze Sterke
errettet nicht, ps. 33, 17 ; unrecht gut hilft nicht, aber gerech-
tigkeit errettet vom tode. spr. Sal. 10, 2 ; meid, hilfts nicht,
so leid. Schottel 1126*; da half nicht bitten, nicht beten.
Hebel 2 (1853) 177; hilfts nicht, so schadts nicht. Simrock
sprirJtw. 240 ; es hilft kein bad an einem mohren oder raben.
das. ;
die ret spracliendt: das hilft nicht, i
ob man uns vil weinen sieht,
so muosz es doch zuoletzt sein.
ÜÖUELER 2235 Merzdorf;
hilft hier kein flehen, hilft kein sagen,
so wag ichs dich hinweg zu tragen. Götub 12, 245 ;
schwerdter sollen helfen, meinst du stolzer?
Arsdi ged. (1840) 160.
mit näher bestimmendem zusalze: es hilft keine Weisheit, kein
verstand, kein rat, wider den herrn. spr. Sal. 21,30; weis-
heil ist gut mit einem erbgut, und hilft, das sich einer der
sonnen frewcn kan. pred. Sal. 7,12; wider den tod hilft
keine arzenei, contra vim mortis non est medicamen in hortis.
Stieler 837; geduld hilft vor den schmerz, dolori remedium
est paticntia. Steiniiach 1,175, über helfen für s. für f/i«74',C3!»;
als kein zittern vor dem frosl half. Salinde 79; wann ein
ding sein sol, so hilft nicht« dafür. Schottel 1120*; wer sich
mit wurlen nicht ziehen lest, an dem helfen auch keine
schlüge. 1138'; was lüge daran, wenn der Vorschlag in l'ohlen
und Ungarn nicht hülfe? er hülfe doch vors erste in Deutsch-
land, gewisz. er hülfe? kann ein Vorschlag helfen, der weder
ihuiich, noch billig ... ist? Lessinc 10,185.
2) mit acc. des objecU: ein niiltcl hilft nichts, viel, etwas;
dieses iniltel hilft auch etwas. 'Von. /ex. (1731) 732; was bilfts,
oh ich mich on sündc mache? liiob 35,3; es hilft nichts,
wir inüixcn uns drein geben; W3<i kann das warten helfen?
f;rhcii wir; wan hilftx. fiiiiMi güldenen galgeii biibcn , und
il.ii.iii henken müssen. I'istoriuk thes. paT.\,'i' ; iiml es würde
\ie\ hrirni, wenn an naine und faiiiilie des lieulnnant
■' I mIIp-i d.i« Hii.rende ge.'indcrt würde? Kkeytag hand-
,lu,;i ■ • ■
noch bitte ich si daj si mir liebes ende gebe,
waj hilfet daj? ich weij wol da; siej niht entuot.
minnes. friihl. 157, 37 ;
was hilft dein stechen und dein tanz?
UuLANU volksl. 338;
was hillt es feind, dasz grosz gcschütz
steht um dich her gepflanzt?
was hilft es, dasz mit kunst und witz
dein lager steht unischanzt? Gleih 4, 16;
sein planer las ihm oft den text,
mit vielem ernst, darüber,
was halfs? Narcisz, der Starrkopf, blieb
bei seinen sieben sinnen. Uölty 6 Halm;
was hilft es Hiehn? Göthb 12,244;
des ungeisilichen losen geschwetzes entscblahe dich, denn
es hilft viel zum ungiitliichen wesen. 2 Tun. 2, 16.
3) anstatt dieses sächlichen objects steht zu, luil dem dal. eines
folgenden Substantivs: dein warten hilft zu nichts; zu was
kann das klagen helfen?; zum streit hilft nicht stark sein,
zum reichthum hilft nicht klug sein. pred. Sal. 9, il; nd. dat
men nein dicker beir scholde bruwen wenn ein stoveken
umme einen penning . . dat halp sere to brotkorn. deutsche
slddlechron. 7, 143, 5.
4) helfen mit einem dativ der person (vergl. unten 6) :
im half diu hitze unde der slanc,
da; er den lewen des betwanc,
da; er al IQie schre. livein 3sl3;
eim könige hilft nicht seine grosze macht, ps. 33,16; das
stehen hilft uns nichts , lasset uns unsere ürter wiederum
einnehmen , wie wir sie zuvor besessen haben. Salinde 18 ;
was hilft es dem niörder also, das corpus delicti Aeggebrachl
zu haben? Lessing 7,228; das hilft einem, die manner lieb
und v<jrtraulich zu machen. Freytag handschr. 2,127;
was hilft dir nun dein langes schwert,
und groszer stielel? nichts! Gleih 4,36.
5) aber auch mit einem dativ der saclie , im sinne von vor-
tvdrts bringen, befördern:
sah nicht ein Socraies aufs menschliche geschlecht,
und bat er etwa nicht bei seiner streiifte recht,
die von der Wissenschaft der steriie nichts behielte,
als was dem feldbau half, und auf die Schiffahrt zielte?
Hagedorn 1, 18.
diese bedeutung tritt auch in anderer fügung hervor: diese einzige
unze (gehirn) hatte dem pavian noch vollends zum luenschea
geholfen. Schiller kab. u. liebe 4, 3.
6) anstatt der unter 4 erwähnten dalivischen fügung ersclteinl
bis auf dieses Jahrhundert ein acc. der person (vergl. helfen L 6
oben); er ist, wie die folgenden zahlreichen beispiele beweisen, in
den altern quellen häufiger als jene, und voll bereclUigl, insofern
als er ziel und resultai des niitzens und förderns zur anschauung
bringen will: waj hilfet sie ij? Notker ps.H'i {2,'dli* Uattemer);
sta-lc hilfet da si niac.
da; ist mir ein spei : siu half mich nie.
minnes. frülU. 172, 38;
ich wil dir gehen zwei hemdelin,
diu sini vil un-se ha'rin,
diu soltü ze stiurc liän : . . .
doch hellent sie vil kleine dich. Bart. 122,27;
daj mocht sie alles nit helfen, d. städtechron. 2,137,10; daj
half sie als nit. 200,22; und nim dann die ruten mit dem
öle, und leg das ufl' die geschwulst, so hilft es dich bald.
(iERSDORF fcldb. d. wundurzu. 49 ; wann ihn {den gaul) disz
nit hilft. Seuter ro»ur:n. 73; denn das er {Christus) im hiinel
sitzet, oder unter des brots geslalt ist, was hilft dich das?
Luther 1,82*; dein wirdigkeit hilft dich nicht, dein unwirdig-
keit bindert dich nicht. 172*; denn das Augustinus durch
der ketzer widerstreiten je geierler und liesser v\ard, hat
die ketzer daruinb nichts geholfen. 517*; aber was hilft sie
ir wüten und loben? 530*; brachlen auch bei frawen Mar-
garctten drawhrieve aus, . . . hat aber alles sie nicht hellen
mögen. 3,31*; brauche der eiznei, nim zu dir was dich hellen
kan. 396*; Ja was helle es auch in geliulfen, wo ers nicht
gcgieubl helle? 4,255*; wiewol sie vicieicht dieser bricf auch
nicht hellen wird. 6,116*; nu halt ichs versucht und erfareii
das mich mein orden und streng leben geholfen hui und
gen iiiniel frirderl. 2IS*. dal. und acc. wrchcln : denn was
ist mir damit geholfen? ich werde dadurch nicht fröiner,
und mache in nur erger. aber das hilft mick, das ich iiu
»lies gut» gönne, beweise und erzeig». 36*; was hülfs den
iiiensrheii, su er die ganze well gcwilnne, und nem«* doch
schaden an seiner serle? Matlh. l«, 26; was hilft es mich,
957
HELFEN
HELFENBEIN — HELFER
958
dasz ich Jebe? b. d. liebe 210''; ein ding möchte sie helfen
und retten. 223'; gib dich nit und sei frisch, so fleucht der
unfal wie ein fisch . . es hilft dich nit, wann du dich gleich
an todt legst. Agr. spr. (1560) 59'; mich wird er [ein segen
gegen das geschülz) nit helfen, dann ich setz kein glauben
drauf. Garg. 251*; wie wol mich dasselbige nicht viel helfe.
Laz. de Tormes 44; es hilft mich nichts zu meiner Seligkeit,
ob ichs wisse, oder nicht wisse. Schüppiüs 156; was hilft
mich mein opfern? 158; was hilft raichs, ob diese beiden
frembdiinge verhindern, dasz ich nicht unter Herrmanns joch
gerathe, wenn sie selbst meinen willen beherschen wollen ?
Lohenstein Arm. 2, 1517*; wiewol ihn dergleichen künste
wenig halfen. Ha.hns bist. (1721) 1,26 not. o; und was hiifts
ihn, herr wirth? Lessing 1,511; wenn er sie nicht gewinnen
kann, was hilft es ihn, sie zu zwingen? 7,203 (gegen: was
hilft es nun also dem dichter ... das.); all ihr verstellen
wird sie hier nicht helfen. Klinger theater 2, 205; was helfen
mich tausend beszre empfindungen, wo ich nur Wallungen
löschen darf? Schiller kab. «. liebe 2,1; ja was hilft micii
das? GöTHE 11, 96; was hilft michs, dasz ich jetzt mit jedem
Schulknaben nachsagen kann, dasz sie {die erde) rund sei?
16,112; was hilft michs, dasz sie in der weit sind, dasz sie
an mich denken, an frau v. Stein 1, 44 ;
was hülf dich, das der lib kam hoch,
und für die sei ins hellen loch.
Bhawt narrensch. 24,25;
die sei hilft nüt ein kostlich grab,
oder das man grosz marmel hab. S5, 127;
si half nit ir Übermut. Liliejicron vnlksl. 2,98,18;
was hilft mich euer roter mund?
er ist mir gar unraiire. Uhla>d volksl. 762;
dyn gschrei das hilft dich nit. Birk Sus. (1532) 6";
was half es da die lleddermausz,
dasz sie sich dräht von vögeln ausz. E. .\lberus 114;
was hilft es mich, blind, taub und stum
an groszer herren böff zu wohnen,
und durch gesundheit und wilkora
des geists und leibs ni«ht zu verschonen?
Weckherlin 415;
was hilft die söhne mehr als wann der vater blühet,
den vater, als wann er der söhne wolfart siehet?
Opitz 1, 1^4;
und sagte : liebes kind, was hilft dich doch das klagen,
und sehnliches geschrei? 437;
was hilft michs durch viel ungemach
und müh ein handvoll ehre kriegen? 2,204;
das wündschen hilft mich nichts.
FLEJUJiC 27,437 Lappenberg;
erscheint, erscheint mir doch, ihr funkelnden laternen,
ihr brüder Helene, und zeigt mir euer licht!
wo nicht, so hilfet mich ganz keine flamme nicht. 495,8,13;
bemühe seine {des arztes) band, er schreibt dir ganz geneiget
zum labsall was dich hilft. TscHERsiTic {1U42) 228;
was hilft es sie! ihr herr ist einmal hin. Rospler 120;
was ist, wie lange wehrts? was war, was hilft michs wol?
was werden wird, wer weisz, obs mir, und wem es sol?
LoGAü 1, 135, 81 ;
was hilft es einen dieb, der morgen henken sol,
ob er mit speisz und trank versorgt ist heute wol?
den Sünder hilft es nicht, den hölle soll verschlingen,
wenn er gleich in der weit lebt stets bei guten dingen.
3, 14, 53;
du blindes glück! machst mich zum könig;
doch hilft mich deine wohlthat wenig.
LoHE?<sTEiN Arm. 2, 1641*;
was hülfe doch den leuen seine stärke,
legi er sie nicht zu seinem besten an?
IIoFFBANNswALDAü fjetT, scMfer 85;
was hilft es mich, ein landeskind zu ehren,
das von dem hofe weicht, wenn es mich schützen soll.
Caniz 114;
dein entdecken [das entdecken deiner liebe) hilft dich nicht,
weil bereits die schöne taube
einem andern sich verspricht. GiJsiHER 254;
was hilft es dich, o thor, umringt von dornenspitzen,
von emer Irei zu sein, wenn dich die andern ritzen?
WlELAKD ;
was hilft dichs? magst dus ihm auch heut noch einmal sagen,
er wird beruhigt gehn, und morgen wieder klagen.
GöTHE 7, 13;
ja, was hilft dichs der beste zu sein, es bleiben die besten
doch nicht unberedet in diesen zeiten vom volke. 40, 133.
7) schweizerisch ist namentlich der conj. praet. es hülfe in dem
sinne es sei die rechte zeit, man müsse, gebräuchlich; es hülf
essen, länger zwartc trag nüt ab. i. Gotthelf schuldenb. 148.
auch mit persönlichem stibjecl: aber was will man ohne mist?
aufbrechen und nicht misten, macht das land nur magerer,
ich hülf auch nicht mist kaufen , sagte Anne Marei. ich
kann nicht helfen , aber ich habe immer kummer auf den
hustage, wo wir so viel zahlen müssen ... bis der vorüber
ist, hülfe ich das geld zusammenhalten, so gut man kann,
im hustage hülf ich brav haber säen , der braucht keinen
mist. 110; er hülf dann nicht zu lange bleiben. 262.
8) compoäta von helfen, s. ab-, an-, auf-, aus-, bei-, durch-,
ein-, empor-, ent-, fort-, ge-, her-, hin-, los-, mit-, nach-,
über-, unter-, ver-, zuheilen.
HELFENBEIN, n. ebur, für elfenbein, s. theil 3,413:
schöner ist ja helfenbein
als der leimen pflegt zu sein. Rist Parn. 468;
spricht dasz die zarte haut sei nicht zu unterscheiden
vom schönsten helfenbein und von der weiszen kreiden.
Rachel (1677) s. 73;
im munde sah man prangen
das schönste helfenbein (zahne).
PosTBL Wittekind s. 16;
aus nachahmendem silber
und aus indischem helfenbein. Ramler 1, SO.
dafür; helfbein ebur voc. ine. theiit. is'. — Wortspielend: (das
u-eib ist des mannes) gehülfe oder helfenbein. Mathes. hochzcit-
pred. 19'.
HELFENBEINDRECHSLER, m. eborarius. Kirsch cornuc.
HELFENBEINEN, adj. eburneus; helfenbeinin Maaler 218*:
ich hoff über ein jar und noch vil ee
werd ich dir noch so lieb und werd,
dasz du kein wyb ulT diser erd
für mich zuon eeren wollest bgeren,
und wenn sy helfenbeinin weren. fastn.sp. 882,3.
s. elfenbeinen.
HELFENBEINERN , adj. dasselbe: helfenbein erne nestel-
nadel , discerniculum eburneum Stieler 125 ; helfenbeinerner
tron. solium eburneum 2308.
HELFENBELMG, adj. eburneus. voc. ine. theut. i 3'
HELFENSTEIN, m. s. helfestein.
HELFENTHIER, «i. elephas. voc. ine. theiä. i 4*.
HELFER, m. adjutor, mhd. helfaere, in verschiedenem sinne.
1) gchilfe, genösse in einer sache oder beschäftigung ; der helfer
oder ein gehilf, adjutor, servator, administer Maaler 218*; gott
hat gesetzet in der gemeine . . helfer, regierer (uvriXriipEts,
xvßegWjoeig). 1 Cor. 12, 28. so im streite ;
dö er dort her zogen sach
Ermriches helfsere. rabenschtacht 473;
wart er sein (eines herzogs) veint und Wilwolt sein helfen.
Wilw. v. Schaumburg 58; indem macht sich Schirtinger mit
etlicher seiner geselschaft auf, hinweg zu reiten, stund Wilwolt
vor der tür seiner herwerg , den uberrant Schirtinger, aber
Wilwolt entweich im und seinen heifern umb einen wagen,
der vor dem haus stunt. 68; und samleten sich mit allem
irem volk und helfren und wen sie han mochten. Etterlin 48.
aber auch in einem handwerk: beckenhelfer, bäckergehilfe, ein
eigenes gewerbe in München. Schmeller 2,180; gehilfe, kneclit
in einer mülile: fünf heller und vor zwen pfenning semmein
den eseltreibern und heifern zu treiben {soll der müUer geben).
Leipz. stadtordn. 1544 ET; von einem scheffel zu malhen dem
helfer iiij pfenning und ein pfenningbrot , so es der esel-
treiber heim treibet, das. auch beistand in einer gelehrten an-
gelegeuheit : aber mein meister noch helfer sol er nimer mehr
werden , ob got wil , er kere denn umb von seiner lester-
lichen lere. Luther 3, 470*.
2) helfer war Übersetzung von Staxovos im geistlichen sinne:
so in Baiern. Schm. 2, 180, nocA jetzt in Schwaben tind der
Schweiz. Stalder 2,36; so Göthe in bezug auf Lavater.
zwischen Lavater und Basedow
sasz ich bei tisch des lehens froh.
herr helfer, der war gar nicht laul ... 2, 282;
wenn als diese {kirchlichen) bcamten Vorsteher oder älteste,
helfer oder diakonen und pfarrer bezeichnet werden, tlieol.
lUteraturblatt 1867 s. 246.
3) helfer in rechtlicliem sinne (helfen 1, 4 sp. 954) adjutor
ad execulionem sentenliae. Haltaus 874. auch coadjutor das.;
ferner beistand des angeklagten zu erwahrung seiner Unschuld
(s. eideshelfer) : ist abir der antworter do . . und bittet in
eime rechtin urteil c;u irvaren, wy ich mein unscholt be-
weisin sulle c;u rechte, so vint man: selb dritte, hot er
denne der helferr nicht, so spricht er: herre her richterl
ich byn so cnelede, da; ich keine helfir gehabin mag, da;
959
HELFER — HELFERKNECHT
HELFERSATZ — HELFWURZ
960
ich beweisin wil , wy luirs ein recht irteilt. Magdd). blume
i, 159.
4) in der edlen spräche ist helfer der beistand und rcller in,
gefalir und not: und kein helfer war in Lsrael. 2 kün. 14,iO;
ich errettet den armen der da schrei , und den waisen der
keinen helfer hatte. Hiob 29,12; sie rufen, aber da ist kein
helfer. ps. 18, 42 ;
ich kann dem kranken hülT ertheilen,
spatt, kröpf, geschwulst und alles heilen,
dem andrer heller rath gebricht. Hagedorn 2, 22;
arme, weint um euren retterl
waiseu, klagt um euren heller! Ramler 2,40;
namentlich von gott und Christus^ auch den heiligen (vergl. nol-
belfer): der gott meins vaters ist mein helfer, und hat inich
Ton der band Pliarao errettet. 2 Mos. 2, 22; du bist der waisen
helfer. ps. 10,14; herr sei mein helfer. 30,11; du bist mein
helfer und erretter, mein gott verzeuch nicht. 40,18; be-
weisestu unsern feinden, das du bist der helfer aus allem
übel, trcish. 16, 8 ; der name Jhesus . . das heiszt einen helfer
oder heiland. Lltuer 5,68";
komm, Davids kind und herr, gott, helfer in der noth
und zarter mcnschensohn ! A. Grtpiiius 2 (1098) s. 391;
gar manche leiche Irug man fort,
ihr aher kamt gesund heraus,
bestandet manche harte proben ;
dem heller half der heller droben. Göthb 12, 56;
so, deutscher mann, so, freier mann,
mit goit dem Herrn zum krieg!
denn gott allein mag heller sein,
Ton gott kommt glück und sieg.
Arndt ged. (1840) 270.
6) aber auch in anderm sinne, beistand, thätiger theilnehmer
an irgend etwas:
in der liebe mag man nie
heller und gesellen. Göthe 5,100;
an feindlichem und bösem {vergl. unten helfershelfer):
kein fcind bedränget Engelland, dem nicht
der Schotte sich zum heller zugesellte.
ScuiLLBR Maria Stuart 1,7;
wo sind die blutgen helfer deines mords?
Willi. Telt 5, 2.
6) helfer von helfenden, fordernden Werkzeugen und geistes-
gaben :
thun viele helfen Wunderwerke?
0 nein, der löwe hat nur drei:
den muth, <lie Wachsamkeit, die stärke,
und siegreich stelin ihm diese bei.
ilAGEDORN 2, 132;
so haue mein feind mir das haupt ab,
werf ich nicht diesen bogen, von meinen hiinJen zerbrochen,
stracks in die lichteste gluth; denn er ist mir ein leidiger
helfer. Bürger 223*.
HELFERAMT, n.:
freund Harlekin ruft wohl alsdann
vor langer weile Roms monarclien,
den Marc Aurel, um hTilf und beistand an,
um — desto sanfter einzusclinarchen.
allein bei mir mag, wenn sie kaim,
Golkondens köfiiginn das helferamt verwalten,
mich wach und munter zu erhalten. Uürger 104^
in geistlichem sinne: möchten wir höchstens in kleineren,
besonders landgemcindcn, das besondere helferamt als einen
überdiisz ansehen, tlieoL litter aturblatt 1807 i. 240.
HFXFEREI, f. 1) das helfen, in geringem oder verächtlichem
sinne. 2) die amtsuohnnng des helfers (no. 2 sp. 958), z. b.
in Z 11 rieh.
HELFEHHAND, f:
er fühlt die helferband, er horcht umher.
Gries Tusso 12, 74.
HELFERIN, f. mhd. helfxrinne, adjutrix; in dem verschie-
denen sinne von helfer: helferin, die eim hilft, adjutrix, ser-
vatrix Maaleb 218*; helferin zur üppigkeil und bösen, adjutrix
tctlerum dat.; helferin, gchülfln Stieler 837; in dieser zeit
nur sei ihr die gcgcnwurt einer so lieben frcundia und hel-
ferin unentbehrlich gewesen. GAthe 17,289;
doch sie geleif!" I!'"^- '!"• ("Iforin war dem Jason.
üdyuee 12, 72.
von Maria:
und Maria <\\p. i'i\c\ KiiniKin
die woll unier helfern xln.
LiLicficRon volktl. 2, 30, 185.
HELFERKNECHT, m. bergarbriler, uelclier dem kunststeiger
bei der vcruiryung des kunslgaeuge^ jn die hand gehl. Jacübssom
2, 250*.
HELFERSATZ, f?i. im bergwerk ein pumpsatz, der neben dem
gewöhnlichen satz am feldgestdnge angebaut ist, utn sich seiner,
wenn der gewöhnliche wandelbar ist, zu bi^icnen. das.
HELFERSGENOSZ, ni. milhclfer. Weller lieder des ZOjähr.
kricqs 180.
HELFERSGESELL, m. administer, socienus, adminiculator.
Stieler 2004. s. helfershelfer.
HELFERSHELFER, m. genösse eines gehilfen, mithelfer. zu-
nächst ab streilgenosse in einer fehde aus dem 15. jahrh. nach-
gewiesen Haltaüs 874. ScHM. 2,180; dann in allgemeinerem
sinne: asciscunt sibi socios, quos vocant helfer und helfers-
helfer. fac. facet. (lü45) 366; einem baumeister helfen die
gesellen, die handlanger aber sind helfershelfer. Stei.nbacb
1,770; in Kleinfelsenburg aber ohnedem helfershelfer genug
anzutreffen waren. Felsenb. 3,309; da das heillose zeug {ein
gespinst von abenteuern , handeln , erbilterungen u. s. w.) durch
die unbesonnene iiilze der helfer und helfershelfer nun gar
in flammen gerieth, Wieland 20,4; aber soll denn der grosz-
onkel und helfershelfer keine umarmung haben? Gotter
3,417;
nie war der rühm des Britten glänzender,
als da er, seinem guten scbwert allein
vertrauend, ohne hellersheller focht.
Schiller Jungfrau 2, 1.
in üblem sinne: helfershelfer complices Stieler 837; helfers-
helfer gregales, participes consilii et criminis Serz 66*; durch
list und rünke, Vorspieglung und tUuschung, lug und trug,
helfer und helfershelfer. Klopstock 12,84;
Mephistoph. sonst hält ich es allein gethan {die seele gehoti),
jetzt musz ich helfershelfer holen.
GöiuE 41,323.
HELFESTEIN, m. : demnach auch Samuel . . richtet einen
stein auf, und hies in helfestein. Luther 3, 39'; {Christus ist)
feste bürg und rechter helfenslein. Mathes. postilla I, 42*.
HELFESTÜiNDLEIN, n.; unter den jaren oder unter der
zeit, trifft er die stunde, wenn er helfen sol, gleich wie ich
sage, die sonne ist unter den stcrnen, nicht gleich im mittel
der Sterne, sondern unter ander slerne auch gemenget, also
ist das helfestündlin auch mitten in den jaren. Lltuer 3,255*.
HELFGELD, n. abgäbe an den richter für gerichtliche hilfe:
klagrecht , das man auch nennet helfgelt. Ortloff rechts-
quell. 2, 169
HELFGERICHT, n. jurisdiclio inferior: andere gericht zu
Seinszheim, die man klein helfgeiicht nennet. Haltaus 877
{von 1591).
HELFGESCHREI, n. ruf um hilfe: item weisen die scheffen
u. gn. h. von Trier zu Masterhusen ein glockengeleuth und
heifgeschrci. wcisth. 2, 198.
HELFGEVIERE, n. ein nur vorläufig gelegtes geviere, welches
hinter das ansleckgevicrc zu liegen kommt, gewöhnlich etwas gröszcr
als dieses, und dazu bestimmt ist, die riclilunq der pfähle nach
auszen zu erhallen; auch hülfs- und mittelgcviere genannt.
Veith bergwörlerb. 238.
HELFIO, inteij. eines hilfe rufenden: hoschiannal hülff am
tag der letzten crlüsung: hülf hie helfio! hülf hie ausz noth
und todt. Danhauer ev. memor. 12; luordio, helHo, rettiol
PUILANDER 1, 572.
HELFKRAUT, «. marrubium vulgare, gemeiner oder weiszer
andorn. Nemnich 3,514.
HELFLICH, adj. auxiliarius, juvans, adjuvans. Stieler 837:
helfliche Widerrede, exceptio impcdimenli legiltmi. Haltaus 875.
HELFMANN, »i..° Alexander ist auch so vil gesagt {als
Ludwig nke^ixaMoe) i. e. helfinann , heilmann. E. Albebus
Wörterbuch.
HELFRECHT, n. das recht, die gepfändeten Sachen eines
Schuldners an den meislbielenden zu verkaufen, im llenneberg-
schen. Adelung.
HELFREDE, f. exceptio in jure, sive vera um ßda. Haltad«
877: ist dem antworler hclferede gcleilt, brcngit er der nicht
cz,ii rechlir C2;eil. Magdeb. blume 2,2,125; man sol in be-
scheiden iif sein helfred von rechtis wegen. \2\.
HELFSTEMPtL, «i. Stempel eines hclflhürslocks im berg-
werk. Veith bergwörlerb. 461.
HELFT, m. alehemüla vulgaru, gemeiner sinau , silberkraui
Nemnich 1. 102.
HELFIJNG, f, mhd. helfunge, opilulolio. Stbinracb t, 77C.
HELFWURZ, f. allium vic4orialis, allcrmannsliarntsch. i. hUlf-
vMirz.
961
HELGE— HELL
HELL
962
HELGE, wi. s. unter beilig 3, d sp. 831.
HELGE.NHAUS, ». vergl. iieiligenliaus sp. 840.
HELHOLZ, 11. liguslrum vulgare. Nem.mch 3, 409.
HELKEN , twfc. necken, foppen : es war eben eine . . per-
söiilicbkeit, vor der man eine art respect bat und doch, so
oft man sie siebt, lacben musz und lust verspürt, sie zu
beliien oder zum besten zu halten. J. Gotthelf erzihlg. 4, 25S.
es sieht für helligen, s. d.
HELL , adj. und adv. sonorus, clartis. altJ. ga-helli, später
belli, mhd. hei, von der wttrzel hall, inf hellen hallen ausgehend,
und im ahd. ausscldicszlich, im mhd. noch vorzugsweise auf sliiniue
und ton bezogen, bis sich eine crueileruug der bedeutung auf da^;
durchdringen des lichtes gellend macht und im jetzigen nlid. sogar
den altern sinn mehr in den liintcnjrund drängt.
1) hell, hallend, laut, durchdnngend von der slitnnie:
dö gehörten sie schiere,
in heller süejer stimme üf rötvarwer vert nach wundem tiere
ein bracko kom höchlutes zuo zin jagende.
Wolfram TU. 132,3;
canorus helle Dief. 9ä'; sonorus lüde, hei, belle 542*; helle
luten oder thonen sonare. voc. ine. theut. i4*; balle und hohe
stimm, vox acuta Maaler 205*; bund die hall und laut ballend,
canes arguli das.; schrei der pfaff heiler und sterker denn
ander leut. Pauli schimpf I3l'; liefen sie mit Iiellem geschrei
der abtei zu. Garg. 202'; der bawer schruw {schrie) mit heller
stimm. WiCKRASi rollw. 23, S Kurz; macht mit heller stimm
ein solch zettergeschrei. Kirchhof uendunm. 219' ; schrye also
mit beller stimm: Jesus, Jesus. Schlppius 752; von hellem
hals {erfordernis eines Jägers). Becher 47, vergl. laut von halse
sp. 254;
es {das fräulein) sang von heller stimme,
dasz in dem garten erschal. Ubla?ii) volksl. 104;
die lerch tut sich erschwingen
mit irem hellen schal, s. 113;
die klare Bacbara grüszt uns aus heller zungen.
Fleming 1S7, 100 Lappenb.;
«in steiler felsen steht, ob sciion die schnelle bach
hell rauschend um ihn scheust. A. Gripuils 169S 1, 446;
heller wirbelt der hain (der togelgesnng dort).
HöLTt 05 Halm ;
helle morgenmusik
strömt vom wiplel. s. 137 ;
{die wachtet die) ihren silberschlag so hell gellend anschlug.
Hamler 1, 18;
eben nie mädchenstimm umscholl ein helles gekreisch mich.
Odyssee 6, 122 ;
hell vfiehene der hippogryph.
Schiller Pegasus imjoche;
denn niemand wagt es, diesen oder den
zu küren mit dem hellen rut der wähl.
UuLAND Ernst v. Schteaben s. 07 ;
drunten singt bei wies und quelle
froh und bell der birtenknab. ged. 13;
da sprach das schweigen über allen
mehr als der hellste jubellaut. 85;
oft sasz er zwischen uns vergnügt und lachend,
nur lacht er gar zu hell. H. Heihb 10, 117.
von einer knarrenden Ihüre:
der kühne graf erreicht das zimmer seiner schöne,
und hemmet voller list der thürc helle töne.
Zachariä 1, 222.
hell tt-ird rtamentlich auch gesagt in bezug auf den ton der aus
metall verfertigten musicalischen inslrumenle: trummet die ball
gadt und in die gell , tuba clara Maaler 205' ; mit ehernen
cymbeln belle zu klingen, l chron. IG, 19 ;
zwei glöcklein klangen helle. Uula?(d ged. 214;
die leier, die so bell erschollen. 243;
er greifet in sein saitenspiel;
das ist gar hell erklungen. 389;
welch tiefes summen, welch ein heller ton
zieht mit gewalt das glas von meinem munde?
GöTHE 12, 44;
mit psalter, harfen und hellen cymbeln. Ichron. 10,16; gott
feret auf mit jauchzen, und der herr mit heller posaunen.
ps. 47,6; er wird senden seine engel mit hellen posaunen.
Malüi. 24,31;
wenn die hellen kirchenglocken
laden zu des festes glänz. Schillbr glocke p. 90;
horchend uraringten
diese das helle klavier. Voss 1, 121 {Luise 3, 21).
wn der laut schmetternden nachligall:
wen seine mutter unter den zärtlichen
gesänget) beller nachtigallchör empfing. Rahlbr I, 55.
IV. u.
der gegensatz von hell in dieser bedeutung ist dumpf, th. 2, 1523 :
dann strömte himmlisch helle des Jünglings stimme vor,
des allen sang dazwischen wie dumpfer geisterchor.
Uhlasd ijed. 390.
In Obersacbsen nennt man eine helle frau eine solche^ die laut
und scharf befiehlt und schilt.
2) mit hell verbindet sich, icenn es von tcorten gesagt wird,
zu der bedeutung laut der nebensinn deutlich: evarofiia, ein gul
auszsprechens, ein belle sprach. Albercs G 3' ; und folgends
. . . durch Hans Mühlnern den jungen das schüffen weisz-
thum öffentlich mit heller stimm lesen lassen, u-dsth. 2,330.
3) hell überträgt sich von dem gehör auf das gesicht und gilt
a) von den durchdringenden strahlen des lichtes und feuers :
doch wer metaphysik studiert,
der weisz, dasz wer verbrennt nicht friert,
weisz, dasz das nasse feuchtet,
und dasz das helle leuchtet. Schiller 97^
der gegensatz ist dunkel oder finster, in dieser bedeutung er-
scheint hell nachweislich seit detn anfange des iS.jahrh., wahr-
scheinlich aber schon viel früher, da die bedeutung 3, b unten die
eben getiannle zur Voraussetzung hat. was ist beller denn die
sonne? Str. 17,30; da die sonne schein und helle ward.
St. in Esther 9, 3; sein angesichte leuchtet wie die belle sonne.
offenb. 1,16; die hellen sterne zieren die himel. Sir. 43,9;
ich bin . . ein heller morgenstein, offenb. 22, 16 ; hab ich das
liecbt angesehen, wenn es helle leuchtet? /7io6 31,26; mitten
in dem selben fewr war es wie Hecht helle. lies. 1,4; wird
dich erleuchten wie ein heller blitz. Luc. 11,36; mit einem
hellen fewr. ps. 78,14; die hellen flammen der sterne. tceish.
17, 5; die helle lampen auf dem heiligen leuchter. Sir. 26, 22;
du wirst wie ein heller glänz leuchten. Tot. 13,12; heller
denn der sonnen glänz, ap. gesch. 26, 13 ; über die da wonen
im finstern lande, scheinet es helle. Jes. 9,2; die sterne am
himel und sein Orion scheinen nicht helle, die sonne gehet
finster auf, und der mond scheinet dunkel. 13, 10; die dicken
wölken scheiden sich, das helle werde. Hiob 37, 11 ; so wird
es helle, wo es tunkel ist. ps. 68, 15; die drei männer saszen
wieder da und kreideten . . bei einer bellen lampe auf dem
tisch , als hätten sie eine wichtige rechnung zu schlieszen.
Grimm deutsche sagen l, no. 15; da sprühten die hellen schmiede-
funken mir vor dem gesicht umher. Imuerm ann Münchh. 2, 147 ;
schein uns, du liebe sonne,
gib uns ein hellen schein! Uhlamd volksl. 75;
auf get sie mir im herzen
gleich wie die helle sonn. 120;
er ist der morgensterne,
er ieucht mit hellem schein. 164;
der mond der scheint so helle
zu liebes fenslerleln ein. 228;
drauf kam der belle schein (des lichls), liesz nichts nicht mehr
verborgen
auf gottes anbefehl. Opitz 3, 211 ;
der mond ist aufgegangen,
die goldnen sternlein prangen
am hiramel hell und klar. Claudius 4, 91 ;
sie freuten sich der schönen glut,
die, wie ein helles osterfeur,
gen himmel flog. Höltt 37 Halm;
Henning, es blizt! hell zuckte zum abendsterne die leuchtung
unten vom bläulichen dult! Voss 2, 96 (Idyll. 5, 238);
Hespers heller kerze
gleicht ihr aug. Raslbr 1, SS;
und in immer tiefre ferne
lieh ich helle götterbahn. Uhl.asd ged. 55;
hat er tapfer sich geschlagen,
dasz die hellen funken stoben. 254.
b) hell ist das, was die strahlen des licldes und feuers wieder-
spiegelt, in ihnen glänzt, hier berührt sich das wort mit heiler
(2 und 3 sp. 921. 922), und sein gegensatz ist wie bei der fol-
genden bedeutung trübe, hell wird scfton im 13. jahrh. in dem
angegebenen sinne von einem säubern melallgefäsze gebraucht:
äö nam ich her für den napf min :
der künde heiler niht gesin. frauend. 331,22;
auch weiterhin von erz, Schwertern (vergl. hellgescbliffeo) : glin-
reten wie ein bell glat erz. lies. 1,7; .
hell funkelten im morgenroth
die damascener-klingen. BCrgsr 54*;
helle schwerler klirren wild. If. Hbixe 15, 50;
von andern, glänzenden gegenständen: ein heller edelstein;
helles Silber; wie ein Spiegelglas so hell; und seine kleider
wurden helle und seer weis, wie der schnee {xal xa Iftaxta
61
963
HELL
HELL
964
avTOv fyivsTO aTÜ.ßoi'xa, kevxa ).iav cos x^^*')- Marc. 9, 3,
Ulßlas hat glilmunjaDdeins; ein man in einem hellen kleid
(4f iad'Tfti /.afiTiQci). ap. gesch. 10, 30 ;
sähe des thals grau ziehenden duft, und des plätschernden
helle Out. Voss 1, 110 (Luise 2, 298),
ja, ja, der wein, das ist mein elenieut!
in seinen ßoldig hellen liebesOuthen
will ich gesund die kranke seelc baden.
II. Heine 16, ~,S;
prachtgebäude und paläste
schimmern hell im glänz der sonne. 15,58;
dies kicinod, hell wie Sonnenschein,
ein riese trägts im Schilde sein. Uhland ged. 33ii;
von der strdtleiiden schönlieil der nalur und der guten Jahreszeit :
liellscheinende blelter (des wein stociis). Spangenberc Ifwfp. 130;
kumt der helle summer. Uiiland vulksl. 703;
wo hoch und golden sich die ernte hebt,
mit rothen, blauen blumen hell durchweht, ged. 115;
seid ihr bei den güldnen blünilein,
die auT lieblich grimer aue
lunkeln hell im morgentliaue? II. IIkine 15,71;
vielfach auch von der glänzenden schOnheil eines menschen, von
herrlicJien abschnitten seiner lebenszeit: darausz sie denn (es ist
nicht zu sagen, wie schün sie würden an allen gliedern) so
schön und helle allen anzuschauen wären. Schüppids 418;
die heilige engel sind geister zum ebenbild goUes, gerecht,
verständig, frei, keusch, hell, schon, klar, .. erschaffen.
Simpl. 2,60 Kurz; auf dem vorgrund einer hellen wannen
Jugend. J. Paul Hesfierus 3,159; die helle kinderzeit, die ja
allen menschen einerlei Eden vcrheiszet. flegelj. 1, 114; während
zwischen dem professor und dem doctor eine helle frauen-
gestalt aufstieg. Freytag handschr. 1,171;
sein angcsicht war freundlich gar,
sein ganzer leib war hell und klar.
aus Herders naclilasz 1, 171;
nächtlich stille, hell im dunkel,
also kommt, so herrscht der held (Cliristns).
Herder zur scIi. litt. 4, 111;
übertragen ferner helle thaten, glänzende, strahlende:
keine ewig helle that
hebt dich aus der nacht der grüfte. Uhland ged. 0.
helle äugen , glänxnde, klare : das die äugen des herrn viel
heller sind, denn die sonne. Sir. 23,28; helle, klare äugen,
ocüU clari, nitentcs, fulgentes Frisch 1,441";
sie dürft aus deinen hellen äugen
den glänz der himmel in sich saugen.
L'hland ged. 19;
klein Roland hebt die augcn hell,
den öhm begrüszt er laut. 338.
c) auch in den formein heller tag, heller morgen, heller
liimroel «. ähnl. schlieszt sich das adjectiv noch der gegebenen
l'cdeiäung an, obwul hier seine abschwächung zu der bedeulung 4
bereils vorbereitet wird, denn während helle sonne und heitere
•^onnc im begriffe identisch sind, bezeichnet heller tag weniger
wie heilerer tag [vergl. sp. 021): vvil ich die sonnen am init-
tage untergehen lassen, und das land am hellen tage lassen
finster werden. Arnos 8, 9 ; am hellen läge, auf breiler strasze
inusz man dahin wandeln. Kotzedle dramat. sp. 2,197; so-
fern das weiter nur einigermaszen hell war. Inmermann Münchh.
2,139; eine helle nacht; die hellen näclite des hohen nor-
deng; spridiwörtlich das liegt am iicllen tage, ist offenbar;
atitologisch auch am hellen lichten tage, vergl. unten helllichl ;
der wechter an der zinncn . . .
den hellen tag anblies. Uuland volksl. 177;
und als der helle morgen anbrach,
da bub sie an zu «einen. 220;
ach! ihr güldenoii dukaten . . .
lächelt nicht am himmel hell. H. Uiini 16, 72.
4) hell ti( in der bedeulung abgeschwächt von dem glänzenden,
leuchtenden zu dem blosz Hellten, erleuchteten; als gegensatz tritt,
wte bet 3, a, dunkel oder finster auf ein heller saal ; ein
helles zimiiicr; ein heller park; in einem gar hallen zinimer
wohnen, in bene ültitlri conclave habilarc Steinbacu 1,009; in
dem orte ist es halle, hie clarus et illustris est locus, dat.;
da» ganze lagcr wird vom feuer liälle, castra omnia magno
ignu fulgore collucebant. dat.; wie sehr verwundert mtl'^zle er
aber «cio , . nur drei frauenzimmer , die baronin, Ililaricn
' ' ■■* kammcrmfidchen in hellen zimtnern zwischen klaren
, neben freundlichem hausralh, durchaus erwUmit und
fhagiich. zu crhiicktrti. ÜOtbk 22,93; das haus war für
eine privatwohnung geräumig genug, durchaus hell und heiler.
24, 37; wo eine helle gränze über die dunkle Umgebung hinaus-
tritt. 62,109; eine unterirdische treppe, welche aber ganz
hell schien. Grimm deutsche sagen 1, no. 15;
ein dunkler todtendimraer macht
indcsz die feilster helle. Höltt 35 Halm.
helle Wälder, solche die 'gelichtet' sind; der wald wird hell»
wenn gegen den ausgang die bäume weniger dicht stehen und das
licht herein lassen; bildlich in einer redensart: glück zu Franz!
weg ist das schooszkind — der wald ist heller. Schiller
räuber 1, 1.
5) hell zugleich mit dem nebensinne retn , so namentlich in
beziig auf wasser, glas: dieses wasser ist nicht ganz hell; ein
hiilles glas, vitrum nitcns Steinbach 1,669; helle fenster-
schciben, solche die sauber geputzt sind;
mein vater, euer ström musz hell und sauber flieszen.
A. Grtphiüs 1698 1, 711 ;
ihm wird ein glasz gereichet, . .
ein helles cristallin. Opitz I, 62;
da rieselt so helle
vom leisen die quelle. Uhland ged. 317;
. . . gieng zu einem quelle:
da wusch er sich von staub und biut
gewand und walTen helle. 342.
6) an diese bedeulttng reiht sich der häufige gebrauch von hell
als rein in weniger concrelem sinne, vielmehr rein, offenbar, pttr,
nichts als. wenn es heiszt: das wir sein heiliges wort und die
heilige biblia hell und lauter in die deudsche spräche bracht
haben. Luthers bibel von 1548, Warnung, so wird die bedeulung
von hell hier noch ganz sinnlich empfunden; ebenso in späteren
beispielen: die reinste und hellste menschheil, die sich nicht
schämt, weil sie sich nicht zu schämen braucht. Tieck Slernb.
2,351, wo rein und hell eben so zu einander stehen, wie oben
hell und lauter;
will sie auch für euch all begrüe&zen
mit einem lied wahr, bell und rein.
AVeckukrlin 339;
in andern belegen aber ist der concreto sinn verdunkelt (vergl.
einen ähnlichen Übergang von klar th. 5, 989) : die helle dürre
vvarheit an den lag bringen, ß. Armati rettung der edlen teut-
schcn hauptspr. C'; er habe nur die teutsche helle warheil
der weit reveliret. B'; aus der hellen erfahrung vergewissert.
Chr. Weise erzn. 32; die helle einfalt. Hermes Soph. reise
4,166; nachbars Daniel wolle das gute Suschen aus heller
bosheit . . in den bach herunter stoszen. MusXus kinderkl. 89 ;
nun müszle einer aber gewisz sehr übler laune sein, wenn
er diese art, der einbildung oder dem gcdächlnisse zu hülfe
zu kommen, für den hellen weg zum aberglauben erklären
... wollte. Moser rerm. sf/ir«/<cn l, 333; dasz helles blut aus
der wunde sprilzle. Beckers wellgesch. 1, 271 ;
das blut zur stirn usz ran,
mit hellen tropfen tbet es uszher brächen.
P. Gewge«BACU 41,74 Gödrke;
so an einer Steigerung kömmt man oft um hellen spotl zu
Sachen, die man lange gern gehabt hätte. J. Gottuelf sc/iu/(/en&.
296; wo wir um acht uhr (abends) bei hellem regen anlangten.
Sicherer Lorelei (1870) 1,30; adverbial: diese leligion hilft
ihren Irügern im ungiück hell nichls. J. GoTTHELF;cyit(/<frn2). 45;
vergl. auch hellauf;
sie l'rugt in heller Unschuld: was?
was loh wohl von ihr wollte? Uürgkr 30';
helle Ihränen , deutliche, ausgebildete thränen : dasz . . ihr die
hellen zäher in die äugen schössen. Amadis 92;
beredter als ein Deniosthen
.>:prach unser huld, nicht ohne helle z&bren
zu weinen. Wibland 10, 296;
helle thränen uns vom äuge flieszen.
i. M. Miller ged. 59;
trocknet mit dem weiszen Icichentuche
sich die hellen thränen ab. Höltt 61 Halm;
von heller haut lachen , stark ladien , wol so dasz das lachen
über den ganzen leib zu gehen scheint:
der (eufel lacht von heller haut (auf eine frage).
FisciiART r. s. Dom, 3521 Kur: ,
in einem andern beispiel aber seheint et nie von heller haut
{sji. 815) zu stehen :
iiui'li liii'h zu (Qil«n ubciluut.
Oll all iirsacli vnii heller haut,
dnt tiicmnndii wciiz wii« das badeut.
.ScilRiKT ijrob. Rl (h. I, cii;i. 2i.
965
HELL
HELL
966
7) die lelzlen bäspielc zeigen, tcie hell zu seinem Substantiv
schon fast als rein verstärkendes adjecliv in beziehung tritt; das
wird auch anderweit beobachtet: er läuft in hellem Sprunge.
Meiseet Kuhländchen 229, d. h. läuft in tücliligem, derbem spninge;
namentlich in der formet der helle häufe, die schon früh sich
ausgebildet hat {vergl. auch häufe 5p. 585); es wird damit eigent-
lich der kern des hecres, die beste Streitmacht {im gegensalze zu
vortrab und nachlrab) bezeichnet:
do nimb zweilausend, zeuch hinauf,
das im lager bleib der hell häuf. IL Sachs 3, 1,26';
woneben es in freiere Verwendung kommt : und bedanket sich
gegen dem gemeinen mann und dem ganzen hellen häufen.
Redter V. SpEia kriegsordn. 69 ; erinnerung an den ganzen
hellen häufen. Kirchhof mil. rfwc. 63; wünschet dem ganzen
hellen häufen viel heil. s. 70; feldherr beschauwet und er-
mahnet den hellen häufen vor dem angriff. 158; disen ganzen
hellen häufen (800,000 mann) hat diser fundgrübner zu gast
gebeten und reichlich bewirtet. Mathes. Sar. 14'; es was auch
schon dahin kommen, dasi der ganz, hall hdiUi {der aussiehenden
Juden) von durst dahin fiel. Forer thierb. 4"'; dasz er als ein
. . . Goliat dem hellen häufen der lulberischen . . hon spricht.
Fischart bienk. 66"; der ganze helle häuf. Werth. Ded. 1,260;
der helle häufe dringet
sich umb das ufer her. Opitz 1, 247;
namentlich bilden sich die fügungen mit, in hellen häufen immer
mehr zu festen formein aus: es lagen s. f. g. der pfalzgraf
allda . . mit dem ganzen hellen häufen herum bis an tl tage
stille. Schwei.mchen 1,271; darurab begab sich könig Gense-
rich . . in Äfricam . . mit hellem häufen. Micrälics alt. Pom-
mern 1,62; dasz sie drauf mit hellem häufen die Sachsen
angefallen betten. 2,198; die Hunnen brachen mit hellen häufen
an 2 verschiedenen orten ein. Hahns hisl. 1721 1,45; nun-
raehro ging die ganze flotte mit hellem häufen auf die Athe-
nienser los. Heilman Thucyd. 413 ; die landvülker folgten
mit hellem häufen nach. 635; o ja, o ja! schnatterten die
Abderilinnen, und nun liefen sie in hellem häufen auf den
Euripides zu. Wielasd 19, 347 (306);
als er mit seinem hellen häuf
reit einen hohen berg hinauf. Uhlasd volksl. 277;
hernach kam Stapbylus, der meister in dem saufen,
der kahle Botrus auch mit ganzem hellen bauten.
Opitz 1, 437;
Rom war nie besser auf, als wie die hohen sinnen
ein niedrig dach bewohnt: so balde sie beginnen
an schlechter einfalt klein und bawen grosz zu sein,
reist scband und Üppigkeit mit hellem haulen ein.
werke {Straszb. 1624) 231 ;
allein man schrie mit hellem häufen :
was denkt der thor von uusrer stadt?
Merk briefs. 1, lii ;
da kommt das ganze Städtchen
und feilscht und wirbt mit hellem häuf
ums allerlei im lädchen. GOthb I, 37.
nach dem hellen häufen bilden sich ähnliche formein: die ganze
helle bände der räuber. Bechstein märchenb. Hl;
die göltin {Venus) setzt sich auf
und fährt also davon : die helle zunft folgt drauf.
Fleüing 69, 36 Lappeub. ;
trottiren und stäuben zu nellen schaaren. Göthe 13,3;
sie möchten gerne mit hellen schaaren
aus ihren eignen häuten fahren, s. 51;
führen wir mit hellem beere
eilig zum ägäischen meere,
würd uns jede lust zu theil. 41, 135;
da harrten schon zum festlichen empfang
die frauen und der juugfraun helle schaar.
L"uLA5D ged. 379.
s) noch in anderer weise verläuft die bedeutung von hell 4
(sp. 963), so dasz der begriff des glanzes niciu mehr hervortritt ; es
gilt von färben, die sich dem weisz nähern : helle färben ; ein
helles blau, helles braun, v(jl. unten hellblau, hellbraun w. a.;
so helle wölken, weisze, im gegensatz zu schwarzen, dunkeln wölken:
wenn hoch obenhin
die hellen frühlingswolken ziebn. Uulaso ged. 36;
ein heller rock, ein helles kleid; die helle haut; die färbe
ihres haares war ein helles blond;
wandte sich weg, und streifte der baumwoll helle» gewirk ob
(den sirumpß.
Voss 1, 138 {Luise 3, 160);
sie \Nuscli sich heftig die äugen aus,
und helle
ward aug und gesiebt, und weisz und klar
stellt sich die schöne mQllerin dar. Göthi 1,216;
schwarze kleider machen die personen viel schmäler aus-
sehen, als helle. 52,20; das rothe ist verhältnismäszig gegen
das schwarze viel heller als das blaue. 117.
9) helle äugen {abweichend von oben 3, b), solche, die volle
Sehkraft haben, das licht aufzufassen vermögen, während i,egen-
sätzlich dazu dunkele äugen blöde, der sehkraß beraubte sind
(Ih. 2, 1534) :
ach war dein äuge helle! E. v. Kleist 1, 112;
und rieb die äugeichen sich hell. Gotter 1, 90.
10) hell in bezug auf erkenntnis und verstehen ; in mehrfacher
Wendung, und mit dem allgemeinen begriffe klar, deutlich.
a) er ist ein heller köpf, ein heller geist; er hat einen
hellen blick; ein helles äuge für die erfordernisse der zeit;
unter einem hellen köpfe denkt man sich das talent einer
lichtvollen , der fassungskraft des gemeinen Verstandes an-
gemessenen darstellung ahstracfer und gründlicher kenntnisse.
Käst 1,390; ich habe ihn als einen hellen forschenden mann
gekannt. Clacdids 5,138; er ist ein malhematiker und also
hartnäckig, ein heller geist und also ungläubig. Göthe 23, 221 ;
es war {meine frau) ein heller gast. Moser vcrm. sehr. 2, 33 ;
der mann wuszte noch nicht völlig wie schwer es sei mit
köpfen umzugehen, in denen es nicht hell ist. Siegfr. v. Lin-
denberg 1,96; als ich einen augenblick nachdachte, wurde es
auf einmal helle in meinem köpf. Lichtenberg 5 (1803) 172 ;
präs. damit nun der fürst im netz meiner familie bleibe, soll
mein Ferdinand die Milford heirathen • — ist ihm das helle?
Wurm, dasz mich die äugen beiszen. Schiller Aa6. «. //efie l, 5 ;
helle Verständigkeit und blinder glaube. AasmATOHen«'. 1,246;
rege und helle bedachtsamkeit. Niebuhr kl. sehr. 1,22;
und im geiste ward mirs helle. Rückert 289;
darumb ist es hell gnug, das Moses der Juden gesetzgeber
ist. und nicht der beiden. Luther 3,167'; denn der unter-
schied zwischen beiden dichtarten ist hell. J. Padl vorsch. d.
ästh. 2,89; das schöne bild seiner phantasie stand bald ganz
hell vor ihm, bald rückte es tief in den hinfergruud hinab.
TiECK 26,184; ein fieberkranker, ein irrsinniger hat helle augen-
blicke, in denen er klar denkt und versteht.
b) helle worte : damit er einen nebel und wölken macht,
das man diese helle wort nicht sehen solle. Luther 3, 61';
das er helle klare wort beide aus den äugen und obren
reiszen wil. 64*; es sollen dürre helle sprüche und text da
sein, die mit klarem verstand uns zwingen. 05"; hieszen das
sacrament nicht messe, sondern auf helle deudsch, ein opfer.
52"; da stehen unser helle, dürre, freie wort, on alles tun-
keln und mausen. 6,108"; dieses sind Pauli helle, gewisse
wort und klare sprüche. J. Jo.xas daselbst 383'; darumb hat
ein jeder fromer christ wichtige, nöthige, und helle Ursachen
gnug, das er dem bapst nicht gehorsam leiste, von der ge-
walt und oberkeil des bapsts, das. 527'; wie sy von uns ein
hall wort {bibelstelle) erfordrend, darinn stände man sol kinder
toufen. ZwiNGLi vom touf {Zürich 1525) nl'; nicht desz we-
niger haben wir helle beweisung in der schrift darvon.
Fischart bienk. so'; weil denn diese zeit von Weihnachten
an bisz daher die höchsten articul von Christi geburt, leiden,
sterben und auferstehung aus hellen und klaren texten sind
gehandelt. Schuppids 841; er glaubte den hellen wink des
Schicksals zu verstehen, das ihm durch Marianen die band
reichte, sich aus dem stockenden . . leben heraus zu reiszen.
Göthe 18, 46.
c) hell adverbial: s. Paulus . . spricht frei und helle. Ldtber
3,41*; der heilige geist kan fein hell, ordentlich und deut-
lich reden. 50"; das wir unsere christliche fieiheit verteidingen
und heiler verstehen. 5S"; hell, teutsch und klar genug.
B. Armati reitung der edlen teulschen hauptspr. D iiij ; eine hell
eingesehene Unmöglichkeit. Schiller 731; ich musz in dieser
Sache erst hell sehen, ehe ich urtheilen kann ;
ein jeder rür im selbst die schell,
so merkt er seine thorheit hell.
Fiscdart naclitrab 2916;
so viel aiphabet (druckboijen)
voll weisheil, hell erklärt, und keitenweis bewiesen,
jähr aus, jabr ein, gedruckt, und monatlich gepriesen.
Gbllibt 2, 54 ;
ich fühle klar und belle, was
mir ewig, ewig dunkel bleiben sollte.
ScuiixEB don Carlos 1,5;
du bist so weise?
willtt heller sehn als deine «dein Täter? Teil 2. 1
61*
967
HELL — IIELLDÄMMERUNG
HELLDUNKEL — HELLE
968
11) hell in bezug auf slimmung und genntt, soviii wie ruhig
klar und heiler: dnsz er seine beiden hände unter das Schurz-
fell steckte, und dieses lustig in die hohe schnelJIc, und uns
ungemein verschmitzt anhlicklc. ich henutzle und erhiilile
seine hellere slimmung. J. Paul herbstblum. 3, 81 ;
er ist nichi liciler. warum ist ers nicht? . . .
war er doch ein ganz andrer auf der reise 1
so ruhig liell ! so froli Lereilt ! Scuii.t.KR l'iccoloin. 3,1;
klärt eure finstcrn blicke auf, seid lieitcr
und hell heul alienti unter euren gasten! Stacbclh 3,5;
wie anders ist mirs nicht? wie heller seit der zeit?
GöTiiB 7, 75 ;
iheurer freund, du bist verliebt,
und dich quälen neue schmerzen;
dunkler wird es dir im köpf,
heller wird es dir im herzen. H. Heine 15, 1G"2.
auch von gesichl und minen , die die stimmuiuj uiderspicgcln :
seine finstern minen wurden helle.
12) hell im subslantiren gebrauch, es heiszl gewöhnlich das
helle, seltener und meist poelisch das hell : dasz zur erzeugnng
der farhe licht und finsternis, helles und dunkles . . gefordert
werde. Gütre 52,8; aus dem heilen ins dämmernde, s. 17;
das höchste nicht blendende helle wirkt neben dem völlig
dunkeln, s. 19;
der mond der hat alles ins helle gebracht,
der kirchliof er liegt wie am tage. 1, 229;
bitillich: doch lerne früh das lob entbehren,
das hier die Scheelsucht vorenthält,
gnug, wann versetzt in liöhre Sphären,
ein iiachkomm uns ins helle stellt! Lgssing 1,98;
ragten zerstreute gebäude aus ihrem stillen letzten hell in die
dunkle gegend. Dya Na Sore 2,324. — ohne artikel: wie sich
die nclzhaut gegen hell und dunkel verhall. Götiie 52, 19.
HELLAUF, das adverb auf mit vorgetretenem verstärkenden
hell (fio. 6 sp. 964). es wird betont hellauf, in adverbialer
Stellung: er jauchzte, jubelte, schrie, lachte hellauf; hellauf
leben, lustig, flott, tnil klang und sang. Schm. 2, 172 ; vergnügt
und hellauf. J. Gottiielf erzählg. 3,283; üi(c/t getrennt ge-
schrieben: Anne Marei war ganz hell auf, ja es tliat manch-
mal, als wolle es singen, schuldenb. 82. als zuruf: aber nun
hell auf, freund Hassan! in ein weinhaus zuerst! Schiller
Fiesko 2,15; hellauf Tyrol ! grüsz dich gott mein liebes herr-
liches Tyrol! Auerbach A. Ilofer 26. substantivisch: da luden
sie mich zum traulichen gastmahic und weideten sich an
meinem hellauf, wie ich mich an ihrer urdeutschen bidcr-
hcrzlichkeit. Sciiubahts leben und gesinnungen 2, 5.
IIELLAUFPLÄTSCHEKNÜ, part :
hellaufplätschernd klang ihr fall dort.
Scheffel trompetcr 117.
HELLAÜFSTRAHLEND, part.:
stiesz ihn ans hellaufslrahlendem glänze
täuschenden erdenglücks in die nacht endloser verzweillung.
Ptrker Tunis. 3, 375.
HELLÄUGIG, adj. mit glänzenden, strahlenden äugen ver-
sehen (hell 3,b sp. 963): der helläugige luchs. Fr. Müller
1,23; junge, frische helläugige dirnchen. 312.
HELLBANK, s. hüllbank.
HELLBELAUBT, pari.:
an hellbelaubten ästen. Voss 4, 193.
HELLBLAU, adj. coeruleum dilutunu. Fri.«ch l,44l'; die hell-
blauen bairischen uniformen ; hellblaue äugen.
HELLBLAUÄLGIG, adj.
klar auch blickt sie umher, aU hellblauftucigcs glückskind.
Voss 2, 110 (lUjll. t;, 124).
HELLBLAUGRAU, adj.: in seiner hellblaugraucn vollstän-
digen kleidung. Göthe 31, 225.
HELLBLINKEND, pari:
vom gomurmd au« den bächen,
die licllliliiikend um die höhn
grüner flnslcriiif, durch flächen,
ur und gärten wfiiiaernd gehn.
GOlting. musvnatm. 1777, ». 3;
dat wctterfahnchen, . . .
«0 »Ich, wie nur ein liiltrh«» wühtc,
hcllblinkcnd hin und her im mondiMiKclicinc drehte.
ALXI5CKH Itniilill 4, 75.
HELLBRAUN, adj. fmcum dilulius. Frisch 1,441*.
HKLLBUTT. m. plcuronecles hip^toglimus, ein plattfisch; das-
lelbf Uli: hcillinit ip. 823.
HELLDAMMEHUNG, ^; durch umringende hflldüunncrung
geblendet. J. Paul um löge 3, 17.
HELLDUNKEL, »i. dem framösischen clair-obscur nacligebildet :
das heildunkel, clair-ohscur, nennen wir die erscheinung
körperlicher gegenstände, wenn an denselben nur die wiikung
des lichtes und Schaltens betrachtet wird, im engern sinne
wird auch manchmal eine schatlcnpartie, welche durch rellexe
beleuchtet wird, so genannt. Götue 52,337; die Zaubereien
vom hclldunkel sind ihm {liufacl) fremd. Heinsk Ardingh.
2,25. ini nicht technisclien sinne: sie {die Schwärmerei) gewöhnt
ihr äuge an ein magisches helldunkel, worin ihm das volle
licht der Vernunft nach und nach unertriiglich wird. Wieland
3, 494 (411) ; das licht (der pliilosophie ist) viel zu helle, als dasz
es die blosz an helldunkel gewöhnten äugen der menschen
ertragen könnten. Klinger 5,398; nur wenn ein Schwärmer
auftritt, . . erhebt sie (die geschicIUe) sich über den zeitungs-
ton — dann nur springen kraft, leben und helldunkel her-
vor. 11,241; die gcschichte der Johanna von Orleans thut
eine gleiche wiikung, nur dasz sie in der entfernung meh-
rerer Jahrhunderte noch ein gewisses abenteuerliches hell-
dunkel gewinnt. Göthe 32, 176.
HELLDUNKEL, adj.: die netzhaut befindet sich bei dem,
was wir sehen heiszen, zu gleicher zeit in verschiedenen, ja
in entgegengesetzten zuständen, das höchste nicht blendende
helle wirkt neben dem völlig dunkeln, zugleich werden wir
alle mittelstnfen des heildunkeln und alle farbenbestimmungen
gewahr. Göthe 52,19; (in Leipzig, wo Christ) durch Vortrag
besser als durch seine heildunkeln Schriften wirkte. 37,86;
in den helldunkeln wald. J.Paul /cftcn fibcis 13; drauszen fand
er das dorf so voll dämmerung, dasz ihm war als steck er
selber wieder in der heildunkeln kinderzeit. flegelj. 1,57;
helldunkel sahn wir abendgewölk verglühn. Voss 3, 83.
HELLDURCHSICHTIG, adj.:
das fcrkel im helldurchsichtigen gallert.
Voss 2, 223 (Idyll. 13, 137).
HELLE, f., mhd. helle, in verschiedenen bedeutungen von hell.
1) nach hell 1, klarheil, durchdringende reinheü destones: die
helle ihrer stimme.
2) viel iifter nach bell 3, glänz, licht, in bezug auf sonne,
mond, feucr, tag, morgen: halle, claritas, claritudo Maaler 205*;
helle des tages serenitas diei Stieler 8S8; sternenhelle, astro-
rum jubar das. ; fenster . . . durch welche sie beides , helle
und wärme, empfingen. Sinip^ 2, 79 Kurz; dasz bei der auf-
lodernden helle unsere feinde sich einander beschauen. Hei.nb
12, 148;
von der helle des unbewölkten mondcs umgeben.
Klopstoce 6, 80;
drum rasch bei der mondlichen helle
ins bett, in das stroh, ins gestcllo. Göins I, 195;
des jungen morgens helle. Gotter I, 225.
auch in bezug auf anderes: die helle des wassers, limpitudo,
eines durchsichtigen dings, pellucidilas , eines glänzenden
dings, nitor, splendor Frisch 1,441*;
doch so verwirrte mich des blickes helle. Ublano gcd. 134;
herr Milon hatte sich gewandt,
sali staunend all die hello (des ktcinods im scliilde). 346.
3) bisweilen hat helle schwächere bedeiäung als licht:
aber du slcisrst, die ewigkeit durch, von stufe zu stufe,
stets von licllu zu licht, von frendc zu wonno I
Klopstock G, 10.
so die erste helle, der eben anbrechende morgen:
auch täglich schlich bei erster hello
aus einer lioiniliclien kapclle
ein Jüngling. L. II. v. Niculat grd. 1 (tT92) 131;
und durch die nacht zuckt Ungewisse helle.
SciiiLLKR Wdllenst. tod 5, 3.
4) helle, nach hell 10, klarheil in bezug auf erkennlnis und
verstehen: biegsainkeit der gedanken, helle im ausdruck. Hippel
6,191; er (COlhe) liebt in allen dingen helle und klarheil,
seihst im kleinen seiner politischen geschäfte. Sciiiii.er an
Kiirner 1,137; wir werden es aber mehrfach bestüligt linden,
dasz der norden alles gerne ins grausame, geheimnisvolle
und raihselhafte zieht, was in Deutschland mehr im kreis
der Wahrscheinlichkeit und historischen helle liegt. Gkrvinus
gesch. der deutschen dichtung 1,20; als der prinz AntiocIiUH
Kantemir . . seine erste satyrc wider den russischen pöbel,
der sich gegen die neue helle sperrte, ausgearbeitet hatte.
J. Paul biogr. brlusl. I, US.
5) helle, beim maier die partie eines gemdldes, die mehr lieht
iurückwirß , und <«<' h'.h-r,, „,„i i-i.iuifinn färben .n-malt i>i
Jacobsson 2, 2.M
969
HELLE — HELLEN
HELLEN
970
6) helle, beim goldschmied ein pulver um dem golde einen
erhöhten glänz zu geben. Jacobsson das.
7) helle, im forstwesen, der starke aßerschlag; untersehieden
vom zopßolze oder dem dünnen aperschlage. Adelung.
HELLE, f. s. hölle.
HELLEBARTE, f. l) harte mit einem heim, d.i. stiel, slich-
und hiebwaffc des 13. bis 17. jahrh. ; rergl. harte theil 1,1143.
die ursprfingliche form des tcortcs ist helmbnite (Lexer mhd.
würterb. 1,1241); dolabrum, belembait, helpait Dief. 1S9';
ich wil mit meiner helraparten
sclilahen, wunden und scharten, fasln. sp. 589,16;
diese form ist rersdiiedenarlig verändert: dann sie schliiegen in
die ross mit helnparicn. d. städleehr. 5,278,16; der vierd
steck oder stab den der tiifel einem mensciien dar stelt,
ist die breite liellenbart. Keisersberc bilg. 3S'; mit halla-
parten. N. Manüei. fasln. 361 Grüneisen; halliparten. 384; ich
erwülscht auch in des Myconii haus ein halleparlen. Th.
Plater 164; erwül«elit mein hallebarten. 165;
ir scharpfen halenharten. Liliemcrok fo/As/. 2, 25, 14;
den hellenbarten was so not,
damit sh'ig man si vast zu tod,
die armen und die riehen. 2,93,18;
vi! harnasch han wir und vi! pferd,
vil hallenbarten und auch schwcn.
kiaqred Itutlens Fiij;
wo hast dein hallenpart gelan,
dein läderhut und auch den tagen.
Ge!<gesbac[I gnuchm. 733 Göitctie.
als vorwiegende form hat sich hellebarte ergeben , wofür neuere
misbrdnchlich auch hellebarde schreiben: nim dein belleparten
auf dein achsel. Pauli schimpf 33* ; name ein hellebart in die
band. pREy garteng. 75'; halten auch den herzog selbsten
mit einer belleparten erschlagen. MiCRÄr jus a. P. 3, 459 ; wägen
mit piquen und belleparten. Böckler kricgsschule 564;
si brachten büchsen one zai,
TÜ hellebarten breit und smal,
von spieszen sach man ein walde.
LlLiENCRO« ro/ti/. 2,92';
herr Jörg ein edler riiter fest
stondt da mit seiner belleparten. Soltau 291 (i-. 1525) ;
die wache hält ihm an der schwelle
kreuzweis die hellebarden vor. Göibk 41,9;
zwei riesen schlafend lagen
wol vor dem säulenthor;
die hielten, ins kreuz geschlagen,
die hellebarden vor. Uhlasd ged. 408.
sprichwörllich ; vater, ich will bleiben und des endes erwarten,
und solte es auch belleparten regnen. Simpl. 2,54 Kurz;
weit lieber da, wos hellebarden regnet,
als hier im schimpf! Göthe das tagebnch 16.
2) hellebarte, eine schneckenart, slrombus pes pelicani, pelican-
fusz. Nemnich 4. 1387.
HELLEBARTENGATTER, n. gatler , an dem das ende der
Stangen nicht die gewöhnlichere flammenform, sondern die piken-
form hat. Jacobsson 6. 66'.
HELLEBARTENHIEB, m..-
dasz ein zweiter helleparthieb
euch die erste narb durchkreuzte.
Scheffel trompeler 192.
HELLEBARTENKRAUT, n. coronilla sccuridaca, beilkraut.
Nemsich.
HELLEBARTIERER, m. krieger der eine hellebarte führt:
wil er ein belleparten ffihrn,
l)edeut, dasz er ist ein bellpartirer. Gilhusiis 114;
einer von den hellcbardirern, ein junger frischer kerl. Simpl.
3. 282 Kurz.
HELLEN, verb. sonare, ahd. hellan, praet. hal. mhd. bellen,
prael. hal, nur im dllern nhd. noch fortlebend, im Jüngern zu
gunsten von Italien {rergl. sp. 232) untergegangen, soweit es nicht
dinleclisch noch fortlebt (bair. kdrnthn. hellen Schm. 2, 171. Lexer
13^1. die bedeutung ist verschiedenartig ausgebildet.
1) intransitiv klingen, tönen: /onarr hellen Dief. 587*; sonare
bellen 542"; resonare hellen 494';
wie jeder vor dem wald in bilt,
des glich im allzyi widerhilt. Braut narrensch. 69, 6.
2) transitiv erklingen , erschallen lassen, im folgenden belege
ist das wort, wie vielfach unten 3, in die schwache conjugation
übergetreten :
der gutzgauch frei
sein molodci
bellt über bcrg und liefe la' Fnt .v„ , n.; 573.
■3) hellen übereinstimmen, consenlire. es geht von der sinn-
lichen bedeutung 'die stimme gleich erschallen lassen' aus, und
findet sich dcmgemäsz auch zunächst.in den formein gleich bellen.
in ein hellen :
Michel Schonknecht, Hans Franke
gleich bullen mit dem klanke.
M. Bbhaim Wiener 12, 26 ;
wann die stat und die Aunsorgen gar ungelich bullen mit
ainander. d. slädtechron. 4,103,32; der hobest und kunig
Ludewig von Frankrieb hüllen gar in ein. 8,66,27. spiiter
ist dieser sinnliche hinlergrund vergessen, das wort wendet sich zur
schwachen conjugation und dehnt Iheilweise seinen stammvocal; es
lebt übrigens in dieser form lange fort, noch Moser braucht es: das
sy alle ins laster bälleten. Züricher bibel 1530 625* (tcnsA. 10, 5);
es ist nicht ein gemein mandat, so vom ganzen reich be-
willigt und auszgangen were. denn viel fürslen und stende
haben nicht darein gehehlet. Luther tischr. 301* ; wollen doch
Danielis gesellen in ires königes abgöttisch gebot nicht belen
oder willigen. Matoes. Sar. 83"; damit sie nit mit dein volke
belleten , und dem zu willen wurden. S. Frank chron. 299* ;
di {die amtieute) nnterwundent etlich pursliit in Appenzell
bert ze halten , von der vergangnen pündtnus wegen, die
darinnen gehellet haltend. Tschudi 1, 610; schuhen die schuld
uff etlich der raten, die inen gehellet haltend. 626; in des
gegentheil protestalion gehehlen. Wirzb. landger. Ordnung v.
1618, bei ScHM. 2,171; wo man sich darauf verlassen mochte,
dasz dasjenige, worin alle geheelten, dem gemeinen wesen
nicht sonderlich schädlich sein mochte. Moser patr. phant.
2 (1798) 194.
HELLEN, verb. hell machen und hell werden; mhd. hellen
nur in letzterer bedeutung (Lexer wb. l, 1236).
1) transitiv, hell machen, erhellen, erleuchten; belege erst aus
der 2. hälfte des vorigen Jahrhunderts, wo das worl dichterisch an
stelle des altern aufliellen, erhellen erscheint:
dem blicke gehellt bis zum kiesel ist {der ström).
Klopstock 2, 89 ;
sein geist stand jetzt vor dem richter, besann sich
kaum noch, was jene wölken, von vollem monde gehellet,
wären, was wäre jenes gestirn, so die wölken ihm hellte.
6,20;
helle den rasen, lieber glühwurm, helle
diese wankenden blumen. IIöltt 1(MJ Halm;
{der morgen) hellte des alkovs grüne gardinen.
Voss 1, 77 (Luise 2, 3);
ein fernes hirtenfeuer,
am grauen flchtenhain,
hellt matt der dämmrung schleier,
wie leichenfackelschein. Mattutsson ged. 121 ;
bestrahlt die düstern eiben
der kleinen meierei,
und hellt die bunten Scheiben
der gothischen abtei. 142;
heflte die nacht, und warf urschnell forlrollenden Schimmer
über die schwankende flulh des raeers. Ptbker Tunis. 5,57.
übertragen nach hell 10 (sp. 966) :
nacht deckt die zukoinft; aber es hellt aucb wohl
ein wenig schimmer halb das verborgene. Klopstocic 7,33;
und gab es dunkle stellen,
SO ruf den Amor her!
der wird den sinn uns hellen.'
ein kleiner Brunk ist er!
Klader Schmidt neue poel. briefe 93;
die zeit mag was wir fürchten, hellen.
Slwkesp. Cymbetine 4, 3,
all olher doubts by tirae let them be clear'd.
nach hell 11 {sp. 966) in bezug auf gefühl und Stimmung, sowie
deren ausdruck:
und doch lockt ihm das haar die Schönheit,
hellt ihm mit lächeln den blick. Klopstock 2, 49;
göttliches lächeln
tirn. 3.190;
hellte die seeljge stirn.
helle deinen ihränenblick! IföLTi 141 Halm;
und verklärend bellte des bessern lebens
holTnung ihr äuge. Mattuisso:« ged. 8;
phantasie! mit deinem roscnglanze
helle zauberisch der wehmuih flor. 148.
2) hellen, reflexiv :
nun hellt sich der morgen, die well ist so weit. Göthb S, 4:
wenn Jehovahs
wolkiger thron aus der nacht sich hellet. Voss 3, 3;
jugendlich hellt sich des greises
Mirk und dankt! Klopstock 1,257;
971
HELLEN — HELLER
HELLERBEUTEL — HELLGLÄNZEND 972
hellet der kennenden blick lächelnd dem sclinuenden sich,
«euu sein gesang sich von ihr (der Schönheit) trunken ergicszt.
', 10;
zermalmt linht ihr die fremden horden,
doch innen hat sich nichts gehellt
und freie seid ihr nicht geworden. Uhland ged. 92.
3) hellen, intransitiv, hell werden: hellen pro hell werden,
clarere, lucescere, diescere Stieler 888 ;
welch feuriges wunder verklärt uns die wellen,
die gegeneinander sich funkelnd zerschellen'^
so leucbtets und schwanket und hellet hinan.
GöTHE 41, 178.
4) hellen, technisch bei den goldfchmieden , das gold helle
sieden {vergl. helle 6, .</i. 969): wenn nämlich das gold .. noch
eine schönere färbe bekommen soll, so niusz man es noch
weiter hellen, A. i. heller an färbe sieden. Jacobsson 2, 25l'.
HELLEN, vcrb. neigen; assimilierte form von hülden sp. 222.
vergi. uulen helling 2, und liclhveg 2.
HELLEiNDE, n. das dünnere ende eines baumstammes ; vergl.
helle 7.
HELLER, «J. obolus; die seit dem 15. Jahrhundert gebräuch-
liclie umgelaulele form für haller, sp. 234, die sich immer mehr
festgesetzt und auch die Schreibung liüller verdrängt hat. über
die müme selbst und ihren eigentlichen wert rcrgl. a. a. o., aus-
gifrägt wurde sie bis auf unsere zeit mehrfach , z. h. in dem
ehemaligen kurhessmhen gebiet, ihr name war und ist noch
jetzt in sprichwörtlichen redensarten viel gebraucht, so dient heller
ah bezeichnung des kleinen, geringen: eins hellers wert nit
lassen. Aimon bog. b; wir achten sein trauen nicht eins
heliers wert. bog. e; welchen Verlust ich doch nicht dreier
heller wehrt schätzte. Simpl. 3,22 Kurz; da hätte ich vor
mein leben nicht drei heller gegeben. Cur. Weise erzn. 69 ;
nur ich empfange keinen heller davon. Kotzebue dram. sp.
3,315; dieser trunk, der einer kaiserlichen tafei wohl ge-
standen hätte, kostete ihn keinen heller. Grimm deutsclie sagen
I, no. 15; namentlich in der Verstärkung rother heller, weil von
kupfer ausgeprägt: obgleich einmal drei lustige Studenten auf
einer reise keinen rothen heller mehr in der tasche hatten.
Hebel 2 (1S53) 59; es hat mir vergnügen gemacht, dasz
mein köpf bei euch noch etwas gilt, denn ich kann euch
versichern , für den eurigen güb ich keinen rothen heller.
108; dafür blutiger heller: keinen blutigen heller im leben
hatte ich. Schelmufsky 1,154;
kein heller in die apotecken ich geben wil.
fasln, sp. 217, 24;
all trost sliend {stand) auf sein grosz geschütz,
es war im nit ains hellers nutz.
SoLTAü volksl. 371 (von 1547).
bis zum letzten heller, bis zum äuszersten , vollständig: ich
sage dir, warlich, du wirst nicht von dannen eraus komen,
bis du auch den letzten heller bezallest. Mallh. 5,20; da
wird .. auf den nehesten heller alles wider gefodcrt, und
keine strafe nachgelassen. Lutber 3,233'; bezahlte bis auf
den letzten heller. Lessing 1,220;
dann sollt ihr mir sagen, ein treuer wardein,
wie viel ich wohl wenh bis zum heller mag sein?
BÖRCEB oC;
zusammenäellung von heller und pfenning : welches ich jetzt,
da alles durch meine bände gegangen, tjci heller tmd pfcnnig
berechnen kann. SciiruER an Götlie 23fl; wie wir nun auch
die gemeine baarschafl bei heller und pfcnnig zusammen-
zählen mochten, kamen doch niemals mehr als drei rcichs-
thalcr heraus. Hiehl cuUurgesch. nov. 309;
hat er dann ohn geld «ein bcgierd,
ihn beidn heller noch pfennig wird.
Opel m. Cook 400, HO.
anderes fprichwörlUches. würfe der ain heller auf ainen, doch
es Helen zween wider herab (so viel glück hat er). S. F'rank
paradoxa 29; es ist ein b<iser iicller, der einem ein pfund
schadet. Keisersberc bei Frisch l,44l'; zween bOse heller
linden sich gemeiniglich in einem beute!. Otiio 005; er hübe
nicht einen heller um den andern auf. Schottel 1121*; wer
einen heller erbet, musz einen thalcr bezahlen. Pistorius
Ihei. par. 3, 87 ; heller stehe auf, und lasz den kreuzer niedcr-
silzen, quum %i» namu, cede, da locum meliori. Serz 06^ wer
auf keinen heller siebt , kommt auf keinen kreuzer, ntajora
perdtt , parva ni tervaveris. dat.; viel heller machen auch
geld; ein ungerechter beller friszt einen thalcr; es ist ein
guter heller, »n einen (haier bringt; wer zum heller gemünzt
ist. wird iilt crotichen;
wer den heller nicht ehrt,
ist des guldens nicht werth. Simrock sp-ichw. 240;
er (der dichter) ist reicher als die . . goldgcwaltigen der weit,
wenn auch in seiner tasclic oftmals der pfennig mit dem
heller betrüblich hochzcit feiert. Scheffel Ekkeli. (1855) 345.
seine drei heller mit dazu geben, als bUd für die thcilnahme
an einer ratschlagung : du lieber golt, wie viel mahl musz er
bei richter und schöppcn seine drei heller mit dazu geben,
wenn sie sich nicht aus dem hanfc finden können oder sonst
was necksches fürgangen. ScHocn stud. leben D iij.
iieller für münze oder geld überhaupt (wie hallcr, sp. 234) :
gott der geh euch (eincyn jungen ehepaare) brod und heller,
kleider, gahrten, horr und haiisz,
er gesegn euch küch und keller . . . Rist l'arn. 785.
HELLERBEUTEL, »i.;
das quinilein salfran tregcst du
in einem hällerbcutel wol. H. Sachs 5, 350*.
HELLERBIRNE, f. eine längliche, nicht gar grosn frühbirne.
Nemnich.
HELLERFUNSE, f. geringe lampe (vergl. funse):
du wurdest jederzeit vor andern wohl empfangen,
wir steckten fremden nur die hellerfuntzen an ;
dir aber muste stets der tisch mit kerzen prangen.
GiiMHER 1100.
HELLERHURE, f. meretrix Iriobolaris, quadranlaria. Stie-
I.ER ^34.
HELLER KRAUT, n. obolaria. Nemnich.
HELLERLEIN, n. aercolus, uncia. Stieler 738.
IIELLERLEUCHTET, part.: hellerleuchteter saal. Klinger
3,251; eine hellerleuchtete wölke. 10,194.
HELLBHlLICHT, n. licht für einen heller, geriüges licht: die
ungeistlichen geistlichen, leuchtend wie das grOste heller-
liclit mitten in den hundstagen. v. Butschkv Palm. 284; wan
so ein schwarz haar pechfackerl auf eim liebäugeln, so mögt
man ja für liebsangst anbrinnen wie ein hallcrlichtl. Schwabe
lintcnf. Bl'.
HELLERLICHT, adj. s. hellicht.
HELLERMANN, m. moechus, scortalor, ein hurer. Math, bei
Frisch l, 44l'.
HELLERSWERTH, adj. :
und fürwahr nicht hellerswerth verloren
hat an mich das goldheschwerte glück. ü6iger OSV
HELLERTÖNEND, pari. :
herolde mit hellertönender stimme. Stolberg 11,02.
HELLERWAGEN, m. geringer wagen, vehiculum vilius. Frisch
1,441'.
HELLERWEISE, adv. : so will ich . . ihr die kriegskosten
wieder abjagen, müszt ich sie umkehren und Ihr den betrag
hellerweise aus den laschen herausschütteln. H.v. Kleist
Käthchen v. Heilbr. 3, 2.
HELLERZINS, «i. zins der von krämcrn , laden, brotbdnken
u. s. w. als Standgeld gegeben wird. Frisch 1, 44l'.
HELLFARBIG, adj. : hellfarbige kleider; hellfarbige mauern ;
die däinoncn in euren fabliaux und zauberromanen, wie hell-
farbig und besonders wie reinlich sind sie in vergleichung
mit unserer grauen und sehr oft unfläthigen geisterkanaille.
H. Heine 5, 50.
HELLFRISCH, adj.:
ich hab ein licbchcn lieb recht von herzen,
helllrische äugen hats wie zwei kerzen.
EicHKNDORFr ged, 258.
HELLFUCHS, «i. pferd von heller fuchsfarbe.
HELLGEAUGT, part.:
zum chor der hellgeaugten cherubim.
Sliakesp. kiiufmitiin von Venedig b, I,
still quiring to the joung-ey'd chorubins.
HELLGEFORMT, part.:
der hcllgeformie Widerschein. Krockis 7, 290.
HELLGELB, adj.: (das meer hat) tiefen lehmboden auf-
gchUuft. er ist hellgelb und leicht zu verarbeiten. GOrnB
27,179; die blondine hat zu violett und hellgelb, die brünette
zu blau und gelbrolh neigung. 53,334.
HELLGESCHLIFFEN, part. :
ah mit neuem volk
und htillgCftnlililTnen waffen könig Suono,
Norwegen« horrschor, auf den knmpflilaiz trat.
ScilILLKH Mdclirlh I, 2.
HELLGLÄNZEND, part.: die hellplilnziMide sonne. Simpl.
2, 79 Kurz;
doch mit liclIglAiiiendem pnnicr
itlog welihelt wieder von d«m hlmmel. Qoni« 1, 4S0.
973
HELLGOLDEN — HELLIG
HELLIG— HELLIGKEIT
974
HELLGOLDEN, adj.:
erschlossen ist des bimmels stille pracbt;
hellgoldne schwingen tragen mich hinauf.
H. H£i!*E 16, 60.
HELLGRAU, adj.:
den einen münch graw wie ein spatz,
den andern hellgraw wie ein katz.
Fischart r. S. Dominici 782 Kurz.
HELLGRÜM, adj. viride pallens. Frisch 1,441; als icli ..
auf den gondelrändern die gondoliere, leicht schwebend, bunt-
bekleidet , rudernd betrachtete , wie sie auf der hellgrünen
fläche sich in der blauen luft zeichneten. Göthe 27,135;
noch wuchert, voliierhalter, dir
lieligrünes elchenlaub. Voss 3, 26.
HELLHAFEN, s. höllhafen.
HELLHAUFE, m. für heller häufe, sp. 965: ob disem gleich
der ganze helihaufeder grammaticorum wiederspricht. Schlp-
pios 413.
HELLHEIT, f. claritas.
HELLIG, adj. und adv. l) müde, matt, mhd. hellic, hellec;
uol der nachte verwandle zu dem sp. 159 aufgeführten, meist
niederdeutschen hahl oder hähl, düir, trocken, denn es bezeichnet
in den dialecten, wo es noch lebt, die körperliche abspannung durch
hunger und durst; Schweiz, hellig, hällig kraftlos, lechzend,
helliger hunger, lechzender Staider 2, 37 ; elsässisch hellig vde
im magen; schwäb. ballig, hellig, höllig lechzend, matt Schmid
25S ; bair. hellig , müde, abgemattet, mit leerem. Müdem magen,
Imngrig und durstig SciiM. 2,172; fränkisch hellig malt, an der
Eifel haliig trocken im hahe Fromm. 6, 15 ; hess. helch und
hclk, ton hitze und durst abgemattet, dürr, welk Vilmar 163;
dar. heilig trocken, durstig, auch bei Luther : unser deudscher
teufel wird ein guter weinsehlauch sein, und mus Sauf heiszen,
das er so dürstig und hellig ist, der mit so groszcn saufen
weins und biers nicht kan gekület werden. 6,163"; nd. hellig
ausgedörrt von der kehle und vom erdboden Schambach 7S';
hellig durstig Ricuey 93. die ältere scitriflsprache bis ins 18.;/».
braucht das wort oft, und vielfach mit müde verbunden: zum
driten musz er haben etwas, das in sterk und kreftig, und
daran er sich erlaben raüg, wenn er hellig, hungerig und
durstig ist, und swach oder müd syg worden uff dem weg.
Keisersberc bilg. 16'; wenn er was abkumen und müd wor-
den, darzu hellig vom gon. postill 2,56'; wir kommen also
gemüdigt, höllig und aller freuden losz. Wirsüsg Calislus 2;
disz Volk mäsz allzeit zu saufen haben, sunst ist es hellig
und nicht werd, voll seindt sy aber gut kriegsleüt. Frank
weltb. 43'; damit warn die Rhömer betobt, und hellig ge-
raachet , dj sy die statt nicht lenger mochten aufhalten.
chronica 160*; lieber halt doch, und lauf dich nicht so
hellig. Jer. 2,25; wenn nun doctor Luther sich müde und
hellig gearbeit, war er am tische frölich. Matbesius Luther
146; Abraham, als er von der Schlacht der künigen wider-
keert, was er hellig und müd. Zwingli 1, 511; si hettind
uff den tag sig und eeren gnug ingelegt, wärind auch müd
und hellig, und stundi ir ding wol. Tschddi 2,423; hellig
und müd, lassus Maaler 218*; da nun könig Ludwig solchen
groszen sieg erlangete, sein volk, das den ganzen tag ge-
stritten, sich abgezabelt hatte, scblemig (abgespannt), hungerig
und hellig war, schuf er, dasz man das volk auf der wahl-
statt mit essen und trinken labet. Ave.^tix chron. 487; wie-
wol sie von schlegen , hunger und marter hellig waren.
b. d. liebe 217'; der weite weg . . halte ilns hungerig und
hellig gemacht. Simp/. 2, 53 Kurz; einen trunk, damit er sein
hellig herz erquikke und seine dürre zunge netze, ped. schul-
fuchs 240; (den wein) den er mit seinem guten freunde als
von der jagd ermüdete, hellig und durstige begierig ein-
scbluckte. irrgarten 114; man sah, dasz sie recht hellig war.
Hermes Soph. reisen i, 092; essen und trinken hatten sie auch
nötig, wollten sie nicht höllig zur ruh aufs stroh gehen.
Et harzmärchenbuch 189;
der held ganz müd und bellig was. Theuerdank 86, 18;
gieng daher heiig, mtid und scbwacb. H. Sachs 2,4,40*;
mein berr, ich bin so müd und hellig. 3,2,28';
und werden heilig, müdt und madt. 231«;
wann ich bin gar müdt, matt und hellig. 3, 3,26';
weil sie müssen zu fuszen laufen,
so werden sie müd, matt und heilig. 5,241*;
dasz wir, von der reis und der schlacht
bellig, hungrig und müdt gemacht,
uns ein wenig wider erquicken.
J. ArtiB 122' (617, 11 Kelter).
2) 01« der vorigen bedeuiung hat sich auch bisweilen die schwie-
rig, aufsäizig , böse ergeben: so würdestu ee schellig und
hellig denn heilig, und würdest ee zu einem narren, dann
dj du lügend überkompst. Keisersbebg bilg. 56'; ward das
volk aber hellig und unwillig. Frank weltb. 162'; ob schon
der scorpion am hiramel versalzt und unter die sterne ge-
rechnet ist, so behält er doch seine boshafligkeit : ja, sie
ist allda vil helliger, als wenn er alhir auf erden wehre,
denn also streckt sich seine vergifte kraft weiter und breiler
über die erden aus. Bltscusy Palm. 872. heilich in der graf-
schaft Mark wird (neben heik) von geplagten thieren gebraucht, die
wütend werden oder ausreiszen. Fromm. 5, 358. vgl. heiliglichen.
HELLIG, adj. und adv. laut, hallend, Weiterbildung von hell
1, sp. 961: hellig, sonilus, sonosus, vulg. lut vast loc. ine. theut.
\ i' ; so geht denn auch die sage: dasz Hans Joggi und sein
Anne Marei, nebst zwei andern weibern, die sie aufgeladen
auf dem heimweg, haupt hellige gesungen hätten, dasz es
den zaunstecken thränen ausgetrieben. J. Gotthelf schuldenb.
145. in Baiern heiszt hellig geständig, zugestanden, auch offen-
bar: ein helligs wunder; das hellig bluet. Schm. 2, 172; ebenso
in Hessen : hellig schön. Vilmar 163, berührt sicti also dem
sinne nach mit hell 6 sp. 964. rg/. anhellig, einhellig und unten
helligen.
HELLIGEN, verb., mhd. beilegen und hellen (Lexer wb.
1,1233. 1236), plagen, peinigen, zunächst von hunger und durst :
der wolf spricIU zum hund warum bistu so dürr worden von
megry (magerkeit)'! als mich bedunkt, so helligt dich der
hunger, so dein herr als übrig karg ist. STEi.NHöwEL(t4S7) 56;
dann auch allgemeinermüde, abgemattet machen, quälen: hellgen,
müdmachen, fatigare M.iALER 21&'; sich selbs mit sinnen
hellgen, agitare secum. das.; also das ihn der flusz des bluttes
helliget und blüde machet , so gebürt dir das bifit zu ver-
stellen. H. Braunschweig chirurgia (1539) 17 ; als die ersten
yehent (sagen) die da wasser und brot nieszen, dasz sie da-
durch gehelliget und geblödiget werden, das ire gelider vonn
natürlicher kraft kummen. 34 ; (er soll) under solchem schein
den feind . . lang aufziehen, und zuletzt in helligen. Fronsperg
kriegsb. 1, 176'. endlich geht helligen in den sinn über belästigen,
stören: das gericht helligen, vergl. Haltaos S77; item man
sali niemantz in der puuten zu Remych , in der moellen zu
Beche, noch in der sieben scheffen huszer kcemeren, ayn-
griffen, heyigen noch phenden. weisth. 2, 244 (Obermosel v. 1477);
woraus sich die bedeutung vexieren, foppen entwickelt : dasz diese
Unterhandlung vergebenlich und unfruchtbar wäre und sich
zu beederseits nur damit aufzügen und heiligten. Baumgärtner
in Melanchthons opp. ed. Bretschneider 2, 367 ; eine bedeutung,
die schweizerisch helgen , helken (Stalder 2, 37) noch bewaht.
s. helken oben sp. 961, und vergl. ausheiligen (l, 886, wo als
bedeutung aushungern anzunehmen ist), behelligen ; abbelligen,
durch anstrengung und mangel an nainung zu gründe richten,
und erhelligen, ermatten, bringt Schm. 2, 173 bei.
Auf ein intransitives helligen , viüde, maU werden, wird hin-
gewiesen durch das in der Eifler rnundart vorkommende balgen,
bei groszer ermüdung schnell den athem ziehen Fromm. 6, 15,
sowie die nassauische Weiterbildung hellgern, hullgern, kränkeln,
und sich dabei bald da bald dorthin setzen. Keurein 193.
HELLIGEN, verb. einhellig werden, einwilligen (vgl. oben das
zweite hellig auf dieser spalte und die begriffseutwickelung von
hellen 3 sp. 970): und nach viel unterreden, und sonderlich
des sacraments, unsers herrn Jhesu Christu leib und blut
halben (darin ich sie fast verdächtig gehabt hatte) fand ich
sie (die Waldenser) .. im gründe mit uns helligen, und gleu-
ben, das im sacrament der wahrhaftige leib und blut Christi
empfangen werde. Luther 6,113"; dasz Pfalz, Brandenburg
und Jülich, so auf jenem theil saszen, mit uns zu stimmen
helligen würden. Melanchthon opp. 4, 83 Bretschneider.
HELLIGKEIT, f lux, serenitas, claritas. Dasvp. ; die hällig-
keit der sonne, solis claritas Steinbach 1,670; die helligkeit
an einem klaren himniel bei Sonnenaufgang dicht um die
sonne herum oder vor der sonne her, kann so grosz sein,
dasz wir sie kaum ertragen können. Göthe 52,368; vor-
züglich trugen grosze Spiegelscheiben das ihrige zu einer
vollkommenen helligkeit bei, die in dem alten hause . . ge-
fehlt halte. 24,41.
HELLIGKEIT,/", mühe, beschwernis: des (rerreniens) zaichen
seind au etlichen enden ungemainliche höhung und an andern
enden helligkeit und schmerzen des bewegens. H.Bracnscbweig
Chirurg. (1539) 107.
975
HELLIGKEIT— HELLSILBERN
HELLSONNIG — HELM
976
HELLIGKEIT, f., s. ein-, iiiis-liL-lligkeit.
HELIJGLICHEN, adv. schwierig {vgl. hellig 2 sp. 974) : wurt
aiiier gestochen inn den leih, ilas ist gar helleiilichen zu
juilicieren ob es ain tüdiiche wund sei, oder ob sie grosz
oder klain sei. H. Biiaunsciiweic chiruig. (lS3it) 9 ; und gar
heiliglichen mit (einer koitfwinitlv) uuib zu geen ist. 37.
HELLING, «1. 1) die asüriiiliciie furm von helbling (.tp. 93ü),
lialbpfenuing , viillel- und niedeideulscli. der wert des hellings
und des hellers ist der gleiche, verwecfisclungen kumtnen daher
vor: hallensis ein hellincii, vocahular der rilleracadentie zu Litne-
burg von 14S8 (luindschnftl.), MSS. 82. ein jielling seinniel,
et;i kleines semmelbrol in einer reihe semmein (zum preise eines
hellings). Jacoüsson 2, 197*.
2) helling im Schiffbau: die helJinge d. h. unterlagen au!
denen die schilTe erbaut werden. Weserzeihtng 1S54 nv.'A.uo.
geuöhnlich zusammengezogen beigen genannt; tc/ Jacoiisson C,(j()'
hellung. da diese unterläge sich ins wasser neigt, so ist wol
Zusammenhang mit lieldeu, liülden [sp. gnö. 222) anzunelwien.
3) lielling, fimmel, ßmtnelhunf. Nemnich.
HELLKALT, adj. hell und kalt, vom himmel und weiter: ein
hellkalter winlertag; mislicb ist allerdings die zeit und iieii-
kait für die religion. J. Paul ddmvi. 147.
HELLKLINGEND, pari. :
nachts tönt Rhodope rings vom geklirr hclIkÜDgenden erzes.
Voss üviä no. 30, lü7.
HELLKHEISCHEND, pari. :
ilaim in diis uaclispiel tönet nach lust hellkreischender jubcl,
eigenes erntegelöii. Voss 2, 89 {liiijll. 5, 144).
HELLKUCHEN. -KÜCHLEIN, s. hollkuchen, -küchlein.
HELLLEUCHTEND, part. :
sich ! von des kuaben scheitel quillt
hellleuchteud eine feiierflocke.
Schiller Zerstörung von Troja 115.
HELLLICHT, adj. ganz, durchaus licht. Fromm. 1, 231, mit
der veiterbildung helllicliterloh. in Düringen und Obersachsen
bellerlichterloh.
HELLPFEIFE, f. beitn Orgelbauer eine offene flölenstimme von
acht fuaz ton. Jacobsson 2,252*.
HELLHOTH, adj.: eine hellrothe färbe; hellrother lack.
Jacoussok (i. 6g'; mein begleiter enöthete tiefer, je näher er
trat; seine wangen liefen vom hellrotben ins dunkelroihe ..
an. Hauff mrm. d. sal. 2, s. 138.
HELLSCHI.MMERND. part. :
doch wo die Isar im laur, hcllscbimmernd , München ereilet.
PfRKER Twiis. 3, 90.
HELLSCH HEIER, m. loxia pyrrhula, dompfaff. Nemnich 3,455.
HELLSEHEN, n. das klar und deuUick sehen (vcrgl. hell 10
sj>. 9<i6); auch das niciU natürliche sehen verborgener dinge: dabei
bin ich mit einem wunderbaren bellsehen begabt, was mir
die gedanken einnimmt, sehe ich einen wald, so wird mein
geist auch alle basen und hirsche gewahr, die drin herum-
springen, und hör ich die nachtigall, so weisz ich gleich was
der kalte mord an ihr verschuldet hat. Bettine iru/e 1,223.
HELLSEHEND, part.: l) klar, deutlicli erkennend: der von
naiur hellseiiendste und bestgearlele mensch. Garve anm.
zu Cie. de off. 2, st ; die hellsehenden waren so ehrlich, sich
dies selbst zu sagen. Gküvinus yMc/i. J« 19. ja/ir/i. 1,34; sich
mit hellsehenden äugen in eine gefahr stürzend. Klincer
1, 434.
2) mit der gäbe des (magnelisclien) hellsehens ausgerüstet.
HELLSEHER, m. l) nach hellsehend 1, der etwas klar und
deutlich erlu:nnt und beurtheill.
2) nach hellsehend 2: ich kan auch erkennen, fuhr dieser
hellscher fort, ob man ein gesunde» oder krankes herz habe?
ob es gelbe von neid oder schwarz von bösen thaten sei?
GoTTscHLiNC B. Gfactant crilicon, aus der franz. spräche in die
teulsche über». (I7t0) 3, 103.
HELLSEHEREI, f.: bring ich ihn {den leser) ungKlcklicher-
weise in jene liistorische liellseheroi, wo er nichts mehr
hört und siebt, als meine mit ihm in rapport gesetzte per-
»onen. J. |»au(. fletp. J, 90.
HELLSEHERIN, /. ; in den stuhen umher saszcn und
schliefen sechs bis sieben hellseherinnen , ich wurde mit
''"" " "I 1 "'i'orl gesetzt und erhielt die wichtigsten auf-
die geheimsten dinge. IMMi{RNA^N Miinchh.2,ii2.
' NG, f. das hellidun.
llhLL.MLIlKRN. adj.:
■la b(.t di« iiriiizi-miliiii ein ftpri-lrlitin r.u
aU4 llireiu liitllij'l ' •'-'f, jIk,, ,) ,, , , •■ ;■
HELLSONNIG, adj.: süszes stilles helUonniges morgen-
land! Heine 12, 07.
HELLSTIMMIG, adj.: wolgelahiter, vielgescliwinder und
hellslimmiger niester Lollinger, leiuwebcr und mestersänger.
A. Gbyphius 1098 1, 719;
tliörichler schwSizer Thersites, obgleich hellslimmiger redner!
ltia$ 2, 240.
HELLSTRAHLEND, pari.:
ein Hellt, aus meinem geist hellstralend ausgellüssen.
Gellkbt 2, 54 ;
er schätzte sie höher als zeptcr und krön,
und iiöher als seinen hellstruhlunden thron.
UiJRGKR 33' (s. 35* ijeireunl liell strahlenden).
HELLUNG, f. in mehrfachem sinne.
1) laut, inhalt: nach hcllunge des briefs. Mone Zeitschrift
17, 337 {von 1384).
2) erleuchtung: gibt man demselben (dem räume) aber die
erforderliche heilung. Göthe 43, 330.
3) gewöhnlich wie helle, licht, hclligkeit: weil die natur hin
und wieder in die winkel ganze felsen von cryslall, diamanten
luid carfunklen geordnet, so die hellung und heitere hinunter
(in die see) fertigten. Simpl. 2,79 Kurz; in dem diistern ge-
wölbc gab das tageslicht durch einen eingang so viel hel-
lung, dasz ... MüsÄus 1,21; deren zweite Öffnung, ehe wir
sie sahen, durch hineinleuchtende heilung verrafhen ward.
Stolberg 0,21; dein geist greift durch dunkle zukunft nach
hellnng. Ki.inger Iheater 4, IHb ; lichter und lanipen brannten
und eine ganz unendliche heilung umgab sie (Ollilien). Götuk
17,274; der himmel stand voller steine, und die hellnng war
sehr grosz. 34. 93; man sieht vor lauter bellung keinen korper.
54, 74 ; dasz die verschiedenen färben des spectrums an bel-
lung ungleich sind. 59,100;
wir fanden uns bei allzugroszer hellung
in sehr gedrängter unbequemer Stellung. 41,253;
von des tages erster hellung
bis zum letzten abcndstral. ROckert ges. ged. 1,379.
4) bellung für helling, 5. d.
HELLWEG, m. i) mhd. helwec, hellewec landslrasze, heer-
weg , in Westfalen (ursprünglich der weg, auf dem die leiehen
gefahren wurden , vcrgl. viylhol. 701) : wie weit ein gemeiner
hellweg mit zeunen und graben zu reumen sei? der soll so
weit und so breit sein, dasz ein mann mit einem wescbaum
zwerch dadurch reiten kann. «mZ/j. 3, lOG; die crbaltung der
wcge, bei der man die alten unterschiede von künigsslraszen,
helwcgen, jochwegen etc. fallen liesz. Stüve ucien «. rtT/". 132 ;
so habe ich damals anno zwölf die ganze nis.<ische armee
über den hellweg ziehen sehen. Immermann Münchh. 4, 15.
2) ein auf der seile abhängig gemachler weg, damit das wasser
ablaufen könne {für heldweg, vgl. hälden «. beiden sp. 222. 935).
Adelung.
HELLWEISZ, adj. : heiivveisze färbe, scbneeweisz, ist die
eigentliche reine weisze färbe, ohne beimischung einer an-
dern. Jacousson G, Cü'.
HELLWEIT, adj.:
da Most; es oben blau daher
hoch iibenn alten ocean,
und zwischen ward hellweite bahn,
diu nunnt der schopTer aller weit
den himmel. Hkhukr zur stliön. litt. 4, 99.
HELM , ni. galea, cassis. golh. hilm-s, ahd. mhd. alls. ags.
heim, alln. hialm-r, medialbildung zu würzet hal bergen, lieläen,
mit der allgemeinen bedeutung bergender, schützender. heim,
galea, cassis, et dicitur quasi tegens caput. voc. ine. Iheut. i 4*.
1) beliii, der alleinheimische kopflheil der ritterlichen rüstung,
unterschieden von der gemeinern baube (spalte 503). i« dieser
bedeutung lebt das wort eigentlich im aiillelalter bis ins \'.jahrh.
hinein, wo die suche untergclU, und der name nur in bezug auf
gewesenes fortlebt; bis im l{). jahrh. die preiiszifche armee den
beim in geänderter form, aU kopfbcdeckung der Soldaten, unter
der alten beseirhnung wieder einführt, auszerdcm ist äds wort
auf die antike kopfrü.'itiing bezogen.
Per heim ist ehern, eisern, sLIhlern : hatte ein ehern heim
auf seinem hcubt, und ein schttppicht panzer an. iSam.
17,6; lausent man zu fusz, in eisern heim und haroiich.
1 Macc. e, 35 ;
ein (olchcti hat der liimmol mir vcrheiiian,
er »endfit mir ilnn h«lm, it kommt von ihre,
mit gotlorkroU berühr«! mich toln oiicn.
.Sciim.lir jutnifr., piol- 4. amftr.i
•lieh deckt er aolno achono hclileniiirii
mit «Intm blank pulirien roaibuschhalm. Ilöacia lt>i\;
977
HELM
HELM — HELMRLEINOD
978
wie «cbiramcrt so der heim von gold,
des ritter>pieles dank! Uulaivd yed. 'i05.
der heim ist offen, oder geschlossen, tcenn sein visier herab-
gelassen ist, daher mit offnem, geschlossenem helme kämpfen,
auch bildlich: denn auch ihm war freie Wahrheit der offne
heim des seelenadels. J. Paul Titan 3, 17. der heim wird auf-
gesetzt, abgesetzt, abgebunden, aufgeschlossen, aufgebunden:
setzt die heim auf, und scherR die spiesze, und ziehet panzer
an. Jer. 46, 4 ;
ur band sie im sein blanken heim.
UnLA^D volksl. 209;
er schlosz im auf sein güldin hjelm
und kust im an sein munt. 334;
er schnallt vom haupte sich den heim. ged. 307;
sie band den beim dem ritter los. 208.
im kämpfe tcird der heim zerhauen:
da wer noch meng heim zerspalten!
LiLiEScaoN votksl. 2, 78, 29.
bildlieh: denn er zeucht gerechtigkeit an wie ein panzer, und
setzt einen heim des heils aufsein heubt. Jes. 59, 17; nemet
den heim des heils, und das schwert des geistes. Eph. 6, ii;
angethan ... mit dem heim der hoffnung zur Seligkeit.
1 Thess. 5, 8.
2) heim in der Wappenkunde: heim heiszt in der wappen-
kunst der zierrath, welcher oben auf den schild gesetzet
wird, er wird geschlossen oder offen gefiihret. die geschlos-
senen sind vor Zeiten ohne unterschied geführet worden,
heut zu tage bleiben sie dem bürgerstande allein. Eggers
kriegsUx. i (1757) 1181. daher der offene heim, zeichen adliehen
herkommens : dasz der redliche Siniplicissimus nicht stolz ge-
wesen, noch sich von hohem herkommen berühmet, oder seine
geschlechlsahnen trefflich herauszgestrichen , und mit dem
offnen heim an laden geleget. Simpl. l (1713) s. 4; (mancher
würde sich) mit seinem erworbenen offnen heim, wie ein frosch
in der laich geblähet und grosz gemacht haben, s. 9.
3) heim, der mit heim versehene, der gewa/fnete krieger: auch
hat man geteidingt mit den soldenern, daj man iedem heim
daj jar geben sol fünfzig pfunt haller ze solde. d. städtechron.
1, 173, 14 ; und warent die von Bern also von mengklichen
verlassen in iranligenden grossen not, uszgenomen von denen
von Solotorn, die schicktent in achtzig heim, die bedürften
nit mer volks von ir statt schicken von forcht wegen der
herren. Ettebun Chiron, der eidgenossen (1507) 25*.
4) heim, ton helmartigen gegenständen (vergl. haube sp. 565).
a) bei thieren : galea , ein heim . . . eine flechsichte Ver-
einigung des hinterhaupt- und stirnmuskels : sie breitet sich
aus über die ganze hirnschale in gestalt eines heims oder
einer haube. Nemnich 3, 12.
b) heim, das obere runde dach an den ürcltthürmen. Fbisch
1,441'; heim, die obersten spitz an kilchen turnen, pyramis.
Mäaler 218*. vergl. helmhaus.
c) oberer theil, Wölbung der branlweinblase (vergl. blasenhut
2, 70). ist diese Wölbung nichl mit einer röhre zum ablaufen der
destillierten flüssigkeit versehen, so heiszt sie blinder heim. öcon.
lex. (1731) 993. bildlich: und ist keiner, der die quintam
essentiam davon (vom geldmangcl) durch den heim des Ver-
standes auszuzihen nicht vermeinete. Bctschky Palm. 736.
d) eine kappe von drahl, als schütz gegen bienenstiche über den
köpf zu ziehen.
e) heim, die obere Uppe einer raehenförmigen Mumenkrone; die
untere heiszt der hart.
/) heim, das bälglein das einige kinder um den köpf auf die
weit bringen, pileus, peüicula infantium nascenlium. Frisch 1,441*.
g) heim im Schiffbau : heim, h^aume, heiszt auf den scliiffcn
der knöpf, der am griffe des Steuerruders befestiget ist. es
wird auch für den ganzen griff genommen. Eggers kriegslex.
1,1182;
ich will wie an dem heim im schiffe,
am alles tröstenden begriffe
von dir [gou] und deioer weisen gute stehn.
Seübi ged. 49.
h) heim, eine schneckenart , bucänum galea, helmschnecke.
Neünich 1, C97.
HELM, m. und n., manubrium, sliel an axt, beil, hammer
u. s. w. ein von dem vorigen ganz verschiedenes wort , das vor
dem bddungssuffixe abfall des wurzelauslautes erfahren hat, vgl.
belb ip. 930 und halm ^p. 240. manubrium heim Dief. 34S';
heim capulus Stieler 738 ; heim wird auch der sliel an einer
axt genennel. Ocon. lex. (17311 993. jechhelm aus jochhelm
ist in der Schweiz ein langer lederner nemen, womit den stieren
IV. II.
das jxli aufgebunden wird. Staldeb 2, 75. s. axtbelm, bammer-
helm. karslbelm.
HELM, ni. arundo arenaria, sandhafer. Nehmch 1. 485. über
Kiederdeutscitland und Holland veitreitet. — Nebenform zu halm 7
sp. 240.
HELMÄRTIG, adj. : auf dem lockigen haupte (einer dame)
ein helmartiger schwarzer atlashut, mit dessen weiszen federn
die winde spielten. H. Heise 1, 77.
HELMBARTE, s. heliebarte.
HELMBEFIEDERT, pari.:
es umstanden ihn die helmbefiederten (axQovoftot) Thraker.
Stolbekg 11, 141.
HELMBIENE, f dröhne. Nemnich.
HELMBINDE, f laevia (heraldisch). Hederich 1244.
HEL.MBLSCH, m. federbusch auf dem helme:
der helmbusch winkt. KöR!«er 1, 187;
ilir riiter, die ihr haust in euren forsten,
ist euch der helmbusch von dem haupi gefallen?
RccuBT 12ö;
mit dem helmbusch spielen lüflchen,
sonne spiegelt sich im schild. ühlasd ged. 264.
HELMBUSCHSCHÜTTELND, pari, y.oov&aiolos:
der helmbuschschüitelnde Hekior.
Bcrger 2U5" (II. 2.816, tgl. 207',230»).
HELMDACH, n. dach eines thurmes, nach heim 4, o 5p. 977.
HELMDECKE, f. in der wappenkunst , gekräuselte zierraten,
die von dem helme an beiden selten des Wappens herunterhängen.
Eggers kriegslex. 1, 1182.
HELMEISEN, n. keilförmiges eisen zum sdimieden des helm-
lochs oder auges an einer axt oder einem belle. Jacobssok 2, 252*.
HELMEN, verb. in verschiedenen bedeutungen.
1) nach heim galea (.<p. 976) mit einem heim versehen : galeare
helmen Dief. 256"; helinen sive heim aufsetzen galeare Stie-
LEB SS9; gewöhnlicti im particip gehelmt: die zwei söhne des
Atreus sind auch gehelmt. Göthe 44,99; ein gehelmter held,
dessen schild an der seile steht. «.215;
sind sie gehelraie hasen,
und kommen fersengeld zu geben in den krieg?
Opitz 2, 31 ;
sollte man bei so etwas wichtigem Vorbereitungen machen,
und gehelmte vorreden (praefationes galeatas) und juristische
kriegbefestigungen. J. Pacl herbstblum. 3, 256.
2) helmen bildlich:
ei das euch, schwarze erzscbantschelmen,
der henker müs aiumal noch lielmen!
FiscHART flölihaz 1640 Kurt;
lestert sie sehr, biesz dieb und Schelmen,
und wünscht der henker solt sie helmen.
bearbeit. dess. in Fischarts ges. dicht.
2, 402, 576 Kurz.
es ist hier helmen wol in dem sinne von angreifen, packen ge-
nommen, wofür sonst das ähnliche bild auf die haube greifen,
und das verbum häubeln (2 .<^. 56G) verwendet wird.
3) helmen, ron heim manubrium, mit einem sliel versehen:
eine axi helmen. vergl. anhelinen theil 1.374.
HELMENFEUER, n. das elmsfeuer, irrlichlähnliche flammen
die sich namentlich an den spitzen der mästen zeigen; auch
helenenfeuer, s. d.
HELMFENSTER, n., mhd. helmvenster, gUterwerk am vordem
Iheile des heims, visier. Frisch 1, 441*.
HELMFÖRMIG, adj. die form eines heims habend.
HELMGEFIEDER, n. helmbusch:
die rechte {des ritlers) läszt den grusz ergebn,
sein helmgelieder wankt. Uhlasd ged. 205.
HELMGEWÖLBE, n. gewOlbe in gestall eines heims oder einer
halben kugel. Jacobsson 2, 252*.
HELMGITTER, n. gUterwerk am vordertheil des heims, visier.
HELMHAL'S, n.: helmhausz, ein schöpf oder kedeckt ort,
da man zusamen kumpt sich ze ersprachen, und die leüt
auszzerichten, praestega. Maaleb 218'. der name wird aber nicht
von der helmförmigen gestalt des daches kommen, sondern datier,
dasz ein soldies haus mit halmen oder stroh gedeckt war. vergl.
halm 2 sp. 23S und halmendach sp. 240.
HELMISIER, n. bucula (backentheil des heims). Dastp. ; häl-
misier, der hart an einem hälm, buccula Maaler 205*.
HEL.MKAMM, m. crista, federbusch auf dem helme. Dastp.
HELMKLELNOD, n. zierral auf dem helme; in der heraldik
jeder schmuck des Itelmes mit krönen , tcülslen , thieren u. s. ir.
EccEBS kriegslex. 1, 1183.
62
979
HELMKÖRBELN — HEM
HEM— HEMD
980
HELMKÖRBELN, verb.: weil das scliiff-galecnrecht ver-
mag, dasz man keinen frembden passagier aufnimpt, es sei
dann allerdings geladen, gebodemet, vergiirbel, begordet, ver-
dennet, beschnarret, aufgebuselt, geschnalzeit, berudert, umb-
dostet, verstrupfel, gelaseiet, bepfompfet, geheimkörbelet,
bemastet . . . Garg. 79*. das verbum gehl auf ein subsl. helm-
kurbel zurück, iromil Fischart den kiwpf des Steuerruders, der
sunsl auch nur heim {sp. 977) heiszt, meint.
HELM KRANICH, m. mycleria americana, brasilianischer reiher.
Nemmch 3. 684.
HELMKRANZ, «». ; sein heim, die bürg des hauptes, war
oben mit einem helmkranz umgeben, um die schneide des
Schwerts abzuhalten. Schlosser ueltg. 5,299.
HELMKRAUT, n. scutellaria galciiculata , auch schildkraut.
Nemmch 4, 1266. ebenso ulricularia vulgaris, icasserscidauch,
wasseriiaibe. 4, 1535.
HEL.MKÜHLER, m. kiihlgefäsi, angebracht an dem helme eines
brennzeiiges, sonst kühlschlange. Jacobsson 6, 66'. 366*.
HELMLEHEN, n. feudutn galealum, rUlerlehen. auch ein zu
lehen gegebenes Wappen. pRiscn 1, 44l'.
HELMLEIN, «. l) kleiner beim:
mit eim schwert, helmblein und schildt.
H. Sachs 3, 2, 238*.
2) unlerlheil des heims, visier und backenschutz. Frisch 1,441*;
mit guten helnielinen oder hauptharnischen. die wol schlieszen.
Fronsp. kriegsb. 1,37'; wie, antwort der ritler, seid ihr der,
so wir auf seinem heimlin liegen gefunden? Amadis 271
(vorher: dasz er wider sein willen den heim und schilt hin-
weg legen must, auf welchem er sich denn so gar vergessen
und entschlaffen. 267).
HELMLOS, adj.: darvon Constans helmlosz wart (seinen
heim verlor). Aimon bog. E.
HELMFFLANZE, f. : corydales, helmpflanzen, . . pflanzen
mit unregrimaszigen blumen, die mit einem heim etwas ähn-
lichkeit haben. Nemsich 2,1248.
HELMPFLANZEN, n. das pflanzen von heim, Strandhafer:
die daselbst (in Wange\oge) nahe am kirchthurme beim helm-
pflanzen beschäftigten arbeiter. Frankf. conversalionsblalt vom
23. jiini 1S58.
HELMPÜCKE, f. lepas galeala, eine muschelart. Nemn. 3, 371.
HELMRAUTE, f. scruphularia canina , hundsraute. Nem.mch
4, 1265.
HELMREIF, m. clatltri galeae. Frisch 1, 441".
HELMROST, m. visier.
HEL.MSCHMUCK, m. schmuck auf der spitze des heims.
HELMSFITZE. f. der oberste llicil des heims, an dem der
federbunch be/csHyt ist; cassis helmspilze Dief. 104*; conus der
hehn«pitz IJa<yp.
HEL.MSTANGE, f. Stange auf dem helme eines daches, an der
sich knupl oder fahne beßndet: morgen knüpft Apollonius (ein
Schieferdecker) seine leiler an die heimsl;inge, dann das lau
mit iluschcnzügen und fahrzeug. 0. Ludwig zwischen himmcl
u. erde s. X^h.
HELMSTOCK, ni. griff eines Steuerruders.
HEL.MSTURZ. «i. visier des lietms: er iFriedrich) will zu
neui'iii uiigrill abziehn. Adalram, in der kiiniglichen riislnng,
mit ge«rhlo'<i'eiiem helmsiurz, hereinstürmend, vertritt ihm
den we^'. Uiii.and Ludwig 83.
HEL.MSTUTZ, ni. stütz, zierde am helme. Ecgers kriegslex,
l,lis;(.
HELMTAl'RE, f. eoliimba galeala. Neünich 2, 1130.
HtLMMSIER. «. der das gesiehl beiltckende theil des heim es.
HELMVOtiLL, ni. buceros fialealus. Nehpcich; die prücliligen
hcliii\iig)-l zeigen sich iiicr in reicher eotwicklung. Wesler-
maiint moiiatsliefle . bd. 2, 5. 59.
HELMWEIDERICH, m. epilubiam, fdmkraul. Nejinich.
HtL.MWLUZ. f. fnmaria bulbusn, knolliger erdrauch. Nennicu
2, l'Ai
HELMZEICHEN, n. zeichen auf dem helme: apex Iielm-
znihcMi ÜiEF. :M(*; eattis ein helinzeichen 104*; crisla helm-
czriclifd \W\ namentlich aucli in der heraldik: fehlet dir ein
hrluufit hon. kaufe ein paar liOrner. I'isturius (//m. ;i<ir. 4.37.
HF.LMZIERDE. f hrlmschmuck : crisla helmziert Disr. l&S*.
HEM. iiilrij. t) eines räuspernden:
nun. hochgeehrte (TAfie,
merkt auf: nun kommt da« beit«.
t'"fii ' ' : ' ■ f'uij iiei eifi'ntlirlifii rorlraai).
Büaei« 23';
bei MuRSER, der daraus auch eine vcrbalform bildet und auszer-
dem auf eine nebenform von hcmd (unten sp.QSü) anspielt:
und sprach, do sy mich hat bschüt:
wer bislu docli? ich ken dich nil.
ich sprach : hem hem, thu iill', es gilt.
Sf sprach: hem hiti, so lang du wiit,
nit ein bruch ich gescinvig das hcmbd,
du und dein rüspern sindt mir l'rembd.
geuclimuU in ScIteUiles kloster 8,1100.
s. ben und bm.
2) eines bedenklichen, misbilligenden : dasz die frau rath ..
mitten im stück nach ein paar hem hems auf und davon
lief. GüTHES viuttcr an Unzelmann , bei Vorow reminisc. 157;
Wurm (macht falsche äugen), sonst irgendwo! schönen dank!
schönen dank! hem! hem! hem! Schiller kab. u. liebe 1,2.
vergl. hm und das verbum hemsen.
HEM, adj., dem zusammenhange nach feindlich, aufsätzig:
wann es was ain minister (gcislliclier), dem warn diese Wiener
gram und hem. Beuaim Wiener 202, 14. vgl. hamm 2 sp. 309.
HEMD, HEMDE, n. indusium.
ahd. hemidi , mhd. hemede , hemde , fries. hemeihe und
hamede. neben der nlid. gewöhnlichen form begegnet die gedehnte
hemmat, hemmet: wiewol er nun nit hekiaidt, allain das
hemmal anhet. Zimmer, chron. 4,208,27; dasz er ihme ein
hemmet entfremdet habe. Abele künstl. unordn. 5; liärntn.
hömat Lexer 139 ; und eine assimilicrle hemb, hemp, die noch
in Schwaben (Schmid 272) und in der Schweiz (Tübler 20l') gilt:
dasz sie ... im ein frisch hemb lange. Fischart Garg. 72*
(kurz darauf hembd); diese form ist zu Uennn zurückgegangen :
sie wil haben da.s hem zum rock. IF. Sacus 3, 3, 24';
sich dort von ferr laufen zwen mann,
der bnider tault nur in eim hemm,
und schreiet immer, halt auf dem. 5, 359'.
der gesetzmäszige plural ist hemde (noch Stieler S2l): so wil
ich euch dreiszig hembde geben, und dieiszig feierkleider.
ricliter 14,12; ö/ter jedoch heinder, der sich noch jetzt mund-
artlich durch Obcideulschland findet (Schm. 2, 195), in der Schrift-
sprache durch heinden verdrängt ist: ich hab dir lainen geben
rock, leibrück, hemder ye zway und zway. Wirsl'NG Culixstus
Qij'; es sollen auch henibder daraus gemacht werden. Tader-
naem. 1082; einen groszen vorrath von allerhand leinen ge-
rath, hembdern, leilachen. Sinipl. 3,382 Kurz;
rock, mentel, hembder und brustdßch.
ÜRANT narrenscli. 4, 17;
noch bei Schiller:
der icufel soll die dichterel
beim hemderwaschen hohlen. 4, 18 Gödeke.
Bedeutung.
1) hemd, ahd. heinidi, eine collectivbildung zu ahd. hämo,
ags. homa hnlle, kleid, ist zunächst vcilinientuni im allgemeinen :
ein veslinientuin (heinide). Notker ;«. 21 (Ualtemer 2, 7U*) ;
bezeichnet aber nameiillich das laniß, faltige Unterkleid, im grgen-
satz zu dem oberkleide, dem nianlel, daher es lunica übersetzt:
uinbe intiia lunicain (heinide), die ih ze liehe truug .. würfen
sie löj. NuTKEH a. a. o. ;
ich "ils eim freien gesellen,
dersell) der wiibi um mich,
er tregt ein seldiii heinmui an,
daieiu 80 preist er sich. L'hland volktl. 58;
es ist das hausklcid des mannes, auch des u-cibes:
swuiiiic icli siiiii aicine
in uiiiiciii liumede. miniiet. frdlil. 8, 18.
auf grund dieser allen bedeulung erscheint noch bis auf heule
hemd als falliges, dem alten fcbnitl sich nälirrndes gewand i. b,
in kurbelnd (.'i, l8o<i), möiichshemd , pfalTeuhemd: die car-
theusermüiich und unser iolleiigesclimei>i in iren heriii heinb-
den und grauen rücken. Luther 5, 40S^ vtrgl. auch tudten-
bemd, »tcrbehemd, panzerhcuut ;
(;ii7i/('>) angethon mit hArnen hemden. Urlakd ged. 287;
den r.'iden weih iler fiollj^rhen macht,
drau» web ein hemde luiii; und »eiti
da« wahret mich im blutigen htrell. 3:>2 ;
der faltige (iberteurf von uriszer oder gefttibter leinwand, den
bauern , fnbileule und arbeiter in allen grgenden Ue.iticidand*
tragen, hn.Kt hemd (son.sl killel 5. si;:», slmibkillel , nilieils-
killel, r;;/. Klaubheind); sind bekleidet wie beigleute mit einer
weixzrn hniipikappe am heimi und einem leder hiiilen. Grimm
d. sagen I, iio. 37; bair. ist hemed ein mannmick, jucke, an den
Alpen gewOlinlich von grobem braunen , bei den uürnlmgisdien
gtbirgsbauem von rotliem wotlentuelie Scum. 3,195; in hiirnllu*
981
HEMD
HEMD— HEMDEIOIÖSE
982
hörnat ein gewöhnlicher baurenrock Lexer 139; schmb. hemp,
Unterrock, ein wullen hemp, ein rolher wollener Unterrock, auch
ein mannsrock Scbjiid 272. •
2) zumeist ist hemd das unterste, rümpf, Schenkel und arme
bedeckende kleidungsstück der männer und weiber, unmillelbar auf
dem leibe getragen : bemithi caniisa Graft 4, 938 ; hemde ca-
misia, sindun toc. ine. theut. i4*; wann er wüste, das sein
eigen hembd, das ibm am nächsten am leib lege, seinen
anschlag wissen solte, wolt er es also bald ausztbun. Zist-
es£r apopläh. l (162G) 146 ;
und warn ir in den stunden
die hende gebunden,
ir cleiiler von ir getan,
und niuwan ir liemde an verlän. Iwein 5154.
man hat leinene, baumwollene (Steinbach 1, '33), wollene,
seidene, härene bemden; ein grobes, feines, klares hemd;
weisze, reine, frische, ganze, zerrissene schmutzige, schwarze
bemden; das hemd wird angelegt, angezogen, ausgezogen,
abgestreift, gewechselt: die« eil er gar ain kurz hemmet an-
bei, das dannochl aller zerrissen und voller löcher war.
Zimm. chron. 1,425,7; ein schwarz grob zerlumbd bembde.
ScaocH sltid. leben C 3 ; haben kragen und bembder an wie
die Schornsteinfeger, die federn sind nicht ausz den haaren
gekemmet. Schuppiüs 107; sobald ich .. ein weisz bembde
angezogen balle. Schclmuffsky 2,28; ich hab mich satt ge-
fressen und immer ein gutes hemd auf dem leib gehabt.
Schiller kab. u. liebe 1,1; man kann den glauben nicht
wechseln wie das hemd;
legten newgewaschne hemder an.
meislenjis. ms. germ. berat, fol. 23, no. 3$;
ansi zog er bald sein hemmet weisi,
druciit irs in die wunden mit fleisz,
das hemmet wurd mit blut so rot,
als ob mans drausz genaschen bat.
Uhland tolksl. 277.
die kleider werden abgelegt bis aufs hemd, man ist dann im
bloszen hemd, auch nur im hemd : es war nicht genug, dasz
sich ein jeder bis auf seine drei bemder ausziehen muste,
sondern sie wurden auch (ton räubern) gezwungen, zwei von
denselbigen auszuziehen und nur eins anzubehullen. Simpl.
3,342 Kurz; nachdem ich aber alles hinweg genommen wor-
mit sie icine Iciclie) angezogen , auch nicht des bemdes ver-
schonet, sondern dasselbige abgezogen, sie so nackend als
sie gebohren verlassen. A. Gryphius 1698 1,187; ehe wir
hinein traten, ward uns befohlen, die schuhe auszuziehen
und in hioszem hemde, strumpfen und Unterkleidern zu er-
scheinen. Schiller 4,214 Godcke {geisterscher);
auf einem bärnen kissen lagst du da,
das Letttucli weisz, die wollne decke roth?
... im bloszen leichten hemdchen?
U. V. Kleist Kälhchen 4, 2.
der Spieler kann seine sacken bis aufs hemd verlieren: spielt
ein man umb wein oder zu losen in einem leiibaus hincz
ainem pfantner, und hat dem pfantner zu leczt nicht zu ge-
wern , so sol im der pfantner alles das abcziehen das er
hat uncz an das hemde und ledig sich damit selber. Wiener
stadtrechl v. 1434, bei Haupt zeilschr. 11,56; ich verspielte nicht
allein mein geld, sondern auch meinen rock, rolhe binden,
elc. bisz auf iiosen und bembde. Simpl. 2, 302 Kurz, auf
spiel und beraubuny weisen daher zunächst die redensarlen einen
bis aufs hemd ausziehen , ganz arm machen, seine Sachen
bis aufs hemd verlieren oder einbüszen, ganz arm werden:
wer den andern bebamlel, der beraubt in bis ans hemd.
Fabers pilyerb. S94; du plünderst deinem manne haus und
hof ab, bis ihm kein hemd mehr am leibe bebt. Schiller
Täuber 2,3; wenn man in feuers noht ist, und einem haus
und hoff abbrent, und man kan in einem bloszen üembd
davon kommen, so dankt man goll. Schüppids 161.
Andere redensarlen und sprichwörtliches, er bat kein ganzes
hemd auf dem leibe, ist ganz arm; er gibt sein letztes hemd
hin, ist äuszcrsl aufopfernd; bis aufs hemd nasz werden,
ganz durchnäszl; das iiembd liegt keinem so hart an, er kanns
ablegen wann er will. Lehmann 198; salvirct eure baut und
lasset das hemd dahinten. Otbo I053; das hembd ligt eira
näher an dann der rock. Acr. .«pr. 13'; das hemd lieget immer
näher als der rock, l'ierot 3, 411 ;
der rock so nach nit ist als hembd.
iraii. Juh. Gv;
man könne es nicht erwehren, dasz die baut näher sei als
das bcrad, das werde halt so in der natur sein. J. Gottuelf
erzähl. 3,340; ho, sagte dieser, wenn ich in ewrem beinbd
steckte {an eurer stelle wäre) ich wiszt mich wol zu halten.
Wickrah rollw. 75; wann ich in deinem hembd verborgen
Stacke, so schlug ich sie, bisz sie mir parirte. Simpl. 3, 106
Kurz; weil aber der junge berzbruder meinem obristen gar
ins hemd gepacken war und mir vorgezogen ward, trachtete
ich, ihn aus dem weg zu räumen. Simpl. 1,433 Kurz; den
anschlag soll man dem eignen hemd nicht entdecken, kriegs-
manual s. 88; ich habe ein gutes französisches Wörterbuch
wie ein hemd nüthig. Hama.ns an Herder, Herders lebensbeschr.
1, 2, 308 ; wer keine bemden machen kann, musz die alten
flicken. Simrock sprichw. 240. — einem das hemd heisz machen,
üim zusetzen, ihn ängstigen, gründet sich darauf, dasz ein an-
gezündetes hemd als gottesurlheil angewendet ward, rergl. reclilsalt.
912: man hat im das hembdie heisz gemacht, adductus est
in summas anguslias. Maaler 218*; dasz ich meinem mann
oder gegentheil, wann einer mit mir zu thun bekommen,
dasz hemd rechtschaffen heisz machen , also dasz ich wol
vor «inen einfachen guten Soldaten passiren hätte köunen.
Simpl. 1, 293 Kurz.
Die silte, beim schlafen im bett sich auch des hemdes tu ent-
duszern, war bis ins l'.jahrh. altgemein,
neulich lag ich an eim morgen
in mein schlalTbet, ganz toI sorgen, . . .
zu schlafTen hett ich keinen tust,
gar bald ich da mein hembd erwuscht,
das warf ich über meinen leib.
Adrun miltheil. 402 (IS.jahrh.);
auf sie bezieht sich auch das folgende: wenn einer sich des
abends schlafen legt, so wickelt er (wie d. Jac. Andrea von
sich zu sagen pflegte) alle sorgen ins hemd hinein, steckts
unter das küssen, und schläft in gottes namen bin. Otho1027.
Das hemd in obscöner phrase: das sie . . im {die frau dem
ehemann) ein frisch hemb lange, weil er ihr zum ersten das
hembd aufhub. Garg. 73'.
3) hemd, der träger eines hemdes:
die trommel gieng, die glocke klang {bei feuersbrumt),
der wäcliter stiesz ins röhr,
aus jeder ibür und fenster sprang
ein bloszes hemd hervor.
Göau:4GK lieder zweier lieb. (1779) 83.
vergl. kittel 3, Ih. 5, 864.
4) hemd, bei den gieszern, die das zu gieszende stück zunächst
umschlieszende lehmsciiicht, vor dem eigentlichen mantel.
5) die leinene hülle, in der schniltwaaren verpackt werden.
6) getränktes Segeltuch, um schiffe in brand zu stecken , heiszt
geschwefeltes hemd. brandhemd (2. 298), feuerhemd (3, 1594).
HEMDÄRMEL. HEMDSÄRMEL, vi. ärmel eines hemdes. in
bemdsärmeln geben , oltne rock, so dasz die ärmel des hemdes
gesehen werden; Raschke hatte ruhig den Schlafrock über
das katbeder gehängt und in hemdsärmeln gelesen. Fbeytag
handschr. 2. 40.
HEMDÄR.MELIG, adj. und adv. in hemdärmeln: es that ihm
webe , dasz er nicht hemdärmelig über die strasze gehen
konnte. Auerbach dorfg. l, 7.
HEMDRIESEL, m. besatz oder torstosz am ärviel eines hemdes.
in Ö.'^lerreich. Jacobssos 6, 66*.
HEMDCHE.N, n. kleines oder kurzes hemd:
weist du, was hier das volk. so sehr du immer pnut,
bei deinem beitelstaat und falbalkleidern (raget?
ob du ein ganzes bembdgen hast.
AVARANTUES jjroben d. poesie (1710) 515;
streift ihr keck das seidne hemdchen auT.
Schiller I, 18$ Cödike {Venutieagen) ;
ich la^ im hemdchen auf der erde da,
und die Mariane spottete micli aus.
II. y. Kleist Källichen 4, 2.
HEMDEKNOPF, HEMDKNOPF, «1. knöpf zum susammen-
hallen cinis hemdes: benideknopf s^iinther Stieler 998.
HEMDEKRAGEN, HEMDKRAGEN, m. kragen eines hemdes:
bemdekragen, patarjium indusii Stieler 1023; ein schöner
hemptkrage oder iiberschlag, darauf seiner ganzen landschaft
wapen gar künstlich ausgenehet. Mestz stambuch u. kurze
erzehlung Q \y, den leichten Strohhut auf dem lockenkopf, den
bemdekragen und das hemde weit über der jungen kräftigen
brüst geöffnet. F. Lewald Stella s. 58.
HEMDEKRAUSE, HEMDKRAUSE, f krause an einem hemd.
s. d. folgende.
HEMDEKRÖSE, HEMDKRÖSE, f. der vielgefdUelte hemde-
kragen , wie er seit der 2. hälße des 10. jahrh. nach spanischer
Sitte gelragen wurde: wolan so secbt wol zu, dasz es nicht
62*
983
HEJIDEL AKEN — HEMMEN
HEMMEN — HEMMNIS
gs4
ausz den falten kom, . . macht eh eigene wachtelbülzer darzu,
wie zu den hemdkiüsen Garg. 116'.
HEMDELAhEiN, n. geurble leinwand zu hevjden: so fiele
eilen licinde- und woilenlaken. Moser palr. phanl. 91.
IIEMDE.NMACHER, vi. indusiarius. Hederich 1244; hemd-
mucher Stieler I103.
HE.MDENSCHEISZER, m. als Schimpfwort, in älterer form
hemderschciszer:
das so!, sprach er, die zart nit wissen,
das ich ein hembderscheisier bin.
MusNER (jeuchm., Scheible 10, 1038.
HEMDKORB, m. ein oben geicölbt geflochtener korb, worein
man ein kohlenbecken setzt, um darüber das zum einwindeln
junger kinder nvüiige zeug xu erwärmen; auc/t warmkorb. Jacobs-
SON 6, G7\
HEMDLEIN, n. intenda, parvum indusium, indusiolum. Stik-
LER 822; ist es dann ein meidelein, ein kleins meidlein, so
musz er lehrnen nehen , den schlemmern ir hemraetlein, ja
hemmellcin. Garg. 92' (der trunkenen lilanei);
es solt ein medlcn waschen gan
ir hemdleu weisz, ir euglin klar. Uhland volksl. 252;
es wolt ein raegdlein waszer holn
bei einem kt'ilea Lrunnen,
ein schneweisz hemdiein het sie an,
dardurch schein ir die sunne. 256.
HEMDRING, m. fibula indusii. Stieler 1649.
HE.MDSCHILLING, m. pecunia pro redemtione indusii nuptialis.
Haltacs S78.
HEMDSCHLITZ, tn. pator et ßssura indusii, sive incisura in-
terulae. Stieler 1839.
HE.MERN, f. reratrum album, vieszwurz. Nemnich 4,1550.
mhd. hemere, hemer, Lexer wb. 1,1246. vergl. hammer 15,
sp. 316.
HEMERWURZ, f., was hemern. Nemnich o. a. o.
HEMME, f: relinaculum, eine hemme, zurückhalter. Chr.
Cellabius lalinilalis über memorialis {Merseb. 1711) 215.
HEM. MEISEN, n, am göpel ein spitzes eisen, um die ganze
maschine in der bewegung zu hemmen; auch göpcleisen. Jacobs-
SOR 2,252'.
HEMMEN, terb. in der bewegung zurückhaüen.
1) von dem alid. adjectiv ham lahm, gichlbrüchiy ausgehend,
das unter hame sp. 307 aufgeführt ward, finden sich in der
altern spräche zwei seilen gebrauchte verbalbildungen. eine ein-
fache hamen in dem schon verblaszten sinne aufhallen, hindern,
hemmen (Lexer wb. 1, 11G3), die als hämen noch bei Keisers-
BEBC vorkommt: wann ein pfert ledig wirt von dem barn,
so es sich schon wol von dem barn abzerret, nichts dest-
minder kegt (schleppt) im die hallter hindennach und mag
leicht hämen, so fachet man es wider, geistl. Spinnerin, Z.pred.,
M3'; und eine Weiterbildung hamnen (Ben.-Müller 1,625")
gleiclier bedeutung, die namentlich in mitteldeutschen quellen zu
hemmen assimiliert erscheint (Haltacs 879 von 1401 und 1479),
und in dieser form im 16. jahrh. auch bei Fischart sich findet:
solche schlupferige kutteißsch und mural mus man nur häm-
men und klemmen, wie die mörkrebs mit iren kerfechten
schüren den langen möral, wie sehr er sich mit seim selt-
samen krummen winden gedenkt auszuwinden. ehz. 550 Scheible.
vergl. behemmen und behümmen 1, 1335. 1325.
2) häufiger erscheint das verbum erst seil dem M. jahrh., zu-
ndelist im technischen gebrauche: ein rad hemmen, rolam suf-
flaminare, einen wagen hemmen, currum sustinere Steinbach
1, 734, in welcher bedeutung das wort längst gebräuchlich sein
tnus/r, vergl. unten heminketlc sc//un bei Alrerus ; den ilusz
hemmen, impedire cursum fluminis Steinb. ; einen kahn hem-
men, Uta anhalten zum aussteigen; und mit unterdrücktem
objeet :
athmend harrten ile nun, bis der rauschende kahn an dem uTcr
laniJeic: und willkonimeii erscholl«, willkotnmeM im cniiicn !
hialen neminte der knechi, an der er! im wasser aicli lialieiid.
Voss 1, 33 (Luise 1, 233);
einen gnpel hemmeo. Jacobsson 2,252', vergl. hemmeisen;
dann aber mehr und mehr als edles und dichterisches wort ßr
turücliliallrn , hindern, in transitiver fugung: so hemmte an-
fänglich auch nicht wenig den ungcstUmmcn und geluhrlichcn
8u»bruch meiner liebe, dasz mein liebster von einem edlen
und namiioltrn geschlecht geboren uar. Simpl. 3,18 kurz;
eine lache hemmen , objicere difficuUatem alicui rei, cursum
alieujut negulti imprdire. SiiBLEH 748; einen hemmen, dnsz
er nicht fortkommen kann, a progreuu arcere, tardare das.;
die anschlage eines andern hemmen, impedire consilia alicujus.
Steinbach 1,734; das hemmet seine kühnheit, hoc inkibet
audaciam ejus, das.; die krankheit hemmt mein vorhaben,
morbus proposito meo moram adfert. das.; es hemmet keine
schuld die andere, vel es bull keine schuld die andere auf.
PisToRius Ihes. par. 7, C5; er weisz von selbst, dasz das genie
seinen eigensinn hat ; dasz es den regeln seilen mit vorsatz
folget; und dasz diese seine wollüstigen auswüchse zwar
beschneiden, aber nicht hemmen sollen. Lessing 5, 357; wie
die folgerungen flieszen, so lasz sie flieszen. hemme ihren
Strom nicht; lenke ihn nicht. 11,65; mit in der brüst ge-
hemmtem athem. Klinger 6, 45; meine vom sUszen bewundern
gehemmte zunge. 10,12;
kein knöpf, kein fäserchen, kein Stengel und kein blatt
war, welches nicht {im qetiüsch)
durch das gehemmte sonnenlictit
sich auf dem boden selbst gezeichnet hatt. Brockss 1, 95;
sein anblick selbst erquickt, die schwermuth hemmt sein scherz.
Hagedor:« 1, 85;
(icli den) kein bach, kein sumpf und kein gebüsch voll dornen
auf seinen Wanderungen hemmt. Göckinci 2, lö;
dasz nichts den eindusz deines ansehns hemmt.
GoTTBR 1, 170;
wer hemmt den flug der stunden? sie rauschen hin,
wie pfeile gottes. Höltt 106 Halm;
hemme den schmerz deiner dich rufenden
Schwester. RahlerI, 95;
den hart befleckt, der locken schönes wallen
gehemmt von blutgem leime, stand er da (Hekiors Schattenbild).
Schiller Zerstörung »on Troja 48;
eine mauer
aus meinen eignen werken baut sich aur,
die mir die umkehr thürmend hemmt. Wallenst. tod 1, 4;
was hältst du meinen aufgehobnen arm,
und hemmst des Schwertes blutige entscheidung? jungfr.2, 10;
übermäszig füllt er sich an; da hemmte gewaltig
den geschwollenen leib und seine rückkehr die spalte.
GöTHE 40, 50;
halt ein, verwegner, und hemme den streich! Körner 1,110;
hemmeten nicht hohlweg und versclineiete gründe die durch-
fahrt,
sicherlich kämen sie beide. Voss 2, 270 (Id. 16, 26) ;
wie, wer von einem berge kam gesprungen,
umsonst, den lauf zu hemmen, sich bemühet.
UuLAND ged. 139;
seine band, zur brüst gehalten,
hemmt nicht mehr des blutes lauf. 291;
doch er hemmte die betrachtung.
Scheffel trompeter 189.
3) hemmen reflexiv: das feuer hemmte sich nicht unter
meiner brüst, wie jetzt. Klinger thealer 3,392;
und nunmehr ist es aus: ich kann mich nicht mehr hemmen.
brecht, thränen, brecht hervor!
Chr. Grtphics poet. wäld. 2, 96;
aber nachdem sie die pfähle hindurch und den graben geeilet
fliehendes laufs, und mancher gestürzt von der Danaer banden,
jetzo hemmten jene sich dort, bei den wagen beharrend.
Utas 15, 3.
4) ungewöhnlich ist hemmen mit persönlichem accus, und der
praep. von, von etwas abhallen:
Lustig (der liund) allein schon hemmt die getfiderien pferde
vom kornfeld. Voss 2,23 (/d. 3,9);
traun, dein böser betrug, arglistig«, tückische Ilere,
hemmte den göttlichen licktor vom streit. It. 15, 15.
GitTHE wagt hemmen zu .., durch hemmung zu etwas aus-
bilden :
die sonne droben
saugt an unserm (der gewiner) blut; ein hügel
hemmet uns zum teiche ! 2, 56.
HEMMKETTE, f. kette zum Iwmmen eines rades: sufflamen,
ein ralsperr, bemmkctien , die das rtit hellt. Alberus dict.
e2'; im Sprichwort und bildlich: eine hemmkelte entzwei liegen
(lügen) Scbottel 1114'; mit den kriegen sind die stärksten
hemmkcllen der Wissenschaften obgeschnitten. J. Paul Hesp.
2,227; ich will, so ohne alle vcrzilgcriiche einreden, so ohne
alle hemmketlen und gedankcn durch Europa f.ihrcn. a. d.
teuf. pap. 1,1; furcht hingegen .. ist . . wahres lühmgifl für
muskeln und haut, hemmkelte des umlaufenden bluts. Katzenb.
badrr. 2, tl.
HEMMKRAFT, f: wahrend unter dem acheine, die natio-
nalrechte zu bcschillzen , die (unter Ludwig XV!) den parla-
mentern inwohneiidc hemmkrafl zunnhin, versank die regir
rung in die kläglichste ohnmarht. Ueckers ueltgesch. 12, 67.
HEMMNIS, n tmpedtmentum.
985
HEMMSCHUH — HENGST
HENGST
986
HEMMSCHUH, n. schuhähnliches gerät 2um hemmen eines ge-
fährles: hpmrascbuh sut/?amen Steinbach 2, 619 ; bildlich: dasz
der alle forsimann sicli als liemniketle und hemmscbuh aus
Starrsinn dem brautwogen heider liebenden anschnallte. J. Paul
leben Fibels 103; zuweilen bab ich solche neider eines musen-
pferd-reiters gern den bunden verglichen, welche einem pferde,
je schneller es durch die gassen fliegt, desto heftiger nach-
fahren und nachbellen, aber wahrlich ihr fehdehandscliuh
ist kein hemmschuh. 188; ich bin heute sehr verdrieszlich,
mürrisch, ärgerlich, reizbar; der raisrauth hat der phantasie
den hemmschuh angelegt. H. Heink 13, 51.
HEMMUNG, f. 1) die handlung des hemmens: hemmung
praepcdimentum, impedilio , remora, relardatio Stieler 748; die
hemraung der krüfte. Kunger 10, 200.
2) das tcas hemml:
■wie jede hemmung in der liebe bahn
die liebe nur entOammt.
Skakesp. ende gut alles gut 5, 3,
as all impediments in fancy's course
are motives of more fancy;
hemmung in einer uhr, eine Vorrichtung, tcodurch der schwung
der Unruhe oder des perpendikels zu einer gkichmäszigen beicegung
genötigt tcird. Jacobsson 2, 253'.
HEMPEL, m., was hampel sp. 321: so grobe hempel sind
sie, das sie nicht sehen, wie dis fleisch ist ein unvergenglich,
unsterblich, unverweselich fleisch. Lcther 3,374"; wie grobe
hempel unser schwermer sind. 460'; es sind mir doch ja
grobe ungelerte hempel in diesen sachen, wollen viel leren,
und verstehen die wort nicht, die sie reden. 465*.
HEMPELMÄNN, m. vergl. bampelmann sp. 322.
HEMSEN, verb. hem sagen: das war eine bittere pille, die
der alte schlucken muszte. er hemste nur ein paar mal . .
HoRN spinnstube 1867, s. 166.
HEN , interj. : auf mein brinnend sei , es ist nichts als
daffete wein, und besser als fin englisch, darumb führt ein
tafl"eten mut : mit carmesin verbrämet, hen, ben, er ist erz-
ländisch, er tüchelet recht wol. Garg. 102'; namentlich eines
räuspernden: hen, hen, eben, hasch. 154'; ein« fragenden:
hen, wie meinstu mein Ule Läpp.
H. Sachs 2, 4, 30*.
HENDIG, adj. herb, bitter; s. händig 4 sp. 398.
HENDSCH, m. als bezeichnung einer pferdekrankheit : so ein
pferd sehr geritten worden , dasz es an allen vieren ver-
müdet ist, welches die rossärzet den laufenden hendsch
nennen. Tabernaem. 604. vergl. hinsch.
HENG , interj. l) das zähneblecken nachahmend: v. R. je
Gabel ! du wirst doch respekt vor dem herrn von Trümmer
haben. G. (die zahne blockend) heng! Gotter 3,260.
2) heng, anspornend, vergl. unter hängen sp. 451.
HENGEL, f. 1) trauben die mit dem rebholze abgeschnillen,
an diesem hangen; mhd. hengel, hengelin. Lexer wb. 1,1247;
nim ein hengel, als s. oder xij trauben. kuchenm. 61.
2) m., vergl. hangel, hängel sp. 439.
HENGEN, verb. s. hängen sp. 449.
HENGER, m. der lienker, s. bänger sp. 453: sind .. die
zween henger und ir knecht in das ampthaus gangen. Lctueb
3,418*; auf dj der henger {die kinder) zwinge, die sich von
iren eitern nicht ziehen lassen. 4, 65*.
HE.NGS, m. poa angustifolia, schmalblälteriges viehgras. Nem-
WICH 4. 1017.
HENGST, m. equus admissarius.
1) abstammung und eigentliche bedeulung des Wortes liegt noch
im dunkeln, es bestehen Zweifel, ob die versuchte zusammen-
ilellung des wortes mit dem slav. kon', litt, kuinas pferd richtig
sei, wenigstens wird dadurch die ganze zweite hälfte des wortes
nicht erklärt; fraglich ist auch, ob altnord. hestr pferd zu hengst
Verwandtschaft habe, die frage nach der eigentlichen bedeulung
ist um so schwieriger zu lösen, als das worl zwei entgegengesetzte
begriffe bezeiclinel: während ahd. hcngist {auch heingist, aus
älterem hangist, Graff 4, 964) das verschnittene männliche pferd
aussagt und eunuchus, equus caslratus glossirt wird, eine bedeulung
die auch im mhd. beugest fortdauert, und noch heute in Baiern
nicht vergessen ist (Schm. 2, 214) :
man hat noch manche sonderbare weise [in Gaslein) :
vorcssen nennt man hier die dritte speise,
und einen hengsten ein verschnitten pTerd. Blckacer 1,195;
vährend ferner ags. hengesl, fries. hengst und hingst das männ-
liclie pferd schlechthin bezeichnen, heiszl im nhd. hengst da^ un-
verschnülene männliche pferd. diese bedeulung kann seit dem
anfange des 15. jahrh. nachgewiesen werden, ans welcher qegend sie
.stammt, wird schwer zu ermitleln sein : admissarius slul hengst
DiEF. 13'; hengst, caballus, hispus, .i. emissarius et equus non
castralus. voc. ine. theut. i4'; ein rauliger hengst, admissarius
animosus Stieler 762; ein iglicber wiehert nach seines
nehesten weihe, wie die vollen müszigen hengste. Jer. 5,8;
sie laufen alle iren lauf, wie ein grimmiger hengst im streit.
8,6; und entbrand gegen ire bulen . welcher brnnst war,
wie der esel und der hengste brunst. Hes. 23, 20. der beugst
als reitpferd: hengst, pferd, caballus Dasyp. ; auf einem mun-
tern hengst. Happel acad. rom. 26; es heiszl den hengst zäu-
men, besteigen, reiten, tummeln {mückenkr. l, S12); den hengst
im zäum halten und lassen im stapf gon, sustinere cquunt
Maaler 218'; den hengst umbwerfen und leiten, flectere equum
das. ;
ein ritter ritt einst in den krieg,
und als er seinen hengst bestieg .. . Bürger 29*;
recensent, der tapfre ritter,
steigt zu rosse kühn und stolz,
ists kein hengst aus Andalusien,
ist es doch ein bock von holz. Uhlaüd ged. 262;
begegnet mir da in der stadt ein henkst
in vollen Sprüngen, mächtig wie ein berg,
schwarz wie die nacht, und hat sich, dreht sich, schnaubt,
und rathet mal, wer oben auf ihm sasz. Tieck 1, 206.
unter den hengsten ist der falbe oder lichlfuchs geschätzt, dem
man ein feuriges wesen beilegt, auf ihn beziehen sich redensarten :
muti citius loquentur. du hetlests so bald nit uEf einem
falben hengst erritten. S.Frank sprichw. 2.53'; den falben
hengst streichen, schmeicheln, nach dem munde reden, vergl.
beispiele Ih. 3, 1267. 126S : dann ich greiflich oft greif, wie die
histori den groszen herrn heuchlen, das belmllu durchs maul
ziehen, und mit fuchsschwanz den falben hengst streichen.
S. Frank German. chron. 1538 aa6'; sie seind erstlich still
und züchtig, können den schalk wol verbergen und den fuchsz
beim zäum halten, darzu den falben hengst sehr herrlich
streichen. Thcrneiszer magna alchymia (l5S3) vorrede s. 7;
und so dir jemand schmeichelt, und gar leicht riecht der
biedermann den fuchs, der weidlich den falben hengst zu
streicheln sucht. Veit Weber sagen der vorzeit 3,160; dafür
den falben hengst reiten , adulationem inducere J. Meier
adagia 57;
mancher durch lyegen würt ein herr,
dann er den kutzen strichen kan,
und mit dem falben hengst umb gan.
Bra:4T narrenscli. 100, 16 [vijt. die anmerttung
dazu s. 443 Zarncke).
2) hängst von dem männchen pferdeartiger thiere; so unter-
scheidet man beim esel hengst und slute; die eselhengst-füllen,
so man nicht zur zucht brauchen will, reiszen oder ver-
schneiden lassen, oecon. lex. (1731) 599; die eselhengste, so
man zum belegen brauchen will. 1548; auch beim kamel,
vergl. kamelstule und kamelhengst th. 5,97; ferner beim wal-
Tosz: beim ersten fang befanden sich ein hengst und eine
Stute zugleich auf einer eisscholle. Petermanns mittheil., er-
gänzungsheft 16, s. 42. — Im gebirge an der Ostreich. Traun
heiszl hengst ein verschnittener Ziegenbock. Scbm. 2, 214.
3) hengst übertragen auf einen geilen, buhlerischen mann:
nachdem . . alle diese hengste sich müd gerammelt hatten.
Simpl. 3, 59 Kurz; es gehet dergleichen hengsten nicht änderst,
die wie das unvernünftige viehe einem jedweden geschleierten
thier , wie der Jäger jeden einem stück wild nachsetzen,
s. 123; ich wünschte vielmehr, dasz ich allen solchen hengsten
dergestalt zur ader lassen und das erhitzte geile, ehebreche-
rische gebliith vom herzen räumen könnte, s. 402. vergl. hengst-
brünstig; hurenhengst.
4) aber auch ohne seilenblick auf geschleehlUches ist hengst
nur derber ausdruck für männliches geschlechts, mann, nament-
lich in compositen: vergl. kappenbengst 5, 198, es ist nur der
träger einer mOnchskulte gemeint, der mOnch; ich bin auch ein
solcher partekenhengst {currendeschüler) gewest, und bab das
brot für den beusern genomen. Lcther 5. 1S4'; gadenhengsl
für einen kaufmannsgehilfen , ladendiener. Simpl. 1,424 Kurz;
pomadenhengst der nach pomade duftende, der gcck. mundart-
lich, namentlich in Schlesien, aucli in Obersachsen und Düringen,
beztichnet hengst in derartigen compositen einen besondern lieb-
haber: taubenhengst, groszer freund von tauben, bilderbcngst,
musikhengst u. a.
5) hengst, eine Vorrichtung etwas daran aufzuhängen ; nament-
lich der wagebalken eines Ziehbrunnens: tolleno, brunnengalgen
987 HENGSTBRÜNSTIG — HENKELDUCATEN
UENKELFLASCHE — HENKEN
988
/. Iiengst. DiEF. 5S6'; im ZillerUial das drehbare traghoh , an
icelcliem der milclikesstl über das [euer gehängt wird; auch ein
yetcL^ser balken an einer tcasserklause. Sch«. 2, 214. liengst ist
ferner der ruderring: ein fery, der liengst oder nagel, daruuf
man das rüder welzt, salnius. Maaler 134*; endlicli beim fdrber
ein haspel mit gebogenem hallen, um gefärbtes zeug aus der küpe
zu winden. Jacobssün 2, 253*.
6) Iiengst, ein Iheil der bewaffnung, Schm. 1,1133 Frommann,
mit belegen aus dem 14. 15. jh.
7) liengst eine arl roUter pflaumen, pruna asinina, rosspflaumen,
das.
8) hengst, nachbicr, kovenl; in der fränkiseh-henneberg. mund-
art. Fbomm. 4. 3ü7.
HENGSTBKÜNSTIG , adj.: hengstbrünslige Scliamiramis.
Garg. 62*.
HE.NGSTEN, verb. nacli dem hengste verlangen; von der stule
gcsafjl. Nemnich.
HENGSTFOHLEN , HENGSTFÜLLEN, n». männlicltes junge
eines pferdes oder pferdähnlichen Ihieres.
HENGSTGELD, »i. gcld das man dem eigenlhümer eines spring-
hengsies für dessen zulassen bezahlt.
HENGSTIG. adj. nach dem hrngst verlangend, von der stule.
HENGSTiMANN, m. der mann, der bei einer sluterei das be-
legen der mulleipferde zu besorgen hat; auch der, der mit einem
beschelhenyst auf dem lande umher reitet und gegen ein gewisses
lohn die slulen belegen läszt. oecon. lex. (1731) 994.
HENGSTREITEHEI, f: das umherziehen mit hengsten
zum bedecken, die s. g. hengstreiterei, ist verboten, hannov.
gesetzsam ni hing IS44. ablh. 1. s. 93.
HENGSTSPRUNG, m.: (nennen eine ihrer gesangweisen) den
hippolhoruin oder den hengslsprung, als ob damit die pferd
aufgehriiciit würden, die sluden zu bespringen. Fischaht ehz. 412.
HENGSTVVARTER, n.: ich glaube dasz die kutscher in
dieser studt auch ein solciien Burchard von Gramm nöthig
haben , der . . di«se muszige hengstwarter zur arbeit an-
treibe. SCBCPPIÜS 342.
HENK , m. instrument zum an- oder aufhenken eines dinges,
handhabe, hcnkel: ansa henk Dief. 36'; ansa ein henk an den
Uaffcn [in vllis) nov. gloss. 25*. vergl. geiienk, henkel.
HENKE, f. fest am ende der dresch- oder ernlezeit, wo die
gerate un den nagel gehenkt werden; drischel-, flegel-, sicbei-
henke. Schm. 2, 215.
HE.NKEL. m. instrument zum an- oder aufhenken, vergl. oben
henk, und hänge! sp. 439, das zum verbum hängen sich eben
so verhält, wie henkel zu henken, hankel, ansa, circulus aheni,
liiinkel an einem trinkgescbirr, nasus. Stiei.er 7{iO; der krug
hat einen heiikei, urceus est «asotu.'i Steinbach 1, 734; henkel
in der ampei, mergulus voc. ine. Iheut. i 4" ; wie mancher topf
2 henkel bat. Chr. Weise kl. leule 340; der gute henkel ist
mehreniheilä abgebrochen. 341; er {der anfsatz) ist von dem
feinslen porceilan, und die lassen haben alle henkel. Gei.lert
3,198; lienkel eines korbes , eines kleidungsstückes, eines
rockes; henkel an einer giocke:
aiüszt den zapTen aus!
goit henabr daü haus!
rauschend in des lienitels bogen
•cliieszts Dill (eueibraiineii wogen.
Schiller ijlucke v. 153;
henkel an einem geldslück, s. henkelducalen, hcnkellhalcr;
henkel, das ohr der lichtdochlc, das sich beim lichtziehen auf der
dochtttange bildet. Jacobsson 2,254'; ferner der faden eines ge-
tponnenen knupfes, der den letzteren mit dem rocke verbindet, das.;
lienkel an einem schwert:
hör zu mein lieher enkel,
und linng dein hölzern Kcbwert
derweil an seinen heiikul. Hüciekt 159.
bildlich: wenige (vorreden) sind henkel des buchs. J.Paul
grünt, proc. 1, 123; so musz auch die liebhaberin eines briiders
durchaus und noch nöthigcr eine schuesicr haben, deren
freundin sie ist, und die der henkel und schafl um bruder
wird. Ilenp. 1,64. tpricliwurt: man Irilgt den krug so lange
zum brunnen , bis der henkel zerbricht, quem iaepe Iransit
catut. aliquando invenit, Steinbacu I, 734.
Auch die Vorrichtung, an der der knsel über dem herdfeuer
hntifit, hcml nach Stieleh 760 bUnkel, sonst hahl oder hAngel,
vrrtil. tp. l.'.<i. 430.
HENKKI.CIIKN. n. kleiner henkel.
HKNKLLDI CATEN . m. dukaten der mit einem henkel ver-
sehen tM, damtl er als haluchmuck ytlrayen werden kann.
HENKELFLASCHE, f. flasche mü einem henkel oder henkeln :
liesz sich eine grusze henkelflasche reichen. Abniu kronenw.
1, 2SI.
HENKELFORM, f. eine form von thon, lehm oder gips, worin
ein hvnkel zu einer giocke oder zu zinnernen kannen gegossen
wird. Jacobsson 2, 254*.
HENKELICHT, adj. ansatus. Steinbach 1,734.
HENKELhOHB, «i. korb mit einem oder henkeln.
HENKELKRUG, «i. krug mit einem lienkel oder henkeln:
manchmal glaubte ich, ich sähe ihn leibhaftig selber an seiner
Staffelei sitzen, dann und wann nach dem groszen henkel-
krug greifen, überlegen und dabei Irinken, und dann wieder
trinken ohne zu überlegen. H. Heine 4, 157.
HENKELN, verb. mit einem henkel versehen: einen ducaten,
einen Ihaler henkeln; am meisten im pari, des praet.: ein ge-
henkeltes gefdsze, vas ansalum Steinbach 1,734; in seiner
rechten hielt er ein silbernes gehenkeltes gcmäsz. Qüthe
24, 323 ;
wahrlich ein Sophlenducalen,
neu gehenkelt, blankes gold. Fr. Kinn gediclile;
mütterchen, eile mir wein in gehenkelte krüge zu schöpfen.
Odyssee 2, 3.SÜ;
lange reihn von schöngehenkelten urnen. Platen 336.
HENKELTASSE, f. lasse mü einem hcnkel versehen. Jacobs-
son 2. 253*.
HENKELTHALER, m. tlialer mit einem henkel versehen: schenkte
mir einen henkelthaler. Arnim 1,341. vergl. henkelducalen.
HENKELTOPF, m. topf mit einem hcnkel oder mit henkeln:
hünkcltopf, asellus Steinbach 2, 823 ;
[dpr allf) tragend den bunten,
mächtigen henkeltopf, halbvoll der erlesenen erdbeern.
Voss 1, 30 (Luise l, 2UU).
HENKEN, verb. suspendere.
Die lierkunß des worles ist sp. 441 angegeben; es ist das ahd.
henchan, praet. hancta, mhd. henken, praet. hancte tind lianhte.
die rückuni geläutete form des praet. findet sich noch bis ins IG. )/i.
hinein: und hankt man pretter an all zinnen umb die stat.
d. slädlcchr. 3,93,22; item 1529 jar zu sant Jörgen lag am
samstag darvor da hanket man der buUer zunftmuister. 4,13;
die wid tet er recht klenken,
den Adciger daran henken,
er hankt in bei der brunnlliesz. Ubland volksl. 15t.
rücksichllich der bedeulung geht henken ganz neben hängen her.
es ist oberdeutschen quellen geläufiger als mitteldeutschen , die ent-
schieden hängen bevorzugen. Luther verwendet jenes weil sellener
als dieses, und fast nur in der bedeulung 7 unten, henken
drückt aus:
1) allgemein in eine hangende luge bringen {vergl, hängen 2
sp. 44!t); getvühnlich mit richlungsbestinimung , die durch prae-
positionen oder ade. ausgedrückt wird: so bau wir . . geheiikct
unsere insigeil an disen brief. weislh. 3, C09 ; zQ dem ersten
so henkt man die haut in das wasscr, und wenn si lang in
dem Wasser gehanget, so nimpt man si ausz dem wiisser
und .. schapt d; bar hiirab, das noch daran hanget. Keisehs-
berg hos im pf. (gmnatap/el) co'; die meergroppen henken
ihre eier an die leisen. FuRER fisclib. 7*; hodrihein, hiiinacht
nimmer heim: sonder henkt die sonn an den iium. die nacht
an den lag, die lisch an einander trag. Carg. loo'; spiich-
wörtlich: den mantel henken, wo der wind her geht. AcR.
spr. (15(j0)18'; an den nagel henken. Chr. Weise erzn, 4t>2;
den mantel benken gen dem wynd.
URAnT narrenscU. 100, 16;
bis kaiser Fridrlch henket
sin Schild an turreii boiim.
LiLiEMCRON tnlk^t. 2, 26, 21;
hübsch srbilt ich in <li kirchi-n lienk,
das man ruiulich auch mein gedenk.
SCHWAR7KMBER0 137';
lind will der lierznllcrlieb$ten mein
ein ketten benken un den lialsz.
i. Atrrr hV (299. 19 Keltei);
die Stirn ist sonst der iliron dratil cliro sitzt etnpnr;
was hat für obre <lcr, der banru licnkt davor. Locau 1,43, 67 {
die iiiirriMi dankten mir durch ihren poilschenstiel,
und iniidrhcn lirnkleii mich Uli alln wiclili-lzople,
iu wünschen mein icli nur. Güktiikn 5'itj;
so balle du unsere biiriigen ross loi
henk In den ring die tü|[el. Üürckr 223>s
bUdlich:
iinit wenn die schale nicht sich Ihr nach willen senket,
tur nahrhoil ein gewicht erdachter lugcn heiikei.
J. K.'SciiuiML 4, 282.
989
HENKEN
HENKEN — HENKER
990
henken reflexiv: die Lenken sich auch an mit zarten fädemen,
wie andere legumina. Bock, kräuterb. 49b; die gezweigte pfirsig-
bänme soll man, wann es gar heisz ist, alle abend mit
frischem wasser .. sprenzen: innsonderheit aber wann man
vermerkt, das sie anfahen zu dörren, und sich zu henken.
Sebiz {eidbau 346;
dasz unsre zungen sich ohn krafl, geschmack und sprach
an unsre rächen henken. Weckherlis 294.
l) insbesondere von kürpertheilen, zum ausdruck einer empßn-
dung {vergl. hängen 3, sp. 450) : Theagenes gieng trauwrig
darvon , henket den köpf, der Sachen nachdenkend, b. d.
liebe 213*; siehe wie henket er das maul, ich wil ihn den
zornbraten abschneiden. Schottel 1134'; ich wolte zwar das
maul um etwas henken, aber sie sagte mir austrücklich,
wann ich sie disz narreniverks halber . . verachten wolte,
so wüste sie noch kerl, die sie nicht verschmähen würden.
Simpl. 3, 261 Kurz, den mund in etwas henken, in begierde:
wo ich erwisch ein flaschen mit wein,
wil ich mein scbnabel henken drein.
H. Sachs 3, 2, 166';
ein junkfrouw sol fln züchtig sin,
die nasen nit z'tiel henlien drin (ins qlas).
iray. Joli. Qvij.
3) henken, sich an einander reiften beim reigen: man bläst
den kindern einen tanz, sie tanzen umb den altar herutnb,
darnach henken sie sich an einander und singen einen reihen.
J. Ayrer 256' (1278, 2 Keller) ; so hat man unsere musen zu
mahlen pflegen, als sie mit zusammen gehenkten bänden in
einein reihen tanzen. Opitz poelerei s. 6.
4) henken , an sich fesseln , als anhang erwerben (hängen 4
sp. 450): henket ich eilends an mich 400 schützen. Schert-
LiNS br. 19 ; sein son Elcazar henket das aufrührisch volk
an sich. Reiszner Jerus. 2,112';
groszraechtiger herr, euch ist beiiandt,
wie knnig Aliens vor seim todt . . .
zum Iriden bracht die Sabinos,
an sich gehenkt die Laiinos.
Atrer 39' (209, 33 Keller) ;
furcht ich er möcht an sich henken
ein meng kriegsvoik. 116' (588, 10 Keller).
sich henken an eine, deren anhang bilden, ihr folgen: dasz
ihrer fräulin liebhaber rebellisch worden und sich an eine
andere gehenkt. Simpl. 3, 135 Kurz;
eure tochter ist ein junges blut,
und kennt den tetilel der männer ranken,
warum sie sich an die maidels henken. Götbb 13,62.
5) sich henken an etwas, in bezug auf neigung, meinung,
ansicid (vergL hängen 6 sp. 451) :
vom glawben wil abwenken,
an tewUisch lere sich henken,
zu lalsclien geistern lenken. Soltao 270 (\6.jahrh.);
der nicht, wie du hiszher, zu frech sich an sie {dip teeli) henket,
der viJmehr iiber sich an enigs wesen denket. Rohpler 90;
die Zeiten sind als wie ein rad, sie reiszen mit sich um,
wer sich an sie iienkt; machen ilin venlreht. verkehrt, krum,
thum. LocAü 3, 109, 46.
C) anders meint ein in einander henken bei Luther, näm-
lich in zwisl hart an einander bringen : sollen sich solche leute
[der papst und sein anhang\ nicht billich fürchten für der re-
fornuiiiun und einem freien concilio, und ehe alle künig und
fürsien in einander iienken , das je nicht durch ir einigkeit
ein conciliuni werde? l, 297*.
7) am häufigsten und bis in die neueste zeit hinein heiszt
hcnkc-n an dm gülden aufknüpfen {tergl. hängen 1, sp. 449).
Lt;THER l/raueht das uorl nur vom erleiden der lodesslrafe durch
den ürang, trenn kein Oillicher beisalz stall hat; in dem letzteren
falle (an den galgen, an bewme u.s.w.) verwendet er hengen
{rergl. £v//i. 2, 23. 8, 7. ap. gesch. 5. 30) : den obersten Lecker
liesz er henken. 1 Mos. 40,22 {gegen an galgen hengen r. 19);
icli bin wider an mein ampl gesetzt, und jener ist gehenkt.
41, i:t : bei andern aber wird dieser unterschied im gebrauche nicht
btoiachlel: wi.ll daruuib der künig im. Frankreich all esei-
treil.er henken. Garg. 109*; so wolt ich einen doppellen galgen
hauen bissen, und an den untersten galgen wolt ich henken
lassen die krainerjiingen , und andere kMeciile und inägde
die ihren berrn bestehlen, an den obersten galgen aber wolt
ich henken lassen die jenige, welche kindern und gesinde
ihren diel. stuhl abkaufen. Sculppics 204; der henker wirft
dem malefikanten kurz und gut einen strick um den hals
und henkt ihn . . an einen aststumpen. Hebel 2 (1853) s. 131 ;
es war zum henken und zum laufen lassen, wie man wollte
3,72,
wer ain pös weib hab,
der thuo sich ir pei der zeit ab,
oder er nem ainen starken past,
und henke sei an ainen ast,
und henke auch da pei
iwen woIf oder drei :
so gesach nie kain man kainen galgen
mit pösern palgen,
wen der den teufel vienge
und inen zu in hienge. {astn. sp, 511, 15;
ich henket euch ee baide an ein wied. 550, 30;
zehenken alle Juden. Schwarzejiberg 106';
feld und gut kann er conGscieren,
ann henken lassen und pardonnieren.
Schiller Wollenst, tager II. auftr.;
sich henken, sich durch aufknüpfen lüdlen: wie man bisher
viel leut gefunden hat . . die der teufel reitet und plagt mit
anfechtung und verzweivelung, das sie sich selbs henken oder
sonst umbbringen, für groszer angst. Luther 5, 530'; der ist
ein narr der sich drumb henkt. Simpl. 3,398 Kurz.
Vide spricliwöiier und redensarten. die von Nürnberg lassen
keinen henken, sie haben ihne dann. H. J. v. Braü.nschweic
351 ; man henket keinen, man habe ihn dann. Pistobids thes.
par. 4, 9 ;
die Nürnberger henken keinen,
sie hätten ihn denn vor. Schiller räuber 2, 3;
groSie diebe henken die kleinen. Schottel 1114*; es ist
kein amt so klein , es ist henkens werth. Pistorics thes.
par. 1,3; man henket keinen zweimal. 1,42; mit gestohlen,
mit gehenket. 1,85; wer stiehlt trunken, wird nüchtern
gehenkel. 1,89; wer nicht alt nerden will, mag sich jung
henken lassen. 2, 17; den 'dieb soll man henken, und
die hur ertränken. 3,48; kle;ne diebe henkt man, grosze
läszt man laufen. 3,5t; man henkt keinen dieb wider seinen
willen. 4,22; wenn man mit läugnen könnte vom galgen
kommen, würde niemand gehenkt. 6, 94; solt sich einer noch
so willig an pratspisz stecken lassen, weil man doch sagt,
ein gut mal sei henkens werth. wiewol jener Italiener meint,
ein jungfrawkusz sei henkens werth. dann er wer lieber
von einer jungfrawen gehenkt, dann ausgestrichen: ursach,
inn Italien musz der henker seinen henkmessigen son zuvor
zu guter nacht küs.«en. Garg. 48; eine gute mahlzeit ist
henkens werth. M. Neander menschensp. 114, vergl. henkers-
mahlzeit; im hause des gehenkten soll man nicht vom stricke
reden. Sinbock sprichw. 241;
lieber henken
als ertränken. 240.
8) dasz henken bisueilen misbräuchlich für inlransüitei bangen
steht , wurde bereits sp. 441 angegeben, zu den dort stehenden
beispielen noch änige: die enge zwischen Galiopoli und zweien
festungen, schlosz oder castel, welche auf und ins meer
henken. Fronsperg kriegsb. 3,189'; Esopus lehret, wenn
jemand ein braten vom altar zucket, bleibt gemeinlich ein
glühend kühlein daran henken. Scbi;ppius 830; was hilfts,
einen güldenen galgen haben, und daran henken müssen.
Pistorics thes. par. 1,27; ob ich wol der jungen cavallier noch
mehr an mir henken hatte. PHiLA-itDER lugd. 3,217;
Christus, der uns seiig macht,
ward für uns ans creutz gebracht.
0 wie würden sich bedenken,
die manchmal das selig sein
suchen nur durch Tremde pein,
wenn sie selbstcn sollen henken. Locau 1,38,39;
Praedo wil noch lieher henken,
als sich in die wirthschatt senken. 1,78,17;
was hilft es einen dieb, der morgen henken sol,
ob er mit speisz und trank versorgt ist heule noi? 3,14,53;
weisz ich so gut als er noch nicht, woran es henket,
dasz weder kratt noch geist nach meinen wünschen llieszt.
GcMTUER 787;
des Seilers torhter wird in kurzem deine braut,
wie meine liebste sein, wir müssen beide henken. 1034.
HENKER, m. carnifex.
1) der beamtete, der die todesurtheile, zunächst durch den sträng,
dann auch auf and€re weise vollzog und zugleich bei Stellung der
peinlichen frage tlidtig war, hiesz nur im munde des Volkes henker;
henker spiculator , lictor voc. ine. thettt. i 4'; in der officietlen
und gesetze-^sprache dagegen nachrichter {z. b. Carolina art. 86.
96. 97.) oder scharpfrichter (z. b. weislh. 1, 832). die wortform
991
HENKER
HENKER
992
sdiliefzi sich, als eigenllich oberdeutsche, ebenso an henken an,
wie das milleldeulsche bänger, henger (sp. 453. 985) an bangen.
das allmälige vordringen des erslcrn wortes kann beobachlcl werden,
Letber braucltl noch benger und benker neben einander: man
sulte die benker bei der nacbl auslassen. 3, 418*; die zween
lienger und ir knedit. das.; doch schreibt er in der bibel nur
benker: danimb fürcble dich nicbt für dem benker, sondern
.stirb gerne. 2 Macc. 7,29; und bald scbickle bin der künig
den benker, und bies sein henbt ber bringen. Marc. 6,27.
schon im \G.jahrh. kann die form benker als überall gebräuch-
lich gellen: der wirt mit dem benker am leben gestraft wer-
den. Fboksp. kriegsb. 1,2"';
und zuletzt bekomen den Ion
nach dem gemeinen Sprichwort recht,
wie der benker lonet seinem knecht.
Schade .«iJ. n. paaqu. 1, 69, 26
(aus !^iederdeutscliland).
sgrichwOrtlich : wie man spricht, wer vater und mutter nicht
büren wil, der mus den benker hören. Luther 3,185*; wer
seinen eitern nicbt folget in der Jugend, der musz dem benker
folgen im alter. Schottel 1130"; was der benker mit dem
Schwerte erreicht, ist sein. Pistobics Ihes. par. 1,43; der
benker ist gar ein scharfer balbir, non tondet carnifex, sed
deglubit. Stieleb 7G0; wer dem benker entläuft, entläuft des-
halb dem teufel nicbt. Simrock sprichw. 241.
2) benker in freierem und bildlichem gebrauche: der mund
ist des baucbs benker und arzt. Schottel 1114'; er ist sein
eigener benker, suum supplicium est. Serz 66'; gekrönte henker.
E.V. Kleist 1, 13; wer wars, der seinen sehn jagte in kämpf
und tod und Verzweiflung? o, er war ein engel, ein kicinod
des himmels. fluch über seine henker! fluch, fluch über
euch selber ! Schiller räuber 2, 2 ;
ihn lehrt der lauf der weit, dasz neid und frevelmuth
der tugend henker sind. Hagedorn 2, 32;
vom schweren dienst der eitelkeit,
von theuren freunden voller neid,
den henkern unsrer lebenszeit,
eil ich den freuden und der ruh
an deinem vollen busen zu. s. 85.
3) henker euphemistisch für teufel, satan, wie die namen für
beide oß lauschen {vergl. hämmerlein und hämmerling sp. 317.
318): sie treibens als wenn ihnen der lebendige benker in
den haaren sesze. Schoch stud. leb. E; ich halte der benker
hat sich leibhaftig von der kette los gerissen, dasz ein so
grausamer tumult vor meinem losament entsteht. Chr. Weise
triumph. keuschheil 3, 1 (fiberß. gcd. 1701 228) ; Georg schwur
darauf des henkers groszmutter ein bein ab, dasz er thun
wolt, was sie begehrte. Simpl. 3,320 Kurz; mein bruder ist
witzig wie der henker! Rabener sat. 3,246;
ihr könnt so ehrlich thun, man glaubt euch gern aufs wort,
ihr mäoner! auf einmal führt euch der henker fort.
GöTUE 7, 51 ;
in henkers küche kommen, übel anlaufen, wie in teufeis
küche kommen:
denk ich : du kähmst genisz in henkers küch hieneio,
wenn dieser eztragang verrathen solle sein.
Amarantuks proben U. poesie (1710) 416.
namentlich auch in folgenden festen formein.
a) in mildester weise zum ausdrucke einer ärgerlichen Stimmung,
einer ärgerlichen veruunderung ; gewöhnlich dient zum henker!
was henker! der henker! beim iicnkcr! auch in (lenilimcher
fügung was henkers! Fr. Müller 3, 344: 'er sasz bei der Jungfer
auf dem bett.' das wäre der henker! das bärl. frauenz. Hl;
was zum henker, sie selbst? Lessinc 1,288; und, zum hen-
ker, was ist denn das für ein äffe? 289; der henker! was
lasz ich da fallen! 330; denn wer henker kann eine gcfällig-
keit abschlagen, für die man schon den dank empfangen
hat? 12,152; wcisz es der henker, was er immer mit ihnen
hat! Lehz 1,94; aber so möcht ich henkers doch wissen,
was für hexereicn du brauchst. Schiller räuber 2, 3 ; zum
lienkcr, sie soll mich anhören, was ich ihr zu sagen habe.
GuTDE 11,18; zum benker! ich seh euch ja an! 14,204;
wer zum iienker ist beim vater? 289; wo hat dich der
henker wieder? 10,127; 'daher bat .. dein aufliörender puls,
sogar deine obnmacblen haben nicht« zu sagen, mein lieber
l'aul.' ei! den henker! sagte der palienl. J.Paul uns. löge
3,57; beim benker! mir wird schwül. Siebenk. 1,141; das
»Ire der benker! Kotzebue äram. »p. 2, 32.'>; aber zum hen-
ker! 3,315;
ich raiisz ja ein poet bei allem henker sein,
und sänge auch lians Sachs durch mich ein liedeleia.
GÜ?ITHER 7äM;
was henker soll denn vor ein ehrlich mnticlien bleiben?
Amarantiies ili;
was henker! freilich linnd und liiszo
und köpf und h die sind dein. GüruK 12,91;
o! zum henker! wo die macht ist,
ist doch auch das recht zu sein. 47, 237.
auch ohne den atisdruck des ärgers , sogar als derbe duszerung
freudiger Verwunderung: zum henker, was musz es für eine
tust sein, wenn man alles in der weit weisz, so wie mein
berr! Lessing 1,248; was zum benker treibst du für mum-
merei? GüTBE 8,9 (was fürn henker ... 42,9);
was henker! du bist nicht der aht von st. Gallen?
rief hurtig, als war er vom himmel gefallen.
der kaiser mit frohem erstaunen darein. Bürger 67'.
b) bei fluch und Verwünschung: weisz in zfim henker {einen
unverschämten mann). Keisersberc post. 3. 4()'; dasz dich der
henkeren hole, facet. facet. ihS ; der henker danke dirs! Chr.
Weise errn. 10; seine frau übergab uns allesamt dem benker,
dasz wir die speisen lieszen kalt werden. Leipz. candidate s.47;
packt euch zum henker! Güthe 14,282; ein höflicher berr!
Schnaps, das dank ihm der henker! 268; der henker hole
alle liederlichen dirnen ! rief der alte mit verdrusz. 18,179;
hei sa! der benker bohle die grillen ! Wieiand 11,214; hol»
der henker, ich bring nichts mehr heraus. Arnim $c/iau6. 1, 18 ;
der henker dank dir deines grusz! fasln, tp. 553, 16;
gedacht des müsz der henker walten,
das ich nicht auch werd so gehalten.
E. Alberus 146;
und wenn mein stündlein kommen nun,
der henker soll es holen I Schiller räuber 4, 5;
doch wie ers täglich treibt, da halt der henker friede !
GöTUB 7, 42;
der henker traue den glatten zungenl
Kotzebue äram. sp. 1, 24.
c) daran angeschlossen, bä derber bezächnung von verderben
und Untergang: es ist alles aus. meine amour ist zum benker.
Leipz. candidate h8; ich hatte alles klüglich eingerichtet, meine
eintheilung der zeit als ein achter prakticus gemacht . . nun
hats der henker! Göthe 15,15; er solle sein leben retten
und das pferd zum benker fallen lassen. 34,289; der hof . .
sieht aber doch wohl ein, dasz ohne uns Holland und Belgien
augenblicklich zum henker gehen. Nierühr leben 2,133; das
war nun sämmtlich zum henker; ich muszte kalt und zähe
davon gehen. J. Paul uns. löge 2, 20 ;
bald bricht ein kleiner hund das bein,
bald fliegt ein specht zum henker. Götter 1, 88;
hat einer knechtschaft sich erkoren,
ist gleich die haifte des lebens verloren;
ergeb sich was da will, so denk er
die andere hälft geht auch zum henker. Göthe 26, 324.
d) namentlich von menschen die ihrem verderben zueilen, heiszt
es sie sind des henkers, sie reitet der benker: {Pickelhering
spricht) und thät ichs fresscns und saufens wegen nicht und
anderer losen händel wegen, der hänker ritte mich denn,
dasz ich mit zöge und auch ein Student würde. Schoch stud.
leb. c; er wird ja nicht des henkers sein und sich die ab-
dankting zu halten untcrslebn. frau Schlampampe leben 144;
du bist doch des henkers. Leipz. candidate 49 ; reitet euch
der henker? Göthe 14,281;
am weinachiabend kam Kunz her,
der henker rauszt ihn plagtMi,
kam her und stahl. Claudius 1 u. 2, 174.
«) andere formein: dieser (kranke) wolle ohne des henkers
dank speck und kohl fressen. Chr. Weise erjn.366; muszte
sie (die schöne tochler) wider des henkers dank die greulichste
sau von der wolt heiszen. ehe eines mannrs 242 ; redete man
nemlich gar nicht, so war der henker wieder los, weil sie
alsdcnn plötzlich wie eine fiirie auffuhr. 230; gehe ins hen-
kers namen! Frisch 1,443"; wir reisten tag und nacht, durch
eine menge stüdle und dörfer; der henker mag alle die
namen behalten. Sturz 2,403; der henker mag es länger in
der weit iiusballcn, ohne sie zu sehen. Götdb 18,214; ich
danks euch mit dem Iienker, sagt er sanft, es ist eure ver-
fluchte Schuldigkeit. J.Paul Tit. 2,30; es ist jclzo gleich
zwischen II und 12, da der henker gemeiniglich sein spiel
hat. SchelmuffskyX. 31 ; es mOszIe der henker sein spiel haben,
wenn ich dadurch nicbt liebe genug zusammengebracht hätte.
993
HENKER— HENKERISCH
J. Padl teuf. pap. 1, 16 ; es müszte mit dem henker zugehen,
wenn ich den gauch nicht ausfindig machen wollte. Immeb-
MANN Münchh. 1, 150; im grund ging jetzt der henker erst
los. J. Paul uns. löge 2, 19 ;
was Schaft ein alte kuplerin?
die hat der henker auch dahin. H. Sachs 1,508';
der henker ist ganz los bei diesen tollen zeiteo.
Aäarasthes (1710) 423.
/) häufig ist besonders eine derbe Umschreibung oder Verstärkung
der negalion : von den beiden gelegenheitsgedichten des hrn.
Nicolai urtheile ich, dasz die gediclite recht gut sind . . .
dasz aber die kupfer nicht den henker taugen. Lessi^g 12,104;
es soll {meine kranklieil) zwar nur ein fluszfieber sein, aber
ich habe den henker davon, wie die dinge heiszen, die uns
das leben so unangenehm machen, an Eschenburg, bei Heine-
mann s. 20; zum guckguck ist er, und bekümmert sich den
henker darum, wie wir wieder aus dem quark heraus kommen.
VViELAND 11,177; sie flattert über Stauden und hecken, dasz
ihr der henker nicht nachkommen kann. 233 ; den henker
hab ich davon von meinem sitzen auf der grafenbank in
Regensburg, wenn ich hier auf dem kutschkissen hocken
musz. J. Fall uns. löge 1,27; ich frage den henker darnach.
KoTZEBLE dram. sp. 2, 210 ; liauplmann. als ich officier wurde,
hast du mir meinen antheil ganz herausgezahlt. H. den
henker hab ich dir ausgezahlt, werke 36, 173 ; hauptmann. was
geht das mich an? ich habe dich quittiert und das meinige
verzehrt. H. den henker hast du das deinige verzehrt, so
lange ich etwas habe. das.
4) henker, bei J. Fall für tmnütze, nichlswerte personen und
Sachen (vergl. äne ähnliche bedeulungsentwickelung bei hagel 5
sp. 144): wir müssen aller henker sein, um allen henker zu
schildern, uns. hge 1,7; dasz ein pabst aus nichts etwas,
aus unrecht recht und aus allem henker allen henker machen
könne. 5.72; wir Verfasser strengen uns an und verfertigen
fibeln, mordpredigten, periodische blätter oder reinigungen,
ausschnitte und andern aufklärenden henker. 2,160; {die
alten pedanten) die allen henker wüszten. a. d. teuf. pap. 2, 111.
5) selten ist henker auf die allgemeinere bedeutung von henken
(l sp. 988) bezogen:
nicht mehr verbeisz ich diesen herben kummer,
maulhenker ihr, Schlafmützen, memmen, tropfe!
Uhlakd ged. 439.
HENKER, m. ein ledig gelassener bienenstock mit noch voUem
werke. Nemnich.
HENKER- s. auch henkers-.
HENKERÄMT, n. ; das henkerampt verwäsen, oder henker
sein, ministerium carnificis occupare. Maaleb 21S'.
HENKERDIENST, m. dienst me ihn ein henker leistet. Beckers
iceltgesch. 13,97. bei Schilleh getrennt henkers dienst:
zu henkers dienst drängt sich kein edler mann.
Schilleh Wallenst. lod 4, 6.
HENKEREI, l) carnificis habilaculum. Frisch 1, 443*. Lcther
lischr. isi*.
2) amt des henkers: aber was ist denn der gedankliche
Inhalt, den man daraus entnehmen kann? nichts anderes,
als dasz die henkerei ein göttliches geschäft ist, und galgen
und rad zum göttlichen rechte gehören. Frariz *rt<JÄ aller
Parteien 186.
3) henkermäsziges gebahren:
verschtcorner. das demandfeste joch der grausen tyrannei.
die felsenschwere last der rauen henkerei ...
und was ein grimmer fürst noch mehr bringt auf die bahn,
ist durch uns, ob wol späth. doch endlich abgeihan.
A. Grtphiüs 1698 1, 77;
ain grosze henkerei und peinigung der gewissen. Melanchthon
hauptartikel der h. schrifl verdeutscht 42.
HENKERGÄNG, m. gang des henkers zur richtstätte: ein
gülden vom henkergang {als gebühr). Garg. 161'.
HENKERGELD, n, expensae criminalium executionum. Frisch
1, 443 .
HENKERGRIFF, m. henkermäsziger, peinigender griff. Coro. 63",
in bczug auf schlechte hebammen,
HENKERIMßS, n. imbisz vorm hängen an den galgen: ich
kann mir ja selber mein henkerimbs zurüsten. L. Ph.Hahn
aufruhr zu Pisa 152.
HENKERISCH, adj. und adv. nach ort eines henkers: denn
da ist weder veterlich noch kindlich regiment oder wesen
sondern eitel henkerisch und schelklsch re^ment. Ldth^r
3,185'; solche henkerische arznei. Pabaceiscs opp. l, 73o*-
IT. II. '
HENKERLOHN— HENKERSCHLAG 994
henkerisch peitschen, virgis caedere more carnificis. Frisch
1, 443' ;
nachdem er lang umbsonst recht henkrisch mich gehandelt.
LoHESsiEis Epichar. 11, 311 j
durch böse werk und henkrisches gebahrn,
iie wider gottes willen warn, geistl. gedanken 94, 1741 ;
das brennen, morden und das henkrisch daumenschrauben.
Rist Pam. 590.
HENKERLOHN, n. pretium pro executione. Stieleh 1175.
HENKERMäSZIG, adj. und adv. l) supplicio dignus, gcugen-
mäszig. Frisch 1, 443* ; reif für den galgen : weiter alle die
dieb mörder und henkermessige leut, so er fandt zu kriegen
geschickt , die nam er an in sold , erliesz in ir missethat.
Frank Germ, chron. 1538 93'; mit dem, dasz die finger ab-
gehauwen oder die zungen auszgerissen und henkermessig
gemacht wird. Ayrer proc. 2,10; dann es geschiehet nicht
wenig, dasz der jenige der gankerle gank spielen, und durch
das henfene fenster sehen soll , macht ein amor mit herr
Johann des oberrichters magd, diese recommandiert ihn der
tochter, die tochter der mutter, diese macht nachmals dem
herrn schultheisen eine solche opinion , dasz der henker-
messige vor einen Agamemnon . . gehalten wird. Schüppius
531; die henkermäszige landbetrügerin. Jucundiss. 85; der
henker greift den Ämbrosium an. Ambrosius sagt:
was soll das sein? das thut mich bschwern.
soll ich denn henkermessig wem ?
J. Atrer 92» (466. 22 Keller).
2) henkermäszig, »lore carnificis, wie ein henker. Frisch
1,443'; auch henkersmäszig : er ist mir hänkersmäszig be-
gegnet, omni crudelUate me laceravU. Steinbach 2, 54 ; so hän-
kersmäszig ging er mit mir um, tantam immanem crudelitatem
adhibuit in me. das.; jetzund setzet die liebreiche princessin
einen fusz ins grab, und der strick, welcher ihren Schwanen-
hals henkermäszig umschlingen sol, ist verfertiget. Ziglebs
Banise (1700) 661 ; du wirst des mordens besser gewohnt sein,
... grausamer bluthund! derowegen so komme nur selbst
her, und verrichte dieses henkermäszige opfer. 683. auch
als Verstärkung: es gieng henkermäszig geschwind; es war
eine henkermäszig schwere arbeit.
HENKERN, verb. wie ein henker verfahren, henkerdienste ver-
richten, namentlich {von der thdtigkeit des henkers bei der tortur
hergenommen) quälen, peinigen: wenn man sie im Donat auf
solche weise alle wol gehenkert. M. Nea.nder bedenken 4 ; es
hehkert aber diese schändliche brunst den leib desjenigen,
der sich damit besudelt. Bctschry Palm. 818 ; so will sie sich
dann ohne unterlasz durch weinen martern und benkern?
Hallmasn Heraklius 27;
soll lieb und eifer noch,
begierden und Vernunft mich henkern?
LoHENsiEiM Sophon. 61, 406;
ein lasterhaft gewissen
wird von den nattern böser tust,
von Würmern banger furcht gehenkert und zerissen.
Agripp. 56, 7 ;
ich henkere ja selber mich. Ibrah. 27,715;
itzt henkert man den geist in den verborgnen höhlen,
man foltert henkerisch was man nicht sehen kan.
WiBDKMANN febr. 32.
HENKERSARBEIT, /. : henkersarbeit verrichten, carnificis
partes aqere. Frisch 1, 443*.
HENKERSBEIL, HENKERBEIL, n. beil wie es der henker
führt: hänkersbeil, securis ianjuinoten/o. Steinbach 1, 82 ; hen-
kerbeil Stieier 123.
HENKERSBÜBE, HENKERBÜBE, m. gehilfe , knecht des
henkers : das sollest du dem henker sagen und henkersbüben.
Keisersberg Sünden d. m. 20'. freier böser, nichtswürdiger bube:
und gat vor dir anhin, so dir dye henkersbüben die bösen
geist entgegen loufent. bilg. 194'; solche gemeine bartscherer,
heckenärzt, henkersbüben. Tabernaem. (1588) 452; die ganze
Sünder rott ist da, mit stricken zusammengekuppelt wie die
hunde, Pilatus kablet sich selber ab mit dem schwert, das
er trägt, Judas trägt einen sträng am hals, die henkersbüben
raufen die haar und heulen, weil sie den in wölken sehen,
in den sie gestochen haben. Otho 551 ; henkerbube, lorarius,
lictor, masligia Stieleb 254; hänkersbube, liomo laqueo dignus,
camifex. Steinbach 1, 213.
HENKERSBÜRSCHE , m. liclor, lorarius, carcerarius. Stie-
ler 136.
HENKERSCHLAG, m. decoUatio, capitis amputatio. Stieler
1812.
63
995 HENKERSCUWERT — HENKERSMAHLZEIT
HENKERSPIEL — HENNE
996
HENKERSCHWERT, m. schwerl des henkeis: wie viele gute
küpfe haben nicht erst über das henkerschwert springen
müssen. TbOmxel 6, 296. benkersschwerd gladius carniftcis
Fbiscb 1. 443*.
HENRERSDLNG, h. verUufeUcs, schlimmes ding {vgl. henker 3
sp. 991) :
dürft ich ihn wieder nur, wie ers verdient, tractieren !
doch meine tochter! o! das henkersding geht schief!
GöTHB 7« 94.
HENKERSEHNE, f.: henker- sive follersennen, fidiculae.
Stieler 2007.
HENKERSEIL, u. laqucus. Stieler 2000.
HENKERSFRIST, f. die kurze fnsl, die der henker einem ihm
verfallenen vor vollslreckung des urtheils gibt, auch übertragen
von dem kurzen aufschubc einer sache , die doch nachher unbe-
dingt gescliehen musz. vergl. galgenfrisl.
HENKERSGEDANKE, m.: also nur frisch die leiter {zum
galgen) hinan ! . . . eben werde ich in diesen henkersgedanken
unterbrochen. Lessing 12, 547.
HENKERSHAND, HENKERHAND, f. hand und gewalt des
henkers: als hätten sie mich sehen
mit diesen henkershunden stehn. Schiller Mach. 2,4;
von henkershand sterben;
und tod von henkershand wird ihrer treue lohnen!
Gotter 2, 150;
under henkershand geraten, in equuleum conjici, ad carmßcen^
rapi. Stieler 752; henkerhand, lorlnra, poleslas criminalis. das.;
ward sein buch durch henkershand verbrannt. Beckers well-
gesch. II, 446.
HENKERSKNECHT, m. carnißcis minister. Frisch 1, 443'.
übertragen :
(Alba) des fanatismus rauher henkersknecht.
Schiller Karlos 1, 2.
HENKERSKÜHN, adj. kühn, trotzig wie ein henker: wiewol
auch ir bös, unruhig herz und gewissen, inen billig so bange
macht, sich zu entsetzen und zu schewen, für so löblichem,
ehrliebenden keiser ir äugen aufzuheben, so sind sie doch
henkers küne, thun wie der leufel selbst, und alle verwegene,
verruchte leute, gehn in ihrem blinden trotz dahin. J.Jonas
bei Luther 6, 45l',
HENKERSLOCH, n. carnißcina, schindgrube. Frisch 1,443'.
auch in anderem sinne : henkerloch, carcer, malamansio. Stie-
ler 1102.
HENKERSLUST, f.:
des freut sich das entmenschte paar
mit roher henkerslust. Schiller ijang nach d. eisenhammer.
HENKERS.MAHL , HENKERMAHL, n. mahl, das der zum
tode verurtheilte vor seiner hinrichtung empfängt, die gute und
reichlichkeit desselben hat das sp. 990 angeführte frivole Sprichwort
ein gutes mahl ist henkens werth entstehen lassen:
welcher ein stund will leben wo!
der seh und thu das henkermol:
oder lasz im ein stund balbiren,
oder mit scitcnspiel hoflren. Garg. 48*.
übertragen von einer letzten reichen mahlzcit vor einem unan-
genehmen oder trüben ereignisse: ich zehrte dapfcr zu, unange-
sehen ich nicht wüste , was man mit mir machen wolle ;
dann ich wusto noch von keinem henkermahl nichts. Simpl.
1,73 Kurz; unser thun und lassen war nichts anders als
fressen, saufen, danzen , singen, springen und sich sonst
lustig zu machen, wie es dann pflegt herzugehen, wo man
volk {kriegsvolk) annimmt, aber dieses henkermahl bekam uns
hernach in Candia wie dem hund das grasz. 3, 267 ; wohl
bekomms dann, hcrr graf! allem ansehen nach werden sie
morgen abend ihr benkermabl halten! Schiller räuber 4,2;
noch freier:
will ich dich doch gerne meiden,
gieb mir nur noch citicn kuss,
eh ich sonst da» letzte leiden
und den rinu zerbrechen inusz.
fühle (loch die starken triebe
und des hRrzen.s bange (junnl I
also bitter schmeckt der lir^be
10 ein schönet hnnkermahl. GiJKTUBR 275.
nach ScBM. 2, 563 ist henkcrmal audi ein mala nach der hin-
riebtung.
HENKERSMAHLZEIT, HENKERMAHLZEIT, f. dasselbe:
benkermalzcit, prandium fatale. Stikler 2021; um so leichter
wir^t du den nacbgescbniack der henkerinabl/eil von gestern
vorwinden. J. Pacl komel 3,229; ich will erst meine hcnkcrs-
milil/cii hallen, che ich mich aufs armcsUndcrslühlchcn fctze.
H Hfix II. 111.
HENKERSPIEL, m.;
ein sölich närrisch baderspjl
mit bochen, hadren, schelten, fluochen,
das sölt man ee zuo Zurzach suochen
ulT der Wiszmat bym henkerspil. fasln, sp. 893,5.
die stelle bezieht sich darauf, dasz während der zwei messen, die
alljährlich in Zurzach gehalten wurden, der landvogt der ehemaligen
grafschaft Baden mit einem gefolge richterlicher personen und nach-
richter dorthin kam, um alle capitalsachcn abzuurtheilen.
HENKERSPLOTZ , m. kurzes und breites Schwert wie es der
henker führt: aber, komet ihr mit euren breiten henkers-
plützen {so sind spöttisch die Schwerter der allen Deutschen ge-
nannt) in meinen itzigen kriegen cinmahl aufgezogen, mann
wird euch dergestalt willkommen heiszen , dasz . . . Rist
friedew. Teutschl. 34.
HENKERSQUAL, f. quäl die der henker bereitet : die henkcrs-
qualen der folter. Beckers weltgesch. 3,347.
HENKERSRECHT, «. recht und bcfugnis des henkers.
HENKERSTRICK, m. strick des henkers: ehe sie den henker-
strick fühlete (ehe sie gehenkt wurde). Zigler Banise (1700) 238.
HENKERSTUBE, /". custodia, ergaslulum. Stieler 2216.
HENKERSUPPE, f. jusculum fatale. Stieler 1087. vergl.
henkersmahl.
HENKMÄSZIG, adj. und adv. reif ßr den galgen, vergl.
henkermäszig l sp. 994 und mhd. henkeraffigec, henkmajcc
Lexer wb. 1,1249: auf dasz man sie nicht für henkmiisig
ansehe. Fischart bienk. 27'; als er {ein pfarrer) einen benk-
messigcn trösten solle. Zinkgref apophth. l, 286.
HENKMENSCH, m. ; ich könnte ordentlich, wie man in
England galgenreden für künftige henkmenschen voraus auf-
setzt, eine ähnliche rede für einen armen nachdruckenden
Schelm, falls er in London deshalb gehangen würde, hier
ausarbeiten. J. Paul herbstblum. 3, 128.
HENKTEPPICH, m. teppich der zur Verkleidung der zimmer-
wand aufgehängt wird:
ich bitt, ihr wolt mir leihen lassen
eur schöne grosze henkdeppicht.
J. Ayrer fasln, sp. 135' (3013,36 Keller).
HENNCHEIVf, n. kleine henne. als kosende bezeichnung einer
weiblichen person:
sie. was hast du denn, mein liebes männchen? . . .
bin ich denn nicht dein liebes hennchen?
magst du mich denn nicht länger sehn? Göthr 11, 404.
HENNE, f. gallina; ahd. henna aus hanja {Haupts zeitsclir.
3,373), erweitert auch heninna (Graff 4,958), mhd. henne.
1) es ist das ausgetvachsene weibchen des haushahns {sp. 160) :
nun wenn ir kumt ins baurcn haus
so lebt mit klagen witzen,
einer ge ein, der ander bleib herausz,
lug wo die hennen sitzen!
aier und kas und ander probant
das nemi Irölich an alle schand. Uhlako votksl. 524.
die henne gackert, scharrt, kratzt, legt, brütet, führt und
bebület die küchlein; die henne glucket, gallina glocit. Stein-
DACII 1, 735;
auf trauriger bahre,
ohne hals und köpf, ward eine henne getragen,
kralzfusz war es, die beste der eierlegenden henneo.
Götur 40, 12,
nach: brochten un einer dodenbaren
eine dode iicnnc, de hi!t Krassevöt.
Heinecke fitdia 297 :
gehet frei nur hinein (in den hühnerslalt), so sagt ich ; wollt
ihr goniiincii,
seid geschäftig, es gilt! ihr findet gemästete henucn.
I. 52.
die eigenschaften der henne werden xu bildern und sprichwört-
lichen rcdcnsurtcn verwendet: wie oft habe ich wollen deine
kinder versamlen , wie eine henne ir ncst unter ire Hügel 7
Luc. 13,34, vergl. Matlh. 23,37; bleibet auch der lieben hen-
nen (die da heiszct Jesus Chrislus, Matlh. 23), unter den
flügeln der gnaden und Vergebung. Luther 6,26*; wan die
lionncn vor sich kralzcn {zur bezeiclmung von etwas nie ge-
schefienden). Schottel 1124*; es seind böse hennen, die aus-
legen. 1127'; wem die henne gehöret, dem gehören auch die
eier. Pistorius thes. par. 4,13; des niulleis hcnn und wilt-
wcrs magd, hat seilen hungcrsnuth geklagt. 5,30; eine henne
kann mehr verscharren, als zehen hüne ersparen. 77; eine
henno hat das recht über neun zilune. 96; wenn die hrnne
zum bahn kommt, so vergisscl sie ihrer jungen. 10,40; eine
blinde henne (Indct auch niancbnial ein körnchen. Lessing
997
HEX>E — HENNENEI
HENNENGALLE — HEP
998
1,2S9; eine blinde henne hat eine eibse gefunden, cueco casu
in eam rem incidit. Serz 67'; man dioht uns von allen seilen
wie einer fetten henne. E. C. v. Kleist 1, 96 Körte; wo die
henne kräht und der hahn schweigt, da gehts lüderlich zu ;
hat die henne ein ei gelegt, so^ gackert sie; die henne, die
zu früh gackert, legt auf den tag ein windei; hennen, die
viel gackern, legen wenig eier; es legt wohl auch eine kluge
henne in die nesseln; alte hennen geben fette suppen, haben
aber zähes fleisch; fette hennen legen nicht;
wenn die henne nicht scharrt wie der hahn,
kann der hausball nicht bestahn.
SisROCK sprichic. 241 ;
wenn die henne kräht vor dem hahn,
und das weib redet vor dem mann,
so soll man die henne braten
und das weib mit prügeln beratben. das.;
bei H. Sachs begegnet die formel umbgehn an einer hennen
stat für tinwert geachtet, verächtlich behandelt werden :
so musz ich sein der narr im bausz,
umbgehn an einer hennen stat. 1, 52P;
{dann uoltl icli) ein junge [dirne) halten frü und spat,
liesz darnach den alten unflat
umbgehn an einer hennen stat. 1,526S vgl. auch 3,2,31*.
die henne tiägt das handlohn auf dem schwänz mit sich.
PisTORiüs thes. par. h, '6, es mit sagen, dasz die Ueferung einer
henne anerkenntnis der zinspflichligkeit in sich schlieszl (s. hand-
lühn, zinshenne); keine henne fliegt über die mauern (inner-
halb der Stadtmauern sollen keine leibeigenen, anspflichtigen leute
icohnen). 1, 44.
2) henne, das ausgewachsene weibchen der zum hühnergescklechte
gehörigen Vögel : fasanhenne, gallina phasiana, kalekutische, stre
trut- et welsche henne, indica. Stieler 750. vergl. hahn 2, a
sp. 162.
3) henne, auf eine frau bezogen: Musca. was bedeutet disz,
dasz Hieronjmus und Lapus so heimlich mit einander reden?
hütet euch, ihr hennen, denn die fuchse gehen mit einander
zu lathe. Ä. Gryphiüs 1698 1, 949, wo die bildliche anwendung
nuch ganz deutlich ist. im kosenden sinne dagegen vergl, oben
hennchen. — bei Kilian ist henne, hanne als uxorius, homo
imbellis , muliebri animo angegeben; auch in Tirol ist henne
Schimpfname für einen zaghaften menschen, henneler feigling
Fromm. 6, 149.
4) henne, pflanzenname : fette henne heiszt gewöhnlich sedum
telephium. Nemnich 4, 1273; aber auch crassula, dickblatl. 2,1266;
ferner sondius alpinus und cotyledon. dürre henne ist prenanthes
purpurea, waldlattich, hasenstrauch. im Zillerthale rothe henne,
weisze henne, der zwieblichte erdratich {fuinaria bulbosa) mit
rötltlichen und weiszen blüthen. Schm. 2, 199.
5) henne, in bezug auf die hanfpflanze, vgl. die ausführung
untei- hanf 1 sp. 432.
6) gefleckte henne, eine perlmusclielart, mytilus margarüiferus.
Nemnich 3, 698.
7) henne mit den hünlin, der grosze bär oder wagen. Frisch
1, 443', aus Keisersbergs poslill. sonst ist henne an Stern-
bild des südlichen himmels, auch pltoenix genannt, malhem. lex.
(1747) 1,649,
HENNEBEERE, f ligustrum vulgare, Hartriegel. Nemrich 3,410.
HENNEN, verb.:
hört, lieben freund, hie dieses wunder 1
wer sach und bort ie wilder kunder?
der lacht, der greint, der dritt der hennt.
hat euch der leufel all auf gelenni?
fastn. sp. 539, 5.
die stelle gelU auf drei bauem, von denen der erste seine rede
greint, der zweiU sie lacht, der dritte sie singt (538, 17).
HENNENAUGE, n. das hühnerauge. in Baiern. Schm. 2,199.
HE.NNENBISZ, m. name der ahine viedia. Nemmcu 1, 202.
;. hühnerbisz.
HENNENBÜRZEL, m. steisz einer henne. in der trunkenen
lüanei wird ein (gebratener) hennenbürzel, der als leckerbissen galt
(rerj/. Amaraxtues proben der poesie 1710 s. 355), gegen leistung
im trinken versteigert: wie viel trinkst du auf disen hennen-
pörzel ausz? siben. wer will meh geben? ich nit, ich hasz
das ganten. Garg. 99'.
HENNENDARM, m. name der alsine media: hennendarm,
ein kraut, a,sy/a. Maaler 218*. in Baiern heiszt auch der mis-
waclisene frtichtansatz auf zwelschenbdumen oder sciäehenbüschen
so. Schm. 2, 199.
HENNENEI, n. h&hnerci : ein Lennenei galt 9 d. devhche
städtechron. 8, 53, 10,
HENNENGALLE, f. fei galiinarum. Stieleb 596. als pflanzen-
name: peucedanum officinale, haarstrang. Nemsich 4,918.
HENNEN GREIFER, m. einer der die hennen begreift, ob sie
ein ei tragen; bezeichnung eines kleinlichen menschen im Sprich-
wort: c'est un joerisse qui mSne les poules pisser. er ist ein
rechter hännengretel; ein hännengreifer; hünervogt. DCez
sprücliw. 22 ; dem hennengreifer ist eine rechte frau nicht
hold. SiMROCK sprichw. 242. vergl. hennentaster.
HENNENKAMM, m. kämm einer henne. in Regensburg heiszt
der korallenschwamm, clavaria coralloides, hennenkamp. Nemmicb
2, 1059.
HENNENMANN, m. der mit hennen handelt, geflügelhändler.
Schm. 2,199.
HENNENPFEf FER , m. capsicum baccatum, beerenpfeffer.
Nemmch 2, 858.
HENNENSILBER, n. das katzensilber. Nemnich.
HENNENSÜPPLEIN , n. süpplän von der fleischbrühe einer
henne : feiszte hennensüpplin, kindbetterbrühlin. Garg. 160".
HENNENTASTER, m. was hennengreifer. es ist gewendet
worden auf einen nidUswerlen mann, der sich namentlich eheliche
unbill gefallen Idszt : niniviarius (marilus cujus uxor mechatur et
ipse tacel) ein hennentaster. Dief. 381*.
HENNENTRITTLEIN , n. plur. faUen die sich bn älteren
menschen um die äugen bilden. Schm. 2, 199. vgl. unter hahn
1, a am ende sp. 162.
HENNENVOGEL, m. der hühnergeier. Schm. 2, 199.
HENNENVOLK, n.;
mit alles hennenvolks gegacker. Voss 6, 230.
HENNING, m. haushahn. Nemnich 4, 938, an verschiedenen
orten.
HENNLEIN, n. kleine oder junge henne : bennel, pullus galii-
narum. voc. ine. tlteut. i 4' ; hennlein, gallina pumila. Stieler 750 ;
ein hennlein weisz mit ganzem fleisz
sucht seine speis bei einem han
und bub zu gacksen an:
ka ka ka ka ka ka nei . . .
das hennlein legt ein ei. ühlamd volksl. 5%;
bezal du mir den külen wein,
darzu die gebraten hennlin gut. 3S0.
HENNOTTER, f. name für den storch. Nemnich 1, 431.
HENSCH. m. polygonum fagopyrum, buchweizen. Nemnich.
HENSELINER, m. scurra, lotlerbube. das wort, Weiterbildung
t'ün Hansel, Hänselein, ist bereits sp. 463 erwähnt; man bezeichnet
damit auch einen, ehrlicher nahrung abgeneigten ragabunden, einen
kuppler, selbst den wirt einer geringen knäpschenke, wol als einen,
der seine gaste mit groben possen unterhält : wie . . die kretzsch-
meier und henseliner, die wein felschen und mengen. Mathe-
sics Sar. 66*.
HENSELINEREI, f. die führung einer geringen knäpschenke,
mit der ein handel von allerlei tand verbunden ist (vgl. kretsch-
marei theil 5,2175): wenn ein vatter einen aufs handwerk
thut, und er lauft inn krieg, oder nimpt ein knapsack auf
den hals, und richtet ein sonnekram an, oder will sich mit
henselinerei und kretzschmerei nehren, da wirdt selten etwas
gutes ausz. Mathesius postilla 2, 202'.
HENSELN, verb. für hänseln, vergl. sp. 464. es kommt in
der bedeutung 2 foppen, zum besten haben, bereits im 16. Jahr-
hundert vor:
wer sich leszi henseln ohn gefahr
der ist letzlich eins jeden narr. Etkrx;<g 3, 251.
HENZ, m. weiteie kürzung von Heinz, vergl. sp. 889 und die
dort ausgehobene stelle aus B. Waldis. der name eines Spiels
blinder Henz scheint obscönes zu verhüllen.
auch mit den nackten abenddenzea
spielen sie oft des blinden llenzen.
Waldis päpstt. reich P4*. -
HEP, interj. 1) zuruf an zugütiere , einen fusz aufzufieben ,
so in der hennebergisch-fränkischen mundart Fromm. 5, 450: erst-
lich seind im brauch, wann man einem pferdt mit der stimm
helfen will , im damit ein herz zu schöpfen , dise wörtlin,
hap hap, oder hep hep. darumben wann du mit der stimm
helfen will, das sich ein pferdt erhebe, nit allein vornen,
sondren auch binden, deszgleichen auch zum springen , es
sei mit oder ohne den strich, so sprich zu rechter zeit mit
einem Ihon, hep liep. Fayser injioxofuxTj Friderici Grisonis
terdeutsclU (1599) s. 93. — Es ist also der interjectionell gewor-
dene imperativ des verbums heben.
2) aber auch als lockruf für die springende siege, vornehmlich
in Mitteldeutschland; in der hennebergisrh - fränkisclien mundar'
63»
999
HEPFEN — HER
HER
1000
Fromm. 4, 213. von diesem hep gehl wol der bekannte sjioltruf
gegen die Juden aus, an die ätiszere erscheinung anknüpfend, dem
Juden wird ein ziegenbarl nachgesagt, subslantiviscli , ein liep-
liep, ein Jude: mit diesem hep-liep. Hauff mem. des sat. 2
seile 170.
HEPFEN, m. apium graveolens, eppich. Nemnich 1, 380. es
isl oberdeutsche Verstümmelung von apium, vgl. auch epf th. 3, 677.
dieselbe pflanze meint tcol auch spico wilt lieppe Dikf. 54G' in
niederdeutscher form.
HEPPE, HEPE, f. messer von sidielartiger gestalt für gärtncr
und irinzer, dasselbe was häpe und liappe sp. 471. 472: vanga
heep, wingartenmesser Dief. C06'; vanga ein wcingardenhepe.
roc. opt. Lripz. 1501 ; lieppe, falx vineatica, putaloria, arboraria,
vitiiioria. Stiei.er 788; «an man das bruch uszgiljt, so mag
ein apt mit sesz knechten und sesz aclisen ader hepen sesz
dage vorhauwen. weisth. 1, 521 ; wenn ein ungestümmer windt
über den wald kerne, dj holz (ieie, so soll der förster also
der herrn knecht vorgehen, wasz beulich holz ist bezeichnen
in der herrn handt, undt dj uberig gedüell undt nest soll
des hübeners sein, lest aber der hübener etwas uberig liegen,
so mag der knodener mit einer hepen nachgehen und dy-
selbige genieszen undt ufmachen. 2,183; und soll auch keiner
sich darin {in der Bodenbacher mark) finden lassen etwas ab-
zuehawen, auch kein axt, beihel oder heppen darein tragen
etwas darmit abzuehawen bei stroff der mark, atis dem mark-
buechlein zu Rodenbach (W'elterau) unter dem jähr 1578; sprichestu,
ich gedenk vollen vil. jo woran? etwen an heppen, ax, wie
sie gehelmet ward. Keisebsberg bilg. 66';
ein heppen, ein hacken, ein holzschlegel.
H. Sachs 2, 4, 16".
vergl. noch hippe; auch hebe 6 sp. 718.
HEPPE, f. siege, ein in den ober- und müleldeutschen miind-
arten weil verbreitetes wort, vergl. die nachweise bei Schm. 1, 1139
FronifJiaiin; wahrschdnlich, da das wort gewöhnlich als lockruf gilt,
dasz es mit der lockenden itUerjedion hep {sp. 998) in engstem
zusammenhange sieht, hessische form ist heppe und hippe. Vjl-
MAR 164; in Kärntiien gehl happ atif das schaf, überhaupt auf
wollvieh ohne unterscitied des geschlechts. Lexer 134; das dimi-
nutivum heppelein wie zieglein:
und das kleine hepelcin
giebt uns gute peppelein.
kinäerlied bei Mathesids Syrach 3, 10 ;
anderswo ist happel scJtaf (Lexer a.a.O.); in Schlesien und der
Lausitz happel junges pferd. Weinbold beilr. 33'. in Baiern
geht heppel auf ein junges mddchen , das sich dem mannbaren
alter nähert. Schh. 2, 221 ; im nassauischen heppel , hewwel,
hüwwel (fem.) auf einen menschen, dessen lachen dem meckern
einer ziege ähnelt. Kehrein 194.
HEPPIG, adj. mager, ausgedörrt; s. hippig.
HER, adv. huc.
ahd. hera, mhd. here, her; gebildet von dem pronominal-
slamme hi dieser wie ahd, huara wohin vom fragstamme hua,
und dara dahin vom demonstralivstamme da, vergl. dar theil 2
sp. 750. das goth. alts. ags. altnord. h6r, das gewöhnlich hie,
nur manchmal huc auszudrücken hat, ist vom hochdeutschen her
zu trennen, s. weiteres unter hier.
Alemannischen quellen eigen war die form ahd. hara , später
har für her: du cliuin hara ze uns. NoTKERps. 79, bnHattemer
2,286* {gegen ib cham umbe urteil hera in werlt. s. 291');
c; ist war, An allen wän,
da{ der bacli vliujt har zuo mir. cdelslein 5, 12;
ü{ dem wald kam er har dj
Kegari),'Cii vur ein einig biis. 63,3;
so gib mir iez ein gülden har!
der mxioii zum anfang llgen bar. fattn.sp. 868,9;
also gest du geistlichen hin und har. Keisershehg bilg. 93'
{und oft); gell har! Wickram roUw. 01,0; so sing har! sagt
der Fucker. 97, 32 ; dieses har als zuruf an die pferde reicht
über alemannucftes gebiet hinaus, vergl. sp. 473. Scliweizer und
elsdttische tchrißen des 10. jahrh., die in der hochdeulschen sclirifl-
sprache abgefatzt sind, haben mit anklang an die heimisciw mund-
arl noch ronricgend die zwischenform hür: von der zeit hör
Aristotclis. Maaler 205'; Elsasr, und wie os die Laliner
von des groRzcn keiser Carlen zciten hUr braucht, Alsalia.
S. MCnsteh cojmo</r. (1578) i. 514; die färb .. {ist) oben über
den ruggrn liiir lübcrfarb. Forer thterb. loi'; kümpl här zö
mir. WicKRAM rollw. 10, It Kurz.
In fallen , wo her ein unbetontes glied einer Verbindung aut'
macht, verliert es, vorncttmlich in mitteldeutschen quellen,
anlaut ; vgl. erab für herab th. 3,694, erauf 698, eraus 699,
crnmh, erunter 1035; ernAgeschrieben weisth. 2,465 {Untermosel
von 1516); s. ferner unter herabcr, hcrauszer für herabher,
herausher. über die erweiterte form hero für her s. unten s. v.
Die grundbedeutung von her ist eine örtliche, daneben hat sich
eine zeillichc und eine abstracto ausgebildet.
I. her örtlich.
1) es bezeichnet die bewegung von einem entfernteren punkte
aus auf einen sprechenden oder den mit ihm in nächster beziehung
stehenden ort, im gegcnsatze zu hin, das von äncm näluren punkte
aus auf entferntere personen odei- orte weist, zunäclist in Ver-
bindung mit verben, die diese bewegung anzeigen, namentlich des
gehen s , kommcns , seitens, auch des gebens und reichens: wenn
ich sage ..zum andern, kom her, so koinpt er. Matth. 8,9;
wenn ich gelegene zeit hab, wil ich dir her lassen rufen.
apostelgescli. 24,25; setze du dich her. Jac. 2,3; fest ent-
schlossen sie zu beleidigen, . . kam ich her. Schiller kab,
und liebe 2, 3 ;
herr künig. nu trett frölich her!
ir soll auch gar erwerglich her gan. fasln, sp. 656, 31 ;
schöne junkfrau, leicht rair her eur band !
Ubland vulkst. 197;
heiter blickt der himmel her, die sonne
in das siübchen, wo ich sitz und dichte.
RKcKKRT ijes. ijed. 1, 22! ;
auch in der Verbindung her sein, wo das verbum den endpunkt
einer bewegung bezeichnet, und damit die letztere als eine sehr
schnelle malt: das wort war kaum gesagt, sihe, da ist mein
guter lämpel geschwind her, nimbt einen hecher, bringt dem
von der Mühlen eins. Zinkgref sc/iu/6ossm (1627) 36; er geht
heim, klagts seiner frauen , und bidet sie umb einen rath.
sie ist her, und zeigt ihm etliche kräuter, darinnen der
Junker soll baden. Creidius 2,129; als meine frau mutter
sähe, dasz mir das ziegenmolken so wohl bekam, war sie
her und kaufte hernach noch eine ziege. Schclmu/fsky 1,8;
so bald als der wirth nun den rücken gewendet halte, war
ich her und zog gleich meine schuh und strumpfe aus. s. 22
{und noch oft, vgl. s. 4. 13. 38) ; sie sind her und kaufen alle
möglichen restchen seidenzeug. Hermes Soph. reise 6, 672;
ähnlich in der Verbindung her müssen, zur stelle sein müssen :
das verlorene geld musz wieder her; übertragen, sich schelten
lassen müssen:
bald musz der könig durch; warum? die zeit isl schwer;
bald heiszl der müller dieb, bald musz der bScker her.
GCNTUER 48*2.
Mit verben des sagens und Sprechens wird ebenso her im ange-
führten sinne verbunden: ihr predigt sowas her. Scouppiüs 400;
meine liebe tochtcr, sagt her nur frei
was euer gemüt und anschlag sei.
hisi. Hogctonä spielweis Bv';
ich hör dich gern, sag frölich her,
was du bcgcrest oder wilt von mir. Avij;
wenn er so hoch her pralct,
so ängstigt sich mein gcist.
Fleming 13, 16 Lappcnb.;
wcisz prächtig her zu lügen,
Tom reisen disz und das. 49,44; ^
es heiszl selbst her trinken, wenn damit ein trinkspruch verbun-
den ist:
trink munter her!
HoFFMAWN gcscltscliaflst. 160.
vergl. über her in der bedeutung 1 aucli die unten an alpha-
betisclier stelle anzuführenden, mit ihm eng verbundenen verlien.
2) solche verben der beicegung sind in dringender rede auclt
unterdrückt und her steht allein, als befchl, so fitr gib her oder
bring her: wein her!; hier her!; Engelhart, gelt her, die
8ch8 sind gcpletz {geflickt)l Wicrham rollw. 92,12 Kurs; ein
grosz torcular pocal her! Garg.iOO';
hal vater Hevcrn ! riefen wir:
uns, unt Patronen \\or\ Gleih 4, 10;
färbe horl dein melsterwillo
■chanx ein ■Icblllchei gedieht. Göthe 2, 166;
her damit aber wilt Hwa sagen komm lier damit, bringe es:
Henriette, hier bring Ich beides, baron. her daiiiil ! Kotzkiiue
dram.xp. 2,184; nur her damit, wirwollcns schon machen. I,30;
nur her mit dem glQcko von RdiMilmll !
IJiiLAnn iji^d. 354;
auch sonst steht her /Dr komm her, geh her: nur bor! Frisch
1,4«';
wolher, wolher, wolhor,
■llM teufoiitohM baarl fnUn.ip. 900, 13,
1001 HEB
nur her, mein liebstes vögelein,
wir wollen nicht die faulste sein,
und schlafend ligen bleiben. Simpl. 1,29 Kurz;
und in diesem sinne war her namentlich der ruf der landsknechie
zum sammeln vor dem amjriff: saget der oberster (nach devi
yebet vor dem angriff): wolan, so her ir lieben brüder, dasz
sein gleich gott walt. Kirchhof mil. disc. 160;
her, her, her, her und greifet an. H. Sachs 3, 1, 5;
her her her, ir frommen teuuchen landsknecht gut!
last uns in die Schlachtordnung stau,
bisz dasz die haupileut sprechen: iert wollen wirs greifen an.
UuLAND volkst. 515 ;
darnach hört man das grosz geschütz und kleine,
her, her! schreien die Irumen algemeine,
so bebt sich an das ritterspil. 518;
her, her, ir burger, drauf und dran
mit pücbsen und helleparten!
GöDEKK u. TiTTMARW Hedeib. 267,33;
sie schrien all her her her her,
dj scblos zu stürmen was ir beger.
lIlLDEBRAND Volksl. 109.
3) die richtung des her icird durch praepositionen oder ad-
verbien noch genauer angegeben.
a) so dasz der ausgang der bewegung bestimmt tcird : es kompt
ein dürrer wind über dem gebirge her, als aus der wüsten.
Jer. 4,11; sihe die tochter meines volks wird schreien, aus
fernem lande her. 8, 19 ; jauchzen vom meer her. Jes. 24, 14 ;
so wird mein schwert aus der scheiden faren über alles
Heisch, von mittage her, bis gen mitternacht. Hes. 21,4; das
fewr von oben her. Baruch 6, 62 ; der solchs schaffet von
ferne her. Jes. 22,11; wenn wir ... jetzt noch immer aller
orten her in erfahrung bringen. Schilleb 829;
von himel hoch da kern ich her. Litther 8, 35S";
ein geist vom himmel her will stets am himmel schweben.
Flemi?ig 19», 45 Lappenb.;
da ward öfters der fremdling besucht von träumen von jenseits
her des wassers. Ar;(dt ged. (1840) 163;
kommt her, kommt her von allen orten! Uhla!«d ged. 20.
vergl. auch die Zusammensetzungen auszenher, dorther, fernher,
himmelher, linksher, rechtsher; ferner woher, »ianien(/ic/j mit
Verben des ergreifens und nehmens: wo sollen wir brot her
nehmen?;
wo nimmt es wohl Pervonte her,
dasz unser eine sich von Zartgefühlen nähre?
Wlelasd 18, 177;
und das antwortende daher 1 th. 2, 679 ; da bezieht der kauf-
inann seine waaren her.
b) das endziel der bewegung isl bezeichnet: komm her zn mir;
tritt her vor mich;
ker ab bar üf die beide. Boner edelstein 90, 18;
kommt her zu mir, spricht gottes soha. hirchenlied;
her zu mir! Göthe 12, 247.
veryl. aufher 1,669; daher, hierher; huc hie here Dief. 2S1'.
c) endlich ist auch der ganze verlauf der bewegung in der an-
gegebenen weise bezeichnet: ire angesichte und Dügel waren
oben her zurteilet. Hes. l, 11 ; aber was ist dies für ein spe-
cies der medicin , wann einer am haupt krank were, und
wolle die füsz unten her mit heilsamen oel bestreichen?
ScHL'ppiüs 747 ;
{Conrad) nahm
des mädchens band, und wischte drüber
mil flachse her. Göki:<gk 3, 87 ;
zum keller weisz es {Silt>ns eselein) hin und her
den weg von selbst zu finden;
auch braucht man gar nicht drüber her
den reiter fest zu binden. BCrger aS";
so denken wir an das wilde meer
und hören die wogen brausen,
die donner rollen drüber her. ühland ged. 68;
hast du das schlosz gesehen,
das hohe schlosz am meer?
golden und rosig wehen
die wölken drüber her. 206.
anstatt des adverbs eine accusativische fügung: das entzücken
der freunde verbreitete sich über alle gegenwärtigen ; ein
freud- und segensruf erscholl die ganze tafel her. Götbe 23,13;
da kam eine junge Schäferin . . .
die wiese her und sang. 57, 116.
4) t» einer andern reihe von fällen zeichnet her weniger ge-
rade eine bewegung nach einem sprechenden oder dem mit ihm
tn nächster beziehung stehenden orte, als vielmehr eine richtung,
die personen oder dinge nach diesen zeigen, auch hier ist die
UER
1002
rtchtung durch praepositionen oder adverbien genauer bestimmt:
bawet eine halle, . . zehen eilen breit für dem hause her.
1 kön. 6,3; der die wasser trennet für inen her. Jes. 63,12;
Simei gieog an des berges seilen neben im her. 2 Sam. 16, 13;
bis er ausbawet sein haus, . . und die mauren umb Jeru-
salem her. 1 kön. 3, l ; zu reuchern auf den höhen , in den
stedten Juda und umb Jerusalem her. 2 kön. 23,5; halle
sich des nachts aufgemacht, und die Edomiter umb in her.
2 chron. 21,9; haben sich umb meine hütten her gelagert.
Hiob 19, 12 ; du machest uns . . . zum spot und höhn, denen
die umb uns her sind. ps. 44,14; habt doch mitleid mit
inen, die ir umb sie her wonet. Jer. 48,17; die beiden, so
umb euch her sind. Hes. 5, 7 ; versamlelen sich die kinder
Ben Jamin hinder Abner her. 2 Sani. 2, 25 ; die Philister
hiengen sich an Saul und seine söne hinder inen her. 1 chron.
11, 2 ; wil das schwerd hinder inen her schicken. Katziporus d 6 ;
die grosze gesellschaft um sie her gibt ihnen zu manchem
nachdenken anlasz. Göthe 26, 6 ;
man sähe manchen vor auf tapfren hengsten reiten,
jetzt aber sachte her bei kinderpferden schreiten.
LoGAU 3, s. 176, no. 20;
Caconius hat schelmen, hat diebe bei sich her. 1,235,83;
wenn der wanderer seinen riesenlangen schatten
halberstaunt vor sich her steigen sieht.
Zachariä iageszeiten (1757) j. 68;
mit hoch geschwellter brüst und äugen ohne thräne
schlingt sie den starken arm in liebevoller wuth
um Ilüon her. Wielasd 23, 22 (Oberon 7, 29) ;
ich geh und schneide holz, und steck es in die erde,
und mach ein obdacb um sie her. 18, 133;
uns lieben, Vastola, und alles um uns her
mit unserm glück erfreuen und beleben,
sei unser loos. 172;
stets ist sie um ihn her, und macht sich tausend Sachen
mit ihm zu thun. 9, 77;
er sasz beim königsmahle,
die ritter um ihn her. Göthe 12, 142;
zähle nicht beim wein
mir die gläser ein !
denn als herr des hauses
trink ich, froh des schmauses,
vor den gasten her,
leicht ein gläschen mehr! Voss 5, 52;
Roland ritt hinterm vater her. Uhlasd ged. 340;
in nacht und nebel drauszen da wogt es wie ein meer,
und zieht von allen selten sich um das städtlein her. 361.
5) von den 4 genannten Verbindungen hat sich namentlich hinter
einem oder etwas her sein als feste formet ausgebildet, zundclist
mit dem bloszen begriffe des folgens und spähens: wil nun eine
buusmutter das ire wol beschicket haben , so mus sie zu-
weilen selbst kind mit anlegen oder doch ja fleiszig hinder
dem gesinde her sein und demselben auf die schanze sehen.
Roth hausmütter-abc Ds'; aber so geht es: wenn ein kühner
geist, voller vertrauen auf eigne stärke, in den tempel des
geschmacks durch einen neuen eingang dringt, so sind hun-
dert nachahmende geister hinter ihm her, die sich durch
diese öfnung mit einstellen wollen. Lessisg 3, 324; wirv^ollen
wieder hinter Zausen hersein [seine ferneren gänge im geiste
mitmachen). J. Paul biogr. bei. 1, ISO. dann aber auch mit
dem schärferen sinne des verfolgens: maszen sie auch einen
von den gefangenen bauren bereits in backofen steckten,
und mit feuer hinter ihm her waren. Simpl. 1,22 Kurz; ist
er alsbald mit dem schwert hinter her gewesen, pers. rosenth.
7,13 anm.; was ist man nicht hinter dem knabeo her, dem
man einen funken eitelkeit abmerkt. Göthe 16,202; eben
diese nachjagung nach dem zum scheine fliehenden wilde
gewöhnet uns im andern leben hinter dem im ernste fliehen-
den sehr herzusein. J. Pacl teuf. pap. 1, 16. vergl. urüen
hinterher.
Ähnliche Verbindungen: nun war der Schreiber geschwind
über das dintenfasz her und setzte folgenden brief auf.
Chr. Weise erzn. 121; ich wollt, er und ich wären schon
über die reise her. J. Pacl Hesp. l, 154; wozu her sein oben 1
{sp. 1000) XU vergleichen.
6) her abstammung und Ursprung andeutend; vergl. unten
herkommen ; von künigklichen stammen härkommen , ori-
ginem o rege trahere. Maaler 206'; daher auch: es ist mein
verwandter vom vater her; mein groszvater von mütterlicher
seile her.
So wird weiter durch her für einen fremdling land oder gegend
der abstammung, als ausgangspunkt seiner einwanderung, ver-
mittelt :
1003
HER
HER
1004
der fiirsprech fragt, von wannen her
und was sein gwcrb und handiwcrk wer?
B. WxLDis Esop 4, 38, 27 ;
wo aber bist du her? von Sparta, wil man sagen.
Opitz 1, 89;
rergl. daher 1 th. 2, 679 ; ich hätte gar nicht sagen sollen,
dasz ich mit meinem lieben Hof in Voigtland schriftlich am
Fichtelberge sprechen wollte, da ichs mündlich kann und
mein eigener kutscher daraus her ist. J.Paol uns. löge l,xx;
geboren ausz der stadt Cordiiba
her ausz dem bispanischen landu H. Sachs 2,2,95'.
Von hier atts sieht eine formel nicht weit her sein in über-
Iragenem sinne, sie will sagen, dasz eine so bezeichnete person
oder Sache nichts ungewöhnlicJies an sich habe und niciüs was
vom allbekannten und leicht zu durchschauenden abwiche: eine
von meinen liebsten aufwürlerinncn, die sonst nicht weit her
war. ehe eines mannes 347; wie dessen bemühungen gegen
den enlhusiasmus nicht weit her sein können, weil er selbst
cnlhusiast ist: so können auch seine bemühungen gegen
die Schwärmerei von keinem wahren nutzen sein , weil er
selbst Schwärmer ist. Lessing 11, 4G5 ; ich fürchte, dasz sein
verlangen, die sache selbst besser einzusehen, ebenfalls nicht
weit her ist. 12, 282.
7) her in älteren quellen, wofür die neuere spräche hier braucht;
das adicrb der beicegung zeichnet nur die beziehung auf den ort
an dem sich der erzähler denkt: wie mans gehalten hat mit
den raising, die her gefangen warn. d. slädlcchron. 2, 263, 10 ;
dag niemand in die stat kom, der, er oder sein berr, feint
her seL 282, 19;
her dishalb des wassers
schlög man das geleger an. Uhland volksl. 458;
anders ist her für hier in Zusammensetzungen wie heran, herum :
linde meinde der hobest, daj der könig von Engcnlant heran
schuldig were. d, städtcchron. 8, 441, 19 ; etliche edellüte von
Elsas oder anderswo von dem Ryne, die harumb nüt en-
wissent. 9,624,19; ebenso harüber für hierüber: sprochent,
daj dag concilium zu Pyse und die cardinäle möhtent einen
hobest also wenig entsetzen also ein kneht sinen herren.
und seitent harüber vil bewcrunge und sachen. 614, 28.
8) her ist mit seinem gegcnsalze hin zur formel her und hin
verbunden :
des treib in dö der Sarrazin
her unde hin, ür unde nider.
Kosrad v. WBrzboro Parten, 5819;
also warf her und auch dahin
der wind die junkfrow so fyn.
Büheler königstochler 325 Merzdorf;
sie reiten im land her und hin.
Schade sat. u. pasqu. 1, 32, 187;
hernach wand er sich her, und dorthin wie ein narre.
D. V. D. Werder Ariost 11, 7, 2;
Blandine sah her, Lenardo sah hin,
mit äugen, erleuchtet vom zärtlichsten sinn. Borger 32^
viel zweifelt er her, viel zweifelt er hin, 33*.
häufiger und ausgebildeter ist die Verbindung hin und her, s. unter
hin. auch her und dar wird gegensätzlich verbunden:
genc hin zuo im unde ervar,
wil er her, od sol ich dar? Iwein 8034;
nach Weisheit lauf wir her und dar.
pis wir die sach auszrichien gar. fastn. sp. 159, 21 ;
die leuf, die itzund her und dar
sich in der wcrit nu üben thun. 170, 4;
die schenk die trag ich hin und her und dar. 278, 13;
Neidelhart gedacht her und dar. Theuerd. 95, 10.
9) her und bin , als die Unsicherheit und Zerfahrenheit von
bewegungen malend, wird auch übertragen gebrauclU, um ein be-
denken oder einen einwurf als nichtig zu bezeichnen:
man glaubt, göuinnen sollten sich
mit menschen gar nicht scheren;
doch göttin her und gutlin hin!
genug, die himmelskunigin
trug« faustdick hintern obren. Bluiauir 2, 3;
wenn Ich nur bei laune bin;
böses her und böses hin;
■lle« wird mir gutes ! Yosi 5, 108.
öfter bin und her, t. unter hin.
n. her uitlicli.
1) die im mhd. häufige bcdeulung des allein stehenden her
ali bufier, bi$ lu dieser teil ;
twaj Ir bor habet geslrlten
M bntn voICilCirmen, dr» IAmb Ich iu nfirh Ären,
t.uiitun IUI, 2;
da; ich den sumer also mseslicben klage . . .
da; ist da von da; sin zit
mir noch her hat gefrumt harte kleine umb ein wtp.
minnes. pülit. 83, 28;
ist auch nhd. noch nachzuweisen:
lasz mich in deins herzen clausen
hinfür als her lieplich hausen.
tveim. Jahrb. 2, 80;
(er) ist dem könig her in vil jaren
gewest ein nützer weiser ralh. II. Sachs 3,2,67*.
ßr dieses her steht schon ahd. unzan hera adhuc, usque huc
(Graff 4, 695), mhd. unz her :
ouch hat mich wertlich gelust
unz her noch niht berüoret. a. Heinrich 691,
seit dem 15. jahrh. bisz her, vergl. bisher 2, 46.
2) den anfang einer ununterbrochenen erstreckung auf die gegen-
wart bezeichnen die praepositionen von, seit, aus : wer hat dis
lassen sagen von alters her? Jes. 45,21; er nara sie auf,
und trug sie allezeit von alters her. 63,9; wer Ihuts und
machets, und ruft alle menschen nacheinander von anfang
her? 41,4; aus der sol mir der komen , der in Israel heir
sei, welchs ausgang von anfang und von ewig her gewest
ist. Micha 5, 2 ; mein gott, mein heiliger, der du von ewigkeit
her bist. Hab. 1,12; von langen zeiten her. ap. gesch. ib, 21 ;
gotte, dem ich diene von meinen voreitern her. 2 fim. 1,3;
der ich dich gesterkel habe von der weit ende her. Jes. 41, 9;
der ich von der weit her die Völker setze. 44, 7 ; ich aber
der herr bin dein gott aus Egyptenland her. Hos. 12,9; in
allen künsten ist von alter her ein löblicher gebrauch gewest.
FaoNSP. kriegsb. 1,137'; da sich doch oft befindet .. dasz ,.
ihr {der adelichen) ganzes geschlecht von allen 32 anichen
her also besudelt und befleckt gewesen , als des zucker-
bastels zunft zu Prag immer sein mögen. Simpl. l, 9 Kurz;
der kerl war mir von seinem ersten weihe her bekannt.
Klinger 3,152; und doch ist es von ihr (der negersklavera)
her . . bei uns fast allgemein sitte geworden, alle Unfreiheit
für widerrechtlich zu erklären. Hugo naturrecht (1819) s. 243;
dieser mensch hat seit je her nicht viel getaugt;
wir leben beide, ich und er,
blosz von gemüs und brot seit manchem Jahre her.
Wieland 18,85;
auf ihrer Stammburg wandelt von alters her ein geltt.
Uhland ged. 366.
3) die ganze ununterbrochene erstreckung von einem genannten
zeilpunkte an bis auf die gegenwarl bezeichnet her verbunden mit
accusaliren der zeit : nachdem wir die bergpredigten auf diesem
eurem bergfest etliche jähr her verrichtet. Schdppios 827 ;
ob schon die rauhe Seeluft, Sonnenhitze, auch einige jähr her
genossene schlechte und übele verhaltung ihn ziemlich un-
gestalt gemacht halte. Talander Olorena (1694) 258; weil er
ein paar monate her nicht prompt bezahlt. Lessino 1,612;
denn er ist in den eigenwillen diese letzten zehn wilden jähre
her so recht hineingewachsen. GOthe an Voigt 356; alle diese
tage her bist du nachdenklich, werke 11,271; da er schon
lange her seine tapferkeit .. kennt. Schiller 1090;
was wunder! ihre ganze seele war
die zeit her nur bei euch — und ihm. Lbssino 2, 194.
bei ungefährer Zeitbestimmung: das yhenig, so ich mein tag
gesehen, bewert . . . und bei xl jaren har gänzlich durch-
gründl hab. Gersdorf feldb. d. wundarzn. vorrede 11.
4) anstatt des accusativs ein genitiv: die farbenerscheinung
der quelle hatte mich dieser tage her nicht einen augen-
blick verlassen. GOthb 30, 51.
5) andere Verbindungen mit lier betonen die zeit, xu welcher
ein gemeldetes ereignis abgeschlossen ward (vergl. vorher) : die
ir angefangen habt für dem jnre her, nicht alleine das thun,
sondern auch das wollen. 2 Cor. 8,10; es ist von ungcHihr
drittchalb jähre her, dasz sie auf diese art anfing, einige von
ihren lieblingsgcdankcn .. aufzuschreiben. Klopstock 11,9;
es ist schon lange her, dasz ich starb. 104; es ist doch
noch nicht so lange her, fuhr Hippias fort, dasz du dich
nicht solltest erinnern kr>nnen, auf welchem fusz wir einst
tu Smyrna lebten, Wieland 3,171 (143);
auch dOnkt es mir nicht gar so lange her. Uhland ged, l&O;
ich wcisi es noch oli wart von gestern her. Wikland 18, 154;
wie, spricht sie, kennen sie von iwantig wochen her
die orroe Vasiola nicht mehr? 187.
III. her in abgezogenem sinne, basiert auf der bedeulung I.
1) hei angäbe eines grundes, einer erfaitrung, folgerung; hauf)t-
iächltch in den Verbindungen woher und daher (ito. & Ih. 3, Oüi).
1005
HERAB
HERAB
lOOG
wober weist du das?; daher schliesze ich dasz er krank
Ist; derhalben musz es vom bösen geist her^komen dasz
er mich also betrübet. Garg. 208';
es rührt, wie flüsse von dem meer,
allein vom guten willen her,
der weit mit ralh und that zu nützen. Göniher 138.
2) bei angäbe eines millels: dasz die obrigkeit jährlich einen
jeden in der Stadt solle vor sich fordern und fragen , was
sein einkommen und vermögen sei, woher er sich und die
seinigen ernelire. Schdppius 342.
HERAB, adv. abwärts in der richtung nach einem sprechenden zu.
1) mhd. her abe in getrennter Stellung {mhd. wb. 1, 688"), nhd.
schon in den ältesten quellen tnäsl {doch vielfach nicht bei Lutheb)
verbunden geschrieben in manigfach abweichender form; in der
vollslen herabe, die im Ib. jahrh. durchaus herscht:
wenn ieb das aber herabe stiesz. fastn. sp. 789, 10;
z. b. noch bei Fleming :
die Zeiten tauschen abe
mit höchster einigkeit. die sonne steigt herabe,
macht dasz sich alles liebt. 62, 134 Lajypenb.;
während das gekürzte herab bereits seit anfang des l(j. jahrh. als
gewöhnlich erscheint: du magst din alte feddern herab schwin-
gen. Keisersbebg bilg. 10*; die belonung herab veranlasst in
milleldeutsdien quellen des 15. und 16. jahrh. formellen rückgang
der ersten silbe und die Schreibung erab, vergl. Ih. 3, 694 ; daraus
entwickelt sich die äuszerste kürzung rab: dimissus sermo , rab
gelassen in das mittel (mille). Melber varil. g3'. über die
Umstellung abher vergl. th. 1, 56.
2) die bedeulung von herab tritt schärfer oder weniger beäimmt
hervor; schärfer, wenn sie, an die örtliche bedeutung von her
anscJdieszend, die ricfilung nach einem sprechenden von einem höher
gelegenen orte bezeichnet, unbestimmter, wenn sie ohne berück-
sichligung solcher genauen richtung mehr ein allgemeines abwärts
angibt, in dem ersten falle ist der gegensatz hinauf: wer feret
hin auf gen himel und erab? spr. Sal. 30,4; er gieng die
treppe hinauf, kam aber bald wieder herab; und der ausgang
der richtung wird durch praepositionen bestimmt: von dem all-
mächtigen bistu gesegnet, mit segen oben vom himmel erab.
1 Mos, 49, 25-; der herr donnerte vom himmel herab. Sirach
46,20; eine stimme vom himmel herab sprach. Matth.3,1';
gott von oben er ab müsse nicht nach ihm fragen. Hiob3,i;
du bettest keine macht über mich, wenn sie dir nicht were
von oben erab gegeben. Joh. 19, 11 ; herab von der herrligkeit,
du tochler, die du zu Dibon wonest, und sitze in der dürre,
denn der verstörer Moab wird zu dir hinauf komen , und
deine festen zureiszen. Jer. 48, 18 ; dasz sie das beste von
oben herab auffiengen. Simpl. 1, 56 Kurz, auch die ganze aus-
dehnung der richtung wird durch einen accusativ bezeichnet; jagten
sie für dem thor bis gen Sabarim, und schlugen sie den
weg erab. Josua 7, 5 ; da sie für Israel flohen den weg erab
zu Beth Horon. 10,11; die feinde hören ein jamergeschrei,
den weg von Horonaim herab. Jer. 48, 5 ; er stieg die ganze
treppe herab zu mir ; er kam die steile halde herab gegangen.
3) im andern falle tritt der erste bestandlheil von herab dem
sinne nacli zurück, das ab hervor, es bezeichnet nur ein voll-
ständiges, ganzes abwärts, eine volle entfernung abwärts, aber nicht
mehr in der richtung des sprechenden, so schon früh:
als lanc so der rüke gät
von den absein her aoe. Iwein 5055;
wann sie {die haut) lang in dem wasser gehanget, so nimpt
man si ausz dem wasser und . . schapt dj bar härab , das
noch daran hanget. Keisersber5 has im pf. c6*, der weisz-
gerber an den bei dieser stelle gedacht ist, schabt das haar nicht
abwärts nach sich zu, sondern im gegentheil abwärts von sich weg ;
stirbt er dann, so legen sie ihn herab auf ein stro bisz er
erkalt. Fbask vellb. 153'; die schullern herab hängen, pen-
dere ex humeris. Hederich 1246; der herabgebückte elende
Lungernde betller. Fr. Müller 2, 187 ; vergl. herab drücken,
herab kommen nachher unter 5. herab wird dann auch un-
sinnlichcr gesetzt, und aus dem vollen abwärts entspringt die Vor-
stellung des endens, vollendens überhaupt, namentlich in den Verbin-
dungen ein iied herableiern; seinen rosenkranz herab beten.
4) in noch andern fällen ist, sicher unter vermiltelung der be-
deulung 3, gerade zu Verwechselung mit hinab eingetreten; beson-
ders häufig jetzt in der gewöhnlichen redeweise, wo man z. b. von
oben auf dem berge stehenden hört laszt uns den berg herab
gehen; oder als drohung: ich werfe dich die treppe herab.
ähnliches auch bei guten schripslcllcrn {tgl. unten herab schlingen) :
Just, er musz dir begegnet sein; er ging eben die treppe
herab. Werner, ich komme die hintertreppe herauf. Lessinc
1,523; 80 zog er sie bis an die treppe, mir war schon
bange, er würde sie mit hcrabreiszen. 547 ;
begab sichs, dasz vom rand des brunnens, wo
er seine waffen auf einander hingelegt,
sein gutes schwert herab ins wasser fiel. Wieland 18,62.
anders ist es, wo herab in Verbindung mit einem verbum einen
unbeweglichen abstracten sinn angenommen hat:
ich bin vom berg lier hirtenknab,
seh auf die Schlösser all herab. Uhla!<i> ged. 20,
wo nicht das blicken auf die Schlösser zu füszen des knaben,
sondern die Verachtung derselben angedeutet werden soll, vergl.
herab sehen unten unter 5.
5) die Verbindung von herab in den bedeutungen 2 bis 5 mit
rerben der bewegung ist Mufig , wobei in den neuern quellen
gewöhnlich, in den altern selten das adverbium mit unmittelbar
folgender verbalform als ein wort geschrieben wird, in dringlicher
rede, bäm befehl, wird ein imperativ unterdrückt: herab vom
pferde! für steig herab!
{wenn ich) die kelber auf dem acker seh,
so wolt ich schreien : zehe ! zehe !
herab! das eucbs unglück bestehe!
B. Waldis Esop 4, 80, 94;
du feind! herab in grünes feld! Gleik 4,26;
in der Verbindung herab müssen kann man sich verben wie
gehen , kommen , steigen ausgelassen denken : er musz herab
zu uns ; der könig wird noch herab müssen {vom throne).
Von den mit herab verbundenen verben der bewegung sind auf-
zuführen :
beten :
sagt mir doch, wo steckt mein kind?
soll sie schon vergöttert werden?
bet ich sie vielleicht herab,
oder ziert sie noch die erden,
0 so reis ich bis ins grab. G6:«TnER ged. 283;
ich bete mit dir von dem himmel
diese wohlthat herab. Klopstock 2, 118;
anders {s. oben 3 am ende): sein vaterunser herab beten.
beugen, einen ast herabbeugen, deflectere ramum. Hede-
rich 1246.
blicken, 1) von einer höhe her zur tiefe blicken: sie öffnet
das fenster, sie blickt herab zu mir; sie blickte herab auf
den brief und nach einigem besinnen nahm sie ihn auf.
Güthe 17, 387;
hoch über dem steine vom rade
blickt, hohl und düster, ein schädel herab. BOrceh 62'.
2) übertragen, gleichsam von einer erreichten hohen geistigen
stufe abwärts blicken: glaubten mit einigem raitleid auf das
sonst so herrliche sechzehnte Jahrhundert herabblicken zu
dürfen. Göthe 25, 162.
blitzen: herab blitzen, defulgurare. Hederich 1246;
der edle hört sein urtheil schweigend, blitzet
auf das verhaszte weib noch einen blick herab,
und wendet sich. Wieland 23, 263 (Oberon 12, 27).
brechen: herabbrechen, deorsum frangere, defringere. Stie-
ler 235.
brennen {nach herab 3): wenn ich aus solchen planen
aufwachte und sah das licht herabgebrannt bei meinem pulte.
Arnim schaub. 2, 148.
bringen, 1) her und abwärts bringen: haben auch ander
geld mit uns herab bracht. 1 Mos. 43, 22 ; bringet in herab zu
mir. 44, 21 ; dreimal bracht er fewr herab. Sir. 48, 3 ; wer ist
gen himel gefaren, und hat sie {die weisheil) gebotet, und aus
den wölken herab bracht ? Baruch 3, 29.
2) übertragen, abwärts bringen in sittlicher und socialer be-
ziehung : der umgang mit leichtsinnigen menschen hat ihn
ganz berabgebracht. auch in bezichung auf körperliches befinden :
die schwere krankheit hat mich herabgebracht.
dachen, abwärts dachförmig gestalten: sie (die gebirge) schei-
nen gleichsam der alte kern und die Strebepfeiler der erde
zu sein , auf welche wasser und luft nur ihre last ablegen,
bis endlich eine pOanzstätte der Organisation bcrabgedacht
und geebnet ward. Herder zur phil. u. gesck. 4, 29.
donnern: abermals donnerte es herab durch das chaos.
Klincer 5, 367. übertragen von lautem reden : schuiken ! don-
nerte er vom fenster herab.
drücken, abwärts drücken (nacA herab 3), gewöhnlich über-
tragen : die concurrenz drückt die preise herab ; das haus des
1007
HERAB
HERAB
1008
herrn Hummel war zu einem unbedeutenden dinge herab-
gedrückt. Freytag liandschr. 1, 33 ; seliener nach herab 2 : ob
nun altratiunuHstisch die Vernunft die mysterien gottes zu
sich herabdrückt, ev. kirchenzeiig. 1SG6, s. 690.
erben: es war ein alter glaube des sinnlichen wabns der
menschen, der, durch das ansehen der sage bekräftigt, sich
von den ältesten Zeiten beraberbte. Herder zur sdiön. lül.
u. kunst 20,32.
ermatten: soll mein guter Max, dessen blick und griff
nach kraft dringt, so üde herabermatten ? J. Paul Levana 2, 28.
fahren: am dritten tage wird der herr für allem volck
erab fahren auf den berg Sinai. 2 Mos. 19, 11 ; durch die
wunder die du thust, deren man sich nicht versihet, da du
herab fürest und die berge für dir zerflossen, ks. 64,3; Jo-
hannes sähe den geist gottes, gleich als eine taube her ab
faren, und über in komen. Matth.3,lG; ein engel fuhr er ab
zu seiner zeit in den teich. Joh. 5, 4. vom regen, blilz, donncr:
er wird herab faren wie der regen auf das feil. ps. 'J2, 6;
und sollte er auch (der groß unerwartet, unwillkommen herab-
fahren .wie ein donnerschlag. Göthe 14, 15" ; in bezug auf
blicke :
berabzufahren
in MettcbcDs buscn mit dem frechen blick. Gökingk 2,212.
auch in der dngeenglen bedeutung von fahren (2 th. 3, 1249) :
wir fuhren im wagen herab vom berge in die ebene; als er
cinmahl einen nachen voller frawenzimmer das wasser herab
fahren sähe. Zinkcref apophth. 2, 122.
fallen, 1) nach herab 2, abwärts und her fallen: da fiel
das fewr des herrn erab. 1 kön. 18, 38 ; wie der law der von
Hermon er ab feit auf die berge Zion. ps. 133, 3 ; herab-
gefallene regenbogen lagen mit ihren trümmern auf den
blütenbäumen. J. Paül Hesp. 3,219; ich blickte zum bäume
empor, eine frucht fiel herab vor meine füsze. der inßniliv
in subst. gebrauche: das herabfallen der steine. Lessinc 4, 49.
2) nach herab 3, abwärts, zu boden fallen, phne dasz die
richtung des her besonders hervortrete: wenn du ein new haus
bawest, so mache ein lehnen drumb auf deinem dache, auf
das du nicht blut auf dein haus ladest , wenn jemand er
ab fiele. bMos. 22,8; herabfallen vom pfcrde, dccidere ex
equo Hederich 1246; schleuderte mich so ungestüm auf ein
läer baurenpferd, . . dasz ich auf der andern seile wieder
herab auf meine liebe sackpfeife fallen muste. Simpl. i, 18
Kurz;
wenn ich auch einst von diesen höhen
berab, zum sumpf der untreu fiel. Gökingk 1,85;
im bexameter steigt des springquells flüssige säule,
im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.
SCUILLER 94*;
übertragen: seine verdunkelten äugen fielen schmerzhaft vom
himmel berab (seine dem himmel zugewendeten blicke richteten
sich wieder abwärts) auf Klotildens ihre. J. Paul Hesp. 3, 86.
flammen:
raset, ihr winde, flammt herab, ihr blitze,
ihr wölken berstet! Schiller Teil 4, 1;
der bimmel selbst flammt fürstcntod herab.
Sliakesp. Jut. Caesar 2, 2,
the heavcns tbcmselves blaze forth thc death of princes.
(leben: räche auf das haupt des mürders herabüehen.
Klihceb 6,390;
(ich) flehte segen
auf ihn herab. Gotter 2, 489.
fliegen: herabfliegen, deorsum volare. Stieler 512; der
vogel Oiegt vom bäume herab; ein stein fliegt vom dache
herab ;
doch ach ! von unsern eignen brüdcrn
kommt hier vom höchsten tcmpddach
ein mördrisch pfeilgowOlk auf uns herabgeflogen.
Scuillir terslöruny v. Trq;a 72.
flieszen: das wasser das von oben erab fleuszt. Jos, 3, 13;
wie der köstlich baisam ist , der vom heubt Aaron herab
Heust in seinen ganzen l)art, der er ab flciiszl in sein kleid.
pi. 133,2; lasz tag und nacht threncn herab flieszen, wie
ein bach. klagel, 2,18; su wie ein wciszer, langer hart auf
das schwarzsaromete wamms inajestütisch beraliflu-iz. L. Tikck
ge$. nov. 9,231;
hiuflg dia tbrioo vom aug mir liurub, ilu nciiurM, kh weinte.
GöTllK 1, 300;
rfibr« »ie alle, wio du mich gerührt, und ei nicnzi-ii, tum buifall,
dir von dem trockeiulen aug herrliche thr&uon herab. 917.
fordern: herabfordern, devocare. Stieler 541.
führen: er führte ihn die treppe herab.
geben: gib mir doch das buch herab {vom büchergesleU) ;
übertragen :
prinz, der herablassung ist sie nicht werlh,
an ihr ists jetzo, sich herabzugeben!
Schiller Turandot 5, 2.
^ehen: herabgehen, ilione huc descendere. SriELEaeSO; da
er aber vom berge her ab gieng. Matth. 8,1;
er gieng her ab bald uiide sprach.
ßoNKR edelslein 73, 34 ;
jung Siegfried war ein stolzer knab,
gieng von des vatcrs bürg herab. Uuland ged. 332.
übertragen: und die grenze gehe erab von Sepham gen Ribla
zu Ain von morgen weits, darnach gehe sie erab und lenke
sich auf die seilen des meers. 4 Mos. 34,11; bis an die
stuDfen, die von der stad David erab gehen. iVeA, 3,15; die
preise der lebensmittel gehen herab.
gelangen: als er nun herabgelangt {vom berge), ihr unter
den hohen bäumen am ländlichen tische gegenüber sasz.-
Götue 17, 82,
grünen:
von dessen (des Ihurmcs) kahlen ruinen
traurig das fremde gebüsch zum fernen erdreich herabgrOnt.
Zachariä (1772) 2, 63.
hageln: es hagelt herab, »lac/i hageln 2,6 sp. 147: dasz die
arme nutelnussen von den pferden herab hagelten. Garg. 198*.
häkeln: ist sein Schreiber bemüht, eine schöne uhr von
der wand herab zu häckeln. Lessing 4, 428.
hallen:
schwermuthsvoll und dumpGg hallt geläute
vom bemoosten kircbenthurm herab. Höltt 59 Ualtn.
halten: herabgehaltene rechte {hand). Heinsk Ardingh.
1,342.
hangen, transitiv: die haben ire schild allenthalben von
deinen raauren herab gehangen. Hes. 27,11. intransitiv: ihre
locken hangen über die schultern herab ; schlappe bis auf
den nabel herabhangende brüste. Lessing 6, 518 ; die herab-
hängenden puppen. Göthe 18,25; der mond hing wie ein
bethauter mit weiszen bluten überlegter morgen vom himmei
herab. J. Paul Hesp. 3, 88 ;
die krempen {des liutes) hiengen flach herab. Gxlust 1,9.
hängen: er hat einen teppich über die treppe herab
gehängt; da ihm die tief herabhängende zweite weit eine
eigne Unabhängigkeit von bedürfnissen predigte. J. Paul Hesp.
1,259; weite, bis über den bauch herabhängende Jacken.
H.Heine 1,28.
hauen: die bilder oben drauf hieb er oben er ab. ichron.
34,4; den Arealaus auf die schultern anträfe und ihm vom
hämisch ein stück sampt dem fleisch herab hauwet. AmadisZbS;
den arm nahendt bei der Schulter dcrmaszen antraff, dasz
er im solchen herab hieb. 126.
heben: die Icviten aber hüben die lade des herrn er ab.
iSam. 6, 15; rannten die zween rittcr mit eingelegten lanzen
und Sterkesten lauf zusamen, und erreichten die schilt so
stark, dasz sie zubrachen, und mit leib und pferden mit
solcher ungestimmigkeit zusammen stieszen, dasz Gasinan,
als der schwcchste, herab gehebt und mit eim groben spruog
darnider gesetzt wurde. Amadis 290;
doctor Martin der hub herab
den steine von des herren grab. H. Sachs 4, 1,8S^
hetzen: gefunden mein wild, habs ausgestöbert; ihr seid
die hunde, nun es vollends herabhetzend nach meiner höhle.
Fr. MClleh 2, 28.
holen: und der könig Salomo sandle hin, und lies in
er ob vom altar holen, ikön, 1,53; wenn sie sich gleich
versteckten oben auf dem berge Channel , wil ich sie doch
daselbs suchen und herab holen. /tmusO, 3; sprich nicht in
deinem herzen , wer wil hin auf gen liimel faren , das ist
nicht anders, denn Christum her ab holen. ROm. 10, 6.
kämmen: etwas herabkämnicn , depccterc aliquid. HutE-
nicu 1247.
klettern: herabkicttern, deorsum reptare. Stikliu 970.
klingen:
aber einit . . . klang auf dai gewohnte xoichou
keine ouiwort mir hcrnb. Uuland ged. 281.
kullern: vum berge herab kollern, ex mont« devolti.
Stkinhacu 1,803.
1009
HERAB
HERAB
1010
kommen, l) tn sinnlicher bcdeiUung, abwärts und her kommen
(vergl. kommen II, 3, & theil 5,1636): Gideon sandte botschaft
auf das ganze gebirge Ephraim, und lies sagen, kompt er ab
den Midianitern entgegen, richler 7,24; er aber kam er ab
mir entgegen am Jordan. 1 kön. 2, 8 ; etlicbe kamen er ab
von Judea und iereten die brüder. aposlelgesch.iö,\; allifgute
gäbe, und alle volkomene gäbe kompt von oben herab, von
dem vater des Hechts. Jac. 1,17; der rügen ist vom himmei
härab kommen, imber actus coelo. Maaler 205°; herabkommen
auf den mark, descendere ad forum. Hederich 1247 ;
komm herab, du scliöne holde,
und verlasz dein siolzes schlosz!
Schiller parasU i, 1;
sie rief ihm zu ein süszes wort:
0 dürft ich gehn hinab zu dir! ...
der Jüngling" ihr entgegenbot:
0 kämest du herab zu mir! Uhlasd ged. 197.
ton dem laufe einer grenze: und die grenze .. kam erab an
den Jordan. 4 Mos. 34, 12.
2) unsinnlicher und der neuen spräche eigen, abträrls gelangen,
in bezug auf siUlidtkeit oder glücksgüler : du bist herabgekommen
zu einem armen alten gaukler. Freytag /ian(fcc/ir. l, 4 ; einige
zeit darauf legte er in Lauras bände einen kleinen zerris-
senen band, der jämmerlich hcrabgekommen aussah. 2, IS8.
körnen, locken:
dein lob, das von der berge spitzen
mich sonst herab zum schreibepult gekörnt. Gökikck 2, 136.
kreisen, sich im kreise herab bewegen : dasz sie herab
kreisten von deinem weingeländer. Fr. Müller 1, 172.
kriechen: von einem bäume herab krichen, arborcm
derepere. Steinuach 1, 939.
krümmen: herabkrümmen, defleclere, detorquere. Stieler
1045.
lächeln: sie lächelte heimlich mir von dem balkon herab.
Klinger 1,34; man hört theorien über amlsniisbrauch ...
entwickeln, über die die marmorbüste Stahls , . . selig herab-
lächelt, grenzboien 26. Jahrg., 2 s. 120.
lachen: sie lachte zu mir herab, übertragen: die sonne
lacht auf uns ab. transitiv: höre auf zu lachen, du lachest
das beste und allerfeiste herab (von einevi essen). Kalsiporus
Qä';
du lachtest höhn für lieb und treue
auf mich herab. Bl'rger 7'.
läppen: dieser ßrlefans läppet im lustig über das recht
or herab, wie den zimmerleuten die hanenfedern. Garj. 119';
setzete ihm die kröne zwischen die obren, die gleichwohl
herab lappeten und nit mehr steif stehen wollen, esclkönig 336.
lassen in mehrfacher bedeutung: l) transitiv, machen, dasz
etwas abwärts gehe: man liesz einen korb aus dem fenster
berab; etwas von oben an seilen herablassen, demitterc Frisch
1,579'; regen von dem himmei herablassen, demiltere imbrem
caelo. Heoericb 1247;
David ward herabgelassen
von dem fenster au dem seil. Cblakd ged. 167.
2) auch reflexiv: wir lieszen uns aus dem fenster herab
zur erde; sich auf die ebne oder weite härab lassen, in
aequum, in planitiem descendere. Maaler 205'; sich an einem
seile herablassen, labi per funem deniissum. Stei.nbacu 1,980;
und bildlich: die nacht mit ihrem schweigen liesz sich auf
uns herab; schwermulh hatte sich auf sie herabgelassen.
Kliscer 5, 302.
3) naclilassen, zugeben dasz etwas abwärtsgehe: herablassen,
darc locum descendenli, non impedire descensum. Frisch 1,579';
etwas vom preise herablassen.
4) am h/Jufigslen seil der 2. hälfle des vorigen Jahrhunderts
in reflexiver fügung , von einem höheren Standpunkte in geistiger
odei- socialer lunsicld zu einem niedern abwärts steigen und zwar
nur für einmal und einen bestimmten zweck: leute von einigem
Stande werden sich immer in kalter entfernung vom gemeinen
\olke halten, als glaubten sie durch annähening zu verlieren;
lind dann gibls flüchtlinge und üble spaszvögel die sich herab
zu lassen scheinen um ihren übermuth dem armen volke
ileslo empfindlicher zu machen. Götue 10, U; sein stolz
luszte sich herablassen, er nährte sich mit Schreibereien.
Arnim kronenw. l, 228 ;
ich bab mich oft geHuudert,
wie doch ein heiliger, der sonst so ganz
im himmei lebt, zugleich so unterrichtet
von dingen dieser weit zu sein herab
sich lassen kann. Lkssikg -i, 219:
IV. u.
ich fühl 88 wohl, dasz mich der herr nur schont,
herab sich läszt, mich zu beschämen. Götbs 12, 160;
wer nur von ritterthaten träuqjt, wird der,
gestehen sie — wird der auch wohl so tief
herab sich lassen, bänder, die den damen
entfallen sind, begierig wegzustehlen . . .?
Schiller Kartos 2, S;
der treffliche liesz selber sich herab,
die hohen glaubenslehren mir zu deuten,
und meines herzens zweifei zu zerstreun. 3/. Stuart 1, 6.
seltener ist herab lassen in bezug auf den sittlichen Standpunkt
gebrauclU: ich stehe ihnen dafür dasz mein vater sich zu
keiner list herablassen kann. Lessing 2, 48. — Das part.
praesent. verliert in adjectivischer und adverbialer Stellung das
reflexive pronomen : ein herablassender herr; der könig sp/ach
sehr herablassend zu ihm; er (Hamlet) ist nicht höflich, nicht
herablassend. Göthe 19, 74; nicht aber wenn es eigentlich par-
ticipiale function hat: der umsonst sich herablassende. Imxer-
mas."» Müncith. 3, 53.
laufen: das eichhorn läuft vom bäum berab; das wasser
läuft den berg herab; der mond besprengt den pfad mit
schimmernden flecken, er zündet im gewirr der blätter und
zweige verlorene lichter auf, hier läuft es vom baumstamme
bläulich herab wie brennender spiritus. FREVTAc/iandscAr. i, 3;
worin das rothe kind des ersten akts im fünften zum Jubel-
greis ermattet und gebückt vor dem herablaufenden Vorhang
verschwindet. J. Pall 7»/. 2, 82; decurrentes lamellae, wenn
die blättchen am Strünke herablaufen. Nexxich 2, 1385.
legen: ein knecht muszte den todtwunden auf ein pferd
legen, aber er starb darauf, da machte der Told, dasz man
ihn wieder herab legte, wo er vorher gelegen war. Grimm
sagen 1, no. 29.
leiern: der bänkelsänger leierte ein Med herab.
lenken: einen ast berablenken, defleclere ramum. Hede-
rich 1247.
locken: herablocken, ad inferiorem parlem trahere. Stieler
1173; doch konnte mein äuge nicht lange dort verweilen,
denn es ward durch ein reizenderes Schauspiel herabgeloekt.
Göthe 24, SO.
lösen
die thürme schwanken,
gefugte steine lösen sich berab. Göthb 9,378.
machen: sich herabmachen, deducere se deorsum. Hederich
1247. übertragen, tadeln (vergl. herunter machen) : er hat ihn
wegen des trunks sehr herabgemachet, acriler redarguit ebrieta-
lem ipsius. Stieler 1197; er ist wehrt, herabgemacht zu wer-
den, vehemenlissime objurgatione dignus est. das.
nehmen: halt, laszt sehen, ob Elias kome, und in er
ab neme. Marc. 15, 36 ;
vor sanct IVIariens bilde
nahm sie herab die krön. Uhland ged. 253.
neigen: er neigte sich gütig berab zu mir; der inf. in
substantiver Verwendung: ein herabneigen deines angesichts
auf mich. Bettine tageb. 81 ; aber ich fühls recht bei deinem
freundlichen herabneigen, dasz du mir gut bist, briefe l, 169.
purzeln: wenn einige leute von den thionstaffeln herab-
purzelten. J. Paul Hesp. 1,145; so war der lord so über alle
thronstufen aus Jenners herzen herabgepurzelt. 4, 143.
quellen: wasser quillt vom berge herab; transitiv:
welche Versöhnung diesz blut, aus diesen wunden, herabquoll!
Klofstock 4, 119.
rauschen:
waun gottes regen berab rauscht. BGrcer 221*.
reden: meine liebe frau magistrinn, will ich mit einem
huldreichen tone auf dich herab reden, fassen sie sich, es
ist gottes wille. Rabeneb sal. 3 (1757) s. 34.
regnen, unpersOnlicIi : es regnete in strömen vom himmei
herab; übertragen: das aufgehellte angesicht Klotildens, über
welches der zug eines herabgeregneten kummers so wie ein
regenbogen über den hellen blaueo himmei schwebte. J. Paul
Ilcsp. 3, 72 ;
ehre
die menge regnets gleich herab! Göungk 2,97:
fadUiv, regnen lassen: sant Catbarin regnet knebelspiesz vom
himmei herab. Garg. los'; regne (du Juno) herab in deiner
milde! .. regne auf Dios herab! Klinger thcater 3,413.
reisen: und als wir mehr tage da blieben, reiset herab
ein prophet aas Jadea . . und kam zu uns. ap. gasch. 21, 10.
reiszen: bis das ein stein herab gerissen ward. Dan.
2,34; bildücli, mit hast entfernen : Einanuel erscheinst du mir?
G4
1011
HERAB
HERAB
1012
rief bebend Horion und risz seine Ihiäncn herab. J. Paul
Hesp. 1,248;
und ich faszte das messcr, das krummgebogene, scharre,
trennte schneidend, und risz ranke nach ranken herab.
GöTHE 1, 324.
reiten:
dort oben hielt ich, dort vermasz ich mich
herab zu reiten, grad herab. Götue 9, 2(i0.
rennen: er rannte den berg herab,
ringeln: dryadcn oder waldnymfen, nach der silte mit
herabringelndcn locken. Voss zu Virg. Georg. 4, 337.
rinnen: berabrinnen, demanarc. Stieler 1612;
warf ihn der vater an einen entgegenstehenden felsen,
dasz sein zartes gebirn an blutigen steinen herabrann.
Klopstock 3, 57.
rollen, intransitiv: ein stein rollt vom felsen herab; tbränen
rollen die wangen herab; transitiv: der küfer rollt ein fasz
die strasze herab; der lehrling trat in das land der Philo-
sophie: steil hinan steht vor ihm eine hübe, wo von oben
herab, synthetisch strenge, begriffe und werte herabgerollet
werden. Herder zur seh. litt. 1,202.
rücken: herabrücken, Jeorsuni progredi. Stieler 1569.
rufen: alles büse auf iha herabrufen;
was auch der ohermacht gewaltgen schlusz
auf dich herabgerufcn. Götue 9, 336.
schätzen: der herabschätzendc blick, den Piaton allent-
halben auf die gemeine musik wirft. F. A. Wolf zu l'tatons
Phaedon 27.
schauen, wie herabblicken {sp. 1006), l) ägenllich: bis
der herr von hirainel herab schaw und sehe drein, klaget.
3er. 3,50;
da ist der himinel aufgeschlagen,
sein lichter engel schaut herab. Ubland gcd. 210.
2) übertragen ; er schaut verächtlich auf die armuth herab,
schauern:
schauere bluten herab, du bäum. Voss 3, 129.
scheinen:
dein (mond) silber schien . . .
auf mich herab. IIöltt 154 Halm;
kein blättchen rauscht im winde,
die sonne schien gelinde
herab aufs stille land. Uuland ged. 26.
schicken: er schickt seinen diener auf die strasze herab,
um zu sehen, was wir treiben.
schielen: wie schatten aus dem Elysium schienen jene
alten ritter ernsthalt auf das heutige prunkmahl herabzu-
scbielen. TaiJNHEL 3,484.
schieszen i) intransitiv : regen schieszt vom himmel herab;
ich müszte den blilz des himmels ergreifen können, wenn
er auch drohend hcrabschös.sc. Klincer 1, 47.
2) transitiv: liesz .. desselben kind, ein jung knäblein,
an ein stock binden, mit einem apfel auf dem haupt, welchen
Teil mit einem armbrustpfeil vom haupt herab schieszen
muste. Zinkcref apoidUh. 1,194;
wenn die sonne nunmehr die müden schnaubenden pferde
nach dem ocean lenket, und mildere stralen herabschieszt.
7.ACUARI4 lagesiciten (1757) s. 68.
schlagen: etwas mit einem stocke herabscblagen , de-
cutere aliquid baculo. Hederich 1247 ; dasz Amadis also zu rosz
ihn daselbst nicht bcscbedigcn, und dasz, wo er sich hinzu
nahet, er ihn leicbtlich herab schlagen möchte. Amadis 290 ;
ein Stern wurde jetzt herabgcscblagen. J. Paul llesp. 2, 250.
intransitiv :
nicht der rollende donner (ich hör ihn) aoll mich verhindern,
nicht des regens gusz, der drauszen gewaltsam herabscblagt.
Götue 1U,331.
schleichen: herabscbleichen , sensim descendere. Stieler
1835;
und allen jungfraun schlichen stille thränen
die gluhiide wang herab. Wielan» 18,09)
ungesehen Kchicichen wir den weg
unser« lebcnv bin zum grab herab. Gokince 1, 45.
schleppen: bediente schleppen veincn kufTer die treppe
herab. \
schlingen:
und endlich iiun bci.ili in hriiien magen
den schokolat so »clbzufrieden Hchlaiig. Göeinue 2, 193.
• cblüpfcn: da er langsam mit nachspringenden schatten
und mit den an ihm herab»chlüpfendcn sonnenblitzen durch
die lurbeerbäume ging. J. Paul TUan t, 27.
schineiszeu: vom turn herabschmeiszen, turri vi terrani
praccipilare. Stieler 1872; dasz steine von vögeln herabge-
schmissen werden. Lessinc 4, 50.
schmelzen intransitiv: das eis schmolz herab ; der herab-
schmelzendc schnee. Göthe 48, 130.
schmelzen transitiv: dieser zusammenflusz von Übeln
hatte das reich binnen einem Jahrhundert unvermerkt auf
die hälfte seiner ehemaligen einwohner herab geschmelzt.
Wieland 7, 258.
schneiden: einen ast vom bäume berabschneidcn.
schneien: wenns vom Libano herab schneiet. Jcr. 18, 14;
so weit hats noch nicht herabgeschncit, dasz sich unser
einer fürchtete, erwiderte lachend der mühiknecht. Zincerle
kinder- u. hausm. 252.
schneuzen:
und wohl noch wähnt, vom nächsten stcrne
berabgeschnouzt und forigeschnellt,.
er sei die gröszte blendluteriie,
die je das weitall aufgehellt. Tuöhmbl 6, 456.
schreiben: Voss hat sich auch wirklich durch diese
unerträglichen aufsätze so sehr in der achtuiig von männcrn,
die sicherlich seine feinde nicht waren, hcrabgeschrieben,
dasz sie jetzt nichts mehr lesen , worüber oder worunter
Voss steht. Lichtenberg t'erni. schrißen (1844) 4, 244.
schütten: ob ich euch nicht des himels fenstcr auf-
thun werde , und segen herab schütten die fülle. Maleachi
3,10; verweise auf jemand herabschütten. Gökingk 2,64.
schwimmen: herabschwimmen, denatare. Stieler 1979;
{der morgen) warf über die wühlenden bäche das zitier- und
glanzgold des hcrabgeschwommenen morgenroths. J. Paul
Ucsp. 4,62.
schwingen: magst din alte feddern herab schwingen und
überkomen. Keisersberg bilg. 10"; reflexiv:
und Schwung,' der räch am falschen schon gewisz,
vom wagen vollgerüstet sich herab. Uöbger 151*.
sehen, wie herab blicken, in zweifaclier bedeutung. l) ab-
wärts und her sehen: sihe erab von deiner heiligen wonung
vom himel. 5 Moj. 26,15; von der höhe in den thal herab-
sehen, despicere de vertice in valletn. Hederich 1247; der ver-
klärte sieht jetzt auf uns herab.
2) übertragen (tcrg/. herab blicken 2, .<;/). 1006): da der prak-
tische Politiker auf den theoretischen mit groszer Selbst-
gefälligkeit als auf einen schulweisen herabsieht. Kant 5,413;
kein aristokratischer dunkel hat jemals mit solchem uner-
träglichen übermulbe auf diejenigen herabgesehen, die nicht
zu seiner gilde gehörten, als die newtonische schule. Götue
52, XVI. der inßnitiv im Substantiven gebrauche: sie legte un-
befangen — der gewisseste beweis ihres herabsehens — dem
adjunkt die bitte vor, sich nach einer adjunklin umzuschauen :
ohne mariage sei er zu empfindlich für die reize ihres ge-
schlechts. J. Paul jubeisen. 18.
senden: seid fröHuh im herrn ewrem golt, der .. euch
her ab sendet früregen und spatregen. Jocl 2, 23 ; sende sie
{die weisheil) herab von deinem heiligen himel. ueish. 9, 10
siehe, die himmlische ceder, von meinem vater erzogen,
sendet nocli kulilondu schauen herab. Kloi'stoce 3, 151 ;
(i)ott) send aus deines lichtes fülle
nur einen siralil herab, der mir den aiisgang zeigt
aus diesem abgrund von gedankon! Götter 1, 3b9.
setzen, l) in eigentlicher bedeutung abwärts setzen, auf einen
niedrigem sitz bringen : der lehrer setzt einen faulen schüler
herab; der schüler musz sich herabsetzen.
2) übertragen, erniedrigen, geringer maclicn, in bezng auf wert,
meinung, Stellung, und in Irnnsiliver und reflexiver fügung: der
kaufmann setzt die preise herab, er verkauft zu herabge-
setzten preisen ; die gebälter der beamleu wurden auf die
hälfte herab gesetzt; die strafe wird herabgesetzt ; einen im
ränge herabsetzen; sich selbst lierabsetzcn, se ipsum conlem-
nere, vilcm facere, Serz 67*; er setzt andere herab, um sieb
binaufzusctzcn, premendo alias se extollil. das.; wie tief setzen
wir alsdann den inunschcn unter das vieh herab! Hadenkr
sat. 4 (1757) 5.60; Bcrkelei hetzte die kurper zum bluszen
schein herab. Kant 2, 85 ; wutb und Verzweiflung schändete
keines von ihren werken, ich darf behaupten, dasz sie nie
eine furic gebildet haben, zurii setzten sie auf rrn.«l herab.
Lessinc fi, 3s.s; man kann die kunsl nicht tiefer herabsetzen,
als es dadurch (durch eint vorgelrngene metnung) geschichet.
413; diese {nadiahmung) hingegen setzet ihn {den duker) ganz-
1013
HERAB
HERAB
1014
I
lieh TOD seiner würde herab. 421; Longin sagt, es komme
ihm öfters vor, als habe Homer seine menschen zu göttern
erheben, und seine götter zu menschen herabsetzen wollen.
453; war es von 1644 bis 1767 allein dem hamburgischen
dramaturgisten aufbehalten, flecken in der sonne zu sehen,
und ein gestirn auf ein meteor herabzusetzen? 7,144; die
liöheren stände herabzusetzen und sie mehr oder weniger
anzutasten. Güthe 26, 197.
siechen: dasz seine {Roms) imperatorische schlachtstimme
herabsiechte zu betendem pfaffengewimmer und kastraten-
getriller. Heise 6, 22.
singen:
so war es wahr, dasz dich thessalische frauen,
in frevlend magischem vertrauen,
von deinem pfad herabgesungen? Göthe 41, 153.
sinken: die wölke sinkt herab auf den gipfel des berges.
übertragen: der mensch soll nicht zum thier herabsinken;
er {Hamlet) ist nicht höflich, nicht herablassend, nein herab-
gesunken und bedürftig. Güthe 19, 74.
sitzen: alle fürsten am meer werden herab von iren
stülen sitzen. Hes. 26, 16.
spannen: der jonfer {Jungfer) den girte! under die knie
heraflf spannen. Zimm. chron. 4,244,12; den bogen, die saite
herabspannen, abwärts spannen, in der Spannung nachlassen;
danach übertragen : seine anforderungen herabspannen; bevor
man . . über die leute abspricht , die man überspannte be-
titelt, . . sollte man sich genau untersuchen, ob man nicht
selbst allzu sehr herabgespannt . . sei. Klinger 12, 69 ; ich bin
heute wieder herabgespannt, das gott erbarm I theater 2, 354.
spielen, spielende betcegung abwärts machen: hoch an Spa-
lieren sodann eine sorgsam gepflegte, sonst ausländische
pflanzenart, das äuge nächstens mit hochfarbigen, an leichtem
gezweige herabspielenden glocken zu ergötzen versprechend.
Göthe 60, 307. — transitiv, in bezug auf musik ; eine melodie,
eine Symphonie herabspielen.
spinnen:
dasz ich diese (weit) noch lange, von dir belencbtet, erblicke,
spinne die parze mir klug langsam den faden herab.
GÖTHK 1, 2S3.
spötteln, alles ist so glücklich zum vorurtheil, zum be-
trug unserer Vernunft und unsers gefühls herabgespöttelt.
Stcbz 1,199.
sprechen: die predigt von der kanzel herab sprechen;
auf jemand gnädig herab sprechen, s. herab reden.
sprengen:
siehe! wer auf weiszem rosse
sprengt von der kapeil heral)? ÜHtASD ged. 260.
springen: vom wagen herab springen, de rheda desilire.
Steisbach 1, 647 ; von dem pferde herabspringen, desilire ab
equo. Hederich 1247;
ein heupferd, das bei der gefahr
zu Oberst auf dem wiesbaum war,
sprang drauf herab. Gellert 1, 58.
stechen: der ritter so herab gestochen worden {vom
Pferde). Amadis 61.
steigen: Mose aber und Eleasar stiegen erab vom berge.
4 Mos. 20,28; bistu goltes son, so steig erab vom creutz.
Matth. 27,40; vom wagen herabsteigen, de curru desilire. Stie-
ler 2135; der Arkturus, der dem liegenden menschen gegen-
über stand, stieg schon von der zinne des himmels herab.
J. Padl Hesp. 3. 138 ;
so ists nun allenthalben fried;
drumb steigt herab und förcht euch nit.
B. Waldis Esop 4, 2, 148 ;
ach! nur im augenblick, im letzten, stieg mir ein leben,
UDverrouthet in dir, wie von den göttern herab.
Göthe 1, 2%;
und von ihren thronen steigen
alle himmlischen herab.
Schiller da« eleus. fest v. 113;
die .. biliigkeit verlange, dasz die ankläger .. von allge-
meinen beschuldigungen zu einzelnen beweisen herabstiegen.
Schiller 805.
sterben: wenn in eurer letzten stunde, bedenkt es, alles
im gebrochenen geiste abblüht und herabstirbt, dichten,
denken, streben, freuen. J. Paul Levana l, 138.
stimmen, zunächst in bezug auf musicaUsche instrumente,
den ton tiefer bringen: eine seile, die geige herabstimmen.
dann übertral^en : wer zu deutlichen begriffen sich zu erheben
gewohnt ist, kann ja leicht sich wieder zu klaren herab-
stimmen and es bei diesen bewenden lassen. Lessiug 10, 3 ;
einer beschwerlichen frage ausweichen , dadurch dasz man
ihren sinn zu seiner gemächlichkeit herabstimmt. Kant 2, 252;
die studierte nachlässigkeit, womit Horatius seinen heroischen
vers bis zur täuschenden ähnlichkeit edler prosa herabge-
stimmt hat. F. A. Wolf Horat. erste satire {Berlin 1813) vortrort;
da befinden wir uns plötzlich wieder in der mitte eines
herabgestimmten lebens. Tieck 4, 72.
stören: herabstören, dejicere, dislurbare, excidere, evertere.
Stieler 2173; aber die zeit meines welkens ist nahe, nahe
der Sturm, der meine blätter herabstört! Güthe 16,176.
stoszen, intran^iv: der raubvogel stöszt herab auf seine
beute; transitiv: er stiesz ihn den felsen herab.
strömen: der regen strömt herab.
stürmen: er stürmte die treppe herab.
stürzen, 1) intransitiv im stürze abwärts und her gelangen :
von der höhe herab stürzen , ex praecipiti devolvi. Steinbach
2,763; einen jähen, herabstürzenden fall. Ramler diciuk. d.
Horaz 93;
die kühne reiterin ist, eben jetzt,
von jener l'elsenwand herabgestürzt. Göthe 9,255;
herabgestürzt seh ich die übergoldten zinnen.
Schiller Zerstörung ton Troja 79;
brausend stürzt der gieszbach herab durch die rinne des felsen.
Spaziergang 179;
bildlich: bei Schauspielerinnen, die auf stelzen schreitend,
nicht selten in die widerwärtigsten mislaute herabstürzen.
H. Heine 11, 217. von dingen die in einer jäh abfallenden läge
sich befinden:
muntre dörfer bekränzen den ström, in gebüschen verschwinden
andre, vom rücken des bergs stürzen sie jäh dort herab.
Schiller Spaziergang v. 50.
von jähen bevegungen der menschen: vater, mein vater, rief
Laura die treppe herabstürzend , sie warf sich ihm an den
hals. Freytag handschr. 3, 331.
2) transitiv, einen durch stürz abwärts befördern: er sprach:
stürzet sie herab, und sie storzten sie er ab, das die wand
und die ross mit irem blut besprenget worden. 2 kün. 9, 33 ;
von der brücke in die Tiber herabstürzen, dejicere de ponte
in Tiberim. Hederich 1248;
und nun auf einmal, wie der jähe stürz
dir vorbedeutet, bist du in den kreis
der sorgen, der gefahr herabgestürzt. Göthe 9,271;
auf ebnem boden straucheln ist ein scherz,
ein lehltritt stürzt vom gipfel dich herab. 336;
so tief
herabgestürzt von allen meinen himmeln !
Schiller Karlos 2, 8.
auch mit sächlichem object : einen felsblock herabstürzen ; schwüre
und fluche auf jemand herabstürzen. Gökinck l, 91.
3) reflexiv: sich vom obersten gadera zu tode herab stürzen,
e superiori parle aedium se dejicere atque ita interire. Steinbach
2, 763 ; sich von der mauer herab stürzen, e muro se in prae-
ceps jaclare. das.;
sonst stürzte sich der himmelsliebe kusz
auf mich herab, in ernster sabbathsiille. Göthe 12,45.
sudeln: ich bin es müde, meine worte von mund zu
mund so herabsudeln zu lassen. Fichte sonnenkl. bcricfU 231.
tanzen:
wohl uns I die siegerfahne tanzt
von Golgatha herab. Höltt 183 Halm;
der kutscher der nicht halt machen wollte, muszte Tom wagen
herabtanzen. Schiller rättber 2, 3.
tauchen, abwärts tauchen, als bild für eine tiefe Verbeugung :
die Rollmaus tauchte tief herab. Freytag handschr. 3, 101.
t h a u e n intransitiv :
himmel sie ists! himmel sie istsi
Seligkeit thauet herab. Götbi 14,31.
transitiv: der himmel thauet segcn auf uns herab.
thun: herabthun, deponere, decerpere. Frisch 2, 374*; welche
. . . was sie {von pasquillen) gefunden , nicht herab gethan.
SCHCPPIüS 678.
tragen: ein geräth von oben herab tragen.
träufeln: dann schlägt leise der menschen vater auf den
goldnen nebel, der seinen thron auf dem Olympos umflieszt.
und herabiräufelt auf die bebende {die erde) die süsze hoff-
nung, die erhalterin der menschen. Klingbr 2, iso;
das nennst du unnütz, wenn von deinem wesen
auf tausende herab ein baisam träufelt? Göthe 9, 8.
64*
1015
HERAB
HERAB — HERABFLUG
1016
transitiv :
blutige tropren herab nun träufelt er auf i)as gefllde.
Ilias lü, 400.
träufen :
als sie noch redete, hub sich um ihren fusz von dem grabe
sanft aufwallender duft, ein Wölkchen, wie etwa die rose,
oder ein frühlingslaub einhüllt, das silber hcrubtrnuft.
Klopstock 5, 2s.
treiben: ich treibe herab, depello, delurbo. Steinbacu 2, 855 ;
wird herzog Bernhard von der überlegenen macht in die ebene
herabgelrieben. Schiller 984*;
sind das nicht die fetten hämmcl,
die vom Gileath-gebirge
abendlich der birt hcrabtreibt? Heike IS, 175.
trennen: lierabtrennen, demeiere, dcsccare, abriperc secando,
et removere. Stiei.er 2324.
triefen: der sogen treuft vom himmel herab, benedictio
de caelo manal. Stieler 2328; von allen seilen herabtriefendes
wasser, H.Heine 1,30;
der todesthau troff ihr die wangen herab. Borger 35'.
tropfen: beiabtropfen, deslillare Hederich 1248; nie sah
ich so eine (abendrüthe) ; sie lag wie herabgetropfet in dem
gebüsch. J. Paul uns. löge 3, 67 ; der heile goldne abendsaum
blickte durch die herabtropfende nacht, flegelj. 1, 118.
verniedlichen: in unserer rosenfarhenen, jungfräulichen
zeit sind wir fern den menschen zum halbgott zu erheben,
wir verniedlichen ihn lieber herab. Stürz 1, 231.
wallen: quellen, von rosen und citronenbäumen um-
schattet, ans deren zweigen wollten von ambrosischen duften
auf sie herab wallten. Wieland 19, 43.
wälzen: ich wil meine band über dich strecken, und
dich von den felsen herab welzen (var. herab wclzein). Jer.
51,25; von oben herab gevvelzet werden, ex subtiriti dcvalvi.
Stieler 2421.
weinen:
rosen und nelkenhiumen, glftnzet lichter,
wann das beste der mndchen euch besuchet,
dank gen himmel lächelt, und wonnethrauen
auf euch herabweint. Höltt 101 Halm;
denn meine seele hat den freund,
den sie in stillen stunden
vom liimmel oft herabgeweint.
in Agathen gelunden. 1. M. Miller ged. 253.
werfen: mit den werten ergreif er den Galoar, der mei-
nung, in herab zu werfen {vom pferde). Amadis 406; einen
zur treppen hei-abwerfen, in inferiorem parlcm per gradus dc-
jicere. Stieler 2549; die herabgevvorfenen wolkenschallen,
die von einem hügel zum andern Hieben. J. Paul Hesp. 2,109;
auf dem wagrecbten wege . . bewegte sich das pferd ohne
ladel und hielt schritt mit dem tauben söhne, dem der vater
von der sattelkanzel unzählige rechts- und lebensrcgeln herab
warf, flegelj. 1, 121;
{ilrn nuKzIiaum) von dem sie manche schöne nus/
iierabgcworfen. Höltt 38 Halm ;
wirft plötzlich die betäubten von den höhen
der berg' herab. Rahlbr 1,72;
wo kam der schmuck her?
vom ohern stock ward er Iierabgcworfen.
Schiller M. Stvarl 1, 1.
winken: herabwinken, ex sxtperiori loco aliquid nutii siijiii-
ßcare. Stieler 2543; sie winkte mir vom feiisi.i Iht.iIi; dn/Tir
mü acc. der person:
komm, hier winken dich thSler
in ihr terope zur erd herab. KLorsTOi.K l.^d.
mit säddicliem objecl:
wenn er nntergang tinerforncht Rufweiten lierabwiiiki. 3, dl;
der mit der rechten erbarmung, gericht mit tler linken bfrab-
winkt. 4, 155.
wirken: es ist bekannt, . . dasz die weisen Sprüche des
erleuchteten Sancho mit so viel kraft auf deine obren hcrab-
gewirkt, dasz da der tiefsinnigste cscl deiner zeit gewesen.
I'.Ai i^Nm tat. 4 (1757) s. 9;
jn nie (liiif Vcniix) Int Jetzt in ihrer erdeniihh
um) wirkt herab mit kllen ihren utArkon.
ScuiLLKR Wullrtixl. tiul 1, 1.
wittein: aber man hat «einen {des jirirMers) stand hrral»-
gowizelt, er wird verlacht, wenn er an grheimnisse glaubt.
Stok 1,209. ,
würdigen, den vrrt ahtedris bringen, im wrrte niedriger
firUen ; mit von : die meinten balien wunderliche brprilTe von
poesie, und meinen . . die albernsten pöbelmährchen und
kinderfabeln wären ihr bestes und wesentliches, und würdigen
sie so herab von ihrem adel. Heinse Ardingh. i, 349 ; auch mü
zu : dort hat man jeden goltesgeiehrten zum pfaffen, hier
jeden weltweisen zum gottesleugner berabgewürdiget. Lessinc
10,11; die poesie zur bänkelsängerei herabwürdigen. Gotter
1, VIII.
ziehen, 1) inlransüiv, in einer schnar abtedrts und her ge-
langen : wir sind vorbiii herab gezogen , speise zu kaufen.
1 Mos. 43, 20; ziehet er ab von den Amalekitein. 1 Sam. 15, ü;
da macht sich Saul auf, und zog er ab zur wüsten Siph.
26,2; das ich meinem herrn künig entgegen er ab ziigc.
2 Sam. 19,20; da zoch Holofcrnes vom gebirge herab. Judith
3,6; zoch den Oleberg erab, Luc. 19,37.
2) transitiv : herabziehen, delorquere, dcvellere, deor.mm trahere.
Stieler 2643 ; einem die haut lierabziehen, alicui pellem de-
Iratiere. Steinbach 2,1107; einen kiiuig von seinem thron
herabziehen. Gotter 2, 73; fürchte den endlosen Jammer, den
du auf dein haupt herabziehest! 3,92;
{der chehund), der herab zur erde
die Seligkeit des himmels zieht. 1, 178;
ich will . . .
herab den donner ziehn, und jeden könig schrecken. J, S;
sei weise, zieh das wettcr
nicht vor der zeit herab. 44;
0 ! wenn dich (Hymen) noch ein opferschmaus
herab vom himmel ziehet,
so komm in meines Leukons haus,
der am altare knicct. Ramler 1, 70.
übertragen: er zieht edle bestrebungen ins gemeine herab
Dauphin! bist du der göttlichen erscheinung
schon müde, dasz du ihr gefäsz zerstören,
die reine Jungfrau, die dirgott gesendet,
herab willst ziehn in den gemeinen staub?
Schiller jniujfran 3, 4;
im particip: dasz wir aber alles niiswollende, verneinende,
herabziehende durchaus ablehnten und entfernten. Güthe
31, 147.
zielen:
bringt mir
Vulkans undurchdringliche
Waffen herbei !
will sie {feinde) herabzielen aus ihren wölken.
Fr. Möller 2, 266.
zittern, sich zitternd abwärts bewegen: oben füllet Luna
die wehenden wolkenflockcn mit flüssigem silber an, und die
getränkte silberwolle zittert herab. J, 1'aul Ilesp. 1,118; die
iiamen Jonathan und Wina zitterten dem notar wie apfel-
blüthen auf die brüst herab, flegelj. 2,103;
die thränc zittert herab.
Zacuariä ;)0<'f. sehr. (1772) 2, 292.
zwingen: herabzwingen, vellere, revellere, diffictdler abstrahere.
Stieler 2670.
»KKAHBEUGUNG, f. deflexus. Hedebich 1246.
HEUAnEK, adv. was herab, es üt abgeschwdclUe form von
lierabher (s. (/.) und lehnt sich zunächst an das sp. 1005 und
Ih. 1,56 erwähnte abher an, als dessen beyi'ifllicJie Verstärkung
es gelten kann, die zeit in der herabcr ih der .^chnflsprache gilt,
ist vornehmlich das 10. bis zum il.jahrh., mundartlicJt, z.b. in
Diiringen und dem Oslerlande ist es noch jetzt in gebrauch, als
(dl die satel und zoum . . alle herabcr auf den boden weren
gefallen. Zimm. chron. 3,459,20; er soll nur frei und kegk-
iich wider heraber geen. 4,296,26; nach den Worten stiegen
>\e. wider vom Iburii beralier. Aimon bog. C; von den Stäben
!i<M aber fallen. Hock kräuterbuch 4s9 ; also dasz er gleich wie
di-r i'iesz heraber liel. AmadisMü; dasz er ihn und die jung-
li.'iuw heraber stach. 206; es isl besser die Iciter nicht stei-
.•tii, als heraber fallen, Sciiui>i'ius 562;
{wie Jiipilrr) ein regn von klarem goldo rot
heraber von »eini ihioiie gogz. H.Sachs 5,219';
und l.tiz {hriin iinisz''>i) dein schön Ulzhöilin ouf,
denn .snKiu.'« oll licrahiT raufen,
wlo bald müm du ein nndi^rn kaufen.
(irulihiiiiis (1568) CV {h. 1, f(i;i. 5);
(piirhiit du dn» hOtlin denn bernider,
und wilt.i denn gli'ii'li niilseizcii wider,
«0 kommen ilt-nii (.'lunh ander lierron,
und lnu^l.•. wid('r h><ralier lerrcn, rt«.».
vergl auch i-mber, Ui. 3. n'H
ilEn.VllI LUG, m.;
und bI« hktt er jahrtautend« achnn in des Krhnellfn hembniir«
Muganbliok« durcblabi. Vfnurn '/Viii.« i, t<M.
1017
liERABFÜHRüNG — HERAN
HERAN
1018
HERÄBFCHRÜISG, /■. «ferfudio. Hederich 1246. Göihe 52,153.
HERABHER, adv. (vergL heraber):
herabher Tom himel fallen. H. Sachs 3, 1, 247'.
HERÄBKUNFT, /■. descensvs. Hederich 1246 : die herabkunft
des feuers und des somatranks. litel einer schrifl von A, Kchs.
HEKABLASSÜNG, f. demissio. Steinbach 1, 9S0. in eigent-
lichem sinne: die herablassung eines schweren bausteines vom
gerüste geschah mit vorsieht; häußger in übertragenem (vergl.
herab lassen 2, sp. 1009) : jedermann bewunderte seine {des
prinzen) ieutseligkeit und herablassung. Götie 18,282;
nicht diese himmlische herablassung,
nicht diese gute, königin ! Schiller d. Karlos 4, 19 ;
es war gut , dasz . . ton weiterer herablassung seitens des
vornehmen herm nicht mehr die rede sein konnte. Immer-
HA.NS Münchh. 3, 53.
HEHÄBNAHME, f. das herabnehmen: die herabnabme christi
vom kreuz.
HERABNEHMCNG, f. decerpUo. Hedekich 1247.
HERABSCHAUÜNG, f. despectatio. Steisbach 2,391.
HERABSETZUNG, f. nach den bedeutungen von herab setzen,
spalte 1012: die herabsetzung eines schülers in der classe;
herabsetzung des preises ; herabsetzung einer guten handlung;
Longin sagt, es komme ihm öfter vor, als habe Homer seine
menschen zu göftern erheben, und seine götter zu menschen
herabsetzen wollen, die mahlerei vollführet diese herab-
setzung. in ihr verschwindet vollends alles , was bei dem
dichter die götter noch über die göttlichen menschen setzet.
Lessisc 6, 453.
HERABSPANNÜNG, /.: die herabspannnng einer hoch-
geflogenen einbildungskraft. Klinger 6, 189.
HERABSTEIGDiNG, f. descensio. Hederich 1247.
HERABSTIEG, m. dasselbe: von dem herabstieg {von einem
berge) sag ich nichts weiter. Göthe 48, 133.
HERABSTIMMCiNG, /.; wer nun den Deutschen dennoch
dieses fremde und römische Sinnbild künstlich in die spräche
spielen wollte, der würde ihre sittliche denkart offenbar
herunterstimmen. ... es liesze sich vielleicht durch eine
nähere Untersuchung darthun , dasz dergleichen herabstini-
mungen der früheren sittlichen denkart durch unpassende
und fremde Sinnbilder den germanischen stammen, die die
römische spräche annahmen , schon zu anfange begegnet
Fichte reden an die deutsche nat. 135.
HERABWÄRTS, adr. abwärts und her: herabwerts gehen,
deorsum ferri. Hederich 124S; so, wie es herabwärts geht,
geht es auch aufwärts. Schiller 114"'.
HERABWÜRDIGUNG, f. : allgemeine theilnahme an irgend
einem geschälte pflegt auch immer allgemeine herabwürdigung
zur folge zu haben. Gervi.ncs gesch. d. d. dicht. 1, 33.
HERABZIEHÜNG, f. detraclio. Hederich 1248. übertragen:
die herabziehung edler erscheinungen ins lacherliche.
HERAFTER, adv.: caetera, herafter, hernach, hinfürt, fürt-
hin. Alberds n l'. vergl. after 1, 185 und hernach unten.
HERAN, adv. in die unmittelbare nähe eines sprechenden,
gegcnsat:: von hinan, welches die unmiilelbare nähe an eine vom
sprechenden entfernte person oder einen dergleichen ort betont.
1) die formenverliältnisse von heran sind ähnlich wie die von
herab, nur dasz heran seltener erscheint und namentlich ein aJid.
hcra ana, mhd. her ane niefä aufgewiesen ist. im 16. jahrh. gilt
die form anher in örtlicher und zeitlicher bedeutung, vergl. 1, 379.
daneben ungewöhnlicher heran, tcoj in folge der betonung auf
der lelzlen silbe schon zu dieser zeit, wie nocli jetzt in der ge-
wöhnlichen spräche, zu rane, ran verkürzt erscheint:
sie kamen geschwind wol in das feidt,
die Tanarn rendien rane.
Ai)8U5 mittheil. 377 {von 1601).
Weiterbildung ist heranher, s. d.
2) die örtliche bedeutung ton heran flieszl aus der vorsUllung
einer bewegung, die dicIU vor einem sprechenden oder dem mit
ihm in nächster bczichung stehenden orte abgeschlossen ist. daher
erscheint heran stets mit verben der bewegung verbunden, und
nur eine scheinbare ausnähme bildet die absolute Stellung des ad-
verbiums, es ist in dringlicher rede dann das entsprechende vcrbum
unterdrückt: immer heran, meine herrschaflcn ! ruß man an
Khaubuden dem publintm zu;
heran, gewündschter tag heran,
und dupple deinen schein! FtEiniG 386 Lappenb.;
nur rriach heran 1 verdoppelt euren schritt.
GÜTHE »1,32«;
mit heran in den tanz,
wer den jugendlichen kränz
ungefälscht auf der scheitel bewahret ! Voss 5, 75.
auszer im falle des befehls auch bei lebhafter erzdlilung :
es flieget und flattert,
und wieder heran. Göthk 3, 63.
Auch in den Verbindungen heran wollen, heran müssen trtrd
ein solches verbum ergänzt : er will nicht heran, er musz heran
{nämlich gehen, kommen), was meist in den begriff der theilnahme
an einer arbeit umschlägt: in der zeit, wo auf dem lande alle
bände angestrengt zu werden pQegen, muszten wir älteren
hüben nach unsern kleinen kräften auch schon mit heran.
Arndt leben 11. — Die bewegung wird durch praepositionen oder
adverbien näher bestimmt: tritt an die mauer heran; lasz uns
hier heran gehen ; auch der ausgang der bewegung : von dort
kam er heran; nur hinter dem hause schlich sich . . die
grosze hohle nacht aus osten heran. J. Padl ßegelj. 1, 116.
Von den verben mit denen heran in diesem sinne verbunden
erscheint, sind zu nennen:
bannen: auch erschien zu derselben zeit ein portrait des
merkwürdigen mannes {Wallenstein), . . . wodurch denn die
geister jener tage zwiefach an uns wieder herangebannt wur-
den. Göthe 32, 174.
brausen: wasserströme brausen heran; das leise heran-
brausen des windes. Bettixe tageb. 69.
brechen {vergl. brechen 21, th. 2,344):
ja, es bricht der tag heran. Göthe 10, 277.
bringen:
du bist unglücklich sagt man ; doch du bringst
wohin du wandelst, glück und heil heran. Göthe 9,335;
ein schauerwindchen fächelts (das fever) an,
bringt rauch und dunst zu mir heran. 41, 312.
in kaufmännischer spräche gilt waaren heranbringen irie von
auswärts einführen, importieren.
denken: hatte . . sich Ottilie die männer, besonders
Eduarden, wieder heran denken können {aus der entfernung).
Göthe 17, 176.
drängen: das voJk drängt heran;
nun drängt das wirkliche in dichten massen,
an mich heran, und droht mich zu erdrücken.
Göthe 9, 325.
reflexiv :
im dunklen drängt das künflge sich heran. 377 ;
bebuschter wald verbreitet sich hinan,
noch drängt sich fels auf fels bewegt heran. 41, 13S.
dringen: massen drangen heran; reflexiv: es war schon
sehr spät und der himmel ganz heiter, die nebelflecken
drangen sich als höhere marktflecken näher heran. J. Paul
Tit. 3,116.
drohen: langobardische fürsten, unterdes heimlich ihren
königen ungeneigt, sinnen auf abfall und auf mittel dem
herandrohenden Carl ihre absiebten zu entdecken. Göthe
38, 307.
dröhnen:
es dröhnt und dröhnte dumpf heran;
laut heulten stürm und wog ums haus. Borges 3C'.
eilen: heran eilen, approperare. Hederich 1248.
fahren: der kutscher fährt an das haus heran.
flieszen: heranflieszen , adfluere. Hederich 1248; lange
schattensteppen liefen zurück vor heranQieszendem gelben
Sonnenlicht. J. Padl Hesp. 1, 240.
flügeln:
weht, winde, weht, o flügelt sie, ihr winde,
an diese laub heran. IIöltt lüS Halm.
führen:
aus grauenvollen winkeln führe nicht
mir der gespenster dichte schaar heran. Göthk 9, 325;
auch das kriegrische ross führet Poseidon heran.
Schiller Spaziergang v. 84 ;
der aufruhr, siehst du, führt dort eine schaar
von weibem zu der königsburg heran.
iliönizierinnen v. 220.
gehen: herangehen, ad nos accedere, in locum eminentiorem.
Stieler 630; unsinnlicher: damit sie {die seele) . . wann die
letzten züge herangehen, nicht matt und kraftlos werde.
Scncpi'iDS 435; wenn mit mir der letzte streit herangehen
und mir der kalte todesschweisz anszbrechen wird. 437 ; um
so viel als mir gegeben sein möchte, an die mathcinatik
heranzugehen, las ich Montuclas histoire des mathematiques.
Göthe 31,257.
1019
HERAN
HERAN
1020
getrauen: nun aller! wie siehts denn mit euch aus!
getraut ihr euch nicht auch heran? Güthe 11,295.
ii ü p f e n :
Lilla hüprct heran, leitet mich an iler hand
unter cböre der seligen. IIöltt 74 Halm.
klimmen:
einst klomm die luTtgcn Schnecken (wfindeltyrppc)
ein musensohn heraii. Uüland ycd. 301 {miins(ersage).
kommen: er halte noch nicht ausgeredet, als ein officicr
7.U pfcrde eilends herankam. Güthe 18,312; durch die an-
kunft eines wackeren früheren freundes . . des Christoph
Kayser, eines gebornen Frankfurters, der zu gleicher zeit mit
Küngern und uns andern herangekommen war (nadi Rom).
29,145;
was irgend schön und lieblich war,
sie kommt heran, es ist nicht mehr. 4I,14.'>;
der büszer kommt heran, zu neugeschafTncni leben. 295.
von der zeit: die zeit kommt heran, levipus adventat. Stein-
bach 1, 900.
krahbeln- grashupfer tanzten um mich her, ameisen
krabbeilen heran. Güthe 22, 195.
kriegen: einen herankriegen, in der spräche des gemeinen
lebens, zu einer leislung zwingen oder beslimmen. vergl. kriegen,
Ui. 5, 2247.
laufen: ein böte läuft zu uns heran.
lenken: heranlenken, acciinare, advcriere. Stieler 1146;
es gibt lagen, wo de*r mensch sich zu giosz fühlt, ein ge-
spräch heran zu lenken. J. Paul uns. löge 3, 85.
lichten: unterdessen heiter der tag heranlichtete. Woldemar
1 (1779) 200.
nahen: es nahet heran der tod, appropinqual mors. Hede-
rich 124S; die zeit nahet heran, tempus adventat. Steinbacu
2,105; der winter nahet heran, imminet hicms. das.; wie
schmerzlich die stunde des abscbieds herannaht. Güthe 21, 119;
Weltuntergang in ihrer mitte,
iinht sie heran. Schiller die unübcrwindl. (Jolle;
einzeln sah ich nunmehr sie herannahn; jede besonders
gab mir kund ihr geschlecht, und so befragt ich sie alle.
Odyssee 11, 233,
der inßniliv substantivisch:
doch nicht war Ilektors geist zu bewegen;
nein, er erharrt Achilleus, des ungeheuren, herannahn.
Utas 22, 92.
reflexiv :
nicht wünschenswerih, abscheulich naht sich mir
der gott der weit im überllusz heran. GÖtbb 9, 280.
nehmen: einen heran nehmen, zu einer arbeit, einer leislung
vermögen, vergl. oben heran kriegen.
pfeifen: ich wollte die staatskanzicien in einen winkel
zu mir heranpfeifen und ihnen in die obren Bagen . . .
J. Pacl Ilesp. 1,101. neuer auch intransitiv: die locomotive,
der bahnzug pfeift heran, vaht sich pfeifend.
purzeln:
ihr {der Dnphnc) füszchcn, sonst so niedlich, wurzelt
im boden fest;
Apollo kommt hcrangepurzell,
und schreiet: pest! IIöltt 4 Halm, Variante.
rasseln: heranrasseln, intonare, fragore percurrere. Stieler
1523; der wagen rasselt heran;
karossen rasseln jetzt heran.
Schiller die berühmte frau.
rauschen: diese heranrauschenden gcrichte. Mascou
2, 246 ; die räche rauscht heran. Klinger 3, 2S9.
reiten: heranreilen, adequilare, equoadvehi. Stieih! H'oo :
da reiten schon in ernstem zug
die hohen lords heran. Uuland gad. 305;
flechherger rill heran und fnig:
tag an, wer »ind die herrn vom zug? 323.
rücken: die zeit rückt heran, lempus adventat. Stkindach
2,303; und so rückte nach und nach der Zeitpunkt heran,
wo mir alle autoritat verschwinden ... sollte. GOthe 25,128;
doch die AchSer Kicklen schnoll heran. ISSrgei 151*.
schaffen: gctrcidc, vorriilhe heran schnlTcn.
«chieszcn, inlrantiliv: er schosz heran (kam schnell).
schleppen: walTen und schicszbedarf heran schleppen.
«chwärmen: heranschwiirmen , imprium facere , cilalo
agmine invehi. Stikikh 19M; in der mililäriaclifn spräche; tiral-
Irurc Achnärmtcn heran.
schweben:
was schwebet schattenhaft heran? Göthk 41,312.
segeln: was sich nur zu idcen und gedanken rechnet,
segelt auf dem nervensaft heran. J.Paul anh.z.TH. 1,80;
wie segelt froh der bunte kahn,
mit frischem abendnind heran! Göthr 41,303.
sprengen:
sieh ! der ritter von Fayel,
der das wild ins herz geschossen,
sprengt heran mit jagdgefolg. Uhla«d ged. 273.
springen: der knabe springt heran,
steigen: heransteigen, arduo ascensu ingredi, assilire, enili,
admoliri. Stieler 2135;
wie traurig steigt die unvollkommne scheibc
des rothen monds mit später gluth heran. Göthk 12, 203.
streben: noch standen hie und da mehrere gipfel, dem
ühnlich, worauf sie sich befanden, ein mittleres gebirg schien
heranzustreben, aber erreichte noch lange die hübe nicht.
Güthe 21, 42.
streifen: der feind streift bis an die Stadt heran, hosles
ad moenia usque excurrunt. Stieler 2206 ;
sie sinds, die unholdigcn Schwestern,
sie streifen heran und sie finden uns hier. Götub 1,226.
übertragen: in fremden angelegenheiten die in den eignen
gewohnte sorgfalt bei seile stellen, das streift nahe an den
dolus heran. Guschen vorles. 2, 2, 64.
Strumen: wasserbäche strümen heran.
s t ü r m e n : der mit dem refftragenden boten heranstürmende
freund. Güthe 48, 133.
tragen: die wogen trugen den Schwimmer heran ansufer;
die kisle haben sie vom wagen
mit gold und geiz herangetragen. Göthr 41, 49;
der gottesdienst musz den ganzen sonntag als ein güttliches
liebesgeschenk an die herzen heranzutragen vermögen, ev.
lärchenzeit. 1806, s. 684.
treiben, transitiv: hcrantreiben, in locum altiorem delru-
dere. Stieler 2321; der schäfer treibt die herde heran, in-
transitiv: wellen treiben heran; ein schiff ist heran getrieben.
treten: da kam der ander, wider welchen diese censur
geschrieben war, heran getreten. Schuppius 569 ; ich trat . .
näher heran (aus der entfernung). Güthe 24,93;
mitleidig tret ich zu ihr heran,
da fahrt sie auf und schaut mich an. II. Hzive 18, 106.
übertragen: es ist hier nicht zeit und ort, zurückzuhalten, ein-
leilungcn zu machen und sachte heran zu treten [an eine
Verhandlung). Güthe 17, 365.
wandeln: heranwandeln, proxtmarc. Stieler 2501.
wickeln: jelzo wickelte sich auf dem scliloszboden ein
hieroglyphisches gcpoller heran. J. Paul uns. löge l, 1S6.
wuchten: aber auch ich sollte noch einmal im leben
mit muth und glauben das unförmliche gespcnst sich über-
einander schiebend heranwuchlen sehn. Zelter an Güthe 6,164.
zerren: heranzerren, allrahere, arcessere, im/'e/i» ad se tra-
ducere. Stieler 2316.
ziehen, intransitiv: der feind zieht heran;
ein hagelregen zog heran
mit blitz und donncr. IIllmaikr 2,07;
was kommt nun aber der rcgenbogen
an grauer wand hcrangciogen ? Göthr 3, 199.
transitiv: wir ziehen den kahn ans ufer heran; einen men-
schen zu geschaffen heran ziehen ;
bald, um des herzons llbern alle
zur froud heranzuziehen, rauscht . . .
Christinens llngcr durch die sailcn
der harfo. Gükingk 1,75.
zotlen: beraozoten, lenlo gradu et inconänno appropinquare.
Stieler 2034.
3) auf yrund der zeitlichen bedeidung, die in der Umstellung
anher (1, 375) hdußg erscheint, enlu-ickelt sich eine melir abstracte
licran in Verbindung mit gewissen wrben will den verlauf etner
entwicMung bis zu einem in der unmittelbaren gegenwart liegenden
zetlpunkle oder bis zu einem ebenso der gegcnwarl angehiirenden
ziele bezeichnen, die beu^piele für die encdhnle bedeutiing fallen
(tiiii ausnahmt von heran wacliscn) nicht vor das iH. jahrh. und
finden sich besonders häufig bei Güthe. solche verba sind:
arbeiten, reflexiv: und so erfuhr ich auch hier bei
einiger nachfrage gar leicht, dasz von I>ietrich . . sich zu
1021
HERAN
IIER.VNBILDLNG — HERAUF
1022
i
eiuem immer wachseuden wohlhuben herangeaibeitet habe.
GüTHE 25,331.
bilden: der Übersetzer, der sich fest an sein original
anschlieszt, gibt mehr oder weniger die Originalität seiner
nation auf, und so entsteht ein drittes, wozu der geschmack
der menge sich erst heran bilden musz. Götue 6, 239 ; die
antwort Friedrikens auf einen schriftlichen abschied zeirisz
mir das herz, es war dieselbe band, derselbe sinn, dasselbe
gefühl, die sich zu mir, die sich an mir herangebildet hatten.
26, US.
bringen: in der that hatte ich unter den siiszen träumen
eines adlichen glucks schon mein vier und zwanzigstes jähr
herangebracht. Rabeser sat. 3 (1757) .<;. 137; es sei, sagteer,
... ein solcher Zeitraum (ton fünf jähren für eine ehe) eben
hinreichend um sich kennen zu lernen, einige kinder heran
zu bringen , sich zu entzweien , und, was das schönste sei,
sich wieder zu versöhnen. Götbe 17, 112,
buhlen: unter diesem lächerlichen mischmasche von
sprödigkeit und von wollust hat sie gestern ihr sechs und
fünfzigstes jähr herangebuhit. Rabexer sat. 4, 200.
denken: ehe ich , freilich durch einen groszen umweg,
nach hause kam, war das stück (Clavigo) schon ziemlich
herangedacht. Göthe 26, 350.
füttern: Oltiiie beschäftigt sich das töchterchen heran-
zufüttern, das vor der band ganz niedlich und freundlich
aussieht. Güthe an ZeÜerö'i; wie so viele jüngere personeu
verlor er sein leben unzeitig, weil er sechs wochen lang
einen katarrh mit sich herumgeführt und ihn auf alle weise
durch caffe und weintrinken . . herangefüttert hatte. Rüsohr
drei reisen nach Italien 210.
heben: sehr richtig heben sie, sagte er, ihre unter-
gebenen nur zur nächsten brauchbarkeit heran. Göthe 17, 282.
kommen: man lese gedachten brief und sehe, wie ein
damals jüngerer, nun in jähren gleichfalls herangekommener
jene gleichzeitigen älteren männer am besten versteht. Göthe
49, 100. der inßnitiv in substantivem gebrauche, in bezug auf
die enlwickelung eines menschen nadi fähigkdlen und Stellung:
müssen wir auf das herkommen, auf das herankommen dieser
schon zu hohen jähren gelangten würdigen person unsere
aufmerksamkeit richten. Göthe 21,120; seine geburt, sein
herankommen, sein stand, seine beschäftigung. 49, 1S4; in
lezug auf die enlfaltung einer u-issenschaft, kunst, meinung : doch
sludirte ich zwischendurch die geschichte der physik, um
das herankommen dieser höchsten Wissenschaft mir möglichst
zu vergegenwärtigen. 32, CS; von dem herankommen, sowie
der folge der meinungen. 263; da man denn zuerst das
herankommen der von uns dieszmal betrachteten bauart,
Südann ihre höchste höhe, und endlich ihr abnehmen vor
äugen sehen und bequem erkennen sollte. 39, 356.
krabeln {lergl. krabbeln l,e, th. 5, 1912): als Insulaner
und Seefahrer nehmen sie (die Hydrioten) ihre knaben gleich
mit zu schiffe und lassen sie im dienste herankrabeln. Güthe
49, SO.
leben: sie (meine Schwester), nur ein jähr jünger als ich,
hatte mein ganzes bewusztes leben mit mir herangelebt.
Göthe 25,20; bei herausgäbe der Jugendereignisse meines
lebens konnte ich schon bemerken, dasz ich manchen seit
jähren mit heranlebenden freude gemacht. 45, 290.
pflegen:
bat eine sich den helden nun
beinah herangepflegt,
so kann die nachbarin nicht ruhn,
die ihn gesellig hegt. Göthe 1, 150.
quellen: es (ein 6ucA) fordert uns auf, in das allgemeinste,
vergangenste, nicht heranzubringende der Urgeschichte unser
schauen hinzuwenden , und von da an die Völkerschaften
nach und nach zu unserm blick heranquellen zu lassen.
Göthb 45,407.
streben: schon zum voraus erkannte er, was die neuen
heranstrebenden pflanzungen versprachen. Göthe 17, 316.
strecken: mit dem wachsthum des knaben, der sich
wirklich zum Jüngling heranstreckte. Göthe 22, 153.
üben: das kind übt sich im leben an den irdischen dingen
selbst heran. Göthe 25, 119.
wachen:
o sähst du, voller mondenschein,
zum letzten mal auf meine pein,
den ich so manche mitternacht
an diesem pult herangenacht. Götue 12, 30.
wachsen: heran wachsen, subolescere, adolescere, grandescere.
Hederich 1248 ; so wäre dieses ungefähr mein unvorgreiflicher
rath, man liesze das mädchen vollends heran wachsen. Raben er
sat. 3, 229 ; schon war der prolog geschrieben, Wallensteins
lager wuchs heran. Göthe 31,71;
das mädchen
wächst zur freude der weit, mir zum entzücken heran.
1, 318.
ziehen, die erziehung bis zu ihrem ziele vollenden : und
wenn die fräulein ja heirathen will, so wird ihr der oberste
schon einen feinen vernünftigen mann aussuchen , der in
seinen besten jähren ist, und die gute junge fräulein vollends
heran ziehen kann. Rabexer sat. 3, 226 ;
sind ihm ergeben und gewogen,
hat er uns selbst doch heran gezogen.
Schiller Waltensi. lager 2. aufir.
HERANBILDUNG, f. : die heranbildung . . des lebens der
Wiedergeburt. Kritzler humanildl und christenthum 2, S9.
HERANHER, ade. verstärktes heran: herauher kam. B. Rixc
WALD ec. M 6*. in der form ranher. M 3'.
HERANKÖMMLING, m.: es hängt ein pennai an seiner
[eines knaben) seile, anzudeuten, dasz er auf dem bildungs-
wege sei, wo dem herankömmling manches unangenehme
begegnet. Göthe 39, 156. vergl. heran kommen unter heran 3,
üben sp. 1021.
HERANNÄHERUNG, f. appropinquatio. Stieleb 1319.
HERANNAHUNG, f. : herannahung des todes, appropinquatio
mortis. Hederich 1248.
HERANZIEHUNG, f.: die heranziehung der fremden zu
den Steuerlasten.
HERARBEITEN, verb. durch arbeit herstellen; meist in ver-
ächtlichem sinne in der spräche des gemeinen lebens: du wirst
auch etwas rechtes herarbeiten, anders in Baieni: einen
herarbeiten , ihm mit arbeiten zu leibe gehen , ihn dadurch her
oder zureclit ricfUen. Sch«, 2, 228.
HERAUF, adv. aufwärts und her.
1) die form verläuft ähnlich wie die von herab und heran, ahd.
getrennt hara üf: fliug hara üf in berg also fugeli. Notker
ps. 10 {Hattetiier 2, 49") ; auch mhd. her uf ; lüden herzog Fride-
reich von Östereich her auf (d. i. von Österräch nach Baiern)
mit einem groj^en volch. Germ. 12, 72 (14. jahrh.) ; die nhd.
form ist zu er auf, erauf bei Lcther zurückgegangen {th. 3, 698),
sonst bis zu rauf:
wenn ich in {den käse) haben soll,
so steig hinab und hol in rauT.
B. Waldis Esop 4, 8, 49.
Umstellung des herauf zu aufher ist im 16. und 17. jahrh. häufig
{Ih. 1, 669), auch schon früher bezeugt : sursum ufher. Dief. 569*
{v. 1440). über die Weiterbildung heraufer s. bei diesem.
Die bedeulung von herauf ist örtlich und zeitlich.
2) örtlich bezeichnet herauf bewegung nach oben, einem spre-
chenden oder dem mit ihm in näclister beziehung stehenden orte
zu (herauf sursum versus me Stieler 64), und erscheint mit
verben der bewegung. dieselben sind in dringlicher rede, nament-
lich imperativer, ausgelassen (vergl. bei herab, heran) : nur her-
auf, immer herauf!;
herauf hier! mein gebirg ist alt,
steht in ursprünglicher gesialt. Göthe 41, 14S.
die bewegung wird nälur bestimmt entweder nach ihrem anfange
oder ihrem ende, oder auch nach Utrem ganzen verlaufe: steiget
erauf aus dem Jordan'. Jos. 4, 16 ; wer ist irgend von den
stemmen Israel, der nicht mit der gemeine ist er auf komen
zum herrn? rieht. 21, b; der herzog und Staff sind bis herauf
gegangen. Göthe an frau v. Stein 2, 307 ; kam eine andre
parthei Soldaten überzwerchs den wald herauf. Simpl. i, 50
Kurz; das schöne neujahrmorgenroth, das durch alle wölken
glimmt und den hohen halben himmel heraufbrennt. J. Paul
Hesp. 2,244;
als plötzlich, wie ihr däucht,
den gang herauf zu ihrem kleinen zimmer
mit leisem tritt — ich weisz nicht was sich schleicht.
WrELAWD 9, Öl ;
was klinget und singet die strasz herauf? IIblac(d gcd. 211.
Verben mit denen sich herauf in der angegebenen bedeutung
binda, sind:
a t b m e n :
athmet mall
ein lebewohl berauf. Gotter 1, 277.
beschwören: geisler in die sichtbare gegenwart herauf-
beschwören, morgenblatt 1846, 1023.
1023
HERAUF
HERAUF
1024
beugen: der störende vogler lag auf ihm blos als Icichcn-
stein, der die keimspilze aiciit erdrückt, weil sie sprieszend
sich um ihn herauf beugt. J. Paul leb. Fibels 30.
blasen: dasz ihr es versteht , stürme heraufzublasen.
Klinger 2, 338.
blicken:
doch weilt er nicht bei der iiettlcrschaar,
herauf zum saal er blickt. Uhland ged. 834.
bringen: Saul aber sandte boten David zu besehen, und
sprach, bringet in er auf zu mir. iSam. 19,15; die lade des
bunds des hcrrn crauf zubringen aus der stad David, das ist
Zion. 1 kvn. s, 1 ; das die Leviten den zehenden irer zehenden er
auf bringen zum hause unsers gottes. A'e/j. 10. 38 ; ich befalch,
das alle weisen zu Babel für mich her auf bracht würden,
das sie mir sagten, was der träum bedeutet. Dan. 4, 3.
dämmern: wenn . . . von der hinabgewichenen sonne
ein zitternder schein am horizont heraufdämmerte. Götue
18, 33.
drängen: dunkle, quälende weiszagung drängt sich aus
meinem herzen berauf. Klinger 4, 38.
dringen:
jeut so, mit ungeheurem streben,
drang aus dem abgrund ich herauf. Göthe 41,138;
welch ein ächzen, welch gestöhn
dringt herauf zu unsern höhn! 142.
•fahren: wer ist die, die er auf feret von der wüsten?
Iiohcl. 8,5; der herr wird aus der wüsten her auf fahren.
Hos. 13,15; es wird ein durchbrccher für inen her auf faren.
Miclia 2,13; gecken brauchen nur zeilen, ihre meinungen
sind herrauGTahrende inseln , und hängen mit nichts zusam-
men als mit der eitelkeit. J. Paul Hcsp. 1, 40.
fallen: die treppe herauf fallen.
fliegen: sihe, er fleuget herauf, wie ein adler. Jcr. 49, 22.
flimmern: die frühe morgensonne flimmerte schon hinter
dem berge herauf. Geszner.
führen: ich wil mit dir hinab in Egypten ziehen, und
wil auch dich crauf füren, i. Mos, 46,4; ich hab euch aus
Egypten er auf gefurt. riclit. 2,1; füreten in er auf vom fcis.
15,13; füreten die lade des herrn er auf. iSam. 6,15; füre
einen groszen häufen über sie her auf. Hes. 23, 40 ;
doch keine schlimme sache führte die
berauf {tur bürg). Scuiller Phönizierinnen v. 174.
gehen: und sie giengen erauf von der wonunge Korab.
4 Mos. 16, 27 ; die wüsten die er auf gehet von Jeriho durch
das geliirge BethEI. Jos. 16, 1 ; gieng erauf in seines vaters
haus, ricfit. 14,19; wer ist die, die er auf gehet aus der
wüsten, wie ein gerader rauch ? fioltel. 3, C.
gleiten: die sonne glitt über das mecr berauf. Klinger
7, 249.
heben: man giesze wasser in das gcfüsz und . . . der
boden scheint uns heranfgehoben. Güthe 52,90; er kriegte
noch in sich, als der hinter ihrem rücken berauf gehobene
mond ihre beiden schattenkniestücke vor ihnen voraustrieb.
J. Paul Ilesp. 1,267;
ich darf ihn bitten : sie zu mir herauf,
zu sich herauf zu heben, ihr das recht
der fürstlichen geburt ... zu bewnlircn. Göthe 9, 253;
wenn ich von meinen füszcn
zu meinem herzen dich herauf gcliobcn. 263;
10 hob ich mich vor kurzem aus der nacht
des todes an des tages licht herauf. 335.
fiherlragen : wobei ich aber nicht läugne, dasz der namc Ne-
mesis, und noch mehr ihr bciwort Adrastea, je nachdem
man dasselbe ableitete und hcraufliob, auch hie und da in
weiterer bedeutung gebraucht wurde. Herder zur seh. litt.
1», 174.
holen: das er die lade gottes von dannen eraufbpicte.
2Sam. 6, 3; und die tocbler Pharao lies Salomo er auf holen
aus der stad Davids , ins haus. 2 diron. 8, 11 ; holest mich
wieder aus der tiefe der erden crauf. ps. 71, 20.
keuchen: heraufkeuchen {kcucliend heraufkommen). Klincer
thealcr 3,406.
kochen, intransitiv und bildlich : heraufkochen, einnr unbill
iich mil ii/rn erinnern, tie nicIU vcrijKscn. in Tirol. FnoMM. 0, 209.
kommen: kom er auf zu mir auf den berg. 2A/o«. 24, 12;
die kamen erauf im entgegen. riciUcr 0,85; che die sonne
eranf komno war. 8, n ; sihe, e» koincn waoocr herauf von
miltcrnachl, die eine Hut machen werden. Ar, 47, 2; mcIcIics
geschlecht aber auf erden nicht er auf komen wird gen Je-
rusalem, anzubeten den kiinig. Sach. 14,17; komm herauf,
adsccndc. Hederich 1248;
wann es hinter jenen höhen
roth tmd tjolilcn glüht am morgen,
mein ich, dasz du «nllst erscheinen:
doch es kommt herauf die sonne. Uhland gcd. 255.
der peissige schiüer kommt herauf, nimmt einen oberen und
dem lehret näheren plalz ein. vergl. unten herauf rücken,
krähen:
kein wachhaltender vogel mit purpurkammigem antliu
kräht die Aurora herauf. Voss Ovid 2, 232.
kriechen: das der ström sol von fröschen wimmeln, die
sollen erauf kriechen , und komen in dein haus. 2 Mos. 8, 3.
laufen: herauflaufen, ascendere cursu. Stieler 1083.
quellen: es war stolz, es war neid, der aus einem be-
drängten leben heraufquoll gegen glücklichere. Freytac hand-
schriß 3, 250.
rauschen:
es kommen, es kommen die wasser oll,
sie rauschen herauf, sie rauschen nieder.
ScBiLLKR laucher,
rollen:
schnell rollten Wetterwolken,
von blitz und donner schwer,
herauf. IIöltt 10 Halm.
transitiv: ein fasz aus dem keller herauf rollen.
rücken: bclohnungen {für scbülcr) auszer dem herauf-
rücken , wäre eine bank im chor der kirche, die bank der
guten Schüler genannt. Sturz 2, 353.
schlagen: plützlich wurde in osten die nacht lichter,
weil der zerflossene Schimmer des mondes an den alpen-
gebirgen, die ihn bedeckten, heraufschlug. J. Paol Hesp.i, 247.
schleppen: zwar liesz ich die ganze nacht (viäualien)
beraufschleppen, es ist mir aber doch noch zu viel drunten
geblieben. Gothe 42, 138.
schöpfen:
nachdem er erst nicht ohne müh
die stimme (denn der zorn crstickto sie)
herauf geschöpft, beginnet er mit brüllen
auf eine meile weit die ganze luft zu fiillcn.
Alxingsr üootin 5, 42.
schweben:
dort schwebt es frohlockend herauf. Schiller der tanz.
schwellen: schwelle herauf, taumelnder zephyr, und
spüle mich in deine blütenkelche hinab. J. Padl Hesp. l, 15I.
sehen: heraufsehen, siispcere. Stieler 2026; ersieht zum
fenster lierauf.
setzen, reflexiv: setze dich herauf, sagt der lekrer sum
fleiszigen schüler.
seufzen: mit dem einzigen groszen langsamen tief herauf-
geseufzeten laute : bruder ! J. Paol uns, löge 3, 24.
sitzen: es ist besser, man sage zu dir, sitz berauf, denn
das du erniedert werdest für dem fürsten. Luther 1,483'.
steigen: die steig hin ab zum brunnen und füllet den
krug, und steig er auf. \ Mos. 21,10; und vier grosze thier
stiegen er auf aus dem meer. Dan. 7,3; da Jhcsus getauft
war, steig er bald her auf aus dem wasser. Matlh.3.l*:>; die
sonne stieg den horizont herauf. Klinger 5, 328; das heranr-
steigendc alter. Ramler dichlls. des Horai 63; wenn mir der
glückliche tag heraufsteigt, wo ich Laura heim führen darf.
Fhettac handschr. 3, 77.
dämmernd kommt heraufgestiegen
manche längst vergcszno zeit. il. Hiinb 18, 136.
stoszen:
auf rauschte die mecrfluib,
als sie die mäste verschlang und scliäumond wieder herauf stiosz.
I'trkkr Tunis. 4,3^9.
taumeln: auf dem thurm fand ich schon einige harrende,
die sich die frierenden bände rieben , andere , noch den
schlaf in den augcn, taumelten herauf. H. Hrinb 1, 101.
trampeln:
schon irampelts laut die langen wondelstiogen
herauf. WiRLAnn . . .
treiben, intransitiv: die sonne treibt so eben den horixont
herauf. Klinckr Uieater 3,410. transitiv: der hirl treibt die
Schafe hier auf den bnrg herauf.
treten: und da er noch mit ihnen redet, sibc, da trat
er auf der riese mit namcn Goliath, i Sam. 17,23; prange
nicht für dem könige, und Irit nicht nn den ort der groszrn
1025
HERAUF
HER ALTER— HERAUS
1026
denn es ist dir besser das man zu dir sage, trit hie er auf,
denn das du für dem fürsten genidrigt wirst. sprU^w. 25, 7.
bis die sonne untergeht und der mond herauftritt. Tieck
•5,25; . . . u r
mein vater, intt mit mir herauf
in diese regionen, wo mir eben
die neue, heitre sonne sich erhebt. Göihs 9, liö-
wälzen: der stürm wälzt die wölken am himmel herauf;
ein häufe volks wälzte sich herauf zum schlösse, wo wir
schutzlos waren.
winden: man stüszt beständig an balken und seile, die
in bewegung sind, um die tonnen mit geklopften erzen oder
das hervorgesinterte wasser herauf zu winden. Heise 1, 30.
ziehen, inlransüiv: also zoch Abram er auf aus Egypten.
1 Mos. 13, 1 ; die phiiister aber zogen abermal er auf. 2 Sani.
5,22; und es wird geschehen, zur zeit, wenn Gog komen
wird, . . wird er auf ziehen mein zorn. Hes. 38, 18 ;
ein regen zeucht herauf! Logau 1, 193;
wenn am donnernden himmel das hohe gewiiier heraufzieht.
Klopsiock 3,57.
ttansiliv : und sie zogen Jeremia er auf aus der gruben an
den stricken, /«r. 39, 13; du hast durch diese that die begriflfe
dieses volks auf lange verwildert ! stöhne nur, ich ziehe der
schrecken mehr herauf {bringe noch mehr schreckliches zu tage).
Kliscer 3, 277 ; durchglühe , Aurora, das menschenherz wie
dein gewölk, erhelle das menschenauge wie deinen thau, und
zieh in die dunkle brüst, wie in deinen himmel, eine sonne
herauf! J. Paul Hesf. 1,148; warum zieht dieser flor alle
heiszen thränen tief aus meinem herzen herauf? 3,120.
zittern: lauschte auf den ton eines glöckchens, welcher
kaum hörbar aus der tiefe heraufzitterte. Frevtag ftond-
schrift 3, 86.
3) in einer reihe von fällen tritt bei herauf {nie bei herab
sp. 1005) der begriff der richtung nach dem sprechenden zu mehr
zurück und der begriff aufwärts in den Vordergrund:
ziehe schon an die zehen jähr
herauf, herah und quer und krumm
meine schüier an der nase herum. Göthb 12,29,
«0 auf und ab dasselbe aussagen würde, so in enger Verbindung
mit verben:
und wie einer, desz seele der freuden zu viel belasten,
athraet er tiefer herauf. Klopsiock 5,314.
steine, um die stellen heraufzumauern, wo der weg schmal
und verkrüppelt geworden wäre. Göthe 17,34; die flamme
schosz höher herauf. Kusger 10,194; seid Gottsched weisz
ich keinen Schriftsteller, der sich mit der Innern seichtigkeil
dieses mannes {Klotz) so heraufgeschrien hätte. Herder an
Lessing, tri des ersteren l^ensbeschr. 1,2,417; an den thurm
gelehnt, stieg das kleine schlosz herauf, mit steilem dach
und spitzbogigen fenstern. Freytag handscJir. 3, 125.
4) herauf zeitlich, es malt die bewegung aufwärts zu änem
Zeitpunkte, bei dem der sprechende angelangt i^:
o dasz ich dich noch einmal freundlich hold
vor meinen äugen sähe, wie du stets
von früher zeit herauf mich angeblickt! Göthb 9,355. •
Kant kehrt dieses Verhältnis um, wenn er sagt: man kann zum
zeitpunct des anfangs der bürgerlichen gesellschafl nicht
herauflangen. 5, 176.
herauf steht nun, auf grund der angegebenen bedeutung in Ver-
bindung mit verben, die eine entwickclung bezeichnen, wiader vor-
züglich bei Göthe {vergl. heran 3, sp. 1020) ; namentlich mit
bilden: deren tochter ich gewiss, wenn ich erzieherin
oder aufseherin sein könnte, zu einem herrlichen geschöpf
heraufbilden wollte. Göthb 17, 18.
erziehen:
bab ich nicht selbst sie genährt, und sanft sie herauf mir
erzogen? Göthk 1,324.
füttern: schalkhafte freunde behaupteten, Beireis habe
auch wohl gelegentlich zu verstehen gegeben , er wüszte . .
ausgesuchte maikäfer in junge krebse zu verwandeln, die er
denn auch nachher durch besondere spagirische nahrung
zu merkwürdiger grösze heraufzufüttern verstehe. Göthe 31, 227.
geben, reflexiv: die schöne hippokratische verfahrungs-
art, wodurch sich, ohne theorie, aus einer eignen erfahrung,
die gestalten des wissens bcraufgaben. Göthe 26, 9.
kommen: in meines vaters bibliothek hatte ich bisher
nur die früheren, besonders die zu seiner zeit nach und nach
heraufgekommenen und gerühmten dichter gefunden. Göthe
IV. II.
24, 123 ; aus dem groszen quell aller volkskraft , aus dem
freien bauernstande kam Luther herauf. Freytag bilder aus
d. d. Vergangenheit (ISGO) 1, 14S.
sprossen:
doch sproszt auch jedem aus dem döstern gram
ein süszes, ahnungsvolles glück herauf:
dem einen blüht ein muntrer söhn,
der andre pQegt ein muntres löchterlein. Uhlakd ged. 172.
wachsen:
und so wuchs ich herauf, ein ebeabiM
des vaters. Göthb 9, 29 ;
schon wuchs der knabe hoch und schlank herauf.
ÜHLA5D ged. 172.
HERAUFER, adv. aus heraufher, mü dc^lt gesetztem her
{rergl. heraber, herauszer): als nu rex die tonaw heraufer
gen Regenspurg . . komen solle, d. städtechr. 3, 385, 12. noch
jetzt volksmäszig vorzüglich in Mitteldeutschland, z. b. in Düringen
heraufer kommen, gekürzt: komm raufer!
HER.\1:FWäRTS, adr. accUvis, sursum. Stieleh 2439.
HERAUS, adv. auswärts und her, nach einem sprechenden zu.
1) die form. ahd. hera Ö5 (Graff 1, 534) , mhd. her üz
{wb. 1. 688") ; d6 wart die kaiserinne eines sunes swanger ze
Rüm in der stat. dar nach fuer der kaiser und die kaise-
rinne her au5 gein tautschen lanten. Germ. 12, 74 {bairisch,
14. jahrh.). die nhd. formen verlaufen wie bei den ähnlichen zu-
sammensazungen herab , heran, herauf, die betonung ist heraus,
selten und nur aus besondern gründen heraus:
denn hinein sah man keinen stich,
doch heraus desto besser. Blckaukk 2, 12,
wo der gegensatz von hin und her besonders hervorgehoben werden
soll; und die gewöhnlich betonte form gelit zu er aus, eraus
{Ik 3, 699) zurück, weiter noch zu raus : zwar kam nur so viel
raus, polit. stockf. 330;
on gfehr bet da ein fuchsz sein wesen
in einem loch, mit dorn verdüscht;
lief rausz, bald heit das thier erwischt.
B. Waldis Esop 4,88, 10;
die angst tritt häufig aus
und bricht für beiszer not zu mund und äugen raus.
pLKHrsG 52, 22 Lappenb. ;
vietieicbt ists raus! 0 weh! o wie mir armen graust.
Göthe 7, 96;
und blast die kümmerlichen flammen
aus eurem aschenhäufchen raus. 12, 36.
für heraus geht namentlich im IG. jahrh. ansher, vergl. tii. 1, SS6:
unwillig thet ern (den beutet) auszher ziehen.
B. Waldis Esop 4, 21, 101;
ein jung gesell kam auszher {aus dem liause) gähn.
4, 24, 13.
Weiterbildung von heraus ist herausher und herauser, s. d.
2) heraus zeichnet eine bewegung von einem eingeschlossenen
oder eingegränzten orte her einem sprechenden entgegen, es ist
verschieden von herauszen , das die ruhe an einem solchen orte,
in der richtung nach einem sprechenden vergegenwärtigt; doch be-
gegnen Verwechselungen : {fruchte) zeitig und wolgeschmackt, als
wir sy nie herausz {in diesem fremden lande) gessen betten.
Fbane weltb. 522';
so bleibt her ausz, last uns hinein.
Laurin 1491 Scliade.
3) daher steht heraus nur mit verben der bewegung, die
aber in heftiger oder aucli nur seltr lebendiger rede unterdrückt
werden, so bei einer erzählung: da höre ich vor meiner Ihür
ein lautes geräusch. ich heraus, und frage was es gebe;
mein baus hat kein thür,
mein thür hat ke haus:
und immer mit schätzet
hinein und heraus. Göth« 3, 64;
oder bei einem befehl: so sprach aber Simel da er fluchte,
er aus. er aus, du bluthund, du loser man. 2Sam. 16,7;
herausz! bist mans werd, da wollen wir einander die seel
auf dem pflaster umbjagen. Garg. 94*; heraus hundsfutt, ad
arma ext sceleste! Steinbach 1,50; Wachtmeister, heraus ins
gewehr ! Kotzbbüe dram. sp. 3, 315, wo kommen , gehen zu
ergänzen; ebenso in der fügung heraus damit! {vergl. unten
mit etwas heraus kommen) : L. R. thatsachen ! hßweise ! tau-
send für einen! N. heraus damit! Schiller parasit 2,4;
den briefl
heraus damit! ich musz ihn wieder haben. Kariös 3, 8;
heraus mit eurem llederwisch!
nur zugesioszeul ich parire. Göthb 12, 193;
65
1027
HERAUS
HERAUS
1028
beraus auch für sage heraus : 'man bcliuuptcl . . iiucb audure>,
was ich zu wiederholen mich genire.' nur heraus, ernuintertc
der prinz. Freytag haitdsclir. 3,103; in der crzdhlung: gerade
heraus, dieser Seiicour ist eben so unwissend, als er nieder-
trächtig ist. Schiller parasit 2, 3.
Auch in den Verbindungen heraus müssen , heraus können,
lieraus wollen sind verben der bewegung zu ergänzen, nament-
lich uicder geben und kommen : er hat mich vcrmauret, das
ich nicht heraus kan, und mich in harte fessel gelegt, klagel.
3,7; er musz beraus (aus dem hause kommen)', aber auch
in bezug auf eine rede, eine mUlheilung: es musz heraus!; es
musz heraus — ich darf es nicht länger hei mir behalten —
böse Zungen haben sich angrilTc gegen sie erlaubt. Schiller
parasil 5,3; er will nicht heraus (aus seinem zimmer); so e;
{die Otter) denne her wider auj wil mit den vischen, so mag
ej nibt. Megenberg 150, 4 ; die hüner im korbe wollen gern
heraus , und die drauszen wollen gern hinein. Schottel
112S*; er will nicht mit der spräche heraus; bastu etwas
gehöret, las es mit dir sterben, so bastu ein riigig {ruhig)
gewissen. . . . aber ein narr bricht heraus , wie ein zeitig
kind heraus wil. Sir. 19, 11 ; ja sie weite zwar nicht recht
damit heraus, dennoch konle ich so viel verstehen, dasz auch
wohl mein bruder . . ihr nicht unangenehme sei. Talander
Olorena (1694)260; sie betrachtete die läge der karten sorg-
fällig, schien aber zu stocken und wollte mit der spräche
nicht heraus. Göthe 25, 279 ;
Creon. nun sagest du es nicht? hernachmals bist du frei.
tote, so will ich dann horausz. ich weisz nicht wer der sei,
der erst den lodten hat verdeckt. Opitz 1, 171.
die Verbindung lieraus sein bezeichnet das ende einer aus-
wärts und her gerichteten bcwegung {vergl. her sein sp. 1000
und unten herbei sein, herein sein, herunter sein): er ist
schon heraus {aus dem hause gegangen, gekommen); übertragen
es ist beraus {ist offenbar); was beraus ist, schwiert nicht
mehr. Simrocr sprichw. 243; da ich aus den hecken der dorf-
gärten heraus war und die wiesen hingehen wollte. Göthe
25,356; lieber gott, wie dank ich dir, dasz ich aus der wirth-
schaft beraus und wieder geborgen bin ! 7, 120 ; dasz sie
aber die Griechin nicht ist, für die wir sie hielten, ist heraus.
Schiller "50. beraus haben fitr heraus gesagt, gebracht haben :
als nun der Jos sein mes geschwind beraus hat, gibt er den
seinen das wychwasser. Wickram rollw. 138,7 Kurz; ich habs
beraus ! den smn einer dunkeln stelle, die lösung eines rätseis.
4) zu iieraus gesellt sich eine genauere beslimmung der rich-
tung : und die kaufleutc des königs kauften die selbige wahr,
und brachtens aus Egypten er aus. 1 kün. 10, 29 ; welche
euch nicht aufnemen noch hören, da gebet von dannen beraus.
Marc. 6,11; was aber zum munde eraus gehet, das kompt
aus dem herzen. Matth. 15,18; durch die balle sol er hin
ein geben, und durch die selbige wider heraus gehen. lks.
44,3; {die wüste) kompt von liethEl eraus gen Lus. Jos. 16, 2;
da nu das gesinde solch geschrei hörte, liefen sie her aus
in garten zur binder thür. Susanna 26; sie haben ihn bis
ans thor heraus geleitet;
heraus aus deiner woifesgruft,
furclithares heldenheer,
heraus zum streit in Trische luft,
mit muth und schlachigewebr! Gleim 4,27;
man geht hier heraus; vergl. dorlberaus 2, 1307, ueilerc bci-
spiele sind im folgenden verstreut.
5) diese genauere richtungsbcstimmung hat bisweilen bewirkt,
dasz beraus als prac}>ostlion behandelt wurde, die einen dativ nach
sich zog : heraus den hoben groszen büchern. Luther ir. l, 436;
das in der dunst heraus den belnien drang. H. Sachs (1560
2,3,190') bei Schm. 4,1149 Frommann.
6) die scharfe bedeutung von heraus {oben no. 2) fängt in der
neueren zeit an sich zu verwisciten und beraus und hinaus
werden niclit mehr scharf unterschieden, in der spräche des ge-
meinen le^ens hört ntan auf die auffordcrung komm iieraus !
wol die arttworl: ich werde sogleich Iieraus kommen {stall
hinaus); oder ein innen befindlicher sagt: ich will dir das liuch
heraus bringen, die anfange der Verwechselung gehen bis ins
tonije jahrh. zurück; so bei I^essinc: wir lassen anschreiben,
und ucnn man nicht mehr anschreiben will und uns zum
hauÄC herauswirft, 80 versetzen wir, was wir noch haben.
1, 625. r<jl. audi heraus geben 0 unten, und heraus hungern.
") in dm zahlreidien Verbindungen mit verben, die heraus rin-
giht , wandelt nch der begriff des adverbiums iiflers in $o fern,
ah stall der bewegung von einem eingcschlossviun unv u»/ einen
sprechenden hin überhaupt nur eine soldie von der Verborgenheit
in das freie tind offene gezeichnet wird, wobei die beziehung auf
einen sj^rechenden zurüclUritt. oft auch stehen verbalverbindungen
mit heraus in der einen wie in der andern bedeutung {vergl.
unten beraus bringen, heraus kommen u. a). verben mit denen
sich heraus bindet, sind:
ackern: ein kästchen hcrausackern, arculam exarorc. Hede-
rich 1249.
ahnen: das gedieht aber, welches der gegenwärtige" cr-
klärer gewählt, die harzreise, ist sehr schwer zu entwickeln,
... und doch bat er sehr viel geleistet, indem er das an-
gedeutete genugsam berausahncte. Göthe 45,317.
ängstigen: ausz dem angster {glas mit engem hak) musz
nians {das gclränk) mit engen ängsten . . herausz ängstigen.
Garg. 100*.
arbeiten, aus einem rohstoffe durch arbät etwas ans licht
fördern: aus einem solchen stolTe lasse sich nichts vernünf-
tiges herausarbeiten. Tieck 9,86. reflexiv sich durch arbeit
aus einem zustande befreien: sich aus dem schnee heraus-
arbeiten, cluctari nivcs. Hederich 1249.
athmen: dasz ich aus der tod- und nioderböhle nur recht
mit mühe herausathme. Herder an Caroline Flachsland (ISil)
1, 240.
beichten: er wird alles herausbeichten, wenn man ihn
fraget, omnia, si scrulaberis, effutiet. Siieler 875.
beiszen: das kind bat ein stück aus dem apfel heraus-
gebissen, übertragen durdi bissiges wesen jemand aus einem
orte verscheuchen: Protestanten, die der geist des concordals
allmälich aus Ostreich herausbciszen wird. J. Grimm in l'feijfers
Germ. 11, 127. dann aber auch reflexiv sich kämpfend aus einer
schwierigen läge befreien: und dergestalt bisse ich mich zim-
lich heraus. Simpl. 3, 4S Kurz; und neuer transitiv, etwas mit
kämpf und mühe zu wcge bringen : ein e.xamen, eine gute arbeit
heraus beiszen.
bekennen: damit er ja kleiiicb eraus bekennet, das die
wort Christi, nemet, esset, das ist mein leib für euch ge-
geben, brot und leib zusamen fassen. Luther 3, 370'.
bekommen, ein ergebnis, ein factum ans lidit fordern : wie
sich das verhält, das musz ich noch heraus bekommen ; um
die bedingung aller zweckmäszigkeit, die einheit des grundes,
herauszubekommen. Kant 7, 301. auch geld beraus bekom-
men, als ergebnis einer abrechnung.
bellen:
hat leides dir das blut vergällt,
und wühlt dir groll im herzen;
ihn lieber ^rad herausgebellt,
als unter bittern scherzen ! Voss 5, 46.
berufen: einen heraus berufen sich mit ihm zu bereden,
ei'ocare aliquem ad colloquium. Hederich 1249. vgl. heraus rufen.
beuteln: bab ich ausz vielen büchern den kern und
mark . . heraus beutelt. Frank wellb. 143*.
bewegen: kam es ihm vor, als wenn Marianens Ihüre
sich öffnete , und eine dunkle gestalt sich heraus bewegte.
Göthe 18,112.
bilden: aus dem rohen steine eine herliche stattic heraus-
bilden ; ich begreife es, und fühle, dasz sich jeder von uns
aus sich herausgebildet hat. Klincer 9,287; Klinger gehört
unter die, welche sich aus sich selbst, aus ihrem gemüthe
und verslandc heraus zur weit gebildet halten. Göthe 20, 257.
blasen: den lelzteii athem herausblaseu, extremum halilunt
cfflare. Stei.niiach 1,120.
blechen: aber da bab ich ja nun alles und sie nichts,
und da werd ich nun das ganze gaudium wieder hcraus-
blechen müssen ? Schiller kab. u. liebe 5, 5. vergl. heraus
geben.
blühen: mit ihrem Icichlaufgebundencn lockichlen haar,
wo hier und da eine bluine herausblüht. Sturz 2, 64.
bolzen, stieren: von den groszen aussirotzenden und
hi'ransbülzendcn augcnöpfcin. Bartisch augcndienst 216, —
vgl. hohen, Ih. 2, 23«.
brausen: kinder die aus der schule berausbrausen. J. Paul
tmlzschnilte 191.
brechen, l) transitiv: etwas atis einem umschlossenen orte
brechend an sich bringen: einen cdelstcin aus einem gcschmeidc
heraus brechen ; einem die zUhne herausbrechen, evtllere alicui
denttt. Hekhiuch 1219; brach er einen groszen stein aus dein-
hvlben (dem hause) heraus. Herel 2 (1053) 00;
1029
HERAUS
HERAUS
1030
wer«! ich dereinst zum lezten mal
die dürren, kalten bände Talten,
und ... in beiden fest dich (tabaisdnse) halten,
so wird mit schluchzen mein gemahl
heraus dich brechen. Göei^igk 3, ISO.
2) iiitransUiv : aus einem umschlo^enen orte getcallsam herror-
dringen: wer hat das meer mit seinen thüren verschlossen,
da es eraus brach wie aus multerleibe. //io6 38, 8; das feuer
bricht aus dem gipfel des berges heraus, ignis erumpit e trr-
tice montis. Steinbach 1,201; der dieb bricht aus dem ge-
fängnisse heraus ;
ein bach, ein regenbach, vom himmel her gestärket, . . .
bricht da und dort herausz. Logau 2, 68.
ton einer grenze: bricht eraus an der selten Ekron her gegen
mitternacbt werts, und zeucht sich gen Sichron. Jos. 15,11.
von einer Jahreszeit: die frühlingsfieber sein unsern leibern
sehr heilsam; ebener maszen schadet uns auch keinesweges
die im herausbrechenden soramer unseres glükkes uns zu
banden stoszende geringe unglücks-fälle. Bctschkv Palm. 609.
3) häufig in bezug auf affecte, tcorte: da er nu meinet, er
hette ansehens gnug, und das im der gemein man würd
folgen, brach er weiter heraus, und nani für ein leimen an-
zurichten. LcTHEB 3,12;'; denn wo die werk und lieb nit
herausbricht, da ist der glaub nit recht. Alberi;s uidder Jörg
Wilzeln Es"; die natürliche liebe zum leben .. brach bei
dem guten alten in ein weinen heraus, pers. rosenth. ß, l ;
der söhn . . brach in diese worte heraus. 1,4; der bettler
brach in diese w orte heraus, pers. baumgarten 3, 3 ; da ward
nun der mann verdriesziich . . und brach in diese worte
heraus. 10,4; endlich brach sie gar heraus, und nennte es
Lei dem rechten namen. unw. doctor 337; ich füttre mein
herz mit liebe, gall und gift. es streitet gegen einander in
mir, sieh, es pocht und will los : und brichts heraus — ich
weisz nicht was überwindet. Klinger theater 2,238; warum
sollen nicht auch einmahl die holden strahlen einer welt-
lichen freude aus einem gemählde herausbrechen? Tieck Slernh.
1, 112 ; er war oft heftig in seinen ausdrücken ; wo er ver-
urtheilte, that er das mit starken worten, auch im gespriich
brach er wohl heraus, dasz der doctor und sogar der vater
zurückwichen. Freytag handsclir. l, 224.
4) reflexiv, sich heraus brechen, sicli vor andern überheben,
vergl. brechen III, 1, th. 2, 350 : das innerlich wesen raus sich
nicht viel heraus brechen. Luther 4,175*;
sich dennoch also bricht heraus,
als bett er ein gewaltig haus.
B. Ri><GWALD laut. warh. 95.
brennen: das feuer brennt zun fenstern und dache
heraus , relucent flaminis fenesirae et culmina domus, ftamma
erumpit. Stieler 229;
er {der im Innern glühende qeixlenfunken) brennt . . .
einst lichterloh aus ihm heraus. Göei^gk 2, 127.
transitiv: und da wurde vollends mein altes wesen aus mir
herausgebrannt und geschlagen, als wenn viele tausend fun-
ken bei jedem hiebe aus brüst und herzen flögen. Tieck
16, 189.
bringen, 1) aus einem orte her bringen: du solt hauszen
stehen, und er dem du borgest, sol sein pfand zu dir er aus
bringen, ö Mos. 24,11; da aber die fünf künige zu im eraus
bracht waren. Jos. 10,24; geid von einem heraus bringen,
exprimere pecuniam ab aliquo. Hederich 1249 ; so könnt ich
dann anrücken und mein herz herausbringen , und es ihr
hinlangen. J. Paul Hesp. 2, 210.
2) der begriff verengt sich mehrfach, herausbringen gilt von
dem herlocken eines bekenn tnisses aus dem munde eines bescliul-
digten: man kan nichts aus ihm herausbringen, vejbum non
polest ex eo elici. Serz67"; daran angeschlossen von einem unter-
suchen, forschen, das vollen erfolg hat: aus diesen begriffen
kann er kein erkenntnis herausbringen. Kant 3,363; nach
blos theoretischen principien des vernunflgebrauchs . . kann
niemals der begriff einer goltheit herausgebracht werden.
7,323; eine Wahrheit herausbringen. 8,308; ich musz heraus-
bringen , wo wir uns gesehen haben ! Götter 3, ist ; man
will schlechterdings herausbringen, wer diese heftige sclirift
geschmiedet hat. Schiller parasilh,i; der kleine hatte nicht
eher ruhe, bis ich ihm ein paar pistolen . . schenkte, und
bis er heraus gebracht halte wie ein deutsches schlosz auf-
zuziehen sei. GöTHK 19,357;
die Wahrheit rief sie, breit ich aus.
was keines weis heraus zu bringen,
bring ich durch meinen neisz heraus. Gfllsrt 1,20.
ferner in bezug auf ausübung einer kunst, herstellung einer künst-
lerisclien geslalt: die zeuberer theten auch also mit irem be-
schweren , das sie leuse eraus brechten , aber sie kundten
nicht, i Mos. 8,18; dasz er vermöge dieser bekanntschaft
sich im lautenspielen perfect machte, und die französischen
tanze überaus zierlich herausbringen lernte, polit. stockf. 40;
diesen Philipp möchte er nun recht grosz, körnig, originell
und tyrannisch herausbringen. Tieck nov. kränz 2,84; dinge
zu lesen die man leichter selbst herausbringt , ist in allem
betiacht eine kasteiung der seele. Lichtenberg 3,12 ; ich bringe
nichts heraus , frustra laborem impendo. Serz 67*. selbst in
bezug auf mühevolles sprechen gilt herausbringen: herzliebster
vater, wilst du mich dann allein in diesem wilden wald ver-
lassen? soll dann — mehrers vermochte ich nicht heraus
zubringen. Simpl. l, il Kurz ; da erstaunte die gute dame so,
dasz sie starr auf dem sopha sitzen blieb und nur die worte
herausbrachte: was musz ich erblicken! Freytag luindschr.
1, 282.
3) herausbringen, am etwas entfernen: darumb sols in
meinem newen testament bleiben, und sollen alle bapstesel
toll und töricht werden, so sollen sie mirs nicht eraus
bringen. Luther 5,144*; die fettflecken bringt man aus wol-
lenen und seidenen zeugen unter andern dadurch heraus,
wenn man venefianische kreide darauf schabet. Axaba.nthes
frauenz.-lex. 1 (1773) 1047.
brüllen: etwas herausbrülien , aliquid emugire. Hederich
1249.
brunsten, brennen. Ldther 1, 48S*. s. die stelle th. 2,439.
bürgen: sie ist im gefangnisse, und wer sie nicht heraus-
bürgen kan, der soll nicht mit ihr reden. Chr. Weise körbel-
macher 140.
dampfen: es dampft aus dem Schornstein heraus; der
bahnzug dampfte ans dem tunnel heraus.
därmen: heraus-, hervordärmen , als wenn einer weide-
wund gestochen wird (wenn die gedärme heraustreten). Stieler 282.
dauen: er hat gar üble gerichte in masse verschlucken
müssen , um den Stoff seines buches herauszudauen. Varn-
hagen denkw. 8, 474. vergl. dauen 2, S38.
deuten: ich weisz aus diesen worten keinen sinn heraus-
zudeuten.
donnern: als er diese meinung vor boszbeit und zorn
niehr heraus gedonert, als geredet hatte. Simpl. 2, 130 hurz.
intransitiv: die fluche donnerten heraus. Klincer 3,159.
drängen, transitiv: einen aus der thüre herausdrängen;
reflexiv: die messe war eben geendigt, und unter den sich
herausdrängenden einwohnern und landleuten erblickte er
drei bekannte. Göthe 23,11. intransitiv:
genug, ein jeder drängt heraus,
zu leben hier und sterben. Claudius 1 «. 2,49.
drechseln, bildlich, etwas zierlich und künstlich liervor-
bringen {vergl. th. 2, 1351) : mit einer . . nachtigall gleichenden
discantstimme das darauf folgende recitativ herausdrechselte.
Felsenb. 2,344.
drehen: eine schraube aus dem holze herausdrehen;
übertragen : Lucius , der die Wirkung auf mich sah, drehte
das ding von der lächerlichen seile heraus. Klinger theater
3,310;
macht man ein bündnis mit ihm, so bleibt man am ende be-
trogen ;
denn er dreht sich so listig heraus, wer ist ihm gewachsen?
Göthe 40, . . .
dringen, intransitiv: leute dringen zum thore heraus;
das blut dringt heraus, sanjuw crHni//i7. Steinbach 1, 301; unten
dringt das wasser heraus, infra aqua prosilit. das.;
mit gold und nicht mit blei hat Amor dich geschossen,
das ist nun, Flavia, durch hitz in dir zerflossen,
es dringt zun äugen rausx. Logau 1, 105,42.
tran.nliv: die Ihrencn der widwen Oieszen wol die backen
herab, sie schrAen aber über sich, wider den, der sie lienins
dringet. Sir. 35, 19.
drücken: etwas von einem herausdrücken, exprimere ali-
quid ab aliquo. Hederich 1249.
dünnen: ganze bibliolheken sind damals, den goldscblä-
gern mit ihrem goldschaum nicht unähnlich, aus dem Werther
herausgedünnl. Tieck ges. nov. 1, 123.
eilen: aus einem orte heraus eilen, proripere se ex loco
aliquo. -Steinbach 1, 324.
eitern: herauseilern, exsaniare, exsuppurare. Stieler 32.
65*
1031
HERAUS
HERAUS
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erkennen: einen aus vielen andern herauserkennen.
Beckers weltgesch. 6, 142.
fubeln: sie meinte, Rosa fable aus einem träum heraus.
TiECK ges. no«. 1, 137.
iahreu, l) aus einem urle her ziehen, sich schnell bewegen:
wenn sie uns entgegen eraus {aus der stadl) fahren, wie vor-
hin, so wollen wir für inen fliehen. Jos. 8,5; da füren die
kinder Benjamin er aus, dem volke entgegen, nc/it. 20, 31.
namentlich von Itastigen bewcgtingcn der menschen imaffecl: alle
leute . . . vom tische aufsprungen und zun fenstern heraus-
fuhren, um zu sehen! avanlür. l, 393; von schnellen bewegungen
der thiere: isset man von iren eiern, so uius man sterben,
zutrit maus aber, so ferel ein otler eraus. Jes. 59,5; ein
groszer fisch fuhr eraus {aus dem wasser). Tob. C, 2.
2) übertragen auf gewaüsatnes l^mpfendes vorgehen : denn die
unterthanen Ihüren nicht herausfaren für furcht der ober-
keit. LijTUER 1,47"'; auch auf freudiges , jubelndes: hie ferel
Josaia eraus , und malet den heublman oder künig dieses
königreichs. 3,180*. am häufigsten aber auf schnelles , unbe-
dachtes sprechen : wer unvorsichtig er aus fcret, sticht wie ein
Schwert, sprichw. 12,18; wer seinen mund bewaret, der be-
waret sein leben, wer aber mit seinem maul her aus ferel,
der kompl in schrecken. 13,3; die schnurre fuhr mir nun
so heraus, es ist nichts dran. Lessi.ng 1,562; oder auf rasche,
lieflige rede: fare nicht bald er aus zu zanken, sprichw. Ta,S;
vTenn ein unverständiger grober geselle mit ungestühm heraus-
fahret, so wird ein weiser dargegen seine sanftmüthigkeit
spühren lassen, pers. rosenth. 4,5; endlich fuhr er etwas un-
geduldig heraus: warum nennen sie denn Goethe nicht?
GöTHE 30, 225 ; dasz nur nicht etwa Knebel in unmuth gegen
den prinzen herausfahrt, ich möchte nicht, dasz ich gelcgen-
hcit zu einer scene gäbe, au frau v. Stein 1,299; bis eine
stimme, die bisher geschwiegen, mit Uüchen herausfuhr.
Ar.mm 2, 12 ;
eh diesz geschieht, fuhr Ilüon rasch heraus,
eh soll das grosze raü der scböpf'uug stille stehen.
Wieland 22, 177 {Oberon 4, 55).
3) mit einem geführt aus einem orte her kornmcn: wir sind
mit eigenem geschirr zur stadt heraus gefahren; transitiv:
der kutscher fuhr den gast hier heraus.
fallen, 1) eigentlich: der stein fiel aus der mauer heraus ;
zur thüre heraus fallen, eripere sese foras. SrEiNBAcn 1,371;
er macht durch seine kraft die wölken dicke , das hagel
eraus fallen. Sir. 43, IC.
2) übertragen , einen kriegerischen ausfall herwärts machen :
da die menner der stad eraus fielen und stritten wider Joab.
2 Sam. 11, 17 ; die menner namen über band wider uns, und
fielen zu uns er aus aufs feld. 23; und fielen eraus aus der
bürg in das heiligthum, den gottesdienst zu wehren, l Nacc.
1,38; da fielen Junathas und Simon aus dem gebirg eraus,
und grilTen sie an, und schlugen viel tod. 9, 4U.
3) ebenfalls übertragen: er fallt aus seiner rolle heraus,
feilen: aus dem rohen klotze einen hofmann heraus-
Tfilen. Klincer 4, 90.
fitzen: doch was deullichkeit? die wollte ich ihm gern
erlassen, wenn denn nur Wahrheit zum gründe lüge, die es
der mühe lohnte aus seiner verworrenen Schreibart heraus
zu fitzen. Lessing 8,131. auch reflexiv: sich heraus filzen,
aus einer schlimmen läge, einer Verlegenheit, vgl. filzen l,
Uieil 3, 1C95.
fliegen: der vogcl ist aus dem neste heraus geflogen;
die Dimnit den decke) ab {vom kästelten), ein liiiiiniiig fliegt
heraus. IIagkuukn '1, 149;
ich weisz die lügen nicht all, die mir aus dem mund heraus-
flogen. Klinger Uieater 4,159.
flieszen: so reibt sich da; ticr an aincm paum , unz
i'i.ti, apüstdn zepricht und der unHAt her auj fleugt. Mecen-
iKHC 151, IG; lasz deine brünnen er aus flicszen , und die
wasscrbeche auf die gassen. spricliu: u, \o ; da flos ein wasser
liiT aus unter der schwelle des tenipels. Hes. 47, 1 ; dis wasser,
•lu'« da gegen morgen er am fleuszi. 8; das wasser flcust
iiu» dem teichc heraus, lacus restagnal, emanul aqua e virario.
^■•■•in .'iH. übertragen in dem unne hervorgehen, folgen, in
Ulf voi Stellungen : oh der kürper die kraft in sich seihst
!■ ri, und was alsdann herausflicszcn würde, davon reden
wir iüT jetzt nicht. Kant 8,103.
fluchen, nnru fluch auttto$:en : aU er plötzlich hcraus-
Hiii hl.-. J Paul Tilan 2, 21«.
fordern, l) einen aus einem orte herwärts kommen machen:
da gieng ich in das deutsche hansz
und fodert den patron heraus. B. Waldis 4,25,12.
mit sächlichem objecl: geld heraus fordern; er fordert das
buch, das er mir geliehen, wieder heraus.
2) viel häufiger einen zum kämpfe fordern, das heraus gelU
ursprünglich auf den freien platz, auf dem die Zweikämpfe statl-
findcn: unangesehen keiner vNar, der das herz hatte, mich
heraus zu fodern oder Ursache zu geben, dasz ich einen von
ihnen gefodert hätte. Simpl. 1,291 Kurz; also dasz besagter
Jäger um solcher Ursache willen mich auch heraus fodern
licsz. 436 ; einen vor den degen herausfordern, elicere aliquem
ad pugnam. Stieler 540; ihn herausfordert als einen beren-
heuter. Cur. Weise erzn. 835; Carl hat mich also zum Zwei-
kampf herausgefordert. Fr. Mi5LLER 3,257; besonders lobte
die mutter den freimüthigcn ausdruck, wie ich den Goliath
herausgefordert. Göthe 18,26; der obrist hat ihn heraus
gefordert, er ist hinausgeritten, seinen gegner aufzusuchen.
20, 14. von dieser bedeutung aus auch freier verwendet : einen
aufs bretspiel heraus fodern, in aleam aliquem provocare. Stein-
BAcn 1,477; ich fordre alle ihre grübler heraus, einen bes-
sern grund anzugeben. Wieland 19,60 {Abd. 1,5); ob er
schon in behandlung der Orangerie, der blumenzwiebeln, der
nelken- und aurikelnstücke, die natur selbst hätte heraus-
fordern können. Göthe 17, 305.
fördern: erze, kohlen aus der grübe heraus fördern.
vergl. fördern 2, tlieil 3,1893.
forschen: sie hatte nach und nach die scene, die dem
Unglück vorher gegangen war, herausgeforscht. Göthe 17,373,
fragen: er hatte ihm allmählich. seine leidensgeschichte'
lierausgefragt,
fühlen: ich fühlte sein inneres aus der art heraus, mit
welcher er das meinige zu ergründen suchte. Klinger 9,139;
durch sie bewegt, theilt man ihnen das eigentliche leben
mit; man fühlt es wieder aus ihnen heraus. Gütue 28,74;
sie fühlte absieht heraus. Freytac handschr. 3, 106.
führen: wo sind die menner, die zu dir kommen sind
diese nacht? füre sie eraus zu uns. i Mos. 19,5; füret er
mich heraus zum thor gegen morgen. Hes. 42, 15 ; ich füre
in her aus zu euch, das ir erkennet das ich keine schuld
an im finde. Joh. 19,4; alles, was in der Stadt ist, heraus
führen, ornnia quae urbs continet, evehere. Steinbaco 1,391;
einen aus dem gcfängnisse heraus führen, aliquem e custodia
cducere. das. herausführen bergmänni:ich , etwas beim heraus-
fahren mit aus der grübe nehmen. Jacobsson ^, 254*. über-
tragen, auszer sich bringen: der gedanke des nutzens führt
mich aus mir selbst heraus und gibt mir eine fröhlichkeit,
die ich sonst nicht empfinde. Göthe 15, 39.
fürzeln:
bisz einsinals er {Lucifer) da uberpürxelt,
und einen tculel heraus fürzelt.
Fiscbart Jesuiterltültein 402 Kurt.
füttern: einen verhungerten menschen wieder heraus-
füttern; der rosskamm füttert das pferd heraus.
gabeln,, «lit der gabel etwas herausnehmen: einen fetten
brocken aus der suppe herausgabeln, ofl übertragen, er hat
etwas, einen prolit herausgegabelt.
gaffen: er gaflTt zum fenster heraus.
gebären:
durch einen gerneklug, der wenn der geist ihn rürt.
jetzt dieses pralcwort, jetzt jenes rausz gebiert.
LocAU 1, 64, 57.
gehen, in mehrfachem sinne. 1) hergeben, in bezug auf eine
bisher zurückgehaltene person oder sache: das er ime 20 gülden
zu zcrungc herausgab {von einer geliehenen summe). Wiltroll
V. Schaumb. 35 ; ich habe zwo töchter, die iiaben noch keinen
man erkennet, die wil ich eraus geben unter euch, l Mos.
19,8; gib die menner eraus, die zu dir in dein haus komcn
sind, denn sie sind komen das ganze land zu erkunden.
Jos. 2, 3 ; gib deinen sun eraus, er iiius sterben, riciä. C, 30 ;
das . . . unsere kamern vol seien , die eraus geben können
einen Vorrat nach dem andern, ps. 144,13; das verwahrte
herausgebi'ii, promerc, proferre ex aliquo loco. Frisch 1,328*;
das übrige vom gewechselten gelde herausgeben , reddeie
residuum. das.; er wollte gleich alles herausgeben, den knahcn
und noch geld darauf, nur euch zu befreien. GurnE 8,4s;
den prcnniiig grh ich dir wol oboii,
kaiibi mir aber hcraiiiii auch gehen?
dniin ich li;il> jciri knin heller nicht.
W. SrAKOKNiimo mammon$ iolJ Ab';
1033 HERAUS
unser zeit und ihr gesinde
Tressen geizig und geschwinde
alles aul' bisz an den gruod :
wetten wil ich, dasz ihr Schlund
kürzlich rausz gibt ungedeuet
was sie fressen ungekeuet. Logau 1,20,63;
gieb diesen todien mir heraus! ich musz
ihn wieder haben. Schiller Karlos 5, 9.
2) herausgeben, sich äuszem, angeben, ^rechen: ich musz
doch ein bischen hören, was sie herausgiebt. Weisze kovi.
Opern 3, 27 (jagd 1, 6). in reflexiver füguny : doch weil der
kaiser sich so fern heraus gibt, dasz es solle ein unver-
bindlich gespräch sein. Lcther br. 5, 364.
3) herausgehen, bei yegeniiberslellungen, vergleichen: die salire,
die freilich so grob und stark als möglich ist und der un-
polierten art, wie Hunold gegen Wernicke schrieb, wenig
herausgiebt. Gervi.vcs gesch. der poet. nalionallilt. (1835) 3, 519.
4) ein buch herausgeben , /i6rt*m edere; er giebt unter-
schiedene bücher heraus, edit varios libros. Steinbach 1,570;
ein buch unter seinem nainen herausgeben, divulgare librum
suo nomine, das.; ein werk herausgeben, opus in publicum dare.
Hederich 1250.
gehen, 1) aus einem orte herwärts gehen,
üj dem wald kam er bar ü;
gegangen Tür ein einig büs. edelslein 63,4;
si ritten dem Mutscheibecken
für sein aigen haus:
'Mutscheibeck, bistu dinnen,
so ge zu uns herausz! Uhla;«!) volksl. 315;
also gieng Noah er aus {atis der arche) mit seinen sönen
und mit seinem weib und seiner söne weibern, dazu allerlei
thier. 1 Mos. 8, 18 ; niemand gehe er ausz von seinem ort.
2 Mos. 16, 29 ; sihe , da gehet seine tochter er aus im ent-
gegen. ricA/. 11,34; David aber gieng er aus zu inen, ichron.
13,17; wo ir aber in eine stad komet , da sie euch nicht
aufnemen, da gehet heraus auf ire gassen. Luc. 10,10; aus
dem bade heraus gehen, de balneis exire. Steinbach l, 545.
2) herausgehen, von flüssigen dingen, emanare, effluere: da
spaltet gott einen backenzaan in dem kinbacken, das was^ser
er aus gieng. rieht. 15,19; und wird eine quelle vom hause
des herrn her aus gehen. Joel 3, 23 ; wenn man das äuge
drückt, so gehen threnen heraus. Sir. 22,23; alsbald gieng
blut und Wasser her aus. Joh. 19, 34. — ferner von andern
Sachen : du aber wirst viel krankheit haben in deinem ein-
geweide, bis das dein eingeweide für krankheit er aus gehe
von tage zu tage. 2chron. 21,15; dasz mir der Schlüssel zu
dem maul herausz gienge. La:, de Tormes 63. in bezug auf
gedanken und worle: denn ich schepfe meine liebe nicht aus
deiner frömkeit, als aus einem frembden brunnen, sondern
aus meinem eigen quellbörnlein , nemlich aus dem wort,
welches ist in mein herz gepfropfet, das heist, liebe deinen
nehesten. da gehet sie reichlich heraus. Ldther6, 37"; solche
liebe, die heraus gehet von reinem herzen. 2,493"; und sol
von dannen heraus gehen lob und freudengesang. Jer. 30, 19;
was aber zum munde eraus gehet, das kompt aus dem
herzen. Matth. 15, IS ; denn von innen, aus dem herzen der
menschen, gehen heraus böse gedanken. Marc. 7, 21.
3) an die letzleren beispiele angeschlossen, heiszt herausgehen,
mil persönlichem subject, sich äuszern, sich ausspredien : dasz es
redlicher und feiner sei , mit der Wahrheit herauszgehen.
Simpl. 1 (1713) s. 5; lassen sie mich ganz freimütig heraus-
gehn. Engel Lor. Stark cop. 31; dasz du dich scheust, mit
der spräche herauszugehen. Götter 3, 161 ; ich wurde immer
kühner, ging offenherzig heraus und war bis ins detail der
Wahrheit getreu. Göthe 19,272; ein mädchen , das einem
manne entsagt, dem sie ihre gewogenheit nicht verläugnet,
ist lange nicht in der peinlichen läge, in der sich ein Jüng-
ling befindet, der mit erklarungen eben so weit gegen ein
frauenzimmer herausgegangen ist. 26,81; ich blamire mich,
. . . wenn ich mit unserm wehstande ganz herausgehe. J. Pacl
Tit. 2,94; gieng endlich damit heraus, dasz er eine tochter
in Nürnberg und hier einiges an sie habe, palingen. 1, 35.
4) herausgehen, in bezug auf Charakter und betragen, sich des
angeborenen oder anerzogenen entäuszern, anders werden, bei Göthe
beliebt: aber warum gehe ich auch aus meinem charakter
heraus! 17,106; als schon wieder neuer besuch eintraf, Char-
lotten willkommen, die aus sich selbst heraus zu gehen, sich
zn zerstreuen wünschte. 134; liesz sich daher. gefallen ...
dieszmal aus seiner rolle herauszugehen, und statt des Ver-
mittlers den vertrauten zu spielen. 185; indessen hatte jeder,
HERAUS
1034
der nur ein einzigesmal aus seinem charakter herausgegangen
war, ein pfand geben müssen. 18, ISS; er war ganz aus seiner
manier herausgegangen; von seinen gewöhnlichen scherzen
hörte man keinen. 317.
5) ein buch herausgehen lassen, in publicum dare : es hat . .
herr Johann Michael Dillherr von dieser materi, nemlich von
der h. sontagsfeier, ein schönes, geistreiches, nützliches büch-
lein herausz gehen lassen. Schcppius 215; welcher das abcbuch
vermehrt und verbessert herausz gehen liesz. 5S8.
6) tm folgenden ist rerweciiselung von heraus mil hinaus ein-
getreten {vergl. sp. 1027) : ob ich gleich . . mich vollkommen
überzeugt habe, dasz alles auf ein leeres spiel mit begriffen
herausgeht. Fr. Nicolai im leben v. Gokingk s. 58.
geifern: das ir wider die öffentliche Schriften ein blawen
dunst heraus geifert. Joh. Wicasdus ob die neuen WiUen-
berger 22*.
gestalten: etwas aus der rohen masse herausgestalten.
gewinnen:
bisz ich dich gar herausz gewinn.
SCHWARZKNBERC 121'.
gieszen: geld befielt poeten und oratores, das sie alle
ihre phrases dich zu loben herausz gieszen. Schuppius 709.
graben: das versteckte geld heraus graben, argentum
penitus abditum effodere. Steinbach 1,630;
da wurden erst die söhne klug,
und gruben nun jähr ein Jahr aus
des Schatzes immer mehr heraus. BErger 77".
grübeln, eigentlich: kerne aus der frucht herausgrübeln;
übertragen : ich dachte hin und her und konnte nichts heraus-
grübeln. Seomk.
grunzen: es wäre gut, wir jagten einen knecht hinauf,
der sie herausgrunzte. Fr. MCller 3, 27.
gucken: herausgucken, prospicere. Stieler 714;
spindei im sack,
Stroh im schuh,
hur im haus,
gucken alleweg heraus;
der tod gucket uns zu allen gliedern heraus. Schottel 1124*;
auf einmahl knarrt ein kleiner fensterladen,
und eine nase guckt heraus
so lang als euer arm. Wieland 22, 153 (Oberon 4, 15).
häkeln: hätten sie anfangs ihn {den agtstein) mit langen
Zangen im wasser gesucht und heraus gehäckelt. Lohenstein
Arm. 2, 855'.
halsen, aus dem halse heraus schreien: ich bitte euch,
Uiszt er ihn {Shakespeare Hamlet) unter andern zu dem komö-
dianten sagen, sprecht die rede so, wie ich sie euch vor-
sagte; die zunge musz nur eben darüber hinlaufen, aber
wenn ihr mir sie so heraushalset, wie es manche von unsern
schauspielern thun : seht, so wäre mir es eben so lieb ge-
wesen , wenn der stadtschreier meine verse gesagt hätte.
Lessing 7, 24.
hangen und hängen: dasz ihm das hembd binden und
vornen zu den hosen heraus hieng. Simpl. 3,207 Kurz;
zu Wildbad an dem markte da steht ein stattlich haus,
es hängt daran zum zeichen ein blanker spiesz heraus.
Uhland ged. 358.
transitiv: dort hängt man eine fahne zum fenster heraus.
haspeln: bald werd ich wild: soll ich dir jedes wort
aus dem hals heraushaspeln. H.L.Wagner kindermörd. 36.
hauen: die beume mit der wurzel heraus hauen, arborcs
radicitus excidere. Stieler 790; einen block aus einem felsen
heraushauen; einen aus den feinden heraushauen, hauend
befreien.
heben, 1) aus einem orte her heben: den eimer aus dem
brunnen heraus heben ; den quellenden , geschwollenen,
dunkelgrünen frühling, ... der mit kleinen blassen spitzen
aus der erde dringt, bis er sich herausgehoben voll glühender
blumen, voll wogender bäume. J. Paul Hesp. 3, 139 ;
du kannst die Treude bald erleben,
das kesselchen herauszuheben. Göths 12, 193.
2) der begriff des herwärts trilt mehr zurück, dagegen der des
aus f?ie/tr ror ; herausheben, idem quod ausheben, ex loco tollere.
Stieler 807; in verschiedenen uendungen : das {halbmasz) hub
der alte bachant in zweien trunken rausz. Katziporus h 2 ; als
sich ihre wortwechslung geendigt, und Simplicius ein glas
voll wein heraus gehoben , das er dem Springinsfeld zum
Willkomm zugetrunken hatte. Simpl. 3, 159 Kurz;
1035
HERAUS
HERAUS
1036
wer nennt das glück noch falsch? mir war es treu,
hob aus der menschen reihen mich heraus
mit liebe. Schiller Wallensteins tod 5, 4.
man wünsche ... dasz ich mich entschlieszen möchte, sie
(aufsdlze) aus der monatsschrift, worin sie zuerst erschienen,
heraus zu heben , und durch eine eigene ausgäbe in die
bände mehrerer leser zu bringen. Wieland 29,8; er hatte
ihrem söhn, der als soidat sich sehr brav gehalten, ein
ehrenzeichen verschalTt, indem er dessen that, wobei er allein
gegenwärtig gewesen, heraushob, mit eifer bis vor den feld-
herrn brachte, und die hindernisse einiger miswollenden
überwand. Göthe 17,384; die hauptgedanken stehen nicht
stark genug herausgehoben da. GOU. gel. anz. 1806, st. 50, s. 495 ;
statt dasz die ersten anfangsgründe nur grundsätze . . aus
dem ganzen umfange der Wissenschaft herausheben sollten.
HcGO civ. mag. (1. auß.) 2, 233.
heiszen:
ach gehe, helsz deinen herren rausz.
H. Sachs 2, 2, 19'.
helfen: ich 'wil inen her aus helfen aus allen örtern,
da sie gesündigt haben, und wil sie reinigen. lies. 37,23;
furchtsame und weiche herzen , die gerne trost betten, und
sich gerne wolten bekeren, und doch nirgend trost und raht
finden können , bis so lange inen gott eraus hilft, und mit
seinem wort tröstet. Luther 5, 531*; sich aus der nolh heraus-
helfen, expedire se aerumnis. Hederich 1251; es wäre gar
schlimm, sagte er, gnädige frau, wenn sie sich aus dieser
Sache nicht heraushelfen wollten. Göthe 18, 280; anstatt dasz
er sich auch wohl selbst {aus dem wasser) , aber am jen-
seitigen ufer, heraus hilft. 291; im übrigen steht die sache
nicht schlecht und er wird sich allein heraushelfen. Frevtag
handschr. 3, 25 ;
{ich) hülfe dir aus deinem grabe
wieder an das licht heraus! Gökinck 3, 188;
fängt, weil er schon den handel halb vergessen,
sein mährchen stets von vornen wieder an,
und, kurz, verwickelt sich in bündeln und prinzessen,
bis er nicht mehr heraus sich helfen kann. Wieland 18, 139.
hetzen: lieraushetzen , feras c latebris eiere. Stieler 783.
holen: siehe ich wil ewre greber aufthun, und wil euch
mein volk, aus den selben er aus holen, und euch ins land
Israel bringen. lks. 37,12; heraushohlen, ducere, ferre in su-
periorem locun} ad aliquem. Frisch 1, 462"; er pries und rühmte
zum scherz die reichen gold- und silberminen , womit man
die ganze alte weit erkaufen könnte, wenn man alle beute
herausholte. Heinse Ardingli. 1,244; er holte die kringlen,
wie sie gar wurden, heraus {aiis einer pfanne). Göthe 28, 64;
nicht wir beanspruchen, die Verborgene handschrift aus ihrem
«igenthum herauszuholen. Freytag handschrift 1, 80. über-
tragen, u'te ausholen 4, //i. 1, 887, ausfragen, ausforschen: über-
diesz hat er sie noch mit einem geheiinnis belastet . . was
es ist, weisz niemand aus ihr herauszuholen. Immerhan n
JtfüncAÄ. 2, 144; 'apropos, Stöcklein, in dieser nacht mach ich,
dasz die belagerung übermorgen ein ende hat . .' Stücklein
wollte fragen, und herausholen, — ja jubeln, ich aber sagte,
jeder mensch erwarte die nacht. J. Faul Nepomukkirche 139.
in bezuy auf die arbeit an einer sculplur: vielleicht erlaubte
es auch der stein nicht, in den schild oben tiefer hinein-
zugehen, und so den arm herauszuhohlcn, als unten der.
köpf des liegenden kriegers herausgehohlet ist. Lessinc 8, 125
borchen: und so horchte ich in kurzer zeit von be-
dienten und Soldaten , schildwachen und besuchen so viel
(von der französischen spräche) heraus, dasz ich mich, wo nicht
ins gespräch mischen, doch wenigstens einzelne fragen und
antworten bestehen konnte. Göthe 24,141.
hören: aus deinen worten höre ich einen Vorwurf heraus;
man kann aus seiner stimme den Norddeutschen heraus
hören {aus dem klänge der stimme schlieszen, dasz er ein sulclier
ist) ; und alles dieses hörtest du aus Mabals reisen heraus ?
Klincer 7,20.
hungern: (verse) worin Bürger laut ausruft, dasz ein
ebrenmann, ehe er die gnade der groszen erbettle, sich lieber
aus der weit heraushungern solle! li. Heine 0, 118. bei URk-
CER %leht aber das hur allein correcte hinaus hungern. 79'.
veryl. oben heraus sp. 1027.
husten: eiter heraus husten, purulenta elustire. Steinbach
1,797.
jagen: ich wil burnissen für dir her senden, die für dir
•raus jagca die Heviter, Cananiter und Hethiter. 2 Mos. 23, 28;
der deutsche herr brachte jetzt eine tabaliere hervor mit
einem niedlichen gemälde von Lilar und fragte Lianen, wie
es ihr gefalle ... der lektor erschrak, bog sich dem dosen-
stücke entgegen und jagte einige urtheiie heraus, die die
halbblinde in den ihrigen führen sollten. J. Paul Tttan 2, 39.
kämpfen: lange hatte sich Faust mit den Seifenblasen
der melaphysik . . herum geschlagen, ohne eine feste, halt-
bare gestalt für seinen sinn herauszukämpfen. Ki.incer3, 3;
sie sind dahin, um deren willen ich lebte! ich kann . . durch
keine Unternehmung sie aus dem nichts herauskämpfen.
4, 256.
kehren, uendcn: das rauche herauskehren, severitalem
adhibere. Stieler 944 ; wollen die (gelinde mittel) nicht helfen,
so wollen wir die rauhe seile heraus kehren. Hoffmann
Eviana 212; völlig fremde und gegen einander gleichgültige
menschen, wenn sie eine zeit lang zusammen leben, kehren
ihr inneres wechselseitig heraus, und es musz eine gewisse
Vertraulichkeit entstehen. Göthe 17,353.
klatschen: die Schauspieler wurden nach schlusz der
Vorstellung herausgeklatscht.
klauben, vergl. th. 5, 1023: ja, beer schultheisz,^ mein
mann ist ein solcher loser mann, nichts kann ich ihm'recht-
thun, wen ich ihm morgends ein suppe bring, sagt er, er
schiesze mir drien, klaubt ihr nur das best heraus, fac. facet.
437; und wo sie nicht öffentlich gescholten werden, da mar-
tern sie etwa ein wort on gefehr geschrieben , und klauben
eine klage eraus über ir leiden. Luther 3,339'; gar fein
haben sie heraus geklaubt aus unsern Schriften oder vieleicht
aus etlichen hendlen, was sie gerne betten. 6,359"; im ge-
meinen gespräch läuft viel gutes und viel böses vor, unsere
misgünstige aber klauben das böseste heraus, pers. rosenth.
4, 1; wie kluge zuseher auf einem schauplatze nicht nur sehen
und hören, sondern ihnen auch das beste an lehre, warnung
oder tröste herausklauben. Bütschky Palm. 954; niemand
konnte begreifen wie der menschliche wilz auf der einen
seile eine gemeine zahl so räthselhaft in worte verschränken,
und auf der andern mit solcher Zuverlässigkeit solche aus
dieser kunstreichen Verborgenheit herauzuklauben vermöge.
MüSÄüs volksmärch. 308 ; es ist ein saures und trauriges ge-
schäft, das alte Rom aus dem neuen herauszuklauben.
Göthe 27,210.
kleiden:
und flugs ist kaftan, gurt, und alles angethan;
die wirthin spudet sich, ihn recht heraus zu kleiden.
Wieland 22, 206 (Oberon b, 28),
vergl. heraus putzen.
klingeln, durch klingeln herausrufen: der arzt wird in
später nacht herausgeklingelt, anders als bild für tinend aus-
sprechen: nun ja doch! hab keinen haspel im maul, wie ihr
leut, dasz ich alles so grad herausklingeln könnt. Fr. Müller
1, 254.
klingen: das aus allen gallischen hauptstädten heraus-
klingende glockenspiel. J. Paul biogr. belust. 1, 67 ; aus seineu
Worten klang ein lob heraus.
klopfen: herausklopfen, fores pultando exsuscitare aliquem,
somno excire pulsalionibus. Stieler 984; gelt herausklopfen,
percussionibus pecuniam extorquere. das.; er wird eben so bald
einen todten aus dem grabe herausklopfen, als das glück
aus dem kabinet eines solchen Staatsmannes. Klincer II, 44;
ihn aus dem bette heraus zu klopfen. J. Gottuelf 3, 101.
koken, als derber ausdnuk für uiderliches reden, s. beispielc
th. 5,1567; so stehen auch die poetcn bei mir in schlechter
estime , welche sich selbst rühmen , wie geschwind sie die
verse herausköcken können, wie Homerus seine saalbadereien.
Menantes allerneuste art z.poesie 606.
kommen, 1) in figenilicher bedeulung : wenn nu ein jung -
fraw eraus kompt zu schepfen. 1 Mos. 24, 43 ; kamen kleine
knabcn zur stad er aus. 'ikOn. 2,23; und werdest in den
kerker geworfen, ich sage dir warlich, du wirst nicht von
dannen eraus komcn, bis du auch den letzten heller be-
zallcsl. Matth. 5,20; rief er mit lauter stimme, Lazare kom
her aus. Joh. 11,43; sie sitzen noch an tafel, er wird gleich
herauskuminen, der minister. Schiller parasit 5, t;
der hnhncr5lnll steht offen;
wlo ober k6mmt man hier heraus? lUoUORN 2,20.
tn etwas modißcirtem sinne, 2undchst von k-indern die geboren
Verden: sihe, da waren zwilling in ircm leibe, der erst der
eraus kam, war röthlicht. 1 M«m. 26, 25, vergl. 20; von wasser
1037
HERAUS
HERAUS
1038
und wind: aus dem felsen kommt wasser heraus; wind, kom
heraus aus den vier orten. Hes. 3", 9 Variante; vom laufe eines
hndstriclis: und kompt von BethEl eraus gen Lus. Jos. 16, 2;
von bhchem: ich will unterschiedene theologische tractällein
herausz kommen lassen. Schcppiüs 5S3 ; von andern dingen:
man weisz , dasz ein minister selten Verfasser der Schriften
ist, die aus seinen bureaux herauskommen. Schiller parasit
5, S; von dem verbreitelwerden äner nachricht, einer künde:
Springinsfelds herkunft kommt lächerlich raus,
gehet zu letztens doch wunderlich aus.
Simpl. (1713) 2,45;
jetzt kommt es heraus, wer der dieb gewesen ist; es ist her-
ausgekommen, dasz du sehr schlechte gesellschaft besuchst.
GöTHE 24,332; erstens kommt es leicht heraus, wenn einer
zu arg flunkert. Imxermann Münchh. l. 3 ; sehen sie, Gabriel,
da kam der Schwindel heraus. Freytag handschr. 3, 348. be-
züglich des Wechsels von glücksumstdnden : der mann ist aus
seiner vortheilhaften Stellung herausgekommen ; aus der noth
herauskommen, se ex malis emergere. Hederich 1252; ähnlich:
(vettern) welche . . aus ihrem Wiegenfeste gar nicht heraus-
kommen. J. Paul Levana 2, 109.
2) häußg auch ist heraus kommen in dem sinne entspringen,
hervorgehen als resultat einer anstrengung , einer forschung, einer
arbeil: aus dem beständigen poltern kömmt auch nicht viel
heraus. Rabeser sat. 3,39; seine lust ist grosz, wenn er
fähigkeiten ausübt, die ihm gegeben sind, und wenn auch
weiter nichts dabei herauskäme. Göthe21, 113; errege meinen
erben beschwer und gewissenszweifel — was kommt dabei
heraus ? Immerkan-n itünchh. 2, 143 ; ich werde hier im hause
logieren, so lange der herr vetler in K. ist, das kommt für
mich auf eins heraus. Prütz Holberg 430;
du sinnst auf eine grosze that;
was kömmt heraus? was suchst du? friede. G(;:ither 125.
in beziig auf das geraten künstlerischen Schaffens: nach wenig
umrisz und Zeichnung fing er sogleich am köpf an zu mahlen
. . . und siehe da! sie kam heraus wie völlig lebendig.
Heijcse Ardingh. 1,127; weil die bewegung sonst steif und
häszlich herauskommen würde. Güthe 44, 315.
3) herauskommen , bezogen auf eine eigenthümliche sprechart
und mündliche oder schriftliche darstellungsweise : wie seltsam
und paradox es herauskomme. Kant 8, 103 ; 'da sie (Schmetter-
linge) reden können — ' reden? fiel ihm Pedrillo ein. je
das musz ja überaus schnakisch heraus kommen ! Wieland
11,222; dasz es sehr hart .. heraus kommen würde, wenn
seiner raajestät getreue untertbanen (durch ein edict) ge-
zwungen werden sollten, ihren kaffee künftig ohne milch-
rahm zu trinken. 12,174; alles was er sagt, kommt drollig
heraus.
4) das loos ist mit einem gewinne heraus gekommen;
der Spieler ist in dieser ziehung nicht herausgekommen ; es
war. vorauszusehen, dasz er bei dem geschäfte nicht heraus-
kommen würde (seinen vortheil niclU finden tcürde).
kosten: an den (überschickten) weinen hat der onkel
meinen jedesmaligen aufenthalt gewisz herausgekostet. Göthe
21, 106.
kratzen: einen vers herauskratzen, exsculpere vcrsum.
Hederich 1252;
und hatt ein maulwurf unsre kleine wiese
zerstört: du kraztest ihn heraus. Göki:<gk 3,117.
krebsen: einen glückstopf, aus dem jeder andere ganze
königreiche herauskrebsen würde. J. Paol Hesp. 1, 90.
kriechen: aus den holen der erde heraus kriechen,
prorepere e cavis terrae. Hederich 1252.
kriegen: nur das, klagt er, könn er . . nicht heraus-
kriegen, wienach und warum der buchführer das gedruckte
allzeit so sehr verfälsche. J. Padl uns. löge 3, 129. vergl.
kriegen, Ih. 5, 2250.
künsteln: gepflanzt habt ihr den sinn, dasz der mensch
von seinen nächsten abhänge, schlicht, gerade, einfach, nicht
von fremden, die nur das weik ihrer künstlichkeit mit ihm
herauskünsteln, zusammengesetzt. Immerman;« Münchh. 4,120.
lallen: etwas herauslallen, effutire ahquid balbiäicndo. Stie-
ler 1061.
langen: geld aus der Schatzkammer heraus langen, pe-
euniam ex aerario promere. Steinbach 1, 973.
tappen: weil nun derselbig (fette kalbskopf) zimlich mürb
gesotten war, liesz er das eine aug mit zugehöriger ganzen
Substanz zimlich weit heraus läppen. Simpl, i, gg Kurz.
lassen, 1) mit persönlichem object, machen oder erlauben,
dasz einer aus einem orte und hergehe: mus aber nu ire kinder
heraus lassen dem todschleger. Hos. 9, 13 ; aus dem gefäng-
nisse herauslassen, e careere emiitere. Steinbach 1, 981 ;
denn Aeolus der lose mann
der hat ausz lauterm ubermuth
und fürwitz ausz betohlner but
ohn mein vorwissen seine wind
herausz gelassen. mückenkr. 1, 640.
2) reflexiv, herauskommen aus einem orte, hervorbrechen: ob
zwar nun die Hanauer gleich lermen hatten, sich zu pferd
heraus lieszen und die Croaten mit einem Scharmützel etwas
aufhielten. Simpl. 1,166 Kurz; wer sich wider den feind nicht
heraus lasset, wird ihn nicht überwinden, pers. rosenth. 3, 27 ;
ferner in mehr übertragener bedeutung , sich geberden, sich be-
zeigen: weil ich vielmahl mit meinen äugen sehen mustc,
dasz sie sich viel ausgelassener und geiler gegen den kerlen
iierausz liesze, als die ehrbarkeit einer frommen leirerin zu-
liesze. Simpl. 3,262 Kurz; kanstu, so lasse dich heraus als
ein palm- oder dattelbaum, und erzeige dich freigebig, pers.
rosenth. S, 151.
3) häufig ist dann auch reflexives herauslassen im sinne von
sich äuszern, mit der spräche herausgehen: die sich so kühn
und offenherzig nicht dürfen heraus lassen. Chr. Weise er;;i.
352; sich mit seinen gedanken herauslassen, animi sui sen-
sum exprimere. Stieler 1075; weil man den Platäensern ver-
stattet habe, sich weiter herauszulassen, als blos auf die
frage zu antworten. Heilman Thucyd. 392; da sie sich gegen
das volk nicht herauslassen, und sich dagegen mit etlichen
wenigen personen besprechen wollen. 487 ; als sich nun
jedermann nach seiner weise über die Unterhaltung heraus-
liesz. Münchh. reisen 104; während der gute magister sich
so bescheiden über meine physiognomie herausliesz. THtJuMEL
6,32; dasz Eduard sich zu Ottiliens lobe weilläufig heraus-
liesz. Güthe 17,120; jener liesz sich desto aufrichtiger und
weitläufiger heraus. 18,79; zwar liesz er sich gegen niemand
entschieden und umständlich heraus. 24,57; die sich im
reden immer mehr erhitzte, und sich über gewisse besondere
dinge herausliesz, die mir zu wissen eigentlich nicht frommte.
25,285; indessen er sich nun weitläufig darüber herausliesz.
31,234; ich lasse meine person viel sprechen, sich mit einer
gewissen breite herauslassen, an Schiller iSi; man nenne sie
zwar Senatoren,' liesz er sich öfter gegen seinen anhang
heraus , aber andere besitzen die gewalt. Schiller 810 ; er
fragte nach allem und liesz sich über vieles heraus, was das
vermählungfest unmittelbar anging. J. Pacl Titan 3,52;
über diesen punkt,
du weists, hat er sich nie herausgelassen.
Schiller Piccot. 3, 2.
4) heraus lassen mit sächlichem object, erscheinen lassen, zei-
gen : dann durch wein leszt mancher herausz, dasz er sonst
nüchterer weisz behielt und nicht thet. Fronsperger kriegsb.
1, 43' ; worüber sie ihre liebe (die sie bisher verborgen gehabt
hatte) gänzlich herausz lasset. Greflinger Cid Ä iij'; wann,
sprich ich, du mir schafl"etest ein kleines slädtlein in der
insel Ätlantide zu einer groszen Stadt zu machen, so wolle
ich, fürwar, alle kräften meines Verstands in dieser sach
heraus lassen. Schdppiüs 742 ; der körper musz diese oder
jene kraft haben und sie . . herauslassen. Kant 8, 104. t«
bezug auf ein herauszugebendes buch : dasz einer . . ein giftig,
verflucht und schamloses pasquil wider mich habe herausz
gelassen. Scbüppids 685.
5) herauslassen, wie auslassen, iceglassen: den 'hund' musz
ich aus der Übersetzung (des Homer) heraus lassen, denn
sonst schimpfte Achill wie ein deutscher oberster. BFrger
138*.
laufen: das das volk aus allen flecken umbher auf dem
lande eraus zu im liefe. iMacc. 7,46; liefen sie her aus in
garten. Susanna 26; die meuse sind eraus geloffen aus Iren
löchern. Judith 14, 11 ; da soitu den fels schlahen , so wird
wa'sser er aus laufen. 2 Mos. 17,6; die kuh ist aus dem stall
herausgelaufen, vacca aufugii e stabulo. Stieler 1083; muslu
ohne Verzug die haut creiizweisz eröffnen, . . so wird der
unflat heraas laufen. Agricola neue feldschererkunsl (l70l) 57 ;
aus der sladt lief das nachmittaggeläule der kirche in die
grüne warme weit heraus. J. Paul flegelj. i,\iS. — Für hinaus
laufen (rerg/. heraus gehen 6 sp. 1034): dasz alle diese arbeit
auf nichts herauslaufe. Kant 3,104; dasz er selbst (Fichte)
1039
UERAUS
HERAUS
1040
Diclits neues und originales hervorbrachte, sondern dasz alles
auf eine sehr falsche erklärung . . des kanliscben Systems
herauslief. Nicolai im leben v. Gölnngk C5.
legen: nasses tuch in die sonne heraus legen, pannum
humigatum soll exponeie. Steipcbach 1, 1018.
leiten: das regenwasser heraus leiten, eiivare pluvias aquas.
Hederich 1252.
lesen, 1) cligcrc, berauswdhkn : das beste aus vielen heraus
lesen, optimum c muUis eligerc. Steinbach 1, 1044.
2) heraus lesen, aus einer sclirift, einem buche: das ist,
was ich aus seinem conto herauslas. Tiiümmel 4,304;
liest doch nur jeder
aus dem bucli sich heraus, und ist er g'cwallig, so liest er
in das buch sich hinein, amalgamirl sich das fremde.
GöTUE 1, 336.
li speln:
wanns (die hiiidcr) herauszlispeln bald die red
und rufen abba, valier, eil. Fischart anmanung 63.
listen: einem sein gelt herauslisten, emtmgcre aliquem ar-
gento, defrauJare aliquem jtecunia. Stiei.er 1169.
locken: das er Jonathan eraus locket auf das blachfeld.
1 Nacc. 10, "7; er hat seine meinung herausgelockct, pcnc-
trai'it ad ejus opinioncm sciscilando. Stieler 1173; er war es,
der diesen morgen zuerst diese nachricht von ihrem kamuier-
diener heraus zu locken wüste. Schiller parasit 5, 2.
lottern: widerumb, was gott nicht ordenet euszerlich,
da loddern sie heraus, als weren sie unsinnig. Luther 3, 61".
lügen: er hat sich herausgelogen, dasz ich dastand, wie
ein rechter dummkopf Schiller parasit 3,1.
machen: einen fleck aus dem kleide herausmachen.
reflexiv : Joiada der priester macht sich er aus mit den
obersten. 2c/iron. 23,14; man will sich aus dem husche nicht
herausmachen , posl carecla laleut^ e nido suo evolare rccusanl.
Stieler lldO.
marschieren: heraus marschiren, abire, abscedere cum
copiis. Stieler 1248.
meistern, meisterhaß herausbringen: ich wollte ihr das
zum schiebsacke herausmeistern. Chr. Weise keuscher Joseph 111.
mustern: niemand war leicht mit musterung dieser Waf-
fen beschäftigt, der nicht auch für sich etwas herausgemustert
hätte. GöTHE 30, 42. volksmäszig sich herausmustern , sich
musterhaft einrichten oder aufputzen: auf alle fäUe denk ich
mich bei dieser geiegenheit herauszumustern, dasz es eine
weile hinreicht. 42, 295.
nehmen, 1) tiwas aus einem orte und zu sich nehmen : und
nain von dannen er aus alle schetze im hause des herrn.
2 A'ün. 24,13; da sie das geld eraus namen, das zum hause
des herrn eingelegt war. 2 chron. 34, 14 ; wil her aus nemen
{aus dem lande) allen fröhlichen gesang. Jer. 25,10; barben
aus dem hälter heraus nehmen , barbatulos mullos de piscina
exceplare. Steinbach 2, 132; einen brand aus dem feuer heraus
nehmen, torrem ex igne eximcre. das.
2) reflexiv, sich herausnehmen, sich abheben, auszeichnen
ton seiner Umgebung: er erhob seine stimme, und diese
nahm sich so heraus, dasz Jeder aufmerkte. Hippel Icbensl.
2, 248.
3) ein anderes ist sich etwas herausnehmen, wo das reflcxivum,
unterschieden von 2, im dativ steht: es heiszt sich etwas aneignen,
wozu man kein recht hat, sicli eine freihat nehmen, die man
nicht beanspruchen kann, die formel stützt sich vielleicht zunächst
auf einen Vorgang bei tische, wenn das bei Steinbach 2,132
überlieferte sich eine grosze gurke heraus nehmen {sumere
iibi tantum ul . . .) dte sinnlichste fassung enthält, früher aber
schon .erscheint die abgeblasziere: es kam eine holTart unter sie,
dasz einer weite gröszcr sein als der ander: l'cirus hat ihm
vielleicht etwas eingebildet wegen seines allers , die beide
söhne Zebcdei , Jacobns und Johannes werden ihnen etwas
herausz genommen haben , wegen ihrer groszcn gaben im
predigen. Scbuppius 650; sich viel hcrausnemen, multum sibi
trihuere, superbum et insolentem esse. Stieler 1365; ein anwald
inusz sehr auf seiner hut sein , und sich ja nichts heraus-
nehmen wollen. Klopstock 12,17; nimmt sichs einer heraus,
ohne anfrage bei zunft oder volke, irgend jemand einen
M.1ccn zu nennen. 53 ; unvermerkt niinml man sich heraus,
die billen in fordcrungcn zu verwandeln. Wielanü 2, 370 (324) ;
er befindet sich in einem zustande, in welchem sich auch
der gelehrteste nicht* Über ihn herausnchinrii kann. Kant
2, 377 ; freiheiten , weiche ich mir mit den brgehenhcilen
berautnabm, wird der bamburgiscbc dramaturgist entschul-
digen. Schiller Fiesko , Vorbemerkung; der oberfurslmcister
halte bald nach anfang des Stücks seine pfeife angezündet,
und nach und nach nahmen sich mehrere diese freiheil
heraus. Götue 18,139; ich ward, oft freundlich, oft auch
spöttisch, über eine gewisse würde berufen, die ich mir
herausnahm. 24, 101 ; wolle ich mir aber eine ähnliche frei-
heit gegen sie heraus nehmen. 279; ich wollte meinen mann
führen, wenn er sich so etwas herausnähme. Tieck 9,196;
haben sie sich so was raus genommen?
ScHiLLEB Wallemt. lager, 11. aufir.
nennen: Hof könnt ich ohne schaden herausnennen.
J. Padl Hesp. 4,168.
niesen: berausniesen, slernulatione ejicere. Stieler 1334.
nöthen: wie dann dergleichen durch allzugrosze Sorgfalt
herausgenöthete dinge gemeiniglich auch den äugen gezwungen
vorkommen. Sandrart academie (1675) 2, 31.
nölhigen: wenn ich aus meiner gleichmüthigen beiter-
keit herausgenöthigt werde. Göthe 23, 107.
peitschen: die bosheit aus einem herauspeitschen.
Klincer 6,60.
pipsen: ich habe den Uolischen schlauch der leiden-
schaften halb geöffnet, und einige herauspipsen lassen, die
stärksten aber zur aufführung bewahrt. Götue au frau v. Stein
1, 294.
placken: die schuld von einem herausplacken, extorquere
ab aliquo dcbila. Stieler 1459.
plappern: unartiger herr major, müssen sie denn alles
so herausplappern. Lenz 1,305.
platzen, für plötzliches reden, sei es im affect oder aus un-
vorsichligkeil : eher könnten sie herausplatzen, um ihre freunde
Ramler, Klopstock und Gerstenberg zu vertheidigen. Nicolai
bei Lessing 13, 138 {von 1768) ; da verschnappt er sich in der
hitze und plazte heraus, er war selbst schon drauf {auf dem
ball) gewesen. U. h.WkCti er die kindermörderin 31; sie hätten
auch nicht so bald herausplatzen sollen. Schiller fif^fo 4, 7;
eine heftige nachbarin platzt mit der Wahrheit heraus. Göthe
27,147; der Wachtmeister (will herausplatzen). Kotzebue dram.
sp. 3,314; einen, der mit seiner sache auf einmal heraus
platzt, sehen sie ganz verblüfft und erschrocken an. J. Paul
kom. anh. zum Tit. 2, 91.
plaudern: diesen mohren liefert er euer gnaden ge-
bunden aus. er habe schändlich herausgeplaudert. Schiller
Fiesko 4, 8.
plumpen: wasz im in das maul kompt, da plumpel er
mit herausz. Dietrich iwrede zur Übersetzung v. Melandühons
trostschriß für alle betrübten herzen (1547) 2.
pochen: man musz die leute herauspochen, ct'ocanrfi sunt
homines clamoribus et tumultu. Stieler 1464. in anderm sinne:
gelt von einem herauspochen, extorquere pecuniam ab aliquo.
daselbst.
poltern: ich poltere heraus, indignabundus proloquor,
indignabundus erumpo. Steinbach 2, 194; poltert eraus mit
mancherlei wilden dunkeln glauben und leren. Lctueb 3,10t*.
transitiv: bei der ganzen sache ist nur nichts zu beklagen,
als dasz der Verfasser nach seiner offenherzigen Voreiligkeit
etwas davon heraiispolterte, wie er seit jähren papiere aller
art zusammen trage. J. Paul komet l, xiv.
predigen: die pfarrer sollen die Wahrheit heraus pre-
digen, und nit heucheln, niifm/rortim verbi diviui munus poslulal
vcritalem praesenti animo, et absque inrolucris simulationum pro-
fitcri concionando. Stieler 1469. in anderm sinne, durch pre-
digen entfernen :
keiner predigt xwnr die ro&ngel,
die sie trügt, aus ihr licraus.
TiKDCK schrißen 1 (1796) 32.
pressen, exprimere: den saft aus einer cilrone heraus
pressen, übertragen : da er durch ein jämmerlich und er-
liärinlich geschrei von den vorüberreisenden ein paar batzeii
iieraus prcssetc. Simpl. 3, 3ü4 Kurz; bin ich .. heruinb ge-
reist , und habe den Iribut , den sie das spesegeld nennen,
herausz pressen müssen. Schuppius 746; anlugen {iteuern) her-
ausz zu pressen. 747; geld von den baurcn herausz pressen
ist kein grosze kunst. das.; die Louise hat heute früh vou
der marquisin d"()binconrl mit groszer müh 3fi livrcs hcraus-
ge|ireszt. H. L.Wauner der wohllhiUtgc unbekannte 17 ; sie preszle
thränen aus den äugen heraus; er hat das geheimiiis end-
lich au» ihr heraus gepresst. t'on niö/iero/i«^» .^rechen: ein
paar worle hcrausprcssca.
1041
HERAUS
HERAUS
1042
proben: oder wenigstens sind es arcana, dergleichen oft
in den Zeitungen gepriesen werden, von denen ilir aber die
besten herauszuproben wiszt. Göthb 22,43.
putzen, 1) einen durch angelegten schmuck aus der reihe der
anderen heraustreten, hervorstechen machen: auf welchem bald
hernach der Dardan erschiene, in gutem geleit und wol
herausz gebutzt. i4wiac/«145; als sich nun der armselige bub
so köstlich anfing heraus zu butzen. Galmy 22S ; ein theil
war aufs prächtigste heraus geputzt, das ander ganz bettel-
haftig angelhan. Simpl. 2,131 Kurz; seidene docken, die sich,
fremden äugen zu gefallen, herausputzen, wie die krambuden.
Otho 325; wann frauen und Jungfrauen sich herausz butzen.
ScHüPPiüs 206; wenn ein Kallias dahin gebracht wird, dasz
er wie ein Hebung der Venus heraus geputzt ist. Wieland
1,334 (2Sl); die freunde kamen auf den marktplatz, einen
unregelmäszigen räum, dessen kleine häuser sich durch bunten
anstrich herausgeputzt hatten. Fbeytag handschr. 1,60;
wie nichtig ist doch auch den adels namen führen?
ist dieses nicht sich nur mit frembden federn zieren?
wann adel einig heist von eitern edel sein,
so blitzet mich herausz ein angeerbter schein,
und ich bin, der ich bin. Opitz 3, 287.
2) etwas durch pulzeri entfernen: flecken aus dem kleide
herausputzen.
quellen: wasser so heraus quillet, scaluriens aqua. Hederich
1253; nun standen wir wirklich auf der breitartiggewundenen
erstarrten decke, die sich aber so weit vorwärts erstreckte,
dasz wir die lava nicht konnten herausquellen sehen. Göthe
28,67. bildlich: denn als ein stern um den andern aus der
schattierten tiefe herausquoll. J. Pacl uns. löge 3,104; die
kleinen tückischen mausaugen, — die haare brandroth, —
das kinn herausgequollen. Schiller kab. u. liebe l, 2; von
Worten und empßndungen: worte des trostes quollen ihm aus
dem Innern heraus; sehen und denken nicht einmal, das es
so müsse geliebet sein, das es von inwendig heraus quelle.
Luther 6, 37*.
ragen: herausragen, eminere. Stieler 1506 ; ein schnitt im
schuch, den er minders truckens halben drein gekerbet hat,
also das die filzsocken herausz ragten. Garg. 238'; ein wenig
über das wasser herausragen , super eminere paullum extra
aquam. Hederich 1253; Virgil läszt die schlangen doppelt
um den leib, und doppelt um den hals des Laokoon sich
winden , und hoch mit ihren köpfen über ihn herausragen.
Lsssi^tG 6, 410.
rauschen:
mir hat geträumt, ich klopf auf den busch:
da rauschte der hirsch heraus, husch husch!
Uhland ged. 303.
räuspern: eine art der husten, als welche sich nicht in
der kehle lassen bezwingen, sondern herausgereuspert werden.
Brandt berichl vom leben Taubmanns s. 25.
rechnen: ein facit, einen überschusz heraus rechnen.
rechten, reflexiv, sich aus einem rechtsstreit herauswickeln,
bei Stieler 1553 als volksmäszige rede: er hat sich hinein-
gerechtet, und mag sehen, wie er sich wieder herausrechte.
recken: über wen wolt ir nu das maul aufsperren, und
die zunge heraus recken? Jes. 57,4; da sie es von im fod-
derten, recket er die zunge frei heraus, und strecket die
hende dar. 2 Mac:. 7, lO; den arm heraus recken, brachium
exlendere, projicere. Stieler 1507.
reden, i) proloqui: sihe, nu redestu frei heraus, und
sagest kein Sprichwort. M. 16,29; heraus reden, was man
gedankt, proloqui cogitata. Steinbach 2, 237.
2) reflexiv, sich durch reden von einer schuld, einem verdacht
befreien: denn ob er gleich ... sich vor der gesellschaft so
ziemlich herausgeredet hatte, so konnte er sich doch selbst
seine schuld nicht verleugnen. Göthe 19,.69.
reichen, intransitiv: lagerten sich disseid am Arnon,
welcher ist in der wüsten, und eraus reicht von der grenze
der Amoriter. i Mos. 21,13. transitiv: reiche mir das buch
zum fenster heraus.
reiszen, 1) geuallsam aus etwas her bringen: das sie uns
nachfolgen eraus, bis das wir sie eraus von der stad reiszen.
Jos. 8,6; er wird dich reiszen aus dem weiten rächen der
angst. //io&36, 16; gleich wie ein hirte dem lewen, zwei knie
oder ein ohrleplin aus dem maul reiszet, also sollen die
kinder Israel eraus gerissen werden. i4mos 3,12; die zahne
heraus reiszen, dentcs evellere Stejsbach 2,268; aus der ver-
iT. D.
drossenheit, in der ich einen tag nach dem andern kümmer-
lich hingelebt hatte, mich herauszureiszen. Göthe 7,124;
ja deren leben selbs schon in des Würgers rächen,
die reiszet sie (gottes hand) heraus. Weckherlin 246.
2) häufig die formein einen aus der noth, aus der gefahr
herausreiszen , auch nur kurz einen herausreiszen : ich bin
bei im in der not, ich wil in er aus reiszen. ps. 91, 15 ; sich
aus der gefahr heraus reiszen, extrahere se incolumem. Hede-
rich 1253; ich würde noch stecken, wenn du mich nicht
herausgerissen hättest, haererem, nisi tu nie expedivisses. das.
3) technisch : dasz man die platte mit dem ganzen chemi-
schen gründe bedeckte, und mit einer nadel die lichter her-
ausrisz. Güthe 43, 101, in bezug auf glasmalerei.
reiten: wir sehen von hier auf die Stadt, jetzt reitet
einer zum thore heraus ; aus dem trupp herausreiten , pro-
gredi, armisque et equo se praesentare extra turmam. Stieleb 1602.
renken: dasz das pferd die schenke! wider herausz {aus
dem wasser) renkt. Garg. 235*.
repsen: herausrepsen, eruclare Stieler 1605.
retten: bei diesem un>gange wurde ich durch gespräche,
durch beispiele und durch eigenes nachdenken gewahr, dasz
der erste schritt , um aus der wässerigen , weitschweifigen,
nullen epoche sich herauszuretten, nur durch bestimmtheit,
präcision und kürze gethan werden könne. Göthe 25, 88 ;
auch glaubte man einen augenblick, dasz sie es {das sdiiff)
innerhalb der Strömung bewegten und hofifte es bald aus
derselben herausgerettet zu haben. 28,235; der weit? wie
lieb ist rairs, dasz ich mich heraus gerettet habe. 57, 125.
richten: welchs ein weitleuftig verwirret ding ist, das sich
nicht heraus zu richten ist. Ldtheb 2, 493*.
rinnen: er reis den fels, das wasser eraus rann. ies.
48, 21.
rücken, 1) intransitiv, procedere: vor die festung heraus-
rücken, extra muniliones procedere, aus dem treffen heraus
rücken, extra aciem procurrere. Steinbach 2,304; bildete mir
die Sache so erbärmlich ein , dasz mir mitten in meinen
traurigen liedern und melodeyen die thränen herausz rujcken
und das weinen dem singen den pasz verlegen wolle. Simpl.
1,365 Kurz.
2) transitiv, einen oder etwas heraus rücken: es kompt
die zeit über euch , das man euch w ird eraus rücken mit
angeln, und ewer nachkommen mit fischhecklin. Arnos 4,2;
dein brief hat mich heraus
gerückt aus dieser engen gegenwart,
und trunken seh ich schon das künftige
verwirklicht! Schiller Macbeth 1, 11.
3) formelhaft, in bezug auf Zahlung oder mittheilung : er will
nicht mit dem gelde heraus rücken, pecuniam solvere moratur.
Steisbach 2,304; meine Zudringlichkeit., nöthigte sie end-
lich mit der spräche herauszurücken und mir zu entdecken,
dasz ... Göthe 23,97; da er sieht wie ich die sache nehme,
so ruckt er auch heraus, au frau v. Stein 3,186; aber ich
werde nicht herausrücken {mit dem gelde). Kotzebue dram.
sp. 2, 328 ; nun wie ? wird mein präsent bald herausrücken ?
Schiller Fiesko 2, 4.
rufen, 1) jemand aus einem orte herbeirufen: was vor ein
esel hat mich so ungestümm herausgerufen , quis homo tarn
tumulluoso sonitu excivit subire foras? Stieler 1629; die Sturm-
glocken werden gezogen , die bürger herausgerufen , unsere
partei zu nehmen. Schiller Fiesko 3,5; sind sie es schon
wieder, der mich hat herausrufen lassen ? parasit 5, 2.
2) IM minder sinnlicher bedeutung: alle diese wunder der
kunst, diese riesenwerke des fleiszes sind aus ihm {dem
mensclien) herausgerufen worden. Schiuer 1005.
3) heraus rufen, zum kämpf, wie heraus fordern (sp. 1032):
so zuversichtlich ruft Fiesko den himmel heraus? Schilleb
Fiesko 4,14;
es ruft der zorn des schwerbeleidigten
der fürsten alte schwüre jetzt heraus.
Ipliigenie in Aulis i, 1;
und fürchterlich rief er die tapfersten
des Griechenheers zum gegenUmpf heraus.
BORGER 151*.
rütteln: herausrülteln, exculere. Hederich 1253.
sagen: heraussagen, effari, profan, palam eloqui. Stieler
1666 ; ich wil reden von der angst meines herzens, und wil
eraus sagen vom betrübnis meiner seelen. Hiobl,n; ich wil
euch eraus sagen meinen geist, und euch meine wort kund
thuD. $pr. i, 23 ; darnach sagt er seinen rath und lere her-
66
1043
HERAUS
HERAUS
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aus und bcweisels mit der heiligen schrifl. Sir. 39,11; und
sagt dürre heraus, schickt mich imer unter die erden hin
ins grabe. 2 Macc. C, 2:5; wie lange heilcsUi unser seeien
auf? bistu Christ , so sage es uns frei heraus. Joh. 10, 24 ;
da sagts inen Jbesus frei heraus, Lazarus ist gestorben.
11,14; das man aufs allerdeudlichst und völligst eraus sage,
allein der glaube on werk macht from. Luther 5,144'; das
ist noch nichts! antwortet Springinsfeld: ich sage das halbe
nicht heraus, wie mirs ums herz ist. Sinipl. 3, ISit huri ;
etwas klärer heraussagen, liquidius H enarralius eloqui. Stie-
ler 1GB7; etwas unerschrocken heraussagen, loqui aliquii
praesenli animo. Hederich 1253; wenn es nicht erlaubt sein
kann, alle arten von einwürfen frei und trocken heraus-
zusagen. Lessing 10,11; dasz ich es sehr deutsch heraus
gesagt, wie wenig ich mir daraus mache, können sie mir
auch glauben. 12, 457 ; musz ich es denn heraussagen, was
das ganze männervolk . . . meinem stolz nicht abdringen
sollte? Schiller Fiesko 4,12; M. Fabrice will mich zur frau
und ich — W. sags heraus, du schlägst ein? Göthe 7,140;
frei heraus zu sagen, was einer auf dem herzen hat. Ihher-
MANN Münchli. 2, 5;
den so du kommest heim zu hausz,
so sag das new geschrei herausz.
giobianus (1568) C (h. 1, cap. 5);
denn dein herz ist geiroffen und mehr als gewöhnlich empfindlich,
sag es gerad nur heraus. Göthe 40, 274.
saugen: wenn ich nicht Epiktels handbuch als einen
Schlangenstein an mich und meine wunden legte, damit der
stein den moralischen gift heraussaugt. J. Paul Hesp. 1,43;
strenp ist heute die luft; und mancherlei hab ich zu ordnen,
ehe die sonn aus der erde den gestrigen regen lieraussaugt.
Voss 2, 100 {idyll. 6, 54).
schaffen: ein dichter solle alle seine Stoffe aus sich
selber herausschaffen, das sei Originalität. H. FIeine 11,206.
in dem sinne von besorgen: schaffe mir einen stuhl heraus.
Schalken: herausschalken , comniinisci aliquid callide et
subdole. Stieler 1717; er wird wol noch was herausschalken,
atiquam slropham inveniet. das.
schallen: von drinnen schallt musik heraus; ewigkeit!
dauer! schallt ein sinn heraus? Klinger 3,16.
scharren: einen todten herausscharren, entere mortuum.
Hederich 1253.
schauen, prospectare. Steinbach 2,392;
als bald er nun gen Struszhurg kam,
auT das ainmaistcrs haus,
do schaut der oberst mäisier
zu ainem Tenster herausz. Uhland volksl. 319;
eine junge, im blauen gewand kniende frau schaut, eine
ziege melkend, aus dem bilde heraus. Göthe 39,195;
und er kommt ans finstre rnuberhaus;
eine holde Jungfrau schauet heraus. Uhland ged. 213;
dort ist ein lenster zugefallen,
viciieicht hat sie herausgeschaut. 243.
da dachte er: haha, schauts da heraus (sieht es so aus, steht
a sol? Hebel schatzkäsll. 156.
schäumen: es schäumet eine feuchtigkcit heraus, humor
inde aliquis exspnmat. Steinbach 2, 393.
scheiden: das silber aus dem erze heraus scheiden.
scheinen: herausscheinen, effulgere. Hederich 1253;
wie «ehr (eine verstorbene frau) . . .
an ehrharkeit und tugcnd
liir aller ihrer Jugend
herausz geschienen hat. Opitz 2, 126.
schicken: er hat seinen bedienten zu uns heraus ge-
schickt.
schieszen, l) intransitiv : aus seinen munde farcn fackeln,
und fcwrige funken schieszen her aus. Ilwb 41,10; das ge-
mütte miis viltncbr ein augc auf dasjenige legen, welches
die berren zu bergen bemüiiet sein, als nicht auf das, so
sie lassen heraus schüszen. Dutschry Palm. 535.
2) transitiv, durch schieszen (narJi der Scheibe) gewinnen : einen
preis hcrausschieszen ; er hat sich einen hechcr heraus ge-
schossen.
schiffen, ans den klippen heraus schiffen, ex scopulit
enarigare. Steinbach 2, 412.
n c li I m II) c r ii : aus etwas hcrausschlinmern , emieare ex
aliquo. iJKDKRicn 12:.3.
schinden: wer guten onalomischcn sekzioncn on deut-
schen kiiincii hritr-wolinl ocicr obgelegen, der «ird noch
wissen, wie wenige lachmuskeln, an denen Sterne oder
Musäus hätten ziehen können, er allzeit herausschund. J. Padl
auswahl a. d. teuf. pap. l,xxii. bildlich: geld aus einem heraus-
schinden.
s c li 1 a g e n , 1) transitiv, durch schlagen heraustreiben : einen
aus dem hause herausschlagen, domo ejicere, evannare et ex-
trudere foras. Stieler 1822; einen zan herausschlagen, eden-
lare, dentilegum facerc atiquem. das.; technisch: man hatte...
um mit dem hau vorwärts zu kommen, bercils an der ent-
gegengesetzten ecke den grund völlig herausgeschlagen, ja
schon angefangen die mauern aufzuführen. Göthe 17, 101.
auf den krieg bezüglich : aus dem lager herausschlagen, castiis
aliquem exucre. Stieler 1822; reflexiv: ungeachtet die Russen
sich aus ihren unglücklich gewählten Stellungen heraus-
schlugen. Beckers wcltgesch. 13, 338. übertragen : nur mit dir
kann ich leben . . es liegt von jeher in meiner seele und
dieses hats herausgeschlagen, gewaltsam herausgeschlagen —
ich liebe dich! Göthe 7,141. ferner: wir müssen aus der
waare einen möglichst hohen preis herausschlagen ; er sucht
geld aus ihm herauszuschlagen.
2) inlransiliv: die flamme schlagt zum fensfer heraus; die
blättern schlagen heraus, puslulae, variolae eminent, expelluntur,
eliciunlur. Stieler 1822; der schwänz, der aus dem meere
herausschlägt. Göthe 39,37; f baten sich schnell die llügel-
thüren eines begeisterten konzertsaales auf, und heraus-
schlagende harmonieen wehten vorbei. J. Faul Titan 3, 46.
seh la üben, entimlsen: wie sich die geisicr aus dem
körper herausschlauben, so werden sie sich auch beim Welt-
gerichte aus dem staube machen. Hippel leben.il. 2, 282.
schleichen: heimlich aus dem hause hcrausschleichcn,
ex acdibtcs dam evudere. Steinbach 2, 444.
schleppen: er schleppt sachen aus dem zimmer heraus.
schliefen: fragt der pfarrer, wann es (das kind) heraus
geschloffen (geboren) wäre? Kalziporus \ 4*.
schmeiszen:
auch der (mann)
ward nun so in die glut hincingestoszen;
da liel ich ungefähr ihm in den arm; . . .
bis wiederum, ich weisz nicht was, uns beide
hcrausschmisz aus der glut. Lessinc 2, 263.
schmücken (vergl. heraus putzen):
und dieser weiherheld mit seiner knabcnschanr,
herausgeschmücki mit seiner lydschcn mutze.
Schiller üiilo 41.
schneiden: ein christ begerle von einem Juden zu Con-
stantinopel fünf hundert ducaten zu entlehnen, derjud liesz
ihm solche zukommen, mit dem vorbeding, dasz er ihm nach
verflossenen zahlungs termin an statt wuchers zwo unzen
fleisch von seines leibs glieder einem herausz geschnitten
solle folgen lassen. Zinkgref a;(0/>/i//t. 2,152; die zunge heraus-
schneiden, exsecare tinguam. Hederich 1254. übertragen: ein
{dramatisches) stück aus der moralischen weif, ohne allen ttbci-
flusz und alles fremde angehänge herausschneiden. Klinger
12,16; ein rundes cisengitter in der kirchenmauer schnitt
aus dem ganzen himinci nichts heraus als die schimmernde
zerbrochne scheibe des mondes. J. Paul uns. löge 2, 164 ; das/
ich einen gewissen äuszcrst wichtigen umstand aus seinem
männlichen alter herausschneide und sogleich jetzo aufsetze.
8,127.
schnellen: es gelang mir einigemal die kleinsten dieser
zarten geschöpfe {fische mit der angel) ... in die luft heraus-
zuscbnellen. (jöthe 22,194.
sc h öp fe n : heiausschüpfen, effundere, evacuare. Stieler 1911.
schrauben, eigentlicli: das docht mehr aus der lain]u-
heraus schrauben, übertragen: wer sich stafeivveisa heraus-
schraubet (aus seinen schulden), der niiiit die angewohnheit
der spahrsamkeit an sich. Hutschky l'alm. 344.
schreiben: dachte mir nun alles was mir höchst wobl-
gefilllig sein würde, wenn Gleichen es mir schriebe, ich
glaubte alles so aus ihrer gestalt, ihrem wesen, ihrer art,
ihrem sinn heiausgesrhriebcn zu haben, dasz ich mich des
Wunsches nicht eiithallcii konnte, es möchte wirklich so sein.
GiiTHK 24, 268.
schreien:
mnn rucket in ihr srhnnz und goiolt . . .
da «chrci horauvx da» larlniisch K'-sindt,
■ie noltcn sich ergeben Ki^xchwindl.
Ai>iii*!< milllieil. 878 (von 1601).
in anderm sinne: fieng eine von unscrn hünern e'-bflrmlich
an zu sclireieii . . . mein kiiiil. fieng endlich der selige mann
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HERAUS
HERAUS
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zu mir an , die henne schreit nicbts gutes heraus , es mag
nun bedeuten, was es will. Gellebt 3, 161.
schütteln: soll ich den selben blunder allen herausz
schüteln, ich het ain ganz jar darvon zu predigen. Keisees-
BERG geisU. spinn, {granatapfel 1511) Pl'; das die ecken der
erden gefasset und die gottlosen er ausgeschüttelt werden.
Hiob 38,13.
schütten: wenn ich denn des inne werde, so schütte
ich mein herz heraus bei mir selbs. ps. 42, 5.
schwimmen: herausschwimmen, enalare. Hederich 1254.
schwingen: Ciaudine ... wird so zu sagen ganz neu
ausgeführt, und die alle spreu meiner e.\istenz heraus-
geschwungen. GöTHE 29, 142.
schwitzen: aus dem bäume schwitzt harz heraus; einen
saft herausschwitzen, liqmrem exsudare. Hederich 1254.
sehen: aus den fenstern heraussehen, pruspedare ex
fenestris. Hederich 1254; die Nethinim aber wonelen an Ophel,
bis an das wasserlhor, gegen morgen, da der thurm er aus
sihet. Isek. 3,25; die hartherzige kälte Jarnos, die ihm aus
den äugen heraussehe. Güthe 18,313. durcli sehen elwas er-
gründen: der anblick war weder unterrichtend, noch erfreu-
lich, aber eben deswegen weil man nichts sah, verweilte
man um etwas heraus zu sehen. 28, 32.
sehnen: noch habe ich nicht gefragt, wie sie in diese
gesellschaft gekommen sind ... so viel hoffe ich und sehe
ich, dasz sie sich heraus sehnen. Göthe 18, 311.
senden: dasz von zeit zu zeit eine prinzessio aus dem
königlichen hause heraus ins fand gesendet werde. Göthe
23, 92.
setzen, eigentlich : einen stuhl vor die thüre heraus setzen ;
wir setzen uns vor die laube heraus, in gen- ähnlicher rede :
der wirth setzt seinen miether heraus , zwingt ihn zum ver-
lassen der gemietheten wohnung. übertragen, hervorheben, in einer
darstellung, einer Schilderung: da er mir denn den werth und
die würde dieses documents {der goldenen bulle) sehr deutlich
herauszusetzen wuszte. Göthe 24, 248 ; er wuszte mich zu
allerlei artigem und schicklichem zu bewegen , was gerade
am platz war, und meine geselligen talente herauszusetzen.
25,143; ich weisz nicht, wie ich sogar auf die molusken
kam, und allerlei wunderliches von ihnen herauszusetzen
wuszte. 26, 162 ; hier werden die groszen vortheile derer
welche der see anwohnen herausgesetzt. 241. in anderer weise
und refiexic, sich aus einem kreise absondern : durch diese un-
erhörte forderung {Fidttes , dasz man sein syslem auch ohne
beweis für wahr halten solle) , setzte er sich selbst aus der
classe der philosophen heraus in die classe der finstersten
Schwärmer. Fr. Nicolai in v. Gokingks leben 59.
sieden: auf gelegne zeit macht er ein grosz feur, und
henkt einn kessel mit wasser darüber, und schult die kese
darein , und seudt die butter und das feiszt herausz. Agk.
spr. 171*.
spazieren: herausspazieren, exspaliari. Hederich 1254.
speien: wer gott im herzen sitzet, wer will den heraus-
speien? J. ßöHNE Aurora (Sluttg. X^Va) 147.
speisen: dasz der genäschige äffe die sämmtlichen käfer,
die er hie und da abgebildet gefunden, (aus einem bilderwerke)
herausgespeist habe. Göthe 38, 152.
sperren: gleichwol wähnet wieder Klinger, dasz in allen
werken volkeigenthümlichkeit erscheine, nur in den deutschen
keine; was aber eben als unsere deutsche sperret fremde
leser heraus? J. Paul vorsch. der äslh. 3,28.
spicken: ich spickte endlich meine rede so künstlich
und prächtig heraus, dasz mich der buchdrucker alsobald
anredete, ihm einen calemler aufzusetzen. Simpl. 2,275 Kurz.
spielen: von den kleinen bestimmungen ... die der
Strom der rede, auch wohl ganz unwillkührlich, aus ihm
herausspielet. Lessing 10,52; reflexiv: meine freunde, mit
denen ich mich aus den kinderjahren herausspielle. K. Chr.
Engel wir werden uns wiedersehen (1787) s. 13.
spinnen: die kalte, unfruchtbare Staatsaktion aus dem
menschlichen herzen heranszuspinnen. Schiller Fiesko, Vor-
bemerkung; ich hatte aus mir selbst zu viel heraus zu spinnen,
als dasz ich auf etwas auszer mir nur acht gehabt hätte.
Thümmel 2,305; menschenkind, warum willst du einen (hart)
haben? das buch Kasiel lehret, dasz der hart goltes eilf
tausend und fünfhundert rheinische meilen lang ist : lasz ab,
da dein kinn doch keinen herausspinnt, der nicht kürzer wäre
als einen sabbulLerweg. J. Pall uustc. um des teuf. pap. i,xi.
spitzen: nur eine fast spitzige feder spitzte sich aus
diesem ciderdunen-ehebett etwas heraus, und konnte stechen.
J. Pall leb. Fibels 124.
sprechen: und spricht dürre eraus, wo Christus leib
nicht da were, so bliebe es brot. Ldther 3, 370*.
sprengen: hierauf ohne Verzug sprengt Arealaus . . .
sehr wol gerüst herausz. Amadis 356.
sprieszen: heraussprieszen, progemmare. Stieler 2098.
springen: aus dem bette heraus springen, e lecto pro-
silire. Steinbach 2,647; sihe, das wasser sprang er aus von
der rechten seilen. Hes. 47,2; das ihm das blut zu inund,
nas und obren herausz sprang. Simpl. 1,22 Kurz; das blut
Sprung hoch aus dem leibe heraus, sanguis alte exsuUabat e
corpore. Hederich 1254. übertragen: also wo ein bruderschaft
sich erhebt, sollen sie sich also lassen ansehen, dasz die-
selben für andere menschen heraus springen, für die Christen-
heit mit beten, fasten . . . etwas besonders zu thun. Luther
1,208*; der kontrast springet auch um so besser heraus.
Klinger 12, ICO.
spritzen: also dasz ... das rote blut auszer irem leib
herausz spritzt. Amadis 405.
sprossen: heraussprossen, fruticare. Hederich 1254.
spülen: diese kostbarkeiten ... die die regellosen be-
wegungen meiner zunge elwan ans land heraus gespület.
J. Paul lit. nachl. 4,48;
was hab ich nicht gedacht! was hab ich nicht gefühlt!
und jenes bild ist hier noch nicht berausgespült, . . .
das Bild, dem sich mein herz in tiefer ehrfurcht neigte.
Göthe 7, 75;
ich kann die halben gläser . . .
hinunter schlucken,
eh ich den schaden
wieder aus meinen gliedern
rein heraus zu spülen »
im Stande bin. II, 155.
spüren: nur eine ßaxterische nase konnte es aus dem
texte herausspüren. Wieland übers, v. Horat. sat. (1794) 1,179.
stacheln: der faule bruder will nicht heraus, man musz
ihn wie den baren herausstacheln. Fr. .Müller l, 309.
staffieren: sie lassen sich von geschickten Putz-
macherinnen heraus Staffiren. Güthe 38, 176.
stechen:
die weil ein feder heraus sticht.
H. Sachs 3, 2, 93';
die austern heraus stechen, aus der schale (Adelung).
stecken: er steckte den köpf zum fenster heraus.
stehen: die räume zwischen den gebäuden, ja die zer-
drückten gebäude selbst wurden ausgefüllt, allein mauerwerk
mochte hier und da noch herausstehen. Göthe 28,39; er
forderte, dasz an die spitze jedes fingers {von einevi hand-
schuh) eine katzenkraile befestigt werde... 'und dasz mir die
krallen grosz und steif herausstehen'. Freytag handschr. 2,12.
stehlen: einen bürger aus dem kreise seiner familie
herauszustehlen. Schiller 791"; reflexiv: ich stehle mich
heraus vor die thüre ; mhd,
nu het euch sich vil gar verholn
Parzival her üj verstoln. Pavz. 703, 22.
Steigen: und nach inen sähe ich andere sieben dürre.,
küe her aus steigen. iMos. 41,19; aus den schiffen heraus-
steigen, exscendere e navibiis. Hederich 1254;
Venus,
als sie, vom schäume des meers noch tröpfelnd, die fluthen
herausstieg. Zachariä 1 (1772) 279.
stellen, reflexiv, erst in ganz modemer spräche für sidi
zeigen, sich ergeben: seine Unschuld wird sich herausstellen;
die Untersuchung hat seine volle schuld herausgestellt; auch
transitiv: das stellt meine Unschuld heraus.
stöbern: ich will einmal meine tochter herausstöbern
{aus dem belle). H. L. Wagner kindermürderin 33.
stocbern: hinter einem pult über liniirten büchern zu
sitzen, Zinsen einzutragen und reste herauszustochern. Göthe
18,81.
s 1 0 s z e n : man sties sie {Moses und i4aron) heraus von
Pharao. 2 J*fos. 10,11; einzelen nach ein ander, wil ich sie
für dir er aus stoszen, bis das du wechsest, und das land
besitzest. 23,30; ich wil euch von dannen eraus stoszen,
und den frembden in die band geben, //e«. 11,9; einen zum
hause herausstoszen, aliquem ex aedibus expellere. Steinbacu
2, 728. häufig in bezug auf hastiges oder eifriges sprechen . die
66*
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wolle über einander herausstoszen , convolvere verba magno
cursn. Hederich 1254; und dann: er stöszt gotteslästerung
heraus, tnaledidum in deum facit. Steinbach 2, 729 ; der . . .
stöszet ohne scheu heraus, was ihm in sinn kompt. pers.
rosenth. 1, 1 ; während der mönch alle die herrlichen . . Sachen
über das angesicht des teufeis begeistert herausstiesz. Kling er
3, 173 ;
Morus ist iwar wol kein narr, nur, das manchen wunder nimmt,
dasz er alles stöst heraus, was ibm in die backen kümt.
LoGAü 2, IbO, 13.
Stottern: als der kammerherr sie {die näheren umstände)
herausgestotlert hatte. Kuncer 10,82; nach und nach kam
er heraus gestottert. Woldcniar 94.
strahlen: damit aber das göttliche um so schöner aus
dem dunkel herausstrahle. Klincer 12,78.
streben: Gustav empfand die haiul, die in seiner pul-
sierte und aus ihr herausstrebfe. J. Paul «ns. /oje 3,86 ; weil
alle gewünder {bei einer bildsäule) knapp anliegen und die
umrisse des körpers nicht mit hurausstrebenden ecken und
spilzen verdecken. Büttiger lit. zusl. 2, 122.
strecken: und der cherub strecket seine band er aus
zwischen den cherubim , zum fewr. I!es. lo, 7 ; der knabe
streckt die zunge heraus , puer tinguam exserit. Steinbach
2,731; die Schnecke streckt sich aus dem gehäuse heraus,
Cochlea ex domicilio se exserit. das.
streichen, i) herausstreichen bezieht sich zunächst (wie
ausstreiclien 2, theit l, 991) auf das hervorheben eines bildes
{federzeicitnung, Iwhschniltes) durch colorieren, bedeutet daher in
Verbindungen, die diese bezichung noch deutlich zeigen, auszeichnen,
hervorheben schlechthin: wie dann eben dieses ackerleben
Virgilius . . und Horalins . . mit lebendigen färben herausz
gestriochen haben. Opitz 1,152; weil die alexandrinischen
(verse), wegen ihrer weilläuftigen der ungebundenen und freien
rede zu sehr ähnlich sind, wann sie nicht ihren mann finden,
der sie mit lebendigen färben herauszustreichen weisz. poeterei
50; aus dem newen testament wil ich dis mal nichts füren,
denn darin ist von der heiligen gottlichen dreihcit oder drci-
faltigkeit alles klerlich und gewaltiglich bezeuget, das im
allen testament nicht so helle heraus gestrichen, aber doch
auch gewalliglich angezeigt ist. Luther 0,546'; recht und wol
ists gethan . . . das man den bapst g«lrost heraus streiche,
als den erzfeind unsers herrn und heilands. 8, 2ü7'; wann
sie {die feder des gelehrten) sich unternimmt, die lugenden zu
loben, so wird sie dieselben auch solcher maszen erheben,
Wunderbariich filrbilden und herausz streichen, dasz . . .
ßoTscHKY I'aimos 5; Homerus weisz seine gölter und göt-
linnen mit schönen gliedmaszen herauszuslreichen , indem
er sagt, die Juno habe schöne weisze arme. Guirsfeld hisl.
rosengeb. 9S2.
2) herausstreichen hieran angeschlossen, beiszl putzen, schmücken,
tchön kleiden : eine schöne hur die sich rausz streicht. Kirchhof
wendunm. 44';
er muei sy (die frau) klaiJcn und raus streichen.
meistvrl. MS. fot. 23, no. 217.
8) am häufigsten, und in der modernen spräche ausschlieszlich
gebrduddich, hat sich die abgeblaszte bcdeutung lobend hervorheben,
auszerordentlich loben, verherrlichen ergeben {vgl. ausstreichen 3,
theil 1,902): er sagt ihm von der Chariciia, die er also lobet,
und ihre schöne so hart herausz strich, buch d. liebe 214';
weil Judith . . die jenige that, so Simeon und Levi an den
Sichemilen begangen , . . lobet und herausz streicht. Opitz
3,68; seine tilgenden Über die maszen heraus streichen, pers.
rosenth. 2, H ; du hast die reichen mit sehr hohem und über-
mäszigem lob heraus gestrichen. 7,20; der lüwe *eisz seine
tugend und kraft gewaltig heraus zu streichen. Lokmansfab. 7;
eines ehrlichen hochgelahrlen manns halben, dessen wol-
rerdientes lob ich in einer sonderbaren occasion herauüz
»triebe. Schuppiüs 661; bat seine kriegeslahten vor andern
nicht herausgestrichen. Bdtscukt kanzl. 300; man ist ge-
wohnt, die Schönheit in der naiur zu bemerken und heraus-
zuslreichen, Kajit 8,225; der ruf . . . halte euch so zahn-
arzlmüszig herausgestrichen. GötiibS, 72; ich will dich her-
ausstreichen! 11,1.S; mit einem kaufmann, der seine waare
wohl hnauszustreichen und durch einen gefülligen vorlrag
den Iculrri ariKrnchm zu machen wisse. 10,293; in hoDTnung,
dasz sein freund ... die vorlrefTlichen gaben des jungen
mannei herausstreichen solllc. 18,58; indem sie nun meine
liebesepittel auf dai beste bcraussirichcn. 24,264; da nun
ein solcher schriflsteller die seinigen, denen er ergeben ist,
die Sache, der er anhängt, nicht loben und herausstreichen
darf. 20", 217; so soll er in eben den wischen . . seine AIceste
herausgestrichen, nicht herunter und lächerlich gemacht haben.
33,271; es schickt sich nicht, dasz ich ihn herausstreiche.
Tieck 5,92;
das wolbeschriben lob, mit dem mich deine gunst . . .
für andern herauszstreichet. Wbckherlin 091.
strömen: ein recht aus dem innern herausströmendes
lachen. E. T. A. Hoffmann l, 170.
stürzen: die herausgestürzten eingeweide in den bauch
lurückdrücken. Klinger 3,147;
weise sprachen das recht an diesen geselligen tliorcn,
beiden stürzten zum kämpf für die Penaten heraus.
ScuiUjKR Spaziergang v. 89. 90.
stutzen: wobei alle derbheit doch immerzu einiger an-
mulh herausgeslutzt erschien. Göthe 23, 205.
.suchen: etwas aus den alten jainbüchern heraussuchen,
eruere aliquid ex annalium vetustate. Hederich 1255.
tanzen: ich möchte das artige junge weih gern aus ihrer
melancholei herauslanzen {ihr einen ball geben). Lenz 1, 137.
thun, 1) machen dasz etwas herauskomme: da thct er die
band er aus, und nam sie {die taube) zu sich in den kästen.
l Mos. 8,9; als sie ilzt gebar, thet sich eine band heraus.
38,28; (die Stangen) sollen in den rinken bleiben, und nicht
heraus gelhan werden. 2 Mos. 25,15; thut er aus den unllat
aus dem heiligthum. 2 c/iron. 29, 5 ; und soll dein gerethe er
austbun. lies. 12, 4 ;
am himmel ist kein stern,
dem ich dem Ireund nicht gönnte,
mein herz gab ich ihm gern,
wenn icbs heraus Ibun konnte.
RiJCKERT ges. ged. 1, 351.
2) reflexiv für herausgehen, heraustreten: tyrannen und falsche
Propheten haben überhand genomen , die haben sich eraus
gelhan , und lassen sich sehen , und gehen im schwang.
Luther 3, 30l'; eine eule .. dorft sich vor forcht der andern
vögeln am tag nicht wieder {aus der scheune) herausz thun.
KiRcuHuF uendunm. 162*.
3) herauslhun für sich putzen, schmücken: ich werde mich
über die maszen prächtig heraus thun. ScHocn stud.-leb. J 2.
tragen: Mose trug die stecken alle er aus von dem herrn
für alle kinder Israel. 4 3/os. 17, 9; trug mein gerete er aus.
lies. 12,7; als er aber nahe an das stadlhor kam, sihe, da
trug man einen todten heraus. Luc. 7,12; das sie die kranken
auf die gassen her aus trugen, apostelgesch. 5,15; die beule
aus der feinde häuser heraus tragen, praedam ex hostium tectis
egerere. Steinbach 2,833; wenn mich meine mutier manchmal
{in die Speisekammer) hineinrlef, um ihr etwas heraustragen
zu helfen. Göthe 18, 22;
er ritt für ein frau würtlne haus,
die schöne maget treit im wein heraus.
ÜHLiND votkft. 274 (-IÜ druckfehlcr
sieht herauO.
träufeln: heraustreufeln, rora/fone transtre. Stieler 2329.
treiben: und Jhesus gieng zum lenipel golles hin ein,
und treib heraus alle verkeuler und keufcr im tempel. Mailh.
21,12; einen aus dem valerlande heraus treiben, patria ali-
quem expellere. Steinbach 2,850; die gcschichle einer lyrannen-
herrschafl, welche die edeln geschlechter vertilgt, eine hohe
und reiche bildung heraustreibt und verdirbt, vor allem die
herrscher selbst mit wenigen ausnahmen entmenscbiicbt.
Freytag handschr. 1,20:
wer will was lebendlgs erkennen und beschreiben,
sucht erst den geist heraus tu treiben,
dann bat er die tlicile in seiner band,
fehlt leider! nur das geistige band. Götri 13,96.
in anderm sinne: mein vatcr mahlt der donna Solina portrail.
sie miisz genau gelroffen werden, meines vaters kunst ver-
zweifeil, den groszen geist herauszutreiben. Klincer theater
S, t59.
treten: im zimmcr blieb e* stille, endlich trat die
wirthin heraus. Göthe 17,388;
• er reit »ft Nürnberg fürs schmidi haue
hör, lieber scbniid, irlt zA mir herausz! UtiLA;<D iotkil. .S4I ,
hcrouii in eure «cballrn, rege wipTel
des alten, büiigpii, dlrbiliel.iubien haines,
wie in der goiiin iilllcs heiligthum.
tret ich noch jetzt mit scbaudcrndem gePQhl. GSmt 0, S;
da prbub sich der könig hernui zu troien. 40, 101;
1049
HERAUS
HERAUS
1050
ist diesz ein dolch, was icti da vor mir selie,
den griff mir lugewendet?
es ist nichts wirkiicties. mein blutiger
gedanlie ists, der so heraustritt vor das äuge.
Schiller Macbeth 2, 3;
die gedärrae treten bei den brücben heraus, inleslina in herniis
excedunt. Steisbach 2, 860 ;
dasz selbst ihm aus
dem köpf heraus
die äugen treten. Göki>gk 1,240;
aus sich heraustreten, wie herausgeben 4, ip. 1033: wie könnte
denn irgend einer sich anmaaszen, aus sich selbst heraus-
zutreten? Fichte reden an die d. nat. 437.
triefen: heraustriefen, exslUlare. Stieler 2328.
trinken: da sparet er sich nicht, asze und tränke sein
theii rediij:h heraus. Laz. de Tormes 41 ;
ich setz das gläslein an den nuind,
trinks heraus bis an den grund.
GöDEKE u. TiTTiii>?( liederb. 134, no. 126.
trotzen: er hat gleichwoi das gelt endlich herausgetrotzet,
pectmiam tarnen importunilate sua tandem expressü ab eo. Stie-
ler 332.
wachsen: es wächst ein zweig heraus, ramus egerminat.
Steisbach 2,913; ein kugelform, ... in welcher so er zu
wenig blei darin güsse, würde ein glünsgin (spall) darinnen
werden, wa er zuvil, würde ein knöpflein herausz wachsen.
Zisrgref apophth. 2, iO ; herauswachsen, als ein gewächs oder
gescbwür am leibe, extuberare. Hedericu 1255; weil der con-
stilutionalismus als solcher eine reine doctrin ist, von welcher
sich doch im eigentlichen sinne nicht sagen läszt, sie sei
aus dem mittelstande herausgewachsen. Frantz kritik alkr
parleien 99.
wagen: der feind hat sich aus dem lager heraus gewagt.
wähnen:
sie hielten uns für götter nie; altein
für das doch, was wir sind, nun haben sie
uns aus der wesen reih herausgewähnt.
Undinge sind wir ihnen ! Klopstock 9, 116.
walzen, wälzen: et^vas herauswalzen , evolvere aliquid.
HEDERfCH 1255.
wanken:
Jungfrauen, eurer stimme tvrischen laut
hab ich im Innern des palasts vernommen,
und wanke nun mit alterschwerem tritt
zu euch heraus. Schiller 23S* (Pliöniz.).
weben: herauswehen, erumpere. Stieleh 2460.
weichen: wer in Judea ist, der fliehe auf das gebirge,
und wer mitten drinnen ist, der weiche heraus. Luc. 21,21;
die aus dem centrum des lebens herausgewicbene entwickelung.
Kritzleh humanilät u. christenlhum 2, 96.
weisen: man hat uns hier heraus gewiesen.
wenden: die linke seile an einem kleide herauswenden,
tnterpolare veslem. Stieler 2504; das rauche berauswenden,
severitalem adhibere, gravitate uti. das.
werfen: und die drinnen wehreten sich nicht, worfen
nicht einen stein eraus. l Macc. 2, 36 ; worfen in und alle
die mit im waren, mit steinen zu tod, darnach hieben sie
in zu stücken, und worfen sie heraus. 1 Macc. 1,16; sie
namen in und tödten in , und würfen in her aus für den
Weinberg. Marc. 12, 8 ; dasz ein jeder, der nur 3 oder 4 ausz-
ländiscbe Wörter, die er zum öftern nicht versteht, erwischt
hat, bei aller gelegenheit sich bemühet dieselben heraus zu
werfen. Opitz poeterei 30 ; aus dem raht herauswerfen, senatu
movere. Stieleb 2551; blut aus dem munde herauswerfen.
cruorem ex ore ejectare. Steisbach 2, 1035 ;
die geisz mit allen vieren schart,
warf mit dem grasz herausz den sandt,
ß. Waldis Esop 4, 25, 17 ;
und sag ir dein anligen gar,
das sie dein gneigien dienst erfahr,
lag denn schmeiszkeiln und grobe grumpen,
und Wurfs herausz mit ganzen klumpen.
grobianus (1568) C2' (6, 1, 5).
wichsen: geh er nur, dasz meine ansprüche immer mehr
nach seinem geschmacke sind: so wichst er sich künftig
immer besser heraus. J. Pacl herbstblum. 3, 87,
wickeln, transitiv: das eingehüllte herauswickeln, inro-
Itäum evolvere. Steinbacb 2,991; Fixlein wickelte gewisz niclit
seilen die beicbigroschen und ärndtepredigt-gefälle aus be-
druckten papierchen heraus. J. Pacl kom. anh. z. Titan l, 43 ;
wenn er seine erdichtungen wirklich aus den angeführten
stellen herausgewickelt hätte. Lessing 6,270. reflexiv: welcher
aber allgemach sich wird herausz wickelen {aus den schulden),
der macht ein gewonheit der häusziigkeit, und mit diesem
fleisz hilft er dem geniütb und vermögen. Schcppius 739 ; er
sucht sich noch mit einer andern ausflucht herauszuwickeln.
Kakt 8, 142 ; wenn etwas miszräth oder anstosz gibt , da
sucht er die schuld auf andere zu wälzen und hat auch eine
geschicklichkeit, sich mit solchem anschein herauszuwickeln.
Abmx 2,337.
wimmeln: ir land wimmelte kröten er aus. ps. 105,30.
winde n, reflexiv: wie soll ich mich aus diesem labyrinth
heraus winden ?; transitiv in übertragener bedeulung, durch fragen
herausbekommen:
(ihre amme) wuszt endlich we^ zu ßnden,
das seltsame geheimnis, das sie nagt,
aus ihrer brüst heraus zu winden.
Wiela;«d 22, 173 {Oberen 4, 50) ;
niemand, sagte sie, könnt es aus mir berauswinden , wem
die Sachen allemal gehören, J. Paul Siebenkäs 2, 18.
wirken: nachdem nu alle menschen sünder sind, der
Sünde und dem tod . . . unterworfen, ist es unmüglich, das
ein mensch sich aus seinen kreften oder durch seine gute
werk eraus wirke. Luther 5,15"; je mehr er fürnimpt, sich
selbs eraus zu wirken, je erger es mit im wird. das.
wischen, l) intransitiv: man kompt zum loch, der fuchs
fährt ein, die schlänge hernach, und zeigt ihm alle gelegen
heit, indesz wischt der fuchs heraus. Schüppics 836;
im nabel ist sie {die seele) gern zu haus,
nehmt es in acht, sie wischt euch dort heraus.
GöTHE 41, 3-25;
SO wischte ich mit einer pistoln heraus. Simpl. 1,220 JT««;
so bald ich solches gesagt, wischte einer von meinen herrn
mit dem sebel heraus, mir das reden zu legen. 2,218; ist
denn etwas geschehen? meine liebe frau, ich will mit meiner
niesewurzel gerne heraus wischen. Chr. Weise betrog, betrug 37.
2) transitiv, durch wischen entfernen: flecke, schmutz aus
einem kleide heraus wischen.
wollen s. oben sp. 1027.
wühlen: wenn die unterirdischen schätze des landes hcr-
ausgewühlt würden. Göthe 18, 148.
würgen, würgen: diesem mus er (gott) das bein gesund
machen, den reich machen, dem sol er recht laszen i5nd
thun, wie sie raügen , auch durch sich selbs und andere,
sich heraus würgen. Luther 1,86'; glauben sie, dasz mir
ein liebhaber gleichgültig sein konnte, ... der eine so zärt-
liche liebeserklärung, wie sie in seinem briefe finden, nach
allen regeln der rhetorik herauswurgte? Raben er saf. 3, 140;
kaum dasz der weite Schlund das erste wort gebahr
(es satzte müh genug, den gram heraus zu würgen).
GCNTHER 494;
(ein verpesteter dampf, der) die verruchte hex« kizelt,
bis sie hustend die schwarze seei herauswürgt!
Voss 3, 113.
zahlen: geld berauszahlen, bei einer abrechnung.
zählen: dort saszen wir, zählten noch einmal und immer
noch einmal , ob wir nicht die sechs reichsthaler heraus-
zählen könnten, allein es waren und blieben nur drei. Riebl
cidturgesch. nov. 370.
zaubern: hieraus entfaltet sich ein trieb, alles was von
Vergangenheit noch herauszuzaubern wäre zu verwirklichen.
Göthe 49, 19.
zerren: einen pfeil herauszerren, arellere spiculum. Stie-
ler 2316 ; aus dem hause heraus zerren , domo vi extrahere.
daselbst;
(welche liexe) sich kiihe melkt durch Ständer,
dasz die nachbarin blut statt milch herauszerrt. Voss 3, 110.
ziehen, l) intransitiv: die menner in Sichem ... zogen
eraus aufs feld. rieht. 9,27; und der philister lager zog er
aus für Michmas über. iSam. 13,23; da sie ubers blachfeld
ans gebirge kamen , zogen gegen inen eraus die schützen.
Judilh 6,7; aus der Stadt heraus ziehen, ex oppido eniigrare.
Steixbach 2, 1110.
2) transitiv mit persönlichem object: da die Midianiler, die
kaufleute, für über reiselen , zogen sie in {Joseph) aus der
gruben. iMos. 37,28; die besalzung aus der Stadt heraus
ziehen, praesidium deducere ex urbe. Steisbach 2,1110;
tanzmeister. wie jeder doch die beine lupft!
sich wie er kann herauszieht!
der krumme springt, der plumpe hupft
und fragt nicht wie es aussieht. Götb« 12, 22S.
1051
HERAUS — IIERAUSZEN
mit sächlichem object: kumpt der ammaa und mag das scheff
(scliilf) rnit zwai fingern lierusz ziehen. «m/Zi. 3, "40 ; er aber
wachet auf von seinem schlaf, und zog die geDochlen locke
mit nagel und flechlband eraus. ricid. 16,40; sie zoch das
heubt Holofcrnis her aus. JudiÜi 13,18; wenn es {das netz)
aber vol ist, so ziehen sie es eraus an das ufer. MaUh.li.4h;
zoch eraus zwecn giosschcn , und gab sie dem wirle. Luc.
10,35; welcher ist unter euch, dem sein ochse oder esel in
den brunn feilet, und er nicht als bald in her aus zeucht
am sabbalhtage? 14,5; er ziehet das kraul samt der wurzel
heraus, exlrahil heibam radicitus. Steinbach 2, 1110 ; einen dorn
herausziehen, so einem im fusze stecket, revelkre spinam
vesligio pedis alicujus haerentem. das.;
er zog herausz sein blankes schwert
und slacli sich in sein herze, üulano volkil. 223;
und schlosz auf ire schleierlad,
und zohe herausz die gelben sclileier.
B. Waldis Esup 4,28, 15;
in überlragenem sinne: etwas aus einem buche herausziehen,
aliquid ex libro excerpere. Steinbacu 1,1110; aus quadratischen
glcichungen die wurzel herausziehen; so trat er seinen be-
weis an und zog vier lange fluche, als eben so viel syllo-
gistische figuren heraus. J. Paul Hcsp. 3, 12.
zischen: {der tninisler) zischte mit seinem hellen, krei-
schenden stimmchen eine der plattesten, abgeschmacktesten
erbärmlichkeiten heraus. Klincer 10, 19.
zupfen: graue haare aus dem harte herauszupfen;
A. du spinnst ja, wie ein daus!
B. man musz wohl, denn ein schocker dreiszig
zupft man nicht gleich heraus. Gökimgk 3, 83.
zwacken: zwackt eraus noeine wort, wo es in dünket,
schmiert dran seinen gift. Luther 1,368'; es gilt aber nicht
ein wort heraus zwacken, und darauf pochen, man mus die
meinung des ganzen texts, wie er aneinander hanget, an-
sehen. 3,38*; ist das nicht ein tolküner geist , der got so
frech in seine wort greift , und heraus zwackt , was im ge-
fellet? 64".
zwängen: das wiesei zwängte seinen leib aus der schmalen
spalte heraus.
zwingen: v\er die nasen hart schneuzt, zwingt blut er
aus, und wer den zorn reizet, zwingt hadder er aus. sprichtv.
30, 33 ; die pfennige mit guten worten herauszwingen, expal-
pare argenlum ab aliquo. Stieler 2669 ; indem sie einerleiheit
der tugend und glückseligkeit zu ergrübein suchten, waren
sie nicht einhellig, wie sie diese idealität herauszwingen
wollten. Kant 4,231; (länder) welche sich beständig an ein-
ander reiben , um ... die funken des unsterblichen ruhms
herauszuzwingen. Kli.nceb 10, 4.
HERAUSAHBEITUiNG, f. : an dessen feines gedankens) her-
ausarbeitung will ich meine ganze kraft wenden. Fichte über
d. tcesen d. fjrl. 86.
HF.HALSltEHUFCNG, f. evocalio. Hederich 1249.
HEKAUSBHECHUNfi, f. eru}4io, evuUio. Steinbach 1, 201.
HERALSUHÄNGLNG, f.: überhaupt scheint mir, dasz
Scaliger unter Ekthlipsis nicht blos die herausdrängung des
m mit seinem vorhergehenden selbstlauter, sondern jede
elision überhaupt verstanden habe. Lessinc 10, 366.
HEUAUSZEN, adi: exlra , furis. es ist von heraus so ge-
schieden, wie einfaches auszen von aus, lelzleres adverb der
beuegung , ersleres der ruhe und des bleibens; und so bezeichnet
hcrauszen einen auszcrhalb in der richtung nach einem sprechenden
gelegenen pnnkl, nicht wie heraus eJNC beuegung, vbschon mischungcn
in der bedeutung vorkommen, sp. 1020; vergl. auch hieraus und
hierauszcn. und der fürst sul auswendig unter die halle des
tbors tictien, und her auszen bei dem pfosten am thor stehen
bleiben, lies. 40,2; ein narr kucket frei einem zum fenster
hinein , aber ein vernünftiger bleibt erauszen stehen. Sir.
21,25; das sie nicht hinein zu im gedrungen habe, sondern
erau«(zcn geharret. Luther 4,454'; [ein abt soll im kloster bleiben)
sintemal er . . . viel mehr guts schaffen köndle, denn hcr-
auszen, denn herauszcn kun er niemand hellen. 405*; so
man herauszen bleibt, br. 2. COO; wiewohl es diesen moiid
berauKzcn sehr nasz gewest ist. 4,132; daäz das cnd .. auch
licrausz komen sol und musz; dann das grßgt ist nun her-
au<>zrn. Schade tat. u. patqu. 3,40,10; o wie viel tausend
einfältige bauren . . kommen doch in den himmel, da ber-
gegen mancher bocbgelahrter mann herauszen bleiben tuuszl
ScHCP^iO» C&2;
IIERAÜSENTWICKELUNG — HERAUSZER 1052
wer ins herze gott wil fassen
musz die weit herauszcn lassen:
gott musz der herauszen lassen
wer ins herze weit wil lassen. Logau.2, 16", 43.
HERAUSENTWICKELUNG, f.: der kanzelredner geht schritt
für schritt .. einen genauen systematischen gang: einleitende
prüfung des lextwortes zu herausentwickelung des themas,
das kurz, scharf und bestimmt herausgestellt wird. Honegceb
allg. cullurgesch. d. neuesten zeit 1, 132.
HEUAUSZER, adv. foras, der bcdeulung nach heraus gleich,
es liegt keine Zusammensetzung mit dem adv. auszer vw, sondern
sowol die volle form hcrausher {s. unten) wie die analogie von
heraber und heraiier bezeugen die doppelte Stellung von her in
dem gedachten worte. es verkürzt sich zu erauszer (Lütueh
3, 167*, s. die stelle unten) und zu rauszer, letztere form ist in
mitteldeutschen dialekten , namentlich dem ditringischen üblich,
seine Stellung ist wie die von heraus neben verben der bewcgung,
die in dringlicher rede unterdrückt werden: mit der fuchtel
herauszer ! Schocu stud.-leb. i ;
herausz, lierauszer du hlulliund 1 H. Sachs 4, 1,48*.
von solchen verben erscheinen brechen:
indem die sonne sich iiat in das meer begeben,
und das gestirnte haupt der nacht herauszer bricht.
Opitz 2, 167.
in übertragenem sinne {vergl. heraus brechen 4, sp. 1029):
wer sich hoch herauszer bricht.
B. Ringwald laut. warh. 150.
dringen: zwischen denselben häcklein dringen kleine
weisze blümlein herauszer. Bock krduterb. 667;
gleich wie der edle myrrhensaft
durch Sturm herauszer dringet,
also wächst auch der tugend kraft,
wenn misgunst sie iimringet.
Neuhabk liislwätdchen 42.
d r u m m e n :
l)isz sie {die winde) ausz ilirem kerker kummen,
und mit gewalt herauszer drummen.
grobianus (1568) F7' (6.2, co;i.2).
geben: die Wahrheit machet mir meinen unmul dermaszen
empfindlich , das ich solches ehe mit stillschweigen vorbei
gehen, als solches herauser zu geben lassen mus. Butscuky
kunzl. 803.
gehen: daselbsten ward er eins ritlers gewar, welcher
herauszer auf ein spitz eines felsen gieng. Amadis 356.
hangen: lasz deine zunge nicht so lang herauszer hangen.
arab. sprichw. 42.
klauben: dergleichen gebot sind auch noch viel mehr
im Mose, die man alle kündlc zu einem feinen regimeut
erauszer klauben. Luther 3, 167*.
kommen: do nun ... die jünger in das stettlin woreii
gangen, do kam ein fraw häruszer von dem stettlin. Keisers-
DEiic pos/. 2, 70'; wo du anders aus disein verdrüslichcn
irgange herauser kommen wüst. Butscuky kanzl. 890;
da kam, mit schwimmen, er herauszer auf der stunde.
D. V. D. Werdkr .Ariost II, 40, 6.
kriechen: sonderlich {die bldtter), die neben dem slamni
herauszer kriechen. Bocit krduterb. 077.
lassen:
im zierlichen kSflg
ein vöglein sie halt,
sie liiszt es herauszer,
80 wies ihr geliilll. (iöTHB 3,63;
linid kommen die schwalben und hauen das nest.
der bäum die grüne herauszer likszt. Tikck 2, 15U.
quellen:
das wRsser, das mit macht da, dort herauszer quillt,
hat setneu nutz zwar auch, nur dasz es wenig gilt.
LooAU I, 166, 12.
reden: verzeihe mir, das ich frei und ungcscheut her-
auser rede. Butschky kanzl. 890.
sagen: der lial frei öffentlich herauszer gesagt, was an-
dere falscher well verständige in ihren herzen .. verdecken.
Schuppius 621.
sprengen: derwegen er ... sampt seinem pferdl in ein
80 liefe pfulz gefallen, dasz er nicht herauszer Mprengeii
mocht. Amadis 353; wie der junkherr in den uiidcrn vor-
hoff hicnein ritt, wurden sie gewahr, dasz man gleich de»z
Kchlosr thor öffnet, und ein gcwapncter riUer zu ross her-
ouszcr sprenget. 76.
»l reichen: wenn ihr euer gemülhsverinögen herauszer
streichet. ScMüMlUfl 649.
1 053 HERALSFAHRT — HERAUSTRITT
tbun:
dein lange negel hören darza,
das man solch ding herauszer thu.
giobianus (1568) BT (6.1, cap.i).
icrren:
darfst auch niemand {dat.) das maul aufsperren,
da kanst vol selbs herauszer zerren. das.
ziehen: {trdumle) wie einer die hende in seine seilen
leget, sein herz herauszer zöge. Amadis 23 ; als ob er es {ein
speereisen) herauszer ziehen woil. 205 ; sampt seinem pferdt
in ein so tiefe pfütze gefallen, dasz er . . es bei dem zäum
herauszer ziehen must. 353.
HERAUSFAHRT, f.
HERAUSFORDERER, m.: sowohl bei ihm wie bei dem
herausforderer blieben bitten . . und drohungen gleich ver-
gebens. Bask nov.-zeitiing 1S66 s. 651.
HER.USFORDERUNG./'..- herausfoderung,proroca/i"o. Hede-
rich 1250; grün ist ordentlich ein herausforderungs-
zeichen für ihn. Fr. Mi^ller 3,341.
HERAUSFÖRDERUNG: f.: die herausförderung der er2e,
der kohlen aus der grübe.
HERAUSFCHRUNG, f. evectus, edutito. Steixbach 1, 391.
HERAUSGABE, f.: herausgäbe einer verwahrten geld-
summe; herausgäbe eines buches; herausgäbe eines manu-
scripts. Liscov 93.
HERÄUSGEBÄHRU.NG, f.: projection eines bildes, heraus-
gebährung aus sich selbst eines bildes. Fichte nachgel. Kerke
2, 17.
HERAUSGEBER, ni..- der herausgeber einer Zeitschrift;
herausgeher eines buches, editor libri. Hederich 1250.
HERAUSGEBÜNG, f.: wer versichert uns dasz auch die
herausgebung dieses fündelkindes nicht ein streich der Ver-
folger des herrn Philippi ist? Lhcov 325; herausgebung einer
Schrift. 94.
HER.^USGEHUTS'G, f.: herausgehung aus einem orte, exilio
ex loco aliquo. Hederich 1251.
HERÄUSGESTALTUNG. f.: sie {die rechte exaclheit) besteht
in der liebevollen Vertiefung in die dichterische eigenthüm-
lichkeit, in der herausgestaltung des dichterischen characters
aus seinem eigensten und innersten kern, blätler für liUer.
Unterhaltung 1S66 s. 753.
HERAUSGRABÜiNG, f. exfodicatio. Steisbach 1, 630.
HERAUSHER , adv. die ursprüngliche und volle form für
herauszer sp. 1051:
das keiner wurd häruszher gon.
FüSKELis iMzarus E6*;
dann wenn das volk heruszher kundt,
sieht Lazarum ersten gesund, daselbst;
wie im berg Eina ungehewr
herauszher fehrt das schrecklich fewr.
grobianus (156S) F7* (6.2, cap.2).
GöTHE rencendet getrenntes heraus her:
mutter, mutter! tritt heraus her! 3,13.
HERAUSLASSUNG, f. : herauslassung einer schlänge, emissio
anguis. Hederich 1252.
HERAUS.NAHME , /. .• herausnähme eines geldstücksaus
dem beutel, eines gefangenen aus dem keiker; nach heraus
nehmen 3, sp. 1039: während der herr ihm seine heraus-
nähme, ihn hier aufzusuchen, verwies. Hippel lebensl. 2, 69.
HERAUSNEHMU.NG, f. exemtio. Steixbach 2,132.
HERAUSZNEIS , adv. auszerhalb , neben form zu herauszen :
auf circuracisionis bin ich widerumb zu Hainzen von Luther
herausznen in ainer herberg kommen , wie wol er mir zu-
gemut mit ime hinein zu geen. Schertlin br. 57.
HERAUSPUTZUNG, f: weil sie (Judith) gott umb die gnade
des betrügens bittet, mit herauszputzung und liebkosenden
Worten ziemblich weit gehet. Opitz 3, 68.
HERAUSSENDUNG, f.: mit dem römischen hof ward wie
über die heraussendung der kröne, so über die zurücknähme
jener Constitution {verbot der Vereinigung Neapels mit der deutschen
kröne) lebhaft unterhandelt. Ranke reform. 1,355.
HERAUSSTREICHER, m. laudator. Stiei.er 2202.
HERAl SSTREICHUNG, f. praeconium, laudatio, das.
HERAUSTRETUNG, f: die heraustretung des mastdarms,
ani procidentia. Steisbach 2, 850.
HERAUSTRITT, m.: und wirklich scheinen wir am Ruodlieb
ein kostbares denkmal zu haben, das uns errathen läszt, wie
sich ungefähr eine gebildete höfische dichlung nach' dem
heraustritt aus der heroischen zeit aus sich selbst gestaltet
haben möchte. Gebvi.nls gesch. d. deutschen dichlung 1, 93.
HERAUSWÄRTS — HERB
1054
HERAUSWÄRTS, adv. extrorsum, extra. Steisbach 2,935;
und heraus werds zur seilen , da man hin auf gehet zum
thor, gegen mitternacht, stunden auch zween tissche. Hes.
40. 40.
HERAUSWERFUNG, f. ejeclatio. Steisbach 2, 1035.
HERAUSZAHLUNG, f: bei herauszahlung des geldes.
HERAUSZIEHUNG, /. .' herausziehung eines zahns, evulsio
dentis. Hederich 1256; herausziehung der quadratwurzel, ex-
tractio radicis quadratae. das.
HERAUSZWINGUNG, f. expressio. Steixbach 2,1134.
HERB. HERBE, adj. und adv., acerbus, acerbe.
Das seit dem 12. jahrh. als haru , flectiert harewer (Graft
4, 1043), später als harewe, harwe, henve {mhd. ab. 1, 635*),
hare, har, here und her (Lexer trb. 1, 11S3) gebräuchliche ad-
jecUv hat die grundbedeutung schneidend, beiszend, und gehört,
wie bereits Sch». 2, 235 hervorhebt, zu der unter haaren schärfen
sp.21 angezogenen gruppe vurzelhaß veruandter irvrter. der ab-
leitende consonant w veihdrtet sich bereits seit dem li. jähr, in b:
mit herbem wein. Megexberg 355,16; acerfrus herbe Dief. 9*
{15. jahrh.), daneben erhaltung des ursprünglichen trurzelvocals :
der magen leichtlich nimpt ein scheu
ab grober kost und barbem trank.
H. FoLZ in den fasln, sp. 1265.
für altes herwe, herbe ist die form härg bairisch (Schm. 2, 237) ;
dagegen beruht eine von Lessixg 11, 625 aus Brants narrensch.
S5, 37 {nicht 84) beigebrachte form herr, die durch assimilation
entstanden sein müsle, nur auf einem druck- oder lesefehler für
hert, hart.
herbe «'ird gesagt
1) von siechenden thieren und ihrer icaffe: ej {das einhorn)
ist gar scharpf und härwe , also da; e; kain jäger gevähen
mag mit gewalt. Megexberg 161, 22; halber hurnausz, crabro
asper. Maaler 205*;
indem sticht mich die schlänge herb,
das ich mit meiner list verderb.
B. Waldis Esop 1, 54, 13.
daran angeschlossen in neueren qtiellen vom schneidenden geschosse,
zunächst das griech. ^iy.065 wiedergebend:
dasz du den herben pfeil mir aus der schulter herausziehst.
Stolberg 11, 149 {niy.obv oiorov II. 5,110);
sprachs, und Antinoos drauf erzielt er mit herbem geschosse.
Odyssee 22, 8;
■ dann auf die anderen auch entsendet er herbe geschosse.
24, 180 ;
nur jetzt noch halte fest, du treuer sträng,
der mir so oft den herben pfeil beflügelt.
Schiller Tett 4, 3.
2) in bezug auf das gefühl, scharf, schneidend:
mhd. ij sint zuei jär f. . .]
da;; ane gie diser hunger harewgr.
genebis, fundgr. 2, 69, 39 ;
der lag still drei tag, und wa; herbs weler. d. städtechron.
4, 185, 15 ; herber wind, ventus austerus. Stieleh 82S ;
laut wehklagen sie dir, vor angst noch herberes hungers.
Voss 2, 54.
3) in bezug auf den geschmack, beiszend, zusammenziehend,
scharf, sauer: man schol e; {aloe) geben mit herbem wein
oder mit wermuotsaf. Megexberg 355,16; bitteres und herbes
obst, amarum et acerbum pomum. Steixbach 1,738; ein herber
geschmack, sapor adstringens, amarus cum adstricUone. Stibler
828; die frucht vom wilden birnbaum, welche zwar wie eine
andere birn aussieht, aber klein, und eines . . . strengen,
harten und herben geschmacks ist. öcon. lex. (1731) 1062;
aber was gehen mich bleisüsze Franze an {es ist von weinen
die rede), wenn ich meine guten herben Deutschen haben
kann , welche das leben eben so sehr verlängern , als ver-
sauern. J. Pacl komet 3, 143;
mir mundet wein, der etwas herb. REckbrt 366.
ton hier aus in einem bilde:
wie herb das fliehen schmecke, noch hatt ers nie vermerkt.
Uulahd <jcd. 360.
herb von etwas unreifem : herb, unzeitig, acerbus. Dastp. ; und
danach ebenfalls bildlich:
auch ich, ich lasse mir zuweilen trSumen,
dasz . . . mein lorbeer einst noch . . . keimt,
doch warlich nicht, weil ihr, oft herbe lieder,
jm wahn des Sängers süszer wärt;
ich schlage gern beschämt die äugen nieder,
wenn euch das ohr des grdszern meisters hört.
GoEiiGE 3, 116;
1055
HERB
HERB — HERBEI
1056
in ähnlichem sinne das folgende: Schröder hat an diesen dingen
{englischen luslspiekn) mehr gelhan als man gewöhnlich weisz ;
er hat sie von grund aus verändert , dem deutschen sinne
angeähnlicht , und sie möglichst gemildert, es bleiht ihnen
aber immer ein herber kern , weil der scherz gar oft auf
mishandlung von personen beruht, sie mögen es verdienen
oder nicht. Güthe 26, 197. — herb von zusammenzielKndcn
medicamenlen : härb zesamen tringende, verschoppende, stip-
ticus. Ma&ler 205*.
4) herb, m bezug auf den geruch:
und floszHiszige robben der lieblichen Halosydne
rubti in schaaren umher^ den graulichen fluthen entstiegen,
herbe geruch (Tttxgov oS/irjv) aushauchend des unergründ-
lichen meeres. Odyss. 4,406.
5) herb, wird seit aller seU in mehrfaclier bezieliung übertragen
gebrauclit.
a) von einem feind, gegner, ungerecldem Verfolger : härb, rauch,
unfreündllicb, rauw, geitig, telricus, austerus, asper, restrictus,
saevus. Maaler 205*;
die Wucherer füren wild gewärb,
den armen «int sie ruch und biirb,
nit achtens, das all weit verdarb.
Brant nitrrensch. 93, überschr.;
0 ihr pötter, wie seit ihr so herb!
gebt zu, das ein Trumbs mensch Verderb,
und last dargegn die bösen lehn.
Ayrer eO" (346, 11 Keller);
in Baiern härb sein auf einen, böse sein, einen härb machen,
zornig machen, blitzhärb, jähzornig. Schm. 2,235; in Kärnlhen
harb erbillert, aufgebracht. Lexer 139 ; ebenso in Oberüsterreich.
Fbohm, 3, 185, überhaupt in dem gesammlen bairischcn Sprach-
gebiete; in Tirol hat sich auszerdem die nebenbedculung rasch beim
arbeilen entwickelt. Fromm. 6, 145, — herb in adverbialer Stellung:
herbe mit einem umgehen, vehementem se in aliquem praebere.
Stielbr 828:
sie halten, herr, dein volk sehr herbe,
und drucken dir dein liebes erbe.
Opitz psalrnen s. 179 {ps. 94, 3).
die neuere spräche hat den sinn von herb gemildert, es bedeutet
nur kalt zurückweisend, in strenger arl ablehnend: zwei töchler,
Oiivie, schön und mehr nach auszen, Sophie, reizend und
mehr nach innen gesinnt; einen fleiszigen, dem vatcr nach-
eifernden etwas herben söhn , Moses , will ich zu nennen
nicht unterlassen. Göthe 25,337; in einer solchen zarten
Umgebung war es nicht möglich gewesen herb oder unfreund-
lich zu sein, im gegentheil fühlt ich mich wilder als seit
langer zeit. 30, 248 ; ganz neu ist der gebrauch von herbe in
bezug auf strenge, nicht weiche kunstformen, wo sich der sinn des
worles mit der bildlichen Verwendung der bcdeulung oben no. 3
{sp. 1054) berührt : er hätte ihr kaum sechzehn (jähre) gegeben,
so schüchtern war noch der wuchs in allen umrissen , so
kindlich herbe die wange und der blasse mund. P. Hf.vse
norellen 5 (1864) s. 168.
b) von Worten, fragen, urthcilen , Vorstellungen als aus/lusz
kalter, feindlicher oder strenger gcsinnung : strafet der pfarrherr
in einer predigt mit viel herben worten seine bawren. Kircheiof
wendunm. 43S'; herbe werte, vcrba acerba. Frisch 1,443'; in-
dem Genie ihre mutter erkennet, ruft sie: ' frau mutier! o
welch ein süszer name!' der name mutter ist süsz; aber
frau mutter ist wahrer honig mit cilronensaft ! der herbe titel
zieht das ganze, der empfindung sich öffnende herz wieder
zusammen. Lessikg 7,00; Clelia wurde immer erbitterter,
ich würde mich tief gedemülhigt fühlen durch einen galten
so hoch über meinem stände, sagte sie herb und schneidend.
Immermann Münclüi. 4,134; es ziemt uns noch weniger, über
seine {Luthers) fehler ein herbes urtheil zu fällen. H. Heine
6,79; wenn ich etwas herbe von den gegnern Gölhes ge-
sprochen habe, so dürfte ich noch viel herberes von seinen
apologislen sagen. 6, oo;
acb herr, die frag ist streng und herb.
i. Atrck 360' (1805, 31 Keller);
wetteifernd höhnt mit herbem spotte
den eingebrachten fang die ruchbcgiergo rotte.
Scuiixer tcnlör. von Troja tlr. II;
also sprlcbe du toM( und et wire mir herbe beschlmpfung.
Odysice 6, 285.
auch vom gesiehl, als herbe empfindungen wiederspiegelnd: ein
herbei und saures gesiebt, pers. baumg. 4, 5 ;
het luilig, alter! Iicin
*o barb geiicbl lu solcher freudfnbutichart!
ScuiLLKR WaltvnUcins lod 4, 7.
c) herb , streng , bitter, in bezug auf zeiten , Schicksale, ereig-
nisse , thaten die an uns heran treten: derselbig hat von der
herben zeit, so der kranke priester hat, auch hören sagen.
Wickram rollw. 97; legte mich derowegen wieder ins bette,
wiewol ich nicht schlafen konte, mit sorg und angst erwar-
tende, wie mir diese herbe nacht gedeien würde. Simpl. 2,203
Kurz; es ist ohne das jetzt so eine herbe zeit, in deren die
liehe frucht und das viehe nichts gilt. 3,319; nichts herber
ist, als seinem feind zu fusz fallen, nihil moleslius est, quam
hosti supplicarc. Stieler 828; allein die gräuellhal brachte
ihm herben lohn. Üahlmann ddn. gesch. 1,437;
auch diesen stosz {des Schicksals), den herben,
verrückst du aus dem ziel :
es läszt sich nicht so sterben,
als wie der Würger will. Fleming 388, 13 Lapiienb.;
ich weisz, o herr, dein äuge flieszt
bei diesem herben angedenkcu {eines todesfalls).
GiJMUER 146;
nun ists geschchn ! dir hat ein herber streich
das schöne lebensglück entrissen. Götue 47, 17«;
nicht wahrlich guter wille stellte dich,
dich stellte das gesetz der herben noth
an diesen platz, den man dir gern verweigert.
Schiller Wattensleins tod 1, 7;
vergessen ist all die herbe pein.
KoTZEBUE dram. »p. 1, 301 ;
dasz er künde der freund' ansagt und das herbe Verhängnis.
Odyssee 10, 245 ;
die seinen tod so herb empfunden,
sie sanken alle selbst hinab. Uuland ged. 244;
schon sieben jähre mit herben,
qualvollen gebresten wälz ich mich
am boden, und kann nicht sterben I H. IIeink 18, 310.
HERBANNEN, vcrb.:
das Posthorn,
jenes, das mit geheimnisvoller windung, . . .
allzumal, was in Deutschlands räumen aulsprotzt
von undichtrischem aberwiz und unsinn,
mir herbannt! Voss 3, 110.
HERBE, f herbheit : härbe, reüche, ausUritas, asperitas.
.Maaler 205*; erstlich pocht die herbe, und die hilze macht
in dem pochen einen klang. J.Böhme Aurora (&HW5. 1835) 143.
HERBEI, adv. in die nähe eines sprechenden.
Ein ahd. hera bi, vihd. her bi ist nicht bekgt. surückgang
der form zu erbei wird theil 3, 713 nachgewiesen, wie sich zu
herab, heran, herauf, heraus die gegensdtze hinab, hinan, hin-
auf, hinaus gebildet haben, so hat auch die ältere spraclie zu
herbei gegensätzlich ein hinbei (s. d.) entwickelt, das in der
modernen spräche jedoch verkümmert ist.
herbei ist von hierbei (s. d.) dem sinne nach allgemein so
unterschieden , dasz das erstere die bewegung in die nähe eines
sprechenden, das letzlere ruhe in der Umgebung desselben zeichnet;
doch kommt herbei für hierbei vor, wobei das zu her 7 sp. 1003
bemerkte zu berücksichtigen ist:
ein pollwerk znecbst der bürg herbei
ist weit und gwaltig aufgepawt.
ScuMELZL lobspr. 102.
die bedcutung von herbei ist eine örtliche, die leicht ins abttracte
verläuß, und eine zeilliche.
1) ortlich mit verben der bewegung, auch mit sein, das den
endpunkt der beuegung zeichnet {wie bei her sein, vgl. sp. [000):
Ihut busze, es wird nahe erbei sein das himelreich. Lcther
1,48'. die verben werden in dringlicher rede unterdrückt:
der feind ist da! die schlacht beginnt!
wohlauf zum sieg herbei! Klopstock 1, 62;
herbei, ihr männer, gute leute, lielft!
gewalt! gewalt! sie fuhren ihn gefangen!
ScHiLLiB Teil 3, 3;
kocht des kupfers brei!
scimoll das linn herbei ! glockß v. 26.
ausgang und richlung der bewegung bestimmen praeposüionen näher :
von fernen landen herbei kommen; aus der nähe herbei eilen;
kompt er bei für den hcrrn. 2 Mos. 16, 9.
Solche verben der bewegung, des strebent und befehlt sind:
bannen: bei einem neuen luslgebüudo .. ist das haupt-
crfordcrnis schatten , welcher nicht sogleich bcrbcigebannt
werden kann. GörnB 31, 102.
berufen:
wen darfst du nicht hcrboiborufeu? (ionis 12.357.
beschwören:
nli horiog Friedland ....
horhel auf 6\nen lommelplntz beschwor
den Rhcingraf, Bernhard, Ilanner, Oienitirn.
Scauxii I'iccol. i, 7.
1057
HERBEI
HERBEI
1058
beten: künnen die frommen sich das venerabile von
hundert und mehreren schritten herbeibeten. Imjierjiass
Münclih. 1, 9S.
blicken:
blickt aus eurem Sonnenscheine
mir den hellen trost herbei. Miller Siegw. &S9.
bringen: beute herbeibringen, pracdam adferre. Hederich
1256; der knabe wurde herbeigebracht. Göthe 18,300;
herrliche gaben bescherend erscheinen sie : Ceres vor allen
bringet des pQuges geschenk, Hermes den anker herbei.
Schiller spazierg. v. S2.
drängen: jedermann drängte sich herbei, den vortreff-
lichen forsten zu sehen. Göthe 18,282; glaubten sie nun
wirklich, eigentlich um ihretwillen dränge sich die grosze
Versammlung herbei. 2S3;
ein jeder drängle sich herbei,
hier gab es keine faule. 47, 224.
dringen: als jeder herbeidrang, um die lange vermiszten
zu sehen. Kli.ncer 8,124;
von norden dringt der scharfe geisterzahn
auf dich herbei, mit pfeilgespitzien zungen. Göthe 12,61.
eilen: ^herbeieilen, approperare. Hederich 1257;
giebel an giebel steigt, der räumige porticus öffnet
seine hallen, o eilt, ihn zu beleben, herbei !
Schiller Pompeji u. Hercul. v. 8.
fahren: auf einem wagen herbeifahren, curru advehi. He-
derich 1257; mit dem schiffe herbei fahren, tiare advehi.
Steisbach 1,400. für schnell sich herzu bewegen: Luciane kam
berbeigefahren und fragte : wovon ist die rede? Göthe 17,235.
finden, reflexiv:
welcher gern newe zeitung hört,
und seltzame geschieht erfebrt,
dersclbig finde sich herbei, tnückenkr, 1,3.
flehen: dasz der unglückliche den tod als das ende seiner
leiden herbeiflehet. ergänzungsbldUer zur Jen. litt.-zeitung 1S40
»10. 7, s. 50.
fliegen: herbeifliegen, advolare. Stieler 512; bildlich:
ich höre Orleans bedroht, Ich fliege
herbei aus der entlegnen Normandie.
Schiller Jungfrau 1,1.
flieszen: herbeiflieszen, adfluere. Hederich 1257; bildlich
für herbeiziehen, vergl. unten herbei strömen : es dauerte nicht
lange, so kamen von verschiedenen gegenden mehrere Schau-
spieler herbeigeflossen. Göthe IS, 249.
forschen: das äuge der liebe forscht euch herbei. Fr.
Müller 1, 6.
führen: einen vor die äugen herbei führen, ante oculos
aliquem adducere. Steisb.\ch 1,391; grosze menge körn herbei
führen, niaynum nutnerum frumenti adveherc. das.; der Unglücks-
fall ward durch die fahrlässigkeit eines angestellten herbei-
geführt; ein mittel um den schlaf herbei zu führen.
gaukeln: dann hatte ich zu Paris von einem teutschen
taschenspieler arlliche stücklein mit der karten zu üben ge-
lernet, damit ich die leute herbei gaukeln und aufhalten
konte. Simpl. l, 386 Kurz.
gehen: zu etwas herbeigehen, accedere ad aliquid. Hede-
rich 1257.
häkeln: hcrbeihükelen, aitrahere, adhamare. Stieler 731.
herseben:
sein antlitz glüht vor ehrbegier,
und herrscht den sieg herbei! Klopstock 1,62.
hexen: dieses memoire ists, das so vortrefflich sein soll,
und das er irgendwo musz herbeigehext haben , — denn
gemacht hat ers nicht. Schiller parasil 4, 7.
holen: dasz sie ... ihn gleichsam genöthigt habe, ein
glas limonade herbeizuholen. Göthe 18,95; nachdem der
junge mann ... ein Schreibzeug herbeigeholt hatte. 24,269;
der arzt wird schnell herbei geholt;
liebst du mich und bist du treu,
o! so hole sie (knocken) herbei. Gelleet 1,38.
Schiffer holen eine insel herbei, wenn dieselbe, indem sie darauf
zufahren, ihnen entgegenzukommen scheint. Jacobsso.n 2, 255*.
kommen: da sie aber noch mit im redeten, kamen er
bei des königes keinerer. £s//ier 6,14; das himelreich ist
nahe her bei komen. Malth. 10, 7 ; wenn ir aber sehen werdet
Jerusalem belegert mit einem beer, so merket, das erhei
komen ist ire verwüslunge. Luc. 21,20; erzählte, dasz der
herr doctor zufällig bei ihrem Unfall herbeigekommen. Frettac
handschr. 1, 282 ;
kommt herbei, ihr luflgen Schwestern ! Uhlasd ged. 308.
IV. 11.
übertragen und transitiv: den sollen die herrn strafen so dick
und vil, dasz er des mocde wurde und sei iren schaden
erbi quemen. weislh. 1,609 (iM507). ron saclien: die rapiere
kamen herbei (wurden gebracht). Göthe 18, 225.
körnen: herheiküraen, delinimentis aliquem perpellere. Stie-
leb 122.
lassen: er licsz einen bittenden herbei; gewöhnlich reflexiv
im sinne ton bewilligen, eingehen auf etwas: dann werden wir
ja sehen, wozu er sich herbeilassen wird. Tieckj. tischl. 2,261.
laufen: zu einem herbei laufen, adcurrerc ad aliquem. Steis-
BACH 1, 997 ; unter dem zahmen federvieh, das mit aller macht
herbei gelaufen und geflattert kömmt, wenn man ihm futter
hinwirft. Hei.nse Ardingh. l, 2S2.
locken: zu sich herbeilocken, adlicere ad se. Hederich
1257; der wirth Selbsten, damit er die gaste herbei 4ocke,
iinget einen geiger. baurenst. laslerpr. ISS;
aber komm musik! durch deine töne
lock uns Uzischen gesang herbei! Göki.ngk 1,61.
nahen: dasz ich mich werd herbei nahen. 4 Esr. 6, 18.
nehmen: man hat ihn auch herbeigenommen, participefn
i'um fecerunt hujus rei, comHevi sibi fecerunt. Stieles 1362.
raffen:
ich fübls, vergebens hab ich alle schätze
des menschengeists auf mich herbeigerafft. Göthe 12,90.
reichen: herbeireichen, impartiri, contribuere, siAminislrare.
Stieler 1509.
reiten: herbeireiten, adequUare. Hederich 1257.
reizen: wie dumpf, dringend, dreist, ungeschickt war
jeder, den sie herbeireizte. Göthe 19, 87.
rennen:
es rannten die tollen verwandten herbei. Göthe 1,215.
rudern: indessen ruderte der kahn herbei. Göthe 17, 159;
er hatte kaum einigemale geläutet: so kam ein reich be-
setzter schwerer hofdiener ohne hut herbeigerudert. J. Paul
flegclj. 4, 29.
rufen: herbeirufen, adrocare, actcrsere , poscere arcessilu.
Stieler 1630; er rief seine frau herbei. Göthe 18,137; die
jüngere . , . liesz sich durch den vater herbeirufen , um die
ältere abzulösen. 25,277;
alle sind herbei gerufen,
vor der göttinu angesicht. Borger 114*;
nun der halbe (geisi) dich nicht rettet,
ruf den ganzen doch herbei,
dasz er neu dein scblosz dir baue,
deine ketten brech entzwei! ühla>d ged. 284.
saugen: mit unscrm innerlichen seelenothem müssen wir
jene geisterweit herbeisaugen. Tieck Sternb. 2. 379.
schaffen: man musz gelt herbeischaffen, pecuniae requi-
rendae »unt. Stieler 1711; dem kind eine amme herbeischaffen,
aliquam puero nutricem parare. das.; wenn wir ein künstliches
fuhrwerk herbeischaffen. Göthe 11, 293 ; immer mehr bücher
herbeizuschaffen. IS, 276; ich vernahm dasz die ameisen
alliirte meines Schwiegervaters geworden, und dasz er sie im
gegenwärtigen fall aufgerufen und verpflichtet mich herbei-
zuschaffen. 23, 102.
schiffen: herbeischiffen, nate advehi, adnavigare, Hede-
rich 1258.
schleichen:
ein fliegender befehl eitlen aus allen halnen
das nymfenvolk persönlich zu erscheinen.
sie schleichen allgemach herbei,
und keine läuft dasz sie die erste sei. Wiela:«d 10, 143.
schleifen: ich liesz aber eine volle quartausgabe Vol-
tairens heibeischlcifen. J. P.aul teuf. pap. 2,25.
schleppen: den gefangenen herbei schleppen; allerlei
Ursachen herbeischleppen , varias causationes arcessere. Stie-
ler 1807.
schmauchen: herbeischmauchen, adrepere, occuUe se im-
mergere. Stieler 1S68.
schwimmen:
da kömmt, vielleicht von ungefähr,
ein spielendes delphinenheer,
zu aller trost, herbeigeschwommen. IIacedor;« 2,41;
wackelnd kommt hcrbelgeschwommen
manches alle zaubcrschlosz. H. FIkimk 18, 136.
sehnen: sie, .. deren erscheinung ich mir so oft herbei-
sehnte. Göthe 17,386; ich habe nicht sehnsuchtsvoll, wie-
wohl vergebens, danach (nach einem orden) geseufzt, sondern
ihn realiter an meinen rock herbeigesehnt. Isi«ERMAX.N.VöncA/i.
1,99.
67
1059
HERBEI
IIERIJKICIITEN — HERBERGE
1060
sockon: ganz leise sockle jetzt der fusztritt der liaus-
hälterin herbei. L. Tieck ges. nov. 3, 15.
stoszen: herbeistoszcn, admovere quatn proxtme, adjungere,
annectere, afplicarc, coagmenlare. Stieler 21S0.
strömen, bildlich {vgl. oben herbei flieszen) vonpersonen:
nun erscheint der kaiser selbst wieder in Ispahan, gesandte
von allen weltgegcnden strömen herbei. Göthe 6,202;
denn bank an bank gedränpret sitzen, . . .
herbei^esirömt von fern und naii,
der Griechen Völker wxrtend da.
Schiller kraniche des Ibykuft;
von Sachen:
da strömet herbei die unendliche gäbe,
es füllt sieb der Speicher mit köstlicher habe, glocke r. 113.
stürmen:
* geschrei
füllt den pallasl; man flicht vom lager, stürmt herbei,
umringt den sterbenden. Gotter 2, 45G.
stürzen: leutc, die da» unglückliche ereignis von der
ferne warnahmen, stürzten herbei.
treiben: das vieh zum wasser herbei treiben, animalia
ad aqmm adpellere. Steinbach 2, 856 ; steuern herbeitreiben.
treten: herbeitreten, accedere ad aliqttid. Hederich 1258;
aber da trat herbei der apotbeker bebende,
zupfte den geistlichen herrn. Göthe 40, 295.
wälzen:
wenn unerträgliches, mit felsenlast
herbe! sich wälzend, ihn bedrohend schlich. Göthe 9, 322.
wanken: ein greis wankte herbei.
watscheln: wie? was? was giebts da? schrie der kurze
dicke rathsherr, der auch herbei gewatschelt kam. Wieland
19,317.
winken, mit accus.: Schach-Gebal winkte ihn {den kämmer-
ling) herbei. Wieland 8,411; wenn nicht Wilhelm den im
augenblick hereintretenden mann begrüszt und ihn herbei-
gewinkt hätte. Göthe 18,203; er winkte die andern herbei.
21,40;
du schworst, o berr, bei deinem leben,
mein kästchen unversehrt mir einst zurück zu geben:
jetzt ist es zeit, wink es herbei! Wieland 10, 294;
der ritier bleibt wie angefroren stehn,
winkt Scberasmin herbei, und fragt ihn, was er sehe?
22, 12«.
zaubern: wenn sich Baylens schattengestalt durch be-
schwörungen herbeizaubern Jiesze. Abbt bä Campe unter
schattengestalt.
zerren: er zerret herbei, was er kan, omnia aucupalur,
exquiril. Stiei.er 2316.
ziehen, intranäliv: schaaren ziehen herbei, reflexiv: nach
kurzen ebben überduthete die menge von zeit zu zeit das
haus, officiere von entfernteren garnisonen . . . zogen sich
herbei. Göthe 17,249. transitiv: einen zu etwas herbeiziehen,
atlrahere aliquem ad aliquid. Hederich 1258; dasz nicht allein
das (orrfens-) kreuz von meinem wünsche herbeigezogen war.
Imhermann Münchb. J,100; der vergleich ist bei den haaren
herbeigezogen ;
als herzog Friedland die zerstreuten feindeshecrc
herbei von allen strömen Deutschlands zog.
Schiller l'iccol. 2, 7.
zupfen: herbei zupfen, altrahere, in se trahere, ad se rapere.
Stieler 2633.
zwingen: einen krummen bäum herbeizwingen, arbus-
culam ineurvam pah alligare. Stieler 2670; von den wilden
erzclblt man, dasz sie durch bloszc Willenskraft sich den tod
herheizwingen können. II.Mabcchaff ge/'rüder /Vr/i (1840) 1,119.
2) herbei in bezug auf zeit, mit verben des Icommens und
nabens, auch des beicirkens der näherung; so
kommen: da nu die zeit erbei kam, das Israel sterben
Holt. 1 Wo«. 47, 29; deine zeit ist erbei komen, das du sterbest.
6^0». 31,14; der lenz ist erbei komen. höhet. 2, \1; die nacht
ist vergangen, der tag aber her bei komen. /?»»». 13, J2; als
nun die zeit herbei kam, per», rosenlh. 7,20; der geburtstag
war herbeigekommen. Göthe 17,95;
Jetziind kömpt die nacht herbei,
Vieh und moniicben werdttn frei. Opitz 2, 192.
nahen: Beine ankunft nahet herbei, advenlus ejus apprn-
pinquat. Stbinrach 2,106; die festtage nahen herbei, feriae
non tonge absunl. Stiele« 131«.
nfthern: bi» die reit schlafen zu gehen herzu käme, und
•ich herbei nähert. Amaäis 247; die erndc nähert herbei,
mnrii prope adrü. STietlt 1319.
rücken: die zeit rücke nun herbei, da sie von ihren
auf mich gewandten bemühungcn und kosten die fruchte zu
sehen holTe. Wieland 12,89;
es rühme, wer da will, im lenzen
die neue luft, den grünen mal,
je schöner seine blumcn glänzen,
je näher rückt ihr ziel herbei. Gönther 214.
schwatzen:
an dem knislernden knmine
schwatzt der freundscbaft tändclci
froher uns die nacht herbei. Gökingk 1, 54.
streichen: die weil sich dann die zeit zu reisen wol
anliesz und die fasznacht herbeistriche. Phil. lugd. 5,265;
dasz ir und eur gsellschaft sollen . . .
kurzweil machen und siockerei,
weil die plingstteurtag streicbn herbei.
J.Atrer fastn.sj). 102' (2851,33 Ketler).
HERBEICHTEN, verb. die beichte hersagen {vergl. her 1,1,
sp.iOOO): wolan, so beicht her. Alberus widder YVilzeln M 4*.
HERBEIEILUNG, f.: bei der herbcieilung des endlichen
erfolgs hat sich gefunden, dasz die einzelnen deutschen Staaten
nicht einmal sich selbst, ihre kräfte und ihre wahre läge,
kannten. Fichte reden an die d. nat. 437.
HERBEIFÜHRUNG, f. adveclus, advectio. Hederich 1257.
HERBEIHOLUNG, f.: die herbeiholung der nüthigcn be-
weismittel ist mit Schwierigkeiten verbunden.
HERBEIKUNFT, f. : plötzliche herbeikunft der Seeräuber,
advvntus repentinus praedomtm. Hederich 1257.
HERBEINÄHERUNG, f. appropinqualio. Stieler 1319.
HERBEINAHUNG, f.: als er {Melnnchllton) wegen des chur-
fürstcn gefengnus und der fcind herbeinahung aus Wittenberg
Züge. ZiNKGREF apophth. 1,261; die herbeinahung des todes,
mortis ajipropinquatio. Steinbach 2, 105.
HERBEIRÜCKUNG, f.: herbeirückung des todes, appro-
pinqualio vwrtis. Hederich 1257.
HERBEIRUFUNG, f.: die herbeirufung des herzogs von
Alba. Schiller 852.
HERBEISCHAFFUNG, f. provisio, apparatus. Stieler 1712.
HERBEITREIBUNG, f.: die herbeilreibung der steuern
geschah mit äuszerster strenge.
HERBEIZIEHUNG, f. altractio, allegalio. Stieler 2641.
HERBEIZÜG, wi. .■ die sonne veranlaszt den herbeizug der
nördlichen luft. Kant 9, 55.
HERBEN, verb. herb maclien ; in Baiern {nach herb 5,0,
sp. 1055) sich halben, einen halben, erzürnen. Schm. 2,235.
vergl. erherhen thcil 3, 848, und verherben.
HERBEREDEN, verb.: versprach ... zu ihrer mutter zu
fahren und durch diese jene herzubereden und beide zu
bringen. J. Paul uns. löge 2, 131.
HERBERGE, f. Iwspilium.
1) das ahd. hcriberga, hereberga bezeichne! lunächst den ort
«0 ein beer lagert, heerlager, feldlager, es überträgt tat. castra :
si consistant adversum ine castra, non timebit cor meuin.
sin Job hereberga gestcllet wider mir, die ne furbtet min
herza. Notker ps. 20 (2, 90" Haltemer) ; die wDlegedrangeton
Iieriberga forhtent die vientü. Willeram lii, 25; geht aber schon
hier in die allgemeine bcdeutung hospilium, casa, tabernaculum
über, und gilt im mhd. überhaupt von einem orte oder hause,
in uelchem fremde für die nacht Unterkunft finden (Lexer wb.
1, 1252). die form des wortcs geht im zweiten theile nach der
eigentlichen mhd. zeit zurück, gewüs unter cinflusz davon, dasz
es als eigentliches compositum niciU immer viehr gefühlt tcird:
dieselben herwerk. Tucher /»aumm/rrfc. 118, 15; Itospilium her-
werg. Dief. nof. fy/osjt. 206*; die herberich sol er haben, ueisth.
3,542; so die liischöf im ganzen innd den huren bei den
prieslern härrig (wie ich im frauonhaus) vergunnen. Schaue
.vflf. t(. ;irt.«qu. 3, 195, 2, eine form die noch weiter verschruntpfl ist
als das kiirnthn. Iierwige, gekürzt lierwc hcrberge. Lbxer 139;
— namentlich erscheint die Verkürzung herbrig rfurcA diLs 16. und
\1. Jahrhundert: in fremden orten in herhrigen. Ernst jer« fi/s-
rrgetzlicbkriten (1697) .« 529 ; hat um hcrbrige gebeten. Wesknick
spieUieben (1702) 163;
ob ich möclii linlien brrbriff hin,
wann Ich so gar hnriAclig hin. II. Sacri 3,3,25;
aber leb mein, du liniiest not
in deiner herbrig. Fischart iliclil. 1,04,819 Kurt,
In f>«md herbrig hin ich geweit
vom vatcrlande. Srlnkccbr piatmcn (1587) 366.
2) hrrberpe in dem ursprünglichen hezuge auf das heer ül
selten: der ubcrige häuf aber liial'Hich auf die matten, also
1061
HERBERGE
HERBERGE
1062
wie die furrierer und quartierer die Lerbergen auszgetheilet
und verordnet. AmaJisZi2; aus den herbergen — welche die
lüneburgischen stände 1392 ausdrücklich abgedungen — war
in kriegszeiten allmälig eine ziemlich ausgebildete einquar-
tierungslast geworden. Stüve wesen u. verf. 123.
3) gewjhnlicli bedeutet iicrberge in den äüern quellen den ort,
uo ein fremder zu nadil bleiben kann, gaslhaus, logierhaus: (die
stände des reiches sollen) alle jähr . . einmal zu Frankfurt oder
Wormbs durch uns selbs oder unsere vollmächtigte bott-
schaft, zusammen kommen . . und soll der keiner auf den
andern verziehen , warten , noch weigern , auf obbestimpten
tag, wie obstehet, ungesaumbt in der herberg zu erscheinen.
reiclislags-absch. von 1512, III § 21; ßrsten, ableien hatten in
Städten, wo sie vßer verkehrten, eigene, ihnen gehörige herbergen.
ScuM. 2,229; zu Jhene in der herberge, da wir von den
Sachen redten. Luther 3,46'; verband im seine wunden . .
und hub in auf sein thier und füret in in die herberge. Luc.
10,34; der meister lest dir sagen, wo ist die herberge, dar-
inne ich das osterlamb essen müge mit meinen Jüngern?
22, 11 ; kamen viel zu im in die herberge. apostelgesch. 28, 23 ;
desselbigen aubents kämmen etlich frembdt edelleut in die
herbrig. Zimm. chron. 2, 487, 22 ; dem groszen graven , deu
sie hatten faren und in die herbrig zu Seedorf geen sehen.
3,156,32; ain offne herbirg {öffentliches gasthaus). 354,33; ein
offen herberg, wüTlshaLüs, pandocheium, hospitium. Dasyp. ; her-
bergen kan niemand mit sich führen. Pistorios thes.par.9,8;
herberg schön , der wirth ein schalk. in schöner herberg
verzapft man auch sauren wein. Simrock sprichw. 243;
wöit aus der herberg lösen mich. H. Sachs 1,516'.
es heiszt zu herberg einkeeren, diverti, zu herberg sein, sla-
bulare. Dasyp.; zur herberge liegen: wo Andriutzo an der
herberge liege. Bocc. (1580) 1, 60';
unil da er nun gen Lübik kam,
wol in die werde stat,
xum Wirt zum weiszen schwane
da er zur herberg lag. Uhlakd volksl. 549.
die offenen herbergen fahren iiamen: als er nun in die stat
Paris gegen aubents kompt und in seiner herbrig zum eisen
creuz wil einziehen. Zimm. chron. 1, 393, 9 ; uf den abent sein
sie gemainlich mit ainandern geen Ulm komen und in des
alten Rauchschnabels herbrig zu der chronen eingekert.
2,409,25; dieweil es aber denselbigen tag ein vastabent, do
äsen die herren und edelleut nit zu hof, sondern kämmen
in die herbrig daselbst zum engel, darin der graf zu herbrig
lag. 3, 310, 1 ; herberge zum weiszen falken. Happel acad.
rom. 28; daher: wo Jesus der gekreuzigle hinkommt, wie
solle da das creuz nicht auch einkehren? er wohnet in der
herberg zum beil. creuz; wen er lieb hat, den züchtigt er.
Otho 592.
4) nach 3 enltcickelt herberge die bedeutung unterkunß, gast-
liche aufnähme, wobei der engere begriff des gasthauses zurücklritt :
herberg, als eines fremden, als bei guten freunden, hospitium.
Frisch 1, 432'; ah, das ich eine herberge hette in der wüsten,
so woU ich mein volk verlassen und von inen ziehen, ]er.
9, 2 ; sucht herberg nahe bei irem {der Weisheit) hause. Sir.
14,25; solchs ist schwer einem vernünftigen man, das er
urab der herberge willen solche wort fressen mus. 29, 35 ;
las das volk von dir, das sie hin gehen in die merkte umb
her, und in die dürfer, das sie herberge und speise finden.
Luc. 9, 12; es ist uf ein abendt spat ein landtfarer .. in ains
pauren haus daselbs kommen und den pauren allain umb
ain nachtherbrig angesprochen. Zimm. chron. 4,107,34; wir
danken dir mit höchstem fleisz , dasz du uns zu herberg
aufnimmst. 6. d. liebe 210'; ihr habt noch keinen mangel an
kleidung und herberg gelitten. J. B. Schcppiüs 177; verdachtige
person zur herberg aufnemen. ball. slud. 15,9; aus einem
verborgenen winkel muszt ich in den andern Qüchten , mit
den wilden thieren auf den gebirgen um herberge kämpfen.
Klinceb 5,205; Wahrheit findet keine herberge;
wer jetzt die Wahrheit sagt,
fleiszt sich des rechten, wie die frommen,
der kao kein herberg niergend bkommen.
B. Waldis Esop 4, 74, 148;
0. sie hat den abend mich zur mahlieit eingebeten.
C. und schiägl ihr herberg ab in dem so weiten hausz?
A. GatPuiLs 1098 1, 226;
bei weib und wein und bei gesang
war Lutbern dort [in Weinsbeni) die zeit nicht lang;
auch länd er herberg und gelasz
lür tcnlel und lür dititenfasz. l'MtA>D <jed. 319.
5) auch die mietswohnung , die ein nicht orlsanyehöriyer, aber
im orte sicli längere zeit aufhaltender in irgend einem hause be-
zieht, heiszt, namentlich im 16. jaJtrh., herberge: do namen die
zwen graven von Eisenburg, gebrueder, . . herr Frohen Cristof
sampt dem preceptor zu sich in ir losament, so lang, das
er ain gelegne herbrig bekeme. Zimm. chron. 3, 240, 13 ; do
überkamen die herren ain herbrig und den disch an ainem
stillen und wolgelegnen ort bei ainem advocaten im gaist-
liehen gerichte. 319, 1 ; ward dem jungen herren, grave Got-
friden Christofen , herbrig und der disch bei eim priester
und pfarrer . . bestellt. 30 ; seiner herberg zuziehen , wider
in sein wonung keeren, revisere suas sedes. Maaler 218'. es
heiszt (wie oben 3) zur herberge liegen , sein , die herberge
bereiten : bin zur herberge gelegen bei unserm bruder Gabel.
Toö. 5, 9 ; nun lag grave Jos oberhalb sant Ulrich in eines
kursners haus zur herbrig, Zimm. cliron. 4, 43, 19 ; welcher
ist zur herberge bei einem gerber Simon, des haus am meer
ligt. aposlelgesch, 10, 0 ; bereite mir die herberge , denn ich
hoffe , das ich durch ewer gebet euch geschenket werde.
Pliilem. 22; herberge halten, in solcher weise wohnen; bildlich:
der den himmel kan verwalten,
wil jetz herberg in dir halten.
Jon. Frank 'schmücke dich, o liebe seele\
So bekommt herberge den sinn mietswohnung überhaupt, für arme
einheimische familien, die ein eigenes haus niclit vermögen (in Baiern
auf dem platten lande noch jetzt Schm. 2, 228) : das barfüszer-
kloster zu Wittemberg den armen zur herberg zu verordenen.
Luther 3, 390'; e, churl. gn. wollen solch kloster, sampt
Greger Bürgers räum und gebew, unserm herrn Jhesu Christo
zu einer herberg und wonung, für seine arme glieder ver-
ordnen und geben. 391*; zoch wider zurück in sein alte her-
berg, lies hinfurbas seinen eifer faren und ward ein recht-
geschaffner hausman. VVickram ro//(f. 154,2 Kurz, endlich heiszt
auch die dienstwohnung eines untern beamten herberge: so hat
ein ziler im schieszgraben am sante sein herwerk vergebens
und gibt kein zins, Tccher baumeisterb. 118, 11.
6) die geringe beschaffenheü mancher solcher unterkunflshäuser
(oben 3) wird durch die öfler vorkommende bezeichnung kalte
herberge angedeutet: zu der kalten herberg. Garg. Sl'; die
kalte herberg, ein Wirtshaus bei München. Schm, 2, 229 ;
nu Herr mein goit, ins vaierland, aus kalter herbrig,
' und aus des kerkers süud und schand, gnedig lühr mich.
Sel:heccer psalmen (1587) 266;
zur eilenden herberg, da alles jamer ze herberg ist, hospi-
tium calamitatis. Maaler 218'; diejenigen (herbergen) hergegen,
bei denen eingangs gedachte beqvemlichkeit nicht anzutreffen,
und die bewirlhung öfters so schlecht als möglich, gleich-
wohl dennoch zu denen herbergen oder wirlhshäusern ge-
rechnet sein wollen , pflegt man mit den zunahmen einer
finstern, kalten, pracher-, oder gar bettler-herberg, ingleichea
zum nobiskrug, letzten heller u. s, f. zu belegen, öcon. lex.
(1731) 1003. daher herberge der winkelschenke gleichgesetzt:
wir wollen auch die winkelwirthschaften und herbrigen hier-
mit abgeschafft haben, corpus conslit.Brandenb-Culmb.2,i, 646.
den geruch in solchen herbergen kennzeichnet die redensart; es
schmeckt nach der herberg, illuviem olct, sapit sterquilinium.
prompt, von 1618 bei Schm. 2, 228, die in Düringen noch jetzt
gebräuchlich ist.
7) herberge hat, und für die neuere spräche fast durchaus,
seinen begriff verengt zu dem des gasthauses, das eine handwerks-
zunft für ihre zusammenkünße und für die Unterkunft zuwandernder
gesellen hält. Jacobsson 2,254*: endlich gieng ich in ein bier-
haus , liesz mir ein nösel hier geben , und fragte nach der
schneider-herberge, da beschrieben sie mir es, dasz ich also
die herberge mit genauer noth wider fand. unw. doctor 369 ;
herberge wegbringen, die lierberge öffentlich von einem hause in
ein anderes verlegen , womit ein feierlicher aufzug verbunden ist.
Jacobsson a. a. o.
S) herberge bildlich, Zufluchtsort, zufluclit: in den herzen der
menschen , welches ein herberge der ungefälschten reinen
warhcit sein soll. Scbuppius 570; die reichen sind . . . den
pilgrainen eine herberge. pers. rosenth. 7,20;
der redlichkeit herberg und schütz. Wbcibehlin 572;
gekommen bin ich bis zu der äuszerslen
herberge Karmels, bis in den hohen wald I
Klopstock 6, 242 ;
am wege dort ein cruciGi,
des Unglücks herberg, ragt. Lenao neue ged. 60.
* 671»
1063
HERBERGEN — HERBERGER
IIERBERGERIN — HERBLASEN
1064
9) in der lauäwiiiscliaß ist Lerberge der boden, in welcliem
pflanzen stehen : es musz auch dieses hei den alten reben in
gute betrochtung kommen , ob der gnind feist oder mager,
denn die frechen und geilen weinstücke, die gute ffette her-
berg haben , und die mehr frucht ernehren können , denen
kan man wol mehr äugen lassen. Hohberg 1,33s'; weil aber,
wann ein nasser herbst ist, die carde leichtlich faulen, neh-
mens etliche mit samt der würzen aus, . . und setzens ent-
weder an einen erhöhten ort, wo ihnen die nässe nicht
schaden kan, oder gar in den keller in die erden; allein
gehts damit viel mühsamer und längsamer zu, als wann sie
in der ersten herberg bleiben können. 500'.
10) bei den salzwirkcrn in Halle a.S. bedeutete soole zur her-
berge austluin, dieselbe bis zum nächsten sieden stehen lassen
und zum aufheben übergeben: sie {die salzwirker) dürfen ohne
Torwissen ihres herrn, deme sie das salz sieden, keine sole
kaufen, verkaufen, verborgen, auch weder herbergsweise ein-
nehmen , noch zur herberge austhun. Hohndorf beschreibung
des salzwerks zu Halle, vermehrt von Dreyhaupt (1749) s. 63. vgl.
unten herbergen 3.
HERBERGEN, verb. intransitiv und transitiv; die gekürzte form
herbern, peherbert werden, hospitari bezeugt Schm. 2, 229 aus
AVENTIN.
1) intransitives herbergen, herberge, gasllicJie aufnähme, Zuflucht
finden oder haben, alid. heribergon hospitari, mhd. herbergen :
herbergen , hospilare vel hospitari. voc. ine. theut. i 4' ; haben
wir auch räum in deines vaters hause zu herbergen? l Mos.
24, 23 ; hebt auf aus dem Jordan zwelf steine, . . und bringet
sie mit euch hinüber, das ir sie in der herberge lasset, da
ir diese nacht herbergen werdet. Jos. 4, 3 ; und ein feldteufel
wird (in wüsten palläslen) dem andern begegnen, der kobold
wird auch daselbs herbergen, und seine rüge daselbs finden.
Jm. 34, 14; füreten uns zu einem, .. bei dem wir herbergen
solten. apostelgcsch. 21,16; wo wilstu aber herbergen, wann
du kein geld hast? Simpl. 2,198 Kurz; gib dein hausz zum
besten, dasz der elephant mit hinein kan gehen und darinnen
herbergen. pers. rosenth. 8, 119 ; L. wo haben sie die erste
nacht geherberget? G. nahe bei Sala, aber etwas auszer dem
wege bei einem bauen A. Giiyphius 1698 1,857; du kennst
von alters her meine art, mich anzubauen, mir irgend an
einem vertraulichen orte ein hüttclien aufzuschlagen, und da
mit aller einschränkung zu herbergen. Göthe 16, 16.
2) transitives herbergen , herberge , aufnähme gewähren , ahd.
nicht nachgewiesen, mhd. als herbergen vorhanden : ich was ein
gast und ir herbergitet mich. Behaims ev.-buch, Matlh. 25, 35
(Luther habt mich beherberget) ; also lesen wir, das Abraham
und Lot reich waren , und gerne herbcrgeten die pilger.
Luther 3,293*; es war niemand, der sie die nacht im hause
herbergen wolt. rieht. 19,15; herberge nicht einen jglichen
in deinem hause. Sir. 11,30; da rief er inen hin ein und
herberget sie. aposlelgesch. 10, 23 ; dasz niemandts in der statt
geherberget, sonder jeder sein zeit, auf den weiten schönen
matten, neben dem wasscr und buchen aufschlagen liesz.
Amadis 312; daher ich denn achte, dasz er diese desto lieber
herbergen werde. 355 ; wann ich wüste, dasz du keine lause
hättest, so wolte ich dich herbergen und in ein gut bett
legen. Simpl. 3, 198 Kurz; das weibsding {die geduld ist gemeivl)
müssen wir iierbergen. Lenz 1, tSl ; wo kann ich dich besser
herbergen, als in diesem herzen? Tieck 4,93;
denn nichi ist mir erlaubt, dasz ich hcrbcrg oder entsende
lolcben mann, den räche der seligen götier vcrfolgei!
Odyssee 10, 73.
über die allitterierende Verbindung hausen und herbergen sieh
hausen H, .<tp. 060. das objecl zu herbergen ist unterdrückt:
berbergct gerne {rijv fpiXoteviav Stcöxoiies). Rüm. 12, 13 ;
dort mit dem scbilTe gelangt an den Tclsstrand , lenkten wir
heimlich
lur berbergendcn bucht. Odyssee 10, 141.
3) in der technischen spräche der salzwirker zu Halle an d. S.
heifzl soole in den hörnen herbergen ton der soole die bei dem
ordentlichen sieden aus jeglichem brunnen gezogen werden soll,
rtwat bis zu dem folgenden sieden zurücklassen. Jacobsson 2, 264*.
rergl. oben herberge 10,
HERRLKGKR, m. l) der viieUmann, der zur miete wohnende,
womu in llatrrn auf dem platten lande sich gewöhnlich der bciftff
rinn- hnhrn armul verbindet. ScHM. 2, 228.
1) hert.crger, der eine herberge hält. Wirt, franz. Simpl. \,iT:
«cheuete «ich toclit, hie tiiid da tiritfTwct;>! iin<!rrf hcrbcrgcr
zu bestehlen, und hätte es auch nur ein silberner löffcl sein
sollen. Simpl. 2, 149 Kurz.
HERBERGERIN, /. zur miete wohnendes wcib, nadi herberger l
oben. ScHM. 2, 228.
HERDERGFREI, adj. gastfrei, bei S.Frank: etlich sind
herbergfrei, beherbergen die bilgram. weltb. los'; und ist ein
herbergfrei sanftmütigs gutwiliigs volk. 225*; {herzog Friedrich
von Sachsen wai) gegen den frommen wolthettig, gegen den
gesten gastfrei, gegen den frembden herbergfrei. Germ, chron.
(153S) 251'.
HERBERGIEREN, verb., was herbergen. Stieler 1C5. das
mit ausländischer endung umkleidete wart galt schon im viittel-
alter. Lexer wb. 1, 1253.
HERBERGIERER, vi. wirt einer herberge: herbergirer, hos-
piliorum designator, item caupo , tabernarius. Stieler 165; ein
vornehmer, hochangesehener mann, Tobias Cober, herbergirer
zu Görlitz, pflegte zu sagen, es sei jetzt besser zu sterben
als vorzeiten. Otho 841; wann einem die bauren nur etwas
vom stinkenden käse, benebenst einen trunk äpfelwein auf-
setzen, halten sie es höher, als die gemeine wirthe und
herbergirer ire delicateste tractamenten. baurenst. lasterpr. 164.
HERBERGLEUTE, plur. leide die zur miete wohnen {vgl. her-
berger 1 oben). Schm. 2,228. in Obersachsen {als herbergsleute)
auch wirt und wirtin einer zun/therberge. vgl. herbergsmutter,
-vater.
HERBERGMANN, m. mietsmann, mieter. Schm. o. o. o.
HERBERGSMUTTER, f. wirtin einer herberge, gattin eines
herbergsvaters.
HERBERGS-, HERBERGVATER, wi. wirt riner herberge:
wenigstens jede mäszig grosze zunft hat in einer Stadt ihre
herberge, der wirth hciszt der herbergvater. Jacobsson 2,254';
der herbergsvatcr und seine frau gingen in der stube auf
und ab. Riehl culturgesch. nov. 348.
HERBERGSWEISE, adv.:
wiewol sie selbsten frömdling sein,
und herbergsweisz nur aufgenommen. Rompler 38;
keine soole . . . herbergsweise einnehmen. Hohndorf beschr.
des salzwerkes 63. vergl. oben herberge 10.
HERBERGUNG, f. : hcrbergung der frembden, hospitium et
hospitalilas. Dasyp.
HERBESTELLEN, verb.:
dasz ich die böhmschen spielleut herbestellte. Körnbr 2,79;
auch : er hat herbestellen lassen, dasz er nicht kommen könne.
vergl. bestellen 7 und 11, theil l, 1674. 1675.
HERBETEN, verb. etwas betend Itersagen {vgl. her .<!p. 1000):
mit gebogenen knien und gefaltenen bänden ein gebet her-
beten , flexis genubus et conjunclis manibus precationem dicere.
Stieler 179 ; wenn das erlernte eine feierliche formet ist,
die, wie man sagt, hergebetet werden musz. Kant 10,191;
der custode, der um nach gewohnheit fertig zu werden die
auswendig gelernte schnurre herzubeten anfing. Göthe 23,39
HERBHEIT, f. das herbsein: herbheit unreifer fruchte, in
übertragener bedeutung [{nach herb 5) : die herbheit mancher
älteren Xormen. Becker wcllgesch. 14, 47.
HERBICHT, adj. acerbus : der geschmack ist allzuherbicht,
peracerbum gustatu est. Stieler 829. diese form und die nach-
folgende herbig schwanken in einander über, vgl. gramm. 2, 382.
HERBIG, adj. accr, acerbus, Weiterbildung von herb; i»i über-
tragener bedeutung {vergl. herb 5): also ein herbigs ding ist
es umb zorn. Paracelsus o/>j». l, 509*; herbig und unfreund-
lich manen, accrbius exigere dcbitum. Stieler 829.
HERBIGKEIT, f. acerbilas, austeritas. Steinbach 1,73S: der
herbe geist macht eine gestrenge, harte, kalte herbigkeil.
J.Böhme i4«rürtt (1835) 134; der leichtsinnig trunkene grimm,
die muthwillige herbigkeil, die das halbgule verfolgen, und
besonders gegen den geruch von prätension wütheu , sind
dir in mir zu wohl bekannt. Göthe an Lavater 120; die her-
bigkeit, mit welcher der söhn ihr vorhin ... begegnet war.
V. Lewald Stella 353.
HERBLASEN, verb. 1) durch blasen her befördern {vgl. bla-
sen 4, thcit 2, C9) :
«anfle KclimeichelU'irichon blasen
wohlgcrücho vor ihm bor. IICrckr 113';
wo hat dich denn der wind hergeblascn? fragt man einen
plötzlich und unvermutet gekommenen.
2) in bezug auf musikinstrumente {vgl. blasen 5, theil 2, CU,
und her oben .t;i. lOOü): ein lied, ein solo herbloscn. gevöhn-
Ucli mit verdchthchem nebensinne.
1065
HERBLICH — HERBRLNGEN
HERBRINGEN— HERBST
1066
HERBLICH, adj. subaceibus, ein u-enig herb. Frisch 1,444":
aus dem alter, welches, wie fruchte vor der völligen reife,
hart und herblich ist. Winkelmask 4,112; womit ich meiner
antwort blosz das herbliche benehmen zu wollen schien.
WiELASD.
HEKBLICKEN, rer6.;
seht, wie sie herblickt und die slirne faltet,
zornglühend aus den flnsiern wimpern schaut!
Schiller Jungfrau 4, 3.
HERBLING, m. l) pfe/ferschwamm, agaricus piperalus. Nem-
NICH 1, 411.
2) unreife frucht, was härling 2, sp. 480, härtling sp. 516
und heerling 5p. 758.
HERBORGEN, verb. auf borg hernehmen :
in Pegu borgt man weiber um ein gewisses pfand;
wie mancher wüntschte borgen aucfi her in unser land!
LoGAU 3, 147, 60.
HERBRÄÜSEN, verb.:
blas in die kost das es drinn saust,
als ob ein grosier windt her braust.
grobianus (löbS) F. 7* (t.2, cap.2);
von morgen wähet her der ost,
von nidergang der west herbloszt,
von mittnacbt der nordwind herbrauset,
von mittag der sudwind hersauset. Sebiz feldb. 6.
HERBRECHEN, verb. 1) anbrechen, vom tage gesagt (vergl.
brechen L 21, Ih. 2, jp. 344): an einem morgen fruo, als der
tag herprach. Steixhöwel (1487) W. 54; und als der tag her-
prach, kamen dem haubtman die meer und ein botschaft
über die ander, das der häufen der veint , . . daher zugen.
WilwoU V. Schaumb. 114 ;
du schaffst grosz jamer und grosz not,
e morn der tag her brichet
so seind drei menschen tot. Ubla:<d volksl. 193.
verijl. auch daher brechen (heil 2, 680.
2) reflexiv se efferre, vergl. sich brechen 1, Iheil 2, 350 und
sich heraus brechen oben sp. 1029, auch tinten sich herfür
brechen :
Tymbor, der graf von Golison,
legt uns bie allen grosz schandt an.
der thut gar hoch herprechen sich.
J. Ayrer 410' (2060, 21 Keller).
HERBREITEN, verb. nach einem sprechenden zu auä>reüen:
breite den teppich her;
dann mögen diese feJsen um uns her
die undurchdringlich teste mauer breiten.
Schiller Teil 3, 2.
HERBRINGEN, verb. in verschiedenem sinne.
1) mil sächlichem objecl, afferre, herzutragen : ahd. bringet sie
{die gerstenbrote) mir hera (a/ferte illos mihi huc). Talian SO, 4;
md. si antworten ime: wir habin hl nichtes nicht, nur fünf
brot und zwene fische, her sprach zii en : brengit si mir
her ! Behaims evang. buch, Matlh. 14, 18 ; nhd. bringet mir her
brandopfer und dankopfer. 1 Sam. 13, 9 ; bringe mir her den
leibrock. 30, 7 ; er sprach, bringet mir her ein newe schale,
und thut salz drein, und sie brachtens im. 2ftün. 2,20;
bringet her von den fischen, die ihr itzt gefangen habt. loh.
21,10; mit ausgelassenem vbject: der eigel hat zwo töchter,
bring her, bring her. spr. 30,15; sprecht zu ewrn herrn,
bringe her, las uns saufen. Arnos 4,1;
sie rief irm mann, dem alten äffen
von Heidelberg, das er her bräclit (nämlich tu essen
und zu trinken),
den fuchsz, im ohmen, rrölich macht.
B. Waldis Esop 4, 7, 53.
unsinnlicher: bringet her dem herrn, ir gewaltigen, bringet
her dem herrn ehre und sierke. ps. 29, 1 ; bringet her dem
herrn ehre und macht. 96, 7; härbringeii oder anziehen,
etwas zu bewären, in argumentum ducere rem aliquam. .Maaleb
205*; ein neuwen sitten oder brauch härbringen, morem in-
ducere. das.
2) herbringen, adducere, herzuführen, herleiten, das object ist
ein lebendes vesen. ahd. auch von Iheilen des belebten kOrpers :
bring thinan fingar hera inti gisih minü henti inti bring
tliina hant inti senti in inlna sita. Talian 233,6;
mhd. und sprächen alle bcsunder:
wer bräbte disen riter her? Iwetn 23$1,
brengit in her zu mir {den besessenen)'. Behaims evang. buch,
Matth. 17,16. nhd. bringe meine süne von ferne her, und
meine töchter von der weit ende. Jes. 43,6; da befalh der
könig, das man Daniel her brechte. Dan. 6, 16; meister, ich
habe meinen son her bracht zu dir. Marc. 9,17; bringet ein
geraestet kalb her, und schlachtets. Luc. 15, 23 ;
brenget here einen esel, sprach der man,
der da seck tragen kan I
Keller attd. erzählungen 97, 24 ;
so gebe nu hin, bring einen (mann) her.
B. Waldis Esop 4, 60, 43 ;
die fraw sähe sawr, bei ir gedacht:
hat dich der teufel jetzt her bracht? 66,173.
3) herbringen, t-on einem früheren zeilpunkte her bit auf die
gegertKort führen oder zu eigen haben , zunächst in bezug auf
angeerbtes oder vererbtes, gemeiniglich im pari, praet. hergebracht
haben : wand wir von genaden gotes des heiligen römischen
riches des egenanten unseres gofchuses Hute und gut fri-
lichen von dem heiligen römischen riebe barbracht haben.
weisth. 1,175 {Interlaken v. 1404); auch will das adeliche hau?
Schulenburg eine hodegerechtigkeit hergebracht haben. Moser
osnabr.gesch. 1, 173; vorzüglich in bezug aufsitle, redite, gewohnheil,
gebrauch: an der christgleubigen nation gebrauch, den sie
nach Ordnung der christlichen kirchen so lange jar herbracht
haben. Lcther 1, 460'; hergebrachte weise, gewohnheit, ama-
joribus traditus mos. Frisch 1, 139*, vergl. Haltaus 890; alle
gewohnheiten und regeln, die der beifall gesitteter menschen
hergebracht hat. J. E. Schlegel 5,31; da tritt herein die über-
gnädige dame von S. mit ihrem herrn gemahl und wohl aus-
gebrüteten gänslein töchter, ... machen en passant ihre her-
gebrachten, hochadeligen äugen und naslöcher. Göthe16,103;
gewöhnlich saszen sie abends um einen kleinen tisch, auf
hergebrachten platzen; Charlotte auf dem sopha ... 17,90;
ebenso steckte Melina mit vergnügen, als kammerjunker oder
kammerherr, die grobheiten ein , welche ihm von biedern
deutschen männern, hergebrachter maszen, in mehreren be-
liebten stücken aufgedrungen wurden. 18, 249 ; weil dieses
wort {gespensl), durch bezeichnung der prismatischen erschei-
nung, das bürgerrecht in der farbenlehre sich hergebracht
und erworben. 54, 245.
HERBRINGEN, n. beständige gewohnheil, der substantivisch
verwendete inftniliv des vorhergelicnden Wortes in der bedeutung 3 :
durch langes herbringen aus hinlässigkeit des oberherrns.
Seckesdorff fürslenr. 491.
HERBRL.MMELN , verb. {vergl. brummein theil 2,428): sie
als denn bisweilen etwas, so dem gebet ähnlich war, her-
zubrummeln pflegte, ehe eines mannes 357.
HERBRÜMME.N, verb. :
drob brummt er einen halb erstickten fluch
auf Nettchen her. Göki^gk 2, 222.
HERBST, m. aulumnus.
ahd. herhist, herpist, mhd. herbest und herbst, niederländ.
herfst und herft, ags. hearfest, härfest, engl, harvest. die ety-
mologischen bezüge zu griech. xaonös frucht, xa^i^ca ernte,
lat. carpere pflücken sind von Griuji gramm. 2, 368 erörtert,
die enge Verwandtschaft dieser Wörter aber mit andern die schneiden
und trennen ausdrücken ; lat. scalpere, griech. ayog:ti^(o, lit.
kirpti scheeren, prakrit. kalpayati er zerschneidet, ahd. scarph
scharf u. a. macht es waJirscheinlich, dasz herbst {eine zustands-
und Zeitbildung mil demselben sufftxe wie dien-st) zunächst auf
das gewinnen des getreides mittels der sichel zielt, und also etwa
zeit und Vorgang der getreideernle bezeichnen will, die vian sonst
auch schnitt heiszt. Weinhold monatnamen 54; vergl. schnit-
monat das., und oben haberschnitt sp. 87.
herbst bedeutet
1) die dritte der vier Jahreszeiten, astronomisch wird sie be-
stimmt von dem eintrill der sonne in die wage (21. septbr.) bis
zum eintritt der sonne in den Steinbock (21. december). in der
anschatiung des Volkes umfaszt der herbst die monate September
und october, auch november, so dasz diese drei monate selbst den
namen herbst führen, oder genatier unterschieden werden der erst
herbst, der ander herbst, der drit herbst. Weishold monat-
namen 41. 42. doch nicht durchaus: wenn auch für november
der ander herbst gilt, so wird dadurch der eintritt der Jahres-
zeit in den october verlegt; wenn andrerseits aber in Tegernsee der
September den namen uberherbst führt {Germania 9, 196) so
rechnet man als ersten herbstmonat den august, ttnd hierzu stimmt
dän. hoeslmaaned m derselben bedeutung, wie ein allfranz. erbast
augu^: trois fois lannee . . cest a sauoir en feurier, en may
et en erbast. wei^h. 4, 462 {Pruntrut, v. 1350). in den fällen,
wo herbst dem mai entgegengesetzt wird: wenn man richten
1067
HERBST
HERBST — HERBSTEN
1068
wil ze meien und ze herpst. weislli. 4, 280 (vcrgi auch die
unten folgenden compos. herbslding, heibslgeding, herbstgericht,
herbstrecbt, berbststeuer, herbslbede) ist vidleicht auch nicht
sowol der gewöhnliche berbstmonat September (vgl. unten «p, 1071),
als vielmehr der august verslanden, da den oben genannten franzö-
sischen regelmäszigen zeilabschnillen auch in deutschen licbtinesz,
iiiai und herbst entsprechen, vergl. unten unter herbstrecbt.
Sonst wird der herbst gescliildert als die Jahreszeit in der das
laub sich färbt, aber auch die zeit der ernte und der jagd:
herbest der des mcien wät
vellet von den risen.
Steinmar in Wackerjcagels leseb. 741,23;
im herbste sieht man als opalen
der bäume Lunte bläuer strahlen. Bhockes 2,107;
in des leiues heiterm glänze
lese jede zarte brüst,
in des herbstes welkem kränze
meinen schmerz und meine lust.
ScuiLLER klage d. Ceres;
freut euch, ir lieben knahen,
der herbst erzaigt sich wol. Uuland vutlisl. C07;
der frühliiig ist zwar schön, doch wann der herbst nicht war,
war zwar das äuge sat, der magen aber leer.
LoGAü 2 s. 76, HO. 87 ;
so bald der nächste herbst im walde dehnen stellt,
und Bacchus um den wein sein jährlich trinkfest hält.
GÜNTUER 063;
des herbstes goldner sonnenstaub
umwebt der reben üppig laub,
und aus dem laube blinkt hervor
der wiazerionen bunter chor. Ublakd ged. 320;
ich bin der letzt auferwacbet, wie einer der im herbst nach-
lieset, und gott bat mir den segcn dazu gegeben, das ich
meine keiter auch vol gemacht habe, wie im vollen herbst.
Sir. 33, 17 ; stellen sie sich ein unermeszliches land vor, dem
die angenehmste abwechslung von bergen, thälein, Wäldern,
bügeln und auen unter der herrschaft eines ewigen früh-
lings und herbstes, allenthalben wohin man sieht, das an-
sehen des herrlichsten lustgartens giebt: alles angebaut und
bewässert, alles blühend und fruchtbar. Wieland 19,41;
da thut sich ein lachend gelände hervor,
wo der herbst und der frühling sich gatten. Schiller 50*.
2) personificalion des herbstes mehrfach: der Lenz, der Sum-
mer, der Herbest und der Winter, die vier erquicker und
hanthaber des jares , die wurden zwiestueszig mit groszen
kriegen. Wackernacel leseb. 1143, 18 ;
herbest, underwint dich min :
wau ich wil din belfer sin
gegen den glänzen meien. 741,29;
wohl ist der herbst ein ehrenmann,
er bringt uns schnabelweide. Claudius;
schon seht ihr den triefenden herbst mit leerem fruchthorn
entweichen. Ramler 1, 12.
3) herbst, die ernte im allgemeinen (vgl. auch unten herbsten 2) :
was thun? spricht Zeus, die weit ist weggegeben,
der herbst, die jagd, der markt ist nicht melir mein.
Schiller tlieilung der erde;
besonders aber die treinernte , weinlese. Sciim. 2, 235, Lexer
tt'6. 1,1253: vindemia herbest, herbste, herbst, herbs, hirbst
DiEF. 620*; seinen herpst einsamlen und abwümmen, cogere
vindemias. Maaler 218*; den herbst ... einmachen {den ge-
lesenen wein keltern). Sebiz feldb. 48; was nemlich der wein
oder getreid zu zeit desz contracts, oder aber vierzehn tag
die nechsten nach dem herbst oder erndten gelten wird.
retchspolizeiordnung v. 1577, tit.i\), §.3; haben die moselbauern
diesz Jahr guten herbst gemacht? Fr. Müller 3,353; im bilde:
bin ich auch ihm iiirbt atigcweibt,
er mir der liebste buhle bleibt.
lür uns ist solch ein herbst gereift! Götub 41,273.
sj/richwörtlich in der Schweiz: es geht alles in herbst, mit bezug
auf die fröhliche zeit der weinlese, wo alles erlaubt ist, Stalder 2,38.
4) herbst bildlich, vvn dem sinken der lebenskraß des mensch-
liclien körpers und geisles, sowie vom niedergang des gliickes; das
bild ist im IC. )A. wenigstens angrdeiUet : folgt demnach die herbst-
zeit, darinn dem grasz alle frdud und mut vergehet, fuhet an zu
trauren, gleich wie es ein gestallt gewinnt mit drsz menschen
leben, so es kompt auf das fiinfzigst jar. Seuiz fcldb. 54 ; doch
gehen die folgenden belege nicht über die mitte des 18. jh. hinauf:
ebenderselbe, welcher in dem frühlinge »eines Icbcns unter
liebesgOtlern und grazien . . herum geschwärmt, eben derselbe
kann sich ja leicht in drin reifen berbsle seiner jähre in den
philosophischen mantel einhüllen. Lessinc 5, 3; wiedienatur
sich zum herbste neigt, wird es herbst in mir und um mich
her. meine bialter weiden gelb, und schon sind die blätter der
benachbarten biiume abgefallen. Güthk 16,117; er sollte noch
im herbst seiner jähre den einQusz des Zeitgeistes empün-
den und auf eine nicht vorzusehende weise ein neues leben,
eine neue Jugend beginnen. 32, 258 ; ich verstehe — lenker
im hinimel . . die blätter fallen von den bäumen — und mein
herbst ist kommen. Schiller räuber 4,5; Emanel sah ruhig
wie eine ewige sonne, auf den herbst seines körpers herab;
ja, je mehr sand aus seiner lehens-sanduhr heraus gefallen
war, desto heller sah er durch das leere glas hindurch.
J. Paul Hesp. 1, 209;
und so verlebt er nun in arbeit und genusz
des lebens späten lierbst. Wieland 23,85 (06.8,25);
schwalben die im lenze minnen,
fliehen, wenn der nonlstiirra weht,
buhler scheucht dein herbst von hinnen,
einen freund hast du verschmäht. Scuulkr an Minna,
in bezug auf den abend:
du, 0 herbst des tages, der du besonders mich reizest
mit dem gütigen hiinmel, mit sanftem gemäszigten sonnen,
und mit stillen schatten. Zachariä tnijeszriten (1757) s. 95
(vergl. frühling des tages für morgen s. 4),
sonst zeillich: jede minute ist der herbst der vergangenen.
J. Paul Hesp. 4, 44.
HERBSTABEND, «J. .• es war ein herbstabend, wie wir
unserm sommer selten einen verdanken. Göthe 27, 159; eines
späten herbstabends. H. Heine 12, 182.
HERBSTAPFEL, «i. eine im Spätherbst reifende apfelart.
HERBSTARBEIT, f operae autumnales. Stieler 48.
HERBSTARREST, vi. beschlagnahme der Weinernte. Scu«.
2, 235.
HERBSTAUFENTHALT, ni.; seinen herbstaufenthall in
Italien nehmen.
HERBSTBEDE, f. Steuer im herbslmonal zu entrichten (vergl.
bede, //j. 1, 1221): herbstbeede, collecta üur«mna/w Stieler 176;
als fiel das dosier an den obgenannten dreitzehen guten
zinsze hat, als fiel haben die herrn von Rienecke von den-
selben gutern zu meyen und herbstebethe. weisth. 3, 547 (Frati-
ken, V. 1456).
HERBSTBIRNE, f: autumnalia, Tybcriana, herbslbirn Alb.
dict. unter den birnenarten; die berpstpyren, spalpyren, pyra
autumnalia Maaler 218*. mhd. herbestbire. Lexer wb. 1, 1253.
HERBSTBLUME, f. 1) im allgemeinen, im herbste blühende
blume: herbstblumen, flores autumnales Stieler 203; mutler,
da bin ich. gar viel schone herbstblumen ! Fr. MIIller 3, 330.
2) herbstblume, Colchicum autumnale, die herbstzeitlose. Nem-
KICH 2, 1101.
HERBSTBRIEF, m. obrigkeitliche Verordnung, durcli welche
die weinlese eröffnet wird. öcon. lex. (1731) 1004.
HERBSTBUTTE, f butte zum gebrauch bei der weinlese: der
wirth (in Wciuheim an der bergslrasze) entschuldigle sich, wie
ich eintrat , dasz mir die herbstbultcn und zuber im weg
stünden. Göthe bei Scholl br. u. aufs. ICl.
HERBSTBUTTER, f butter die im herbst gewonnen wird; auch
stoppe! butter genannf sie ist geringer als die maienbulter, die
im monat niai gefertigte.
HERBSTDING, n. aUerum placitum solenne, autumnale. Halt-
Aus 892. das erste ungebotene gericid im jähre ist das maien-
ding, s. d.
IIERBSTDURCHSCHÜTTERT, pari. :
wie ein herbstdurclKschütterter Strauch
ist das zagende vaturland. üückkrt 632.
HERBSTEIS, »i. eis das im herbste entsteht, dicliter und kdllcr
als frühlingseil. AdElu.nü.
HERBSTELN, verb. I) vom weiter, sich so einstellen^ wie es
diese Jahreszeit gewöhnlich niU sich bringt. Scum. 2,235; känithn.
herwsliian, anfangen herbst zu werden. Lexer 139; schwci:.
herbstela, hierbstela. Tobleh 264*.
2) das herbstelnpicl (.v. d.) s^iielen. ScHM. a. a. 0.
HERBSTELSI'IEL , n. eine art Würfelspiel mil sechs würfeln,
von welclwn jeder nur auf einer seile eine zahl hat, in der höcli-
sten zahl aber nur 21 geworfen werden können. Schm. 2, 2.15.
HERBSTEN, verb. I) intrans. und unpersönlich herbst werden:
bcrb^lcii , autumnescere , anfangen herbft zu »erden. Frisch
l,4ii";
rh e« harbstel.
vMt um die Rrxiorline rus«.
L. Drivii tigilien {Bonn 1839) 03.
1069
HERBSTEN — HERBSTFROST
HERBSTGARBE— HERBSTLICH
1070
2) mit persünl. subjed {nach herbst 3 oben) ernten. Schk.
2, 235 : in dem lenzen het er zu säen, in dem herbst liet er
zu herbsten. Pauli schimpf 93'; besonders weinkse halten:
vindemiare herbesten, herbsten. Dief. 620"; herbsten, Weinlesen
GoLii onomast. (1582)370; herbsten, wümlen, wümmen, läsen,
vindemiare, vindemiam facere. Ma.\ler 218*; von den dornen
lesen si nicht figen, noch von dem busche herbisten si nicht
winber. Behaims evang. buch, Luc. 6,44; man sol der zeit
und stat gefahren, und schneiden weil die erndt, herbsten
weil der herbst ist. Agr. spr. 211"; man soll herbsten so
lang herbslzeit ist. Simrock sprichw. s. 243; ausführlicher
Unterricht, wie man eigentlich herbsten soll, und was bei
der Weinlese zu beobachten. Hohbf.rg 3, 1, 272; sie schlugen
die bauern, brandschatzten die herren, ernteten, herbsteten,
raubten vieh. J. v. Müller schw. gesch. 2, 32S;
bald hebt sich auch das herbsten an,
die kalter harrt des weines;
der Winzer schulzherr Kilian
bescheert uns etwas leines. Scheffel gaudeamus 54.
bildlich: also hat auch die natur ihre vässer selbst gebunden,
in denen die feuchte sein sollen, so im menschen gewimlet
und geherbstet werden, das seind vasa naturae. Paracelsüs
1, 295'.
HERBSTENTE, f. anas aulumnalis. Nemnich.
HERBSTEiNZIAN, m. genliana amarella.
HERBSTER, wi. vindemiator. Golii onomasl. 49.
HERBSTERTRAG, n». ertrag der ueinlese. Schm. 2,235.
HERBSTESANFANG, m. : zu herbstesanfang, den 21. Sep-
tember.
HERBSTESDÄMMERUNG, f.:
triuraph ! auf herbstesdämnterung
folgt milder frühlingsschimmer.
Kosecarte:i poes. i, 334.
HERBSTESLÜFT, f.:
wars nicht wie klaggesang,
was sich im strauch verlor?
zog nur das trauerstöhnen
vorbei der herbsteslufi? Lkwad Faust 136.
vergl. herbstluft.
HERBSTESTRAUER, f. :
die natur in steter dauer,
was sie selbst mir flüchtig gab,
fröhlingswonne, herbstestrauer,
gibt sie ewig meinem grab. RiSckert gas. gcd. 1,337.
HERBSTFADEN, m. gewebe einer spinne, das beim herannahen
des herbstes durch die luft zieht, sonst soramer-, marienfaden;
niederl. herfst - draet , fila sereno coelo in aere lexta, praecipue
autumni tempore. Kilian ;
herbstfaden ziehn im abendschein
in leisem hin- und wiederwehn.
volksblatt für Stadt u. land 1867, s. 1117.
HERBSTFARBE, f. färbe me die der blätler im herbst, deine
gelbe herbslfarbengebung. J. Paul uns. löge 3,57.
HERBSTFEIGE, f. frucht des feigenbaums, die im herbste ge-
erntet wird (lum unterschied von der im frühjahr gewonnenen
frühlingsfeige). Nemnich 2, 1617.
HERBSTFELL, n. ein feil auf den äugen der pferde. Seuter
174. s. die stelle unter brachfeil th. 2, 282, wo die Vermutung
ausgesprochen wird, dasz die krankheil von ihrer entslehung im
herbst den namen tragen möge; die feil über den äugen wer-
den also unterschieden . . herbstfeil sind roth und gelb oder
einerlei von solcher färb. Pinter pferdschatz 379.
HERBSTFERIEN, pl. die in den herbst fallen.
HERBSTFIEBER, n. im herbst erscheinendes wecliselfieber.
HERBSTFLIEGE, f. eine im herbste vorlcommende fliegenart,
slomoxys calcilrans: die groszen herbstfliegen sumsten mir
so melancholisch um die obren , dasz ich weinen muszte.
0. m. im Tockenb. 30.
HERBSTFLOR, m. die gesamtheit der im herbste aufrechen-
den bluten (i-er*?/. frühlingsnor4, 1,301): zwischen dem Winter-
grün und herbstflor jener erinnerung. J. Pacl «rw. löge 3,3;
0 ruhe, du sanftes wort! herbstflor aus Eden! Hesp. 4,42;
der heiszhunger der bedürfnisse und der tumult der sinne
wrdrängen und ersticken bei Völkern und ständen den gei-
-tigen herbstflor der menschheit. Kamp.-thal 61.
HERBSTFROST, m. : die leiden einer harten, verdorbenen
(seele) sind herbstfrösfe, welche nichts verkündigen als den
Winter. J. Paul komet 1,143;
dein äuge zwingt den herbstfrost, und feuernelken erzieht es.
Platin 78.
HERBSTGARBE, f. garbe die als abgäbe im herbst entrichtet
wird, wäslh. 4, 280.
HERBSTGEDING, n. was herbsiding. Haltads 892.
HERBSTGELB, adj. gelb wie die blätler im herbst: das laub
war herhsigelb und morsch und zitterte und brach ab.
Scheffel Ekkehard (1855) 105.
HERßSTGERICHT, n. was herbstding: es sollen alle jare
jeklichs gehalten werden drü jargericht, nemlich zwai maien-
gericht und ain herbstgericht , oder ain inaiengericht und
zwai herbstgericht. weisth. 5,141.
HERBSTGERSTE, f. hordeum hexastichon, sechszeilige gerste.
Nemnich 3, 175.
HERBSTGESCHIRR , n. geschirr was bei der weinlese ge-
braucht wird: herbst- oder Irottengeschirr, rosa vindemiatoria.
Maaler 218-';
die bütten, züber, fasz und herbstgeschirr.
W'ECKHERLni 772.
HERBSTGESTIRN, n. das slernbild der wage {in das die
sonne bei beginn des herbstes tritt):
dem herbstgestirn, wann sichs im ocean
gebadet, und am hellsten flimmert, glich
die lohe, so von haupt und schütter flog.
Borger 158' (llias 5, 4).
HERBSTGEW.VSSER, n.: das anlaufende herbstgewässer,
aquationes autumni nascentes. Stieler 2446.
HERBSTGEWÖLK, n.:
wie anwandelnder stürm hinter dem herbstgewölk.
Voss 3, 16.
HERBSTGRAS, n. gras was nach der zweüen Heuernte noch
wächst. Stalder 2, 38.
HERBSTGRCN , adj. : in den noch herbsfgrünen berg-
wiesen. AcERBACH dorfgesch. 4, s. 3.
HERBSTHAFT, adj. auclumnalis. Frisch 1,444".
HERBSTHERD, m. vogelherd, welcher im herbst auf die fremden
halbvögel, weindrosseln, meeramseln, krammetsvögel «. s. w. gestellt
wird. Jacobsson 2, 255*.
HERBSTHEü, n. foenum serotinum. Frisch 1,444*. es ist
das heu, was von den nur einhauigen wiesen im herbst gemäht
wird.
HERBSTHITZE, f. aeslus autumni. Maaler 218*.
HERBSTHUHN, n. l) huhn was im herbst gezinst wird:
funf achtel hafern und iglichs husz 1 hune darczu , die
heiszent herbst huner. weisth. 3,495.
2) lierbsthuhn, im herbste ausgebrütetes huhn. Frisch 1,444";
dim. herbsthünlein, ptilli serotini. Stieler 750.
HERBSTHYAZINTHE, f. polyanthes. Nemnich.
HERBSTIG, adj. aulumnalis. Dasyp.
HERBSTKÄLTE , f. : die herbstkelte , frische kQele , fri-
gora autumni. Maaler 218'.
HERBSTKARCH, m. karren der gebraucht wird um den er-
trag der Weinernte abzufahren:
hie krachet der herbstkarch undef dem vollen fasz.
Weckherli;* 776.
HERBSTKÄSE, m. caseus aulumnalis, kraut- oder weinkäse.
Stieler 910.
HERBSTKLEID, n. kleid das im herbste gelragen wirA. von
der natürlichen hülle der thiere : die ausgefallenen federn wer-
den {bei manchen vögeln im frühjahr) durch schönere ersetzt
und diesen neuen federschmuck . . nennt man hochzeit-
kleid, Sommerkleid, im gegensatz zu dem schlechten herbst-
kleide oder winterkleide. Leonis Synopsis der naturgesch. des
thierreichs (I86ü) 190. auch in bezug auf die natur, die flur,
bäume und dhnl.: die natur in ihrem herbstkleide, der bäum
trägt schon ein herbstkleid , trenn seine blätler rot und gelb
werden.
HERBSTKNECHT, m. der hageslolz, vergl. unter knecht 2, f,
th, 5, 1382 : wenn man gar zu lang mit der hochzeit wartet,
wie der herbstknecht viel gefunden werden, die das herz
nicht haben, nach gottes Ordnung ein weib zu nehmen, weil
sie noch jung sein, sondern Schiebens auf von einem jähr
zum andern. Creidiüs 2, 154. vergl. herbstlümmel.
HERBSTKORNBLUME, f. fritillaria aulumnalis. Nemnich.
aus der familie der lilien.
HERBSTLAMM, n. .• herbsllamb , das im herbst worden
ist, agnus antumnalv!. Maaler 218*. vergl. herbstling 1 unten.
HERBSTLANDSCHAFT, f. landschaß im herbst, auch ein
gemälde das eine solche darstellt.
HERBSTLICH, adj. aulumnalis. Maaler 218*; herbstlich,
metaphor. rigidus, rigide, auslerus, austere. Stieler 829; schenkt
1071
HERBSTLICH — HERBSTMONO
HERBSTMORCHEL — HERBSTSITTE 1 072
mir diese toJtcngräberszcne ! ihr wisset nicht, welche herbst-
liche erinnerungen dabei mein biut so leichenlangsam machen,
wie meine feder. J. Pacl uns. logc 2, 139.
schon dreimahl wechselte der taf; sein herbstlich licht.
WiBLAXD 23, 90 {Ob. 8, 33) ;
frühlingsbirke , du siehst hier über dem grabe der schwester
herbstlich einsam und streust blätter und tliräncn darauT.
Herder zerslr. blätter 6, 57 ;
ja, eure reden, die so bliniicnd sind,
1 in denen ihr der mcnschheit schnitzel kräuselt,
sind unerauicklicli wie der nebelwind,
der herbstlich durch die dürren blätter säuselt.
GöTHE 12,37:
wie ein herbstlichef nord hintreibt die verdorretcn disteln
durch das gefild. Odynsee 5, 328 ;
wenn herbstlich eure blätter fallen. Körner 1, 58;
doch morgen schon ists herbstlich kalt,
und nebelgrau die llur, der wald. H. Heine 18,312;
gleich dem nebel, der in seltsam
buntem Wechsel der gestalten
herbstlich um die blätter spielt. Scheffel Irompclcr 68;
herbstlich goldgelb färbt sich das laub. Cua«isso ged. 79.
HERBSTLIED, n. cantits aulumnalis. Stieler 1161. zum
preise des herbstes gedichtet und gesungen. Gürinck 3, 130; schon
früher, bereits in der zweiten hälfte des dreizehnten Jahr-
hunderts und um den beginn des vierzehnten , haben ein
ihnrgauischer edler und ein Zürcher meister . . erndte- und
lieibslliedcr gedichtet. Wackernagel litt, gesell, s. 249.
HERBSTLIiN'G , m. 1) rieh das »;» herbste geboren wird.
Frisch 1, 444*.
2) eine spätreifende apfelsorte: herbstlinge, poma autumnalia.
Stieler 829.
3) agaricus deliciosus, der leckere blätterscliwamm, reizker. in
Baiern, wo man hirschling spricht (nach der dortigen ausspräche
i-on herbst). Nemnicu 1, 107.
HERBSTLÖWENZAHN, m. leonlodon autumnale, hasenlatlich.
Nemsich 3, 3G5.
HERBSTLUFT, f.: herbstluft, acr auctumni frigidior, wann
der wind über die hahcrstoppeln wehet. Frisch 1,444*;
der sommer macht mir heisze plage,
die herbstluft ist veränderlich. Gijniher 198.
vergl. herbstesluft.
HERBSTLÜFTCHEN, n.: jeden nachmittag tritt die sonne
hervor, zwar nicht mit blendendem stral, denn ein gemäszigtes
herbstiüflchen kühlt ihn ab. (Schulz) o/ni. der ftc/Wr. (1782) b 5*.
HERBSTLÜMMEL , m. hagestoh (vergl. herhstlinechl). als
Schimpfwort: ungeschliffener knäffel, plumper herhsllimmel.
Abr. a S. Clara.
HERBSTLUST, f. dclectamenlum aulumnale. Stieler 1187.
HERBSTMÄRKT, »;i. jähr- oder viehmarkt, der im herbst ab-
gehallen wird.
HERBSTMÄSZIG, adj. aulumnalis; das weiter ist schon
ganz heibstinäszig.
HERBSTMAST, f. mast des schlacMviehs im herbste
HERBSTMASTUNG, f. dasselbe: die ochscnmast wird in
die somrner- und hcrbstmastung eingetheilet. öconom. lex.
(1731) 1531.
HERBST.MELLIN, n., der wein wird genannt du mein liebes
rebenhrülin, mein bankpfuiweiein , gumenkülzel , netz den
gaum, meienrcgiin, herhslmeliin, aprillenhüdlin, widergrün.
Garg. 05*.
HERBSTMESSE, f. messe, Jahrmarkt im herbst ; in Frankfurt.
0. RuLAND 30; als die kaufieut zu Frankfurt in der hcrhst-
mess waren, d. städtechron. 5,311,13.
HERBSTMILCH, f. dicke, geronnene milch: hcrhstmilch,
coliulrum, bililinien, tulg. siirmilch. roc. ine. tlieut. i4'.
HERBST.MONAT, «i. 1) allgemein ein monat im herbst: er
wird die herhsimonatc in Italien zubringen.
2) hcrbstmonat, der monat in dem der herbst beginnt oder in
den er fällt, da nach den zu herbst 1 (*p. 1006) gegebenen
notizen im volke dieser Zeitpunkt verschieden angesetzt wird, so hat
auch hcrbstmonat verschiedene bedeutung: gewöhnlich bezeichnet
er den scfilember, bei andern den oclober, noch anderwärts selbst
den november. auch wird der sqitember der erste , der octobcr
der andere, der november der dritte herbstiiionat genannt,
wirwfA auch für octolier der erst herhslinon, und für november
drr ander heibxtinan voi kommt, rergl. dte ausführlichen nach-
uniun(jen bei Wkinholü deutsche monatnamen 42. 43.
HERHSTMOM), m. für tfptetnber. roc. ine. theut. i 4' ; (ScHüU)
almanach der brllctr. (I7S2) bb*. vergl. oben hcrbstmonat 2,
HERBSTMORCHEL, f eine art morcheln, die im herbste zum
Vorschein kommen. Adelung.
HERßST.MORGEN, n». morgen eines herbsllages : ein klarer,
frischer berbstmorgen.
HERBSTMOSTIG, adj. : herbstmostige fränkische und bara-
licrgische zechen. Garg. 48*.
HERBST.MUS, n. ein vorzugsweise aus rosinen und mandeln
bereitetes mus. Amaranthes frauenz.-kx. (1773) 1373.
HERBSTNACHT, f:
ähnlich dem glanzgestirnc der herbstnacht. llias 5,5.
HERBSTNACHTGLEICHE, f. acquinoclium autumnale. viath.
lex. (1747) 1,39.
HERBSTNACHTIGALL, f. das rotkehlchen. Nemnich.
HERBSTNACHTSTURM, m. :
oftmals fodert die Elb, in des hcrbstnachtsturmes be^lcitung,
mit hoclihrandender Hut zornig ihr altes gebiet. Voss 3,121.
HERBSTNARZISSE, f. amaryllis lutea. Nemnich 1, 221 :
jezo schmückt sie die tafel mit duftenden blumcn und kräutern
im vielfarbigen korb, mit herbstnarcissen und krokus.
Voss 2, 318 (id. 18, 93).
HERRSTNÄSSE, /". pluvia aulumnalis. Stieler 1335.
HERBSTNEBEL, m. im herbst erscheinender nebel.
HERBSTOBST, n. spätobst.
HERBSTORDNUNG, f. obrigkeilliclie Ordnung für die Wein-
lese. ScHM. 2, 235.
HERBSTPAPPEL, f. alcca rosea, malva horlensis. Nemnich
1, 157.
HERBSTPFIRSICH, m.;
ist der herhstpfersich nicht dick rothlecht, halbgespaltcn?
Wecxhsrlin 774.
HERBSTPFLANZE, f. : herbstpllanzen, autumnales plantae.
Nemnich 1,548.
HERBSTPUNKT, m. der punkt der ekliplik, in welchem die
sonne anfängt, unter den aequator hernieder zu steigen, mathem.
lexicon (1747) 1,050: wenn die sonne in den herbstpunct,
das ist, bei uns in die waage tritt, und also der herbst an-
gehet. 39.
HERBSTRAHM, m. wein oder most unter dem bilde von milch-
rahm : so gar treckfegmatisch von lederem gesäsz war er
(Gargantiia als kind), zum theil ausz natürlicher complexion,
zum theil ausz zufälliger disposition, die im das zu viel ein-
neminen der geschulten rebenpillulen und des herbstrames
verursachet. Garg. lll*.
HERBSTRECHNUNG, f. rechnting über den ertrag der Wein-
lese. SCUM. 2, 235.
HERBSTKECHT, n. im herbstmonal gehaltenes gcricht: ein
yedlich richter oder vogt der dich recht besitzen w ill , es
sei mairecht, herbstrecht oder ze lichtmes. weisth. 3, 655
(Baiern, 15. jahrh.). vergl. oben unter herbst 1, sp. 1066.
HERBSTROSE, f. 1) alcea rosea. Nemnich 1, 157 : herbst-
rose, malva horlensis. Alb. EE3'.
2) anders bei Maaler : die berbstrosz wacbszt an den heck-
dürnen und hat einen lieblichen schmack, corneola. 21S*. auch
bei Stieler 1023 herbstrose coroneola neben malva rosea.
HERBSTRÖTHE, f eine art des krapps oder der farberrOthe,
die im herbste ausgegraben wird. Adelung.
HERBSTRÜBE, f eine rübetmrl, kelchrübe. Nemnich 1,676.
HERBSTSAFRAN, «i. crocus atäumnalis: der cullivirte safran,
welcher auch, weil er im herbst blüht, der herbstsafran ge-
nannt wird, ist es einzig und allein, von dem man den käuf-
lichen Safran gewinnt. Nemnich 2, 1282.
HERRSTSATZ, m. der anfang der weinlese. im amtlichen
spracitgebra uclie Wü rlem bergs.
HERRSTSCIIEIN, ni. Hon7n«ii(m septembris, der neumond,
der in den septcmber fällt.
HERBSTSCHLEHE, f prunus sylvestris, heckenschlehe. Stik-
LER 1832.
HERBSTSCHNITT, m. srctio aulumnalis, der punkt der ekliplik,
den die sonne zu anfang des habstes durcJischnciJet (vgl. herhst-
punkl). mathem. lex. (1747) 1, 650.
HERBSTSCHREIBER, m. einnehmer des weinzehnlen: er, als
damaliger berbstschrciber von pfälzischer seile, hatte viel
mit den dortigen wcinzchnten zu schaffen. EhMI^llkr 1,298.
HKRItSTSEMSE, f sciipus aulumnalis, eine binsenart. Nemnich.
HERBSTSITTE, f: die nacht war vielleicht die Iclilo
schone laue des novcmhcrs, ... der mond war nach seiner
hcrbstsitle unerwartet frUher am himinci erschienen. J. Paul
leb. Fibeh 70.
1073
HERBSTSOiN.NE — HERCHELN
HERD
1074
HERBSTSOiNNE. f. sol autumnalis. Stieleb 2059.
HERßSTSPRLCH. m. spruch beim fest der ernte oder weinlese:
mit eweren saubeien erndfreien herbstsprücben. Garg. 17*.
HERBSTSTAAR, m. sdümpfuorl von den staaren hergenommen,
die im lierbsle von dannen sielien : hieher ihr Uerbststaren, sprach
er, ich will euch weisen, das noch ärger teufel in der kappen
slecken. als in ewern zerfetzten hosen. Garg. 205*.
HERBSTSTAND, m. der ort uo sich die hirsche und das wild-
prel zur herbstzeit gern aufzuliaüen pflegen. Jacobssos 2, 255'.
HERBSTSTEUER, f. abgäbe die im herbslmonal zu entricJUen
iM: in die maisteur und in die herbslsteur. weisth. 6,183
{Baiern).
HERBSTSTILL, adj.: aües so herbststill, so stehend um
ihn. J. Paul Hesp. i, 150.
HERßSTSTIM.ME, f. : als die in die unermeszlichkeit ent-
rückten tüne gleichsam . . wie herbststimmen des wegziehenden
sommergesangs in die sehnsüchtige seele hineinriefen. J. Paul
Hesp. 4, 240.
HERBSTSTIMMUNG, f. Stimmung wie sie uns im herbste über-
kommt, überschr. eines ged. im volksbl. f. Stadt u. land 1567, s. 1117.
HERBSTSTUMM, adj.: die linken .. schlugen oder schrieen
schon durch den sonst herbststummen wald. J. Paul leben
Fibels s. 67.
HERBSTSTÜRM, m. stürm der im herbste braust: der herbst-
sturra entblättert die bäume.
HERBSTTAG, m. tag im herbste, aucli lag der weinlese.
HERBSTTEipiiNG, n. was herbsiding. Haltads 892.
HERBSTTRÜFFEL, f. im herbst gegraben, besser als die früh-
bngstn'ilfel. Nemnich.
HERBSTUMWÖLKT, pari. :
wie ist mir denn geworden,
was icb noch hofl'ie kaum,
im herbstumwölkten norden
ein neuer frühliiigstraum ! RGcurt ges. ged. 1,308.
HERBSTVElLCHEiN, n. leucoium aulumnale. Nemnich 3,3s".
HERBSTVERKÜNDEND, part. : herbstverkündende nebel-
abende mit den schönsten mondnächten. Göthe an frau
V. Stein 3, 399.
HERBSTVERWÄLTER, m. vencaUer, aufseher über die wein-
lese. SCHM. 2. 235.
HERBSTWEIDE, f. wiese die nach der zweiten heuernte, wie
eine weide, vom vieh geätzt werden kann. Staldeb 2, 38.
HERBSTWETTER, n. tempestas auclumnalis. Frisch 1,444':
gesundes, frisches herbstweiter, kühl und angenem. (Schulz)
alm. f. belletr. 17S2 bö'.
HERBSTWIESE, f. wiese die nur einmal, und zwar gewöhn-
lich im monat august getnäht wird. öcon. lex. (l"31) 1004.
HERBSTWIND, m.;
und feucht wehen am abend die herbstwind über die Stoppel.
Voss 2, 9S.
HERBSTWITTERÜNG, f. wülerung des fierbstes; auch iciUerung
die dein herbste gemäss ist.
HERBSTZAÜ.\, in. : item man sal dem apt jerlichs Jakobs-
korn gebin , und benken , herbstzune und meizune raachin.
das ime kein schade gescbee, und die herbstzune sal man
machin zuschin sent Michels und sent Merlins tag. weisth.
1, 522 (Schwanheim, von 1421).
HERBSTZEICHEN, n. pl. signa autumnalia, die himmlischen
zeichen , in denen die sonne den herbst macht , bei uns wage,
scorpiun und schütze, mathem. lex. 1 (t'47) 650.
HERBSTZEIT, f. tevipus aulumnale. Stieleb 2620: autum-
natto, die herbstzeit, die zeit da die fruchte reif werden und
das laub abfallt. Nemnich 1,548; si {die staare) tuont auch
gröjen schaden in den Weingarten herbstzeiten. Megesbebc
225, 7 ; zu herbst und winter ziten , so die wasser vallen.
Oheim chron. von Reichenau 25, 24 ;
die herbstzeit liefert gute fische,
und baut auch manchen vogelheerd. GSrthik 216.
HERBSTZEITLOSE, f. Colchicum autumnale. Nemnich 2,1101;
verblüht schon war die rose,
die nachtigall geOohn;
die ernste herbstzeitlose
stand auf den wiesen schon.
Friiligbath ges. dicht. 4, 40.
HERCHELN, verb. röcheln, für hörcheln, s. d.: es dienet
auch diese arzenei vor das hercheln und russelen der jungen
kinder, das man das herzgesperr nennet. Tabebnaeh. 163;
{die atten) nichts können dann reisten und husten,
han ein solch hercheln und geschnaut
dag eim vor in eckelt und graut. ErKtinc 1, 501.
IV. ir.
HERD, m. solum, focus.
ahd. mhd. herd , hert , aus. herd (hertb fomaculum Haupt
zeitschr. 5,196'; haerd-räd pulmenta in den Merseburger glossen),
heord, engl, hearth, fries. hirth und herth, niederl. beert; das
den nordischen dialecten ursprünglich fremde wort ist aus dem
hocJideutscIien ins schwedische als härd eingedrungen, nefcen der
bedeutung focus ist die solum im wesentlichen nur dem aleman-
nisdien Sprachgebiete eigen; man nimmt an, dasz die letztere die
ältere sei, aus der sich der begriff des bodens als feuerstdtle, herd
erst entwickelt habe, die etymologischen bezüge des Wortes sind
dunkel, der vermutete Zusammenhang mit erde aber, der mehr-
fach ausgesproclien worden, ist bereits theil 3, sp. "50 zurück-
gewiesen.
Bedeutung.
1) herd solum, grund, erdreich, isl seit alter zeit auszer dem
alemannischen Sprachgebiete (schweizerisch; elsäszisch. Altswert
103,7; scliwäbisch: wa er {der liirsch) den herd rurt. von d.
zeichen des hirsches ed. Karajan s. 72; des herd czucht er an
sich vornen mit den fueszen aia michel buchelin. s. 76) nur
vereinzelt im fränkisdien (Otfrid v, 20, 28) und im bairischen
t'prachgebiete belegt {nachweise bei Leseb wb. 1, 1264). in der nhd.
zeit kommt es nur noch in schweizerischen quellen vor, dauert
aber bis heule (Staldeb 2,38): und musztend den härd darvon
(lon den thoren) rumen und schoren. Tschudi 1,242; brachend
si die letzi uff, die was merteil usz holtz und von herd ge-
macht. 628 ; etlich würzen waren ledig, das der herd an der
gehen halden davon was gerissen. Th. Plater 28; kratzet
ich den herd under dem bäum . . . dannen. das.; es {das
mädchen) wollte am liebsten , es wäre sechs schuhe unter
dem beerd (d. h. gestorben und begraben). J. Gotthelf erzäh-
lungen 4, 283 ;
oucb waren mir vatter und möter mein
ein schwäre burd und grosze pein.
mir gflel nit wol ir wysz und perd,
ich gdacht allein : lägeos im härd !
P. Gemgembach 10 aller 712;
bisz das gereinget wirt der herd
darinn solich unkrut ufTgadt. Nollhart 178;
sig, wann ich sähen mag den härd,
den du so olt und dick bist gangen, gouchmat 278;
so sind ihr schärraüsen zucht,
die sich in härd vergrabend.
N. Ma.'icbl 400 Grüneisen:
das gott erbarm, das bald mösz ligen
min liebster sun im küelen herd. trag. Joh. Piij;
dich solt der herd billich verschlucken. Zvij;
diser den du ein gott meinst sin,
sag ich dir hy den ehren min,
das er inwendig ist von herd,
uszwendig örin. Daniel 1545 Tiij".
2) herd, feuerstatt, focus. der Zusammenhang dieser und der
vorigen bedeutung wird hervorgelioben : der selbe alter {altar) hh
einen hert alder einen boden , der was ouch von 6ri , und
üf dem hert mach6t man daj fiur. Grieshabers predigt 2, 118 ;
focarium hert Dief. 241'; focus hert, beert, herd 24l'; eine
Scherbe . . . darin man fewer hole vom herde. Jes. 30,47;
man nennt denselben auch offenen herd, wenn man den unter-
scJiied von der bedeutung 5 unten hervorheben will, spridiwörtlich :
die asche auf dem herde ist nicht sein, von einem tief ver-
schuldeten. Stieleb 3S7; es isset sich am besten, wo der
kessel über dem herd hänget. Pistobids Mef. par. 5, 52 ; denn
der herd dient zunächst dem bereiten der speisen und ül lüichen-
gerdt ;
dann zum kamin, der immer lodern musz,
und für den herd, den nötbigen überflusz
von fettem kiea und klein gespaltnen flehten
hoch an den wänden aufzuschichten.
WiBLAND 23, 95 (Oberen 8, 41),
und den herd versorgen , versehen , für die zuberätung der
speisen zu sorgen, im weitern sinne der hausgesciiäfte zu warten,
liegt der frau ob:
Amandens sorge ist des kleinen berds zu warten.
23, 96 (Oteron 8, 43) ;
beim bauen die weiber und kinder den beerd,
ein leckeres fleischmabi ist beut uns beschert. BihieBH 60*;
wie noch die frau den herd versah, „>
da biesz ich Avaritia ;
da stand es gut in uoserm haus:
nur viel herein, und nichts hinaus! Göthb 41, 4S:
der platz der männer itt daher nicitt am herd:
bat er nimmer gehört, herr bräutigam. dasz man die männer,
welche dem beerde sich nahn, mit der küchenschürze bekleidet?
Voss 1, 174 {Luise 3, 493).
68
1075
IIERD
ilERU — HERD ANN
1076
S) herd, das tymbol eigenen hauswesens, wie scium lat. focus,
und trie sonst feuer (no. 13, Iheil 3, 1585), eigener rauch, so in
der reclUssprache, z. b. friesüch. Richthofen 817*, Haltaos 892 :
Ostfriesland, wo in den sandämtern nur die cigentiiümer der
alten heerde und in der marsch der besilzer von 25 grasen
beheerdischen landcs das Stimmrecht in der amtsversamm-
lung besasz. Stüve uesen u. verf. 10; « werden dort noch nach
der grüsze der hauswesen ganze und halbe herde unterschieden;
ebenso in der gewühtilichen spräche: der häusliche herd, der
eigene herd; eigner herd ist goids wert. Fbank spr. 2,19';
das Sprichwort sagt: ein eigner herd,
ein braves weib, sind gold und perlen wertb.
GöTHK 12, 164;
ein gut gewissen und armer hecrd
ist gott und aller ehren werth. Schottel 1144';
zwo frauen umb einen herd,
die haben sich selten werth. Creidius 2,291;
den herd vertheidigen, für den eigenen herd, für wcib und
kind zum kämpfe ausziehen;
hast du der kinder liebes haupt vcrtheidigt?
des herdes beiligtbum beschützt? Scuiller Teil 5,2;
auch in andern fügungen:
dasr ihr (der lehrer) flcisz . . .
in bauung junger leuth dem bäthausz und dem herd
ersprieszlicn nutzen bring. Rokpler 100;
ich habe warlicb hohe zeit,
mein zeitlich Wohlsein lest zu gründen :
wo werd ich wohl den ruhplatz finden?
wo ist der heerd vor mich bereit? Günther 188;
seid stolz auf euern innern werth,
dann gelten euch, am kleinen heerd
der freibeit, fürst und bauer gleich. GöKincK 1, 27;
und stöszt der Rhein
euch aus, ihr vagabunden :
der neue herd, der feste herd,
er wird euch doch gefunden!
Freilicrath gcs. dicht. 3, 203.
fremd ist desselben:
und ob ihr ins exil sie jagt, von lande sie zu lande hetzt,
und ob sie fremde herdo sucht, und stumm sich in die asche
setzt, s. 181,1
nach: 'denn lang entfernt von den meinigen irr ich im elend'.
also der held; dann setzt er am herd in die asche sich nieder,
neben der gluthl Odyssee 7,153, vergt. 160.
4) herd, opferJierd, altar, vgl. die im eingang von no. 2 aus-
gdiobene stelle: spricht der herr, der zu Zion fewr, und zu
Jerusalem einen herd hat. J«. 31, 9; und es gicng ein meur-
lin umb ein jglichs der viere {vorhöfe des lempcls), da waren
herte hcrumb gemacht unten an den mauren. Ues. 46, 23 ;
wo soll ich deinen (die göttin der gclegenheit ist angeredel)
tcmpel linden?
wo steht dein bild? wo raucht dein heerd? Göntrer 200;
berr thongott! haltet mirs zu gnaden,
versetzt der tieide drauf; was habt ihr mir genützt?
verhütet ihr den kleinsten schaden.
(0 lang ihr auf dem herde sitzt? Lichtwbr fabeln 2, 8;
kämpfend für den heiigen herd der götter
fall ich. ScHiLi.KR llektors attscliied;
wihlt den feldslein sich zum herde. eleus. fest.
5) bei den kün-Hlieheren feuerungsnnlagen , öfen, kaminen ist
herd der eigentliche feuerraum , von dem aus die hitze aufsteigt
und den apparal durchzieht; vgl. kaniinlierd. ofenherd, hrenn-
herd. in liieaer bedeutung wird herd oft übertragen gebraucht in
bezng auf etwas, was an einem orte concentrierl üt und sich von
dort am verbreitet: der heerd der unterirdischen enlzündung.
Kant 9,48; die univer<;itälen sind die herde der MIdung.
Het5E briffe an J. v. Nüiler 46; der herd der Wissenschaften.
daselbst;
ewgcn lobcnfi herd
dtesz stumme grab, auf das wir sinnend blicken.
Freilicrath ges. dicht. 3, 15.
e) ferner teehniteh bei vielen gewerben.
a) bei den schmieden ist herd ein mauerwerk mit verlieper
feuerstaU und einem gebUse.
b) herd eines aUhymistm :
indem «in alchymi^t die leute an sich cwan^,
er dachtü blei und linn in trlnk^old zu verwandeln;
der sniirlHaK wolto niilil nach wiinnrh iliwl willen K<'hii,
drum Wen er heerd und gliit und topf und iie((el Ktuhn.
Günther '>09.
e) in den baeköfen bezeichnet herd die obere decke innerhalb
dei ofrnt auf dem fusz oder fundament, worauf das feuer brennt
und das hrM heim hacken steht, dieser henl ist von lehnt ge-
formt, sein aufrichten lima den herd scblagcn. Jacodsbun
2, 244*. wenn die backsteine des herdes auf der /to/ien kante
stehen, heiszt er gerollter herd. 6, 6l'.
d) bei den gerbern eine kleine feuerungsanlage, worauf die auf
ungarisclie art zubereiteten ledcr geflammt werden.
e) in den schmclzhülten und hüttenwerken eine art öfen, um
werkblei darauf abzutreiben {vcrgl. treibherd). ferner der vom
gcstübe oder der asche geschlagene boden oder die decke auf dem
fusz des ofens , worauf das aus den erzen geschmolzene melall
nebst den scMacken steht, dieser herd wird gestoszen, mit asche
und lehm zubereitet, miner. lex. 297*. nach vollendetem treiben
wird dieser so bereitete herd abgestoszen ; die voll blci gesogene
asche heiszl der alte herd.
/) herd im salzwerk, der apparat zum sieden der soole: die
des sicdens werth geschätzte 80ole wird vermittelst einer
röhre in die pfanne geleitet, alsdann wird feuer darunter
gemacht , oder in der spräche der arbeiter, der heerd ge-
stellt. ScHEDEL waaren-lex. 2,332'.
7) herd, der miltelpunkl des brcnnspiegels , der punkt, worin
alle zum brennspiegcl zurückgeworfenen slralden zusammentreffen :
wie sich in ihnen (den brennsjnegeln) tausend strahlen des
licbts, die allenthalben scheinen,
in einem kleinen mittelpunkt, dem sogenannten heerd, ver-
einen. ÜRocKEs tS, 497.
8) herd, von verschiedenen platzen, deren anläge änem herd
vergleichbar ist.
o) beim Vogelsteller, der platz um den er das schlaggarn legt
(rg/. vogelherd) : man musz den vögeln stellen und das garn
aufspannen an dem herd und platz, da sie Iren flug und
streich haben. Kirchhof wendunm. 435*;
der vogler an eim morgen früh
richtet sein garn und hüttcn zu,
zohe nausz ins veldt, allda zu stellen,
gedacht, bei häufen sie zu feilen,
rieht zu ein berdt, mit gersten etzt.
B. Waldis Esop 2, 73, 5 ;
der herd, drauf frauenvolk ihr vögel-wllpret fangen,
ist ihr gerader leib, stirn, äugen, mund und waneen; '
die locker, sind die «*ort; und süszes küss- und blicken
sind körnung; armen, sind das netze zum berücken.
LoGAü 2 s. 117, no. 94.
6) im bergwerk, der runde platz beim pferdegOpel, auf welchem
die Pferde in einem kreise herumgetrieben werden.
c) herd, waschherd, brettergerüst zum waschen und sddämmen
der gepoclilen erze.
d) eine Vertiefung vor dem Schmelzofen, weklie die geschmolzene
masse aufnimmt.
e) der ort, an dem die minenkammern zusammen stoszen,
welche zugleich springen sollen.
f) im Wasserbau der obere bäum des dammes eines überfaUs-
wclirs, wo das überflüssige wasser oben abschieszt.
y) an den mühlen der vor dem fachbaum befestigte boden des
miihlengrabcns, der das durchdrängen des wassers unter dem fach-
baum verhindern soll.
0) der bäckcr nennt auch oft die unterrinde des brods
heerd, weil sie beim backen den heerd des ofens unmittel-
bar berührt. Jacobsson 2, 243*. vgl. oben 6, c.
10) herd, rf^r obere Iheil des säulenstuhü:, die viereckte platte,
die den kämpfer trägt. Frisch 1, 444*.
HERDANN, adv. von einem entfernteren orte nach einem
sprechenden zu, von da her; ni/irf. her dan BEN.-MtlLLER 2,303*;
rj/. dannenher, dannher t/i. 2, 748. die von Lexbr «'ft. 1,1254
neben der Örtlichen für das mhd. nachgeuiesene zeitliche bedeutung
fortan, nachher, hUzt sich für die spatere spraclie nicht belegen;
das adreih steht nur in örtlichem .Hnne: also ziigen sie herdan
basz von der slat. d. stddlechron.i,n,2i; darzii allen seinen
pfalTen prach man ab was sie an der rinkmaur heften, und
14 schuech von der maur herdan. 27, 24 ; und inuest ieder-
inan vor seinem haus pflastern ain riiet herdan von seinem
haus. 146,16;
da; vorburce sl brauten
unde hüben sich her dan (nach hier zu, dem oric de»
ertahters). Jiroschik 249«8;
larratzpüchsen Hess er gan
ainu auf die andern,
schoNZ auf den koiig herdan. UiOAKD volksl. 4(0,
si naiiien ainen hcsm
und kurtens damit herdan. das.;
der pfarher kam den odelman,
der möstt auch bald »Uten hardan.
WicKRAH ;ii{|;er 0 3, bt. 52;
da SriiiRiiiloo sein schwager sach,
■^i I MM niif vor uniferaach,
Im'Ii srlirilten herdan,
ii ;. ii 2u weinen an. tnuckenkr. 1,343.
1077
HERD APFEL — HERDE
HERDE
1078
noch oberüsleireichisdi herdan herzu, als gegensatz von hindan
und dani (für danhin). Frohx. 4, 245.
HERDAPFEL, m. tcas erdapfel, nach herd 1, sp. 1074. es
bedeutet
1) die knoUe des alpenveilcliens , cyciamen europaeum: herd-
ephele ciclamen. sumerl. 55, 59.
2) neuer die kartoffel, in der Schweiz (Staldkr 2, 39), audi in
der Oberpfalz (Schm. 2, 236). vgl. unter kartoffel th. 5, sp. 245.
HERDASCHE, f. l) cinis qui in foco extra fomacem colli-
gitur, im gegensatz der ofenasche. Frisch 1, 444*.
2) im hütlenwesen die asche , womit der herd (vgl. das. 6, d)
zugerichtet urird; ferner das was sich beim treiben zuerst von der
glätte ansetzt, min. lex. 296*.
HERDAUFSTEHÜNG, f. die Zerstörung eines Ireibherdes durch
das geschmolzene biet, das sich in denselben eingräbt. Frisch
1, 444'.
HERDBAÜM, m. bäum auf einem wasehherde (herd 8, c), m
dem die breier des herdes eingefügt sind. Jacobsson 2, 244'.
HERDßIRNE, f. was erdbirne, kartoffel. schweizerisch. Stal-
DER 2, 39.
HERDBLECH, n. das blech in der noch nicht fertigen gestalt,
in der es der herdschmid auf einem hammerwerke bearbeitet.
HERDBLEI, n. l) das biet, das sich auf dem treibherd in die
asche gezogen : hundert pfund herdblei wird vor 70 pf. frisch
blei gerechnet, mineral. lex. 294*.
2) wasserblci, bleischweif: den tesl, welcher in den treib-
berden bleibet, wan man das silber von dem blei abtreibet
und scheidet, oder bleischweif oder herdtblei. Zecbendorfer
2, 19.
HERDBRET, n.: den heerd selbst aber belegen oftmahls
die koche auf den seiten herum mit weiszen glattgehobelten
bretern, wenn nemlich kein feuer mehi- darauf gehalten wird,
weiches denn heerdbreter heiszen. solche auszierungen aber
finden nur in denen putzküchen statt, öcon. lex. (1731) 9S4.
HERDE, f. grex.
golh. hairda; ags. beord, engl, herd; niederl. herde; altn.
hiörd, schwed. dän. hjord; ahd. herta, mhd. hert. dem tvort
liegt die allgemeine Vorstellung der menge zu gründe, wie das
urverwandte sanskr. cardha (masc.) schaar, häufe, herde zeigt,
das deutsche hat (wie das k-irchenslav. creda. Miklosich lex. 1124')
den begriff zunächst auf eine gröszere oder kleinere schaar (sechs
Schafe? sprach der scbäfer. das ist ja eine ganze heerde!
Lessing l, 160) von gewädeten hausthieren eingeengt und herde
allitteriert zu halten hüten , weiden , mit dem es auch sonst in
etymologischem Zusammenhang stellt (sp. 275): goth. vasuh ^an
fairra im hairda sveine managaizfe haldana {ayeXrj ^oi^cov
TtoiJ.dJv ßoaaouäyr,). Malth. S,30.
herde tcird bezogen:
1) auf geweidetes zahmes vieh, schüfe, rinder, ziegen, schweine;
die härd, häufen oder ghütt vjchs, grex. Maaler 205'; die
nomen das vich, ain michel hert. d. städtechron.b,!':,^. viel-
fach sind die thiere ausdrücklich bezeichnet: wenne ain varch
schreit, so läuft diu ganz hert der varher zuo. Megesrerg
122,6; ich slahe den birten, und die schdf der herde werden
zustrowit. Beliaims evang.-buch, Matth. 26, 31 ; wie Jacob gangen
ist, und auf dem wege nichts denn einen bninnen imd drei
herd scbaf funden hat. Lctber 4, 160'; lagerten sich gegen
sie wie zwo klein herd zigen. lAön. 20, 27; du füretest dein
Volk, wie ein herd schafe. ps. 77, 21; es war daseibs an den
bergen eine grosze herd sew an der weide. Marc. 5, 11 ; der
stier . . zeigt sich als ein fürer oder hauptmann der ganzen
härd. Fobeh t/iier6. 123';
der pfaff macht sich nicht mehr beschwert,
wüst, das er het ein grosze herd,
gedacht: da kriegstu dreiszig schafe!
B. Waldis Esop 4,9, 12;
sieben heerden der rinder und gleichviel trefflicher schafe.
Odyssee 12, 129.
oß aber steht auch herde ohne ausdrückliche nähere bezeiclmung,
und ist dann gewöhnlich als schaflierde aufzufassen ; Habel bracht
auch von den erstlingen seiner herde. 1 Jfox. 4,4; da sandte
Jacob hin und lies rufen Rahel und Lea aufs feld bei seine
herde. 31,4; und es waren hirten in der selbigen gegend auf
dem felde, . . die hüteten des nachts irer herde {noluvriv).
Luc.i,H; V.W
die herd ist mager worden. Opitz 2, 190;
das geklineel der heerden
tont vom thale herüber. Höltt 193;
den Daphni« lieb ich, der die besten heerden liehU
Kamlkk 2, 10;
willst du nicht die heerde locken
mit des hornes munterm klang?
ScHiLLEK der alpei\}dger;
seit der baron freiheit und eigenes erb und gewerb uns
sicherte, blühet das dorf an getreid und heerden und baum-
frucbt. Voss 2, 77 ;
wie er mit hangender zung um die beerd amtseiferig wandelt !
klug ist wahrlich ein hund! 179.
die herde wird herausgelassen, ausgetrieben, gehütet, geweidet,
gewintert, vor dem wolfe geschützt, eingetrieben:
der hirte lüte rief:
wol üf, lä; üj die hertl Stkisäar, MSB. 2, 157";
frembde werden stehen und ewr herde weiden. Jes. 61, 5; der
Israel zerstrewet hat, der wirds auch wider samlen, und wird
ir hüten , wie ein hirte seiner herd. Jer. 31, 10 ; er strafet
und züchtiget, er leret und pfleget, wie ein hirte seiner herde.
Sir. IS, 13 ; welcher weidet eine herd und isset nicht von
der milch der herden ? 1 (Jor. 9, 7 ; er vertrauete mir erstlich
seine säu , zweitens seine ziegen , und zuletzt seine ganze
heerde schafe, dasz ich selbige hüten, wäiden, und vermit-
telst meiner sackpfeife . . . vor dem wolf beschützen solle.
Simpl. 1, 14 Kurz ; welch vergnügen dann am abend meiner
heerde auf meinem hörn zur heimreise zu blasen ! a. m.im
Tockenb. 29;
wer bin ist, wintre rubig seine heerde.
Schiller Teil 2, 2.
der wolf bricht in die herde ein, scheucht die herde: hat
etwan der wolf deiner herde schaden gethan ? Hombdrg Dulä-
munda (1643) s. 45 ;
die wölken flogen vor ihm her,
wie wenn der wolf die heerde scheucht. BCrger 36".
2) herde, auch von einer schaar zahmen federvielis, vor allem
gänse: ein gäusejunge bei seiner herde; der hund jagt eine
herde gänse ins wasser, canis gregem anserum tn aquam pro-
pellit. STEi>ßACH 1, 737; aber auch kühner: uns geschieht glich
wie der frowen, die do understot ein hert junger hüner in
ein hafen zu samlen , die selbig wenn sie eins hjnin thut,
so springt das ander herusz. Keisersberg bilg. 9*; tauben:
eine herde tauben, columbarum grex. Stei.nbacb 1,737; enten:
der bahn flog auf einen stein unter dem fenster der gast-
stube und liesz gebieterisch seinen morgenruf erschallen, die
hennen und junges hühnervolk standen im kreise um ihn her
und versuchten dieselbe gesangeskunst zu üben . . . zuletzt
kam noch eine heerde enten zu dem Sängerbund. Freitag
handschr. 1,126; pfauen:
auf eines fürsten hof ging eine herde pfauen.
Gtsui 3, 329.
3) herde, in freierer Verwendung: der mensch ist, seiner
bestimraung nach, ein geschöpf der heerde, der gesellschaft.
Herder zur phil. 2, 121 ; namentlich von thieren, die gesellig, to
schaaren leben oder gehalten werden : kamen mancherlei krank-
heilen unter die heerde {seidenwürmer). Göthe 24,192; sprich-
wörilich selbst: es ist leichter eine heerd flöhe, als eine ein-
zige frau hüten. Pistorics thes. par. 9,32; von wilden und
jagdbaren thieren ist das wort ins altfranz. übernommen worden:
primez: oü cervez sont assemble,
un herde donque est appele:
des grues ensy un herde
et des griuez sans h erde. Lzo reclüudines p. 40;
wir reden von einer herde wallrosse, robben, antilopen, gemsen,
wilder gänse;
räum für alle hat die erde;
was verfolgst du meine heerde (von gazellen getagt).
Schiller der atpenjäger;
bei J. Padl selbst : die schlummernde löwenheerde rechts ond
links liegender gefahren. Titan 3, 6 anm.
4) die bibelsprache hat gott einem hirten , die ihm ergebenen
und gläubigen mensclien seiner herde verglichen : sihe, der herr
herr kompt gewaltiglich, . . er wird seine herd weiden wie ein
hirte. Jes. 40,11; meine äugen müssen mit threnen flieszen,
das des herrn herd gefangen wird. Jer. 13,17; der hett
Zebaoth wird seine herd heimsuchen, nemlich, das haus
Juda. Sacharja 10, 3 ; furchte dich nicht du kleine herd, denn
es ist ewrs vaters wolgefallen, euch das reich zu geben, iuc.
12, 32. im neuen testament wird dasselbe bild auch auf Christus
und säne gemeinde übertragen: und ich habe noch andere
scbafe . . . dieselben mus ich her füren , und sie werden
meine stimme hören, und wird eine herd und ein hirte
werden. Joh. 10, 16 ; weidet die herde Christi , so euch be-
volhen ist. iPe/r. 5, 2, danach: die mSter der kind, das ist
68*
1079
HERDE — HERDER
HERDETHIER — HERDKRENGEL
1080
die kiich, soll ein erb sin der bärt, die sy geborn, geseigt,
und gespyszt bat. P. Gengenbach pfaffenspiegel 302;
verlassest du dan ganr uds, die hRrd deiner waid.'l
Weckherlin 181 ;
(golt), der gern das schaf, das aus der irre kehret,
zur groszen lieerdc wieder iiimnit. Gotter 1, 412.
5) auch sonst uerden menschen einer berde verglichen; in
edelm sinne:
zerstreuet euch, ihr lärnmer auf der beiden I
ihr seid jetzt eine hirtenlose schaar, _
denn eine andre heerde musz ich weiden,
dort auf dem biutgen leide der gerahr.
Schiller yimg/'r., prol. 4. auflr.;
häufiger in rerächllichem : nun ricbte man einmal eine heerde
dumme Statisten dazu ab {zum verschiedenen ausdruck von furcht
und entsetzen). Lessing 7,52; Cäsalpinus, .. Bool, Lael und
die ganze beerde ihrer nacbfoiger. 8,174; es ist die heerde
ihrer nacbfolger. 11,185; in Hydepark bat es wieder einmal
eine demokratische kundgebung gegen die regierung abge-
setzt. Odger und Bradlaugh waren die leilluimmei, die herde
bestand aus 4000 personen , von denen die meisten jedoch
blosze Zuschauer zu sein schienen. Köln, zeitttng vom 6. märz
1872, erstes blatt;
in solchen fällen thut das beispiel alles,
der mensch ist ein nachahmendes geschöpf,
und wer der vorderste ist, führt die heerde.
Schiller Wallensl. tod 3, 4.
6) berde in bezug auf dinge: das meer stieg lebendig auf,
und die wellen zogen in beerden heran. J. Paul flegelj.i,'t3.
vergl. herdenweise.
HERDE, f. im Berner Oberland das schaf- oder ziegenfell.
Stalder 2, 39. vergl. ahd. : be Jedeonis ziten, do vellus (der
herdol kenezzet wart. Notker ps. 71 {Hatlemer 2, 249').
HERDEHAMMEL, m. der Schafbock; auch der leithammel.
Adelung.
HERDEHNEN, verb. durch dehnen herbringen : hin und ber-
debnen. huc illuc trahere. Stieler 288.
HERDEISEN, n. eisen oder eiserner schlägel mit einer hand-
habe, uomil der lehm zum herd eines backofens fest geschlagen
Kird. Jacobsson 2, 244*.
HERDELN. verb. einen erdgeschmack an sich haben, oder
einen erdgeruch von sich geben. Stalder 2, 39. vergl. berd l,
sp. 1074.
HERDENBESITZ, m. : nomaden . . deren lebendig nährender
heerdenbesiiz überall hinzuleiten ist. Göthe 23, 119.
HER DEN BESITZER, m.
HERDENEKFÜLLT, pari. :
des heerdenerfüllten Orchomenos Völker.
BÖRGBR 202" (lt. 2, 605).
HERDENGLOCKE, f.:
vom Jura schallt der klang der heerdenglocken.
Hatthisson ged. 110.
HERDENLOS, adj.:
und jeder waideplatz des landes
ist beerdenlos und freudenJeer.
J. M. Miller ged. 25.
HERDENMANN, m. widder, agvetös:
ich gleich ihn {den Odyfseut) recht
dem heerdenmann, von dicht bewolltem vlies,
der durch die grosze silberheerde schweift.
BORGER 153" (vergl. It. 3, 197).
HERDENREICH, adj.:
ein gninend fruchtbar land, gewundne tbSlor,
von strömen schimmernd, herdenreiche triften.
Uuland ged. 188.
HEHDENSELIG. adj. nolvnQvoe:
dem heerdenseligen Thyest.
BÜRGER 151* (vergl. IL 2, 106).
HLHUL>STIER, m. bulle der herde: dazwischen vernimmt
man laule. welche an das brummen eines beerdensliers er-
innern. BiitHJi iUu.str. Ihierl. lylH. vergl. herdocbs, herdsticr.
HERDENVIEH, n. Zuchtvieh das eine herde bildet Stolbkbc
14, It.S.
HERDENVOLL, adj.:
eil ich, wann es tag will werden,
iu die herdenvolle flur. IIackdorn 3, 69.
HERDENWEISE, adv. gregalim. Stiele« 816: die wintcr-
wolkeii rieben hcerdeiiweisc vorüber. Bettine briefe 2, 180.
HERDER, m. \) hüler der gemrindrherde. Schm. 2, TAG. mhd.
bcrl*re, berlcr, vom birlen unlertclii'den , und wenn mit diesem
tutammen genannt, thm nachgestellt. Lexkr wb. 1, 264.
2) auf dem bair. walde der herdttier. Senn. a. a. o.
HERDETHIER, n. .• wir versleben als erdenthiere das erden-
thicr besser als das wassergeschöpf; und auf der erde das
hcerdethier besser als das waldgeschöpf; und unter den
beerdclhieren die am meisten, die uns am nächsten kommen.
Herder zur phil. 2, 8.
HERDEVOLL, adj.:
wo dein (des friedens) süszer fcldgesang
von heerdevollen bügeln, und aus weinbeerliütten,
und unter kornaltaren klang. Ravler 1, 41.
HERDFÄLLIG, adj. zur erde fallend, zu boden stürzend, in
alemanni.tclicn ijuellni für erdfällig, nach erdfall 2, theil 3, 767.
mhd. herivellcc Lexer wb. 1,1208: welher den andern härt-
fallig macht zornlich und friivcnlich mit stechen oder scblacben.
u'cisth. 5,143 (St. Gallen von 1488); der wirt jez dem papst-
tum stark gnug, und es ringer herdfällig machen mit dem
innericcben barnisch weder mit dem iiszerlichen. Zwingli
2,380.
HERDFELD, n. ebenes, plattes feld: es heiszt auf der hohen
wart , da iszt man übel und ligt hart, es heiszt auf dem
berdfeld. Frank sprichw. 2, 21" {bei erklärung des Spruches Asaa
cum htjeme tum aestale mala).
HERDFEUER, n.;
fröhlich raubten sie (die kinder) dem vater küsse
von den braunen wangen,
wenn er sie, voll Zärtlichkeit beim heerdfenr,
auf den knieen wiegte. Hölti 5t Halm.
HERDFINK, m. ein fmk der vom Vogelsteller als lockvogel auf
dem herde gebraucht wird, vergl. lockfink.
HERDFLUTH, /'. der auf dem waschherd mit dem wasser fort-
geführte abßieszende schlämm, der bisweilen noch erzhaltig ist.
Jacobsson 2, 244'.
HERDFRISCHEN, n. das frischen des herdes im hültenwerke,
d. h. das verwandeln der in die herdasche gezogenen glätte in blei.
vergläche frischen 7, tlu:il 4', 213.
IIERDGEHALT, m. der geholt des herdes in den schmelzhütten
an Silber, miner. lex. 296'.
HERDGELD, n. l) abgäbe vom eigenen herd. Haltads 893.
2) sumtus in executionibus criminalibus , auch henkergeld.
Friscb 1, 444'.
3) im allenburgischen das freiwillige geschenk, das der kdufer
eines hauses oder gutes der gattin des Verkäufers gleiclisam für
die willige ablrelung ihres feuers oder herdes macht ; sonst gönne-
geld, scblüsselgeld. Adelung.
HERDGERINNE, n. gerinne das beim waschherde auf den
pochwerken angebracht ist. Jacobsson 2, 245'.
HERDGLAS, n. glas was sich auf dem herd des glasofens
sammelt und von da durch den fuchs auf den rost abflieszt. in
blaufarbcnwerken ist es das glas, was aus den zu vollen lüpfen
beim aufwallen der glasmasse auf den herd ftieszt. Jacobsson
2, 244'.
HEHDGUT, n. was hofgut: herdgüler, domus ruslici et quae
ad illam pertinent aedificia et bona. Frisch 1, 444'.
HERDHAKE, -HAKEN, m. harpagae. Stieler 730, xum
schüren des feuers auf dem herde.
HERDHAMMER, m. hammer womit der herd in Hüttenwerken
gerichtet und geschlagen wird, miner. lex. 296*.
HERDHüHN, n. pullus gatlinaceus, nomine censtis pro area
quolannis praestandus. Haltaus 893: ein icclicber bürger des
hoffs zu Remich, der unserem gnedicben herrn synen berd-
pennink, herdibüner und das nuntel in dem feld- und wyn-
gardien gydt. weisth. 2, 242; wir wyszcn auch die sieben
scbeffen im hof von Reniych fry {frei von) hcrdtpennink und
herdibüner. 244.
HERDICHTE.N, verb. calUde, improbe invenire. Stielbr 298 ;
etwas bcrdicblen.
HERDIESHALB, adv. auf dieser seile, nach einem sprechenden
zu: und deren drei waren jenbalb des Jordans und drei her-
disz.b.ilb. ausgang der kinder Israel (1510) M2'; die scbediglen
den slift (Straszburg) bcrdisbalb des Rheins, wo sie konten.
Zimm. chron. t, 31, 14; das vcrprannlen sie sampt aller geroltz-
ccki'^cbcn landtschaft bcrdisbalb Reins. 366, 30. vergl, dies-
balb theil 2, 1U3, und her 7, 5p. 1003.
HERDKOHN , n., pl. berdkc'tmcr, sitberkümer, die auf dem
Iretbherd vom schmelzen liegen bleiben. Frisch 1, 444\ vgl. auch
bahn li, ap. Kir).
HERDKRENGEL, m. eine geringe ort krengel. die nicht auf
blechen . sondern gleich auf dem Iura» gebacken werden, in Hamburg.
jACUUSkON 0, 62*.
1081
HERDKUGEL — HERDSAU
HERDKUGEL, /. eine messingene oder steinerne glatte kugel,
die man in dem eingeletiften herd auf dem treibherd laufen läszl
um zu erfahren, wo der miUelpunkt des nach einem kugelschnitte
ausgehöhlten herdes ist. Jacobsson 2, 244*.
HERDLEIN. n. foculus. Stieler 387.
HERDLÖFFEL, m. ein eiserner löffel iBomü beim sdmehen
des Silbers eine probe davon gesclüfft wird, miner. lex. 297".
HERDMäNNLEIN , n. name des erdschmids , rermis pulsa-
torius: herdmäiinli , die zu nacht in kestlinen und muren
oder wenden gleich als schmidend. Maaleb 218*.
HERDMEISTER, m. foci praefectus. Friscblin nomencl. 463.
HERDMIETHE, f. abgäbe vom eigenen haus und herd. Halt-
AüS 893.
HERDOCHSE, m. der suclästier, bulle. Nemnich 1, 646.
HERDÖFELEIN, n. dörrofen, testus. Stieler 1383.
HERDONNERN, verb., nac/i donnern 2, &, Iheil 2,1247:
wenn die stimme der Cberubim ruft, und auf uns herdonnernd,
goties heilige nennt. Klopstock 3, 185;
die Ton dem bord Schlachtruf herdonnerten.
Ptrker riiiiis. 4, 269.
HERDPFAHL, m. pfähl der beim mühlenbau vor den herd
eingerammt wird {vergl. herd 8, g sp. 1076). Jacobsson 5, 504*.
herdpfähle heiszen auch pfähle, die zum verschälen oder aus-
spunden der wände an schleusen und sielen gebraucht werden.
4, 242'.
HERDPFANNE, f pfanne für die asrbe des herdes: bacillum
aschenhafen, hertphan. Dief. 85'.
HERDPFENNIG , m. Steuer von dem eigenen haus und herd
an den grundherrn des bodens : das ein eclicher burger de;
hoffs von Reraich unserem gnedichen landtherrn alle iar uf
sent Johansz dach baptista sin herdtpennink schuldich ist
. . , und zu wynachten soll auch ein iecklicher burger des
hoffs von Remich u. gn. I. h. einen herdtpennink bezallen.
weislh. 2, 241 ; also manig hertpfennink einer gibt, also manich
eie sol auch einer geben. 252. daselbst die form hartpfennink.
HERDPLATTE, /"..• die härdblatt , focus, härdblättle fo-
culus Maaler 205*; die herdblatten im hausz, familiaris focus
218*; im engern sinne eine eiserne platte, womit man die stelle
des herdes belegt, auf der eigentlich das feuer angezündet wird.
Jacobsso.v 2, 245*.
HERDPROBE, f die probe silbers, die man mit dem herd-
lö/fel {s. oben) schvpß. Jacobsson 2, 244'.
HERDRAUCH, m. rauch der vom herde aufsteigt : ein scharfer
geruch von getrockneten kräutern und herdrauch durchzog
beklemmend die luft. P. Hevse fioi\ 5 (1864) s. 164.
HERDRECHT, n. l) mhd. hertreht {vergl. Lexer wb. 1, 1268),
focagium, ceiisus qui ralione areae exsolvilur, vectigal caminarium.
Haltaüs 893. Frisch l, 444*.
2) herdrecht , praecipuum in venditione praedii aut domus,
quod malrifamilias ab emtore datur. Stieler 1550. vergl. oben
herdgeld 3.
HERDRING, m. ein eiserner ring, an seinem untern theile
geschärft, uomü der treibherd ausgeschnitten wird, bergw. lex. 297*.
HERDRLNGE.N , verb. accedere violenter. Stieler 337 : trotz
aller abvvehr drang er doch her zu mir. in bezug auf an-
brechen einer zeit, des tages: die morgenröt ward herdringen.
Bocc. (1487) 47';
die morgenröt tut her dringen
über berg und tiefe tal. Ühlahd volksl. 177 ;
als nun hertrang die letzte zeit,
darnach uns thet verlangen,
dasz wir zum opfer würden breit,
dem herren wir Job sangen.
WiLH. V. Kkpfel märtyrerlied str. 14.
HERDROHEN, verb.:
nun seht über euch all herdrohen das ziel des Verderbens!
Odyssee 22, 41, vergl. 33;
wierlerum stürmt Achill ihn an, voll unbändigen Ingrimms, . . .
hell im herdrobn funkell der heim mit seinen vier knäufen.
BÜRGE« 238» (IL 22, 314).
HERDROH.NEN, verb.:
da dröhnt der hammer dumpf und schwer
zwölfmal vom grauen kirchthurm her. Ublaro ged. 320;
/ransi/ir, wie her schw ätzen , nach dröhnen 3, th. 2,1434: wo
der büchermacher allerhand kunkelfuscrei berdrönt. Siegfr.
V. Lindenberg t, 248.
HERDSAU, f. sau ah glied einer herde. in der trunkenen
lilanei wird mit dem adverb. herzu und der form herdsü ge-
spielt: herd-su, herd-säu! wir haben erst die erst masz.
Garg. 94'.
HERDSCHAUFEL — HERDURCH 1082
HERDSCHAUFEL, f. etsane scitaufel welche gebraucht wird,
den herd an hochofen rein zu halten. Jacobsson 2, 244*.
HERDSCHILLING, m. abgäbe an den lehnsherrn vom eigenen
herd, d. h. vom eigenen hatisstand. Haltaos 894 : item , were
es Sache, das ein nachbur hie zu Melpach einen sone ader
ein dochter vorandert und bei im in seinem hus behüte,
und vater und muUer in der ehe seszen , und die dochter
ader der sone auch in der ehe seszen, so sollen ire igliches
einen herdschilling geben nach der nachbaure Ordnung, weisth.
5,268 {Welterau, v. 1475). die gleiche beslimmung ebendaseWst
rücksichllich der verheirateten söhne und töchter von witwern oder
witwen, die mit ihren ellem zusammen nur einen hausstand bilden.
HERDSCHLICH, m. der gepochte und gewaschene, oder zu
sciüich gezogene herd, der nach vollendetem treiben aus dem treib-
herd ausgebroclien ist ; auch der kern oder beste schlich , der aus
den graupen gekehrt wird. Jacobsson 2,245*.
HERDSCHMID , m. einer der hammerschmiede in den blech-
werken.
HERDSCHÜRER, wi. schürer des feuers {bei folter und Scheiter-
haufen): so sein nu die fürsten, die des bapsts gesetz schützen
und handlhaben der selben falschen geiste henker und herd-
schirer. Melanchthon ein kurzer begriff der ernewten christ-
lichen leer (1524) 8.
HERDSCHW'ELLE, f. schwelle, die beim mühlenbau an den
herd (8. g sp. 1076) angebracht wird. Jacobsson 5, 505*.
HERDSTANGE, f eiserne brechstange, womit der alte un-
brauchbare herd in dem backofen ausgebroclien wird , wenn man
einen neuen schlagen will. Jacobsson 2, 245*.
HERDSTATT, f. l) die statt wo der herd errichtet ist, der
herd selbst: holz auf die herdstatt tragen, focum extruere lignis.
Maaler 218* ; man wärmbt sich allein beim feur, so uf der
gemeinen herdstatt. F. Plater 146.
2) wie herd 3, sp. 1075 das eigne wohnhaus, sedes domestica
et familiaris. Haltaus 892: in disem brande verbrantent uf
400 heitstetle in der stat und in Crutenowe. d. städtechron.
9, 755, 12 ; item 35 heerdstatt seind zu Steinfeld, die besitzen
34 mann und die andere eine witwe. und gibt kein heerd-
statt meinem gn. h. kein hun, allein diese so seiner gnaden
eigen sind, weisth. 6, 50 ; kirche, rathhaus und über 80 heerd-
stadt ohne andere eingebewde sind jemmerlich abgebrandt.
V. Rudolph zeitbüchlein {Erfurt 1586) Q ij.
HERDSTÄTTE, f was herdstatt ; vergl. feuerstätte th. 3, 1605.
im. weiteren sinne, das hauswesen : er hat seiner nicht dabei
vergessen , sondern seine hertstette gewaltig gebessert. Friscb
1,444' (ans Ha.mmelxanns Oldenburg, chronik s. 318).
HERDSTEIN, m. steinerne platte, womit man zuweilen die
stelle des herdes belegt, auf der man eigentlich das feuer anzündet.
Jacobsson 2, 245*.
HERDSTEüER, f Steuer vom eigenen herd, herdgeld, herdzins.
HERDSTUBE, f. in den pochwerken der räum, wo sich der
waschherd (8, c sp. 1076) befindet.
HERDTRANK, m.: wenn bei dem werktreiben des silbers
der abstrich weggeschafft ist, und es kommt dagegen die
glöte, welche gegen den abstrich grünlich, gelb und röthlich
aussiebet, so macht man die gasse, wenn abstrich heraus-
gehet, mit etwas feuchter asche zu, und wenn sich auf dem
rande herum kleine blasen sehen lassen, so wird dieses der
heerdtrank genennt. Jacobsson 2,245*.
HERDURCH, adv. durch und herwärts, durch in der richlung
nach einem sprechenden.
1) das wort scheint viel jünger als sein gegensalz hindurch,
da ein ahd. hera durah, mhd. her durch bis jetzt nicht belegt
werden konnten, und es, sowie seine umkehrung durchher {th. 2,
sp. 1627) wesentlich nur im 16. und 17. jahrh. und auch da nicht
häufig , im gebrauch ist. die jüngere spräche bat es aufgegeben,
so dasz Tiecks :
's ist Gertrud, Benno läszt sie nicht herein, —
sie dringt herdurcb, will sich nicht weisen Ussen.
Genovefa s. 146,
ganz vereinzelt dasteht.
2) herdurch wird, tn Verbindung mit verben der thdtigkeit,
gebraucht
a) in sinnlicher schärfe: Paulas aber stund mitten aii{ dem
richtspiatz und sprach . . ich bin her durch gegangen und
hab gesehen ewre gottesdienste. ap. gescfi. 17, 23 ; so machet
euch nu auf und ziehet durch den bach Sared, und wir
zogen erdurch. 5 Mos. 2, 13 ; zogen er durch , und lagerten
sich im gründe Jesreeh richter 6, 33 ; das volk thut bede hend
1083
HERDURCH — HEREIN
HEREIN
1084
über die äugen und blinzlet herdurch. Frank wellb. 150*.
im atisdrücJilkhen gegensatze zu hindurch: die Edomiter aber
sprachen zu inen, du soll nicht durch mich ziehen, oder
ich wil dir mit dem schwert entgegen ziehen, die kinder
Israel sprachen zu im (dem könig der Edomiler), wir '.vollen
auf der gebeenten strasze ziehen, . . wir wollen nichts denn
nur zu fusze hindurch ziehen, er aber sprach, du seit nicht
her durch ziehen. 4 Mos. 20, 20.
b) abgeblaszier , so dasz die beziehung auf einen sprechenden
viehr iuriicklrUt, und herdurch nur Vollendung oder abscidusz
einer Ihäligkeit bezeiclinet: wir wissen das Adam unser aller
erster vater diesen artikel angefangen hat zu gleuben, da
im gesagt ward, des weibes samen sol der schlangen den
köpf zutrelten, und also von im auf uns alle bracht ist,
wie er in gefasset hat, und herdurch gangen von einem zum
andern. Lctber 6,225'; ich habe meine schöne mittel, die
mir gott von eitern bescheret, liederlich verschwendet und
herdurchgebracht. Scriver seelensch. 2, 237 ; die scharfen äugen
der kStzer, die da ärger spannen als die hecheinmacher,
sehen doch herdurch. in/mm536; der ander mache sich hinter
die hofschranzen , hechele , mustere und ziehe wacker her-
durch dero betriegligkeiten. Schüpfiüs 420; welche deine
fehler hinter dir herdurch zu hohlen und auszzubreiten wissen.
pers. rosentli. 2,4; ich möchte in tausend stücke zerspringen,
wann sie {die bauern) mir sagen , dasz dem könige keine
viele räthe nolh thun. vielleicht wähnen sie, weil sie sich
mit einem ochsenknecht oder sonst einem starken und groben
pfingstflegel herdurch hudeln , der könig könne und solle
es auch also machen. A. Henning niMf/»nitt.<;c/»(frü7ii/'. 1665)447.
3) herdurch praeposilional :
der mohn herdurch die welken leucht.
n. Sachs 3, 2, 79'.
HERDÜRCHER, adv. aus herdurch her, das verstärkte her-
durch (vergl. oben heraber, heraner, herauszer):
so er durch die quäl und pein
die im durch uns zugsprochen sein,
herdurcher ernstlich Kuomen win.
ScuADK sat, u. pasqu. 1, 142, 569;
nachdem man nun herdurcher war
durch die mu.sterung, bezaJt man par
ein jedem seinen anzugsold. mückenkr. 1, 927.
HERDVOGEL, »n. i) lockvogel, der auf dem herde zum fangen
gebraucht uird. Jacobsson 1, 245*.
2) vogel als glied einer herde: berdvOgel, aves coliortales. Stie-
LER 529.
HERDVÖGELEIN, n. motacilla modularis rubetla. im Berner
oberlande. Stalder 2, 39. anderswo braunelle, zaunschlief er, baum-
nacläifiall.
HEUDZINS, m. abgäbe com eigenen herd, herdgeld. Stieler 2651.
HERELN, adv., intro, einwärts und her. l) im mhd. in ge-
trennter Stellung her in und her in häufig (belege mhd. wb. 1, 68S'.
74S". 750*), getrennte Schreibung dauert bis ins 16. jahrh. tlteil-
tceise. die betunung herein bewirlU rückgang der form, namenl-
Itch bei Lt'TiiER zu erein (Ih. 3, 780, vcrgl. oben herab, heran,
heraus, herbei), und schon im I6.jalirh. kommt die weitere, in
geuOhnlicIter spräche bis heute dauernde kürzung rein vor:
du sohesl mich mit dem betrug
dein tag nil wider bringen r<;iii :
soll mir ein ewig warnung sein !
b. Wai.bis Esop 4, 60, 179;
jetzt will ich ihn auch nil rein lahn.
i. Atre« fiuln.sp. 16b" (31M,27 Keller);
ach, Wilhelm! rein, herein geschwind!
BöikPER l.rnorr, eretfr druck im göiling.
musenulm. 1774, «.219;
tie hat darin (in der menagerir) die wunderbarsten thiere,
und kriegt sie reio, weisx selbst nicht wie. Gutuk 2, 9U.
dafür die form reine für hcreine {nach analogie von herabe
sp. 1005 gebildel):
drumb lasz ich niemand reine.
J.AtRE» (iittn.np. 166' (3155, 10 heiter).
seil dem \h. jalirh. läfzl rieh die umkehrung e\nbe.r belegen (vergl.
th. 3, 200), die manchmal unmtitclbar neben herein und in dem-
ulben itnne üeht:
komb einher, Sara, komb herolr) '
II. Sach« 3, I, S^
wenn auch einher jHzt eine von herein verschiedene bedetäung
angenommen hol. vergl. aber unten herein 3.
2) hvtnu ui zunächst und gewöhnlich rein örtlich genommen,
und betachnet ein {Ih. 3, 1 lo) nach einem sprechenden zu, aU
gegensalz von hinein , das nach einem entfernleren ziele weist,
wie aber bä herab {sp. 1005), heraus (sp. 1027) tu der netteren
spraclie Verwischung dieses gegenscUzes beobachtet vird, so brauclu
auch Güthe herein für hinein, ein gebraucii der jetzt in ge-
wöhnlicher rede um sicli greift:
huri. zeige deine wunden an,
die mir rühmliches vermelden,
und ich rühre dicli heran.
dichter, nicht so vieles federlescn !
lasz mich immer nur herein. 5,257;
des morgens kam ich zum brunnen,
fragte: wer bracht euch herein? 40, 195;
vergl. ferner die oben milgälieiUe stelle 2, 90, und unten herein
reiten, treten, sowie herein schicken, herein slelU mü verben
der bewegung, des seitens, lockens und befehkns, dte in dringlicher
rede unterdrückt wenten, besonders im falle des gebots:
herein! herein
gesellen alle! Schiller glocke v. 390;
da stand es gut um unser haus : I
nur viel herein un<l nichts hinaus! Göthe 41, 48;
herein! herein! nur gold zu häuf!
wir legen unsre klauen drauf. 139;
ihr Wechselbilder, ihr des dichters träume,
herein mit euch und füllt mir diese räume! 4, 196
(wo herein mit euch das gezwungene hereingehen, das lierein-
bringen anzeigen soll, vergl. das ähnliche her damit sp. lOOO).
namentlich dient herein ! auch als aufforderung nach erfolgtem
klopfen in ein zimmer zu treten : suchte ich Höpfners wohnung
und pochte an seine studirstube. als er mir herein ! ge-
rufen hatte, trat ich bescheidentlich vor ihn. Göthe 26, 159;
'geht, holt Corvinen her!' gleich klopft Jemand, 'herein!
ach redlicher Corvin, erwünscht stellst du dich ein!'
Rost verm. ged, 61 ;
Faust, es klopft? herein! wer will mich wieder plagen?
Meph. ich hins. I-\ herein! U. du muszt es dreimal sagen.
/''. herein denn ! Götiik 12, 79.
die Verbindungen herein können, herein müssen, herein wollen
verlangen ergdnzung eines verbums der bewegung : die thür ist
verschlossen , er kann nicht {zu uns) herein ; er musz aber
herein ; mein pferd scheute wie ich zum schloszthor herein
wollte. Göthe 8, 68;
noch können regen und Sonnenschein
von oben und überall herein (in das hatts). Uhland ged. 62.
»n den Verbindungen herein sein, herein haben liegt das endziel
einer betvegung angedeutet : wir haben die ernte herein ;
und wir bringen die frucht herein, wie das heu schon herain ist,
trocken. Göthe 40, 235;
siehst du? sind neue Völker herein,
kommen frisch von der Saal und dem Main,
bringen beut mit, diu rarsten saclien!
Schiller U'ii//enst. lager, 1. aufir.;
Buttler. Jener hole — Wallenst. nun?
B. er ist herein. Wullenst. tod 3, 10.
zu herein treten praepositionen , die anfang oder ende einer be-
wegung, oder auch eine nähere beziehung derselben andeuten:
do koin Jacob I'üttricb von Bairii heriu in die stat gegangen.
d. stddtechron. 4, 22, 12; da fielen (feinde) aus Reichaiabia
her ein. lliob 1,15; der tod ist zu unsern fenslern herein ge-
fallen. Jer. 9,21; es dauert eine zeit laug, bis diese puipur-
farbe von auszcn herein den ganzen kreis zudeckt, und end-
lich den hellen miltelpunkt völlig verlreibt. Götub 52,30;
wir haben doch kuiitschaft zu euch herein,
wann wir all eur hiiitersessel sein,
wir sein von Schiiigling herein eur roair,
und pringen euch zu gült oft kes und air.
/a.s(M. sp. 567, 6;
darömb sei wir herein zu euch kumcn. 567, 15.
die erstreckung der beicegung bezeichnet ein beigesetzter accusaliv :
du koinint Görge den berg herein. Göthe 14,272; wann die
wogen so den liafen hcreinbreclien, und sich an seine hoho
niauer hinaufw.1l/.en. Heinse Ardingh. 1, 205.
Verben der angegebenen art , mit denen herein sich verbindet
sind :
bauen: hcreiubauen , versus nos inlra locum aedificare.
Stiklkr 102.
betteln: bettele wider hinausz {aus der sladt), wie du
herein gebctielt hast. ZiNncRKr ajxtpltlh
b e 1 1 i e g e n , betrügen:
denn to hat »in iiiir des waldi'K n
Ctncn hlircti, uii^clrckt iiiicl uiik' '
unter Ihren hc.irhlii.M hrrrlii licii . ..
unter die zahme coropaguie gebracm. oothk 7, Ol.
1085
HEREIN
HEREIN
1086
bewegen: eine gestalt bewegte sich langsam ins Zimmer
herein ; die last wurde nur mit mühe durch das thor herein
bewegt.
blasen: danach liesze Simplicius einen ansehenlichen
burger hinein blasen (»n ein zauberbuch) . . hernach um-
blättert er das buch und wiese ihm und dem umstand lauter
thaler und ducaten, sagende: dieser herr hat entweder viel
geld oder wird bald viel bekommen^. . das was er herein
geblasen, wird mein sein ! Simpl. 3, 1S5.
blicken: als Eduard des andern morgens an dem busen
seiner frau erwachte, schien ihm der tag ahnungsvoll herein-
zublicken. GOthe ",132.
brechen, l) «^einbrechen 1—6, tA. 3, 155 fg,: die kälte
bricht herein, ingruit frigus, die krankheiten brechen herein,
ingruunt nwrbi. Hederich 1259; von dem hereinbrechenden
tod übereilt. Chr. Weise erzn. 2 ; dasz . . oft statt alles des
guten, was ein trefflicher mann hervorzubringen und zu ge-
währen vermag, unheil und Verwirrung hereinzubrechen drohte.
GöTHK 17,176; heisze stunden folgten, ungeheure gewitter
brachen herein. 26,155; da brach h. Vorble, der alles gehört,
zur thüre herein. J. Pacl komet 3, 233 ; bergmännmh vom ein-
brechen der limmerung, des gesteins in die stoUen. Veith berg-
tcürterb. 272;
wolan, so brich herein,
du oft ^ewündschter schein (ein geburlstag),
brich ein und mach uns froh! Flemwg 378 Lappenb.;
der schwüle tag vergeht, der abend bricht herein.
LRssi?ce 1, 126.
2) auch bildlich, wol nach dem hereinbrechen des tages und
lichtes :
hilf [qott) mir unwürdigen, und brich zu mir herein
mit deinem gnädigsein! Flexing 15 Lappenb.
3) transitiv, bergmännisch : die unterbänke (teerden) mit keilen
oder hebeisen hereingebrochen. Veith bergwOrterb. 272.
brennen: dann lasz ich sie {die äugen) ruhen an den
aufstrebenden alpenpfeilern , die das blaue tempelgewölbe
tragen, bis sie sich erheben, und sich oben am portal des
bereinbrennenden glanzes gesättigt und geblendet schlieszen.
J. Paul biogr. belust. 1, 21.
bringen, i) importare, inferre, introducere, von personen und
Sachen :
wie gar iuwer got verga?,
da; ich iuch brähte her in! Iieein 6255;
mach mir ein essen , wie ichs gern habe , und bring mirs
erein. iMos. 27,4; zur selben zeit sähe ich in Juda kelter
tretten auf den sabbath, und garben er ein bringen. Mi.
13,15; zur selbigen zeit wil ich euch herein bringen, und
euch zur selbigen zeit versamlen. Zephanja 3,20; dasz man
zu eben derselben zeit durch Jäger und bediente eine anzahl
hunde hereinbringen , und pferde im schloszhofe vorführen
liesz. GöTHE 18,287; das hereingebrachte licht. 30,224.
2) trie einbringen 5, theil S, sp. I5i, in dem sinne von ein-
holen, ersetzen, der ausdruck scheint angelehnt an das herein-
bringen, ein fangen eines der hut entsprungenen llrieres: wann
was versäumt ist, musz es bei zeiten . . . hereingebracht
werden, si quid praetermisstini est. in tempore restäuendum erit.
Stieler 244 ; den schaden hereinbringen , resarcire damnum.
das., wo ah gleichbedeutend hernach- oder nachbringen an-
gegeben Ktrd; sie weren wol werd, beide beschleffer und
beschlefferin, das sie zum wenigsten eine Zeitlang das land
müsten reumen , damit das ergernis gebüszet oder herein
bracht, und den andern ein exempel zur furcht gegeben
würde. Ldther 5,247*; ihr Versäumnis herein zu bringen und
ihre fehler zu verbessern. Schiller 1112. vgl. herein holen.
denken: dem sechzehnten brief von der spräche des
himmels wollen wir sein wohlgedachtes nicht abläugnen, doch
quillt auch da nichts aus der seele, es ist so alles in die
Seele hereingedacht. Göthe 33, 94.
dienern, mit einem bückling hereinkommen {vergl. einen
diener machen /A. 2, Uli): sie war kaum abgestiegen, als die
dicke wirthin hereindienerte. M. A. Nierdorf rittergut Marder-
heim, in den Gieszener familienblätiern vom 31. dec. 1S70, s. 164'.
drängen, reflexiv: eine schaar neugieriger drängt sich
ins zimmer berein, auch intransitiv: man sieht schon, wie
dort die wogen über das ufer in das land herein drängen.
dringen:
da drang ein dutzend anverwandten
herein, ein wahrer menschenstrom. Götbi 1, 211 ;
der allerklarste mondenschein
dringt nicht zur ünsternis berein. 41, 14$.
düstern: und doch kam ... der schlaf sich anmeldend
als die nacht hereindüsterte. Göthe 30, 77.
eilen: er eilt herein zu uns.
fahren: der wagen fährt zum thore herein; der blitz fuhr
zum fenster herein.
fallen, l) eigentlich: der türm ist herein in die Stadt ge-
fallen, lurris in partem civitatis lapsa est. Stieler 423.
2) von feinden, impelum hostilem facere : waren die Amalekiter
er ein gefallen zum mittag. 1 Sani. 30, 1; Simon war im {dem
Tryphon) mit seinem beer stets auf der seitea, und wo er
erein fallen woll, da wehret im Simon. 1 Macc. 13, 20.
3) sonst bildlich: hie feilet herein (in die Untersuchung) die
alte frage, welcher evangelist unter den beiden . . die veter-
liche schnür beschriebe. Luther 8, 126*.
finden, reflexiv {vergl. sich finden theil 3,1647): ew. ge-
strengen wolle sich unbeschwert hereinfinden. Luther briefe
4, 437. vergl. auch sich einfioden thäl 3, 177.
fliegen: ein vogel fliegt zum fenster herein; übertragen:
husch , flog ich herein , um meinem Väterchen einen guten
morgen zu sagen. Engel 12, 75.
flieszen: bald flössen sie {die töne) wie verirrte echo
aus fernen hainen in diesen stillen garten herein. J. Paüi
Hesp. 1,119.
führen: sie furchten sich aber das sie in Josephs haus
gefurt wurden , und sprachen, wir sind her ein gefurt umb
des gelds willen , das wir in unsern secken vor hin widet
gefunden haben. 1 Mos. 43, 18 ; gehe aus bald auf die straszen
und gassen der stad, und füre die armen und krüpel und
lamen und blinden herein. Luc. 14, 21. übertragen , etwas in
eine frage, eine Übung als neues dement einführen: als wenn
einer dem andern ein trank reichet und spreche, nemet hin,
trinkt, hie sitze ich Hans mit den roten hosen . . oder füret
sonst desgleichen einen frembden bossen herein , der sich
gar nichts aufs trinken reimete. Lcther 3, 69*.
gehen: ir hellefürsten , slieszent uf uwere porten, wan
der künig der eren wil herin gon. d. städtechron. 9,503.20;
des königs knaben sprachen zu im, sihe, Haman stehet hn
hofe. der könig sprach, laszt in er ein gehen. EstL 6,5;
thut die thor auf, das her ein gehe das gerechte volk. Jes.
26,2; bergmännisch hereingehen, in den Schacht stürzen. Veith
bergwürterb. 272.
hängen, intransitiv: das hereinhängende himmelblau schien
ihm eine dünne blaue wölke. J. Pacl Hesp. 3, 138. reflexiv
(vergl. hängen sp. 450) : wenn er {freund Hain) sich so in ein
bett hereinhängt, ist er für den, der darin liegt, eine ernst-
hafte erscheinung. Claudius 3, v.
heiszen:
wer steht dort, geh, heisz in herein.
H. Sachs 3,1,74», vergl. 3,2,53'.
holen: hole mir meine kleider herein, wie hereinbringen 2
oben sp. 1085: was dir der graf schuldig bleibt, wird der herzog
hereinholen. Schiller Fiesko 3, 4.
keilen, bergmännisch, die zu gewinnenden massen mü keilen
loslösen, und so in den schaclU herein fallen lassen. Veith berg-
wörlerb. 272.
kommen: komm er ein, du gesegneter des herrn, waramb
stehestu drauszen ? l Mos. 24, 3t ; Simson gieng hin gen Gasa
... da ward den Gasitern gesagt, Simson ist herein komen.
ncht. 16, 2 ; die Chaldeer, so wider dise stad streiten, werden
herein komen und sie mit fewr anstecken. Jer. 32,29; freund,
wie bistu her ein komen, und hast doch kein hochzeitlich
kleid an? Matlh. 22,12; wollen sie nicht wenigstens einen
augenblick herein kommen? Frettag handschr. 1,282;
kombt rein! est mit mir zu mittag!
J.Atrer fasln. sp. 189* (3166, 4 Keller);
die pforte knarrt und niemand kommt herein.
tiöTHK 41, 314;
die fenster und pforten woll er weihn,
dasz nichts unseiigs komm herein. UelA5D ged. 62.
kriechen: hereinkriechen, introrepere. Hederich 1259.
kriegen: ich kriege dich schon herein {in das simmer wo
ich bin); Verwechselung mit hinein kriegen (vgl. oben 5p. 1084):
sie hat darin (in der menagrrie) die wunderbarsten thiere,
und kriegt sie rein, weisz selbst uitht wie. Göthe 2, 90.
lächeln: der raond lächelte zu unserm fenster herein.
transitiv durch lächeln zum eintritt bewegen: kaum hatte den
jungen gast die Brittin nicht höflich, sondern freudig herein-
gelächelU J. Pacl Hesp. i, 17.
1087
HEREIN
HEUEIN
1088
langen: noch um 9 uhr scheinen Sterne, der helle mond
noch länger, aber dieses hereinlangen des slenienhimmels in
den vormiKag gibt ihm liebe empfindungen. i. Vwi ßegelj. l,2i.
lassen: hereinlassen, intromitiae. Heüerich 1259; laszt
herein, es komme wer will, aber niemanden hinaus. Güthe
14,226; . ^.
kein mensch im haus ist bionen, . . .
ich lasz niemand herein. „ ., „ ,
J. Atrer fasln, sp. 166» (3155, 3 Keller).
locken: hereinlocken, allraliere ad locum interiorem. Stie-
ler 1173.
nüthigen: so will ich doch den gedanken, der anklopft,
hereinnöthigen. Tuümmel 4, 543.
packen, reßexiv, inlroire. Stieler 1410; pack dich herein
ins zimraer!
platzen, plötzlich hereinkommen: er platzte zur thür herein.
vor» dem plülzliclten nahen eines ereignisses: wenn er {der jmgfte
tag) nu wird herein platzen, und alles in einen häufen
schmeiszen. Luther 5,535*; wenn unser gott mit dem jüngsten
tage herein platzte. M. Neander mcnscbenspiegel 16.
rauschen, rausciiend hcreingehen : Lucinde machte sich
gleich darauf vom tanzsaal , ich erbebte vor schrecken und
lust, wie ich sie hereinrauschen hörte. Heinse Ardingh.l,2i9.
reiszen, gewaltsam hereinziehen: oder reiszen (in eine be-
weisführung) sonst etwas erein, das sie ja auf d«n worten
nicht bleiben müssen, sie würden sonst gefangen. Luther
3, 286*. im bergmännischen sinne einreiszen, kohle und geslein
so reiszen, dasz sie in den schachl hereinfällt. Veith bergwörler-
buch 2"2.
reiten: in meinem herein reiten {in das schlosz). Amadis
2S" ; eben reitet Farber, Weislingens knecht, zum schioszthor
herein. Göthe 42, 50 ; mil hinein reiten verwechselt {vgl. oben
herein 2, sp. 1084): ich sah ihn, wie er zum schlosz herein-
reiten wollte. 8,58, wofür 42,73 hineinreiten.
rücken: hereinrücken, ingruere, incedere, irrumpere. Stie-
ler 1569.
rufen: hereinrufen, inlrovocare. Hederich 1259;
der höchste blutbann war allein des kaisers.
und dazu ward bestellt ein groszer graf,
der hatte seinen sitz nicht in dem lande,
wenn blutschuld kam, so rief man ihn herein.
Schiller Teil 2, 2.
schauen: als ich über mich blickte, glaubte ich wirklich
noch etwas von dem Sprunge in der kuppel zu bemerken,
durch den ich herein geechaul hatte {in den saal). Göthe
23, 99.
scheinen: die sonne scheint zum fenster herein,
schicken: man hat mich hier herein geschickt;
gnediger herr, uns schickt herein
der prior und ganzes convent.
3. Atrer fasln, sp. 188' (3164,32 KelUr).
veruechselung mit hinein schicken {vergl. oben sp. 1084): mein
naroe, den ich ... hereinschickte (in ein zimmer sagen kesz).
Klingeb 9,3.
schieszen: hereinschieszen bergmännisch, eine anzugrei-
fende gesttinmasse mUlels scUeszens lossprengen. Veith bergwörter-
bueli 272.
schlagen, ebenso bergmännisch, massen gesleins losschlagen
{und so in den schaclil herein befördern), das.
Schlei eben:
ihr angenehmen nachibctrüger,
ihr »üszen träume, schleicht herein ! GCntbir 279.
schlurfen: als ihr da mit Schlafrock und perücke und
in Pantoffeln hereingeschlurft kamt. F«. MClleb 1, 309.
schreiben:
wolan disx buch bat schier ein ort . . .'
10 wil ich ietzundt, hab ich glfick,
etlich probierte gute «tück
zur letzt auch schreiben gleich herein.
ijrobianus (1568) ib* (b. 2, cap. 8).
genden: bereinsenden, tmminfrc. Stieler 2009.
spazieren: hercinspatzieren, ingredi. Heuerich 1259.
spielen: aber als er innen in der finstcrnis mit dem
köpfe am felsen lehnte und die töne neckend hereinspiellen.
J. Faul Tit. 3,109.
sprengen: wie bOcbst überraicht war Charlotte, als sie
Otlilien vorfahren und Eduarden sogleich in den schloszhof
berciniprengen sah. Göthe 17, 300-
springen: wie es (dat fcuerwerk) vorbei war, uod die be-
dienten wieder bcreinsprangen (m das haus). Heinsb Ardiui^
1,151.
stehlen, reflexiv:
gieb {schlaf) auf die träum auch ja wohl acht,
dasz sie nicht mit herein sich stehlen. Gökingk 2, 75.
steigen:
steigstu nii auch ru mir herin (in den brunnen).
" ß. Waldis Esop 4, 8, 58.
strecken: da er sich einer stelle nahte, wo zwei inseln
das lluszbette verengten und, indem sie ihre flachen kies-
ufer bald an der einen bald an der andern seile herein-
streckten, ein gefährliches fahrwasser zubereiteten. Götue
17,330.
stürmen: die älteste tochler kam darauf lebhaft herein-
gestürmt (ins zimmer). Göthe 25, 343.
treiben: hereintreiben, in /üt«»» ^uendam compcW<;re. Stie-
ler 2321. bergmännisch, die zu gewinnenden massen in gröszercn
Mcken loslösen {vergl. oben herein schieszen, schlagen). Veith
bergwörtcrb. 272.
treten: in der lesche zu Delphi waren zwei grosze ge-
mählde des Polygnotus. welches meint herr Klotz? das im
liereintreten rechter, oder linker band? Lessinc 8,6; Jarno,
der eben hereintrat, wurde in das geheiinnis gezogen. Göthe
18,280; als hinter ihm die thüie sich auflhat, und er bei
dem eisten verslohlnen blick in den spiegel den gralen ganz
deutlich erblickte, der mit einem lichte in der band herein
trat. 306; bat mich hereinzutreten. 24,89;
der sahl erölTnet sich, und eine nymfe tritt
herein. Wieland 9, 73;
trat er in den kreis herein. Göthe 1, 199;
da tritt herein ein junges weih,
mit voller brüst und rundem leib. 13, 126;
herein zum saal klein Holaiid tritt,
als wärs sein eigen haus. Uhland ged. 335.
unsinnlicher: es zeigte sich ... eine ferne, schöne und hoff-
nungsvolle aussieht, da lagen dürfer und mühlen in den
gründen, Städtchen in der ebene, und neue in der ferne
eintretende berge machten die aussieht noch hoffnungsvoller,
indem sie nur wie eine sanfte heschränkung hereintralen.
Göthe 19, 35. Verwechselung mil hinein treten (vergleiche oben
sp. 1084): ich wuszte dasz ich in einen frommen sittlichen
kreis hereintrat und betrug mich darnach. 30, 235.
vexieren: sticht dich der muthwille, dasz du mich aus
der küche hereinvexieist? Göthe 7,120.
wehen: endlich wehten die (lammen der sonne über die
erde herein. J. Vavl llesp. l, 165.
ziehen, intransdiv:
weinmücklein
zogen über den berg herein,
kamen den mucken hülf zu thun. müc*cn*r. 1, .12.
vom nehmen einer wolinung : er kündigte ihr die ankunft eines
frauenzimmers an, die hier hereinziehen sollte. Göthe 17,385.
Iransiliv: ich zog ihn zu mir ins zimmer herein; der archilekt
konnte nicht unterlassen, die capelle sogleich in seinen plau
mit hereinzuziehen. Göthe 17, 209.
zwingen: hereinzwingen, inducere per vim. Stibler 2670.
3) herein, in quellen des 16. und 17. jahrh. mil verben des
gehens, wofür wir jetzt einher oder daher brauchen; wie aus
dem begriffe des einycliens der des bloszen nahens und sich zeigens
entsprang, ist J/ie«/ 3, 200 gezeigt, verben mit denen herein in
diesem sinne sich bindet, sind:
fahren: wann sie allein mit yrein gemalten und lieblosen
glauben dapfer berein faren und boldern. Ickelsamer dag
etlicher brüder b2'; wie denn seine (des Moses) weise ist, das
er oft so herein feret, und also redcl, das es jedcrman ver-
stehet. Luther 4,15*; Mose feret plumps herein, miitcn in
der hisloricn, bricht auch kurz wider abe. 86'.
gehen: die marterer waren voller wunden, blulrüstig, mit
schweis begossen, giengen in haddern und bösen kleidern
berein. Luther 4,487'; die kleinen dicbe beuget man an
galgen, aber die groszen diebe gehen in mardern schauben
herein. 527'; disc geen aller ding blosz herein. Frank MrÜfr.
i:)' ; ir weiher geen in wunder sellzamer riistung herein. 70* ;
gehen nackend herein. 21ü'; aber, das geschrei des volkes isl
leichllerlig, der oberu uiihcil sein wenig gewisz. dann vor
deoscibcn gehen die leulh verdeckter herein. Scuuppiüs 764;
r« geht ein frlurluT «umnier hcroln,
da fiin man gnmo fllder «in. Umland voUul. n;
<U herein,
und gieng ich nicht ni «chwarh iiikI
iO null Irh ungetchewt ihr huiipim '
U. V. 1
.iiMWI 8,23,7.
10S9
HEREIN— HEREINWÄRTS
HEREN — HERFAHRT
1090
platzen.
platz nicht berein mit pralereieu,
und ausgezierten trechseireden,
so da entlehnet von poeten. Simpl. 1, s. 37 Keller.
plumpen, plump gehen : daher plumpt mein Carlstad herein
wie eine saw, die nu die perlen fressen, und wie ein hund
der das heiligthum verschlungen hat. Lctheb 3, 6l'; welche
kunst (mi/ den schwachen umzugehen) die nötigste ist zu wissen,
sonderlich den predigern , das sie nicht so mit Unvernunft
herein plumpen, und mit gewalt faren. 266*.
prangen: so gar herrlich prangen sie herein mit irer
kunst. Lctheb 5.141';
■Venedig, was prangstu berein
mit den groszen galleen dein? mückenkr. 1, 75.
stutzen: an-, daher- et hereinstutzen, oslenlalione thea-
Irica ineedere. Stieleb 2182.
traben: secht wie rauscht der wein, wie trabt er herein,
das kan mir eiu herzensaft sein. Garg. 95*;
der reichthum trabt berein, die armutb geht auf knicken.
ßoaPLSR 59.
treten: unsere papistische münch und pfaffen .. tretten
in kutten und langen rocken herein. Lcther 4,493'; wo
nicht vil adeliches geblüt und grosze schulden sein, da musz
man deste prechtiger herein tretten. Mathes. Sar. 4S'; sehet
hie wie tritt der riim. stork mit seinen hohen beinen so
hoch under den fröschen herein. Fischabt bienk. 12»'; sie
begunte schon mit begleitung eines adelichen frauenzimmers
herein zu treten. Hoffma:«sswaldaü heldenbr. 123; prächtig
hereintreten, basdice se inferre. Hederich 1259.
trumpfen: der herr golt war arm. trumpft nur auf einem
esel herein. Katziporus g7.
wetzen: herein wetzen, daherwetzen, magnifke procedere
vestibus undantibus. Stieleb 2519.
4) die formet von vorn herein ist eine neuere Übersetzung von
a priori, älter ist von vorn (J, Padl ans. löge 1, 50, vgl. unter
vorn), herein soll den gang der Vorstellung, des Schlusses oder
beveises näher zeichnen: weit entfernt, dasz etwa jene grund-
sätze uns unbekannt geblieben wären, oder dasz wir zu der
höhe derselben uns nicht aufzuschwingen vermocht hätten.,
wir werfen sie nur eben gleich von vorn herein weg. Fichte
reden an d. d. nat. 227 ; als vorn herein : texte , deren ur-
sprüngliche sprachform sichtlich verwischt oder getrübt ist,
versuchte ich gleichwohl nicht auf diese zurückzuführen,
denn sie ist für jene zeit der Übergänge vornherein zweifel-
haft. Uhlasd volksl. 985.
HEREINER, adv. aus hereinher. s. d. :
gibstu nicht einen bessern bericbl.
so kömpstu warlich hereiner nicht.
Job. Röxolt ein fem cUiUtl. u. nutzt.
spiel (1664) T3*;
ietzund so icb hereiner komm.
J. Atber fasln, sp. 16b' (3155,26 Keller).
m der form herinner: mit ettlichen stucken, die sich gepuren, i
so ein romischer kunigk zu ersten mal herinner reit, deutsche \
slddtechron. 3, 361, 8. in der bedeulung wie berein 3, für ein- i
her, daher: j
trabet hereiner wie ein pferd. !
froschmäus. C6' (b. 1, cap. 2). i
HEREI.NFAHRT, f.: was auf unserer hereinfahrt vom balle !
geschehen ist, habe ich noch nicht erzählt. Göthe 16,37;
an den werken (festungswcrken)
wird auch gebaut, icb sabs bei der hereinfahrt.
Schiller Watltnst. tod 4, 3.
HEREINHER, adv., verstärktes herein (vergl. herabher, her-
ausher);
nun geh, lasz in hereinher gähn. H. Sachs 5,271".
fjikürst rein her:
Pincerna, heis in reinher gan.
RöüOLT spiel (1564) FS».
>n der bedeulung wie herein 3, ip. 1088:
secbt wie das volk hereinher trett.
S. BiRx Beet 1539 CV;
das goldgelb ist vor schlechf und feuerroth imgleichen;
die kapuziner sieht man so hereinher schleichen.
Flemikc 209, 3, 14 Lapiienb.
HEREI.NTREIBEARBEIT, f. bergmännisch, das loslösen der
zu geicinnenden massen mülels eintreiben ton keilen. Veith berg-
wörlerbuch 272.
HERELNWÄRTS , adv. introrsum: da ist er {Paulus) fort-
gefaren, herein werds gegen abend, gegen Asiam minorem zu.
Lctheb 3, 267* ; die antworten auf ihre fragen mOgen . . noch [
JV. 11.
so sehr ins weite gehen, wenn nur sodann ihre gegenfrage
geist und sinn wieder hereinwärts zieht. Göthe 17, 279 ; kaum
erscheint aber das ganze rund purpurfarben , so fängt der
rand an blau zu werden, das blaue verdrängt nach und nach
hereinwärts den purpur. 52, 30.
HEREiN, verb. ackern, bei Luther 1,314*, vergl. hehren 2,
sp. 791.
HERENTGEGEN, adv. verstärktes entgegen in dem sinne von
contra, e contrario {Iheil 3,527). es leitet in einem salze, der
zwei entgegenstellende urthdle enthält, dasjenige ein, auf welches
der sprecitende den gröszeren nachdruck legt, ist aber jetzt durch
das allgemeine hingegen verdrängt : wer an der höllenpein
zweifelt , frage ein böses gewissen , so wird er vernehmen,
dasz es henker und foltern, die man nicht sehe, und ein
leben gäbe, welches ärger als der tod ist. herentgegen, weil
ein ruhiges gemülhe unaufhörlich auf gott ... zielet, musz
selbtes in einein meer voll ergetzligkeiten schwimmen. Lohes-
STEiN Arm. 1,697*; das gedächtnüsz und die Vernunft des
menschen vergleichet sich mit einem acker gar füglich,
welcher, wann er nicht fleiszig gepflüget, gedünget, und
zum gebrauch bearbeitet wird, verwildert, , . . herentgegen,
wann er wacker geübet, gebrauchet, und guter same hinein
geworfen wird, so bringet und traget er auch die herrlich-
sten und schönsten fruchte. Simpt. l, 223 Keller, vergl. unten
hergegen.
HERERZÄHLEN, verb. enarrare, enumerare, aufzählen, es ist
com Standpunkte des hvrers aus gebildet, der erzählende steht
ferner, vgl. her sp. 1000 : ob der alte ihm gleich die genealogie
her erzehlen wolle. Ett.neb hebamme 43 ; sie gesellten sich
endlich zum gärtner, der die namen und den gebrauch
mancher pflanzen hererzählen muszte. Göthe 20,131; den
catechismus , eine paraphrase desselben , die heilsordnung
wuszte ich an den fingern herzuerzählen. 25, 123 : man würde
nicht endigen, wenn man alle die elemente hererzählen wollte,
aus welchen der Verfasser seinen muthwillen auferbaut. 38,236;
hererzäblet seine thaten. Göki^ck 3, 1S6;
allein wie viele hab ich bererzäblt,
und nenn ihn nicht, den manu, der nie gefehlt.
Göthe 13, 135.
HERFABELN. cer6..-
der weidner fabelt ihm her: ein riesenross,
ein hober reiter darauf, sprang über das tbal
der schönen fliehenden riesin nach. Klopstock 1,260.
HERFACKELN, verb., nach fackeln 2, th. 3, 1228 : ich sollte
. . . des gebrauchs der sprüchwörter entbehren, die doch, statt
vieles hin- und herfackelns, den nagel gleich auf den köpf
trefl"en. Güthe 25, 58.
HERFAHREN, verb. intransitiv und transitiv. 1) intrans. in
eigentliciier bedeulung , nach einem sprecitenden zu fahren : die
wagen rollen auf den gassen, . . . und faren unter einander
her, wie die blitzen. I^ahum 2,5; die Schöpfungsgeschichte
lag wunderbar da. der allmächtige auf dem Sturmwinde her-
fahrend. TiECK Siernb. 2, 400. übertragen : las her faren und
körnen den anschlag des heiligen in Israel. Jes. 5,19; (wenn)
dem menschen über den ganzen leib ein schauer herfähret.
Felsenb. 4. 552.
2) herfahren , mit weniger ausgeprägter richtungsbestimmung,
wie daher, einher fahren, sich fahrend zeigen:
die zunge hats gethan, dasz niedriges geblüte
auf hohen stuhlen sitzt, und gehet^in der mitte,
und fährt mit secbsen her. Logad 2, 15.
3) herfahren, von schneller, heftiger bewegung (vgl. fahren 5,
tfi. 3, 1249): er fahrt hungrig über das essen her; er konnte
sich nicht enthalten, sogleich über das buch her zu fahren.
4) die ältere spräche braudtt herfahren für sich gebahren {nach
fahren 12, Iheil 3,1253): macht bau (bahn) dem der da sanft
her feret. ps. 68, 5 ; fraget nicht darnach, was ir essen, oder
was ir trinken solt, und faret nicht hoch her. Luc. 12,29:
weil der geist so herrlich her feret. Lctheb 3, 62*. noch bei
Hebdeb, allerlhütnelnd :
(gutt) liesz ihn (den menschen) hoch herfahren auf erden.
zur rel. 7, 155.
5) herfahren transitiv: der kutscher bat uns zum bahnhofe
hergefahren ;
von allen schönen waareu,
zum markte hergefahren,
wird keine mehr behagen,
als die wir euch getragen
aus fremden ländern bringen. Göthx 1, 43.
HERFAHRT, f fahrt herwärts: auf der hinfahrt trafen wir
keine, auf der herfahrt recht angenehme gesellschaft.
69
1091
HERFALLEiN — UERFORDERN
HERI;i.......A HERFÜR
1092
HERFÄLLEN, verb. I) incidae, fallend herwärls kommen,
gewöhnlicli übertragen von naturerscheinuntfen , vgl. daher fallen
Iheil 2,680: wenn nii viel stösze und grausam anfechtung
herfallen, gleichwie ein sündflut mit nasser. Lutheb 1,24*;
zu dem nu der winler herfället, br. 4, 475.
2) anders über, auf einen oder etwas herfallen, in kämpf oder
gier sich stürzen {vgl. fallen B, 2, 6, Ihcil 3, 1283), eigenllich oder
bildUch: verstoszungen . . auf welche unsre heutigen kunst-
richter am liebsten herzufallen pflegen. Breitinger forts. der
crit. diciUk. 173; so bracht ich nun .. das gespräch auf den
Tater deines freundes, und drückte mich mit aller empörung
. . darüber aus. jeder fiel über ihn her; man wuszic des
bösen nicht genug zu sagen. Klinger 9,180; sie fallen über
einander her {sich prügelnd). Göthe 8,7; als mir ein paar
nebeneinanderstehende kästchen in die augcn fielen . . .
ahnungsvoll fiel ich darüber her. 18,22;
was läszt sich sagen, hier,
wo unser leind, in unsichibarer spalte
verborgen, jeden augenblick liervor
zu stürmen, auf uns herzulallen droht?
Schiller Macbeth 2, 10.
HERFEGEN , verb. stürmend hergehen , vergl. Jegen 14, theil
3, 1415 :
mit Zähnen, mit gewefTz, und einem offnen rächen,
weis es {das milde sclitvcin), wo es herf'egt, die thüren weit
zu machen.
DiETR. T. D. Werdkr Ariost 14,96,6.
HERFERTIGEN, verb. reßexivum sich herwärts fördern, eilen :
fertigten sich durch den Jordan für dem künige her. 2 Sam.
19,17.
HERFLIEGEN, verb. advolare: ein vogel kommt hergeflogcn.
HERFLIEHEN, tter6. ; die feinde flohen zu uns her.
HERFLIESZEN, verb. manare. 1) in eigentlicher bedeutung;
an den ort, da sie {die wasser) her flieszen, fliesren sie wider
hin. pred. 1, 7 ;
ein springendes brünnlein süsz und kalt,
das an dem Falkenstein herflosz.
frosctimäim. C4' (b. 1, cap. 2);
bildUch: wolgerüche flössen um uns her;
hingegen jenes heerd wird fett vom opferblute,
die rosen schmücken ihn, der wein flieszt um ihn her.
LiCHTWER fabeln 2, 8;
unsinnlicher: wann herfliszende und schnelle lieb die ge-
winnet gemeinlich einen pösen auszgang und erkaltet baldc.
A. V. Eyb 12'; das wahre geschrei fteuszt von den haus-
genossen her. Schuppius 764.
2) häufig übertragen, von gedanken, empßndungen, nrtheilen, fol-
gerungen und reden, evianare, effluere, sich ergeben (vgl, flieszen 18,
theil 3, 1796) : thäten sich der entbietung, wo es aus brüder-
lichem herzen herflösse, bedanken. ScHWEiNicuEr^l,355; haben
dannenhero wir also wol ursach, den iürslen und herren die
lanam caprinam zu gönnen, dieweil ein so groszes heil und
wolfart dem menschen darausz entspringet und herflieszet.
ScHüPPiüs 416; das wahre geschrei fleuszt von den haus-
genossen her. 764; {elirerbietung und liebe), welche mehr aus
einer heiligen begierde, der göttlichen Satzung zu folgen, als
aus irgend einem eigennützigen absehen, herflossen. Canitz
191; er hätte sehen müssen, dasz {diese sätze) von einander
nicht herflieszen. Kant 8,151; weil ... sie sich unter ein-
ander einer verständlichen, aus der allgemeinen naiur und
aus der volkseigenthiiiniichkeit herflieszenden spräche mit
kraft und Wirkung bedienten. Göthe 26,258; darzusleiien
wäre gewesen ein leidenschaftliches lieinühcn, ein hin- und
wiedereilen, . . und was sonst noch alles aus der Situation
herflieszt. 33,235; hierbei zeigt sich ein bedeutendes, aber
gleichfalls aus der natur der sache berflieszendes pbänomen.
52. J.56.
HERFLÜCHEN, verb.:
und linlie noch zuletzt mehr leufel hergcflunht,
als j« ein adjutant von Desiaus hnidenzucht.
ZiCHARIÄ 1, 162.
HERFOLGEN, verb.: er folgte mir her; wie ans dem ge-
selze . . die Tielheit der abmessungen des raumes herfolge.
Kant h, 25.
HEKFOLGERN, verb.: hieraus will er den andern satz ..
Iurfolgern. Kant 8,154.
HERFORDERN, verb.: darumb habe ich mich nicht gc-
Hfgert zu komen, als ich bin her gcfoddert. apostelg. 10, iü;
erratb ich «twa iiirbi.
warum die tochter hergeroHrtt wnr<li>ii?
^caiLLKk l'iccol. 3, 3.
HERFRAGEN, veib. refl.: 'wie bislu hieher gekommen?'
ich habe mich hergefragt.
HERFRISTEN, verb.: die Schmetterlinge im frühling haben
sich . . aus dem vorigen jjdtre hergefristet. J. Paul uns. löge
1,66 nole.
HERFÜHLEN, «er6. ;
fühl her, wie meine wange glüht, Oenone!
Schiller Phädra 1, 3.
reflexiv: ich habe mich im dunkeln her gefühlt; der blinde
fühlt sich her in das zimmer.
HERFÜHREN, reib, adducere, afferre. 1) in eigenllidier be-
deutung von personen und gegenständen: ir habt diese menschen
her gefüret , die weder kirchenreuber noch leslerer ewer
götlin sind, aposlelgesch. 19, 37 ; ich habe noch andere schale,
die sind nicht aus diesem stalle, und die selben mus ich
her füren. Joh. 10,16; werdet ir finden ein füllen angebunden,
... löset es ab und füret es her. Marc. 11,2; des morgens
füret der Ostwind die heuschrecken her. 2Mos. 10, 13; kanstu
deinen donncr in der wölken hoch her füren? Hiob 38,34;
der hergeführt vergift luft vergift die o£fnen leib. FaANi
weltb. 3";
was für ein aniasz
führt euch so früh in meine zimmer her?
Kleist Käihchen 5, 7}
und des kümmere finstre wölke
zog sich um des köni9;.s blick;
von dem hergeführten volke
bracht er wengc nur zurück. Schiller siegesfest.
2) übertragen in mancherlei beziehungen; von dem umgeben
einer sladl mit mauern: last uns diese stedte bawen und
mauren drumb her füren und thürne. 2 chron. 14, 7 ; vom
lieranzielien einer meinung , eines ausspruchs: ich mus hie mit
Unwillen ungeduldig sein, denn kein gut gcist diese glose
hat hergefürt. Luther 1,49'; ir füret auch die kinder Israel
zum e.xempel her, das gott ir rufen erhöret, und sie erlöset
habe. 3,120"; vom herleiten eines Ursprunges: der berühmte
rabin Abenezra unterstehet sich, uns Deutschen vom besagten
Kanaan herzuführen. Bütschky kanzl. 419.
HERFÜHRDNG, f : auf diese weitgesuchte herführung {eines
betveises). Simpl. 4, 208 Kurz.
HERFÜNKELN, t»er6. .•
Mammaea funkelt her an Schönheit wie die sterne.
Log AU 1, 93, 92.
HB^FÜR, adv. die ältere form für hervor, s. d. es steht an
stelle des letzteren und weicM ihm, ganz nach aualogie des ein-
faclien für für vor, worüber theil 4^ sp. 6iS /[., 655 ausführlich
gesprochen wird, rückgang der form zu erfür, vgl. theil 3, 814 :
liesz sich hören, aus der erden erfur, und weissaget. Sir.
46, 23. für herfür erscheint fürher {wie für herab , heraus
ahher, ausher), vergl. theil 4', 746. herfür wird mit verben der
bewegung verbunden, und zwar so, dasz es oder die unumgelautete
nebenform herfur bis zu ende des 16. jahrli. fast aussdilieszlick
wallet {bk zu dieser zeit kaum ein hervor, vergl. hervor thuii
aus Kirchhof nii7. disc. 142 unten unter hervor), während im
laufe des 17. jahrh. hervor gegen herfür sich ausbreitet und seit
dem IS. jahrh. die herrschaß gewinnt, so dasz jetzt herfür nur
noch in aUerthümelnder spraclie gebraucht werden kann {vergl.
nachher berfür blicken , plappern , ziehen), das mit herfür
verbundene verburn ist in dringlicher rede unterdrückt:
herfür, herfür, du schelmisch thierlein,
ghörst nicht in discn tompci. Gari;. 23SV
in den Verbindungen herfür können, müssen, wollen ist {wie
bei älinlichen adverbien , vergl. herab, heran, heraus «. .<. ir.)
ein verbum des gehens oder kommens zu ergänzen: er ruft,
welcher mit im keuipfcn woll, mit dem woll ers aufnemmen.
es wolle aber keiner herfür. b. d. liebe 226'; wann es (das
geld) aber niclit herfür wolle. Simpl. l, 54 Kurx;
wie ich es flndt, «o musz herfur,
uiiil stund der galg da vor der tliQr.
n. Waldis Esop 4. 3, 29;
in der wrhindung herfür hleüien wird ende, ausgang, erfolg
einer bewegung betont: der bapst mit den seinen haben Jo-
iianneni Hus/ vcrdampt, noch hilft sie kein vcn!-"'-'"-
er ist erfür liiielien allezeit, und gerhümel. Ltn
von den andern mit herfür verbundenen verben itirJ l
eine reihe gegeben, weitere ausänandersetsungen ßr her»or iit-
bfhaltend :
begeben: ich begab mich herfur, in hoffhung jemanden
TOD lucincin knün (vater) anzutrclTcii. Stmpi. 1, 24 Kurz,
1093
HERFLR
HERFÜR
1094
bemühen: bemühet er sich durch seine gesch windigkeit
und gescbickligkeit berfür. Amadis 126.
blicken:
die röslein durteten stille,
und bliciiten lieblich berfür* Dhlawd ged. 221.
brechen, 1) inlransiliv: der herr .. ist erfur gebrochen
von dem berge Paran, und ist komen mit vil tausent heiligen.
hMos. 33,2; und der hinderbalt Israel brach erfür an seinem
ort, von der hole Gaba. r.cht. 20, 33 ; es bricht ein solcher
bach erfür, das die drumb wonen , den weg daselbs ver-
lieren. Hiob 28, 4 ; wer ist die erfür bricht, wie die raorgen-
röte, schön wie der mond? hobel. 6, 9; der tag fieng dazumal
an herfür zu brechen. Amadis 30 ; dieweil der tag anfieng
hetfür zu brechen. 296; die bluraen, die im maien herfür-
brechen , sind vejelbraun. Taberxaejt. 776; wie die rothen
rosen unter den lilien im thal herfürbrechen. pers. rosenlh.
1,5; gleich (gleichwie) aus der finstern nacht die anmuthige
morgenröthe berfür bricht. 5, 15. vom hervorbreciten mit der
slimme: denn es stehet geschrieben, sei frölich du unfrucht-
bare, die du nicht gebierest, und brich erfür und rufe, die
du nicht schwanger bist. Gal. 4, 27. herrorstechen in der äuszern
erscheinung : meide den überQus an geschmack und kieidern,
das niemand zu herrlich herfür breche, und zu hoch prange.
Luther 2,399*.
2) reflexiv , rergl. sich heraus brechen 2 sp. '1065 : (Jacob)
ein unschuldiger fromer man, on arg, der niemand schaden
noch leid thut, dieser hat gewohnet in den hütten, das ist,
er ist daheim '>ci der routter bliben, und sich nicht herfür
gebrochen. Luther 4, 140' ;
kleid dich nach gebür,
und brich dich nicht zu hoch herfür.
B. Ri:«GWALD laut. warh. 93;
bei andrer eurer zier,
wird auch der bücher gunst sich brechen weit herfür,
und leuchten als der stern, der vor der sonnen stehet . . .
Opitz 3, 91.
bringen: bringet sie (die Thamar) herfur, das sie ver-
brand werde. 1 3/o.t. 38, 24 ; macht auf das loch der hole,
und bringet erfür die fünf künige zu mir. Jos. 10, 22; bringet
das beste kleid erfür, und thut in an. Luc. 15,22; du wilt
falsche zeugen wider mich herfür bringen. Schcppids 647 ;
der ander bracht sein (beutet) auch herfur,
der hieog an einer basten schnür.
B. Waldis Esop 4, 21, 79.
herfürbringen, erzeugen, getxren, von lebenden wesen und pflanzen :
die erde bringe erfür lebendige tbier. 1 Mos. 1, 24 ; damit aber
der fried, in welchem du zu herrschen, und deine unter-
thanen zu beschützen begehrest, nicht nur blätter uns herfür
bringe, unter deren scLatten wir sicher mögen niedersitzen.
ScHL?riC3 "35; es bat diese hundertjahrszeit mehr gelehrte
gezeuget und herfui gebracht, als vorhin in fünfzehenhundert
Jahren. 778;
ja was die erde bringt berfür,
wovon ernähret wird das land. Simpl. 1, 17 Kurz;
vorbringen, von sich geben, in bezug aufrede, mcinung, behauptung:
sie werden dichs leren und dir sagen, und ire rede aus irem
lierzen erfur bringen. Hiob 8,10; und wird deine gerechtig-
keit erfur bringen, wie das Hecht, ps. 37,6; und hat uns
wissen lassen das geheimnis seines willens, . . und hat das-
selbige erfür gebracht durch in (Jesum). Ephes. 1, 9 ; ich hab
oft in vornehmen conventen ein solche fabel erzehlet, ...
und hab damit mehr auszgericht, als wann ich alle weisz-
heit ausz dem Aristotele oder ausz desz Ciceronis oratore
perfecfo herfür bracht hätte. Schüppius lll; diese sind meine
formalia verba gewesen, welche ich ausz gutem herzen wohl-
meinend berfür bracht habe. 645; sein gedachtnus war so
feste und bestendig, das er viele periodos, insonderheit aus
den poelen, die er in seiner euszersten Jugend gelesen, herfür
bringen und zu rechter zeit anwenden könte. Micbälios alt.
Pommern 5, 323.
dringen:
davon ausz schrecken drang herfür
vil hauszgesindes zu der ihür. Schwabze?<berc llö".
drücken, reflexiv:
da drückt sich durch die dichte meng
ein feiner knab herfur. Uoiano ged. 334.
fahren: gehet bin und lauret in den Weinbergen, wenn
ir denn sehet, das die tochter Silo er aus mit reigen zum
tanz geben, so faret erfür aus den Weinbergen, und nenie
ein jglicher im ein weib. riebt. 21, 20. in bezug auf sofortig«
eruidentng einer rede: Theagenes fuhr schnell herfür, sprach:
das ist doch recht, b. d. hebe 227*.
fliegen: herfürfliegen, provolare. Stieleb 512.
flieszen: herfürflieszen, promanare. Stieleb 515; herfür-
flieszende, profluens. Maaleb 21S'.
führen: hies die hobenpriester und Iren ganzen rat komen,
und füret Paulum erfür, und stellet in unter sie. apostelgesch.
22, 30.
geben: biszhero bin ich eines fürsten fürgeber oder spen-
ditor gewesen, und so oft die stund desz nachtessens oder
mittagmahls herzu kommen, schrje ein jeder, gib herfür, gib,
gib. ScBüPPiDS 738 ;
frucht-tilgende gesellscbaft, nam Deutschland manche zier,
frucht-bringeode gesellscbaft, gab derer viel herfür.
LoCAD 2. 34, 26.
gehen:
wer ist der ruomes niht enger,
j der gang bar vür und phende mich, edelstein 79,63;
sie (Judith) gieng erfur zu inen. Jud. 15, 11 ; wenn er aus dem
furhaug erfür gieng, so leuchtet er, wie der morgenstern.
Sir. 50, 6 ; es kompt die stunde, in welcher alle die in den
grebern sind, werden seine stimme hören, und werden erfür
gehen, die da guts gethan haben, zur auferstehung des lebens.
Joh. 5, 28 ; die berge geben hoch erfür, und die breiten setzen
sich herunter, ps. 104, 8; da der künig Belsazar die deutung
der wort wissen wolle , welche eine herfürgegangene band
in dem königlichen saal an die wand geschrieben. Schcppiüs
13 (nach Daniel 5, 5) ; sie werden die stimme des sohnes gottes
hören und herfürgehen. Clacdius 6,120;
darümb gieng der könig berfür,
bisz an desselben nfers thur.
froschmäus. D 1* (6. 1, cap. 2) ;
als Udus morgens gieng herfür
stand dieser spruch an seiuer tbür:
es steht disz haus in gottes band,
versofTen ists, und nicht verbrant. Locau 1,221,12.
gleiszen:
und äugen wie der morgenstern,
schön herfür gieiszen in der fern.
froschmäus. D 1» (6. 1, cap. 2).
glitzern: herfürglitzern , emicare , effulgen, enüere. Stik-
LER 661.
gucken: aber so genaw hat er sich nicht geschmückt,
dasz ihm nit der messen beschlagen bilgerstab hett berfür
geguckt. Garg. 237';
auch wenn sie an dem tanze gehn,
da guckt der hasz (hase) erfür.
hasenjagt str. 61 (vgl. oben sp. 542) ;
der geist kickt da erfür, da ich von rede. Lctheb 3, 47' ;
doch wiewol sie solcbs bergen mit hohem vieis, noch kickt
der schalk erfür und leszt sich weidlich merken. 349'; sie
kuckten biszweilen mit den köpfen herfür. pers. roseniA. 7.18.
heben: hub EviiMerodach der könig zu Babel . . . das
haubt Joiachin des königs Juda aus dem kerker erfür. 2 kün.
25, 27.
kommen, 1) prodire, apparere: er lies des königs son
erfür komen, und setzet im eine krön auf. 2fe;n. 11, 12; kam
ein geist erfur, und trat für den herrn. 2chron. 18,21; von
dem aufgang der morgenröte, bis die sterne erfür kamen.
i\e/i. 4, 21 ; die blumen sind erfür komen im lande, der lenz
ist er bei komen. hohel. 2,12; da zuvor nasser stund, sähe
man trocken land erfur komen. weish. Sal. 19, 7 ; es ist nichts
verborgen, das nicht offenbar werde, und ist nichts heim-
licbs, das nicht erfür kome. Marc. 4, 22; also gieng ich herab
in das kloster, hiesz mir sant Veiten berfür kommen, . . .
gab im das opfer. Wickram rollte. 9, 23 Kuri; kom herfür,
was issest du? Las. de Tormes 73.
2) herauskommen, ton büchern : die meinige (gedickte), welche
dir hie fürgetragen werden, wie sie immer seind, kommen
allein herfür, dir freindlicher leser, wie fleisziglich und ge-
trewlich ich mein Taterland ... zu ehren und zu bedienen
begehre, öffentlich zu bezeugen. Weckhehlin t-orr. zu den veUL
geJicbten; was mich sonderlich am sonnlag allhier eckele,
wirst du sehen in meinem sonläglichen Spaziergang, welcher
neben andern unterschiedlichen lateinischen und deutschen
tractätlein, des nechsten tages herfür kommen wird. Schüp-
pius 21"; daran angeschlossen, ton dem aufkommen eines Spruches :
diser spruch ist erst yetz neüw harfür kommen, nunc demum
69*
1095
HERFLR
HERFÜR
1096
istaec nala oratio est. Maaler 205*; eines Schriftstellers: es sind
entstanden und herfür kommen herrliche scribeaten. Schdp-
piüs "79.
3) herauf kommen, in bezug auf Stellung und rang sich zum
bessern entwickeln: der wil etwas werden, und emporkommen,
muBZ ... die ordentliche gewöhnliche arten herfür zu kom-
men, ergreifen. Schcppiüs 549; bedenke und sehe dich umb,
in welchem stand du gedenkest und hoffest herfür und an-
dern vorzukommen. 553; woran der eine gesund wird, daran
erkranket der ander; woran der eine aufnimt. daran nimt
der ander ab; woran der eine herfür kömmt, daran gehet
der ander zurük. Bbtschkt Palm. 453;
wan du dan so wol aurgenommen
für andern kämest auch herfiir,
so wollen frölich bald nach dir
mehr schönere geschwistrigt kommen.
Weckherlik 336.
kriechen: so bald er (rfer nVse) herfür zu kriechen sich
underslundc. Aniadis 126; härfür kriechen oder schleichen
als die schnScken. exgrumare. ^fAALER 206'.
langen: herfür- (ncien hervor-)langen, promere, expromerc.
Stieler I068.
lassen: kann sich der feind {gen. plur.) ausz der enge
herfür lassen. Froksp. kriegsb. 3,157*;
freunt, laszt eur zeugen auch herrur,
das man die rechten warheit hie spür!
fastn. sp. 544, 29.
laufen: herfür- (neben hervor-)laufen, procurrere. Stieleü
1085.
lecken: härfür locken, prolicere. Maaler 206".
legen:
ein kaufmann, der da wil geld lösen in dem haus,
hängt für den laden her die schönsten wahren aus;
so leget auch herfür das frauenvolk die brfiste,
damit uns desto mehr nach dero kaul' gelüste.
BuTscHKY Palm. 274.
leuchten: gleichwie mir aber mein schwarzer traur-habit
ein sonderbares aussehen und erbare gravität verliehe , zu-
malen meine Schönheit desto höher herfür leuchten machte.
Simpl. 3, 26 Kurz; er lasse denn solchen seinen glatiben durch
ein christliches leben herfür leuchten. Bütschky Palm. 38.
machen: ich will auch fortfahren, die Wahrheit auszu-
putzen und erfür machen, und meine ungnedige herrn also
wenig fürchten, als viel sie mich verachten. Luther 1, 502".
mutzen: so man seine sprach übet, schmücket, herfür-
mutzet, aufnet und excoliret. Fischart ehz. 409.
nehmen: härfür nemmen, oder fürhin tragen, suppromere,
promere. Maaler 206".
plappern: wenn aber darnach alte geschichten herfür-
geplappert werden. Ihmernan'n Münchh. 2,143.
prangen: herfürprangen , faslui sludere, magna proßen.
Stieler 1473.
quellen: mit dieses edelmannes blutt kwillet zugleich
eine starke mulmaszung herfür, das solche magische klingen
nicht allerdings rein von aberglauben seien. Butschky Patm. 667.
r e i s z e n , reflexiv :
es wich unser panier,
doch zitternd meinem zorn risz sich die schaar herfür.
TiBCK 1, 377.
rflcken:
die Zwietracht aliiobaid herrCir ihr staal auch rückte,
mit ihrem fewerstein, und nur ein wenig pickte . . .
D. V. D. Wehuer ArioU 18, 27, 1.
rufen: die Sterne leuchten in ircr Ordnung mit fieuden,
und wenn er sie crfur rufet, antworten si». Baruch 3, 34.
schieszen: hürfür scbicszen und auszstoszen , projicere,
eüare palntilem. Maaler 206'.
schleichen: herfürschleichcn, forat se pronpere. Stieler
1835.
schössen: berfflrschosscn , procedere, grandescere, enasä.
das. 17C9.
sehen: am ersten tag des zchenden monds, sahen der
berge spitzen erfür {nach der sindflul). 1 Mos. 8, 5 ; dasz ich
darunter (unter ungekämmten haaren) herfür suhc mit meinem
bleirhgfiben angenichl wie eine Schleiereule. Simpl. 1,05 Kurz.
spiegeln: h3rfür spieglen. sUhen lassen, etwarmit prangen
und rlimen, oilenlare. Maaler 206*.
spitzen: prachthuren, .. die täglich neue kleidcr machen,
alles an das loch hengen , sich hochprachlig herfürspizen.
sp reuzen: laiiugo tenera in adolescentum genis, die milch-
haare, welche an den backen und kinn der jungen gesellen
herfür spreutzen. Corvinds (1660) 1, 335*.
sprieszen: mit grauen blättern besetzt, neben welchen
andere kleine blättlein herfürsprieszen. Tabernaem. 779.
sprossen: härfür sprossen, germinare. Maaler 206*.
sprössein: der bäum, wann er kaum ein paar finger
breit aus dem staube herfürgesprösselt. Bdtschky l'atm. 721.
stören: herfür- {neben vor- «nd für-)stören, in lucem pr«-
trahere, educere, obrula eruere. Stieler 2173.
stoszen: etliche aber vom volk zogen Alexandrum erfür,
da in die Juden erfur sticszen. apostelgesch. 19. 23; man samlel
die Wurzel im fiühling, sobald die blätter herfür stoszen.
Tabernaem. 446.
streichen: o liebste philosophi. .. streichet diese kunst
(reich zu werden), welche ein begriff ist aller andern kiinsten,
besser herfür. Schdppius 706;
David hat deine gütigkeit
sehr hoch herfiir gestrichen.
L. v. ScHNÜFFis »itrant. flötlein (1682) 41, 16.
Strömen: herfurströmen , scatere , promanare , scalurire,
e terra ebullire. Stieler 2213.
suchen: da suchte ich die alleizartesten worte herfür.
Simpl. 1,34 Kurz;
sucht bald herfür ein eisern llegel.
B. Waldis Esop 4, 73, ö6.
thun, reflexiv, 1) hervor kommen, twrvortreten , sich zeigen:
wird er euch nicht erschrecken , wenn er sich wird erfür
thun? Hiob 13,11; da Judas also redet, thut sich ein häuf
auf dem gebirge er für. l3/occ. 4. 19; als denn thet sich der
ritter vom schlosz herfür und sprach freventlich zu dem
]anker . . Amadis 'ä; dasz nach beschehener vcrsamlung und
gejägd .. ein hirsch sich herfür gethan . welchem er selbs
so lang nachgehangt, bisz er in dem wald verirret. 14; da
der feind aus seinem woll situierten lager sich nicht wolle
herfürthun. Micrälius altes Pommern 5,296.
2) hervortreten, sich auszeichnen in bezug auf eigenschaßen odet
äuszere erscheinung: wo die betagten sich iinverschampl herfür-
thun. Fischart ehz. 73; tuht sich einer herfür mit einem
statlichen amts- oder ehrcnkleide , ziehe es ihmc aus , und
betrachte ihn recht innerlich: es wird gewislich vil böses
darunter verborgen ligen. Butschky /'a/rn. 64; sich für andern
herfür thun. pers. rosenlh. 7,0, anmerk. b;
da thut sich erst herfür sein wissen und verstand.
Rist Parn. 634.
tragen: Melchisedech der könig von Salem, trug brot
und wein erfur. \Mos. 14,18; trugen erfur die bücher des
gesetzs. 1 Macc. 3, 48 ; daruinb ein jglichcr schriflgelerter zum
himelreich gelert, ist gleich einem hausvater, der aus seinem
schätz newes und altes erfür tregt. Malth. 13,52; Ursachen
umb ein meinung härfür tragen und darbringen, raliones alicui
senlentiac suggercre. Maaler 205".
treiben: das cxempel dieses Juden hat einen andern gar
bösen menschen, welcher hiszher in einer Stadt in Teutsch-
land der kriegscassen vorgesetzt gewesen , herfür getrieben,
dasz er auch ort und stand in der gesellschaft erbelete.
Scnuppius 721.
treten: da trat erfür aus den lagern der philister ein
riese. iSam. 17,4; schrei ich zu dir, so antworlestu mir
nicht, trelte ich erfur. so achtestu nicht auf mich. Iliob
30,20; er sprach zu dem menschen mit der vcrdorrclen
band, trit crfur. Marc. 3,3; als aber Petrus an die thür
klopfet des thores, trat erfur ein magd zu horchen, apostel-
gesch. 12, 13 ; aus welcher (wurzel) härige Stengel herfürtrelteu.
Tabernaem. 779;
herr Götz, ir schult her für treten, fastn. »p. 716, 1;
praxhtlich härfür tretten, mit groszem pomp und pracht aii«z
seinem hausz gon , procedere, expaliari, venire in medium.
Maaler 205*.
wachsen: reisen wachsen erfur in seinem gaj'ten. Hiob
8,10.
wagen, auc/i transitiv: gleichwol dessen ungeschewel.
wage ich discs werklein herfür. Weckuerli:« torrtde zu den
weUl. gedichten.
weisen: hcrfürwcisen, proferre, producere. Stibie* 248&.
werfen, reflexiv: und wann es etwas mit dem feind zu
thun gab, warf ich mich herfür wie das böse in einer wnnne.
und wolle alUrii ^"<<^ •\'-'" '••-''". s'n'ui/ i, ■?■('! Kun «ie er
1097
HERFÜR — HERFÜRZCCKUNG
HERGABE — HERGEGEN
1098
sich dann aller orten herfür zu werfen und zuläppisch zu
machen wüste. 360.
wühlen, hervorziehen, ans licht bringen :
dasz er ein solchen orden hielt,
der noch nie ward herfür gewült.
FiscHARi nachtrab 2S46 Kurz.
würgen: als nun bald hernach Ämadis {unter dem ge-
stürzten pferd) sich herfür gewürget. Amadis 2Sl; daher denn
der riesz ein lange weil sich nicht herfür worgen, noch auf-
stehn mögen. 126.
ziehen, l) intransitiv, prodire, proeedere. vgl. herror ziehen.
2) transitiv, prolrahere, depromere: Saulus .. gieng hin und
her in die heuser, und zoch erfür man und weiber, und über-
antwortet sie ins gefengnis. aposlelg. 9, 3 ; etliche aber vom
Volk zogen Alexandrum erfür. 19,33; so sol man weise sein,
und sichs nicht wundern lassen, . . sondern das gebet herfür
ziehen. Luther 1, S6'; wir kennen solche Sprüche fast woi,
auch on sein erfür ziehen. 3,44l'; da werden sie herfur ziehen
die hurerei unde zodomitisch leben im bapstumb, und werden
auch andere gruliche lasier furwerfen. Alberus mdder Wnlzeln
Ml'; und schwur denn darzu. das sich der himmel möchte
hucken, bei gott und seinen heiligen, und vil ander seltzam
unerhörte schwur zoch er herfür. Wickr.\m rolhc. 132,15 Kurz;
(ah) der abt herfür zog einen alten brief.
Schiller Teil 2, 2.
3) einen oder etwas auszeichnen, vorziehen : da warf er keine
Ungnade auf den Daniel, sondern . . er beschenkte ihn mit
purpur und güldenen ketten, er zog ihn herfür, dasz er der
dritte grandis oder herr im lande sein solle. Schcppics 400;
wann man ausz geitz oder gunst eine tüchtige qualificirle
person zurück setzet und eine untüchtige herfür ziehet. 643;
darnach hastu mit falschem scheine
dich gstelt, als wärsiu frumb und reine,
mit solchem schein die leut betrogen,
das sie dich habn herfür gezogen.
Rebhc:n dramen s. 76, 292 Pnlm
(Susanna a. 5, sc. 4) ;
dein angeborne freindlichkeit
damit du jederman gewogen,
ertaiget ihre würdiglieit,
auf dasz sie wer herfür gezogen. Wkckheruji 374.
zottern: wann du aber dir disen schätz zeigst, und siehst
in an, dj ist, so du dine guten werk herfür zotterst, und
hast einen gefallen darin. Keisersberg bilg. 184'.
z witzern: zu derselben stund fienge die sonne an herfür
zu zwitzern. Aviadis 145; bisz die sonn anfieng herfür zu
zwilzen. 2S3.
HERFCRDERN, rerfe. reflexiv nach fordern 2, Iheil 4*, 719,
sich beeilen: und bitten, ewr. gnad welle sich herfurdern.
Chmel urk. Max. no. 1.
HERFÜRER, adv. abgeschwächte form statt herfürher, .?. d. :
do der herr disze wort halt geredt, do schreig er mit groszer
mächtiger stimm: Lasare kumm härfürer. Keisersberg post.
2, 96' ; und von stundnn kam härfürer der do todt was gesin.
das.; ein blind macht doch gesehen kind und bringen äugen
herfürer und hat der valter kein äugen, also bringen die
kind herfürer die erbsünd , wywol valter und muter kein
erbsund hon, sunder deren abkommen seind durch den touf.
Marie himelfart 12';
die deckbeth sie berfftrrer zugen.
H. Sachs 1 (1590), 317*.
HERFÜRHER , adv. verstärktes herfür, mit doppelt gesetztem
her: das er also gebunden an henden und an füszen här-
fürher kam. Keisersberg post. 2,96";
do nu die red ein end gewan,
fro Leugafruo her fürher kam. ring 26', 28;
sih da, ich hör ein würmlein hie
klopfen inn disem brett,
o dasz man es herfürher zieh,
und es zermalm, zenrett. Garg. 27S'.
HERFCRSPRIESZüNG, f.: das übel in der ersten biütbe
oder herfürspricszung zu tödten, ehe dann es zu einem bäum
erwachsen, und lödtliche fruchte bringet. Rctschkv Palm. 89.
HERFCRZIEHUNG, f. productio, exhibitio, pracsentatio. Stie-
ler 2643.
IIERFCRZCCKÜNG, f.: es ereignete sich aber: dasz als
der kühne und verschmitzte Amiicar Barca seine wunder-
schöne lochler Sophonisbe nach Liljbeum mit überbrachte,
(der fürsl JSarvas) und Autarilus der Celten heerführer sich
zugleich in sie verliebten , und jeder durch seine beherzte
herfürzückung beim Hamilcar sich in ansehen, bei Sopho-
nisben in gewogenheit zu setzen trachtete. Lohesstei» Arm.
I, 803'.
HERGÄBE, f. das hergeben: die hergäbe meines ganzen
Vermögens würde ihn vom verderben nicht retten.
HERG.\NG. m. i) das hergehen: hingang und hergang, itus
et reditus. Frisch 1,317*. spridiwürilich heiszt es den hingang
für den hergang haben, icen« einer einen gang vergebens ge-
macht hat;
du Heber knecht,
wie mir nun duont, so ist nit recht,
eitweders kurz oder ze lang,
und heb da hin für den hargang. fastn.sp. 830,11;
solle ich dann unverrichter sache wieder zurück, das mei-
nige muthwillig dahinten lassen und den hingang vor den
hergang haben. Simpl. 1,344 Kurz: in der umgekehrten, durch
den sinn des satzes bedingten fassung: und was werdet ihr dann
davon tragen, wann ihr gleich hinkomt (an den Mummelsee)?
der herr söhn und petter wird nichts anders sehen als ein
ebenbild eines weyers , der mitten in einem groszen wald
ligt, und wann er seine jetzige lust mit beschwerlicher unlust
gebüszet, so wird er nichts anders als reue, müde füsze . .
und den hergang vor den hingang davon haben. 2, 53.
2) verlauf einer sache, eines ereignisses: der kritiker mit den
hundert tausend stimmen war noch unvermuthet aufgefunden
worden, da ihn nun die nachtwächter, mit keiner geringen
freude an dem hergange, herbei bliesen, so kann man sich
den lerm, der dadurch entstand, leicht vorstellen. Klopstück
12,305;
erzählt den hergang, würdige frau Marthe.
Kleist zerbr. krug, 7. außr.
BERGEBÄREN, verb.:
Venus ward ausz einer muschel, wie man schreibet, hergeboren :
für den schmuck hat frauenzimmer perlen darum auszerkohren.
LoGAD 3, 167, 73.
HERGEBEN, vcrb. l) überreichen, übergeben, mit persönlichem
und sächlichem object: gib her den, der seinen bruder er-
schlagen hat, das wir in tödten für die seele seins bruders.
2Sam. 14,7; gib mir her auf eine Schüssel das heubt Jo-
hannis des teufers. Matlh. 14, 8 ; singet frölich gölte, . . nemet
die psalmen, und gebet her die pauken, ps. 81, 3; die kosten
zum bau her geben, sumlus ad aedificium subgerere. Steinbach
1,573; gieb die band her, porrige manum. das.; überlassen,
von einem gekauften gegenständ, einer waare: für dieses geld
gebe ich mein haus nicht her; schwäbisch hergeben (seine
tochler) zur ehe geben. Fromm. 3,533. 537; aucii herausgeben,
in bezug auf das was man zu geben sdiuldig Kt: wer dem
musketier für einen rubel einen imperial bergeben muszte,
war der kaufmann. Hebei. 2 (IS53) 1S9;
nu gip bar vier pbenninge guot (als zoll).
BonER edelst. 76, 32 ;
fuchs, du hast die gans gestohlen,
gib sie wieder her' kindertied.
eigenthümlidi die flucht hergeben für fliehen, vergl. die flucht
geben theil 3, 1831 :
schau, schau! dort seh ich einen löwen
einem trachen die flucht hergeben,
der lauft frei umb rettung zu mir.
J. Atrer 231« (t152, 23 Keller).
2) mit dem nebenstnn des preisgebens oder wagens; reflexiv: ich
kann mich dazu nicht hergeben; transitiv: zu einem solchen
geschürte gebe ich meinen namen nicht her.
HERGEBRACHT, das particip des verbums herbringen, tw-
züglich in der bedeulung 3, vergl. oben sp. 1066. ak Substantiv:
wenn es nach dem hergebrachten gehl. Güthe 24, 216.
HERGEBRACHTERWEISE, ab adverb in ein wort zusammen-
gerückt (vgl. oben sp. 1066) : ein solches lesen und eine solche
bewunderung führen hergebrachlcrweise dahin, dasz die leser
den Schriftsteller sagen lassen , was ihnen beliebt, preusz.
Jahrb. 20. bd. 5.271. gleich ungut wird bü^weilen auch h erge-
brach termaszen in ein wort zusammen geschrieben.
HERGEDEIHEN, verb. hererwachsen, herkommen ; mü schwa-
chem pari, praet. (hergedeihet statt -gediehen) :
ja! ja! die spräche die dem kinde rede leihet,
sie ist aus meines volkes stamme hereedeihei.
Arsi« 19, 39.
HERGEGEN, adv. contra, belege für das »ort über das
15. jahrh. hinaus können nicht gegeben werden, es ist gebildet
worden, «m bewegtmg oder beziehung eines gegen nach einem
sprechenden zu scharf zu veranschaulichen, vie hingegen das
1099
IIERGEGEN
HERGEHEN
1100
yegcntheil ausdrückt, die überwiegend uneigentliche Verwendung
beider Wörter hat diestlben nach und nach im sinne ganz ztisatn-
vien fallen lassen, indem her und liin die beziehung nidil mehr
scJiarf sonderten, und es ist hergegen seit dem ende des vorigen
Jahrhunderts gegen das mehr begünsligte hingegen und das allge-
meine dagegen ganz untergegangen.
hergegen bezeichnet
1) rein örtlich, gegen und lierwdrls: da zoh man hie mit
gewalt ausz, gcreisig und fuszvolk, und zugen den Sweizern
entgegen bisz enhalb Czenn; do chomen die Sweiczer her-
gegen von Winsheim bisz enhalb Czenn. d.stddtcchr. 2, •211,11
(?iürnberg, von 1450); Ludwig Pfinzlng vieng an den walt zu
verhawen hergegen als der Rötenbach in die Pegnitz gel.
271,3.
2) hergegen wird, hieran angeschlossen, verwendet, um die
beziehung einer bewegung oder handlung zu :xichnen , welche,
gegensätzlich zu einer andern vnlgenannten , einem sprechenden
zu geht: hergegen sehen, contra intueri. Stieler 2026; lier-
gegen zwingen, contra niti, opponere se mutuo. 2670; es saget
ein Jurist zu Jena, die ganze weit werde regieret durch . .
contraclus . . , als do ut des, ich gebe dasz du auch gebest,
do ut facias, ich gebe dasz du etwas hergegen thust. Schdp-
pias 513.
3) abgeblaszier, betont es nur einen gegensatz überhaupt, wie
dagegen: das manche weibsperson so vil mügdlin , manche
hergegen so vil knäbiin zur weit gebracht. Zinkgref apophth.
2,40; wenn dieser scharkinnige mann in die welschen poeten
nicht so sehr verliebt gewesen wäre: sondern sich hergegen
die lateinischen . . allein zur folge gesetzet hätte. Wernicke
bei Hagedorn 1,112, nole; in dieser mensur {des hexa7neters)
läszt die griechische spräche nicht die kleinste lUcke . . .
unsere spräche hergegen wird meist dem räume des hexa-
meters bald zu wenig, bald zu viel, und eine überragende
füUung geben. ßtJRCER 176';
wir dankn gott jetzt und alle zeit,
der uns hat seinen beistand than,
dasz wir wider erlöset han
meine treue diener und hergegen
unser feiod theten nider legen.
i. Ayrkr 238» (1185, 16 Keller);
die tjrannen stehen mir
nach der seele für und für.
du hergegen hast erbarmen. Opitz psalm. s. 166;
ach, mein gott, ich musz erschrecken,
wenn ich meine grosze schuld
nebst den vielen süiidendecken
und hergegen deine hulU
voll von welimuih überlege.
Chr. Grtphius poet. wälder 1, 14 ;
wollen wir nicht allein die Troer und Danaer streiten
lassen, es möge nun Zeus sieg schenken, welchen er wolle,
wir hergegen entweichen, den zorn des vaters zu meiden?
BORGER 220».
m anderer Stellung, mit dem sinne umgekehrt: es gilt aber
gleich, ob die ersten viergenanten (zeilen eines sonetles) weib-
liche termination haben, und die andern viere männliche:
oder hergegen. Opitz pocterei 54.
4) hergegen, als conjunclion zweier salze oder Satzglieder, die
gegensätzliche urtheilc enlhailen {vergl. oben hercntgegen): also
ist euch gnug geschehen , hergegen aber wil ich auch, . . .
dasz ir ihn für ewxen hauszwirt aufnemen. Amadis 318; doch
laufen wir in unser verderben und unglück. hergegen, wann
wir uns der ewigkeil fleisziger erinnerten, hcngten wir unser
verlangen nicht also an das irdische zergängliche. Sciiuppius
562; {dasz die wilden Ihiere) ihre freiheit so herzlich lieben;
hergegen die zahmen den menschen ungerne und seilen ver-
lassen. Liscow C90;
diser Actaeon die kunst verlacht,
hergegen ergiht sich ganz der Jacht. Gti.iti'ftnTS 12;
ditx iüt die schwinge hier, durch die das körn hlcibl liegen,
hergegen staub und sprew In lul't und wind verfliegen.
T«bUERNi;<c (jcdichtß frulitiuij 357 ;
gottbeit bin auch ich, des niimlichün »tamines, des/ du liist.
zur erhabensten zeugt aurh mich der vci' IiI.il'ini' Krotius
zwiefach, durch sein blui, und w<:il ich < Minn
beisze; hergegen du die unsterblichen >: hsi.
in der Verbindung da hergegen: ich halte dafflr, wann ein
Franzos oder Italiäner so viel fand hätte, als mancher cdel-
mann in Teutschland hat, er würde einen cslat führen wie
ein niaiggraf, da hergegen der cdcimann in Teutschland
groüzen inangel in kücben und kcllcr bat. Sciiuppius M2 ; weil
•eine wilde frecbbcit . . von ihr übel aufgenommen ward, da
hergegen ich ihr stets angenehmer zu sein schiene. Talanüer
O/orena (1694) 262; denn diese censur hätte, wenn sie grund
gehabt, den Verfasser nur lächerlich gemacht; da hergegen
ein so harter ausspnich, er mag gegründet sein oder nicht,
weit schlimmere würkungen haben kann. Liscov 208 ; da her-
gegen die tliiere in ihrer freiheit gar selten krankten. 703.
HERGEHEN, verb. incedere, accedere.
1) mit persönlichem objecl, in eigentlicher sinnlicher bedeutung:
gebe her, ich wil dir den man zeigen, den du suchst, rieht.
4, 22 ; gewöhnlich wird das her durch praepositionen nodi näher
beslimmt, und seine Stellung ist dann nach dem zu her I, 4
sp. 1001 gesagten zu beurlheilen : las alle kriegsmenner rings
umb die stad hergehen. Jos. 6, 3 ; und alle seine knechte
giengen neben im her, . . und alle Gelhiter . . giengen für
dem könige her. 2Saffi. 15,18; ire fürslen sind, wie die
wider, die keine weide finden, und matt für dem treiber
her gehen. Iclagel. 1, 6;
er gienc gein G&wäne her. Part. 570, 7.
2) unsinnlicher,
a) von herannahenden und sich zeigenden lages- und Jahres-
zeiten , naturerscheinungen u. dhnl. : da gehet ein new weiter
her. Luther 3,35'; alle tage der weit werden umb den abend
finster, wenn die nacht hergehet. 4, 310'; da gieng gleich
der abend her. Götz v. Berl. 82;
ej geet ein kalter winter her.
volksl. des lö.jahrh., bei Haupt 5,417;
so sitz die ganze nacht zu sauTen, . . .
bisz das die morgcnröth her geh.
grob. (Frankf. 1568) JV (6.2, cap.7);
dort, wo der morgenstern hergeht,
und wo der morgenwind herweht,
dort wohnt, nach der mein herz hinflebt.
RÖCKERT ges. ged. 1, 258.
auch von schicksalsschlägen, not, aller: wenn die not her gehet,
sprechen sie, auf, und hilf uns. Jer, 2,27; wenn die not
hergehet, so halten sie sich zum' schilde. Sir. 37, 5. daran
zunächst rührend, von herzukommendem widrigen und feindliclien :
du kanst aber nichts denn schelten und lestern , doch las
{lasz es) her gehen lieber bock , es hilft bei dir kein gutes
suchen. Luther 1, 36l'; er hat den teufel für sich, so haben
wir gottes wort für uns, las frisch hergehen, sterben wir
drüber, so leben wir deste herrlicher mit Christo. 8,236';
sihe, sie sprechen zu mir, wo ist denn des herrn wort?
lieber las her gehen. Jer. 17,15;
wen scliir das alter her will gohn,
so hab wir frura zu werden zit.
J.Atrer fasln, sp. 191* (3169,24 Keller).
b) von dingen die sich nach einer richtung erstrecken {vgl. her
I, 4 sp. 1001) : an dem reife der um den bauch des knaufs
hergieng. l kön. 7,20; er hawet einen umbgang, ... das er
beide umb den terapel und chor her gieng. 6,5; seine ströme
giengen rings umb seinen stam her. //«. 31,4; eine oberhalb
jenes buschwerks hergehende uralle vierfache lindenallee.
GÖTHE 31,162.
3) hergehen {wie einhergehen , und hereingehen 2, oben
sp. lOSS), wandeln, mit dem ursprünglichen sinne sich gehend einem
vor auijen stellen: da aber Ahab solche wort hOret, zureis er
seine kleider, . . und gieng jemerlicb her. 1 Afin. 21, 27; eine
seele die secr betrübt ist, und gebiicket und jamerig her-
gehet. Baruch 2,18; so nu die kindcr sich nicht selber re-
giren können . (wie wir sehen , wenn vater und mutier den
kindern empfallen, wie sie so elend und weislos hergehen,
niemand sich irer recht anninipl). Lctiieb 4,523'; (f*ai«/Hs)
war ein rechtscbatTner gelcrtcr Israelit und phariseer, der
in rechtem eiver gegen dem gcselz und seinem valerlande
hergieng. 8,279"; der mit ansehnlichen der red waffen her-
gehende Ambrosius. Schli-pius ;i\\
wenn mnn unnrilg kinder sirht,
die zrissen hergehu und zcrhudcit.
H. Waldi» Esop 4, 70, 50.
4) hergehen , eine stetige entfallung und einen verlauf ron
handlungcn kennzeichnend, die sich einem vor augrn stellen : und
gebet bei inen unlernander her, blut, niurd, dicbslal. weish.
.Sa/. 11, 27; liesze darauf die trompeten blasen, und alles in
floribus hergeben. Schuppius 012;
[dir) ein grablied fetz zu bringen,
geht hart und nauer her, mein spil will niorgeiKl klingen.
IloiPi-iR 75.
5) daran angefchlossen , gilt unper!>f'>nliches es geht her mit
einem bestimmenden zusalze , als bczetchnung einer andauernde*
1101
HERGEHEN — HERHABEN
HERHALTEN
1102
weise des lebens oder Verfahrens: wie es biszveilen unter den
menschen pfleget herzugehn. Lokmans fab. 29; wie es in
menschliclien sachen pfleget herzugehen. Chb. Weise erzn. t ;
wiewol ich nicht bin gesinnet gewesen , den friedliebenden
leser mit dieser leichtfertigen reuterpursch in meines knäns
haus und hof zu führen, weil es schlimm genug darinn her-
gehen wird. Simi>l. 1,20 Kurz; es gehet wunderlich in der
weit her, miranda in hoc seculo acädunt. Stieler 627 ; es soll
in unsrer kirche, so weit diesz nur immer thunlich ist, von
ungefähr eben so hergehn wie in einer christenkirche. Klop-
STOCK 12.361; dasz es noch eben so gut in der weit her-
gehen sollte. Kant 9,4; es geht alles auf groszem fusze her.
Gotter 3, 4S2; bei ihm musz es grosz hergehen. Klinger
1, 73; so lustig und munter es jedoch bei uns herging. Göthe
23,102; wenn es nicht immer zum anständigsten herging.
24,144; wenn es auch drauszen noch so wild und wunder-
lich herging. 221; zum Schlüsse ging es am allerlebhaftesten
her. 324; als ein symbol des weit- und geschäftslebens wo
es auch nicht immer sanft hergeht. 31,30; in der schlacht
gieng es heisz her;
wann aber hitze kömmt, müh, sorgen und bescbwerden,
da geht es schwitzig her. ' Logaü 1, 108, 54;
trompet und trab und trommel summt,
da gehts wohl lustig her. Göthe 1, 149;
müst erst mit eignen augeo sehn,
wies drinnen thut im haus hergehn. 13,64;
heisa, juchheia! dudeldumdei!
das geht ja hoch her. bin auch dabei!
SoHiLLER Wallenst. lager, S.auftr.;
wenn ich von etwas überzeugt bin, geht es bei mir geschwind
her. ich habe schon meinen brief im köpfe zusammengestellt.
GüTHE 17, 119.
6) anders es geht her über einen oder etwas, in der bedeu-
lung einer oder elwas Kird angegriffen , angefallen , wobei man
sich an her ! (für geh her) den ruf der landsknt:<hte zum sam-
meln vor dem angriffe {sp. 1001) erinnert, wenn auch die formet
aus dieser zeit nicht zu belegen ist: nun gieng es über das
essen her; jetzt geht es über mein geld, meine vorräthe her;
namentlich häufig auf angreifende und kränkende reden bezogen:
wenn die Schwester eben so unbillig gegen mich gewesen,
als sie es gegenwärtig gegen Carln ist, so mag es manch-
mal artig über mich hergegangen sein. Lessing 12, 459 {von
1776); gib nur acht! wie die den mund aufthut, wirds wieder
über das arme haus hergehen. Göthe U, 280 ; sonst ging es
über einzelne personen her, jetzt soll es das ganze mensch-
liche geschlecht entgelten. 15,107;
musz ich' doch heut erfahren, was jedem vater gedroht ist:
dasz den willen des sobns, den heftigen, gerne die muiter
alizugelind begünstigt, und jeder nachbar partei nimmt,
wenn es über den vater nur hergeht oder den ehmann.
40, 282.
HERGEN, verb. einen heerzug machen, wüsten, vergl. beeren
oben sp. 754. 755. transitiv, in der bedeutung vernichten, aus-
rotten : man musz ye den unflat ausz der gemain gottes
bergen. S. Frans trunkenheit 1531 B 4'.
HERGESIPPT, part.:
fürstin, von den Obotriten einer deutschen heldenart
hergesippt: gerechtem stamme, von Piastus zugepaart«
LoCAU 3, 70, 79.
HERGESSET, adv. abgeschwächte form von her und jenseit,
aus ?!ürnberg bezeugt: verhieb den walt uncz an die strasz,
die gen Wendelstein geel, hergesset des Kornberge von Wentel-
sleiner strasz. d. städtechron. 2, 270, 17 {ane handschriß liest
her genssei) ;
wann ich musz auch Taren hienieber,
wiwol ich blieb hergesset lieber. H.Sachs 2,2,3*.
vergl. unten herjesseits.
HERGESTALT£N , verb.: dasz man meine, diese nenn-
wftrler wären ausz den Zeitwörtern, wie wol auch zu geschehen
pfleget, hergestaltet. Logad 3, 3.
HERGET, m. s. herrgott.
HERGLÄNZEN, verb.: ihr rosenmund, sammt der daraus
herglänzenden perlenreihe. Caipb s. v. perlenreihe.
HERGÜCKEN, verb. in hune loeum oculos converlere. Stie-
ler 714.
HERHABEN, verb. l) irie unten herhalten: darnach so
die beul hindurch ist, do hatten sich die armen paurn, die
müssen sich leiden und herhaben. S. Frank chronica 217*.
vergl. darbabea Iheil 2, 775.
2) woher etwas besitzen: den schönen und groszen begriff,
welchen uns herr W. von der erziehung der alten Griechen
macht, wo mag er den überhaupt herhaben? Lessing 5,20;
wo könntest du dieses doch herhaben? Fichte siltenl. 288.
HERHALTEN, verb. in transitiver fügung.
1) etwas herwärts, nach einem sprechenden zu, hallen: halt
die flasche her, ich will dir wein eingieszen; einem die band
herhalten, alicui manum porrigeie. Steinbach 1,683; auch,
in der spräche des gewöhnlichen lebens, wol mit Unterdrückung
des objects: halt her, ich will dir den splitter aus der band
ziehen.
2) häufig bezogen auf körperlheile , die zur Vollstreckung einer
Züchtigung, einer leibesslrafe dargehalien werden: einem den hals
herhalten, praebere alicui cervicem. Hederich 1260; er musz
seinen köpf herhalten, mortem subiturus est. Steinbach 1, 683 ;
der arme man musz kürzumb dran,
sein rücken in (den gotitoseu) her halten.
LcDwiG IIktzkr der xxxvij psalm Davids, slr. 8.
3) hieraus hat sich die formet herhalten müssen {mit unter-
drücktem objeci) ergeben , in dem sinne von leiden , erdulden
müssen: darhalten et herhalten, calamitatem sufferre, adversas
res sustinere. Stieler 744; zunächst in der schärfsten fassung,
lebensstrafe erleiden müssen: nicht so, lieber gesell, du muszt
herhalten, und on alle barmherzigkeit sterben. Luther 3,143';
also hat sichs umbgekeret, das wir der Sünden und dem
tod trotzen, spotten, honen und lestern, als die wir gewis
sind, das sie nicht mehr können, soudern müssen herhalten.
178'; da müssen denn die propheten herhalten, und gestraft
werden, als die nicht aus gott, sondern aus dem teufel ge-
redt haben. 225*; also auch mit der straf . . . wer nicht
(spricht er) gleubet, ist verdampt, er spricht nicht, ich wil
den son umb des vaters willen verdammen , sondern der
vater mus selber herhalten. 4,508*; ein ander weiser man
hat gesagt, das das recht gleich sei einem spinweb, wenn
die kleinen fliegen darein komen, so müssen sie herhalten,
wann aber die groszen bummeln darein kommen, so faren
sie durch. 527'; daran angeschlossen, von tMeren , geschlachtet
werden : so haben es die hüner bei ihnen gut, versetzte der
von der Erden , sie dörfen sich nicht befürchten , dasz sie
herhalten müssen, unw. doctor 927; bei mir wird viel ge-
schlachtet, sonderlich müssen die jungen kälber wol her
halten, gefl.finken 26; das erste was mir begegnet und halb-
weg genieszbar ist, das musz herhalten, kinder- u. hausmärchen
2,107. in milderem sinne leiden müssen, von spolt, unbill, an
feindung: wenn aber der arme redet, so spricht man, wer
ist der? und so er feilet, so mus er herhalten. Sir. 13,29;
so müssen wir dem teufel und der weit herhalten. Luther
tischr. Ibb* ; wir müssen herhalten und leiden. 222*; denn es
sind der Widersacher bücher am tag, darinne des bapsts
gewalt alzuhoch gehaben wird, dieselbige straft niemands,
allein wir müssen herhalten, derhalben das wir Christus
wolthat preisen. J. Jonas apologie der augsb. conf. verdeutscht
(bei Luther 6, 415*, im original nos soll plectimur) ; wo krieg
ist, da musz der unschuldige so wol als der schuldige her-
halten. Simpl. 1, 258 ; dasz mancher nach seinem tode von
den lästerern herhalten, und seinen nahmen schänden lassen
musz. Lokmans fab. 29 ; wann das frauenvolk am sontag zu-
sammen kommt, ... da musz bald dieser, bald jener her-
halten, der desz morgens in der kirche gewesen, da hat der
eine krum gangen, dem einen hat dieses, dem andern jenes
am kleid gemangelt, der eine hat zu viel, der ander zu
wenig, da musz bald diese Jungfer, bald jene frau herhalten.
ScHCPPiüs 205; zu beklagen ist es, .. dasz die meisten so
unverschämt, und das urtheil von denen sachen fällen wollen,
derer sie doch weder kündig noch erfahren, wie musz doch
unsere hochteutsche poesie von ihnen herhalten. Enoch
Hanmann anm. zu Opitz poeterei 81; gleichfals ist auch nicht
unwissend, dasz diejenigen weidlich bei denen bauren her-
halten müssen, die es mit dem pfarrer halten, den solchen
geben sie allerhand schandnahmen. baurenst. lasterpr. 46 ; ja
auch wol auf dem wege nach der Stadt, von jungen und
alten musz der gute pfarrer herhalten. 47 ; den wissen die
bösewichter nicht genug auszuhönen, und musz er ihnen bei
allen zechen herhalten und zur kurzweil dienen. 49; ohne
müssen: der nutzen der gcmeinheit, zu der ich gehöre, ist
auch mein nutzen: diesen ganz an mich reiszen zu wollen,
heiszt das band der Vereinigung unter den menschen auf-
lösen, wodurch auch meine Wohlfahrt herhalten wird. Garve
1103
HERHALTEN — HERHOCH
HERHOCKEN — HERING
1101
übert, von Cicero de off. 3, 6 ; die armen kollegen werden eben-
falls stark herbalten. H.Heine 9, 4S;
ich schwätze mit mir selbst, bald fang ich aa zu lachen,
bald hält der spiegel her, bald wünsch ich weisz nicht was.
GÜNTHER bb'2.
den mildesten sinn erlangt herhalten müssen , wo es nur ein
opfer, einen beitrag zu einer last kennzeiclmel : die ßarfüszer
rouszten auch mit ircm gurten herhalten {ihn hergeben, um
platz zu gewinnen für das Ulmer münster). Frank chron. Germ.
153S 313'; eben das kleid, was ich dir verschaffen will, hat
schon mehrmoJ herhalten müssen {visilen darin zu machen).
MösEB verm. sclnift. 2,43; ich niuszte in dieser zeit trefliich
mit meinen kunsttalenten herhalten. Tieck 9, 2"0.
4) dieses herhallen müssen steht sogar transitiv (herhalten wie
aushalten): also müssen in der christlichen gemeine etliche
sein , die gute puffe müssen herhalten dem teufel. Luther
tischr. 222'.
5) herhalten, nach halten H, S sp. 295 und her sp. 1000:
DUO tritt er kühnlich auT: die Hehler gähnen schon,
er hält die rede her, sie rühret das gerichte.
LiCHTWER fabeln b. 3, 8.
HEKHALTÜNG, f. perpessio. Stieler 744.
KERHA>'GEN, verb. intrans. hangend herwärts reichen: dort
die schwindelnde höhe über schieckiiche meerstrudel her-
hangender felsen. Lessinc 5, 70; meine augbrauen sollen über
euch herliangen wie gewitterwolken. Schiller räuber 2, 2;
der mond, der noch mit seinem abgewischten Schimmer wie
eine Schneeflocke tief gegen abend herhing. J. Pacl uns. löge
3,113;
ölTne die nacht, die über mich herhängt!
Klopstock 3, 204;
gegen die hohen wipfel der palmen senkt sich vom himmel,
gleich herhangenden bergen, die nacht. 238;
denn über mir hieng schrofT die felswand her.
Schiller Teil 3, 1.
HERHÄNGEN, verb. Irans.: hänge den rock nur her.
HERHAUE.N, verb. inßigere iüum : bau her ! feri caesim contra
me. Stieler 790.
HERHELM, adv. l) her in die heimal, heimwärts, es ist der
adverbiale acciisativ heim mit dem die richtung näher bezeich-
nenden her verbunden, und diesem formalen verhalle gemäsz
erscheint das wort zunächst auch nur mit verben der bewegung
verbunden :
dö ich berheim ze hinde kam. g. Gerh. 6809;
das alles nomen sie herausz, . . . und füertcn es berhaim.
d. stddtecltron. 5,34,32; zugen des abenls berhaim. 37,10;
wie der nun uf der kirchweihe abendt widerumb begert her-
heim zu reiten. Zimmer, chron. 3,553,23;
ich sag euch, liebe kinder,
ich kom leicht nimmer herhaim.
L'hland volksl. 318;
ich sucht dich beim schön brünnen;
da thet mau sagen mir,
du werst längst herlieim gangen.
Ayrkr fasln. sp. 166* (3156,7 Keller)
2) da aber schon frühe der acc. beim auch für den daliv
(heime) gesetzt wird (s. sp. 856), so erlangt iierheim den sinn
hier zu harne, dalieim , und steht auch mit verben des bleibens
ujid wohnent:
'ich bitt euch, lieber vatter,
bleibeut beinett berhaim!'
berhaim so war ich gerne,
herhaim so war mir wol. Uulano voüul. 318;
du roöst herhaim beleiben,
mfist spinnen die praunen seiden. 251;
derhalb lasz sie herhaim zu hausi.
il. Sachs 3, 1, 94*;
meins ich toi montags herheim bleiben. 4,3,37';
«arumb bleibst nicht herheim bei mir?
Atreh fatln. ip. 81* (2748, 10 Keller).
HERHEIME.N, adv., wie herheim 2, vgl. beimen (Aen «p. 869:
et ist kemer herbcimen. Wirsunc Calixslus aa;
nun musz ich stets herheimen bleiben.
II. Sach» 4, 3, 4^•.
HEHHELFEN, verb. promovere rersus not: gott hat mir her-
gehnlfen. deut me hue addiixU. Stieler 839.
HFP.HINKE.N, verb.: zwischen mir und dem weg, den sie
• ti {drei beUler). Simpl. 4, 327 Ktir:.
oCH, adj. eine umdeultchung h'nQUjkhts von heroiscb,
uh-,n der ertte Ihetl de$ wartet an hehr almus anytlehnt tu:
wuartiscbe, nuniebriicbe und berhobe rcimcu. Garg.'iH*; in
subslanliver Verwendung, für heros stehend: der herhoben und
heidnischer halbgötter glückseligkeit. 139*. auch herbuhisch:
waren das nicht herrliche herhohische magenpulferige helden-
übungen? 52*.
HERHOCKEN, verb. assidere: sein beständiges berbocken,
assidiiilas ejus. Sekz 67"; nu ja, da wollen wir herhocken,
quiiümo hie loci sedebimus. 67*.
HERHOLE.N, verb. arcessere. l) eigentlich und sinnlich, in
bezug auf personen und sachen: sende nu bin, und las in
her holen zu mir, denn er mus sterben, i Sam. 20,31; der
künig sprach, holet mir ein schwert her. l/fii». 3, 24; schickt
liin, und lasset Susanna ... her holen. Sus. 29; bohle den
jungen her, arcesse famulum,, die Soldaten bohlten den dieb
her, milites adducebant furem. Steinbacu 1,773;
steht auf geselle,
und holet unsern kater her. Licbtwer fabeln 2, 5.
2) übertragen, von dem heranziehen eines ausspruches, beweiset,
gleichnisses : es sind auch andere noch, die sich an den alten
Zeiten gar zu sehr vergaffen, . . denen alle worte gleichsam
ein eckel sind, da ferne sie nicht von den letzten und ver-
gessenen Zeiten hergeholet werden. Schuppics S49; der kin-
dische Orient . . . liebte solche weit hergeholte bilder und
dunkle einkleidung. Herder zur rd. u. Iheol. 7,93; ist den
Parteien das gleichnis nicht zu hergeholt. J. Paul vorsch. d.
dslh. 1.9. — sprichwürllich : einen über die hechel herholen,
(/(// durchziehen, läslern. Fischart bienic. 4*.
HERHOLPERN, verb.: hin- und herholpern, Atnc et inde
titubare , per verrucosa luca jactari, varie tn salebris concuti.
Stieler 853.
HERHOLUNG, f. accUus, accersitus. Steinbach 1, 773.
HERHORCHEN, verb. einem spreclienden zugewendet lauschen :
horche her, ob du etwas hörst.
HERHÖREN, verb. dirigere aures in hunc nostrum locum sive
versus nos. Stieler 859 : der kan recht mit ihr umbgehen
und weisz sie herhörend zu machen. Lother 28'.
HERHÜPFEN, verb. in hunc locum tripudiare: da kommt
das kind hergehüpft; der vogel hüpfte her zu uns.
HERIBANN, m. bei Schiller TM 2, 2, vgl. heerbann sp. 754.
HERICH, m. gekürzte form für hederieb, erysimum offiänale.
Nemnich.
HERLNG, m. cliipea harengus.
1) die form. ahd. häring und herinc, bering, herincb, mhd.
heiinc; ags. haering und bering, engl, herring, niederl. haring;
den nordisc.lien sprachen abgehend, die dafür alln. sUd, dänisch
sild, schwed. sill haben, nhd. steht neben der form bering {auch
häring gesdirieben) das unnasalierle härig halec Maaler 206';
si band ze Dorneck ein härig gesseu,
darnach erst zStraszburg trunken.
UuLiND volksl. 442;
und dos der zuerst genannten ahd. form gleiche haring allee,
voc. ine. theut. i l', was in deni neuerdings in komischer rede auf'
gekommenen alterthümeluden harung nactiklingt:
0 harung, armer harung! Scheffel gaudeamut.
dasz bering ein aus dem lat. halec übernommenes und durch
anlehnung an das heimUcho beer umgedeutsclites wort sei {gramm.
2, 350. Wackernagel umdeulschung 51), ist die allgemeine an-
nalime. sie wird gestützt durcli die ältcslc hochdeutsche form, der
wahrscheinlich langes a beizulegen ist, sowie durch den umstand,
dasz das worl zufrühest nicht den von uns darunter gemeinten
fisch, sondern einen andern sahfisch bezeichnete.
2) lat. halec gieng u. a. IheiLi auf eine arl Ütunfische, die im
schwarzen wie im mUleUdndischen merre seit undenklichen leiten
in müssen gefangen und mariniert weithin verfährt wurden, datier
spaniscti noch heute aleclie die makrele; lluils auf verscliiedene
arten der gallung clupea , aUe , die man namentlich in küsten-
orten des snitlelländischrn meeres auf dieselbe art iubereitete und
in handcl braclde; die letztere bedeulting bewahrt nocli ital. alice
Sardelle, der handel mit solchen salifisrlicn muste sicJi schon früh
auclt nadi Oberdeutschland gezogen haben, ahd. wird towul halec
als sardinia durch li.'iriMg, bering glossiert (Graff 4, lOlu), und
wenn noch im Merancr stadtrechle aus dem 14. jahrh. hSringe
und dürre viscbe erwahnl werden: oucii sol der vcillrager
nemen ze Wni, so er hilringe oder dürre vische teil, von
dem hingeber von einem liiinderl hflringe oder dürrer vische
einen vibcb Ane gcva.-rde. Haupts letlsdir. 6, 419, so stnd unter
den trtttren wahrscheinlich die 'aus Italien herübergekommenen
aUen und tardellen zu denken; ebenso bei Scifnd HeibUng:
110?
HERLNG
HEBCs'G — HEKLNGSKOPF
1106
her vvirt, ich muo? iueh nssten
als eineo berinc ür der gluot. 1, '06.
auch der norden Deutschlands lernte diese sabßsdte kennen : sarda
ags. haering Dief. 512'; sardinus beringas (lies heringas) Haupt
5, 198'. der fremde name gieng dann auf einen älinlichen hei-
mischen fisch über, der in mengen an den englischen und nord-
deutschen küslen su einer gewissen zeit sich zeigte und den küsten-
beiBohnern als ein hauptnahrungsmiltel diente (misralener herings-
Tanc in Preussen im j. 1313 als strafe gottes aufgefaszt. Jeroscbin
25455). vielleicht das: die anfange in der kunst des einsalzens
dieses heimischen fisches von den südlichen salzßsehen her gelernt
wurden ; eine kunst die in den anfangen jedenfalls viel aeiter als
bis ins 14. jahrh. hinauf reicht. Megenbebg kennt den häring
bereits in der heuligen bedeutung, erwähnt aber weder seine ein-
salzung noch handel mit demselben: allec haijt ain härinch ..
die pesten häring genl pei Schottenlant und die aller poesten
pei däulschen landen. 245, 9. {der Verfasser des lateinischen
Originals zu Megenbergs buch war ein Niederländer des iZ. jahrh.,
vergl. Pfeiffers vorrede zu Hegenberg s. mix.) erst zu anfang
des \b. jahrh., als die Holländer in der kunst des einsalzens und
verpaekens dieses fisches Vollkommenheit erreicht halten, wird der-
selbe ein wichtiger handelsartikel, und so bedeutend ist nun seine
Verbreitung, dasz der umgedeutsciäe name des fisches in die roma-
nisclien sprachen eindringt: ital. aringa, span. arenque, provenz.
arenc, franz. hareng.
3) das außommen dieses handeUartikels in Deutschland seit dem
ib. jahrh. zeigt sich sprachlich dadurch, dasz hering, wie andere
waarennamen, als collectivum behandelt wird: meinen factoren
hab ich bevolhen, dasz sie an dem see hering kauften und
den gen Nurenberg füerten und in Franken; so ist so vil
und so grosz bering von dem Rein kernen , dasz der mein
veracht ist. d. äädtechron. 3, 97, 22 (rede eines kaufmanns an
den kaiser ; der kaiser antwortet in nicht technischer spräche: füer
dein hering wider da sie kauft seind worden. 31); item das
man keinen alden hering alhir, wenne der nuwe zukommen
ist, noch Michaelis, vor kaufmannsgut hir keufen adder vor-
keufen sulle. urkundenb. d. sladt Leipzig 1,314 (r. 1464); von
einer tonna herings ein hering (abgäbe). Amstädter stadtr. bei
Michelsen rechtsdenkm. ausThür. 1,56.57; heringhes ene gude
tunnen. Moke schausp. d. mitt. 2, 90.
4) hering heiszt schechtweg und eigentlich der eingesalzene fisch
(sonst böckelhering, Salzhering);
salz im tode, salz im leben
ist dem hering immer eben:
witz in freuden, witz im leiden
sollen menschen nimmer meiden. Logau 3, 250, ISO.
grüner, »eiszer, frischer hering heiszt der hering wie er aus
dem Wasser kommt, vergl. Nem.mch 2,107t. hering ist geringe
und fastenkosl : (dasz unter kaufmanuswaare) ouch hering gesin
sint, weihe der koufman ser hoch gelopt, wie ej so guot
Tasten spise si und gar übt on allen uncosten zuo bereiten.
Germ. 13, 76 ;
so esz wir ainn bering für ain rephun {zu aschermittieoch).
fastn. sp. 622, 1 ;
herr wirt, wir kumen nit her ümb sust,
wann ich dag selber meinen verlast,
ich waisz nit, wie uns ist geschehea,
das wir bering und zwifel sehen
und uns di krapfen sein entwichen. 628, 7.
als leckerbtssen aber gilt der gebratene hering, vorzüglich in
Dürtngen (vergl. unten hcringsfresser, -nase):
halec assatum Thuringis est Lene gratum,
ex uno capite faciunt bis Tercula quinqiie.
alte verse bei Stei;«bach 2, 111.
daher sprichwörtlich : man musz oft den bauern ein hering
braten (das maul schmieren). Lehmann 72. die Zubereitung eines
solchen richtet sich nach individuellem geschmacke, daher wieder:
er konnte einem jeden einen hering braten , nach dem der
mann war. er machte es also , dasz keiner grosze ursach
hatte über ihn zu klagen. Scacppids 28 ; dasz er wisse, wie
man hinein jeden einen hering braten solle, nachdem der
mann ist. 31. — rostiger hering (vgl. unten rostige herings-
nasen unter dem letzleren wort) : unzahlich vil häringsthonnen
von gewässerten, bezwjbelten, beessigten, gesalzenen, frischen
und roschtigen bäringen und böckling, welche rochen, wie
deiner magd pfu. Garg. 55"; in einer redensart: aber es war
zu dränge und kunnte nicht zukomen und asz einen rüstigen
hering dafür. Lctber br. 4, 153.
Dem frischen, neuen hering steht son.H der alte, faule gegen-
über (vgl. die ilellc aus dem Lcipz. urkundenb. I, 314 oben unter 3):
VI. u.
sie wären siebenfache spitzbuben, alte, obwohl in milch ein-
geweichte häringe, die sich dadurch für frische gäben. J. Paul
flegelj. 1,50;
die fulea bering man vermyscht
das man verkouft sie gar für frjsch.
Brant narrensch. 102, 75.
beringe werden gekakt (gesäten), geschlichtet, in tonnen ge-
schlagen, gepackt (Nem.mch 2, 1072), gewrackt (nach der gute
sortiert, vergl. unten heringswracker). die enge der Verpackung
zeichnet eine redensart: weil die besten statuen in einem
schuppen von bretern , wie die beringe gepacket , standen.
WINKELMASS 2, 406.
5) Zusammensetzungen von hering nach der beschaffenheit des,
fisches: jacht-hering, jungfern-h., hohl-h., schosz-h., voll-h.,
tonnen-h., brand-h. (vergl. theil 2,298). das holländische, jetzt
vielfach ins deutsche übergegangene maatjes-hariog bezwhnet das-
selbe was jungfern-hering.
6) einen dürren menschen vergleicht das volk etnem bering:
solch ein hering!
HERl.NGER, m. heringsrerhiufer : heringem und pfraynern
zu iren gesalzten vischen. Tccher baumeisterb. 168, 13. fem.
heringerin: (ein rührenäoek) dorbei die herringerin wessern.
189. 26.
HERINGSBäUCH, m. vtnter halecis. Stieleb 107.
HERINGSBLICK, m. der blitzende glänz, den die beringe von
sich werfen, wenn sie in scharen zusammen schwimmen. Nem.mcb
2, 1076.
HERINGSBÖCKELEI, f. das einsalzen der beringe. Jacobsson
2. 217'.
HERINGSBRCHE, f. brühe in der die gesalzenen beringe liegen,
lake. auch fleischbrühe, durch beringe gewürzt. Amakanthes
frauenz.-lex. (1773) 1382.
HERINGSBUDE, f. bude in der beringe feil geboten werden.
HERINGSBCSE. f scliifffür den heringsfang (holt, haringbuis).
HERINGSEINKEHR, f einkehr in dichten scharen: der ganze
freihafen des pfarrhauses war durch die heringseinkehr von
kindern und enkeln . . gesperrt. J. Pacl jubeis. 101.
HERINGSF.\NG, m. : häringsfang der Holländer. Jacobssos
2, 217*. recht zu solchem: der häringsfang gehöret den papste.
Schelmuffsky 2,72. ort wo er stattfindet: fuhren .. nach dem
häringsfange zu. 77.
HERINGSFÄNGER, m.: alleciarius heringfanger roc. opt.
(Leipz. 1501) B3\ auch schiff zum heringsfange : der herings-
fänger oder büsen sein unzähliche. Laubenberg acerra 498.
HERINGSFASZ, n. für die gesalzenen beringe: geräucherte
bücklinge, die . . in tonnen, etwas gröszer als die herings-
Fässer, gepackt werden. Scbedel waarenlex. 1, S-«
HERINGSFISCHER, m. fisclier auf beringe.
HERINGSFISCHEREI, f.: die heringsfischerei ist schon
vor vielen 100 jähren ein hauptnahrungszweig der Flamländer
gewesen. Schedel waarenlex. 1, 521*.
HERINGSFRAU, f. heringsverkäuferin , vergl. heringsweib:
es mag auch eine häringsfrau in Teutschland sitzen wo sie
nur wolle, und mag auch so viel häringe haben als sie nur
immer will, so sind sie . . alle auf der Tyber bei Rom ge-
fangen. Schelmuffsky 2, 72.
HERINGSFRESSER, m. Schimpfwort für die Düringer: Thü-
ringer häringsfresser. geß. finken 15. vgl. hering 4, herings-
kopf, und heringsnase.
HERINGSHEER, n.;
ihr gesalznes heringsheer, gebet groszen herzensdank
für in Holl- und Engeland aufgerührten waffenszank,
weil sie beide selbst sich fressen, künnen sie euch nicht ver-
zehren,
küunen euch ausz eignem salze, nicht in fremdes mehr ge-
wehren.
LoGAU 3, 249, 179 (holt- u. enijetändisclier krieg).
HERINGSHOKE, m. venditor balecum. Stieler 848.
HERINGSJÄGER, fw. «" Holland ledige jagdschiffe, welche den
bfiscn, wenn sie auf dem heringsfange sind, entgegenfahren, ihnen
allerlei bedürfnisse zuführen .und die gefangenen fische abnehmen.
Adelcsg.
HERINGSKÖNIG, m. l) nach den sagen der fischer der an-
führer der ziehenden beringe, noch einmal so grosz als einer
derselben und von anderer färbe, er müsse verschont werden,
wenn der heringsfang nicht den grüsten schaden leiden solle.
Jacobssos 2,218.
2) heringskünig, Zeus faber, der sonnenfisdi. Nehrich 4.1588.
HERINGSKOPF, m. l) köpf eines herings. man sagt den
Düringern nach, es verköstige sich mit einem hcringskopf eine
70
1 107 HER1NGSRRAM — HERINGSWAARE
ganze familie (vifi die lal. vnse oben unter hering 4), er hange
an einem faden ton der deeke dfs zimmem herab und jedes
familieniilied dürfe nur daran /crfo'rt , eine nachrede auf die
Gurg. 55* angcsjiirU vird , und die auch i. Paul im äuge hat,
venn er eine dfiringische slube beschreibt: der rollie tiscli, die
rollien wnndliänke, die iiindi-n lufffl in der lidizernen \v;ind-
leisle, um den ofen das trockeiigeriiste, der liefe stulien-
b.-ilken mit herunlerhangenden kulendern und liäringsküpfen.
fleyelj. t, S7.
2) Schimpfwort: nachdem wir ihnen heimlich fu verstehen
gegel)eii , diisr gegenwäiliger hüriiig<kopf sei welcher sicii
vur einen priiizen ausgegeben. Jiicundiss. 194.
HEHINGSKHAM. m. luberna salsamentaria. Stieler 1024.
HEUliNGShHÄMER, »?i. : man darf ihn nur an seine herrn
Tellern, die heringskrämer, erinnern. Kotzebüe dramat. sp.
5, .32n.
HEIUNGSKRÄMERIN, f.:
k:iuni ileiikt man : nun wjnls ewig hieiben (etil buch),
so Dininits die heriiigskröinerin (tum einimckm iler waarc).
Croneck 2, 2ti5.
nERINGSL.\KE, f. muria halecum. Stiei.er 1103: garum,
liquaiuen ilk.d ex piscibiis carnihiisque sule maceralis, fisch-
lacken, heringshicken , fleischiacken oder peckel, ut Vücont
Saxoite«. Encelics de re mtlallira (löLl) 107.
HERINGSMILCH, f. lacles halecum. Stieler 1266.
;HERI.NGSMÖVE, f. larus fuscus. Nemnich 3,332.
HEUI.NGS.NASE, f. 1) nase eines herings: die bauren inn
Mechelburg, denen ihre junkherrn kein gröszer plialarisch
siraf aiilhun können, als wann sie dieselbigen ein tag hinder
den glilenden ofen spannen und ihnen nichts dann roslig
versalzen liäringsnasen zu fressen gehen, aber gar nichts zu
liinken. Garg. 53*. nach ihrer stumpfen form schimpfworl für
einen tnenachen : du häringsnase! Jucundiss. \2i ; an ihre scldei-
vüifi art knüpft das worl an: das wird sich schicken, wie
eine iiäriiigsnase auf einen schHabenerinel (</. /(. sehr wol).
A. GRVi'HiU-i 16118 I, 724, uubei man sich an die fitjur des Spiegel-
sctiirutien im mnhrchen erinnern vnisz.
2) nach dir ähnlichkeit der form nennt der Schlosser herin gs-
nase eine art ron lischschlössern. Jacubsson 6, 37*.
3) iieiingsnase, sciiimpfwort für die Düringer, gründet sich auf
die ruilifbe dieses Stammes für den hering {ryl. oben hering 4,
lierii g<fresser, lieringsknpf) : ein gebcirner Döring, die man
beiiiigsnasen pflegt zu nennen. Katziporus i6;
llir berinppnasen pinubl nur nichl,
niii eilin luszlall .seis ausgericlit.
lliLDEBRA«iD riitkxl. 403 (»pnHtied auf die
Erfurter tun 1064).
HFRI^■GSNASE^'LA^D, n. Wielasds ausgewählte briefe 3, 209.
HEHI.NGSI'.MMER, n. papier zum rininckeln von heringen:
narli k:invt'(iü'iMi. lieringp.ipieren. J. Paul leben Fibels 10.
HEUlNtJSROGEN, m. rw/en vom hering.
HERl.NGSSALAT, m. salut, wesnillich aus zerschnillenem hering
lerrilft. Jacobssu.n 2. 2I&': zu einem einlachen mahle mit
lieriiigiisalat niiil bisciiof. Vuss 4,311; nach dem scherzliaflen
RpiicIivMirt wird jeder, der am sylveslerabeiid verabsäumt,
fiiieii liüiiiig-'<al il zu essen, nächstes jähr ein esci. illustr.
fumiliriljniiiliul. li.lid. (IMiS) .«.40!»'.
IIERI.NGSSALSE, f. dasselbe:
liahl »tdckt die reit im dürren halse,
von liruieii, liüch iiml lii>rlii).'$siil.<e,
t\'i> nicht gcleiicliiet winl. Voits 4, 101.
HERINGSSEELE. A medulla spinatis halecum. Stieler 1901:
niuib h)-riiig>seeleii iider blauen. Seuter ros-sarznei 2ül; lifl-
riii|i-''eelen ah hnrnlieibendes mittel. Ocun. lex. (1731) 9U6.
HEHI.NGSSIPPE, f:
eh »itli ilaK iiliertlinm um meinen buckel rnhrei,
ua>l iiiicli «in iieu«r «vurin iiill lieriiitri»Kuppeii ^rbmiernt.
li. Nkckircii IIU.
HERINGSTHRAN, m. thran aui heringen bereitet. Jacob»80W
«, :<•.'.
HKRI.NGSTONNE, f.: die liöiiglonnen, earii sahamentarii.
Maaikr 'im/; eine« narren, der den köpf f>o voller uürin,
miH-keii. grillen, duuben nml uiiderer lauAenfSilig^T plianlu<ei
lind ihorlii-il Rleekeii liälle. da«z ninn ihn einer Mniilgehacklen
lienne^loiin veiKlcirlien möchte. Simpl. 2,311 Auri.
HEIilNGSWAAHE. f.:
IIERINGSWETB — HERKOMMEN
1108
lir|riM.iriiitiir Ui keine liArliiir*wnnre,
(Ji M. . .,,i,.,L.li n.il <.l..i<-i. i..l,i-
r.nTiir •) 1(11.
HERINGSWEIB, ti. dasheringe feilhält: alleciaria ein herink-
weib. lor. opt (Leipzig 1501) Rs'.
HERINGSWRACK, m. n. der inhalt der heringstonnen, so fern
er niflit qanz tadvljrei ist. Jacobsson 2, 219*.
HFRINGSWRACKER, m städtischer beamter, x.b.in Rostock,
der ülier die i/fite der eingeführten heringe zu wachen hat.
HERINGSZEICHEN. n. zeielien auf den holländischen herings-
tonnen. das die art und gute des inhalts angibt. Jacobssu» 2, 219*.
HERINGSZEIT, f. zeit des heringsfangs.
HERISEI, «I. und n. (bei Adelung /.), eint art gekepcrten
luclies. vergl. kirsei tlieil 5, 850.
HERJESSEITS, adv. aus herjenseits, vergl. oben die form
hergcssel sp. II Ol:
der man noch viel flndt jenseits bachs,
und auch lierjesseits, spricht Hans ^achs.
11. Sachs 2. 4, 88*.
HERKÖKEN, vcrb.: Heute die) nichts aus heiliger schrift,
sondern alles aus menschen lere, heiköken, speien und
schnieiszen. Luther 8,391*.
HERKOMMEN, verb. advenire, accederc.
1) in sinnlicher bedeutung, von lebenden wesen : mlnes sponsi
itinera, qiiae per crura signantur, mit den er hera in werlt
quam. Williram l, 1 ;
si sprächen: ir kurat her ze vruo. Iwein P094;
und Isaac sein vater sprach zu im, kom her und küsse mich,
mein sun. l Mos. 27,26; bistu her komen, uns zu quelen?
Matth. 8,29; kompt her zu mir, alle die ir mühselig und
beladen seid, ich wil euch erquicken. 11,28; wo kommst du
her? auch als überraschte frage an einen plötzlich herzukom-
menden, wo kommst denn du her?;
von himel hoch da kom ich her. Luthrb 8,358';
die bunte kuh, gelockt mit gras,
kam her vom aiiger trabend. Voss 4,163;
komm her zu meinem wein. 282.
m der rechtssprachc : ein herkommen man, ein fremdlinq , im
qegensatze zum eingesessenen. Haltaus 894; ain neu iierkominen
mann ... neu herkommen leul. das.; herkomender, adeena,
,i. quasi alienigena. vuc. ine. tlieut. i 4*.
2) un sinnlicher, von dingen, wobei mehr oder weniger deutlieh
noch immer das bild eines belebten gehens hervortritt: adveniat
regnum tuum. hera chome din liche. Notker ps. 71 (//u//emer
2,251*); da kam ein groszer wind von der wüslen her, und
slies auf die vier ecken des hauses. Hiob 1,19; bistu ge-
wesen, da der schnee her koinpl? oder haslu gesehen, wo
der hagcl her kompt? 38,22; so lasset ewer sache her
komen , spricht der herr, bringt iier worauf ir stehet. Jes.
41,21; es kompt ein geschrei von Dan her. Jer. 4.15; sihe,
die gcfesze aus dem hause des herrn weiden nu balde von
Dabei wider her kiunen. 27.16; ob aber die klage von ampts
wegen heikeme {proveniret ex officio). Carolina art. 188;
eurem «inken kumme her,
was sonst blieben sonst wo war! Loo*D 2, 29.
3) herkommen {wie einhergelien), so oder so sich zeigen:
man secli die (junufrunen) an, die in der ee .sind, ee si aia
iialbjar darinn sind, so würl dj ermcst ellendest ding dar-
nusz . . . und koment dort her und seind gelber und ha«z-
licher dann ninimeriiier kaine im dosier wirt. Keisersberg
granatapfel igeistl. spinn.) 0 l*.
4) In-i kommen, häußq zur bezeichnung der alislammung: denn
es hat goll also gefallen, das aus valer und muller. die
ganze well hcrkome. Luther 4. 523'; die ellcsle geliar einen
son, den Ines sie Muab, von dem komen her die Moahiler.
1 Wo*. 19,37; ich bin der weisen kind, und kom von allen
köiiigen her. J«. 19. li ; die veler, ans welchen Chrislus lier
kouipl narli dem tleische. Rom. 9.5; es meinen etliche ge-
lelirie Iwile, dasz vim dieser königin hrrkoine rex AbvR-
siMoiiim. ScHUPPiu« 9«; da^z er von dem sauien Atiruhnm
sei. das/, er ausz dem geschlechle Aluuham, l.«aac und Jacob*
herkomme. 293;
ki'impt gol von yinnnili ander» her,
»0 »'lg vuii woiii üerAelb eiiivprinir.
SciiwARtKriBCRG 154';
manch knob von »mmcn w»rd eiiotli,
di all von Jmleii kamen her. IM*;
auch fonsl zur Itezeirhnung einer enlMHiung, entwiekeinng : da
kompl olle holTarl her, «eiin ein ineuKch von golt abfeilet.
Sir. 10.14; die sOnde kompt her von einem weihe. J5, 3S;
eben xon dii'M'in Ouisio inl dn« dpiirhwori lierkiunmen , er
1109
HERKOMMEN
IIERKOMMENDLICH — HERLALLEN 1110
seie eben wegen dieser groszen freigfhigkeit ein grosrer ge-
winner der Fianzusen gewesen. ScblppiIiS 701; wailicL es
sein die fürneümsien werk und verdienst von männern, so
oline kinder waren, lierkunimen. 731; icii kenne einen iici-
berrn, welchem die giüslen einkommen von dem hauren-
wescn herkommen. 735; die philosophi cynici, weiche von
dem Diogi'ne lier kamen. 812. mil bezug auf einen grund,
eine uisaclte: uns aber ierel die schrift also, das unser tod
und sterben niclit naiürlicber weise herkömet, sondern eine
Trucht und strafe ist der sünde unsers vaters Adam. Lcther
6,232'; der kranke zustand dieses mannes kommt von über-
uäsziger arbeit her;
Lank.-ifte sind tapfre leute; wannen liümmt doch dieses her?
weil sie iieb und gegeuliebe Qeiszig zeugt, nicht ohiigefebr.
LocAU 2, 44, W ;
dasz mehr als hurerei
dasz lügen sümle sei,
küramt lier: weil ilieses fuhr
gar «iiler die uatur,
und jenes allgemein
naiürlich pflegt zu sein. 113, 75.
hierher auch: Sc/mops. gehen wir gewaffnet auf den edelhof,
mit Hinten und pistoien. Marien, wo sollen die Oinlen und
pistolen herkommen (woher wir ilirer habhaft trerden)'! Göthe
14,279; denn seht, eines haus und hof steht gut, aber wo
soll baar geld herkommen? s, 77. rücksichtlich der enlicickeUing
einer uortbedeulung : das wort lugend kommt von taugen iier.
51 herkommen, zur beziiclinung eines stets und ununterbrochen
geüblen rechtes und brauches , in den parlicipien hergekommen
und herkommend: als das mit gewonheit oder mit recht
herkommen ist. Haltacs 894; eine alte herkommende ge-
wohnheit. S95; dasz sein hausz zu Nicispurg ... in solcher
freiung herkommen ist. das. [iceitere beispiele ebenfalls das.) ;
es ist ein harkomner brauch, es ist ein lang härkomne ge-
wonheit, suscepH consueludo communis. Maaleb 20e'; (dasz ein
gewisser garten) von alder lierkomen gewonheit keinen czenden
gegeben hail. ueislh. 3.777 {Boppard, von 1412); zum ersten,
ists ein alt herkomender brauch , vergiftige böse bücher zu
verbrennen. Llther 1.354'; unsere alte andacht und ber-
kommene weisz. Fischart bienk. 146*; es ist immer ein Un-
glück in neue Verhältnisse zu treten , in denen man nicht
hergekommen ist. Göthe 26, 223. tergl. naclJier das subsl.
herkommen.
6) endlicli herkommen, zur bezeidinung der jüngsten vergangen-
hell, icie franz. venir de quelqne chose; im gemeinen leben saqt
man z.b. wenn man zum silzen genötigt wird, wol; ich danke,
ich komme eben vom silzen her; je viens de parier, ich
habe erst geredel {ich komme gleichsam vom reden her).
Frisch dict. des passagers (I7oo) l, 1662.
HtRKOMMEN, n. der infinitic des vorigen, ttamenllich in zwei
bedeiilunyen in ausgedehnter substanlicer Verwendung.
1) nach herkommen i.abicunfl, absiammung : das härkommen,
der anfang und Ursprung einer yetlichen gehurt, gcnus. Maa-
LER 206*; eines schandlichen härkommens, in schand und
schmaach erboren, in dedecore nalus Verres. das.; wie .. der
Türke sein herkomen hat aus den Tattern oder rolen Juden.
Luther 5,3*; Solande erzehlete sein herkommen, polil. stock-
fisdi 25; geringen herkommens sein, /jumi7» loco naium esse.
Frisch 1, 535" ;
Simplex «neblet sein bäurisch herkommen.
Simpt. 1, 9 Kurz.
herkommen m prägnantem sinne, für absiammung aus gutem
geschlechte: ich fühle mich gar nicht gedemülhigt dadurch,
dasz er ein groszer graf ist und ich ein geringes mädchen
ohne herkommen bin. ImmermaN5 Mündih. 4, 134. — Göthe
hat, an die angegebene bedeutung anknüpfend, das woii in bezug
auf erzeugung von gedichUn aus dem menschlichen gemnt heraus
gebraucld: in der masse musz man deszhalb dergleichen ge-
dichte vor sich sehen, da alsdann reichthnm und armuth,
beschränktheit oder weilsinn, tiefes herkommen oder lages-
flachheit sich eher gewahren und beurtlieilen läszl. 46, 308.
2) nach herkommen 5, braucli, gewoiiuheil : offen die gewon-
hait und gerechtichail des gotzbaus nach allem herchr.men.
weislh. 3.726 (Tirol, 15. juttrh.); dieweil sich die mönch auf
ihre freiheiten und allherkommen verlieszen. Kirchhof wend-
unmul 416*; das ist nicht herkommens, non receplum est usu.
Frisch 1,535'; ich gehe gerne in die kirchen, und höre
goltes »ort gerne: aber das stochern und sticheln kan ich
nicht leiden, es ist auch allbier nicht herkommens. Scncp-
HCs 6i5; soll« ich meine adeiiche exercitia in geslalt eines
bellelhundes oder Schurken begreifen? nein das ist nicht
der gebraucn noch herkommens! Simpl. 2.152 Kurz; freilich
sagen wir dieses nicht ausdrücklich, aber das wäre auch
wider alles herkommen. Rabe.ner sat. 2.319; wer nii'hr be-
weis fodeil, der musz von dem gelehrten herkommen gar
nichts verstehen. 22S ; da die sinesischen prinzen , einem
uralten herkommen zu folge, niemahls auszer landes zu reisen
pfleglen. Wiela.nd 7, 159; aus achtung für das erbauliche her-
kommen der kirche zu Canlerburv-. Stolberg 10, 9S; ilie
älteren Verordnungen und mandate der ieichssf;idl . . wurden
. . als ein schätz vaterländischer rechte und herkommen mil
ehrfiircbl veruahrl. Göthe 24,118.
HERKO.M.MENDLICH. adj.: nach allem berkommendlichem
gebiaiich. Kelter v. Speib kiieysordnung s. 56. veryl. her-
kömmlich.
HEKKOMME.NHEIT, f. abkauft, Ursprung (nach herkom-
men 4): uff hie vorgeschriben herkommenheit der saeh.
Relchlix auyensp.ö'; nachdem ich diser sach herkommenhait
hiü vor in ainer Ordnung nach einander dargdhan hab. 32';
sant Lucas sin (ites Johnnnef] harkommenlieit
besclii-ybt am ersten underscheidt. Iraij. JoU. k'-xy
HERKÖMMLICH, HERKÖMMLICH, adj. nach gebrauch und
gewohnheit , hergelnaclU : pracht, zierralh, heikommJichen ge-
schmack. Herder zur litt. 15,161; eine solche auszeichnung,
... die freilich weder gesetzlich noch herkömmlich war.
Göthe 24, 113;
drOm ist
herkömmlich seit der väier gr.iuer zeit,
dnsz vor gericht kein Uritie gegen den SchotKu,
kein Schotte gegeu jenen zeugen darf.
Schiller Maria Stuart i, 7.
vergl. allherkömmlich //iei7 1, 272.
HERKÖMMLICHKEIT, f: Lenz beträgt sich mehr bilder-
stürmerisch gegen die herkommlichkeiten des thealers. Göthe
26, 75.
HERKÖMMLING, m. advena. Ribel Lic. (1598) 4.
HERKR.\UE.N, rerb. zur bezeichnung des rupfens, kralzens auf
einem Saiteninstrumente (ryl. krauen): wenn ein siebenjähriges
kind in einer kirche ein betrübtes bisgen auf der heimlichen
laute herkrauen sollte. Mattheso.n kl. generalbaszschule 46.
HERKREISCHEN, reift. I) durch krev^chen hedocken: die
krähen kreischen das regenwetter her. Clacdics 5, 4.
2) auch kreischend hersagen, Itersingen (vyl. her sp. 1000): ein
lied berkreischen.
HERKUNFT, f. nach dem verbum herkommen m verscitiedenem
sinne.
1) das kommen hierher: herkunft, adventus. Hederich 1261;
sie haben doch ihre herkunft vermittelt? Fbeytac 2,307.
2) absiammung, abkauft: er ist von schlechter herkunft,
ex inßmi geneiis conditiune est. Stei.nbach 1.905; sonst wissen
sich Jungfern ihrer herkunft noch glücklich, wenn sie herr-
schaften finden. Schiller kab. u. liehe 4,7; sie wollen mich
aus dem staub meiner herkunft reiszen. das. in bezug auf
dinge, begriffe: betrachtet ich, "ie unterschiedlich wir menschen
auf dieser weit untereinander lebten, und konte doch die
herkunft und ursach eines so gioszen unlerscheids nicht er-
sinnen. Simpl. 3, 3H0 Kurz; indem er unbef.ingen den posi-
tiven Stoff unseres rechts durchforschte, befragte er jeden
begriff und jeden rechlssalz um seine herkunft. Savicsv ü.
Schriften 4,198; auch der eingeborne trieb, die heikiinfl und
das ende der dinge zu erfahren, zeigte sich frühe hei dem
knaben. wenn er fragte, wo der wind herkomme und wo die
(lamme hinkomme, war dem vaier seiue eigene beschräukung
erst reiht lebendig. Göthe 20, 138.
HERL.\CHELN. verb..
was lächelst du so biltlicb her, mein theurer?
BcRCER 55* (an den mond).
HERLACHE.N, reift.; wenn die sonne vom himmeL her-
lacht: binier einem herlachen. Kläger thealer 2,227.
HEKLAÜEN, reift, invilare:
dnim lud die verständige gattin uns her
zum schmause! Voss 6,26.
HERLAGERN, rcrft..
unil alle», was in meinem kreise webt,
hab ich um ihre kindlieit her gelagert. Görni 9,254.
HERLALLEN, rerft. balhutire. Hederich 1261 ; das kind lallt
seinen spruch her; der betrunkene lallte einige unrerständ-
liche wolle her.
70*
1111
HERLANGEN — HERLEITEN
HERLEITUNG — HERMACHEN
1112
HERLA>GEN, verb. promere: lange her den niantel den du
anhast Ruth 3,15; lange den leihrock her. i Sam. 23,9;
lange mir noch ein gefesz her. i kOn. 4,6; langt mir den
degen her, porri(iile mihi gladium , date arina. Stieler 1068;
Plappermaul! lang ein wenig holz her. Fr. Müller 2,192;
ein seltzam gschicht feilt mir gleich zu,
die mich ermant das ringlein dein,
lang her! dir sols ohn schaden sein,
ich will dirs alsbald wider geben.
i. AvRKR 207' (1034, 29 Keller);
Hans, sagte Toffel, lang einmal
die kiepe her. Voss bei FIöltt 39 Halm;
ich ordn und verwahre,
was Bur den wink ich mir einst herlangen möchte.
nsRiiKR zur litt. II, 39.
HERLASSEN, verb. loco cedere, adniütcre aliquem in locum:
lasz mich her, secede, concede mihi locum. Stieler 1076; her-
lassen, penuitlere ul huc venial. Frisch 1, 5S0'.
HERLAUF, m.: hin- und herlauf einer groszen menschen-
menge.
HERLAUFEN, tvrfe. 1) accurrere, von lebenden wcsen: er
kompt er auf, wie ein lew, vom stolzen Jordan her, wider
die festen hurten, denn ich wil in daselbs her eilends laufen
lassen. Jer. 49, 19; vom trasser: das es sol ganz über sie her
laufen, wie ein wasser. Anios9,b; übertragen: ein neuer be-
weis, . . . dasz das gute immer neben dem bösen herläuft.
Klincer U, 212; wenn man eine honnlrigue neben einer
wichtigen Staatssache herlaufen sieht. 12, 63.
2) namentlich in dem parlicip hergelaufen steht da/> verbum
ursprünglich im gegemals zu eingesessen, irgend wo mit gut
angesessen und ficimisch; es hat zunächst denselben sinn wie her-
kommen 1 zu ende {sp. 1108), nur mit stärkerer betonung des
fremden und rücksichllich abkunß, heimat , soäaler Stellung un-
bekannten, daher mit verächtlichem nebensinne: ein hergelaufener
kerl, advena vagabundus. Frisch 1,586'; die Verbindung eines
hergelaufenen menschen mit einer so angesehenen familie.
GörnK 19,83; er wuszte . . . ihnen die marodeurs und das
hergelaufene gesindel so nichtswürdig zu schildern. 19,33;
nun hiesz er (der capitän) und der Steuermann hergelaufene
krämer, die, ohne kennlnis der schiffkunst, sich aus bloszem
eigennutz den besitz eines fahrzeugs zu verschaffen gewuszt.
28, 233 ;
o, mein vater! sie ist nicht hergelauTen, das mädchen,
keine, die durch das land auT aoenteuer umherschweili.
40, 281.
in freierer anwendung: sollen wir gleichgültig gegen unsre
bewährte lehre sein , für die so viele ihr leben aufgeopfert
haben? die sollten wir hingeben an hergelaufne, ungewisse,
sich selbst widersprechende neuerungen? 8,183.
HERLEGEN, adv. adponere, huc ponerc: lege das geld nur
her; man hat ein buch für dich hergelegt;
und such denn undern krebsen allen,
bisz du findst die dir wolgel'allen.
die leg für dich nach Ordnung her,
und gib den andern nicht ein scher.
grobianus (1558) JO" (6. 2, aap. 8);
tnü abgeschwächter bedeutung des her, gleichsam nur breiten :
das umgegrabne gart«nland
ist kaum besät und wieder zugeeget;
80 wird nicht lang hernach ein grünliches gewand
darüber gleichsam hergelcget. Brockes 2,65.
HERLEIERN , verb. leiernd hersagen oder singen : er leierte
ein lied her; seinen spruch herleiern.
HERLEIREN, verb. : und erbot sie sich, dazu eine weisze
decke von taffent, mit güldenen fransen, so sie seiher ge-
braucht halte, herzuleihen. lUaiEX fiatriot, 2. jähr (112») s. 183;
leih her den liasen, des teufeis nnmen, er ist mein,
und lasz mir das mein nnabbeschissen. fatln.tp. 54,25;
wo schon die hfucbclei den pinsel hergeliehen,
da wird ein leerer dunst und schatten vorgestellt.
Ohr. Crtphiiis \met. välder 1,352.
HERLEIIIER, m.: der hcrieiher des geldes.
HERLEIHI NG, f.
HERLEITEN, verb : das wasser aus dem fludse herleiten,
derirare aquam de ßurio. Hf.dericm I2CI; etwas aus dem grie-
chischen herleiten, flrctere ahquid de graeco. Steiniiach t,1034;
(Itute die) von dem geistlichen hochmulhe der <juacker, von
ihrem verderbten gehlllle, von ihrer unnchlxainen kicidung..
«nd von andern dergleirlien Sachen eine ähnlich keil auf meine
philoiophen herleiten wollten. Rabkjikr »a<. 2, 2ft2; sitlzc aus
einander herleiten. Kamt «<. im (mitl wAr t,tn irflrru dir
höheren ansichlcn, woraus das einzelne sich herleitet. Gutbe
31,257.
HERLEITUNG, A; herleitung der Wörter, dedtuAio nominnm.
Hederich 126t ; herleitung des wassers aus dem brunnen,
deduüio aquae ex fönte, das. ; war diese herleitung der nation
von den göttern zugleich eine ansieht von der menschen-
schöpfung. Gervinus gesch. d. deutschen dichtung l, 19.
HERLENKEN, verb.: er lenkt seine schritte her; du hoher
bäum neige deine zweige, und lasz dich lenken her. Sel-
neccer psalmen (1587) s. 272.
HERLESEN, verb.: einen brief im rathe herlesen, rentare
litteras in senatu. Hederich 1261; wir können zwar selbst nicht
lesen, . . aber unsere väter haben es ihre väter daraus (aus
dem katechismus) herlesen hören. Lessing 10,151; kaum halte
Mahal diese letzten worte ausgesprochen, als einer (der sie
nachgeschrieben hatte) . . ihm von seiner tafel herlas, was er
eben gesprochen hatte. Klinger 6,269; es wie jener alte
poet zu machen, der (nach Seneka) die gedichte, die ein
anderer poet öffentlich herlas, den augenblick in seinem
groszen gedächtnis behielt und sie für seine erklärte. J. Padl
auswahl a. d. leufels pap. 1, xvii. vgl. her 1, 1 sp. 1000.
HERLESUNG, f.: herlesung eines briefs, recitalio lillerarum.
Hederich 1261.
HER LEUCHTEN, »erb..-
die nacht die weicht, der tag her ieucht,
wil liebe von liebe scheiden.
Ambr. liederb. nr. 47, 7 ;
transitiv :
mir dünkt kein tag so feierlich,
als der, du frommes magdlein, dich
ins leben hergeleuchtet. Voss 6, 53.
HERLICH, adj. s. herrlich.
HERLING, m. unreife Weintraube, vgl. heerling oben sp. 758:
vom trieb der goitheit, siehe beschleuniget,
stieg rankenwaldung, übergewölbt, mich bald
mit blüthe, bald mit grünem berling,
bald mit gerötheter traub umschwebend.
Voss bei Götbe 33, 166;
andere (trauben) keltert man schon; hier stehn noch heriinge
vorwärts,
eben der blüth entschwellend, und andere bräunen sich mählig.
Odyssee 7, 125.
HERLISPELN, verb.:
und röther ward, als sie diesz blöde
herlispelt, ihr gesicht. Gösingk 3, 83.
HERLITZE, f. der kornelkirschenbaum und seine frucht, cornus
mascula. Nemnich 2,1226; auch horlitze, hörlitze. die neben-
form horlicke (das. 1227) veranschaulicht eine stufenweise Um-
bildung aus dem ursprünglichen korneile (theil 5, 1822). vergl.
auch herlske unten.
HERLOCKEN, verb. allicere , allectare: geh und suche die
gräfin zu einer Unterredung herzuLocken. Klincer l, 24t ;
Regensburg liegt gar schön, die gegend muszte eine Stadt
herlocken (d. h. zum entstehen reizen). Göthe 27, 7 ;
was fliegen lockt, das lockt auch freunde her. Wieland 9,5;
eh an die ferse lockten wir selbst, durch gr&sziiche thaten,
uns die erinnynn her. Götuk 1, 26S.
HERLSKE, f. bäum und frucht der komelkirsche, cornus mas-
cula. Nemnich.
HERLSKENBAUM, m. komelbaum.
HERLSKENBAUMEN, adj.: hierzu (zu den buschhöhern)
kömmt noch das herlskenbaumene holz, welches ein hartes
holz. GöCHHAUSEN notobHia venat. (1741) s. 209.
HERLÜGEN, verb.:
{ein andrer) weisz prfichtig her tu lügen
vom reisen disz und das. FtKamc 49, 44 Lappenlt.
HERMACHEN, verb., allgemrinsle hezeichnung einer heni.>drts
gerichteten thdiiglteil, in verscliicdenein sinne verwendet.
1 ) transitiv, allgemein formen, gestalten :
und machet wasserberg ausz vllen wllllen her {der sii,>i„ i,,,/
ilil' Hfl'). RoaPLKR 71 ;
ein Schauspiel aufführen : .*>. es mangelt nun nichts mehr lils
die letzte (tragOdie) von Pyramus und Thyshc. P.Sq. die wollen
wir euch den augenblick iieriiiachen. A. Gryphius 1698 1,730;
musik machen, aufspirWn : zwei alle ehrliche dürrwrtlder traten
heute mit einer geige und einem hackehret in meine sluhe . .
'0 bitte, vatcr, lasz ein bischen machen', ja, inarlit was her!
0. mmifi im Tockenb. 204. iti gewCihnlirher rede auch mit ver-
ächtlichem nrbensinne , etwas (unwahrscheinliches, lügenhafles)
eniihlen . ihr macht mir so was her und das soll ich glauben ;
eiiirui clw.!-* Iicriinilicn. i. r. lau'^rhrii. Sciil-Ll ER rfe«/*c/l-/u/
1113
HERMANN — HERMELIN
HERMELIN — HERMELLNFUTTER
1114
handkxicon (1706) 667. bergmänntsch, in Österreich, hermachen,
durdi arbeä gevinnen. Veith bergwürterb. 272.
2) reflexiv, sich hermaclien, herzugehen, herzueilen:
der feind thut sich ffir dsladt hermachen.
ScHMELZL Snul 24*.
geicühnlich in der Verbindung sich über einen, etwas hermachen :
sich über den braten hermachen , impressionein in assaluram
facere. Stieler 1199; er hat sich über ihn hergemachet, i»i-
vasit, impetum in eum fecil. das.
3) auch intransitiv, mit der bedeutung eilen, sich spulen, meist
im imperativ: mach her!
HERMANN, der eigenname; mehrfach in appellativer bedetttung
verwendet.
1) der streitbare undder, der eine herde anführende bock Iteiszt
so {vergi heermann 5p. 758. 759):
Melke de zege, uode Hermen de bok.
Reinecke Fuchs 1771 (danach Göthe 40,61);
noch jetzt in Iserlohn: de boii bei Heärmen. Fromm. 3, 372; in
Hessen Hermen Ziegenbock, lockuort und schmcicheluorl. Vilm.ar
167; davon Hermen Stutzbock, benennung eines scherzes , den
kleine kinder oder den man mit kleinen kindern macht, indem
man mit den Stirnen auf einander stüszi. das. Fischäbt hat
enceiterungen des namens: wolt ich darumb nicht wollen Herman
oder German heiszen, weil man dem bock, Hermanstosznicht,
sagt? .. oder weil man die gäuch Herman gut schaf nennt?
Garg. 109'; er bekam sonst ein guten starken schedel, dasz
er mehr dann neun stirnschnallen mit panzerhändschuhen eim
gehatten hett: ja stirnböcket mit den Herman leithämelen.
m'. — Ldther braucht das u-ort als lockruf für schafe ins-
gemnn: dis . . bilde, das der herr hie setzet von den schafen,
magstu selbs sehen, wenn du wilt. unter den schafen. wenn
ein frembder inen ruft, pfeift oder locket, herraen, hermen,
so leufts und Oeuhet, . . denn es kennet die frembde stimme
nicht. 8, 222*.
2) meister Hermann wird der Schneider genannt, den man
sonst einem bock vergleicht: eure gnaden sollen mit allem fleisz
sich bedienet sehen, versicherte der ceremonienvolle meister
Herman und eilte in vollen bockspriingen nach der Werk-
statt. Hazards lebensg. 159.
3) seilen wird Hermann , wie sonst Hans , Heinrich , Heinz,
in der allgemeinen bedeulung mensch, barsch gebraucht ; im nieder-
deutschen bummel-Heärmen , ein mensch der sich umhertreibt.
Fbomm. 3,372; in Hessen steifer Hermen, scheltende bezeichnung
eines sicli unbehilflich anstellenden knaben. Vii.mar 165.
4) die alle appellalire bedeutung des namens, die Ldther er-
klärte (s. die stelle unter heerraann sp. 758), uiude in demselben
Jahrhundert noch einmal hervorgesucht und das wort in dem sinne
t'on (edler) krieger, riller gebraucht:
es ist kein schwert das scherpfer schirl,
als wenn ein bawer ein herman wird.
J. SiNDBRs tragödie v. Joli. it. täufer (158S) S 1*.
HERMEL, »I. s. härmel sp. 482 und nachher hermelin.
HERMEL, f. malricaria chamomilla. Henisch 581. der name
ist nichts als eine Umbildung des grieclüschen pflanzennamens
XafiaifiT/Xov, wie deren nie/irere Nemmch verzeichnet: helmiegen,
beermigen {vgl. oben sp. 759), hermel, hermelin, heermünzel,
belmrigeu, balmeryen. 3,518; man sol im junio eintragen
hermlein. Scbnurk 227 ; hermein, chamaemelum vulgare. Hede-
rich 1262.
HERMELE, n. bei Fischart als Braunschweiger musikinstrument :
so vil die Instrument der music betrifft, so lernet er auf der
lauten spielen, auf dem spinet, der harpfen, der teutschen
zwerchpfeif, dem polnischen sackpfeiflein, dem Braunschweiger
hermele , die sie inn die ermel stecken , der cythar, dem
zinken, den posaunen. Garg. 175'.
HERMELIN, n. muslela erminea. I) das worl ist eine Ver-
kleinerungsform zu barm (.vp. 481) und gegen diese letztere wegen
der kleinheit des Ihieres oft angewendet worden ; bis ins 16. jahrh.
übrigens in verschiedenen formen, je nach der mundarl : mygale
bärmli, hermelen, bermlin, hermlein, hermeichen Dief. 3G0';
salemon hermel, hermelchin, hermelein, bermlin 508*; mustela
silvestris vel rustica , ein marder, hermelchin. Aliierls Ss 4';
in unseren landen so bergechtig und rauch ist, sollend die
wisele alle summerszeit braun oder rotlecht sein: Winters-
zeit aber weisz, als dann süllend sy hermely oder hermlein
genennt werden. Fürer lltierb. 149^ der mützer oder härmie,
mus araneus, sorex. .Maaler 295*;
da kernen zobeln, mardern, IQchsz,
wolf, oiter, bylier, illisz, rOchsz,
werk, hermlen, lasten, vielfrasi, bem,
und lassen sich irn mei.ster lern.
ß. Waldis Esop 4, 34, 43 ;
rergl. härmel und härmeichen sp. 482. die beispiele erhärten,
dasz man unter dem worle bis zum 16. jahrh. verschiedene ein-
heimische glieder der galtung muslela verstand, am häufigsten das
wiesei in seinem weiszen winterkleide (es heiszt noch im IS. jahrh.
tn Düringen verderbt hälmicbeu. Güchhacsen not. ven^. 1741
s. 60), dessen pelz man als köstliüies futter schätzte:
si truoc ein mantellin dar obe,
da^ was vil guot scharlachen röt.
dar »i ein liehtes fiioter bot
ie wijen unde bläwen schin :
daj was durchliuhtic hermelin. Engelhart 3102;
ein syden rock
mit mösch und hermel underzogen.
Mcrner geucbm. yiiij'.
dies Pelzwerk zu tragen galt, wenigstens seit dem 15. jahrh., als
Vorrecht der höchsten personen , und es ist dasselbe , was in der
Augsburger reichspolizeiordnung von 1548, tit. 13, § 3 neben zobel
als höchstes futter aufgeführt und schon grafen und herren an-
zuwenden verboten wird, diese ausgezeichnete Verwendung des
pelzes, dessen stelle an klcidungsstücken und kopfbedeckungen über-
dies eine fest bestimmte war, wird auf die Versteinerung der namens-
form in der weise eingeictrkt haben, dasz sie nach dem \6. jahrh.
sich den veränderten formen der diminution entzog und bei der
alten stehen blieb, dadurch aber trat das wort nach und nach
überhaupt aus der reihe der diminutiva heraus, sein geschledä wird
schwankend masculin (man denkt an pelz), es wird im spradi-
bewustsein als ein fremdes angesehen und, wie ein solclies, her-
melin betont:
doch muszt du fliehn
den hermelin
der junge busen verhüllet. Höltt 194.
2) dasz im mittelalter auch das sibirische wiesei, mustela erminea,
und dessen pelz in den deutschen landen als eine besonders kost-
bare nebenart des einheimischen wieseis gekannt, und wiewol selten
gebrauclit ward, ist gewis , und gehl sciwn aus der beschreibung
des betreffenden pclzwerks hervor:
ein ort lie sich dar inne {im schilde) speheo,
da?; wos mitalle wij hermin,
dar üj diu kleinen zegellin
des hermelines lühten,
diu swarz geverwet dühten
sam ein schinät unde ein kol
und üf daj ort gesprenget wol
beide wider unde für.
KoNR. V. WiJRZBURC turnet 599;
auch ist der zobel als köstlichsles pelzwerk geschätzt und mit her-
melin zusammen genannt:
declachen bermin vil manegiu man da sach,
luid von swarzem zobele. Nib. 1764, 1.
doch fällt auf, dasz naturgeschichtliche werke noch des 16. Jahr-
hunderts, z. b. Forers thierbuch, dieser wieselarl nicht gedenken,
ausdrückliche bestätigung der kenntnis bringt erst das 17. jahrh.,
zunächst Stielkr. der, immer noch unsicher, gewährt: das herm-
lein, mus muscoviticiis, sarmalicus, mustela scylhica, alias vehe,
doch neben : ein heiz von hermlein, rheno ex muslela alpina. 830 ;
später sicher Stei.nbach: das hermelin, pellis murina Russorum
pretiosa, muris ponlici pellis. 1, 739. seit dieser zeit findet man
auch in Sammelwerken ausführliche nachriclilen über dieses Ihier
und seinen pelz (vergl. z. b. HCbners handlungslex. 1712 878).
jetzt bezeichnet hermelin nicht nur das thier und seinen pelz:
kleine weisze spitzen (auf den knospen der pßrsiche) ..
die, wie ein weiszer pelz von hermelinen
zum schütz der zarten blühte dienen. Brockss 2, 33;
auch das aus letzterem gefertigte kleidungsstück :
und um seine schulter spielet
ausgeplüscht ein hermelin.
Herder zur tit. 5, 93 {Cid 15);
oß als Symbol der würde: mit dem hermelin bekleidet werden
(als fürst), in den fürstlicher, wappen ist hermelin und gegen-
liermelin (schwarz mit weiszen flecken) angebracht. Weber ars
heraldica (1696) s. 39.
3) liermelin , übertragen auf ein pferd von sehr bleichgelber
färbe: ferner auf eine conchylienart , conus capitaneus. Nem.'«ich.
4) hermelin für kamille, s. oben hermel.
HER.MELLNFELL, n. feil des hermelins. Scbedel waarenlex.
1, 527*.
HERMELINFÜTTER, n. futter von hermeUnfelUn.
1115
HERMELING — IIERNAC»
HERNACH
11 10
ilEUMEI.ING. Hl. haufgrillc, liiyllus domesliciis. Nemmco 3,S'2.
HtHMtLIN.MA.NTEL, m.; (der doqe von Vemdig), im UingMen
golili'iM-n liiliir. mit dem liermelinmaiilel. Güthe 27, 129.
HEHMELLNPELZ. ni. l) p/s des l.ermriins.
2) eine cuniliyliriiaii, Conus musUiinus. Nem.mch 2,1190; auch
lieniii'liiiscli«;iiiztlien.
HEUMELI.NVOGEL, m. eine faüerarl, phalaena vinula. Nem-
.MCH 4. !l-.>4.
HKU.MELINWIESEL, n. : die heliaarten bälge des im nürd-
iiclien Eiiinpa. in iNorw egeii , Lappl.md , Sibirien und in
Cniiudü ielteiiden bunivelinwieseis, niuslela ermines. Schedel
UUUieiilrx. 1. .527*.
llEHiMELRAlJTE, f. name eines kravles , liarmala. Kirsch
cniniiC'ii^itie.
HEH.MELSTEIN, m.? man wurde im das heiltbumb auf
dem bfiMU'lsifin gezeigt haben. Frey garleng. 5l'.
HEHMELTLNG, ni. der wilde apfelbaum, pyrus malus syl-
vestris Nemnich 4, 109S.
HEHME.N, s. oben Hermann.
HEILMETISCH, adj. d.h. eigentlich nach art des Hermes Tiis-
mei/i.vj; bezogen auf den von ihm erfundenen luftdichten verschlusz
einiT ylasrOlire , dann freier, selbst in der dichtenprache auge-
wendel :
es ist geist, so rasch bedügelt,
wie der spezereien geist,
der, hermeiiscli aucli versiegelt,
sich aus seinem kerlier reist. Borger 43^
HERMURMELN, verb. dcmunnurare. Hederich 1262; mit her-
miirmi'liiiig. demurmwülio.
HERMCSSEN, j. her müssen unter her sp. 1000.
HEU NACH, adv. posL
ahd. Iiera näh, liara näh, neben hernac post. Haupts zeilschr.
5, 20s'; >n//rf. her niWh. ursprünglich bezeichnet das worl eine
folge nach reihe oder zeit, die sich nach einem sprechenden her
erftiickt, es ist im mhd. und im vhd. des Id.jh. gegensätzlich zu
hiniiudi, s.d.; doch wird schon zu dieser zeit die bcdeulung des
er>ti-n composiliunstliedes selir abgeblaszt und driicM kaum noch
mehr als eine allgemeine bezieliung zum sprechenden aus; her-
nach bezeichnet nicid mein wie danach , mit dem es vertausctU
Verden kann, synonymiker wollen einen unterschied im sinne von
heniacli und naciiher feststellen; beide worle unterscheiden sich
Ihatsächlich sowenig wie lieran und anher, heraus und ausher,
henib und abher; gewisse zelten bevorzugen die eine oder die
andere form, so ist in bezug auf hernach und naciilier erstere
form von jeher und bis zum \9. jahrh. die in der edlern spräche
gebräuchliche gewesen , Luther verwendet in der bibelübersetzung
kein nacliiier, nur hernach, und noch Adelung (1798 .3,375)
bemeitU wie nachher für hernach in der vertraulichen sprecharl
stehe; seil anfing des I9.jahrh. hat sich dieses Verhältnis geradezu
umgekehrt; auszerdem ist die anwendung von nachher in so fern
xurückgeganiien , als es seilen in der bedeidung von hernach I
terwendd wird.
Iicriiach steht
1) nach der localen bedeidung wn nacli , um eine folge,
reihen fiilge, Ordnung zu bezeichnen , im sinne unseies danach,
liinlerdiein : Hiiz hara i<t diu chLiga des inwerligen leides,
liaru näh folget diu ciilaga des öi^werligen leides. Notkeii
ps. 37 (//uttemer 2, 133'i; freiiueiit ir iiich da; i; sns kevaren
ist. so Iwra näh slät. ps. 113 (2. 40S'); sullen sye dan er-
wjlIeD (auswählen) ein ander faysz ifasz) iinder der herren
wyne, . . usz deine sullen sye diinken, also ville sye moegen,
mit condicion und penen ernagcsthribcn. weislh. 2, 4ti5 {Unter-
mosrl, ton 151(11; und stellet die megde mit Iren kindern
furiie an, und Lea mit Iren kindern hernach, und Rahel mit
Jo«eph zu lelzl. 1 ^0«. 33,2; Jacüb .. sendet geschenk seinem
benii E<;iu, und zi-uchl hiiider nns hernach. 32.18; die forne
»or gii'ngi-n, und die herniirh folgelen. Marc. 11,9; wir wollen
gerne Itliirn, das du schwurh seiest und kündest nichl lier-
nnrii, aber d:i» du nicht liernach will, sollen wir nichl
leiden. Luther 2.402*; obwohl der alle Adam hie zu schwer
itl lind nicht herii.ith will. br. 4. OS* ; darauf slig Kammkeib
Tun sriin guiil, kleiterl auf den bauin, faszl mit der einen
liand den iiiönch bei dem bal«zkiagen, hnh ihn auf: und
Ulli der anilern arbeilet er ihm das ti>ier ansz dem asl-
li.icki'ii, lind liesz ihn also hinab fallen, und fiil er heinach,
beide :iiif die ftJ-z wie die knizen. Carg. 2'i2*; mit befelrh,
s» b.dd die Ibdr auf gieiige, sollen sie liernarb tiiicken
UuJ iu gclcnklieb mi n,.i.,i!i<Mi Wirm«« ,r,//»- n |H Huri; das
andere gesindlein ist gemach hernach gebogen. Schwei.nichen
1, S4; wenn in verbiindnussen der fürnemb.sten einer nolh
leidet, müssen die geiingere hernach. Lehmann por. 1,128;
was solle nun der gute' Junker thun? er mnsle halt hernach.
itimpl. 3,292 Kurz; ich gicng hernach mit herziiiliem mit-
leiden. 35G; ich aber folgte ihr allgemach schleichend her-
nach. 4, 3S; sie sol geschwind zum könig gehen, und wann
sie noch mit dem künig rede, wolle er hernach geschlichen
kommen. Scuuppius 12; desz andern tajjes kam sein valer
hernach. 29; wann ein soldat und kriegsfürst in einem lande
einen fusz hat stehen, so wil er gerne den andern hernach
ziehen. 92; sammele küssen haben wir hier nicht, ihr werdet
zwar an euer küslliches bell denken, allein euer kulscher
und kammcrdicner haben vielleicht vergessen, es euch her-
nach zu bringen. 322 ; man kompt zum loch, der fuchs fährt
ein, die schlänge hernach. 83G;
mein snn, der auch do irit liernach. /astn.t;). 67, 9;
neben un<l hernach kam gegangen
der hol'edieiier grosze scliaar.
frusclimäiiseler D 1" (b. 1, cap. 2) j
als eine schnelle bach,
die alles, was sie rührt, zeucht hinler sich hernach.
Opitz I, 11.
als aufforderung, ohne begleitendes verb :
wolaiif, piit gesell, «as hör ich do?
mich dünkt es sei ein liirsch gar noh,
wiilT, wuir,
hernach, ir lieben hnnd I
GöDEKB u. TiTTMAjiN Heilerb. 109, 12.
2) nach der temporalen bcdeulung von nach, um eine zeitfolgt
auszudrücken, im sinne von nachher, spdler, oder hierauf:
e stnonl die kristenheit mit zühten schdae:
der ist ein gilt ml gevallen,
ir honec ist worden zeiiior gallen.
das "i"'' der werli her nach vil leil. Waltuer 25, t9;
er sanie im in da; herze sin
des heilegcn geisies güeie
so g.ir, du5 sin grinüete
beleip in reiner sia^tekeit,
als in wirt her nach gescit. Bart. 2S, 20;
nu roneje (rot erbarmen daj ich ie gewan den suon,
dem man ite»i^en sol da; her nach tnon
daj sine mnge leman mortlicli haut erslagen. Nib. 936,2;
waj ich Iu, des enweistu nu niht: du sali ig aber her nach
wijjen. Behaims evang.-buch, Joh. 13,7; das sie verstünden,
was inen hernach begegen wird. 5 Mos. 32, 29 ; lasset uns
mit unserm herzen drauf achten, und merken , wie es her-
nach gehen sol. J«. 41,22; hernach ist Alexander gestorben,
als er regiert halle zwelf jar. 1 A/acc. 1,8; und wird hernach
mit dem selbigen menschen erger, denn vorhin. Luc. 11,26;
etlicher menschen sünde sind offenbar, das man sie vorhin
richten kan. etlicher aber werden hernach offenbar. 1 Tim.
5, 24 ; wie einer . . sein herz herauszer zöge, und hernach
in das nieer würfe. Amadis 23; es ist glaublich, dasz er sie
geelilicht habe, weil hernach sein söhn Adonia sie nicht
konte zum weih nehmen. Schüppws 12; hiirete ihn folgendes
lied singen, welches ich hernach auch geleinet. Simpl. 1, 28
Kurz; ist auch in solchem vorsalz bisz an das ende ver-
harret, . . welcher geslalt aber, folget hernach (ii'ird hierauf
beschiieben). 1,44; iasz mich allein reden bis ich fertig bin;
hernach wollen wir sehen, was für Schlüsse wir darüber ru
machen haben. Wieland 11,190;
man spriclit das pest kum seilen hernach.
faiin. ap. 535, 31 {npriclnvürttich auch
bei SciioTTEL 1114*);
so vvol hall ihn geschmecket nichl,
was er sonsten sein lelienlnng
zuvor und hernach asz und trank.
Inixclim. C'i' (6. 1, cap. 2);
Ich sah hernach
die welsze pracht von einer schneebliim an.
Rruckks 2, 19.
die zeilfolge wird durch ein adeerb oder durch praeposilionen und
casus genauer bestimmt : über elliche zeit hernach, sirillen die
kinder Amnion mit Israel, richler 11,4; hernach zur zeit de«
königs Jiida Joiakiin. Jer. 1,3; und weil sie lebete, und dazu
lang hernach, Ihiirsle niemand Israel überziehen Judith \n,3n;
die onder nacht hernach, i Ksra 10. ilo; nnin des Apollonil
»chwerl, das füret er liernach sein leben lang. \ Mucc. -i.ii;
nicht lang liernach kam Tiyplion widenimb. 11,54; e* begab
sich aber den tag hernach. I.uc. n. 37 ; durch« gesell. . . .
well bes gegeben ist iiber vierhunderl und drei«lig jar her-
nac li. C'it. 3,17: de-z niiderii lags bernncU woll »ich der
1117 HERNACH — HERNACHGEHENDS
könig auf den weg begeben. Amadis 41; bald hernach erfuhr
ich die herkiinft der menschen in diese weit. Sinipl. l, 20
Kurz; {ein dich welcher) gefangen und über etliche tage her-
nacl) samt seinen canierad aufgeknüpfet ward. 90; über wenig
Viertelstunden hernach. 3,351;
woraiiT ich bald liernacb . . .
ein nicht unaiigenelim pewäsche
ge.«cliwälii?er und froher frösche
mit ungemeinen rreiiden hörte. Brockes 2, Gl ;
so wird nicht lang hernach ein grünliches gewand
darüber (Über das umgegrnbne tund) gleichsam hergeleget. 65.
hernach in mbslanUver Verwendung: mit leisem gewicht und
gegeiigewicht wägt sich die natur hin und her, und so ent-
sieht ein hüben und drüben, ein eben und unten, ein zuvor
und hernach. Göthe 52. xi.
3) prarfiosilionaler gebrauch von hernach, wie im mhd.
ir werdet wo! versüenet her nach disen tagen. Aift. 838, 1,
auch später noch:
in weicher Stadt hernacli drei jalir
auch ein gemeine niustrung war. Opel t;. Cohs 40, 10.
HERNACHER, adv., rersldrktes hernaöh, aus hernachher
(s.d.) abye.schwärhl , mundartlich natueullidt in Mitteldeutschland
noch heule furtdauernd , während es die schripsprache im allge-
meinen seil dem 17. jahrh. aufgegeben hat. hernacher bat die-
sellien bedeutuugen wie liernach.
1) örtlich, danach, hinterdrein : also macht disz lasfer {un-
keuschheil) ainen menschen mit ainander ganz swach und
verderbt in, das ain eilend ding aus im würl. die äugen
triefen im, wirt blind ee zeit. i:i| ganz schwach, ziebent die
Jenden hernaiier wie ain wolf. Kei<ersberg sieben hauptsünden
1510 ff-t'; ir gesell ruffet ihnen sich hernacher zu machen.
Kirchhof wendunm. 257';
wir sterben bald, und werdend zkat,
nichts wiiers dann hernacher pai.
i, Fl'neeli!« in Tütmanns schnusp, aus d.
I6.;<i/ir/i. 1, 191, 552;
■was dir gott zu deinem stammen
vor an lieben kindern gab, wie dasz er sie wieder nam?
dasz die mnlter, wüst er wol, ihnen bald hernacher l>am.
LoGAC 2, 47.
2) zeillich, nachher, hierauf, später: disze empfengnisse der
Seelen unser frauwen, die da ist ein gnadreiche empfengnis,
als du in der drillen empfengnis harnober hiiren wtirsl,
die eret man hiit. Keisersberg Marie himelf. n'; wer die
predigt hernacher hi.rel. Llther 8, 280*; hernacher nach
seinem absterben. Zimm. cAro». 1, 407, 29 ; dieser grosz dreck
von Slraubingen ist hernacher ain lange zeit ain spruchwort
am hof gewesen. 2.441,38; das er hernaher nichs mehr
weder essen noch drinken sollt. 3, 322, 6 ; uszer Ursachen,
die hernacher werden gemeidet. 507,25; woll ich in nemen
in seiner jugendt, und wenn er denn erwaciisen, bernaciier
zu ewerem dienst widerumb zustellen. Amadis W; dasz diese
Longobaider ersilich zu Slrabonis Zeilen näher an der see
gewöhnet, hernacher sich zun Zeiten Taciti in die mark ge-
zogen. MiCRÄLiüs altes Pommern 1,88; aus der Ursache, die
ich erst iiber etliche jähre hernacher erfuhr. Simpl. 1.33 Kurz;
und dieses hat golt hernacher wiederholet. Schicpiüs 39;
denn, wenn er mich in schaden bringt, hernacher hilft nichts.
J.E.Schlegel 2.82; liesz es mir lieber . . . etwas sauerer
werden , als dasz ich die hcrren da drauszen um beistand
angesprochen hätte, hernacher gewöhnte ich es auch den
leuten um mich herum ab. Immerman.v Münchh. 4,116;
doch anfangs cnd und nuir lietracht
hernacher keinen zueifel macht.
Kirchhof wendunm. 35;
ich war in wahrheil auch, wie er wol ansr/ulachen,
wann ich das hohe gut so wieder von mir liesz,
und hntl hernacher quäl und rewe gar geuisz.
D. V. D. Werdkr .4rios/ 1, 57, 8;
wir wollen geistlich erst, hernacher weltlich seift.
Flebimc 471, 24, 13 l.aiiponb.;
was hilft e», einen freund tu guter letzt einst küssen,
bernacber femer nicht, weil er wird scheiden müssen.
per f. rvfpnih. 5, Hi;
hierauf besann sie «ich, und schwieg ein wenig stille
hernacher sagte sie: wolan es »ei mein %ville.
Neubark lustwäldchen 160;
der vater ging hernacher in den krieg. Tieck 2, 82.
HER.NACHGEHENDS, adr. : die ganze gegene ist seither
zu einer feinen ebene worden , wie die Lunenburger heid,
da disz gehörnecht urchammel hernachgrhends auch einen
solchen Scharmützel bat gehalten. Gary. 147'.
HERNACHHER — HERNEHMEN
1118
HERNACHHER , adv. das verstärkte hernach : hernachher
hiesz es, die tafeln mit den hübnern und eiern und mallem
und Summern schadeten der andacht, und sie wurden hin-
weggelhan. I.vmebma.n.'« Münchh. 1,130 (worte des hofschulien).
HER.NACH.MAL , adv. ffoslea , posterius: die gewissen ver-
rücken und irre machen . . wie die falschen apostel Mieten,
und hernach mal mancherlei kelzer und zu letzt der bapst.
LlJTnER 3. 103*.
HERNACH.MALEN, adv.: die so groszen herrn lieb und
angenehm sind, die sätligen ihre niisgunst durch den schein
als wollen sie andern helfen. . . dainil iiinen hernach malen,
wann sie falsche ufflagen auf sie {ihre grgner) machen, desto
mehr geglaubet werde. Scul'ppius .itil ; {der diclder soll der beiden
gedichle lesen, aber er) musz hernachmahlen ansz ihren Schriften
gleich als aus einem misl häufen . . die perlen der Weisheit
samlen. Rist l'arn., vorbencht.
HER.NACHMAI.S, adv.: wenn ewer kinder hernach mals
ire ve!er fragen werden. Jos. 4,6; also tilget das alinosen
die Sünde, und der öberst vergelter wirds hernachmals ge-
denken. Sir. 4,34; da ich hin gehe, kanslu mir dis mal
nicht folgen , aber du wirst mir hernachmals folgen, ioh.
13,36; so einer in Übung der that etwas verleust oder binder
im ligen oder fallen lest, dasz man hernachmals finden und
ermessen mag dasz es desz thellers gewesen ist. Carolina
ar/. 29; di>z angefangene werk, welches anfang gleichwol
in:igi<ler Georg Rörer hernachmals in den neunten Iheil der
teutschen büclier Lulheri hat bringen lassen. Scblppics SSO;
wer auf übrig reichihum iracht,
der wird sonsten nichts erstreben,
als, dasz tr noch hei dem leben,
ihme seihst ein täglich sterben
und lieniachmals seinen erben
ein gewüiiscbi gelächter macht. Logai; 1,39,45;
haszt also, was es doch bernachmahls betet an.
LoHE^sTEi!« Lteupalra 99, 595 ;
als füllen sind sie gelb und blau,
hernachmals grün. Hagedorn 2, 145;
hernachmals bätbe man sie gerne, stillzuschweigen.
i. E. Schlegel 2, 4S2;
du gehst hernachmals fort.
Rost ijelernte liebe KA*
{in den sdtäferged. 114 geändert in du gehst hernach nur fort) ;
Klüpstock braucht das wort noch in nachahmung alterthümlichen
slih: fügt sichs aber hernachmals, wenn ein zehend jähre
dahin ist, dasz kein mensch desz mehr kenne, dem das
sieinlein ward. 12. 83.
HER.NÄCHST. adv. superlatiHsch zu hernach gebildet: damit
dieser . . . mich hernechst am t^ige des geiichts nicht hof-
färlig mache, pers. baumgarten 4,5; schwur, dasz er sie her-
nächst nicht mehr unhöfflich angreifen wolle. 7, 26.
HERNAHE.N, rerb. appropinquare, in den quellen des \c,. jahrh.
gewöhnlich mit umlaut {nach mhd. naehen):
die königin thut sich dort hernehen.
H. Sachs 3, 2, 69';
dort thut gleich Flagay hernehen. 4, 1, 22*;
dort thut sich der Grnndo herneben,
des alten Wucherers bauszknecht.
i. Atrer 444' {2231, 20 Keller).
HERNEHME.N, verb. sumere alicunde.
1) mit sächlichem ohjcct: aus dem schätze her nehmen, ex
thesauro promere. Steinbach 2,135; wo sollen "wir brot her-
nemen in der wüslen, unde sumemus panem in deserto? Stie-
ler 1365; wo sollte ich die kräfle hernehmen? Gellert
3,424; wo sollen wir jetzt geld hernehmen? auch als ver-
wunderte frage an einen aufwand machenden : wo nimmst du
nur all das geld dazu iier?; mit unterdrücktem object in der
redensart: wo hernehmen und nicht stehlen?;
stolT zum liede, wo nimmst du ihn her? ich musz dir ihn geben,
und den liöheren styl lehret die liebe dich nur. Götue 1, 278;
die liebste hat mir leid und weh gegeben,
weisx nicht, wo sies mag hergenommen haben.
REckert 312.
tn bezug auf erlangen durch arbeit, verdienen, erschaffen : musz
der arme bekümmert sein, wo er seine frühkost heinehmen
will. pers. rosenüi. 7, 20.
2) hernehmen, herleiten, ableilm, in bezug auf abslammung,
beweise, gründe: von dem anfang und Ursprung härnüinmen.
arcessere a capite rem aliquam. .Maaler 206* ; beweis her-
nehmen, ducere argumenta, promere argumenta. Fsisch 2.13*;
querz, . . . welches etlich vom quadcrz, d. i. böse erz her-
nemen, Matbes. Sar. 40*; den anfang von was bei m^linien
1119
HERNEHMEN — HERNIEDER
HERNIEDER
1120
principium ab aliqua re ducere. Steinbacii 2,136; und was
noch andre solche gründe waren, die ihr gewicht blosz tod
der bosheit hernehmen konnten. Göthe 24, 107.
3) hernebmen mit persönlichem objed, einen oder eine her-
nehmen, in verschiedenem sinne.
a) mü strafe, schelten, tadel fassen: als einmahl auf der
nniversitet Marpurg ein groszer tumull zwischen den Stu-
denten und burgern erwachsen , und ihre f. gn. derowegen
die anstifter under den Studenten mit ernst hernemmen liesze.
ZiNRGREF apophlh. 1,170; ausz der Ursache haben die hcrrn
scholarchen ihn Kamum tapfer hergenommen, dadurch er
verursacht worden den Aristotelem wider wacker durch die
bank zu ziehen, und eine neue logica zu machen. Schuppius
535; es giebt ja böse menschen genug, zu denen ich selbst
in manchen stunden gebore, die Sidonchen ebenfalls scharf
hernehmen. Tieck ges. nov. 9,117; einen darum hernehmen,
reprehendere de aliqua re. Serz 67'.
b) einen hernehmen, um ihti auszuforsciien , in der allen
spräche, wir sagen jetzt lieber vornehmen :
der jun^e münecli wart her genomen
unde fragten in zehant
wie im geviele daj lanl. Haupts zeitschr. 8,102,184.
c) obscün, im groben scherz heiszt es: concumbcre cum aliqua,
eine hernehmen. Frisch 2, 13".
HERiN'EHMUNG, f vexatio. Stieler 1365 (nach dem vorigen
3, a).
HER.NEIGEN, verb. inclinare: neiget ewr obren her, und
kompt her zu mir. Jes. 55, 3.
UERNENNEN, verb. l) aufzählen {nach her 1,1 sp.lOOO):
er nennte viele stÄdte her, wo er gewesen war, recitabal
muUas urbes, quas visüavil. Steinbach 2, 108 ;
hat, sprach er, der Cid geschworen,
was er wohl nicht schwören sollte :
so entbrech er sieb, uns einen
berzunennen, den er wählt.
Herder zur litt. 5, 134 {Cid 33).
2) in der Verbindung sich von etwas her nennen , nomen
Irahere ab aliqua re (Hederich 1262) steht her nicht in engster
beziehung zum verbum und fällt der unter her I, 6 spalte 1002
gegebenen bedeulung zu.
HERNIEDEN, adv. niedeu, unten in der riclitung nach einem
sprechenden ; ton hernieder in der bedeutung so geschieden, wie
herauszen von heraus , vergl. oben sp. 1051 : das lesset golt
geschehen, das seine treffliche heiligen auch bei uns erniden
bleiben. Luther 4, 153'.
HERNIEDER, adv. eine bewegung von der höhe nach der tiefe
einem .sprechenden zu bezeichnend; im sinne mit herunter sich
berührend, nur dasz hernieder der edleren spräche angehört und
nicht leicht übertragen gebraucht wird.
1) form und verlauf der bedeutung. ahd. hera nidar, hara
nidar deorsum (Gbaff 2,980); mhd. her nider, schon in dieser
periode, wie spdler häufig, zu ernidcr zurüclcgegaugen {wb. 2, 1,
336'. ScHM. 2, 6SI). die alte spräche hatte zu hernieder gegen-
sätzlich ein binnieder gebildet, bewegung nach der tiefe von einem
sprechenden weg angebend, wie es zu herbei etn binbei gab,
doch ist dieses binnieder, wie binbei in der neuern sj)rachc ver-
kümmert, dadurdi hat aber aucli die scharfe richtungsbestimmung
von hernieder insofern gelitten, als in vielen fällen das worl
überhaupt nur fichlung nach der tiefe ausdrückt, die beziehung zu
dem sprechenden aber zurücktritt (vergl. ähnliches bei herab 3
sp. 1005, heraus 7 sp. 1027):
denn zwei eimer hingen daran (am lirunncn), ihr hallet in eiiipn,
weUz ich warum? etich gesellt und wart hernifiler gefahren:
nun vermochtet ihr nicht euch selber wieder zu heben
und ihr klagtet gewaltig, dei morgens kam ich zum briinnen,
rragte : wer bracht euch herein? ihr sagtet: kommt ihr doch
eben,
Hebe gevattcrin, recht! ich gönn euch jeglichen vortheil;
steigt in den eimer da droben, »o fahrt ihr hernieder und esset
hier an fischen euch «all. Götuk 40, 105;
ein zurückgang der bedeulungtschärfe, welcher schon mhd. wahr-
nehmbar ist :
d6 liet in {dm itcUnecken) vatlen der adlar
hir nider, da;; »in bils zerbrach. Honk* edettl. 64,33;
durch heim und durch hüben hin er den ritler Kuot
und durch deti helmei spangen, dn^ de^ rtUo bluot
her nider begiiiide Tlie^en i'if den jungen man,
ÄlpliurlK tud 302, 3;
rj)/. auch ernidcr ligen für davieder liegen Schh. 2,681; her-
nieder schmettern, hernieder sehen, hernieder wagen, her-
nieder werfen, unten no. 2.
Genauere riohlungsbesUmmung wird auszer durch praeposilionen
und casus ^om berge hernieder; den fels hernieder steigen)
auch durch composition gegeben:
berghinan und thalhernieder. Göthk 4,200.
2) Verbindung von hernieder mit verben der bewegung.
blicken: das äuge des verklärten blickt auf uns her-
nieder.
bringen: bringet ewren bruder mit hernider (von Paliistina
nach Aegypten). l Mos. 43, 7.
fahren: da fuhr der herr ernider, das er sehe die stad
und thurn. [Mos. 11,5; der heilige geist fuhr ernidder, in
leiblicher geslalt auf in, wie eine taube. Luc. 3,22; und zeiget
mir die groszc stad, das heilige Jerusalem, hernider faren
aus dem bimel von golt. offenb. 21,10;
drumb setz dich in den andern eimer,
tliu auch wie ich hernider fahrn.
B. Waldis Esop 4, 8, 65 ;
als gott hernieder fuhr. Röckert 310.
gehen: und die lochler Pharao gieng ernider, und wolt
baden im wasser. 2 Mos. 2, 5 ; und er gieng ernidder mit inen
(vom berge). Luc. 6, 17 ; auf dem hügel daneben stand eine
weisz verschleiert« gestall, die eine grosze passionblume ab-
brach und damit gegen das thal licrniedergieng. J. Paul
palingen. 1, 85.
klingen:
lasz den ton hernieder klingen,
der nicht sei der weit bewuszt.
RÜCKKRT ges. ged. 1, 479.
kommen: verkündigt meinem valer alle meine berrligkeit
in Egypten, . . eilet und kompt hernider mit meinem vater
hie her. l Mos. 25,13; als nu der herr ernider körnen war
auf den berg Sinai. 2 Mos. 19, 20 ; wenn Mose in die hüllen
kam, so kam die wolkenseule ernider. 33,9; das wasser,
das von oben ernider kam. Jos. 3, 16 ; da kamen seine brüder
ernider (von den bergen) . . und hüben in auf, und trugen in
hinauf, ric/i/. 16, 31; niemand feret gen himel, denn der vom
himel ernider komefl ist. Job. 3, 13.
lassen: eilends lies sie den krug (t)or?i fop/e) ernider auf
ire band, und gab im zu trinken, l Afox. 24,18; deckten sie
das dach auf . . und lieszen das belle ernider, da der gicht-
brücbige innen lag. Marc. 2, 4 ; stiegen sie auf das dach, und
lieszen in durch die ziegcl ernider mit dem bettlin, mitten
unter sie, für Jhesum. Luc. 5,19. reflexiv:
izt lassest du {abenddämmerung) bei H espers schein
vom himmel leise dich hernieder. Gökingk 3, 153.
bei Stieler auch in übertragenem sinne: er bat sich sehr
herunter- sivc herniedergelassen, omnia demississime egit, sub-
jectissime gessil. 1076.
rinnen. Gökingk 3,236.
schauen: dazu aber war es auch das bild der göttlichen
räche, das drohend herniederschaute aus dem öden .. dach-
stübcben. Riehl cullurgesch. nov. 367.
scheinen: der mond scheint lieblich hernieder.
schleichen: herniederscblcichen, sensim descendere. Stie-
ler 1835.
schluromerD: die zu einer schmerzhaften läge hernieder-
gcschlummerte mutier weckt er gelinde und führte die scblaf-
trunkne an ihr belle. J. Paul leben Ftbels 71.
schmettern: schmettert das holz hernider, wie ein mäder
das liew. Garg. 14"'.
sehen: hernieder sehen, oculos ad terram deferre. Stiklei
2026;
auf eines berges gipfel
da möcbt ich mit dir stehn,
auf lliiilcr, walilt'swinfel
mit dir hernieder srlin. Ubland ged. S8.
sinken:
Nink denn auch auf mich hernieder,
■ balsuni du für jeden schmerz! UaLANJ« g«d. M.
steigen: wer auf dem dach ist, der sIeige nicht ernider
etwas aus seinem hause zu holen. .Va((/i. 24, 17 ; Zachce, steig
eilend ernider. Luc. 19,5;
»enit heut ein geist berniaderstiege> Uhland g»d. 9i.
stürzen: er wird sie unvcr.schens hernider stürzen, weish.
Sal. 4,19. intransitiv: ein felsblock stürzt hernieder.
l li u n : hcrniedcrtuhn, dcmoliri, defringere, drturbare, defltctere.
Stimer 235S.
wachsen: hcrnicderw-achsen, radicem deonum agert. Stu-
LBK 2404.
1121
wagen;
HERNISTELN — HEROISCH
HEROLD
1122
dort wage mir hernieder,
geschickt, nach bergmannsart,
anschlieszend dein gelieder,
die wollustvolle fahrt. Borger 5".
reflexiv: von dieser steilen höhe hat er sich hernieder in
das thal gewagt.
werfen: daiumb hab ich auch gesagt, das dis gebet sei
nicht allein eine bitte, sondern auch eine heilsame lere und
anzeigung unsers elenden verdampten lebens auf erden, und
wirft den menschen hernider in sein eigen erkentnis. Ldtheh
I, '■!'.
ziehen: ein beer zieht von den bergen hernieder in die
ebene; {ein landstricb) zeucht sich {vom gebirge) ernider gegen
abend werts zu der grenze Japhleti. Jos. 16, 3.
zwingen: seiige geister, die wir durch die kraft unsers
herzens zu uns hernieder zwingen. Tieck nov.-kranz 4,127.
3) hernieder für hernieden : ja solche wollen , das gott
seines dinges droben im himel wartete, und liesze sie her-
nider irer gülden und raammons warten. Luther 4,506'; gott
hat auch den feiertag hernider unter den bruderlichen bei-
stant gesetzt. Carlstadt ton dem sabbat C ij '.
HERMSTEL.N, verb. ein nest herbauen: wie diese spatzen
hergenistelt hätten. Simpl. 2, 270 Kurz.
HERMSTEN, verb. dasselbe: ein vogel hat hergenistet.
HERNÖTHIGEN, verb.: ich bin hergenölhigt worden (an
diesen ort zu kommen).
HERNSKE, /■. cornus mascula, herlilze {s. d.), und cwnus
sanguinea, heckholz, hartriegel. Nemsich.
HERO, adv. vollere ßrm ßr das sp. 999 — 1005 behandelte
her, formell an das ahd. hera anschlieszend, aber im mhd. und
bis in die erste hälfte des 16. jahrh. nicht nachzuweisen, erst
rxach 1550 taucht die form auf und erscheint häufig durch das
V,. jahrh. hindurch, bis sie im 18. veraltet, hero steht, tcie her,
1) örtlich: dieweil sie allein, e. g. zu dienen, allhero
kommen. Amadis 257; marchierte neben und bei mir hero.
Phil. lugd. 5, 271.
2) zeitlich: wie von alters hero gewonlich. weisth. 3,746
{rheinisch, von 1579); alsz wie von altersz hero. 747; erken-
net ihr scheffen solches von alters hero breuchlich. 2, 202
{Hundsrück, u. jahrh.); mein Heis, den ich von unvordenk-
lichen Jahren hero bis auf diese stunde so unverdrossen vor-
gespannet. Simpl. 2,135 Kurz; wie es mir bei die zwei jähr
hero an unterschiedlichen orten . . ergangen. 266; eine zeit
hero. PML lugd. 5,274; eine alte gewonheit. die so viel
hundert jähr hero gewehret hab. Schlppics 66 ; was ich von
etlichen Jahren hero öffentlich geredet und getrieben habe.
635; man hat in zeit von hundert jähren hero in Europa
unterschiedliche erdenfrüchte gepflanzet. Jon. Joach. Becher 5.
vergl. anhero, bishero, dahero.
HEROBEN, adv. oben und nach hier zu, gebildet wie her-
auszen und hernieden: da aber der könig Äntiochus her oben
im königreich hin und her reisete. l Macc. 6, 1.
HERODES, der Matth. 2 genannte eigenname des jüdischen
königs hat verschiedentlich freiere Verwendung erfahren:
so ein listiger fuchs Herodes {von Watlenstein).
ScHiLLE» Walleml. Lager 8. auflr. ;
als Umschreibung für den teufet: in Hessen das danke dir
Herodes, wenn jemand gelhan hat, wozu er ohnehin verpflichtet
war, wo kein dank nötig ist, vergl. danken 5, theil 2,736;
Herodes dank euch für diesz lied.
GÜNTHER bei Al>ELD!(G.
tn Baiern bezeichnet Herodes scherzweise podex, die flieszenden
hämorrhoiden und den nachtstuhl. Schm. 2, 229.
HEROISCH, adj. ^otoi'xos, seil dem 17. jahrh. in die spräche
eingebürgert und viel verwendet, nicht nur im sinne von helden-
haft, sondern auch majestätisch, von edler gestall, daher selbst:
traten drei heroische junge damen in den saal, welche ihre
alabasterweisze brüste . . zimlich weit entblöszt trugen. Simpl.
1,373 Kurz; also in ganz anderm sinne ak Stielers heroisch
weih, virayo. 813. die kunstsprache verwendet das wort vielfach:
heroische und andere sonnet und gedichte. Weckberlin 647;
heroische verse, poesie, heroischer stil des landschaftsmalers,
dem schlichten oder hirtenmäszigen entgegengesetzt; eine heroische
figur fertigt der bildhauer wenn er sie überlebensgrosz, doch ohne
colossal zu sein, anlegt; der arzt wendet heroische mittel an
um eine krankheit zu brechen ; die geschickte kennt ein heroisches
Zeitalter. Fischart hat das worl in herhobisch umgedeutscH
{vergl. sp. 1103).
iV. II.
HEROLD, m. praeco, caduceator.
1) form und herkunft. das wort, seä frühestens dem 14. jahrh.
in die deutsche spräche ah heralt oder umgedeutet als erhalt auf-
genommen (Lexer mhd. wb. 1, 1251. 634), kommt zunächst her-
über aus dem franz. heraut, herault, dessen frülieste belege jedoch
auch erst ins 14. jahrh. fallen (Littre 1, 2006*), ital. araldo,
span. haraldo, heraldo, mittellat. haraldus, heraldus. alle diese
wortformen gehen ihrerseits wieder, wie Diez wb.d.rom.spT.l,^%
bemerkt, auf ein althochdeutsches hariowalt heerbeamter zurück,
das zwar als appellativum nicht nachzuweisen ist, aber im eigen-
namen Chariovaldus, alts. Hariolt, altn. Haraldr erscheint, die
deutsche form des wortes ist eine schwankende; zunächst setzt sich
der schon oben angeführte umdeatungsversuch erhalt als ehren-
hold fort {theil 3,61); ehrenholt, ehrenhalt, erhalt Haltacs
268 ; herolt oder echolt {lies erholt), bolinus, heruldus. voc. ine.
tlieut. 14'; das ursprünglicliere herold variiert ebenfalls mehrfach:
heruldus herolt, hereolf, heralt, herult. Dief. 276', und, indem
man den letzten theil des wortes zu deuten versucht, mU an-
leknüng an hold: herehoU, ein heerholt das.;
bald ward der herholt komen.
LniiHCBO!« volksl. 2, 35, 140;
liesz er durch beerholds stimm • . .
ein kühnes riiterspiel, das aus der welschen mund
wird ein turnier genandt, zur freude machen kund.
PosTEL Wiltekind s. 11, 301.
alle diese formen sind zu gunsten von herold eingegangen; nur
die form herald klingt noch in dem mit fremder endung gebil-
deten heraldik Wappenkunde und in dem wie dieses fremd be-
tonten adjectiv heraldisch nach.
2) bedeutung. das alter und die Verwendung als ägenname des
herold ursprünglich zu gründe liegenden deutschen wortes lässt
schlieszen , dasz damit in früher zeit ein höheres amt in bezug
auf das heerwesen gemeint gewesen sei, von dem sich näheres
nichts sagen läszt; dieses amt und sein name muste in den früher
von Germanen besetzten romanischen Idndern noch unvergessen
sein, als man seit der ausbildung der ritterspiele den namen auf
einen beamteten wendete, der über den regelrechten hergang bet
turnieren und die rittermässigkeil der daran theilnehmenden die
aufsieht zu führen hatte, freilich erst seit der zeit, wo die tumiere
zu spielen wurden, bei denen es mehr auf förmlichkeUen als auf
kühnen sinn ankam, und bei denen die aiinenprobe der ritter,
die wappenprobe ihres helmes und Schildes eine hauptsache des
ritterspieles waren, für die deutschen lande ist diese zeit vor der
2. hälfte des U. jahrh. nicht eingetreten; nachher erscheint das amt
eines herolds als herrschaftliches oder kaiserliches nach function,
bestimmter kleidung, attributen, lehrzeit ausgebildet : vgl. über das
hier nicht näher auszuführende sachliche BtJscaiNG ritterzeü und
ritterwesen (1823) 2,313^. der herold wird so nach und nach
kenner und richter des rittermäszigen auch auszerhaib des tumiers,
ja er entkleidet unwürdige ritter der riltencürde:
bald ward der herholt komen,
der hat Im die riterschall genomen,
man hats im dun abkunden,
und die gülden kett abbinden,
dar nach [ging es] an das keplin,
ab ward er binden das schwert sin,
dar nach an die armgewand,
also ward er geschant,
dar nach an den kuresz gut,
das det der herholt wolgemut.
LitlBNCHON tolksl. 2, 35, 140—149 (t. 1474) ;
daneben ist er verwendet als fürstlicher böte, verkündiger und aus-
rufer, namentlich bei aufzügen und im kriege gegen den feind:
wann man dann zusammen kompt, soll unser, als desz
römischen käisers und desz reichs feldoberster, die reuter
alle zusammen lassen fordern, . . . alsdann seihst persön-
lich, sampt dem feldmarschaik und deren hohen empter zu
ihnen in ring reiten, und ihme durch ein herolden ein blosz
schwert lassen vorführen, reuterbestallung v. Speier 1570, th. 2,
tit. 2; in dem krieg zwischen keiser Maximiliano und den
Schweizeren, als beiderseits gemüter also auf einander ver-
bittert waren , das sie auch keine herolden oder trommel-
schlager mehr zusammen schickten. Zikkgref apophth. i, 337 ;
der esel sei zwar ein faules thier, allein er habe eine starke
stimme, man könne ihn gebrauchen an statt eines trom-
peters oder herolden. Schüpphis 107; {hat einen spruch) alle
morgen durch einen eignen herolden in seiner armee ausz-
rufen lassen. 145;
voraus erschien ein herold, der das schlosz
aufforderte (zur Übergabe). Schiller Maria Stuart 2, 1;
kein herold wirds den Tölkem künden
mit pauken- und trommetenschall. Uhland ged, 101.
71
1 123
HEROLD — HEROLDSRECHT
HEROLDSRUF — HERR
1124
das amt des herolds geht wesenllich mit dem abkommen der
turntere nach dem 16. jahrh. in Deutschland unter; so weil das
vort nichl in lebendiger erinnerung an alte silten fortdauert, uird
es aber auch als Übersetzung des latein. praeco , felialis, cadu-
cealor, griech. x^^vs verwendet:
auT denn, und beisz ausrufend die herold, aller Achaier
erzumpanzertes volk riiigshcr bei deu scbilTen versammelu !
Utas 2, 437.
die beschäßigung der herolde mit herkommen und wappen der
ritter und den pflichten ihres Standes zeigt in poetischer form die
von ihnen gepflegte heroldsdichliing (Wackernagel litt, gesch. 223) ;
der stand der lierolde selbst ist der bürgerliche, herolde werden mit
posaunern und pfeifern zusammen genannt: 8 guldein (geschenk)
allen unsers harren kunigs piisawnern und heroiden , der
waren fünf, item 8 guidein aller fiirsten pfeifern und he-
rollen zu einander, d. städtechron. 3, 348 ; ehrenhafte erwältnung
der herolde:
heroiden, Sprecher, parzifand (unlerherotde),
die strorien ettwann öfTlich schand
und hatten dar durch eren vil. Brant narrensch. 63, 55.
der umstand aber, dasz sich das fahrende sängerthum der wappen-
dichtung bemdctUigt und zum heroldsamle zugelassen wird, drüclU
auf den stand, und die erwältnung des herolds ist nicht immer
eine ehrenhafte: da lief im in sein angesicht ein histrio, den
wir nennen einen freiheit; etlich nennen in einen herold.
d. städtechron. 3, 109, 13 ; Trochus erklärt eine reihe lateinischer
Wörter: bomolochus, scurra, sycophanta, calumhiator, .. parasijtus
u. s. w. xusammenfassend mit : ein herolt , smarotzer. G 4* ;
heroldus , heruldus A. vagus ein herol. Dief. nov. gloss. 202';
nebulo loter, herholt, ruffian 262*. die Verwendung des herolds
als ausschreier, eröffner und beschlieszer des allen dramas rührt
von Rosen BLüT her, der in des Türlten fastnachtspiel des Türken
wapenträger und herolt dazu verwendete, fasln, sp. 288 ; vergl,
auch fasln. sp. 167.269.329.364 u.a.
3) herold übertragen, verkündiger, nach der oben ausgeführten
edleren bedeutung des wortes: meine stimme, nur zu ave und
halleluja gestimmt, würde dem feind ein herold meiner
schwäche sein. Güthe 8,14; aber sein {des Columbus) gutes
Schicksal wollte ihm selbst die freude gönnen , der herold
seiner kühnen that zu sein. Beckers wellg. (ß. ausg.) 7,27;
der himlische ^esand
und herold {Gabriet) stund vor ihr (Maria). Opitz 3,230;
bald musz ich heerhold werden
herr {ein fürst ist angeredet) deiner treffligkeit.
Rist Parn. A4' ;
heroiden dieser zeit!
A. Grypbius 1698 2, 317 (tonelt an die slerne) ;
zur strafe der vergessnen pflicht
hat euch mein mond zum letzten mahl geschienen,
so bald sein wagen nur den horizont besteigt,
sei euch verwehrt im hain herum zu streichen,
bis sich des tages herold zeigt. Wielakd 10, 147 ;
der lehrer unsrer Jugend,
der herold stiller tugend. Gökingk 2, 85.
4) herold, der häher, corvus glandarius. Nemnich 2,1243;
vieUeicIit wenn man die nebenformen hügerl , hieger, herholz
erwägt, nichts als Umbildung von hüher, ahd. hehara, ags. higora.
schon im Ib. jahrh. graculus herolt Dief. 207*.
HEKOLDEiN, verb. wie ein herold rufeu: der cardinal herol-
dele mit erhobener stimme die werte . . Hamburger corresp.
1846 no. 154.
HEROI.,DIN, f nach der übertragenen bedeutung von herold 3 :
wem Qieszt die zahre, die auf jeder wange steht,
der trauer beroldin? IIöi.tt 44 Halm.
HEKOLDISCH, adj. und adv. heroldsmäszig, stattlich .
all sein gebärd mir wol gefeit.
sein gstalt, sein trit, sein angesicht
ist all« h( ToI(1i~(!j .ibgcricht.
Schade $at. u. pasqu. i, 128, 78.
HEROLDSAMT.
HEROLDSFIGlli, ,. -.,., Uraldische figur, wie balken, pfähl,
kreuz, (ßlter.
HEhOLDSKUNST. f. heraldica. Hederich 1263.
HEROLDSPI- LICHT, f:
seid mir nifiil hi-i maskeraden
h-M
«l.-i ' , ■ ■ 1, ..II..
nichts vciUcibliLhu» vi>chlciclic. Gothk 41, 41.
HEROLDSRECHT, n.; dat heroldsrecht . . war ein Inbe-
griff von rechtlichen grundstttzen, welche auf die kenntnii
»om adel bezug hallen. ÜOycHiMC rttlerxnl u, rilterweten 2,315.
HEROLDSRL'F, m,;
der heroldsnif, der zum turniere ladet.
ScuiLLER W. Teil 2, 1.
HEROLDSSCH.\LL, m.:
Polyneikes leib
hat er, so sagen sie, durch heroldsschall
verboten mit dem erdenstaube zu
bedecken. Stolbgrg 14, 8.
HEROLDSSTAB, f?i. slab wie ihn der herold aU zeichen seiner
würde trägt: herold- sine friedensstab, caduceus. Stieler 2110;
ihr fiirsten, zeiget ihr noch weiter
anstatt des schwerts den heroldstab? RBckert 151.
HER0LDSST1M.ME, f. :
0 ihr blümchen und ihr wermuthstauden
deckt oft bessre herzen,
gröszre geistesgaben, als der marraor
mit der heroldsstimme. Holtt 51 Halm.
HERORGELN, verb. auf der orgel etwas herspielen : ein lied,
eine melodie berorgeln.
HERPACKEN, verb. refl., in grober rede, herzu gehen; gewöhn-
iich Imperativisch: pack dich her und arbeite!
HERPASSEN, verb.: dasz kein anderer nachsatz dieses
periodens herpasset als der: sie hatte noch einmal so viel
zahne als andre Christinnen. J. ?.\vi uns. löge 3, 10.
HERPEITSCHEN, verb.:
peitscht ihn her,
den Verbrecher! Gotter 2,512.
HERPFEIFEN, verb. : ein liedchen herpfeifen ; einen her-
pfeifen, durch pfeifen herlocken; intransitiv: da pfeift eine kuge'
her, kommt her mit pfeifendem tone.
HERPFLANZEN, verb. pflanzend hersetzen. J. Paul komet
2, 105.
HERPLAPPERN, verb. : gebetsformeln, . . welche man mii
der äuszerslen Zerstreuung des gemülhs und der seelen her-
plappert, reisender avantürier {Bremen 1748) 1, 177 ; es gieht
solche mechanische menschen , deren gespriiche zur hälfte
aus gewissen formein bestehen, welche sie, ohne dabei etwas
zu denken, herplappern. Knigge umgang mit menschen 1,76.
HERPLATZEN, verb.: wenn es heutigs tags so keme, das
wir also füren, wie er (Noah) in dem kästen, wer würde
sein, der nicht verzweivelle? es ist der Vernunft und sinnen
grewiich anzusehen , das sie so müssen schweben , haben
keinen aufenthalt, sondern oben und unten eitel wasser her
platzen und schlagen. Luther 4, 5l';
ja wann meine {des liahns) weiber laut schwatzen,
als dan regenwetter herplatzen.
froschmäus. K5' (6. 2, cap. 9).
HERPLAUDERN, verb. : etwas allen nachharn herplandern,
deblatlerare aliquid omnibus vicinis. Hederich 1263.
HERPOLTERN, verb. : wenn ein solcher aufgeblasener be-
geisterter verse von Racine oder Corneille hergepoltert und
geprustet hatte. L. Tieck ges. nov. 1, 162.
HERPOSAUNEN, verb.: um den unsinn derselben mit einer
eben so groszen schadenfrohheit wieder herzuposaunen. Reiske
bei Campe unter schadenfrohheit.
HERPRAHLEN, verb.:
wir redten gut latein,
und keiner wolle nicht für teutsch gescholten sein,
der war weit über meer in Griechenland geflogen,
der halt Italien, der Frankreich ganz durchzogen,
der pralle spanisch her. Opitz 2, 45.
HERPRANGEN, verb. prangend hergehn, sich prangend leigen :
der samraet und die seiden dein,
du<t Ist grob hew und windelcin,
darauf du könig so gros und reich,
her prangst, als wers dein hlmelreich.
Ldtuf.r 8, .'^SS* {kinderlied auf ueihnachlen);
so reizend und scbmeichlend licrprangen.
II. Sacus 2,2, IOC';
«0 <ieh( mit mir die Stadt hinein (v>rir/i( die sladt-
mniM tur feldmaut),
da wolln wir erst recht fl-Ollrh sein,
esson und trinken lirrfiir langen,
(Ins etwnsz andere .sni hrrprangcn,
denn diese arme hnitclei.
froschinäuf. G 1* {b. I, cap. 9).
HERPUTZEN, irrt..- duheiin fand er schon alles weggekehit
und hergepulzt zum studieren. J. Paul leb. Fibels 69.
HEROrKLLEN. verb.: denn das igt auch ein beruf, der
aiiH dem gcsciz der liebe hcrquillel. Luther S, .12i>'.
HERR, ni. dominus, herut.
ahd. hirero , höriro , iiörro , hfro j alls. Uirrn ; frtes. hi-ra
oiler hcra ; ags. herra , bcarra ; altn. üerra , 6« Bir.RN harri
112c
HERR
HERR
1126
und hari; mhd. hSrre, herre, gekürU, besonders in der anrede,
hfr, her, und er {vgl. unter der 10, Iheil 2, 979), welche letztere
kürjung auch im altern nhd. noch fortdauert, entweder in der
eben angegebenen form {vgl. er th. 3, 692), oder in der dehnung
ehr (3,52); während umgekehrt bis auf jetzt in alterthümlichem
und rolksmäszigem ausdrucJ: noch die form herre lebt: erhör
uns lieber herre gott. Scboppids 680; herr*^ so müszt ihr
nicht reden. GötueS, 200; dort steht eine zweite ast, sagte
der hofschulze. nehmt sie, herre. Ixjiermanx Mimchh. 4,64;
ach herre gott, ach herre gott,
erbarm dich doch des herren. Göthb 2, 194;
ein herre mit %wei gesind
er wird nicht wohl gepflegt. 5, 126;
eh, herre, was man sieht, das dächt ich, kann man wissen.
', 107;
und als der herre mein ansichtig ward,
und mich erlsannte. Schiller Tett 3, 1.
die flexion des wortes leidet vollere und gekärztere formen neben (
einander, in den alleren quellen ist der gen. dat. acc. des sing, j
sowol herren als herrn , auch im plur. begegnet man beiden t
formen (belege sind in dem folgenden reichlich enthalten); seit
Gottsched hat sich die praxis dahin entschieden, dasz man für
die gleichlautenden (Cliquen singularcasus herrn, für die plural-
casus herren brctuchl, obschon nicht durchaus:
möchte selbst solch einen herren kennen. Götbk 12,90;
ihr herrn gesteht, ich weisi zu leben. t05.
der gen.sg. herrens gehört dem n.jabrh. an: leere titul eines
freiherrns. Schcppics 416; eines groszen herrens tochter. Hoff-
MANNSWALüAD bei Steisbach 1,740; noch Gottsched (Äern der
sprachkunsl 1753 s. 107) führt ihn als seltenere erscheinung an.
Das: herr, ahd. herro nichts ist als die in Substantive Verwendung
gekommene und contrahierte comparativform vom adj. her altus,
nt um so unzweifelhafter, als Otfrid noch ungekürztes herero
im sinne von dominus verwendet (s. unten I, l). das adjectiv drückt
hierbei das hervorragen rücksicfitlich der gesellschafUichen Stellung
aus {vergl. hehr 2 .^. 789). vermöge dieser bedeutung bezeichnet
das alte heriro , herro zunächst nur den höher gestellten gegen-
über dem geringeren, den befehlenden gegenüber dem knechte, wie
es noch bei Heisrich \oy Morcnges heiszt :
si gebiutei und ist in dem herzen min
frouwe und herer danne ich selbe si.
minnes. frühl. 126, 17,
während den höflist gestellten, den eigentlichen hcrrscher ursprüng-
lich das ahd. truhtin , alts. druhtin, ags. dryhten kennzeichnet,
in demselben masze aber, wie truhtin veraltet, seltener wird und
in eingeschränkteren gebrauch kommt {schon im ahd. ist es meist
nur noch auf golt und Christus bezogen, im mhd., so weit es hier
noch lebt, durchaus), dehnt herro seine bedetitung aus, so dasz
es nach und nach die bedeutung von truhtin mit erlangt.
Der zurückgang der form von heriro in herro und sogar h^ro
(gen. plur. heronö Tatian 85, 4) erklärt sich durch Übergang der
adjectiven Stellung in Substantive und durch häufigen gebrauch des
Wortes, ebenso die im mhd. sclton theilweise erfolgte kürzung des
stammvocals. Schwierigkeit macht nur das Verhältnis der ags. und
altnord. wortformen hearra , herra , die sich nur dann in be-
ziehung zur oberdeutschen bringen lassen, wenn man annimmt,
daxz die letzlere als titel für höhergestellte sich nach norden zu
ausbreitete und in die genannten dialecte als Minwort eindrang,
eine annähme für die manches spricht.
herr gehl theils auf wellliche herren, Iheils auf den himmlischen,
golt, Christus ; die erstere anwendung musz als die ältere voraus-
gestellt werden.
l. herr, der weltliche Ixerr.
i) im allgemeinen, dem knechte, diener, sklaven gegenüber
LiesteiU :
alid. ih bin eigan scalc thin, thu bist herero min.
Otfrid 4, 11,22;
mint, si kiesent künege unde reht,
si setieni hörren unde kneht. Walther 9,7;
nhd. knechte, dy czu unczeitin von iren herren ghen. Magdeb.
blume 1, 70 ; wy sich ein man vorantworten sol, ob in sein
herre anspreche. 1,117; wy ein herre seinen eigin qwingin
{zwingen) mag. 2, 1, 65; da Jehu er aus gieng zu den knechten
seins herrn. 2kön. 9,11; der jünger ist nicht über seinen
meister, noch der knecht über den herrn. es ist dem jünger
gnug, das er sei wie sein meister, und der knecht «ie sein
herr. Matth. 10.24. 25; niemand kan zweien herrn dienen.
6,24; diener oder knecht, der für und für auf seinen herrn
wartet, acoluthus. He!«isch 700;
aus der well die freiheit verschwunden ist,
man siebt nur herrn und knechte.
Schiller Wallensl. lager 11. auftr.;
der wein er erhöht uns, er macht uns zum herrn
und löset die sklavischen Zungen. Göths I, 138;
herr und meister! hör mich rufen! 240 (der Zauberlehrling);
ich habe den gesehn,
ihn, den, so bald er nur die äugen auf mich wandte,
mein überzeugtes herz für seinen herrn erkannte.
Wisla^d 17, H)9 (Idr. u. Zen. 3, 69) ;
ich gieng zur tempelhalle,
da hört ich christlich recht:
•hier innen brüder alle,
da drauszen herr und knecht'. Uhla^d ged. 105;
man sagt nicht : herr general. man sagt : mein general !
bflrgergeneral! es ist kein mensch ein herr! 14,271. — Im
Sprichworte: bin ich lieber herr als knecht. Schottel 1120';
kanstus geld brauchen, so ists dein knecht, wo nicht, so
ists dein herr. 1125'; der früh wil herr sein, musz lange
knecht sein. 1142'; der diener ehre ist des herrn ehre. Pisto-
Rius thes. par. 5, 93 ; ein fleisziger herr macht fleiszige diener.
9,21;
das Wetter kennt man bei dem wind,
den vatter bei dem kind,
und den herrn bei dem gesind. 8,8;
bei SiMBOcK 243. 244: wie der herr, so der knecht; getreuer
herr, getreuer knecht; so lange kein herr, so lang auch kein
knecht; der herr soll von Linden sein, der knecht von Eichen;
ein lindener herr überdauert einen eichenen knecht ; keiner
mag herr sein, er sei denn zuvor knecht gewesen; wenn der
herr kurzsichtig ist, so ist der knecht gar blind; je blinder
der herr, je heller der knecht; tröste gott den herrn, den der
knecht lehren musz ; frühe herren, späte knechte ; lieber vom
herrn gekauft als vom knechte; besser kleiner herr als groszer
knecht; wenn es auf den herrn regnet, so tröpfelt es auf
den knecht; die herren sind schon gut, nur die diener sind
des teufeis; ei ein schönes paar zusammen! so herr, so
knecht! Ä, Gryphics 1698 1,776;
die Gibeoner gehn mit Levi ^ine bahn,
wie herr, so knecht. 559.
das Verhältnis des herren zum knecht deutet auch das Sprichwort
an : untreue schlägt seinen eigenen herrn ;
so wird an dir (des mag ich sagn)
untrew sein eigen herren scblagn.
B. Rn<GWALD taut. warh. 30.
auch eine andere redeformel fuszt auf diesem Verhältnis: ein
hundert oder neune sein mein herr nicht {ich hänge nicht an
Vmen, es kommt mir niclit darauf an). Filidob der vermeinte
prinz 21 ;
bring mich nur zu der frauen dein!
ein taler soll mein herr nicht sein,
den ich dir wil geben und schenken.
J. Atrer 457» (2298, 8 KeUer);
mein Niciaus, ich will dich begabn,
und wilt du hundert gülden habn,
so sollen sie mein herr nit sein.
dess. fastn.sp. 160« (3128, 5).
2) im speciellen bezeichnet herr sunächst Vorsteher und Ober-
haupt einer familie, im bezug auf das hauswesen (vgl. hausherr),
und gegenüber gesinde und arbeitern, wo ihm die frau (lA. 4* sp. 73)
zur seile steht: die herrn und frawen sollen ire knecht, megde
und erbeitsleut nicht wütender weise regiren. Lcther 1,250*;
der hund spricht *
mich liebet herr und frau: mein amt lallt gar nicht schwer
ich hüte haus und hof und halte nächtlich wache.
Hagedor;« 2, 26.
aber das Oberhaupt der familie ist auch gegenüber weib und kind
der herr, und so dient das wort
a) zur bezeiehnung des ehegatten seitens der ehefrau {vgl. ehe-
herr theil 3 sp. 44):
die vTouwe jsmerlichen sprach . . .
da; ich ieraer keinen tac
nach mime herren leben sol,
di mite enist mir doch niht wol. Iwein 1893;
{Sara) sprach, nu ich alt bin, sol ich noch wollust pflegen,
und mein herr auch alt ist. l Mos. 18, 12; alle tugendsame
pfarrfrawen, nach ihrer herren tode. B. Rixg»ald er. Av';
hir (in Paris) hat sich die fürslin von Siegen eine wüste klack
angesetzt, sie war sehr coquet hir, das hat ihren herrn und
sie brouillirt. Ems. Cbarl. v. Orl. 891; ich habe von meinem
seligen herrn .. ein einziges kind. Rabexes loi. 3, 31 ; Elisa-
beth, gott vergelt euch die lieb und treu an meinem herrn
{Gott von Berlichingen). Göthe 8, «63;
71*
1127
HERR
HERR
1128
do des ealen ritterü Trawe
das Pingerleiri im beclier sacli,
sie begund es eben schawen,
uu mugent ir hören wie sie sprach :
'mein herr, der Moringer, ist hie', Uhland volksl. 782;
es haben alle dich so gern,
die alten und die jungen,
und deinem lieben, braven herrn
ist alles nehl gelungen.
Schiller 1,302 Kurz {an die kirchenrälhin
Griesbach) :
mein lieber herr und ehewirth! W. Teil 1,2;
manch [zur Hedwin). seid ihr allein? ist euer herr zu hause?
5', 2.
b) :ur bezeichnung des valers, mn seilen der kinder :
der ouch die leben hajte von Hagenen minem lierren.
Gudr. bll,3 {vorher min vater Hagene 610,2);
deszglichen thänd ouch ewre kind. wenn sye noch ucii
frogen, so sprechent sye: wo ist der vatler, oder der herr?
wo ist die muter? Keisersberg post. l, 22". vgl. ahnherr.
c) die vorstehend genannten verschiedenen seilen der würde faszt
die formet herr vom hause zusammen, welche den Vorsteher einer
hausliallung bezeichnet: so will ich dem herrn vom hause rufen.
Ihmesman.n Münchh. 3,185;
der teulel hol den herrn vom haus I Göthe 13,83;
dafür auch herr des hauses {verscliieden von dem sinne unten 5):
0 so rettet den herrn des hauges!
Hkrder zur seh. lilt. 6, 100.
d) das diminutiv herrchen, herrlein bezeichnet in vielen gegenden
(hessisch ViLUKK 165, bairisch Schm. 2,231, rheinisch Kehrein 195)
den groszvater; am Spessarl ist groszherrchen urgroszvater. der
junge herr ist bezeichnung für den söhn des hauses, der nach
seinem vater die hauslierrschaß antritt; vergl. unten junge herr-
schatl unter herrschaft.
3) herr wird in weiterem sinne gebraucht für den befehlenden,
gewall habenden gegenüber den unterthanen.
a) von obrigkeitlichen, regierenden personen schlec)dhin, nament-
lich von bürgern die im rat und regiment sitzen: unser herren
vom rale gebieten. Sürnberger pol.-ordn. 24 und oft; es ver-
bietent ouch mein herren, da; ieinan ze den clostern iht
mer denne ze ainem alter opfer oder messe frümen. 23; e;
babent auch gesetzet unser herren der schullhai;, der rat,
die schepfen ... 31; unser herren, di burger vom rat. 40;
meiner herren gericht. Eulensp. 20; die herren zu D. hatten
einmal ihrer bürger einen ellich tag in das narrenbausz ge-
fänglich verschlossen. Zinkgref apophth. 2, 90 ; wil derhalben
zu den herren von Dortrecht gehen. Scbuppics 405 ; die herren
von Abdera wuszten sich (besonders gegen die fremden) nicht
wenig damit, dasz sie ihren milbürgern eine so schöne ge-
legenheit zu Verfeinerung ihres witzes und geschmacks . .■ .
verschaßl hatten. Wielasd 19,257; die herren vom rathe
selbst verfehlen nicht ihren schullheisz zu begrüszen. Göthe
24,129; die alten herren konnten regieren, seither hatten
wir nur lausbuben. J. Gotthelf sc/m/denft. 270 ; rg/. rathsherr.
b) auch ein heiliger ist herr rücksichllich der seinem stift unter-
gebenen leule, so wie der biscliof, abt, probst als sein Stellvertreter :
darnach weist der andere schöff dem guten herrn st. Wilii-
brot, seinem gotteshausz, unserm ehrwürdigen herrn dem
abt und dem ganzen convent zu Echternach mann und bann.
weisth. 2, 337 {und in diesem weisthum öfter) ; mein herr der
abt. 398 ; item desz ersten, ist ain herr und abt desz gottsz-
haus sant Gallen rechter herr über die gricbt, zwing und
benn zuo Rickenbacb. 1, 209. vgl. auch chor-, dorn-, stifls-
herr.
, c) die geistlichen heiizen herren {vgl. kircbherr 2, th. f>, sis,
pfarrherr), roUtsmdszig in vielen gegenden, z. b. in Baiern. Schm.
2» 230 ; ein herr werden , geistlicher werden, das. ; in Hessen.
Vii.MABlOS; in Schwaben. Sch>iid274; in protestantischen Idndern
isl diese bezeichnung beim volke unüblidt ; köHllichc besilzlhiimer
der geistlichen herren, die früher als andere menschen klug
waren. Göthe 37,5; auch haben sich die geistlichen herren
wohlbedacht. 7. von einem protestantischen pfarrer :
aber es sauten die drei noch immer .spri-rhcnd zu.^ammen,
mit dem geidlichen herrn der apoihckcr beim wirthc.
40, 277 t
aU nun der geistliche berr den ft-emden lichter befragte.
289.
(ft vorzüglich aber heitzl herr der adeliche, der ohne souverain
SU »ein, unterthanen hat. die officielle altere spräche versteht unter
herr den reiehtunmiUelbaren , reichsfreien adeliehen , der tn der
würde naah fürtlen und grafen folgt, dem einfachen edelmann
i'oraufgeht (rgl. Schm. 2,231): die herren und die vom adel.
reform, guter policei 1530 lil. .xx.wi § 2, den churfürsten und
fürsten entgegengesetzt ; ein stattlicher vermöglicher graf, herr,
oder vom adel. reicMagsabschied zu Speyer v. 1570 tit. 20 ; das.
28 herr oder junkher {edelmann); der gemeine adel. so dem
herrn in kriegen und andern bändeln rnit dienst verpllichlet
war. LöBNEYS reujfrÄun.'s« (1679) 78'; rg/. frei herr. die gewöhn-
liche spräche verwischt diesen unterschied, sie nennt auch den ein-
fachen edelmann herr, mit beisetzung des gutes , das sein eigen
oder sein Stammsitz ist, der herr von Wildenfels, der herr von
Gosegk;
do dem jungen herren von Neifen
disz abenteur ward bekam. Uuland volksl. 783;
ebenso wie fürsten, grafen, herzöge:
zu Rom da sasz ein herre,
ein graf gar wol getan. 784;
feierlich sehn wir neben dem doge den nuncius gehen,
sie begraben den herrn, einer versiegelt den stein.
GöTHK I, 350;
er zog ihn herfür, dasz er der dritte grandis oder herr im
lande sein solle. Scuuppiüs 400; dann nicht lang isl es, das
ich in dieses herren, der hie zunechst hof hallet, dienste
gewesen bin. Philander 2 (1043) s. 173; das der obgeschriben
commenthur und briider tütsche herren (rilter des deutschen
Ordens) soliendt und mogendt geben und ordnen .. die mesz,
den sester, und alle geweg. weisth. 1. 320 ; wer ouch herre ze
Kilchzarten ist. 335. in bezug auf anmaszung adlicher würde
und reclUe:
la Hire. ein schlusz des Parlaments erklärte dich
des throns verlustig, dich und dein geschlecht.
Dunois. ha frecher stolz des herrgewordnen bürgers !
Schiller junqfran 1, 5.
die abhängigkeit des unterthanen zeichnet die formet unser herr,
mein herr, von denen namentlich die lelzlere ähnlich wie das
franz. monsieur behandelt wird und oft für einfaches herr oder
der herr sieht: unserm gnedigen herrn von Trire. weisth.
2,440; uff donnerstag vor Remegij so erscheinent die hoeber
vor meines gn. herrn höbe {hofe). 449 ; mein herr von Hanau.
E. Alberüs 84; mein herr von Hessen. 115. 124; mein herr
von Königstein, ebenda; mein herr der schultheisz kam zum
wagner. Schillbürger (1599) s. 101. vgl. aucli unten 4. der stand
eines herrn wird durch adjectiva wie grosz, vornehm, edel, hoch
noch besonders hervorgehoben : der junge herr (ein junger edel-
mann) zöge weiters: in eim anderen land begegnete ihm ein
groszer herr, der war hätzen geritten. Philander 2 (1643) lf>4;
wer heute groszen herrn, cavallirern und Statisten die war-
heit geigt, dem schlägt man gemeiniglich den fidelbogen auf
den köpf. Schuppics 400; die fürnemeslen herren und raths-
leüt. Dasyp. 163';
die edeln herrn von Wart und Tegerfeld.
Schiller W. Telt 2, 2;
das schöne Irfiulein Kunigunde,
des grafen, meines hohen herren, braut.
H. v. Kleist Kälhchen 3, 6.
der junge herr »X der söhn und erbe eines herrn in diesem
sinne {ähnlich 2,6 am Schlüsse oben): ehe junge herren das
regiment antrettcn, softe man sie nicht zu hart anspannen.
Zinkgref a/)op/i//i. 1, 248. sprichwörtliches: herrn wollen vorlpü
haben , und man sol mit herrn nicht kirsschen essen , sie
werfen einen mit den stielen. Luther 5, 27l'; wo herren
sein, da sein decklaken. Agh. spr. (15C0) 19'; herren bleiben
herren, und wann sie schliefen bis zu mitlag. das.; es sol
ein armer man die herren nicht wissen lassen , was er in
seinem hause bat. 2l'; jungen herren isl man holt, das.;
der herren billeii ist geliielen. das.; vil herren, übel regiert.
22"; wer kleinen herrn dienet, der ist selbs herr mit. das.;
herren band reicht in alle land. 66*: groszer herrn isl gilt
müszig gehen. 93"; herrn hold erbt nil. das.; herren dienst
erbet nit. 160*; wer den herren zu nalic ist, der wil er-
sticken, und wer weit von inen isl, der wil erfrieren, das.;
groszc herrn denken lang. 184*; der herren sünd, der bauren
bösz wann die herren einander raufen, so müssen die under-
thanrn das bar herhalten. 31S*; arm mit ehrn, sitzt bei herrn.
Schottkl nie'; bei herren niiisz man sanflinülig reden, ge-
duldig hören, und bedachtsam antworten. 1117'; groszc herren
thun nicht unrecht. 1122'; man sol der herrn genieszcn, das/
sie audi hei brot lileiben. 1133'; mit gioszeii herrn klein
kundschaft. 1134'; klarem himmel und lachenden herren trau
nur keiner nicht. Otho 97J; groszc herren. grosie sorgen.
PisTORios Uies. par. 6. 79 ; ein jeder herr ist kfli»cr in »einem
1129
HERR
HERR
1130
land. 7,30; herren geboft geht allen vor. 7,94; herren können
wohl schaden, aber keinen schimpf leiden. 9,7; gestrenge
herren regieren nicht lange. Simrock sprichw. 246;
ein bauer ist ein lauer,
der bei vielem guth
thut gott und seinem herren selten gut.
PisTORiüs thes. par. 2, 61;
wann die unterthanen verderben,
kann der herr nichts von ihnen erben. 9,99;
groszen herrn und schönen frauen,
soll man wohl dienen, doch wenig trauen.
SlSROCK sijrichiv. 245.
e) dem herrn steht das gericht über seine unterthanen zu, me
es sfmrhwürllich häszl : wer dich richtet, ist dein herr. Pisto-
Riüs thes. par. 4, 46 {vgl. auch gerichtsherr, bannherr) ;
und als der herre (der landvogl) mein ansichtig ward,
und mich erkannte, den er kurz zuvor
um kleiner nrsach willen schwer gebüszt.
Schiller W. Teil 3, 1 ;
er ist herr über hals und haupt : zum ersten weisen sie einem
hern zu Castelburgh vur einen obersten hern über hals und
buych und über alle freveliche Sachen ufif disze zeit, tceisth.
2, 436. dieses recht der aburlheilung und, damit verbunden, der
begnadigung , deuten die Verbindungen der gestrenge herr und
der gnädige herr an: die weltlichen könige herrschen, und
die gewaltigen heiszet man gnedige herrn. Luc. 22,25; als
die zeitung kam , ihr wärt gestorben , die der gnädige herr
ausstreuen liesz. Schilier räuber 4, 3, formein die heute nach
Untergang der alten Verhältnisse nur noch in der anrede oder als
leerer titel gebräuchlich sind. St.\lder widmete den zweiten band
seines idiotikons IS12 den hochgeachten. gnädigen herren, herren
schultheiszen , klein- und groszräthen des hohen Standes
Luzern ; nennt mich einer gnädiger herr, so weisz ich schon,
dasz ich einen Wiener höre, der jeden bürgerlichen gentleman
so anspricht, und lass ihm gern seine so unschuldige sitte.
J. Pacl flegelj. l, 106 ;
kurfürsten
und königen wollen sies im prunke gleich thun,
und wo der fürst sich hingetraut, da will der graf,
mein gnädger herre, nicht" dahinten bleiben.
Schiller Piccol. 4, 5;
gestrenger herr, ich bin dein wafTenknecht. Teil 3, 3.
f) ist herr in den vorstehenden beispiekn (3, a — e) standes-
bezeiehnung, so veruHscht äeh diese mit der zeit mehr und mehr,
namentlich in der anrede und als titel {vergl. unten 9, b) schon
früh , bis man dazu gelangt, jeden mit herr zu bezeichnen , der
nach auftreten oder aussehen einen guten oder nur anständigen
eindruck macht: man nennet heutigs tags die bauren auch
herren, sonderlich wenn sie zum anwaldsamt befördert werden,
... oder gern spendieren, gefl. finken 45; es ist so was ab-
gemessenes und anmasziiches in dieser forderung, in diesem
betragen, wie es die herren meistens haben, wenn sie aus
fremden ländern kommen. Göthe 21, 110; nur musz der
künstler niemals einen unbedingten beifall für das , was er
hervorbringt, verlangen: denn eben der unbedingte ist am
wenigsten werth, und den bedingten wollen die herren nicht
gerne. 20,106; wie leicht konnte ihn einer von den herren
niederschieszen , an die er nach der jagd briefe {heraus-
forderungen) schreiben wollte! Immerva.^n Münchh. 1,184;
das wollen alle herren sein,
und keiner ist herr von sich. Göthe 4, 320;
man sagt heute gewöhnlich: ich bin auf der strasze einem herrn
begegnet; vor der thür steht ein herr und fragt nach ihm;
die damen sahen unverwandt nach Narcissen , die herren
nach Landrinetten. Göthe 18,152; die noble gesellschaft von
herren und frauen. 16, 103 ;
der herr verstauchte sich die band ein wenig.
die deichsei brach. H. v. Kleist zerbr. kiwj, 2. aufir.
in diesem sinne alte herren, junge herren, elegante herren,
süsze herren {stutzer, verliebte); eine studentische Verbindung ladet
ihre alten herren zu einem commerse ein ; der Schauplatz war
80 voll, dasz die jungen herren den schönen Abderitinnen auf
dem schoooze sitzen muszten. VVieland 19,266; die jungen
herren (offictere) «rsannen sich allerlei platte spSsze. Göthe
IS, 262;
wo ist sie hin die leit, da noch zu ganzen schaaren
die süszen jungen herrn zu deinen tTiszen waren? 7,51;
dann pdag der alte satanas
den süszen herrn zu spielen,
und wenn sie stand, und wenn .<iie säst,
nach ihrer brusi zu schielen. Höltt 41 Halm.
g) ironische Verwendung von herr:
(ohn disciplin) leszt sich die Jugend nicht erziehn,
man musz bisweiln den guten herrn
an ihrem ort die fliegen kehrn. B. Ri5Gwald laut. w. 223;
die herren ihres gleichen,
die schneiden meist für sich das ganze kornfeld um,
und lassen dann dem mann das Privilegium. Göthe 7,106.
4) da herr eigentlich ein comparativ ist, so tcird von anfang an
der höchste herscher nicht damit bezeichnet, und die KeronL<:chen
glossen geben monarchus durch den Superlativ einhSrösto wieder
(Hattemer denkm. 1,194'); ähnlich bei Tatian: ther h^rüsto
tbesses mittilgartes (princeps hujus mundi). 139, 8. aber schon
früh geht herr auch auf den kaiser, könige, souveräne überhaupt :
ahd. tyrannus herro Graff 4,992;
mild, wir hörten iuch (den papsl) der kristenheit gebieten
wes wir dem keiser selten püegeu,
dö ir im gäbet gotes segen,
da; wir in hiej^en herre und vor im knieten.
Walther II, 11;
der künec min herre loch mir gelt ze drizec marken.
27, 7 ;
so wir die minneclichen bi ir gesinde sehen,
so sult ir helde maere wan einer rede jehen,
Günther si min herre unde ich sin man. A'ift. 375,3;
in der Verbindung min herre, vergl. oben 3, d s/i. 1128:
min herre wart gekroeuet sä
und ouch diu küniginne guot.
g. Gerhard 5726 (vgl. 6042. 6114 u. ö.) ;
nhd. und die knecht des königs sind hin ein gegangen zu
segenen unsern herrn den könig David. lA'jn.i,47; wie mein
herr der könig geredt hat, so sol dein knecht thun. 2,38;
wann ein hof sol wolbestellet sein, so musz ein herr haben
1. leute die für die religion sorgen, 2. leute die das justitien-
wesen wol bestellen, 3. leute die den krieg verstehen, und
das land beschützen können, 4. leute die eine gute hausz-
haltung anstellen können, das sind die vier räder, darauf ein
herr seine wolfahrt füret. Schuppics 26; die untreu, welche
hiebevor die untersasse im stift Bremen ihrem alten gütigen
herrn {den könig von Schweden) erwiesen haben. 385; der
kaiser ist ein herr über könige, der Spanier über pferde. der
Franzosz über esel, und der Engelländer über teufel. Pisto-
Bics thes. par. 6, 40 ; er ist der oberste herr, penes itlum est
summa poteslas. Steisrach 1,740;
ich pin der entkrist,
der aller werlt gewaltig ist . . .
es ist umb mich also getan,
das ich pin ain herr über all herrn. fusln. xp. 595, 32;
für den edlen ist kein schöner glück,
als einem Pursten, den er ehrt, zu dienen,
und so ist er mein herr, und ich empfinde
den ganzen umfang dieses groszen worts. Göthe 9, 140;
wo liebe fehlet und vertrauen
und eintracht zwischen volk und herrn. Uhla!<d ged. 8-3,
vergl. landesherr, oberherr. bildlich, vom menschen im allge-
meinen :
stets zu wachsen an erkenntnis,
ist schon hier des menschen Vorrecht,
krönet ihn zum herrn der erde. Rasler 2, 33.
5) der begriff des inhabers, besitzers, eigenlhnmers liegt in den
vorstehend 1 — 4 gegebenen bedeutungen von herr mit beschlossen,
er tnil in einer reihe von fällen scharf hervor, wobei eine b^o-
nung des Standes oder der würde nicht gerade stattfindet oder doch
nur .soweit , als gröszerer besitz auf eine bessere sociale Stellung
woist {vergl. handelsherr, kaufherr gegen handelsmann , kauf-
mann; fabrikherr gegen fabrikant). der besessene gegenständ,
wenn er ausdrücklich angegeben, steht dabei im genitiv , seltener
und weniger gtit durch die praeposition von vermittelt:
mhd. dö börter da; geriten quam
des selben waldes herre. Iteein 1001 ;
nhd. der herr des hauses. Marc. 13.35; was wird nu der herr
des Weinberges den selbigen thun? Aue. 20,15; so lange der
erbe ein kind ist, so ist unter im und einem knechte kein
unterscheid, ob er wol ein herr ist aller guter, sondern er
ist unter den fürmünden und pflegen. Gal. 4, 1 ; wo solch
thier jemand schaden thet oder entleibet, soll der herr desz
thiers . . . gestraft werden. Carolina art. 136; das der herr
diser Völker und reichthumbs allen, seines herkommen» zwar
nur eines weingärtner« söhn gewesen. Phila.nder 2 (1643)
.«.166; habe der Marcus Crassus .. die schon verbrante und
nahend verbrante ort oder gebäw gekauft, welche die herren,
ausz forcht und ungewiszheit des Zufalls, leichtlich hinweg
1131
HERR
HERR
1132
gelassen haben. Schuppils 761; eine gefundene sache dem
rechten herrn wieder zustellen;
den herrn von solchem garten. Brockes 2, "9;
ganz spät, nachdem die theilung längst geschehen,
naht der poet, er kam aus weiter fern;
ach da war Überall nichts mehr zu sehen,
und alles hatte seinen herrn. Schiller theilung der erde.
spricbwörllidi: das guth folget seinem herrn. Pistorius thes.
par. 9,46; des herrn aug düngt den acker wol. des herrn
fusz macht das pferd feiszt. Agk. $pr. (1560) 50*;
darum wer reich wil sein am gut,
auf sein ding sehen sol;
dan das alt sprichwort sagen tut:
dos herren fusi dünget den acker wol.
H. Sachs äiclilungen 1,296,60 Gödeke.
6) in andern fällen bezeichnet herr nicht gerade den hesilzer,
aber den dem das verfügungsrecht über etwas zusteht, dessen
befehle geltung haben und vollzogen werden, es wird in dieser
bedeutung auch in bezug auf eine mehrheit verfügender facultativ
der Singular des wortes gesetzt, wo er dann distributiv zu fassen ist.
mhd. ir (ein pfaffe ist angeredet) söltint hör und raeister sin
alles des mich beriete got. edelstein 94, 18;
nhd. nicht das wir herren sein über ewren glauben. 2 Cor.
1,24; ich beOnd aber, das ir torecbte leut seit, das ihr euch
so schmelich und elendiglich von einem pfaffen regiren lasset,
da ihr zuvor herr über alles wahret. Zinrgref apopW//. 1,365;
dasz der könig einen Aiava zum herrn eines geheimnisses
gemacht haben sollte. Schiller S40; wir sind nicht mehr
herr über das was daraus entsprungen ist, aber wir sind
herr, es unschädlich zumachen. Göthe 17,350; die anschei-
nenden bemühungen der andern um sie gaben ihnen das
ansehn , als wenn sie herr und meister der ganzen truppe
waren. 18, 152 ; wollen sie mein kleines haus sogleich mit
theilen , so sind wir herr und meister {sieht es in unserni
belieben). 20, 183 ; bei der gröszten enthaltsamkeit und der
genausten diät war ich doch nicht, wie sonst, herr von
meiner zeit und von meinen kräften. 19, 308 ;
ein jeder schurk ist herr von meinem leben,
wie Ravaillac von Heinrichs leben war.
GöKiNCK lieder zweier lieb. (1779) s. 38.
auch steht herr in dieser bedeutung von frauen: indessen nehme
ich für bekannt an , dasz eine frau herrscht und herrschen
musz ... die thätige, zum erwerben, zum erhalten geschaffene,
ist herr im hause ; die schöne, leicht und oberflächJich ge-
bildete, herr in groszen cirkeln ; die tiefer gebildete beherrscht
die kleinen kreise. Göthe 15,291;
du, Nantchen, nur bist herr von meiner ruhe,
nimmst du mir die, dann ists um mich geschehn.
GöKiNGK lieder zweier lieb. 40.
auch hier haben sich feste Verbindungen gebildet, sein eigner
herr sein, sui juris: (die betller wollen lieber) frei eigen herren
bleiben dann dasz sie eim meister die ganz wochen Schäften.
Fbank sprichw. 2, 75'; dasz er sein eigner herr sei. Kant
5,389; wäre ich mein eigner herr gewesen, so hätte ich
gewisz Vaterland und freunde verlassen , wäre zu ihm ge-
zogen. GöTBE 19, 327 ; verschieden ist herr über sich, von sich
sein, sich zu beherschen wissen, was sich mit unten 8 berührt:
ich war nicht mehr herr von mir selbst, war im begriffe,
mich ihr zu füszen zu werfen. 16,107; es kann und soll
aber der mensch, über den kein anderer gesetzt worden, an
ihm selber der herr und huchtmeister sein. Immernann Münchh.
1,184; herr im hause sein: ich .war herr im haus, ich hält
meine tochter mehr coram nehmen sollen. Schiller kab. u.
liebe 1,1; dasz er .. kaum kurze zeit vor seinem tode, tmd
noch gewissermaszen nur durch seine erwachsene tochter,
wieder herr im hause ward. Güthb 20,231;
der herr im in ae\m hnu«z,
der «ein welb kan bezwingen.
J. Atrkr fagln.sp. 14.V (3051, 14 Keller);
do pin ich selb» ganz herr Im haus,
ich gee recht ein oder gee nutz,
■0 luol man alweg auf mich harren.
futln. $p. 335, 24 ;
wie kommt er hier herauf? dai gibt nen handel :
nur gut, dasz wir die herrn zu hause find. Gothi 10, 204;
nne frau tprichl:
Irh het auch aln man, dai lit nli lang,
der mainai, ich war im undertan,
da mit Ich in oft betrogen han.
ich wai rechter herr genant in m«incm haui.
fn»ln. »p. 489, 16;
einem weihe aber gestalte ich nicht, das sie lere, auch nicht,
das sie des mannes herr sei, sondern stille sei. l Tim. 2, 11;
die frau ist herr, und nicht der mann , t(a;or imperal , herus
tacet. Steinbach 1, 739. in Düringen und Obersachsen die volks-
mäszige redensart (mit anklang an die bedeutung 1 sp. 1125):
diese sache heiszt mich nicht herr, ich habe nicld über sie zu
verfügen.
') in der altern spräche sagte man auch herr einer geschichte,
einer begebenheit, als der, der der mittelpunkt einer solchen ist,
wo wir jetzt held brauchen {sp. 934) : vihd. der äventiure herre.
Lexer mhd. wb. 1,1259; nhd. nach verprachter malzeit liesz
die kaiserlich majestat Wilbolten von Schaumburg den hera
diser historien vordem. Wilw. v. Schaumb. 16 ; Wilwolt, der
her dis buochs. 31; darvor {vor ein schlosz) wart aber freunt
und her diser abenteur zu schanzmaister verordent. 43; der
her diser geschichten. 64.
8) die jormel herr werden über einen oder etwas , bewäl-
tigen, unterdrücken, ist an stelle einer älteren mhd. eins her sin,
werden getreten, vergl. beer 1, sp. 752; es scheint sicher, dasz
als in dieser letzteren Verbindung beer exercilus nicld mehr scharf
begriffen wurde, man mit glücklichem umdeulungsversuche herr
dafür setzte, es muste das su einer zeit geschehen sein, wo beer
nocA seine alte kürze bewahrte, so dasz beide vertausdite Wörter,
lieer und lierr, gleich lauteten; doch entgehen belege über das
16. jahrh. hinauf: das sie das geselz erhielten , wider alle
macht der beiden und königen, das die gottlosen nicht über
sie herrn worden. 1 Macc. 2.48; er ist herr über ihn, dominus
in cum constäutus est, dorninatur ei. Stieler 810; nun er-
strecken sie {die bäume) ihre äste bis in die galerien hinein
... ja durch thüren und fenster in die gewölbten säle, aus
denen wir sie nicht vertreiben wollen , sie sind eben herr
geworden und mügens bleiben. Güthe 15,304; die atmo-
sphäre ward über die wölken herr und der abend gar schön.
27, 31 ; der glaube hat die künste wieder hervorgehoben, der
aberglaube hingegen ist herr über sie geworden , und hat
sie abermals zu gründe gerichtet. 168; von denjenigen be-
wegungen am menschen, die der naturtrieh oder ein herr-
gewordener affect auf seine eigene band ausführt. Schiller
1114 ; sichtlich war sein bestreben , über die anroahnungen
des ihn zur Unwahrheit verlockenden gelüstes herr zu werden.
Imuermann Münchh. 1,144;
ihr wilden elemente, werdet herri W. Teil 4, 1.
auch die fügung eines herr werden, ist viel gebraucht : konnten
seiner gleichwohl drei nachtwächter nicht herr werden. Klop-
stock 12, 50 ; wer mir den ehstand angreift, . . . der hat es
mit mir zu thun; oder wenn ich sein nicht herr werden
kann, habe ich nichts mit ihm zu thun. Göthe 17, 107; doch
liesz ich meinen dichterischen vorsatz nicht aus dem sinne
und ich war des gamien stücks so ziemlich herr geworden.
28,88; herr seiner begierdcn sein, doniitas habere libidines.
Steinbach 1,739. volksmäszig ist die fügung mit dem dativ;
in Vorarlberg er ischt em her, ist ihm gewachsen, besonders im
ringen. Frojum. 5,484; in Tirol es einem hßrsein oder einen
lierhaben, ihm meister werden oder sein. 6, 149 ; in Haiern einem
menschen orfer einer sache herr werden. Schm. 2, 231, mit
der nebenformel herr sein, figürlich auch von dingen, den Vorzug
haben, die übrigen übertreffen, auch der accusativ isl in mittel-
deutschen dialecten volksmäszig, danadi:
hntt ich sie jetzt nur hier, die mich sonst schikaniren,
ich wiird sie alle herrI Gothk 7,94.
an der genannten formet hat snch ferner entwickelt herr bleiben
eines dingcs, es in seiner gewak behalten : unsere truppen blieben
herr des schlachlfeldes ; ähnlich : herr im felde, victor in proelio.
Iierr zur sec, ^ta marilimi imperii dominalum habet. Frisch
1, 445*.
9) das Verhältnis von herr in der anrede und im lUel erfor-
dert noch einige betnerkungen.
a) herr in der anrede und ohne wcilcren namen oder tilel
stehend, es heisit in hößiclier spräche mein herr, f>lural meine
herren, in allen fällen wo überhaupt \\c\r als sla' ' ' ' /nj
stehen kann {oben no. 2 — 4), wie mhd. min lini. i ;
im plural gilt auch ihr herren, jetzt noch in ^... .xi
gewöhnlicli :
mein herr, wir haben« wol bedacht. f<utn,»p. SM, 3;
lieber herre mein,
Ir lOll darum nli zornig «ein. 36«, 16;
herr. Ich pit euch dlomnoilgkllch. '"' "'
1133
HERR
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ja, ihr henen, antwortete der kutscher. unw. doeloT t02 ;
wol an, ir herren, an die schar! fasln, sp. 428, 2s ;
der amtmann sprach: ihr herren,
kehrt in den gasihof ein. HöLir S Halm.
mit beiselzung von adjecliven: lieber, werther, verehrter herr;
gnädiger herr, gestrenger herr (vgl. oben 3, e sp. 1129) ; hoher,
erhabener herr, von einem herscher; weiser herr von einem
ralsmügliede (3, a sp. 1127) :
weise günstig liebe herren
eurem unbeil volg ich geren.
Rebhu:» drainen s. 24, IS" ;
verbunden mü freund: ihr herren und liebe freunde;
herr meister, und ihr andern herrn und freund.
. i. 157, 225.
in dringender und zorniger rede einem fremden oder nicht näher
stehenden gegenüber heiszl es nur herri zurück herrl Gotteb
3,91; herr, lassen sie uns I 3,95;
herr, das ist gar nicht fein ! Göthz 7, 104.
seit dem 16. jahrh. kommt als höftichkeitsform statt der directen
anrede herr, mein herr, die indireäe der herr mit beigesetztem
verbum in der dritten person auf: o wie heilige kirschenstiei,
die sie eim inn hart werfen, settigen einen mit werten . . .
der herr nem nasser, der herr netz sich, der herr setz sich,
der heiT ruck hinauf, der herr sei gedeckt, der herr greifs
an, der salat wirdt kalt. Garg. 44'; der ein steht auf, ich
will dem herrn ein dienstlichs trünklein bringen, so knapt
der ander hinwider, des herrn diener, ich wils vom herrn
dienstlich warten sein. 45'; Freymund aber sprach, ich bitte,
mein herr, ehe er schliesze, noch um ein einziges wort.
Pbila.nder 2 (1643) s. 169. aus dieser redeweise haben sich be-
kanntlich unsere pronomina reverenliae er und sie iplur.) ent-
wickelt, tergl. unter er theil 3, 688. 6S9.
b) in enger Verbindung mit einem tUel oder einem namen, und
in derselben iceiten anwendung , vom herscher bis zum bedienten
hinab, der noch von andern als seiner herrschaft sein herr rer-
langt: T. Just! J. ich dächte ich wäre wohl herr Just für
ihn I Lessing 1, 513 ; — unserm jetzigen herrn keiser. Mathes.
Sar. 88'; machte er ein reverenz, und sagte, herr könig ...
ScBDPPics 34 ;
herr könig, thue ein wenig gemach, mückenkr. 1, 654 ;
in der anrede in Verbindung mk dem artikel der: herr der
künig u. s. u!., worüber ausführliche nachweise th. 2 sp. 979 ; die
seit dem 16. jahrh. feststehend ausgebildete titulalur hat diese un-
mittelbare Verbindung von herr und kaiser und könig für die
formelle rede beseitigt, so dasz sie für uns naiv klingt:
sein diener, herr kaiser, euch trügt euer sinn! BöacsR 67';
es hatten sich viele verschworen,
euch, herr könig, zu morden. Göthe 40,69;
wenn nicht eine freiere fassung gewählt wird:
mein kaiserlicher herr! hier ist ein arm,
TOD kräften strotzend, markig, stahlgeschient.
H. V. Kleist Kätlichen 5, 1 ,
vergönne, dasz wir unsern Urlaub nehmen,
und Monsieur, unsern königlichen herrn,
mit der ersehnten freudenpost beglhcken.
Schiller, Maria Stuart 2, 2;
wir grüszen dich als könig, hoher herr! ühlasd ged. 183;
wol aber bestehen fügungen bis jetzt, wie herr herzog ! ; der herr
herzog; der herr fürst; der herr graf; der herr baron, der
herr Freiherr, woneben aucÄ /lur der freiherr; mü andern titeln :
heute war der herr kammerherr von .N. hier; des heirn
ratsherrn söhn; der herr amtmann; unser herr landrat;
ein herr kreisrichter N. war heute im hause; und so kann
herr mit jedem andern litel, aml, beruf, namen verbunden werden,
seit diesem jahrliunderl auch in bezug auf handwerksmeister, die
man noch im vorigen durchweg mit meister bezeichnete und an-
redete; in hüfkchen Wendungen des täglichen lebens: ihr herr
vater suchte mich gestern auf; das sind die kinder ihres
herrn bruders; nach den bestimmungen unseres herrn Ver-
walters U.S.W.; bei den sanskritischen Studien der Schlegel
und ihrer herren freunde. H. Hei.ne 6,97;
herr bruder, sprach der eine (wunderlhäter)
zum andern: laszt uns ziehn. Höltt 10 Halm;
ich bitte, die zeche
billig zu machen, herr wirth ! Göthe 1,338;
frijcb, herr nachbar, getrunken! 40,242;
aber ich wünsche,
dasz der herr pfarrer sich auch in eurer gesellschaft btflnde.
281.
in höhnischer rede hdszt es selbst: ha, hal herr mann, der in
geschäften sitzt, besinnen sie sich nun? Lessing 1,246;
Söller (mü höhn). herr freund von frauenzimmorn,
sie ist nun meine frau, was kann sie das bekümmern.
Göthe 7, 105.
c) diese ausgedehnte Verwendung von herr im titel läszt das
wort schon früh in ironische Verbindungen kommen: selbst wenn
man er Omnes (den pCbel) umb sonst neerete, würde er zu
mutwillig und gieng aufs eisz tanzen. Lltheb 4, 220'; disz
vilköpfig thier, herr Omnes, der doli, aufwegie, schwermend
böfel. S. Frank paradoxa 142"; dem vilköpfigen thier herr
Jederman. sprichw. 2, 17l'; ein feind wird genannt herr von
Zoren. Petr. 9l'; ton thieren und gegenständen: ei, riefen die
andern Springer (im Schachspiel zum bauer), woher, herr schritt
vor schritt? Lessing 1,141;
wir {Wölfe) kämpfen um den frasz, wann, mit vergnügtem muth,
die herren hunde sich in vollen küchen mästen.
Hagedorn 2, 26;
ein einzig wort, herr spaz! Gellert 1, 270;
bons dies, herr spatz ! ei, seht doch mal!
willkommen hier auf meinem saal ! Bübger 20*.
d) anders ist, wenn volksmdszig der mond der her man ge-
nannt wird (in eiirfurcfUj. Schm. 2, 230; der bär heiszt der gute
herr. Becber 74.
e) doppelte Stellung von herr wird schon im mhd. beobacfUet,
und 2war derart, dasz das eine mal dus wort als lüel, das andere
mal in der vollen bedeitlung ^bieter steht, im ersteren faUe tritt
die alsdann im mhd. übliclie Verkürzung zu her ein, im letzteren
bleibt die volle form herre , herre , so dasz die Verbindung her
herre oder herre her entstelä: beispiele s. unter der 10, th. 2,
sp. 779. nhd. bleibt dieselbe bedeutung der Stellung, der unter-
schied aber in der wortform ist etwa nur noch im 15. jahrh. zu
spüren: des hochgebornen herren herrn Ulrichs graven zu
Wirtemberg. Wtle /ransi. s.~ Keller; später nicht mehr : dem.,
durchleuchtigsten herrn, herrn Albrecht. Llther 1,6*; an den
woledJen herrn, herrn Heinrichen von Stange. Opitz 1,124;
herr bergmeister herr, ich bin der eilest im felde. Schecches-
STCEL 138.
ß flexionslosigkeil von herr vor namen tritt zuweilen auf, wenn
diese letzteren selbst mit flexion versehen sind: das er her Jacoben
von Landau zustunt. Wüw. v. Schaumb. 67 ; es wrürde ein sehr
miltelmäsziges glück für herr Simonen sein. Gellert 3,146;
eher läszt sie herr Simonen und zehn andre freier wieder
fortreisen. 147; mache er herr Justen den köpf nicht warm.
Lessikg 1, 512; vergl. den acc. er Omnes bei Lctber oben
unter 9, c.
10) herr gebraucht vom kaier: kalter, ein her unter den
katzen, murüegus. voc. theut. 1482 qi'; herr kader den tenor
und frau kaderin den alt singen könne. Abele unordn. 3,21.
IL, herr ron gott und Christus, es ist schon oben angedeutet
worden (sp. 1125), wie man die göttlichen personen sufrühest mit
dem alten namen des höchsten weltüciien herrn , ahd. truhtln,
mhd. trehtin belegte, und herro herr nicht auf sie wendete, so
braucht die Übersetzung von Talian aus dem 9. jahrh. dieses letztere
wort niemals in bezug auf gott und Christus, sondern stets truhtin
(Tatian von Sievers s. 385'. 453'), die spuren des gebrauchs von
herro in diesem sinne gehen nicht über das 10. oder 11. jahrh.
hinauf: also ist ter vater herro , ist ter sun hfirro , ist ter
heiligo geist herro, unde doch nesint si tria herro, suntir ein
herro. fiolkers catecliismus, bei MCllenhoff u. Scherer 196,72;
unser herro Jesus Christus. Ambraser predigten, das. 210, 1 ;
0 lux in tenebris,
du herre du der samet uns bist,
du uns da; wäre lieht gibest.
Ezzos leich, da». 57, 1, 6.
der gebrauch des Wortes wird in demselben masze häufiger, als
truhtin, trehtin seltener wird; nach dem 13. jahrh. gilt nur noch
h?rre, herre von den höchsten personen.
l) herr von gott. die bibebprache bietet für diese bedeutung
eine sehr grosze anzahl belege fast auf jeder seile des textes, ent-
weder in einfacher Stellung oder in der doppellen herr herr, oder
in den Verbindungen herr gott: du bist der herr gott, der du
Ahram erwelet hast. Neh. 9,7; herr Zebaoth (iSam. 15,2
u. oft), herr gott Zebaoth (p.«;. 80, 5), herr der heerschaaren.
ebenso die profane: (landgraf Philipp) zeigte mit der band gen
himmel und sprach : dieser ist ein herr, ich bin nur ein
armer kaath. Zinkgref apophth. i, 169; dasz ich meinen lieben
herrn und gott so vielfältig und schwerlich erzürnet habe.
ScHCprius 454; die band des herrn liegt schwer auf ihm.
1135
HERR
HERRAGEN — HERREISE
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GöTHB 8, 163 ; in diesem erzwindbeutel {Münclihausen) hut gott
der herr einmal alle winde des Zeitalters, den spott ohne
gesinnung, die kalte ironie, die gemülhlose piiantasterei, den
schwärmenden verstand einfangen wollen. Immermann MüucIiIi.
1,167; dasz . . der herr noch jetzunder seinen sprach wahr
macht, welcher lautet: ich will die sünden der väter heim-
suchen. 183; in Baiern hat das volk die ansrufforniel mein
herr! wie sonst mein goltl Schm. 2,231;
dieweil es gott, dem herrn der weit,
also gefallen und gefallt. Brockes 2, 22;
der tierr, der alles neiscli erhall,
wird mir, so viel ich hrauche, geben. Gellert 1, 21* ;
herr, meine bürg, mein fels, mein hon,
vernimm mein llehn, merk auf mein wort:
denn ich will vor dir beten! 2,93;
der herr des himmels und der erden. 9S;
selig alle, die im herrn entschliefen!
HöLTi 62 Halm {nach uffenb. 14, 13) ;
ich erinnerte mich der frösche, deren gequake
bis zu den obren des herrn im himrael endlich gelangte.
GöTHE Jü, 77 ;
und wenn die abendglocke hallt,
da red ich, herr, mit dir. Unland ycd. 10;
der herr verläset die seinen nicht. 74;
der tag des herrn, sonntag:
das ist der tag des herrn ! 18.
die Verbindung von herr und gott ist entweder eine lo>.e, so dasz
beide theile getrennt und besonders fleclierl neben einander stehen :
he klaget unseme herrengote. Scuorr 3, 183 ; claget nnseme
heren gode. Magdeb. fragen 31, 'i; unserm herrn golt. Luther
5,223*; es wäre freilich ein lächerliches beginnen, wenn ein
erdenklos sich hinsetzen und aus thon oder stein — mit
unserm herrn gott in die wette menschen machen wollte.
Wieland 24,231 (220);
si sprach: herr gott vom himel! Uhland iwlksl. 876;
so hilf du mir, o herre gott! 902;
oder beide theile sind eng verbunden und das wort wird ah ein
compositum behandelt, s. unten herrgott.
2) herr von Christus, der mit gott eine person ist, zunächst
wieder nach der bibelsprache des neuen teslamenls: was heiszt ir
mich aber herr, herr, und thut nicht was ich euch sage?
Luc. 6, 46 ; mit beisetzung des namens der herr Jesus , herr
Christus: Christus der herr. Schüppiüs 230;
sie suchten den herren Jesum Christ
der von dem tod erstanden ist. Uhland votksl. S32;
herr Jesus Ciirisl der heiland. 840;
wie du vom tod erstanden bist,
so werd auch ich, herr Jesu Christ,
am Jüngsten tag erstehen. Gellert 2, 206;
kein mensch vermag gott zu erkennen,
noch Jesum einen herrn zu nennen,
als durch den heiigen gcist. 216;
in ausrufen: herr Jesu, welch Unglück I, verstümmelt in herrje,
herrjemine , herrich , s. unten an alphabetischer stelle; gottes
lohn! gottes lohn! ei herr Jerem ! Schiller räuber 4,3; ohne
beisetzung des namens :
ach herr du schepfer aller ding,
wie bistu worden so gering,
das du da ligst auf dürrem gras,
davon ein rind und esel asz.
Luther 8, 358* {weihnachtslied) ;
herr, der du mensch gebohreii wirst. Gellert 2,154;
namentlich auch in der fügung zu des herrn tische geben, des
herrn leib nehmen, des abendmahl: schickte nach dem beich-
tiger, Ihat heimlich lautere beichte und nahm darnach mit
undacht des herren leib. Grimm deutsche sagen 1 s. 32 no.'2'.>;
auch von Christus wird natiirlich herr gott gebraucht:
das hilf uns, lieber herre gott!
des bitten wir dich durch dinen tot.
Unland volktl. 830;
also sprach gott der herr«
wol zu der rautter kein. 841.
du beieichnung gehl über auf die btlder, navicnllich btldsaulrn
des gekreuzigten, i. unten herrgott.
3) auch der dreietnige gott heiszt herr (vergl. '/•<• <'-'/' nu%
fiolkers catechismus zu ringang von II «/>. 1134):
wir loben dich, herr, allermoisi,
goit vatter, «un, tiailiger gaift,
dsst wir erlöst teind worden ! Unland volktl. M9.
4) in der bibeltprachf werden auch die enget mit herr be-
jric/inrt. ich oiitwortet und sprach zu dein eiigcl, der mit
mir redet, mein herr, was ist das? Sach. 4,4; der sähe . .
einen engel gottes zu im eingehen . . und sprach, herr, was
ists? apostelgesch. 10, i; auch die bösen engel: denn wir haben
nicht mit fleisch und blul zu keinplen, sondern mit fürsten
und gewaltigen, nemlich mit den herrn der weit, die in der
linsternis dieser weit herrschen, mit den bösen geistern unter
dem himel. Eph. 6, 12.
HERR.4GEN, verb.: ein arm ragt her, der dich ergreifen
wird.
HERRASEN, verb.: ich sehe in dem fernen norden einen
Wirbel von dem schneegebirge herfahren, er sauset in diese
stille, bläst sie zum wüthenden stürme auf, von ihr genährt
rast er über die blühenden thäler her. Klinger 7, 140.
HERRAUSCHE.N, verb. :
wie der flutende ozean herrauscht. Sonnenberg.
HERRCHEN, n. diminutiv von herr, nach verschiedenen seilen
der bedeutuug I (sji. 1125 — 1131) entwickelt, vgl. auch berrlein.
1) herrchen, der groszvatcr (herr 2, d sp. 1127).
2) nach herr 3, c (sp. H27) auch der pfarrer, namentlich der
dorfpfarrer. gefl. ßnken 43. 65: das weibgen .. sagte: warum
predigt ihr herren so schrecklich darwider, wann es keine
Sünde ist? ha! antwortet das herrgen, das müssen wir euerer
eifersichtiger männer halber thun. Simpl. 3,332 Kurz; hatte sich
das herrgen wiederum ein wenig erkobert und besonnen. 333.
3) am häufigsten nach herr 3,/' (sp. 112ii), in ironischem oder
verächtlichem sinne, von änem jungen, kleinen, geringen herrn:
ein süszes artiges herrchen. ist geputzt, wie eine puppe, und
denkt auch so. Rabener sa/. 3, 26; aber so machen es beut
zu tage unsrc junge herrchen. wenn sie ein paar dörfer voll
bauern , und sieben haare im kinn haben , so denken sie,
sie sind reich und alt genug, papa zu werden. 227 ; ah ! nun
hab ich dich, herrchen! das bricht ihm den hals. Göthe
10,81;
die lustgen mädchen amüsirt
er (Apollo) wie ein Wiener herrchen. Blumaver 1,139;
das junge herrchen ist aus andern gründen da.
Körner 3, 317.
in Verbindung mit einer andern bezeichnung (vgl. herr 9,6 $p. 1133):
des wegs kam auch, mit röhr und degen . . .
ein herrchen krauskopf her spaziert.
klilTklafr setzt an, und hoch tuschiert
hält von dem hunde sich das herrchen.
und herrchen krauskopf ist ein närrchen,
fangt mit dem klalfor händel an. Bürger 32V
HERRE, f. herrschaß, in Schwaben: in der herre haben,
unter seiner bolmäszigkeil haben. Schmid 274.
HERRECHNEN, verb. enumerare: an fingern herrechnen,
digilis computare, articulis aliquid supputare. Stieler 1564 ; ich
will dir das exempel heirechnen. "■
HERRECKEN, verb.:
da ich mich nun gab aiisz darfür (/tir den liausherrn),
reckt er mir die stielt her.
Atrrr ^as(n. sp. 145* (3059, 4 Keller).
HERREDEN, verb.: ich bin auch ein mann, der ein woil
mit verstände hervorbringen kan. wol ! sagten die andern :
rede her, und lasz deine worte kernworte sein. pers. baumg. i.:-.;
lass ich RInaldo jetzt im ungR.stümen meer,
und will nur reden was von Bradamanta her.
D. V. D. Wbroer Ariosl 2, 30, ^,
lascio Rinaldo e l'agitata prua
e torno a dir di Bradamanta sua.
HERREICHEN, verb. Iradere, praeberc, praesentare. Stieler
1500: reiche mir die flasche her; reiche deinen linger her.
und sihe meine hende, und reiche deine band her, und lege
sie in meine seilen. Joh. 20,27; für herkommen, entstammen:
dann under diesem iiainen (tVrr.v) verstunden sie alle wol-
tliatcn. so von der erden herreichen, a. wctszh. luslg. 23.
HER REIHEN, verb. :
schlitzend springen die dftcher hervor, die zierlichen limmer
rcihii um den einsamen hof heimlich und traulich sich her.
Schiller 8:i' (f'tim;>^'t und /^erculaituni).
HERREIMEN, irrft., meist in geringschätzendem sinne, transilir:
da werden ein paar vcrse geschwind hergereiml {vgl. her i, I
.t/<. louu). aber aucJi leftexiv, olmc diesen .•min: das betragen
reimt sich allerdings nicht her, schickt sich nicht in die um-
gebuHi).
HERREISE, f.: sehr glücklich machte e» uns daher, zu
vernchinen , dasi wegen der herrcise des kaisers und d«'«
kündigen kOnig» gruszc anstallen gemacht würden. Goth»
24, 2U2.
1J37
HERREISEN — HERRENDIENST
HERRENGESELLSCHAFT
1138
HERREISEN, verb. Iiuc, versus nos Her dirigere. Stieleb 1589.
HERREISZEN, verb.: ich risz ihn zu mir her.
HERREITEN, verb.:
wie Sancho? wirst du nicht gewahr,
dasz neben mir ein geist her reite? Lichiwer /'aöefn 3, 7 ;
wo kommst du hergerillen? Borger 14*.
transitiv ein pferd herreiten ; dann auch ein ding durch reiten
herbringen : das liirwanentheekästchen war vergessen. Flitte
war froh, sagte, er sitze auf nach dem kästchen, hoffe es in
fünf minuten aus der Stadt herzureitea und sollte sein gaul
fallen. J. Paul flegelj. 1, 154.
HERRElZEiN, veib. reditum alicui persuadere. Stieler 1604.
unpersönlich: es reizt mich her zu dir.
HERREN, verb. zum herrn machen und herr sein, mhd. herren
und herren (Lexer mhd. wb. l, 1260).
1) transitiv, einen herrn machen, reflexiv sich zum herrn machen:
die Juden, heiden, zarazin,
ir keiner bricht sin reht
an das den tour enpl'aogen hat :
des berret sich der kneht.
meistert, der Kotmarer handscitr. s. 274, 34.
sich herren lassen, sich zum stände eines freUierrn erheben lassen
{vgl. herr I, 3, d 5p. 112S): er het ein grosz misfallen ab den
kaufleuten und burgern, die nach langem getribnem wucher
sich herren liesen und adlen. Zimmer, cliron. 3, 200, 5. —
Volksmäszig in Schwaben: ich «erde dich doch noch herren
können, meistern, zwingen. Schmid 274. s. herr I, 8 5p. 1132.
2) JH/ran5J/ii> , herr sein, herschen: es herret und dienert
sich übel, wenn ... Mathesics hoclizeüpred. (1584) 14S'; auch
wie ein herr leben: wenn die herren bauern und die bauern
herren, so giebts lumpen. Simrock sprichw. s. 356. — Stieler
812 verzeichnet herren und beherren (5. thäl l, 1339), dominari,
dominatum exercere, als seltene Wörter.
HERRENAPFEL, m. malum Anabergicum. Stieler 1378; ein
gutes tafelobst.
HERRENARBEIT, f. arbeit die für den herrn verrichtet wird,
frohnarbeit. im bergwerk die Schichtarbeit. Veith bergwörlerb. 272.
HERRENARBEITER, m. im bergwerk, der lohnhäuer.
HERRENBANK, f. bank der herren oder adlichen bei gerichlen
und Versammlungen, vergl. bank theil 1,1106.
HERRENBAUCH, m. fettbauch, von den geistlichen herren
hergenommen (vergl. präiatenbauch). Frisch l, 446*.
HERRENBETT, n. ehebelt des herrn vom hause, im, weitern
sinne auch kostbares bett; mhd. herrenbette Leseb wb. 1,1260:
dieses gewaltigen köstbarlichen herrenbetts. La:, de Tormes 76.
HERRENBIER, n. cerevisia meracior, tafelbier. Stieler 146:
mich dürstet nach herrenbier. Melander 1, no. 173.
HERRENBIRNE, f. eine feine birnenart, auch pfaffenbiine,
königstafelbirne,
HERRENBISZCHEN, HERRENBISZLEIN , n. leckerbissen :
solche . . . heirenbiszlin. Fischart bienk. I4l'.
HERRENBLÜMCHEN, n. parnassia palustris. Nemnich.
HERRENBRET, 11. eine arl dünne breier beim iischler, die m
feiner arbeil gebraucht werden. Jacobsso» 2, 255*.
HERRENBROT, n. l) feines weiszes brot , tafelbrot. Gcrvi.
9,203.205; herrenbrod, panis primarius. älberüs Rl'.
2) unterhalt den man von seinem herrn bekommt : herrenbrot
essen, im gegensatze zu eigenes brot essen. Adelung.
HERRENDIELE, f. pl. herren dielen, asseres longiores et robu-
stiores. Stieler 289, dielen für besser eingericiüete zimmer.
HERRENDIENER, wi. diener eines vornehmen hauses: inama,
schuii wieder jemand! ein herrendiener. J. E. Schlegel 2, 89.
HERRENDIE.NST, in. dienst den man seinem herrn zu ver-
richten hat, tm allgemeinsten sinne, von der frohne bis zum dienst
Ict hofe: fyer sachin sein, dy echte not heisin: gevengnis,
seuche, gotis dmst auj dein lande, und herren diust. Magdeb.
blume 2,2,72; wer in herrendiensten sitzet, pers. rosenthal
1,23; kan aber eu. e-tcell. meine wenigkeil auszerhalb herren-
diensten in ichtwas zu gehorsamen die gelegenheit haben
{d. h. unbeschadet der pflichl , die ich gegen meinen herrn habe).
Simpl 1, 2>.3 Kurz; hingegen liesze ich zween von meinen
knechten herrendienste versehen {soldataidtenste). 3,37; meine
beide knechte, die henn dienste versahen. 41; es mangelte
bei solchen gelegenheiten nicht an betrachtungen und bei-
spielen, um vor höfen und heirendiensl zu warnen Güthe
24,116;
ach! riet ich aus: ich mag noch alle pflichten
von jedem herrendienst mit inuntcrkeit und treu
was man mir aufiragi, gern v«rrichteu. II 129 '
IV. u.
im Sprichwort: herrn dienst erbet nicht. Schottel 1133*; wer
sich in herrndiensten zu tod arbeitet, den höhlet der teufel.
Pistorics //les.par. 2, 34; herrndienste sind keine ehegelübde.
3,53; herrendienst geht vor goltesdienst;
selig ist der mann,
der herrendienst entrathen kan. Lkhkak 145;
wol dem der mit gott und ehren
ohn herren dienst sich kan ernehren. da«.
HERRENESSEN, n. essen, wie es ein groszer herr hat, treff-
liches essen: also prät in schön {den aal) und lanksaim, s6
wirt er ain berrenej^en. Megehberg 245, 4.
HERRENFASTNACHT, f. der drüte sonntag vor den fasten,
oder der sonntag eslo mihi; auch pfaffenfastnacht: uf sontag
der herrenvasnacht, war der zwelft tag des monats Februarii.
Zimm. chron. 4, 164, 21.
HERRENFELD, n. jugera herilia. Stieler 464.
HERRENFEUER, n.: herrenfeuer wärmt und brennt, Sim-
rock sprichw. 245.
HERRENFISCH, ni. ; herrenfische, pisces delicatiores. Stie-
ler 487.
HERRENFLADEN, »1. feiner osterfladen. Schmid schwäb.
wb. 274.
HERRENFREI, adj.: herrenfrei, dienstlos, ex officio dimissus,
esauctoratus. Stieler 559.
HERRENFREUND, m. freund groszer herren:
gut trinken und gut essen,
desz Unrechts ganz vergessen,
sich Selbsten nimmer schonen,
nie denken ans belohnen;
disz sind die eignen gaben,
die herrenfreunde haben. Logau 1, 223, 22.
HERRENFROHNE, f. opera domitüs debiia. Stieler 570.
HERRENGABE, f. geschenk eines heim an seine untergebenen :
concitarium, congiarium herrengabe. Dief. 139*.
HERRENGANG, m. art des gehens , wie sie ein groszer herr
hat ; vielleicht darum . . weiln sie {die schultheiszen) so ehr-
barlich und in einem maDierlichen herrngaog daher freien.
baurenst. lasterprob 15.
HERRENGEBÄCKSEL, «. eine arl feinen theegebäcks. Jacobs-
SON 2, 255*.
HERRENGEBOT, n. mandatum magistratus, edictum principis.
Stieleb 180.
HERRENGEFÄLLE, n. pl. gefalle die der grund- oder landes-
herr bezieht.
HERRENGELD, >i. census dominiä. Stieler 682 : item dar-
nach do der krieg gewert hat bei dreien vierteilen jars, do
legt man ein steur an , da; ein ieder purger, der hundert
gülden wert het, und als oft er 100 gülden wert het, als
oft must er 4 gülden geben, alle clainat, schelz, parschaft,
heimgelt, wie es genant sei, angeslageu. d. s/äd/ecAr. 2,323,11
(es sind die gelder, die eigene leute auf den landgütern zahlen) ;
dasz wir kümmerlich so viel erübrigen können, der obiig-
keil die henengelder samt zinsz und gült den Schaffnern
abzustatten. Simp/. 3,319 A'Hr:; ein bott mit zweien Soldaten,
welche meinem hauszwirth . . . seine geisz genommen und
solche hinweg führten, umb willen er 14 batzen herrengelder,
wie sie es nannten, schuldig war. 356; ferner, wann herren-
gelder abzugeben, ist seine {des büttels) Schuldigkeit zu wege
zu läuten, und da giebet er entweder ein oder drei zeichen
mit der gJocken. baurenst. lasterpr. 88.
HERRENGERICHT, n. geiicht über vergehungen gegen herr-
schaflliche Verordnungen. IScamid schwäb. wb. 274.
HERRENGERSTE, /'. hordeum perlatum. Nemnich.
HERRENGESCHAFT, n.: wer nicht alles stellen und ver-
stellen kan, der ist zum regimente ungeschickt, und kan nicht
mit nutzen in herrengescheffte gebraucht werden. Butschky
Palm. 612; falschheit hält keinen stich, und richtet man in
denen handlungen und heirengeschäften mehr mit redligkeit
aus, als mit der allerspitzsinnigcn arglisligkeit. 754.
HERREiVGESCHENK, n. gesclienk des herrn an seine unter-
gebenen: es pflegen auch jährlich» wann des lages für dem
weihnachtfeste, der friede über den brunnen von dem salz-
gräfen gewürket, die ambts- und bornknechte umb das herrn-
geschenke bittlich anzuhalten. Hoh.ndorf beschr. des salzwerkes
zu Halle (1749) s. 22. vergl. herrengabe.
HERRENGESELLSCHAFT, f. gesellschaft an der nur herren
tiieilnehmen {wie damengesellschaft solche nur aus damen be-
stehend ist): der oberamtmann ist verreist, wer weisz, ob
herreugesellschaft da sein wird, rfa/ieini s.jahrg. 5.737.
72
1 139 IIERRENGE WISSEN — HEKRENKLM)
HEHRENGEWISSEP}, ii. bei Locau überscliriß des gecUchls
ocl):ien spaDut man uicht au fuden, denn er würde stracks
zerrissen :
so auch leszt sich schwerlich binden, wer gewalt hat, an
gewissen. 3, 44, 29.
HEHRENGNADE, f.:
herrengnad, aprillenwetter,
jungrerulieb und rosenblätter,
Karten und der Würfel spiel,
ändern sich od, wcrs glauben will.
Wesenigk böse spiclsielicn (1702) S5.
HEKRENGULDEN, m. 1) münze des Stiftes Köln, umjefältr
einen llialer an wert. Jagobsson 2, 255*.
2) ein zins an einen Iterrn, auch galterzins. Adelung, rngl.
das folgende worl.
HERRENGÜLTE, f. henengeld. Haltaus 901. Fiiiscii 1,110".
UERHE.NGÜISST, f. i) gralia principis:
bcrrcn gunst und lerchengsang
klinget wol und wehrt niclit laiif. Schottsl 1143";
herrengunst und vogel, sind noch wol zu fangen:
herrengunst und vogel, sind gesciiwind entgangen.
Locau 3, 64, 39 ;
bedenke mensch, was sind doch herrengünste?
ja anders nichts, als rauch und leere dünste.
Neumark luslwdldcbcn 5 ;
du schönstes himraciskind ! du Ursprung bester gaben,
die weder gold erkauft, noch herrengunst gewährt,
o freiheit! Hagedorn 1,29.
2) consens des gulsherrn an einen pächler, für übernähme eines
laszgutes, jus precarium, sivc concessiu quaedam ad ulililakm rei
concessae pro annua pensione. Stieler 684.
HERHENGÜNSTLER, m. besilzer eines laszgutes. Adelung.
HERRENGÜRRE, f. vornehme buhlerin, unter dem bilde eines
herrscluifllichen rosses: ziind nicht der hcrrengurr Tais zu lieb
Xerxis königlichen palast an. Garg. ei'.
HERREISGUT, n. praedium doniinicum: hcrrengüter sind
nicht dem, der sie verdilint, sondern dem man sie gönnet.
Schotiel 1143'.
HERREjNHANDEL , VI. sociale Stellung oder läge, uie sie ein
vornehmer hat (vgl. handel 3 4/*. 370) : über das hast du noch
geld genug, auch den besten baurnhof in dieser gcgend zu
bezahlen; du willst .diesz ehrliche baurngretlein heuraten und
dir einen geruhigen herrnhandcl mitten unter den bauren
schaffen. Sintpl. 2, H Kurz ; wie ich den köstlichen saurbrunn
auf meinem hof setzen, wol anlegen und mir dabei einen
geruhigen hennhandel schaffen mügte. 82.
HERRE.MIAUS, w. 1) sitz oder haus eines herrn vom landgul,
domicilium possessoris praedii alicujus, scdes dynastae. Frisch
1, 446", rnlid. herrenbfts. Lexer tvb, 1, 1260. — niederländisch
auch das haus, wo die herrcn vom rcgiment zur beratung oder zu
gericlä sitzen: licerenhuys, laedhuys, sladhuys, dotnus augusla.
Kilian.
2) im kOnigreich Preuszen, die politisclie körperschaft der adliclten
(anderswo adelskaramer), und ihr versammlungsgebäude. vergl,
haus sp. 614 und 660.
HERREMIOF, m. dynastia, castrum aulicum. Stieler 844:
wie wir auch noch ilzt in herrnhöfen sehen, und allzeit ge-
wesen ist, das die hofeschranzen und (inanzer, wenn sie nur
sehen, was den fürsten und herrn gerelll, . . reden sie getrost.
LuTUEB 3,297'; der cainmersecrelarius war ein mann, der
wol studirt und wo! gereiset halte, . . derselbe kunt in Icga-
tiunen zu den armccn und andern herrenböfen gar nützlich
gebraucht werden. Schui-i-ius 106; dieser hoch(|unlilicirte edel-
niann, welcher an groszen beirnböfen . . wol bekant ist. 117;
der liaitcr aus Kriechen npriclu :
nun buh wir doch die höchsten kür,
auf allen herrnlmrcn und wirtschall
sein wir in eeren wol bchaft. fasln, sji. 07ii, II.
jetzl auch der hof eines riltergutsbe.tUzers im gcgensatz zu einem
baucrnhofe.
IIERRENHüLD, f. gralia virorum principum :
lieber rock, reltz nicht,
liprrenhuld nrht nicht. SimiocB ipricitw. «. 244.
IIF^HRKNüLT, »i. mdmurrhul: holte dnen allen hut aus
dem winke! .. 'es ist ein herrenhut, er gebOrt dem galten.'
Flif.trAG haiidxrhr. 1,329.
IIKRjlKNKAMMER, f dmmilorium hcrile. .Stiklkh 921.
IIKRHKNhl.l,l,KF{, t/». crlla tinaria, ajinUwca publica, ftorrcum
tinaiium yulduuin. Sebz 6/.
IIKflUENKIMi, n im allgemeinen land eines herrn: hier ist
"'C' '. dachte sie, und wir die kerrenkinder,
IIERRENKNECHT — IIERRENMEISTER 1 140
die leute sind gewohnt uns zu gehorchen. Fbevtag handschr,
3,300; besonders kind eines groszen herrn: er solle ans den
kindern Israel von königlichem stam, und herrnkindern «eleu
knaben, die nicht gebrechlich weren. Da«. 1,3; kind eines edel-
manns: hm! sagte die wirthinn, wenn ich das gedacht hatte,
dasz er ein lierrenkind ist, wenns gleich nur so ein abkümui-
ling ist, so war ich doch wohl änderst mit ihm umgegangen.
Tom Jones (Mrnberg 1780) 2, 269.
HERRENKNECHT, ni. dicner eines herrschaftlichen gericlilv.s,
bültel: ob es sach were, dasz ein person miszbandelt helle,
so sollen ihnen {für ihn) angreifen die herrenknecht. wcislh.
2,137 (von 1178); herrenknecht, der vor dem herren dabiir
tritt, oder vor im anbin gadt, anleambulo, assccla. Maalek 219*.
HERRENKNÜCKLEIN, n. apiapfel. Nemnicu.
HEURENKÖCHIN, f. pfarrerskOchin. Felder sonderl. 2,307.
HERRE.NKOLBE.N, m. eine groszc art dcstillicrkolbcn. Krünitz
43, 283.
HERRENKORN, n. kom als abgäbe an den herrn seitens der
zin.'ipßiclitigen tinlerthatien.
HERRENKRANKHEIT, f. scherzhafte benennung des podagras,
als folge des berrenlebens.
HERRENKRAUT, n. wirsing. Nemnich.
HERRENKÜMMEL, m. ammei, ammikraut. öcon. lex. (1731)
1005.
HERRE.NLEBEN, n. leben nach art groszer herren, schwelge-
risches leben. Frisch 1,446". auch freies, ungebundenes leben;
ein bclller sagt: seit ich die cselhafte rossarbcil der laglöhner
verlassen, und mich durch ergreifung des sacks und steckens
in die unschätzbarliche freiheit unsers berrenlebens gesetzt
Simpl. 3,307 Kurz.
HERRENLEER, adj.: die zwar prächtig aufgeputzten aber
berrenleeren büffete und tische der sämmllichen weltlichen
churfürsten. Göthe 24, 327.
HERRENLEÜTE, pl. l) unterlhancn eines herren. weislh. l, 7 j9
vergl. die stelle unter herreninann.
2) in Scinvaben Standespersonen. Schmid 271.
HERRENLIERE, f gralia principis. Stieler 1157.
HERRENLOCH, n. die vordersten nebenlöclter an dem grängel
des Pfluges, zum unterschiede der mittleren lohnlöcber und der
hinteren frohnlöcher. Jagobsson 2, 255'.
HERRENLOS, adj. keinen hcnn hübend, mhd. h'Jrrenlös
(Lexer «'6. 1,1260): herrenlos wird absonderlich vim land-
liiufcrn und müsziggängern gesagt, herrenloses gesind. Faiscii
1,446*; als durch ganz Deulschlandt so vil herrenloser knecht
und böser buchen uiubher geloffen sein. Zimmer, chron. 4,
198,17; von den herrnlosen knechten, so sich underslehen
zu vcrsamlen , und die armen leut zu beschweren, kaiserl.
landfried zu Augsburg von 1548 tit.2i; herrenloses gesindlein,
errones , vagabundi. Stieler 1178; die nun wie herrenlose
hunde umherirren. H.Heine 2,136;
wildes Wetter! sturmeswüthen
will das arme scIiilT zerschellen —
ach, wer zügclt diese winde
und die herrenlosen wellen! 15, 137.
in edlerem sinne:
denn herrenlos ist auch der froisie nicht,
ein Oberhaupt musz sein, ein hochsicr riclitcr.
Schiller T'-" ' •
ohne eigenthümer :
der «bt hcrfürzoK . .„. ü „;,. i. briol,
der ihm die horrenlu.se wusle »clienkte. c/ii.v.,
befrenloscs gut; eine herrenlose saciie.
HKRRENLUST, f. deleelatio nohUissima, augusla. Stieleh ils7
Sehiz fcldb. 13.
HERRENMAHL, n. köstliches mald, tvrgl. herrenesscn : (i >
ist damals) am Neckar ganz wolfail gewesen, dann niner v.u
jarcn ein berrenmal unib drei creuzer hat zu OberndorrkindtMi
einnehmen. Ximm. chron. 3, »!<(. i.
HEHRENMANN, «t. unterlhan eines herren. in einem unter
elsdssischen weislhumc wird hezüglirh ühernachtens des römi^rlirn
königs mit i/efnlgc auf einem herrschaftticlien gute bestimmt : sn
soll der liciinburg liemen einen reichsinanii und einen herreii-
nian, und •^oH die jrtrn (zeche) rechnen, dieselbige iili'ii snllen
die lierreiili Mil bezaleii und nit die rcichsleiilc. m'(*i.v//l 1, 7:>'>.
IIKRRKNMARKr, wi. stalio mrrcalorum pnblicA , coun-uh'
mcrfutdiiim ptihliiits. .Sebz 67*.
HERREN MEISTER, «i. mditer r/n ordens dcitlschn
Frisch 1, 440*
1141
HERRENNOTII — HERRENSITZ
HERRENNOTH, (. zwingende pflicfd gegen einen herm : item
es soll auch kein meisler uff ein soutag oder gepanten feier-
lag arbeiten bei straf ij pfd. wachs, es wer dan herrennot
oder hoichzeit solichs erforderten. Mone anznger 8, 287 {Ver-
bindung mitlelrheinischer Schneider von 1520). es ist ein verhin-
derungsgrund beim gericht zu erscfmnen. Haltals 90t : hat acht
tage sich zu verantworten, und ist das es ime leibesnoth
oder herrennoth benommen hat, das er den hof nit gesuchten
hat. ueislh. 5. 479 (Unlerchasz 1380).
IIERRENPFERD, «.; herrenpferde, e^ut ÄcnV^s. Stieler 1441.
IIERKENPFLAÜME. f. eine vorzügliche pflanmenart.
HERRENPFLICHT, f. pflictd gegen einen herrn : kan ich aber
dorn herrn im übrigen auszerhalb herrnpflichten in etwas
bedient sein, so hat derselbe an mir einen willigen diener.
Simpl. 1, 309 Kurz.
HERRENPILZ, m. agaricm caesareus, der kaiserling. Nemsich
1,103. aber auch der Steinpilz und der Champignon tcerden so
genannt, vergi. herrenschwamm.
HERRENPLATZ, «k platz tco die herren sitzen : die knechte
und mägde, weiche gesondert von den herrenplätzen am an-
dern ende der langen tafel saszen. Immermann Af«ncA/i. 1,153.
HERRENQUITT, adj. homo sui arbilrii. Stieler 1494,
HERRENRECHT, n. rechtliche befugnisse eines lierren : fürsten-
und herrenrecht auf der einen seile, auf der andern gehorsam.
Kli.ncer 3,40; jeder hüte sich, dasz ihm seine träume nicht
die herrenreehle des geistes verringern. Freytag handschriß
3, 124 ;
jetzt komm an, dein berrenrecht zu pQegen!
ßcRGER 100* {Heloise an Abälard);
Burijund (. . . umarmt die Sorel und kuszt sie auf die slime).
mit eurer
erlaubnis, base ! das ist unser herrenrecht
zu Arras, und kein schönes weih darf sich
der Sitte weigern. Schiller Jungfrau 3, 3.
HERRENREITER, m. eques ducalis, satellitium. Stieler 1599.
HERHENROCK, m. toga praelexla, laticlacia. das. 1573.
HERRENROSE. f. narcisse. im fiassauischen. Kehreis 195.
HERRENS.\CHE, f. saclie, beschäfligung eines iterrn: sorgen
und wachen, sind herrensachen. Schottel 112o'; läge eines
herrn : bei derselbigen halte ich eine güldene herrensach.
Simpl. 3, 199 Kurz.
HERRENSACK, m.: herrn- süe slatssack, ßscus, saceüus in
qiw aera publica defeninlur. Stieler 1658.
HERRENSCHAFT, f.:
der general,
so hört ich, hat die ganze macht der Neger
zum Sturm aur cap Francois versammelt; morgen
soll der entscheidung blutgeweihter tag
der weiszen herrenschart ein ende machen. Eör:<er 2, '35.
HERRENSCHENKE, f. donativum. Maaler 219*. r^l. herren-
gabe.
HERRENSCHICHT, n. schicld, wenn mdU die gewerke, son-
dern der landesherr seWst das bergwerk bebauen läszl. Jacobsso«
2, 255'.
HERRENSCHLOSZ, n. scMosz eines herrn: zahme vögel
stehen einem herrenschlosz gut, denn hier soll alles ein
fröhliches zutrauen haben. Freytac handschr. 2, 341 ;
und der nordwind trug die klänge
sorgsam auf zum herrenschlosz.
ScffEFFEL trompeler 79.
HERRENSCHMECKER, m.. Ich mache mir auch eine sonder-
liche ehre daraus, dasz ich als ein plumper grober ker! bei
angesehenen herrn in groszen hiiusern wohlgelitten bin. ich
weisz wohl, da6z mir viele leute ein verbrechen daraus machen
. . . andere sticheln auf mich, mit verbittertem lächeln, sagen
HO wörtli, die auf ohrenbläser, Schmarotzer, herrenschmecker
und dergleichen zielen, a. mann im Tockenb. 261. das irort
meint einen, der die herren gleichsam riecht, aus- und aufspürt.
HERRENSCHNEPFE, f. scolopax gallinago.
HERRENSCHUTZ, m.: herrenschutz prolectio principum,
vulgo adrocalia armala, quod eliam landschutz dicitur. Stieler
1947.
HERRENSCHWAM.M, m. der Champignon, agaricus deliciostts.
SroscH kl. beitr. 64.
HERRENSCHWANZ, m. comites H taleUäium prindpis. Stie-
ler 1954.
HERRENSESSEL, m. seUa curulis. Rihel L». (1598) 9.
HERRENSITZ, m. sedes alicujus nobilis vel dynaslae. Frisch
1,446*: brenten da; dorf Pergen ab. und darin stunden
2 «IfKzleiii mler hcriensilz. d. stddleehron. 2, 224, 9.
nERRENSOLE — HERR EN WORT 1 1 4^2
HERRENSOLE, f. sole dte für die festliche' renlkammer rer~
sollen icird, als abgäbe. Hohsdorf luillisches salzwerk (1749) s. 24.
HERRENSONNTÄG, m. der sonnlag eslomihi. vgl. herren-
fasfnacht.
HERRE.NSPEISE, f. obsonium opulentum, coena cerealis. Stie-
ler 2079. rergl. herrenessen, herrenmahl.
HERRENSTADT, f. Stadt die einem herrn gehört , gegensalz
zur reichsunmittelbaren oder freien stadl: wo sie solchs in einer
herrenstadt gethan hellen, so würden sie hart gestraft (läszt
der I^ürnberger rat Schatzgräbern sagen). Tuchers bauvieisterbuch
286,14; dasz er möcht von hinnen ziehen mit leib und guet,
. . . wohin er woll, in herrn stell oder in reichsstetl. deulsdie
städtechron. 5, 200, 3.
HERRENSTALL, m. equile principis, aulicüm, auch fürsten-
stall, marstall. Stieler 2118.
HERRENSTAND, m. stand der herren, adlichen ; im engern
sinne der eines gebieters über seine unterthanen, eines regierenden
herrn:
darum beflügelt er bei zelten sein gemüth
mit läbr und mancher kunst, ist in der jähre blüth
und frühiing schon bedacht, den herrenstand mit ehren
zu führen, und das land des jenen zu gewähren,
wasz es von ihm gewartt. Koäpler 110.
auch stand der freilierrn {vergl. herr sp. 1I2S): einer vom adei,
dem der herrenstand angelragen wurde, sagte: er wolle
lieber under den edelleuten die Ihür auf- als under den frei-
herrn zuethun. Zixegref apoplüh. 1.328.
HERRENSTANDESPERSON, A.- kam noch in die letzte
mess , die denselben tag vor eine herrenstandsperson ver-
zogen und aufgehalten worden , welche kommen war, den
prälalen zu besuchen und ihre andachl daselbst zu verrichten.
Simpl. 3,383 Kurz; von einem cavalier und einer herren-
standesperson wird zier und kunsl im reiten erfordert.
BüTscHKY Palm. 97.
HERRENSTRASZE, f. : herban, herrnslrasze, landstrasze,
herrenweg, ria militaris, via publica, praeloria. Hesiscd 180.
HERRENSTUBE, f. conclare augu^tum, magnißcum. Stielee
2216. es ist gewöhnlich die trinkstube der geschlechter in einem
öffentlichen gebäude, einem rat- oder zunphause: eines jars, als
er abermals uf solche zeit hineinkompt {nach Rottureil) und
zu den ehrenmäler nach allem prauch uf die herrensluben
geladen wart. Zimm. chron. 4, 202, 32. — In den gasthäiisern
ist neben der gemeinen wirtsstube wol aucJi noch eine herren-
■ Stube oder ein herrenslübchen für vornehmere gaste vorhanden.
HERRENSTUHL, m. stuhl in der kirche, ßr den erb- und
gerichtsherrn des ortes bestimmt.
HERRENTAFEL, f mensa primaria, ehrenlafel. Stieler 190.
HERRE.NTAG, m. placüum, ad quod domino eundum est.
Haltaüs 902.
HERRENTISCH, m. an dem die herren sitzen oder speisen.
HERRENVOGEL, «i. der häher, corvus glandarius: herren-
vogel, hälzler, garrulus. Maaler 219".
HERRENVOLK, n. kriegsvolk eines herrn. Stieler 2387. Frey-
tac bilder (1867) 1, 58. 96.
HERRENWAGEN, «i.; der herreowagen, ein geslirn, plau-
strum pro sydere coelesli, arctos. Maaler 219*. vgl. beerwagen 3
sp. 762.
HERREN WASSER , n. vorzügHdies »asw: so habe man
diesen flusz {Belus) für ein beer und beilig oder köstlich
herrnwasser gehalten. Mathes. Sar. 2'.
HERRENWEG, m. landstrasze, vergl. oben herrenstrasze.
auch sonst, herrschaßUcher weg, weg den der herr fährt.- Frisch
1, 446".
HERRENWEIN, m. guter wein, wie ihn die herren trinken.
BremU:ches jahrb. 2, 115.
HERRENWERK, n. cptts domini, negotia principis, deinde res
lautae et opiparae. Stieler 2556. aber atich in anderm sinne,
werk das man für einen herrn thut oder thun musz: mit dem
andern hörn des gewalls stoszend die gewalligen herren, in
denen wenig kunst {wissen, bildung) ist, deren decrelal und
landrecht ist 'volumus, oportet' . . so kumpt hernach roub,
unbillich slür, gewerf, fründliche hilf, ungell, fronlag, herren-
werk, schirmgelt ... Keisersberc irrig schaf (1510) A3'.
HERRENWERTH, adj.: herrenwerlhe gülber, opponuntur
denen herrenlosen, caducis. Haltaus 902 {aus Scuilter).
HERRENWILLE, m. jtissum et mandatum prindpis. Stieler
2537.
HERRENWORT, n. wort und befehl des gAitters: ohne sein
ermunterndes herrchwort abzuwarten, stürzten die beiden
VI*
1143
HERRENWURST — HERRGOTT
HERRGOTTSSCHWESTER
1144
creaturen {Imnde) zwftclien seinen fiiszen in den hof hinaus.
Fbettag handschr. 1, 182.
HERRENWURST, f. Iiirnwunt , servelaluurst. Stieler 2588.
HERRENZECHE, f. zeche, die der Iterr eines bergwerks auf
seine koflen baut. Jacobsson 2, 255*.
HERRENZEICHLEIN, n. primula officinalis. Mdralt eidgenöss.
litsigarten (1715) 37. 97.
HERREiNZlNS, »i. änkünße des herrn von einem zinshofe:
was das gericlit und die voglyc ist , was nulzung der in
den .«selben gerichten hat, da? ist herren zins. ueislh. 1, 197
(s/. Gallen von 14C9).
HERRENZIPPEL, in. myosurus niiniinus, mäuseschwänzchen,
eine kleine pßanze. Nemmch 3, 6S6.
HERRGOTT, m. zusammenrückung von heir und gott (ly/.
unter herr sp. 1135), in folge des.<:en mit der belonung herrgott,
tcelche theilweüe den rückgang der form zu berget veranlaszl
(belege unten) ; Schweiz, berget, iise liebe herrgett, gewöhnliche
benennung gottes Stalder 2, 39 ; bair. neben bergiid auch berged,
oberpfälz. härged Schm. 2, 231 ; in Appenzell Innerrhoden m/ das
uort sogar bis lu heget geschrumpft. Tobler 265". es wird
gebrauciü :
1) von gott:
und da sie in den sorgen waj,
unser hergot ir nit vergas. IJBhelkr 352 Merzdorf;
sitze fest, lieber herrgott, oder Rudolf {von Habsburg) wird
dir auch deinen stui noch einneinmen. Zinkgref apophlh.\,9;
die ärzt nennet er (Lulher) unsers herrgots fliciier. 244 ; von
groszen leuten pflegt er zu sagen : sie seien unserem herr-
gott eine grosze thorheil schuldig. 246; es stöhle einsmal
unseres berrgotts schusler das leder, und gäbe die schuhe
den armen umb gottswillen , und meinet auf diese weise,
er hätte unserm herrgott geld auf ein stück vom himmel
gelehnet. Schdppios 530; die einen riefen die heilige Jung-
frau an, die andern wandten sich direct an unsern herrgott.
Riehl cullurgesch. nov. 415; mit hinweis darauf, dasz gott geber
und herr unserer ganzen zeUlichen exislenz ist: die vor lauter
Tornehraigkeit nicht wissen, wo sie mit des lieben berrgotts
seiner zeit hinsollen. Wagner kindermörderin 28; veryl. unten
berrgottsboden, berrgotlsfrübe, herrgollssonne;
nein, denkt er, nirgends scheint docli unsers berrgotts sonne
so mild als da, wo sie zuerst mir seinen.
Wieland 22, 157 (Oberen 4, 21);
und aus den wölken, bhiiigroth
hingt der herrgott den kriogsinantel runler.
Schiller Wollenst, tager, 8. auflr. ;
es Ist ein gebot, du sollt den namen
deines herrgotts nicht eitel auskramen, das.;
unser herrgott ist so gnädig heuer;
hält ichs doch schon in fach und scheuer!
unser herrgott spricht: nl)er mir nit so;
es golleng ander auch werden froh. Gotiie 13, 78;
bisweikn werden in der Schrift die beiden bestandlheile des Wortes
gelrennt gesetzt, die mangelnde flexionsfdhigkeil des ersten theiles
deutet dennoch die enge zmamvienrnckung an :
Gretchen. mein bruder: gott! was soll mir das?
Valent. lasz unsern herr gott aus dem spasz. 12, 197.
«n puch ist herrgott! hengottssacrament,'«'o/*ei die beziehung
des Wortes auf Christus (unten 2) mit einspielt :• polz bcrgel, gnäd.
frau, seht ihr mich dann vor eine hur an? Simpl. 3,270 Kurz;
unbequemer neuer glauben I
wenn sie uns den herrgott rauben,
hat das fluchen auch ein end —
hiromel-herrgoit-sakrament !
II. FIeike supplemenihand s. 57.
dan Volk nennt das Wirtshaus einen ort, wo unser herrgott den
arm herausstreckt, einerseits darauf anspielend, dasz wtrtshaus-
seiclwn mehrfach an wagerechlen armähnlichen stangen befeslitit
sind, andererseits darauf, dasz namentlich wein und brol als
gaben unseres herrgotts rolksmäszig bezeiciinet werden ; spnch-
«örllich: er grtiszl gern, wo unser herrgott einen arm heraus-
slreckt. Simrock sprichw. 247.
2) herrgott, auf Christus bezogen (rgl. unten herrgoltsliraul,
berrgotlsschwcster). so in der redensart mit einem berrgotts
spielen, ihn quälen, mit hinsieht auf geiszelung und kreuzigung
Chrisü:
do man des hergoti mit mir spilt. fattn.sp. 338,33.
mH beiTgott meint man namentlich auch das geschnitzte bitd des
gtkreuiigien (tgL unten herrgottswinkel): erst schnitzt ihr euch
earen herrgott, dann kreuzigt ihr ihn. H. L. Wagnf.r kinder-
mörd'-t- •' • bergoltc nach ihm «chnilzen. Sim
rock sprichw. 247 ; sprichwörtlich in Baiern : unserm herrgott die
fiiesz abbeiszen wollen, sich über die maszen fromm und an-
dächtig gebärden. Schm. 2, 231, es ist dctbei an das inbrünstige
küssen des cruci fixes gedacht;
da ist dem kerl sein platz zu beten.
es tiiut mir in den äugen weh,
wenn ich dem narren seinen herrgott seh.
wollt lieher eine zwiebel anbeten
bis mir die thrän iu die äugen träten,
als ölTnen meines herzens schrein
einem schnitzbildlein, querhölzclein. Göthe 13,82;
seinen herrgott will ich runter rciszen
und drauszen in den gieszbach schmeiszen. 83.
hölzerner herrgott, Schimpfwort für einen steifen und kalten
menschen: was meineslu wol , liebs bäszgea, was vor eine
freud ich armes weih bei einem solchen bülzefneo berget
habe (sagt eine frau in bcziig auf ihren mann), ^mpl. 4,41;
holziger herrgott, rori einer .steifstolzen magistrat.sperson. Stalder
2, 39. — Volksmäsziycn belheuei'ungen, wie herrgott von Bend-
beim (Fromm. 4,402) liegt wol eine erinnerung an ein wunder-
Ihäiiges Chnslusbild eines solchen ortes zu gründe, andere wie
herrgott Ninive (ebenda) sind ganz entslclU.
3) lierrgott in freierer Verwendung, der plural herrgöttor steht
für hoslien. Strobel tienetei/r. 2, 386. Seidemann Th. Münzei'h;
für malerische ausführungen der göttlichen person: wer kann sich
erinnern . irgend etwas in der weit gesehen zu haben , das
seinen {}ficM Angelos) herrgötlern, propheten und Sybillen,
und vollends seinen seligen und verdammten gliche? Heinse
Ardingh. 1,337; die herrgötter von Michel Angelo könnt ihr
freilich nicht in der weit gesehen haben. 339 ; herrgott von
einem lieidnischen gotte: (als ich) ein kleines käinmerlein salie,
nicht ungleich einer kapeilen, darinnen dieser kranken herr-
gott Cupidon und seine mutter auf einem herrlichen zelten-
belt beisammen saszen. Puilander (1642) x. 105; herrgott =
götze: leute, nun hab ich ihn. er ist der frömmste herrgott
von der weit. Lenz 1,274; daher endlich auch im sinne von
falscher gott, teufel. J. Gotthelf 3, 429.
HERRGÜTTCHEN, n. : wie sie . . drauf iospfuschen, wie
kleine berrgöllchen. Fr. Müller 2,24.
HERRGOTTHOLZEL, n. artemisia abrolanum, eberraute ('jen-
seil der Donaii). Nemnich 1, 46C.
HERRGOTTMACHER, m. cruci fixmachcr. Schmid schwäb. wh.
274. in Baiern bergottleinmacher, bilder Schnitzer, herrgottlein-
trager, hausierer mit Christus- u. a. bildern. Schm. 2, 231.
HERRGOTTSÄCKERLEIN, n. an dci- Pegnilz ein stein mit
eingedrückten ammonshörnern. Schm. 2, 231.
HERRGOTTSAPFEL, m. schragenapfet, ein groszer, rotgefleck-
ler, süszer apfel. Nemnich.
HERRGOTTSB.\RTLEIN, fi. oreoselinon, bergeppich, kuchen-
schcl. Alb. CC3'. Nemnich kennt unter diesem namen drei
pflanzen: sanguiiorba officinalis, wiesenknopf, wiesenkraut; poly-
gala vidgaris, gemeine kreuzblume ; und phyteuma spicata, ra-
punzel, unseres lieben herrgotts bärtchen.
HERRGOTTSDEERLEIN, »i. sanguisorba. leulsch-lat. wörln-
büchlein (Nürnb. 1703) .<;. 18.
HERRGOTTSRLATT, n. chelidonium majiis , schellkraul,
schwalbenkraut. Nemnich.
HKRRGOTTSRODEN, «i. ; ir seil nicht eins sautrecks werd :
uff dem herrgolsboden sind nit iirgere lauren als ir seil
Garg. lUS'. vergl. olirn unter herrgott l s;). 1143.
HERRGOTTSRRALT, f für nonne, monialis. Stiele« 224.
HERRGOTTSBROT, m. die blute des roten klees. Nemnuu
Schmid schwäb. wb. 274. .Schm. 2, 231.
HERRGOTTSFRÜHE, f: am andern morgen war er .schon
in aller heirgollsfrübe auf den beinen. Simrock mährch. 133.
HERRGOTTSHÜHNCHEN, n. coccinella. blattlauskäfer , sonnen-
käfer, auf dem Kichsfelde ; anderwärts iierrgottskalb, berrgoll«-
kühlein, berrgoltsmiickicin; nassauisch hcrrgottslliiercben
(Kehhein 195); vergl. ferner unten berrgotlsvOgelcin.
HERRGOTTSHÜHNLEIN, »i. . iiiilcr herrgotlsbiihnle werden
alle gesangvögel verstanden, deren nester zu l)eraiiben für
Sünde geachtet wird. Meinkht volksl. di« dem huhländchrn
s. 401.
HERRGOTTSLÖFFEL, m. drosera rotundifolia . löffelkraut
NeMNicn.
HERRGOTTSSCHUH, m. eine pflanze, cypripedium calceolus.
euch Venu.%schuh, Marienschuh, pfaffenschuh.
HERRGOTTSSCHWESTER, f.: herrgoltsscbwestern offrl
lanl monidlcs, nc vuginrs fanrtimnninl -■-•::-...-.
1145 HERRGOTTSSONXE — HERRISCH
HERRISCH — HERRLEIN
114G
HERRGOTTSSONNE, f.: wann die liebe herrgottssonne
nieder auf die weit scheint. Fr. MjSlleb 1, 229. vergl. oben
herrgott 1 .«p. 1143.
HERRGOTTSVÖGELEIN, n. eoeeinella, blalllauskäfer ; in
Schwaben aber das johannisuürmchen, lampyris (Scbmid 275) :
kommt ans herzens heiligthiime
mir ein lied, so sei es klein,
klein, wie aus dem kelch der blume
fliegt ein herrgottsvöeelein.
J. Kerker gespräch im buchladen
(tcinlerblüihen x. 16).
HERRGOTTSWINKEL, wi. : der Sonderling von ehemals
würde seine freude daran gehabt haben, so viele talentvolle
und lernbegierige Jünglinge ... in der sonst beinahe ängst-
lich gemiedenen stube mit dem kleinen krucifix im herrgotts-
winkel zu sehen. Felder Sonderlinge 2, 76. der ehrenpiatz
im berrgüttswinkel 1, 98.
HERRICH, in dem ausrufe potz herrich, vol eine verslüm-
melung ton herr Jesu : da sehn sie nur her, wie sie mit mir
umgegangen sind! potz herrich! wenn sies ihren guten
freunden nicht besser machen. Wieland 11, 1S8 ; einen tbaler?
sagte Pedrillo. potz herrich, gevatlerin ! ich glaube du hast
noch nicht ausgeschlafen. «.230; potz herrich, sagte Pedrillo,
dabist eine vertrackte arUdie leute zu bedienen! 12, S8.
HERRICH, adj. in Schwaben, der sich ein ansehen zu geben
weisx, ansehnlich. Schmid 274 ; auch bei Frank : das sy vor Zei-
ten ein herriche statt ist gwesen. wellb. 174'. in Würteniberg
auch gesund, kräßig ; ein herriches kind, das sich aufgerichtet
hält. ScftMiD das. — Vielleicht ist das worl nur eine rerdunkelte
zusammenrüchmg ron vihd. her und rieh, die üßers verbunden
vorkommen :
ej was Liudglr
üjer Sahsen lande ein richer forste her. Nib. 139,2.
HERRICHTEN, rerb. l) einem dinge die richtung herwärts geben :
richte deine äugen her und sieh; der feind richtet seine
geschütze her auf die Stadt.
2) etwas für den gebrauch darslellen: richte deinen weg für
mir her. ps. 5, 9; um ein einfaches gesundes deutsch daraus
wieder herzurichten. Tieck nor.-kranz 4,3.
HERRICHTLNG, f.
HERRIECHEN, rerb. herspüren, flüchtige bekannlschaft ma-
chen, sich flüchtig zeigen: so? roubme Dorchen hat kaum her-
gerochen, und rängt schon Schelmereien an? Weisze kom.
op. 3, 194 {drnlekr. 2, 3).
HERRIG, adj. s. drei-, ein-, zwei-herrig.
HERRIN, f. domina. im mhd. unbekannt, und durch vrouwe
frau vertreten; ein ahd. herra hera, dominairix (Graff 4,993)
ron nur geringer ausbreilung und bald wie es scheint, wieder er-
loschen, ist mit herrin der bildung nach nicht zu rergleicJten.
das wort kann ror dem 16. jahrh. nicht nachgeiriesen werden;
dominus ein herr, . . . domina ein herrin. Dastp. ; trie es scheint
verdankt es seine entsteintng nur dem bedürfnis, für la!. domina,
franz. dame, ital. donna, eine etymologisch durcitsichtige deutsclie
ftbersetzitng zu finden, diesz deutet wenigstens auch Stieler an,
der 812 zu herrin ausdrücklich die entsprechenden romanischen
Wörter aufführt, das wort bleibt in eingeschränktem gebrauche,
gewöhnlich der edlen spräche, in der bedeulung herscherin, ge-
bieterin ;
Isabella, wars nicht don .Manuel, den der seher nannte?
böte. so ist es, herrin, das war seine rede.
Schiller br. v. Messina (5, 209 Kwi) ;
die geliebte, die herrin meines herzens ; die frau, die herrin
des hauses; Ottilie war indessen schon völlig herrin des
haushaits, und v\ie konnte es anders sein, bei ihrem stillen
und sichern betragen. Gotbe 17, 90.
HERRISCH, adj. und adv., mhd. heriscb und bersch, mehr-
facher bedeulung.
1) einem lierrn gehörend, einem gebieler eigen : meine aug-
braunen sollen über euch herhangen wie gewilterwolken,
mein herrischer name schweben wie ein drohender komet
liber diesen gebirgen. Schiller räuber 2,2;
enlflieheo will ich herrischem begehr.
Gries Tusso« Jeni?. 19, 89.
ausherriscb, einem fremden landesherrn unlerthan. Schji. 2, 231 ;
vergl. dreiherrisch, einherrisch.
2) einem herrn gemdsz, herrenmäszig : glorificare hersch machen
Dief. 266"; sich herrisch halten, impenum in omnes exercere.
Stieler 813; herrisch reden, hochdeutsch sprechen (in der schriß-
sprache im geqensatz zur mundart^. Schm. 2,231; halb herrisch,
halb bäurisch, halb leinen, halb schweinen, Sprichwort, durch
welches man das a/feclierte und ungeschickte rornehmthun mancher
leute zu bezeichnen pflegt, das.; so ist mancher so beschaffen,
dasz er sich mit einem herrischen mantel oder ehrenrock
behängt . . . Lehmann ISO; so war ich auch viel zu faul
oder bedunkte mich viel zu herrisch , vermittelst meiner
unsichtbarkeit hier und dort nach und nach pfundweis so viel
zusammen zu stelen , bisz ich zu centnern gelangt. Simpl.
4,130 Kurz; kommt aber einer mit trutzen und nimmt die
einkehr bei mir gleichsam mit bochen und einer herrischen
bottmäszigkeit, so gedenke ich: bolla, diesem kerl ist der
beutel geschwollen, dem must du schrepfen. 3,52;
zum dienen bist du gar zu herrisch.
Arnim schaub. 1, 104.
3) davon ausgehend wie ein herr auftretend , gebietend , be-
fehlend: Göthe, welchen dieser streit der meinungen einen
augenblick von der poesie abgewendet hatte, ward bald durch
einen herrischen beruf wieder zurückgeführt. Göthe 46, 105;
die Phantasie in meinem sinn
ist dieszmal gar lu herrisch. 12,229;
Cupido, loser eigensinniger knabe,
du batst mich um quartier auT einige stunden ;
wie viele tag und nächie bist du geblieben,
und bist nun herrisch und meisier im hause geworden.
29, 2lb ;
von aller herrscbafl, die auf erden waltet . . .
ist eine nur, je herrischer sie schaltet,
um so gepriesner selbst der freiheit söhnen :
es ist das königtlium, das nie veraltet,
das heilg-« reich des guten, wahren, schönen.
Uhland ged. 121 ;
die freier, die hier obwalten so herrisch.
Odyssee 20, 234.
4) ans der vorigen bedeulung entwickelt sich die zum gebieten
und meistern geneigt, sich überhebend, stolz: ein herrischer sinn,
animus elatissimus. Stieleb 813; ein herrisches gemüthe, ani-
mus imperiosus. Steinbach 1,742; herrisch befehlen, imperiose
praecipere. das.; gräfin, baronesse, fürstin, . . die du nach
weiblicher vseise immer noch herrischer gegen die sklavin
bist als gegen den Sklaven. J. Paul flegelj. 1,143; nur eine
einzige fieundin brachte die abende bei ihr zu; diese war
aber schon herrischer und schulmeisterlicher, deszwegen sie
mir äuszerst misfiel. Göthe 25, 62 ;
von diesen trotzig herrischen gemüthern
sich meistern lassen, von der gnade leben
hochsinnig eigenwilliger vasallen,
das ist das harte für ein edles herz.
Schiller Jungfrau 1, 6.
auch nur prahlend stolz : ich bin kein dieb, der sich mit schlaf
und mitternacht verschwört, und auf der leitet grosz und
herrisch thut. räuber 2, 3.
HERRJE, betont herrje, ausruf der Verwunderung und des
sclireckens, gekürzt aus herr Jesu: herr Jeh, nie schon! Lich-
tenberg 4,257; herrje, was schadet denn das? Reichenau
aus unsern vier wändrn 2, 158 ; erweitert herrjerum ! herrjemine !
s. jerum und jemine.
HERRLEIN, n. diminutiv zu herr, in verselnedenen bedeu-
tungen des letzteren.
\) nach herr i,d Jp. 1127 groszvater, ahnherr. herlin Pfeiffers
Übungsbuch 192; landschaßlich in Franken und der Obeq>falz.
ScBM. 2,231; im Hennebergschtn. Reinwald 62. Fromm. 2,77.
2) herrlein, der pfarrer (herr 3, c sp. 1127): auf iren kircb-
mesztagcn, da die gute cathol. berrlin wollen frölich sein,
und sich so vol saufen , das sie vor andacht vun bänken
fallen. Fischart bienk.\b\'; die liebe berrlin, wann sie über
ihren memento und secreten entschlafen. 179*; liebes benlin!
{anrede an einen pfarrherrn). Wickram rollw. 67,18 Kurz; jetzt
noch schwäbL<:ch , berrle, bairle, pfarrer, bei den kalftoliken.
ScBMiD 274; in Appenzell herrli, ein kleiner pfarrer. Tobleb
265"; bei Fischart herrlein audi von einem mönch. diehlungen
1, 180, 1879 Kurz.
3) herrlein, der junge söhn eines edelmanns, freiherrn, fürsten :
ums jähr 1340 halte Otto der jünger, herzog zu Lüneburg,
ein einiges herrlein, das spielete auf der brücken. Otbo133;
kont sich das herrlein (des mänsekönigs soltn) kaum erwehrn.
froscltmdus. D 1* (6. 1, cap. 2);
junge berrlein hodie infantes masculi comitum et baronum di-
cunlur. Stieler 812, der die bezeichnung fürstliche herrlein für
fürstensöhne als in abgang gekommen verzeichnet zu gumten des
halbwelschen prinzlein und junge prinzen.
11 r
HERRLICH
llEBRLinil
114S
4) hcrrlein in der anrede: aber doch, schönes hcirlen,
suge mir . . {:um junker vom niecr gesprochen). Amadis 49;
wülan kommt her, schönes hcrrlin, wo ich euch wolt für
mein bulen erkiesen, und der gefenknus freien, wollen ihr
nicht umb meinet willen desz königs Lisuarts hof verlas-
sen? 339.
5) i)erriein, kleines Clirislushild. Scrm. 2, 232.
HEUHLICH, adj. und adv. illushis, illuslre. ahd. herlib, v\hd.
herlich, Weiterbildung von hfir, nlid. hehr; aber schon frühe zu
lierro, herre, nhd. herr in beziehung gebracht, son-ol der be-
deutung nach, daher sdion ahd. neben insignu^ die Übersetzung
hcrilis (GtiAFF 4,994), als auch der form nach, indem die erste
Silbe des ivortes zundclisl sich kürzt (mhd. auch hirlich LE\En
tib. 1, 1257), dann auch graphisdi dem herr gleich gemacht wird.
Luther schon schreibt .ftcls herrlich, andere erinnern sich noch
des Zusammenhanges mit hehr durch die Schreibung herlich,
hehrlich, von de;ien die ersterc bis auf jetzt nictU untergegangen
ist: festus, feslivus, divus, celebris, gloriosus, beer, herlicli. Alb.
cc3'; opimus, foe.cundus, helirlich und reich, das.; auguste,
sancte, herlich. das.
Bedeutungen ro» herrlich.
1) vergl. hehr 1 sj). 7S9, freudigen gemüts , frühlich: sollte
ich nur mit i. f. g. widerwärtigen {feinden) herrlich sein, das
Iraurcn werde mir wohl wiederkommen. Scuweinichen t,294;
wann der tag der angst und noht einbrechen wird, werden
die bösen, geldfressendcn richter weinen und heulen, die
gerechten aber frülich und herlich sein. Butsciiky hd. kanzl.HI».
2) vergl. hehr 2 sp. 789, fori angesehener, hervorragender
Stellung, augustus, clarus, magmftcus, spectabilis (Maaler 219'):
ainer, was genant Steffan Hangenor, der was sicherlich auch
ain herlich, weis, wol personirter man. d. slädtechr. 5,198,5;
das du deinen knecht herrlich machest. 1 chron. 18,18; der
doch nicht ansihet die person der fürstcn, und kennet den
herrlichen nicht mehr denn den armen, lliob 34, 19 ; daher
hat die helle .. den rächen aufgethan on alle masze, das
hin unter faren beide ire herrlichen und pöbel. ks. 5, 14 ;
so doch ire kauflcute fürsten sind, und ire krämer die herr-
lichsten im lande. 23,8; ir aber seid klug in Christo, wir
schwach, ir aber stark, ir herrlich (evSo^oi, vulg. nobiles),
wir aber veracht. 1 Cor. 4,10; herrliche und adeliche per-
sonen, heroicac personae. Maaler 219' ; sage gott dank, wenn
du reich bist, dasz er dich . . durch reichlhumb herrlich
gemachet, pers. rosenth. 3,4; ich bin herrlich gnug, weil ich
vergnügt lebe. 1,19; in einem tilcl {vergl. unten henlicl'.keit 4):
was soll uns doch diese ungewöhnliche weise bedeuten, die
euerer herrlichen majestiit weder nutzlich noch rühmlich
sein kan ? Simpl. 2, 129 Kurz, mit dem nebensinne stolz (an die
bedeutung 10 streifend): er ist viel zu herrlich, achtet arme
leutc nicht, elatior animi est, quam ut cum pauperibus consue-
scat. Stieler 812. -
3) nahe an die vorige bedeutung rührt der begriff rühmlich
bekannt, hervorragend an rühm oder lugend, ausgezeichnet: du
hast deinen namen über alles herrlich gemacht durch dein
Wort. ps. 138,2; herr du hast dein volk allenthalben herr-
lich gemacht und gcchret. nehh. Sal. 19,21; er machte in
{den Moses) herrlich für den königen. Sir. 45,3; ein herr-
licher hauszvatter, der sein hausz wol und recht regiert,
oil«r in guter zucht und Ordnung iialt, homo domesticis insli-
lutu clarus. Maaler 219*; er ist ein herrlicher köpf, aculis-
simi), divino ingcnio praedilus est. Stieler 812; adverbial: \s\.
unser stund kommen, so wollen wir alle herrlich und christ-
lich sterben, imd uns die schand der flucht nicht anthun.
Zinkc.ref apopidh. 1,21. »i»c/i Götiie hat in diesem sinne: so
begann das herrliche kind (Ottilie) mit einem nnnli.i wind-
lichcn anmuthigcn ernst. 17, 3C9;
durch andre krftflc will
da» herrliche der menschheii »ich erhallen.
.SriiiLLKR Tclt 4,2;
MC man u(4 atuh heute noch durch fügungen wie: ein herr-
lirlirr mann! welch eine herrliche frau! die lugenden solcher
n hervorheben uill; vtil humoristischem anstrich: die wilrk-
■x/.en herrlichen kerls, die neben mir und über mich
••«ciiosgen sind wie ccdern Libanons. Wieland in Mercks
1, öl. mit entschudcner hervorhebung des glänzet und
kU «ei fortan deinen Ii.jiiIk' »orpcl
iii-n nnmcii will Ich licrrlicli mnchen
li. i lui.kieich; •ellg preiien •ollen dich
difl fpAievten ge»rhlechier. Schilli» /iinj/'r. 3, :>;
namentlich im fulgenden :
auf tod und leben wird geliämp.fl, und herrlich
wird mancher pass diucli blutige cntseheidung. Tclt 4, 2.
4) am liäufigslen von früher her bis auf die Jetztzeit uird herr-
lich verwandt um dinge zu bezeichnen, die nadi der äuszern
erschänung liervorleuchlen, in verwandter bedeutung mit prächtig,
nur dasz dieses mehr den glänz der erscheinung, herrlich die
Vollkommenheit, vorzüglichkeit ausdrückt :
dnr kömcn dö die recken und hiejen tragen dar
lierliche setelc von rotem golde gar. Mt. 530, 2;
nie getruogen mosro so raanig hdrlich gcwant. 721,4;
Iierlich, vulg. hochzeitlich, solcnnis. voc. ine. Iheut. i 4'; magni-
ficus herlich Dief. 343°; splendidus, scheinbar, glitzerig, herr-
lich Dasyp. ; butler bracht sie dar, in einer herrlichen schalen.
rieht. 5, 25 ; das er sehen liesze den herrlichen reichthum
seines königreichs. Esth. 1,4; eine liebliche kröne und herr-
licher kränz. Je.f. 28,5; sihe herab von deiner heiligen iierr-
lichen wonung. 63,15; wie ist die starke rule, und der herr-
liche Stab so zubrochen? Jer. 48,17; und saszest auf einem
herrlichen bett. //«. 23, 41; er hat in ehrlich und schön ge-
kleidet, und legt im einen herrlichen rock an. Sir. 45,0;
schickten herrliche geschenke in den tempel. 2 3/ücc. 3,2;
die in herrlichen kleidern und lüsten leben, die sind in den
königlichen höfen. Luc. 7,25; auf einem herrlichen zeltenbell.
Philander I (1042) s. 105; mit herrlichen präsenten. Simpl.
4,122 Kurz; traumele mich, ich wäre in einem herrlichen
pallast. ScBüPPiüS 544; ein so herrliches kunstwerk {eine grupjw
von staluen). Wieland 19,12. ähnlich in zahlreichen Verbin-
dungen, wir reden von einem herrlichen morgen, herrlichen
tage, herrlichen abend, von herrlichem weiter, wenn die natur
hell und glanzvoll sidi zeigt;
0 herrliche nacht, wie säumst du so lang,
da ich schaue der sterne lichteren schein
und höre volleren klang! Uhland ged. 8;
aus dem brautgemach tritt ein herrliche sonn. 21.
herrlich ferner von peisonen und lebenden wesen, die uns in
solchei- glänzenden erscheinung entgegentreten:
da? herlich gesinde via sich bi der hant. Nib. 737, 1 ;
dö kom die schoene Kriemhilt mit maneger hirlichen schare.
778, 4;
als nu die schlacht am heftigsten war, erschienen den fein-
den vom himel, fünf herrlicher menner auf pferden mit
gülden zeumen. 2 3/acc. 10, 29; darnach erschein im ein ander
alter herrlicher man, in köstlichen kleidern, und in einer
ganzen herrlichen geslalt. 15,13; wo ist nu die herd, so dir
befühlen war, deine herrliche herd? Jer. 13,20; ein schönes
weib nennen wir eine herrliche erscheinung;
noch seh ich sie — umringt von ihren frauen,
die herrlichste von allen, stand sie da;
wie eine sonne war sie anzuschauen.
Schiller 46" (bcgegnung).
6) nicht blosg aber auf das wahrnehmen durch das gesiciä,
auch auf jede andere sinnliche Wahrnehmung wird iierrlich in
gleicher bedeutung bezogen: das ist eine herrliclie musik! wir
sagen uol auch eine prächtige musik; die blume hat einen
herrlichen geruch; der herr wird seine herrliche stimme
schallen lassen. Jes. 30,30; da Tobias . . ein herrlich mahl
zugerichtet hatte. Tob. 2, 1;
doch siehe man kostet: ein herrliches hier! Göthe 1,2'27;
sorgsam brachte die mutler des klaren herrlichen weinos.
4U, 241 ;
ich höre dich, gewaltgo donnersiimme,
dich herrlichen Choral der wölken. Uhlanp ged. 169.
0) überhaupt ist herrlich alles, was empfiudung, gemfit und
geisl in besonderer, starker weise annmtei, etwa theils durch slaU-
lieh, theils durch köstlich, vorzüglich zu umschreiben : er hat eine
herrliche that gethan. 2 5fo.<!. 15, 1; gute arbeit gibt herrlichen
lohn, weish. Sa/. 3, 15; lieszcsl sie die sonne nicht vci-serren
auf der herrlichen reise. 18,3; viel herrlichs dings hat der
herr bei inen gethan. Sir. 44,2; auf diesen tag hat Israel
herrlichen sieg gehabt. 1 Macc. 4,25; umb seines herrlichen
groszen namens willen. 2 Macc. 8,15; zu loh seiner^ herr-
lichen gnade. Eph. 1, C {qrirch. «'* ^nntrop SöStjt T»/e X"-
Qtroi atrrov); zu der herrlichen freiheil der kindcr gotlcs^
Rom. 8,21 (rts Tf]v ilev{>e^iav rtjg (V.|f;« raiy tdxroyy tov
0-eol); werdet ir euch frewen mit unaussprcrhlichcr und
herrlicher freudcn. 1 VHr. 1,9 {K'tQq tnexXaXfrrv kaJ cT«-
ifoSrto/utji); postt und herrliche vcrsamlung oder «usamcn-
1149
HERRLICH
HERRLICH — HERRLICHKEIT
150
komuug des Volkes, conventus celeberrimus. Maai.eb219*; berr-
Ijche, eeiliche und unvvidersprechliche zeügausz, testimonium
atnplissimum. das.; herrlicher eiablick iu die geschlechter-
fügung der menschen. Hebder :ur rel. 7,135; herrlicher mulh
geht auf in der brüst des strebenden Jünglings. E. T. A. Hoff-
MAXN.S, 32;
{der köniy) ttiet
zu inen ein herrliche red,
ein so schöne oration,
dasz sich verwunden jederman. müchenkr. 1,"8;
wasz höldenthateu und wasz herrlicher geschichien
sie (die alten Deutschen) an dem feind verübt. Rompler 50;
was für herrliche träume dich umgaukelu. IIöliy S2 Halm ;
kühn ist das mühen,
herrlich der lohn. Göthe 12, 52;
und er redet nicht mehr die herrlichen worle vergebens.
40, 2S7 ;
der singet, das ist eine herrliche lusl. Uhlanb ged. 350;
ihr könnt fortlesen, wo der'vater blieb,
es kommen erst die herrlichsten geschichten. 159;
der paladin, wiewohl das herrlichste auf erden
zu hören und zu sehn von kindheit an gewöhnt.
WiELASD 17, 118 (Idris 2, SS) ;
das herrlichste, was ihr erstritten,
wie kommts, dasz es nicht frommen mag?
UuLAND ged. 92.
der comparativ in der form des posüivs : kein herlicher triuraf,
als . . BüTSCHKY kanzl. 72.
7) beispiele für den adverbialen gebrauch von herrlich in den
bideiUungen 4 — 6 : zeuch dich löblich und herrlich an. Hiob
40,5; die stimm des herrn gehet herrlich, ps. 29,4; der
herr ist könig, und herrlich geschmückt. 93,1; es stehet
herrlich und prechtig für im , und gehet gewaltiglich und
löblich zu in seinem heiligthum. 96, 6; zogen im entgegen,
und empfingen in herrlich. 1 Macc. 11,2; lebet alle tage
herrlich und in freuden. Lvc. 16,19; wenn er komen wird,
das er herrlich erscheine mit seinen heiligen. iThess. 1,10;
den hohenpriester hat er herrlich begabt. Reiszxer Jerus.
2, 47' ; in latinischer spraach herrlich beschriben , alebrala
latinis literis. Maaler 219"; ein zimmer herrlich ausputzen,
ample magnificeque triclinium exornare. Steisbach 1,743; Herder
dringt in das tiefere von Shakspeares wesen und stellt es
herrlich dar. Göthe 26, 75 ;
0 mei, du edler meie I
der du den grünen wald
so herrlich tust bekleiden
mit blümlein manigfalt. Uhland volksl. 117;
wurn {wurden)
sie überausz herrlich und schon
entpfangen von Sanguileon. mückcnkr. 1, 6S9;
wie herrlich und wie schön
der wölken körper anzusehn. Rbockes 2,5;
und die freie seele schimmert
zu der höhern geister chor
immer herlicher empor. Voss 4, 85;
herlich schöner maienmond! 165;
herlich lacht des mädchens blick! 167,
alles geht herrlich und gut. Göthe 1, 227 ;
und herrlich, in der Jugend prangen,
wie ein gebild aus himnielshöhn,
mit züchtigen, verschämten wangen,
sieht er die Jungfrau vor sich stehn.
Schiller glocke v. 62;
in einer aUilterierenden Verbindung:
morgen, o festlicher tag,!
morgen entschwebe
herrlich und hehr der nacht! Borger 77'.
8) herrlich, adjediv und adverbial in ironischer Verwendung:
da aber David wider kam sein haus zu segenen, gieng im
Michal die tochter Saul er aus im entgegen, und sprach,
i'l,!."^''''''*^'* '?' ''^"'^ *^"" '^önig von Israel gewesen (ri
öEoSiaarai ai^uegov 6 ßaadevs 'laoat'ß sepluag.), der sich
für den mägden seiner knechte entblöszet hat, wie sich die
losen leute entblüszen. 2 Som. 6,20; wie macht sich der
gcist so unnütz über dem wort und namen sacramcnf , da
hat die saw ein panzer an, schände ists, das mau davon sol
handeln, aber doch, weil der geist so herrlich her feret
Luther 3, 62'.
9) abgeschwächt wendet sich herrlich «n adveibialer Stellung zur
bedeutung ungemein, höchst, sehr: sage mir, hat dieser bawer
nicht herrlich gnug verdienet, das man im den pflüg wol
keilete? Luther 3,56*; aber meine lieben schwermer ver-
achten mich so herrlich, das sie mich nicht werd halten... i
338'; hie trotzt man tnir aus der maszen herrlich. 343';
hierüber lachten die gaste überausz herrlich. Schuppios 544;
nimm hier mein schooszkind hin, und rieht es weiter ab,
ich kan dir meine gunsl nicht herrlicher verpfänden.
GCSTHER 515.
10) direcie anlehnung von herrlich an herr ist da erfolgt, wo
es (ausgehend von der bedeutung 2 oben) das herrenmäszige, einem
herrn ziemende oder eigene auszudrücken hat, wie mhd.
dö sprach der starke Sifrit mit berlicbem site:
swenne ir jagen wellet, da wil ich gerne mite.
mb. 856, 1;
der herre herliche lac. Iwein 6448;
nhd. dominicalis herlich, nd. herlick Dief. nov. gloss. 140'; die
armen {weiber) sind oft stolzer, herrlicher, und regierischer,
denn die reichen. FaEnER lob u, Unschuld der frauen; wenn
sie gleich stolz ist , was acht ichs , ich bin vor mich auch
herrlich {sagt eine dienerin »n iltrer Iterrin). engl. Imvi. 2, Pp 3 ;
was nützlich öfters ist, ist allemalil nicht ehrlich;
was bäurisch etwa nützt, nützt allemal nicht herrlich.
LoGAü 1, 194.
das reichliche, luxuriöse zeigend, was mit dem begriff des Iterrn ver-
bunden ist: in denen auszgaben, welche nicht leicht wieder-
kommen, ist es zugelassen köstlicher und herrlicher zu sein.
SCHLPPIÜS 739.
11) henlich, einem herrn gehörend, dasselbe ausdrftckend was
herrig und herrisch 1 (sp. 1145): herilis herlich, heerlich Dief.
275'; es sei in was weg es wöll, von königlichen, fürst-
lichen, henlichen ständen. Paracelsos fr/)p. 2, 232* ; herrliche
gerichte wurden vordem im hofe oder im hause gebalten.
Mose« osn. gesch. 1,15. vielfach in compositen: alt-, bann-,
dienst-, frei-, grosz-, haus-, ober-herrlich «. a.
HERRLICHEN, vcrb. : hie verspricht der herr : ich will vor
allen engein und menschen ihn mehr und mehr herrlichen.
ScRivER seelensch. 1, 489.
HERRLICHFRUCHTBAR, adj.: herlich-fruchtbahregewächse.
ßcTscHRY kanzl. 414.
HERRLICHKEIT, f, mhd. herlicheit, in mehreren bedeutungen
von henlich ausgebildet.
1) freude, fröhlichsein {nach herrlich l) : die leute hatten eine
gewaltige herrlichkeit mich wieder zu sehen. Woldemar 28;
die lebhafte empfindung des schönen kündigt sich durch glän-
zende herrlichkeit der äugen an. Käst 7, 381.
.2) glänz, das glänzende utid prächtige der erscheinung.
a) von der glurie gottes und Christi: des morgens werdet ir
des herrn herrligkeit sehen. 2i/os. 16, 7; du hast angehaben
zu erzeigen deinem knecht deine herrligkeit und deine starke
band, b Mos. 3,24; sehen des herrn herrligkeit nicht. Jes.
26,10; mache dich auf, werde Hechle, denn dein liecht
kompt, und die herrligkeit des herru gehet auf über dir.
60,1; denn dein ist das reich, und die kraft, und die herr-
ligkeit. Matth. 6,13; da des menschen 'son wird sitzen auf
dem stuel seiner herrligkeit. 19, 28 ; hellen sie den herrn der
herrligkeit nicht gekreuzigt. 1 Cor. 2, 8 ;
hat denn den herru der herrligkeit
der menschen grosze sündenmacht
nun endlich in das grab gebracht. Schüppids 950;
0 gott der macht und herrlichkeit! Gellert 2,145.
die herrlichkeit des himmels, des ewigen lebens; er zeigte
ihr, wie heilsam es sei, einen solchen fehler in der zeit
abzubüszen, und dafür dei:einst die kröne der herrlichkeit zu
erwerben. Göthe 20, 271.
b) herrlichkeit der menschen, ihres äuszern auftrelens , ihrer
guter und Wohnungen: erzelet inen die herrlichkeit seines
reichlhuras und die menge seiner kinder. Eslh.b,n; wo ein
könig viel volks hat, das ist seine herrligkeit. sprichw. S<jI.
14,28; wol mir, so die übrigen von meinem saraen sehen
werden Jerusalem in seiner herrligkeit. Tob. 13, 19 ; zeiget im
alle reiche der weit und ire herrligkeit. Matth. 4, 8 ; ich sage
euch, das auch Salomo in aller seiner herrligkeit nicht be-
kleidet gewesen ist, als der selbigen eins. 6,29; alles fleisch
ist wie gras, und alle herrligkeit der menschen, wie des
grases blumen, das gras ist verdorret, und die blumc abge-
fallen, l Pctr. 1,24; soiiehs alles (eine grundsteinlegung) be-
schach mit ainem triumph und ainer sondern herrlikait.
Zimmer, chron. 1, 272, 11 ; der künig hat bisz in tausent und
V. c. weiber am hoff zu allerlei arbeit, allermeist zur herr-
ligkeit. Frank weltb. 219'; leuischer nation herlichkeit. litd
eines buchs von Qcad von Ki.NkELSAca 1609; (Fiordimona) bat
1151
HERRLICHKEIT
HERRLICHKEIT — HERRSCHAFT 1 152
mich nicht so lange schniachlen lassen , ihrer macht und
lierrlichkeit bcwuszt. Heinse Ardingli. 2,42; liesz uns ganz
bequem kaiser und künig ... in aller ihrer herrlichkeit be-
trachten. GüTUE 24,305; hier hatte man glücklich bedacht,
dasz die auszere herrlichkeit der weit, seit einer reihe von
Jahren, sich immer mehr in die höhe und breite ausgedehnt.
das.; die materielle herrlichkeit der {franztisischcii) kaiser-
periode. H.Heine 6,17;
die beschairenheit
der crealur und ilire herrlichkeit. Brockes 2, 3 ;
was ist des lebeiis herrlichkeit?
wie bald ist sie verschwunden I Gellert 2, 20S ;
[lebten) den mai, den junius hindurch
in herrlichkeit und freudeu. Höltt 2S IIuIih ;
dasz sie die herrlichkeit
des hoTs von st. Germain bei mir vermissen,
Schiller Sluarl 2, 2 ;
auch hab ich weder ^ut noch geld,
noch ehr und herrlichkeit der weit. Götue 12,30;
obschon ein grober rauher stein ein gülden gefäsz entzwei
schlaget, wird dem steine dadurch keine grüszcre herrlich-
keit zuwachsen, pers. rosenth. 8, 13 ;
wie ward mir, königin !
als mir der saulen pracht und siegesbogen
enigegenstieg, dos kolosseums herrlichkeit
den staunenaeu umlieng. Schiller M. Stitail I, C;
die dichiung lebet ewig im gemüthe,
gleich ewig in erhabner herrlichkeit.
UuLAiND ged. 144.
c) herrlichkeit, glänz, strahlende schönlieit der nalur : der
frühling war in seiner völligen herrlichkeit erschienen. Götue
20,3; wenn aber früh die sonne in ihrer stillen herrlichkeit
aufgebt. Hebel scIialzkäMl. t ;
es strahlet durch der ölTnung dunkelheit
uns (von der sonne) eine helle herrlichkeit
Qicht ia das aug allein, zugleich auch in die seele.
ÜROCKEs 2, 9;
wo blieb die erde weit und breit
mit aller ihrer herrlichkeit! Götue 1, S8.
3) herrlichkeit, ein herrlicher, glänzend schöner gegenständ:
dessen (des von Greifenklau) wlttvve noch zuletzt diese herr-
lichkeiten (ein schlosz mit prachtvoller einrichlung und aussieht)
mit ungebandigter lust genossen habe. Götbe 43, 294 ;
wie sollte mir die kette stebn?
wem mag die herrlichkeit gehören? 12, 143;
lebeiidgen theil von ihrem leben,
ihn bat nach leisem widerstreben
die allerliebste mir gegeben,
und jene herrlichkeit (scideier, halsluch) wird nichts.
1,48;
was ich Tür herrlichkeit geschaut,
mit still anbetendem erstaunen. Uuland ged. 400.
4) herrlichkeit, Übersetzung des lateinischen majeslas, nament-
lich sofern dieses litel oder beiworl einer regierung oder obrigkeit-
licher personen insgemein bildete: majeslas herlichait, groeszheit
DiEF. 344', vergl. Haltaus 902; die herrligkeit, hochwirde,
majeslas, ampliludo. Maaler 219'; daher als litel der obersten
ratsherrn in Augsburg und Ulm bis zur anflosung der alten reiclis-
Verfassung. Scujiid schwdb. wb. 275; auch in Nürnberg. Fhiscii
1,445'; in neuerer zeit unmittelbar auf heiT bezogen und an
herrlich 11 angelehnt: eure herrlichkeit, excellentia, ampliludo,
dignitas, et hodie etiam dominalio vcslra. Stieler 812 ; ew. herr-
lichkeit das englische your lordsliip uidergebend :
ihr wünschtet heut gewiszheit eures Schicksals;
geniszheit bringt euch seine herrlichkeit,
mjlord von Iturleigh. Scuiller Maria Stuart I, 7;
sonst freier verwendet:
herr riiter, («pricht zu unserm paladine
sein neuer freund, und streckt sich neben ihm ins grüne)
was eurer herrlichkeit in ihren adcrii (Icusit,
ist wohl kein blut? Wirland l7,'J*i [IdriK u. Zenide 1,49).
in der anrede an einen grafen: ohnhezweifclt wissen eure herr-
lichkeit doch den Iclzlen streich mit dem abl. Fr. Mi^ller
3,340; man siehls eurer herrlichkeit auch sehr an. 342.
5) herrlichkeit, gereclUsame, befuynisse eines herrn. Haltauk
002; hcrlichkcil, dominalio. voc. ine. Iheul. il'; dasz er in
sein gcrichle und herlickcit gegrifTc^i habe. Ueiirend Magäcb.
fragen 223; doruinmc beiszel is lei)ircnle, dasz ein man im
die herlichkeit behelt zu seine lebin (das verfügungsrecJU , so
lange er lebt). i:,-i, darnach hat kUnig i'i|iinu<« . . . dasscib
gullzliuitz uff dem bof sambt der statt Lucern mit aller vor-
gcnanter herrlichkeit dem gultzhusz zu Murbacli zu ewigem
eigenthumb geschenkt. Tsciiuoi 1,201; das haus eines mannes
ist bei allen Völkern sein heiliglbum geweseu. und so lange
aus demselben der gemeine friede nicht gebrochen wird, bat
eine blosze obrigkeit, welche nemlich ohne herrlichkeit ist,
kein recht, sich solches erölTaen zu lassen. Moser osn. g«6ch.
1, 12.
6) herrlichkeit, gebiet eines lierrn. Haltaus 903 ; herrligkeit
und gebiet, ditio. Maaler 219'; die herrlichkeit des römischen
reichs sich auch über den Rhein hinüber griffen hat. Micyll.
TacUH*; er (Scplimius Severus) liesz kein heiligkeit verkaufen.
S. Frank Germ, chron. 1538 30'; aus einzelnen reichsvogleien
waren edle herrlichkeilen erwachsen. Moser osn. gesch.l,xx;
den fünf berrlichkeiten Friesland, Mecheln, Utrecht . . .
SCHILLtR 787.
HERROLLEN , verb. : ich höre den wagen des marquis
über die slrasze herrollen. Tuümmel 5, 273.
HERRSCHAFT, f. donnnalus. alid. herskaf und hSrskaft,
mhd. herschafl; es ist, nie oben herrlich, aus dem adj. her,
hehr almus gebildet, und bedeutet zunächst doi hehrsein in dem
5/). 789 unter no.2 dargelegten sinne, eine bedeutung die ganz
rein im nhd. nur noch selten vorscheint, die erfolgte begriffliche
anlehnung des wortes an herr dominus, die sich aucli äuszerltch
in der seil dem 16. jahrh. allgemein gewordenen sclireibung herr-
schaft kund gibt, läszl den accent der bedeutung weniger auf
Vornehmheit , als auf das gebieten fallen (vergl. auch herrschen
unten).
herrschaft drückt aus
1) würde, vornehme Stellung: ahd. irö dignitas (herscaft).
Notrer ps. 91 (Haltemer 2,334');
mild, er was an rebter herschaft
aller keiser genöj. Tristan 103, 4;
nhd. und sasz (ein vornehmer bürger) in aller seiner herschaft,
gewalt und'ere inmaszen, als er vor ie gesessen was. deutsche
städtechron. 5,200,24; in hohen würden, herrschaften, staats-
ümlern oder andern zuständen von fürtrefflicher condilion.
BuTSCHKY Palm. 778. — grosze herrschaft treiben , von dem
aufwände, der mit einer solch vornehmen Stellung verbunden ist,
'herrenmäsziges' gebühren: der hell ain dochter, die gab er
dem vorgenanten Wieland und triben grosz herschaft, aber
es wert nit lang. d. städtechron. 4, 122, 12 ; itie niederd. : do
nam de junge keiser de junkfrowen to Rome. dar was de
hüchtid mit groter ere und herschop. 7,61,7; des anderen
tages wiede he mit herschop dal munster. 251, 3.
2) herrschaft , das herr sein , herrsciwn , bolmäszigkeit und
gewall über etwas {die ältere spräche braucht dafür häufiger herr-
scbung, 5. unten): dominatio tua in omni generatione et
generatione. unde din hSrscaft weret in allero chunnezalo diu
nu ist unde noh chumet. Notker ps. 144 (Haltemer 2, 49l') ;
herrschaff, Imperium, dominalus, herrschaft und gewalt, polen-
lalus. Maaler 219'; in cinsi gwalt und herrschaft gon oder
kommen, concedere in jus dilioncmque alicuius. das.; dominare,
herschaft tryben Dief. 190"; im ganzen lande seiner herr-
schaft. i kön. 19,9; ist nicht die heirschaft und furcht bei
im, der den frieden macht unter seinen böhesten? Uiob
25,2; dein reich ist ein ewiges reich, und deine herrschaft
weret fuf und für. ps. 145,13; hierdurch würden sie sich.,
aus der willkürlichen herrschaft unler den schirm der gesülze
versalzen. Lomenstein i4rni. 2,1251"; die einhüupligc herr-
schaft (monarchie). 1254'; ganz Asien wüste von keiner viel-
häupligen herrschaft etwas. 1255'; wenn aber auch anfangs
bei aufiichlung der slüdte nicht bald die fiirslliche herrschaft
gegründet würe. das.; daher dem Thescus . . nicht schwer
geworden, den .Minus seiner tuchler, nemlich der herrschaft
zu berauben. I25(i'; wo aber die herrschaft getheilet, und
die würde veränderlich würc. 1259*, u. ahnt, o/l; diu aussieht
von meinem zimmer ist bezaubernd. Rum liegt slill da, wie
ein friedlich Überbleibsel von der herrschaft der weit. Heinsk
Ardingh. 2,0; über einen die herrschaft haben, dominalionrm
habere in aliipiem. Steinbacu 1,741; (Wh kaiser) der die heii-
schaft der Römer über Urilaunicn festselzic. Moser osn. gesch.
1,152; stall Über von: die herrschaft von Ithaka. Bbciers
weUg. 1,315;
der crosioii hcidonnmin inusil er weichen,
und iicsz ihr dann die lipirschiilt auf dein men
Grik» '/'(Issü» hffr, JeiH.^. !■>
wer inacbel, da» du din herz und scie besilzcst, und regie-
rest in ungchtndericr hcrscbaft in gutem fiiden Kh'*»'r«rfiio
1153
HERRSCHAFT
bilg. 61* ; so lange unsrc Vernunft noch nicht enracbt, ter-
tritt die empfindung die stelle der Ternunft; und wenn sich
diese regt, hat jene schon bei den meisten ihre herrschaft
aufgerichtet. Gellest 6, 212 ; so werden eben diese neigungen
ihre herrschaft auch bald über unsre übrigen handlungen
ausbreiten. 355; strebe, mann, denn du muszt streben! in
raüsziggang wohnt nicht ehre: feigheit hat kein« herrschaft.
Hebdbr rei. 7,137; dieses haschen nach völliger Verhinderung
alles willkürlichen, das eine herrschaft des todteo buch-
gtabens zur folge hatte. Schlosser tceltg. 5, 405 ; diese wahr-
haft seekranken betrachtungen . . liesz ich nicht herrschaft
gewinnen. GOtbs 28,228;
die kluge herrschaft über xung und lippe. 9, 195;
dir i«t die herrschaft längst gegeben
in meioera liede, meinem leben. Uhla5d ged. 25;
Tor dieser unbedingten herrschaft beugen
der freiheit kämpfer sich und bluteszeugen. 121.
3) herrschaft, der bezirk, über den eine solche gewalt reicht,
das beherrschte' land, von dem reiche bis hinab xu dem kleinen
beiirke, auf dem der einfache edelmann obrigkeitliche und in
beschränktem sinne auch gesetzgebende gewalt halte: herrschaft,
herrligkeit , als weit einer ze bieten und ze verwalten hat,
dioecesis , ditio, principalus, under ein herrschaft oder gebiet
kommen, in ditionem venire. Maaleb 219*; (kaüer Octavian)
was uszer moszen gritig {gierig) noch gute und herscheften.
d. slädlechron. 8, 338, 19 ; es war nichts in seinem hause, und
in seiner ganzen herrschaft, das inen Hiskia nicht zeigete.
3 kvn. 20, 13 ; den fürstenthümen und herrschaften in dem
himel. Eph. 3,10;
nur sie allein empfangen
bemcbaften, gold, rühm und triumphesprangen.
Gbibs Tassos befr. Jerus. 8, 65;
nach dem heutigen sprachgebrauche gewöhnlich im verengten sinne
ein kleineres, nicht souveränes gebiet : Rauschenburg, herrschaft
und schlosz im Elsasz, den grafen von Leiningen-Westernburg
gehörig. HCb:<ers staalslex. (1764) 1696; mein freund ist, wie
sie wissen, aus der ersten familie des königreiches, seine
herrschaft gleicht an umfang manchem fürstenthum. Imher-
MASW Münc/iA. 4, 96 ; sprichwörtlich: es ist besser einem herrn
dienen, der eine herrschaft verthun, als der eine gewinnen
will. PisTORius thes. par. 3, 62 ;
liehe, von ihr sollt ein könig entstehn, so die herrschaften
Davids
m&cbtig schützen, und Israels erbe verherrlichen würde.
Klopstocx 3, 79.
von dem flusxbezirke des Rheins:
hat er {der Rhein), beklagend solche lieb
sich bald in sein gewölb beschlossen,
und solche zeherflüsz vergossen,
dasi seine herrschaft davon trüb. Wkcehsblü« 345. ■
4) herrschaft, der oder die über irgend ein gebiet getcalt
habenden; das wort steht ccllecliv oder nur auf eine person be-
züglich: des tags slugen die herschaft der stat Nürmberg
marggraf Albrechten vom feld . . erslugen und fingen im ab
vil ritter und knecht. d. stddtechron. 2,496,15; mit alle den
Sachen, dy an lip odir dy an gesunt odir an ere gingin,
clogit dy ein man ubir seinen vater vor gericht odir vor der
herschaft. Magdeb. blume 1, 50 ; mugin dy erbin seine torheit
{eines Selbstmörders Unzurechnungsfähigkeit) nicht beweisin , alj
recht ist, sein gut gevelt an dy herschaft. 81; in allen landen
hat er herrschaften geordnet, aber über Israel ist er selbs
herr worden. Sir. 17,14; brachten brieve an die könige und
herrschaften. l Macc. 15, 16; denn durch in ist alles geschaffen
. . . beide die thronen und herrschaften, und fürstenthümen
und oberkeiten (etra &q6voi e'ixa xv^wTTjres eXre a^X"-^ «t«
i^ovaiai). Col. 1,16; herrschaften, das ist, gwaltig herren,
der gwalt über ein volk, potestas. Maaler 219'; ob auch ein
unterthan , wann er von seiner obrigkeit gar zu hart be-
schweret wird, deszwegen ihr soll untreu werden, sich an
eine andere herrschaft hängen, und wider geleistete eid und
pOicht handeln? Schuppiüs 385; wiewol golt wegen alleriei
sünd und iaster, die herrschaften, land und leute strafet. 17;
junge herrschaft, princeps junior, filius comitis. Stieler 813;
obgleich die Pränestiner das gebiet treuer lateinischer städte
verwüstet hatten, wollte die herrschaft {der römische senat)
in ihnen keine feinde sehen. Niebühr 2,656; als unsere
höchsten herrschaften ihren oheim besuchten und auf dem
weitläufigen schlösse zusammenkamen. Göthb 17, 126; die
IV. u.
HERRSCHAFT — HERRSCHAFTLICH 1 1 54
allerhöchsten herrschaften {ein kaiser oder könig mit den güe-
dern seines hauses) ; fürstliche herrschaften; sprichwörtlich: herr-
schaften haben viel äugen und obren. Simroci ^tcAtr. 247;
mancher herrschaft sitz und viler beiden land.
WiCKHiBL» 238;
dasz mir jetzt und alle weile
meine berrschaft traue zu,
dasz ich nimmer spar und ruh
ohne rühm und ohne schein
treuer unterthan zu sein. Logad 2, 30;
wie od trat nicht die herrschaft schon berein I (in Weimar
iyis theater),
es ward gepocht, die Symphonie fiel ein. Götbi 13, 1S7.
tm engern sinne auch der besitxer eines ritterguts sowol für seine
person, als, collectiv gefasst, mit den gliedern seines hauses {wie
oben höchste, fürstliche herrschaften); vergl. grund-, guts-
berrschaft.
5) herrschaft, wieder zunächst collectiv, Standespersonen, tor-
nehme personen; diese bedeuiung geht von der vorigen direct aus:
anno domini 1396 umb pfingsten do kam in Ungern zusam-
men die gröst herrschaft, die leicht ie kain man gesechen
het, und sunderleich von Frankreich: dej berczog sun von
Burgony, der dej kungs von Frankreich vetter waj, und der
constabel von Frankreich (u. s. w.). d. stddtechron. l, 48, 16;
darnach aber wart er zu römischem könig erweit von den
churfursten zu Frankfurt . . do was grosz herrschaft. 399,21;
do zugen der küng von Ungern und der burggrauf von Nüren-
berg und grosz herschaft an die haidenschaft. 4,116,13; in
der zeit was auch grosze herschaft zu Costnitz an dem
bodensee, nemlich des babsts rät, des kaisers rät u. s. ie.
5,236,25, tergi 2S7, S; wie niederd. ed entoch nue keiser
mit so groter herschop van Rome, als he dede. 7, 72, 15, mä
so zahlreichem hohen gefolge; er lag für Lachis, und alle seine
herrschaft mit im. 2 cAron. 32, 9. in der neuem spracht aber
steht der begriff des gebieters zurück, nur die vornehme erschei-
nung ist betont: herzlich gerne, versetzte Wilhelm, trage ich
etwas zum vergnügen dieser vortreflRichen herrschaft bei.
Göthe 18, 269 ; als er in das neue schlosz gerufen wurde,
wo er hörte, dasz die herrschaft, die eben frühstückte, ihn
sprechen wollte. 275; er war ein gesetzter mann, der meh-
reren herrschaften auf reisen als Courier und führer gedient
hatte. 19, 236. eine Versammlung leute der bessern stände wird
heutzutage wol angeredet meine herrschaften ! ; der wirth (den
köpf voranstreckeud). ist es erlaubt, meine gnädige herr-
schaft? Lessisg 1, 528.
6) herrschaft, nicht im gegensatze zum unterthan, sondern zur
hausdienerschaft, zum gesinde; auch hier ist vorzugsweise das
vornehme haus gemeint : die junge herrschaft, die kinder eines
herren, filius herilis , in plurali, fiUi fiüaeque heriles. Fkiscu
1,445'; für die von ihro excellenz geforderten bemühungen
und dienste als hofmeister der jungen herrschaft. Rabener
sat. 3,21; meine herrschaft hört, dasz er durch sie verdrengt
worden, meine herrschaft weisz zu leben, und ich soll ihn
desfalls am Verzeihung bitten. Lessikg l, 521 ; 'wie heiszt
eure herrschaft?' wie sie heiszt? sie läszt sich gnädiges
fräulein nennen, das. auch von bürgerlichen dienstgebern : da
ist ihnen {den mdgden) ihrer herrschaft kost nicht mehr gut
genug, mägde-schlendrian {Leipzig 1729) s. 23 ; wenn köchinnen
zusammen kommen , sprechen sie von ihrer herrschaft. H.
Heine 12, 13. Sprichwörter: neue herrschaft, neue lehrzeit. man
findet keine herrschaft vollkommen. Simrocr sprichw. 247.
HERRSCHAFTEN, verb. regieren {mhd. h^rschaften. Lexer
wb. 1,1262): alle sind knecht der sund, und die sund herr-
schaftet sie, wie ir gott. S. Frank ...182. nd. herschopen :
do Nabugodonosor . . herschopen wolde aver al. d. städlechr.
7 9 13.
' HERRSCHAFTGEBEND, parL :
unter die menge greift er [Zeus] mit eigenwillen , und welches
haupt ihm gefallet, um das flicht er mit liebender band
jetzt den lorbeer und jetzt die herrschartgebende binde.
Scbillir dat glück r. 29.
HERRSCHAFTLICH, adj. der herrschaft gehörig: herrschaft-
liche guter, praedia dominica. Stibler 813; herrschaftliche
unterthanen, bediente; sollten sie mir in herrschaftlichen
auftragen, deren ich in jener gegend habe, an band gehen
können. GOtbe bei Scholl 173 ; wenn etwa das herrschaftliche
Silberzeug verkauft wird. H. Heise 6, 60. der herrschaft gemäss,
bn einer herrschaft üblich : befahl er mir auf eine recht herr-
schaftliche art. Felsenb. 1,20».
73
1155
HERRSCHAPTSANSPRÜGH
HERRSCHEN
1156
HERRSCHAFTSANSPRüCH, m.; das bündnis mit den mas-
seo gegen die berrscliafisaosprüche der aristokratie. preusx.
Jahrb. bd. 20. s. 269,
HERBSCHAFTSGEWALTIG, adj. herrschaftsgewalliges reich.
Platen 129.
HE«RSCHAFTSMÄCHTIG, adj.:
dem lierrscharismächiigen
zwängt die stirn blos ein meiallreil. Platkn 133.
HERRSCHAFTSMAGD, f. herren-, schloszmagd, ancilla heri-
lis, in aice vnnislrans. Stieleb 1210.
HERRSCHAFTSNAME. m der name den jemand von seinem
herrschii/lliciien ijebule jnlnl. Adelunc.
HERRSCHATFSWAGEN, »).. wir fuhren ans feiister und
sahen beim schein zivi-ier hellleuchlenden wagenlalernen
vierspännig, wüliihepiitiil vorfahren einen berrschüflswugen,
die lii'dieulen spian>;en vmn bociie. Güthe 23.140.
HERRSCHAFTSWAPPEN, n. wappen das jemand von dem
durch i.iH bihviiMlilfii (ffhu'le führt. Auklung.
HERRSCHAFTSWECHSEL, m. reyierungswechsd: die berr-
8ch:ifls«ecli«el in Sachsen, theol. liUeralurblaU 1807 s. 253.
HERRSCHAFTTHCM, n.: zu ordentlichen iandslädten in
irgend einem berrscbuftlhum. J. Padl vorsck, d. äslhet. 3, 74.
HERRSCHELIG, adj. und adv. nach herrensitle, herrenmäszig.
in der Schweii. Stalder 2,39 (vergl. naclüter berrscbeln): die
bäuser sind nicht herrscbelig, aber slaltlich, man siebt jedem
von weitem an, dusz darin ein gnler bauer wohnen mu?e.
GoTTHELF schuldenb. 2. s. baibberrscbeiig 5p. 204, und unten
herrschlicb.
HERRSCHELN, verb. den Herrn spielen, die sille eines herrn
verraten, nach einent herrn riecitcn, ein schweizerisches wort, mit
den nebenformen berrelen und herren. Stalder 2, 39. das
terbum hat (auf das herrenmäszige vergnügen der jagd ansjAelend)
auch die bedeutung wildern, nach wildbrel riechen, die schon
Maaleb angibt : herrscheien, ein geschmacli haben wie wild-
prSl, olcre ferinam. 219*. — ISach berrscbeln im eigentlichen
sinne bei Campe die berrscbelei.
HERRSCHEN, verb. imperare, regnare. ahd. hßrisön domi-
nari, principari (Graff 4,999), mhd. bfirsen, barschen, her-
gehen (Le.xer wb. 1, 1262), wie die vorigen worte direct von her
almus ausgehend, aber an herr dominus angelehnt; da/icr Notkers
Schreibung b4rres6n (px. 71, Haltemer 2, 25ü') neben b6risön
{ps. S8, das. 324*). es ist noch ein nachklang alter Verhältnisse,
wenn gloriari herschen, hirschen, herszen (Dief. 266') glossiert
wird, wobei hebr 1 sp. 789 zu vergleichen, die veigrüberung des
ableitenden Zischlautes läszt sich bereits aus dem ii.jahrh. nach-
weisen: bfersbin dominari. fundgr. 1,376', woneben sich scliwan-
kend das ursprüngliciie % halt : dominare herschen, bersen, her-
szen, iieirsen, birschin. Dief. 190', was auch noch in der zweiten
lidlße des I6.jahrh. erscheint:
von der stolzhaiten seuch
das si mich hersen nit. Melissus ps. GV.
Bedeutung von herrschen.
1) herr sein, als herr befehlen, gewalt eines herrn hohen, in
neueren Schriften wird ein erst spät scharf ausgebildeter' unter-
sdiied von regieren angefjeben, der sich dahin bestimmen läszt,
dasz herrschten das vermögen betont, seinen willen als herr gel-
tend zu machen , regieren dagegen eine Oberleitung , die nach
gesifhlspunlilen des Verstandes gcscIiiciU: er kann sich selbst
nicht regieren , wie wird er klüglich in seinem hause zu
herrschen wissen. Gellert bei Adelung; aulokratisch herr-
schen und dabei doch repuhlicanisch . . regieren ist das,
was ein volk mit seiner Verfassung zufrieden macht. Kant
1.28»; die frau soll herrschen und der mann regieren, denn
die neigung herrscht und der verstand regiert. 10,317. das
worl giU zunäcltsl von dem einzelnen menschen oder einer ge-
sammlheit und steht
a) nbtolul, herrsclier, regenl sein, die hiiclisle macht haben :
i»l Archilau« h^rxchile in Judea. Behaims evang.-buch, MaUh.
2,22 (LuTUEB kOnig war); lier »al harschen fiwiclkhen in
jicohts hAse. Luc. 1,32; der besitzt sin sele in lugenden,
der do durch gedult ein gerüwiges hcrKchen und gewaltiges
regieren het syner seien. Kei-ERSBEBC bilg. 61*; seinem »on
Seniaja wurden auch sflne gehorn , die im hause irer veler
herrscheien. LurnfeB 1 chron. 27,6; denn e» wird nllentholben
vol gollloicn, wo solche lose leule unter den menschen
herrsihcn. ps. 12,9 tcananle: wo die haucbdiener regieren
unter den ienten); er (goU\ herrschet mit seiner gewalt
ewiglich, »eine auiicn «cliawcn auf die Völker. 66, 7; er wird
herrschen von eim meer bis ans ander. 72, 8 ; die weltlichen
königc herrschen, und die gewaltigen heiszet man gnedige
herrn. Luc. 22, 25; dann es (das Schweizerland) für sich selbs
frei herrschet und niemand underworlen sein will. Frank
wellb. 64'; dasz du vor diesem bei dem ilusz Lano lierr-
scheste. Scuuppius 762; im pari, herrschend: demnach so
bewilligen wir dir von unser aller herrschender macht wegen,
und geben dir volJkoraraen gewalt . . Aybeb proc. 2, 2; ein
rabbi spricht
ir cristen, do tret an ein ort,
weicht in die winkel da uiul dort
und laszt uns auch herschen ein weil,
wann er ist iiil von liinn ein well,
hie stet er (der falsclie Messias) der fort wirt regiren.
f'iisin. Uli. 112, 4;
von solchem (der zu hause g^it (<') glaub Ich auch, dasz er
ror allen dingen
wol herrschet, und »ich (acc, s. unifii a) auch wo! herrscheu
lassen liann. Opitz 1,183;
herrschen freundlich und mit willen,
machi viel zwjgi und hader stillen. Scuottbl 1133*;
zu herrschen, ist dag meiste muster,
durch walfen, nicht durch paler naster.
LoGAU 2,111,62 (überschrieben: gewaltsame
herrschung);
er . . . üherzengte mich, dasz euch
allein gebührt, in En$;elland zu herrschen,
nicht dieser afterkönigin. Scuilleb Maria Stuart 1,6;
wie im reich der lulle
könig ist der weih —
durch gebirg und klüfte
herrscht der schütze frei. U'. Teil 3, 1;
nicht herscht durch fremder formeln düster
hinfort gericlitsherr oder priester;
das volksgesez wagt grad und gleich
gerechiigiieit für arm und reich. Voss 4, 222.
in bezug auf häusliches wallen:
holdlächelnd herscht an ihrer quelle (dorn punschnapfe)
die Wirtin mit erhobuer kelle. 4, 192.
ironisch :
mein theurer groszpapa, der lauter wunder Ihat,
herrscht, seit ich jung ward, in den lüften (ward gehängt).
LiciiiwER fabeln 3, 5.
in den begriff hausen, wüslen überschlagend: do die Engländer
alsus mit gewalte und one allen widersatz in dem lande
(Frankreich) herschetent. d. slädtecliron. 9, 818, 19.
6) mit der praep. über c. acc. : wan die vßrsten der lieiden
barschen ubir sie. Behaims evang.-bucli , Malth. 20,25; abir
sine burgßre hajjilen en . . unde spräcbin : wir wollen nicht,
das ^'s^'" hferscbe ubir uns. Luc. 19,14; laszt uns menschen
machen, .. die da herrschen über die fisch im meer, und
über die vogel unter dem bimel , und über das rieb, und
über die ganzen erde. Lltheb 1 Mos. 1,26; du wirst über
viel Volker herrschen, und über dich wird niemand herrschen.
5 Mos. 16,6; nicht du, sondern ein kOnig sei über uns
herrschen, l Sam. 12,12; der herr bat seinen sluel im bimel
bereit, und sein reich herrschet über alles, ps. 103, 19 (Va-
riante wird über alles regniren); kinder sind treiber meines
Volks, und weiber herrschen über sie. Jes. 3,12; wecitsctnd
rnit dem gen.: aber über ewr brüder die kinder Israel, .sol
keiner des andern herrschen mit der .strenge. 3 Mos. 25,46;
— herschen über ein kriegszhaufcn, duüare et ducklare exer-
cilum. Dasyp. ;
ich wohne wo mirs wohl gefällt.
ich herrsch über» wild und vogelheer,
IVücht auf d"cr erden und lisch im meer. Göthk ' "
so nimm doch zuvor ilie krone,
die du mir lieszett tum plaud !
mit wucher ich dir lohne.
sie herrscht nun über zwei land. Uuland ged, 394;
wenn du from bist, so bislu nngenenie, bistu über nicht
from, SU rüget die Bünde für der thilr. über las du ir nicht
iren willen, sondern herrsche über sie. 1 Mos.i,! (ranante:
sei du ybr herr).
c) mit dem dativ, gewalt haben über einen: bat dem lierrcn
gefallen, auch alles so das crtrich hegt und das wa^ser
beschlüszel, alles leben in die bond des menschen zil setzen,
dem zQ herschen. Scukof. sat. u.pasqu. :t, 2, 2; ein from weib
herscbet ihrem mann mit gehorsam. Scuottkl il3u';
ein welser herschct dem geMlm.
H. Dbant k#< SniNiiöw». 190 1
de <v'
dort
(OIUi
«piiie rAumcn,
I ! C,6iuM 33. 24«.
1157
HERRSCHEN
HERRSCHEN — HERRSCHER
1158
d) häufiger aber mit accusaliv, wie sonst beherrschen : welche
ihr weiber sich herrschen lassen, werden für verleüiubt
leichtfertig heiiosz menschen geacht. Frank tcellb. löi'; vor-
mals war der Venediger landschaft durch die landszTögt,
räth und hauptleüt zu Venedig geherscht und handgeliabt.
chronika 1531 1R7'; etlich werden von yren knechten geherr-
schet. lOl' und älinl. ö/ler; da schreibt er auch, dasz die
Vernunft ein brunn sei aller gesutz und reciilen, billich wirt
die Vernunft nit von inen geberrschet, sonder die geselz von
der Vernunft. Agr. spr. 269'; in was gestalt ens astrale den
menschen zu hersclien bab in seim leih. Paracels. o;}p. 1, 4C;
ein weiser mann herrschet das geslirn. 2, 37%B;
die hand kam hervor einst, und schrifl stand: dich wog Jova I
und es fand dich, der den weltkrei«, wie er will iierrscbt, zu
leicht, könig! Klopstock 6, '279.
2) hieran angeschlossen, ist ein herrschender blick, ein herr-
schendes gesiebt ein solclies, nie es einem gcbieter eigen ist:
aber mit berrscheudeni blic^ schaut ihnen Eloa ins antlitz.
Ki.oPsTocs 4, IIW:
ein solcher leib, ein herrschendes gesiclit
läszt häszllchen die kueciusihuli kleiner sorgen.
IIacedürm 2, lob;
aber weder so schön sah ich noch einen mit äugen,
noch so erhaben als ihn. er hat ein herrschen'les ansebn.
iiÜRGBR 2ub*;
auch herrschender wille:
diesz war mein herrschender wille. Klopstock 3, 69.
3) herrschen, übertragen ton zuständen, leidenschaften, ein-
richlunyen , die für längere zeit vor andern sich gellend machen
und einwirken: so lasset nu die sünde niiht herrschi-n in
ewrem sterblichen leihe, im gehorsam zu leislfii in seinen
lüsten. Rom. 6,12; der tod herr,«cbete von Adam an bis auf
Mosen , auch über die, die niclit gesündigt haben. 5. H :
gleich wie die Sünde geberrschet hat zu dem tode. aiso
auch herrsche die gnade durch die gerechtigkeit zum ewigen
leben. 21; anstatt da?z bei ihm ilas gute, wo nicht bestün-
dig herrschen, wenigstens die oberhand haben sollte, so
herrschet das bOse. GellertG, 49; sie konnte die Ordnung,
den geschmack, den geist, der hier herrsche, nicht genug
rühmen. GOthe 19,83; dieser .. saal, in welchem pracht
und reinlichkeit bei der grüszten stille herrschien. 25, J68;
liebster gott, wie angenehm, lieblich, sanft, vorgiiiigjich, frisch,
herrscht in dieser Iriililinifsblimie ein verwuinlerlicli gemisch
von roth, purpur, weisz und blau. Brockes 2, 6'j;
und ob ich schon aus Schwachheit fehle,
herrscht doch in mir die siinde nicht. Geu-ert 2, 123;
doch allgemeine ruh
herrscht weit umher im ihal und auf den höben.
WlELAHD 10, 162;
todesstille herrscht im lager.
Herder zur lilt. 5, 125 {Cid 29) ;
Melinde ist nicht mehr! die schöne liegt erblaszt,
rings um sie herrschet todesstille. Hölit is Halm;
sein antlitz strahlt, wie morgenroih;
auf nas und siirn herrscht macbtgebot. Borger 51';
rings herscbt ja dies,iiaiurg€sez (das recht des starkem).
Voss 4, 53;
liefe stille herrscht im wasser,
ohne regung ruht das meer. Göthe 1,73;
wo Sittlichkeit repiert, regleren sie (edh fniuen),
und wo die frechheit herrscbi. da sind sie nichts. 9,148;
was herrscht doch für ein hiizger »tern. ühlahd ged. 67,
mit der praep. über c. dat.:
alles entsteht und vergeht nach gesetz, doch ober des menschen
leDen, dem köstlichen schätz, herrschet ein schwankendes
loos. GöTUB 1, 3tt);
transüiv {vie oben l, d] : in was weg sie (die krankheüen) das
blut herschen. Paracels. opp. 1, 722C;
Unglück herrschet so die weit, dasz man auch sein toben,
«lasz es noch nicht ärger ist, musz mit danke loben.
LoGAü 2, 232*138;
ht ITk ** ''""<=.'" ''as glücke, wo weiszheit zwingt die fälle,
hat hochmuih kein gehöre, hat unmuth keine stelle." 3,38.95!
häufig im part. herrschend: herrschende vorurtlieile; bei den
jetzt herrschenden krankheilen; die augenblicklich herr-
schende ansieht; eine meinung, von energischen münnern
ausgehend, verbreitet sich contagios über die menge and dann
beiäzt sie herrschend. Güthe 23,209; vergl. vorherrschend;
mein herz entglfihet! herrschend und unirestüm
lieht mir die freude durch mein gebein dahin 1
KtOPSTOC« 1, 16.
im pari, geherrscht: nacbrichten über den vom 25. zum 26. d.
geherrscliten siurm. Weserzeit. 1&59, 4947.
4) herrschen, von bergen, gebäuden. dominierend aufragen:
in der mitte einer unzähligen menge kleiner Instwälder, über
welche dieses zauberscblusz herrschte. Wielanu 6.225 (2o2);
was aber auch sonst noch von geistlichen und well liehen
gebäuden dem äuge begegnen mag, der Joliannisberg herrscht
über alles. Göthe 33,256;
rings um diesz paradies
herrscht eine goldne bnlnsirade,
worauf in nriien von ruliin
die seltensten gewachs und schönsten blumen blfihn.
WiBLAno 17. 21t» (/'<'" 4. 14).
vgl, beherrschen.
5) berrsrhen, eliras auf gebietende, bestimmende weise Üiun:
doch plötzlich brausest du auch mit deiner linken hinunter
und herrschest zur Oberstimme den basz. Zacharü 2,259.
jetzt gewöhnlich auf gebieterische aufforderung bezogen: sei still!
herrschte er. vertfl. zulii'rr<elien.
HEKRSCHENS.\KT, f.: denn ihm und allen fQrsfen wäre
daran gelegen : dasz die Semnoner ihre alte herrschensart
behielten. Lohesst. Arm. 2,1278*; tcir würden heule reyierungs-
luilll sth/rtl.
HERU<CHE.\SKC.NSTE. /•. pL: Marbod, welcher die herr-
scli''ii«kni!sip von griinil nus versliiud. das. IISO'.
HEhltSCHENSSUCHT. f: da Tullia ;kh herrschenssucht
nicht ihres vaters, Huinulns nicht seines bruders verschonet.
das. 1255'. .^ herr-schsucht.
HERRSCHE.NSSÜCHTIG , adj.- herrscheossüchtige auf-
bläbung. LiiUENsT. Ann., ziu:chri i b 1*.
HERRSCHER, m. \) yeifielir, alid. h^risäri imprralor, mhd.
herscher und herscbi-r iLexer i. i2iio): dominator barscher,
herser, hirscher. ÜiEr. üid'; lier.<cher, dguasles, gubeniator,
duniiiiuloi. Ua-^vp. ; cuu gult und Chrishis: dreimal im jar sol-
len ersciieiiien für dem hei in dem herrscber, alle deine
inansbilde. 2 Mos 2:{. IT; herr unser lierrscher. wie herrlich
ist dein name in allen landen, ps. 8. lo; das gott herrscher
sei in Jacob. 59,14; berge zrrschnielzen wie wachs für dem
herrn , für dem herrscher des ganzen erdboden. 97,5; die
lade des bunds des herrschers über alle weit. Jos. 3,1t; ver-
leugnen gott, und unsern herrn Jhesam Christ, den einigen
herrscher. Judä 4;
unser gott flnt herser alles mechlig.
>l KL ISS IS ps. C4». C5»j
ich bin der treue zu geringe,
mit der du, herrscher aller dinge,
stets über mich gewaclii. Gellert 2, 150;
i'om salan: safan, der herrscher der hnlle. Kuscer 5,143;
ja, verlaszner, dein klagendes winseln, dein banges verzweifeln.,
ist nun deinem befriedigten herrscher ein liebliches opfer(icor<e
>les saians).
Klopsto« 3, 82 (.Mens. 2, 526);
von den souveränen fürsten: der herr bat die ruten der gott-
losen zubrochen, die ruten der herrscher. Jes. 14,5; und ir
fürst sol aus inen herkomen, und ir herrscher von inen aus-
gehen, und er sol zu mir nahen. Jer. 30,21; der zaar und
groszfürsl aller Reuszen, und ein herr und herrscher vieler
heerschaflen. pers. reisebeschr. 1,7;
kein herscher dieser well ist herscher der gedanken.
polit. tlockf. 106;
diesem ambosx vergleich ich das land, den hammer dem
herrscher,
und dem volke das blech, das in der miiie sich krümmt.
Göthe 1, 351 ;
ob einer im palast geboren,
in fürstenwiege sei gewiegt,
als herrscher wird Ihm erst geschworen,
wenu der vertrag besiegelt liegt. Udlahd ged. 100;
von andern geicalligen : herscher über die kriegszieüt, feldherr,
imperaior. Dasyp.; er (der kOniq) salzt in (Joseph) zum herrn
über sein haus, zum herrscher über alle seine guter, ps. I05,2i;
sprich, wie geschiebls, dasz [im tanse) rastlos imeut die bil-
dungen schwanken,
und die ruhe besteht in der bewegten gestalt.
jeder ein herrscher, frei, nur dem eignen herzen gehorcbet,
und im eilenden lauf findet die einzige bahn?
ScHiLLBE 1, 2t>7 Kurr.
2) herrscher, schwingen dei raubtügel: wann sie {die sperber)
den tropf inn gleichen {in den gelenken) der Hügeln oder her-
schern überkommen haben, so lasz im ein wenig blut ausz
der ader unter dem flügel oder herscher. ,M. Sebiz feldb. COS ;
73*
1 1 59 HERRSCHERAMT — HERRSCUERSTAB
dise falken . . (haben) breite flügelbogen, schöne sublilc Diig-
federn, lange berscher, und kurze dicke schenke!, dat.; lange
berscher. veidtc. 2, 21* ; flügel oder herscher. 2i'. vielleidil
liegt aber hier ein völlig anderes wort vor.
UERRSCHERAMT, n. ;
des Taters haupt vom stillen herrscherainie
XU bannen, rang unruhig; das geschlecht,
(Im mit dem Zeus aus Rheas schoosze stammte.
A. W. Schlegel im mutennlm. v. 1798 «. 50.
in besug auf eine hausfrau: setzte eine ehre darein, für den
raittagstisch ihr berrscberamt würdig zu üben. Frettag Imnd-
«An'/l 2,42.
HERRSCHERGESCHLECHT, n.: aus altem herrscberge-
schlecbte. Klinger 6,155; ein durch spräche, sitten und
gefühlsweise dem volke verwandtes herrschergeschlecht.
Beckers vellgesch. 6,411; vor dem herrschergeschlecbte der
üstgothen. Gervinus gesch. d. deutschen dichlung l, 25.
HERRSCHERGIFT, n..-
ob nicht vielleicht mein geist, gekrönt mit dir
T«m herrschergift der schmcichelschönheit zehrt?
Skaketj). sonelte v. Bodsnstedt no. 30.
HERRSCHERGRÖSZE, f. : Krösus, im stolzen gefübl seiner
berrscbergrösze. Schlosser wellg. 1, 126.
HERRSCHERHAÜPT, n.:
xum herrn bist du dich schuldig dem verwaisten laud,
weil du des andern berrscherhauptes uns beraubt.
Schiller br. v. MeBtina [h, 224 Kurz).
HERRSCHERHAUS, n. familie eines Herrschers : das a^ge-
•taminte berrscherhaus.
HERRSCHERHERR, m.:
denn schädlicheres begegnet nichts dem berrscberherrn
all treuer diener beimlicti unterschworner zwist.
GöTHS 41, 193.
HERRSCHERHOF, m. hof eines souveränen ßrsten. allg. anx.
dfr Deutschen 1840 s. 900.
HERRSCHERIN, f.: dasz tugendsame weiber sich sicherer
lieszen zu heiligen als berrscherinnen machen. Lobenstein
Arm. 2,1266';
EUtabeth. bin Ich
lur herrscherin doch nicht gemacht! der herrscher
must hart sein können, und mein herz ist weich.
ScuiLLSK M. Stuart 5, 9 ;
liebreiz und anmuth, süsxes kosen
und liebeln gab die herscheria iCylhere tum angebinde).
Voss 4, 26.
HERRSCHERISCH, adj. : E. hütet euch vor meiner gewalt
... . wenn ich vtelche von euren Schweinen auf der gasse
antreffe, so will ich ihnen gewisz mit meinen Tauslen die
kielen aus den ranzen prügeln , ich meine ihren besitzern.
U. nu, die Warnungen sind königlich und herrscherisch genug.
Lbssing 3, 64.
HERRSCHERKRONE, f.:
mit der goldnen berrscherkrone
schmückt sie ihr ambrosisch haar.
Schiller triumph der lieb».
HERRSCHERLICH , adj. : er (Nopo/eon) durfte als kaiser
abtreten, sein entsagen an bedingungen knüpfen, durch einen
vertrag mit den machten Europas sich auf der insel Elba
ein berrscherliches dasein sichern. Varnhagen Blücher 434.
HERRSCHERLING, m. herrscher, gebieter {mit verächtlicher
lubenbedeulung) : um der Unmenschlichkeit seines berscherlings
tu entgebn. Fichte fib. d. franz. revol. 340 ;
refetselt lahmt vernunTt
au'ch machigebot und zunft
der herscberiing und seher. Voss S, 211.
HERRSCHERMACHT, f: die tyrannen sahen sich, bei dem
überall wieder erwachten sinn für freibeit, in ihrer herrschcr-
macbt bedroht. Schlosser wrllg. 3, 81.
HERRSCHERPAAR, n. Beckers wellg. 7,36.
HERHSCIIEHPHliNK, m.
HERRSCHERREIHE, f. ununterbrochene folge von htrrtchern.
BiCKiRS weltg. 2, 346.
HERRSCHERSONNE, f:
dasz mondbelierschend der planet
(Ich um die lierichersonne dreht,
was iits, als recht des sttriiern? Voii 4, 53.
HERRSCHERSTAB, m.: das «cepter oder der herricber-
•Ub. ScsLotsER wellg. 1, )iO;
to die gAttlnl und mit wolgefsllen
winkt ihr Zeus und n«l(i den herrscbtritab.
A. W. ScatietL I, 47.
HERRSCHERSTAMM — HERRSCHUNG 1 1 60
HERRSCHERSTAMM, m.: die Wiedereinsetzung verdrängter
herrscherslämme. Beckers weUg. 14, 93 ; rest des herrscher-
stamms der Franken ! Gotter 3, 670.
HERRSCHERSTREICH, m.: so ein hcrrscherstrcich heilet
die narren von dem enthusiasrous der tugend auf lange.
Klinger 5. 397.
HERRSCHERTAG, m. lag an dem man herrscher ist: einen
gott und menschen wohlgefälligen herschertag verlebt zu
haben wähnen. Fichte über die franz. revol. xx.
HERRSCHERTHAT, f.:
auch mir ist alles wohl gerathen,
bei allen meinen berrscherthaten
begleitet mich des himmels huld.
Schiller riiig des Polykrates.
HERRSCHERTHATIGKEIT, f. • grosze Unglücksfalle in den
19 Jahren seiner (Afaic Aureis) regierung gaben ihm gelegen-
heit genug, seine berrscherlbatigkeit und seine neigung zum
wohlthun zu zeigen. Beckers weltgesch. 3,393.
HERRSCHERTHUM, n.: ehrgeiz des untergeordneten be-
schwert sich über die zwanglosen gewohnheiten des herrscher-
thums. Beckers weltgesch. 12,77; politischer fanatismus und
allgewalt des revolutionären heirscherthums. 13, 98.
HERRSCHERTUGEND, /■.; er weisz, dasz fesligkeit, aus
wahren grundsätzen entsprungen, die erste der herrscher-
tugenden ist. Klinger 11, 26.
HERRSCHER WILLKÜR, f: Nero rief stolz aus: er sei
der einzige von allen herrschern , der begriffen habe , wie
weit man die herrscherwillkür treiben könne. Schlosses welt-
gesch. 4, 226.
HERRSCHERWONNE, f: da sasz ein junger kaiser, der
sich mit jugendlicher herrscher^vonne in seinen neuen purpur-
mantel wickelte. H. Heine 6, 74.
HERRSCHERWÜRDE, f
HERRSCHGEIST, »?i..- herrschgeist schien ihm tin arb-
liches übel, kaum vertilgbar. Dya Na Sore 4, 5.
HERRSCHGEWALTIG, adj. : er war in der tliat der senior
des faszbinderordens, der herrschgewaltigste Student der
ganzen bocbschule. Riehl cuUurgesch. nov. 23S.
HERRSCH GIER, f. gier zu herrschen.
HERRSCHGIERDE, f dasselbe. Bütschky Palm. 694. 721.
HERRSCHGIERIG, adj.: ein herrsch- und goldgieriger fürst.
Kunger C,l84.
HERRSCHLICH, adj. zum herrschen geneigt, befehlshaberisck :
gnug herrschlich und gewalligklich oder meisterhaftigklich,
pro imperio. Maaler 219'; fandt mein valter nit mer so un-
richtig, wil er, alsz er aber klagen wolt und doch alle
überfliszikeit do war, ein guten filz von der fiauw Dorotha
Schenkenen , die auch half und ein herschlich weih war,
bekam. F. Platter 175. verschieden herrschelig o6en sp. II 56.
HERRSCHLING, m. herrscher {mit verdclitlichem nebeiuinne,
vergl. oben berrscherling):
der berrschling zittert auf dem morschen throne.
H. Heime werke, suiiplementbund i. 15,
HERRSCHLUST, f lust zu herrschen. Eschenburc handb, d.
class. lUteralur (1792) s. 314 ; die durch Schönheit oder herrscb-
lust ihn sich gewonnen hatte. Arnim 2, 156.
HERRSCHSUCHT, f imperandi cupido. Frisch 1,445': an-
sehen und gewalt suchen, um sie andern fühlen zu lassen,
ist herrschsucht und tyrannei. Geli.ert 6,360; aber die ge-
stalten und bilder, welche einmal in seine seele gefallen
sind, arbeiten doch unablässig ihn zu leiten, oft hat er sich
gegen ihre herrschsucht zu wehren, in tausend fällen folgt
er fröhlich ihrem leisen zuge. Freitag handschr. t,ii4.
HERRSCHSÜCHTIG, adj.: die Vormundschaft über den
groszen häufen, welche der Staat nie aus den bänden geben
sollte, und die von dem clerus stets zu herrschsüchtigen
zwerken miühraucht worden ist. Schlosser weltgesch. 4, 469.
HERRSCHUNG, f das herrschen und gewalt haben im wei-
testen sinne, die herrscliaß in der bedeulung ron no. 3 oben
)ip. 1152: berschung, regimen, dominium, gubernatio, imperium,
poltntia, dioeeesit. Dasyp. ; herschung des gemeinen volki,
demoeralia. das. ; in&lwillige unbilliche berscbung oder wüterei,
lyrannis. das.; herrschung, gwalt oder ansahen, das einer
gegen seinen undcrtbonen bat , coerclio. Maaler 219'. das
wort ist namentlich im 16. und bis ins M.jahrh. in sehr hdu/igem
gebrauch: aber so bald es {das schiff) gcfryhel von der ber-
scbung der Schiffer, gat et ander. Ctrill 61 32'; ist mer in
dicntibarkcit syn weder io beracbung. ss'; Jiia barachuuK
1161
HERRSCHÜNG — HERRÜCKEN
HERRUFEN — HERSCHAUEN
1162
{gewalt über alle dinge auf der erde) in Adam verloren, haben
wir in Christo wider überkommen. Melanchthons anzeigung
in elliclie schtrersten cap. des 1. buches Mos. übersetzt (1523) bl. 9 ;
darinnen man vom son gottes, von seinem leiden und auf-
erstehung, von seiner verheiszung, gnade und herrscbung
predige, hauptart. christl. lehre, im corp. doctr. Christ. (Leipzig
1560) s. 633; und ist sehr weite unterschied zwischen welt-
licher herrschung und diesem ampt. 677; Lombardia wirt
mit vil nammen genent von mancherlei herrschung wegen.
Frask Keltb. 74*; sit des groszen keisers Alexanders herschung.
Aimon bog. d; dann in der schlacht hat das glück mehr
herrschung als die mannheit. Froxsp. kriegsb. 1, 184*; so under
des keisers Antonii Veri herrschung im leben gewesen. 2,
verrede; da Rom noch under der keiser imperio und herr-
schung war. Kirchhof u-endunm. 309*; seine grewliche un-
milte herrschung. 356'; di Juden haben erfahren, das der
Römer herschung vil leidlicher, als ein häufen tyrannen ge-
wesen. BüTscHKY kanzl. s. 822; wer in die herrschung auf-
genommen worden , der würde nicht für einen untertahnen
wollen erkennet sein. Palmos 419; gewaltsame herrschung.
LoGAU 2,111,62 {Überschrift);
der (Jefaios) spricht: ein kint ist uns geporn,
ein SUD ist uns gegeben zwar,
des herschung ist auf seinen schultern gar.
fasln, sp. 802, 17 (vergl. Je*. 9, 6) ;
von Betlahem den auszgank nimpt
der herscher Iszrahel (das wist!),
des herschung von ewigen tagen ist.
8U2, 27 (ferner 175, 32. 189, 4) ;
die haben jetzt aliein den pracht,
und ist kein herrschubg noch kein macht.
klagred Hutlent D;
ir forsten, richter und amptleut,
gebt rechnung ewer herrscbung heut.
H. Sachs 3, 1, 252« j
von der geboren wird ein son
der allein sol die herrschung hon. 4, 2, 69';
da er durch der gelehrten feder . . .
ulid sein bannstralisch donnerung
die menschlich herrschung hat erhalten,
da liesz ers erst noch weiter walten,
und stellt nach göttlicher herrschung auch,
macht, nies im gefui und gut gedaucht,
n<w aufsätz, gebot, traditionen.
FiscHAHT dichlungen 2, 345, 512 Kurt;
dergleichen herren nie gefunden können werden,
die da geboren sein zur herrschung auf der erden.
D. V. D. Wkrder Ariost 3, 2, 2 ;
die dinge, welche der dem herrschung wird vertrauet
beisammen haben soll: die landeslieb und gunst,
dasz lob der redlichkeit, und die regierungs kunst
so ausz erfahrung kompt. Oprfz i, 23;
ist iemand an verstand so grob und ungeübt,
dasz er ausz alle dem, wasz uns vor äugen stehet,
nicht markt, wie wunderlich des herren herrschung gehet?
RoaPLER 147;
das beherrschte trird durch den geniliv oder die praep. über mit
tcc. vermülelt: das du nit verlierest die grosz herschung dyns
selber. Ctrill 33*; ein herrschung über die gutheit und bosz-
heit. Paracelscs opp. l, SOlA; nachdem er seinem sun die
herrschung des reichs befoihen hett. Frank xceüb. 117'; der
hat herrschung gehabt über Ceiesyriam und Palestinam. 168*;
groszer länder herrschung. Kirchhof wendunm. 388"; wer im
gewalt und herrschung über die statt hett geben? 468'; die
herrschung (der fürsten) über hab und gutt; eines und das
andere nach befehl herzugeben; kan ohne gefahr, weil es
alle betrifft, nicht geschehen. Bctschst Palm. 592;
ich hab sie {meine seele), als das Oberhaupt,
der herrscbung meines leibs beraubt.
L. V. ScD^tÖFFis mirant. flöllein (1682) 83, 2.
HERRSCHC.>'GS.\RT, f. :
hab ich zu anders nichts, auf schulen und auf reisen,
mir manches reiches kraft und schwäche lassen weisen,
als dasz mein unterthan, von trank und freude voll,
di« weise herrschungsart des Junkers rühmen soll?
Caiiiz 1U3.
HERRSCHVERSTANDIG, adj. :
und stets der heirschverständigste, beliebt Ihm
zu %agen^ sollte berrscber sein und könig.
ScaiLLER Walleniteini tod 1, 5.
HERRSCH WÜTHIG, adj.:
euer obm, der stolze
berrschwüthge priesier. Scbilur 3f. Stuart 3,4.
HERRÜCKEN, verb. versus nos movere se. Stieleb 1569:
ja, nicht vträchtlich rückte Pol;nices
•uf Tbeben her. Scuiixu 337 (Pli6nlti$rinn»n} ;
•rtmtUtn: rück« mir den ituhi h«r.
HERRUFEN, «•«•6..- so sende nu gen Joppen, und las her
rufen einen Simon , mit dem zunamen Petrus, apostelgesch.
10,32; gehe hin auf dis mal, wenn ich gelegene zeit hab,
wil ich dir her lassen rufen, 24, 25 ;
ein neuer Dionys rief von der Seine strande
sophistenscbwäfme her für seinen Unterricht.
KÄSTNER Schriften (1783) 455;
der Schwede musz sich vorsehn mit dem DeutscheiL
man bat uns übers ostmeer hergerufen.
Schiller Waliensteins tod 1,5;
ruf nicht so groszes Unglück auf dich her! Turandot 4,9.
HERRÜHREN, rerb. oriri, exoriri, prodire, progigni, emanare.
Stieler 1643: da aber sich auch irgends ein wahrhafter über-
schusz ereignete , rühret er durch bloszen zufall . , . her.
LoHENSTEis j4rm. 1, 107"; diese scharfe ist nicht einer schaar-
bockischen eigenschaft von salzigter materia herrührend.
Ettners hebamme 212; dasz unser vermögen blosz von der
groszmutter herrühre. Güthe 24,107;
dasz von dem neuen fund (erfindung der buchdruckerkunal) vil
nutzbarkeit herrühret. Roxpler 49;
dasz . . . von gunst, günstig, günnen herrühre. Logaü 3, 3 ;
von jemand herrühren (abstammen). Klisgers theater 3,324.
HERRÜHRIG, adj.: an weicher frag leicht zu begreifen,
wer entweder die wurzel (eine springuntrzel) selbst, oder vom
wem wenigst ihre kraft herrührig gewesen. Sinjp/. 4, 262 A'urs.
HERRÜMPELN, rer6. :
da rumpelt her die fledermaus,
der machte man bald den garausz. Chlatcd volksl. 41.
HERRüTSCHEN, verb. : er rutschte auf den knien her.
HERS.\GEN, verb. l) libere loqui, tcie heraussagen : er sprach
aber, ich wil nicht essen , bis das ich zuvor meine sache
geworben habe, sie antworten : sage her. 1 3/05. 24, 35 ; er . .
sprach: ich hab mit dir zu reden, sie sprach: sage her.
1 Iwn. 2, 14 ;
und sprach zu ihm: berr sag mir her
wo hast mein herrn geleget hin? H. Sachs 4,1,88';
der Weizen trägt auch spreu, kein gold ist sonder schlacken,
sagt mir ein band werk her, das keine stümper führt?
GC>TUER 514.
2) reciiare , von etwas auswendig gelerntem, früher sagte man
daßr auch aussagen (Dief. 487'): ich erschrecke, dasz ich
ein lied, womit so viele fluche und gottlose reden unter-
mischt werden, weiter hersagen soll, der reisende arantürier
(Bremen 1748) 1,177; liesz mir alle bergmärchen von ihnen
erzählen und auch die gebete hersagen, die sie in Gemein-
schaft zu halten pflegen. H. Heine 1,33;
was Opitz hat geschrieben,
was unser Werder singt, das kanst du ohii pefSbr
und sagst es ohne buch auf einen nagel her.
P. Flejiij(c 136, 38 Lapp»nb.
HERSÄGCNG, f.: hersagung der briefe, recilalio, praelectio
Utterarum. Stieler 1665.
HERSÄPPEN, verb. sich plump und schwerfdllig herschleppen :
wie hastu neebt mit vollem pauch
in cleidern dich do her gesapt.
H. FoLZ bei Haupt 8, 526.
HERSAüFEN, rerb. potum propinare: tauf her, propina mihi!
Stieler lfi8ö. vergl. hertrinkeo.
HERSäUSELN, verb.:
längst todt und tief verscharrt !
das graschen säuselt drüber her;
ein stein von marmel drückt ihn schwer. BCrgkr 46V
HERSCH, f. die elster. Nemmch.
HERSCH- {in herschen, herscher «. a.). s. herrsch-.
HERSCHAFFEN, verb. arcessere. Steimach 2, 373 : schaff
wein her ! ; schafft ewr vieh her. 1 Mos. 47, 14 ; schaff mir her
sieben farren und sieben » idder. 4 Mos. 23, 1 ; schaffet her
weise, ver.«ländige und erfarene leute. 5 Mos. 1, 13.
HERSCHALLEN, verb.:
jener vernahm der männer und bund herschallendeo fusztrlit,
als sie zur jagd eindrangen. Odyssee 19, 444.
HERSCHÄTZEN, verb.: und sage, dasz der uhrsprung der
Gothen nirgend anders, als aus den landern, so itzo dem
könig in Dennemark und Schweden unterworfen, herzuschatzen
sind. f>ers. reisebeschr. 2, 3.
HERSCHAUEN, rerb.: boret ir tauben, und scbawet her,
ir blinden, das ir sehet. Jes. 42,18;
doch nicht könnt herschauen die königin, noch es bemerken,
weil ihr Athsn« das ben abweadste. Odyuee 19,478;
1 163 HERSCIIENKEN — HERSCHLENDERN
scliaii gnädig auf die deinen her,
und send uns deinen geist, o herrl Voss 4, 210;
mii sanrtem antliiz schaut sie Iier. 5, 255.
HERSCHENKEiN, verb.: etwas herscbenken, wegschenken,
verschenken. Scim. 3,373; schenkend darreichen: dasz aber
Rousseau (das worl) bundert wegniininl, und Büffon drei her-
sclieiikt, nur um wolzulauten, will mir und der walirheit
niciii pi'f.illen. J Paul vorsch. d. äslh. 2,222.
HERSCHEBEN, rerb. refl. in derber spräche für hergehen,
herkumniin - ^iliere dieb ber!
HEBSCHICKEN, verb.: man scbickl her und läszl etwas
bolvn.
HEBSCHIEBEN, verb.: eine wolkenwnnd schiebt sich ber;
ber>cliirl uHiiihere, ad se iraducerc. Stieuer 17S5.
HERSCHIESZEN, verb. I) yewaltsani sich herbewegen:
fteiHfcJiiiui/pe. aus der höhe schosz ich her
im Stern- und feuerscheine. Götub 12,230.
2) Iransiliv, in hunc Ivcum lela jacere. Stieler 1771.
31 hdufig übertragen ivn geld und kosten, darstrecken, her-
geben: ich will dir das geld lierschieszen. Simpl. 1,200 Kun;
alle kosten herscbieszen. Felsenb. 2,33; jedoch in kosten
will ich sie nicht setzen, .. sondern alles selbst herscbieszen.
3,176; man tliat Wilhelmen vorschlage, geld berzuscbieszen,
und siciierheit dagegen anzunehmen. Göthe 18,171; Spanien
schosz geld zur rüstung ber. Schiller fe98; ich .. kann viel-
leicht gegen allerseelentag dazu einige sch«anzdukaten ber-
schiprizen. J. Paul a. d. teuf. pap. I. vnrr. xxiv; hätten die
philisterischen dumen culs de P.iris gehabt und deren 5 zum
versenden bergescbossen. lU. nuchl. 4,125;
was ich hell, Ihel ich langst einliiesen.
letzt musz mein »-eih das ihr iierücliiesen.
J. Atrer /«»<n.»i/^. bl" (2745, 19 Keller),
herscbieszen lassen:
last mir em hindertheil herscbieszen
vom jungen kalb, frest ir die kuh. E. Albkrüs 105.
HEfiSCHlFFEN, verb. navi advehi. Stieler 1792:
iiisonders werih ist mir so edler past,
.der aus dem nordschen heimathlanile kommt,
von wannen unsre väier hergeschilFt. Uhland ged. 170.
HEBSCHIMMERN, verb.:
aber so liald sali nicht der göttlich gebildete Paris
unter den vordersten Ihn [den Slfnelmt^) herschimmern, als
schreck ihm ins herz schlug.
Bürger 2ü(i''.
HEBSCHLAGE.N, verb. einen schlag herwärts führen: schlage
ber, wenn du das herz hast, feri, si audes. Stieler 1822;
überlra'/en : es schlaget alles Unglück her, nihil secundi hie
conspicUur , omnibus ruinis oppressus siim, montes tnali irruunt.
das.; wenn das wasser herschlegt, so schützet niemand, das
das meer nicht alles erseuft, denn gottes wort. Luther 4, 8';
als er nu zu gnaden komen war, und im ein wenig wol
gieng . . , schlegt eine newe anfecbtung ber auf der rechten
selten. 203*.
HEBSCHLÄ.NGELN, verb.: wenn ich zu meinem fenster
hinaus an den fernen bügel sehe, wie die morgensonne über
ihn ber den nebel durchbricht, . . und der sanfte flusz zwi-
schen seinen entblätterten weiden zu mir herscblängelt.
Göthe iß. 130;
dort da» dorf im gebüsch, so »tolz und freundlich gelagert
am herschlangelnden bach. Vost 1,2t {Luue i, 130).
ouc/j repexiv: der weg schlängelt sich her.
HEBSCHLAPPEN, verb.: wann sie auf den meulen oder
panlolTeln berschlappen. Garg. 41*, wie daherscbkippen, vergl.
• '«ergeben 3, sp. llOO.
HERSCHLEICHEN, verb. proserpere, prorepere, adrepere: liin-
der emcm herscbleicben, consw/ari aliqucm dam. Stieler 1835;
denn wenn ein schwarzer miinch [dominikaiier) vielleicht
mit einem argument herschleichi,
da sind die gramen münch [framiikaner) behend
und scharren aus daa argnmeni.
FtsciuNT dichtunnen t, 146, 500 Kurt.
HERSCHLEIFEN, verb.:
In»z mich verhehlen, n\e nie durchs jfebftsch,
durch feUen hergenchleifl, «nimellt und blutig, . . .
unkenntlich, mir im arm zur erde hing. Goiuc 9,319.
HERSCHLENDERN, vnb. tchlendemd herkommen, auch Iran-
ulic . icidmilernd herstellen : eine brausende mie iSstl sich
leicht her-'cliwarmcn. eine iBnnigc Idylle leicht herscblendern.
Herder tur IUI. lo, \<m.
HERSCHLEPPEN — HERSCHWATZEN 1 1 64
HERSCHLEPPEN, verb.: warf ich ihm ein seil um den
hals, aus drei mächtigen stricken, weiber-, fürstengunst und
Schmeichelei gedreht, und so hab ich ihn hergeschleppt.
GiiTHE 8. 59.
HERSCHLIESZEN, verb.:
die klusheit haue längst, was künftig Ist, durchzflhlt,
des schoplers raih geliort, als er die weh gennhli,
und aus der kleinsten that die Inigen hergeschlosseD.
J. E. Schlegel 4, 17.
HERSCHLUDERN, verb. : aber wo mir recht ist, so kommt
unsre juiigt-magd dort die gasse bergeschludert. frau Schlam-
pampe »5.
HERSCHMETTERN, verb. :
gleich schnellherschmelternden donnern
war den prieslern ilir zeugiiis. Klopstock 5, -.'211.
HERSCHMIEREN, virb., auch für fliicluig und schlecht schrei-
ben: er schinieite etwas aufs papier her.
HERSCHNARCHEN, verb. bildlich für grob prahlend erxählen:
der nichts denn seine faust und von rom roihen spien
und was der liarie Pers in jener schlaclit verliesz
herschnarchet. A. Griphids 1098 1, 17.
HERSCHNATTERN, verb. :
wer, sag ich, eiwann kaum ein dutzend drucker kennt,
und herzuschnatieru weisz, was Brown und llobbes glaubte.
GBriTHER 504.
HERSCH.NECKEN, verb. herkriechen: jenes verdammte mit-
telgut n-on dicldnn), das in seichter nachabmcrei hinler den
meisterwei ken herschncckt. E. T. A. Hoffmanr leiden eines
theutrrdiieclors (I8I9I s. 291.
HEBSCHNEIDEN, verb. für prahlend vorlegen, erznhlen, wie
anfscliiieiden 5, Ih. 1,728: nun da bat der kerl dinge her-
gescbnitten , dasz einen flugs die obren davon hatten weh
lliun mögen, und war nicht ein einzig wort wahr. Schel-
miiffsky 2.53: ich will so vrel bcrscliiieiden, was die leule
viir einen Staat von seiner demuth machen .. Chr. Weise
köibiiiitacher 58; ein langes berschneiden, lang und breü er-
zalilen :
er schnitt ein langes her für einer hohen eichen,
um ihre nymf sicli ihm zu zeigen, zu erweiclien.
A. Grvphius liiHb 1, 708.
HERSCHRAÜBEN, verb.: {der vers) kann die heftigen kur-
zen doppelgespiäcbe füllen, die die alten auf ihren bühnen
SU sehr liebten , und die bei uns so sehr nusarlen . . dasz
. . ein Wort, das den vers unvermutbet scblieszen soll, aber
oft durch einige gedehnte verse deutlich genug zu erratben
gegeben wird, ein besonderes kunststück ist. das ich, oder
du, oder nein ! u. s. w , das alsdann so hergeschr.iiibt wird,
gehört in ein epigramm, nicht in ein traiierspiel. Herder
z. Uli 1. 75.
HERSCHREIBEN, verb. 1) huc scribere: mein freund hat
noch nicht ber geschrieben, transitiv: schreib ein paar zellen
ber {auf ein vorliegendes papier)] bei Stiei.kr in andernt sinne:
schreib ber! age perscrihas! 1927. vergl ber 1,1 «p. 1000.
2) häufig reflexiv, abstammen, seinen Ursprung wo haben, bild-
lich angelehnt an die urkundliche beylaubignng einer thalsaclie oder
eines rechlsverhällnisses, aber vor der iwrUen hdifle des [S. jahrh.
durch beispiele nicht zu belegen : was weisz ich, wo sieb der
ring eigentlich herschreibl. Lessing l,.^34; es ist uns ein
exemplar unsers dichter» zu bänden gekommen , das sich
ans der Stollischen bibliothek berschreibt. 5,108; der blose
enlwurf zu einer . . dieser Wissenschaften schreibt sich gar
nicht vom verstände her. Kant 2,804; die hoben linden-
alleen, die rcgelmöszigcn anlagen, die sich von Eduards vatcr
hcrscbriehcn. Göthe 17,294; das gedieht kOnno sich nur von
seinem pedanicn herscbreiben, der ein sehr feiner i>urscbc
sei. IS, 296; das leben sei so hübsch, dasz man viillig für
gleichgültig achten könne, wem man es zu verdanken habe:
denn es schriebe sieb doch zuletzt von galt -her. 24,107;
der menschengeist hat bekanntlich ebensowenig aussiebt in
alle cwigkeit fortzuleben, als er sich von ewigkeil her.scbreibl.
neue erang. kircbenxedg. 1807, t. 624,
HERSCIIREITEN, rerb.: wer ist der slallliche bcrr, der
dort berschreitet? Tieck 3,30;
mon inhe manchen vor auf tapft-en h«ngsten reiten,
Joui aber sachte bor bei klnderpferden srhreiteo.
I.oOAü 3, 17«, 2(1.
HERSCHWARMEN, t-erb. ; eine brausende ude ÜHt «leb
Icirbl berschwärmcn. Hbroer tur Uli. lo, 198.
HEBSCHWATZEN, rerb. adgarrire, deblalerart: er echnratit
alberne* zeug ber, nugas blalenl. Stiinbacr t> (88.
1 1 65 HERSCHWEBEN — HERSPINNEN
HERSPRENGEN — HERSTELLEN
1166
HERSCHWEBEN, verb.:
wer sind iHe seelen, die in der haiae nacht
lierscljweben? Klopstock 1, 174;
nie sie (die gö{liH unsrer spraclie) herschwebt an des quells
fall! mächtiges getön,
wie rauschen im beginne des walds ist ihr schwuug! 1,230.
HERSCHWIMMEN, verb.:
wundersam I auch schwane kommen
aus den buchten hergeschwommen. Göthk 41, 126.
HERSCHWINGEN, verb.:
eine alte veltel tpricht
schlag auf und lasr tanzen und sprinffen,
so will ich zwen lang tutten her schwingen,
die wil ich noch heur eim schefer geben,
die werden im zu zwaien sacitpleifen eben.
fasln, sp. 738, 31.
HERSE, ffl. für hirse («. d.). Nemnich.
HERSE, f. egge, lehnwort aus dem franz. herse, und wie es
sciteiin im Elsasz und Lothringen volksüblich, von einem Elsdsser
in der schrißsprache gebraucht;
und purpurn quoll, derweil die knechte flohen,
des Sämanns blut ins leid bei pflüg und herse.
Candidus d. deutsche Christus (1854) s. 64.
HERSEGELN, verb.: auf der reichen bewegten woge des
englischen lebens schwimmt dieser kleine iialin [der familie),
und in wohl und weh hat er schaden oder hülfe von der
Ungeheuern flotte zu ejrwarten, die um ihn hersegelt. Göthe
25, 336.
HERSEHEN, verb. I) asptcere, inspicere, altollere oculos versus
nos. StiELEH 2026:
weil er von den himmelslüften
bergesebn in diese klüften. Opitj! psalmen s. 191 ;
0 Jungfer! seht ein bischen her,
so sprach der Stutzer zu der henne,
und saget mir nur ungefähr,
ob ich nicht artig heiszen könne?
LiCHTWER fabeln 2, 12.
2) wie aussehen, ein ansehen haben: aber sage mir der herr
Baptisto, so man ihn mit einem meszgewandt oder mit einem
vesperraantel bekleidete, wie wurde er hersehen? ßiegen-
wedel 71.
HERSEHNEN, verb. kuc imminere. Stieleb 1993: er sehnt
sich her zu uns.
HERSEIN, verb., vergl. her sehi und her sp. 1000. 1002. 1003.
HERSENDEN, verb. in hanc partem miUere:
dö si zem meister kämen,
dö sprach einr: wir sin har gesaut, edelstc-ln 100,28;
umb ewrs lebens willen, hat mich gott für euch her gesand.
1 Mos. 45,6; höre die wort Sanherib, der her gesand hat
höhn zu sprechen dem lebendigen gott. 2 kön. 19,16; so
wird ers {das füllen) bald hersenden. Marc. 11, 3 ; die heubt-
leute haben her gesand, das ir los sein seit. ap. gesch. 16, 36 ;
das liesz dich gott genieszen,
sändt dir her ausz dem tron
sein liebste mfiter schone. Uhland volkil. SU.
HERSETZEN, verb.: hat Sebul seinen knecht her gesetzt
über die leule Hemor des vaters Sichem? richl. 9, 2S; und
er nam zehen raenner von den eltesten der stad, und sprach,
S€lzl euch her, und sie salzten sich. Ruth 4,2;
der habicht ohngefehr
setzt auf das blosze nest aus freien lüften her.
Fleming 186, 58 Lappenb.
HERSEÜFZEN, verb. durch seufzen herholen : den abgeschie-
denen seufzen wir nicht wieder her.
HERSINGEN, verb. :
ich kenn ein höllisch volk, die brüder der Erinnen,
ein an von auszen gold und lauier koth von innen ;
von diesen trägt mein sinn mich was zu singen her.
LOCAU 3, '^14;
ich hätte dir was hergesungen,
wiewohl es in der faste war.
Cua. GRTPinüs poe/. wäld. 2,312;
aus einem buche etwas hersingen, reis, avanlürier {Bremen
1748) I. 175.
HEHSITZEN, verb. ad sedem pergere, in consessum venire.
Stielen 2o:i6; hergesessen jetzt, still zugehört! Fr. Müueb
1, 324.
HERSPIELEN, verb.:
hier ist das flache rund,
drum Zephyrus spielt her. Looad 2, 64, 57.
HERSPINNEN, verb.: s. Puuins nennet sich selber, de er
von Saiomouis baw sein gleichnusz herspinnet, ein klugen
werk- oder baw meister. Mathes. 5ö/. 151'; Jubal sind eigent-
lich bergleut, die . . von iren reisen und wallen . . Wallen,
Gelten, oder die Churwallen genennet sein, davon das »ort
wallen oder reisen hergesponnen ist. Lütqeb (15S3I 189*.
HERSl'RENGEN, verb. iiüransUiv: ein reiter kommt her-
gesprengt ; Iransiiiv :
^roszgünstger herr, verzeiht mir doch,
ich bitt euch mehr als himmelshoch,
dasz ich euch auf solche maszea
so vergeblich die weite straszen
her gesprenget. der zornige französische Schneider,
flieg, blalt v. 1631.
HERSPRIESZEN, verb., auch bildlich: die wurzel, darvon
disz wort bei den Hebreern herspreust. M.\thes. Sar. 41* ;
die Wurzel darvon disz wort badil herspreuszet. 97'.
HERSPRINGEN, verb.: ich war auch gar nicht darauf ver-
fallen, mir mit dem gröszten aufwand eine quelle des Unter-
haltes aufzumachen, die für mich jetzt völlig vergeblich her-
springt. J. Paul austcahl a. d. teuf. pap. 1, 34.
HERSPRÜTZEN, verb.:
und dasz er solt die nasen butzen,
so wird ein schneiderknecht hersprützen.
FiscuAai diclitungen 1, 28, 986 Kurz.
HERSTÄMMELN, verb. : vor schrecken konnte sie nur ein-
silbige danksagungen herstammeln. Thümmel 3,461;
es möge behaglichen ton dem gefälligen ohr herstammeln
wen immer geringes ergötzt. Plates 133.
HERSTAMMEN, verb. 1) intrans. abkunft, urspung haben:
er stammt von rathsherren her, familid consiliari est. Stieler
2U9; der sich in denen gesellschaften seines uralten hoch-
adelichen herstammens öfters gerühmet, fliegenwedel 114;
nachdem wir vernommen, . . woher die ergieszung des ge-
blüts bei denen weibespersonen herstammet, was deren Ur-
sache sei. Ettner hebamme 135.
2) transitiv, hei-leiten : oder wilstu das griechische wort her-
stammen vom hebräischen ? J. Praetoriüs Storchs winterqu. 338
{wenn nicht ettea hier eine pedantische nachahmung fremder con-
struction vorliegt, = dctsz es herstamme).
HERSTAMMüNG, /. genus, familia, prosapia, origo. Stieler
2119.
HERSTE, m. .• daruff wart erkant zcu recht, da; man an-
dersz nicht weisz, dann daj die von Bürgwenden unde Pe-
tersrode gehören an daj gerichte zcu Monre. darnach fra-
gete herre Adolf obgnant, wer den bersten zcu Bürgwenden
zcu setzen bette?... daruff wart zcu recht erkant, daj ein
probist zcu s. Peter von rechts wegin den bersten zcu Bürg-
winden habe zcu setzen unde zcu bestellen, unde der sel-
bige berste sulle auch einem probiste globin unde sweren,
unde im seine zcynsze unde detzman sammen unde berechen
unde dienen in allen sachin, wan ein probist das von im
begert. weisth. 3, 624 {Düringen, v. 1457). berste ist Superlativ
zu hh hehr, verstanden wird darunter ein gemeindevor sieher , Ver-
treter der gemeinde gegenüber ihrem geistlichen herrn. im 13. jh.
ist die form noch heriste: item officiatus ille, qui dicitur der
heriste de Burchwinden, coliigere tenetur census et decimas
in Burchwinden, et preter hoc curie servire in omnibus, in
quibus fuerit requisitus. 618.
HERSTECHEN, verb. übertragen daher kommen, dalter eilen,
gebraucht wie anstechen 1, th. l, 477, und hergeleitet ursprüng-
liclt vom anreizen des rosses mit dem sparen : hie schmeckts
wol, sprach jener bauer, da er eine milch unter einem kir-
schenbaum asz, da darf ich niemand fürchten, so gehts in
der weit, aber dort im himmel wird keiner heimlich hinter
dem andern herstechen, keiner wird falsch mit dem andern
sein. Otho 652;
so kömpt auf einem rosa ein postbot hergestochen.
D. V. D. Werder .inost 1, 68, 2.
HERSTEIGEN, verb. : die erste stim . . sprach, steig her,
ich wil dir zeigen, was nach diesem geschehen sol. offenb, 4, 1.
HERSTELLBAR, adj. wieder herzustellen.
HERSTELLEN, verb. l) an einen ort nach änem sprechenden
zu stellen, von personen und Sachen: und stellet alles volk ..
umb den künig her. 2 chron. 23, 10 ;
stellt mir ihn her, den dränger dieses Isndes,
den linslern Anjou, stellt ihn neben diesen
und sagt mir, wo ist königlich geblüt? UHunD ged. ISO.
commandowort für die fuszsoldaten des 17. jahrh. war her stell
euch ! BöcKLEB hiegsschule 332.
1167 HERSTELLEN —HERSTRÖJIEN
2) dalier ausliefern, üoerliefern, in eines gewalt übergeben:
beger auch biemit, mir den scUöiien gesellen MUrxIin Sau-
rimgsesz, der durch seinen knopfstolz disz fewr aufgeblasen,
herzustellen, folgends auch seine andere gesellen . . dann
(taler und häler begehn gleiche füler. Garg. -270*.
S) neuer i<<t herstellen in der beJeutting in den ursprünglichen
zustand lurückversetzen, es ist nur eine kürzung von wieder her-
stellen, zerbroclienes oder zerfallenes wieder ganz und stehend
vor äugen bringen: das wird eine schöne geschichte geben,
sagte das liehe nnSdchen, (vom schreck) zu ihrer vülligcn bei-
terkeit wieder hergestellt. Gütub 25,358; auf einmal wird,
mit rechtsum, diu fronte wieder hergestellt. 29, 259 ;
Tielleiclii gelingt es mir,
TOD nngeticht lu angexicht mit ihm
in seiuer gunst mich wieder lierzustellen.
ScuiLLER Karlos 1, 7;
besonders verbarg er sieb nicht, dasz er diejenigen personea
sehr glücklich gefunden habe, die bei einer nicht ganz her-
zustellenden kränklichen anläge wahrhaft religiöse gesinnun-
gen bei sich zu nähren bestimmt gewesen würen. Güthe
19.251; golt , der schüpfer und erhalter himmels und der
erden, den ihm {dem knaben) die erklärung des ersten glau-
bensartikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, in-
dem er die gerechten mit den ungerechten gleichem ver-
derben preisgab, keineswegs väterlich bewiesen, vergebens
suchte das junge gemütb sich gegen diese eindrücke her-
zustellen. 24,43;
getrenntes leben, wer verelnigts wieder?
vernichtetes, wer stellt es her? 9, Siti;
er war ein zeuge meiner Schwachheit, ja,
ich sank in seine arme — das beschämt mich,
herstellen mu«z ich mich in seiner acluung.
ScuiLLCR Wallenst. lod 4, 9.
HERSTELLER, m. nach herstellen 3: der hersteller der
einst SU veriullenen kirche.
HERSTELLUNG, f.
HERSTELLÜ.NGSARBEIT, f.: {während in Österreich) her-
stellungsarheiten an den festungen . . ausgeführt wurden.
der feldzug von 18fi6 in Deutschland, von der kriegsgescIiicIitUchen
abtheilunq des groszen gencraUtabes, s. 6.
HERSTELLUNGSKRAFT, f: so gesegnet ist Sicilien, dasz
eine zweitausendjäbrige folge zerstörender regierungen die
berslellungskraft der natur nicht zu unterdrücken vermochte.
NlEDUHR 3. 673.
HERSTOTTERN', verb.: indem ich nun dasjenige, was mir
dem iiihuli nach schon bekannt war, in einem fremden kau-
derwelschen \dwm {hebräisch) herstottern sollte. Gütue24, 201.
HER STRAHLEN, verb.:
eh herstrahlten Im sternglanz Cherubim. Klopstock 6,228;
jetzo kam der triumph dem himmel so nah. dasz Jehovahs
thron sie im glänz lierstruhlen der ganzen herrlichkeit sahen.
289.
HERSTRECKEN, verb.: sie wollen gerne ihren rücken zu
aller dicnsle herslrecken. LonENSTEiN i4rm. 2, I2(>l'.
HERSTREICHEN, verb. den strich odrr gang herwärts nehmen:
alle man von Israel, die sich auf dein gchirge Ephraim ver-
krochen hallen, da sie hürcten , das die Philister flohen,
strichen iiindcr inen her im streit. 2 Snm. 14:22; wie d'\c
Oüchiige baasen, hinter denen die windhund hersireichen.
Sirnpl. 3,59 Kurz; den groszen gcbirgcn, so zwischen Nor-
wegen und Schweden heistreichen. Micrälii;s alles Pommern
1,45;
da blesz ich in [in] tausenteufel namen welchen-,
da ward er mit der reust herttreiclien. füstn. tp. 755,25;
alt feüilerausdruck streich her! feri, percute! Stieleb 2002;
mit dir gfli ich den ersten gang,
heb BuT, streich lier und mach« nicht lao^.
hininna iliiiiflmiae tyuliceit D lij ;
Henrich, nun streich doch lier, ich steh dir Trei.
Pi-ier. wil dir liegegiien also halt. Uiij\
HERSTREUEN, tat..-
Duls bittre streut er zucker her, das marre wOrzt er wol.
LocAO I, 177,47 (cid yiiler koch);
das crnu der ebnen (Iftchen {rinr» yarten*),
wenn lauaeiid lilAilerclicn. In »liller Doitigkeit,
an ollen orten durch «le hr«clii-n,
als nar ein grüner staub dartjber bergestreut. DaocMS 7,U.
HERSTRÖMEN, verb.:
«in keiinertchwarm, von allao enden
bersiiümcuJ. Götter I, 455.
IIERSTÜJIPERN — HERTREIBEN 1168
HERSTÜMPERN, verb.: meine hej-geslüinperle predigt xu
entschuldigen. Hermes Sophiens reise 2, 64.
HEHSTÜRMEN, verb. intransilio: sie stürmen her zum
kämpfe; transitiv:
dicht, wie flocken des schnees herstürmt doi heulende nordwind.
flog ihr geschosz. Pirker Tunis. 6, 106.
' HERSTÜRZEN, verb.:
plötzlich nunmehr den Odysseus ersahn die wachsamen beller,
und mit lautem geschrei her stürzten sie. Uäys*. 14,30.
reflexiv: er stürzte sich über die speisen her.
HERSUCHEN, verb.:
wann dasz du auT dein pTerd erhitzt gesessen bist,
dasz du gewis so woi als keiner nicht kaiKt reiten,
suchst deine walTen her, so siebet mun sich breiten
die Oügel {der schtuclUurdnumj), die dein Teind entgegen fDhraa
will. OriTZ 1, 14;
noch ist kein land genug,
das uiisre kost uns trug,
man musz sie suchen her
durch alles laiid und meer. Logau S, 163, 48.
HERTAGUNG, f. tagesanbruch: aber die werkleut, welche
die brücken mit den vässern über die graben bringen, dar-
über man laufen und stürmen soll, beliben zu lang aus, bis
die hertagung die burgundischen begriGT. Wilw. v. Schaumb. 21.
danach sollte man ein verbum hertagen vermuten, wenn nicht das
Substantiv nach der formet der tag geht her (vgl. hergehen 2, a
sp. 1100) gebildet ist.
HERTANZEN, verb,:
und als ich (eine maus) daselbst auch her tanzt,
tchmeist er (der ochse) nach mir mit seinem schwänz.
froschmdut. 0 5' (b. 1, cap. 4);
die nymphen sangen ihm entgegen,
die (aunen tanzten vor ihm her.
LicuTWER fabeln i, 21.
HERTHAUEN, verb.:
jetzt des ätherischen bonigt gescbenk, herthauend vom himmel,
töne mein lled. Voss Viry. georg. 4, 1.
HERTHUN, verb. dare, porrigcre, praebere, apportare : tuh mir
meinen hut her, da mihi pileum, tuh den brief her, cedo
Uterus, ostende milii epislolam. Stieler 2368; er hat seinen
söhn her auf die schule getahn, ßium suum hue in gymna-
sium misit. das.
HERTÖNEN, lerft.;
so wie geschrei bertönt von kranichen unter dem himmel.
Hins 3, 3.
HERTRABEN, verb.: ewre söne wird er nemen zu seinen
wagen, und reutern, die für seinem wagen herdraben. 1 Sant.
6, tl; die gefühllose dummheit auf den Stirnen der mönche,
die hinter ihren schmerbauchen hertiabten. TuOmnel 4,363;
der balg verkauft den Aichs, der sonst zu Telde wnhnt:
der her zu bofe drabt, den macht der schwänz belohnt.
LocAV 1. 186, 81 ;
ttarkformiges particip :
stetes plagen, stetes deiiken,
stetes trauren, stetes krenl>en,
stetes wullen, nimmer haben,
trilttveis kommet hergetraben. Schottil SÖO*.
HERTRAGEN , verb. : so werden sie deine söne in den
armen herzu bringen, und deine töcbter auf den achseln her
tragen. Jes. 49,22; trage nur viel holz her, zünde das fewr
an. lies. 24, 10: sein heubt ward her getiagen in einer schus-
seln. Matth. 11, !l;
do hub sie auf und schenket
und tru; ims selber her ('las trinken). Ublaks tolkil. SSO;
noch trug man her zum dritten mahl
vielerlei nüszlein in der schal.
froschmäu*. F8* (h. i, cap. 9);
ihr lieszt das königliche schwert von Schottland
durch ihn, den morder, dem des volkes fluche
naclischnllien, durch die gassen Edinburgs
vor euch lieriragen im iiiumpli.
Schiller Maria Stuart I, 4.
HERTRAGIEREN, verb.: lirnden, die mir gerade so vor-
kommen , wie auf allen gemälden worle den personell aus
di-m munde gelm , um sich deutlich zu machen, — diese
herirngirt auf eine ail, dasz man oft in Versuchung kommt,
zu lachen. Tieck Q, 51; während die Schauspieler das alberne
zeug vorne auf dem Iheatcr hertragirten. E. T. A, Huffmani«
8, 24.
HERTREIDEN, verb. adpellere, cispeUere, in hanc parUm,
vertut not pellere. Stiei.er 2321 :
Ihr j.imnicrvoller vater,
der die nnglOrkliche gezeugt, den göltet
goiicht hertreibt, die eigne torliier nnztiklagen.
SCHILLIR jumifrau 4, II.
inlranitliv : ein kühn treibt diiiL'h die wosen her zu uns.
1169
HERTRETEN — HERÜBER
HERTRETE.N, reib.: so trettet nu hej-, das ich mit euch
rechte. iSam.vi, 7; auch tiettet nu her, und sehet das gros
ding, das der herr für ewreo äugen thun wird. 16; gehe er
ein, trit her von der höhe Änaana. hohel. 4, 8; las her tretten
und dir helfen die meister des himels lauft. Jes.il, n; trett
her zu mir und höret dis. 4S, 16 ; es sollen mir pferdner
und anspänner oder hintersättler hertreten und sagen: Lukas,
lasse die Hausen ! J. Paul fiegelj. l, 69. übertragen : hei, die
trunkemetten die laszt uns hertretlen {aufführen, zu gehör
bringen). Garg. 89"; liesz einen f. herlrelen {pepedU). Eulen-
spiegel 79.
HERTRIEFEN, rerb.:
das im sein kutt ward nasz und schwer,
das sie im troff wie ein mülrad bar.
Fischart dichtungen 1, ISO, 1S72 Kurt.
HERTRINKEN, rerb. einem den trunk mit einem Spruche zu-
bringen, s. die slelle unter her «p. tOOO; vgl. auch hersaufen.
HERTROLLEN, rerb. herzu gehen, sich herzu machen. Hebmes
Soph. reise 6. 264.
HERTRCDELN, rerb. ein musikslück mit leierndem tone her-
spielen: wenn er ihm auf der sackpfeife einen 'juch, juch,
llinger' oder d} 'traut Hedwich' hertrudelt. Schoch ^ud.-
hben D iij.
HERÜREN, adv. in hoc loco. es ist das einfache üben (s. d.)
mit dem adverbium der richtung her rerbundeti, zu hüben aus
hie üben sich rerhaltend wie z. b. heroben :« hieroben, hoben,
vergl. sp. 1121 und drüben Iheil 2, 143S : und must also mit
dem leibe dort sein (unter des Türken oberherrlichkeit), aber
mit dem herzen und gewissen dich herüber sehnen , was
hastu denn gewonnen? warum bliebestu nicht vorhin her-
üben? LcTHEß 4, 443'.
HERÜBER, adv. Irans locum, rersus nos. mhd. als her über
{üb. 3, 170*) oder über her {das., aus Pars. 535, 25) vorkommend,
und, uie im nhd., gegensätzlich zu hin über stehend, welches
bewegung über eine strecke hinweg nach einem vom sprechenden
abliegenden ziele bezeichnet.
1) rücksichllich des zurückgangs der form ist im allgemeinen
auf einen ähnlichen verlauf wie bei den vorher behandelten herab,
heran, herauf u.s.w. hinzuweisen ; namentlich ist die form erüber
{lieben der viel häufigem herüber) Lcthers bibel angehörig : so
kompl er über ins iand. Jos. 22, 19; weitere kürzung su rüber:
Ton Waldthal rüber. Fr. MCller 1,293; ritter Carl reitet über
Schonfeld rüber. 2,246.
2) herüber verbindet sich, zunächst örtlich, was aber leicht in
unsinnlichere bedeutung umschlägt [s. unten herüber schleichen),
mit rerben der bewegung im weitesten sinne, des gehens, trageus,
blickens, Sprechens; der scliarfe hinweis auf den sprechenden ist
selten, aber schon in alten beispielen rerblaszt, wo das wort in
derselben bedeutung wie darüber oder über steht: nu ist och
billich und recht, da; ir bar über {über die sünde) etlich
bioja inpfänt. Wackerxagel leseb. 317, tS (predigt, 12. jahrh.);
da Jesus wider herüber fuhr im schiff. Marc. 5, 21 {rariante
hin über, griech. SianeoäaaiTos tov ^r^aov, bei Behaim ubir
för ubir mer); und alsbald treib Jhesus seine jünger, das
sie in das schiff tralten und für im herüber füren, bis er
das volk von sich liesze. Matth. 14, 22 ; wo ich herüber fare
zu dir oder du herüber ferest zu mir. l Mos. 32, 52. ge-
wöhnlich ist die richtungd)eslimmung des her scharf attsgeprägt
geblieben, rergl. die unten folgenden Verbindungen mit verben. die
richlung wird näher angegeben: wenn er sich aber fürchtet,
und thar nicht über die bach herüber, so wollen wir über
das Wasser, l Macc. 5,41; bisz zu dem bühel Amma, welcher
ist vor Giah herüber in den weg zu der wüsten Gibeon.
Scuuppiüs 692; nachdem der herzog schon den berg Cenis
herüber war. Schiller S56;
von drüben herüber, von drüben herab,
dort Jenseit des bacbes vom hügel,
blinkt staulieb ein schlosz auf das dörfchen im thal.
Bürger 60».
herüber irtrd mü dem gegensatze hinüber formelhaß verbunden :
sie sprachen viel herüber und hinüber. Göthe 19,180; ja,
wenn sich liebe herüber und hinüber zahlen liesze, wie geld.
7,130; wenn wir unter einander etwas haben, so können
wir herüber hinüber markten, ein groszer herr will gehorcht
sein, an Larater 154;
reden schwanken so leicht herüber hinüber, wenn viele
sprechen. 1,336;
er spitzt die nase, er «tun sie ao,
betracht sie herüber, hinüber. 2, 194;
IV. II.
HERÜBER 1170"
war ich der gedanken los,
die mir herüber und hinüber gehen
wider mich ! 12. 200.
verben der bewegung sind bisweilen unterdrückt: da gings I rick
rack! herüber, hinüber! alles todt geschlagen, alles ins
wasser gesprengt. Göthe 8,174;
blickeben hin und blick herüber,
bis der mund sieb auch was traut!
Fr. Ki>d freischütz;
namentlich in den Verbindungen herüber müssen, wollen, kön-
nen, dürfen {rergl. bei herab sp. 1006, heran lOIS u. ähnl.) :
er will gern herüber, aber er kann nicht {nämlich kommen),
in herüber sein prägt sich der endpunkl einer bewegung aus:
als der mond über den Apennin herüber war. J. Paul Tit.
4, 170.
Tertien der bewegung, mit herüber verbunden:
bequemen: deszhalb er denn die kleineren und grösze-
ren französischen opern herüber zu bequemen bemüht war
(aufs deutsche theater). Göthe 4S, 43.
blicken: er blickt herüber, ich hinüber.
bringen: die andere Völker, welche der grosze und be-
rhümbte .\snaphar herüber bracht , und sie gesetzt hat in
die stedte Samaria. Esra 4,10; brachte er in herüber in dis
Iand. ap. gesch. 7,4; und sind erüber bracht in Sichem. 16:
mir bringen liebliche lürie
über die wallende fluth süsz duftende kühlune herüber.
GöTius 1^-3.36.
donnern: so heftig auch das feindliche geschütz von
jenseit herüberdonnerte. Beckers weltgesch. 9, 92.
empfangen:
ein Strom der liebe gieng
aus meiner liebsten herzen,
den ich in meins empfieng
herüber ohne schmerzen. Rcckert ges. ged. 1,417.
fahren: ist zwischen uns und euch eine grosze kluft
befestiget , das die da wollen von hinnen hin ab faren zu
euch, könden nicht, und auch nicht von dannen zu uns her-
über faren. Lttc. 16,26. transitiv: lasz dich zu uns herüber
fahren.
gehen: David antwortet, und sprach, sihe, hie ist der
spies des königs, es gehe der Jüngling einer herüber und
hole in. 1 Sam. 26, 22.
hangen: es hängt ein hoher berg herüber, impendet vions
altis^mus. Hederich 1271.
klingen: die worte, die von seinem Sterbelager zu uns
herüberklingen, er. kirchenzeitung 1866, s. 706;
aus allen dörfern, Schluchten weit
die abendglocken herüberklingen. Eicuesdorff 397.
kommen: ich komme herüber, transeo. Stei.nbach 1,906;
o komm herüber! edier Düchtling, komm
herüber, wo das recht ist und der sieg.
ScHatER Jungfrau 2, 10;
eines abends, wo es ganz dunkel war, . . komme ich auch
von meinem erb da herüber meinen gewöhnlichen weg ge-
schritten. I]()iEBXAN?( Münchh. 4, 24.
nehmen: wir nehmen den gast herüber in unsere Woh-
nung; aus fremder spräche ausdrücke herüber nehmen; in-
dem wir aus allem erkenn- und wiszbaren ausdrücke und
terminologien herübergenommen haben, um unsre anschau-
ungen der einfachem natur auszudrücken. Göthe 52, 306. —
herübernehmen, wie hernehmen, ausscheiten, durchheciieln :
ein mauschel lief mir nach, und wiesz mir seinen kram,
disz war ein theures guih der allerfeinsten spitzen;
ich sprach : die kostbarkeit mag einem andern nützen,
den neulich Flavia so gut herüber nahm. Gc;<tbbr 50S.
quellen: der ganze nachmittag war voll frühling gewesen,
und jetzt in der abendstunde quoll gar ein nachtigallen-
schlag wie aus einem äuszern blütenhain in seinen innern
herüber. J. Paul fiegelj. 4, 103.
reisen: herüberreisen, transmeare, transgredi, supergredi.
Stieler 1589.
säuseln:
o säusle die todten gottes herüber,
mittagswind, zu dem oeugeschatTenen paradiese.
Klopstock b, 50 {iless. t7,24>.
schaffen: wir schafllen eilig unsere Wenigkeiten herüber.
Göthe 28,188.
schlagen: so kann er . . unter einem am biinmel wallen-
den nurdschein spazieren gehen, der für ihn genisz eine
aus dem ewigen südinorgen herüberschlagende aurora ist.
J. Pacl flegelj. 1, 26.
74
1171
HERÜBER — HERUM
HERUM
1172
schleichen: weil die frühere erlaubte gewalt über das
nicbtmoralische wesen (das kind ist gemcinl) sich hinter der
allniülichkeit seiner entwickclung unbemerkt iils eine über
das moralische herüberschleicht. TU. 2, 17ü.
spielen: in milternacht giomin es leise wie apfelhlüthe
an und liebliche blitze aus morgen spielten herüber in das
junge rotb. flegelj. 1, 116.
tönen:
das gcklingel der heerdeii
töut vom thale herüber. IIöltv 1U3 Halm.
treten: wie es gekommen, d^sz ich wieder von der
franzüsiscbeu seile auf die deutsche herübergetrelen. Götiie
26, 50.
trinken:
wann wir deu ganzen tag durchtrunken,
bis tief' die sonn ins ni^er gesunken:
so trinket, ilir niemals verdrossenen brüder,
den nionücn lierüber, dann trinkt ihn aucli nieder.
Cur. f. Weisze kom. opern 2, 18.
verirren: dazwischen noch manchmal eine kanonenkugel,
die sich herüberverirrend {vom feinde) in den Überresten der
Ziegeldächer klapperte. Götue 30, 73.
winden:
noch stand ich aufgelöst in zfirtliches entzücken,
als sie im sclilal' sich sanTt zu mir herüber wand.
Wieland 17, 181 (läris 3, 91).
würdigen: die erhabenheit entadeln und zu den gemei-
nen bedürfnissen der menschheit herüberwürdigen. Tieck
Stcrnb. 1, 345.
ziehen: wenn Judas an die bach kompt, und so mutig
ist, das er erüber ziehen thar. 1 Macc. 5, 40 ;
ich selbst, die gottgesandte, reiche dir
•die schwesterliche band, ich will dich rettend
herüberziehn auf unsre reine seite.
Schiller juiujfrau 2, 10.
wie hernehmen, aufs körn nehmen (vergl. oben herüber nehmen) .
den dollen fahnrich, welcher mein ärgster feind war, zöge
ich gleich herüber und selzte ihn auf den esel. Simpl. l, 145
Kurz.
3) herüber in bezug auf zeit ist seltener: ein aller gebrauch,
der sich bis in unser Jahrhundert herüber gerettet hat; eine
sirte, die bis auf uns herüber reicht; wir haben den Bacon
von Verulam am ende des vorigen Jahrhunderts besprochen,
dessen leben noch in den vierten theil des gegenwärtigen
herüberdauert. Güthe 53, 165; die vorige nacht schien mir
in den heuligen lag herüber zu langen. J. Paul uns. löge
3,112.
4) herüber substantivisch verwendet: indem ein jedesmaliges
herüber und hinüber ihm {einem fährmanne) einen bajocco
eintrug. Göthe 29, 158.
5) herüb'er statt hierüber bei verben des sagens: und spro-
chent, das daj fconcilium zfi Pise und die cardinale möhtenl
einen hobest also wenig entsetzen also ein kneht sinen her-
ren. und seilent harüber vil beweruuge und Sachen, d.stddle-
chron. 9. 614, 2«i. s. hierüber.
HERUM, adv. circuvi.
mhd. her umbc, lier umb {üb. 3, 179'), nhd. zeigen sich neben
dem gewöhnlichen bcrumb der altern, lierum der neuern spräche
seltenere nebenformen, wie herurabe («. unten 2), herum ciVcuni
Stieleb 2384 ;•
seine« himmels güldne decke
(pannt er um dich rings herum,
dasz dicii fort nicht niuhr orgclirecke
deiue» leindes ungestüm. I'acl Gkrbaro 2, 10;
gekürzt erumb (th. 3, 1035) und endlich rum : so kundlen sie
in alle Ire vier orter gehen, und durften sich nicht rumh
lenken. He$. lo, ll ;
wo, zum teufel I Ist denn der ort,
da mein könig elntt bleiben wird?
möcht wol wisin, wo er »ich rum schiert.
Upkl u. Cüun 116, 140;
bei irem rumhautiren. Stopps Parnai» 137;
der herr profe»»«r
lie>t heut kein collcgium,
druro ist c* hcmcr
man trinkt ein* mm.
iiiuilunleiitied 'la »a ge^ilifinm^ri .
du vmtlellung umher {veryl. herab und obher, liernoeb und
n.-irhhir u „\ ,,,, allgemeinen glnchbedciUend mit herum, hat
<•»» no. 4) in der modernen spräche vor dem
■ _- j erfahren.
Bedeutung.
1) herum, örtlich, als ein verstärktes, dem ziele nach bestimm-
tes um, zum ausdruck einer kreis- oder bogenförmigen bewegung
(ider riclitung, die ciQcntlich nach einem sprechenden oder deni
mit ihm in näch.<lcr beziehung stehenden orte zu ihren abschluss
findet; ein früher vorhandener gegensatz hinum ist indes der
Schriftsprache jetzt verloren gegangen {vgl. an alphabetischer stelle),
daher denn der hinweis auf den ort des sprechenden nicht immer
scharf mehr hervortritt, die bewegung kann nach ausdchnung und
verlauf eine sehr verschiedene sein, wobei das zum advarbium
gesetzte verb oft wesentlichen einflusz hat, sie drüclH in manchen
fällen ein zurück aus, vergl. unten bä herum lenken, schwen-
ken, werfen, daran schlieszt sich die formet hin und herutn,
ausdchnung nach einem punide und wieder zurück angebend:
aufentbalter . . die das laut hin und horuinb unter in betten.
d. städtechr. 3, 52, 11 ; t« andern fallen eine bewegung um die
eigene axe (herum drehen, drillen), in noch andern die be-
wegung eines vollen kreises oder nur kreisabschniltes, wie die unten
folgenden Verbindungen mit verben ergeben, der mittelpunkl oder
der verlauf der richtung wird hierbei auch durch weitere praepo-
sitionale oder adverbiale zusiitze angegeben : er bawet auch einen
gang oben auf dem ganzen hause herumb. 1 A>Jn. 6,10; wie
ein fruchtbarer weinstock umb dein haus herumb. ps. 12S, 3;
vor jglichem erker einen vorliof am Ihor rings herumb. lies.
40, 14; und es waren enge fensterlin an den gemachen und
erkern hin ein werds, am tlior rings uinbher, also waren
auch fenster inwendig an den hallen herumb. IG; da waren
kamern, und ein pllasler gemacht im vorhofc herumb. 17;
vom thor bis zum allerheiligsten, auswendig und inwendig
herumb. 41, 17; und es gieng ein meurlin umb ein jgiichs
der viere {cclcen), da waren hcrle herumb gemacht unten an
den mauren. 46,23; es war um uns eine menge birsche
herum, circumfluebal nos cervorum muUiludo. Hedeiucu 1274;
das schifflein war mittelmaszig . . aber mit güldenen und
silbernen gemälden war es trefflich, und mit glänz der bilder
überwund es das gnnze wasser herumb. Schuppiüs 713; vgl.
auch ringsherum, rundherum;
er ritt wol umb das rathaus herumb. Uhland volkst. 560;
ich träumte mich in goldne paradiese,
sah nektar und elj'sium
statt meines hachs, statt meiner bunten wiese,
um meinen trunknen blick herum. IIölty 126 Uatm;
so sangen sie, und machten im gedränge
um mich herum den feuchteti räum zu enge.
Wieland 17, 1»6 {Idris 3, 100);
um rind und blätter rund herum. Dürceb 144';
und herum im kreis,
von mord^ucbt lieisz,
lagern sich die gräulichen katzen.
Schiller handschuh.
in enger Verbindung mit verben der bewegung, in eigentlichem
sinne, oder bildlich verwendet; so
biegen: der wagen biegt um die ecke herum.
drehen, transitiv und reflexiv : den braten herumdrehen;
0 sappcrment ! was kunte sich das mensche schlangenweise
im kreisze herum drehen {beim tanze). Schelmuffsky 1,48; weil
aber mein publicum jene belobten gogensiände im rücken
hatte und sich nicht ganz von mir abwenden wollte, so
drehten sie auf einmal, jenen vögeln gleich die mau vvende-
hül.se nennt, die köpfe herum. Gütue 27,47; das ganze
dreht sich um den umstand herum, dusz ... Gotter 1,76
anmerk.; indesz Wilhelm .. seine ideen, die nur zu lange
sich in einem engen kreise hcrumgedrehl halten , lüglich
weiter ausbreitete. GilTnE 19,113; in dieser art ging der
brief noch lange fort, drehte sich zu Wilhelms schmeizlicher
Zufriedenheit immer um denselben punkl herum. 30,111;
seht diese Offenheit, wie hübsch sie sich zur frechheit herum-
gedreht hat. Schiller räuber 1,1;
schon ringt sie an (lUann), nach ihrem drnchenwagen
unsclilnssig «Ich hemm /u drehii. Wiklani) 10, t5A;
Isti denn »o schwer, sich um die klippen
de« hol« mit ll!>l hHiunizuilrelui? (jOKInck 2, IM;
dii droht er schnell sich ander* rnin,
■ wird ober tlotii niclit besser drum •—
der topf der hangt Ihm hinten. Ciuauio geä. 94.
nintiinlirlirr : ich habe in keiner widcrwartigkeil mich »ehr ge-
grllmt, es hat inirs auch der himmel so bunt herumb drehen
miigcii, nl« er gewoll. pers. rosenth. 3,19: c«- dreiil mir die
Worte im innnilc hei-uin, madU sie zu etwas yant anderem,
gibt ihnen votkclirten sinn.
1173
HERUM
HERni
1174
drillen {vgl. trillen):
diese art. sich selbst zu überfüllen,
und in dem bunJsten einerlei
von sinnenrausch den geist herum lu dnllen.
WlELA!«D IS, 202.
durmeln: traf ihn del-gestalt an die stirn, dasz er herum
durmelte wie ein garnwinae und endlich zu boden fiel.
S./n/i. 1,410 Kur:.
fahren: um die Stadt herum fahren; dann die fuhr- und
kaufleut die meiden oft die weg zu den gasthäusern, wo es
hungerig daher gehet, fahren weitern umkreisz herumb, da-
mit sie für einen bösen und mühsamen lag, einen guten
abend bekommen. Schcppics 740.
flattern: erstaunt bemerkte er, dasz die vögel um das
wesen herumflatterten. Klixger 6, 45.
fragen, in einem kreise die umfrage thun. Steinbach 1,490.
führen: kommen mir für wie die hecken, die meine
bauren gar sehlau um ihre felder lierumführen, dasz ja kein
hase drüber setzt. Schiller rduber 1,1;^ den pHug liärumb
füren, aratnim circunducere. Maaleb 206*.
gehen, in verschiedenem sinne; von lebenden vesen: wir
gehen ein wenig um die thore herum (spazieren); so man-
gelt dem bilde die rundung, das körperliche; wir sehen nur
immer eine seile . . deren allzuschneidende auszenlinien uns
gleich an die täuschung erinnern, wenn wir in gedanken um
die übrigen selten herumgehen wollen. Lessisg 7, 98. die
katze geht um den brei herum; und nach der redensart : herum-
gehen wie die katze um den heiszen brei, zögernd, haben
sich ähnliche bildliche ßgungen gebildet: zwar habe ich den
Wallenstein vorgenommen, aber ich gehe noch immer darum
herum. Scbiller an Goihe 228; doch, wie gewöhnlich, ging
ich lange um mich herum, ehe ich muih genug faszfe, mein
rorhaben auszuführen. Thcsijiel 2, S9; Wilhelm dachte allerlei
bei sich selbst, was er jedoch dem guten menschen nicht
ins gesiebt sagen wollte, er ging also nur von ferne mit
dem gespräch um ihn herum. Göthe 18,79; der freund sollte
nicht um den freund mit worten so herumgehn. Tieck 2,123.
von dingen:
mir wird von alle dem so dumm,
als ging mir ein mühlrad im köpf herum. Götoi 12, 96;
und hieran angeschlossen:
im köpfe war mir« wie betnmken,
es ging die weit mit mir herum. 1, 23
{tgl. auch nnlen 3,o); bei einer gesellschaft, die im kreise sitzend
gedacht wird, geht der becher herum {rergl. unten herum trin-
ken): füllt die gläser! ihr dort laszt noch eins herumgehen,
bevor sich alle versammelt. Fr. Müller 3,264; Götz (schenkt
ein), es geht just noch einmal herum. Gütbe 8,110;
top! top! kling! klang! das ging herum! 12, 191.
in beiug auf gesellschaßsspiele: der plumpsack geht hernm;
die naiTenmaske ging in der gesellschaft herum, und jedem
war erlaubt, sie an seinem tage, mit eigenen oder fremden
atlributen, charakteristisch auszuzieren. 19,117. auch in be-
xug auf einsammlung der stimmen in einem kreise: und liesz
die stimm herumb gehen. Mathesiüs Luther 143*. an diesen
rorgängen hol sich wol ein unpersünlidies wenn es lang herum
geht, für lange Kährt, herausgebildet: mich dünkt, wanns lang
herumm gehe, so werde ich diesen m. Bernhard Schraid ..
nit in Dreszden , sondern in einer andern Stadt finden.
ScHCPPius 804; (weil ich) besorgen müste, wir würden, da es
noch lang herum ging, einander endlich in die haare ge-
rathen. Simpt. 2,86 Kurz; er kratzte sich zwar hinder den
obren und entsetzte sich vor meinem zumuthen als wie vor
einer unmugüchen sach; aber da es lang herum gieng, er-
klärt er sich, meinetwegen in tod zu gehen. 3, 98. aucii
eine rollcsmäszige redensart: es gehl in einem herum, d. h.
irgend eine angelegcnheit wird mit einer andern zugleich erledigt,
nicht besonders betrieben, scheint denselben hintergrund zu haben.
— herum gehen in bezug auf eine erstreckung von gegenständen :
es gienge eine halle herumb (um den vorhof). //es. 40, 30; es
giengen leisten herumb (um die opfertische). 43.
gucken:
gucktest du nicht stets herum,
wnnlest mich nicht sehen;
nimm dein halschen doch in acbtl
wirst es noch verdrehen. Uulaiid ged. 31.
kehren: er kehrte den stein herum; bildlich: mein herz
k«hrt sich mir herum (i-or xc/inierj) ; ha! kehrt es sich doch
immer in mir hernm. so oft ich zurückdenke. Kliscek iheater
2, 273.
kommen: der wind gehet gen mittag, und kompl herumb
zur mitterriacht, und widfr herumb an den ort, da er an-
fieng. pred. Sal. 1.6; was altfränkisch .. ist, mag niemand,
es komm dann in einem cirkel wider herumb, das (dasz es)
wider new werde. Frank spr. 2,7'; welhem rihter an das
gricht geboten wirt zue hus ald zue hof, und nit kumpt,
untz die erst frag von gricht herumb kumpt (der zahlt strafe),
weistk 5, 215 (Schwarzwald, 15. jahrh.).
kreisen: steht der kaiser in einem hofzirkel, in welchem
goldne, weingefüllte schalen herumkreisen. Göthe 6, 197.
krümmen: der herumgekrümmte fuszsteig. J. Pacl He-sp.
3, 1S5.
kugeln: als wenn feuer in seinem köpfe wäre, das durch
die äugen hervorleuchtete? wie er sie herumkivgelt, die stirn
verzieht, als hält er immer was böses im sinne? L. Ph. Hahn
der aufruhr zu Pisa 30; man kann sie in die band nehmen
und in derselben kerumkugeln. Breuv iiluslr. thierleben 2. lio.
laufen: das rad läuft herum; er lief betrachtend um das
ganze gebäude herum; du siehst in die zeit hinaus, wo dein
kleiner sarg steht, an welchem ein grausamer engel die
schönen um ihn herlaufenden, noch frischen blumenstücke
der liebe wegwischt. J. Paul Tit. 3, 79.
lenken: lenket sich (die grenze) erumb von Baala gegen
dem abend zum gebirge Sein Jos. 15, 10; ich wil dich herumb
lenken. Hes. 39,2;
fahret nicht rasch bis hinan; wir möchten zu unsrer be-
srhämung
sachte die pferde herum nach hause lenken. Göthe 40,301.
passieren, vom becher:
darum musz er herumb passieren. Weckheblis 351.
rollen: wie sie .. in Verzweiflung wieder auffährt, die
äugen wie feurige räder im köpf herum rollt. Wieland 19,285.
rücken: man musts alles rumrucken, nichts stehen noch
bleiben lassen , sondern alles newmachen. Alberds wider
)yifzeln G7'; also setzet er nu hie die stücke (eines beweises)
nach einander, und rücket sie herumb. Li:ther 6, 226*.
schlingen: er schlang den arm um sie herum; dem
Städtchen Bitsch, das sich sehr mahlerisch um einen berg
herumschlingt. Göthe 25,330.
schnappen: so fasse er mit seinem rechten daumen
den griff mit no. 1 (an einem zauberbuche), lasz die biälter
nach einander herumb schnappen, so erscheinet nichts als
weisz. Simpl. 4, 214 Kurz.
schnellen: lasz die blätter abermal herumb schnellen.
daselbst.
schwenken:
so deckte die Achäer weiszer staub,
der unter ihnen, von dem hufgalopp
herum geschwenkter rosse los genühft,
empor zum tlrmament des himmels stieg. 6&rge> 164*.
schwingen: das wurde gleich angezeigt und darauf der
unschuldige, als genugsam überzeugt, erbärmlich herum ge-
schwungen. Simpl. 1,427 Kurz;
dann scliwingt sich der weg noch weit herum nach dem dorfe.
Yosa 1, 85 {Luise 2, 741.
singen, com rundgesange:
ei, kameraden. sitzt man auch
beim erndteschmaus so stumm?
frisch auf, und siugt nach altem brauch,
ein hübsches lied herum ! J. M. Miller gedickte 75.
spielen: am ende narr ich sie (meine üebhaber) doch alle,
spiel sie herum, wie der knabe den kräusel. Kli.hgeb tiuater
2, 283.
stehen: und stunden pfeiler unten bei den wenden am
hause, allenthalben herum, ües. 41, 6.
streuen: er dachte sichs, wie weit er von einer so hohen
stelle das licht herumstreuen könnte. J. Pacl Tit. 2. 99.
stricken: ich habe achtmal herumgestrickl. Kotzebde
dram. spiele 2, 2t 1.
tanzen: nahm er seinen hut, stellte ihn auf die spitze
eines fingers, liesz ihn sehr künstlich darauf herumtanzen.
Lessisg U, 29.
treiben:
ein müblstein und ein menschenherz, wird stets herum getrieben.
LoCAO 2, 73, 72;
die wankelmfitlige menge,
die jeder wind berumtreihi !
Scbil'lzr Marin Stuart 4, 11;
74*
1175
HERUM
HERUM
1176
der wirbfl von gescbäften und Zerstreuungen, worin er seit
seinem lOten jalire herumtrieb. Wieland Horazens episleln
(1801) 2,38.
t rillen (vergl. drillen): und damit schwieg er still, und
trillete immer seinen but herumb, ihm die fäsiein abzulesen.
Simpl. 3, 323 Kurs.
trinken: ich geriethe daselbst .. unter die compagnia,
da wir anfangs tapfer herum tranken, darauf auch anfiengen
zu spielen. Simpl. 2, 302 Kurz; sie trinken tapfer herumb.
J. Ayrer 368' (1846, 26 Keller), vergl. oben unter herum gehen.
wachsen: Franz Sartori erzählt, dasz kaiser Karl der
fünfte, nach andern aber Friedrich an einem tisch sitzt, um
den sein hart schon mehr denn zweimal herumgewachsen
ist. Grimii deutsche sagen 1, no. 28.
wenden, verkehren, eine andere seile zeigen; bildlich;
glück zu du ödes feld I glück zu ihr wüsten auen !
die ich, wann ich euch seh, mit thronen musz betauen,
weil ihr nicht mehr seid ihr; so gnr hat euren stand
der freche mordgott Mars grunüausz herum gewand !
LoGAU 1, &0, 4.
werfen: wann sie sich also wacker auf eim fusz herumm
warfen und dummelten. Garg. 82^;
fleng er den hengst zu tummeln an,
sprengt, stutzt un warf in schnell herum,
rent ein weil schlecht, ein weil die krümb.
miickenkr. 1, 813;
der freiherr warf sein haupt herum,
und wies den krausen nacken. Borger 54*;
Mariane hörte, wie der vatcr sich unwillig auf dem lauhsack
herumwarf {auf die andere seile). Felder sondert. 2, 56.
winden:
wie ein krause! wand
sie sich herum. . Göeingk 2,214;
eine um die erde berumgewundene verkleinerte milchstrasze.
J. Paul holzschnille s. 141.
wirbeln: beide matrosen wurden mit in die höhe ge-
schleudert, wirbelten unter sich und über sich in der luft
herum. Hebel schalzkästl, 141.
ziehen:
der berg, der ist mein eigenthum,
da ziehn die stürme rings herum. Uhland ged. 21.
2) die zeitliche bedeutung von herum knüpft an die Vorstellung
von dem unilauf und der damit vollzogenen Vollendung des jalires
an: wie die zeit des jars sich endert, und wie das jar herumb
lauft, weish. Sal. 7,19; dies Jahr ist mir herumgekommen,
ohne dasz ich weisz, wie es zugegangen ist. Wieland in
Mercks briefs. 1, 496 ;
ein hülzene stelzen ist mir gerecht,
ja e das jar herumhe kumt,
gib ichs ein spitelknecht. Ublai«d votlisl. 520;
doch, gott sei dank! mein probejahr
ist Docn nicht ganz herum. Borger 4'*;
freier auch auf andere Zeiten als die eines Jahres bezogen: das
leben fliegt beute auf einem Sekundenzeiger herum, wie ein
Wecker rollet es ab. J. Paul Kampanerthal 21;
die bange nacht ist nun herum.
IIerwegh reiterlicd;
ach! wer sich hinlegen dürfte, und einschlafen und, erst
wenn alles herum ist , wieder erwachen, daheim 1872 no. 37
s. 684*.
8) gewiue mehr oder weniger formelhaß gewordene fügungen
fuszen auf der Vorstellung der kreisförmigen bewegung , wie sie
herum autdrückt, wenn auch diese Vorstellung Jetzt nicht immer
mehr deutlich gefühlt wird.
a) gedanken, mit denen man sich anhaltend beschäftigt, gehen
(.inem im köpfe iierum {vgl. auch oben herum gehen utifrr l
fp. 1173): ist ja so grüsziich davon zu hören, s gehl in einem
ruin. Fr. MCller 1,308; es hiitte mirs herz abgefressen, wenn
ich ihnen nicht sollte an hals gekuuiincn sein, schon Jahr
und tag geht« mit mir herum. Güthe 42,71; mir gehta so
confus im köpfe herum. 7,140; vom goldklumpen, der ihm
im köpfe herum ging. J. Palm, leben Fibels A^; flnstre gedanken
. . . ziehen in meinem gehirnc herum. Klinger 3,212; von
mutik:
A. wie steht*, herr Söller? .S. dumm!
et iceht mir die muaik noch so Im köpf herum.
{er reibt tlie ttiru}. et (hut mir grflulich »eli.
GöTUK 7, 102.
daher freier: eine unruhige herrscbhegicrde ... hot ihn bc-
HlJUi.lip 1..T, ,r,, ..■,.!,, -I..,,, (If,.. / r^ .,„ I .. M.,//,., eil)
b) eine nachricht, ein gerücht wird herum gebracht, herum
getragen, kommt herum, verbreitet sich in einem gewissen um-
kreise: ich wollte nicht, dasz du es in Berlin herumbrachtest,
wie gemein ich mich wieder einmal gemacht habe. ThCmmel
6,199; ich habs ja in der ganzen Stadt schon herumgesagt!
die mariage ist ja in jedermanns munde. Schiller kab. u.
liebe 3,2; mittlerweile hatte sich die vermuthung des posl-
meisters herumgesprochen. Dahlmann gesch. d. franz. revol. 376;
schon seit einem jähre . . hat die Verleumdung . . sich in
Eutin , zuerst bei den höheren , herumgezischelt. Voss wie
ward Fr. Stolberg ein unfreier s. 37 ; dasz man . . die albernsten
und tollsten mährchen von ihm herumtrug. L.TiEci ges, nov.
1,21;
wahrscheinlich
ist die geschichte schon herum. Scbiller Karlot 2, 8,
tgl. hierzu bei herum gehen und herum greifen unten unter 4.
c) «K anderes herum bringen, zu der entgegengesetzten mei-
nung , Stellung oder bedeutung verkehren, lehnt an die sinnliche
Vorstellung eines drehens mit anstrengung an: s. Romanus bringt
die besessene und unsinnige wider herumb (macht sie wieder
gesund). Fischart fci'ctiA. 184'; o hör sie doch, hör sie dochl
wie er das nun wieder so herum zu bringen weisz! Lessinc
1,550; musz den augenblick nachlaufen und ihn mit ein
paar närrischen histörchen wieder herumbringen. Fr. MCller
2,47; das ist ein alter racker! rief der pferdehändler . , .
wenn der nicht will, so bringt ihn der teufel nicht herum.
Immermann Münchh. 1,131; weil ich mir einbildete, ich könne
alles durchsetzen, was ich wolle, und werde das mädchen
schon rumkriegen, wenn ich es nur recht anzufangen wisse.
4, 23 ; in der mildern bedeutung drehen, wenden, vom bericld einer
thalsache: vielleicht zürnen sie über mich, dasz ich gerade
zu gestanden habe, dasz euer wohlgebohrnen mir das helm-
städtische manuscripl zugeschickt haben, aber wie konnte
ich anders? wie hätte ich es herumbringen müssen, wenn
ich der Wahrheit nicht zu nahe treten .. wollte? Reiske bei
Lessing 13, 287. — Ähnliche Verbindungen : sie wüste mit weit-
läufigen Umschweifen artlich herumb zu kommen. Simpl. 3,27
Kurz; die compagnie muszte lachen, dasz des doctors sein
eigen weib ihn so herum nahm {in einem worlstrcite besiegte),
unw. doctor 430; dieser verfluchte kerl schwäzt wie ein dämon,
und Jiat euch das weib herumgedreht, eh man sichs versah.
Klinger theater 4,269; sie sehen, dasz meine absiebten auf
mamsell Louisen ernsthaft sind, wenn sie vielleicht von einem
adeligen Windbeutel herumgeholt . . . Schiller kab. u. liebe 1,2.
d) wird ein bestimmter kreis von geschäften regelmdszig ab-
gewickelt, so kommt man damit herum: mir liegt so vieles
auf dem halse — wahrhaftig, es braucht meinen ganzen
köpf, um herum zu kommen. Schiller parasil 3,4; wer mit
solchen geschäften zu ende ist, sagt ich bin nun herum, bin
fertig.
e) der begriff der Wendung der in herum liegt, verläuft in
den vollständigen Unterganges: als sy aber vor der statt mangel
an profand . . betten, stürmten sye Hicricho herumb, funden
darinn vill gelts. S. Frank chron. 1531 33* {zerstörten es stür-
viend, kehrten das unterste zu oberst);
wer im gewühl
der autorschaft
sich um gefühl
und Icbenskralt
herumgeschrieben. GAkingk 1, 260.
m gewöhnlichen leben hört man oft: um mein geld bin ich
hcriiii), es ist mir verloren; um meine belobnung bin ich
herum gekommen.
/) die örtliche Verbindung liier herum, da herum, dort herum
will einen umkreis bezeichnen , in dem etwas vorhanden Ul oder
geschieht, vergl. daherum theil 2, CS5, dortherum 1307 : die eid-
genössischen truppen waren in Basel und um Basel herum
einquartiert ;
da bat ihm jemand heut ins ehr geseilt:
et lebe hier herum ein Jude, der
ein chritienkind als seine tochter sich
erzöge. I.kssikc 2, 320;
die bürschlcin, dachte er, wissen sonst den bescheid in der
Stadt herum am besten, weil sie der wind aus allen gnssen
zusammen weht. Hebel 3 (1853) .<. 30. diese Verbindung wird
in der tprache des gewöhnlichen lebens auch freier geltraucht, man
hört : diese snche wird um zwanzig thaler lirniin kosten.
ungefähr w viel; auch zeitlich: er wollte um pÜng^ten herum
II.;. I| lifvii, liiMi i/,,<i/. t.i .„'ir lhlt,-i l,-,ii- pi-LU'U Iilic- -vlcil
1177
HERUM
HERUM
1178
4) sehr häufig hat heram seinen altern eigentlichen begriff ver-
loren, slatl der kreisförmigen ricIUung die es zeichnet, tritt mehr
ein unbestimmtes hin und her hervor, doch steht in manchen der
unlen folgenden Verbindungen das adverbium auf der grenze zwischen
dieser und jener bedeutung , vergl. namentlich herum dorkeln,
kehren, querlen, rollen, rühren, wälzen, winden ; auch herum
kommen (in der well) knüpß doch zitnächst an die rundgestall
der erde an. — Für herum in dem eben angegebenen sinne
braucht der moderne edlere stil lieber umher, verben der be-
vregung im Keilesten sinne, mit denen solches herum sich ver-
bindet, sind
balgen: der mörder, mit dem er sich herumbalgte. Göthe
27,232; ich balge mich nicht zum erstenmal mit dem glück
herum. Kli.^ger l, 127 ;
jüngst, als der märz
sich mit dem frost herumgebalgt. Fr. .Möller 2,367;
mit schlechtgeleckteii tölpeln
täglich mich herumzubalgen.
H. Heihk 17, 55 {Atta Troll 14).
bchelfen: wenn so ein musje von sich da und dort,
und dort und hier schon herumbeholfen hat. Schiller kab.
u. liebe 1, 1.
beiszen: zweene hanen geralhen an einander und beiszen
sich tapfer herum. Lokmans fab. 36; bildlich: weil der hausz-
valter diszfalls gar gewissenhaft war, musten wir uns mit
stinkenden hücklingen .. und andern abgestandenen fischen
herum beiszen. Simpl. 1,349 Kurz; wir wollen uns nicht in
gleichniäsen herumbeiszen. Göthe 16, 62.
bieten: was sie als meine lehre herumbieten. Fichte
philos. journ. fcrf. 9, 359; es werden allenthalben wunderliche
gerüchte von mir herumgeboten. Fichtes leben 1, 289.
da hie n, tändeln: du möchtest zur andern zeit meinet-
wegen herumdahlen, die güldenen Jugendstunden verwürfein.
Fb. MilLLER 3. 5S.
denken: über diesen einzigen vogel dacht ich oft weit
und breit herum, a. m. im Tockenb. 38; ich habe in allen
meinen papieren henimgedacht und finde nichts, womit ich
ihnen zum almanach zu hülfe kommen könnte. Göthe an
Schiller 501.
dorkeln: allermaszen ich ... herumdorkelte und kaum
so viel witz behielte, oben in das haus zu gehen, um eine
ruheslalt zu suchen, da ich meinen starken rausch wiederum
sicherlich verschlaffen möchte. Simpl. 3, 414 Kurz.
drücken, reflexiv: wer weisz wo sich der baron herum-
drückt, um meiner tochter aufzupassen. Göthe 15.15; was
soll aus Ottilien werden , die unser haus verlassen , in der
geselischafl unserer Vorsorge entbehren und sich in der ver-
ruchten kalten weit jämmerlich herumdrücken müsztel 17,351;
wie man sich an bach und husch herumdrückt, um eine
mahlerische Wirkung zu erhaschen. 27,279; es ist auch hier
{bei der beantwortung einer frage) höchst merkwürdig , wie er
sich herumdrückt und wie seltsam er sich gebärdet. 59,168.
fahren: da man ihn nicht abgehalten hat, in der weit
herumzufahren. Göthe 20. 168 ; {er ist) so auszerordentlich
freudig, fährt herum, reicht nach dem himmel, als wollte er
ihn herunter ziehen. Klisger thealer 2.309;
sie fuhr herum, sie fuhr heraus,
und soff aus allen plützen. Göthe 12, 106.
fechten:
kurz, Vastola beweist,
sie habe recht, mit so viel witz und geist,
(lasz sich mit ihr herum zu fechten
Pervonten wenig edel daucht. Wiela:«d 18, 198.
fegen:
den ritter wollen wir henimb so lassen fegen,
bisz wiedrumb uns, von ihm zu reden, ist gelegen.
D. v. D. Werder Aiiost 29, 16, 1.
feilschen: man leugne es nicht, die rezensenten über-
theuern — wie viele höfe die tilularrälhe (daher man oft ein
jähr lang nach dem wohlfeilsten herumfeilschen musz) —
die Unsterblichkeit zu sehr. J. Paul o. d. teuf. pap. 2, 108.
fingern: übrigens sind das lauter possen und eitelkeit,
ob man auf den . . verstimmten pfeifen dieses lebens drei
griffe höher oder tiefer herumfingert. Fr. Müller 1, 314.
flattern: wenn man einige jähre in der weit berum-
geflattert ist. Klinger 1, 382.
fliegen: wenn die Sammlung eine quintessenz aus der
menge dramatischer blätter wäre, die seit vier jähren in
Deutschland herumfliegen. Göthe 33, 68.
fiieszen: ich wollte ihm lange ins unstete gesiebt schauen:
aber er liesz auf ihm das an menschliche tugend ungläubige
lächeln eines höflings so schrecklich herumOieszen, dusz das
grausen und meine haare immer höher stiegen. J. PACLQ.d.
teuf. pap. 1, 85.
fluchen: fluchte in seinem innern herum. J. Paul Tit.
3,198.
fragen: herumfragen bei andern. Kant 7,136.
fuchteln, fochtein: fochtelt mit den bauren herumb.
Garg. 5l'; es ist schlechter raison, dasz mir vor der nase
herumgefochtelt wird. Chr. Weise /"reim, redner 236; mit dem
Hecht rumfuchteln. Schm. 1,509.
fühlen: als die frau eines dänischen konsuls die ge-
mahlin des kaisers von Marokko besuchte, fühlte diese neu-
gierig auf dem reifrock herum und fragte voller erstaunen :
bist du das alles selbst? Stdrz 1,60.
führen: fürete sie herumb durch die ganze stad. ^.Macc.
6,10; du must ganz ein ander mensch werden, wie die
Niniviter, die hatte zuvor der Mammon, der Asmodi, der
Lucifer in der Stadt Ninive herumb geführet, bisz an die
pforte der hüllen, da sie aber des Jonae predigt höreten,
da kerefen sie widerumb umb. Schcppiüs 654; die menschen
von einer Hoffnung in die ander ingeniöse .. herumb führen.
747; alles, was wir jetzt in den landstädten thun, ist dieses,
dasz wir unsere manufacturen einem Bremer oder Hamburger
vertrauen, und uns (d.h. unsere waaren) durch dieselben herum-
führen lassen. Moser patr. phant. l, 9 ; dem könig von Ungarn
das commando in die bände zu spielen , blosz damit man
diesen prinzen, als ein williges organ fremder eingebungen,
nach gefallen im felde herumführen . . könne. Schiller 978;
ein bär, der in gesellschaft von äffen und hunden an der
kette herumgeführt und geprügelt wird. Göthe 18,79. sprich-
wörtlich, einen an der nase herumführen, ihn narren {s. herum-
ziehen) ; aber wir führen sie erbärmlich am narrenseil herum.
Schiller räuber 2, 3.
gabeln: vom gelehrten bäum des erkenntnisses, auf dem
wir beide mit obstbrechern halsbrecbend herumgabeln. J. Padl
Q. Fixlein 201.
gehen, inspicierend, «ras an die bedeutung von herum gehen
oben 1, sp. 1173 streift : es sollen auch die geschwornen meister
alle jähr zum wenigsten einmal unversehener ding herumb
gehen {bei der innung). goldschmiedeordnung v. 1563 bei Mose
zeitschr. 3,165; in anderm sinne: ich weis nicht was krank-
heit ist, denn an den pocken und rötheln (leidend) bin ich
herumgegangen. Stillisg jugend (1779) 139;
aber ich gehe herum, sie aufzusuchen, und komme
wieder, sobald ich sie finde. Göthk 40, 2S8.
mit umhergehen wechselnd: und doch gehe ich hier nach-
sinnend in meinen blühenden thälern herum . . wie ich jetzt
hier herumwnndere, denke ich mir den . . . der nun zum
letztenmal an dem gestade seiner heimath traurig umhergeht.
Klinger 8, 171. ton erz'lhlungen , Sprüchen, liedern : wie es mit
den herumgehenden geistererzählungen bewandt ist. Kant
^,110; eine im geist und geschmack des alten wunderlhäters
(Beireis) erfundene legende, dergleichen mehr auf seine rech-
nung herumgehen. Göthe 31,227; in den mährlein und lie-
dern, die unter handwerkspurschen, Soldaten und mägden
herumgehen. 33, 49, rergl. jedoch hierzu oben 3. b spalte 1176.
von gespenstern : es geht ein geist im schlösse herum, s. um-
gehen.
greifen: wir haben alle schon verdrüsziiche geschichten
gelesen, die uns . . . unruhig nach einem hellen ausgang
bogenlang herumgreifen lieszen. die urunderb. gesetlsch. 43. an
oben 3, b sp. 1176 rührend : sage aber niemandem etwas, damit
es nicht zu weit herumgreife. Göthe an frau v. Stein 3, 39.
hängen: man hat die Sachen recht ordnungslos herum
gehängt; auch intransitiv: die Sachen hängen ordnungslos
herum.
hauen: ich nehme die axt nicht und haue mich nicht
mit euch herum wie ein schlächter und stierräller. Immermann
Münchh. 4, 64.
hetzen: dasz mich der böse feind in meinen eisgrauen
lagen noch wie sein wiidpret herumhetze. Schiller kab. u.
liebe 1, 2.
hudeln: indem er sich eine spielkalze der Fortuna nannte,
die sie nach ihren capricen herumhudle. Fr. MCller 2.49;
ich gestehe dir, ich kann den bunten frühling nicht leiden,
1179
HERUM
HERUM
1180
Tielleicht liegt auch Jie schuld an unsern poetcu, sie haber>
das beste dieser Jahreszeit, die Veilchen, die rosen, den klee
so herumgehudelt, . . . dasz es seine Schönheit und seinen
glänz verloren hat. Stdrz 2,58; einen als einen Schuhputzer
hej-umhudeln. Kuncer 3, (58.
hüpfen, hupfen: dasz ich rabe mit andern raben auf
den wänden der gärten stolz und lustig herumb hüpfen
möchte, pers. rosenllt. 5,13; so sprung ich {beim tanze) auf
dem einen boinc der tehelholmer klaflern hoch in die höhe,
dasz auch die eine daiue, weiche sich an mein link bein
gefaszt hatte, fast mit keinem fusze auf die erde kam, son-
dern stets in der luft mit herum hüpfte. Sclielntuffsky 1.50;
dann hüpfte sie wie thöricht in der slube herum. Göthe
19,80; sieht wohl der fromme mann, in affischer ungcstall,
ein widcrwürliges wesen herumhupfen. 29.203;
vergnügen hüpft um ihn herum. IIölty 122 Halm.
irren : so ward er schuldlos zum unglücklichsten menschen,
der jetzt auf der erde herumirrl. Klipjger 7, 199.
jackeln, jackern: sag, wo bist du geblieben, herum-
gejackelt, seil acht tagen? Fr. Müller 2, llS; wie er zunahm
und so fein vorstündig dastund und nicht wie die andern
Jungen herumjackerte. 1,321.
jagen: wie ich euch auf des alten herrn seinen schweisz-
fuchsen setzte, und euch auf der groszen wiese iiesz herum-
jagen ? Schiller räuber 4, 3.
kämpfen: so denken sie, wie mir zu muthe ist, wie
viele leidenschaften sich in mir herumkärapfen. Güthe 23,107.
kasteien:
bleib! würd er ins ohr dir raunen;
hier ist gut und besser sein,
als sich mii des hofes launen
zu St. James herum kastein. Borger 84'.
kehren: wer zuerst seinen köpf in einem mehlsack
herumkehrte, und es wagte in einer ehrbaren Versammlung
zu erscheinen, würde zuverlässig dem arzt empfohlen. Sturz
1,59.
kesseln, vergl. theil 5 sp. 626.
klappern: er klappert mit holzschuhen im hause herum;
noch klapperten die kleinen steine um uns herum, noch
rieselte (i\c asche {auf dem Vesuv). Göthe28, 31; von slümper-
haßem spiel: er klappert auf dem clavier herum; dasz er
mit dem Stempel im mörser herumb kleppert. gespcnsl 12. —
herumkläppern, s. Iheil 5 sp. 975.
klauben: an den worten des berichts herumklauben.
Fichte über die franz. revol. 47.
klettern: wir kletterten dran heTum {an dem Wasserfalle).
Güthe 15. 257.
kommen: ihr seid weit herumgekommen in der weit.
GöTHE 14,109; sie und ihres gleichen, alle diese alten und
im alten herumkommenden. L. Tiecr ges. nov. 1, 74. in gewühn-
liclter rede kört mau: ich bin hier und da herumgekommen
(an dem und jenem orte gewesen).
krabbeln. Hermes Soph. reise 6,235; dieses verschlang
alle andere hündlein, deren es doch so voll im zeit herum
grabbelle, dasz man vor ihnen keinen fusz w eilers setzen
konle. Simpl. l, 197 Kurz.
kramen: während die phantasie des confusen polyhistors
Ton Baireulh in der rumpelkammer aller zeiten herumkramte.
H. Heine 12, 19.
krauchen:
was kraucht da in dem husch herum? Kuttchkelied.
kreuzen: so viele liebenswürdigkeit vor einem berum-
kreuzen zu sehen und nicht zugreifen zu dürfen. Göthe
10,120; auch Auialia ist nicht gleichgültig gegen ihn! lüszt
%\e nicht so gierig schmachlende blicke auf dem kerl lierum-
kreuzen, mit denen sie doch gegen alle weit sonst so geizig
tliul? Schiller raubet 4,2.
krieclien: auf der erde herum kriechen.
krüpeln, kriechen: wenn ihnen einmal die äugen auf-
gehen, werden sie erschrecken, dasz ich schon in Naumburg
und Leipzig bin, milllerwcile »ic noch bei Weimar und
Blaukcnhain herumkröpcin. Cöthe an Zelter 1,431.
laufen: schreiet ir lOchter Habha, und ziehet secke an,
kbifpi und lauft auf d«n mauren herumb. Jcr. 49, 3; e» kam
j(irig«t ein ehrlicher kerl zu mir, welcher lang in der weit
iieriiinb gelaufen. ScHüPPiDsei; di« kleine zeit, so ihr habt
aof der erden hcrurab zu laufen. 716; die weisen aua dem
morgaoland« kenn ich wohl, die um* neujahr mit dem «lerne
herumlaufen. Leasing 1,523; fl. du sprichst vom hauplmanu?
Sp. pst doch! pst! er hat so seine obren unter uns herum
laufen. Schiller räuber 4, 5. danach auch in abgeblaszier be-
deulung nur existieren, da sein, fort und fort vorhanden sein:
es gibt usurpirtc begriffe, wie etwa Schicksal, welche mit fast
allgemeiner nachsieht herum laufen. Kant 2,118; er hat ihr
ein andenken hinterlassen, oder ich müszte mich sehr irren,
es läuft da ein knabe hemm . . . Göthg 19, 80.
lecken:
eine hölle
von eifersucht tobt unter mir!
sich, ihre schwerelllammen lecken
an mir herum von allen ecken! Göeingk 1,85.
legen: wir schellen die armen, besonders die unmün-
digen, wenn sie sich an den straszen hcrumlegen und betteln.
Göthe 17, 309.
liebeln: wie wenn die infanlin um hundert männer herum-
liebelte. Klinger Ihealer 4, 238.
lunpcrn: du, aller taugenichts, stehst und lungerst hier
und allenthalben müszig herum? L. Tieck ges. nov. 4,8; auf
meinen beutel und meine launen, antworlcte der hausherr,
hat dies unnütze herumlungern meines sohnes eindruck genug
gemacht. 10, 29; da lungert ja bei ihnen noch ein lakai herum,
ist ein gang zu Ihun, so kann der ihn abmachen. Freytag
handschr. 2, .425.
maunzcn: mich sollte doch wundern, wenn Curio nicht
auch mit einer guilarre und einem weinerlichen liedchen unter
deinem fenster herummaunzle. Klinger thealer 4, 139.
mausen, schleichen: aber ir elenden leute verkriechet
euch mit ewren namen , mauset im finslern herumb. Job.
WiGARDUS ob die newen Witicnberger u. s. w. 21*.
mühen, reflexiv: ein jeder., thul besser, sich unmittel-
bar an die natur zu wenden, als sich mit den gangarten, viel-
leicht mit Schlackenhalden, vergangener Jahrhunderte hcrum-
zuinühen. Güthe 32, 78.
narren: so dasz zuletzt theoreyn daraus kommen, welche
die leut wie irwische herumnarren. Klopstock 12,130 {nach-
ahmung älterer spräche).
naschen: in einem kirschgarten herumnaschen. Götbr
an Jacobi 238.
necken: dieser lustige anfang setzte mich gleich in guten
humor und wir neckten einander eine ziemliche weile herum.
Göthe 25,167.
nehmen, in übertragener bedeutung schelten, mit warten an-
greifen, vgl. hernehmen und herüber nehmen {uenn die bedeu-
tung nicht elwa von den oben 3, c sp. 1176 genannten Verbindungen
ausgeht) : einen herum nehmen, vexare , cxagilare aliquem.
Stieler 23S4; die offensive krilik hat wirklich ihre kunst-
w'ürter im deutschen : einen herumnehmeh, einem den hart
waschen, einen versohlen, bürsten, kämmen, striegeln, durch
die hechel ziehen u. s. w. Lichtenberg 1,315; den trumpf,
womit sie selbst die .\enien siechen wollen, kann ich wiik-
lich nicht erralhen, und um auch nur möglicherweise darauf
verfallen zu können, müszte ich wenigstens wissen, ob darin,
sowie in den xenien, einzelne personen herumgenommen
werden sollen, oder ob der krieg dem ganzen gilt. Schiller
an G()//ie 414; ward ich von allen anwesenden gasten heruin-
genommen und .. tribulirt. Tieck 9,247;
und so wuch» ich heron, um viel vom vater zu dulden,
der statt anderer mich gar ol't mit woricn herunitiahm.
GoTHB 4U. -i'-i.
in der technischen spräche der fjrber beisit herum nehmen xeug
in dem fliissiyen farbstoffe hin und her bis tur vüiligen durdi-
dringung schwenken und bewegen.
ni Stern: so war er sicher, dasz er ungestraft faullenzen,
den ganzen tag in der küche herumnistern .. durfte. Wieland
15,108.
pfuschen: man kann in der mclaphyaik auf mancherlei
weise herumpfiischen. Kant 3,264. reflexiv: wenn ich sehe
wie er aus irgend einem vorgefaszten falschen begriff gerade
das gegeniheil thiit von dem was er will, und sich alsdann,
weil die anläge im ganzen verdorben ist, im einzelnen küm-
merlich herum pfuschet. Götub 40,22.
poltern:
•r sprang, er siampl, er sticsi die wAnd,
pollvrt hcrümb von orlh r\\ riiil.
(ruscUmau*. D6* (fc. 1, cnp. 4).
purzeln: diese» können sie den Verleger lesen lassen,
wenn er gleich ein wenig im laden herumpurzelo wird. Ra-
iiknbr 0,151.
1181
HERUM
HERUM
1182
quälen: wir dürfen auch über Alfieri reden, denn wir
haben uns genugsam ah ihm herumgequälL Göthe 38, 278.
querlen:
die ganze schaar der knecht und mägde querlet
nun in dem scblosz herum. aIxincek.
auch must ich mit der zeit mit meinen äugen sehn,
als Phillis hochzeit war, wie sie herum geranzet,
wie sie (da Mopsus must als wie ein narre stehn)
mit allen schärern hat bisz in die nacht getanzet.
LouE>isTEi!< Arm. 2, 1485'.
rasen: dürften wir auch keine hiilf von den unserigen
hoffen , welche auf der insul in ihrer doilerei noch herum
raseten. Simpl. 2, 253 Kurz.
reisen: er ist lange in der weit herum gereist.
reiten: im lande herumreiten ; übertragen auf einer sache,
einer meinung herumreiten, sie 'als Steckenpferd' behandeln,
transitiv: die teufel . . . reiten sie {die verdamvtten) in der
hülle wacker herum. Kusger 3, 17.
rollen: der kleine hat seine schönen gaste mit unend-
lichen kinderpossen geneckt und sie haben sich mit ihm
herum gerollt. Güthe an frait v. Stein 1,301.
rühren:
schien vortrelTlich abgerichtet,
wenn die siippe überkochte,
schnell darin herumzurfihren,
und die blasen abzuschäumen. H. HEmi 17, 88.
ru seh ein: dasz man sie für ein kind halten sollte, das
nur auf dem klaviere, ohne auf die noten zu sehen, herum
ruschelt, und doch weis sie immer was und wem sie spielt.
Göthe an frau r. Stein 2, 42.
säbeln: mein hart ist auch bandhoch aufgeschossen;
aber glaub er nur nicht, dasz er jetzt in seiner hastigkeit
an mir herumsäbeln und die gurgel abschneiden darf. J. Paul
komü 2. 92.
schäkern: die Waldnern ist recht lieb, ich war früh
bei ihr, wir haben uns herumgeschäkert. Göthe an frau
f . Stein 1, 59.
schauen: schauet zur rechten und zur linken herumb.
Lokmans fab. 4;
drum schaut nur frisch herum,
ihr äugen, ob nicht bald an warme seile kumm
der, der für uns geweiht und welchem wir gehören!
LoGAU 2, 12, 37 {>c/iu(irerfe einer Jungfrau
über die spielenden äugen).
scherzen:
der batt ein armes mädel jung
gar oft in arm genommen,
und liebgekost und liebgeherzt,
als bräutigam berumgescherzt. Götbb 10, 249.
schinden: verdammte weit, darin ein ehrlicher kerl sich
so heruraschinden soll! Fr. Müller 3,95.
schlagen, transitiv: wenn ich seh, wie mein alter papa
sein trocken brod im munde herumschlägt, und kann es
nicht kauen, so blutet mir das herz. H. Stillings jugend (1779)
1. 12: reflexiv: der niorgenwind blies stark und schlug sich
mii einigen schneewolken herum. Göthe 16,284; lange hatte
sich Faust mit den Seifenblasen der metaphysik ... herum-
geschlagen, ohne eine feste, haltbare gestalt für seinen sinn
herauszukümpfen. Klisgeb 3,3;
ich fühle muth, mich in die weit zu wagen, . . .
mit stürmen mich herumzuschlagen. Göthk 12, 33.
schleichen: er schleicht im house herum.
schleifen: [der egoiil) verficht den werth und gebrauch
seines gülzen nur dann recht, wenn er den der andern im
küth herumschleift. Klinger 11, 84; er {der Übersetzer des
Ptutarch) hat die groszen männer der griechischen und römi-
schen republiken . . im koth herumgeschleift. 144.
schleppen: als ich nun meiner ketten, daran mich die
mauszküpfe wie einen wilden mann hernm geschleppet, ent-
ledigt (ifar). Simpl. 2, 219 Kurz; glaubst du dasz sie es unter-
halten wird am hofe ihres bruders unbedeutende tage abzu-
haspeln? oder nach Italien zu gehn und sich in alten
familienverhältnissen herumzuschleppen? Göthe 8,218; wie
ich denn mit honneten mädchen am ungernsten zu thun
habe, ausgeredt hat man bald mit ihnen; hernachschleppt
man sich eine zeit lang herum, lo, 53; all, verachtet und
vom Ungeziefer zerfressen, hatte er {Odysseus' hund) sich so
lange mühsam herumgeschleppt, und lag nun in den leUten
Zügen. Beckers ueltyesck 1,313.
Schlingeln: als wir nun einsmals unsrer gewohnheit nach
bei der nacht herumschlingelten, den Studenten ihre mäntel
hinweg zu vulpiniren. Simpl. l, 429 Kurz.
schmeiszen: ich habe mich noch zeitlebens mit keinem
herumgeschmissen, und der kam mir nun so gerade in den
wurf. TiECK 3, 81.
schmiegen: ich wuszte mich in dem Römer, den ich,
wie eine maus den heimischen kornboden , genau kannte,
so lange herumzuschmiegen, bis ich an den haupteingan^
gelangte. Göthe 24, 299-
schmunzeln: wie wir . . . scharmirend um die frauen
herumschmunzelten. Kli.ngehs theater 4, 121.
schnappen: aber, wenn vom leben die rede ist, weisz
der teufel, so ist das ein Umsichgreifen, ein herumschnappen,
ein festhallen, ein balgen darum. Tieck 3, 124.
schnauben: der .. pfarrer schnaubt jetzt erst (wie ich
eben höre) in der hälfte des vierten theiles herum. J. Fall
0. d. teuf. pap. 2, 56.
schnopern: du siehst, dasz ich wieder an der gränze
deines reiches herumschnopere. Göthe an Zelter 3, 6.
schnüffeln: oberkenner, die in den ateliers herum-
schnüffeln und beifall lächeln. H. Heise ll, 38.
schnupfein: schnupfle nicht zur rechten noch zur linken
band herumb, dasz du einige gebrechen suchest, pers. baumg.
7,30.
schwanken: dann schwankte seine einbildungskraft in
allen möglichkeiten herum. Göthe 17, 1S4; das anakreonlische
gegängel liesz gleichfalls unzählige mittelmäszige köpfe im
breiten herumschwanken. 25, 92.
schwänzen: über all dem herumschwänzen in der schia-
raffenwelt ündets zuletzt seine heimat nicht mehr. Scuiller
kab. u. liebe 1, 1.
schwärmen: nach langem herumschwermen. Felsenburg
2,367; sie weisz mich in wüsten irren und im elend herum-
schwürmen. Schiller kab. u. liebe 4, 4.
schweben: wo die stille des grabes wohnte, und die
schaudervollen schrecken des grabes herumschwebten. Klikger
3,203; noch liegen sie dorlen unbegraben, und sollen es
bleiben, bis ihre herumschnebenden geister gesehen haben,
wie wir sie rächen. 5, 123.
schwechen, trinken {vergl. Lex er 22S):
darauf wann jederman den wanst recht vollgesackte (mit e««n),
ward ganze nachte durch auf deutsch herum geschwecht
"bisz an den lichten tag, und redlich auszgezecht. Opitz 1,104.
schweifen: in dem übersinnlichen, uabegreiflichen herum-
schweifen. Klinger 11, 216.
schwimmen: herumschwimmen daselbsl.
siedeln: die gastfreundschaft der landleute entschädigte
uns tausendfältig für das heiumsiedelu in wirthsbäusero,
deren es in dieser gegend nur wenige gibt. d. d. Gilblas 30.
sinnen: er hat herumgesonnen, wer unter diesen erdich^
teten naraen versteckt sein müsse. Rabener 2, 306.
spaszen: würden mulhmaszen , ich spaszte mich blosz
herum. J. Pacl Heap. 2, 126.
spazieren: ein wenig vor den thoren herumspazieren;
so war es eine von unsern liebsten promenaden, . . inwendig
auf dem gange der Stadtmauer herumzuspazieren. Göthe
24,24: die heiligen enge! würden sich, wenn sie auf dem
tische herumspazierten , die füsze daran {an einem auf den
rücken gelegten messer) verwunden. J. Moser bei Göthe 45,295;
doch meine wachtet, gutes thier! spazieret
nach herzenslust auf dir herum. GoKI.^GK 3, 11$.
springen: kinder springen im garten herum.
spuken: weiszt du denn nicht, dasz er {der kategorische
imperativ) schon in meinem lande herumspukt? Kli^cer 10.203.
stäuben: wir sind nur funken, unsers Schicksals un-
gewisz , die in dem unermeszlichen herumstäuben. Heinse
Ardingh. 1, 275.
stecken: was war aus der brieftasche .. geworden, aus
sonstigen kleinigkeiten die man an sich herumsleckt? Gt'iTHE
30, 122.
s lenz ein: sage in aller weit, Karl, wirst du dich heute
den ganzen nachmittag herumstenzeln? Reichenac aus unsern
vier wänden 2, 115.
stieben:
stieben berumh zu den qiiartiren,
sie meh zuheizen und zuschüren.
FiscuART dichtungm 2, 26«, 957 Kurt.
1183
HERUM
HERUM
1184
stiefeln: in hut und rock berumstiefein. Feldes sonder/.
2, 162,
Stöbern: in bibliotheken berum stöbern.
stören: die unmerklichsten züge können seinem {des
seelenmalers) gemälde vielleicht alle die physiognomie geben,
nach der gemeine pinsler vergebens herumstören. THt5MMEL
3, 125.
streichen, in mehreren bedeulungen ; streichend glätten:
zwanzig jähre habe ich an ihnen herumgestrichen, aber ich
glaube, sogar sie sind jetzt im stände, ihren stuhl umzu-
werfen und sich in ein anderes geschäft umzuschreiben.
Fheytag bandschr. 3, 8 ; sich herumtreiben : wo herumgestrichen
diesen ganzen langen iKichmittag, bruder liederlich? Fr.
Müller 1, 289.
streinen: herumstreiuen, nullo cerlo consüio vagari. Serz 68*.
streuen: die zerschossenen dächer, die herumgestreuten
Weizenbündel. Götbe 30, 73.
stürzen, heftig umhergehen lassen :
und listig stürzen sie herumb
die blick, uns in das grab zu stürzen.
Weckuerlin 57 (nach ps. 17, II).
sich umherlreiben als vagant: schlössen bei solcher theilung
die herumstürzende Schwester gänzlich aus. Jucund. 18.
stutzen: er war bekleidet und aufgebutzt, als hätte er
an einem lieben feiertag in der statt herumb stutzen wollen.
Simpl. 4, 37 Kurz.
sudeln: fuhr mit ihm zur stubthür hinaus in hof, allwo
ich ihn in seiner eignen mistlachen herumb sudelte. Simpl.
3, 332 Kurz.
summen: er hatte vor dem unendlichen felde der bo-
tanik, das sich nach der zeit aufthat, und den darin herum-
summenden fremden namen, eine art wn scheu. Götbe 17,305.
tänzeln: lasz die immerhin drauf {auf dem balle) herum-
tänzeln, die drauf gehören, wer wehrts ihnen? H.L.Wagner
die kindermörderin 28.
tanzen: wenn aber ein paar verliebte schelme vor uns
am seile der liebe herumtanzen. J. Paul Hesp. 1, 104.
tappen: ein solches Studium ist ein bloses herumtappen.
Kant 2,12; dieses verfahren ist ein bloses herumtappen. 17;
ein empirisches herumtappen ohne ein leitendes princip.
10,69; entschlieszungen , nach denen wir mit der gröszten
anstrengung unsers geistes vergebens herum tappen. Thümmel
4,107; jene meisterwerke zu erkennen, an denen ich nur
herumtappte. Göthe 27, 265.
tasten: in der weit musz man immer herumtasfen, immer
anklopfen. Klincer 9,72; der bauende soll nicht herumtasten
und versuchen ; was stehen bleiben soll, musz recht stehen.
Götbe 22, 163.
tätscheln: sie glaubten mich wundersam zu unterhalten,
wenn sie an mir herum tätschelten. Göthe 19, 100.
taumeln: der im Irrgarten der liebe herumtaumelnde
caralier. s. das quellenverzeichnis des l. bandcs; besser unter-
geben, als schwächlich herumtaumeln. Kli.nger 1,127; nach
langem herumtaumeln in diesem labyrinthe. 3, 5.
tollen: pferde und knaben , die darauf herumtollen.
Lichtenberg 7, 60.
traben: im felde herum traben; aber trabt nicht auf
meinem theuern mantel herum! J.Paul TU. 2,93.
tragen: ein kind auf den armen herumtragen; ein ge-
beimnis mit sich herum tragen ; dasz ich seit langer zeit für
diesen Schriftsteller ein warmes interesse herumtrage. Freytag
handschK 1,356;
doch irigt im köpf so viel dein sohu
mit ticli l)erun), um alle tage
sein eigner herr zu werden. Gökikgk 2, 114.
reflexiv: um mich an fremden höfen als einen landflilchtigcn
herumzutragen, eine last für jeden. Scuillkr 839; wenn ihre
kleinsten roadchen sich mit puppen herumtragen. Göthe
17, 183.
trampeln: auf den blumcnstücken hcrumlrampela. Siegfr.
V. Lindenberg 2, 312.
träumen: in der schmutzigen nachlässigkeit ... in der
sie innerhalb ihrer vier pfählen herumlräumen. Lkssing 7,98.
treiben: dann ist inirs wohl, dünn treib ich eine zeit
lang herum, verrichte und ordne, und führe meine leule an.
GöTHB 10,149; Irantiliv: hast du das guld der wittwen und
Waisen unter die erde vergraben, das dich zu dieser niiller-
nächtlichen itunde heulend hciuintreibl? Schiller runter 4,5;
das einzige, was er sich erlaubte und erli echte, war . . die
äugen heimlich in der slube herumzutreiben. J. Paul Hesp.
1,158;
von welcher liebessucbt werd ich herumbReuieben?
Griflinger Cia D ij ^
reflexiv : ich habe mich lange genug unter bofschranzen und
landjunkern herum getrieben. Gotter 3,364; er war nicht
gern allein, trieb sich auf allen kafl'eehäusern, an allen wirths-
tischen herum. Götue 19, llt.
tummeln: hier war uns . . . ein heitere« feld eröffnet,
in welchem wir uns mit lust herumtummelten. Göthe 26.193;
die inconsequenzen und Widersprüche, die sich in den köpfen
unserer lialbdenker unaufhörlich herumtummeln. Fichte ;)/ii/oi.
journ. 9, 361.
v a g i e r e n : bcrumvagirender arzneikrämer, circumforaneus
pharmacopola. Hederich 1275.
versuchen: es gab gelegenheit über die gegend, über
anlagen zu sprechen, die man nach einer solchen Übersicht
viel besser zu stände bringe, als wenn man nur einzeln,
nach zufälligen eindrücken , an der natur heruraversuche.
Göthe 17,33.
wälzen: {wenn die person) sich nicht auch in andern aller-
hand erzlastern herumb gewälzt . . hatte. Simpl. 3. lO Kurz;
bis paar und paar {bei einem tanze) wieder sich fu«zten und
hoben, und wie Sphären herumwälzten. Hu^xse Ardiugh. i,40ö.
wandeln: und mir ekelt vor den herumwandelnden ency-
clopädischen Wörterbüchern. Ksigge umg. m. menschen 3, 89.
wandern. Klinger 8, 171. s. die stelle unter herum gehen
oben sp. 1178.
wenden: da klagen die edelleut, dasz sie .. fast keine
leut haben können, die ihnen die frucht auszdreschen, oder
das alte körn auf den boden herum wenden. Schuppiüs 60.
werfen: werfet eure Sachen nicht so herum; übertragen
in verschiedenem sinne; von weitgereisten menschen: der graf war
genug unter menschen und jähren herumgeworfen worden.
J. Paul biogr. belust. 1, 49 ; von Worten : im gemeinen leben heiszt
es mit spitzen redensarten herumwerfen , sie nach mehreren
seilen hin anwenden; von blicken:
doch von geheimer furcht gewarnt, dasz nicht
der bruder hinterlistig mich erwürge,
hab ich die siraszen mit etiiblösztem scliwert
und scharlherumgeworfnem bliclc durclizogen.
Schiller 239 (Phönizierinnen v. 338).
voll gedanken , wo oben 3, a zu vergleichen ist : das werfe ich
immer im köpf herum und sorge und denke für dich. Göthe
11,5; dicsz bestätigt in mir einen gedanken, den ich schon
lang in mir herumwerfe. 55.
winden: sich in rednerischen flguren frei und zierlich
herumwinden. Klinger 6, 33t.
wischen: Siddy rückte an den Schemeln und wischte
mit ihrem battisttuch herum. Freytag handschr. 2, 94.
wühlen: einem gelehrten, der in allen handschriften
gerne herumwühlt. Reiske bei Lessing 13,287; es war gewisz
ein götlerfest, so viel mannichfaltige Schönheit herumwühlen
und herumtaumeln zu sehen {bei einem tanze). Heinse Ardiniß.
1,405.
würgen: es ist traurig anzusehen, wie ein auszerordent-
licher mensch sich gar oft mit sich selbst, seinen umständen,
seiner zeit herumwürgt, ohne auf einen grünen zweig zu
kommen, trauriges beispiel Bürger. Göthe 49, 42.
wüthcn: so sah nun Giafar die weit als ein .. Schlacht-
haus an, in welchem ein unersättlicher dämun heruiuuülhct
und würgt. Klinger 5, 12.
zanken: sich mit ihr herumzanken. J.Paul //»p. 1, 62.
zeichnen, reflexiv: du kannst denken, wie ich mich auf
dem Tluiringerwald heruuueichne. GdTHE in Mercks briefs. [,<M.
zeigen: der Irupp reiler, welcher .. die preise {bei einem
Wettrennen) in ganz Rom beruinzeigl. Göthk 29, 235.
zerren: ein löwenfell herumbzerren. Lokmans fab. 29;
länger, sagte er, will ich mich nicht von ihren kaprisseii,
wie ein kalb am seil, herumzerren lasüen. H. L. Wagner kinder-
mörderin Gl; die kinder können unmöglich edle gesinnungen
bekommen, wenn sie sich mit den mägden henimzenen.
Moser patr. phanl. 1,48; als der pfairer unsern Viktor im
garten herumzcrrele, halte der gast beinahe vergessen, das
ideenuKigaziii im garten zu loben. J.Paul Hesft. 1,103; um
mich an diMi Schafsköpfen zu rächen, die mich *o nieder-
trächtig hcruingezerrt haben. Klinger 3, *8.
1185
HERUM — HERUMHER
HERUMLAUFER — HERUNTER
1186
i
ziehen, intransitiv: eh will ich mit meiner geig auf den
bettel herumziehen. Scbiller kab. u. hebe 1,1; wo ziehst du
denn herum, und läszt mich den ganzen tag nach dir um-
sonst verlangen. Rli.nger theatn 3,149; die alte bleikugel.
die ihm seit dem kriegabschied im leibe herum zog. J. Paul
leben Fibels 4S. transitiv: weil du ein paar schweine ge-
schossen hast, ... haben sie dich jähre lang im Zuchthaus
und auf der festung herumgezogen. Schiller 710 (verbr. aus
verl. ehre); den andern aber packte er an den fiiszen, risz
ihn von der bank herab, zog ihn ein paar mal auf dem erd-
boden herum. Grimm deutsche sagen 1 no. 74 ;
ziehe schon an die zehen jähr
herauf, herab und quer und krumm
meine schüler an der nase herum. Göthe 12, 29.
= hinhalten, hinziehen: wenn ich mich beklage, wird er eine
geheime Instruction vorschützen ; wenn ich sie sehen will,
wird er mich herumziehen. Göthe 8. 230.
6) herum endlich causal , tcie sonst hierum, daram (Iheil 2
sp. SOI /f.), in altern quellen: her umbe heilet der sun in der
gotheit die wisheit des vater. Meister Eckh.\rt 6S. 3S; her-
umb gros krieg ufstunt. d. slddteehron. 8,435,9; herumb so
rath ich allen meinen gesellen. Aimon fcog. Aij; {die nirlhin)
gieng und holete ihm ein quartglasz voll wein, in dessen
diese herumb aus war, legte der müller den schmierkäsz
auf den sack. Simpl. 3, 388 Kurz. — In bezug auf eine kenntnis,
ein vissen : etliche edellüte von Elsas oder anderswo von
dem Ryne, die harumb nüt enwissent und sich lieber nen-
nent von dem Ryne denne Franken, d. slddteehron. 9, 624, 19.
.«. hierum.
HERUMDREHUNG, f. gyratio , catastrophe , inrersio. Stie-
ler 329.
HERUMER, HERÜMBER, assimiliert HERÜMMER, das ver-
stärkte herum, aus herumher (s. rf.) en/s/anrfen; (a/^) der schauer
auch den wein mit herummer trinken wolle, pers. rosenthal
2,14; auf den dörfern herummer betteln gehen. 7,2; solcher
gestalt führten sie mich als einen wilden mann in den Hecken
und Städten an dem rothen meer herumer und lieszen mich
um gelt sehen. Simpl. 2, 216 Kurz;
solch hasen lassen sich auch hleckn
am tanze und auch sonst:
da können sie herumber leckn
nach aller art und kunst. hafen-jnchl sIr. 77;
Simplex ein pilger wird, last ihm gefallen,
mit dem herzbruder herumber zu wallen.
Simpl. 2, 3 kurz;
freunde laszt den rebensaft
nicht so lange vor euch stehen,
denn was uns der himmel schafft,
musz vergnügt herumber gehen, unw. doclor 160;
steht diese {noites gnaile] mir zur rechten,
-'• will ich ritterlich mit dir (««nrfe) herummer fechten.
Neumark luslwälilthen 206.
HERUMFRAGE, f. umfrage in einem kreise: es ward bei
den richlern die herumfrage gethan.
HERUM FÜHRER, m. circumductor. Hederich 1272.
HERUMFUHRU.NG, f.: die herumführung bei der nase,
deludificatw. Steisbach 1, 394.
HERUMHER, das verstärkte iierum, mit doppelt gesetztem her
{vgl. oben herabher, herausher m. a.), der bedeulung nach dem
einfachen herum gleich, und nach dem 17. jahrh. für die Schrift-
sprache ausgestorben : nicht in der Stadt herumbher läuft. Luther
fer. 4, 615; nun, kommen wir nicht schier wieder herumbher?
Garg. 223*; Corydon, der dort . . . mutier allein herumbher
trollet. HojfBCRG Dulcimunda (1643) 44;
das hütlin lern herumb her trehen.
yrubianus (1568) A8' (6. 1, aap. 3);
auch machstu (bei tafeti disen fund ersehen,
die plat langsam hörumher trehen,
das kompt dir an deim maul zustewr. B4» {cap. 4);
{icenn auch) vil volks umb dich rumbher slhet,
Wurf ausz was selbs gern von dir geht. C 1" (cap. 5) ;
wie im herbst rottenweisz die krähen . . .
mit eim geschrei herumbher fliegen.
froschmäux. Dl* (6. 1, ctip. 2);
Ubario liesz nicht lang allda herumbher laufen.
D. V. D. Werder .iriost II, 70, 5;
verderbt zu allen dingen sind die elende wir.
allein herumber schlingen (schweifen) kann al modo monsier.
Opbi. m. Coh;i 416, 20;
die weit, die ist ein glückestopf,
der Siels herumber läuft. Fle«i!<c 266, 10 Lappenb.,
die alten drucke setzen hier herumber {s. 313), «cos Flemings
mundart gerechter ist.
IV. II.
HERUML.\UFER. m. vagabundus. erro. Hederich 1273. da-
selbst herumlauferin und herumlaufung, vagatio; auch herum-
laufung der räder, circumactus rotarum.
HERUMREISE, f.: Christi dritte herumreise in Galiläa.
Überschrift des 8. cap. vom ev. Lucd in der bibelausgabe v. 1750.
HERUMSCHWEIFUNG, f.: da diese unglückliche mutter,
auf allen ihren herumschweifungen in dem neuen lande, . .
keine spur von menschen aufgefunden hatte. Wieland 12.50.
HERUMSPÄNNLEIN. n.: ihr nörnbergisch geschieehler-
dänz, die kein herumbspännlein leiden können, gemeint ist
uvl das umspannen, umfassen der tdmerin, das noch im \6. jahrh.
für unfein galt, da der höfische brauch forderte, die tänzerin an
der band zu hallen.
HERÜMSTREICHER, m. vagabundus.
HERUMSTREINER, m. vagabundus; herumstreinerinn, vaga
puella. Serz fiS*.
HERUMTRÄGER,»!, uaaren herumtragender krämer : ich
musz doch hier von den herumträgern sprechen . . . einige
gehen herum mit fäszchen eiswasser und cifronen. Göthe
28,262; Verbreiter von nachrichten. Dahlmas.n gesch. d. franz.
revol. 227. verql. herum tragen unter herum 3,6 5p. 1176.
HERUMTRÄGEREI ,/■. ; diese Spaltungen zwischen dem
königlichen ehepaar wurden durch herumträgerei böser
menschen noch verschlimmert. Maltem neueste wellkunde
(1846) 40.
HERUMWANDLER, m.: herOmwandeler, erro, vagabundus.
Stieler 2501. mit herümwandelung. oljambulatio.
HERUNTEN, adv. unten und nach einem sprechenden zu, ge-
bildet wie oben herauszen, herüben ; wer kein mangel hat, ist
frölich und gehet im nach alle seinem willen, der darf gottes
güligkeit . trost und hülfe nicht , drümb möchte er droben
seiner engel warten , so wollen sie herunten irer gülden
warten. Luther 4,506*;
so bleib ich in der gasz herunden. H. Sacbs 1, 1, 12'.
HERUNTER, adv. desuper, ex alto; mhd. her under. es rtihrt
der bedeutung nach im allgemeinen an herab sp. 1005, so fern
beide adverbien richtung von der höhe nach der tiefe zu einem
sprechenden entgegen ausdrücken, ebenso an hernieder, wobei das
sp. 1119 gesagte zu berücksichtigen.
1) rückgang der form, wie bei den schon früher behandelten
mit her zusammengesetzten adverbien. Luther hat erunter, 5.
//». 3. .<p. 1035; äuszerste kürzung ist runter. BijRCEB 21* {s. die
stelle unter 3); vom fenster runter. Fr. .MI?ller 1.343.
2) tfie bei herab 15/ die bedeutung bei herunter theils scharf,
Iheils minder scharf ausgeprägt, scharf, wenn die richtung nach
einem sprechenden zu deutlich hervortritt; der gegensatz ist hinauf :
er rief hinauf so klagevoll :
willkommen, königstöchierlein I
ein geisterlaut herunterscholl:
ade, du schäfer mein ! üulasd (leit. 198.
die richtung trird durch zusätze näher bestimmt: wiltu eine red-
liche that thun. so ziehe herunter in das blachfeld, und las
uns mit einander versuchen, l Maec. 10, 71 : komm herunter
zu mir; er steigt von oben herunter; dort läuft jemand den
beig herunter; donnerslog gingen wir von Frascati auf Monte
Caro über Rocca di Papa . . ; dann nach Albano herunter.
Göthe 29.172; für jetzt erstreckt sich der schnee {auf dem
ülna) noch allzuweit herunter. 28, 195 ;
herunter, junker Grobian,
herunter von der mähre,
dasz ich dich sitie lehre! RirRCER 54*.
3) minder scharf ist die bedeutung ausgeprägt, wenn der erste
beslandtheil des Wortes her nicht zur gellung kommt , und her-
unter nur so viel irie unterwärts, abwärts sagt: und des königes
beer zog ein theil auf dem gebirge. ein theil herunter im
blachfeld in guter ordenung und vorsichliglich. 1 Macc. 6,40;
da sie nu ausgeben hatte, stund sie auf . . und gieng her-
unter ins haus. Judith 10.2; trachtet nicht nach hohen dingen,
sondern haltet euch herunter zu den nidrigen. Rom. 12,16;
Matthias, ein munterer alter, in einem durch höchst ver-
standene fallen vermannichfaltigten einfachen kleide, . . sein
mantel fällt hinterwärts herunter. Göthe 29,172;
und den blauen rock, der, vielgefaltet vom busen
reichlich herunterwallt zum wohlgebildeten knöchel. 40,2%.
dieser bedeutung entspring die un.tinnlichere und übertragene Ver-
wendung von herunter in Verbindung mit verben, irie. herunter
bringen, kommen, lassen, machen, pfänden, reiszen, werfen,
die unten 5 in alphabetischer Ordnung aufgeführt werden; ferner
75
1187
HERUNTER
HERUNTER
1188
die vorslellung des auf den grund gelangens, des endens und voll-
endens , in den Verbindungen ein lied herunter singen; die
äblissin betete .. ihren rosenkranz herunter. Kli.nger 3, 106;
der leufei (in gestalt eines mannes mit einem gucJikaslen) leierte
seine alllagssprüche herunter. 1G9 ; wir hoffen , unsre leser
sehen den mann nun vor sich, und wenn sie einige anläge
zur musik haben, so musz ihnen sein, sie hätten ihn be-
reits seine ganze Illgenia, Hekuba und Alceste herunter orgeln
gehört. Wieland 19,274; aucli in Wendungen wie: wir trinken
die ganze weinkarle herunter {alle weinsorten, die auf der karte
verzeichnet sind); rergl. ferner herunter kommen «*= zu ende
kommen mit einer aufzdhlung, unten;
hing dann, zum Zeitvertreibe,
sich mit dem halben leibe
zum liimmelsl'cnster naus,
und schmauchte frisch und munter
sein pfeifcheD knaster runter (rein aus). Borger 21'.
4) Verwechselung mit hinunter erklärt sich aus dem zu 3 ge-
sagten: deine pracht ist herunter in die helle gefaren. Jes.
14,11; nachbars Daniel wolle das gute Suschen aus heller
bosheit jüngst vom schritlstein in den bach herunter stoszen.
Ml'säl's kinderkl. 89; diese gesundheil trank Berthold mit
innigkeit herunter. Arnim kronenw. 1,221; die der hölle mehr
Seelen entrissen haben, als die kriege der prälaten in Kon-
stantinopel herunlerfürdern können. Klinger 5, 147; sie fand
Wilhelmen noch mit Mignon beschäftigt, und beredete ihn
m;t herunter zu gehen. Götue 18, 241.
5) Verbindung mit verbcn der beivegnug, wobei das adverb eine
der von 2 — 4 aufgeführten bedeulunqen entwickelt, in dringlicher
rede werden solche verben unterdrückt , namenllich bei lebendiger
erzählvng: und sie, sobald sie mich erblickt, halt gemacht,
vom thier herunter, dem lakayen gewinkt, . . und nun mit
dem holdesten lächeln die treppe herauf zu mir. P. Hevse
novellen 5 (1804) s. 152; oder beim bcfchl: herunter jungfraw
du tochter Babel, setze dich in den staub, setze dich auf
die erde. Jes. 47, l ;
herunter, stolzes herz! bequeme dich!
dem vater nachzugeben, ist nicht schände!
ScuiLLER Turandot 4, Ü.
in den Verbindungen herunter wollen, können, müssen sind
verben der bewegung wie gehen, steigen, kommen zu ergänzen:
er will gern herunter, kann aber nicht; herunter müssen
namentlich in der bedeutung zu boden , unterliegen müssen, ge-
todtet werden : der herr hell ein schlachten zu Bozra ... da
werden die einhörner sampt inen (den widdern) erunter müs-
sen. Jes. 34,7; die schutzherrn Egypti müssen fallen, und
die büffarl iier macht mus erunter. Hcs. 30,6;
er spricht frei ; der mos hf^runder,
wer mich baszt, es kost sein bifiu
Michael Stieffel der 10. psalm 'dein
armer luiuf, lierr, tut klagen''.
herunter sein, eine fortnel des gemeinen lebens , bezeichnet die
zu ende gekommene bewegung nach unten: ich bin herunter
[etwa beini klettern , von einem bäume oder berge) ; audi über-
tragen: ich bin ganz herunter, kräftelos, in folge einer über-
standenen krunklieil ; er ist vollständig herunter, verarmt; vgl.
unten herunter kommen.
Die verben der bewegung mit denen sich herunter verbindet,
sind tm allgemeinen die gleichen, mit denen hcr;il' i<f l"'>6//".)
steltl. folgende können aufgeführt werden.
beten, s. oben no. 3.
bieten, bei einem handel, einer gant : der vogler dingte
dem tischler ein drittel des fiargpreises . . zum erstaunen
des lischlers und aller ab, wiewul sich noch untersuchen
läszt, ob nicht eben ein lebendiger sargsasse und konklavist
etwas herunlerbieten könne. J. Paul leben Fibels 51.
blicken: höre mich, mitternächtlicher himmel , der du
auf die schandtbat keninterblicktcsl ! Schiller rduber 4, 5.
blinken:
er sinkt
nieder an den tliurraex fusze,
wo CS «pät herunterblinkt. Ühland ged. lo::.
blitzen: vor den auf die blumcn herunlerblitzeiidon drei
ka*kalel!cn (der grofien cascade in Hom). J. Pali. Titan 4, l'Jl.
bohren: die gruppe, wo einer vom pfurdc lierunlergebohrt
wird. IlEnRU Ardinghello 3,23.
bringen, in eigentlicher bedeutung: bringe mir das buch
herunter^ nach herunter oben 3 unterwärts, abwärts bringen:
bebt er die boslie in die höbe, so kann er die arme nicht
wieder herunterbringen. GOTbb 79, 196. übertragen, in betug
auf geisl, Kräfte, vermögen: einen von allem dem seinigen
herunter bringen, deturbare aliquem de omnibus forlunis. Steix-
BACH 1, 176 ; wenn man sieht , dasz der körper durch alter
und schwäche . . einen geist . . so herunterbringen und ver-
nichten kann. Klinger 12, 225; die krankheit hat ihn ganz
herunter gebracht, auch abbringen, entfremden: einen von
seinen hohen gedaiiken herunter bringen, depellere aliquem de
gradu. Stkisbach a. a. o. — vgl. herab bringen sp. 1006.
denken:
der todesengel Obaddon,
Philos engel, dacht entOamrat auf die siiiidur herunter.
Klopstock 4, 31 (.Mess. (i, 434).
deutschen, als deutsch heruntersetzen: unsere gelehrte,
künsller und schönen geisler haben (bei gelegenheil des hesuchs
von frau v. Staül) kaum satt werden können, sich heiunler-
dcutschen zu lassen und auf gut vaterländisch schweizerisch-
französische naivelälen zu bewundern, die auf meinem boden
nicht gedeihen wollen , wenn ich auch den dünger daran
wenden wollte. Zelter an Götlie 1,110.
fahren: sobald mir vom Brenner herunterfahrendem der
tag aufgieng. Göthe 27,55; wenn ein slern sich putzte und
herunter fuhr. J. Paul uns. löge l, 145.
fallen: wii beide wagen mit ireii reutern umbkeren, das
beide, ross und man, herunter fallen sollen. Haggai 2,23;
in bezuy auf falten Götue 29, 172 (s. die stelle oben 3) ;
wolauf, du schönste von allen,
lasz ein sträuszloiii heruiiterfallen ! Uuland geti. 2 12 ;
sie ruhten bei einander kühl,
waldvögleiii sangen oben,
grün laub herunterfiel. 217.
flattern: sie sah ihn an und als ihr äuge warm von
einer Ihräne wurde, neigte sich der himmel auf einem son-
nenwölkchen zu ihnen nieder und berührte die verwandten
menschen mit heiszen herunterllatternden tropfen. J. Paijl
Hesp. 3, 217.
fliegen: vom himmel herunterfliegen, de coelo devolare.
Hederic« 1276.
führen: ich wil sie herunter führen, wie lemmer zur
Schlachtbank, wie die wider mit den bocken. Jer. 51, 40.
geben, eigentlich: gib mir das buch vom bücherbret her-
unter, reflexiv, übertragen : unsers gotles ehre aber ist die,
so er sich umb unser willen aufs allerliefest eruiiter gibt,
ins fleisch, ins brol, in unsern mund, herz und schos.
Luther 3, 356'.
gehen: gieng herunter ins haus. JudiUt 10,2; die treppe
herunter gehen, gradibus descendere. Steinbach 1, 554. über-
tragen: die lebensmitlel gehen im preise herunter; aucfi be-
zfiglich der Stimmung der musikalisclien Instrumente : bevor man
das stimmen des claviers beginnt, untersuche man erst um
wieviel das instrnment heruntergegangen, kunst des clavter-
stimmens s. 10.
gehören:
unser prinz slaili kaum geboren : weil an ihm war so viel himni«l,
so gehört er nicht herunter in das freche weltgeiümmel.
LoGAD 3, 165, 58.
g i c s z c n : giesze (naclit) dickrc finslernis herunter ! Klingeh
2, 231.
iialten, neben der eigentlichen bedeutung auch übertragen,
nach unten hallen in bezug auf sociale Stellung: haltet euch
herunter zu den nidrigen. Rom. 12, IC; anstatt ihre kindur
herunter zu halten, sie bei andern in dienste zu geben, oder
sie zu häuslicher arbeit zu gewöhnen, müssen sie immer in
dem Strudel der modcn schwimmen. Moser jnitr. phant. 2, 9t.
iiangen, hängen: die haare hangen von dem köpfe auf
die brüst lierimter, cupilli n capile ante pectus dei>endcr.l. Stein -
BACH 1, Ollis ; die äpfcl hangen vom bäume herunter, maln
per arborem dependenl. das.
haspeln: und wohl uns, wenn der widersacbcr seinen
wurm (groll) ganz heruntergehaspolt hat, denn der Überrest
wächst wie ein bandwiirm, von dem der köpf zurückgeblieben
ist. B. (jOLTZ d. kneipen u. d, kneipgenies 36.
hauen, decidere, succidere: einen arm hcrundcr bauen, suc-
cidcre bracinum, einen bäum licrunder hauen, arborem discin
dire, Iruncare, absecare. Stiei.kh 7!I0.
heben: einen vom pfcrdc herunter heben.
helfen: indem ich dem lieben kindc von unscrin Hau
liehen Kopha herunterhalf. Tnt^MMEL 3,370; als er sich ein
mal in einer periode so hoch verstieg, dasz er einen brocken
nach dem andern ergreifen niii^ztc, um sich nur mit ehren
wieder herunter zu helfen.
1189
HERUNTER
HERUNTER
1190
bunzen (vergl. herunter machen):
Adiim, mir trnumt, es hätt ein kläger mich ergrififen,"
und schleppte vor den richtstuhl mich; und ich,
ich säsze gleichwol «uf dem richtstuhl dort
und schält^ und hunzt und schlingelte mich herunter,
und judicirt den hals ins eisen mir.
H. V. Kleist zerbr. krug, 3. auflr,
hüpfen: das kind hüpft den abhang herunter.
jagen, inlransiliv: die pferde jagen die steile strasze her-
unter; Iransitir: jaget sie (die feinde) von Belthoron herunter
ins blachfeld. l Macc. 3, 24.
kanzeln, vergl. th. 5,178 (aus Schiller Wollenst eins lager,
6. auflr.).
klatschen: wenn einer mit dem geigenbogen auf dem
höchsten seile der höchsten töne lange tanzt und rutscht
und nun kopfunter in die tiefsten herunlerklatscht. J. Paul
bei Campe s. r. kopfunter.
klunkern, klingelnd herunter fallen. Simpl. 3, 9S Kurz (vgl.
die stelle th. ö, 1299).
kommen, l) eigentlich: die Amoriter drungen die kinder
Dan aufs gebirge, und lieszen nicht zu, das sie erunter in
den grund kemen. nr/i/. 1. 34; aber die kinder Israel kamen
herunter von Bethulia zu im , und machten in los , und
brachten in hin ein gen Bethulia. Judith 6, 9 ; als ich ganz
betäubt wieder herunter kam (vom gipfel des Ätna). Göthe
28,197; die wagen kommen vom venetianischen palast her-
unter. 29,231; he, Hannchen komm ein wenig herunter.
KoTZEBCE dram. sp. 1,296.
2) übertragen, zu ende kommen mit der aufzählung einer reihe
von dingen (vergl. oben herunter 3, *p. 1186): und wil weiter
rhümen, ich kan psalmen und propheten auslegen, das kön-
nen sie nicht, ich kan dolmetschen, das können sie nicht,
ich kan die heiligen schrift lesen , das können sie nicht,
ich kan bitten, das können sie nicht, und das ich herunter
kome. ich kan ir eigen dialectica und philosophia bas, denn
sie selb» alle sampt. Lcther 5,141*.
3) ferner zurückkommen , unterwärts kommen , in bezug auf
kräfle, Stellung, vermögen: das ganze land ist herunter kom-
men, percussa est polentia totius regionis. Steikbach 1,907; bei
Stieler im Kechsel mit hinunterkommen: so sehr sind wir
hinundcr sive herunderkommen , in eam fortunam devenimus.
1005; dasz zu jener zeit die rechtswissenschaft nicht wenig
herunter gekommen war. Savig.nt kl. schrißen 4, 196.
langen, intransitiv: vom müller geführt langten Charlotte
und der hauptmann auf einem bequemeren pfade herunter.
Göthe 17, 84; transitiv: die flinte von der wand herunter
langen.
lassen, 1) in eigentlicJiem sinne: aus dem fenster ward ein
korb herunter gelassen ; die vorhänge an den fenstern her-
unterlassen. Kli:«ger 10, 62.
2) übertragen, von einer forderung, änem preise: ich habe
mich nun zum ankauf des hauses von Mellisch entschlossen,
da er etwas davon herunter läszt. obgleich ich noch immer
nicht wohlfeil kaufe, so musz ich doch zugreifen. Schiller
an Güthe 812.
3) reflexiv, tcie sich herablassen 4, sp. 1009 : denn gott hat
sich also gedemütiget und herunter gelassen , das er sein
heilig göttlich wort dem menschen in mund legt, das er
ganz nicht sol zweiveln, das ers selbs sage. Lcther 3, 160';
noch liesz er sich herunter und bot sich zu recht, frr. 2, 544;
wenn sich der allvermögende lord Lester
so tief zu mir herunierläszt, ein solch
bekenntnis mir zu thun. Scbiller Maria Stuart 2, S.
Stieler hol in diesem sinne herunter und herniederlassen gleich
gestellt, s. sp. 1120.
4) einen herunterlassen, verkleinern, der bedeulung berauben,
me sonst herunterziehen: gewisse raänner, die es umsonst
sein würde zu verkleinern und zu sich heninter zu lassen.
Kakt s, 9.
laufen: vom schlösse herunter laufen, ab arce decurrere.
MEINBACH 1,999; die thränen liefen ihm die wangen her-
unter; von dem sinken eines preises : oder aber der preisz des
im herbst eingeholten saamens läuTt bereits in Bremen nach
dem Verhältnisse heninler, als die nachrichlen aus der Ostsee
melden, dasz die frühjahrsfahrer einen wohlfeilen markt fin-
den werden. Moser palr. phanl. 1, CO.
legen: wir sind zahlpfennige in der band goltes; er leget
uns manchmal hoch hinan und läszt uns viel gelten, und
legt uns manchmal auch tief herunter. Scriver seelensch. 2, 2il.
leiern, i. oben nr. 3, ip. 1186.
locken: die alte suchte so viel möglich durch ihre prose
die poesie ihrer Ireundin ins gebiet des gemeinen lebens
herunter zu locken. Göthe 18,64.
lodern: bis endlich das blaue meer alle nebelbänke ver-
schlang und nichts auf seiner unendlichen fläche trug, als
die herunterlodernde sonne. J. Paul Hesp. l, 240.
machen 1) eigentlich: die rinde herunterniachen, corticem
detraliere, er macht den rost herunter, rubiginem toüit. Steis-
BACH 2, 9.
2) übertragen, durch tadel oder Schmähung verkleinern, schelten :
einen heruntermachen, carpere aliquem. Hederich 1277; wenn
man alles, was man daselbst sieht, herunter macht. J. E.
Schlegel 5.13; zu meinem unglück konnte sie deutsch ge-
nug, um mich verstanden zu haben, und sprach es gerade
so viel als nOthig war, um schelten zu können, sie machte
mich gewaltig herunter. Göthe 24,150; das erste, was sie
mir ganz entsetzlich herunter machte, waren die poelen nach
der inode von Weisze , wblche so eben mit groszem beifall
öfters wiederholt wurden. 25,63; ja und was das schimmste
ist, so soll er in eben den wischen, die du herumträgst,
seine Alceste vor der nieinigen herausgestrichen, mich her-
unter und lächerlich gemacht haben. 33, 271.
müssen, 5. oben no. 5 am eingang .?p. 1187.
nehmen: herunder nemen, demere, deßeere, deturbare, de-
sumere. Stieler 1365.
neigen: neige dich nun von deiner stürmigen wohnung
herunter, freue dich ihres zittems (betet eine Jungfrau die
geopifert werden soll). Klixger 2, 289.
nicken.- ja! sie soll dran! sie soll! die obern mächte
nicken mir ihr schreckliches ja herunter. Schiller kab. u.
liebe 5, 6.
orgeln, s. oben no. 3 sp. 1186.
paaren: weil ihr der liebe das gewand abzieht, das sie
so heilig macht, und sie gleich zur metze herunterpaart.
Klisger theatcr 3,181.
pfänden: natürlich gerietb ich auch durch die lebensart
tief in die schulden hinein; auf einmal kam mir nun der
Jude, der mir vorgeschossen hatte, über den hals und liesz
mir das erb anschlagen, ich wurde herunter gepfändet und
hatte dann die erde zum lager und den himmel zum dach.
Jmmermanx MünchJi. 4, 28.
plumpen: dem genie ist nichts vorzuschreiben, es läuft
glücklich wie ein nachtwandler über die scharfen gipfel-
rücken weg. von denen die wache mitlelmäszigkeit beim
ersten versuche herunterplumpt. Göthe 36, 181.
purzeln: wolan, kompt einer, der den bawm schüttelt,
so sollen mir die scharrhenslin gar weidlich herunter purzeln.
Lcther 5, 46'; dasz ich nicht unbehend auf den darbei
stehenden tritt sprang, aber in einem hui über hals und
köpf herunter purzelte. Simpl. 2, 273 Kurz.
reisen: herunderreisen, deorsum versus nos proßcisci. Stie-
ler 1589.
reiszen, in verschiedenem sinne, l) reissend nach unten
bringen : man wird dis land ringsumher belegern, und dich
von deiner macht herunter reiszen. Amos 3,11; einen mit
den haaren von dem wagen herunter reiszen, deripere aHquem
capillo de curru. Steixbach 2,270;
schnappte grimmig nach ihr und risz das haupt ihr herunter.
Göthe 40, 11.5.
2) etwas hastig und gleichsam reiszend zu ende bringen : eine
Improvisation, einen Vortrag, ein musikstück heruntcrreiszen.
s. oben herunter leiern «. a. unter 3 sp. 1186.
3) etwas reiszend verderben: die kinder haben ihre kleider
schon ganz heruntergerissen ; ein heruntergerissener anzug.
4) einen schmähen, schellen : warum sollte ich dem manne
nur noch mehr fehler ausmustern helfen ? er «ird in der
Übersetzung gebrauch davon machen, und mich doch noch
dabei herunter reiszen. Lessixg 12, 289.
reiten: den berg herunter reiten; darauf muszte ich mir
den rechten nassen Stiefel von der wirtbsmagd herunterreiten
lassen. J. Pacl liier, nachlasz 4, 186.
rinnen, demanare. Stieler 1CI2: o du stille mitternacht-
sonne (mond) . . deine herunterrinnenden funken wiegen wie
ein schimmernder bach den liegenden menschen ein. J. Paul
uns. löge 2. 80; -
mir, mir rinnt das mitleid die wang herunter; allein du
kennest nur an der leidenden tugeod die bebende thrüne !
KiopsTOCK 4, 37 :
75*
1191
HERUNTER
HERUNTER
1192
und risz ihm ein äuge
aus dem köpfe, es rann ihm das blut die nase herunter.
GöTUB 40, 216.
rücken, iiUransiliv: rücke ein wenig herunter; Iransiliv:
herunderrücken , deCrudere , dejicere, ddurbarc. Stieler 1570;
seilen wir durch ein prisnia, dessen brechender winkel sicli
unten befindet, nach einem in der hüiie befindlichen bilde;
SU wird dieses bild herunter gerückt. Göthe 52, 141.
rufen: jauchzet ir hiinei, . . rufe du erde herunter. Jes.
44, 23 ; einen vom thurme herunter rufen , de luni aliqucm
devucare. Steinbach 2, 307 ;
icli ruie die Verwünschungen zurück,
die ich im blinden Wahnsinn der Verzweiflung
auf dein geliebtes haupt herunter rief.
ScuiLLER 514 (braut v. Messina).
sagen: er liesz mir hemnter sagen, dasz er mich nicht
sprechen könne.
schallen. Unland ged. 199. s. die stelle oben unter 2.
schellern: doch könnt ich mit dem dolch seinen streich
aus beiden fausten nicht so ganz abhalten, dasz er mir nicht
ein wenig im herunterschellern den linken arm streifte. Heinse
Ardmyh. 1, 195.
schielen: wie traurig werden sie dann vom obersten
tabuiate herunterschielen I Rabener 6,178.
schieszen, intransittv , für herunter stürzen: ein anderer
schösse von einem thurn herunter. Swipl. 1,140 Kurz; transitiv:
herunderschieszen, t/eo/'5u»j wrfufM nü/toe. Stieler 1771; einen
vom pferde herunterschieszen.
schlagen: ich schlug ein unbezweifeltes stück des ge-
schmolzenen (der lata) herunter. Göthe 28, 194 ; er liesz ihm
das haupt herunter schlagen.
schlängeln, reflexiv: schwillt dir die ader oft auf, die
sich hier deine verschobene stirne herunlerschlängelt? Klinger
Iheater 2, 175.
schleichen: herunderschleichen, sensim descendere. Stie-
ler 1S35.
schmeiszen: jemand die treppe herunter schmeiszen.
schmelzen: des kouigs von Frankreich macht . . soll
sehr heruntergeschmolzen sein. Fr. Müller 3, 32.
schmettern: er schmetterte steine auf uns herunter;
vertvediseluny mit hinunterschmettern (oben 4):
der Zriny schmelierte, ein angeschoszner eher,
was iruiiknen muths die mauern schon erstieg,
kopfüber von dem steilen wall herunter. Körner 2, 161.
schneiden: einen ast mit einer süge herunter schneiden,
ramum serra desecare. Steinbach 2,480.
schrauben: fett schraubt den luftröhrenkopf zum basz
herunter, den der mönch so sehr wie das latein in den
hören braucht. J. 1'aul liolzscltnille 98.
schütten: schütte (du nacht) mehr dunkel herunter!
Klincer 2, 231.
sehen, eigentlich: von der höhe in den thal herunter-
sehen, despicere de vertice in tallein. Heüerich 1277 ;
es [ans iluriabitd) sah so niutlermild
herunter auf die reine. Luland yeä. 195;
übertragen: auf einen vornehm herunter sehen.
senken: die nacht senkte sich düster herunter. Klincer
4, 243.
setzen, l) eigentlich, durch setzen unterwärts bringen : die
berge gehen hoch erfür, und die breiten setzen sich her-
unter, zum ort den du inen gegründet hast. fts. 104, 8; sage
dem könige und der königin, setzt euch herunter (vom throne),
denn die kröne der herriigkeit ist euch von ewreni heubt
gefallen. Jer. la, 18; auf gleicher anschauung beruht vom amte
heruntersetzen , deponere de impeno. Hederich 1277, mit der
amliuiurde ul auch der sitz verbunden (vergl. absetzen theil 1,
*p. 117); faule schuler uerden heruntergesetzt: strafen bestünden
im heiunter»ezen und im ausschlieszen von ergulzlichkeiten.
Sturz 2, 3.'j3, tergl. beraufrückeii oben s/>. 1024.
2) übertragen, ernu^drujen , vermindern: die preise werden
herunter gesetzt; es giebl leideiiKchaften und grade von leiden-
tchutlcn, die sich iii dem gesiebte durch die hUszlichsten
Verzerrungen iluszern . . . dieser enlhicllen sich also die alten
kUiiütlur entweder ganz und gar, öder setzten sie auf ge-
ringere giude herunter, in welchen sie eines maaszcs von
»ckuiibeil lähig sind. LetsiNC 0,384; sollte dieser uiiütland
die»e wjhi halle gi-Kchichte in den äugen der erleuchteten
bis zum wiihrcheu herunleiscizen. Klinckr 10, 22ü. nament-
Uch auch in beiuy auf ullUchen wert : ich war . . desto stolzer
und trotziger, je mehr sie mich herunter setzen wollten.
Wieland 2,150 (130); ich hab etwas an dir gemerkt, das
dich vor meinen äugen völlig herunterselzt. Klinger Iheater
2,213; meine band kann nicht zum schwerdt . . ich bin un-
vermögend vor d^m menschen (de« ich aclüe), und ich denk
das setzt mich nicht herunter. 4, 130.
sitzen: viel tyrannen haben müssen herunter auf die
erden sitzen, und ist dem die krön aufgesetzt, auf den man
nicht gedacht halte. Sir. 11, 5.
spazieren: herunderspaziren , ima petere deambulando.
Stieler 1420.
springen: vom pferde, vom wagen herunter springen,
desilire ex cquo, de rheda. Hederich 1277; übertragen:
leichtfertig auf die canzel bringn
und leute lau herunter springn (tadeln).
HiNOVALD taut. warb. 282.
Steigen: Mose steig herunter zum volk. 2 Mos. 19,25;
der freinbdiing der bei dir ist, wird über dich steigen und
imer oben schweben , du aber wirst erunter steigen , und
imer unterligen. 5 Mos. 28, 43.
stellen, erniedrigen: so wenig tiefes nachdenken darum,
weil es sich oft in erbrechen und polluzionen schlosz, mit
beiden eine herunlerstellende Verwandtschaft hat. J. Pacl
auswahl a. d. teuf. pap. 1, 158.
stören: ein Schwalbennest herunter stören, dejicere nidutn
lutosum. Stieler 2173.
stoszen: umb ewer willen hab ich gen Babel geschickt,
und habe die rigel alle herunter gestoszen, und die klagende
Chaldeer in die schiffe gejagt. Jes. 43, 14; sie ist ja zu grew-
iich herunter gestoszen, und hat dazu niemand, der sie
tröstet, klaget. 1,9; und wenn sie gen hiinei füren, so wil
ich sie doch herunter stoszen. Arnos 9, 2.
strahlen:
was soll ich sagen,
wenn nun sein groszer vaier aus dem glänze,
der ihn umgiebi, zu mir herunierstrahlt,
und freudig seines sohnes namen nennt?
Klopstock 9, 40.
strömen: der regen strömt herunter; bildlich:
Lehbäus erwehrte sich lange
seiner klagen; es wölkte sich lang in des leidenden seele,
eh es herunterströmte. Klopstock 6, 219;
bei J. Paul auch vom lichte des mondes: er wendete sanft seinen
Einanuel gegen den herunterströmenden mond um und sagte
und zeigte ihm alles. Hesp. 1,267; blickte . . . zum reichen
mond empor, der vom himmel herunterströmle. Titan 2,115.
stürmen:
denn wo lange du säumst und zum kämpf an dem felsen dich
wappnest,
sorg ich, dasz dir wieder herunterstürmend das scheusal
nahe mit gleichviel rächen und gleichviel männer entralTe.
Odyssee 12, 122.
stürzen, intransitiv: das gewitter wüthete fürchterlich
und nahe an der erde und stürzte zugleich mit dem Khein
(bei Scha/Piausen) herunter. J. Paul kom. anh. z. Titan 2, 112 ;
transitiv: wenn du denn gleich dein nest so hoch machtest,
als der adeler, dennoch will ich dich von danneii herunter
stürzen. Jer. 49, 16;
da sie den menschen
zu ihrem saitenspiel herunterstürzten,
wer theilt mit ihnen harmonie?
ScHiLi.KR Kurlos 3, 10;
reflexiv :
als plötzlich ein gebirg gezackter wellen sich
auf uns herunter stürzt und mich und ihn bedeckte.
Wieland 17, 101 Udris 2, 56).
thronen: wenn er dann .. sich nicderliesz auf das von
ihm selber früher zu einer baiik zusainmengelragene stein-
httufchen und er keck herunter thronte. J. Paul leb. Ftbels 95.
traben: er stieg unter dem herunterlraben Tier kirch-
gtlnger ungehört hinauf in die auszen leer scheinende adcliche
frontloge. J. Paul //o;». 3, 1S7.
tragen: lierunderliagen, deftortare, degerere, dtfem. Srit-
LER 2313.
triefen:
srlinell wird dunkeles blui ou unsorm tpeer ihm herunter
tilelen! Oilyinee 1«, 441.
trommeln: wurde, als er selber sprach, heinahe vor.
der tribuiie heruntcrgciroinmcit. Braun vier briefe eines Süd-
deutschen s. 8.
tröpfeln: von dem hauple zur nase herunter tritpfeln,
in nares rx capüe deUülare. Stkinbacii 2, 869.
1193
HERUNTER
HERUNTERLASSÜNG — HERVOR 1194
wachsen: herunderwachsen , deorsum crescere , pandare,
decrescere. Stieler 2402; andere und gute perücken , zopf-
und beuteiperücken. ja solche, die weit am rückgrat hinab-
liefen , hatte man in Heiligengut längst gekannt, aber noch
keine, welche über beide achseln bis auf die brustknochen
herunter wuchs. J. Paul leb. Fibels 33.
wägen:
[der] die ricbterliche wage hält, und oft
der tugend schmerz, und oft dem lasier lust,
zwar UDbegreiflich, aber doch gerecht
und weise, in den schoosz lierunter wägt. Borger &3*.
wälzen: bald kompt ein groszer stein vom berge her-
unter gewälzet, und leget sieh für den eingang der hole.
pers. rosenth. 7, 20.
wandeln: unentschlossen, wie von einem andern wesen
geleitet, wandelt ich herunter [vom berge) und langte bei den
häusern an. Heinse Ardingh. 1, 282.
wehen: noch dazu schauete Viktor immer über die wiese
hinauf zu Emanuels offnem fenster und liesz sich ein lächeln
von ihm wie eine laufende welle voll licht herunterwehen.
J. Paul Hesp. 3, 206.
werfen, 1) in eigentlichem sinne: gott hat die hofferligen
fürsten vom stuel herunter geworfen , und demütige drauf
gesetzt. Sir. 10, 17 ; als sie {diebe) die leiter angestellel und
der eine in gottes namen einsteigen wollte , warf ihn der
wachtsame hauszvater ins teufeis namen wieder herunter.
Simpl. 1,90 Kurz; und wenn er einmal auf mich schmält:
so soll mich der donner erschlagen, wenn ich ihn nicht über
die kanzel herunter werfen lasse, dasz er die beine in die
höhe kehrt. Rabener sal. 4,29;
der prinz? ruft sie und will —
und will sich von dem obersten geländer
herunter werfen. Schiller hailos 1, 1.
2) reflexiv und in übertragener bedeulung , sich demütigen,
erniedrigen : die apostel waren vol heiliges geists, und waren
gewis , das sie von Christo gesand waren , und das recht
evangelium predigten , noch würfen sie sich herunter, und
wollen nicht, das man inen gleuben soll, wenn sie es nicht
gründlich aus der schrift bewereten. Luther 2,327'; er war
ganz rein und on sünd, noch hat er sich so tief herunder
geworfen und für mich sein blut vergossen. 354"; da sie
(Sara) nu sihet, das sie keine frucht tregt, . . gedachte sie
so, mein man hat die zusagung das er gewis ist, das er so
reich sei werden, von samen aus seinem eigenen leibe, es
wil aber nichts draus werden, vieleicht wils gott von mir
nicht haben, wirft sich herunter, denkt also, ich bin das
weib nicht, gott sihet mich nicht dafür an, das ich des
Samens mutter sein sol, verzeihet sich der ehre mit groszer
demut. 4, 94'. auch transUiv : darumb mustu deine klugheit
herunter werfen, und ein narr werden. 102".
3) scherzhaft und in der rede des gemeinen lebens wird gesagt
ein brautpaar von der kanzel herunterwerfen, vom pfarrer der
das aufgebot verliest, vergl. unter kanzel Ihal 5, 177.
zanken: Socrates, sage ich, den . . Xantippe selbst nicht
von seiner philosophischen höhe herunter zanken konnte.
Raeener sai. 3,47.
ziehen, l) intransitiv: und schlug die Widersacher tod,
da sie herunter zogen. Sir. 46, 7; ziehe herunter in das blach-
feld. 1 .^Ißcc, 10, 71 ; es zieht am Kocher ein trupp reichs-
völker herunter. Göthe 8, 92.
2) tramiliv : den ring vom ünger herunterziehen, detrahere
annulum de digito. Hedericb 1277 ;
jetzt auch das übrige schnitten sie klein und stecktens an
-. spiesze,
brieten sodann vorsichtig und zogen es alles herunter.
Itias 1, 4i>ti.
übertragen in mehrfacher bedeulung; mäkeln, rücksichllich einer
forderung, eines preises: was an dem reste ohne bedenken
oder weiteres herunterziehen abzuschreiben sein wird, ter-
handlungen der schles. fürsten u. stände v. 1618 s. 43; vermin-
dern, rücksichtlich wert und geUung: so zieht ihn {den autor)
das Publikum . . zu sich herunter. Klincer 12, 109.
zittern: durch die der lichtstrabl in diesen unterirdischen
dorn herunterzillertc. Tieck 9,118;
die wange glüht ihm (liem .46'?iW); die kröne
klang um sein haupi; er zittert auf Abbadona herunter,
und umarmt ihn! Klopstock 6, 171.
zwingen: herunderzwingen , avellere , revelkre , difficuUer
abslrahere. StiEler 2670;
Semele der frauen schönste,
die den donnerschleuderer
vom Olymp zu ihren küssen
in den staub herunter zwang. Schiller 16'.
6) alle bisher genannten veibindungen von herunter fuszen auf
der örtlichen bedeulung des Wortes, zeitliche, wie sie im mhd.
erscheint (her under während dessen, dabei, mltd. wb. 3,187'
aus Hagens minnes. 1, 119') kann für die spätere zeit nicht belegt
werden.
HERUNTERL.\SSL'NG, f humilitas, demissio, submissio. Stie-
ler 1076: herunterlassung der geforderten kaufsumme.
HERU.NTERWÄRTS, adf. deorsum. Hederich 1277: ich sähe,
das von seinen lenden herunter werls war, gleich wie fewr,
aber oben über seinen lenden, war es Hecht helle. Hes.8,2;
ich blickte auf und sah den berg herunterwärts eine nymphen-
gestalt auf mich zufliegen. Thcjuel 2, 311 ; der violette säum
geht jederzeit voraus, und also bei objectiven {bildern) hinauf-
wärts , wenn er bei subjecliven herunterwärts geht. Göthe
52,141.
HER VERSETZEN , verb.: ein starres, widerhaariges volk
hier zu lande, sagte der receptor. ich bin erst vor kurzem
aus Sachsen herversetzt, und merke den abstand. Imverman.n
Münchh. 1, 131.
HERVOR, adv. vor in der richlung nach einem sprechenden.
1) die ältere form ist herfür, und es ist sp. 1092 erwähnt, wie
im 16. jahrh. kaum ein hervor neben herfür sichtbar wird (ein
beleg aus B. Waldis unten), ein gegensaiz hinvor hat sich nicht
entwickelt, während zu herfür doch an hinfür (5. d.), wenn auch
in bescltrdnkiem und meist temporalem gebrauche tritt, die um-
kehrung vorher (gebildet wie abher, ausher, einher u. dlinl.)
hat sich, wenigstens in der neuern spräche, der bedeulung nach
ganz von hervor entfernt, und während das letztere nur loealen
sinn entfaltet, ausschlieszlich temporalen angenommen.
2) hervor bindet sicli mit einer groszen anzahl von verben der
bewegung. die bedeulung dieser Verbindungen ist öfter eine ülter-
tragene und bildliche geworden, immerhin ist der Übergang von
dem rein örtlichen begriffe aus dem hintergrunde vor nach einem
beschauer ein so durchsichtiger, dasz es genügt, im allgemeinen
darauf hinzuweisen, die ausgeführtere bestimmung der richlung
erfolgt wie bei den schon früher angeführten mit her zusammen-
gesetzten adverbien: komm hervor zu mir; aus der höhle her-
vorkriechen; Lisette springt geschwinde hinter der scene
hervor, und hält ihm rückwärts die äugen zu. Lessing 1,415;
er hörte das winseln der söhne unter dem geiüste henor.
Klinger 3,190; besser {weiter) hervor, pers. resenth. 1,6. ver-
ben der bewegung sind unterdrückt:
wer ist der höhnisch murrt, und dort im winkel lacht?
Thalia? ja du bists. hervor, und lasz dich hören!
Gc:<THER 527.
in den Verbindungen hervor können, müssen, wollen, ist etwa
gehen oder kommen zu ergänzen :
wenn sie auf ein ein ganzes jar
ein groll betten, denn musts hervor.
B. Waldis Esop 4, 36, 6;
drum will ich auch, nach Sondershausen,
hervor aus meinem actenwall. GöKi:<GK 3, 40.
hervor sein bezeichnet den eben erfolgten abschlusz der bewegung:
denn kaum war dieses wori hervor. Gökingk 2, 150;
wie hervor liegen das resuliat einer solchen: gewisse famiUen-
züge, die hier stärker hervorliegen. Clacdius 7, 55.
Verben der bewegung, mit hervor verbunden :
bannen: wie unvorsichtig habe ich gehandelt, dasz ich
die gelehrten aus ihren löchern bervorgebannt habe. Rabk-
NER 4,305.
bauen: unter so vieler jähre kriegsdruck und dulden hat
sich diese Stadt (Frankfurt) auf das prächtigste und heiterste
hervorgebaut. Göthe 43, 342.
beben:
dreimal fliehn sie zurück, zum viertenmal bebt des gerichts-
stuhls
letzte höh, es beben an ihm die furchtbaren stufen
sichtbar hervor, Klopstocs 3, 244.
bilden: so manches was uns innerlich eigenst angehört,
sollen wir nicht nach auszen hervorbilden. GOthe 48, 9.
blasen: ohschon ein spiegel anlauft, wenn man ihn an-
hauchet, so wird hingegen der spiegel des herzen« helle,
wenn man den alhem aus dem innersten desselben hervor-
bläsel, das ist, wenn man darüber seufzet, pers. baumgarten
9, 19.
1195
HERVOR
HERVOR
1196
blicken: aus dem gebüsch blickt ein licht hervor; die
Schönheit und Vorsorge, die allerwärts in der natur hervor-
blickt. Kant 2,2"; maszen die gute nichts böses vermuthet,
wo nichts böses hervorblickt. Lessing 11. 136.
blinken: wenn du, helle! dich an meine schwarze zottige
brüst lehnlest, dann müsztest du erst recht hervorblinken 1
denn weisz auf schwarz sticht gar gut ab. Fr. MtiXER 1,127.
blühen: wofern aber eine geschickte chirurgische band
die hervorblühende zShne (da denn das Zahnfleisch oben
gleichsam weisz aussiebet) in gelinder Öffnung des Zahn-
fleisches mit einer lanzettcn denen zahnen den ausgang er-
leichtern kan, ist die schnelleste und sicherste hülfe. Ettner
hebamme 876.
brechen, vergl. herfür brechen sp. 1093: der Schulmeister
sagte der magd , dasz er .. sich verslecken wolle, bis sie
ihm ein zeichen gebe, dasz es für ihn zeit sei, hervorzu-
brechen und mit seinem amtsbruder ein wort der Verstän-
digung zu reden. Immermann }fünchli. 4,70;
der praler Schwollius wil gar nicht wohnen enge,
sein hausz musz sein geraurat, gewasclien alle gange;
nicht wunder! ihn venlrusz, da er erst ward ein kind,
bescblosse» sein dahin, wo lauter nachte sind,
drum brach er bald herför, wos eng und unrein wäre,
ob seine rautter gleich war fraw vom Vierteljahre.
LocAU 1, 103, 27;
ich machte mich zum löwen, brach im grimme
aus meinem liinterhult hervor.
WiEi-AND 17, 173 (Idris 3, 77);
entsprang jene berühmte, berufene und verrufene literar-
epoche, in welcher eine masse junger genialer männer, mit
aller muthigkeit und aller anmaszung, wie sie nur einer
solchen Jahreszeit eigen sein mag, hervorbrachen. Güthe
26,117; er war 1494 geboren und starb 1555, lebte also in
der höchsten und schünslen zeit der neu hervorbrechenden,
aber auch sogleich ihren höchsten gipfel erreichenden kunst
und literatur. 53, 160; es ist wunderbar, wie das leben aus
der groben materie henorbricht und die herzen ergreift.
HEiJisE Ardingli. 2,30; gewaltsam brachen seine thronen her-
vor. Klincer 5, 328;
und ein helles strählchen bricht
aus der dumpfen nacht hervor. Kli!<ger 1, 31 ;
glaubest du, die liebe breche
aus der asche noch henor,
weil ich so von freiheit spreche? Gotter 1, 210.
bringen, sinnlich: der alte brachte aus einem kästen
allerlei raritälen hervor; in bnzug auf kinder, nacfikommen :
denn es erzeugt nicht gleich
ein haus den halbpott noch das ungeheuer;
erst eine reihe böser oder guter
bringt endlich' das entsetzen, bringt die Treude
der weit hervor. Göthk 9, 18;
in beztig auf icorte: ich bin auch ein mann, der ein wort
hervorbringen kan. pcrs. baumg. 4,5; und er krähte vor jubel,
gleichsam wie ein bahn, ohne weiter ein wort hervorbringen
zu können. Heinse Ardmgh. 2,293; doch könnt er vor zorn
nichts hervorbringen, so wortreich er auch sonst ist. 1,339;
in hezug auf zu schaffendes und zu erzeugendes, namenllicli
gcittesfToducle : eines von denen werken, .. die wir alsdann
wider unsern willen hcnorbringen. Lessing 1,450; was der
boden gut hervorbringt. Heinse Ardingli. 1.31S; er will das
höchste, was geist und ihat hervorgebracht, durch den ge-
meinsten act der sinnlichkeil zerstören. Göthe 20,67; meine
lust «in hervorbringen war grdnzenlos; gegen mein hervor-
gebrachtes verhielt ich mich gleichgültig. 117; dasz die rc-
fraclion ihre Wirkung üuszcre, ohne eine farbcncrschcinung
bfrwir/.tiliringen. 52,135;
hat nicht Dcukalion
aus ungerormten ateinen
ein volk hervorgebracht? RAaLBt 2,21;
gottes vatergblc,
die diese pracht
berrorgebrachi. FIöltt 157 Halm.
hl Uten: die (tonne brülcl bei thieren, die keine lebendige
jungen gebären, das iingcborenc hervor. Herder werke (1806)
3, 100.
dfimtnern: der falsche «chcin der morgcnrölhe, die hin-
ler einem dunkeln gewnlbe hervordäinmerte. TiiCmmel A, 3on.
denken: ein mann, der diete negative wellweiKbeil her-
Torddcblc. Herder i. IiU. l, U.
dringen, reflemv: drängten «ich toIIc Ihränen hervor.
Klikckr iHeatfr 2,325; was diSngl üicb aus deinem geinte
hervor? werke i,ii; endlich aber drängen sie sich doch wie
springQuthen unwiderstehlich an die Oberfläche hervor. Immer-
mann Münchlt. 1, 83;
da drflngte sich frohes behagen
hervor aus verödeter ruh. Götui 1, 104.
dringen: die natur schien erst vor kurzem aus dem
chaos hervorgedrungen zu sein. Kunger 5, 15; reflexiv: das
glück mag einen groszen geist aus einem stände entspringen
lassen, aus welchem es will, er wird sich allezeit hervor-
dringen und zur bewunderung der well werden. Lessinc 3,2;
wodurch sich ein immer wachsendes misbehagen in mir
hervordrang. Göthe 25,54.
eilen:
des liebesgottes voll und seiner süszen wulh
eilt sie hervor, den jüngling zu umfangen.
Wienand 17,2(5 (Idris 1,28).
fahren: seine absiebt war, hervorzufahren, wenn die
bestien im sack salzen, und die ganze rotte dann wie bie-
nen im schwarmsack wegzutragen. J. Paul Hesp. i, 9.
fallen: alles musz aus der materie hervorfallcn. Ramler
dichlk. d. Hör. 16.
geben: das zarte und gründliche seiner natur gab sich
im gespräch gar liebenswürdig hervor. Göthe 31,25"; jemehr
von Jugend auf das gefühl bei mir wuchs, dasz man schwei-
gen solle wenn man nichts zu sagen hat, und dagegen das
wohlgedachte auch gut und ohne stottern hervorzugehen sei.
49, 156.
gehen: oder sah er einen engel unter dem meiszel her-
vorgehen und half diesem irrlhum in der eile mit einem
desto schlechteren herzen ab? Schiller kab. u. liebe 5,7;
immer reizest du mich, freundliches äuge der nacht,
wenn du im oslen entsteigst und im rotnen gewand
hinter dem walde hervorgehst,
oder im grauenden westen sinkst. IIöltt 08 Halm;
trübe sank sie [die sonne) gestern nieder,
herrlich geht sie heut hervor. Gotter 1, 14;
gchn wir ins gefild hervor,
das sich stolz dem himrael zeiget. Uht-and grd. II;
und bist doch mit würd umfangen
und strahlest doch adel aus,
als wärest hervorgegangen (entsprossen)
aus eines königs haus! s. 228.
hervorgehen, von einer folgerung, einer lehre:
und daraus geht für grosz und klein
die weise lelir hervor.
in der technischen spräche der maier: geben uns zu unserm
eignen vergnügen alle mühe, die köpfe und überhaupt das
nackende z. b. vom Tizian rund und hervorgehend, und die
fernen und miltelgründe seiner landschaften im gehörigen
abstand zu sehen. Heinse Ardingh. 1, 357.
girren: ehe sie ihre Innern cmpfindungen, zärtlich wie
die liebe selbst, hervorgirrle. ThI^mmel 6, 45.
glitschen: dünkt mich recht, so stehen wir gegen unsere
nachbani in einer glücklichen abgewogenen mitte, so da.'»z
wir nicht, wie die sarmatischen Völker, die worle heraus-
rücheln ; noch wie die sceiiationcn in heiserm tone däm-
mern; noch wie unsere sybaiitische nacbbarn die Worte mehr
hervorglitschen. Herder z. Uli. 1, 62.
glotzen: verbarg sich hinter einem wilden rosenbusch ..
und glotzte hervor. MusÄus volksm. l, 8.
graben: das blut, das ich mit verzweifelnden bänden
unter meinem herzen hervorgrabc. Klincer theater 3,392.
gucken, kucken: der geck gucket doch hervor. Schottel
1120*; unter ihrem scssel kuckt Amor schadenfroh hervor.
Stolberg s, 457.
gurgeln: o, mein bester herr, wie konnten sie nur rinru
augenblick denken, dasz der zahnlose rächen unserer auf-
seherin diesen nachtigallcnton hcrvorziigurgcln geschickt sei?
ThCmmel 3,50; es i-t nicht grosrinüthig von ihnen, mein
herr, gurgelte sie mit sanfter stimme hervor. 195.
hangen: ein schwärzliches gesiebt, rolhcs hanr, ein lier-
vnrhangendcr bauch {bei Schilderung des IHaulus). Lessing 3,7.
heben, virisl hldlirh : nie er sicli aus seiner Verzweiflung
nur hervorheben und cinigcrmaszcn besinnen konnte. Gothi-;
17, 40.'>; brzHiiUch einer gcilalt die sich von einem dunklern hin-
Irrgrunde abliebt :
weh mir! wa« seh leb! dort crurhoint die «chreckllrlir !
am lirandei nammen, dDiter leuchtend, bebt flc »Ich
nie RH« der holte rächen ein genpenii der nacht
hervor. .Sriiii.|.iR ;Hny^raN 2, 6.
1197
HERVOR
HERVOR
1198
in bezug auf Schilderungen, ausspTüche, ansichten, meinun^en :
einen unterschied jedocb . . heben wir hervor. Göthe 6,115;
blieben mir doch gar manche tiefer liegende eigenheilen (des
dialekls), die ich, weil sie mir ihrer naivetät wegen gefielen,
mit behagen hervorhob. 25.56; dieses alles weisz nun sein
gegner in einzelnen fällen hervorzuheben, so genau und be-
stimmt zu zeichnen. 38, 23S; zu literarischen angelegenheiten
zurückkehrend, musz ich einen umstand hervorheben. 4S, S3;
weil ich aber, von meiner seile hartnäckig und eigensinnig,
die Vorzüge der griechischen dichtungsart .. hervorhob. 50,54;
technischen und artistischen abgeschlossenen thätigkeitskrei-
sen sind die Wissenschaften mehr schuldig, als hervorgehoben
wird. 53, 159.
beulen:
man wiegert den discant, man brüllet den teaor,
mau billt den contrapunct, man heult den alt hervor.
LoGiü 2, 1U6, 39.
holen: ward es {ein Dürersches gemäldei unvorsichtiger als
jedes andere hervorgeholt, auf- und wieder bei seile gestellt.
GuTHE 31.220; überhaupt erfährt man mit den bittersten
Wiedersprüchen am besten die Wahrheit, die man sonst selten
aus den verborgnen tiefen eifersüchtiger virtuosen hervorhohlt.
Heinse Ardingh. 1, 344.
horchen: das männchen rechter band, das mit aufge-
machten zirkelfüszen und aufgezognem flügelmantel hervor-
horcht. J. Paul holzschnitle 176 ; ,
da horchte lief aus seiiieu relseiihöhleu
der aufgesuugne menicbensiun hervor.
TiBDGE 6et Campe unter aufsingen.
hüpfen:
da kommst du [ralle) schon her\orgehupfi; Götue 12, 77.
jagen, transiliv und intransiliv: die reiler jagten aus dem
hinterhalte hervor; ein wild aus seinem verstecke hervor
jagen.
kämpfen, reflexiv: dann aber kämpfte sich aufs neue der
verdrusz unbändig hervor. Göthe 23, 136.
kehren: da . . ich mir dagegen auch wieder eitel zu sein
erlaubte, das heiszt, dasjenige unbedenklich hervorkehrte,
was mir an mir selbst freude machte. Göthe 26, 337.
keichen, keuchen: {ein sterbender, der) kaum noch
den wünsch zu leben aus der biiist hervorkeichen kann.
Klisger 3,211; dem jungen herin Gramer sieht man gleich-
falls an, dasz er unter der wölke hervorkeuchen möchte, die
Klopstocks glorie saurat. Göthe 33, 62.
keimen: junge pQanzen keimen aus der erde hervor;
gedanken, die .. hervorkeimen. Klincer 11,178.
klauben: halten wir die trüramer der statuen so werth,
klauben wir sie aus dem greuel der Verwüstung und der
restauration so ängstlich hervor, v^arum nicht gemählde.
Göthe an Laraler HS.
kommen: aus einem Schlupfwinkel hervorkommen; an
dem bäume kommen neue triebe hervor; besah die läge von
Genua, . . woheraus immer die gröszten seehelden hervor-
gekommen sind. Heinse Ardingh. 1, 177. vergl. oben herfür
komnien sp. 1094.
kriechen: als über die mitte des gebirges ein pech-
schwarzes gewitter hervorkroch. Campe kinderschrifleu 18, 34.
langen: Matthieu trat ein und langte das grosze wich-
tige hervor — die kahle bitte um Flamins leben. J. Paul
Hesp. 4, 133.
leben, reflexiv: in den bergen war alles klang in mir
gewesen , manches halte sich unmittelbar an ort und stelle
hervorgelebt und sogleich gestalt gewonnen. H. Stieglitz selbst-
biogrupltie 303.
leuchten: grosze bellblaue äugen leuchteten unter einer
hoben slirne hervor. Götbe IS, 261.
locken: er suchte die vorige Vertraulichkeit und offen-
heil wieder bervorzulocken. Kunger 5, 300.
lüstern: in diesem, obgleich der natur unähnlichem
gesiebte — wie viel mehr einfacbheit, einsinnigkeit, wie viel
kräftiger, edler, nicht hervorlüsternd die nase! Lavater p/»y.<f.
fragm. 3, 11, 8, no. 305.
machen, reflexiv: wir kinder sollten daher allein schlafen,
und wenn uns dieses unmöglich fiel, und wir uns sacht aus
den betten hervorniachten . . . Göthe 24, 16 ; hier und dort
hat sich ein verspätetes Johanniswürmchen . , herrorgemacht.
Riehl cuUurgesch. nor. 353.
nehmen: etwas aus der rumpelkammer wieder hervor-
iKhmen. in der altern sj)rache reflexiv, im sinne von sich hervor-
thun , sich auszeichnen : so hälts gott mit vielen , die er zu
ehren bringen will: sie müssen untertreten werden, auf dasz
man hernach, wenn sie aufkommen und sich hervornehmen,
ihm allein die ehre gebe. Scriver seelensch. 2, 15.
picken:
da picken durch die morsche schale (des eies)
seltsame misgeschöpfe nur hervor. Gotter 1, 333.
pochen:
was auszuspähn kein doctorwitz vermochte,
im dickicbt der natur seit secuta sich verlor,
bei guter lautie pochte
sein (des zufalti) jagdspiesz es hen'or. Tbcmsel 3, 27.
prangen: in welcher gegend die sladl Straszburg mit
ihrem hohen münsterlhurn gleichsam wie das herz mitten
mit einem leib beschlossen hervorpranget. Simpl. 2A26 Kurz ;
jetzt begabte mit krait und kühnheit Pallas .\theiie
Tydeus sohu, Diomedes, hervor zu prangen vor allen
Griechen. BiJRCKa 220".
preisen: N. preist sich vor der zeit zu unfehlbahrer
glückserhöhung mächtig hervor. Butscbky kanzl. 500.
pressen: auch auf den rezensenten preszt ich wider
meine Überzeugung ein dünnes lob hervor. J. Paul aus des
teufeis pap. 1, 81.
quellen: wasser quillt hervor; unversehens sind sie {die
reiter) hinler der weinhühe hervorgequollen. Göthe 42,160;
aus den vorslädten quoll der aufstand hervor. Dahlhanx
gesch. d. franz. rerol. s. 437 ;
unter unsers hammers schlagen
quillt der erde reicher segeti
aus der felsenkluft hervor. Körtier I, 115:
es quillt, im inuern auferzogen,
aus blüthentod die fruchi hervor, iit.
ragen: die nereiden erschienen mit halbem leib aus dem
wasser hervor ragend. Wielasd 19, 308 ; es war daselbst ein
schroffer hervor ragender felsen , welcher in den vorbei
flieszenden ström niedersah. Bürger 265'.
recken:
er reckt sein langes ohr
bei jedem leisen zischen
aus dem gebüsch hervor. Wielanu 10, 148;
wir nahten schon dem Strand, der eiuer zunge glich,
die weit hervor ins meer sich reckte. 17, 101 (Idiis 2, 56) ;
halb todt vor schrecken reckt Sibj-Ile
zuerst das ohr,
dann tief aus ihres bettes hülle
die nas hervor. Gotter 1, 156.
rennen:
da öffnet sich bebend
ein zweites thor,
daraus rennt
mit wildem sprunge
ein tiger hervor. ScarLLER der Handschuh.
rieseln:
und hervor aus der strotzenden gurgeln
rieselte schwarz auf die polster, und schwarz in die läse der
blutslrom. Voss,
ringen:
zerschmettert nur rangen sich kiel und mast
hervor aus dem alles verschlingenden grab.
Schiller laucher.
rücken: einen gegenständ aus dem dunkeln ins helle
hervor rücken ; für dich wäre gesorgt, meine liebe, und wir
dürfen nun auch mit unserm Vorschlag hervorrücken. Göthe
17,63; so war es ihm desto nolhwendiger, sobald er ein
häufeben vertrauter personen um sich erblickte, mit seinen
verschen, lilaneieu und bilderchen hervor zu rücken. 19,329;
rückte ich nach einigeiu zögern mit meinem anliegen und
dem biltscbreihen hervor. 24, 281.
rufen, intransitiv: ein fluch gegen die heiligen ist todes-
sünde ! rief eine stimme hinter den bellvorhängen hervor.
Klinger 3,159. transitiv, in bezug auf u-esen: die Schau-
spieler, der dichter eines Stücks wurden nach der Vorstellung
hervorgerufen, s. unten hervorruf; diese aufforderung könnte
die wilden beslien aus ihren löchern hervorrufen! Schiller
rätibcr 4,5; ni bezug auf dinge und cigensehaflen : pallasle ruf
ich hervor — und habe keinen winkcl zu meiner ruhe? Gotter
2,490; so viel andere stille lügenden, von der natur erst
kurz aus ihren gehallreichen tiefen hervorgerufen, durch ihre
gleichgültige band schnell wieder ausgetilgt. Götbe 17,410;
sein (SchöpPins) groszes werk Alsalia illustrata gehört dem
leben an , indem er die Vergangenheit wieder benorruft.
26,47; {drei brünnlein, die) bei enlhauplung des heiligen Paulus
durch sein blut hervorgerufen worden. 29,168;
1199
HERVOR
HERVOR
1200
ein wort daj ander rüeft har für.
edelslein s. 204 Pfeiffer ;
was unsre väier schufen,
zertrümmern ohne scheu,
um dann hervorzurufen
das eigne lustgel)au. L'hlawd ijed. 96.
rühmen: eine scliiile, die dem fianziisisclien wesen feind-
lich gesinnt war und alles deutsch volksthüinliche in kunst
und leben hervorrühmte. H. Heine 6, 52.
schauen:
wie er gen Weiszenhurg kommen
wol unter das liohe tor,
da schaut dieselbige falsche freu
hoch oben lur baie hervor. Uhland volksl. 2S7
(mündlich aus dem Schwarzivalde).
schäumen: da er {der jMoaoph) nicht huchstaben (wie
der algebraisl), sondern ganze kunslwiirler geschickt unter
einander mengt, so schäumen aus der alliticrazion derselben
Wahrheiten hervor, die er sich kaum hätte träumen lassen.
J. Paul Hesp. 2, 129.
scheinen: zog ich einen ganz schwarzen habit an, . . .
aus welchem meine weisze baut hervor schien wie der schnee.
Simpl. 1,365 Kurz; mit . . teppichen waren die wände fast
von oben bis unten bekleidet, so dasz nur sockel und friesz
hervorschienen. Göthe 20,252;
mancher meinet, ehr und würde scheine nicht an ihm hervor,
wann sie nicht steh auszgestellet, auf der holfart berg empor.
LoGAU 2, 108, 47.
schieszen, inlransiliv : das luftgebäude seines stolzes fiel
zusammen , und die schlummernden empfindungen seiner
Jugend schössen hervor, um seine quäl zu vermehren. Klisger
3,266; deine äugen erfreuen sich an dem dunkeln blau des
himmels, an welchem einzelne goldne Sterne hervorschieszen.
7, 20S; ein blick schosz unter ihren langen augenwimpern
auf Ernsten hervor. 8, 31 ;
er ist herfür geschossen,
gleich wie am Libanon ein ungekrümmter sprossen.
Fleming 29 Lappenberg;
da schosz er (der fuchs) hervor und schnappte mit einmal
auch nach mir. Göthe 40, 116.
schlagen:' fimken aus dem steine hcrvorschlagen; der
lebhafte antheil Nausikaas an dem fremdling wird durch
Wirkung und gegenwirkung endlich hervorgeschlagen. Götbk
2S, 204.
schleichen:
kaum trat ich aufs gestad, als eine andre schaar
von nymfen hinter den schasminen
hervor geschlichen" kam. Wieland 17,187 (Idris 3,103).
schlenkern: und zum Wahrzeichen lasset das Schurz-
fell durch die löwenhaut hervor schlenkern. A. Gryphius 1698
1,721 (P. Squenz).
schlüpfen: nach einigen jähren wuchsen die zarten
fräuleins heran , ihre jungfräuliche Wohlgestalt blühete auf
wie die aus der knospe hervorschlüpfende rose. MosXüs Volks-
märchen 267 (Libussa).
schnellen, intransitiv: wenigstens vorher einen bericht
zu fordern, ehe sie mit befehlen hervorzuschnellen sich unter-
stünden. MrtsER pa/r. /)/ian<. 1,212; transitiv: schnellte ein nein
hervor. J. Paul Hesp. 1, 125.
schwanken:
da rauscht der kahn durch hangende gesträuche, . . .
schwankt jetzt hervor. Hölty IbS Halm.
schwingen: jetzt schwang sich jener . . . Jüngling der
erscheinung aus der wölke hervor. Klinger 10, 104.
sehen: zufrieden will ich aus meinem kritischen winkel
.'Ulf die thoren hervorsehen. Rareker 0,193; ein dritter lobte
sein spiel . . . und bedauerte nur: dasz eben in diesem
feurigen augenhlick ein weiszes band unter der westc hervor-
geseben habe, wodurch die Illusion ätiKzerst gestört worden
sei. GriTHK 19,231.
Aiegen: als auf cinmahl, o welche freudel welch froh-
locken! durch zerri*serie wölken ihr holdseliges haupt wieder
henorsiegle ! Fr. Müller \,H2.
spannen: statt des hintern inaulthiers, das man hervor
neben die gabel spannte. Göthe 27, t«o.
spinnen: ich langte in die lasche und spann einen
kunen »Irick hervor. J. Paul atu d. teufeh pap. 2, 21.
sprechen: zugleich sah sie mit ein paar äugen an ihn
hinauf, aus denen ihre ganze neigung hervorsprach. Güthe
22, 52.
spricszen: nachdem vor der grundlegung der weit deine
natur fromm und rechtfertig geschaffen ist. so sollen aus dir
keine böse werke hervorsprieszen. pers. baumgarten 8, 13.
springen:
die trommel gieng, die glocke klang (bei feuerlärm),
der Wächter stiesz ins röhr,
aus jeder thür und fenster sprang
ein bioszes hemd hsrvor. Gökinck lieder zweier lieb. 83;
nun sprang Rüstevieis bruder hervor. Göthe 40,28;
hervorspringende ecken eines gebäudes; übrigens ist ein
hervorspringendes zeichen (eines gesiciits) allemal genug, einen
Charakter merkwürdig zu machen. Nicolai in des!:en leben
V. Gülängk s. 140; ein tiefer sinn springt aus den mährchen
hervor. Klincer 6, 13 ; dann nur (wenn in der gescliichte et«
Schwärmer auftriU) springen kraft, leben und heildunkel hervor.
11,241; wo wir uns aber trafen, sprang immer sogleich der
alte freundschaftliche jubel hervor. Göthe 24.261; nicht der
boden, sondern die Verhältnisse eines volks, deren zwar viele
auch aus dem lande, das sie bewohnen, hervorspringen, be-
stimmen nation. 33,108.
sprossen: unsern jungen herrschaften ward princesz
Marie geboren, allen zur freude, und besonders auch mir,
der ich einen neuen zweig des fürstlichen baumes , dem
ich mein ganzes leben gewidmet hatte, hervorsprossen sah.
Göthe 32,41.
sprühen:
im sausen sprüht das zauberchor
viel tausend feuerfunken hervor. Göthb 12, 209.
intransitiv: funken sprühen hervor,
stammeln:
und stammeln matt ein reimgebet hervor. Gotter 1,370.
starren:
hervorstarrend der verfluchte pfeil "da,
wie Piutos verderbende gabel
aus meines mädchens brüst. Fr. Müller 2, 289.
stechen, spitz und scharf hervorkommen : ein keim , ein
pilz sticht aus der erde hervor, übertragen von dingen und
eigenschaßen, die sich besonders bemerklich machen ('in die äugen
stechen') : der anblick einiger wohl gebauten Wohnungen, die
zwischen den bäumen aus dem schönsten grün hervorstachen.
Wieland 6, 85 ; {ein vationahlolz, ohne welclien eine nation nur
ist) ein verächtlicher häufe ohne karakter, ohne stärke, ohne
muth, ohne geschmack, ohne irgend etwas, das sie aus dem
dunkel, das schon so viele Völker verschlungen hat, hervor-
stechen machen könnte. 7,340 anm.; meint etwa der herr,
wir hätten keine hervorstechenden laster? Klincer 3,43; die
Teutschen haben keine hervorstechenden saljriker. U, 6 ;
dasz sie (die tuenschen) gut essen, sich schön kleiden, para-
diren, hervorstechen, glück machen. 9,223; auch im blosz
geselligen umgange soll man sich hüten, hervorstechen zu
wollen. Knigge umgang mit menschen 1.43; das liebe selbst,
das immer hervorsticht. Kant 4, 27 ; ich freute mich nun, so
wenig hervorstechende Originalität unter meiden landsleuten
zu finden. Göthe 19,107; als sie die alten wiegen betrachtete,
worunter eine übergrosze .. besonders hervorstach. 26,353;
hervorstechende züge (des gemüls , characters). Nicolai im
leben desselben von Gökingk 126; hervorstechende eigenschaften.
M.Mendelssohn rfü.s. 189; der sinn für Vorstellungen .. des
Orients . . sticht sehr stark in Herdern hervor. Brandes in
den Gull. gel. am. 1806 st. 51 s. 504.
steigen:
so stieg euch aus der erden
ein kleine« weih von mürrischen gebenlon
hervor. Wielamd 17, 156 (Idriit 3,45).
stochern: bisher .. bah ich unter allen indianischen
handschriften in der bibliotliek ihrer hoheil weiter nicht«
als einen unvollständigen aiiKzug davon (vovi buche der rechte
und pflichten) hervor stochern können. Wibland 7, 246.
stottern: noch hatte ich sie (meine lobrede) nicht zur
hälftc henorgestottert. ThCmmel 5,228.
strahlen: dieses gefühl (für freihett) strahlt in allen ent-
«üi"fen ihrer beiden .. hervor. Klingkr 4,11;
und allen, wn« wir schön und grnxi und göttlich nennen,
das strahlt ans jedem blick hervor.
Wirlanii 17, 49 (/(/im 1, 70).
Streben: da» neu hervorstrcbende, frisch aufstrebende
erkenntnis erregt die menschen zur theilnahme. Göthb 50, 174.
strecken: streckte die rechte band hervor aus einem
abgetragnen grauen niantel. Hkinse Ardingh. l,Hh; ein aus-
Iflufer des gcbirges streckt sich weit hervor in die ebene.
1201
HERVOR
HERVOR
1202
streichen, lobend hervorheben : ich will beileibe die Hol-
lioderinnen nicht auf kosten der damen anderer iänder her-
vorstreichen. H. Heise 4, 13S.
streuen: neben einem flammenden oder brennenden
Hecht oder lampen , welche den schein eines feuers hervor
gestreuet hatte. Brajidt bericht vom leben Taubmanns s. 55.
strömen, intransitiv :
steiget auf, ihr alten träume !
öffne dich, du herzenstbor!
liederwonne, n-ehmuthsthränen
strömen wunderbar henror. H. Hemk 1, 18;
transitiv : er dürfte nicht lang suchen noch grubein , wann
ihm zu reden oder scherzen , und etwa einen sinnreichen
einflusz hervor zu strömen belieben wolle. Bbasdt bericht
vnm leben Taubmanns s. 21 ; die fluche, die er hervorströmte.
A. Lafontaine der nalurmenseh (1801) s. 62.
strotzen: aus der mitte der hauptwand strotzte das
bildnis des bärtigen Stammvaters hervor. Thümhel 3, 483.
stürmen: das blut meiner väter stürmt hervor, da ich
n)eine kröne so erniedrigt sehe. Klinger 2, 60.
suchen:
die fremden besser zu erfreuen,
umsteckt der milde wirtb den tiscb mit dichteQ meien,
sucht seinen witz bervor, der nach des landmanns an,
mit Worten spielt, und kein gelächter spart.
UAGEOoitn 2, 101.
etwas unter der bank herTor suchen, etwas altes, beiseile ge-
worfenes {verlg. bank lli. 1,1107): Carolus Crassus wolle dat^
recht, der päbstlichen wähl beizuwohnen, unter der bank
hervor suchen. Hah.i hist. (1721) 1,271.
tauchen: er tauchte unter dem bäume hervor. Freytac
handschr. 3, 256 ;
tauchen dann hervor die Sterne, ühund ged. 55.
thun, vergl. herfür thun sp. 1096. l) transitiv, machen, dasi
etwas liervor kommt: die band hervor thun, manum exserere.
Steinbach 2, 786.
2) reflexiv, hervor kommen, sich äuszern, zeigen, einstellen:
streifen {reuter) im felde hin und wider, acht zu haben, was sich
von feinden hervor thun und etwas anfahen wolle. Kirchhof
mil. diso. 142; also dasz ich mich wider meinen willen wie-
der auf die reise machen, mein altes vagieren aufs neue
anfangen und meinen geliebten berren landsleuten und nahen
anverwandlen zum besten mich hervorthun müssen. Simpl.
2,265 Kurz; so thut sich ein nicht vermutheter widerstreit
hervor. Kant 3, 263 ; in der künftigen weit werde sich eine
andere Ordnung der dinge hervorthun. 6, 147; die zweite
Schwierigkeit, welche sich hervorthut. 231; es thun sich
manche einwürfe hervor. 7,67; dasz sich eine dialektik her-
vorthut, welche die urtheilskraft . . irre macht. 261 ; wo sich
das merkmal des Verdienstes . . hervorthut. 8, 8 ; der schein
der Wahrheit, der sich von mehreren seilen hervorthut. 15;
bevor die elasliciläl sich hervorthut. 72; die wahrheil, wenn
sie sich endlich hervorthäte. 77; die Wirkung, die sich in
der raaschine hervorthut. 118 und noch oft; die ganze natur
der menschenkinder schien damals in allen ländern rege zu
werden und die groszen erfindungen thalen sich mit einmal
hervor. Winkelmann 3,218; indem sich zwischen den beiden
naturen ein sonderbarer Widerwille hervorthal. Göthe17,323;
da nun auch gesang zwischen den inslrumenlen sich hervor-
thal. 22,157; so finden wir überall, wo sich nutzbarer boden
hervorthut, denselben bebaut. 23, 118 ; wodurch eine lebhaf-
tere geselligkeit entstand, auch manches unerwartete sich
hervorthal. 32, 183. vergl. 23, 224. 26, 230. 30, 227 und oft.
3) ebenfalls reflexiv, in ausgezeichneter weise hervortreten, sich
auszeichnen: in dieser drillen art der ode .. haben sich die
freien Brillen und vor allem die singenden Franzosen vor-
längsl hervorgethan. Hagedorn 3, II l; daher auf keine weise
zulassen und dulden wollen, dasz einer in mehr als einer
sache . . sich hervorlhue. Klopstocr 12, 80 ; Ihal sich durch
seine beredsamkeit und geschicklichkeit in geschälten so
sehr hervor, dasz er, häutiger als irgend ein andrer seines
gleicheu, in gesandtschaflen und Unterhandlungen gebraucht
wurde. WiELANot, 16; die ruhmbegierde .. spornte mich zu
mehr als gewöhnlichen anslrengungen. ich that mich her-
vor. 3,464 (387); Tifan that sich bald unter dieser inuth-
vollen Jugend hervor. 7,183 (158); um den wahrhaft artigen
mann zu bilden, müssen noch eigenschaften hinziikuminen,
die Ihäliger sind; welche sich mehr hervorthun, niclir
IV. II.
unsere neigungen an sich ziehen. Garve anm. zu Cicero de off.
1,168; eine Griechin that sich durch lebhafte darstellung ..
dessen, was am meisten die phantasie fesselt, am meisten
hervor. Kunger 5,303; wenn früher oder später das drama
hätte durchbrechen und ein dichter dieser art sich hervor-
thun können. Göthe 6, 72 ; (Schillers Phädra, die) bedeutenden
Schauspielerinnen gelegenheit gab sich hervorzuthun und ihr
taient zu steigern. 31, 192 ;
wie ich mich batt hervorgethan,
da sahen die leute scheel mich an. 1, 146.
treiben, intransitiv: allerlei art von fruchten, die aus der
erde hervorlreiben. Klikger 7,46; transitiv: doch ich kannte
die herben fruchte, welche diese kurzen sommerlage hervor-
zutreiben pflegen. 9, 171 ; einer solchen leidenschafl, die die
gröszle triebfeder unseres wesens ist, die alles aus uns
hervortreibt, was wir zu werden vermögen. 1,62; gespannt
und unruhig, sein groszes äuge hervorgetrieben und leuch-
tend nach allen seilen blickend. L. Tieck ges. nov. 4,194;
höchst ausgearbeitet sind Virgils werke; und dennoch war
ihm die Aeneis nicht ausgearbeitet genug, er wollte , dasz
sie ihn nicht öfcerlebte. so sorgfällig hervorgetrieben sind
fast alle Schriften , insonderheit die gedichte der Römer.
Herder z. litt. 16, 109 , angelehnt an die technische spräche der
gold- und metallarbeiter , die z. b. figuren an einem becher,
einer platte hervorlreiben. efcwwo «"ird beim maier eine figtir
oder theile derselben durch herumgelegte starke schatten hervor-
getrieben. Jacobsson 1, 611'.
treten, im eigentlichen sinne:
trittst du im garten hervor,
so bist du die rose der rosen,
lilie der lilien zugleich. Göthb 1,66;
das kaninchen, der äugler, verläumdei mich; aber es steht nun
Reinecke hier: so trat er bervor mir unter die äugen. 40, 148;
und es trat der könig hervor auf erhabene statte,
sprach vom steine herab. 91;
durch der :schlachten gewühl bist du (Achill) stets sicher ge-
wandelt,
aus Skamanders gewühl tratst du gerettet hervor.
Ublahp ged. 109;
da tritt aus seiner klufl hervor
der räuber grosz und wild. 202.
bildlich, von der sonne:
die sonne trat mit riesenscbritt
aus ihrer himmelsbabn
bervor. Gleis 4, 7 ;
weiter von dingen und zeiten, die in die erscheinung treten: wie
aber einmal knospen und blüthen kommen, dann wird man
ungeduldig, bis das volle laub hervortritt. Göthe 17, 310 ;
der liebe goldne stunden traten wieder,
selbst mit des ersten kusses lust, hervor.
Uhla!<o ged. 143;
oft auch in prägnantem sinne, insofern das ins äuge fallende
mehr betont wird: hervortretende ecken eines gebäudes; eine
hervortretende stirne ; die runde nase weit hervortretend,
dagegen mund und kinn sich wieder ängstlich nach den
obren zurück ziehend. H. Heine 1,81; hieran wieder anqe-
scfdossen , in bezug auf sich zeigende eigenschaft , wesen , art:
poesie, die uns älteste geschichte in fabelhaften bildern über-
liefert, nach und nach sodann ins klare hervortritt. Göthe
6, 45 ; ihr wesen, ihre gestalt trat niemals reizender hervor,
als wenn sie sich auf einem erhöhten fuszpfad hinbewegte.
26,15; der kalt und einseilig urtheilenden well ist nicht zu
verargen, wenn sie alles was phantastisch hervortritt, für
lächerlich und verwerflich achtel. 28 ; unter diesen Umge-
bungen trat unversehens die lust zu dichten , die ich lange
nicht gefühlt hatte, wieder hervor. 31; neben allen diesen
nierkwürdigkeiten . . trat immer zugleich seine ärztliche
Ihäligkeit hervor. 31, 223; wie wunderlich es denn auch da-
mit gewesen sei, trat erst hervor, als mein Verhältnis zu
Schillern sich belebte. 50,54; in bezug auf grund und folge-
rung: aus diesen; allem tritt wenigstens so viel hervor, dasz
wir uns ja nicht übereilen sollen. 17, 13. endlich auch in
bezug auf wissenschaftlich, künstlerisch sich zeigende menschen:
geraume zeit hernach trat Clodius mit seinem Medon bervor.
Göthe 25, 139 ; Theodor Körner war als Iheaterdichler her-
vorgetreten. 32, 75; mein anlheil an fremden werken bezog
sich lebhaft auf Byrons gedichte, der immer wichtiger her-
vortrat. 109 ; hervortretende bedeutende menschen , welche
grosze Veränderungen ankündigen oder bewirken. 26, 258.
715
1203
HERVOR — HERVÜRBRINGUNG
HERVORDRINGUNG — HERWEG
1204
wachsen: Eduard sah seine besitziingen auf das deut-
lichste, aus dem papier, wie eine neue Schöpfung hervor-
gewachsen. GüTHE 17,33; die aus einem voike hervorge-
wachsene cultur. Beckers weltgesch. l, 6 ;
da sonste nichts fast wuchs, wuchs was doch reich herfür,
wohin man nur gesehn, ei was? ein cavailier.
LocAU 2, 129, 50 {'fruchtbare Verwüstung').
wagen, reflexiv :
der herr der ralten und der mause . . .
befiehlt dir dich hervor lu wagen
und diese scliwelle zu benagen. Göthk 12, 77.
wallen:
hell im Schimmer der krystalle,
hell im silberschleier, walle,
reine nymphe, wall hervor!
Borge« 27* (an die nymphe des Negenbornes).
wenden: dann aber müssen wir freilich die kehrseile
dieses imposanten bildes hervorwenden. Göthe 6, 205.
werfen: beinahe auf dem ganzen erdboden ist mir nie-
mand mehr zuwider, als eben gegenwärtige bräckin, die sich
bei den menschen vor die freigebigkeit ausgibet . . diese ist,
die sich überall wie das gebröse in einer wanne hervor
wirft. Simpl. 2, 134 -Kurz.
wickeln: alles, wozu er {Klopsloch im Messias) jetzt die
teiifel braucht, hätte er aus der menschlichen seele und das
mit mehrerer sinnlichen rübrung hervorwickeln können. Her-
der :. im. 2, 4S.
wimmeln: diese halbköpfe, die nur einen sonnenblick
brauchen, um, gleich den fröschen im frühling, in zahlloser
menge aus den sümpfen am Parnass hervorzuwimmeln. Wie-
land Horaz. sal. 1, 260.
winden, reflexiv: Grisaldo in Isabellens armen einge-
schlafen, sie sieht ihn . . mit weichen blicken an. windt
sich hervor, und imlerstützt sein haupt mit einem kissen.
Klinger Ihealer 4,257; die deutsche litteratur wand sich mit
eigener kraft aus ihrem chaos hervor. Leisewitz rede änes
gel. 107;
erst da, als sich der wehmuth zähre
hervor aus deinem äuge wand. Gökingk 1, 81.
wischen: jetzt will ich .. hervor« ischen mit zehn, zwan-
zig, dreiszig, hundert auf einmahl. Fb. MCller 2,42; der
wischte aber mit seinem steine hervor, und bannte mich
von stund an. Tieck 9,271;
der mann, der ihr von ferne zugesehn,
den weder sie, noch ihre zof entdecket,
wischt itzt hervor, und eilt ihr nachzugehn.
ilAOEDORK 2, 160.
wuseln: und ich freue mich über jede kleine schote, die
aus ihrem weiszen weslerhemdcuen hervorwuselt. Wieland
in Mercks briefs. 2, US.
zaubern: die scheuszlichen schrecklarven, durch die man
das erhabne und rührende hervorzuzaubern sucht Klincer
12,192; ach, und dasz er das camerale nicht zum fach ge-
nommen hat, .. er halte aus steinen louisd'ore hervorge-
zaubert! Schiller räuber 1,2.
ziehen, l) inlransitiv : aus dem stadttbore zieht ein trupp
reiten hervor.
2) transitiv: indem er den Wechsel hervorzieht. Lessing
1,426; dunkle Vorstellungen, die seine zerrüttete seole aus
den fichreckensscenen hervorzog. Klincer 4,183; {die bildsänle
ist) aus rohem, todten steine hervorgezogen. 6, so ;
der kluge kaiiter wolt hie Bcheinbarlich erweisen,
dasz er gar wol versteh, es hab ein ganzes land
vjl nutzharkeit darvon, wenn leüthe von verstand
und von erf'ahrenheit hervorgezogen werden. Komplkr 106;
als nun Dokert den knoten mit Hinze seinem gesellen
aurgelos«-t, zog er das haupt des ermordeten liasen
mit ersiaijjien hervor. Gothi 40, Iü6.
zittern:
der helle vollroond zUtert
aus jeder well hervor. HOltt ItiH Halm.
zwangen:
zerschmettere der Speicher schlosz und rieifel,
und zwAn^ hervor des Inhsnis fiberllusz. Voss 4, 10.
HKHVOHBHINGUNG, f.: hervorbringung einer Wirkung.
Kant «,8'.; der höchste geniisz für mich .. war bis jet/.l
die hervorbringung einiger meiner srhrifien. Klingkr ll.ft;
oft für hrrtorgelnarhln , prodtirtum : die nntur ist reich an
einer andern art von hervorf»ringiingen. Kant 1,70; eben so
«irkaam mu»z sich auch der bimme! und die Infi bei den
Griechen in ihren hervorbringungen gezeiget haben. Winkel-
mann 1,134; ich stockte sogar in meinen hervorbringungen
(gedichten). Göthe 24, 49.
HERVORDRINGUNG, f. rroruplio. Hederich 1278.
HERVORGERUCH, m.: eher wollt ich aus dem hervor-
geruch der apothcken, wenn ich vorbeigehe, schlieszcn, was
für krankheiten in Stadt und land gang und gäbe sind.
riippEL lebensl. l, 279.
HERVORHEBUNG, f.: hervorhebung des Patriotismus, neue
evang. kirchenzeilg. 1866 s. 716.
HERVORRAGUNG. f. eminenlia, excelknlia. Stieler 1506;
auch hervorragendes: zapfenartige hervorragungen. A. v. Hdm-
BOLDT kl. sehr. (1853) 1, 61.
HERVORRUF, m. : reicher und wohlverdienter beifall und
mehrmaliger hervorruf wurde ihnen zu theil. signale f. d. vius.
vell 1866 .t. 902. vergl. oben hervor rufen sp. 1198.
HERVORRUFUNG, /■■." meist läuft sie auf hervorrufung
oder Unterdrückung einer einzelnen leidenschafl hinaus. Ger-
viNus gesch. d. deutschen dicht. 1.31.
HERVORSCHARRUNG. f. effossio. Stieler 1738.
HERVORSTECHUNG, f.: natürliche hervorstechungen ins
gleichgewicht bringen. Hippel 6, 129.
HERVORWÄRTS, adv.: indessen ein vierter (soldal), ver-
muthiich von hinten, gerade hervorwärts dringt. Göthe 35, 3tl.
HERWACHSEN, rerb. adolescere : die liebe herwaolisende
Jugend. M.Neander bedenken 3*. für herstammen, entstammen:
Saturnns schniet dem Coelo ausz und warf es in das meer:
vom schäum, der ausz dem wurf entstand, da wuchs die Venus
her. LoGAU 3, 167,74.
HERWALLEN, verb.:
indem thut Piramus auch herwallen. A. Grtpuids 1,734.
HERWÄLZEN, t'er6. ; einen stein herwälzen ; reflexiv : gc-
witterwolken wälzen sich von westen her.
HERWANDELN, verb.:
sinken will ich in den klee,
bis das kiud mit leichtem schritte
wandle her. Uhland yed. 194.
HERWÄRTS, adv. in der richlung hierher, mhd. herwert und
herwart (Lexer icb. 1,1209): was schnfschmilzi gäbe herwert,
gehörte gen Baden , und was schnfschmilzi gab hinwert,
gehörte den von Vizlispach. weisth. 4, 400 (Aargan v. 1456) ; wir
fuhren weiter an einer felsenecke vorbei und blickten nun
ins Urncr llial . . man sieht Flüelen. die schönste alpe her-
wärts; hinterwärts sieht man ins flache thal von steilen
gebirgen umgeben. Göthe 43,190;
dleweil er zu mir trit herwertz.
H. Sachs 3, 1, 180* j
erquicket vor euer herz!
ihr habt zeit gnug zu büszen,
wenn der todt geht herwertz.
J. Atreh fastn. sp. 137* (3026, 38 Kelter) ;
sahst du das veilchen blOhn?
herwärts die schwalbe ziehn?
frübling ist hier. L. Drevrs vigilien 49.
Der ausgang der richtung ist näher bestimmt durch die praep. von :
und stellet mich auf einen seer hohen berg, darauf wars wie
eine gebawete stad vom mittag her werts. lies. 40, 2 ;
da herwertz von der mitternacht (worrfen).
H. Sachs 2, 1, 54'.
auch durch genitivisctie oder dativische Verbindungen : darumb darf
er nicht nlier meer ziehen darnach , er hats herwerts des
meers. Paracelsus l.loiiC; ob sie ((/i> sonne) gleich noch
weil herwärts desselben {himmli.''chen Zeichens) steht, so meint
man doch wegen der sehr groszen entferimng, sie befinde
sich in dem zeichen selbst. Hebel 3 (t>^53) .«.159; der kaiser
von Marokko und Fez, herwärts dem Mohrenland 2,64; noch
Riehen die Schweden her\värts dem kriegstheater in Stral-
sund. «5; in einem dorfe an der Donau, herwärt« Ulm. IM.
In Tirol hat icich bei herwltrls, herewärls neben der eii^ent-
liehen bedeutung auclt der sinn cus freien stocken entmckelt.
Fromm. «, 14».
HERWATEN, rerl,.
dort lliun rwni wnldliriiclcr hcrn-iiicu.
II. Sachs .1, 1, 238*.
HERWEG, m. der weg herwdrts : er habe eben . . die b(l-
rher aus der bibliothek in das helle »immer gelegt nnd sei
im herweg begriffen gewesen. J. Paul 7'»/. 3, 199. gcirnsul:
f'l hinweg oder rückweg: auch dieszmal erschien mir der
1205
HERWEHEN — HERWIDER
HER WIDER — HERWÖLKEN
1206
lier.veg reizender als der hinweg. Güthe 25,332; der rück-
uog wurde nicht benutzt wie der herweg. 329. sprichwürüich :
den hinweg für den herweg haben, vergebens gegangen sein.
HEIIWEHEN , verb. afßare. Stieler 2460 : von jenen . .
fluthen weben mir hohe gesionungen , erhabene gedanken
her. Klinger 4. 191.
HERWEISEiN, verb. ob oculos ponere, adducere : die bände
berweisen, manus porrigere. Stieler 2485;
waclitmeisler {eine münze zeigend), was ist das bild und gepräg?
mark, weist her!
ei, das ist ja cia Wallensteiner!
ScBiLLER Wollenst, lager, II. auftr.;
er bat den fremden bergewiesen.
HERWEISUNG, f. : wann aber unsere eingeborne lands-
kinder so aufziehen und in unnötbiger berweisung der er-
lernten {fremden) sprach, der närrischen gebärden, der
frembden kleidertracht und erst kürzlich angenommener aus-
ländischen Sitten sich auszuärtlen scheinen. Simpl. 4,361 Kurs.
HERVV'ENDEN, verb. advertere: die ohren herwenden, aures
adverlere. Steinbacu 931; reflexiv: da der könig sich her
wandte, gab mein narde seinen ruch. IwheL 1, 12. bei Stie-
ler 2505 herwenden audi in dem sinne von an- und auf-
wenden, subministrare, suppeditare, suggerere sumlus.
HERWERFEN, verb.: wirf den ball her; er kann den
hermelin über seine schände herwerfen. Schiller kab. u. liebe
2,3; den theologen und ihrer kannegieszerei von den end-
absichten zu gefallen, werf ich noch diesen festen grundsatz
her {aufs papier). J. Paul Hesp. 1, 212; das viele, was ich noch
mit wenigem und mit der bisherigen eile herzuwerfen habe
(schreibend). 3, 172. reflexiv, eile und hast malend: endlich
kommt der böte, ein bedeutendes paket überbringend, wor-
über sich Friedrich sogleich herwirft um es zu eröffnen.
Güthe 23, 164.
HERWIDER, adv. contra, e contrario, mhd. gelrennt her wi-
der {mhd. wb. 3, 621); in quellen des 16. jahrh. zu erwider
iurücltgegangen, vergl. .oben tit. 3, sp. 1062. die bedeulung ist in
tnehrfacher weise ausgeprägt.
1) wie hergegen l, sp. 1099, ridilung nach einem sprechenden
zu bezeichnend:
herr könig, von dem berge nider
komraet ein sehr grosz wlk herwider.
H. Sachs 3, 1,95';
schaw, jetzund kumbt er dort herwider. 3, 2, S'.
2) namentlich oft im gegensatze zu einer vom sprechenden weg
laufenden ridilung {vergl. hinwiderj. dieser gegensalz ist aus-
drücklich angegeben:
nu hat man selten me vernomen,
daj.ieman si har wider körnen
von helle oder von himelricli,
der dar was koraea. edelstein 74, 92;
umb diu ding,
diu also hin vervaren sint,
daj si her wider nicht mügen komen. 92, 21;
und der engel sprach, ich wil deinen son gesund hin und
her wider füren. Tob. 5,22; wer einen narren weit sendet,
dem knrapt ein thor herwider. Agr. spr. (löfeo) 26'; aide, ich
eil gein Wormbs und herwider. Schade sal. u. pasqu. 3, 41, S;
(der trompeteiiscitall) floh in die hölu und finstere thal
mit eim so trefflich hellen schall,
dasz wo der an eim ort anpreit,
mit doppeln thon herwider gelt, mückenkr. 1,982.!
oder der gegensatz ist nur mehr oder weniger angedeutet; dasz
er vorhanden, ergibt sich daraus, dasz herwider »/» allen solchen
fällen durch zurück umschrieben werden kann: da das sähe Ju-
das . . gerewet es in, und bracht erwider die dreiszig silber-
ling den hohenpriestern und den eltesten. Malth. 27,3; Lu-
cius Seneca tonte 2000 namen herwieder sagen, wie sie
ihm vorgesprochen worden. Simpl. i, i39 Kurz;
da fielen von im auf der fert
zehen von den zwelf geschlechtern (stammen Israel)
heins möcht er herwider fechten. ScHWARZKNBKao 108*;
und macht mit dem bellen ein schall
das in dem wald herwieder hall. '
frosckmdus. 1618 Cc5';
Christus hat durch erstes kämmen
uns desz teufeis reich benuramen,
kümmt er ehstes nicht herwieder,
kriegt der teufet meistes wieder. Locaü 1,150,48;
wird nun der Christenheit (durch solche grosze tliaten)
der fricd herwieder bracht, so jauchzet alles land.
Rist l'arn. .\2'.
die letzt aufgeführte Verbindung herwider bringen erlangt oß den
sinn ersetzen, einbringen: wie sie nimer erwider bringen mü-
gen, was sie verloren haben. Luther 1,399';
gebenedeit seist Jesu Christ,
der du vom tot erstanden bist,
und mit deim tot hast überwunden
den tot, sünd, hei und teufel hunden
und Adams fal üer wider bracht.
Schade sat. u. pat^qu. 2, 196,5.
erfüllen: bis auf die zeit,' da er wider bracht werde alles,
was gott geredt hat. ap. gesch. 3, 21 ; oder vergelten :
wer weisz, was er (qott) mir vorbehält?
er kann in unbekannten dingn
mir meine treu herwiderbringn.
Opkl «. CoHN 334, 140.
3) herwider, mehr zeillich verstanden :
von heut über vierzehen tag
so ktimpt herwider mit euren spriichen !
fastn. sp. 772, 21 ;
so kum ich heint herwider ein,
die weil so entschläft mein vater
und die möter mein. Uhlawd volksl. 1%;
und ob Mordax gleich bald herwieder
gesalzt ward auf ein ander rosz.
froschmäus. 161S Zz 6'.
4) herwider, abslracl, in dem sinne von hergegen 2, sp. 1099:
wir weilen und sullen auch der stat zu Augspurch chaufleut
und burger in unserm land auf wasser und strajjen genä-
dichleich schirmen, und sullen sich auch dy gein uns her-
wider halten mit gelaittea und zollen allj ej von alter ge-
wonhait her chomen ist. d. slädlechron. 4,179,2; antwort der
ein baur: fraw, sind ir nit auch ein hur? die fraw herwider
mit Scheltworten an bauren bin. Wickram rollw. 20, 3 Kurz;
darum läugnen sie, was sie gesehen, gelhan und gehöret,
auf dasz ihnen herwieder andere ihre stücklein verschweigen.
baurenst. lasterpr. 150; vergl. auch hierwider.
HERWIDERUM , erweitertes herwider {vergl. widerum), ge-
wöhnlich in der bedeulung 4 oben: tetten im groszen schaden
an lüten und an landen, daj seih tett der pischoff von
Salzburg herwiderumb den herren von Pairn. d. slädtechr.
4, 72, 6 ; dag die eer des suns strimet {strahlt) in die muter
und ist ein eer der muter. und herwiderumb die eer der
muter strimet bar in den sun und ist ein er des suns.
Keisersberg Marie himelfart 3'; herwiderumb sin andere wysz
{weise) menner gewesen. Cyrill. 63; zum dritten it-sen wir
Wosen von wegen der schönen exempel des glaubens . . .
herwiderumb auch sehen wir die exempel des Unglaubens
der gottlosen. Lcther 3,170*; warf Amadis seine äugen auf
seine geliebte Oriana, deszgleichen sie herwiderumb auf in.
Amadis 304.
HERWIDERWÄRTS, adv. :
fürwar glaub mir, freundliche zier,
das du für all, in disem thal,
liebest mir in dem herzen,
herwiderwertz, begert mein herz,
in freud und scherz dergleichen.
fl. bt., drey hühsclier lieder . . Qedruckt zu Nürnb.
durch Kunegund Uenjolin, slr. 2 de« 1. liedes.
HERWINDEN, verh. reflexiv.: der flusz windet sich durch
schmale thäler in vielen krümmungen her. Campe kinderschr.
18, 71.
HERWINKEN, verb. accessum nutibus indicare. Stieler 2543;
er winkt einen diener her.
HERWIRBELN, verb.:
wie nah war ihnen der webende heerzug {unsicht-
barer thierclien),
welcher, immer gewendet, sich nun,
schnell wie der wink, herwirbelte, dann sich fernte.
Klopstock 2, ISO.
HERWISCHEN, verb.: das man mit groszen stroweilen und
gutem feuer hinder inen herwische, bienk. 1S9*; da sein aber
eben diejenige geister . . über ihn hergewischet, hätten ihn
aus dem bette gezogen. Simpl. 2, 209 Kurz; alsdann dorfte
allererst der feldscherer auch über mich herwischen , der-
selbe zwagte mir den köpf. 1, 72.
HERWOGEN, verb.:
mag der weiten band
sich lösen, eine zweite Wasserflut
herwogend alles athmende verschlingen!
Schiller ilaria Stuart 3. 6.
HERWULKEN, verb.:
wenn der orkan sich erhebt, wilder das haupt
neigen, droben die nacht immer sich drohender
herwölkt, donner auf donner rollt! Klopstock 7, 23.
7«*
1207
HERZ
HERZ
1208
HERZ, n. cor.
A. Die form.
goih. hairt6; alls. herla; ags. beerte, hiorte, engl, heart;
niederl. herte, hert , hart; altfries. hiite; altnordisch hiarta,
schived. hjerta, ddn. hjerte; althochd. herza, mhd. herze, urver-
wandt entspriclil liU. szirdls, lat. cor cordis, griech. xaqSia
herz; wahrscheinlich hdngt die grundbedeutung des worles mit
sanslcr. kftrd springen, griech. xQaSäo), x^aSaivoj, schwingen,
wanken, zillern zusammen.
Hervorzuheben ist die ueigung des worles, neben den gewöhn-
liclten schwaclien casusformen auch starke zu entwickeln, eine
neigung, die bereits für die althochdeutsclie zeit in dem acc. plur.
herza und herzi neben herzun, herzen, sowie in dem gen. plur.
herzö neben herzonö (Graff 4, 10 tö) hervorscheint, und für die
innerhalb des bairischen Sprachgebietes VVeinhold (bair. gramm.
s. 360) ej'ne anzahl ältere und jüngere bei.ficle beibringt, ihr
verdankt der nom. acc. sing, die kürzung von herze zu herz,
bereits bei Luther die gewöhnliclie form, wenn auch die form
herze daneben bis auf unsere zeilen geht; von dem Joab mit
dreien spieszen durchs herze durchrennet und durchstochen
worden. Schdppius 159; gab mirs nicht einen stich ans herze!
Geliert 3, 243 ;
du frecher stolzer mann, wann deine gute sachen
nach wundscb und willen gelin, und dir ein herze machen.
Opitz 1, 220;
wems herze schlägt in treuer brüst. Göthb i, 190;
und wenn mir fast das herze bricht. 192.
auch der dal. sg. findet sich nicht unhdußg in starker form : ein
stein fiel mir .. vom herze. Schottel 1112'; zum bittern an-
denken dieses ihres zu herz gestiegenen ieidwesens. polil.
slockf. 319 ; und von was vor einem herze sind sie (die briefe
Gellerls) die beweise ! Lkssing 3, 159 ; sie hatten sich den
feindlichen dolch nur von dem herze entwehret. 6,321; dem
herze einer mutter ahnet immer das schlimmste. 7,182; er
fühlte sich von unzähligen polypenarmen ergriffen und zu-
gleich mit ihnen verschlungen und doch fortrinnend im unend-
lichen herz. J.Paul Tüan 2,220;
dank ihm igotl) für die frühllngsfreuden,
die er diesem herze wieder gibt.
Dknis /teder Sineds 248;
selten ist ein plur. herzer {wie bändet, lämmer): derhalbcn
sagten inen ire aigen herzer, das es nit wol umb iren brueder
steen wurde. Zimm. chron. 1,401,11; durch unnutze, aigen-
sinnige und untrewe herzer. 2, 532, 5. mischung starker und
schwacher declinalionsform zeigt der gen. sg. herzens, im 15. jahrh.
erscheinend: liesz alle sach beschehen, kleins herzens. detelsche
städtechron. 3,169,17; im 16. jahrh. durchgedrungen, doch so,
dasz die ältere echte form herzen nicht ganz ausstirbt : nun weiszl
du mich des herzen gegen dir, dasz mich dein glück nit
wenig frewet. Galmy 157 ; nach dem glauben des herzen.
Luther 4, 141; in meines herzen schrcin. Schuppius 194;
welche reines herzen sind. 426; betrübtes herzen und be-
kümmerten gemähtes. Rist Parn., vorberichl b4';
0 du meines herzen tag. Wkckhirlin 158;
des herzen triebe reichen
wie blumen auf zu dir. RBckbrt gcs. ged. I, 306;
hell vom bunten scheine
flimmt des herzen nacht. 310;
in des herzen mitte.
das. {nocit öfter, t. b. «. 356. 418. 420. 473);
vergl. auch bei den unten folgenden genitivKcfien composilen den
Wechsel von herzen- und herzens-. daneben ist der starke gen.
herzcs wenigf:tens nicht ganz ungebräuchlich:
imd darum schäz ich mir für trefflichen gewin,
dasz ich auch teiiischcr art und teütsches herzes bin.
ROMPLII 5.
R. Bedeutung.
L herz, in eigentlichem sinne, an menschen und thieren.
1) rein körperlich genommen, von den vielen fällen, in denen
das wort in solchem sinne erscheint, verdienen folgende besonders
namhaß gemacht zu werden.
a) die Verwundung in» herz ist eine tüdlliche: Jehu fasset
den bogen und schos Jorum zwitischen den armen, das der
pfeil durrli nein herz ausfur. 2 kun. 0, 24 ; Pilatus hat sich
an dem herrn Christo vergriffen, darüber er endlich mit leib
und scel fnin leufcl gefahren, indem er ihm selbst mit rim-ni
kallea eisen zum herzen geräumet. Crbiouj« 2, 3fi j ,
wankt an die frische grnfl, d^n dnirh
iirm Vrrtvn ingckchrt. llfir.TT ts llnlm;
Verzweiflung zückte diesen dolch, er hat
das herz gefunden, das er spalten soll.
ScHiLLKR Turandul 5, 2;
es haben die neun wol angelegt;
acht kugeln haben vorbeigefegt.
sie zitterten alle vor Jammer und schmerz —
ich aber, ich traf ihn mitten ins herz.
Chahisso gcd. 149.
6) kinder werden von der mutler unter dem herzen getragen:
du mein liebes kind, das ich neun monden unter meinem
herzen getragen. 2 Macc. 7, 28 ; mütter, die solche leibes-
früchte durch gottes segen unter irem herzen getragen und
zur weit geboren haben, F. Roth hausmütter abc i 7' ; zwei
knaben von entgegengesetztem sinne balgen sich schon unter
dem herzen der mutter. Gütbb 24,217; ich habe sie im
schoosz unter dem eigenen herzen getragen, das ihrer an-
kunft entgegen schlug. Stifter Studien 5, 42 ;
wir tragen die kinder
unter dem herzen, und so tragen die treue wir auch.
Götub 1, 268;
daher auch von einer schwangeren:
und wolt ihr meine noht mit weni^ worten wissen,
so schreib ich nichts als dies, zwei herzen seind in mir.
polil. slockf. 357.
neugeborene winden sich vom herzen der mutter:
selig preis ich Kosalinden,
die sich ihrer mutter
leicht vom herzen wand,
als der may regierte. Railkr 2, 6.
sprichwörtlich: nun befinde ich, dasz es wahr sei, wie man
spricht: kinder kommen von herzen und gelien wieder zu
heizen. H. Jul. v. Braunschw. 124; meine selige frau sagte:
kinder kommen von herzen und gehen widrum zu herzen.
interim 175 ;
die armen kind! solls mich nicht schmerzen?
sie kommen von und gehn zu herzen.
Rost epist. d. lenfeh, bei Eheling gesch.
d. kom. litt. 1, 161.
c) gemülsbewegungen wirken auf den schlag und den blutlauf
des herzens, und dem ruhigen schlägt auch das herz ruhig:
wir saszen ganz verschwiegen
mit innigem vergnügen,
das herz kaum merklich schlug. Ubland ged. 26.
in der freude hüpft, lacht das herz im leibe:
min herze hüpfet mangen sprunc, mir ist vil ungedrduwet.
minnes. 2, 370" Hagen:
ehe ich den pfeil auffing , lachte mirs herz in meinem leib
an solcher blutvergieszung. Simpl. 2,104 Kurz; dann es gieng
so lustig her, dasz mir das herz im leib lachte. 3, 17 ; die
trompeten, von welchem schall mir das herz im leih auf-
hüpfte. 15; das herz hupfte mir gleichsam vor freuden. 150;
ein reizender gegenständ ! rief Serlo, das herz hüpft mir.
wenn ich sie ansehe. Göthk 19,169;
lobt man mich weil ich was dummes gemacht,
dann mir das herz im leibe lacht. 3, 175.
es wird weit, erweitert sich :
vom ersten glase war mein blut zu geist gelSutert,
die Stirn entwölkt, das herz erweiierl.
WiKLAND 17, 190 (IdrU 3, 108);
es wird warm, brennt, zittert: es lief mir so warm übers
herz, wie ein glas branntwein. Güthe 8,138;
im leib der groszmulter herz brint,
wenn man nur nent irs kindcs kint.
Matiksii oeconomia;
sie sprach: der singet, das ist eine herrliche lii«t:
es zittert der tlinrm und es zittert mein herz in der brüst.
ÜHLAiin i/nl. 350.
in der erregung und erwartung schlägt das herz heftig, es pupfieil,
will zerspringen: Ihntsüchlig schlugen unsere herzen. H.HeinI':
12,142; das herz .sciilug mir bis an den hals. Göthk 8,194;
o, dörfte ich fühlen, welcher das herz puppert, interim 20;
ihr hättet lieber etwas gesehen, darvon euch das herz ge-
puppert. 460; das gäbe eine inariagi* von kUchenkräutern,
worüber jeder kOchiii das herz im leibe poppcrn würde.
Imhermar:*) Mündih. 1,31; vergl. auch klopfen (heil &, 1228 und
unten her/klopfen ;
nachiignll, ich hör dich singen,
das herz im leib möclit mir zerspringen.
wettcrauiurhr* tolkstied;
doch sah Ich manches ang« llnmmen
und klopfen hort ich manches herz. VBLkno ged. V.i ;
auch das böse gewissen macM das lirrt sdäagen ' und das her/
Nchlug David, nachdem das vulk gezelel war, und David
sprach zum herrn, ich habe schwerlich gesündigt. 'iSam.
1209
HERZ
HERZ
1210
24, 10. der anütcil des hmzens bei der empfindung des kummei^,
drgers, Schreckens, der angst wird in der spräche verschieden ge-
schildert: das herz wird mir bewegt; mein herz zittert,
grawen hat mich erschreckt. Jes. 21,4; zu der zeit, spricht
der herr, wird dem könige und den fürsten das herz ent-
fallen, die priester werden verstörzt, und die propheten er-
schrocken sein. Jer. 4,9; es wolte mir aber fast auf einmal
das herz wieder entfallen, da ich meinen beutel gar dünne
gespicket fand. Simpl. 2,269 Kurz; o sapperment! wie fiel
dem Hansz Barthe das herze in die hosen, da er mich nur
von ferne kommen sah. Schelmuffsky 2, 78 (vergl. auch unter
kniekehle tlieil 5,1429); und dennoch fiel mir auch das herz
bei jedem schritt etwas tiefer gegen die schuhe hinab. Riehl
cuUurgesch. nov. 371 ;
nicht hoffnung war, zu siegen, noch zu fliebn;
da sank dem tapfersten das herz. ScmLLin jungfr. 1,9;
mein herz wallet mir in meinem leibe, denn ich bin hoch
betrübt, klaget. 1,20; da sie aber das höreten, giengs inen
durchs herze, apostelgesch, 2,37; welches denen, die mir nichts
guts vergönnten, durchs herze drang. Schweiniches 3, 8; da
er solches sagte, ging mirs durchs herz. Simpl. 1, 451 Kurz;
es ward der alten angst, und gieng ihr ein stich durch das
herz. b. d. liebe in'; nur dasz mir mit jedem schnittchen,
das sie einer unbescheidenen nachbarin ehrenhalber zutheilte,
ein stich durchs herz ging. Gotbe 16,33; jedes wort, das
sie sprach, ging mir wie ein Schwert durchs herz. 107; diese
rede schnitt den Memphitern durchs herz. b. d. liebe 207*;
0 meine kinder ! wie sie nach meinem herzen zielen ! Schiller
räuber 1,1; sein herz im leib möchte ihme zerspringen, wann
er eine solche betrübte gestalt sehe. Simpl. 1,160; darüber
mir das herz hätte brechen mögen, doch verbarg ich meine
affecten. 2,26; wollt mir vor wehmuth fast das herz brechen.
GüTHE 8,77; pfui Tönchen, sagte der könig, dems herz bis
in die kehle trat, mach mir das herz nicht schwer und hör
auf zu weinen, sonst musz ich auch weinen, ammenmdrchen
(ire/tnar 1791) 1,125; meine liebste, die mir mit ihrer krank-
heit, von welcher sie niemand noch zur zeit befreien können,
das herze im leibe abnagt, medic. maulaffe 742 {vgl. auch ab-
nagen th. 1,79); derowegen blieb es dabei sie muste Solanden
vergessen und nunmehr sich alleine mit solchen gedanken
das herze abfressen, wie sie Solandens verhungerten leichnam
ohne verdacht aus dem kästen in ein grab bringen wolte.
pvlit. stockf. 166; sie weinte und schluchzte so sehr, als
drückte es ihr das herz ab, weil sie ihn verlieren müsse.
Stifter Studien 5,64; ach wie warm wird mir um das herz
{als folge des ärgers)\ wenn ich nur nicht eine blutstürzung
kriege! Gellert 3,255; so oft ich noch jetzt an diesen auf-
tritt denke, wird mir es weich ums herz und ich musz
weinen, d. d. Gilblas 62; ach der schiecken schlägt mir zum
herzen (er sinkt in ohnmacht). das bärtigle frauenz. 108; das
herz zittert mir im leibe. Göthe 8,23; sein anblick wird mir
im herzen weh thun. das.; es Ihät mir im herzen weh, euch
hält ichs gegönnt. Gotthelf sc/mWent. 10; ein blutstropf feit
ihm vom herzen, wenn er was gibt. Schottel 1113"; das herz
blutete mir, wie er mich von sich schickte. Götbe 8,146;
jedes {geschick) einzeln wäre schon hinreichend gewesen, das
herz zu schwellen und die brüst zu beklemmen. 26,158 {vgl.
auch klemmen </ieü 5, 1141 «nd beklemmen //i«/ 1,1423); mein
herz würde reiszen. 10,84; mein herz wirft sich mir im leib
hemm bei dem gedanken. 85;
ach gott, wie we tut scheiden !
hat mir mein herz verwundi. ühland votksl. 128;
vom herzen entfiel mir ein kübl vol biuts.
H. Sachs 3, 3, 5';
das herz wil mir versinken. 3, 2, 159*;
fühlet mein herz in meinem leib,
ob es nicht schier zum mund auszireibt,
die wort besterben mir im mund.
amarUes amentes E7»;
f« stillägt das herz und hupft verzweiflet. Rohplei 22;
o weh mein herz erkracht
und springt fast aus der brüst. Kowokhl PItönisia K.
meine gefühle verstecfcmi, die mir das herz zerreiszen.
GöTH« 40, 270;
mir brennt das harz im bnsen. 10,248;
das will mir schier das herz verbrennen. 12, 20;
o nichts mehr! eure worte spalten mir
ilac herz! Scuillk« Turaruiot 1, t;
wohl schlägt auch hier ein wumles herz.
UuLAND yrd. 17.
den höchsten grad von leid vnd schrecken drückt aber die alte
formet das herz erkaltet aus, auf ttnmiUelbar bevorstehenden lad
hinweisend :
sin herze in ime und al sin lip
erkalte vor leide
und ouch vor liebe beide. Trist. 439,35;
sin herz gond im erkalden.
Lllikscron volksl. 2, 80, 12 ;
mir ist mein herz so gar erkalt,
das ich Iren dot iiit mag an gesehen.
RosK>PLüT bei heiter, fasln, sp. 1142;
da ich die botschaft sach so bald,
ist mir mein herz darob erkalt. H. Sachs 3, 2, 100*;
mein herz tut mir erkalten,
so oft den mörder ich an sich,
so get mir durch mein herz ein stich. 67';
kommt das nnglück zu banden,
mein herz im leib erkalt.
HoPFiA-^s ge>!ellsclinflslieder 13;
oh schönes lieb kehr wieder bald,
eh denn mein junges herz erkalt. 06.
ähnlich kann kummer und leid das herz brechen, vgl. die aus-
führungen theil 2 sp. 343 und die beisptele oben sp. 1209 : seine
mutier starb am gebrochenen herzen;
was hat sie [die nonne gewordne geliebte) in den bänden?
von gold ein becherlein;
er hat kaum auszgetrunken,
springt im sein hen entzwei, ühlahd votkst. 218;
kranklieilen aber wie das leid, stoszen , drücken das herz ab
(s. unten herzensstosz), aus derselben anschauung heraus gesagt,
man glaubte dasz das herz sich aus den bändern (vergl. Iierz-
bendel) gewaltsam löse, an denen es hänge: thut denn das herz
den letzten knacker, ach so seufze: liebster Jesu, bleib bei
mir. Otho 1280; die krankbeit würde ihm das herz abge-
stoszen haben. Frey garteng. 52*; der soff wird dir endlich
das herz abstoszen. Interim 74 ;
wann nun die lezte stund her rucket.
darinn der lod das herz abtrucket. Romflbr 21.
d) es hängt eng mit den eben aufgezäJilten redensarlen zu-
savimen, wenn kummer, leid, besorgnis, angst aufs herz fällt,
tritt, auf dem herzen liegt, ein schweres herz macht: so
sehr waren ihnen ihre letzthin erlittenen Unglücksfälle aufs
herz gefallen. Heilman r/iiic. 674 ; T. haben sie sie (die brief-
tasche) auch nicht aus der band gegeben? L nein — doch
ja — jetzt fällt mirs aufs herz — ich habe sie dem . . .
gezeigt. Gotter 3,329; mir fiels unterm singen so aufs herz,
und ich wollte schwören, ich hörte was. Göthk 11,105;
fällt es mir wieder schwer aufs herz. E. T. A. Hoffmakn 8,31;
es trit mir aufs herz. Schottel 1116*; weswegen uns grosze
melancbolie und traurigkeit zu herzen gestoszen. Hamlet bei
CoHN Sliakesp. in Germany 257 ;
vergessen, wie die allste sage
war der unschuldge kinderscherz ;
doch grade diese letzten tage
fiel er mit einmal mir aufs herz. Göthb 2, 223,
ich musz dir sagen , was mir auf dem herzen liegt, pers.
baumg. 6,8; euerem unfall .., der euch noch neu auf dem
herzen lag. GiiTHE 8, 73 ; was ihm aber noch schwerer auf
dem herzen lag, war das Schicksal des harfenspielers. 19,226;
mit schwerem herzen ging sie hin. 18, 307 ; dasz Jung nicht
heiter war, und dasz ihm etwas auf dem herzen lag. 48, 26 ;
dasz ich ein wort ihr sage, wie mir auf dem herzen es Heget.
Odyss. 22, 392.
Der gegensalz dazu ist das leichte herz, und diese erleichterung
wird aucli anschaulich so ausgedrückt, dasz eine last, ein stein
vom herzen räJlt: ging zur beichte nnd communicirte nach
empfangener absolution, worauf mir dann so leicht und wo!
ums herz ward, dasz ichs nicht aussprechen kan. Simpl. 2,12
Kurz; herr pater, ich habe noch eins vergessen, das musz
ich auch beichten, und von meinem herzen thun. Schdppiüs
292; ich werde ihm folgen — , Ich fühl es, und es wird
mir so leicht ums herz. Göthe 20,279; um ilu- herz zu er-
leichtern, nahm sie die feder. 22,73; sie wälzen mir einen
stein vom herzen. 21, 196. zur erleidilerung wird das herz
ausgeschüttet (rergl. th. 1, sp. 963): diese müssen gegenein-
ander wenigstens alle vierzehn tage ihr herz ausschütten,
wenn es nicht springen soll. Göthe 21,145; es ergieszt sich :
zu seinem vater war er nur gewohnt unisono zu sprechen,
und sein volles herz ergosz sich daher in monologen, so-
bald er allein war. U4. vergl. das volle herz unten 4, c.
1211
HERZ
HERZ
1212
e) neid, eifersuchl nagen, fressen, jucken am betzen: weil
iinmer im herzen der Engl.lnder eine geheime eifersuchl wie
liu böses geschwür jiickt und eitert. U. Heine 9,151;
mir ti^igi die eirersucht so gut das herz, wie dir.
GoTUE 1, aci.
f) beiheuernd: A. geh, verrath mich. Franz. eher wollt ich
mir das herz aus dem leibe reiszen! Cüthe 8,131.
g) sprtcliwOrtUcli : bin ich bereit, mit dir das herz im leib
zu theilen. Simpl. 1, 41H Kurz; die linke band gehet von her-
zen. PisTOBiüs llies. par. 5, 2e.
2) unter herz tcird aucli die äussere Herzgegend, die brusl ver-
slanden: herz oder brüst, peclus , pecluscülum. Dasyp. ; eine
mundarlliclie redensarl liebt den doppelten sinn hervor: ma sied
em wol ofs herz, aber nüd is herz. Tobler 2ü5'; geben sie
uns fumiliengemalilde, und wir werden uns desto eher darin
erkennen, und wenn wir uns gelrofifen fühlen, desto gerühr-
ter an unser herz schlagen. Göthk 16, 1"6; bei betheuerungcn :
die band aufs herz! Klinceb l, 37!$;
Tall an sein herz, o könikMiin! mit zähren
der Ireude. Raklir 1, Bi;
als bis ich sie voll iiibrunst an mein herz gedrückt. 2, 23;
als wie sich wechselsweis der schäfer und die schöne,
das treue herz an herz, umschlossen hält.
WiJLAND 17, 77 ([dris 2, 12) ;
ach du klar blauer himmel
und wie schön bist du heut!
möcht ans herz gleich dich drücken
vor Jubel und freud. R. Rkinick Ueder s. 115.
mundarllich, m Baiern (Schm. 2, 243), aber auch tn der Schweiz,
versleid man unter herz aucJi den weibliclten busen.
3) man nahm das iiuiz als den miUelpunkl des menschlichen
leibes und als sitz aller lebenskraß: wan diu ndtür hat daj
herz gesetzt ze miteist in den leip , dar umb, daj e; ain
prunn und ain ursprincü ist der kreften aller andern glider,
und ist ain schutzlädlein des lebens. Megenuerg 25, 32.
darum heiszt es das herz laben, stärken, sich erfrischen: und
ich »il euch ein bissen brots bringen, das ir ewr herz labet.
1 Mus. 18, 5 ; labe dein herz vor mit eim bissen brots. rieht.
19, 5; am meisten aber sollen dise rabenducaten (in einen
becher gelegt, wein oder bier darüber gegossen) das herze stärken.
unw. doct. 147; nachdem nun Mahal sein herz gestärkt [ge-
gessen und getrunken) hatte. Kkinger 6,115; ähnliclie ßgungen:
hält ich doch einen trunk wein, damit ich mein erschrock-
nes angebranntes herz begieszen könnte. Hamlet bei Cohm
Sliakesp. in Germany 245; endlich als er etliche becher wein
auf das herze genommen hatte. Chr. Weise erzn. 3G; aber
er Ihat sich auch recht was zu gute (mit esse<i) und richtete
sein herz einmal ordentlich auf. vuUismärchen bei Stbackerjan
uberyl. u. sagen aus d. herzogth. Oldenburg 2, 316 ;
innr baumrind eierkuchen backtn
die einem hin ins herz nein schmacktn.
RoLLiNUACKN vom Teiclten manne Ci*;
aber auch: wann die vier stück beinaoder sein,
so werden bald erquickt
mag, lebern, burz und augenschein.
HoFriANN (jcsettsüiaftilieder 179.
das so gestärkte herz ist fröhlich: las dein herz guter ding
sein. riclU. 19,6; und das der wein erfrewe des uienschen
iierz .. und das brot des menschen herze sierke. /)«. 104, 15;
ist der bauch satt, so ist das herz fro. Scuottel U21'. der
mensch stirbt erst, uenn ihn der lod ans herz Irill:
»ieb, wie er bleich wird — jetzt, jetzt tritt der tod
ihm an das herz — die augeu sind gebrochen.
ScuiLLEH WiUietm Teil 4, 3.
4) wenn gemütsbewegunt/en im hohem grade auf die Ihäligkeil
det fierzens wirken {oben \, c und d) , so wird nun dasselbe ab
ttlz des gefühlt, der leidenscliaft , der liebe, det luisses , der :u-
uttd abnetgung betraclUel :
so bat in der brüst mir
doch sich Ksbildet ein borz, das unrecht hasset und unbill.
GöTHS 4Ü, 2;U;
seht! ich bab
ein herz, der Jammer dieie* deutschen volks erbarmt mich.
ScfiiLLKH Wultriiil. toil 3, 15.
dme anschauung spricid tich namentlicli i» einer reiht fon «iWir
uäer weniger fetten formein an», von denen wir die luiupttUcli-
Uchtlen au/zdhUn.
a) gutes, reine«, edles, bö»e», falsches, verkehrtes, ver-
<l,.rl,.,,. hirte», weiches herz. K*nt rrlilart: die ou« dem
hange eutHpringende f&higkcit oder Unfähigkeit
1, dan moralische gesetz in oeine mutiine auf zu
nehtiieu wird das gute oder bO*e herz genannt. 0, lt»U; maa
nennt ein gemüth , in welchem die empfindungen des mit-
leides und der gefälligkeit regieren, ein gutes her/,., da-
gegen man dem tugendhaften aus grundsützen ein edles
herz beilegt. 7,391; vergl. gutherzig, bösherzig theü 2,260.
darumb , das du nicht in rechter furcht gott gedienet hast,
und dein herz falsch gewesen ist. Sir. 1, 3S ;
dein verdorbnes herz. Wisland 17,58 (Idris 1,86);
und blieb sein herz zum mindsten ohne flecken.
s. 105 (2, 63).
mit ähnlichen epilhelen: ein kaltes, selbstisches herz. Guthe
25, 285 ;
ja, sprecht ihr, sagte sie nicht selbst ihr herz sei kalt,
zur freundschaft nur gemacht, und ungeschickt zum lieben?
Wieland 17,56 (Idris 1,84);
drauf wurd'e, wie die männer sind,
sein herz von stund an lauer. IIöltt 32 Halm;
die noch warmes herzeus, ohne falschheit sind.
Ramler 1, 96.
für hartes, kaltes herz treten andere metaphcrn ein: steinin
herz, ferrea corda. Maaleh 219* (vergl. felsenherz, kieselherz);
güldene kirchen, hölzerne heizen. Pistorids thes. par. lo, 5;
ein herze daj von flinse
im donre gewachsen wsDre,
dui müeten disiu mi'cre. Wolfrah Willeh. 12, 16;
mir ward ein herz von eis beKChieden,
ein felsensinn. Höltt 133 Halm.
der gefülUvolle ist lauter herz: ich liebte sie so unerineszlicli,
so unaussprechlich, dasz die liebe zu ihr nicht blosz der
ganze und alleinige inhalt meines berzens, sondern gleichsam
mein herz selbst zu sein schien. Bt^RCEH an Boie, bei AUhuf 60;
denn laszt die Seladons so viel sie wollen sagen,
wer liebt sei lauter herz; man bat auch einen magen !
Wieland 17, 190 (läris 3, 107);
wrirf von dem gefühllosen wird gesagt, er habe kein herz:
emplindungcn mit dem, der ohne herz ist, theilen,
heiszt Schlösser auf die wellen baun.
WiKLAND 17,59 (Idris 1, 8S) ;
wahrlich, dem ist kein herz im ehernen buson, der jeizo
nicht die noth der menschen, der umgetriebnen, empfindet.
GöTHE 40, 267.
b) wer seine gefühle birgt, verschlieszt sein herz: ich dächte
doch, ich behielte lieber vor ihm nichts auf dem beraen.
Lessing 2, 13$;
du verbirgst dein herz und hast ganz andre gedanken.
GöTUE 40, 269;
wer drang nach miltheilung derselben empfindet oder bei dem gc-
fühl hervorbricld, dem gebt das herz auf, der offenbart sein
herz: alsdann thue sich sein herz auf, und denke, der
bringt geld. Scuüppiüs 113; wenn du in die kircbe kommest,
so bitte gott, dasz er dir das herz eröffne, 194; so thut gott
der heilige geist solchen leuten das herze nicht auf. 599;
eröffnen sie mir ihr herz! Göthe 10,164;
das ich ausz in errorsch vil dick,
das sie mir offenbarn ir herz. fiii<ii. sp. 789, 19;
in Hadeln ging meinem vater das herz auf. Nikbobb kl. sclir.
1,60; gute menschen. .. denen das herz aufging, wenn sie
viel ihres gleichen bei sich zu tisch sahen. Götue 8,111;
da mir da» herz immer ein biszcben aufgeht, wenn ich sie
sehe. 16,104; man kann unmöglich etwas zierlicheres sehen
als diese geschOpfe hier (pferde); es ist das erstemal in mei-
nem leben, dasz mir das herz gegen sie aufgeht. 28,24; das
herz muszte einem aufgehen bei diesen üchlen , ui>prüng-
lichen klängen. Rieul cuUurgescJt. nov. 257; gedenk ich jetzt
solcher schnurreu und wandergeschichlco , dann geht mir
das herz auf. 353 ;
0 sir, moiu herz geht auf!
ich iiiusz des langen unmuths mich entladen.
ScuiLLER .Miirtu Stuart 2,8;
0 sieh mich an, wie mir
nach einer langen teil das herz sieb öfTnat,
der Seligkeit, dem liebsten, was die »elt
noch für mich tragen kann, das huupt zu küssen.
GoTHB 9, 54.
In der altern spraclie brauchte man das herz wird gro«z, wenn
das gefiüd des kummers ausbrach : ihr war das herz gross und
schüttele die seufzer hcruusz. sdiaub. engl. u. franz. com. 1,433;
sin herz wart Ime also grost,
das er von wetnende sich bogost.
Kons KisTEMK* V. 3U;
do ward ir scheiden widor new;
der ht'rr erieignt Im «ein trow.
wan im ward sein harz gar gri>it,
dai er «eiii »'.iiii;<'>i mit weinen btgoai.
I> GBNSENaACu f. nv, 2M G6ä»k4.
1213
HERZ
HEBZ
1214
sonst itt das grosze herz das von liohen und edeln geßhlen er-
füllte : Dämon hat ein groszes herz, dasz er es seiner Schwe-
ster anTertraut. schaub. engl. u. franz. com. 2, 129 ;
allein ihr hen blieb ffrosi, wie es zuvor gewesen.
Rost verm. ged. 43;
du hast mit höherm sinn und gröszerm herzen
den zarten schlanken lorbeer dir gewählt. Götbb 9, 102.
e) von der intensilät des gefiihls zeugt das rolle herz, von der
tiefe desselben das tiefste, innerste herz, des herzens gnind:
gott ist mein zeuge, wie mich nach euch allen verlangt von
herzen grund in Jhesu Christo. Phil. i. 8; verzeiht mir, gnä-
dige frau. mein herz ist zu voll, meine sinne baltens nicht
aus. GöTHE 8, 131 ; wenn ich sonst bei dir sasz . . und mit
vollem herzen der Jiebe und des Zutrauens zu dir sagte:
lieber, lieber, guter mann. 20,103; mademoiselle, sie sind bis
in das innerste herz beleidigt, gekränkt. 10, 5S;
dasz rauosz noch werden gepreist
eur lob in meinem munde
tier aus meines herzen gründe
an end die weil ich mag geleben, fasln, sp. 42i, - .
die ihr mir das bild der beiden,
die ich von eitern her verehren lernte,
entgegen bringet und das innre herz
mit" neuer schöner hoffnung schmeichelnd labet!
GöTHK 9, 44;
mir ist im tiefsten herzen beschlossen ... 40, 269;
deines vollen herzens triebe,
gieb sie keck im sänge frei. Uhl*?id ged. 40.
ähnlich die formel aus ganzem herzen, von ganzem herzen:
du seit lieben gott deinen herrn von ganzem herzen, von
ganzer seelen, von ganzem gemüte. Matlh. 22, 3T; wenn ich
aus ganzem herzen rede. Göthe 16,67; wie ich sie jetzt von
ganzem herzen hasse! 19,240; der mensch machte von gan-
zem herzen einen albernen bückling. 18,240; und selbst die
Verbindung von herzen steht in gleichem prägnanten sinne (rergl.
auch unten f am ende) : was nicht von herzen komt , das
komt nicht darin. Schottel 1145'; ihr würdet immer wähnen,
ich thät nicht von herzen. Gothe 8,140;
nu ist mir von herzen lait. fasln, sp. 622,3;
dein antwort hat mich von herzen verdrossen.
LocAü 2, 125, 34;
wir lieben lange so, bis wir zuletzt erfahren,
dasi wir, stat«. treu zu sein, von herzen närrisch waren.
GÖTHR 7, 17;
E. komm, gib mir doch den kusz von deiner Chloris wieder.
L. von herzen gerne. 19;
erlaube mir, dasz wir von herzen sprechen. 99.
dafitr ähnliche Verbindungen : ich bitte dich mit herzen. Me-
LANCHTHON im coTp. doctr. Christ. (1560) 395. 458 ; und ist mir
aus ganz meinem herzen leid, was ich je guts von im ge-
saget habe. Lctber 1,421"; denen er doch urab ihres frid-
samen lerens willen ins herz feind ihe und ihe gewesen ist.
Alberds Widder Wilzeln G 7".
d) um das gefühl rege zu machen, wird ins herz geredet,
ans herz gegriffen: mit diesem text wil Christus denen po-
liticis und Statisten an das herz greifen. Schuppids 641; viel
böse leute, die mir gleichsam in mein herz gegriffen haben,
und nimmehr öffentlich verlästern. 688 ; alle Zeilen dieses
briefes grieffen Solanden ins herz. poUt. stock f ii^ ; das ein-
zige, womit man ihnen wärend dieses krieges noch nicht
ans heuz gegriffen. Heilmans Tluwyd. 882; immer habe ich
gewünscht, den reisenden, die vor meinem gasthofe halten,
noch ehe ich sie bewillkommne, an das herz zu reden.
TuüMMEL 4,334; oft seh ich das bild stunden lang an und
grüble mich fast todt darüber, wie es zugehen konnte, dasz
mirs nicht gleich beim ersten anblick ebenso lieblich ans
herz griff. BCrcer an M. Ehrmann 57; endlich einmal auf-
zutreten und den menschen in das herz hinein zu reden,
was sie sich so lange zu hören sehnen. OOthe 18, 99 ; wenn
ich die elendesten gesehen habe sich einbilden, sie könnten
uns ein groszes treffliches wort ans herz reden, loo;
die kunst zu rühren und ans herz zu reden.
J. M. .TIitLEB ged. 457.
eine sache, wofür das qefüU sprechen soll, wird ans herz gelegt.
e) am herzen liegt etwas, für das man warm fühlt (unter-
schieden von auf dem herzen liegen oben i,d jp. 1210): ich
fohlte die frommen morgengedanken mir so nahe und so
warm am herzen liegen. THt>»iiEL 3, 8 ; wenn es eine an-
gelegenheit betrifft, die ihnen zunächst am herzen liegt, und
am herzen liegen soll. Göthe 20.127; das erstemal seit lan-
ger zeit hast du wieder gesprochen , wie einer dem etwas
wahrhaft am herzen liegt. 23,38; ich habe dort unter para-
doxie und fabel gar manches versteckt oder problematisch
vorgetragen , dessen frühere oder spätere ausführung mir
längst am stillen herzen lag. Göthe 44,60;
denn billigkeit lag ihm am herzen. Odyss. 14, 433.
wen oder was man liebt, steht eines herzen nahe:
so bleibt durch alle zelten
herz herzen zugekehrt. Göths 1, 131 ;
oder ist ans herz gewachsen : bei unserm frauenzimmer, de-
ren mancher sonst ein Zwirnsfaden an das herze gewachsen
war, wolle die freigebigkeit auch einnwl zum Vorschein
kommen. Felsenb. 4,325; etliche elen band waren Andradio
aber nicht ans herz gewachsen, polit. hofmädgen 144 ; sie (LilU)
war mir so ins herz gewachsen , dasz ich mich gar nicht
von ihr zu entfernen glaubte. Göthe 48,94; ist dir der hahn
^0 ans herz gewachsen ? Kotzebce dram. sp. 1, 308. Ähnliche
fägungen: (habe ich niciu anders erfunden) dann dasz e. f. g.
ihm aufs beste in seinem herzen .. ist, Lcther br. 1.77;
ich trug sie {eine ballade) um so gemüthlicher vor, als meine
gedichte mir noch ans herz geknüpft waren, und nur selten
über meine lippen kamen. Göthe 26,289; wann er nicht
je zu Zeiten so etwas dergleichen zu obren trüge, so wärs
unmüglich, dasz er dem gn. herrn in einer solchen bälde
so hart ans herze bachen können! Simpl. 3,381 Kurz;
so würden sicherlich mir anderthalb forellen
SD wenig als ein quark ans herz gebunden sein.
GC!<THSB 1059.
gegensalz dazu ist das losschneiden vom herzen : (der vater spricht)
das mädchen hat sich selbst von meinem herzen losgeschnit-
ten. Kotzebce dram. sp. 3.315; so thue ich es lieber, als
aus deinem herzen zu fallen. Stoi.berg 12, 377.
/) etwas womit sich die empfindung beschäftigt, nimmt, faszt
man zu herzen, geht zu herzen : es gadt mir zu herzen, es
ist mir angeoäm, cordi est mihi. Maaler 220"; aber gewöhnlich
in onderm sinne: zu herzen gon, im lassen befolhen und
angelogen sein, cordi esse. 220'; und wenigen den ers klagt
gienge es zu herzen. Kirchhof wendunm. 439'; liesz sich
nicht merken , dasz der schade ihm zu herzen gieng. pers.
rosenth. 5,17; darumb gehet mir die mattigkeit der jungen
kinder zu herzen, weil ich meines vaters in der kindbeit
beraubet worden bin. p^rs. baumg. 2,1; ich sah mit thränen-
vollen äugen um mich her, als ob ich ein wesen in der
Schöpfung suchen wollte, dem mein zustand zu herzen ginge.
WiEiAND 2,79 (69); dasz irgend eine mitleidige gottheit sich
den zustand des einsamen Ko.xkox (habe) zu herzen gehen
lassen. 14,20 (19); das unglück unsrer Schwester geht uns
nah genug zu herzen. Göthe 11,43; ninuns zu herzen 1 10, 186;
endlich faszten die herren meine sichtbare beschämung zu
herzen, hoben ihre Sitzung auf. und trösteten mich noch
oben darein auf das herablassendste. Tut^nMEi. 4,506;
wenig sint, den gat yetz zö hen
usz eebruch solch le'id, sorg und smen.
narrensch. 33. 19;
herr, das laszt euch zu herzen gan. fastn. xp. 6.36, 7 ;
die red gieng mir zö herzen,
betrübt ward mir mein mut. Ublamd volksl. 622;
will dir das oit zö bärz Ion gon.
Ge!<ge>'bacb gouchmat 454 ;
er führet Amors list zu herzen. Weckhkrli<< 346;
princess, nimm unsern tod so heftig nicht zu herzen.
A. Grtphii's 1698 I, 285;
hier sasz das grosze paar, Victoria gelassen,
als könnte sie den schimpf sich nicht zu herzen fassen.
Rost verm. ged. 1769 «. 25;
nur töne die vom herzen komnv^n,
nur töne die zu herzen geho. Üallir (1777) 201 ;
den guten göltern musite dies
nun wohl zu herzen gehen. Höltt 30 Hatyn ;
ein scherz vielleicht,
den jemand mit uns treibt, nimms nicht
zu herzen, edle irau! veracht es lieber.
Schiller Iphig. 4,3;
was ist dir Faitst, du wirst so blasz,
fing dir zu herzen gar der spasz? Lksad Faust 32;
du kennst das meer noch nicht, das ernste ding
schon manchem wandrer sehr zu herzen ging. 146.
von hier aus wird vom wege zu eines herzen geredel: nach-
dem sie sich den weg zu meinem herzen durch liebkosungen
1215
HERZ
HERZ
1216
und Schmeicheleien eröffnet zu haben glaubte. Wielano 12,89.
Verlangen, bedenken, begehren, wünsche hat man auf dem her-
zen, ein bild, das sich mit \,d ofc«» sp. 1210 nalie berührt: so
sag mir, was du auf dem herzen hast. Soph. lasz ihn. die
manner machen oft gesiebter, ohne Just was auf dem herzen
zu haben. Göthe 10, 111 ; su musz ich dir gestehen, dasz ich
schon einige zeit etwas auf dem herzen habe, was ich dir
vertrauen musz und möchte. 17, 5; lasz mich nur; was ich
auf dem herzen habe, soll bei dieser gelegenheit davon.
8, 188. von herzen schlägt man, an das man ni$ht mehr den-
ken will:
er schlug von herien alles trawren.
B. Waldis Esop 3, 93, 181.
ähnlich: dasz er . . die noth vom herzen klagt und abwclzet.
ScRivER seelensch. 2,93; aber von herzen geht, was aus tiefer
empßndung kommt : dasz nicht alles vom freien herzen gehe,
sondern dasz viel wortkram, bilder, gieichnisse, herkömm-
liche redensarten und wiederholt anklingende zeilen sich
immerfort wie um eine gemeinsame achse herumdrehten.
Göthe 23,176;
doch werdet ihr nie herz zu herzen schafTen,
wenn es euch nicht von herzen geht. 12, 37 ;
alles was ich gelernt und was ich von jung aul gewohnt bin,
was von herzen mir geht — ich will es dem alten erzeigen.
40, 318;
ähnlich: danke von herzen . . unserer spanischen majestät
gesundheit trinkt nicht leicht ein Niederländer von herzen.
8, 171 ;
niemals sind wir allein, und reden nie von herzen. 7, 55.
vergL oben c sp. 1213.
g) was dem gefühl widerslreüet , kann man nicht über das
herz bringen: hat gott seinen einigen son für uns alle da-
hin gegeben, wie kündle ers denn über das herz bringen,
uns in geringerm anliegen zu verlassen? Luther 5,7"; und
da wir bei dem pfarrhof vorüber wollen , konte ichs nicht
übers herz bringen , ohne speck weiters zu passirn. Simpl.
1,236 Kurz; dasz ich ihn als meinen allerliebsten freund in
seinem elend zuverlassen, nicht übers herz bringen können.
2,15; er sagte: er könn es nicht über sein herz bringen,
das brod zu essen, dessen seine kinder so nülhig hätten.
BoDE Thomas Jenes 5, 116; der ich es . . nicht über mein
herz bringen kann, einen wurm unter meinen füszen zu zer-
treten. WiELAND 12, 57; wie man es nur über das herz brin-
gen kann, die garstigen äffen so sorgrältig abzubilden. Göthe
17,291; da könnt es der küchenjunge nicht lünger übers
herz bringen, gieng zu dem könig und entdeckte ihm alles.
Grimm kinder- u. hausm. 2, 241.
h) wer seine empfindung ausspricht, sagt, wie es ihm ums
herz ist: dem es nie umbs herz und ernst gewesen, das es
umb die christliche religion recht und wol zustünde. Albe-
Büs Widder Witzeln F 8* ; derowegen gedachte ich . . zu reden,
was jedem aufs beste gefiel und am annehmlichsten war,
auch jedem mit ehrerbietung zu begegnen, obschon es mir
nicht ums herz wäre. Simpl. 1,304 Kurz; wann der herr nicht
Selbsten wüste, wie einem buler ums herz ist. 326; jedoch
stellete ich mich viel anders , als mirs um herz war. 327 ;
wann ich dir aus brüderlicher liebe teutsch heraus sage, wie
mirs ums herz ist. 2,9; andere geben uns die glattesten
Worte, da es ihnen doch nicht um das herze, ja alles falsch
ist, was sie reden. Butschky Palm. 251; wenn ich reden soll,
wie mirs ums herz ist. Wiei.and 11, lll ; erdringen will ichs
(das vertrauen) nicht , aber gönnen sie mirs wie es ihnen
ums herz ist. Göthe 23,169;
ich macht ihn ziemlich aus, doch war mirs nicht ums herze.
Grllmt 3, 409.
i) die beziehung zwischen empfindung und dem organ tlires
ausdruckt betonen die formein herz und niund, tierz und zunge:
weg das heri vol ist, des gehet der niund über. Matth. I'2,.U;
dem herzen hilfts, wan der mund die noht klagt. Sciiottki.
1132'; weise leute haben ihren mund im herzen. 114&'; die-
se» redet zwar mein mund, aber das herz weisz nichts da-
von. ScHUPPius 584; herz und nuiiid slimuit nicht bei ihm
üherein, alia eogtlat, alia luijuilur, Fhisch 1,416'; mein herz
b'irle nicht, was meine zunge prahlte. Schii.i.rb ruuber 1,2;
zuletzt, da ihr jede gewalt über hieb selbst cnlriHscn ist, da
ihr herz auf der zunge schwebt, wird diese zunge ihre fer-
ratberin. G<iTiiR 19, 9.'i;
btit im luuud uud kalt im henen. fa$ln. tp. 742, 18.
es heiszt auch: vil wort wenig herz. Frank syric//u). 2,173*. —
Leute die ihre empfindungen leiclu äuszern, tragen ihr herz auf
der zunge, oder auch in der band: unter guten, zufriedenen,
ehrlichen menschen, die ihr herz in der band tragen. P. Hevse
fioi'. 5 (1864) 156 ; während sonst die band bekräftigt, was das
herz empfindet {vergl. band sp. 310) :
so sei mein antheil an dem ewgen heil,
als herz und hanüschlag bei mir eini^ sind.
ScuiLLER Jungfrau 3, 2,
wie man bei cingchung des ehebundes herz tmd band anbietet:
dasz er jenem trefflichen frauenzimmer sein herz und seine
band angeböten habe. Göthe 20, 181.
k) die empfindung der liebe für eine person wird in verschie-
denen bildern ausgedrückt: kinder sind einem durch daj herze
gezogen. Ködiz 54, 6, wol angelehnt an einen durch gewcbe oder
Stickerei durchgehenden faden; quinta doctrina: lug, dasz du
dem pfaffen in das herz kommest; kommest du im in das
herz, du kommest im auch in den seckel. de fide conaib. 125 ;
so willu ihn so höflich tractiren und ihm dadurch das herz
dermaszen abstehlen , dasz es dir künftig dein Icblag wol
bekommen soll, Simpl. 1,255 Kurz; ihr habt mir mein herz
gestohlen. Happel acad. rom. 42; soll dich denn nun bin-
füro dein mann verächtlich halten, und sein herz von andern
aufgehalten werden? schaub. engl, und franz.com. 1,234; sie
. . konte aber kein herze zu demselben {kinde) haben, weil
es aus so schlechtem geblüt herstammte, ehe eines t7ia/ines337;
nach eines herzen sein, ad volunlalem alicujus esse. Frisch
1,446*;
mein vater hat ein andere {frau) erworben,
die mir {der loctuer) nit zö herzen geet. bcrgrcien 122,3;
zu deiner priesterschaft, die dich im herzen trägt.
Scriver goldpruit. 624;
näher stand dem könig keiner,
doch dem volke schlug sein herz.
ScuBNKENüORr auf Sclmrn}iorsts lad.
an eine geliebte person verschenkt, hängt man sein herz: da
wurde ich eines holdseeligen cammerkätzgens gewahr, deren
schenkte ich gleich mein herz. Simpl. 3,150 Kurz; wie leicht
wird es einem groszen, die gemüther zu gewinnen ! wie leicht
eignet er sich die herzen zu ! Göthe 19, 18 ;
doch unsre herzen macht eucii pdicht und neigung eigen.
WiKLAND 17, »9 (Idris 2, 33) ;
dir ist mein ganzes herz geweiht,
so lang ich ödem habe. Höltt 32 Halm;
mein herz ist nicht mehr mein, Adelma.
ScuiLLBR Turaudol 4, 10;
dein herz, dein liebenswürdig selbst verlier ich.
bald wirst du in den jugendlichen armen
des feurigen gcmahJs dich glucklich lülilon,
und ungetheilt wird er dein herz besitzen. M. Stuart 2,9;
hat man sein herz verschenkt,
so denkt man nichts, wenn man nicht an den liebsten denkt.
GÖTBB 7, 17.
man läszt sein herz bei jemandem, was aucli in bezug auf dinge
gesagt wird: ich aber licsz mein herz bei den knackwürsten.
Sivhpl. 1,236 Kurz, man schlieszt einen ins herz; auc/i hiei
freier: tagtäglich sehen wir, dasz ein iheaterslück , ein
roman , ohne die mindeste rücksicht auf recensiouen , von
lescrn und lescrinnen, nach individuell eigenster weise auf-
genommen , gelobt , gescholten , ans herz geschlossen, oder
vom herzen ausgeschlossen werde, je nachdem das kunst-
werk mit irgend einer Persönlichkeit zufällig zusammenlroffen
mag, GöTHK 38, 288. — Wen man nicht mehr lieben soll oder
will, den rciszt man aus dem herzen : und ihr musz icii die-
sen Karl aus dem herzen reiszen, wenn auch ihr halbes
leben dran hängen bleiben sollte. Schiller räuber 1, I.
/) der gekeble ist freund , geselle des hcrzcns , (iie geliebte
königin, gehieterin des hcrzcns:
er ist ineiiis her/ou gsolle
und stii IT wo er wolle,
wi« gern ich bei im weit sein, btrgrcien 12^,3;
ja, Amor flüstert mir dast ich dich linden werde,
du nicinci herioiis königin! Wiklanh 17,147 (/dri.< 3,27).
Hl) so steht herz nicIU nur alt sitz des gefuhls , sondern für
gefühl, empfindung selbst: denn wo ewcr schätz ist, da i.il
auch ewcr herz. Mutth. 6, 21 ; wer weisz, nli nichl auch zu-
weilen das, was man in der spräche der neuern franzitst
sehen feinen weh das licrz einer daiiie ncniil, i<u:h ein-
mischen mochle {brt einem liehesvtrhaUnisfe). Wiki.and 20,52;
sie hing heule mit zilrllicher schwärinerri an Itabrilr, . .
weil sie selber nichts nur, als heiz. J. I'aul TUan 2,229;
1217 HERZ
ihr seid verwundert, sir, dasi ich so schnell
das herz geändert gegen die Maria.
Schiller Maria Stuart 2, 8;
durch eine treue hand gelingt es mir,
ihr mein verändert hert zu offenbaren, das.;
aus ihnen wählt euch eine würdige
gemahlin aus! ich — will mein herz besiegen.
Turandot 4, 10.
es bezeichnet in einigen beispielen die ganze einem menschen eigene
arl zu fühlen und zu empfinden: die geslalt siebet man im
Spiegel, das herz siebet man im wein. Schottel 1124" ; man
traute mir aus meinen Schriften kenntnis des menschlichen
herzens, wie man es damals nannte, zu. Göthe 48,37; welch
eine himmlische empfindung ist es, seinem herzen zu folgen I
20,99;
er Ist gereist, kommt aus Paris und Rheims,
und bringt sein treu altenglisch herz zurück.
Schiller .Vi. Stuart 1, 3.
hterher sein herz finden , die individuelle art zu fühlen {nach
einer zeit der verirrung) wieder erlangen :
tröstet euch I
er {Rudern) hat sein herz gefunden, er ist unser. Teil 4, 2.
in andern beispielen mänt herz interesse, Iheilnahtne, liebe für
etwas :
fährten den krieg, als wars nur scherz,
hatten für die saciie nur ein halbes herz.
Schiller Wallenst. lager, C. auftr.;
sein eignes ich vergessen
in aller lust und schmerz:
das nennt man, wohlermessen,
für unser volk ein herz, ühland ged. 96;
in andern zutrauen, vertrauen: einen bösen wolf, der zuerst
in deine stricke fällt, schlage todt, wo nicht, so habe ja
kein herz zu deinen schafen . . von einem bösen menschen
kompt nimmermehr was gutes, pers. baumg. 2,25;
kein herz ich zu seim leben bah.
J. Atrer 349* (1750, 15 Keller);
man hat mich
vor ein gericht von männern vorgefordert,
die ich als meines gleichen nicht erkennen,
zu denen ich kein herz mir fassen kann.
Maria Stuart 1, 2;
in noch andern aber das gefühl der freude: ob ers (der teüfel)
mücht zu wegen bringen, das wir an golt verzweivelten, . .
das were sein herz und lust. Lutheb 3, 394'; in andern end-
lich in prägnantem sinne edles, gutes gefühl:
0 gott! aus diesen zügen spricht kein herz!
Schiller M. Stuart 3, 4.
n) Verbindung von herz und muth, herz und sinn, herz
und aage: ich bin so müd dasz mir mut und herz empfallen
ist, dasz ich gar nülzid mer mag, longo sudore corda faliscunl.
Maaleb 220*; was die äugen nicht sehen, bekümmert das
herz nicht. Schottel ll3l'; was das aug siebet, glaubet das
herz. PiSTORius thes. par. 2, 40 ; auf die {Jungfer) richtete mein
untergebener Andreolus sein herz, sinn und gedanken. Simpl.
2,304 Kurz;
Jesu gib uns auch bstendigkeit,
muth, herz und sinn, das wir mit frewd,
dein wort bekennen bis in tod.
SiLHECCKR psalmen (15S7) 423;
ich will mich nur mit dem vermählen,
den herz und äuge wählen.
KoTZEBrE dram. tp. 2, 305.
o) eine formet sich in das herz hinein schämen, tcill die
tiefe des zundcM nur äuszerlicb, auf den tvangen, sich kund-
gebenden Schamgefühls zeichnen : das ein schwermer sich ja
soll in sein herz Schemen, einen buchstaben des Luthers zu
seinem irrthum zu füren oder zu brauchen. Lütheb 6,108';
schämst du dich nicht ins blutig herz hinein? Felder Sonder-
linge 1, 116. j
5) in diesem sinne '{no. 4) uird herz dem köpf, geist, ver- j
stand gegenüber gestellt: da bei ihr das herz dem verstände
die Vorschrift gibt. Kart 3,U0; dahin treiben ihn Vernunft,
herz und gewissen. 6, 323 ; die geheimen gebrechen des
kopfes wie des herzens. lo, 7; ich schrieb ohne alle anderen
bücher, aus eigenem köpfe und herzen. BCbcer 318'; kein
kühner sprung, so wenig der bilder, als empfindungen !
nirgends etwas aufrührendes, so wenig für den köpf, als
fürs herz! 321* ; es ist doch eine freude zu sehen, dasz es
noch menschen gibt, denen köpf und herz auf der rechten
stelle sitzen. 6« AUhof 92, vgl. veiteres unter köpf th. 6,1765;
fand bei diesen würdigen personen eine angenehme unter-
b:\ltung für geist und herz. Güthe 19,292;
IV. 11.
HERZ
1218
da müssen herz und köpf sich lange zanken.'
ob menschenhasz, ob schwermuih siegen soll,
oft siegt auch keines; und die phantasie,
die in den streit sich mengt, macht Schwärmer,
bei welchen bald der köpf das herz, und bald
das herz den köpf musz spielen, schlimmer tausch!
Lessinc 2, 196;
dein iirtheil kann sich irren, nicht mein herz.
Schiller Piccolomini 5, 1.
6) aber das herz ist auch sitz des mutes, der entschlosseitheil,
der thatkraft:
was für Phantome
sind das, die deines herzens edeln muth
so ganz entnerven! Schiller Macbeth 2,4;
und der tapfere hat das herz auf dem rechten flecke, was man
sonst anch von dem tcarm empfindenden sagt {oben 5 und thäl
3,1742), wie der feige ein mattes herz zeigt:
denn sein herz war zu kriegen matt, mückenkr. 1, 222.
der ausdruck stellt daher für mut, enlschlossenhät, Zuversicht selbst .
dasz nichts kan deiner dapfern band
und stärkerm herzen widerstreben. Weckheilik 364.
getpühnlich in festen formein:
a) ein herz haben ; kein herz haben ; das herz nicht haben
(Happel aead. rom. 30. 78): kan so vil herzens nicht haben
zn volbringen ein sollich übel. Fbaxk wellb. 190" ; er hatte
nur nicht das herz. Lenz l, 219 ; er hatte kaum das herz
mich anzusehen. Göthe 8,70; er that feindlich böse, wie
einer der kein herz hat und 's nit will merken lassen, das.;
und wenn er mit dieser art noch nicht bekannt genug sei,
oder noch nicht herz genug dazu habe, so solle er ihm die
arbeit überlassen, und er wolle bald fertig sein. 19,158; da
ich mich einmal meiner frömmigkeit nicht schämte, so hatte
ich herz, meine liebe zu künsten und Wissenschaften nicht
zu verbergen. 303; Wilhelm hatte diese nacht das herz nicht,
die brieftasche zu öffnen. 20,102;
die feinde schon kein herz mehr ban.
HoFFWANj« gesellschaftslieder 144;
denkt euren streichen nach, dann habt das herz und klagt.
GöTHB 7, 38.
b) ein gutes herz haben , wie sonst guten mut, gute Zuver-
sicht haben: habt ein gut herz, antwort der Junker, denn es
soll euch widerfaren was ir begert. Amadis b9; habt nur ein
gut herz. 389; aber in die harr mocht weder desz ausz-
iSndischen ritters Sterke noch gut herz ihm viel nutzen. 407;
bruder! wann dir damit geholfen wird, so habe ein gut herz,
dann ich will dir hundert ducaten geben. Simpl. l, 200 Kurz;
habt ein gut herze, mein freund. Schock stud. leben 13;
glaub du mir, und hah ein gut herz:
du aolt auch disz jähr, mir zu ehren,
ein gute feiste gansz verzehren, ganszkönig HV.
c) ein herz fangen, fassen, nehmen (rerg/. r/j. 3, 1314. 1346) :
gnedige frauw, es ist von nöten , dasz e. g. jetzunder das
herz, so die dann jeraal gehabt, als sie diese handlung be-
gangen, widerumb fassen, und sich trösten. Amadis iU; bei
gott, ritter, zu unglückseliger stund habt ir je soviel herz
gefasset. 429; da Frideiich die red vernam, wieder ein herz
empfieng. Galmy 302; mit vermahnung zu dem bruder dasz
er ein herz fasset. Kibchhof wendunm. 403*; noch habe er
sich ein herz gefast. polit. stockf. J83; ehe er aber seinen
tanz antrat, faste er sich das herz und gieng mit verlaubnis
der Jungfer hin. 245; hiermit konte man nun schon ein herz
fassen. Felsenb. 1,66; die wirthin faszte sich ein herz. Riebl
eulturgesch. nov. 349;
erst fing man herz zu solchem scherz
do man thet hilf erkennen. Soltau volksl. 183 (von 1503);
die schlembien, waren guter ding,
danron der reutr ein herz empflng. H. Sachs 4, 3, 85*;
davon (von dem ton der trompete) das kriegsvolk solch ein herz
empfing, dasz im gleich war ein scherz
seiner feind wüten auszzustehen,
und in den bittern tod zu gehen, mückenkr. 1,983;
schau an die lieben fcnaben,
die durch dich neue stärk und trost geschöpfet haben,
itzt fassen sie ein herz. A. Griphiüs 1698 1,517;
als nun Reineke sah, wie schnell sich des königs ged.nnken
wendeten, faszt er sein herz und sagte . . . Göthe 40,83;
wie viel muth, wie viel herz werde ich mir für ihn trinken.'
Lessisg 12, 133.
d) hierfür wird aucli , mit einem eindringlichem bilde . gesagt
das herz in beide bände nehmen: der man name einmal
das hera in beide bände. Frey garteng 75'; fasset widerumb
77
1219
HERZ
HERZ
1220
das herz zu beiden henden. Wicrrasi roUw. 16, 14 Kurz . end-
lichen in einer so sehr verzweifelten sach muste er wol
das herz in beide band nenien, fieng derowegen an . . Hürl
V. WÄTTERSTOHrK Bacchusia 7 ; wir beschlossen alsff das herz
in die band zu nehmen. Pierol 2,274; nahm er das herz in
beide bände. 3, 4IS;
und nehm ichs herz in die bände
und geh hinauf ins haus. Ubi.and ijed. 32.
f) einem ein herz machen, geben, einreden: ir redent mir
ein herz ein. Aimon bog. 1 ; wie der mönch seinen gefährlen
ein herz macht. Garg. 250'; mein raeinung ist nit, das ich
euch mit werten ein herz einslecken wöll , ich weisz wol
das worl einen verzagten nil keck machen. Livius, Schoß'criin
112'; wie man den erschrocknen ein herz einjagen und ma-
chen möge. Fromsp. kriegsb. 3, 20l'; und schupfet ihnen da-
mit ein solches herz. Tacibs, das. 3, 240' ; ich solte . . dich
billich jelzunder trösten und ein herz zusprechen. H. J.
V. Braonschweig Sus. 4,4 (s. 126); machten i. f. gnaden ihr
ein herz, sie wollten unterwegens gcld auftreiben. Schwei-
MCHEN 1,149; wenn ich denn jung und blöde war, machte
ich mir ein herz, brachte mein gewerbe vor. IfiO ; redete er
ihnen ein herz ein, und sprach: fürchtet euch nicht, pcis.
yoseiilh. 3, 27 ; aber der anblick eines bösewichts gab mir
herz. Schiller 709; Marlin. nicht wahr das ist ein mann!
AWeil. er kann einem recht herz machen. Göthe 15,58;
nu hab ich mich dein am paszteii getrost,
wann du bist wol der aller gröst
und solst auch disen allen stoszen ain herz ein:
so «iitu zum ersten der zaghaft sein? fasln, sp. 637,5;
bei Fleming auch:
wein will von nöten sein,
der gibt dem berxen herz und stärket mark und bein.
148, 16 Lapjienb.
f) einem das herz nehmen: das ir häuf dester grüszer und
erschrücklicher erschein und sy dem feind das herz nemen.
Frank wellb. 90* ; die furcht in spanische bände zu fallen
benahm uns das herz. Pierot 2, 235.
g) das herz vergehl, entfällt: dardurch möcht ihm auch
das herz entpfallen. Fronsp. kriegsb. 3, 180"; da vergieng
Solanden das herze ordentliche ansuchung um sie zu thun.
polU. stockf. 258.
") seltener Kird herz als silz des Verstandes , der gedanken,
der Überlegung, memung, gesinnung genommen, und doppelsinnig,
mit bezug auf die rastlose bcwegung des herzens, wie auf die
siele gedankenarbeit des menschen heiszl es:
weist, ein alt Sprichwort gicht,
des menschen herz das feiret nicht. 11. Sachs t,331'.
denn aus dem herzen kommen arge gedanken. Mallh. 15, 19 ;
da antwortet Hiob und sprach, ja ir seid die leule, mit euch
wird die Weisheit sterben, ich hab so wol ein herz als ir,
und bin nicht geringer als ir, und wer ist, der solchs nicht
wisse? Hiob 12, 3;
sin herz in wiien umbe truoc,
wie ej sich nu enden wolde. siben sldf. 697;
da taugt (dduclite) mich mein herz im leih sagt mirs , und
dasz es mir gott in sinn gab. Götz v. B. 54 ; du redest aus
meinem herzen heraus, tu animum meum gestas. Serz 6S';
bet er {der eher) gehabt ein herz im leibe,
denn hett er gedacht: vorwar ich bleibe
ausz dem habern : kriegt mich der bawr,
er macht mir zwar den habcrn sawr.
ü. Waldis Esop 2, 12,33;
bätt so viel baut ums herze ring,
datz er nicht spürt mit wem er ging. Göthb .')6, 29.
In formein: darumb müssen wir nicht ansehen, wie ungerne
wir sterben , sondern dagegen die frewd und lust ins herz
bilden, so hernach folgen wird in jenem leben. Luther
6,234*; wolle got dasz alle andere .. dieses zu herzen fas-
fcn (überlegen), Kibcbhof wcndunm. 393'; etwas ins herze
nehmen, planen: du beschuldigest mich dessen, das ich nie
gesehen, auch nie in mein herze genommen, viel weniger
volienbracbt habe. H. i. v. Bkaunschw. io7; dieser ubcitbal
halber, so ich nie in mein herz genommen, viel weniger
zu werke gerichtet. 132, vcrgl. 139. 117; wann der prediger
auf der canzel etwas denkwürdiges sagt , so seufze und
denke in deinem herzen, herr ziikoni dein reich. Scruppius
194; jeder, der wider mein iiiiternebinen noch etwas auf
herzrn und gewissen haben mfichtc. BnRCER Ihl'; etwas ins
herz findrürken, einpiagcn, schreiben, wo die hierher fallende
bedruiuiiQ lueh aurh un nlirn t. f li.fi 1714) riiliit- lr\ hniiirlil
nicht ins protokoll genommen zu werden) wenn nur meine mit-
bürger es in ihre herzen schreiben. Kotzebük dram. sp.
2,333;
wir, wir haben von seinem glänz und Schimmer
nichts als die müh und als die schmerzen,
und wofür wir uns hallen in unserm herzen.
Schiller Wallenst. Ingcr, 11. auftr.
herz als sitz des glaubens: ich aber, der ichs .. predige und
bekenne, kans noch nicht so rein ins herz bringen als ich
wol soll und gerne wolt. denn ob ichs wol gleube, so
fallen doch imer mit zu die siiszen gedanken, die mich
kutzeln im herzen . . Luther 6, 68*.
8) daher herz für besinnung, bewustscin, Überlegung selbst:
halt an dich, nit Schlags kind bisz dir der zorn vergat, denn
straf mit ainem haiteren herzen nach Vernunft. Keisersberg
siben schaiden h 6', mit klarer besinnung;
ir [Mariae) herz von vröuden wider kam.
MonE scbaiisp. d. m. 2, 243;
aber auch für meinung, ansieht: und kan doch ja nicht solch
heimlich beschlafen aufs verlübnis für eine hurerei gerechnet
werden , denn es geschieht ja in dem namen und meinung
der ehe, welchs herz und meinung oder namen die hurerei
nicht hat. Luther 5,247'; mein herz ist je, dasz man soll
die zwei regiment, geistlich und weltlich .. nicht mengen.
br. 5,25; ich erinnere dich deszjenigen, so du unterbanden
hast {mit deinem bruder einen Zweikampf zu vollziehen) , mit
bedachtem mut zu thun, dann du hast nit einen feind, der
gleich zu erwürgen ist, sonder einen bruder, ob er wol dein
feindt ist. Thiamus sagt, du hast mir mein herz getroffen,
ich hab mir fürgenommen , ich wolle ihn überwinden, aber
nicht tödten. b. d. liebe 208*;
bedenket euren stand? was sol der könig sagen?
was sol Castilien hierob für herze tragen?
Greflincer Cid Av»;
Veneriila hasset scherz,
was sie meint, das ist ihr herz. Locau 1, 23, 77.
9) eine personificalion des herzens tritt ungemein häufig, in
mehr oder minder scharfer wnse auf. aus den so zahlreichen
und manigfalligen beispielen möchten etwa folgende besonders her-
vorzuheben sein.
a) das herz wird durch ein adjectiv näher beslimml, das
eigentlich nur dem menschen, als dem be.^üzei' des herzens, in
bezug auf sein inneres leben zukommt, man redet von einem
liebenden, hassenden, verabscheuenden, treuen, edeln, milden,
hohen, wilden, fürchtenden u. älml. herzen: traurig herz,
cor triste, zerknirschet und zerschlagen herz, cor conlrilum.
Stieler 830; bittet nur gott für mich, das er mir ein stand-
haftiges herze verleihen wolle. H. J. v. Braunschweig 126;
ach wie selten kan erreichen
ein treu herze seines gleichen. Fleming 430;
0 liebe, liebe Adelheit,
so rief er sonder ende,
der ich mein treues herz geweiht. IIöltt 29 Halmj
so müsse tag und nacht der schmerz
dir frcude sein, und lust und scherz
dein schönes herz bewohnen.
Lenz an Hinnti, in Voss musenalm. 1778 s. 46<
ich fühl mein zärtlich herz von wonne hoch entzückt.
Göthe 7, 23;
ihr verlaszt mich abermals,
und ohne mein geängstigt fürchtend herz
der quäl der ungewiszheit zu entladen?
Schiller Marin Stuart 1, 2;
ein liebend herz ist all mein gut. Ublano ged. 24;
doch drunter (unter dem panter) schlägt ein mildes hers,
das lieb um liebe tauscht. 205.
b) verba werden auf das herz bezogen , die das gefiVilslebeu
und thun des menschen malen: mein heil lichtet ein feines
lied. ;)s. 45,2; mein herz engstet sich in meinem leibe. 55,5;
so uns unser herz verdanipt. 1 M. 3f20; das herz leugt
nicht. SciKiTTEL 1114*; darin sie alles haben, was ihr herze
begehret. Schuppius 049; die alte berief sich auf ihre mütter-
lichen rechte, die ich nicht läugnen konnte, so wenig auch
mein herz sie bestätigte. Wikland 12,88; in gcduld abzu-
warten , wozu sich mein eigensinniges herz mit zeit und
weile entschlieszen wird. 91; ihr herz kochte rarhe. 30,53;
dein herz spricht mehr für ihn als du es glaubst. Göthr
10,84; ich habe eine liekanniscbafi gemacht, die mein her;
nüher angeht. 15,24; der garten ist oiiifarh, und man fübll
gleich l)ei dem ciniriltc, dasz ni( ht ein wissenschafilichrr
gilrlncr, sdiidcrn ein füblendcH herz den plan ge/cichnel, das
sriiirr M-ll'-il liier ^eiiics/pii «dille. lU, 7 ; die zeit. Ha mein
1221
HERZ
HERZ
1222
herz so allein war. lebte wieder vor mir auf. 49; herz was
verlangst du? das ist ein Sprichwort ; und wenn es sagt was
es will, so gehts wie in einem schleclilen wirthshaus, da
liaben sie alles, nur keine frische eier, die man grad haben
will. Dettine triefe 1,41;
mein herze seuTzt und senet
verhaTt mit liebesbrunst. Uhla^d tolksl. IIS;
mein herz in groszem trauren stet. 135;
die schnacken saufen menschenblut,
darnach ir herz stets diirsten thut. mückenkr. 1,862;
bei aller seiner treu
gestand sein herz sich doch, wie liebenswerth sie sei.
WiELASD 17, 120 (Idris 2, 91);
ihr grotten wisits, in deren stillen schoosz
mein junges herz die ersten thränen gosz. s. 48 (1, 68) ;
wenn unser herz erwacht (zur liebe). 139 (3, II);
das allerbeste herz vergiszt bei munterm spiele . . .
was ihm die klugheit räth, und ihm die pdicht gebeut.
GöTHK 7, 21 ;
mein herz weint blut, da ich hier abschied nehme.
»- TrecK Oclarian s. US;
nun, armes herze, sei nicht bang !
nun musz sich alles, alles wenden. Ublaüd ged. 35;
was zagst du, herz, in solchen tagen,
wo selbst die dorne rosen tragen? 37.
Wenn das herz sich freut, trauert, wünscht, spricht, so er-
scheinen nun auch entsprechende Substantive fügungen : in der
freude meines herzens den verfall . . zu erzählen. Güthe
16, 50 ;
ring, traust du dir ihr herz in gunst mir zuzulenken,
ring, an dem sie die schrift der quäl des herzens liest?
Flmi>g 503 Lappenb. ;
so stahlen meines herzens sorgen
bei tag mir alle zeit, bei nacht mir alle ruh.
WiEiAHD 17, 143 (Idris 3, 19);
sangen
ihres herzens regung. Höltt 50 Halm;
wir hangen noch steif an der alten
kernmusik, und glauben, musik sei spräche des herzens.
Voss 1, 206 (iMise 3, 809);
um euch das süsze junge kind
nach herzens wünsch und will zu wenden. Götbe 12, 141.
>irichwörllich {schon an unten 10 rührend) :
ein Terzagt herz bult kein schön frawen.
H. Sachs 4. 3, 5';
ein feiges herz freit keine schöne frau.
Wieland 10, 195, und ebenso 17,224
(Idris 4, 25).
Passive Wendungen : meine gunstbezeugungen gehen mit mei-
nem herzen, und diesz ist nicht so leicht zu gewinnen, als
^ie denken. Wiela.nd 12,91;
nun will ich der erwarten,
die mir mein herz erfreut. Uhland volksl. US;
sogar der stolz, selbst unbesiegt
die herzen im triumf zu führen,
war ihrem gröszern stolz zu klein, Wielasd 10, 141;
arme schönen! wo sind nun die grübchen,
wo die scherze saszen
und die herzen raubten? IIöLTr 53 Halm;
ausgeartetes kind einer unsterblichen
mutter! hast du doch mehr herzen erobert, als
die weit edleres gangs, edleres ansehns ist,
deine schwester Iberica ! Ramler 1,67.
c) das herz wird, wie ein menschlicher körper, mit gliedern,
auch wieder mit einem herzen versehen gedacht: darumb beuge
ich nu die knie meines herzen, und bitte dich herr umb
gnade, gebet Manasse 11 ; im herzen seines herzens würde er
ihn getragen haben, wie Hamlet seinen Horatio. Schiller 764;
endlich von ihr ablassen
bricht herz und bein
dem herzen mein. Hoffian!« gesellschaflslieder 84;
niemand ahnet, dasz von schmerzen
herz im herzen
grimmig mir zerrissen ist. Göthk I, 102;
am Sternenhimmel suchten meine äugen,
im weiten weltenraum den feind, den ich
im herzen meines herzens eingeschlossen.
ScHiLLEi Wallensl. tod 3, 18.
10) menschen selbst werden herzen genannt, namentltch wenn
die seile ihres gefühls hervorgehoben wird.
a) in der Schilderung : denn recht mus doch recht bleiben,
und dem werden alle fiome herzen zufallen, ps. 94,15; dasz
>ich oftmals ein unschuldiges herz darüber zu todt grämet.
J. B. ScHCPPius 203; dasz sie sich nicht allein für gott und
allen frommen herzen, sondern auch für sich seihst schämen
selten. 614; gewonheit der verliebten herzen. Happel acad.
rom. 33; ein junges hea, hängt ganz an einem mädcheo,
bringt alle stunden seines tages bei ihr zu. Götbe 16,18;
herr Müller gieng im scherze
ein wetten mit mir ein,
sein trost und liebstes herze
brächt ihm ein töchterlein. Opitz 2, 48;
und ich, ich soll dir glauben,
dasz du kein hartes herz, kein falsches mädchen bist?
7, 55;
nein, sie (Lenore) war
und bleibt ein listig herz; sie wendet sich
mit leisen klugen tritten nach der gunst. 9, 206.
freunde sind ein herz und eine seele: die menge aber der
gleubigen war ein herz und eine seele (»}*' t; xaoSia y.ai
Tj t/wxr, Uta), ap. gesch. 4,32; zwo Schwestern, durch Sym-
pathie mehr als durch die geburt verschwistert , ein herz
und eine seele, wie man spricht. McsÄcs kinderkl. 69; dafür:
sie lebten in ihrer ehe fröhlich und friedlich , also zwar,
dasz in zwei leibern nur ein herz wäre. Neiner ländlmarkt
158. der liebhaber namentlich nennt die geliebte sein herz :
dieses alles, alles das
tu ich hier ohn unterlasz
auf gesundheit meines herzen. Fl8iiin6 497 Loftitenb.
ebenso der freund den freund: er ist mein herz, intimus meus
est, amieissimus mihi est. Siieler 830.
b) in der anrede, vornehmlich, an das zu vorletzt gegebene
beispiel anschlieszend, von seilen des liebhabers, freundes, an die
geliebte, frettndin : bestes herz, versetzte ich, lasz uns bleiben
und sein, wie wir gewesen sind, Göthe 23, S5; auch gestern
wieder, liebes herz, hat sich aus deinem fullhorn eine reich
liehe gäbe zu uns ergossen, in Bettinens briefen 1,214;
du enget! bestes herz! werke 7, 54;
lasz, herze, lasz dein kläglich thun,
wir sehn einander wieder. FLEai>G 376 Lappenb.
auch in der anrede an einen freund, ergebenen diener: du muszt
mich recht verlachen, gutes altes herz (sagt Berthold zu dem
alten Fingerling). Ar.mm kronenw. 1, 181 ;
bewährter diener! redlich herz! tritt näher!
Schiller 490 (br. eon Messina).
in der anrede an die gemeinde: andächtige und gottergebene
heizen! Schüppics (1701) 206; selbst schellend:
hat meine edelmüthig treue liebe
solches um dich verdient, tyrannisch herz!
Schiller Turandot 4, 10.
II. herz, auf andere dinge übertragen.
1) das innerste, der mütelpunkt von etwas: Tyrus, ligende im
herzen des mores auf eim groszen felsen. Frank ire///». 165*;
die Deutschen der nordgränze begannen den furchtbaren zug
gegen die Römer, ihr beer wuchs in dem herzen Deutsch-
lands. Klopstock 12,236; auf der hohlseligen insel im her-
zen des paradieses. Fr. Müller l. lü; mit recht stellt in der
Jungfer Europa Deutschland das herz vor. J. P\cl Titan (1800)
4,307; im herzen von Schwaben. Göthe 8,134; um zu er-
fahren , wie es in dem herzen des gartens beschaffen sei.
24,85;
mit einem leichten wörtleio, ehe blut
geflossen ist, denkst du, die beste Stadt
aus Frankreichs herzen weg zu geben?
Schiller /Hniz/yau 1,5;
ihr seid rein, wie das herz der wasser,
ihr seid rein, wie das mark der erde. Götbe 2, 71.
2) namentlich auch die besten, der kern eines voUces:
ist auch die zahl nicht voll, das herz ist hier
des ganzen volks, die besten sind zugegen.
Schiller Teil 2, 2.
3) bei pflanzen das mark, die innerste blasige Substanz in den
Stämmen und Stengeln eines gewächses. Nevnich 3,530; bei Me-
GENBERG der butzen am apfel des cedernbaums: daj dritt, da;
inwendig ist sam des apfels herz, da; küelt. 318,11; dann
auch die innersten, zarten blätter einer pflanze, oder einer blute:
brich du einer pflanze das herz aus. Götbe 10, 95, vergl.
herzhlatt;
mein (der wilden rote) ben ist holdes gold , das erstlich ligt
bedeckt,
bald in dem grünen kelcli enthalten und versteckt.
Harsdörfer Nathan u. Jolham (1659) 1, Bb2>.
in einem bilde: durch Gretchens entfernung war der knaben-
und jüngliogspilanze das herz ausgebrochen; sie brauchte
zeit, um an den .«eilen wieder auszuschlagen. Göthe 25,39;
77*
1223
HERZ — HERZADER
HERZÄHLEN — HERZREDARF
1224
sagen .«ie
ilim, dasz er für die träume «oincr Jugend
soll achtung tragen, nenn «r mann sein nird,
nicht öirnen soll dem lödieiiden insekte
gerühmter besserer vernunit .Ins herz
der larten göiterhlume. Scnit.i.ER ilon Carlmt 4, 21.
an bäumen ist lierz das innere feste holz, im geijcm^atz des
äuszeren, tceiclien hohes, das man spind nennt. Weigand wörlerb.
dir deutschen syn. 2, 80. reigl. unten herzig 4.
4) herz, das innere der schnalle: bewahre sie {die schnalle);
es ist ein geheimer angcihncken in der vorbognen spitze des
herzens. Arnim 2, 272;
w.Ts für ein hcr.z tliui keinen schlag?
und was für ein tag hat keine nacht?
das herz iu der schnalle thut keinen schlag,
der nllerjüngste tag hat keine nacht, wnnderliorn 1, 430.
5) herz, im kartenspiel : herz in dem kaifenspiei , folium
cordis. Frisculin nom. 476;
ich hab vor das esz, sau ujid dausz
der schellen, klee, herz gworlen ausz.
FiscHART dicitlungen 1, 253 Kurz
{Jrsuilerliiill. 452) ;
eichel, schellen, grün und herz
bringen dir bald Treud, bald schmerz.
Simpl. 4, 321 Kurz.
C) herz für herzförmige gegenstände: herz von gold wird als
schmuck getragen ; der bdcker bäckt hutter-, zuckerherzen, vgl.
herzchen.
7) herz, eine gatlung hersförmigei- musdieln ; die gesellschaft
der herzen hciszl conus nicobaricus, eine krontiUe. Nemnich 2, 1191.
8) herz, mehrfach in der technischen spräche; beim Uhrmacher
das sddaywerk einer uhr ; in der schifffahrt das mittlere eines
dicken laues, das aus einer gewissen anzahl fäden besteht ttnd
über Kelches die übrigen leinen geschlagen werden; im mülüenbau
an der welle der verlängerte und kegelförmig zugehende zapfen,
der auszer der fläche des blauels ist; bei den bleiarbeilern gegos-
sene apparalc von herzform, um daran kirchenlampen oder aucn
Vogelbauer aufzuhängen. Jacobsson 2, 255'. 6, 7l'. herz heiszl
auch der miltelpunkl auf den breilfldchen eines mülUslcins, vergl.
unten herzhoch, herzholil.
9) herz, in der heraldik, der mittlere Iheil des Schildes.
10) herz, in bildern, die sich eng an die bedeulung I lehnen .
die canzelei ist des fiirslen herz. Henisch 5S4; meine zu
«eiche sede, die schon unter drei frohen minuten einsinkt,
die jeden menschen licht und sich mit kinderarmen ans herz
der ganzen schiipfimg hängt. J. Paul Hcsp. 2,111; ha! wer
mir ilzt ein schwerl in die hand güb, dieser otferbrul eine
brennende wunde zu versetzen ! wer mir sagte, wo ich das
herz ihres lebens erzielen, zermalmen, zernichten ... Scriiu.ER
rijuber 1, 2 ;
gleichwie wan der winter endet,
Apollons fruchtbares gesiebt
der erden hartes herz zerbricht. VVeckherlü« 350.
HERZ, adj. in der bedeutung traut, lieb, wert, fehlt noch im
mhd. (ein dort erscheinendes herze in barm-herze, geherze darf
nicht verglichen werden); es .«c/in'nt sich erst seit dem 16. jalirh,,
entweder nach composilen wie herzgeliebter, herzgescile u. öhnl.
oder aus knrzung von herzt, herzet (s. d. unten) gebildet zu
haben, und ist vorzugsweise im 11. Jahrhundert gern angewendet:
je herze frati gevatterin. frau Schlampampe leben 74 ; ihr herze
Schwestern. 82;
aiu herzer trew und lieb.
C. Dartü leutBchcr IVräni.r (1626) 30;
*o soll dein herzer nam an allen w.tnden stehn.
F'lf.»i:<c 43, 43 l.niijiniberij ;
geht, gehl, ihr herze herzen. 66, 300;
so ofte herze mich
mein herzes herz und gcb hinfort mir neue krSfie. 68,388;
drum, herzes herze, bin ich dich,
du wollest diesz mein herz und mich
warm, weich und Hnuhcr machen, i*. Gkriiard 21,3;
wenn nun du herzet kiiid, wilst gerne mit mir reden.
Schetinußifliy I, 82;
»0 ein traiim, so ein träum, mein herzer herr,
«o irSum'n iat nimmer gut.
IIiroe» t. litt. 8, 17 (fchüllUcheK mährchen),
IIEHZACnTüNG, /.: daher ging sie . . mit solcher feuriger
hwzachlung . . . der gröfin Romciro entgegen. J. F'aui. 7V/ati
2. 207.
HERZADER, f. puUtu arteriarum. Maai.kr 230* : es «er
gleich .iU m(i<5lich dan ganze mer an regcnbogen zu henken,
.■»l<« disrr iiick'.n zu helfen, »o sie schon vtriorrn hat die
rechten Iktz.'hIit. ncinlicli das frpcfeuer. Sr.iiAoi: aiW i/. yi(iJ(/M.
2,262,20; lelzilich sagt er auch, dasz die bestrafung desz
bösen und die belohnung desz guten, des gemeinen wesens
herzadern und nerven weren. Schuppiüs 557. bei den pferden
hciszl die vcna thoracica externa herzader oder sporader. Nemmch.
HERZAHLEN, verb. pecuniam solvcre: zahle das geld nur her.
HERZÄHLEN, verb. enumerare: 'köndt ir auch noch ewern
kinderglauben?' ja, saget das weib. wie sie den fein an-
dechlig iierzehlet . . . Mathesius Lw/Zie»- I5S3 131'; seine wun-
den her zühlen, sua vulnera enumerare. Steinbach 2, t066 ;
das geld her zahlen, pecuniam dinumerare. das.; hast du die
leutc, die du da herzählst, noch gekannt? Sliltings jugend
(1777) s. 10; der solche armseligkeiten am fertigsten und voll-
ständigsten auf den fingern herzuzählen weisz. Lessinc 8,243;
was jemals ist geschehen,
das zeilist du jähr auf jähr an allen fingern her. Opitz 1,12;
für Zeiten wars genug
wann, was da gab die kuli und was erwarb der pllug
die junglwn zahlten her. (.oc*u 2, 13;
zählt an den fingern her, wie viel er klein gemacht.
Rost i'Mm. geii. 1769 s. 30.
HERZALLERLIEBST, adj., seit dem 15. ;a/ir/(. häufiges kosendes
adjectiv: o mein herzallerliebster man. FL J. v. Braünschw.
s. 91; was begehret ihr dann, herzallerliebster Coiydon?
HoMBDRC Üulcimunda (1C43) 57;
das bringt mir groszen schmerzen,
bei-zallerliebster gselll Uiilano volkitt. 91;
da kam die herzallerliebste mein
wol zu der tür hinein. 93;
dem grafcn traumts gar schwär
als ob seine herzallerliebste
ins kloster gangen war. 217;
dir sei lob, preis und ehr allein,
herzallerliebstes Jesulein.
Selnecckr psalmen (1587) s. 227,
herzallerliebster bruder mein,
ihr seit mir gottwillkommeii sein.
J. Ayrkr fastn. s)). 2» (2344, 8 Keller);
ihr herzallerliebster lieutenanf. Rabener sa(. 3, 173;
da tanzt den hochzeitreigen
die herzallerlicliste mein. !i. Heine 15,99;
0 sprich, mein herzallfirliebstes lieb,
- warum verlieszesi du mich? 101.
HERZANDRUCK, wi. : ich liebe dieses wort bis zum herz-
andruck, bis zum küssen. Hippel Icbcnsl. 3, 269.
HERZANKEN, verb. zankend duszern : die spieler . . pflegen
ihre enipfindung minrküpiisch herzuzanken. Schiller 700.
HERZANNAGENI), pari. ü'v/uoßÖQOs:
sollen wir gegen einander hier hadern, etwa wie weiber,
welche, innig vergröllt von herzannagcnder Zwietracht,
scliimpl'end gegen einander die mitte der gasse betreten?
IttineKR 233'.
HERZAPFEL, m. als kosewort, mein herzapfel! lebensbescbr.
eines bad. sold. s. 60. vgl. herzblatt, herzkäfer.
HERZAUBERN, verb. : den schlaf herzaubern. Klinger 1, 80 :
denkt, dasz ihr mich aus einem wüsten leben,
wo ich dem unterfange nahe war,
in dieses thales frieden hergezaubert. Körncr 2, 24.').
HERZADF, adv. das herz aufwärts, aus dem gründe des herzens
empor :
dies wird die letzte thrän nicht sein,
die glühend herz auf (|uillci. Göthr in den frngm. aus
cuier (iöilu'-bilit. von S. Hirzet s. 4.
HERZAUS, adv. aus dem herzen (vergl. herzetn):
von schönen blicken
herzaus gesandt.
Kt. .ScjiiiDT poet. Iniefe (1782) s. 79;
weg! und mit ihm so mancher tropfen weg
ans deinem lichten niigc, bald ein kind
ffelieinien, bittern leides, bald ein kind
lerzitiis getreiner, bober fröblichkeit. ,t. 121.
HERZAUSUEHNEND, pari. : es giebt noch andere heizaus-
dehnende uugenblicke von .'ihnlichei' art. Wiei.ano S. 37. vgl.
herr >p. 1208.
HERZBALSAM, m. unguentum cordiale. Stieler si.
HERZBAN(;I(;KEIT, f'. MIHmann gnszel (1618) Z.
HERZBAN.NK.NÜ, ;>ijr/, .• aber diese, diese herzbannenden
äugen, diese blicke sind es, die den aiigel in meinen biisen
geworfen haben. Tieck 2, l.'iO.
HERZRAl M, f)i. cz-ibcra manghcu, ein ostindiseJier bäum. Nk«-
NicM 2, 94» nncJi Krisch I, 447' riter name des fielUenbaums.
HEIIZBEDARK. «i. •
III diNtklo ferne grilT die ahining
nach tief crnehntem hirtbediirf.
Hl .-«««T ./,M ,:,>.! I, ■XVi.
1 225 HERZBEFRIEDUNG — HERZBE^^^:GLICH
HERZBILD — HERZBLUT
1226
HERZBEFRIEDÜNG, f. beruhigung des herzens: Ternünflige
geringacliliing alles dessen, darumb jederman so tollgirig
zabcll und grabelt, lauft und schnauft, machet und wachet,
kriegt und betrügt, wült und slilt, wandelt und handelt,
fecht und recht und alle herzbefridung verschmecht. Gargrld'.
HERZBEIN. n. 1) brustbein; slernum, sinus, ubi se pectits
aperit, infra mammas. Stiei.er 124.
2) bei den hirschen, ein dreieckiger knorpel, dir am gründe des
herzens enUleht, und früher als miUel trider herzklopfen ange-
wendet H-ard ; auch hirschbein, hirschkreuz. Nemnicb 2, 971.
HERZBEKEHRüNG, f.:
seit dieser herzbekehrung. Borger 111'.
HERZBEKLEMMEND, part.: herzbeklemmend stöhnen.
Shakesp. k. Heinrich 2. 3, 2.
HERZBEKLEMMUNG, f.
HERZBEKLOMMENHEIT, f.:
ilrum däclit ich aucli (mit gunst der werthen Christenheit!)
wir blieben noch, so lang es uns gedeiht,
in diesem stnck ein wenig — beiden,
und schafTien unsre Seligkeit,
anstatt mit angst und hefzbekloramenheit,
im dienst der grazien mit — freuden. Wielasd 9,^1S3(159);
dann verwandle sich in hochentzücken
alle deine herzbeklommenheit. BBrger 10t*.
HERZBENDEL, m. pericardium : herzbändel das worinn das
herz im leibe hanget, pericardium. Frisch 1,447'; ilia .. dj
klein gedärm, der liei-zbendel. Alb. Ee2*; in angst und sehmerz
kracht, bricht der herzbendel (s. oben herz sp. 1240): aber sie
muests drlnken und soll es ir den herzbendel haben ab-
brochen. Zimmer, chron. 4, 45, 12 ; zerfoltert inen die flachs^
ädern, schlug inen den puls, das der herzbendel kracht.
Garj. 205'; dasz ihm darüber der herzbendel breche, älbrecht
fluchabc 29; liebes herz, jetzund hast du den hohen todten-
berg vor dir, da gilts keichens und kletterns, der herzbendel
krachet, der schweisz läuft über den leib ab. Otho 427;
wenn man auf einer kutschen fähret, gehl nichts allezeit so
gar sanft , sondern es erschüttert wol bisweilen einem der
leib, dasz ihm der herzbändel krachen möchte. 1201;
wo sich bewegt dein macht,
gleich der herzbendel kracht.
Mebler odoeum 321.
w der form herzbengel: strafet ihn dasz ihme der herzbengel
kracht. Salinde,rorr. iair, rcrrferfct m herzpünkel. Schm. 1,287;
im nassauischen herzbennel. Kehrein 195.
HERZBERAüBEND, pari. : und für die elichen gemahel-
scliafl bekümern sie {schlechte nonnen) sich mit zeitberürender
lierczberawbender and alles geisllichs lebencz zerstörender
üppiger freuntschaft. Suso briefe 25 Preger.
HERZBESCHWEREND, part.: herzbeschwerende sorgen.
HERZBESCHWERISCH , adj.: herzbeschwerische , kopf-
hängerische, nichtsschaffende grillen. E. M. Arndt Schriften 4
(1855) 121.
HERZBESCHWERUNG, f.
HERZBESTÄNDIGKEIT, f:
und heb ich gleich in kurzer zeit
so leicht als eine kann, die treue dir gebrochen,
so darf ich doch auf herzbesländigkeit
so sehr als irgend eine pochen. Dcrger 107*.
HERZBETHÖREND, par/.;
besinnungraubend, herzbeihörend
schallt der Erinnyen gesang.
Schiller kraniche des Ibycus.
HERZBETRÜBT, pari.: jene christliche matron klaget ir
lierzbetrübt leid einem guten christlichen freund. .M.ithesius
<ir. 49';
das schreib dir in dein herze,
du herzhetrübtes beer. P. Gerhard 3, 6.
HERZBETTLEIN, n. ein leichtes von weichen flaumfedern aus-
stopftes küssen, das man kleinen kindern beim einaindeln aufs
;: zu legen pflegte. Cicon lex. (1731) 1005.
HERZBEUTEL, m. pericardium, der häutige sack, velcher das
:anze her: locker umgibt, so dasz es frei darin schlagen kann.
Nem.mch 4, 910. rergl. unten herzsack.
HERZBEWEGEND, part.: mit herzbewegender buld nahm
>ich das mädchen des gekränkten an. RiEHLC«//Kr</e.<tc/i. noc. 441.
HERZBEWEGLICH, adj.: ein herzbewegliches klagsreiben.
BuTSCHKT ktinzl. 63S;
er ist so herzbeweglich
der brief, den sie geschrieben.
H. IIkin« tupplemenlband s. 49.
HERZBIIJ), n. ; {die köntgsh-one in geslall eines schi/fes) ist
das allergeschickteste und dinlichste sinnen-, äugen- und
herzbüd gewesen, welches sie (einige könige) beides, ihnen
selbst und ihren nachfolgern, betten können fürstellen, denn
Völker und königreiche seien eitel wasserwogen. Botschrt
Palm. 795.
HERZBLATT, n. 1) das zverehfell, als sitz des lebeus gedacht
{rergl. unter ferch theil 3 sp. 1528): herzblat, zwergfell, dia-
phragma Frisch 1, 447". das herzblatt schieszt in der angst :
nunmehro begunte mir auch das herzblatt zu scbieszen.
Felsenb. 1, 201. s. unten herzblättchen.
2) nach herz 11,3 {oben sp. 1222) das innerste, zarte blall
einer pflanze, von dessen erhallung der waclisUium derselben ab-
hängt. Jacobsson 6, 71'; häußg bildlich vertcendet: weil kind-
liche {liebe) nur gegen ein herz entsteht, woran wir lange
lagen, und das uns gleichsam mit den ersten herzblättern
gegen kalte nachte und heisze tage beschirmte. J. Paüi. Tit.
1,6; von der residenz {Manöver) an, der das herzblatt aus-
gebrochen ist, bis zum lande Hadeln hinab, das für seine
besonderheit in sorge ist. schreiben eines Hanoreraners nach der
annexion in der Augsb. allg. zeitung 1866 s. 5839;
die soll nicht meine freundin sein,
die nicht die blumen liebt,
nicht blumengleich dem himmelschein
ihr herzblatt offen gibt. Röckbrt 399;
dasz dich gott in gnaden hüte,
herzblatt du der weiten blute. Strachwitz ged. 190.
das mittlere Matt der kleepflanze:
es kam mir in den sinn das kleeblait dreier Schwestern,
an welchem, freundin, du das werte herzblatt bist.
Fle3ii;<g 513, 50, 14 Lappenberg.
3) daher herzblatt das edelste, theuerste, liebste: die akademie
in Mannheim, die das herzblatt des fürsten war. Schcbarts
leben 1, 227; namentlich als kosende bezeichnung geliebter personen:
und du sollst nicht mit den dienstleuten klatschen, wenn
du mein herzblatt sein willst. L. Tieck ges. nov. 9,74; ich
bin ihr herzblatt. Gctzkow riller v. geiste 7, 188 ;
komm, liebstes herzblatt, komm herein,
zu einem fesigelage,
äomm, lasz uns trinken brüderscbafl.
Leipziger alinatinch der deutschen
musen 1779 s. 211;
nun mag brechen das äuge, da dich wir gesehen im amisrock,
söhn, und dich ihm vermählt, du frisch aufblühendes herzblatt!
Voss 2, 290 (idylt. 16, 207).
■ 4) herzblatt, pßanzenname, früher icol des hexenkrautes : herae-
blat. circe. sumerl. 56, 27; circe herteblalt Mone quellen 1, 296';
cirte, welkerse vel herzeblat Mose anz. 4, 242 ; jelzl der par-
nassia palustris.
5) herzblatt in der karte, ein blatl das die herzfarbe trägt
{s. herz H, 5 oben sp. 1223).
HERZBLÄTTCHEN, n. 1) nach herzblatt 1: wenn mir aber
das kugelnwechseln, welches mein herr vor sich balle, in
die gedanken kam, schosz mir das herzblättchen auf einmal.
Felsenb. 3,383.
2) nach herzblatt 2, das zarte innere bldltchen einer pflanze ;
auch {nach 3) kosende bezeichnung, namentlich eines geliebten
kindes: herzblätlchens zeilvertreib, titel eines buches von Th.
V. Gümpert.
HERZBLÄTTLEIN, n. : herzblätlein wird an einem gewächse
der anfang, oder . . äuszerste {erste) haupttheil genannt, öcon.
lex. (1731) 1005; aber die berzblälterlein {der versetzten kohl-
pflanze) leben und werden in weniger zeit durch fleiszige
obacht und begieszung wachsen. Scbiver andachten 1721 s. 3.
HERZBLUME, f. capraria, eine exotische pflanzengattung mit
herzßrmiger narbe. NEMNicn 2, 852. bei Frisch 1, 447' aber
herz- und goldene leherblum, hepalica nobilis.
HERZBLÜMLEIN , n. borago officinalis, borretseh. Nemmch
1,641.
HERZBLUT, n. blul das das herz erfüllt, das eigentliche lebens-
blut, mhd. herzebluot (Lexer itb. 1,1271): der mann scheuet
{schaut\ die sterbenden äugen seiner ehefrauen mit freudigem
herze an; er besichliget, ohne Veränderung des gemülles, das
herzblut derjenigen, die vorpials seines herzes herz gewesen.
BcTscHKY Palm. 693; bosheit hab ich dulden gelernt, kann
dazu lächeln, wenn mein erboster feind mir mein eigen herz-
blut zutrinkt. Schiller rduber 1.2; kennst du diese narben?
du bist unser I mit unserem herzblut haben wir dich zum
leibeigenen angekauft. 5,2; zur schclmin würde ich an dem
jierzblute meines bräutigams, welches seine lippen verschüt-
teten, weil er einen tag lang sich nicht in Lisbeih zu findeo
1227 HERZBLUT — HERZBRÜSTLEIN
HERZBUBE— HERZEIISIG
1228
wiiszie. Imnermann Munclih. 4,132; auch in seinen dramen
stellt uns nun der dichter nicht mehr so fern, wir sehen
djsz sie mit seinem herzblutc getrünkt sind. Bodenstedt
rorr. zu Sltakesp. soncUen, Volksausgabe s. 7 ;
das schweri von ihrem herzblut rohl. Weckherlin 799;
icli zo^
den basilisken auf an meinem busen;
mit meinem lierzblut nährt icli ihn, er sog
sich schwel(,'en(i voll an meiner liebe brüsten.
Schiller Wullenst. toil 3, 18;
wie die weit aus diesem zwange,
der ihr herzblut hemmt im gange,
soll gelöst sein, weisz ich nicht. Rcckert 181;
in schnee und eis in kalter nacht
ein grenadier steht auT <ler wacht,
scharf geht der wiud, sein stand ist hart,
sein herzblut stockt, sein puls erstarrt.
R. Reinick Heiler s. I7r>;
sein herzblut wallt, zur Taust ballt sich die hand (im zornc).
s. 227.
sein lierzblut für einen hingeben, x. herzcnsblnt.
HERZBLUTDÜRSTEND, pari.:
denn Attilas herzblutdürstende geister
drängten sein volk mit stets empörterem grimm in das teuer
mordender schlünd. I'vrker Tunis. 4, 407.
HERZBLLTGLÜHEND, pari.:
herzbluigliihende rubinen. H. FlEiriE 18, 19r>.
HERZBRAND, vi. die krankheil des innern oder s<Jiwarzen
brandes beim riiidvieh.
HERZBRÄUNE, f. morbus hungaricus. Frisch 1, 447', ein sehr
heßitjes faulßeber.
HERZBRECHEN, >i. das brechen des lierzcns, mhd. herze-
brechen, vgl. herz S]). 1209. 1210: dasz er . . ohne herzbrechen
und erbarmen nicht von dannen weichen können, colica 33.
HERZBRECHEND, part. .• herzbrechendes schmerzen. Schwei-
NicHEN 1.60; bringet mir herzbrechende, bekümmerliche be-
trübte Zeitung. 280; herzbrechenden kummer. 331; herzbre-
chende worte. 3,252; herzbrechende pein. BuTSCHKY Paim. 41;
und dasz wir nicht ferner wahre zeichen suchen {ob Livius
mein söhn), so versichert mich eine gewisse lierzbrechende
kinderliebe, die ich stets zu diesem Livio gelragen, dasz dem
also sei. A. Grypuids 1698 1,944; von den herzbrechenden
complimenten. Cur. Weise kl. leule 19; ein herzbrechendes
gedichte. 280; kopfbrechend, wie mystische grübler, hals-
brcchend, wie genies, oder herzbrechend, wie empfindsame
romanschreiber oder wohl dergleichen moralislen dichten.
Kant 7,200; aber himmel ! welch ein unerwartetes schrecken
unterbrach hier meine herzbrechende periode und vergällte
mir das wort im munde! Thümmei, 2,15; mit solch einem
herzbrechenden licde hätte ich wollen tiegcr auf ihren jungen
zähmen. Fr. Mt;Li.ER 1,134; im Städtchen Egna setzten wir
uns ein stück wegs auf einen bauernwagen, da denn das
gewallige schütteln dieses fuhrwerks, zumal bei mir, seine
gewohnte herzbrechende Wirkung that. d. a. mann im Tocken-
burg 111;
{wie die verliebten) ihr herzeleid
herzbrechend sich in briefen klagten. Götter I, 43.
HERZBRECHERCHEN, n. Idndelnd von einer person die ein
herz briclU: er innsz gewisz etwa von einem herzbrecherchen
den korb bekommen haben ? engl. kom. 2, G c'.
HERZBRILLF:, f. .- die kiankheitcn des leibcs sind lauter
hcjzbrillen, die uns gott auf die nase unserer andacht setzt,
dasz wir die schaden unsers gewissens dadurch besehen
lernen. V. Herberger er. herzposliUe 594.
HERZBRUCH , m. slerben am gebrochenen herzen : ich lob
und ere dich . . umb deinen peinlichen und schmerzlichen
iierzpruch. herzmaner 172*.
HERZBRUDEB, m. bruder des herzens, herzlich geliebter bruder :
als eijjenname Ulrich Herzbrudcr im Simpl. 1,194 Kurz u.U.;
ei seht mir den herzbruder mit Sibyllen. ARitix sehaub. 2,339;
herzbruder, komm an mein herz. 2, 342 ; so bleib ich schäfcr
Hie mein herzbruder. 343;
bei, nra» die bechnr klangen,
wie brannte hand in hand:
'B* lebe die licb.«le deine,
hcnbruder, im vnierinnd !' W. MCllir ged. 1,89.
I. herzen ihrndcr.
HERZBRCSTLEIN, 11. bruMl mil dem herzen: dober ea kein
wunder wa«, dasz er nein liebe hcrzbrüsllein und schmlir-
bäuchlein alio wo) mit praoten und schlemmen schmiert.
FtlCNAIIT bimk. 211*.
HEItZBUBE, m. im kartenspiel dcj- bube der herzfarbe.
HEUZBÜCHSE, f. herz einer {aputhel,Ti)büchse vergliclien: aber
so du ihm hetst sollen in die heizhüchs hinein schawen,
würdest einen recht himmlischen unschelzbaren indianischen
geruch von edeleni gcwürz gefühlet haben, ein inehrer dann
menschliche kinghcit, ein unüberwindlichen Standmut, uner
nieszliche nücliterkeit . . . Garg. 20*.
HERZCHEN, n. curculum. l) in den bcdeutungen von herz I
oben sp. 1207 : auch halte ich mein herzchen wie ein krankes
kind; jeder wille wird ihm gestattet. Götue 16,10; wir an-
dern mit den verwöhnten herzchen, wenn uns ein bischen
was leid thut, gleich sind wir mil der arzcnei da und sagen :
liebes herzchen, sei ruhig ... sei ruhig, liebes herzchen.
bei Scholl 53;
da merkte liebchen klar,
dasz tmter ihrem herzchen wohl
niclit alles richtig war. Rdrger 103';
weis her mir dein herzchen! ach pocht ja so sehr! 35',
dem jiingrerchcn lacht in die augcn das schlosz,
ihm lacht in das herzchen der Junker zu rosz,
im funkelnden jägergeschmeidc. 60\
namenllich hdußg als kosende bezeichnung geliebter personen (vgl.
oben spalte 1222): wie ists herzchen, ist dir nicht wol? Jül.
V. Rraunschweig 383; wann mein schwager wüste, was er
vor einen schönen söhn hier hätte, dasz er ihm {sich) nicht
abbrechen künte, hieher zti kommen . . nur das liebe herzgen
zu sehen. Simpl. 2,26 Kurz; ihr artigen herzchen! irrg. der
liebe 505;
ans deinem süszcn munde
lasz saugen siiszen tod !
denn, herzchen, ich gesunde
sonst nie von meiner noth. BSrger 38';
jeder meiner freunde sasz
froh bei seinem herzchen. Göthe 1, 15;
von der weit der unbequemen
willst du keine künde nehmen;
herzchen, sei auch nicht ergrimmt,
wenn sie von dir keine nimmt. Röckert 318.
2) lierzchen, keimchen, corcnlum, der anfang der künftigen
pflanze im innnn des sa7nens. Nemnich 2, 1218 ; kleiner herz-
{vrmiger gegenständ: ein herzchen von gold, schmuck; herzchen
von zucker (gebäck). Amaranthes frauenz.-lex. (1773) 1386 ;
er schickt ihr sein bildnis. so lachend und hold,
versteckt in ein herzchen von perlen und gold. BOrgbr 60'.
HERZDAUS, HERZENDAUS, n. das daus der herzfarbe im
kartenspiel {vgl. herz H, 5 sp. 1223): herzdaus Frisch 1,187';
das rothe oder herz-tausz. WESEStCK sptetofccn (1702) 132; das
rothe oder herzentausz. 133 ;
wem schon sonst die handkart fehlet,
wenn er herzentausz nur hat. Koncrul belusl. 2, 181.
HEHZDECKE, f. pericardium. Gersdorf feldb. d. wundarzn. 98.
HERZDRÜCKEND, pari.: ehe ich einen herzdrückenden
sciifzer los werden konnte. Thümmel 4, 218.
HERZDURCHGEHEND, pari.:
sie spricht mit herzdurchgehndom ton die rede. Tibc« 1,144.
HERZEGIERDE, f. verlangen des lierzens:
nach ihr steht mein verlangen,
mein sehnlich herzegird.
P. Melissus hei Wackirnagel leieh. 2, 124'.
HERZEICHNEN, verb. in hanc partetn nolare. nolis et indiciis
aliquid declarare, ac distinguere. Stieler 2012; zeichne mir ein-
mal jenen bäum her.
HER-ZEEGEN, verb. zeigend herhallen: zeige mir einmal das
buch her.
HERZ-EIGEN, adj. dem herzen zugehörig:
bisher bat dich bestrahlt die allgemeine sonne,
noch haütii blumen bruclit nach herzens lust und wonne:
was wirstu förderhin liir blumen bringen mir,
wenn mein herzeigne sonn auch sein wird eigen dir?
FLKmnc t!7, .360 l.nmenberq {an den
luhtgarten £m nethielhurg).
HERZEiN, adv. einwärts nach dem herzen zu:
hier unterm hut,
und hier berxein, wo's nl'icken hat,
itOnd allen leicht und gilt!
Kl. Schmidt im lA>ipi. nlm. d. dtutichen
mmen 1779 ». 253.
vfrgl. herznnf, herzaus.
HERZEINIG, adj. in geßhl und denkweise iibereinstimmend •
dnhin mag jeder (ohn vertraute mAnner
mitbringen, dl« henelnig «ind mit um.
ScHILLtR Trit t, 4.
1 229 HERZEL^^EH»1E^D — HERZELEIN
HERZELN — HERZEN
1230
HERZEINNEHMEND, part. :
0 herzeioaemende recht weise red und sprach.
Weckherlr« Ott";
0 noch schallt mir im obre die herzeinnehmende predigt.
Voss 2, S2 (utyll. 5, S4).
HERZEINZIGER, adj. einzig geliebter: (dasz das mädel) dem
vater zu füszen sich wirft und sich um gottes willen den
schwarzen gelben tod oder den herzeinzigen ausbittet, das
nenn ich einen kerl ! das beiszt lieben ! Schiller kabale u.
liebe 1, 2.
HERZEKEILEN, n. das schlagen oder klopfen ^des ha-zens (vor
angst) :
zeeniilappea, winseln, herzekeilu.
Ü. RniGWAU) ()'. Eck. K -l*.
HERZELEID, HERZLEID, HERZENLEID, «. leid, kunmer
des Herzens, tiefes leid, ni/itf. herzeleit (Lexer ici. 1, 1272) : wenn
im ein unfal auf dem wege begegnet«, da ir auf reiset, wür-
det ir meine grawe bar mit herzeleide in die gruben bringen.
lAfoi. 42,3S; sie thun mir arges umb guts, mich in herzleid
zu bringen, ps. 35,12; ir aber soll für herzenleid schreien
und für jamer heulen. Jes. 65, 14; das herzleid wird sie ver-
zeren. Sir. 27,32; da war in ganzem Israel, und wo sie
woneten , gros herzeleid. 2 Macc. l, 26 ; die frauw und ire
kinder werden groszen Jammer und herzenleid haben, buch d.
liebe 264'; inen freundtlich dienen in ihrem groszen Jammer
und herzenleid. das.; kinder, welche ihren eitern mit vorsatz
herzeleid machen, polit. slockf. 338 ; wo einer dem andern
alles erdenkliche herzeleid zufügt. Kant 6, 398 ; woraus frei-
lich damals für die besten bUrger so viel gram und herzeleid
hervorging. Niebohr 1,691; für den freund der menschheit
wird dergleichen immer ein herzeleid sein. H.Heine 9,68;
mein feios lieb tregt ein schwarzes kleid,
darunter tregt sie grosz berzenleid.
Uhukd volksl. 121;
es wonet lieb bei liebe
darzfi grosz herzeleid. 190;
schluchzt, seufzt und klagt sein herzeleid.
mückenkr. 1, 276;
. unmut, kummer und trawrigkeit,
und unmesziges berzenleid. 466;
angst, kummer und berzleid. WKCÄHKHLrs 643;
wem gebt ihr sterblichen mein herzeleid zu herzen?
A. Grtthiüs 169S 1, 397;
man hat mir nicht den rock zerrissen
(es war auch schade für das kleid),
noch in die wange mich gebissen
vor Qhergroszem herzeleid. Uhla!*d ged. 60.
Em plural ist zu diesem tcort ungeuühnlich : die mittel, die uns
die natur giebt, die herzeleide damit zu vertreiben. Übersetzung
PO» Holbergs lustspielen vom j. 1744, bd. 2 s. 92 (vergl. jedoch
nachiter herzeleide fem.). — Sprichwörtlich: ein gut umbkleid
deckt manch herzenleid. Hbmsch 669 ; einem alles gebrannte
herzeleid anthun, mit bezug darauf, dasz das herz in kumvier
brennt {sp. 1209) ; so wie nun der arme Schulmeister in der
schule alles gebrannte herzeleid ausstund. Still\sg Jugend 2,44.
Frülier sagte man herzeleid schreien, tcie jetzt wehe rufen:
ow6 möhte ich dar umbe dur alle himel herzleid schrigen,
daj min herz in dem übe in tüsent stuk zersprungi ! Süso
m Wackeb.nagels leseb. (1859) 1038, 15.
HERZELEIDE, HERZENLEU)E,7., was herzeleid; mhd.
herzeleide :
herr gott wir ganz befehlen dir
alle noth und herzenleide,
seig uns gnedig und hilf uns schier,
regier o herr uns beide.
SsLMEccER psalmen (1587) s. 132.
HERZELEIN, HERZLEIN, n. corculum, in demselben sinne
uie herzchen oben «p. 1228 ; herzel corculum voc. ine. theut. i 4' ;
herzle, was last dich? Fischart bienk. 159';
ihr ritter blickt und blickt sie an,
ihr schlägt das berzlein helle {laut). Fr. Möller 1, 249.
namentlich auch als kosetcort: mein herzlin, mein zuckemiündle,
meum corculum. Maaler 220';
das tausendschöne Jungfräuleiu,
das tausendscböne henelein,
woUe gott, ich war heute bei ir! Uulahd voUuI. 125;
also Wirt mein schmerz weggenommen,
wan meine rayrt, mein berzelein,
mein wohnciein, mein scherzelein
Wirt wider zu mir kommen. Weckherli?« 4<jS;
eia. ein, schlaf und ruhe,
(chlaf, schlaj, trautes henelein. {'. Girhard 7, 2 :
wie könnt ich dich, mein berzelein,
aus meinem herzen lassen? 9, 2.
ein silbern herzlein als schmuck getragen. Sclieibles khster S, 940.
HERZELN, verb. was herzen, liebkosen :
wan wir geliebet uns und liebend zugleich henelen.
Weckherliü 769.
HERZE.MPFINDLICH, adj.: weil di trennung von denen
pcrsonen, welche ich so hoch als ihn ehre , mir so sraerz-
und herzempfindlich. Dctschey kanzl. 95 ; das herzempfind-
liche verlangen. Chr. Weise kl. leiüe 15.
HERZE.MPFINDLICHKEIT, f.:
die rose blüht und lacht vor andern rosen
mit solcher zier und herzemptindlichkett.
Chr. Wkise kl. Isule 235.
HERZEN , verb. mU einem (mutigen) herzen versehen , mhd.
herzen (Lexeb wb. l, 1273) :
die bauren muszten kriegen
und lassen ihr arbeit,
man ganz sie herzt mit lügen,
sie klagens allbereit. Opel u. Cohü 73, 7;
gewöhnlich aber im nhd. nur noch im pari, geherzt nachweisbar :
er weite getrost und geherzt sein. Luther 1,422';
dieselben, die sind wir, die dich geherzten priazen
gefürcht't und grosz gemacht bei mancherlei provinzeu.
Fleming 1S4, 73 Lappenberg;
voraus wenn einer mir das urtheil hülfe sprechen,
der lange gläser mehr als lanzen pOegt zu brechen,
nichts minder auch geherzt, der manlich seinen feind
bei tafel schlaget tot imd auch darzu nicht weint. 197,7.
HERZEN , verb. 1) ans heri schlieszen, lidbkosend umfassen,
liebkosen: amplecti herczen. Dief. 31'; herzen, amplectere, bra-
chiare , vulg. halsen, toc. ine. theut. i4'; Esau aber lief im
entgegen, und herzet in. 1 Mos. 33,4; und er sprach, umb
diese zeit, über ein jar, soltu einen son herzen. 2fctin. 4, 16;
mein kind, warumb wiltu dich an der frembden ergetzen,
und herzest dich mit einer andern? spr. Sal. 5,20; seine
linke liget unter meinem heubte, und seine rechte herzet
mich, hohel. 2, 6 ; sitze nicht bei eins andern weib, imd herze
dich nicht mit ir. Sir. 9,12; und er herzet sie, und leget
die hende auf sie, und segnet sie. Marc. 10,16; lieber es
ist nicht zu herzen mit er Omnes (dem pübel kann man nicht
liebkosen). Llther 3, 45'; wiltu sie nit herzen und in die anne
nemen. lischr. 212'; da will ich sie {die kinder) herzen und
lieb haben. E.ngel Lorenz Stark xv;
in eren herzen
bringet ireud und schenen,
wer den megdlein gfallen wil,
der musz wärlicb herzen vU. Ubla;(d volksl. 124;
stehis soll sie mit forcht, schäm und ehr,
wau ich sie herze, der lieb pflegen. Wkckherlk« 492;
der sonst so keck kaum war,
dasz er sie nüchtern grüszt, umßnget sie itzt gar
und gibt ein herzen drein. Fl£ki?ig 97, 125 Lappenb.;
du nimmst ein frommes kind,
das in gesellschaft taugt, der leuie gunst gewinnt, . . .
und das dich ohne falsch und sonder einfalt herzet.
G6!<TBER 447;
schweig! doch wo jemand fragt: oh Günther dich geherzt?
so gieb zur antwort: ja! er that es nur im schlafe. 834;
Anakreon trank, spielte, herzte. Lxssn«c 1,71;
wir brüder trinken, spielen, herzen, das. ,
es herzten sich auf jedem ast
des hains verliebte tauben. Höltt 24 Halm;
jeder scherzet,
jeder beriet
dann sein liebelein. 175;
der ... um alle blumen scherzet,
um alle buhlt, doch nur die schönsten herzet.
WiELAi«) 10,116 {grazien 5, genau so 17,13,
Idris I, 4);
lasz mich nur erst das kind noch tränkeu.
ich herzt es diese ganze nacht. Göthb 12,240;
ich herze dich mit tausendfacher glut. 241 ;
dasz hoch erstaunt, erfreut ich die
beschauen möchte, herzen auch nach berzenslust.
40, 403 ;
und wenn, da kaum ein liebchen dich verlassen,
du schon ein andres voll verlangen herzest. Plate:« C4;
mein liebchen kommt gesprungen, husch!
und herzt mich fast zu loa. Ubli;<d ged. 24.
besonders hdußg ist auch die formelhafte Verbindung herzen und
küssen: lief er im entgegen, und herzel und küsset in.
1 Mos. 29,13; er aber k^isset sie und herzet sie. 48,10; das
kind beständig herzen und küssen. Ka:<t 10,122;
1231
HERZEN — IIEKZENGEL
IIEKZENHAFT — IIEHZENSDEWEGUNG 1232
ich wolt sie herzen und küssen
und scblieszen in meyi wcisze arm.
Uhland vulksl. 230;
Schach, Tor freiidcn auszcr sich,
herzt, küszt und drückt den manu, dasz ihm die ohren gellen.
WiELAND 10, 338 (330);
treu sein wollt ich und Troh, herzen und küssen den mann.
GöTUE 1, 307 ;
und wenn sie Tersöiinct euch herzet und knszt,
und wenn ihr das herzen und küssen vermiszt,
so bleibet nur, bis ihr was besseres wiszt,
beim tröstlichen ergo bibamus. 159;
und herzten und küszten nach lüsten. 212;
ach liebchen, heiszt das meiden,
wenn man sich herzt und küszt? Uhland ged. 57.
ausgehend von dieser formel u-agt es Logao, dem berzcn eine
andere, geyensätzliclie bedeutung xu küssen beizulegen, etwa die
der herzliclien Zuneigung gegenüber der zur scliau getragenen
Zärtlichkeit :
viel küssen, wenig herzen,
arg meinen, höilich scherzen,
ist so des hofes spiel,
das spielt man täglich viel. 2, 130, 58.
2) abgeblaszl ist die bedeutung von beizen, wenn es in bezug
auf das drücken der hand gebrauclU wird: diese ergriff ihn bei
der band, berzte ihm dieselbige zum zengnis der begierden,
womit sie ibn gegenwärtig empfange. polU. slockf. 202 ; oder
für küssen steht: als icb in Schelmerode von meiner mutter
abscbied nabm , ibr um den bals fiel, sie auf jedweden
backeii zu guter letzte dreimal herzte. Schelmuffsky l, 16 ;
mit directer anlehnung an die bedeutung 1 ist das wort bildlich
gebraucht : Habacuc beiszt auf deudscb ein berzer, oder der
sieb mit eim andern berzet, und in die arm nimpt. er tbut
aucb also mit seiner Weissagung, das er sein volk berzet
und in die arm nimpt, das ist, er tröstet sie und belt sie
auf, wie man ein arm weinend kind oder meiiscb berzet,
das es scbweigen und zufrieden sein solle, weil es, ob gott
wii, sol besser werden. Luther 3,226'; also bat auch bie
Habacuc gesehen das zukünftig unglück über Jerusalem,
durch den kOnig zu Babyion , und tröstet und herzet das
volk zum glauben und hoffnunge. 228*.
HERZEN- s. auch unter beizens-,
HERZENAUGENWEIDE, f.:
meine liebste hat ein einziges geschmeide,
das sie ewig tragen will, der weit zum neide,
sich zum stolz, und mir zur herzenaugenweide.
RöcKEai yes. ged. 1, 278.
HERZENBEZWINGER, ni. der die herzen bezwingt, sich liebe
erwirbt. Ki.iscER theater 4, 234.
HERZENERFREUERIN, f.:
endlich Cüsterst du mir, herzenerfreuerin (die ruhe ist an-
geredel) . . .
deinen himmel in meine brüst. IIülti 75 Halm.
HERZENERQUICKEND, part. fievoenc^s :
dieser spendete nun das herzenerquickende leidmahl.
ISÖRCER 212*.
vertjl. herzerquickend.
HERZENFANG, ffi.:
zur kunst der reinen buhlerei,
der kunst aus hinterlistgen blicken
zum herzenfang ein zaubernetz zu stricken . . .
besasz die göttin kein geschicke. Wielano 10, 187.
vcigl. unten herzfiinger.
HERZENFESZLER, m..
heil dir, lächelnder mal,
blumcnachöprer,
berzenfeszler! Höltt 136 Halm.
HERZEN FESZLERIN. f.:
so sah ich sie, die herzenreszlerlu,
gleich einem mailag mir zur seile spielen.
SCUILLEH ''"' liriulimir tniu.
HERZENFLEISCH, n.;
da schürest du gott auT beste »<
ausz seiner seile von hcrzenneisch
ihm eine, die sich zu ihm hielt, nmanlcs amenles C.
irrgl, herzneiscb.
HERZENFÜRMIG, adj. in der form von furzen:
dein herzenfärmiRs blatt,
so ich, gelieble blum, au deinen ^teogcln sehe.
ifau'KKs 2, I«.
ttrgl herzförmig.
HERZENGEL, m. gelubter enget; dim. herzengclein :
•r ist «on flalicbbegierdea rein.
wi* dl« lieben beneogclein. Udrai 19, U.
HERZENHAFT, adj. wie herzhaft, beherzt, mutig:
so wundern oft die sinne mein,
wie ein weip so herzenhaft mag sein,
das sie nit Turcht, das es tu prechcn. fasln, s/i. 226, 24.
HERZENHAFTIG, adj. dasselbe: der geist der Weisheit und
die erkentnis goltes kunst sei mit euch, herzcnbafliger bru-
der. brief Tu. MtiNZERS bei Scbmidt, Juslus Menius l, s. 14!);
{ich werde) so ein herzenbaftiger, unüberwindlicher beide,
das alle meine feinde wider mich nichts kunnen ausrichten.
Luther 6, 346'.
HERZENKÜNDIGER, «i.; gott, der unbetrogene herzen-
kündiger. Chr. Weise erzn., vorr. {nach ap. gesch. 1,24: herr,
aller herzen kündiger), vergl. herzens-, berzkündiger.
HERZENLEID, «. s. herzeleid.
HERZENRÄLBERIN , f die herzen raubt , als bexekhnmg
einer liebe erweckenden person. pcrs. rosenth. 5, 18.
HERZENSACH, »i. verus, non infucatus planctus. Stieler 7.'
vergl. das .nibst. ach Ih. l, 162.
HERZENSADEL, m.:
ihr eitler durst nach rühm weisz nichts von herzensadel.
Gotte» 2, 439.
HERZENSAFT, vi.: secht wie rauscht der wein, wie trabt
er berein, das kan mir ein herzensaft sein. Garg. 95*; dim.
hcizenseftlin vom honig 225".
HERZENSALBE, f. herzstärkende salbe, dim. berzensäible
vom wein. Garg. 95*.
HERZENSANGELEGENHEIT, f. : sie {die Schwester) entdeckte
mir eine herzensangelegcnheit, die sie bisher sehr weislich
verborgen hatte. Göthe 19, 307 ; wechselseitige erklSrungen
und bekenntnisse tiefer herzensangelegenheiten. 23, 131; und
noch mehrfach, z. b. 24, 196. 25, 247.
HERZENSANGST, HERZENANGST, (..' wie er im besten
reden war, verdrehete er seine holdselige äugen, erblassele
im angesicht und gab mit meiner groszen herzenangst seinen
edlen geistauf. Si'mp/. 2,306 A'ur;; solche unertrügiiche marter
und berzensangst. Ho.hburg Z)u2cimu»(ia (i643) 5.46; man hat
nichts als berzensangst mit seinen kindern. Götue 8,192;
an so viel berzensangst bin auch ich, armer, reich.
Fleming 494, 6, 4 Lappenb.;
ward iederman erschreckt
durch so gehäufte macht, doch liesz nicht einer merken
die inner berzensangst. A. Grtpuius 169S 1, 112.
HERZENSANTHEIL, m.: der Grieche ist zwar im höchsten
grade genau, treu, umständlich in be^ilireibung derselben
(naturscenen), aber doch gerade nicht mehr und mit keinem
vorzüglicheren bcrzensantlieil, als er es auch in beschreibung
eines anzuges . . . ist, Schiller 1195* {über naive und sentim.
dichtung).
HERZENSÄRM, adj.: wie herzensarm, wie verlassen, wie
gekränkt und einsam schien mir derselbe mann , den ich
am morgen noch glaubte beneiden zu können. Tieck16, ist.
HERZENSAUSDRUCK, m. :
da^ ich gleich dich in der ersten stunde,
ganz den hcrzensausdruck in dem munde,
dich ein wahres gutes kind genannt. Götbk 1, 84.
HERZENSAUSGUSZ, «!..• berzensausgusz über volkspoesie.
Bürger 319*.
HERZENSBÄNDIGER, «». für geliebter: Jungfer muhrae, ihr
berzensbändiger scheint ein allerliebster pcdant zu sein.
Rarenkr sat. 3, 245.
HERZENSBANGIGKEIT, f: gewisse hcrzensbangigkeit.
KoTZEBUE dram. sp. 2,247;
hier sank sie auf den sand,
ganz malt durch lan^'cs reiten
und hcncnsbangigkeitcn. IICrobi 23*.
HERZENSBEDÜRFNIS, n.
HEIIZLNSBEFRIEDIGUNG, f.: zanken sich deine feinde
unter einander, so liieibc du mit deinem freunde in henens-
bcfriedigung stille sitzen, pers. baumg. 1,33.
HERZENSBEGIERLICH, adj.: herzeiisbegirlichc Zuneigung.
BUTSCHKV I'iltlU. 2!l.'..
HEHZFNSIlKSITZERIN, f gelieble: ach meine einzige ber-
zcnslioüilxfiin I ll()Miii;nr. Dulcimunda (1013) s. 29.
HERZENSBETRÜBMS, f dolor animi acerrimiu. Stielkr
2344.
HERZENSBEWEGUNG, /. eigentlich vom schlag des herzens,
aber auch bildlich von der beurgung des gemlits : jetzt sind sie
der wiithscburi schun gewohnt, und werden ihnen Jede ihrer
benentbewegungen auf das genaiicsle vorbertagen kOnocn.
1233
HERZENSBEZÄH5IER
HERZENSFREUND
1234
ThOmmei. 4,403; wie ich, überwältigt von diesen eindrücken,
mich verliielt und benahm, wüszte ich nicht zu sagen, der
tiefste grund meiner menschlichen anlagen und dichterischen
fähigkeiten ward durch die unendliche herzensbewcgung auf-
gedeckt. GiJTHE 26, 2S9.
HERZE.NSBEZ.lH.MER, vi.: sie (du 'dicMer der ncdxoneii)
sind die gewaltigen herzensbezähmer und zauberer, die ihre
güldenen Stäbe nie vergebens zucken, und über jedes Zeit-
alter in immer lebendiger kraft herrschen. Bürger ITs'.
HERZE.NSBILDÜXG, f.: geistes- und herzensbildung. hn.
lU. zeiiuiig 1S38, no. 179, s. 471.
HERZENSBLUME,/'.; ihre ungeLändigte tadelsucht macht
eine solche rauhe Witterung um sie her, dasz keine meiner
hcrzensblumen sich entfalten konnte. Göthe an Jacobi 135.
HERZENSBLÜMCHEN, fi. parnassia paluslris, das änblaH.
vcTgl. herzblatt 4.
HERZENSBLUT, r?. tcie herzblut, sp. 1226 : gehen nicht die
ädern der brüste auch aus dem herzen, und ist, wenn man
es recht bedenkt, die milch nicht das rechte herzensblut?
pers. baumg. S, 1 ;
sie (unglückliche liebe) trinkt toII gier von unserm herzensblute.
HöLTT 172 Halm;
was man mit frischem herzensblut
und keckem wolbehagen tbui,
das thut man nicht vergebens. Voss (1825) 4, 70;"
ich habe thränen nicht, ich habe blut,
der weiszen rotbes heriensblut vergossen.
Chaxisso gedickte 342;
die gnade flieszet aus vom throne,
das recht ist ein gemeines gut,
es liegt in jedem erdensobue,
es quillt in uns wie herzensblut. Uhla!»d ged. 100.
HERZENSBRAST, m. kummer des herzens {vergl. brast th.
2,30S): ich war kaum zur ruhe zu bringen, weil ich vor
Iierzensbrast nicht wusle, was ich thäte. Simpl. 2,306 Kurz;
(in dem gemälde sieht man) dann den herzensbrast der ihr kind
ersticken sehenden mutter. Saxdrabt acadeniie 1675 2,73;
ich vermag vor herzensprast länger nicht bei euch zu weilen.
Ko;(GEHL IHiönizia 42;
nur jeuo kan icbs nicht
vor herbem herzensprast. 64.
HERZENSBRECHEN, n. das brechen des herzens vor kummer
(s/>. 12t0):
ach es ist ein bittres leiden
und ein rechter myrrheotrauk,
sich von seinen kindern scheiden
durch den schweren todes^angl
hier geschieht ein herzensbrechen,
das kein muud recht kan aussprechen.
P. Gerhard, an die eitern beim grab ihres kindes.
HERZENSBRCCH, th. ebenso: wündschende, das gott den-
selben für solchen herzensbrüchen (wegen abslerbens der ehe-
frau) befristlicben und bewahren möge I BtiTSCHKT kanzl. 906.
HERZE.NSBRUDER , m., wie herzbruder sp. 1227: so lasz
dich doch zu brei zusammen drucken, lieber herzensbruder
Moriz! willkommen in den böhmischen Wäldern! Schiller
räuber 2, 3 ;
auf, ihr wackre herzensbruder!
J. M. MrLLSR ged. 159.
HERZENSBRÜNST, f.:
0 mit wasz härzensbrunst und mit wasz andacht wachet!
lierr Ulrich eben auch, in seufzendem begin. Rospler 109.
HERZENSBRÜST, f. brüst als das herz einschliessend :
da spfirt man nichts als lust
in uDsrer herzensbrusu Schaor handwerksl. 103.
HERZENSBCBCHEN, n. aU kosetrort:
ein ritter ritt einst in den krieg,
und als er seinen bengst bestieg,
iimfleng ihn sein fein« liebchen :
leb wohl, du herzensbübchen !
leb wohl, viel heil und sieg! Borger 29*.
HERZENSCHMELZEND, pari, die herzen erweichend, rührend:
hinschmachtend, herzenschmelzend sagte sie . . Stcrz 1, 90.
HERZENSCHÖN, adj. von herzbewegender schönheil:
ein herzenschöns kind auszerkorn,
welches ich gfunden in dem walt.
i. Atrer 197* (979, 7 Keller).
HERZENSDANK, m. dank der von ganzem herzen kommt:
ihr gesalzncs heringslieer, gebet groszen herzensdank
ffir in Hell- und Engeland aufgerührten waffensiank.
LoCAO 3, 249, 179;
wenn dein schOner herzensdank
meiner liebe grusz empQnge. BCrhr 27';
nie kommt das wort, ihr treuen väter,
dem heiszen berzcnsdanke gleich. Uhlaüd ged. $1.
IV. II.
HERZE.NS-, HERZENDIEB, m.:
was ist die lieb?
ein tand der edlen geister,
ein herzendieb. Rist Parn. 275;
0 weh ! so weid ich deinen trieb.
und willst doch, falscher berzensdieb,
ins ebband dich nicht fügen! BCrgei 29*.
dim. berzendiebelein :
du liebstes berzendiebelein. WiaraiRLr» 774.
HERZENSDRANG, m.
HERZENSDRUCK, fn. druck ans herz (herz I, 2 sp. 1211) :
A. geliebte tochter! komm an meine brüst!
E. mit diesem wort, mit diesem herzensdruck
besänftigst du auf einmal alles toben
der aufgeregten brüst. Göthe 9,368;
aber auch druck, beängstigung des herzens {sp. 1209): so Tiel
liebe, so viel tbeilnehmung! so viel trefiTliche menschen und
so viel hei-zensdruck. an frau v. Stein 1, 56.
HERZENSEHR, m. tiefer, aus dem herzen kommender schmerz
[vergl. sehr) :
das was Marie gotes mAter laid,
si wainet von herzensere. Uhland votksl. 838.
HERZENSEINFALT, f. einfalt des gemüls und der denktreise:
Zeineb sagte diesz mit einer so wahren hcrzenseinfalt, dasz
dem boshaftesten ausspäher und belaurer des weiblichen
herzens . . kein zweifei möglich gewesen wäre. Wielääd 8,266.
HERZENSERGIESZUNG, f. rückhaltlose ausspräche dessen was
man füldl und meint : herzensergieszungen eines kunstlieben-
den klosterbruders. titel einer schrift von H. W.'kCKE!«RODH;
jedes ding bat seine zeit, auch die herzensergieszungen.
Götter schausfiele (1795) s. 255; {Tieck) welcher die kunst nttr
in der naiven herzensergieszung liebte. H. Heine 6, 143.
HERZENSERGUSZ , tjj..- dazu kam, dasz er . . sich an
freunden betrogen und seinen herzensergusz ungliicklich ver-
geudet hatte. Göthe 21, 134.
HERZENSERLEICHTERÜNG, f. das leithtmachen des herzens
{sp. 1210) durch rückhaltlose ausspraclie: und nun folgte eine
herzenserleichterong, die mit allen boldseligkeiten ehelicher
Vertraulichkeit gewünt war. Ehcel Lorenz Stark xv.
HERZENSERNST, m. ernst des ßhlens und denkens: der
deutsche herzensern.«t. J. Pacl Levana 2, 137.
HERZENSERWARTUNG, f. : ein kloster, wo deine sanften
herzenserwartungen und jene geheimen ahndungen mütter-
lichen entzückens einem götzenbilde zum unnützen weih-
rauche dienen. ThI^jdiel 5. 263.
HERZENSFELD, n..-
war denn diese flammenliebe
freier Willkür heimgestellt?
nein! den samen solcher triebe
streut natur ins herzensfeld. Borger 44'.
HERZENSFENSTER, n. .
ach! schlösse sich einmal ihr herzensfenster auf.
wie vielmal würdest du die seele zum verkauf
und leichten preises sehn. B. Neükirch ged. IIS.
HERZENSFIEBER, n. heüue. HEnERicH 1269. s. berzfieber.
HERZENSFLÜT, /: für Ikränenslrom :
er hob sein kind vom boden auf.
er liesz der herzensfluth den lauf,
und wollte schier vergehen
vor wundersüszen wehen. BCrger 55'.
HERZENSFOLTER, f : werden (durch die misgunst) . . sol-
chergestalt auf die allerpeinlichste herzensfolter geworfen.
Bltschry Patin. 9S0.
HERZENSFRAÜ, f herzlich gelieble frau, mhd. herzevrouwe
und herzenvrouwe : liebe herzensfrau. rede doch nicht Tom
tode. ich sterbe sonst eher, als du. Gelleht 3. 404.
HERZENSFREUDE, f. l) freude aus ganzem herzen, innige
freude, mhd. herzevröude: das war mir eine herzensfreude
a. m. im Tockmb. 123;
hatten so rechte herzensfreud
an dieser erde lieblichkeit. R. Riinici tieder 25t.
2) name der asperula odorata, des wahren Waldmeister. Neu-
niCH 1, 508.
HERZENSFREUND, m. (mhd. herzevriunt, herzenmunt)
homo alicui conjunclis.fimus. Frisch 1, 447* : ein aufrichtiger
herzensfrcund. Bctschky kanzl. 82;
ein kluger will daher, wie selbst ein bischof meint,
nur einen beicbiiger, nur einen herzeusfreund.
Hagedorn 1, 54;
seinen nfnd
mit herzensfreunden fortiiisclileichen. Gökitigk t, 27;
Boie, alter, trauter herzensfreuod ! RErger 87*.
78
1235
HERZExNSFREUNDLICHKElT
HERZENSKÖNIGIN
1236
HERZENSFREÜNDLICHKEIT , f.: auf diesem gebiete ist
seine ausdauer und sein gesunder practiscker hück nicht
weniger benundernsweith, als die Vielseitigkeit seiner tlicil-
naliine und seine milde und herzensfreundlichkeit. preusz.
Jahrb. bd. 12, s. 264.
HERZENSFRIEDE, m. ; wann er liegt herzenfrid feile, der
sich TÜ ohne giosze notduift ilsserkeit geit (der Irägl seinen
gewonnenen frieden gleicham zu niarkle, der sich ohne dringende
noi den äuszern dingen hingibt). Suso briefe 30 I'regct.
HERZENSFROMM, adj. von herzen frorttm.
HEKZENSFROST, m.: der jeden mit hcrzensfrost ergreift,
der ihm näher tritt. Tieck 11, 67.
HERZENSFÜRCHE, f.:
die hcizcnsfurclic tiefer reu. Lenau Faust 138.
HERZENSGAST, m. von licrzen lieber gast:
schlaf, du edler herzensgast (anrede der Maria an das Jesus-
kind). P. Gerhard 7, 4.
HERZENSGEDANKE, «i.; berzensgedanken und andacht.
pers. rosenlh. 7, 20.
HERZENSGENUSZ, m. geiiusx den das herz hat: sie wissen
nicht, dasz wir dieser .. freundschaft noch den einzigen, wahr-
haften herzensgenusz in dieser weit verdanken. Klinger 11,265.
HERZENSGESPRÄCH, n. 1) soliloquitm , mcdilalio cordis,
scelengespräch. Stieler 2103.
2) gesprdcli das aus dem henen kommt, inniges gespräch:
deines lierzeosgespräclis werd ich und freundesbiicks
dann begehren, und ach! umsonst! IIöltt 03 Halm.
HERZENSGETÜMMEL, «..• vom heiszesten herzensgetüm-
rael der hohen leidenschaften bis zur frischen besonnenheit.
Heinse Ardingh. 2, 97.
HERZENSGIER, HERZENGIER, /: begierde des hcrzens:
als wenn man dir mit herzengir
all missethat erkleret. B. Rincwalu geistl. lied. B3'.
HERZENSGIFT, n.;
Zungenhonig, hcrzensgii'ten,
jenes auszcn. dieses innen
lieblich, tückisch, führen künnen. Locau 1,184,74.
HERZENSGLAUBE, ni. inniga-, aus dem herzen kommender
qlaube: wir gestehen es offen, dasz er uns in diesen letzten
Jahren ein räthsel war, eine . . in ihrer art einzige erscheinung
in den reihen derer, unter denen er nach seinem herzens-
glanben . . vereinzelt dastand, neue ev. lärclienzeitg. 1867 s. 606.
HERZENSGRUND, HERZENGRUND, m. grund des herzens;
tn sinnlicher auffassung:
imd wem dort am besten dringet
liederblut aus herzensgrund. II. IIkine 15,65;
■ innerstes, tiefstes gefühl (vergl. herz sp. 1213) : im herzengrund.
Fischart bienk. 175*;
kehr um und halte fusz und gib uns zeit zum bunde,
den wir hier richten auf von ganzem berzengrundc.
Fleming 521, 23, 7 Lappenberg;
was man liebt aus herzengrund,
kompt uns oft in sinn und mund. arab. sprichw. 9;
tiel wübli ihr im horzcnsgrund
der gram. Götter 2, lU;
ein süszes etwas schlich zum berzensgrundc.
Gries Tassos bcfr. Jcrus. 19, ül;
wie mir« steht im berzengrundc,
kannst du sehn an meinem munde.
RQcKERT ges. ged. 1, 451;
ich ehre die naiur in ihrem schweigen;
erfreut sie mich mit noch so leiser kundo,
so dank ich ihr aus tierem herzensgrunde.
LsNAU Faust 13;
was hat er ihr gegeben
auf ihren rotheii mund?
die allerschönsten küsse
so recht aus herzensgrund. R. Keinick tieil'
mutzten lachen aus herzensgrund
über die hüben klein und rund. s. 253.
xprtchuijrthcli : trunkner mund redt aus herzensgrund, qiwd
est in animo sobrti, id est in lingua rbrii. Steinbach t, 650.
HERZENSGUT, HERZENGUT, adj. von herzen gut: mein
herzensguter freund, rolica, vorrede; er war herzensgul und
voll liebe. J. Paul flegelj. 1, 49 ; sie war eine hcizcnsgule
«eele, aber viel grUlze halle sie nicht im köpf. Rikhl cti//ur-
gesch. noe. !J%0.
HERZENSGin-E, f.:
die armen schauen mit verweinten blicken,
Seriihrt, auf ihrem ichutt des mitlejd« blute;
•r beneatbaucb von euch wird ilo erquicken ;
der schönite frühling Ist die borzensgüie.
Lr.rtkv Firiic i/rit. 24fl
HtUZt.NSHAMMER, m.;
sein herzensliammer schlug (in der erregung). BCrgeii 21V
HERZENSHAND, f. herzliche begrüszung durch handreichen:
(ich) erkannte Slolberg am fusz des bcites, und bot ihm die
lebendige herzenshand. Voss wie ward Fr. Stolberg ein unfreier
s. 47.
HERZENSHÄNDEL, ni. plur. :
mit ihnen {den muscn), zephyrn gleich, die unter bluuien tändeln,
zu scherzen, prinz, ist süsz; doch weg mit berzensbandeln.
Gotter 1, 243.
HERZENSHANG, «i.: obgleich man im braulslande wol
sehr viel von Sympathie und herzenshange träumt oder
schwatzt. Knigge umg. m. menschen 2, 30.
HERZENSHARM, m. anguslia cordis. Stieleb 830.
HERZENSHÄRTE, f. : so lag das nicht an einem rest von
rachgier oder an irgend einer natüilichen herzenshärle. Engel
Lorenz Stark xvi.
HERZENSHAUCH, m. Lenau neue ged. 249. s. die stelle unter
herzensgute.
HERZENS-, HERZENHAUS, n. herz einem haus verglichen:
CS thräiiet furcht und lieb in einem herzeubatis.
IIorFiiANPiswALDAU Rostmunda s. 67 ;
(ihr fnrien) züngelt an das berzenhausz. s. 112.
HERZENSHERZCHEN, n. ah kosewort, in der anrede an das
eigene herz:
mein ist, mein die ganze weh!
Iierzchen! liebes herzensherzchen !
was begehrst du, herzensherzchen?
I'ordre nur die ganze weit. Göthe II, 138.
HERZENSHUNGER, m.:
was bin ich doch bemüht um alles zu erlernen,
was nahe bei uns ist und was uns körapt von lernen,
was hier und da und diirt und überall geschieht,
darnach ein geizigs aug aus herzenshungcr siebt?
Fleming 31, 10 I^appenberg.
HERZENSIRRUNG, f.:
wcllvcrwirrung zu betrachten,
herzcnsirruiig zu beachten,
dazu war der freund berufen. Göthe 4, 4t).
HERZENSJUNGE, m. kosend in der anrede (lergl. herzens-
mädchcn): herzensjungen! wir wollen viclori! und vivat doctor
Faust! durch alle straszen brüllen. Fr. Müller 2,119;
komm, berzensjung, an meine brüst!
nun scheid uns nichts, als tod ! Borger 47'.
HERZENSKÄLTE, f.
HERZENSKAMMER, f. ägentlich (vergl. herzkammer):
da nämlich ans der linken seile der herzenskanuner das geblnt
mit einem recht gewaltgen drang durch die arterie gepreszt
(wird). Brückes 9, 'i03.
bildlich: sie suchen aus jedem wort meines mundes einen
dietrich für meine herzenskammer zu schmiden. Hebbel Ju-
dith 4;
klagt sanct Joseph euren jammer,
thut ihm auf die herzenskammer.
Ditfurtu fnink. volkst. 1, 55'.
HERZENSKEUSCHHEIT, f puritas menlis sive cordü. Stie-
ler 957.
HERZENSKIND, HERZENKIND, n. herzliclt geliebtes kind:
herzenkind, puer serlissimus, amantissimus Stieler 948; dasz
das herzenskind diesen seinen schätz verlieren sollte. Nie-
BUHR leben 3, 114 ;
wie oft habt ihr, auf knie und band,
gcwieKt mich und getragen !
wie ort: du herzenskind I genannt,
du trost in alten tagen! Bürger 54'.
s. herzkind.
HERZENSKIRCHE, f. Überschrift eines Spruches bei LocAu:
man kan zwar alle kirclien schlüszen,
doch nie die kirchun im gewissen. 2,130,59.
HERZENSKLAGE, f gemitus curdis. Stieleb 962.
HERZENS-, HERZENKLOPFEN, ii..-
hört auf, sonst wird mir noch von euch der tod getan,
in dem ihr mir erweckt eiu »olches berienklopfeu.
Flihino 535, 100,8 (er redet iltre ttnrinrn nni;
nur ein tropfen leise, loisn
flel ans eines fasses spunde,
und mit bangem herienüklopfcu
forscht ich nach des Inutcü griindo.
n. »KiNicK tirdcr ms.
vergl. herzklopfen.
HERZENS-, HERZENKÖNIGIN, f. für die geliebte, vgl. herz
I,4,< .»p. 1216: ein brief von der band unserer herzenskAnigin.
GöTHB 22, 145; der tyrann vergieszet seine kotzebuischen
1237 HERZENSKRANK — HERZENSLIEB
HERZENSLIEB — HERZENSNACHT 1 23S
thiänen in der frontloge und der lüstling auf dem parterre;
nachher gehen beide heim und jener lockt den unterthanen,
dieser seiner herzenkönigin ganz andere ab. J. Paul kom. anh.
z. Tit. 2,51;
hält ich dich doch nie gesehen,
schöne herzenskönigin ! H. Hsimk 15,44.
HERZENSKRANR. adj. von krankhaftem gefühl, kranker Stim-
mung: herzens- und seelenkrank. Klinger 12, 10. verschieden
von herzkrank, s. d.
HERZENSKREBS, m.: in allen hriefen und Städten find
ich klagen über die einreiszende Selbstsucht, diesen häsz-
lichen brüst- und herzenskrebs, oder diese eigentliche seelen-
diirrsucht. J. P.\ül jubeisen. 83.
HERZE.NSKRONE, /". als kosevoH für eine gelieble: so lieb
bist du mir, meine herzenskrone. Fr. Müller l, 12S.
HERZEN'SKU.MMER, m. angor, moeror animi. Stieler 925.
HERZENSKUNDE, f. künde vom herzen, von der Zuneigung
des geliebten :
ach, die wahre herzenskunde,
liebeshauch, erfrischtes leben,
wird mir nur aus seinem munde,
kann mir nur sein athem geben. Göthe 5, ISt.
HERZENSKÜNDIGER, m.: sei dein eigener richler nicht,
sondern befihl es dem allerhöchstgetrohnten, als einigen
berzenskündiger: er kennet beides, den der unrecht getahn,
ui auch den , der es geduldig erlitten hat. Bltscbr^ kanzl.
729; welcher ein berzenskündiger sein musz, um auch das
innerste der gesinnung eines jeden zu durchschauen. Kant
ü, 269. s. oben herzenkündiger und tinter herzkündiger.
HERZENSKUSS, m. inniger kuss:
lang glaub ich noch den herzenskuss zu fühlen,
der mich entzückt. Höltt 165 Halm;
ein herzenskuss, den selber engel neiden,
küsst ihren morgenschluramer wach. 2U0;
lasi mich mit diesem herzenskuss, mein eigenster,
dir aller wünsche siege! auf die siirne drücken.
Göthe 10, 30.
HERZENSLAGE,/'.; in Halms Griseldis scheint .. ein ana-
tomischer prosector uns alle gemülhsqualen und peinlichen
herzenslagen mit scharfem raesser auseinander zu legen.
Berl. lil. zeitung 1846 .<t. 1138.
HERZENSLAST, f.: wer sich etwas unterfanget, das er
nicht durchtrieben hat, der wird aus furcht mit einer groszen
lierzenslast sich beschweren, pers. baumgarten l, 6.
HERZENSL.AUNE. f. : (ein freund) der es angemessener fin-
det ihren herzenslaunen jetzt nicht in den weg zu kommen.
Rettixe briefe 1,127.
HERZENSLAÜTERKEIT, f. simplicitas cordU. Stieler I09ö.
HERZE.NSLEBEN, n. das leben in seinem innersten sitze {vgl.
herz als sitz der lebenskraß sp. 1211):
dasz jeder pulsschlag
von ihm nach meinem berzensleben zielt.
Shakexp. Macbeth 3, 1,
that ererr minute of his being thrusts
against my near'st of life.
HERZENSLEERE, f. :
von Schauerbildern rings der blick umfangen
im wüsten räum beklommner herzensleere. GörnK 3, 27.
HERZENSLEID, n. bei Logao für herzeleid:
mir, und andren deinen lieben
ist an deiner stelle blieben,
bei so sonst gehäufter noth,
herzens leid um deinen tod.
1,182,69 {an einen verstarb, ehegallen);
was andren herzens-woon, ist mir nur herzens-leid.
2, 135, 84.
HERZENSLEJSE, adj. leise in das herz rührender ort: < .
was schönes schwebt mir sonst noch alles vor!
dein herzensleiser gang vom runden tisch
bis zu dem kleinen sessel, neben mir!
dein freundlich wesen, Zauberin, wenn du
die schale tbeiltest ... Kl. Schhidt poet. briefe 93.
HERZENSLICHT, n. lumen cordis. Stieler 1152. koseworl
fiir die geliebte:
.... hier wo zu guter stunden
dich deine mutter hat, mein herzensliecht, erzeugt,
und mir zu dieser lust gebobren und gesäugt. Opitz 3, 25.
HERZE.N'S-, HERZENLIEB, adj. von herzen lieb: ach her-
zenslieber gnädiger herr, schrie sie heulend, werden sie doch
nicht 80 büse, lieber herzens gnädiger herr! Müller Siegfr.
V. Lindenb. (1790) 3, 94 ;
Elise nahm vom busen dich,
du hefzensliebe, traute blute.
T. Stahford im Gmting. musenalm. 1777 . U'--.
in subslantivem gebrauche:
wol mir das ich gefunden hab
die herzenliebst. H. Sachs 3, 2, 132*.
rergl. herzlieb.
HERZENS-, HERZENLIEB, n. vas das herz erfreut, bezeich-
nung der geliebten :
ein guckguck wolt auszulegen
lu seinem herzenliebe. Ubland rolksl. 44.
s. herzlieb.
HERZENSLIEBE, f innige liebe, mhd. herzeliebe tnii her-
zenliebe (Lexer üb. 1,1273): welches wir e. iden (liebden)
aus beständiger herzenslibe birmit anerwündschen. Butschky
kanzl. 529;
wann ich noch manchen weisz,
dem lieb kalt und heisz
von herzenlieb ist geschehen, fasln, sp. 775,28;
es zimpt wol, das es stet sei,
dem berzenlieb wonet pei. 776, 19;
nicht deutsch ist sie, nicht deiner werth,
die herzensiiebe wimmern hört
und sich zu buhlen wendet. J. .M. Miller ged. 261.
HERZENSLINDERUNG, f. refrigeratio cordis. Stieler 1163.
HERZENSLOHE, f:
fieng Toll von liebesglut und berzensloh zu glimmen.
Lobemstein in d. ausertes. geäicliten 1,252.
HERZE.NS-, HERZENLUST, f. freude des herzens: herzen-
lust cordis gaudium. Stieler 1187; also hatten wir herzenlust
an euch. 1 Thess. 2, 8 ;
und du mit fröud und herzenlust
wirst s himlisch alieluia singen.
.\»BR. Blaarer vermanung zuom n>'-,i>-in <rr «i :
und lacht mir einem engel gleich
ein kind an ihrer brüst,
dann nahm ich nicht ein königreich
für diese herzenslust. J. M. Miller ged. 351 ;
(die mädchen) klimmen an ihn,
küssen ihn mit herzenslust.
Herder zur litt. 5,161 {Cid 45);
verlangen, begehren des herzens, geu:öhnlich in der formet nach
herzenslust, so viel das herz verlangt, mag: auf den plälzeii
ist es an markttagen sehr voll, gemüse und fruchte unüber-
sehlich, knoblauch und zwiebeln nach herzenslust. Göthb
27, 73 ; worauf sie vier monate in Tivoli zubrachten, um da
nach herzenslust die prächtigsten gegenstände der natur . .
nachzubilden. 37, 123;
doch meine wachtel, gutes thier! spazieret
nach herzenslust auf dir herum. Göki^gk 3, 118.
HERZENSMACHT, f. was das herz vermag:
ich rief aus aller herzensmacht. P. Gerhard 21, 5.
HERZENSMÄDCHEN, n. herzlich geliebtes mädchen : ja, her-
zensmädchen, ich habe mir immer eine Schwester gewünscht.
Töpfer lustspiele 7 (I85l) s. 86. vergl. herzensjunge.
HERZENS.MANN, m. von herzen geliebter mann, in kosender
anrede (i^ergl. herzensfrau) : nun bin ich dich, herzensmann,
lasz essen und alles sein und mach dasz du hinkömmst.
Engel Lorenz Stark xv.
HERZENSMEINUNG, f. eigentliche, innerste meinung und Über-
zeugung: ich wolle schreiben lassen und zwar von einem
guten freund, der meine herzensraeinung verwunderlich ausz-
drücken und zu papier bringen kan. das bärl. frauenzimmer 13 ;
Lavater benahm sich vernünftig und klug, nur dasz er seine
herzensmeinungen nicht verbergen konnte. Güthe 26,283;
die Schriftsteller, die unter censur und geisteszwang aller
art schmachten und doch nimmermehr ihre herzensraeinung
verleugnen können. H. Heine 6, 147; ich hoffe, sie sind über-
zeugt, dasz ich der wackern dame nur sagte, was wahre
herzensmeinung war. Frevtag handschr. i, 167.
HERZENS-, HERZENMÜT, m. gefühl des herzens, inniges
gefühl:
frolokt aus härzenmi'it. Mblissds pt. A5';
aus härzenmüt got suchte. N8^
HERZENS-, HERZENMUTTER, f. herzgeUebte mutter: ach
Eva, traute zitternde herzensmulter, das sind wir! Fr. Müller
1, 102; süsze herzensmulter, dein vergessen kann ich nicht.
354;
herzenmutter, gute nacht,
esz ist alles Tollenbracht. Rist Pam. 773.
s. herzinutler.
HERZENSNACHT, f.:
das abendroth bedeutet scheiden
und berzensnacht und herzensweh.
H. Heine tupplem. bd. 4S.
78*
1239 IIERZENSNEIGUNG — HERZENSSCIILAG
HERZENSSCHMEUZ — IIERZENSSTGSZ 1240
HERZENSNEIGUNG, f. :
(Jas licht der i'iberzeugiing
ist heitres forschens lohn.
doch schwüle herzensneigung
heiszt dir religion.
Voss 5, 290 (an einen verirrenden).
HERZENSNOTH, f. :
mitten im getümmel mancher freuden,
mancher sorgen, mancher hcrzensnoth,
denk ich dein, o Lottchen. Güthb 1, 84.
HERZENSPEIN, f.: wie viele herzenspein mocUte dieser
mantel decken, darein sie sicli liüllte. Riehl cuUurgeschkhtl.
nov. 364;
was herrscht doch für ein hitzger stern !
er zehrt mir recht am Innern kern
und macht mir herzenspein. Uuland gcd. 67.
HERZENSPFAND, n.;
erwerben werd ich reiches gut
an kleinen herzenspTändern ;
und prangen wird mein stab und hut-
mit rosen und mit bändern. Bürger 117'.
HERZENSPFORTE, f.:
die Junggesellen
wie können sie uns lallen :
sie klagen ihre pein,
Versätzen zuckerworte,
bisz uns die herzcnspforie
wird gar genommen ein.
GöRiNG liebesmeyenblühmlein (1654) s. 103.
HERZENSPLAGE, f.: lierzens- sive seelenplage, afßidio
animi, cordis tristüia, palpilalio cordis. Stiei.er 145«.
HERZENSPRÜFUNG, f.: icli daclite, dasz icli niclit zur
Untersuchung und herzensprüfung berufen sei. Göthe 19,330.
HERZENSPUPPE, f.: komm junge! lierzenspuppe ! Fr.
Müller 2, 118.
HERZENSQUAL, f. anguslia cordis. Stieler 1487;
(der schlaf), das frische bad der wundenvollen brüst,
das linde öl Tür jede herzensqual. Schiller ilacb. 2,5.
HERZENSREGEN, n. das regen, bewegen des herzens :
mit wie leichtem herzensregen
horchet ihr der glocke nicht,
die mit zwölf bedächtgen schlagen
ruh und Sicherheit verspricht! Göthr 19, 197.
HERZENSREGUNG, /". a/fedus, affedio cordis. Stieler 1567.
HERZENSREINHEIT, f. reinheü der gesinnmg und des ffili-
lens. Götter 3, lxiv.
HERZENSREINIGKEIT, f. dasselbe:
wenn Unschuld, treue, herzensreinigkeit'
auf erden irgend wohnt — auf ihren lippen,
in ihren klaren äugen musz sie wohnen!
ScuiLLSR Jungfrau 5, 7.
HERZENSREST, »71. ende, lödlliche Verletzung des innern :
ein sciireck, der ihr den letzten herzensrest gab. Hippel
lebensl. 2, 2S0. vergl. den rest geben unter rest.
HERZENSRISZ, m.: denn e. gn. altgeschlagene herzwonde,
kümmerlich in etwas überheilet, durch neuen herzensris
gleichsam wider geüfnet und aufgebrochen wird. Rutscuky
kanzl. 854; auszerhalben {auszcr) meinem groszen herzens-
risz und leiden, wegen meiner lieben frau mutler absterben,
hat es mir wohl gegangen. Schweinichen 1, 62.
HERZENSRÖHRE, A .
sollst fTihlen, wie das blut in allen herzensröbren
beim Teuer deiner küsse kocht.
GöKiNci lieder zweier lieb. (1779) s. 19.
HERZENSROSE, f. innig gelieble rose:
0 herzensros, 0 schönste blum,
ach wie so köstlich ist dein rühm. I>. Geruard 21,6.
HERZENSRUHE, /■.; wuste dieser geldbegierige man nicht,
dasz der schätz der herzensruhe nirgends als in dem winkel
der Vergnügung zu finden sei? pers. baumgart. 0,13;
so wechselt dann die sorgen
in stille hcrzensruh,
und glaubt gott schicke morgen
euch neue wolfahrt zu. Opitz 2, 136.
HERZENSSACHE, f. Iirrzetuangelegenheü.
IIERZE.NSSCHATZ, m. schätz des herzens, ein koscwort: sel-
bige mich ihren herzensschatz ncnnelc. che eines mannet 389.
HERZENSSCHLAG, m. sddag, pochen des herzens:
ruf ich mit lauter nimm und vollen herzensschlfigcn.
TuCmhil 2, 113;
sah, uriti^rm iiic(l(!rii hüttendach,
der »cli ' 'I preis;
und pl' ,r lein herzensschlog
wol noi ! : ;, .j helsi. llöLir 14 Ualm;
doch stöhnt er lel«, und schwache hcrtcnsschltgo
verkBnden, daii nicht ganz sein leben schwand.
Griii Tatto» befr. Jerut. 12, 73;
leb wohl! leb wohl! mit dumpfen hcrzoiisschlägen
hegrüsz ich dich, und folge meiner pdicht.
Körner tcicr u. schwert 35,
so bin ich dein mit jedem herzensschlage,
dasz ich für dein recht alles unrecht trage.
lioDKNSTKDT Sliakesp. sonnette, volksatisg. no. 39.
in erregung, angst :
0! der ungeduldgc geist
wird auf der folter der crwariung liegen,
und dieses raumes ungeheure länge
mit angst ausmessen und mit herzensschlägen.
Schiller C68 (Uemetr. 1);
für regung des herzens, antrieb:
denn 0! was half der väter sage
beim Ariost und beim Ovid ?
sie folgten ihrem herzensschlage,
und sangen, trotz dem zwang! ihr lied.
GÖKINGK 1, 194.
vergl. herzschlag.
HERZENSSCHMERZ, m. cordolium. Stieleb 1864.
HERZENS-, HERZENSCHREIN, m. und n. l) herz unter dem
bilde eines Schreins : secht, solch fürtugenden lieszen sich inn
disem des Socrates unachtsamen , und nicht auf aronisch
verprustlatztem herzenschrein finden. Gary. 20'; die alte dame
fand auch eine kleine dosis guten willens in ihrem herzens-
schrein , sich ihrer nichte anzunehmen. Siegfr. v. Lindenberg
2,33.
2) Schrein der die herzen birgt, zußucht der herzen: sonder
ir rö. {römische) Leviten hebt dise rö. arch hoch auf, traget
disz herzensscbrein und bundslade hoch empor. Fischabt
bienk. 135*.
HERZENSSCHRIFT, f.: es ist durchaus keine scbmälerung
der autorität dieser {der heiligen) schrift in buchstaben, dasz
sie zuerst die herzensschrift in den aposteln und den apo-
stolischen miinnern war. Kritzler humanüät und christenth.
2, 194.
HERZENSSCHULD, f.:
den henker scheut fast jederman, fast niemand das gewissen,
da jener doch nur augenschuld, disz herzensschuld musz büszen.
LooAU 1, 214, 93.
HERZENSSCHWÄCHE, f.:
es gehn der sanften braut verrauchte herzensschwächen
dem klugen bräutigam nichts an. Götter 3, 303.
HERZENSSCHWELLER, m. .
steht irgendwo verpicht im keller
ein ehrenwein, ein herzensschweller. Voss 4, 246.
HERZENSSCHWESTER, f. herzlich gdicbtc Schwester, in kosen-
der anrede. Weise polit. rcdner (1684) 319. vgl. herzensbruder.
HERZENSSEUFZER, m. plandus et suspiria cordis. Stieles
2013. Klinger 10, 93.
HERZENSSOHN, »1. herzlich geliebter söhn. dim. herzens-
söhnchen:
schlaf herzenssöhnchen! mein Hebung bist du!
vergl. herzenstochter.
HERZENSSONNE, f. kosende anrede an die geliebte, und, wie
in dem folgenden beispiele, auch an den geliebten :
bist mir Willkomm, 0 meine wonn !
mein morgenstern und herzenssonn.
GöRiNC liebesmeyenblühmlein (1654) s. 81.
HERZENSSTÄRKER, ni. der das herz (I, 3 sp. 1211) stärkt,
volksmäszigc bezeichnung des branltteins: wenn es auch nur
manchmal ein pfund kaflee oder ein Häschchen herzensslürkcr
ist. Töpfer ius/.«piWe 5 (l843) s. 128.
HERZENSSTICH, HERZENSTICH, m.: herzenstich, dolor
acutus quem cor scnltl , vcrba quae aninium fodicanl. Frisch
1,447': vermerken dasz eins dem andern die empfindlichsten
herzensstiche mit Worten und gebärden versetzte. Felsenb.
2, 361. vergl. herz sp. 1209.
HERZENSSTIMME, f.: das chrbitige stilsweigeo, mit wel-
chem di beiden ihren gottern durch innerliche herzens-
stimme zu huldigen gemcinel. Rutschky kanzl. 42.
HERZENSSTOSZ, m. auimac concussus. Stikler 21SI. der
tod gibt ihn, wie sonst die kranklieit {vergl. das herz abstoszen
sp. mo): nun kam der letzte herzcnsstosz; der ganze körpcr
zog .sich; er sticsz einen schrei aus; nun war or verschie-
den. Slillings jagend (1777) .>!. 160; im sjncl der frau Jullrn rr-
theilt der tod ihr drei schlage:
nim hin den »chlag b«l dai ohr lu hand!
so wird dir wol bekand,
wnrumb Irh bin geschickt lu dir . . .
darnach linh ilir den hortenitoiz I
XU wdrdPAt du di^s todflt genonz . . .
nu srliLig ich dich nHf iIrIiiimi kragen
und gnbn dir den leinen Hrlilug
und achlaf bis an den jitiig^ucn tag! fasln, np. 936,27.
1 24 1 HERZENSSTRAFE — HERZENSVETTER
HERZENSVOLL — HERZENS^\^JNSCH 1242
in andern quellen nur noch ah bild ßr sclttceres leid oder be-
drängnis: dem der sich mit den wellen hernmarbeitet , ists
wohl der schlimmste herzensstosz, wenn der willige am ufer
nicht kräfte genug hat, alle zu reden, die der slurm gegen
seine küste treibt. Güthe bei Scholl 166 ;
ein junger stirbt mit lust,
weisz nicht, was seelenangst und herzensstösze heiszen.
Fleming 39, 11 Lappenb.;
da du dich sprachst der ehre los,
gabst mir den schwersten herzensstosz. Göthk 12, 19S.
rcrol. unten herzsfosz.
HERZENSSTRAFE, f.:
so schliesz aus meiner ruh, wie vielen herzensstrafen
der Schlaukopf (Amor) sich entzieht. TücxaEL 5, 2S4.
HERZENSTAND, m. land der dem herzen theuer ist oder war:
halb zerrissene billette,
längst vergeszner herzenstand. II. IIei<(e IS, 145.
HERZENSTHOR, n.:
steiget auf, ihr alten träume!
öffne dich, du berzensthor! H. Heise 1, 18.
HERZENSTHRÄNE, f.:
sah ich dich nicht mit heiszen herzensthränen
als knabe schon nach mir dich eifrig sehnen? Göthb 1,4;
von wölken streifenhaft befangen
versank zu nacht des himmels reinstes blau;
vecmagert LIeicb sind meine wangen
und meine herzensthränen grau. 5, 1S4.
HERZENSTIEFE, f. : in die herzenstiefe einer prinzessin
blicken Tbümmel 3, 508.
HERZENSTOCHTER, f. herzlich geliebte lochler. ditn. herzens-
lüchtercben: anhören! dich? liebs herzenslöchtercben ! ich
hoff, ich will 'ch (dich) hören, so lang als 'ch (ich) lebe. Bodi
Thomas Jones C, 27.
HERZENSTRAÜER, f.: uns alle in tiefer herzenstrauer
fand. GöTHE 31,196.
HERZENSTRAULICHKEIT, f.: entschJossen alles zu ver-
lassen, um in süszer herzenstraulichkeit mit einander zu
leben. Stoiberg 3, 158 ;
so schwindet freundlich uns die zeit
in süszer herzenstraulichkeit. 1, 349.
HERZENSTRAUT, HERZENTRAÜT, adj. herzgeUebt; in sub-
stantiver Verwendung als anrede:
mein herzentrawt, als was ir yolt.
H. Sachs 3, 2, 143".
HERZENS-, HERZENTREÜ, adj. und adv. von herzen treu:
selig ist ein solch land und statt
die solch treue oberkeit hat,
darausz ir alles guts erwachsz
ganz herzentrew, so spricht Hans Sachs.
IL Sachs 4, 2, 88*.
HERZENSTREUE, f.:
ich von namen wol bekanter, gar nicht fremder von gemüte,
trete bei mit meinen freuden deinen freuden, nicht ausz bitte,
sondern, freund, ausz herzenstreuen. Logad 3,83,48.
HERZENSTRIEB, m. antrieb des herzens, geßhls.
HERZENSTROST, HERZENTROST, m. l) animae solalium.
Stieler 2443;
das kan Lyäus tun, der starke, der bezwinger,
der luslfreund, herzenstrost, geistneger, sinneiidringer.
FiKBisc 148, 18 Lappenherg.
2) menlha sylvestris, wilde münze. Nemnich 3, 554. spielend
mit dieser und der vorigen bedeutung:
das blümli das ich meine,
das ist rosinenrot,
ist herzentrosi genennet,
auf breider heid es stat. ümiHD voUul. 109;
in kosender anrede:
seit gotiwillkumb, mein tausend freüd,
mein liebstöckel und mein bolterdrüssel,
mein herzentrost und roscnpüschel,
mein tausentschön, mein augenlusi!
Atrer 381* (1912, 35 Keller).
HERZENSTÜCKE, f.: bis zu der iezten todesstunde, da
alle herzenstücken offenbahr werden. Bütschsy Palmas 129
HERZENSVATER, HERZENVATER, m. heriüch geliebter valer,
in kosender anrede, herzenvater Scriver seetefwcA. 2, 284. x. herz-
vater.
HERZENSVERDRÜSZ, m.: sie läszt sich doch von mei-
nem herzensverdrusz nichts merken? Gotter tcAatuprVk (1795)
j. 228.
HERZENSVETTER, m. Iterzlich »cliehter vrUer. Gott er 3 478.
HERZENSVOLL, HERZENVOLL, adj. voll gefühl, vergl. vol-
les herz sp. 1213:
sie aber lächelt höhnisch, flieht,
und spottet meiner zähren;
und will das berzensvolle lied
von ihrem reiz nicht hören. J. M. Miller ged. 16
{des Jünglings,) der in herzensvoller spräche
liebe gesteht und um liehe schmachtet. 88.
auch aus vollem herzen kommend, herzlich:
aus deutscher herzensvoller lache. Klopstock 12, 186.
bezüglich des gesichls, das volle herz widerspiegelnd:
dein heller blick,
dein froh und herzenvoll gesiebt ist
freunden der tugend, und deinen freunden
nur liebenswürdig. 1, 9.
HERZENSWACKER, adj. wacker von herzen, mit wackerer
gesinnung versehen : du bist ein herzenswackerer alter. Schrü-
nER dram. werke 1, 244.
HERZENSWEH, adj.:
das herzenswebe seufzen
macht mich so lasz und matt, dasz ich auch kaum kan geufzen.
FLEai:<G 4, 17 lAippenberg.
HERZENSWEHE, HERZENWEHE, n. körperlich und seelisch
verstanden: (mein aller bringt mir knechte, d.h. gebrechen,) und
so die knecht klingsor, kopfwe, hendwe, herzenwe etc. wie
si genant, an irer arbeit seind. Hass v. Leonrodt liymelwag,
Augspurg 1517, Piij; gesegneten einander mit heulen und
weinen , auch bitterlichem herzenweh , dasz sie im leben
muszten gescheiden sein. 6. d. liebe 216'; es ist besser ster-
ben, als bei herzenwehe leben, pers. baumgart. 7,22;
jetzt in der kammer zagt die braut
und zuckt vor herzenswehen. BCrger 52';
untröstbar reist ich ab, mit meinen herzenswehen,
doch wohlgetröstet kam ich an. 106";
Petrarcas liebe, die unendlich höbe,
war leider unbelohnt und gar zu traurig,
ein herzensweh, ein ewiger charfreitag. Göthe 2, 18.
HERZENSWEIDE, f.:
süszer anblick! seelenfreude!
augenweid und berzensweide ! Göthk 11, 136.
HERZENS-, HERZENWENDERIN, f. bezüglich der gOtlin der
liebe :
wann Venus selber kömmt,
die herzenwenderin. Opitz 1,90;
0 grosze herzenswenderin ! Lohenstb» Arm. 2, 1417*.
HERZENSWILLE, m. animi voluntas, desiderium cordis. Stie-
ler 2537.
HERZENSWILLIG, adj. cordiaüs, sinurus, serio promlus
Stieler 2538:
mein ganzes paradies steht ofTen.
die offnen arme, sonder iwang,
was lassen sie wohl anders hoffen,
als herzenswilligen empfang? Borger 26'.
HERZENS-, HERZENWIND, m. für den seufzer. Spkk Irulx-
nachtigall 176.
HERZENSWONNE, f. :
wolan ! so bitt ich gott, dasz er an vatters statt
euch sammtlich schützen woll , und dir ein langes leben
auf kindes kind hinausz mit härzenswonne geben.
Roipler 139;
was andern herzenswonn, ist mir nur herzensleid.
LoGAU 2, 135, 84.
HERZENSWÜNDE, f. : aber an dem beispiele dieses müd-
chens mögen die frauen lernen, dasz ein redliches gemüth,
hätte sich auch der geist durch eitelkeit oder wirklichen
Wahnsinn verirrt, die herzenswunden nicht unterhält, die es
nicht heilen will. Götbk 21,88;
der augenblick heilt jede berzenswunde.
Schiller Turandot 5, 2 ;
in stiller, wehmuthweicher abendsiunJc
umklingen mich die längst verscholinen lieder,
und ihränen nieszen von der wange nieder,
und blut entquillt der alten berzenswunde. H. IIeihi 15,81;
Marie, dir bring ich ein wachsherz,
heil du meine nerzeoswund. 197.
HERZENSWUNSCH, m. ; ihren herzenswunsch erhalten.
Chr. Weise kl. leute 143;
doch steht dein bechcr beständig
angefüllt, wie der meine, nach herzsnswunscbe zu trinken.
Ilias 4,263;
wenn er glühwein trinkt und punsch
oder grog nach herzenswunsch. H. Hirai 18, 324.
1243
HERZENSZERKNIRSCHUNG
HERZFREUNDLICII
1-244
HERZENSZEHKNIRSCHUNG, f.: wer von den ersteren
quälen und plngen {unter einem despotischen tieiben) eine be-
schreibung machen wollte, der müszte von ganz unfaszlichen
leiden reden , von nahmenlosen wunden der seele, geisles-
zermalmungen, herzenszerknirschungen. Kuncer 11,80.
HERZENSZUG, «i. zng, trieb des herzens.
HERZENSZUSTAND, m. zustand, beschaffcnheU des heize'ts,
ü/s sitz des gefühk. bezüglich eines verliebten MCller Siegfr. v.
Undcnb. (178-4) 1,329.
HERZENSZÜVERSICHT, f.: der glaube, den die römische
kirche allenthalben vurausselzt, ist ein bloszes fürwahrhallen
des Verstandes und keine herzenszuversicht. Grali. die unter-
scheidungslehren s. 3i.
HERZENS-, HERZENZWANG, m.:
0 grosze majestät, o süszer herzenzwang.
Weckheblin 6C7;
die ruh so (Irr nicht scheuet,
den wankeUnuih nicht reuet
und herzcnszwang darzu. Okitz 2, 78.
HERZENSZWINGEND, part.:
wenn nun der theure Sillm, der würdge hürgermeislor,
durch berzenszwingende beredsnmkeit
des groszen Carls mit recht erzürnte geistcr
besänrtigt und gestillt. Drockes 1, 456;
es sieht ungeschickt für herzenzwingend.
HERZENTWEIHEND, part. :
was für herzentweihende gebilde
stellen sich mir allenthalben dar! liikcER 99'.
HERZENTZÜNDET, part.;
mit lierzentzündeten geberden. Weckheblin 584.
HERZENVEREIN, m.:
als mutter der holdaul1>lühenden kinder, als gatlin
und abs Freundin zugleich, |im seligen herzenvereine.
Pjrker Tunis. 8, 227.
HERZENZÄHMERIN, f. :
nun schläTt, bei andern musensöhnen,
die sanTte herzenzabmerinn {eine Schauspielerin).
GoiTER ged. \, 122 (82).
HERZENZÜMPLEI.N, u. kosc^vort für einen klänen menschen
(zümpicin = penis): wir werden wo! heut schön sein, also
schön hat uns disz lustig herzenzümpclin auszgezwagen.
Garg. 135'.
HERZER, m. : denn Habacuc heist auf deudsch ein her-
zer, oder der sich mit eim andern herzet, und in die arm
nimpt. Luther 3,226'; s. die volle stelle unter herzen sp. 1231.
HERZERBSE, f cardiospermum. Nemnich 2, 809.
HERZERDRÜCKEND, pari.: es war ein herzerdrückender
anblick , der unschuldige wurm mit feinen zügen und be-
wegungen in lumpen und mit roth cingcrunzeltcn äugen :
J. Paul uns. löge l. 76.
HERZERFREUEND, partr:
wie an den wellen des
herzerfreuenden Rheins schwellen die reben hier.
Stolberg l, 323;
nachdem er gesprengt des herzerfreuenden weines.
Odyssee 18, 151.
HERZERFHEULICH, adj.: herzerfreulich ist meines vil-
gcehrten herrn wohlfährigkeit mir zu vernehmen gewesen.
UüTscuKY kanzl. 2; förwündschung herzerfreulichen wolslan-
des. 21 ; vorwündschung alles herzerfreulichen Wohlergehens.
77 : schall der nacht {ein lied). wird gesungen herzecfreulich
sein. GöTHE 33, 192.
HERZERFREUT, part.: in herzerfreuter anverwündschung
glucklicher jiihrcszeilcn. Butschky kanzl. 631.
HERZERFRISCHEND, part.: welcher dapferer soldul wolt
ohne der {lies uie) süsze herzerfrischende ehr vor land und
leut wider den feindt streiten? Lebmann 178.
HERZEHGIESZUNG, f.: in dem wolkenbVuch von herz-
ergicszung. J. Pa«l uns. löge 2,106; es war also thörichl,
dasz er eine durch so viele kleine gallcrgieszungen erbitterte
freundin durch eine grosze berzcrgicszung wieder zu gewin-
nen iioffle. J. Paul Siebenkdt 3, 88. — s. herzcnsergieszung.
HERZERGREIFEND, pari. : ah ich aus Falkenau zu fusz
mit freunden herausging, fand ich ihn auf meinen pfaden
in seinem «esselHägcIchen zusammengekrümmt, ein herz-
ergreifender anblick; denn gekauzt wie er war, hätte man
ihn mit cineui mliszigcn cubus bedecken können. Götuk
4'., 'in.
HERZERHEREND, pari.: «u wai liubes, bcrzerbebendes,
wie wehn im bäum de« lehrns. Fk. MDllbr 3, 347 ; in diesen
mehr drückenden als herzerhebenden augenblickcn. Göthe
26,287; {ein lied) recht groszmülhig, Lerzerhebend , wenn
man in den sinn eindringt. 33, 188
HERZERHEITERND, pari.:
— die sSule des ranchs, der dort mich zu freuden des lebens
ladet im kreise der lieben, beim herzerheiternden Testmahl.
PifRKER Tunis. 7, 576.
HERZERHOBEN, part.: dann isls vorbei, bis wir wiedei
im winter den anfang eines mährchens herzerhoben hören*
'es war eben in der schönen blütezeil'. J. Paul Tit. 3, 20.
HERZERQUICKEND, pari.: herzerquickender freund, pers
baumg. 4, 2 ; die herzerquickende sonne. Fr. MtiLLER 1, 10.
HERZERQUICKUNG, /". instauratio animi. Stieler 1492.
HERZERSCHÜTTERND, pari.: welch ein abenteuer! ..
und doch so herzerschütternd in seinem ende! ThCmmel
3,331.
HERZERWEITERUNG, /■. erweiterung des herzens, eine kranklteit
HERZET, adj. carus, dilectus, wol aus herzecht verkürzt und
in seiner bedeutung dem herzig {s. unten) am nächsten verwandt'
ach herzeter Junker und schätz! Phil. Lugd. 3,223;
ach berzter herr vater! Fleking 567, 8 Lappenb.;
0 herztor Student frumb !
J. Atrer fasln, sp. UV (3069, 35 Keller)
HERZFÄNGER, m. der herzen zu fangen, sich liebe zu er-
werben weisz. so redet Tsciierning in deutscher gedichle frühling
s. 363 den ausbund eines lustigen und possierlichen hund
leins an.
HERZFARBE, /". färbe die das herz hat; im kartenspiele das
roth {vergl. herz II, 5, sp. 1223).
HERZFEIBEL, m. name einer kranklieil; bei fluch und Ver-
wünschung (s. feibel th. 3, 1432. 1433) : dasz dich der herzfeibel
anstosze! Melander 2, no. 367.
HERZFELL, n. pericardium. Frisch 1, 447'.
HERZFENSTER, m. : demüthige geberden sind lauter herz-
fenster. V. Herbehger ev. herzpost. 644. — s. herzensfenster.
HERZFIEBER, n. febris cardiaca. Frisch 1,447*. vgl. herzeos-
fieber.
HERZFINGER, m. goldfinger, vierter finger. Henisch 1102,27:
folget der vierte, der gold- und herzfinger, also genannt, weil
man etwa die güldene ringe daran getragen, dasz sie das
herz stärken sollen. Otho 803; der herzfinger heiszet auch
medicus, weil man vor zeiten die arzneien damit umgerühret,
dasz, wo was giftiges darinnen, das herz solches bald da-
durch empfinden sollte, das.; am arztfinger oder herzfinger.
Garg. 120*.
HERZFLEISCH, n. ; die fettmetamorphose des herzfleisches
in beziehung zu deren ursächlichen krankbeiten. von E. Wag
NER. Leipzig 1864.
HERZFORM, f. form eines herzens. Melissus psalm. Ps';
ein gesteht, gesund und rosig,
wie gemalt vom meister Grcuze,
mund in berzform, stets geölTnet,
und entzückend weisze zütine. H. Heine 17, 72.
bei den bUiarbeüern ist die herzforra an gefas: von gegossenem
eisen, zum gieszen der herzen (sp. 1223). Jacobsson 6,71*.
HERZFÖRMIG, adj. cordatus, cordiformis. Nkknich 2,1218;
herzförmiges blatt, an p/lanzenblatt das fast eiförmig ist und
an der basis eine bucht ohne hinlere eelten hat. Jacodsson 0, 71*.
vergl. herzeufürmig.
HERZFRESSEND, part. animum exedens. HixDGiuch 1269;
in bezug auf gram, Kummer, liebe {vergl. herz I, 1, c und e,
sp. 1208. 1211) : ihr seine herzfressende liebespassiones zu
verstehen zu geben. Simpl. 2,305 Kur:; in herzfressender
bekümmcrnis. Chr. Weise kl. leule 142; der graf balle von
herzfressendem gram .. gehört. Arnim 1,215.
HERZFREIDE, /. 1) herzliche, innige freude. vergl. bcrzens-
frcude. 2) pßanzenname, borago officinalis, borrelsch; bei Alik-
rus EE I* name des ualdmcisters.
HERZFREUND, »n. freund des herzens, innig gekebter freund
{vergl. heizeiisfreund): wir di wir herzfreundc. Butschky kamt.
212. In bezug auf eine frau: es geh im {dem manne) wol
oder übel, so luil er einen gesellen und henfrennd an ihr
(;ifiwrf;i frommen weibr), die »ich bcid seins glucks und iiii-
glilck« aiinimpt. E. Airerus ehebüchlein D 2'.
HERZFRKUNDLICH, a</;./ mit enlbielung eines berztreund
liehen grustzes übersendet. Neumark lustwaldchen 68 ;
hrriTrcund i> li wiiit die fraw Ihm nntwort drauf tu Kebeii.
und tagte, ilatx tvin neib irewlii noch wer ira leben.
D. V. D. Wbidbk Arnut 17, 33, 5.
1245 HERZFRÖHLIOH — HERZGESCHREI
HERZGESELLE — HERZGESPRÄCH 1246
HERZFRÖHLICH, adj.: und warten auf den heizfröhlicben
tilg, da Christus sich zeigen wird. Melcuichlhons proph. Daniel,
ausg€le!)t, deiUscIi ton J. Jonas ( WtiUiib. 1546) 192.
HERZFROMM, adj.:
versamlet mir . . . uieiae härzrrommen. Meltssus ps. Xb^
HERZFRÜMMlGKElTi f. :
in Judäa, dem belügen land,
war einst ein schuster, wohl bekannt
wegen seiner herzfrömmigkeit. Goihe 6b, 20.
HERZFÜLLE, f. fülle des gefühls: als ihn die niulter mit
ihrer stummen herzfülle erreichte. J. P.^ll Hesp. l, liO.
HERZGEBET, n. aus dem herzen kommendes gebd: der pfar-
rer schickte herzgebete ab. J. Fall Hesp. 3,162;
bekennet ihr nicht frei,
daäz euer herzgebet nach wünsch erhöret sei?
Gb£fli>ger Cid A-l';
aller menscbenherzen herr und köuig (liebesgoli),
höre nur mein berzgebet an dich !
Karscbin in Yitss museitalm. 1798 s. !)b.
HERZGEBEINT, pari, vitt knochcii um das lierz , d.h. die
brüst {sp. t21tl versehen: wol , breit herzgebeint, firmo, lalo
pectore. Hesisch 2«!.
HERZGEBLÜT, n. .• dem mit chjlo oder speisesäft ver-
mischten geblült, welches vordehm di medici sanguinem ar-
teriosum, das herzgeblütt genennet haben. Bltschkt PaOn. 428.
HERZGEBOPPELT, adj. ico/ur einem das her: schlägt, kose-
u-ort in der Wetterau, wie herzlieb. Keürei!« 195. vergl. bobern,
bobbern th. 2, 199, und, der bildung nach, herzgekrabbelt unien.
HERZGEDANKE, m.:
das aug der weh, das durch die lüfte gleist,
und auf deu tiefsten grund der berzgedanken schauet.
HoFFiASNswAXDAU Rosimunda s. 106;
je nachdem das herz der menschen,
sind auch ihre berzgedanken. Platen 156.
HERZGEFAJIR, f. gefahr für das herz:
Amor flattert mit, doch keine
traut der nahen herzgefahr. Bürger 125'.
HERZGEFA.NGE.NER, m. lieber gefangener, m der anrede:
guten tag, guten tag, herzgefanguer mein!
ViLMAR hiinäbucht. d. volksl. s. 131,9.
HERZGEFLHL, n. .
berzgefüble sanft geweckt,
wogend auf und nieder.
lieder u. Sprüche aus d. nacht, v. Fr. Rgckebt:
'das fiesungene tied'.
HERZGEIST, m. ; wann auch desz hirns lebliche kieff, so
Spiritus animales geheiszen, im nidersteigen bisz schier zum
herzen und der leber kamen, verzogen sich die, und ver-
mischten sich nicht mit den herzgeistern und der leber
kreften. L. Thcrneiszee von probierung d. harnen (1576) 82.
HERZGEKRABBELT, wofür einem das herz krabbelt (s. krab-
beln 'i,d, th. 5,1913). ein liebkosendes adjectii\ elsässisch. Ab.^old
pfingitmonlag 124. — s. unten herzkäfer 2.
HERZGELIEBT, part. von herzen geliebt: herzgeliebter herr
vaterl Bctschky kanzl. 26; e. Iden {liebden) und dero herz-
geliebte gemahlin. 535;
herzgeliebter vatter mein. B. Ri^gwaid Ir. Eck. B4';
und ibr, was macht ibr denn, ihr herzgeliebten erben,
die ich mit solcher müh an dieses Hecht gebracht?
Fleming 108, 225 Lappenb, ;
und schaut umher
nach seiner herzgeiiebien nonne.
Wiblasd 9, 244 (213).
in subslantiver Verwendung :
weih nicbt mein herzgeliebter hier
in klostereinsamkeit? Bijrcer 46';
lieber fübrer, nicht zu diesem thor hinaus,
wenn ich noch soll wandern;
meiner herzgeliebten haus
lieget an dem andern. Rcckert 362;
kraft des talismans, den weiland
ihr der herzgeliebie schenkte. II. Heise 17, 94*.
HERZGE.MEliN, adj.: wehe dem jüngling, der mit einer
■lirne handgemein wird, wenn er nicht berzgemein mit ihr
in werden in den umstanden ist. Hippel lebensl. l, 211.
HERZGENEIGT, adj.: in dessen {goUes) allein sicheren
genaden schuz wir e. Iden herzgeneigt empfehlen. Bltscbky
kanzl. 535.
HERZGESCHREI, n. .
als wir drauf zum hochaltare gingen,
o wie schlug das volle herz in mir;
ileloisens aug und seele hingen
nicht am kreuze, hingen nur au dir.
liebe, statt der gnade, deine liebe
war das herzgeschrei der schwärmerinn. Bürger 97'.
UERZGESELLE, m. : mein herzgesell, noch me! Schade
sal.u.paiqu. 2,131,2; lieber herzgesell! 133,37. — vergl. oben
heil I, 4. /, sp. 1216.
HERZGESPAN, m. herzlich geliebter genösse:
weil ich fortan soll wohnen
bei dir, mein herzgespan.
UoFFKAüN gesetlschaftslieder des 16.
tt. 17. juhih. $. 9.
HERZGESPANN, n. l) eine krankliext oder zufall bei menschen
und titicren, die man sich als eine spannuug der das herz um-
gebenden haut dadite : herzgespann . . bei den menschen, aller-
meist aber bei kleinen kindern , bestehet dieses in einer
aufschwellung des leibes, unter den kurzen ribben, welches
eine schwere und ängstliche athem-hoiung verursachet, so
da herrühret von kalter luft, scharfen blebungen in magen
und dergleichen dingen mehr, die den motum diaphragmatis
verhindern, üeon. lex. (1731) 1006; von dem herzgespan und
andern gebrechen des herzens. das loss, welches mit dem
herzgespan beladen , wirdt madt und kraftlos , überkom-
met schmale eingefallene leuden und schlegbeuchet daneben.
Zeciiendorfer (1571) 1,67; dr. Martinus Luther sagte viel von
Zauberei, vom herzgespann. Lctheb tisclir. 2IS'; wer daraus
trinkt bekömmt das herzgespann. Chr. Weise er;«. 257; und
dieses ist die Ursache ihrer krankheit . . nemlich das herz-
gespajin. Salinde 139 ; sie verstummte, und nach einer Viertel-
stunde allererst, nachdem das herzgespann nachgelassen,
sang sie. Hippel lebensl. l, 28 ; die gräfin begehrte noch ein
andenken für ihr tüchterlein, eine reliquie, ein agnus dei,
ein amulet oder einen segen fürs fräsch (Verzückung, vergl.
freis th. 4*, 5p. 119) und herzgespann. Mcsäus volksmdhrch.,
RicMde s. 72 ;
alsbald sie kam und sab mich an.
empfanden wir das herzgespan. Weckuerlin 820;
mein liebes weib liegt nun im grabe,
und zwar durch einen harten fall,
als sie durchkroch den gänseslall,
um vor das herzgespann ein sonuta^sei zu trinken.
GÖNTHER 996;
und könnt auch sie sich dann und wann
schwermütbger seufzer nicht erwehren,
ertrug sie doch ihr herzgespann
so brav, als nur ein mädchen kann,
den theuern märtTrern zu ehren.
TucxiEL d. Iieil. Kilian 8,
vergl. herzspann.
2) eine pflanze die als heilmütel gegen das herzgespann galt,
leonurus cardiaca, herzkraut, wolfstrapp, wild muilerkraut. Nem-
sicn 3,368: cardiaca herzgespann Dief. loo'; herzgespann
oder cardiaca. Hohberg 1,534*. 543';
himmeisschlüssel, herzgespan . . .
ehrenpreis und enzian. Chi. Weise curiöse gedankcn
V. deutschen rersen 49.
HERZGESPERR, n. derselben bedeutung wie herzgespann.
1) als krankheil oder zufall: aber es hattet sie, wie rauter-
kraut fürs herzgesperr. Fischart bienk. 244'; etliche kinder
so mit dem etickhum (schwindsucht) oder herzgesper belestigt.
L. Thürneiszer beschreibung inftuenlischer teirkungett aller erd-
geicäclise (1578) 29; Stupor, eticum und herzgesper, herz-
zittern, erklär;], der archidoxen (1575) 87; es dienet auch diese
arzenei vor das hercheln und rosseilen der jungen kinder,
das man das herzgesperr nennet. Tabersaem. 163 ; das herz-
gesperr (ds krankhat der pferde). Hohberg 2,206'; herz-
g e s p a r r cardiaca Hederich 1270.
2) als ntwne von leonurus cardiaca: herzgesperr, herzkraut,
marrubium nigrum. Alberls E£3'; herzgespann, cardiaca,
auch herzgesperr, französisch agripaume. Hohberg 1,543';
herzgspeer, ein kraut, cardiaca. Maaleb 220\
HERZGESPIELE, m. : vernehmet lieber berzgespiel, dasz
dieses hühnlein , das eure ruhe störet , jeden morgen ein
goldnes ei legt. McsÄus volksm. 569;
o wort, wie du bewährt dich hast:
wer wenig sucht, der findet viel.
ich wollte sein ihr wintergast.
uni^vard ihr berzgespiel. RScitn ges. ged. 2,242.
HERZGESPOTT, n.: sie heiszens auch ausr Verachtung
pfaffen, es ist auch eitel auszgenötigle hcuchlerei, was sie
inen thun oder ehr entbieten, ein herzgespött, wann sie
gleich gnad herr sagen. S. Fräs« weüb. 44*.
HERZGESPRÄCH, «. ;
ach, wer vermöchte, da du erscheinst,
mit schweigen das trauliche berxgespräch
■ zu wechselu. Stolberg ii, 77.
1247
HERZGETREU — HERZHAFT
HEUZHAFT — IIERZIIOCII
1248
HEHZGETHEU, adj.: in der beizgetreuen obhutf gotics.
llUTSCiiKY kanzl. 599 ;
liör auch mein lierzgetrewen rat. H. Sachs 3,2,39*.
HERZGEWÄCHS, «. polypus, eine ßeisdiigte materie im herzen
statt des bluls. Frisch 1, 44"'.
HEHZGEWIiNNEND , farl. : die wirklich herzgewinnende
erscheiniing der Clara Wieck hatte das publikum in hohem
grade eingenommen, niedeirlicinitchc viusikzeitung ISdG, .<;. 346;
herzgewinnende freundlichkeit, herzgewinnendes benehmen.
HERZGEWÜNSCHT, part. :
ich spühr und merk auT allen wegen
den herzgewünschten himmelssegen.
Nelmahx luflwäldchen 50.
HERZGOLDEN, HERZGÜLDEN, adj. dem herzen ilbcraus
theuer und wert : o mein hcrzgoldencs kind ! Simrock d. dcul-
sclicn Volksbücher 12, 75 (Hirlanda, an älterer druck dieses vulks-
buches aus d. vor. jahrh. hat herzgüidenes); bist du das herz-
goldene kind. das. {der ältere druck herzgüldene);
ach du mein lieb herzgüldnes herzenskind! Tibck 2,248.
in der Wetlerau auch in adverbialem gebrauche:
ich sein {bin) dir herzegülden gut,
nicht wahr, du mir auch?
Volkslied gegen den Vogelsberg hin.
HERZGRAS, n. cerastium arvense, ackerhornkraul. Nemnich
2, 946.
HERZGRUBE, f. die äuszere höhlung, welche sich in der mille
der brusl unter (lein bruslbein befindet: ach hätt ich an der
herzgrube ein kappfenstergen , so würden sie (die Jungfern)
wol sehen dasz kein mensch unter der sonne von besserer
inclination ist. Chr. Weise überß. ged. (1701) 383; er hatte
weidlich drauf los geblasen , aber fast ehe die schwarzen
iiare sich aus der herzgrube geblasen , als das licht ver-
löschet, rockenfhilos. 4, 322. gewöhnlich auch als dim. herz-
grübchen, berzgrühlein : herzgrübchen, anticardium, scrobiculus
cordis. Nemnich 1, 344 ; das herzgrüblin praecordium Golius
cap. 20, und danach Chviraeus dat lierteküleken ; herzgrüble,
die hole desz herzens , ventriculus cordis, onmacht und wee
im herzgrüblin, cardiactts morbus Maaler 220'; legis warm
über den magen und das herzgiüblcin. Tabernaem. 593.
HERZGRU.ND, «i. grund des herzens, vergl. herzensgrund:
herzgrund quillt in den mund. sein herz ist voller liebe,
darum brauchet er auch liebe wort. Omo 886.
HERZGRÜNDLICH, adj. undadv.: welches alles (d.i. zeit-
liche und ewige seligkeil) herzgründlich in geziemender unter-
lliänigkeit und demuht wünschet. Rist Parn. zuschr. al'';
hLMzgründlich wündschende. Bütscuky kanzl. 161; herzgründ-
lich lieben. Jan Perus 341.
HERZGUT, adj. von herzen gut (mhd. herzeguot, herzenguot):
'weiszt du auch dasz dein hcrr ein preuszischer offizier ist?'
ja ! meinetwegen, er ist ein herzguter herr. a. in. im Tockenb.
95; der mann kann herzgut sein und verdient nicht, dasz
wir ihn hassen. MusÄus kinderkl. 39 ; weiszt du, der dcchant
hat mir einen recht herzguten brief geschrieben. Gütbe in
Mcrcks briefs. 1, 55. — vgl. herzensgut.
HERZHAFT, adj. u. adv. animosus, forlis, mhd. herzchaft.
1) angelehnt an herz 1,4, .«p. 1211, Zuneigung, lust habend;
m der form herzenhaft:
wenn es aber geht einem wüI,
und sein herz ist der frcüden vol,
da ist ein mann gar herzenhaCt,
als dann zu gehn auf die bulschan.
J. Atrer 381' (1913, 19 Kelter).
2) angelehnt an herz 1,6, sp. 1218, mul habend, in gleicher
iediulunij wie hchcnl {Ih. 1,1340); als sein gegensalz wird feige
oder >eizigt hingestellt: herr don Sylvio, sagte er, im Unglück
inusz man haben inulh .. herzhaft, gnädiger herr! ein feiges
herz freit keine schöne frau. Wieland 12,20; es steht in be-
zug auf menschen, die gegen feindliches und widriges andringen,
und Uire enlschlüsse und tliaten : herzhaft, animosus, masctäus,
hcrzhüfl oder geherzet machen, annnare Dasyp. ; denn ich
ihn kenn, und wcisz, dasz er ein ganz herzhafter liltcr ist.
Amadu 288; sie auch dcrmaszen von des rilfers red »o herz-
haft wurden. 6'a/my 131; (ach) gegen den feind.. unerschrocken
und bentbafl beweisen, KiRcnnor mtl. disc. 100; in der that
war meine läge fähig den hcrzliarteslen mnth niederzuschla-
gen. WiKLAMb 2, 'S (68); die der neuen religion bisher nur
in ihren heizen gehuldigt hatten, hcrzhnft gciiiaclit durch
diese duldungsactc, scbenklen sich ihr jetzt ölTentlich. Sciiil-
Lta 830; aber sag, Ut da« Dicht ein schlauer und herzbafler
plan? räuber 1,2; und wenn lust und freude sehr geschickt
sind, die liebe zuerst zu erzeugen und im stillen zu nähren ;
so wird sie, die von natur herzhaft ist, durch den schrecken
am leichtesten angetrieben, sich zu entscheiden und zu er-
klären. GöTUB 19,282;
(.arolus sich nit erschrecken iiesz,
mit sein hcrzhaflen knechten. Soltau 370 (r. 1547);
nicht schewen hiz, schweis, grärligkeit,
nocli der wasser ungestümmigkeit,
nicht erschrecken ab wirbeln, wällen,
sonder sich herzhaft gegenstellcn.
l iscHART glückhaft schiff v. 30 ;
denn es war ein Elpciior, der jüngste mir, weder besonders
herzhaft gegen den feind , noch sehr an verstände gesegnet.
Odyss. 10, 553.
3) anknüpfend an die vorige bcdeutung, nur abgeblaszt , im
sinne von entschieden, ordentlich, tüchtig, in bezug auf handlungen
die nicids fändliches in sicli schlicszen ; der gegensatz ist zaghaft :
(konnte) desto herzhafter auf der canzel erscheinen und . .
predigen. Fclsenb. 2,38; es muszte ein hinken verursachen,
dasz er auf den kranken fusz weniger herzhaft auftreten
konnte. Lessing 6, 388; herzhafte küsse. Gukinck 2, 194;
schwör mir herzhaft drauf, dasz du mich künftig lieb haben
willst. Fr. Müller 1, 148 ; sieh nur, er schnarcht so herzhaft.
Arnim schaub. 2,268; schlug ihn damit herzhaft auf die
schultern. Freytag handschr. 1, 123 ;
zwo schwalben sangen um die wette . . .
die lerche kömmt, sie soll den streit entscheiden;
und beide stimmen herzhaft an. Gellert 1, 125.
4) herzhaft, in Mitteldeutschland, namentlich Düringen und
Obersachsen, in bezug auf dinge, die von geöchmack leicht sauer
oder bitter sind: das schmeckt herzhaft, vian glaubt dasz so
schmeckende dinge die lebenskrafl stärken (herz I, 3 sp. 1211).
HERZHAFTIG, adj. und adv., cnceilerte form von herzhaft;
in der bedeutung 2 bezeugt: herzhaftig cardiacus Dief. lOO';
machet herzhaftig seine unterthanen. sAfocc. 1,12; ein herz-
haftiger hauptmann. Bütschky Äanzi. 100; streite mdniich und
herzhaftig. 727 ; im glück demütig, im unglück herzhaftig.
ScHL'prius 140 ; der Soldaten erwiesene herzhaftige tapferkeit.
537 ; das glück will herzhaftig angesprenget und nicht ge-
fürchtet sein, polil. stockf 240; stelleten uns recht herzhaftig
an. Felsenb. l, 220. in etwas anderm sinne, den mul stärkend,
anfeuernd: gebt mir die band keinen als diesen echten herz-
hafligcn trommelschlag zu brauchen. Arnim scliaub. 2, 230.
auch in der bcdeutung 3 : so oft er gefallen, desto herzhaftiger
wider aufgestanden. Butschky kanzl. 665.
HERZHAFTIGKEIT, /". animositas. Dasyp. : herzhaftigkeil . .
ist blosz eine temperamentseigenschaft, muth dagegen beruht
auf grundsätzen und ist lugend. Kant 10,283; die welche
die herzhaftigkeit haben, die Untersuchung fortzusetzen. 8,223;
diese wilden halten herzhaftigkeit nicht nur für nothwendig,
sondern auch für die höchste empfehlung. Lichtenberg 5
(1803) Ä. 139. nicht nur in bezug auf thaten, sondern auch auf
Worte, wo wir jetzt lieber freimütigkeit anwenden : woraus er-
hellet, dasz Apelles alles frei heraus gesagt, wie ers ver-
standen und niemand geheuchelt: welche aufrichtige herz-
haftigkeit ihm neben seiner groszen Wissenschaft bei jederman
gioszen rühm gemacht hat. Sandrart acarfcmif 1675 2,31; die
Athener fanden eine Schönheit, von der sie ganz bezaubert
wurden, in der groszmuth und herzhaftigkeil, womit ich (wie
sie sagten) mich für einen freund erkUlrle, den alle weit
verlassen und der wuth und Übermacht seiner feinde preis
gegeben hültc. Wikland 2,110(96).
HERZHAFTIGLICH, adv. ammose. Frisch 1,447'.
HERZHÄUSLEIN, n. pericardium: aiiszerhalb ist das ganze
herz mit einem starken und vesicn haullein überzogen und
bekleidet, wird in unserer teulschen sprach das herzhäusz-
lein genennet. Uffendacu neues rossb. {1603) 1,91. von sctnn
unverlctzlheit hängt das leben ab (vergl. oben hcrzbendel), daher
der wünsch beim abschiednehmen:
und der herr gult bchüt auch dich
mein allcriiobste.i nnitlnrlin
tu iniiitriit mal ins hcrzhÜKClin.
ade «de ich far darvon. Habrrkr Abraham 1692 GHV
IIKRZHÄUTLKIN, n, pericardium. Frisch 1,447'.
IIKHZIIKRZMCHEN, adv.:
mir ili'iuht i( h ttihl nilicit Hin wollenweiche hAadchon,
ilio mein in treuer liob hcrzhrrilichen gedrückt.
Nkuiark luilwdtdchrn 2n|.
HKRZIIOCIl, adj., bei mülUsleincn, convex, auch ohne com-
poiUhin unis herz hoch. ScUM. 3, 143.
1249
liERZHOFFÄRTIG — HERZIG
HERZIG — HERZKAMMER
1250
liERZHOFFÄRTIG, adj. : aber das naszweisz, herzhoffarligs,
geistrichs gesindt, thun wie die geltreichen, die wollen vor
reich werden, darnach got dienen. S. Frank sprichw. (1541) 1, Ol'.
HERZHOHL, adj., bei mühlsteinen, concav, auch ohne com-
posilion ums herz hohl. Schm. 2, 243. vergl. oben herz H, 8
sp. 1223.
HERZHOLD, adj.:
so hat mich der fürst herzhold. H.Sachs 5, 27&».
HERZHORN, n. conus marmoreus, eine schneckenart. Nemnico
2, 1188.
HERZIEHEN, verb. inlransüiv und transitiv.
1) intransitiv: also zog Nicanor und sein häuf her mit
drometen und groszem geschrei. 2 il/acc. 15, 25 ; es zieht ein
gewitter her; es zieht so kalt und rauh durchs fenster her.
KuircER thealer 3,284;
frohlockend
zog ich von Epidaurus her. Schiller Semele 1. sc;
Almanzor, der mohrenkönig,
kommt mit groszer heeresmacht
Ton Cordova hergezogen. Uulasd ged. 257.
2) transitiv:
Iros, der arme Iros, wird bald herziehen sein unglück!
Odyss. 18, 73.
im sinne von herleiten, abtäten: deren, die nur ir geschlecht
ausz Armenien und Archadien, von Römern, Kolumnesern
und Ursinern herziehen wollen. Garg. 31'; weil ich derer
•gedanken bin, dasz die meisten zeitworte der Deutschen von
denen nennworten, nämlich das thun vom wesen, sich her-
ziehen. LoGAü 3, 3.
HERZIG, adj.
1) ein herz habend, d.h. hiei- inut habend (herz I, 6 sp. 1218):
hast du dir schon allhie sonst können nichts erwerben,
dein eignes und dich selbst fast drüber eingebüszt,
sei dennoch unbetrübl! lasz alles, wo es ist,
sei herzig, wie du bist, und lasz dich des vergnügen,
dasz unser geister sich so wol zusammenfügen.
Fleming 178, 77 Lappenb.
vgl. auch die composita barm-, feig-, grosz-, gut-, hart-, hasen-,
kalt-, klein-, stein-herzig u. ähnl.
2) von herzen kommend: die Wahrheit zu bekennen, ver-
muth ich, dasz schon mancher herziger Quch das haupt des-
jenigen Schriftstellers getroffen habe, der zuerst die gewohn-
heit einführte, seinen stücken die portion materie voranzu-
schicken, welche man den prolog nennt. Bqde Thom. Jones 6,G.
3) in Oberdeutschland war herzig seil alter zeit als kosende
bezeichnung üblich gewesen, mit der bedeulung zu herzen sprechend,
anmulend: Schweiz, herzig, was man von herzen liebt, der herzige
gott, auch artig, nett, eine herzige blume. Stalder 2, 40 ; herzig,
allerliebst, artig, nett. Tobleb 265'; ebenso schwäb. Schmid 275;
bairisch. Schm. 2, 243 ; in Tirol liebenswerlh mit dem begriff des
kleinen, niedlichen. Fromm. 6, 149; mein herzige jungfraw, sagt
er, indem er sie umbfasset. Amadis 295 ; jetzt war ich dem
leibe nach wieder zu haus, im gdste aber immer mit dem
herzigen schätzchen beschäftigt, a. m. im Tockenb. 280;
du berzigs lieb, mein höchster bort!
UHLA.fD volksl. 281;
herziges herz, schleus auf das herze dein,
schleus mich in deine blanke ärmelein.
.4m6)as. lieäerb. no. 198, s. 248;
mein berzigs lieb, gehabt euch woll !
J. AiRER 327' (1639, 20 Keller),
das beispiel Göthes, der das wart vßer braucht: das herzige
spielwerk ist ein kahn. bei Merck 1,137; es ist ein gar zu
herziges ding um die hoffnung wieder zu sehn, bei Scholl 53;
es war ein berzigs veilchen. werke 1, 180;
ach gou! wie doch mein erster (mann) war,
flnd ich nicht leicht auf dieser weit den andern!
es konnte kaum ein herziger närrchen sein. 12, 155.
veranlaszl seinen einyang in die schripsprache auch bei Schrift-
stellern norddeutscher heimal: (Göthes geschwisler) das herzige
stück, so voll grüsze und einfalt. Knigge reise nacfi Braun-
schweig {t.aufl.) s. 120; dieses herzige kind des augenblicks
(ein aus dem Stegreife gemachtes gedidU). Gotter 3, 335 ;
ein berzigs kind, das auf und nieder
im tanze schwang die zarten glieder. Tieck 4,139;
als ich jung war und waidlicb,
da batt ich ein kind,
unschuldig und maidlicb
und herzig gesinnt. Arndt ijed. (1840) 315.
4) anders herzig von einen* bäume, der viel inneres festes holz
enthält {vergl. herz 11, 3 am ende sp. 1223) : ein herziger bäum.
Weicand wörterb. der deutschen syn. 2, 80.
IV. II.
HERZIG, adj. alte Schreibung für harzig, die umgclautete
nebenfonn von harzig (sp. 522) : chamaepitys ist ein kleines
kreutlin, eines herzigen geruchs. Riff teutsch apothck (1548)
vorrede a 4'.
HERZIGEN, verb. zu herzen gehen {vergl. beherzigen 2, Iheil
l, 1340) : sie (die natur) mag sich keren wa hin sy will, du
bist aber noch nit verformt in den glauben, das ist, die ding
die den glauben antreffent, herzigent dich noch nit, die hell
will dich noch nit erschrecken. Keisersberg Spinnerin (1510)
b3'; wir lesen es in dem capitel und singen das in den siben-
zeiten, aber es herziget uns nit. e 2'. — Im particip geherzigt,
mit einem herzen versehen : niemand! mag verston die geschrift,
es sei dann , das er also geherziget sei , als die gewesen
seind. die diese wort geredt haben, e 2*.
HERZIGLICH, adj. und adv. dem herzen zugehörig, von herzen
lieb (vgl. unten herzlich l): sage mir, herzekiiches liepliches
liep mins. Merswis 2 u. ö.
HERZIGUNG, f. v;as zu hei-zen geht, was man ins herz faszt,
gedanke, neigung, anscidag, plan, leidenschafl ; ein von Keisers-
berg vielgebrauchtes worl: verderbend alle neuen frücht, die
noch im halm steend. das seind alle guten newen anfäng,
anschlug und herzigungen der andren menschen, predigten
(Straszb. 150S) 115" ; dorumb so sprich ich, wenn ein mensch
entpfindet, dj im die wort nilt wellen dienen zu uffrichtigung
seines gemütes, so sol er die wort underwegen loszen, und
sol herzlich betten mit begirden und herzigungen. postill 2, 7* ;
üwer begirden und herzigungen, die selben seind alles welt-
lich. 33'; aber die andern haiden, die man haiszet peripa-
tetici, von wölcher zal Aristotiles was, die sprachen das nit
alle herzigungen bosz seien, allain die unordentlich seind,
wider die Vernunft, wenn sy ir masz nach Vernunft haben,
so seind sy nit büsz. also forchl, wenn ir nit zu vil ist
und gegen ainem rechten gegenwurf, so ist sy nütz, liebe,
die du zu deinen kinden hast, die ist an ir selber nit bosz,
aber die selb lieb soll masz haben, weder zu lützel noch
zu vil. also verstand von allen andern herzigungen, die seind
an inen selber weder bosz noch gut. süien hauplsünden (l510)
Co 8'; herzigungen der sinlicheit. irrig schaf ll'; dise junge
hennlin {die hin und her laufen) sind unser gedenken und
herzigungen. bilg. 9'; die heftigen herzigungen die do kom-
men usz lustlichen dingen, das sie der Vernunft gar ent-
ziehen iren gebruch. 47'; denn glych wie ein mensch zwen
füsz hat, . . . also sint ouch zweierlei begird und anmut in
dem menschen, ein anmut oder herzigung ist die begirlich
kraft. 91".
HERZINBRONSTIG, adj. : eine berzinbrünstige Zuneigung.
Bütschky Palm. 294.
HERZINNIG, adj. und adv.: herzinnig wünschen, danken.
Bütschky kanzl. s. 2. 274 ;
zur eintracht, zu herzinnigem vereine
versammle sie die liebende gemeine.
Schiller gtocke v. 394;
geschah es nur, um ohne sinn zu sein,
und was geschehn, herzinnig zu bereun. Tieck 2, 109;
ja, gutes Schwert, frei bin ich,
und liebe dich herzinnig. Körner 1, 108.
HERZINNIGLICH, adv.: herzinniglich danken. Bltschey
kanzl. 89 ; erfreueten sich dero allerseits hoher wolfalirt und
guter gesundheit herzinniglich, unw. doctoriöZ; sich so herz-
inniglich darüber freuen. Fr. MIIller 2,24; das bauralein
(ein lied) sehnsuchtsvoll , spielend und doch herzinniglich.
GöTHE 33,189;
gott lasz es dem edeln doch wohl ergehn !
das bet ich herzinniglich, amen! BCrger 66';
ach! mein aug erblickt dort einen meiner geliebten,
rund um die mauer gejagt! herzinniglich dauert mich llektor!
236'.
HERZISCH, adj. dem herzen eigen : dann im herzen treibet
ihn (den spiritus vitae) das herz, dasz er herzische stärke 'ge-
braucht. Paracelsus opp. 1, 317 C.
HERZKÄFER, m. l) eine käferart, diaperis. Adelünc.
2) in der Schweiz kosewort, liebling, herzenskind. Stalder 2,40;
Resli war ihr (der mutter) herzkäfer. J. Gotthelf bilder und
sagen i, 44. vergl. oben das elsässische adj. herzgekrabbelt.
HERZKALT, adj.: ich halte mich für kopfleer, für herz-
kalt, für wortarm. BOkgeb an Elise Hahn in Althofs nachrich-
ten 128.
HERZKAMMER, f. I) pl. herzkammern, die beiden höhlen im
menschlichen herzen, ventriculi cordis. Nbm.>iich 4, 1547. in der
79
1251
IIEIlZkElM — llEllZkU ALT
IIEKZKÜNDIGER — HERZLICH
1252
spiadie der jihier ist liei^kuniiiier der orl zwischen den vurder-
läu/teu uuler den bügen der tliiere, wo die rii'pen enyv zuiumiiieu
kommen und wo das yeräusclie, herz, lanije und leber lieycn.
Jacuusson 2, 250 .
2) bildticU: ebüii diose kiiiilliciie uiibiTangeulieit, diu einer
iiiraeii weiblicLuii lierzkaiuuiei' keine dtircliguiiggerechligkeit,
keine bre^^clieii ubluueite , suiidern die eignen entbluszte.
J. Paul llesp. 3, 190. ä. herzenskuninier.
HEHZKEIM, «». corculuin, der anfang der künftigen pflanze im
iniiern des samens. Nemnicii.
UEKZhliNÜ, u. herzlich yeUebles kind. ak kusewort auch auszer-
haib eines eUerUclien veiltäUnisses angewendet: biuiniliscli kannst
du sprecbeu, Leizkind! {zu einem jungen, nicIU verwandten,
mädchen gesuijt). Immeknann Münclüt. 4, 141.
HEUZKIUSCIIE, f. eine kirschenarl von herzförmiger gestall.
weis/e, lutbe. und scb«urze berzkirscben. Nemnicu.
UEltZKLEE, n. oxalis acchsella, sauerktec, hasenklce. Nkmniou
3, S2"J.
HEHZKLOl'FEN, n. klopfen, scidag des licrzens: so belauscht
man gleicbsani die geheime bildungsgescbichte der ptlanzeu
und das ruhige berzklüpfen des berges. H. Heine 1, 73. ge-
tvOhnlicli ist der beschleunigte herzscidag verstanden, in folge von
kranklieii: ich weisz nicht, wie lange mein herzklopfen mich
sprechen läszl. J.Paul TU. 1,34; oder von angst und zweifeln-
der erwartung (sp. 12Ub) : solches bracht im thal uiider dem
uberigen liaufen der Waihen ein grusz gclümmel und herz-
klupfen. WuRSTisEN Baskf diron. (IbüO) lüi ; herzklopfen uüd
zittern. Kikcuiiüf twH(i«»im. üi'; sie machen mir kerzklopfen.
reden siel Gotter scltaunp. 236. x. herzensklopfen.
IIEHZRLOPFEND, part. ; mit herzklopfendem enthusiasmus
waiti'le er auf die minute der einsainkeit. J. Paul //w/». 1, 108.
HEUZKLOPFEH, m. klopfer an das herz: das gebett, der
hcrzklopfer zur busz. Danuauek ev. mem. 477.
llEUZKLOPFUiNG, f. herzklopfen, als kranklieit: cordiaca,
hcrzsucht, herzklopfung. GEnsüoKK feldb. d. wundarzn. 99.
HEHZKNOCHEM, in. an kleiner knochen, der sich bä vielen
groszen vierfüsziyen thieren am ende der einen oder anderen herz-
kamnier. oder auch wol in beiden findet. Nemnicu.
IIEItZhNORPEL, m. brustbein.
llEHZkOIlL, m. brasstca oleracea sabellica, oine arl kopfkohl;
bei Stieler t002 auch krauskoiil, wirsing genannt.
HEItZKÖLBLElN, n. der innerste kleine koüien, blätterverein
einer ji/lanze: wie eine versetzte pflanze an den mehren und
groszren blättern verwelket, an dem herzkölblcin aber frisch
und grün bleibet. Scrive« seelensclt. (1684) 24.
HEBZKÖNIG, m. im karlensjnel, der kiJnig in der herzfarbe:
;ilsi> dasz ich nach dem bad dort sasz zu protzen wie der
herzkonig. Simpl. l, 373 Kurz.
UEUZKÖUMG , udj. gediegen in bczug auf das herz (vetgl.
kornig 3, Ib. 5, sy. 1827): herzkoruige himmelsbürger. Val.
Herberger evang. hcrzpost. 151.
HEltZKItAUDE, f cancer cordatus. Nemnicu.
UEUZKHA.MPF, »;i. krampf im herzen: am arzllinger oder
hcrzlinger belle er einen ring von vier inelallen für den herz-
kruuipf im beutel, auf die wunderlichst weis/, die einem je
zu cosicht kommen mag, zugericht. Garg. 120*.
HEHZKHANlv, udj. krank atn herzen (in kürperlidtem sinne),
verscldeden von berzenskrank, s. d.
HEHZhUÄNKEND, part. :
als wir, unmuthigur »cclc,
mit herzkräukendem zauk uns ereirerieu wegen de« nihgdluinsl
//(US 19, 58 ;
acli, der bisher gar viel herzkrinkendo leidiMi erduldet.
Odyaen 13, »0.
HEllZKHANKHEIT, f
HKItZKnANKUNG, f: melaiicholi oder traurigkeit, . . .
welche herzkrankung folgend» am leib iifleget auszzubrccheii
und tta zu schwüchen. Carg. 12*.
lIKliZKHAl'T, n. name mehrcr pflanzen: u) des leonurus
cardtüiu, ionä lierzgetipann {s. <i.) ; b\ der anomone hejiuHca, lebfr-
kraul ; c) des teucrtum chamaejiüys , feldcypresse ; und d) der
meltua vffianalis : herzkraul iiwlissojihijllum Heuehicu 1270.
vteUftdU die letztere pflanze wird tn den folgenden versen als
verylnchung der geliebten angezogen:
du l)iii iillein Djeiu rulim,
iiiciu roi und «ill« hluiii, . . .
mein Uunig» lierzkrnut,
ilu wich erfrpweü lliut.
TuoMA« Elssrtu nnav auntcrlei. Mielll. tivder
(l-'rankf. \'oW) no. 27;
muiu tauüeiidtreud, mein wolguuiut,
uiüin herzkraui und mein lioclistes gut,
mriii engelsüsz, mein ehreiipreis,
mein augcntrost, mein lilju weisz ...
amanles amrnlen C4.
HEHZKÜNDIGER, »«..• golt der herzkflndiger zeugcte über
sie. ap. gesch. 15, 8, ö xa^Sioyvcoarris &E6i. s. herzen- und
herzensküiidiger.
HEHZKÜTZELND, HEHZKITZELND, part. das herz kUzelnd,
angenehm aufrcijend :
herzkützlende küsz. Wkckherlin 460;
mein herzkützlendcs schmatzulein. 40S.
HEHZLAliUNG, f. : gute Schauspiele . . speisen ihre (der
zuscliauer) äugen mit lauter gezimenden reden , nulzerfreu-
lichen discursen und gesunden herzlabungen. Bütsciiry l'at-
mos 115.
HERZLÄPPCHEN, -LÄPPLEIN,«., herzläpplein sein kleine
viereckig aus weiszer leiuwand, dainasl oder zwillig, geschnit-
tene und umstochene doppelte lalzgen, so den kleinen kin-
dern bei den beschickea über das herz geleget werden, öcon.
lex. (1731) 1007.
HERZLAPPEN , «i. der musktdöse anhang der Vorkammern
des fu;rzens. vergl. herzohr.
HERZLAUB, »i. laubwerk an gesimsen, das dem herzen einiger-
maszen gleicht, wenn es einschnitte hat, hciszt es aufgeschlitztes
oder gespaltenes herzlaub. Jacobsson 2, 256'.
HERZLEER, adj. 1) leer an gefühl (herz 4, m, sp. 1216): wer,
dieses land durchreist und noch ein joch auf seinem halse
duldet, kein Pelopidas wird, der ist herzleer oder ihm fehlt
es am verstände. Hölüerlin Hyperion (1799) 2, 23.
2) leer an muth (herz 6, sp. 1218) : herzleer, timidus Stik-
ler 1108.
HERZLEID, n. vergl. herzeleid.
HERZLEIN, «. vergl. herzelein.
HERZLELCHTE, f. malva alcea, Studentenblume. Nemnicu
3, 496.
HERZLEUCHTEND, part. ins Iwrz leuclUend:
darumb ihr nymi'en keusch und rein,
ihr dereu herüleuchtciider schein
kau alle herzen bald cuitriiben. Weckuerlin 839.
HERZLICH, adj. und udv. dem herzen gemäsz, mhd. herzec-
lich, herzellch, herzenlich (Le.\er wb. 1, 1271. 1272) , in ver-
schiedener enlwickelung des sinnes.
1) das herz als sitz des gefühls ergreifend, das herz angehend:
ein herzKch licd! Fr. Müller 1,229; (meine ni ««er) fing, so-
bald ihr etwas zu herzen ging, einen vers eiues geistlichen
liedes . . zu singen an . . vor diesem hatte meine multer,
nach ihrer selbst eigenen relation , die gewohnheil gehabt,
einen jeden herzlichen Vorfall mit einem ganzen liede zu
bezeichnen. Hippel Icbensl. 1,20; und der autor ist mir der
liebste, in dem ich meine weit wieder linde, bei dem es zu>
geht, wie um mich, und dessen geschichtc mir doch so
interessant und herzlich wird, als mein eigen hauslich leben.
GöTUE 16,29; als ichs (das lied) so von ungefähr . . auf-
schlug, da waids mir doch gleich so warm und herzlich
dabei, dasz ichs den augenblick auswendig gelernt. Fr. Mt7L-
LER 1, 228 ; ei»ie hierher gehönge altnliche formet ist alt, mir ist
etwas herzlich, es trifft mein herz, bcriihrt mich inuerltch: die
frau und vr gesegeten an einander mit den huptschten [hö-
fischsten) worleii, die si zu wegen bringen muchleu, was in
auch Leden herzlich. Wtlwolt v. Schaumb. 63; es inusle mir
wohl sehr herzlich sein (am herzen liegen). Scuweinichen 2,81.
2) namentlich oft ist das innerliche, was in herzlich hegt, in
gegensalz gebracht zu dem duszerlichen der rede: denn so sol
er die wort loszen fallen, und sol herzlich bellen, und nilt
Wortlich. Keisersberg jtostill 2,7'; die selben gebet! alsaui-
inen sollend würilich gcbeltel werden, und ist nilt gnüg das
mau sye allein herzlich beltel. sust andere gebell, dozu
man nilt pilichlig noch verbunden ist, die sol und mag luaii
wol herzlich betten oii wort, das.;
wiiruiub der und der uns neiden,
jfiiiM' uucli nur ruI.Nclifii srheiii
d«iiz f(«mul(>s von «icli «lohet,
linrilicli liBüt und muudllch lichol. Onri '1. I'J7,
Icti kiihrii mich nirlit dran, wn.o ji'unr von mir louKt.
dor muiidlii'h mich hin lieh und h»rilich ilncli helrougl,
ein liruiidKi'Hlnllor Tuind. l-'LhMino 164, 174 Luppcnb.;
Iittrzlicli hOKxcn, müiullich llchrii,
l«t der meiischeii niLi.ituii ubiu. Logau 3,242,132;
in etwas anderem gegensatze: derwcgcii wil er, dg ein aizt nil
allein Ulli kl i'iili'i II, s;illii-ii, li.iiiki'ii, und confcLlrn üciUst
1253
HERZLICH
HERZLICH — HERZLIEß
1-254
sein sol, . . und nachgehends weil diese stück zu Zeiten nit
helfen, demnacii das leid nicht euszerlich leiblich, sondern,
welchs gefährlicher, innerlich herzlich ist: sonder auch wol-
geberdig, holdselig, freundlich gesprächig. Garg. 12*.
3) fön personen liebevoll, voll warmen gefülüs: gegen ein-
ander hilflich, freundlich, herzlich, willig. kriegbüM. d. f. ho ;
der frora mann und herzliche mensch ist doch ja wohl ge-
plaget. LüTHEB br. 3, 297; seid unternander freundlich, herz-
lich (evaTtüayyj'oi, vitlg. misericordes) und vergebet einer dem
andern. EpA. 4, 32;
also das schlagen
kaa kein lieb ertragen,
wer ein herzlich lieb wil han
der musz schlagen ansten (anstellen) laa.
Uhlano voUul. 124;
leb ich, so leb ich!
dem herren herzlich;
dem fOrsien treulich ;
dem nechsten redlich;
sterb ich, so stcrb ich ! Logad 1, 102, 22.
4) von empfindungcn ttnd deren ausdruck, innig, tcarm, von
ganzem herzen kommend: durch die herzliche barmherzigkeit
unsers gottes. Luc. I, TS; die brüderliche liebe unternander
sei herzlich. Rom. 12,10; das ir euch aber engstet, das thut
ir aus herzlicher meinung. 2 Cor. 6,12; ist herzliche liebe
und barmherzigkeit. Pliil. 2,1; so ziehet nu an . . herzlichs
erbarmen. Col. 3,12; herzliche gebe», accuratae adorantium
freces Ma.^ler 22o'; damit gab ich ihm gar einen herzlichen
kusz. Simpl. 3, 38 Kurz; dann gibt sie dem schmollenden
ziegenfüszier einen schmatz, dasz er vor herzlicher freude
laut aufjauchzet. Fr. Müller 1,148; zu den seinigen versam-
melt werden, ist ein so herzlicher ausdruck. Göthe 17,213;
daher er sie . . zur herzlichsten erbauung sämmllicher Zu-
schauer und bettler, weidlich durchdroscb. 19, 116; hatte die
herzlichste Schadenfreude, wenn er alle menschen .. zum
besten haben konnte. 120; {ein lied) so recht von grund aus
herzlich. 33,192; da faszt er einen recht herzlichen hasz
auf die armen leute. S,229; die herzlichste Umarmung. 26,22;
dasz sie überall anknüpfungspunkte für ein herzliches Ver-
ständnis finden. Freytag handsclir. 1,244;
hat Sixt mit herzlichem vergnügen
den hohen berg bereits erstiegen. Wiela:«d 9,244;
lullte sie beide mit herzlichem kriegsmuth. Stolbebg 12,6;
herzliche liebe verbindet uns stets und treues verlangen.
GöTHK 1, 279 ;
seid ihr (Humen) ein herzliches liebespfand
aus der ferne von meiner süszen? üula?(d ged. 57;
man höret noch des kindes herzlich lachen. 173.
auch freier, selbi^t von den milteln zum ausdruck der empfindung :
ich erhielt sogleich antworl und erfreute mich ihrer (Friede-
rikem) leichten , hübschen herzlichen band. Gütbe 26, 19 ;
und abgeblaszl, devi sinne nach unten no. 6 verwandt:
schnell wuchsen, bei herzlichem zagen und pochen,
die stunden zu tagen, die tage zu vvochen. Bgsgeii 66^
5) häufige adverbiale Verwendung in der bedeutung 4: und
redet herzlich mit inen und sprach, seid getrost und frisch.
2 chron. 32,8; herzlich lieb habe ich dich herr. ps. 18,2;
ein weiser nimpt sich der ieute herzlich an. sprüche Sal.
11,30; mich jamert herzlich, das mein volk so verderbet
ist. Jer. 8,21; du soll bitterlich weinen, und herzlich be-
trübt sein. Sir. 38, 17; mich hat herzlich verlanget dis oster-
lamb mit euch zu essen. Luc. 22, 15; der so herzlich für
euch sorget. Pfiil. 2,20; das wir uns herzlich fürchten für
der oberkeit. Lother 4,337'; mich herzlichst empfehlend.
Göthe an Voigt 377; als sich die gelegenheit gab, meine so
zärtlich gelieble recht herzlich zu küssen, werke 26, 21 ; Stähler
lachte herzlich. Slillings jugend (1777) 11; das sagte er herz-
lich der gelehrten frau. Freytag handschr. l, 153;
herzlich tut mich erfrewen
die Irolich summerzeit. Ublakd volkst. 113;
der alle schuld damit du ihu verletzet,
dir herzlich schenkt und aus den äugen setzet.
Opitz psulmen s. 192;
und wird sich einst mein ende nahn,
so nimm dich meiner herzlich an. Gellert 2, 214;
oft ihn herzlich an ihre lippen drücken. Rahler 1,20;
bald reist ein schäfer übers meer,
bald hört er auT zu lieben,
und was dergleichen anlasz mehr,
sich herzlich zu betrüben. Gotte« 1,88;
die sonne mag uns tausend segen schenken,
das wissen wir, und dnnkens herzlich ihr. RCrger 55';
diese schaut ich, thränen im hlick, und bedauerte herzlich.
Odyxsee II, 87 ;
und wünsche jedem guten tag,
so herzlich und so warm, ühlasd ged. 10;
wärst du zu schrecken gekommen,''
mir war es herzlich leid. 227.
6) oft ist, wann das adverb herzlich ein adjedio oder ein an-
deres adverb näher bestimmt, die vorige bedeutung (5) abgeblaszl
:u der äuszerst, höchst, sehr, im hinlergrunde steht immer das
volle geffM, was bei der bestimmung einer sache mitwirkt:
nun sag, wie hast dus mit der religion?
du bist ein herzlich guter mann,
allein ich glaub du hältst nicht viel davon. Göthe 12,179;
so in der Verbindung heralich gern, dem von herzen gern oben
sp. 1213 entsprechend, sciwn mhd. : heHzecIlchen gerne. Br. Bert-
hold 482,28; willst du, sag, willst du? ei gerne, rief die
nymphe, herzlich gerne! Fr. MCller 1,148; ich hätte herz-
lich gern einen thaler für eine einzige ohrfeige gegeben.
H.Heise 2,66;
Jungfern haben herzlich gerne, dasz man sie bedien und ehre :
jungfcru haben herzlich gerne , dasz ihr schmuck sich täglich
mehre. Logau 3, 72, 86.
in ähnlichen fügungen : er (ei» heiliger lehrer) plüet heraecleichen
schön in lugenden und in werken reht als aiu wolgeladen
mandelpaum in dem maien. Megesbebg 63,26; wie viel sind
ir aber, die auch irre ziehen, denen es doch herzlich sawer
wird, müssen weih und kind, leib und gut in die fahr setzen?
Luther 4,112'; weil du es (des worles gotles) on das so herz-
lich wol darfest {bedarfst), wider den teufel und alle anfech-
tungen. 6,34'; er ist über aus herzlich wol an euch, wenn
er gedenket an ewer aller gehorsam. -2 Cor. 7,15; sie sind
mit allem hei-zlich wohl zufrieden. Slillings jugend 11777) 22;
sie asz und es schmeckte ihr herzlich gut. 60; dieses kurze,
herzlich leidenschaftliche Selbstgespräch aufzuklären. Göthe
21,128; bitte mich aber so herzlich dringend als sie könne.
48,51;
war der gedank nicht so verwünscht gescheidt,
man war versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.
ScuiLLEK Piccot. 2, 7 ;
nein herr! ich find es dort, wie immer, herzlich schlecht.
GöiuE 1-2, 23;
Marlhe. ach ihr versteht mich nicht. Mcjh. das thut mir herz-
lich leid! 1&4;
0 bätt ich manchmal nur das gold besessen,
das diesen rahm jetzt übermäszig schmückt,
mit vveib und kind mich herzlich satt zu essen. 13, 165.
HERZLICHEN, die alte adverbtalform taucht noch einmal bei
Göthe auf:
'sag uns jungen doch auch was zu liebe'.
nun! dasz ich euch jungen gar herzlichen liebe! 4, 316.
HEKZLICHGELIEBT, part.:
0 Diomedes Tydeides, mein herzlicbgeüebter! Borger 223*.
HEHZLICHHOCH, adj.: mit .. herziicbhuhem verlangen
Bctscdey kanzl. 274.
HERZLICHKEIT, f. {nach herzlich 4) warme empfindung,
inniges gefühl: bei aller herzlichkeit für England. Niebühr
kl. sehr. 1,66; im plural äuszerungeti, zeichen solches gefühls :
ich musz gestehen , dasz die freunde . . von diesem feste
alle herkömnilichen Verzierungsphrasen abgelehnt und sich
nur allein mit herzlichkeilen, die ihrer würdig wären, zu
empfang und Unterhaltung vorbereitet hatten. Göthe 48,50;
wie wunderbar ist es und angenehm die seele eines abge-
schiedenen und seine innerlichsten berzlichkeiten offen auf
diesem oder jenem tische liegen zu ündeu. an frau v. Stein
3,74.
HERZLICHT, n.:
da ward mein innres herzlichi angefacht
vom unbekannten trieb nach jener ferne. Tibck I, 195.
HERZLIEB, HERZELIEB, adj. von herzen lieb, mlui. herze-
liep, herzenliep (Lexer üb. 1, 1273). in verschiedener, adjecti-
ver und substantiver Verwendung.
1) adjectivisch, meist in attributiver Stellung: denn an dem
lieben son hanget alles, und ist allein uinb den herzlieben
son zu thun. Luther 8, 272*; darumb bitte ich euch, mein
herzlieber man. H. J. v. Bracnschw. s. 92; meines her^iieben
weihe?. Schweisich. 3, 255; wolan herzlibste Duicimunda.
HoMBiJRG />u/cim. (1643) 47; ach berzliebe mütter. J. ß. Schup-
pius 813; herzlibste tochter. Bütschky Aaiui. 103; meine herz-
libste hausehre. 905; lausendmahl willkommen, iierzliebe
tochter. Fr. Müller 3,35s;
7ü*
1255
IIERZLIEB — HERZLOS
HERZLOSE — HERZOG
1256
hofr, reit wcrd es wol enden,
hoff, glück wcrd klimmen drein,
sich in als guis verwenden,
herzlichstes Elselein! Ubland volksl. 92;
o Maria, wie we was deinem herzen
da du dein herzeliebes kind sähest in schmerzen
hangen in des todes peini 838;
das herzeliebc kind hat neulich noch gelebt,
und itzt, itzt starb es hin! Flbming 41,5, 10 Lappenb.;
glück zu! herzliebes Jesulein 1
und lasz mich dir berohlen sein! Rovplbr 29;
kaum trafen wir uns auf derselben Station,
herzliebster prinz Alexander. H. Hsink 15, 74.
seltener in prädicaliver : beschwörs nur recht krSftig .., dasz
du mich recht herzlieb haben willst. Fr. Mücleh 1,148;
die Schönheit, deren alles weichet,
die mir und deren ich herzlieb. Wkcmkrun 521.
2) f»i subslanliver verirendung, oft, docfi nicht immer, im Su-
perlativ: habe ich gehoOfl, meinem herzliobstcn werde solches
auch bekand sein. Simpl.3,Z8 Kurz; nun wusle sie, wie hoch
sich ihr herzlieber betrüben werde. Chr. Wkise kl. Icute IM;
wie kOnt ich dirs (ein ringlein) -gewinnen,
du herzeliebe? Uhlako volksl. 72;
herein, in meinen armen,
herzliebsier, zu erwärmen! Rürger 14*;
auf meiner herzliebsten Sugelein
mach ich die schönsten kanzonen. H. Heine 15, 96.
j. herzallerliebst, herzenslieb.
HERZLIEB, n. was das herz erfreut; als anrede und bezeich-
nung der geliebten, wie schon mhd. herzeliep, herzenliep (Ben.-
MüLLER 1,1015*): ach herceliep mins. Merswin' 3, und oft;
und noch gar fil me worte bette dirre mensche wol elf
Wochen mit simc herceliebe. 9;
Weibsbilder sind mit forcht beladen,
förchten sich, wo es nicht bedarf,
haben gcdanken schwer und scharf,
aber, herzlieb, schlaget die ausz !
J. Atrer 181' (900, 24 Keller);
und ihr, herzlieb getreu und fromm. IST (930, 24);
wan nu, herzlieb, dir witz gnug wfir,
zu merken deiner arbeit lehr. Weckberlim 390;
mein herzlieb, du fihlst, was ich fihl. 774.
s. herzenslieb.
HEHZLIEBCHEN, ti. diminutiv des vorigen:
herzliebchen ! komm! der mond scheint hell!
BORGER Lcnorc, erster druck im Gölt.
muscnalm. 1774, s. 220;
auf flügeln des gesanges,
herzliebchen, trag ich dich fort. H. Heink 15, 91.
HERZLIEBEND, part.:
dasz wir herzliebende allzwei
zusammen kommen ohne schcuw. Gilhdsics 75.
HERZLOCKEND, part, : können sie sagen . . dasz sie kei-
ner mit leichtsinniger galanterie, mit frevelhafter betheurung,
mit herzlockcnden schwuren ihre gunst abzuschmeichein
gesucht? GöTBE 19,132.
HERZLOS, adj., mhd. herzelAs, tn verschiedenem sinne.
1) an herz 1,3 sp. 1211 angelehnt, ohne lebcnskraft, schwach,
ohnmächtig: herzlosz, vast blöd, dem oft onmächtig wirt und
gpschwindt, syntecticus Maai.er 220*; aus welchem schaden
und nnbill er [Heinrich IV.) zerstört und herzlosz vor unmut
sein leben endet. S. Frank chron, 180"; noch bei Göthe:
habe nicht mehr kraft genug
mich zu halten, meine knie
brechen, ach, ich beuge sie
nicht zum boten; sinnenlos,
herzlos lieg ich an dem boden,
mir versagt, mir stockt der öden. 13, 295.
auf ijrund dieser bedeulung in Appemell hei^alos nüchtern, leer
auf dem magen, üblig. Tobi.er 265',
2) an herz als tüx det gefühlt (sp. 1211) angesMossen , ohne
'Itfühl :
allein, wasz du versprichst, das roui
nicht hSriloi nur aiMZ lippen gehen,
ei mus die unverfAlschtc bus
rechtwftiend in dem werk bestehen. Roari.KR 171 ;
ohne milgefühl: herzlos erudfUs, taevus Stikler 1178; ein herz-
loser kcnner aller kabinette. J. Paul faslenpred. 54 ;
Irmt dietz geichlecht, dai herzlos faUrhc, kennen!
ScBiLLi* 492' {braut v. Me$tina).
3) ron herz I. G. ip. 1218 auigehend, mutlos, verzagt: hcrzloi,
/imirfin ^- -: ■-^. Frijch 1,447' atu Fbohspbrgbr;
beherzen jenen der herzlosz. WECKHKRtm 305;
so tröstet sie mit einem süsznn blick,
damit sie nicht hie länger herzlosz ligcn. 840;
wie noch jetzt mundartlich, als gcgcnsatz zu herzhaft (2, oben
sp. 1247): Schweiz, herzlos, herzlosig, furchtsam, ohne mut Stai.-
DER 2, 41.
4) endlich, an herz I, 8, sp. 1220 anlehnend, ohne Überlegung,
unbesonnen :
solch herzloser torechter leut
llndt man mit häufen noch wol heut.
B. Waldis h:sop 2, 12, 45.
HERZLOSE, f.: herzlose, wenn eim von krankheit ge-
pchwindt, blüdigkeit, syntexis Maaler 220'.
HERZLOSE, f lolium (neben zeillose). Dief. 335".
HERZLOSIGKEIT, f gcfühüosigknl , viangel an milgefühl.
HERZMACHER,ni. herz- sive inutmachcr, confirmalor, ani-
mum addens. Stibler 1193.
HERZMAHNER, tn. der das herz crmahnt, herzmaner lilel
eines erbaulichen buches des 15. jahrh. s. quellenverzeichnis.
HERZMANGEL, m. mtitmangel. Stieler 1229. auch mangel
an gefühl.
HERZMARILLE, f. pastinaca sativa. Nemnicb 4, 874.
HERZMENSCH, m. mensch bei dem herz, empfindung vor-
wiegt: lasz dich nur nicht verderben ,< und lasz immer so
herzmenschen um dich herum sein , wie da meine gräßn
Irma. Auerbach auf der höhe l, 178.
HERZMITTE,/'..' wie alle dissonanz des menschendaseins
in der herzmittc des lebens , dem religiösen leben, seine
lösung hat, so einigt sich alle religiöse enifallung in Christo.
Kritzler humaniläl und christenlhum 2, 41.
HERZMIXTURj f. herzstärkende, eleäuarium cordiale. Stik-
ler 1280.
HERZMÜSCHEL, f. cardium , eine classe von herzförmigen
muscheln. Nemnich 2, 870.
HERZMUTTER, f. kosewort wie oben herzensmutler: gut
nacht, gut nachl, heizmutier. Arnim 2, 242.
HERZNAGEL, m. bei feinen wagen der zapfen in der mitte
des wagbalkens, woran derselbe in der gabel hängt. Jacobsson
2, 256'.
HERZNAGEN, n. das nagen am herzen bei gram und kum-
mer (s. sp. 1209): groszes herznagen. Kirchhof wendunm. 30o';
daffir herzennagen :
ist mein herz mein prophet, wird dieses herzennagen
gewisz zu meinem tod das urthel bald ansagen.
HoPFWAnwswAi.DAü liosimunda s. 49.
IIERZNAGEND, part.: ungerechte, langwierige, heanagende
rechtshändel. Scriver seelensch. 2, 169 ; der herznagende kuin-
mer ihrer mutier. Müsäos volksm. 457 ; herznagend umgeben
gespenster die ruhe des menschen. Dya Na Sore 3,487;
sorgend för jene, die ihn mit schmerzen geboren,
oft den Schlummer entbehrt, und viel herznagenden kummer
duldet um ihn mit lieb. Ptrker Tunis. 9, 311.
vergl. herzannagend.
HERZNEHMEND, part.: die brüste deiner mutier sind
bäume gewesen, die dich (als kind) mit allen ihren vermögen
gefuttert haben, und du wärest eine her/nehmende fruchf,
die daran hing; gehen nicht die ädern der brüste auch aus
dem herzen, und ist, wenn man es recht bedenkt, die milch
nicht das rechte herzensblul? pers. baumgart. 8,1.
HERZNETZ, n. diaphragma, Zwerchfell, dim. herznelzlein :
jelzundan so das houpt graw, die stirn voller runzeln ist,
und die hut under dem kün als einem rind lamplet, so
widerslat das kalt blut umb d; hSrznetzlin. Gengbnbach
V. Gödeke s. 168, 41.
HERZNOTH, f. eardialgia, syncope, palpüatio cordis. Stik-
ler 1337.
HERZOBER, m. der ober der herifarbe im kartenspiel.
HERZOG, «1. führer eines heeres. rfitr. ahd. herizoho, herl-
zogo, mhd. herzöge; alts. hcrilogo ; ags. iieretoga ; fries. her-
toga und licrtiga; altn. hertogi; niederl. hcrtogh (Kilian);
dnn. bcilug; schved. iierlig.
1) die ursprünglich freiere bedeulung des worles hat sich bereits
seit gegen anfang des \Q. Jahrhunderts im gebiete des allen deut-
schen reiches zu der engern einer polüischen würde umgestaltet,
tndcm dir befuqnis , die streitbare mannschaft eines Stammes im
kriege anzuführen, fest einer familie zufiel, in der auch die poli-
tische uberleiiung des Stammes erblich haftete, die aushildung die-
ler stammherzogsfhaft zu reicht- und suvrninen fürslen in fieutseh-
iand geht'trt der ijeschiehte an. in der form des vortet zei(^ sieh
thederdeutschland von der oberdeutschen , der Teichstansleispraehe
1257
HERZOG — HERZOGEN
HERZOGER — HERZPOLEI
1258
agencn form dex iporles mehr oder wentger beeinfltiszt : irenn die
Rüstringer friesischen rechtsquellen stall des ihnen allein gemäszen
hiritoga bereits hcrtoga brauchen, so ist nur der zieeite Iheil des
vor/es in niederdeutschem geicande geblieben, später dringt die
ganze hochdeulsdte form vor: dit bök hurt hertzoghen Alberte.
Pfeffers Wigalois x {von 1372);
de von Bronswick und Goslar iip einen dag
de endseden hertzog Hinrich äff.
HrLDEBRAND volksl. 198, 2,
ICO das tcorl überall als lilel steht; sonst auch herloghe, her-
teghe, hartoghe dux Dief. 193*. die declinalion ist bis ins 11. jh.
immer die schwache, wenn auch die gekürzte nominalivform her-
zog bereits im 15. jahrh. durchgedrungen ist : lierzog dux roc.
ine. theut. i4'; die gemeinen räht desz herzogen. GalmyZll;
an den regierenden herzogen zu Wirtenberg. Weckberlis 353 ;
Wigmanno, einem sächsischen herzogen von Lünenburg. Mi-
cRÄi.ius 1, 179 ; des herzogen. Schuppius 389. die dichter der
zireiten schlesischen schule scheinen zuerst die starke form durch-
zufahren, die seitdem dem worte ausschlieszlich geblieben ist : wie-
wol ihr kriegsheer ans des herzogs gePalien verpflegt werden
muste. Lohenstein Arm. 1,1065*; an seinen vater, den herzog
Segiraer zu schreiben. 1212';
noch jüngst gen-nnn mein heer, dasz endlich Benevent
den herzog fortgeschickt. Hoffmakkswaldaü Rosimunda $, 59.
für den allen plural herzogen wird herzöge gebräuchlich: her-
. zog, plur. herzöge Steinbach 1, 746 ; weil damals noch keine
herzöge geboren wurden. Moser osn. gesch. 1,312; jetzt durch
lierzüge ersetzt, es heiszi herzog zu Sachsen, in Sachsen, in
Baiern :
Gisulf soll in Friaul hinfüro herzog sein.
HoFFKAMXswALDAC RosltHunda (>3;
herzog von . . in rücksicht auf das beherschte land: herzog
Hans Friderichen von Sachsen, abschied des reichstags zu Re-
genspurg v. 1567, § 39. — Flexionslosigkeil des Wortes vor eigen-
nanien, wenn diese selbst flectiert sind (vergl. herr I, 9, f, sp. 1134 :
wider herzog Hans Friderichen usz Saxen. Ryff chron. 164,14;
von herzog Jörgen in Sachsen. Zisrgref apoplUh. l, 243.
2) die etymologie des Wortes ist trotz der früh erlangten engem
bedculung nicht vergessen:
er {Christus) was ein keiser, dö er truoc
die marterkrone, dö man in mit dornen sluoc;
er was ouch herzöge in der selben ahte,
dö er dem her gezogete vür. minnes. 3, 60' Hagen;
und so wird öfler herzog noch in dem weitem sinne heerführer
verwendet: Conon war ein mechtiger herzog, und ein sig-
hafter heerfürer der Athener. Acr. spr. lOS'; da Moses ster-
ilen soll, sorget er für sein volk, wie er es mit einem gott-
seligen herzog möchte versehen. Otho 33;
als nun das heer ausrilt zur schlacht,
da trägt der herzog sondre tracht. Uhlahd ged. 352.
3) von dieser Verwendung aus herzog in der bibel- und dick-
tersprache, anführer, fürst, erster: das du ein herzog seiest
über Israel. 1 Sam. 25,30; aus dir (Bethlehem) sol mir komen
der herzog, der über mein volk Israel ein herr sei. Matlh.
2,6; denn es zimet dem, umb des willen alle ding sind ..
das er den herzogen {aoxrjyov) irer Seligkeit durch leiden
volkommen machte, flebr. 2, 10 ; ja unser herzog Jesus Chri-
stus spricht. Luther 3, 117'; gleichwie ir herzog Christus
nicht das schwert füret, sondern am creuze hanget. 119';
seine {Christi) apostel unsere herzogen. 5,4*; sie werden recht
in ihrem kronleuchter gewesen sein , wie der herzog ihres
herzens bei ihnen war. Albertine GrCs bei Merck 2,246; und
du, feiner bauptmann! herzog der beutelschneider ! gauner-
könig! Schiller räuber 2,3;
du herzog meiner tust.
Fleiisg 458, 9, 5 LMppenb. {auf Opüt" tod) ;
zeuch jenen beiden zu, du Jenen gleicher held,
der itzt nichts gleiches hat, du herzog deutscher saiten.
458, 10, 6 (auf dens.);
war ich herzog groszer geister,
strahlend in dem kränz von licht,
den die band der Fama flicht? Borger 73".
4) herzog, die grosze ohreule, strix babo. vergl. oben unter
frank, th. 4, 1, 57 ; niederl. hertogh bubo, vulgo dux, quasi prin-
ceps avium. Kilian.
5) herzog, chaetodon dux, ein klippßsch. Neünicu 2,987.
HERZOGEN, eerfc. die herzogswürde versehen : Angelo herzogt
indesz wacker in seiner {des herzogs) abwesenheit. Shakesp.
masz ßr masz 3, 2 (lord Angelo dukes it well in bis absence).
HERZOGER,»), anhänger eines herzogs. 6« Behaim 325,14. 21.
sfieciell anhänger des lierzogs Albredil. s. kaiserer.
HERZOGIN, f. ducissa. voc. ine. theut. J4'; die herzogin in
Baiern, von Nassau, auch der name des chaetodon dux. Ne»-
NICH 2. 987.
HERZOGISCH, adj. dem herzog zugelüjrig; von einer partei,
mem kriegsvolk: da die herzogischen des gewar wurden,
lieszen sie vor tags uf blasen. Wilw. v. Schaumb. 38 ; etiich
in dem herzogischen zeug. 76; der von Rafenstein zoch den
herzogischen mit seinen kriegsschiffen .. entgegen. 119; dafür
herzogenischen: zugen die herzogenischen ab. 59. von
einem orte den ein herzog besitzt: so ein jede leibliche gemein
einen namen hat , von irem heubt, wie wir sagen, die stad
ist churfürstisch, diese ist herzogiscb, diese ist frenkisch.
Luther 1, 267*.
HERZOGLICH, adj. ducalis. Steisbach 1, 746. in neuern
quellen wie früher herzogisch: herzogliches heer; ein hei-zog-
licher diener; eine herzogliche Stadt, auch einen herzog vor
stellend, ausmachend:
die tochter steigt hinab "ins feld :
'wo liegt der herzogliche held?' (der herzog selbst).
ÜHLAni) ged. 353;
aus einer herzogsfamilie entstammend:
auch von des grafen festlicher Vermählung
mit einer herzoglichen braut von Cleve
erspar ich mir, wie billig, die erzählung. 435;
einem herzöge gemdsz: ein herzoglicher aufwand; wer ein
herzog ist, musz sich auch herzoglich aufführen, wurde in
einer gesellschaß mit bezug auf einen concreien fall geäuszert;
herzoglicher raarzipan, ein feines gtbäck. Amabanthes frauenz.-
lex. (1773) 13S7.
HERZOGLICHKEIT, f: der herzog thut etwas unschick-
liches mit dieser jagd und doch bin ich nach seiner herzog-
lichkeit mit ihm zufrieden. Göthe an frau v. Stein 2, 120.
HERZOGSKIND, n.: weil damals noch keine herzöge ge-
boren wurden : so muszten die herzogskinder ihre anciennite
so gut wie andre abwarten. Moser osn. gesch. 1,312.
HERZOGSKIRSCHE, f schwarze weichsdMrsche.
HERZOGSLAND, n. land das ein herzog besitzt: die herzogs-
lande (bestimmte gegenden Niederdeutschlands). StCve 125.
HERZOGSMANTEL, m. l) manlel eines herzogs, zugleich zei-
chen seiner würde: bald seh ich dich im herzogsmantel vor
mir. Fr. Mijller 3, 202.
1>) eine muschel, ostrea palHum. Ne«.'«ich 4, 813,
HERZOGSMÜTZE, f. mutze des herzogs, zeiclien seiner würde.
Mathilden ist die herzogsmütze aus der band gefallen. Fr.
Mt^LLER 3,359.
HERZOGSPFENNIG, m. ducaten. in der Pfalz. Jacobsson
6, 71'.
HERZOGSWÜRDE, f.
HERZOGTHUM, n. das von einem herzog beherschte land:
herzogthurab ducatu^ Maaler 22o'; wenn ich jetzt hingehe
und das komplett angebe, reit ich dem herzog von Genua
nichts geringers als ein leben und ein herzogtbum. Schiller
Fiesko 3, 7.
HERZOHR, ». l) plur. herzohren, awriculae eordis, die Vor-
kammern des herzens, muskulöse sacke an der basis desselben.
Nejinich 1, 544. i'. herzlappen.
2) in freier Verwendung und unter anlehnung an herz I, 9, e,
j;p. 1221: aber ein paraklet oder tröster sagte unter dem weg-
gehen dem Jünglinge leis ins herzohr: morgen siehst du sie
wenige schritte von dir im garten ! J. Paul Titan t, 12.
HERZPEIN, f cardialgia. Stieler 1423.
HERZPFEIL, m. .• der h. geist macht aus allen werten des
Predigers lauter herzpfeile. Val. Herzberger ev. herzpost. 253.
HERZPFEILGEMALT, pari.: da hingegen die hündine,
schäffne, wullene, herzpfeilgemalte, belzene, geiszene, wölfine,
fuchsen, carmasinen, auch die thüchene langzipflige reuter-
hendschuch nichts vermögen , dann die band und fingcr
dicker oder langer zu machen. Garg. 119*.
HERZPFIRSCHE, f. pßrsehenarl von der ge.<!talt eines herzens.
HERZPFÖRTLEIN, n.: die fahrlässige mutter hatte bei
der Unruhe im hause die wache vor dem herzpfürtlein der
geliebten tochter gerade zu unrechter zeit eingezogen. Mu-
sÄüS volksmähr(hen s. 515 (die entßhrung).
HERZPFRIEME, f pfneme die das herz durchbohrt; s. u)U(n
herzprieme.
HERZPOCHEN, n. herzldopfen.
HERZPOLEI, m. mentha pulegtum, wa.^erpftlei. Maai er ?2o'
1 259 IIERZPOLLE — HERZRÜIIRLrCII
HERZRÜimUNG — HERZSEHNLICH 1260
HERZPOLLE, /. die miltelsten zarten bläUer einer pflanze, in-
sonderheU des kolds. iNemmch.
HERZFOLYP, wi. polypus cordis: ich bin nun überzeugt,
dusz ich nicht am schlage . . noch an der lungcnsucbt . .
sterben kann; aber wer bürgt mir dieses dafür, dasz ich
nicht an einem herzpolypen scheitern werde? J. Paul uns.
löge 3, 40.
HEHZPRIEME, f. für herzpfrieme, oben: bei dem dritten
artikul danke gott dem heiligen geist, .. dasz er ausz den
schlechten einfalligen Worten deines predigers, lauter herz-
priemen gemacht habe, dadurch dir dein herz durchbohret,
und zu wahrer reu und busz bewogen worden. Sciiüppiüs 207
{gedenk dran Hamburg).
HEHZPROBE, f. cordis scrulatio. Stieler 1483.
HERZPRÜKER, ni. der das herz prüft, von goU:
dan dir herzprüfern ja all solche gleiszner kund.
Wkckherlin 124.
HERZPULVER, n. pulvis cordialis. Stieler 447.
HEHZPU.NKT, m. : die neue Schöpfung in Christo, in wel-
cher . . die gewiszheit von der herrlichen freiheit der kinder
guttes der herzpunct ist. Martensen dogmalik s. 44. vergl. herz
II, 1, sp. 1222.
IIERZPUPPERN, »I. unruhiges schlagen des ho-zens. vergl.
herz sp. 1208.
IIERZQUELLEND, pari, das herz quellen, aufgehen machend
(vergl. sp, 12\2; oder atis dem herzen quellend?):
dasz mein herzqiiellendes geheul
(lein herz nicht kan erwaichen. Wkckiikrlin 86.
IIERZRÄD, n. das zweite oder viiUclstc rad des schlagweilcs
einer ulir, wenn dieses tverk drei räder hat. Jacobsson 2, 250'.
HERZRAUBEND, part.: im angesicht diser herzraubenden
scliönbeiten. Weckherlin 801.
HERZRXUBERISCH, adj. :
man hört den süszen klang
auch übers weite ineer, den deine nachtigallen
zu ehren dir, o fürst, herzräulirisch lassen schallen.
MÜULPFORT 78.
HERZREGIEREND, pari.: herz-iegierende nymfen. Weck-
HERLI.N 860.
üERZREGUNG, f. regung, rfihrung des herzens (vergl. her-
zensregung ."^.1221): hier (bei der gelehrten spräche) ist nicht
von faszlichkeit, Wohlklang, anmuth, herzregung, lesbarkeil
U.S.W, die rede: sondern von intelickluaier Vollkommenheit,
in welcher richligkeit slatt Schönheit, die Wahrheit statt
rührung, und deutlichkeit statt aller Verzierungen ist. Herder
2. Uli. 1, 196.
HERZREICII, adj. : geist- und herzreich. Gütbe 49, 163.
HERZIIEIN, adj. : jeden herzreinen , aber irrigen autor.
i. Paul vorsch. d. äslh. 3, 51.
IIERZREIS, H. nennt der gärtner und fOrstcr bei dem auf-
schlage das milllere oder eigentliche stdmmchen. Jacobsson 6, 7l'.
HERZREUE, /". sincera, cordialü poenilentia. Stieler 1607.
MERZRIiNG, m. fingerring mit herzförmigem stein. Jacobsson
3,421'.
HERZRITTE, vi. herzficber: herzritt, cardia Schm. 3,105;
wo das angesehen wurd und man die kirchenichen recht
uszteilt, bestünden die geistlichen all wol und möchten bi
einander bliben on allen inangcl. aber der ühcrflusz und
Unkosten haben den herzrillen. Schkok sat.u.pasqu.i,Ci,\2;
und glicit mich wirsch, dan der herzritt.
fastn. sp. 340, 13;
du pub des scbDt dich der hcrzrit.
II. Sachs 2, 4, 121'.
HERZRITTIG, adj.: herzrytiger, cardiacus DiEr. loo'.
HERZROHRE, /^,; die grosze lierzröre, aorla. Stif.ler 1022.
HERZRUSLEINGRAS, n. ceraslium arvense, ackeriwrnkraut.
Nkmnicii 2, 91G.
HERZHUIHG, adj. :
der mit (^oties lieb, hilf, gnad
heriruhwig sich vergnüoget. Wkckiisrlin 300.
HERZRÜHREND, part. ; unde wart in mir ein diapsalma
und ein ungcirret ruowe aller inwendiger dinge, unde ein
hcrzerüereodei liiiuelsiufzen. Haupts zritschr. 8,250; ey waren
beizrühreride, klagende töne. Götiik 8,217; mit einem licrz-
rührcnden blick. Bkttink tageb. IGO;
soll ich dii
In ^In herzrfihrcnd wort zusaniiiK'rila.i.Hi-iiV
Sciiii.i.r* 2:10 {Iphigenir).
HKRZRtlHRUCH, adj.: berzrührliche la<iUTungen. Butschkt
kanil. 805.
HERZRÜHRUNG, f: gott fragt dich durch des h. geistes
beizrührung oder durch deinen Seelsorger: willst du gesund
werden? Otho 1174.
HERZSACK, m. pericardium, herzbctitel.
HERZSAFT, «i. syrupus cardiacus, stärksaft. Stiele« 1663.
vergl. herz I, 3, sp. 1211.
HERZSAME, m. cardwspei-mum, hcrzerbse. Nemnicb 2, 869.
HERZSCHILD, n. das millelsle schild in einem icappen.
HERZSCHLAG, »». 1) schlag des herzens, puls: hat ein Jüng-
ling . . seine erste schrift mit feuriger unruh, und lauten
heizsclilägen gearbeitet. Klopstock 12,77; das alles fiel vor,
aber mit immer stürkern herzschlägen für Lianen unter-
brochen. J.Paul Tit. 2,34;
Daphnc klopfet
mir in jeglichem hciszem, lautem Herzschlag.
HöLTT 72 Halm.
auch der erregte plötzliche Herzschlag der leidenschaft:
wie der castellan von Coucy
schnell die band zum herzen drückte,
als die damc von Fayel
er zum ersten mal erblickte!
seit demselben augenblicke
drang durch alle seine licdcr
unter allen weisen stets
jener erste Herzschlag wieder. Uhland ged. 272.
2) der ort wo das herz schlägt, brüst:
(Itattc) mit kälte den dolch auf den Herzschlag
angesetzet. Klopstock 6, 19.
3) schlagßusz, der direct das herz trifft.
4) im niederdeutschen bezeichnet hartslag herz, hinge und leber
tines Schlachtviehs, das schriftdeutsche herzschlag, geschlinge (Neh-
nich) 15/ ntir Übersetzung hiervon.
5) herzschlag, eine krankheit der lunge bei schafen, mit schwe-
rem atem und heftigem schlagen der pulse verbunden. Adelung.
s. unten herzschlechtigkeit.
HERZSCHLECHT, n. herzschlechtigkeit: so vergeht ihm das
herzschlecht. Seüter rossarzn« • 22.
HERZSCHLECHTIG, adj. an dem hartslag (herzschlag 4
oben) leidend, zunächst von pferden gesagt, ein ursprünglich
nieder deutsclies worl, hier barlslechtig, welches in verschiedener
form und entstellung ins hochdeutsche aufgenommen ist, vergl.
haarschlechlig sp. 36 und hartscblechtig sp. 518 ; die form herz
schlechtig hat den ersten theil des compositums übersetzt, hart-
scblechtig, herzschlechtig, bauchscblcchtig oderathmich. dise
vier krankheiten ist alles ein ding, allein das sie mit dem
namen undcrschidlich. Seüter rossarznei 19 (s. die ganze stelle
unter athmich 1, 504) ; mangelhaft an der lungen und berz-
schlächtig. Hohberc 2, 173". in substantivem gebrauclie : und ist
zwischen dieser krankheit (dem a.'^thma) und dem herzschlech-
tig kein anderer undcrschid , dann das herzschlechtig noch
heftiger ist, auch billder end macht. Seüter 14. oberdeutsch
auch in berzschluckig verderbt (Fromm. 5,431). auf menschen
übertragen und im zweiten theite an schlecht angelehnt, bedeutet
herzschlechtig auch sich übel befindend, einer ohnmaclU tialie.
Fromm, a. a. 0.; bei Megenberg aber schon wird es im sinne von
asthmaticus verwendet: fühsein llaisch gepranl ze pulver und
da; gegeben heizsiähligcn lauten in wein ist gar gnot. 163, 2'.i.
HERZSCHLECHTIGKEIT, f: (eine angegebene arznei) ist gilt
für die herzschlechtigkeit. Seüter 20; hcrzschlächtigkeit ist
eine krankheit der pferde. öcon. lex. (1731) 1007.
HERZSCHMERZLICH, adj. und adv.: beweine solche grobe
Sünden herzschmerzlich. Mestweht fluchspiegel (1674) 115; der-
selben ist zweifeis ohne die höcbstbetrauerliche zcitnng von
dem tödlichen hintritte ihres libsteu hcrzsmerzlich zu obren
kommen. HuTücnnY kanzl. 846.
HERZSCILNEIKENIt, part. ins lierz schneidend, schmerzend:
nichts ist mir herzschneidendcr gewesen. Hippel lebensl. 2, 30(>;
Puli-us soHn, mit Worten riirwalir nicht, Klficbwlo ein kiiäbleiii,
HolTc mich nbzuücHrcrkeii ; denn wohl vermocht ich ja selber
so heriscbiiulitcnde wort als frevele auszurufen! Itias 2U, 2U2.
HKRZSCHREIN, m. .- dieselben in unsern berzscbrein und
in den schosz des gemüles legen und verwahren sollen.
a. U'vish. lustg. 699.
HERZSCHWACHE, f: ein obniiiacht ist eigentlich dcli
quiuiu auimi, ein herzschwäche. Alhrp.cht fluchahc 00. vfriil.
herz L 3, sp. 1211.
HERZSEHNLICH, ü</>.;
manches jabr ist schon verRanKOU
(wn mir reibt), iln<>i Floriilan
mit bcrutebnllcliPin verlnnKrii
Ist gestiegen wolken-an. Niini*iiK Intlivillitrhrn 10t.
1261 HERZSEÜFZEND — HERZTRAUER
HERZSEüFZEND , part.: vil herzseufzende untertahnen.
BuTscoKY kauzl. 528.
HERZSIEBEN, f. die sieben der Jierzfarbe im kartenspiel : die
rolbe oder herzsieben. Wesenigk böse spielsieben (1702) 114.
HERZSPANN, n. wie herzgespann sp. 1246.
1) die kranklteil: aslhma, keichender sichtage, herzspann,
herzsperr Dief. 56"; über die wiege sich zu spannen ist nicht
gut, davon kompt das herzspan. Leyer Matzs lustiger corre^n-
denzgeisl (1668) 176.
2) die pflanze: cenlinodia hertespon, hertespan. Dief 112'
{niederdeutsch) ; cordiana herzspan 151" ; herzenspan cordiana
est quedam hcrba. voc. ine. theut. 14*.
HERZSPANNE, f. im sinne von herzspann 1: die alte Anne,
die das kind gestrichen hat, damit es nicht die herzspanne
kriegt, musz auch vier mark kriegen. Holberg von Prutz 485.
HERZSPERR, n. u-ie berzgesperr 1, sp. 1246: aslhma, kei-
chender siciitage, herzspann, berzsperr Dief. 56'.
HERZSPRUCH, m. liebster spruch: die leute wissen noch
nichts von der advocaten herzspruche si fecisli nega. causen-
maclter 61.
HERZSTACHELND, part.:
holfe durch worte mich nicht zu schrecken, als war ich ein
knäblein!
leichtlich könnt auch ich herzstachelnde schmähung erwiedern.
BORGER 232' {llias 20,201).
HERZSTÄRKEND, part. das' herz (den sitz der lebensbaß
Äp. 1211) stärkend: die frucht oder erbse wird für ein kräfti-
ges herzstärkendes mittel gehalten. Nemsich 2, 870.
HERZSTÄRKüNG, f.: ein freundliches gespräche ist der
beste rosenzukker und die kräftigste herzstärkung unserer
gemüller. Bltschky Palm. 415; etwan findt sich die policei
entweder in gasthäusern oder in apotheken, wo sie sich mit
herzstärkungen labet. Wurmsaam Wurmland 38 ;
so trank man, werther Laud, als in gekrönten schalen,
dein blut der scholtschen kirch für ein herzstärkung zu.
m Grtphius 169S 1, 274.
HERZSTEIN, m. calculus cordis. auch ein herzförmiger echi-
nit. Nemmcu.
HERZSTEMMEND, pari, das herz {den süz der lebenshraft)
stützend: damit hatte ich das vornembste miracul verriciilet,
und liesze fürders nichts anders mehr tbun, als den kranken
mit berzstemraenden und andern loshaften sachen bekräfti-
gen. Simpl. 2. 2S9 Kurz.
HERZSTICH, m. stich ins herz (s. herz sp. 1209): um mei-
nen herzstichen mit einemmal ein ende zu machen. Thüm-
mel 2,318.
HERZSTOSZ, n». slosx den das herx gibt, der wm herzen
ausgeht: dasz ich ihm das lavor gerad vors maul hallen muste.
solches brach ihm mit schmerzlichen herzstöszen unver-
sehens auf und gosz eine . . wüste materi in bemeltes lavor.
Simpl. 1,108 Kurz; aucli stosz der das herz trifft: zuletzt aber
wolltet ihr mir, o verrätherische reichthümer, den herzstosz
mit gewaltsamer lyrannei und höchster marfer beibringen.
Simpl. 2, 351 (1713). s. herzensstosz.
HERZSTRICK, m., pl. herzstricke, cohmnae sive Irabcs cor-
dis, dichte muskulöse anhänge an den zwei wänden des lierzetis.
Nemnich 2, 1138.
HERZSUCHT, f. herzkrankheit : berzsucht, cardia, cardiaca,
est quedam inßrmitas. voc. ine. theut. i4'; cordiaca, herzsucht,
herzklopfung. Gersdorf fcldb. d. wundarzn. 99 ; pulsatilis ge-
schlagen in der herzsucht ist vast gut. 18.
HERZSÜCHTIG, adj. mit der herzsuclU behaftet: cardiaais
herzsuchtig Dief. lOO'.
HERZTÄUSCHEND, pari.: die Übermacht berztäuscbeoder
tugendgaukeleien. Dya Na Sore 5, 369.
HERZTAUSIG, adj. in der formel herztausiger schätz:
da such ich meinen berztausigen schätz,
tausig für -tausendig, atis dem zahlworle weiler gebildet, steht
als Verstärkung zu herzensschatz.
HERZTHEILEN, n. ; deine Schwester sah ich nicht, es ist
ein liebes geschöpf, wie ich eins für mich haben möchte,
und dann nichts weiter geliebt, ich bin des herztheilens
überdrüssig. Göthe an frau v. Stein 1, 48.
HERZTHÜR, f.: ihre herzthüre ist lahm und geht nicht
zu. J. Paul briefe. vergl. herzensthor.
HERZTIEF, adj.: in herztifster untertäbnigkeit. Bütsciiky
kanzl. 548.
HERZTRAUER, f. liefe, imiige Irauer. $. herzenslrauer.
HERZTRAÜERLICH — HERZU
1262
HERZTRAÜERLICH, adv. mit herztrauer: woraus ich herz-
trauerlich ersehen, dasz ihr lihster eheherr aus disem nim-
merfrohen jammerleben in di himliscbe paradisfreude ver-
säzt sei. BüTSCHKY kanzl. 852.
HERZTRAURIG, adj.:
nahe ist er den herztraurigen,
macht selig die demüttigeo.
Mich. Vehe gesangbüchtc 17.
HERZTRAUT, adj. dem herzen traut, lieb:
herztrauter mann, fürwahr! dich fällt noch seihst
dein wagemuth: Börgea 174".
HERZTREü, adj.: darumb wäre mein herztreuer rath.
Luther br. 4, 371 ; die herztreue mutter. Weigel 6« Opel 354 ;
einfältig, doch herztreumeinend vor äugen gestellet. Mest-
WERT fluchspiegel (1674) titel.
HERZTREULICH, adj. und adv.: wyr burgermeister und
radt der Stadt Essen, tbun kundt allen und jeden . . . mit
erbietung unsere freundlwiilige berztreulicbe diensle. urk. v.
1546 in der Westphalia von Trosz, 1825 stitck 12 5. 95 ; welches
(wolergehen) ihnen sämtlichen von mir herztreulich gegünnet
wird. BüTSCHKY kanzl. 24 ; so bettest du mir hillich deine
noht und anligen herztreulich entdecken sollen. 375; herz-
treuiich will ich gewarnet haben. Mestwert fluchspiegel, vorr.
HERZTUTE, f. conus marmoreus, herzhorn. Nem.vich.
HERZU, adv. zu und herwärts, gegensalz von hinzu ; im allge-
meinen wie die oben behandelten herab, heran, herauf u.s.w. ver-
laufend, die bedeutung ist eine örtliche, die Verbindung mit gewissen
verben (kommen, nahen, nähern) Idszt an die zeitliche streifen ;
die richlungsbestimmung ist mehr oder weniger scharf ausgeprägt.
l) scharf, indem neben dem zu auch das her, die richtung
nach einem sprechenden oder dem mit ihm in nächster beziehung
stehenden orte betont ist; die neuere spräche verwendet hier ge-
wöhnlich lieber heran oder herbei, das adverbium tritt zu verben
der bewegnng, die in dringlicher rede unterdrückt werden : Josua
sprach zu den kindern Israel, erzu, und höret die wort des
hcrrn. Jos. 3,9; und David sprach zu seiner Jüngling einem,
erzu, und schlag in. 2 Sam. l, 15. die richtung wird durch
beigesetzte praepositionen oder adverbien noch genauer bestimmt .
sprecht zu Joab, das er hie erzu kome, ich wil mit im
reden. 2 Sam. 20, 16 ; trettet erzu für den herrn. 4 Mos. 16, 17.
Solche verben der bewegung sind: ■
brechen, prorumpere: das sie nicht erzu brechen zum
herrn. 2 Mos. 19, 21 ; die priester und das volk sollen nicht
her zu brechen. 24.
bringen: und soits {das brot) in einen korb legen, und
in dem korbe erzu bringen. 2 Mos. 29, 3 ; und der herr redet
mit Mose und sprach, bring den stam Levi erzu. 4.Voa-3,6;
da sprach Saul zu Abia, bringe erzu die lade gottes. 1 Sam.
14, 18.
dringen: herzudringen, appropinquare cum impelu. Stie-
ler 337.
eilen: denn die zeit ires Unglücks ist nahe, und ir künf-
tiges eilete erzu. 5 Mos. 32, 35.
fliegen: herzuefliegen, advolare. Stieler 511.
führen: seine söne soltu auch erzu füren. 2 Mos. 29, S;
dergleichen zeugnis {stellen aus büchern) könte ich mehr herzu-
führen, pers. reisebeschr. 2, 3.
gehen: letztlich giengc der elend Samaritanus herzu,
welcher die wunden meines herzens verbiiiJete. Scuüppius 756.
holen: mau hat mich zu pferde herzuholen lassen, equo
adveclus sum. Stieler 851.
kommen: kompt erzu, und trettet diesen künigen mit
füszen auf die helse. Jos. 10, 24 ; kompt her zu, laszt uns
dem herrn frolocken. ps. 95,1. besonders häufig in bezitg auf
zeit : da nu er zu käme der siebende monde. AV/i. 8, 1 ; bisz
die zeit schlaffen zu gehen herzu käme. Amadis 247; so oft
die stund des nachtesscns oder mittagmabis herzu kommen,
schrye ein jeder, gib herfür, gib, gib. Schoppiüs 738;
und da der tag ein ende nam
und dan die nachte herzuokam. Büueler 292.
kriechen: herzuekriechen , adrepere , versus nos gradum
facerc. Stieleb 1036;
und (das evangclium) spricht: nSr kreuch zum creuz herzu,
im gsetz ist weder rast noch rA
mit allen seinen werken. P. Spbratus tied: es ist das heil
uns kommen her, slr. 9.
laufen: das volk läuft herzu,
lenken: herzulcuken, acclinare, adverlere. Stikler 1146.
1263
HERZU
lIEttZU — UERZ VEREIN
1264
machen, reflexiv: und sollet euch früe erzu machen, ein
Slam nach dem andern. Jos. 7, 14; iiuus sprach zu ir, wcnns
cssens zeit ist, so mache dich hie her zu. Rutli 2,11; ver-
kündiget und macht euch erzu, ratschiahet mit einander.
Jes. 45,21.
nahen: las (er lasse) jene sich nicht erzu nahen (zu mir,
spricht goU), und das volk kome auch nicht mit erauf. 2 Mos.
24,2. in bezug auf zeit: es nahet erzu das siebende jar.
5 Mos. 15,9; darumb komjjt die zeit, der tag nahet er zu.
lies. 7,12; dasz der periüdus fatalis des türkischen reichs
herzu nahe. Scuuppius 373; bei herzunahender nacht, pers.
roscnth. 3, 1 ; und die zeit der geburth herzu nabele. 7, 11.
nähern: hiezwischen nähert sich die nacht herzu. Amadis
57; welches ziil und teriuiu sich denn herzu nähert. 391.
reiten: herzureilen, adequUare, equo advehi. Stieler 1C02.
rücken:
dö sprach sich ein biderraan: ist der gast noch hie innen?
der hebe sich üf und ruck her zu.
Kolmar. meislerl. 170,31 (S. 561);
in bezug auf zeit und begebevheilen : die Darioleta empfindet
die herzurückende freude, so dem freuwiin Elisena wider-
lahren solle. Amadis 22; bisz die zeit irer gehurt herzu ge-
rückt. 28; wie euwer königliche mayest. den fürstcn und
herrn und andern stenden in der königreich befelch geben,
dasz sie bei dero hofiäger nechst herzuruckend fest im Sep-
tember einkommen. 301; ich verwunder mich, dasz ihr euwern
so nahherzugeruckten todt nicht erkennen. 337; ehe morgen
die nacht herzurucket. 416.
rufen: ewer und ewer kinder ist diese verheiszung, und
aller die ferne sind, welche gott unser herr erzu rufen wird.
aposlelgcsch. 2, 39.
schaffen: es musz wein herzuegeschaffet werden, vinum
prospiciendum erit. Stieler 1711.
schlagen: eine hohe bergluft, von einer vorüberschieszen-
den wölke herzuschlagend, fuhr wie ein wasserstral kühl an
meine brüst. J. Paul Hesp. 4, 174.
schleppen: die knechte schleppen sacke voll getreide
herzu.
streichen: der tod so herzu strycht, wiors adveiilans.
Maaler 220'.
strömen: die herzustrümenden ereignisse. Klinger 7,229.
treten: da sprach Isaac zu Jacob, trit er zu, mein son,
das ich dich begreife. 1 Afos. 27,21; da sprach Saul, laszt
erzu tretten alle häufen des volks. iSam. 14,38;
iiu treient herzu die liüszcn wellen,
fliehen wir die heiszen hellen! Uhland volksl. 825;
wer clagen wöll, der trct her zu! fastn. sp. 709, 15;
nu trett her zu, ir junger man! 717, 25;
tritt, schöne maid, herzu,
dasz ich an dir zur probe seh
den brautsclimuck meiner liebsten!
sie ist so schön wie du. Uhlamd ged. 236.
versammeln: werden sich alle fisch des mcers erzu
vcrsamlen? 4 Mos. 11,22.
wälzen: einen stein herzuwölzen.
ziehen: herzuezieben, altraliere, adducerc. Stieleh 2641.
2) die ricldungsbeslimrtiung ist insofern tvenigcr scharf aus-
geprägt, als in einer groszen reihe von fällen der erste besland-
theü her von herzu seine genaue bedeutung Valoren hat, und
nichts mehr besagt als das allgemeine da, dort; vcrtvcchsvlutig
mit hinzu wird dadurch herbeigeführt, beispiek werden nach den
verben der bewegung, mit denen herzu in diesem sinne slvht,
gcfjeben :
bringen: er bracht auch erzu den andern widder des
füllcopfcrs. 3 Mos. 8,22; da madit sich Josua des morgens
früe auf, und bracht Israel erzu, einen stamm nach dem
andern. Jos. 7, 16.
fallen, dazukommen: denn ein jglich auswendig leiden,
bringt mit sich ein inwendig«, darumb das, wenn gott aus-
wendig angreift, so fürchtet das herz den zorn gotics, mit
!-undcn verdienet (zu) haben, und also fallen denn die schweren
hjirüche und drawwort herzu. Luther I, 20*.
finden: und er redet zwar zu den Juden und gotlfürch-
ligen In der schule, auch auf dem markte alle tage, zu denen,
die sich er zu fundeii. apiislel^ch. 17,17.
führen: nach diesem fUreten sie den sechsten oucb erzu.
2 Marc. ", 18.
geben: ols der wirdt hei dem den lotTcl ersieht, gadt
er her zu und rciszt in hcrfür. WicmiA« roUw. 12S,3 Kurz.
kommen: alsbald, da er noch redet, kam erzu Judas,
der zwelfen einer, und eine grosze schar mit im. jl/urc.14,43;
es kamen auch ei°zu viel von den unibligcnden stedten gen
Jerusalem, apostelgescti. 5,16; da das geschaCh, kamen auch
die andern in der insulen erzu, die krankhcit hutten, und
lieszen sich gesund machen. 28, 9. abgeblasztei-, dazu liommen,
obendrein sich zeigen : jelzund nach so groszer traurigkeil der
Zeiten, sein gewafl'ncle Icut herzu kommen, welche kirthen
und altär zu vcrcndern, und uns das elend trohcn. Scuur-
riüs 691.
machen: und Joab macht sich erzu mit dem volk -das
bei im war, zu sireilen wider die Syrer, und sie flohen für
im. 2 Sam. 10, 13.
schleppen: der hund läszt sich seine besten knochen
herzuschleppen. Kauenek 2,26.
setzen: drumb setzt der h. geist herzu, und sagt von
diesem Hiob: er war goltsfürchlig, und meidete das böse.
SCHUPPIOS 145.
thun: Aaron aber und seine söne sollu setzen, das sie
ires priestcrlhums warten, wo ein frcmbdcr sich erzu thut,
der sol sterben. 4 Mos. 3,10; gelehrte leute hallen darfür,
Salomo habe an seiner künigl. tafel erzehlet die fabulas
Aesopi, welche hernach Assaph hab zu papier brachl, und
von demselben haben sie die Griechen bekommen, welche
hernach ihrer gewonheit nach dieses gedieht herzu gethan,
dasz bei ihnen ein mann gewesen sei, mit naincn Aesop,
der diese fabeln erzehlet hab. Schüppius 111.
tragen: in allen Clustern gibt es gut hier, darin die alte
nonnen das wasser herzu tragen, und die jungen das malz.
wo aber Simson das wasser herzu trägt, und Lazarus das
malz, da gibt es ein elend getränk. Schüppius 119.
treten: da trat erzu, der fünf cenlner empfangen hatte.
Matth. 25,20; und wiewol viel falscher zeugen erzu traten,
funden sie doch keins (zeugnis). zu letzt traten erzu zween
falsche zeugen. 26, 60. ^
zittern:
'komm, auch Israels söhn, und auch mein brnder, und jünger,
als mein Itcnjamin war, komm, und umarme mich!' Samcd
zittert herzu, und umarmt ihn. Klopstock 5, 34.
3) herzu, «»/ einem vcrb des anordnens, im sinne von dazu
(no. 8, th. 2, sp. 875), hierzu: kante aber darum niclit aus der
kammer kommen, ein last abzulegen, der zwar nicht giosz,
aber doch sehr beschwerlich war, sie über die bestimmte
zeit zu tragen; fand mich aber hinter einer tapezerci mit
einem herzu bestimten ort . . versehen. Simpl. 2, 174 Kurz.
HERZÜCKEN, verb. l) intransitiv, sich zuckend herbewcgcn:
blitze zucken her; die flamme zuckt schon her.
2) transitiv, gewaltsam her holen, her reiszen: darumb die
Römer solche feldflüchtigen herzuckten. Tacius bei Froksp.
3, 271".
HERZUG, m. das ziehen, wandern liieher: die truppen sind
schon auf dem herzuge.
IIERZUHEK, (idv. das verstärkte herzu .
aber wenn du basz hcrzüber gehst.
Jephllies {Slra.<izh., IWut) 05*.
IIERZUNG, f. osculaliü, aviplextis, complexus. Stieler 831,
als ziemlich seltenes wort bezeichnet.
HERZÜINGELN, vetb. sich züngelnd herbewegen: wie die
flammen herzüngein!
HERZVATER, in. herzlich geliebter vater {vgl. herzensvater):
lici'zvatcr, wenn ich czarin bin zu Moskau,
sich, dann musz Kiow unsrc grenze sein.
Schiller 008 (fiemctrius 1).
HERZVEHBUNDEN, pari. : hei dieser gciigcnhcit fallt mir
auf, dasz an einen so gcistvcrwandlen und herzverbundenen
freund wie Zcllcr kein besonderes gcdichl in dieser ganzen
Sammlung sich vorllndet. (iötiie 4, 189.
IIERZVERDRIESZ, m. vcrdrusz des herzens:
dasz ich mich wil der weit borniihcn,
mit mancher nohl und horzwnlricsx.
NiuaAMK luittedlddien 77.
HERZVERDRUSZ, m.:
08 ist mir lauter hcrzvordrusz,
dasz ich die sonno schuuon inusi.
Nechahk luttwäldehcn tM\.
IIERZVEHEIN, ni.;
t'iiio Kolclic i>l OS .' i'iiic,
dii! kein nam« nennen kann '■
diu tu vulluni hcrxvurciuo
mich lu Innig liebgewann. iJciu.i h i.i .
1265 HERZVERGIFTERLN — HEllZWUNDER
IIERZVERGIFTERIN, f. :
nimm, o nelt, die letzteu abschiedsküsse!
diese thräiieii nimm, o weit, noch liin !
deine gifte — o, sie sciimecliteu süsze!
wir sind quitt, du lierzvergifterin !
Schiller die kindesmörderin.
HERZVERKNÜFFT, fart. :
icli wünsclie nun hierauf euch, herzveiknüpfies paar,
des glückes Sonnenschein, der wollust steten lenzen.
LouEüSTEiN bhimen 123,
HERZVERNÜGEN, »i. vergnügen des Heizens:
ab disem järlichen gewin
hat er ein solches herzvernögen. Weckuerlim 5T5.
HERZVERTRAUT, pari. . ein herverlrauter freund. Rltschky
kanzl. 34 ; berzvertiauler, brüderlicher freund. 286 ; dein herz-
vertrautester freund und brudcr. Gübisg liebesmeyenblülmlein
(1054) 168.
HERZVIELGELIEBT, pari.: herzvieigeliebte fiirsliicbe ge-
mablinn. Rist I'arn. 290; seiner bocbgräfl. excell. berzviel-
geliebten frau geraahlin. Schuppius 217; berzvilgelibter »ater.
BuTJCBKY kanzl. 2T1.
HERZVOLL, adj. : ärgeriicb war mir daher die beftige Zu-
dringlichkeit eines so geist- als herzvollen mannes {Lavalers).
GüTUE 26, 261.
HFRZWÄSSER, «. l) pericardinus liqiwr. NEMniCH 4, 9tO;
eine feine feuchtigkeil im herzbeulel, die nach dem lüde des indi-
viduums in wasserform erscheint. Früher aber versland man dar-
unter die galle, oder auch diejenige mit galle vermengte wässerige
Substanz, die sich beim erbrechen zeigt: berzwasser, cholera, bi-
lis Maaler 220'; bilis dicitur humor qui est in follicvlo fellis,
berzwasser. biliosus, chokricu's, dem das berzwasser seer uf-
stüszt , der geel wasser kotzet. Alb. Xs'. schweizerisch ist
lierzwasser das Sodbrennen, oder vielmehr eine flüssigkeit, welche
bei einem leeren magen durch das erbrechen herausrinnl. Stalder
2, 41 ; in Appenzell berzawasser. Tobler 265*.
2) berzwasser, ein herzstärkendes, künstlich bereitetes wasser,
aqua pectoralis, cordialis. Stieleh 2144.
3) berzwasser, mhd. berzewajjer, für trähiien :
mit herzewajjer si da twuoc
ir liebten wängel rösenvar.
K. V. WÖRZBUHG Partenopier 7960;
es sollt euch doch die schwere gschicht
berzwasser treiben ausz dem gsicht.
BiRK doppelspiler 12.
HERZVVEH, »1. mhd. berzewfi und herzewewe, schmerz im
herzen, körperlich und in bezug auf das gefühlsleben : berzwee,
cardiacus murbus Maaler 22o'; berzwehe, cardialgia, cordolium
Stieler 245S;
sterben — schlafen,
nichts weiter! und zu wissen dasz ein schlaf
das herzweh und die tausend stösze endet
die unsers (leisches crbtbeil . . . Shukesp. Hamlet 3, 1,
to die — tu sieep,
no more; — and, by a sleep, to say we end
the heart-ache, and tbe tbousand natural shocks
that flesh is heir to.
in der form berzenweb:
gezwungene ehe
bringt herzenwehe. Leumans 170.
HERZWERTH, adj. : in ansebung obgedacbter raänner,
insonderheit meines, auch nach dem tode berzwebrten herrn
Opitzen. J. Rist himl. lieder das 5. zehn (1642) vorrede.
HERZWILLIG, adj.:
dich, meinen gott und herrn
will ich herzwillig sein
mit lobgesang zu ehren
bis in das grabe mein.
Spbe güld. tugeiidbuch (1656) 678;
lUiiz du zur lehr herzwillig seist, und dasz dein herz die demut
liebe. Simpt. I, 77 Keller.
HERZWINGEN, verb. arripere, vi exapere, ad se traducere,
m se trahere. Stieler 2670.
HERZWISSER, m. der eines fühlen und denken durchaus weiss,
vertrauter freund: sein innerster berzwisser der im ganz ge-
heim was, Jobannes der portuensiscb biscboff. Fbanck ehr. 297'.
HERZWL'iNDE, f. wunde die ins herz geht, sowol in eigent-
lichem wie im übertragenen sinne: denn e. gn. altgescblagene
berzwunde, kümmerlich in etwas überhcilet, durch neuen
herzensris wider geöfnet und aufgebrochen wird. Butscbky
kanzl. 853.
HERZWUNDER, n. als poetischen atisdruck für groszes wunder,
'tn magnum ducens morlalia corda stuporem' gibt Stieleh 1391.
IV. II.
HERZWÜNSCUEÄD -— UESCUEN
1266
HERZWÜNSCHEND, part. : mein berzwündschendes flehen.
BuTECUkY kanzl. 527.
HERZWURM, m. l) ascaris lumbncvides, der gemeine, im
mensdien sielt aufhaltende spulwurm. Nessicu 1,495; ein guter
trank vor die groszen würm im leib , die sonst mit keiner
arznei künncn oder mögen auszgetrieben werden, und ist
sonderlich e^fabien vor den berzwurui. Tabernaem. 159. das
volk glaubt, ein sAchcr wurm verursache Übelkeit und zusammen-
laufen des Wassers jh» munde. Frisch 1, 147* ; wenn jemand gfrosze
angst und dabei Übelkeit hat, so sagt man im Saterlande, der
berzwurm bepisse ihn. Strackerjahs abergl. und sagen aus
Oldenburg 2, 108 ; ahnlich in Düringen, Sachsen ; in Baiern Scan.
4, 155. iN'üc/i dem abgange des berzwurms soll der lod des men-
schen e>folgen.
2) berzwurm, eine krankheit der pferde: wurm oder unge-
nant (rosskrankheil) . . sindt demnach der würme dem ort
nach viererlei . . . zum andern der vorder oder berzwurm,
welcher in der brüst nächst vor oder über dem ort desz
herzeus entspringt. Uffe.nbacu neues rossbuch 2, 29.
3) berzv\urin, plialaena brassicae, eine durch eine raupe ver-
ursaclUe verdeibung der innein blätter des weiszen kopßohls,
Nemsicu.
4) herzwurm, bildlich für das nagende gewissen: nagender
berzwurm. MClmann geisel 5.
HERZWURZ, f. name mehrerer ofßcineller pflanzen, denen
man herzstärkende Wirkung zuschrieb, des aconUum anthora, sonst
heiUamer sturmhut, gißheil; und der fumana bulbosa, erdrauch.
Nem.mcu 1, 50. 2, 16S1.
HERZWÜRZEL, /. die miniere, pfahlwurzel eines pflanzen-
slammcs : gleich wie die wurzel desz baldrians oder des be-
iiedictenkrauts, welche auch unden an der mittelsten berz-
wurzel abgebissen scheinen. Tabernaem. 559 ; dieser freie
wille des menschen (ein gott oder dem salan wolgefälliges leben
zu führen), ist die berzvvurzel der tugend und der laster.
BüTscHKY Palm. 230; ein gelehrter ausländer sagt nicht un-
gereimet , dasz man der poesie mit entziehung der liebes-
sacben die berzwurzel verstecbe und hergegen der liebe durch
entziehung der poesie den lieblichsten blumengarten ver-
scblieszen würde. Hoffmansswaldaü heldenbriefe (1680) t'orreJe.
HEIIZZERNAGEND, pari. :
zürnten im herzzernagenden zwiste.
Stolberc Ilias 19, 58.
HERZZERREISZEND, pari.: mit einem rufe, in dem sich
Zärtlichkeit, jammer und die alleiäuszerste besorgnis zum
herzzerreiszendsten tone miscbleu, stürzte sie zu ihm nieder.
Immerhann Münchh. 4, 79.
HERZZERSCHNEIDEND, part. :
uud straks fuhr sie ihn an mit herzzerschneidendeu werten.
Bürger i'J2'.
HERZZITTERN, n. ; berzzittern, traurigkeit. Thürneiszer
erklärung der archidoxen 117.
HERZZUCKER, m. zucker, als herzstärkende arznei besonders
bereitet . lasse das erbarmende, jammrige herz Christi deinen
herzzucker und confortativ sein. Orno 886.
HERZZWINGER, m.:
zwei herzen in ein brüst kan er (herzzwinger) bringen.
VVeckuerlin 7sl.
HESCH, HESCHE, m. das schluchzen, schlucken, mhd. nur in
der letzteren form (Le.\er ut. 1, 1278): singultus hassch, besehe
DiEF. 536* (veryl. auch beis sp. 896); besch singultus Dasyp. ;
der hesch oder klu.x kompl von volle oder öde, von böser
kalter complex, so man kalte speis gesseu hat, wie den
alten geschieht. Herr schachtafeln der gesundheil (1533) 237;
die so gluxen oder den hescb haben. Thcrneiszer beschr. in-
ftuent. wirkg. s. 13; vertreibet den besehen oder klux, so von
winden verursachet wird. Tabernaem. 390; schwäbisch besch
Schluchzer, in Ulm bösch rülpser Schmid 275; den besehen
büszen, durch besprcchungen vertreiben, wobei in der folgenden
stelle besehe eine Umschreibung für obscOnes ist:
wann du so liungerig pist und geitig,
mir würn di kil'ererbeis über jar zeitig,
wann ich dir nit küud püszen dein {für deinen) besehen.
fiisln. sp. 701, 29.
HESCHELRECHEN, m. nachrechen, groszer rechen, um nach
vollbrachtem schnitte des getreides die einzelnen zerstreut liegen
gebliebenen ähren zusammeti zu rechen, öcon. lex. 169i5. rfte
bezügliche arbeit musz wol hiernach heschelu heiszen.
HESCHEN, verb. schluchzen, schlucken, es gibt eine ganze
gröszere reihe von verben, die das unfreiwillige schluchzen durch
eine ungefcAre nachahmung des dabei zu tage tretenden lautes
80
1267
UESCUEN — HESSE
HESSE
1268
bezeichnen, verben, die zum theil tn der form weit von einander
abstehen (vergl. pfnesclien, klucken, griUen, schnipsen, such-
ten), eins COM diesen isl besehen mil seiner stppe , eben auch
formell vielfach weciiselnd: für das mhd. ist heschen und \n-
schen bezeugt, nebst dem iterativ heschzen, «. unten; Verstärkung
des auslauts im stamme zeigt ein auch öfter vorkommendes, an
alphabetischer stelle aufge/iihrtes lielschen ; noch anders ist der
auslaul in hicken, bixen singttUare Dief. 53(>* behandelt, aber
auch der anlaul des worls, der ja nur einen unbestimmten guttu-
ralen ton malen will, schwanlU zwisclun allen drei stufen der
yutturalis: die media isl vorhanden in gesehen, gischen (Lexer
mhd. Kb. 1, 900. 1022), die lenuis im niederl. kichen, sowie im
hd. kischen, keschen, vergl. th. 5, sp. 438. 439. 851 ; palataler
laut endlich in juschen singuUire Diekenb. «or. yloss. 34ü'. —
heschen oder schnupen, singultare voc. ine. theul. kl"; (das
anetkraut) ist giiot wider daj wüllen und wider die undäw
und wider daj heschen. Megenbebc 381, 32; der bischoff
erschrack und wart bekümmert, fieng an zu weinen und zu
heschen. A. v. Evbe 51"; heschen oder klucken von iure. Hehr
schaclitafeln rftr gesundheil (1533) s. 148; eingemachter ingber
benimpt das besehen oder kluken und heftig aufstoszen des
magens. Ritf teiUsch apothek (1548) Oo'. tu Baiern besehen,
bischen schluchzen Schm. 2,253; kärnln. heschen Lexek 139.
HESCHEN, verb. bummeln, ziehen, gehen, nebenform zu hel-
seheo, s. unten :
uiit heschen und mit zechen
regierends lüt und land. Tu. Blaureb;
beb an, was wilst, so hesch ich mit.
Scuhelzl vertur. söhn 13*.
HESCHER, VI. schlucken, schluchzen. Scum. 2,253; kärnln.
beschar. Lexer 139 ; in Vorarlberg böscher. Fromm. 5, 482.
HESCHGE, Hl. der schlucken, das schluchzen: er vertreibt
den heschgen oder klux, eröfifnet die ieber. Tabernaem. kräu-
terb. (1588) s. 3. das wort weist auf ein verbum heschgen neben
besehen und heschzen hin, das aus Tirol bezeugt ist. Fromm.
6, 149.
HESCHITZ, «I. dasselbe, beschitz singullus Dief. 536*, Schm.
1^,1184. singuUus bescbicz, bichcz Dief. nov. gloss. 340*; ahd.
heskel singullus Graff 4, 1062.
HESCHUNG, /■. singullus. Dief. nov. gloss. 340*; das sind
dy czeigen des verkalten magen : rupczung, heschung. kächen-
meist. d ij.
HESCHZEN, verb. schlucken, schluchzen, iterativ zu besehen
oben: ahd. heskazan, mhd. hescbezen; mundartlich, in Baiern
bescbezen Schm. 2, 253 ; in Kärnten bescbazen Lexer 139 ; es
scheint wesentlich, auch in den folgenden belegen, auf das bairische
Sprachgebiet eingeschränkt. singultare hescbiczen Uief. 536*;
hicheczen, hescbiczen nov. gloss. 340* ; wann der mögen aul-
stöszet und man immer hescbilzen musz, so soll man gal-
gant in wein sieden und es morgens und abends trinken.
HOHBERG 1,282'.
HESCHZER, m. singuUus : besciiizer schluchzen, bairiscli,
Schm. 2, 253 ; beschazar kärntnisch. Lexer 139.
HESPE, f. thürband; kniebug, liamme, s. huspe, bäspe, sp.
543. 544.
HESPEL, f. mespilus germanica, die mispel, aucli im dim.
bespelein. .Nemmcu 3,560; judendöcklein, achleben, büffen
(oder bagenbutlen) und hespelein (werden zu einem pulver ge-
durrt). Hohberg 3, 1, 207*.
HESSE, f. kniebug, betn; vergl. die nachweise unter hcchsc
sp. 738. in seltenen fällen hat das wort seine bedeutung geändert :
clunis, ersbelle .i. hesse. Breslauer voc. ms. aus d. Vo. jahrh.
HESSE, m. Hessus, mlid. Hesse, die frage, ob hi>:r ein aus
a umgelautetcs oder ein aus i getrübtes c vorliegt, beantwortet
sich zu gunsten des ersteren dadurch , dasz in den lateinischen
quellen des althochdeutsclien Zeitraumes die formen Hassi und
Has&ii mit Hessi und Hcssii gleich häufig wechseln und der
name des Heuengauet öfter und früher Hassago als Hessigowe
geschrieben wird (Förstemahn namenb. 2,690/'.); auch der eigen-
name Hasso, der sich ganz zu ähnlichen, wie Sahso, Durinc
tlelU, zeugt für altes a. dem gegenüber musz die tiefe ausspräche
des G in dem worte , t/t« Vilmar 166 bezeugt (das wort wird
bekanntlich mit tiefem e, fast wie Hasse gesprochen) eine
jüngere ertchetnuny stin ; mhd. gedickte, in denen Hesse im reime
auf etn »ort mü 6 erscheint :
Tüiunc von Normamlic,
und iluer bruuder dric,
Marcbunc von lleiiea,
di« uuch xo itrite woi w«i«on. I/kuu/k ftuJit 86t3i
Sluiiuger von Hessen
oucli mit schalle ziio reit
mit schoenen scharen sehsen.
rab$ntchtacht 494,
entscheiden nicht, da es gerade solche sind, in denen ungenaue
reime (e : ii) öfter vorkommen.
Es ist versucht worden (Guimm gesch. d. deutschen spr. 567 ;
vergl. kalze th. 5,281 «nrf Müser verm. sehr. 1,297) den namen
der Hessen mythologuch (in bezug auf eine stammsage) zu deuten,
wol auch einen Zusammenhang mit dem worte kalze anzunehmen,
lautlidi unmöglich, da schon der anlaut widerstrebt, indem k und
h nicht in demselben worte wechseln, und wenn die katze auch
hize, bise, hesse heiszt, so gehen diese letzteren namen von den
lockrufen aus, und haben, wie die ähnlichen mise, mize, böse,
winze keine etymologische Verwandtschaft zu dem eigentlichen
katzennamen. ebensowenig kann der hessische wappenlöwe in die-
ser beziehung beweisend sein, nicht nur weil dieses thier als wap-
penthier, gerade wie adler, bär, ungemein oft verwendet ist, sondern
auch, weil die ausbildung des wappenwesens für Deutschland in
eine vßrhälluismäszig späte zeit, das il. Jahrhundert, fällt, und
bei der wähl dieses Wappens wol weniger erinncrungen an stamm-
sagen, als vielmehr der wünsch stärke und tapferkeit sinnbildlicli
auszudrücken, maszgebend war. endlich entscheidet auch für
mythologischen hinlcrgrund und Zusammenhang mit katze die be-
kannte spöttische bezeichnung der blinden Hessen keineswegs.
Grimm und ihm folgend Vilmar 43 fassen dieselbe als letzten nach-
klang einer sonst unbezeugten Stammessage auf, wonach der stam-
mesahnherr für ein weif, das blindgeborene junge eines hundes
oder einer katze sei ausgegeben worden, daher man wol auch die
Hessen blinde hunde oder blinde Hundehessen genannt habe, wie
man (im 16. jahrh.) den hessischen wappenlöwen eine katze schalt,
der Vorwurf der blindhcil — man weisz niciU, ob und wie viel
er aber das 16. jahrh. hinaus gehl — tri/fl auszer den Hessen
bekanntlich auch noch die Schwaben, ja bei den Düringern diese
letztern vorzugsweise, denn sie nennen die Hessen seltener blind
als taub, und die Liltauer bezeichnen überhaupt den Deulsclten
als blind, aklas Wuketis, vergl. th. 2, 121. Hiernach bezielU man
das epitheton am natürlichsten auf die geistige blindheil oder Ver-
blendung (blind in diesem sinne ist schon alt, vergl. das ags.
bygeblind von verblendetem gemüte), reiht die angeführte Verbin-
dung unter viele ähnliche ein, die sich nachbarliche misgunst er-
laubt und erinnert sich, dasz die Hessen wie die Schwaben unter
allen deutschen stammen vorzugsweise im rufe einer zähen störrig-
keit stehen, vian mochte dann später, unter Verstärkung des ver-
ächtlichen Sinnes, das blind auf die neugeborenen hunde ausdeuten.
Wurzelhafler Zusammenhang des alten volksnamens Cbatli,
Chattae, weiter gebildet Chaltuarii, ahd. Hazzoarii, ags. Hetvare,
mit dem späteren Hassi, Hessi ist in jedem falle mit Pfister
(über den chattisch, u. hess. namen, 1868 s.2ff.) anzunehmen,
wenn auch die eigentliche bedeutung des namens weder mit der
katze etwas zu thun hat, noch auch die auffassung der Chatten
als pilcati (altn. hattr und höttr hut) gethrilt werden kann, in
dem Chattennamen scheint die wurzel bat {guth. hatan und baljaii
verfolgen, hassen) deutlich zu tage zu treten und das wort (ab-
gesclwn vom bildungssufftxe) aufs engste verwandt dem altnord.
heija hetd, ags. betend, bettend krieger. Hesse geht aus von
Weiterbildungen derselben wurzel, golh. batis Verfolgung, hasz,
hatiz6n zürnen, und zwar dergestalt, dasz der Zischlaut des worlc-
auf den vorhergehenden dental assimilierend wirkte; wie es auch
der fall war in dem seltenen und der Jägersprache angehOrigen
bessen hetzen, mil hetzhunden jagen (Lex er mhd. wb. 1, 127R),
bessehnnt, hessezohe hetzhund , ahd. hessehuni , hcssezuba
(Graff 4, 977. 5, 600). Chytraeus gewährt cap. 49 einen hasen
iiissen, venari, wogegen sein Vorbild Golius heizen setzt. — die
bedeutung des Chatten- wie Hessennamens wäre demnach wesent-
lich duselbe.
Der ruf der Hessen im sprichworte isl im allgemeinen ein un-
günstiger: du bist ein blinder Hesse! wolt einen groben töl-
jiel und fantasten damit anzeigen. Frank s}>richw. 2, 49*; wo
eine Hesse in ein fremd haus kommt, so zittern die nftgcl
an den wänden. Simrock sprichw. 248 ; ihr land ist ein armes
(vergl. hessenbalze)'
im lanilo ilt>«»«it
Ktebt« )rri)Mo l)(<rgc und nicht« xu csarn,
Kfusic kniK und »auren wein,
wer inüclilc wohl in licsscn »«in?
ui'iin tclilfliin und li()l/.t|iri<l nicht K'^rnlh^n,
so haben lio weder xu »leUen noch xn bratan. du'.:
und der hessische wein isl gefürchtet: isl er so sauer, als wann
er in Bayrn oder in Hcssan gewachsen wfire. Simpl. ' "^" !•:•■•■.
1269
HESSE — HETSCHEN
HETSCHEPETSCH — HETZE
1270
Dem gegenüber lobl ein Hesse seine landsleule: die Hessen sind
freudig und unverzagt, und flberausz vernünflig, und eins
treiniciien hohen verstandts. also schreibt Cornelius Tacitus
Ton in, und ist war, dann auch zu der zeit, da die poeten
seltzam waren, da gab das Hessenland zwen frefllicher poe-
ten, Helium Eobanum Hessum, und Eurilium Cordum, ich
geschweig ander gelert männer, die noch heutig tags leben.
E. Alberds dici. s. v. Hess.
HESSE, m.? f.? eine waffenarl, nach Schm. 2,249 ein stosz-
degen : halbhawer. krommort, poniart, weidner. hessen, morf-
pfrimen, jacobsstecken, paister, ddlen, schwertpfrimen. Garg.
118*. Grodi geseh. d. d. spr. 781 stellt die vermiitung auf, dasz
die vaffe nach dem lande genannt sei.
■ HESSE, f. populus tremula, die espe. Neäsich 4, 1046.
HESSEN, rerb. l) die flechsen des hinlerhuges durchschneiden.
Jacobssos 2, 256*. vergl. hech=enen sp. 739. 2) in anderer be-
deulung bei Sebiz: hasen hessen .. hessen heiszt ein vor-
hülzlin mit gamen fOrrichten. hetzen beschicht inn freiem
feld mit den hunden on garn. feldbau s. 568 {trie treidmän-
nisch von etlichem uaidtrerk zu reden) ; ivobei das oben bei Hesse
Ober hessen bemerkte tu vergleichen; s. auch hetzen 1, a.
HESSENBATZE. m. verächtlich, wie roter heller: ich habe
schon seit acht tagen keinen bessenbatzen mehr. Streft des
burschen heimkehr 11.
HESSENBIRNE, f. lövenbirne, eine vorzügliche dauerhafte bir-
nenart. Nemsich.
HESSENFLIEGE, f. cecidomyia destrvclor, eine dem weiien
schädliche fliege.
HESSENGARN. n. eine art garn, welche besonders in ElheV'
feld und an mehrern orten im Bergischen verfertigt trird. Jacobs-
S05 6, 7l'.
HESSENLAND, n.: Hessenlant Hassia voe. ine. theut. kl*.
HESSISCH, adj.: das hessische land; das hessische Wap-
pen ; hessische schmelztiegei , aus hessischer erde gemacht,
die bei Almerode gegraben wird (Frisch 1, 44"') ; hessische zwickel,
eine besondere art von Strumpfzwickeln, die der Strumpfwirker
verfertigt. Jacobsson 6, 72*.
BESTEN, in der redensart: es ist eben besten wie gesfen
(hin wie her, eins wie das andere), dorfzeitung 1S34, no. 189,
j. 761. vgl. gesten.
HESZLING, m. cyprinus dcbula, ein weiszfisch. vergl. häsz-
ling sp. 558.
HETSCHE, HETSCH, m. nebenform zu besehe, schlucken,
schluchzen, tgl. sp. 1266: singuUus hetsch Dief. nor. gloss. 340';
wundsucht, febres, paroxysmi, hetschc, lobigkeit, krampf.
Paracels. opp. 1, 363B; das der magen für und für den het-
schen, singullum genant, gewint. chirurg. schrift. 182 B; also
ist der hetsch das zittern des magcns. das.; vor den schluch-
sen oder hetscben trink warm hier mit eierdoltern. Hobberg
3, 1, 230'.
HETSCHEN, verb. schluchzen, schlucken: singuüare hetscben
Dief. 536*. vergl. besehen.
HETSCHEN, verb. intrans. ziehen, gehen, bummeln, nebenform
zu hatschen, hätschen sp. 559, und dem alemannischen sprach-
fjcbiel eigen: auch die weiber seind on schäm, weinsauferin ..
hetschen immer mit, hangen binden an den mann. S. Frauk
trunkenheil (i53t) Fij'; kurz wer nicht mit hetscht, der ist
ein Schelm. H'; wer mit hetschet, musz mit an galgen.
wellb. 39'; sonst müst er auch wie der schultheisz von
Hundsfelden mithetschen. Garg. 4; ich hetsch mit, wie der
schultheisz von Slechfelden, der hieng mit. 228'; der nicht
mit hetscht, der ist ein schelm. Pbilaxder 2,222;
ir seind fast vil und nit geielt
die nach der unsal haben gestelt.
wer hat Vernunft und yebt dje nit,
wie hoch der ist er hetscht doch mit.
narrenschijf crxii, 82 Zarneke;
kein lumpenfürst kondt »ich nit regen,
kein graft und lierr sich ihn (nie?) bewegen,
die statt (Siraxtburg) wolt auch mit inen hetscben.
Stöbers Attatia 1858 s. 60;
derhalben mit dem edlen häufen
auch roitzuhetschen und tulaufen.
FtscRART dichtungen hd. 2,117,84 Kurt.
vergl. auch ketschen, th. 5, sp. 628 f.
HETSCHEN, verb. für hetzen, irte heischen ßr heiszen ge-
brauehi wird {vergl. .«p. 897) :
bawern ir hund an mich hetschen,
bald mus ich aus eim dorf mich fetschen.
H. SiCHs (tC12 2, 4. 10) bei SCH«.
1, II« Fromm.
HETSCHEPETSCH, m. hagebutte, in Batern und Ostreich;
vergl. hätschepetsch spalte 559 : wann es viel schieben und
hetschapetscben giebt {so folgt ein kaltes jahr). Hohberg 1,104*.
HETSCHIEREN, verb. trab oder galopp laufen, dasselbe was
basieren, basieren sp. 542:
indesi setit sich fraw Fama auf,
hieb irem brauch nach weidlich drauf,
das postpferd stets hetschiereu liesi. midienkr. 1, 297.
HETTEKUMMER, m. eifer, eine umdeulung aus dem dunkeln,
th. 3, sp. 1174 besprochenen etkum : wenn ein ding übel aus-
schlügt, so kan ein idweder leichte sehen, wie zu helfen
gewesen, wenn bei einem werke die meinung gutt, selbiges
mit möglichstem bedachte fortgestellet ist, nimt aber einen
unglücklichen ausgang, so las den besträflichen hettekummer
fahren. Bctschky Patm. 637. Es fällt auf, wie dieses wort bei
einem Schlesier erscheint, das sonst nur dem alemannischen Sprach-
gebiete angehört.
HETTEL, /. die ziege, vorzüglich die junge, ein alles, und
in Oberdeutschland verbrätetes wort: mhd. hatele (Lexer »6.
1.1195); Schweiz, hatle. Stalder 2,25; schwäb. battel, hätlel.
SCHJIID252; fcair. hett, hettel, hettelein. Schm. 2, 256; in Tirol
hattl, hettl. hödl ziege, aber auch bock. Fromh. 6,146; in Vor-
arlberg haüele, hätteie junge ziege. 5,486; klrntn. heltia, bet-
tele weibliche ziege, die noch kein junges hatte, dann eine zottige
ziege überhaupt. Leser 140. das wort gefiOrl jedenfalls unter die
lautmalenden, man mag es wol nebst dem zu ihm gehörigen
verbum betteln, mit Wackersacel voces rar. anim. (1869) s. 77
als an eine nachabmung des meckerns angelehnt fassen (betteln.
meckern, meckernd lachen. Schm. 2, 256, vgl. hatteln oben sp. 560);
doch kann es audi auf den hüpfenden, springenden gang der ziege
zielen, vgl. das schwäb. hettel für junges reh und leicht umher-
hüpfendes kind, haddeln nach art der ziegen trotten, bätteln,
gängeln, bättelig kindisch (Schmid 252) und unten hotten und
liuttel; auch eichhettel ßir eithhorn th. 3,81. scherzweise wird
hettel auch auf ein mädchen bezogen, vgl. Schm. a.a.O.; hedel
ein hageres, schlankes frauenzimmer. Schmid 252.
HETTEL, n. diminutiv zum vorigen, aus bettelein : da war
es ein bott mit zweien sddaten, welche meinem bauswirth
. . seine gelsz genommen und solche hinweg führten . . .
die kinder aber schrieben alle zusammen : ach unser hetel !
ach unser hetel! unser hetel! Simpl. 3,356 Kurz; disz hat uns
gott bescheret, unser hetel damit auszulösen! 357. s. heltlein.
HETTELN, rer6. meckern, meckernd lachen, kiehern. bairisch.
Schm. 2, 256. vergl. oben hettel,
HETTLEIN, n. junge, kleine ziege: ein salueblellein an der
schepskeul oder kalbfleisch, oder inn die heltlein gebunden,
lest sich auch essen. .Mathesius hochzeilpred. 64*.
HETZ, 1) locKruf der ziege, in der Wetterau und in Hessen,
liier rieten hetz auch in der form hitz, hieze, hisse. Vilmar 17I.
der lockruf wird zum namen der ziege selbst, auch im nieder-
deutschen: bitte ziege, hitken zicklein. Fromm. 5,164. 160. vgl.
hätzel oben sp. 561.
2) zuruf an hunde: hetz! hetz! Göki.ngi 3,18 {vergl. unten
heizen 2) ; der jäger auf der hetzjagd ruft sobald ein hose auf-
steht, demjenigen der die hunde bei sich hat, zu: hetz los!
Jacobsson 2, 256*. daher die hunde hetzlos machen, sie tum
hetzen von dem stricke los machen, das.
HETZBAHN, f platz oder ort, in welchem wild zum ver-
gnügen der Zuschauer geheizt wird.
HETZB.\,ND, n. eine besondere art hundehalsband zur Hetzjagd.
Jacobsso:« 6, 72*. 123*.
HETZE, f. 1) con'i« pica, die elsler, ein altes und land-
scliafllich weit verbreitetes wort: pica hetz. DiEr. 432*; pica atzel,
agiaster, alsier, hetz Golii onomast. (1582) 296; die hetze
oder atzel, einer der bekanntesten vögeln. Hohberg 3,2,371';
schwäbisch hetze Schmid 277, nach Nemnicr 2. 1246 mit langem
vocal häze; in Koburg hatz Fromm. 2, 217; im ^assauischen heiz
und hetze. Kerrein 195; im Egerlande hälz die duhle. 6,176.
das Wort geht (vgl. Wackernacel voces rar, anim. 1869 s. 48)
auf eine nachahmung des vogelruffs zurück, wofür auch das
compositum schetterbetze iScrmid o. a. o.), schatterbätz oder
aisler Schm. 3,413 zeugt; neben hetze ist die «eibliche molion
helzin nicht ganz ungebräuchlich :
die äffen wurden ungeschlacht,
meinten, die heti heit sie veracht . . .
und straften die hatzin danimb, Etkiii'(c 1, 131.
an der hetze wird hervorgehoben die buntheit :
an färben bist du gleich den heizen,
und an geberden geilen motzen. WpctHeatii 804.
80*
1271
UETZE
HETZEAUGE — HETZEN
1272
vorzüglicli aber die gcscliwätzigkeit : im ralil sei ein schweizer,
ira belli ein pfetzer, über dem lisch ein kelzer: zu der
arbeit sei krelzig, zum fressen aufselzig: im scliwetzen sei
ein heiz, im fressen Bei der gölz. Garg. 45"; sie schvvetien
wie hetzen, bicnk. 193';
die lietzc, die hetze
trib gar ein unnütz gschweize. Uhlasd vulh^t. 39;
die ist gswetzig gleicli einer hetzen.
H. Sachs 3, 3, 52';
er dalet wie ein alte hetz. 5, 364';
weil ich schon hör und sih den flug
der lauten rappeii, hetzen, krehen. Wbckhkrlim 464.
ein tne es fcheint spricliwürlliches bild:
und secht, das ir euch da nicht nezt,
ir fligt sonst wie ein nasse hetz.
FiscHAST dicht. 2, 106 Kurt (ßöhaU 4046).
2) nacA der schwatzhafligkeil des vogels werden aucli die frauen
von solcher eigenscliaß hetzen genannt : solclie verschwatzte plau-
derhetzcn. ntigdelob 51; solche schwaderhetzen und schwätz-
hafte äistern. 52 ;
ein frow ist worden bald ein hätz,
wann inn sunst wol ist mit geschwätz.
nnmmschiff 64, 19.
eine reimende formel: hetz wie metz, aüo vocabulo eadem res
oblinel. Serz 6S', bezieht sich wol hierher, denn Metze ist die
kose form des namens Malhilde, die auch sonst formelhaß mil
hetze verbunden erscheint : nonnenlröster, metzen- und hctzen-
jungherren. Fischart groszm. 82; bei den amazonischen metzen
und hetzen oder hexen. Garg. 26'.
3) auch der häher heiszt hetze, wie das lateinische pica auf
bade vügel bezogen wird (DiEF. 432'), da ihre lebensarl fast die
gleiche ist :
mancher verläszt sich auf sein schwätzen,
dasz er ein nusz redt von einr hetzen (einem häher eine
tuiss nbschwälzt). narrensch. 19,12;
bei jederman an allen orten
konten sie von der weishcit schwetzen,
gleichwie die elstern und die hetzen. H. Sachs 2, 2, 91';
die hätz, corvus glandularia, der eichelhdher. Schm. 2,260; corvus
glandanus, häiicr, baumhazel, hazier, hiizlei-, im Zillerlhale heiz.
Nemsich 2, 1243. in vielen fällen kann nicht unterschieden werden,
welciier der beiden vügel gemeint ist:
zu Leipzig sasz ein kautman reich
der het ein guete heizen,
die im al ding saget geieich
wan er kam über lande.
mcistergesang, cod. ms. germ. herol.
fot. 23, no. 7;
da musz wir von all unsern witzn
unser Zungen dermaszen schlitzn,
dasz sie lein hölTlich können scliwelzn,
wie man sie schieist alstcr und hetzn.
J. Atrkr /(i\(h. sp. 54' (260'^, 24 Keller).
verächtlich wird heize auch auf den geringen falken bezogen:
80 musz man hüben dann die hätzen.
narrensclii/f 44, 7,
hauben isl technischer ausdruck der falknerei, vergl. sp. 566.
HETZE, f. wie halze sp. 560.
1) helzjagd mit hunden: rillen mit einander lielzen und
naiimen andere kurzweile für; sonderlich isl d;i zu lande
auf die kaninchen eine schöne heize. Schweimcuen 1,251;
der edlen hetze freund,
die heulen und rousik, und mensch und vieh vereint.
IIacedorn 1, 108.
2) aucli der ort, wo eine solche hetzjagd stattfindet: heule war
tbierhetze in dem grahmal des aiigust. dieses grosze, in-
wendig leere, oben ofTne, ganz runde gebäudc ist jetzt zu
einem kampfplalz, zu einer ochsenhetzc eingerichtet, wie
eine art ampbilheater. GöinK 29,33.
3) die kuppet hunde, die zur hetzjagd dient:
schweiszhedeckt dem starken eher
mit der hetze nachzustürmen. Oviiibeci gnt. 132.
von hier aus übertragen redet man auch in niedriger sprach-
weise von einer hetze volks; der mann bat eine ganze heize
kioder.
4) iibertragen nach 1 heitU hetze da* laute, eilende treiben,
wie es bei einer jagd zu entstehen pflegt, Verfolgung, liinterher-
jaoen : nach endigung dieser rede, nahm die akademische
' K. WiEt.A)«D 3,33 (2H); eilt doch auch der
''m opp'inens nach der lalcinischcn hetze
■ '■ I, ..,-... .o i...-rh der dtsptitalion ist
gemeint). J. Pal'l grönl. proc. 1,123; sie bat Wilhelmen in-
ätiindig, er möchte sich in Aurelien verliehen, dann würde
die heize erst recht angehen, sie liiufl ihrem ungetreuen,
du ihr, ich dir und der brudcr mir nach. Güthi: m, M;
zum roih- und schwarzwildscharren
fortgoht PS durch den tann ! .
fortgchls in einer hetze. Frkilicrath «k i//inii;cn 3, 76.
IIETZEAUGE. »i. hühnerauge , leichdorn. im tiassauischen.
Keurein 195. es heiszt sonst auch eisicrauge, s. theil 3, 418.
HETZEBOCK, m. : denn was (ron weibcrn) raisig und ver-
schlagen ist, das heiszen die allen Tcutschcn eiruni rciisriiel,
oder hetzebock. Mathesius hochzeitpred. 74'.
HETZEL, f ekler, .<;. oben hetze.
HETZEL, n. junges lamm, auch verkümmertes stück rindvieh.
Kemrein 195. vgl. hälzel sp. 561.
HETZEN, verb. venari, ahd. hazjnn, mhd. hetzen (Lexer wb.
1, 1279). eine ilcrativbildung zu hassen in der alten bedcutung
verfolgen (sp. 546), mhd. ha^jcn, die sich zu letzterem eben so
verhält wie das verbuni nassen, nässen madefacere zu netzen.
ein mit betzcii gleichen sinn habendes altes liessen ist wurzel-
haß verwandt, hat aber eine andere ableilung , vergl. die aus-
fährungen bei Hesse sp. 1268. über eine nebenform hützen zu
hetzen s. an alphabetischer stelle.
hetzen ist, der bedeutung nach,
1) zunächst lechnischer, weidmännischer ausdruck. venari heczen,
hyczin Dief. 610' ;
so thut auch kein Jäger nit sagen
das man ein wiltes schwein thu jagen,
sondern man sagt, man thu es hetzen.
Atrbr 326- (1632, 11 Keller);
und steht
a) absolut: cj verbut auch unser vorgenanter herr hezzer
in dem winwachs, si riten oder gen, swen man aber darin
funde • hezzen , der git unserm hern ein pfund Pfenninge.
uästh. 3, 606 (14. jahrh.); nach weidmännischer redensart
heiszet ins garn hetzen , wenn man ein vorholz mit garn
fürrichtet, dasz der hase, wenn er sich vor den hunden ins
holz rctiriren will, nolhwendig darein fallen musz; wennman
aber im freien fclde hetzet , so heiszet es vom strick aus
hetzen, öcon. lex. 1008. (vergl. oben das verbuni hessen 2, spalte
1269); bei nassen, windigten, üblen gewitter, soll man nicht
zu heizen reiten. 1009; was ist das alles gegen einen ein-
zigen vergnügten tag auf der jagd . . . wir müssen ehesten
tags hetzen. Göthe 15,42; sie hatten, in den hinlern ge-
birgen jagend, die brandwolken aufsteigen sehen, und durch
Ibäler und Schluchten, wie auf gewaltsam heizender jagd, den
geraden weg nach diesem traurigen zeichen genommen. 321 ;
daheim ist dein ersetzen
ein buch, das lesens werth; im Telde nimnt das hetzen
dir deine sorgen hin. Opitz 1,7:
man hetzt auf diesz gerSusch zurück {tiei der hirsclijagd).
IIageborn 2, 30;
sprichwörtlich :
er hetzet do er findet, fast», sp. 1428,
wie sonst er nimmt, wo er es kriegt; und .^onst bildlich:
sie (die Jesuilrn) hetzen ohne scheu
und fahren täglich fort mit ihrer Jagerei
zu wasser und zu land. Opel u. Cohn 286, 19.
b) transitiv, mil dem accusativ des verfolgten Ihieres: der
fuchs ... wird geludert, gehetzt, erschlagen, öcon. lex. 736;
doch isl liem bcsilzer einer jagd in der marlerwochc einen
so genannten Osterhasen zu heizen erlaubt. 1009; wer zwei
hasen zugleich hetzen will, der fanget gar keinen. PisroBius
thes. par. 7, 26;
wann wer ein fuchs wil fahen bald,
der hetz In nllit in dicken wald. fastn. $p. 205,2;
kömpt d.inn das niitlagsmalil, sn pfleget er zu leben
vuii diesem sonderlich, was ihm sein gut gegeben,
was etuan auf der jagt sein Windspiel hnl gehetzt.
Opitz I, 62;
l.)>porinus reit mit hunden velter hosen nachtusetten;
Immpr dünkt mich, dnsz die hundc wiirden Ihn noch Selbsten
heizen. I.octu 3, 117,90;
der jlljfer macht schon rege
uiiii lieui dn< rftli
durch blutbelrlclifl »cde,
durch biisch und klee. lUoRDORn 3, 109;
und, daran angeschlossen, auch: meine feinde haben mich
gebeizt, »ie einen vogel. klaget. 3,52;
hiinveit. du hund I schnaubt fürchterlich
drr graf den nrmon pfliiifitr an.
•Onil heil l'l: " • fr- Stil tnifrl' ilir-'- ' „
1273
HETZEN
HETZEN— HETZHUND
1274
so sollt es basz mein herz ergetzen,
euch stracks ins himmelreich zu heizen. 71';
in einem bilde:
herr, ir habt ein frnme treue wirtin,
die ist ir eren ein treue birtin . . .
doch hett man ir ein garo gesteil;
sie iiesz sich aber nit darein heizen.
fastn. sp. 18n, 28.
mit angäbe der Wirkung : das wild müde hetzen ; einen wolf
lod hetzen , lupum eanibus dilacerandum el necandum dare.
Frisch 1,450*; im bilde:
erst als die lust gehellt bis zur entseelung,
der freudenkelch geleert bis auf die hefe. Uitla:«d aed. 435.
sprichtcürllich : er ist mit allen hunden gehetzt. Simrock 267.
von dem viel verfolgten und dennoch entgangenen wilde überlfagen :
der mensch ist noch nicht gehetzet, hie hämo nondum in
casum dediiclus, in flammam non injedus est, malorum rudii
est el expers. Stieleb 782.
2) hetzen gehl über in den sinn 2ur rerfolgurig antreiben,
anspornen, be:n'iglich der zw rerfolyung des n-ildes aufgebotenen
hunde gesagt: die hund hetzen, anfüren, anweisen und mulig
machen, canes hortari. Maaleb 220' {vgl. oben den zuruf heiz
an die hunde sp. 1270); auf den ball oder bail heizen, beim
sauheizen die hetzhunde los lassen, wenn der saufinder einen laut
von sich gibt, da denn die hetzhunde dem laute zueilen. Jacobsson
2,256', vergl. ball Iheil 1,1091;
den woir darf man an d schaf nit hetzen.
B. Wat.dis Esop 3,61,47;
ich beize meinen hund auf euch.
KoTZEBCB dram. sp, 1, 27.
3) ton dieseti beiden bedeuiungen aus erlangt hetzen eine freiere
vencendung, wobei die ursprüngliche weidmännische Verwendung
bald mehr, bald weniger deutlich hervortritt.
a) intransitiv jagen, eilen, wie bei einer helzjagd (vergl. oben
hetze 4): rastlos nach gewinn hetzen; er hetzte umher, um
die säumigen zur eile anzutreiben;
laszt mir so lanse ruh, ihr unterirdschen,
die nach dem blul ihr, das von meinen tritten
hernieder träufelnd meinen pfad bezeichnet,
wie losgelassne hunde spürend hetzt. Göthe 9, 2?.
b) transitiv, einen odei- etwas jagen, verfolgen, treiben: alle
sind gehetzt von geschäften und andern dingen. Niebuhb
leben 3,118; so hetzt eins das andre; und was man abzu-
wenden sucht, das macht sich erst recht. Göthe S, 1S7 ; es
hetzt mich alles I 16,106; wir wollen es ruhen lassen und
nichts heizen, an frau v. Stein 3, 188 ; es ist bekannt genug,
dasz der hof- und zuchthausprediger ein ordentliches leiii-
gebäude hatte, worin er den satz festgestellt, dasz . . teufi;!-
chen, oder boshafte geschöpfe, den menschen mit mikrosko-
pischen wunden, mit elenden kleinigkeiten hetzen. J. Paüi,
komH 3, 221 ;
wer unerbittlich, mit der kälte
des Jägers, die geschlagnen hetzt. Gotter 1,98;
und ihr {der weislieil) triumph ist, wo sie kann,
das herz durch die Vernunft zu heizen. 441 ;
drum hetze dich nicht zur schlimmen zeit,
denn ITill und kraft sind nimmer weit:
hast in der bösen stund geruht.
ist dir die gute dcyipelt gut. Göthb 2, I!>6;
die Sehnsucht trieb und hetzte mich.
KoTZEBCB dram. s;i. 1, 303;
und ob ihr ins exil sie jagt, von lande sie lu lande hetzt.
FRErLiGRATH dichtunqm 3, ISl:
sich mit einem hetzen:
herzog Johann George . . .
sich mit dem feinde^ hetzet
bis er ihn endlich stürzet. Opel u. Cohs 87, 14.
Abgeblasil, mü spottworten treiben, aufziehen, vexieren: ich ge-
dachte, er möchte mich vielleicht kennen und etwan ein
edelmann von Soest sein und so sagen, mich zu heizen,
weil man die Soester mit dem groszen gott und seinem
goldenen fürtuch zu vexiren pllcgl. Simpl. l, 256.
c) ausgehend von der bedcutung 2, anreizen, anspornen, an-
treiben, ganz sinnlich gesagt:
der bawr mich mit der geiszeln hetzt («pijcM das pferj);
wenn mich derselb nicht fort hiesz gähn,
deinthalben blieb ich wol bentahn. R. Waldis Esop 3,84,12;
aber auch, und in alten beispielen, übertragen vom aufstacheln
durch warte {rergl. anhetzen, aufhetzen):
diseo herczog Albrechten st
auf di Inimmrn haciten mit roie {anstrengumg).
BtBAn Wiener 263, 13 ;
ich wil die Egj-pter an einander heizen , das ein bruder
wider den andern, ein freund wider den andern, eine «lad
wider die ander, ein reich r.ider das ander streiten wird.
Jes. 19,2; der gottlose verwirret gute freunde, und heizet
wider einander die guten frieden haben. Sir. 28, ll; einen an
den andern hetzen, einen wider den andern zu zorn reizen,
iratum atiquem altert facere. Maaler 220'; hieruflf vermelt er,
wie alles ergangen, auch w ie Balai« die junkfrauw erschlagen,
die sie also an einander geheizet. Amadis 264; die könig-
reich an einander hetzen. KiRcniioF wendunm. 37S'; werden
so unterschiedliche pfafifen nicht die ihrige hetzen? Simpl.
1.263 Kurz; brauchte auch allerhand ranke uns zusammen
zu hetzen. Felsenb. 1. 55 ; ein solches gesindel sollte meine
plane zerschlagen, und ungestraft valer und söhn an einander
hetzen? Schiller Aa6. t/. /i>6e 2, 6; der magister. wie wir ihn
schon kennen, überschreitet vollkommen die gränze, und da
der baron immer fort hetzt, läuft es endlich auf persönlich-
keiten hinaus. Göthe 15,48; die emigrirlen behaupteten, er
habe tausend tode verdient, und hetzten deszhalb an den
obersten behörden. 30,43; nun fangt das gemeine, beson-
ders weibsvolt, schon an, auf die untern angestellten {der
veterinäranstall) zu hetzen, an Voigt 366;
sondern die eignen räthe mein
mich lieflig thäten hetzn und treibn,
also länger nicht hier zn bleibn. Opel «. Coff!« 69, tl ;
die Ungern thät man hetzen
an Mähren und Österreich. 73,8;
der rechte riiter sprengt heran
und warnt den grafen sanft und gut
doch basz hetzt ihn der linke mann
zu schadenfrohem frevelrauih. Bcrcer 70'.
auch vom anspm-nen zu etwas gutem : dieses wechselseitige,
bis zur ausschweifung gehende hetzen und treiben (zu schriß-
slellerischen arbeilen). Göthe 26, 117; zu einer leidenschafl : doch
wehrete ich mich ritterlich; nicht zwar ihme zu entgehen
oder seinen begierden zu entrinnen , sondern ihn recht zu
heizen und noch begieriger zu machen. Simpl. 3, 21 Kurz.
HETZE.NAMSELER , m. der wie ein hdlier und eine amsel
laute nachäfft, pfeift? ir zuckerpapagoi, betzenamscler, helzen-
schwelzer . . . Garg. 17'.
HETZENGESCHWÄTZ, n, gesdiwälz nach art der eifern (oder
der hdher) :
diweil können wir {flöhe) an sie [die weiber) setzen
und sie nach allem iirtail pfetzen,
dann vor angsti^em hetzengeschweiz
empfinden sie nicht unser pfez.
Fischart diclitungen 2,36 Kurs {flöhatz 1275).
HETZENREITEN, n. das reiten beim heizen:
er {der Hase) sagt : diesz tolle hetzenreuten
scheint meiaen tod mir anzudeuten. Hacedor?! 2,35.
HETZENSCHWÄTZER, wi. sdiwätzer nach art einer elster oder
eines hähers. Garg. V*. s. die stelle unter hetzenamseler.
HETZER, m. der hetzende.
1) nach heizen 1 und 2: hetzer, venalor, vesligator, ferarum
captalor. Stieler 7S2; hetzer zu pferd, cquestris agitator. das.
(rcrgl. wind-, Schweins-, Standhetzer); hetzer wird auch ein
junger milchkarpfen genannt, den man zu den alten über die
bestimmte anzahl in einen teich setzt, weil er immer hetzt oder
antrabt, und dadurdi das streichen beßrdert. Nemmch.
2) uacli hetzen 3, anslißer, außetzer :
zu den pfalTen, die verkezern,
zu den deutern und den hezern,
die nicht scherz verslehn. Voss 4, 252.
HETZEREI,/!; Lavaters physiognomische hefzerei — denn
so darf man die ungestüme anregung wohl nennen, womit
er alle menschen , nicht allein zur contemplation der pby~
siognomien, sondern auch zur künstlerischen oder pfuscher-
baflen praktischen nachbildung der gesichtsformen zu nötbigen
bemüht war. Göthe 48, 172.
HETZG.\RTE.N, m. garten um hetzen darin anzustellen.
HETZH.\US, n. gebäude in dem hetzen angestellt werden ; auch
das haus das an einem hetzgarten liegt, und in dem die zur hetze
nnihigen Ihiere außewahrt werden, s. hatzhaus.
HETZHUND, m. canis suillns, die saurüde (vgl. balzhund),
zum hdzen der wilden scliweine verwendet, dann aber aucli jeder
zur helzjagd abgerichtete hund: melampus heczehunt Dief. 354*"
hetz- .mr Jagdhund, canis agitator Stieler 866; der wolf läuft
nicht wider den wind, sonderlich, wenn er die hetzhunde
vor ihm merkt, öcon. lex. 2703.
1275
HETZJAGD— HEU
HEU — HEUBANDEN
1276
HETZJAGD, f. jagd bei der das wild gehetzt ivird. übertragen
von einem eiligen treiben : das ist eine wahre hetzjagJ.
HETZLOS," vei-gl. hetz 2 sp. 1270.
HETZPEITSCHE, f. peitsche wie sie bei der Hetzjagd verwendet
idrd : was helfen alle läuferschuhe der advokaten (und die
hetzpcitschen der prozessoidnung dazu). J. Pacl Uter. nacht.
4,89; denn der kroat init der hctzpeilsche stände hinler euch.
HoLTEi Lammfell II.
HETZPLATZ, m. platz auf dem hetzen stattfinden.
HETZRIEMEN, f». ein lederner riemen, an dem der jäger'die
Windhunde zur hetzjagd hall: vom strick aus heizen, dieses
geschieliet folgendermaszen : man reitet zu pferde, und hat
ein paar Windhunde an hetzriemen , von welchem man sie
ungesäumt losz lassen , oder wenn der hase zu weit auf-
stünde oder man sonst nicht heizen wollte, dieselbe damit
an- und zurücke halten kan. Ocon. lex. (1731) 1008.
HETZSCHIRM, ni. schirm von buschwerk für die Hetzhunde bei
der jagd.
HETZSTRICK, m. das seil, an dem der hund bei der Hetzjagd
gehalten wird: copula hetzstrick Dief. 149'; hetz- sive jagd-
strick, nervus venatorum Stieler 2196.
HETZüNG, f. perseciäio ferarum. Stiei.er 782.
HETZZWINGER, m. zwinger zum hetzen, oder in dem die zum
hetzen gebrauchten thiere aufbewahrt werden. Jacobsson 2,256*.
HEU, interj., einen plötzlichen gedanken oder eine schnell her-
vorbrechende empßndung zeichnend und einführend :
ain frid liesz er anstellen
bisz auf den drillen ta^,
(las tet der könig mit listen,
hew! wariimb tet er das? Uhland votlisl. 46<i;
so lang das wärt, bisz er würt arm,
so sprichi er, heu das goit erbarm 1
wie hat ich vor nochlaiir so vil;
kein fründ ist der mich trösten wil.
Brast narrcnsch. 67, IC.
substantivisch gebraucht, zum ausdruck der schnelle: da kriegt
man on alle Vernunft und golsforchl, mit lau! er vollen leüten,
die inn einem hew mit dem köpf hindurch wollen, wie das
tholl vich. S.Frank trunlienheit (1531) Gij'. vcrgl. die mfid.
interj. hoi hoy (Ben.-Mluer 1, 702*) und unten hui.
HEU, «. foenum. golh. havi; alts. houwi; ags. hig, heg,
engl, hay; fries. h;'i, he, hai; niederl. hauw, houw, hooi; altn.
hey, schwed. dJn. hö; ahd. howi, hcwi, mhd. hiiuwc, houvve,
hüu, heu, hou. die gemeine annähme, dasz lieu gleicher würzet
mit dem rerbum liauen sei (Fick 717), scheint die zweifellos rich-
tige, als die grundbcdcutung des alten, allen germanischen stammen
gemeinsamen und auf eine schon früh erlangte höhere stufe der
landwirtschaß hindeutenden wortes musz, die natur des Suffixes
ben'tck.<nchligend, das zu Hauende, zu mähende, nämlich gras, hin-
gestellt werden, so wird es noch in einem liede des 16. ;a/ir/j.
verstanden:
wo wachst höw auf der malten,
dem frag ich gar nicht nach. Uhi.and volksl. 604.
Der umlaut in der slammsiWe ist wie im mhd., auch im äUern
nhd. vianchmal noch nicht durchgedrungen, so dasz die formen hau,
hauw dauern {vgl. sp. 562), die in dem heutiijcn wetlerauischen
hi heu nachklingen; hauw foenum Frischun nomencl. 267;
ja sie sind wie verdorret hau,
das noch am morgen stund zur scliau.
FiscHABT geislt. liedct 66.
für die umgelautete form begegnet bis ins 16. jahrh. auch noch
oberdeultch die Schreibung höw, hiiuw: höuw foenum, gramen
aridum sive arefactum Maai.er 228*;
im holz und auf den felden
wo man mit höw auszfart. Uhland volkil. 006.
Eh gibt feines, grobes, sUszes, saure» heu ; dievreil nber die
wiesen von verschiedener arl, so dasz unter denenselhen
einige das jähr auch nur einmahl gehauen werden, so wird
dieses auf dergleichen wiesen gemachte heu zum unterschied
dessen , da man nach der ersten erndle die wiesen nocli
einmal hauet und gnimmet machet, alt heu genennet, öcon.
lex. lOtO; M icird gewendet, gehauen, gemüht, oder gemacht,
in häufen, feimen, schochen, Schwaden gesetzt, in fudern
eingefahren ; (ei wird) das heu machen insgemein um Jnbannis
im junio oder zu anfang des julii . . angcstellet. Ocon. lex.
1012: Honst wen» noch in der blüt ist {das gras ohne wa!>.ter),
ahgehawen wird verdorret es, ehe man denn hew
Hiob s, it ; gerslongra« wird dem viehc zum fuller
...... ...«hei anstaii des heiiwes. Tarkrnakm. «22; ein bürde
böa» machen, foenum in tnan^m/of colkgare. Maalkr 228*;
wer nit im summer machet hew,
der lauft im winier mit geschrei
und hat zil samen gbuiiden seil
rfifrtnd, (las man im hew geh feil.
Bra?(t narrensch. 70,23;
Hermann eilte zum stalle sogleich, wo die muthigen hengste
ruhig standen und rasch den reinen hafcr verzehrten
und das trockene heu, auf der besten wiese gehauen.
GöTHK 40, 283 ;
das heu soll herein,
das bedeutet der rechen. l,20.i;
das heu mit gabelstangen
zur bodenluke langen. Voss 2, 305.
der bauer fährt ins Iieu, gen heu: wer woll gern inn kiieg
sich wagen, wann er daheim ein Clylemnestram soll haben?
so fahr der teufel ins hew. Garg. 29", ink anklang an das
volkslii'd :
es het ain biderman ain weib,
ir duck weit sie nit lau,
das schnlTot nun ir stolzer leib,
ir man solt l'aren gen hew:
mein man, far hin gen hew,
ins hew, in das hew,
nach gramat in das gew ! Uhland volhst. 729.
ein heu ausgeben , die Heuernte eröffnen : auch erkent man
unser herrschaft von Lindau alle jähr in der ernd ein tag
ein vorschnitt, item in dem herbst ein vorles ein tag, und
wan man ein haw uszgiebt, ein fürhaw ein tag. wehlh. tyhlO.
in der bibelsprache wird das heu als bild für rasch vergängliches
genommen: alles fleisch ist hew. Jes. 40,6; wer bistu denn,
das du dich für menschen fürchtest, die doch sterben? und
für menschen kinder, die als hew verzeret werden? 51,12;
alle menschen müssen sterben,
alles fleisch vergeht wie heu.
zahlreiche sprichwörtliche redensarlen: o männiin, männlin, du
hast uns recht das hüu zwischen das hörn gelegt, du hast
uns trocken auszgeriben (betrogen). Garg. 135'; zeit .Tischet
heu. Neander sprichw. 33 ; im bauren gehöret heu und haber-
stroh. ScnoTTEi. 1120*; ich lüde ihn dannoch freundlich zu
mir in mein losament und gab vor, dasz ich einen trrfTlichen
lust hätte, von ihm hebräisch schreiben und lesen zn lernen :
und gleich wie er besser als lang heu zu laden (rf. b. um-
gänglich) war, als war er auch ganz willig und unverdrossen,
einem jeden nach vermögen zu dienen. Simpl. 4,99 Kurz;
in die scheiine gehöret heu , crassis crassa conveniu'ti. wo
genug ist, da streuet man mit heu, abundantia paril iuxum.
Stieler 788 ; böses heu machen, abalienare animum .\,}: rius.
Sehz 69'; das heu ist schon wieder gut gemacht, iam recnn-
ciliali sunt, das.; man musz heu machen, weil die sonne
scheint, was man nicht am heu hat, hat man am strob.
man darf seinem heu stroh sagen, unter einem fuder heu
erstickt keine maus. Simrock sprithw. 248 ; wenn einem ein
rechtes glück angestanden ist, dann wirft der teufel immer
heu runter. Meyr erzählungen aus dem Ries 2 (1868) s. 399 ;
geld haben wie heu: Franziska, so? hat der major geld?
Werner, wie heu! er wcisz nicht, wie viel er hat. Le!!Sinc
1, 551 ;
bietet ihnen gold, wie heu. Gottkh 1, 49(31).
Verbindung von heu und stroh, heu und spreu :
ir übt euch albcg fast also,
ein zeit im heu, ein weil im stro. fasln, sp. 386, 6;
wcichs (311/) oftmals unversehn wie heu und spreu zersicubet.
Nrüiark luslieätächen 34.
heu in eineni scherzhaften bilde für kopßaar: haben dir die
leidige franzosen das heu auf der obcrbühne hinweg ver-
fütcrt . . oder hastu sonst keinen guten haarbodcn, so setze
eine barukquc auf und sage, so sei es die mode. &mpl.
2,311 Kurz; obgleich hcrr corporal Springinsfeld . . eine herbe
hauptkrankheit überstünde, also dasz ihm auch kein härlein
heu auf der obcrn bühne übrig verbliebe. 3, 241.
Zeitbestimmung nach dem einernten des /lei«.' dirrc tiof hei
trü gedinge alle jar, eins zu mittel hornung, und eins zu
mittel meigcn, und zu afler halme und howe. weisUi. l, 673
(r. 1320); afler houwe und halin. 719. venß. beumonat.
iieu in Pflanzennamen : griechisches heu, trigonelta foenum
graecum, schwedisches heu, heiliges heu, medicago fakata.
NFM?«icn.
HEIJ, m. faSirieug mit einem mittelmästigen hoehhord, das vi
Enißand, Holland und Frankreich sehr gehrdurhlich ist. Jäcobs-
so?« 2, 2.'.».'. der name ist aus dem holldndisrhen übernommen.
HEURANDKN, m. triese.- zu unser« gnidigen furtten und
herren schlotz zu Eivcrfell gehörig: ein hewhandea für der
1277
HELBAR — HEUCHELDIEKST
fieihLit Elvcifeldt; noch eia hewbanden uuter dem oewen
deicL elwas weiter von der freiheil abgelegen. Elberfelder
lagerbuch V. V>9S (handschrift) ; der hewbanden underm ho8f
gemessen hell anderthalb morgen. Urkunde v. 1632 betr. Ihei-
lung der Maldini) k bei Eiber feld. — Zur erkiäruny des zweiten
Iheils tom Korle gewähren niederländische alle quellen: pratum
beemt, bampt Dief. 451* ; pialum wiese, bameth nov. gloss. 300*.
HEÜBAR, adj. für haubar caeduus (sp. 562) hat Scbottel :
heubnr holz. 326'.
IIEÜBARN, llEOß.\HREN, «». verschlag in einem stalle zur
aufbewahrung des heuei ; mhd. houbarn foenik Mone anz. 7,591;
bei Weckheklis fem. ;
längst in der bewbarn lag die dürre graszgebuit. 771.
HEUBALCH, m. der bauch eines pferdes, wenn er in folge
zuvielen heufressens an beiden seilen weit aus einander geht.
HEÜBÄUM, m. bäum oder langer runder stamm zum bäumen
des heus {vergl. Ihcil 1,1191). öcon. lex. 1010; heubaum pertica
assertoiia Trocuus Q 5*.
HEüBELLEHCHE, f. alauda cristata. vergl. häubelierche
5^.566; heübellerch, wägelerch, alauda cristata, galerita^ cas-
sita MiM-ER 220".
IJEUBERGE, f. leichler schuppen swr außewahrung des Iteues.
Jacobssos 6, 72*.
HEUBIRNE, f. ek^e art gelber, plattgedrückter birnen, zu ende
des august reifend, icreils im 14. jahrh. begegnet ein höwbir-
boum als grenzbaum, Mone urgesch. d. bad. landes 2, 37.
HEÜBLUME, f : he iblumen, die um die heuäinde blühen,
flores quae tempore foeiisecii florent. Fbisch 1,448*; öfter auch
blumen als bestundlheil les heus:
aber um die kiib zu melken
man ihr nur beublumen gibt. Rückeri 229.
HEÜBODE.N, »I. boden zur außewahrung des heues. öc. lex.
1010; fenile hewpoden Dief. 230*.
HEUBRUCH, wi. wiesengrund (vgl. bruch, th. 2, sp. 410): ausz
ihrem heuwbruch, im Limbruch genant. Elberfelder urk. v. 1633.
HEUBSCHERIN, f. [aus hübeschaerinne), buhlerin, curtisane:
uud ob die rayo (reine) da ersten spricht:
deiner red begabt mir nicht:
lasz die mare also bald !
daj sein der übel gaist gewalt!
vvayust ich sei ein lieubscherin?
du bist es selber an dem sin;
ge da bin, und cbüm nicht me l ring 12\ 10.
HEüBLXHT, f. verschlag in einem stalle, um das heu daselbst
zu verwahren.
HEüBÜHNE, f. luden zur außewahrung des heues: fenile
hew-schmver i. bune Dief. 230*.
HEÜBUNÜ, n. fasciculus fueni: auf höfen und bei wohl-
eingerichteten haushallungeu wird auf ein pferd in vier und
zwanzig stunden acht pfuud heu gerechnet, und die heubiinde
in solcher schwere darnach gemacht, ücon. lex. lolO.
HEüBC.NDEL, n. fasciculus foeni. Frisch 1, 44>>*.
HEUBÜRDE, f. fascis foeni. Stieler 133.
HEDCH, m. salmo hucho, auch buch, buchen. Neji.mch
4,1207.
HEüCH, m. der zapfen ini lialse. vergl. unter hauch oben
sp. 660.
HEüCHE, m. salmo hucho: fui eilen, äschen, lasfören, sälin-
ling, heuchen und dergleichen (soUen in luslteiciie gesetzt wer-
den). HOHBERG 1, 590*.
HEUCUEL, m. Verstellung: solche rede waid von etlichen
getaddelt, als nicht aus der kunst gethao, und die (die) ge-
sellen mehr abeschreckt , aber die andern sprachen , weil
Metellus ein dapfer man were, bette er recht geredt, denn
ein redlich man sol die warheit sagen, on schew und heu-
chcl. Ldtuer 2, 169*.
HEüCHEL, adj. verstellt, heuchlerisch: aber das nicht eine
falsche, heuchel, ledige Weisheit oder furcht gottes sei, setzt
er hinzu, das es mit der that müsse beweiset werden.
LOTHEB 5, 207*.
HEUCHELART, f. ars simulanJt. Stieleb 58.
HEÜCHELBILD, n.;
0 bild! o trügerisches bild! o lieuchelbild ! Tieck 2,107.
HEDCHELBUSZE, f verstellte busze, ohne innere reue.
HEÜCHELCHRIST, m. scheinchrist. Frisch 1,448'.
HEÜCHELDIENST, m. :
(er) betriebt, durch lieucheldienst
und Schwärmerei, ein weib das ihm vertraut.
GöTHS 7, 160.
HEUCUELDUUNE — HELCHELISCH 1278
HEUCHELDIRNE, f :
sie erscheint! dl« bäucheldirne,
Klio, die mit frecher slirne
Stümper oll zu meistern macht.
GoTTSCBED ged. 2, 221.
HEUCHELEI, f. simulalio, hypocrisis: der herr wolle aus-
rotten alle heuchlei (var. alle glate predigt), ps. 12,4; wir
haben die lügen unser Zuflucht, und beuchelei unsern schirm
gemacht. Jes. 28, 15 ; denn ein narr redet von narrheil, und
sein herz gehet mit unglück umb, das er beuchelei anrichte,
und predige vom herrn irsal. 32, 6 ; als denn wirstu on heu
chelei, recht und heilig schweren. Jer. 4,2; von den pro-
pheten zu Jerusalem kompt beuchelei aus ins ganze land.
23,15; sihe zu, das deine gottesfurcht nicht beuchelei sei.
Sir. 1,34; von auszen seit ir für den menschen from, aber
inwendig seid ir voller beuchelei {v:toy.Qiaecos) und unlugent.
Jtfü///i. 23, 28 ; er aber merkete ire beuchelei (vTiöx^iaa) und
sprach zu inen, was versuchet ir mich? Marc. 12,14; das
ander fasten, so nichts anders ist, denn ein lauter beuchelei,
ja ein lügen und spot. Luther 6,477*; beuchelei gebe gells
genug, warheit gehe betteln (worle Luthers). Zixegref apophth.
1, 255 ;
die heuchele! veracht ich. wie ich bin.
so sehe mich das aug der weit.
Schiller Jungfrau 2, 2;
die kalte, gleiszeiide scblaugenhaut
der heuchele!, ü. Hüne 15, 227.
vergl. heuchlerei.
HEUCHELFASTE, f: die heuchelfasten, so die phariseer
inen selbs erweicten, on alle not und gebot, nur darumb,
das sie für heilige leute . . gehalten würden. Lother 6, 477*.
HEUCHELFREUND, ni..' unsre alamodischen complemen-
tirer und heuchelfreund sind heutiges tages, mit ihrem kap-
penrucken, händedrucken, achselklopfen und reverenzmachen
aufrichtigen teutschen und einfältigen herzfreunden weit über-
legen. Otho 757.
HEUCHELGLAUBE, m. ; wie der falsche heuchelglaube thut,
welcher menget in einander gottes gnade und mein verdienst,
ob er wol auch die wort hebelt von Christo, aber doch des
herzen Zuversicht setzet auf sich selbs, also das es nur ein
angestrichene färbe ist. Li;ther 6, 4l'.
HEUCHELGLEISZE.N, n. ;
nur nicht aus schein und heuchelgleiszen {.ehrbar leben).
Sitnpl. 1, 82 Keller.
HEUCHELHAFT, adj. heuchlerisch: heuchelhafte geberden,
mores fucati. Stieler 794.
HEUCHELISCH, HEUCHLISCH, adj. und adv. bis ins 11. jh.
für und neben heuchlerisch: beuchelisch hypocriticus Ali.
gl*; solche falsche lerer der heuchelischen falschen lew hat
S.Paulus verkündigt. Llther 1,410'; aber er hat irviel funden,
sonderlich das beuchelische und vermessene leut waren,
welche fürnemlich die rechten heiligen verfolgeten. 4, 78* ;
also mus dis werk auch köstlich sein, und gepredigt wer-
den, wie seer es die Vernunft und heuchlische heiligen für
narrbeit halten. 146*; wie sie die weit mit falschem heuch-
lischen schein der heiligkeit efifen und verfüren. 400'; dar-
nach leben und thun, nicht heuchlisch noch feischlich, son-
dern in der warheit mit rechtschaffenem herzen. 5, 206*; und
in dem hasz rufen sie doch gleichwol gott beuchelisch an.
J.Jonas bei Luther 6,409'; Christus, da er spricht, thut bus,
redet warlich von der ganzen bus . . er redet nicht von der
heuchlischen salisfaction, davon die scholastici trewmen. 431*;
durch solche heuchlische werke. 439*; was durch bepstisch,
heuchlisch und nichtig consecriren geweihet ist. Melanchlhons
prophet Daniel ausgelegt, deutsch v. J. Josas 38 ; mit . . euszer-
lichem und heuchelischem wesen und gebrechen. Matbes.
Siir. 129'; ein bösz heuchlisch volk. Fro.nsp. At. 3,290*; ein
heuchelischer geistlicher, pers. baumg. 4, 3 ; die prediger so
einander zausen, wie die kälbertreiber, heiszet er (Luüier)
hunde, ketzer, so sich mit gottes wort und Christi fellein
heuchlisch schmücken. Schüppids 831;
heuchlisch uud abgöitiscb. U. Sacbs 4, 3, 71';
0 stolzes hütlein, heuchlisch hütlein.
FiscBART diciu. 2, 208 Kurz (Jesuilerhiitl. 1033) ;
die käsjäger, die beuclilisch rralzen,
die fornea lecken, binden kratzen. 3,62,194;
du liebest gott von herzen,
dein christenthum ist dir fürnar kein heiicblbch tcbenaa.
HlsT Parn. 36».
.
:ergl. heuchlerisch.
1279 HEL'CHELKELÖCHUEIT — HEUCHELN
UEL'CUELiN
1280
UEUCHELKEÜSCHHKIT, /. . predigen will er den ehestand,
und doch selbs in falscher heucheikeusscheit, das ist, in
allerlei Unzucht leben. LuTiita 7, -113'.
HEüCHELKUiNST, f.: ich vcricihu au einem «elken gü-
niüthe jede ungewisheit des guten, den höhn aller lugend,
die heuchelkünstc des vortheils. Dya Aa Sore 2, 61 ;
doch den auswurf von ileii fligsien schelmeu
lohnte si« (Forluna), t'nr seine heucheltiuu:il,
oU mil Sternen, olt mit ritterheliuen,
und mit überschwanj; von (ürsiengunst. Rürgf.r 57".
HEUCHELLEL'TE, f,lw: : beuchclleule, falsche leute. über-
schnft eines sprucha bei Logau 2, 23, 81. vgl. heuchelniann.
HEUCHELLIEBE, f. verslelUe liebe, amor siniutalusj mel in
ore, fei in corde. Frisch 1, 448*.
HEICHELLIST, f.:
aul beide weisz geriist
lata mord und heucbellist.
Fischart dicIUunggn 3, 377 Kurz.
HEüCHEL,MANN, vi. i) Schmeichler {vgl. heucheln l): heu-
chelmann ist am besten dran. Lehmann 1,415;
so fein kan auch sich rügen
tu ort, zeit und persoii der buiidte heuchelniann,
der sonst für sich ist nichts als wie ihn nur zeucht an
sein groszer gunstpatron. Logau 3,210.
2) heuclder (heucheln 2);
durcbsiclitig, wie dein {der irauhe) goldsafl, blinkt
die seele dem, der von dir trinkt:
0 heuchelmann, heucbelmann, trinke nicht,
er wisriit dir die schminke vom angesicht. Dlcmauer 1, 34.
HEUCHELMAShE, /. ; ihre heuchelniaske ist jetzt herunter,
Juichen, ich habe ihr scbeuszlicb verwilderl gesiebt gesehn.
Fb Müller 3, 191.
HEÜCHELMÄSZIG, adj,: wo jener heuchelniäsziger hüsc
knechl hingehurt, der seine mitknechl durchächt {vgl. Mullh.
24,49), weil sein herr so langmütig war. Joannes Nas der
varnungseiiyi'l I25.
HEUCHELMAUL, n. .• ein heuchelmaul richtet verderben
an. !tpr. Sul. 26, 28.
HEUCHELN, verb. adulari; simulare.
1) das wort, im ahd. und iiihd. unbekannt, hat mtt setner Sippe
die heimat in den mitteldeutschen gegenden, von Schlesien durch
Meiszen und Düringen bis nach Franken, von wo aus, erst seit
dem 16. jahrh., es sidi in die allgemeine schrißsprache eingebiir-
yerl hat. rücksichllich der grundbedeutung ist seil Stieler all-
gemein bis auf jetzt Zusammenhang viit iiauchen anhetare ange-
nommen worden: heucheln (eigentlich häucheln) scheint voiu
ächzenden, die .«prache unterbrechenden hauch (scufzer) ab-
geleitet zu sein. Kant 5, 269. doch zu unrecht, heucheln 14/
vielmthr ilerativbildung zu hauchen sich ducken, sclileichen {oben
sp. 562), bair. hauchen, köpf und oberlheil des köi-pcrs sinken,
vorwärts hängen lassen (Schm. 1, 1041 Fromm.), kärntn, liauchat
mit gebücktem haupte, niedergeschlagen. Fromm. 2,517; vgl. hcss.
buchen zusammensinken. Vilmar 177, und das niederd. liüchel
hockende Stellung. Schambacu i>7', und will demnacli das demü-
tige ducken, bücken und krieclien vor andern ausdrücken. In
diesem sinne wird es z. b. recht anschaulich im schlesischen dia-
lecle verwendet : meine Lusche (eine hündin) I . . se w cdcltc su
mit em zahle wen ich hem kam aus der stodt oder von
hofe, se huppte, se sprang, se heuchelte lucr, sc thal asz
wen se mich woldc wilkummen heszen. A. Ghypuius dornrose
{nster druck) s. 11; und noch Gellert hat:
der eh wir billen, hilft, uns liebt, doch uns nicht schmeichelt,
ja, trär ihn unser zorn, nicht unscrn lüslen heuchelt,
iicA vor ihnen nidil bückt, sich ihnen nicht unlerordnel.
2) so ist die bedetäung schmachein, vornehmlich auch mil fal-
schem heizen fchmeicheln , seil lange bei mitteldeutschen Schrift-
stellern gebräuchlich, und die Schlesicr IIedericu und Steinhach
verzeichnen dieselbe als erste neben der unten folgenden ; fuchs-
schwänzen, heuchelcn, adulari, assentari Hemsch 1273,31;
ineinstu er werde dir viel flehcns machen, oder dir beuch-
irn? Hiob 40,22; heuchelten im mit ircin munde, p. 78,36;
und er wird heucheln und gute wurt geben den gottlosen.
Oan. 11,32; machten ein löblich bilde des herrlichen kOni-
ges, auf das sie mil vlei» hcuchlcn mncblen dem abwesen-
den, als dem gegenwertigen. um/i. 11,17; und du er bei
dem konige in gnaden kam, heuchictc er im, und brachte
da* bohcpiie»lcrtbuin an sich. 2 Macc. 4,21; wenn sulchs
diese Propheten hOren. so mu« es p.ipi-lucli. und den ftlr-
sten gehcucbict beiizcn. das sie ab'-' ' :;'irdigcn pöbcl
erwecken, und rultisch machen, das heiszt nicht gehcuchlet,
denn es sol nicht ehe uiigeheuchlet heiszen, wir leren denn
den pijfel, er solle fürslen und herrn tod sclilahen. Luther
3, 4ü'; sondern wil euch zu dienst wider ein pajiisl «erden
und dem papst getrost heucheln, denn meine lieben Schwer-
iner werden mirs doch nicht anders deuten , denn das ich
dem bapst hiemil heuchele {mit Verwerfung der widvrlaufe).
4 11556) 408'; dasz er dem bapsl mehr heuchelte umbs buucbs
willen, lischr. 259'; in welchen {briefen) er Bncero heuchelte
und hoch lobete. 287'; wer in nicht heuchelt und den rä-
chen und feuste füllet . . . der gilt bei inen nichts. Mathe-
sius Sar. 152'; ich muste schweigen, weil Springinsfeld aus
einem teutschen aufrichtigen herzen mir die warheit so ge-
treulich sagte und nicht heuchelte. Simpl. 1,302 Kurz;
kumpt der Tuchs, wil ich im sein heucheln
und sein Tuchsschwenzen wol verdütteln.
B. Wia,Dis Esop 4, 'JJ. 420;
anders sein und anders scheinen,
anders reden, anders meinen :
alles loben, uile.s tragen,
allen heucheln, stets behagen.
Logau 1,210,71 (heulige wcUkvnst);
wo ist die Treiheit hin? die freiheit derer ort
ein honigsüszer mund, ein Schmeichler eingenommen,
der durch sein heucheln ist auf diese stelle kommen,
die meine Taust erwarb. A. Gbyphius 1698 1, 16;
ein niederträchtig blat
bestürmt sein Telsenherz mit ungerechten schmeicheln,
als sucht es gotl und ihm' den liimmel abzuheucheln.
GÜNTUKR 389;
wer glück und bessrung wünscht, der musz sieb selbst nichi
beuchein. 476;
die Schäfer weihen ihm {Aloi-pheus) gesänge,
er heuchelt ihrer Zärtlichkeit,
und spottet unsrer keuschen strenge,
die manch vergnügen uns verbeul. Uz 1, tCS;
HuT, niaienIQftchen, aus den blumenbeeten !
wo deine küsse Floreiis töchtcr rötlien,
wo du so liebetraulich allen heuchelst,
und duTt entschmeichelst! Bürger 4';
luutwilliglich heucheln und fuchsschwenzen. Ldtheb liichr. 129*,
und, mit auffallendem anklänge hieran, als vereinzeltes beispiel
eines süddeutschen diclUers:
dasz du mit list und kunst fucbsschwäuzesi, heuchlest, liegest.
Weckherlin 239.
3) neben der bedeulung mit falschem heizen sclimeicheln ergab
sich auch der sinn falsch handeln, falsch mil einem verfahren :
wer mit seinem nehesten heuchelt , der breit ein netz zu
seinen fuszstappen. spr. Sal. 29,5;
ich merk ir heuchelt all mit im. IL Sachs 3, l,69\
namentlich aber sich verstellen, durch versletluug bei andern eine
günstige Vorstellung von sich erwecken, in diesem .unne, ebenso
wie in dem no. 2, ist das wort zunächst auf miltetdeutsches ge-
biet eingeschränkt {oberdeutsche Schriftsteller des m.jaliih., die worle
dieser stppe brauchen, veigl. heuchler, heuchlerei, heuchelthum,
sind anhänger Luthers und nehmen iie von ihm lurüber), und
wird erst seit dem vorigen Jahrhundert altgemein in der Schrift-
sprache, oft dann recht frei, verwendet ; und ob er sich schon
stellet als Ihue er gut, ists doch erlogen, betrogen, und ge-
heuchelt. Luther l,4lo'; wolle er selig werden, so müsse
er gleubcn und nicht heucheln. 4 (1556) 413*; und heuchel-
ten mit ihm die andern Juden, also, das auch Barnabas
verliirel ward, mit inen zu lieucheln. Gat. 2,13; scliiiehen
i. f. g. mir wieder ich lieuchellc und liesze mich abliaiten.
Scuweinichen 1,294; Ali'/, aber wie kann er sich bei dem
neuen herrn behaupten, der ein so würdiger mann ist?
L. R. wie? mit heucheln, der weisz sich nach seinen leu-
ten zu richten, und seinen charakter nach den umständen
zu verUndcrn. .Schiiler fiarasit 1,2. Sfnichwörllich wer nicht
heucheln kan, kuiiimt nicht fort, qni nescU simulare, nescU
regnaie. Stielkr 794;
wio hcurticli sirli der tbor, der keiner tugend Iralt,
kein wuhrcs millvld lUblt, und scheint sich tugendbifl!
lUcEUORN 1, 41.
In der neuern sin-ache auch transitiv, etwas lieucheln : tritt her,
maier! .. so trotzig stehst du da, weil du leben auf todten
lüchern heuchelst. Schiller Ficsko 2,17; prilsidcnt heuchelt
eine tichuldlo.te mieuc. kab. u, liebe i, 5 ; der zierliche topf
iiimint manchen sliauch, monchc Zwiebel auf, um io winter-
hafier hUiislichkeit den sommer zu heucheln. Göiiie 93, 162;
sie ist unter dem schild eines geheuchelten di uckurlcs : Köln,
ohne jahizahl .. herausgekommen. 35, 37u;
1281
HEÜCHELNIS — HEL'CHELWERK
HEI CHEL WORT — HEUCHLEREI 1282
befiehlt mir gleich die klugheit und die pflicbt .'. .
dasz ich mein wahres herz vor ihm verberge,
eia falsches hab ich niemals ihm geheuchelt!
Schiller Piccol. 1, 3.
VViELASD wagl selbst:
du erfuhrst noch nicht,
dasz der schmerz sieb oft zu wollust heuchelt. 9, 341 (306).
HEÜCHELNIS, f.:
aus blinder beuchelnisz.
LoaE!«$Ttt5 in d. auserles. ged. 1, 2$!.
HECCHELPREDIGER, m. :
er [Clirbtu-^) ist kein heuchelprediger,
der disi geschlecbte scheuet. Rist sabb. seelenl. 336.
HEUCHELPROPHET, m.; derbalben wird er billich für ein
newen beuclielpropbetea geacht und gehalten, ämsdorf icider
Pomer (1551) B ij".
HEüCHELRATH, m. l) heuchlerischer ralgeber : sihet man, wie
dieselben beuchelrhäle ire fürschiäge und angeben schmücken
können. Reineke prosa ixx. 2) heuchlerischer ralsclilag.
HEUCHELREDE. A.-
Venus, merkend den sinn der heuchelrede, mit listen
das hesperische reich auf Lybiens küste zu pQanzen,
Venus erniederte drauf. Bj^rger 246*.
HEUCHELREUE, f. poeniteniia ficla, hypocrilica. Stieleb 1607,
HEüCHELSCHEIN, m. assimulatio, hypocrisis. Stieler 1752:
{las:) mich meinen bruder lieben,
gern hellen wo ich kann,
ohn eigennutz und heuchelscbein ! Klopstock 7, 234 ;
der heuchelscbein von Unschuld. Gotter 2,237;
betrug ist überall und heuchelscbein.
Schiller Piccol. 2, 7 ;
gieb dir den frommen heuchelscbein
der gnade vor der weit. Maria Stuart 2,4.
HEüCHELSCHÖN, adj. in speciem pulcher, seu polius simulate
probus, purus, integer. Stieleb 1754.
HEUCHELSPIEL, n. ludificaiio assenlalma. Stieler 20S7.
HEüCHELSTAB. f?i.;
bei dem heuchelstab
gewinnt man ehr, gunst und bab.
Lehmann in Hoffmanns spenden 1, 58.
HEüCHELSTAND, m. : weil sie (die möncite) unverschempt
iren heuchelstand und werke für das Tolkomenste leben ge-
rhümet. Lcther 4, 400*.
HEUCHELSTEINERX, adj.: oft wird eine gastung ange-
stellet, aber das absehen gehet auf böse tück und buben-
stück, es setzet saure blick und stich, und musz manch
frommes teutsches herz aus heuchel-steinern krügiein trinken,
und katzentrünk bescheid thun. Otho 652. gemeint sind wol
die steinernen trüge, deren Inhalt heuchelt, d. h. anders scheint
als er es ist. vgl. katzentrünk.
HEüCHELSTÜCK, n. ; schmeichel- und beucbeistück, Aypo-
Msis, fallacia, simulatio. Stieler 2222.
HEUCHELTHÄT. f. : (indem) der beschränkte geist edlern
wesen die beweggründe leiht, die er in den heuchelthaten
seiner Zeitgenossen findet. Dya Na Sore 3, 76.
HEUCHELTHRÄ.NE. /■. falsche, rerstellle Ihräne. Gotter 2,331.
HECCHELTHÜM, n.;
man trägt alhie für bailigtum
ein schlafend fuchs, deit {bedeiUel) heucbeltum.
FiscuART dichtungen 3,59,78 Äiirz.
HEUCHELUNG, f. simulatio. STEI.^BACH 1, 749.
HEUCHELVOLK, n. ; ich wil in senden wider ein heuchei-
voik, und im befelh geben wider das ¥olk meines zorns.
Jes. 10, 6.
HEUCHELWAHN, m.;
0 wie verblendet sind die sterblichen,
wenn sie ein falscher heuchelwahn betäubt. Göibe 7, 156.
HEUCHELWEG, m.: wandele ja nicht den heuchelweg,
sondern bringe anders nichts als warhaftige worte herfür.
pers. baumgarten 1, 1.
HEUCHELWEINE.N, n. ;
schatten, bildnisz, schein und meinen,
Judaskuss und heucheinreinen
ist der glaube dieser weit.
kirchenlied : treuer taler, deine liebe.
HEUCHELWERK, fi.; rechte gute werke wider die heachel-
werke. Luther 4,400* am rande; also, dasz sich sämmtliche
teufeiei auf erden : boffart, betrug, neid, geiz und beuchel-
werk bei den kaufleulen einträchtig zusammengefunden. Riehl
cullurgesch. nov. 413;
sie die ieut damit betriegen,
da sie, im armen seelen zu stewr,
ir heucbelwerk abkaufen ihewr.
B. Waldis das pdb$ll. reich 2, 7.
IV. II.
HEUCHELWORT, n.:
denken sie nicht etwa,
dasz ich durch lügenkünsie, gleiszoeriscbe
gefälligkeit in seine gunst mich stahl,
durch heuchelworte sein vertrauen nähre.
Schiller Piccol. 1, 3.
HEUCHEN, terb. leise, tonlos reden, nebenform lu bauchen
(«p. 570): musz er aber reden, so bat er das ansehen, als
wann der schlag seine zungen getroffen hätte: er stammlet,
er lammlet, er keuchet, er beuchet, so schlipferig, so hei-
ser ... Abele gericlUshdndel l. 302.
HEUCHLER, m. l) seltener in der bedeutung ron heucheln 1,
sclimricliler, fuclisscitwänzcr : aber ob ich papislisch, und der
fürsten beuchler sei, sollen mir bapst und fürsten selbs red-
licher zeugen sein. Lctber3, 40*; die beuchler und Schmeich-
ler seien ärger als die raben, diese stechen den todten die
äugen ausz, die beuchler und fucbsscbwänzer aber verblen-
den die lebendigen, das sie die warheit nit sehen können.
Zi.NKGBEF apoplith. 1, 57 ; H. Sachs übersetzt vül beuchler das
parasUus des Terenz. 5,215. vgl. fürsten beuchler, th. 4, 1, StiS.
2) gewöhnlich nach beuchein 2 Simulator, hypocrita: so lassen
sie ire bosheit auch nicht Jenger, denn die weil sie sich für
den leulen schewen und fürchten müssen, ich aber hab
darnach mit meiner lere gearbeitet, das dieser beuchler und
brandverzcichenter gewissen weniger würden. Lcther 1, 411*;
wenn du betest, soltu nicht sein nie die beuchler, die da
gerne stehen und beten in den schulen, und an den ecken
und auf den gassen, auf das sie von den leuten gesehen
werden. Matlh. 6,5; wenn ir faslet, soll ihr nicht sawr sehen,
wie die beuchler, denn sie verstellen ire angesicht, auf das
sie für den leulen scheinen mit irem fasten. 16 ; ihr phari-
säer seid beuchler und meuchler. Otho 665; Lucas Cro-
nacher, ein mahler von Wittenberg, pflegte die beuchler und
bypocriten, beilige schälk zu nennen. Zi.negref apophth. 1,315;
heilige beuchler sind die ärgsten schälke, personala sancti-
monia duplex nequitia. Steisbach 1, 749 ; aber wenn er nun
kommt mit der larve des heuchlers, euer mitleid erweint,
eure Vergebung sich erschmeichelt, und morgen hingeht und
eurer Schwachheit spottet im arm seiner huren? Schiller
räuber 1,1; das erschrak vor keiner niederträchtigkeit, nni
sich einzuschmeicheln, einzunisten . . bald spielte er den
heucliler, bald den spaszmacher, wies die zeit heischte.
parasit 1,2; wir kennen sie nun, beuchler an talent und
lugend ! 5, 8 ;
die beuchler stellen sich wie schaf,
und lauren wie ain fuchs im schlaf.
FiscBART dichtungen 3, 59, 79 Kurz ;
die heiligkeit, die nur die beuchler schminket.
Rost schdferged. 90.
beuchler «rie duckraänser (vgl. theil 2,1495. 1496): noch habe
ich es nicht gesehn, da ich doch das tägliche brodt bei
ihnen itm hause) bin und aufpasse wie ein beuchler. Hermes
Soph. reise 3.226.
HEUCHLERBANK, f.:
redlich wil ich lieber schwitzen
als die heuchler-bank besitzen (darauf sitzen).
LoGAD 1, 149, 47.
HECCHLERDIE.NST, m.:
allein, wo soll man seelen finden,
die nicht auf eigennutz und heuchlerdienste gründen?
wo ist nicht treu und glaube schwach? Hageoor:« 2, 61.
HEUCHLEREI, f. verhallen, benehmen als heuchler; im 16. jh.
neben heuchelei gebraudtt: die von dem glauben tretten, und
anhangen den leren der teufel , in heuchlerei und falschen
ertichten worten. Lcther 1,272*; mit heuchlerei und gutem
schein werden sie lügen leren. 4iü'; darumb die busze, die
mit den friedlichen gedanken sich übet , ist heuchlerei. es
musz ein groszer ernst und liefe webthuung da sein, sol der
alte mensch ausgezogen werden. 412* {dazwischen verfürische
heuchelei 4ll'); vil feiner köpf solchs zu beschreiben sich
beflissen haben, so lang bisz dasz die heuchlerei überhant
genommen. Mictll. Tac. 1* (donec gliscenle adulatione delerre-
rentur) ; heuchlerei gehet wol bisz zum feür, aber nit darein.
Frask parad. (1558) 282*; deszgleichen gaben im die grösten
böszwicht, so aller aufrur zu Rom ein ursach waren, die
besten wort und überwunden die unschuldigen mit heuchlerei
und liebkosen. Germ, chron. (1530) 98*;
bereden in durch heuchlerei. H. Sachs 3,1,97';
mit ewer geschmirten heucblertl. 224*;
81
1 283 HEUCIILERFEIND — UEUEU
wan wir uns (sprechen dipso thoren)
nicht freihen von iler heiichlerei.
WKCKllERLiii 3 (;js. 2, 3) ;
dasz boszheit, süml und hcuchlcrci
für dir, herr, nicht bestehen. 10 (ps. 10,20).
HEUCIILERFEIND, vi. alienus ab hypocrilarum fraudibus.
Stieler 461.
HEUCHLERIN, f. simulatrix, adulatrix. Stei«»bacii t, 710.
HEUCHLERISCH, adj. und adv, nach der wevte eines heiichlns
{nil. oben lieuchelisch sp. 127S): {die maf schau fei, womit qoll)
die hettchlerischen spreüwen der lügen von der kernhnften
Wahrheit wirft. Frank fararf. (1558) s. 292"; item da man eines
orwehnet, der sich sehr heuchlerisch und glimpflich stellet,
gedachte er {Luther) desz schönen sprüchworts, hüte dich . .
film Schleichern, die rauschet thun dir lang nichts. Schup-
pios 830; einem heuchlerisch begegnen, pcrxonam alicujux rci
sibi sumere. Stieler 794; itzt thut sie es nicht {sich schvünken),
um den heuchlerischen rühm einer frommen und einfältigen
christinn zu erlangen. Rabemer sat. 4, 110; menschen —
menschen ! falsche , heuchlerische krokodilhrut I Schiller
räuber 1, 2;
(des Patrioten mnse) drängt
sich nicht mit heuchlerischem Weihrauch
schamlos zum throne der erdengötter. Ramibr t, 103;
mein könig ...
haszt heuchleri.'ichen eifer. 2, 30.
HEÜCHLERSBRUST, f.:
du schilderst deines valers herz, wie dus
beschreibst, so ists in seinem eingeweide,
in dieser schwarzen heuchiersbrust gestaltet.
ScHiLLBR Wallcnnl. lod 3, is.
HEÜCHLERSEKTE, f. :
das macht, dasz die new heuchlersect,
das Jesuitisch bapstgeheck
anfangt und päbstlich hölligkeit
nennet die höchste oberkeit.
FlscilART dichtungi'H 3, 380, «7 Kurz.
HEUCHLERZUNFT, f.:
flieh, auf ewig, die gesiebter
aller finstern splitterricbter
und die ganze heuchlerzunfi! Hagedorn 3,43.
HEUCHLICHT, HEUCHELICHT, adj. und adv. simulatus,
fucatua, fictm, fallens, fraudnlentus, versutui:. Stieler 794.
HEUDECKER, vi. name des sieben fini/erkrautes, tnrvienlilla
erccta: tormentill, so man auch hcudecker nennet. Homrerg
3, 1, 1.S2'; Nehsicii hat als eine benennung dieses krautes heider-
kern. beides ist verstümmell ; ob aus sTnäfvXXor, der grie-
chischen bezeichnung der pflanze?
IIEUDIELE, f. platz uo das heu lagert, heuschuppen: höuw-
gaden. höuwtyle oder hTiuwheüszle, foenile. Maaler 228*.
HEUEL, tri. securis, fistuca, pilum ruiduni. Stielkr 78S.
besser häiiel, zu hauen gehörig.
HEUEN, rerb. heu machen, mhd. hOuwen ; mit acc. des objects:
so sol der weibel oder sin hotte da sin , unze das höwe
gehiiwet werde, weisth. 4,208; wenn man die matten howet,
so sol man machen einen schochen. 480 {d. h. wenn man das
gemähte gras wendet und zusammen rafft, verschieden vun dem
kurz vorher stehenden wenne man die matten meyet, dos gras
abmäht) ;
seine wUen wessern und hewen. 11. Sacb« 3,1,83».
häufig absolut: sie hackte, heute, dröschte. Th. Platbr 76;
das höw int gtit,
Und um das suber Türen ein!
es mag alteit gfn höwen lein. Urland volktl. C05;
tröschen, megen, höwen.
N. Mahoiii fasln, sp. 360 Grineiten ;
solt helfn heuen und mehen
und graten auT der heid.
J. AiRRR fattn.ip. no- (3081, 26 Keller);
ich träumender Rchaute des abends
goldenen rand, der zum heun anmutige» weiter verkOndigl.
Voi» 2, 295.
auch, ähnlich wie grasen, heu als fulter suchen: wdllen «ich
nun die herren {adelichen qrundbesUzer) ires gewissen« erin-
neren, %n ist es nicht vonnfJlen, das sie also haufenwels
oder herdsweise irc wilde kühe hewen {sc. lieszen), sonder
were gnng, das sie sich zu irem hisl weniger «ildprets g««-
nOgen lieszen. Sebiz ?>«2, unter den wilden kfthen sind die hirsche
verstanden Ihirtzen sint den herren wilde kühe. das.), die de»
landmannt wiesen nicht durch äsen verwüsten sollen.
HECER. tn. der heumachrr, mhd. hrmwer, houwer, vgl. Lkxkb
mkä. vir <<■•■- >■;- ' - '.■,,wr/i *^Tini - •
IIEUEU
1284
heuer drunten im doif hatten ihre Strohhüte längst wieder
aufgesetzt. Felüer sondert. 2,8;
wer fröud wil han der selbig man
mit uns das höw vordempleii frei!
nun rat wer doch der höwer sei? Uhland to/As/. <iOti.
anders heuer, die nebenform zu hauer, besonders bergmännisch
(mit dryen heuwern. Veith bcrgwürterb. 267), vgl. sp. 581.
HEUER, VI. der mietsmann, pdchler. Frisch 1, 449'. aus der
oslfriesldnd. leichordnung. s. das folg.
HEUER, /". viicte, jiachl und das dafür entrichtete, ein nur
dem niederdeutschen Sprachgebiete angehüriges wort, ags. hjr miete,
hjrian, fries. hera pachten, engl. Iure miete, niedcrl. huere'
hueringhe conductio, locatio Kilian, viiltelniederd. und neuniederd.
hure locatio üief. 335* {aus Cötnrr glosscn), hüre: k6p brikt
alle Wege hür, quando locata domus venu, fit libera semper.
TuNNiciüS no. 389 ;
weinig begerdcn se to kope edder tor hür.
Laurrmbrrg 2. schirzged. 92.
auch in die neunord. sprachen eingedrungen : schwed. hyra viielc
und mielgeld; dän. hyre monatslohn der schiffsleute. die nordd.
schrißsleller seit dem 17. jahrh., die das wort in die hochdeutsche
Schriftsprache einführen, brauchen seltener die form hauer, dem
nd. höre entsprechend: in einem geringen schafstalle zur haur
sase. .Mestwert /7i/f/i,5pifflW 61 ; im haur und gebrauch haben.
Frisch 1,449' (at(s Staphorsts hamb. kirchenchron.); gewöhnlich
heuer, nach dem n<f. hiure: hernach nahmen wir von daran
mietpferde, und giengen mit einem postillion, der die pferdo
zur heüer hatte, .. bisz Paris, unw. doct. 404; wir müssen
also durchaus darauf denken, die heuer unsrer äcker und
wiesen nicht sinken zulassen. Ma%ER patr. phant. i, 2i'.) ; der
krieg von 1756 bis 1762 hat gewiesen, wie wenig das durcli
die auslobungen entkriiftete liegende gut den üffentlichcn
lasten gewachsen war; und während der zeit dieses alle
beschwerden trug, flüchtete der abgefundene in Holland, oder
sasz still zur heuer, osn. gcsch. 1, 113. Der norddeutsche schiffer
nennt heuer den fahrlohn den er sich bedingt, der matrose den
lohn für eine Seereise; im Wasserbau bedeutet heuer so viel, als
der wert oder preis eines auszendeiches, einer anzahl faschinen
und dergleichen hcrdpfdhle. Jacobsson 2, 256'. s. kampheuer.
HEUER, adv. hoc anno. ahd. hiuro, hiure, wie bekannt aus
einer alten inslrumcntalverbindung hiu järu in diesem jähre zu-
sammengeflossen, mhd. hiure, erweitert hiuwer, mitleldeut.<:ch hftre
(Lexer wb. 1, 1309), in den andern dialecten fehlend, im nhd.
jetzt veraltend und in gewählter spräche gemieden. Es drückt aus
1) genau in diesem, gegenwärtigem jähre, sowol auf den schon
verflossenen, als auf den noch ausstehenden theil des Jahres be-
zogen: heuer im frühjahre bekam erbefehl, sich schlechter-
dings marschfertig zu halten. Rabemer sat. l, 191; dieser neue
ehestand gedeiht der alten frau so gut, dasz sie noch in
ihrem fünf und siebzigsten jähre so munter sein wird, als
heuer. 4,374; ich weisz nicht, ob Göthe heuer nach Frank-
furt kommen wird. Karl August bei Merck 1,397; ich nehme
mich seiner seit heuer wieder mit verdoppelter Sorgfalt nn.
Rertcch rfase/fe.Tt 2, 227; auch heuer war alles Abel gerathen.
RiEHL culturgesch. nov. 276;
heur ein fart (einmal) de gieng ich vom wein.
fasln, sp. Mh, 24 ;
da man beur den habern schneid. 587, 31 ;
wol beur zil disem meien
in grün wil ich mich kleiden. Uhla;«d vnlktl. 12S;
heur gen disem summor
ich armer eilender man
nin weih hab ich gcnummen. 716;
allein das bringt mir groxz unruh.
das Ich heur hab mein woib vcrlohrn.
J. Atrrr 43.S» (2187, 7 Kelter);
ei nein, der strick ist viel lu theur,
der hanf Ist nicht gerahten heur.
A. (.NTPHitis 1698 t, 747;
die techite {Jungfer sprach): heuer münz ich freien.
wo nicht, so word Ich zelcr schreien. I'icamiikr 3. ■'
und schwatzt vom ackerbau, vom wiesewach«, von ■
wie heuer recht nach wiuDich dos nnchbara körn gi i
Mackdor*) 2, tut ;
heuer nur, um gotieswlllen,
liebe rautter, keinen kohll GAtri 3,60;
die gtntt lat heuer nicht gerathen.
KoTzitRvi dram. <;•• 1,21)0;
illo furcht des bahnen, wie wir sehen,
ward heiler allgemein:
man brht vor einem drnUirn krfthen,
gani wie der \Vnllrn«toln ! KsaitiORATH dicht. 3. O'.t.
1285
HEUER — HEUERLING
HEUERLING — HEUET
1286
pleonaslisch in der Verbindung heuer disz jabr:
wüchse das laub und auch das gras,
als untreu, linauz, neid und hasz,
so hatten die schar und riuder
heur dis jar ein guten winter.
Keisebsbkrc narremch. 194.
liL'UL-r, stibslanliviscli:
sie schaut nach dem lieben Treier,
der uns bringt ein neues heuer.
FtEMi^c 2S9, 32 Lappcnb.
•1) Leuer, in dieser bedeutung in gegaisalz geslelU :u ferl,
s. saldreiche beispiele titeil 3, sp. 154". 1548 :
so geheit ir mich gleich heur als ferl.
fastn. sp. 42, 25 ;
er hat unser tochter hegert
xu eiuem weih hewer und fcrt. II. Sachs 2,2,38';
ich bin ein jähr zu frü geborn;
was ich heur darf, habs lert anworn ;
drumb nach ich jtzt am liuugerlucb.
J. Ayber fuiln. sp. Iti* (2419, 8 Kelter) ;
sind gute gesellen, bleiben bewer wie fern. Lutuer tisclir. 22l';
manchen dunkt, er wer witzig gern,
und ist ein gansz doch, hür als veru.
Bra»t narrensch. 34';
was ich sol heur verzeren,
das hab ich Tern vertan. Uhland votksl. 5S1;
ebenso zu übers jähr:
so bleibt er dennocii heuer
so gut als übers jabr au geiz, putanderey,
list, l'alschbeit, siolz und zank auf seiner alten luyer.
GiSNTUER 555.
3) heuer, in freierem sinne auch in jetziger zeit, heutiges tuges:
sagt mir, ist es Venedig reis?
so ist es heur ein guote fasienspeis. fanln.s]). 30>>, 11 ;
gute wort und falsche treu
ist heur nicht neu. Scuweimchen 2,281;
ihrer viel sind zwar beflissen
sich im Helicou zu wissen,
ob sie gleich nun ziehu uud ziebu,
kommen laugsam sie doch bin,
denn ihr bestes pferd ist heuer
viel zu seltsam und zu tbeuer. Lociu 1, 30, 2
{übersclirieben 'wein, der poelen jtfcnl');
alles thun und alles tichten
blosz auf eignen nutzen richten,
wer sich dessen wil beQeiszen,
kan politisch heuer heiszcn.
1,210,71 (überschrieben 'heulige weltliunst').
bei Uhla.ni) auch ivi sinne bis auf lieutigen tag:
herr Naimes diesen aussprucb that:
schon vielen rieth ich heuer:
doch süszes wasser und guter rath
sind olt zu schiffe tbeuer. ged. 348.
HEUERACKER, m. pachlacker.
HEUERFASULIE, f. familie eines zur miete wohnenden. StL've
vesen u. verf. 249.
HEL'ERFELD, n. pachtfeld.
HEUERGELD, n. mietgeld: dasz er keine leibeigene (zur
miete) aufnehme, weil er, wenn sie stürben, für die beuer-
gelder kein stillschweigendes Unterpfand an Sachen haben
würde, die zum sterbefalle geborten. MüsER/Jo/r.p/iun/. 3,142.
bei den schilfern ist hcuergeld das mietgeld für ein scldlf und der
lohn der malrosen.
HEUERGUT, n. padägut.
HEUERHAUS, n. viielhaus. StCve uesen n. verf. 72.
HEÜERIN, f. heumacherin .
die heuerin, der braune bin,
sind nicht arkadisch aufgellirrt. Voss 5,233.
HEUERJAHR, n. das jähr, so lang jemand etwas gemietet,
annus conducloris, tempus annuum conductionis. Ffiiscu 1,449*.
HEUERKORN. n. kurn das statt des Pachtgeldes gegeben wird.
HEUERKUTSCHE, f mielkutsche, lohnkutsche, l'ierot 1,100.
HEUERLAM). n. uirtschaflslaud in pacht.
HEUERLEUTE, pl. leule die zur miete sitzen {vgl. beuerniann):
in der mark werden die genossen von markköltern, brink-
liegern, heuerleuten und dergleichen zu gemeinen lasten und
ehren nicht kommenden ieuten wohl unterschieden. Müseb
usn. gesell. 1. 255.
HEUERLING, »i. l) junger scliosz am reblsock: malleolus,
selzling, rebschosz su man selzet, schnitling, hewriing. Gulii
onomtuf. 1582, 368 ; hürling, mallculus Maaler 232*; eine som-
meriatten, die treibt auch ihre trauben gleich wie an unsern
stucken die uachkömliiig su man heurling iienuet. a. wciszh,
luslg. lt>5.
2) junger fitch von diesem jähre; so heiszl der barsch, perca
fluvialilis, im ersten jähre hürling, heuerling; ebenso der blau-
felclicn und weiszfelchen , eine laclisart. Neu.sicu 4,905. 1212;
heurling, siiurus Alb. dict.; wenn der barsch jährig ist, werde
er hürling oder heuerling genennet, zum zeichen, dasz er
heuer oder in diesem jähre geboren sei. Heppe jagdlust (1784)
3, 3ü7 ; es sol euch niemant debein hürling fuhea vor sant
Arbegastestag im Rin nuch inne andern wassern, tceüf/i. 4,512
(ton 1442).
HEUERLING, m. miclsntann , geringer, zur miete sitzender
tagelOhner, ags. hürling: heurling, der ein stück land im haur
hat, coldnus Frisch 1,449'; dasz iu jedem kirchspiel sieben
geschworiie hofgesessene männer angesetzel oder erwählet
werden, von deren urtbeile es abhangen soll : üb dieser oder
jener heuerling im kirchspiele zu dulden sei oder nicht?
.Moser patr.phant. 2, 7; wenn er {der Verwalter eines meierhofes)
nun mit den knechten und hcueriingen des abends spräche.
rolkszeilung vom 31. mai 1865.
HEUERMANN, m. mietsmann , tagelöhner, der auf seiner
Wohnung und dem dazu gehörigen wenigen ackerland zur viiete
sitzt : sein holländischer heuermann ist kaum zu hause, so
klopfet der buuer schon an dessen lasche. Müseb patr. phatU.
1,95; oft und sehr oft sieht mancher einen beuermann auf
unerlaubten wegen. 2, 7.
HEUER.N, verb. vermieten, ausmieten, conducere huren 1, pro-
fijtiich sijn Dief. 140*; locare huren 335*; gewöhnlicher mieten,
abmieten, so schon bei Wilwolt von Schaumburg, wo das worl in
bezug auf englische Verhältnisse und in anlehnung an das eng-
lische tu bire gebraucht wird: sie giengen also drei tag hinach,
bis sie auf ein stras kamen, die nach Lunders gieng. alda
funden sie englisch zellner umb geit zu heurn. Wilwolt von
Scluiumb. 96; ebenso in Kiechels reisen, der das wort, wie er
auch sonst mehrfach holländische ausdiücke verwendet, in der hol-
ländischen form braucht: mueslen wegen ungewitlers 3 tag
stilligen, huerten ein camer im stättHn. 181, vergl. niederl.
hueren conducere Kilia.n ; sonst bei norddeutschen schriflsleUeni
{s. heuer): kein henker will mehr eine wiese heuren. jeder
bat nun selbst wiesen. Moser patr. phant. 1,213; er heuerte
den grüszten spiegel der aufzutreiben war. McsÄus volksm, 442.
In der spräche der seeleule heiszt heuern einen matrosen an-
werben; bei den kaufleuten ist heuern lutlerie- oder anlehenloose
nur für die näcliste Ziehung oder mit verzicid auf den niedrigsten
gewinn spielen. Kbeplin der kaufmann auf der liöhe seiner zeit
(Weimar 1865) s. 561.
HEUERN, verb. heiraten, s. heuren.
HEUERNTE, f. foenisecium , messii foenisecia. Steinbacu
1,352; auf dreimähtigen wiesen, weiche aber nicht allzu-
haufig gefunden werden , gehet die heuerndte gleich nach
püngslcn an. öcon. lex. lülO.
HEUERTRAG, m. ertrag eines landes, einer wiese an heu.
HEUERVERHÄLTNIS, n. Verhältnis, läge als mietsviann. Stüve
wfscn u. verf 73. 250.
HEU ER WERK, n. gut, vorweik was viietweise ausgegeben u-ird,
mieluohnungen mit etwas land: auch hier bilden die einzelnen
heuerwerke kleine gutsbestäude für sich. Stüve 98 ; begrün-
dung neuer heuerwerke. 272.
IIEUERWESEN, n. anuesen eines heuermanns, midwirlsdiafl.
Stüve 98.
HEUERWIESE, f. pachtwiese.
HEUERWIRTSCHAFT, f. : das bewohnen besonderer heuer-
wirtliscbaflen. Stüve 134.
HEUERZÄRTE, f. mietabrief, mietscontrad, instrumetUum toca-
tiunis, conductionis. Frisch 1, 449*.
HEUET, m. f. foenisecium, ein nur aUmannisch-bairisdies
wort, schwankenden gescidechls, die heuernte und die zeit derselben
bezeichnend, daher, wie schon das mhd. buuwot, houwet, hOuwet
auch als monatsname für den juli fungierend, vergl. die zahl-
reicheii nacliweise bei Wei.^bold monatnamen s. 43. es heiszt
scliwciz. der heuet , heumonal , wie auch die zeit des heuens
Stalder 2,41; der heuet die heuernte Tobler 266*; der höu-
went, das ist, die zeit zehOuwen oder zemäyen , foenisecium
Maaler 22!>' ; schwdb. der heuet dm zeit der heuernte, aber auch
das eingeerntete heu Scumid 275; bair. der heuet, beuget, heu-
ernte, lieu, lieuplatz Schneller l, 1029 Fromm.; das zeug will
ich kaufen und nach dein heuet zahlst du es. Pestalozzi
2,28; meiner Schwester tochter .. war nur über den heuet
bei uns. J. Ernst vier norfllcn {Frauenfeld 1866) $. 100 ; der
81*
1287
HEÜFECHSÜNG — HEULARSCH
HEULEINE — HEULEN
1288
pfarrer hat es ki der heuet erlaubt, dasz man am sonntag
das heu wenden darf. Auerbach dorfgesch. . . .
HEÜFECHSÜNG, f. gewinnen, ernten des beuei (fechsen,
fecbsenen, in die scheuer bringen, fecbsuiig, ad des einbringens,
eingebrachtes, ernte Scan. 1,508): wahr jedoch ist dasz der
generalgouverneur . . . 20000 bauern mit ihren sensen zur
heufechsung in den bessarabischen steppen aufgeboten hatte.
Voss, seitung 1S64, «o. 141.
HEUFEIME.N, ni. nieta foeni. Frisch 1,256*; auch heufeime, f.
s. heuliiiie.
HEUFIEBER, n. ein typischer frülisommer-kalarrh.
HEUFIME, f. hcuscliober. vergl. Iheil 3,1638: des nachts ist
unter blauem himniei die heufline sein bette gewesen. Moser
palr. phanl. 1 (1798) s. 92.
HEUFROHNE, f. foenisedum, frohnarbeil bei der heuernle.
Stieler 570.
HEUFRÜiNTE, f. was heuberge, heumagazin auf dem fclJe.
Jacobsso.n 6.72'.
HEUFUDER, n. fuder heues : heüwfuder, vehes foeni. Maa-
LE« 220*.
HEUFURKE, f. heugabei , in den niederdeutschen gegenden.
Jacobsson 2, 256*.
HEÜFüTTER, n. heu als viehfutter.
HEUGABEL, f merga, furca foenaria. Maaler 228*; heu-
gabei, trifurcus, est furca ad fenum apta. voc. ine. theul. kl';
die rüst- oder harnischkammer (meines pßegvaters, eines bauers)
war mit pflügen, kärslen, äxten, hauen, schauflen, raist- und
heugabeln genungsam und auf das beste und zierlichste ver-
sehen, mit weichen «äffen er sich täglich übete. Simpl. 1, 11
Kurz.
HEÜGADEN. n. foeiiile. Maaler 228*.
HEUGEBIRGE, n. ; fuhr auf dem architektonisch gewölbten
beugebirge des wagens heim {einem fuder heu). J. Paul uns.
löge 3. 125.
HEÜGESANG, n.;
bald jauchzen tönt zum heugesang,
und bald gewezter sensen klang! Voss 5, 234.
HEüGEWINN, ni. geu-inn, eitierntung des heues. Adelusc.
HEUGÜT, n., scJiweizerisch, ein gut dessen einkaufte haupt-
sächlich im ertrag vom heu bestehen : sonderweide, (ist) ein
mittelding zwischen einem heugut und einer alp. Stalder
2, 378.
HEUHÄNDLER, m. handlet mit heu. vgl. unter baberhändler
sp. 83.
HEüHAUFE, m. meta fbeni: es erstickt kein maus under
einem hewhaufen. Frank spr. 2,149'.
HEUHAUS. n. focnile. heuhusz voc. ine. theut. k l'.
HEUHÄUSLEliN, n. .• Iiünwgaden , höuwtyle oder böuw-
heüszle, foenile. Maaler 228*.
HEUHECHEL, f. ononis arvensis , slachelkraul , stachelheu.
HoHBEßc 1, 534'; ononis, bewhechel oder stallkraut. Serranüs
diä. q7'. es ist nebenform zu hauhechel sp. 596, «»Ki in der
bedeutung mit stachelheu ganz übereinkommend, vgl. über hechel
sp. 735. 736.
HEUHENiNE, f. kenne die als zins um die Heuernte gegeben
v>ird. Frisch l, 448*.
HEUHCI'FER, m, gryllut. Nemnich 3, 80.
HEUISCH, adj. l) wie heu, nach art des heues: ir werk
Tolgen inen nach, wenn das fewer urteilet ire werk und
verbrendt den alle werk die holzig, bewisch oder slupelich
sein. Carlstadt sermon vom stand der christglaub, seclen B2*.
2) vergl. unten beuniscb.
HEUJAHR, n. jähr in dem das heu gedeiht: in so einem
schlechten beujabr. Felder sondert. |,19.
HEUKALB, n. heufressendes, abgesetztes kalb, im gegensalz
zum milcbkalbc, jthrlinij. Fromm. 5, 485 aus Vorarlberg.
HEUKATZ, f sdimaus nach der hmernte, schwäbisch. E. Meier
sagen 439. vergl. über das wurt unter karz theil 5, 24«.
HEULADER, m.: ohne Verlegenheit steckte er die gahel . .
in den ganzen braten, und wie ein guter heulader schwenkte
er die galiel. Arnim kronenw. l, 371.
HEULAFFE, m. briilla/fe, etne affenart: im vergleich mit
dem gelirull der hculaffen. Brehm illuslr. Ihierl. 1, 104.
HEULAND, n. land von dem heu gewonnen wird. vgl. beu-
wiexe.
HEULARSCn, m.: ein heularsch, projirie plorabundus, qiii
faale jinrai, mfiaphorice aulem de limido et meticutoio homine
dieUur. Sri tat« 57.
HEULEINE, /". leine oder starkes seil, womit der heubaum,
und mü diesem das heu oder stroh, auf dem wagen befestigt wird.
Jacobsson 2, 256'.
HEULEITER, f leiler zum aufsteigen auf den heuboden. in
dem folgenden bilde aber ist wol unter heuleiter die raufe von
leileraitiger gestalt gemeint, hinler der dem vieh das heu auf-
gesteckt wird: denn was laulicht und lessig zuhöret, lesset
es nur in die obren schallen, oder vernimmts mit bewleitern,
und aufm heimweg verzett und vergiszt es alles, was es in
der kircben gehört hat. Mathesius pos/ii/a 1,33'; denn wenn
die predigt einem zu einem ohr ein und zum andern wider
auszgehet oder gehet nicht im grund des herzens an, so
vernimpt man mit bewleitern und kan keiner gewisz sein,
wie und wen er anbeten sol. Sar. 4o'.
HEULEN, ferb. ululare. mhd. hiuweln, biulen, hftlen (Lexer
wb. 1, 1309), ahd. biwiion freudig schreien, jubeln (Graff 4, 1069
aus Otfrid); ein lonmalendes wort, wie das lat. ululare, griech.
oXoXvt,£iv, das auch insofern zu dem ahd. tritt, als es mit den
zu ihm gehörigen oXoXvyrj und o/.6Xvyfin das freudige neben
dem klagenden geschrci bezeichnet, theü 3 sp. 1193 ist etymo-
logischer Zusammenhang zwischen eule und heulen vermutet.
heulen wird gesagt
1) von den langgezogenen, meist klagenden tönen gewisser thiere:
gannire hylen als ein fuchs , nd. huyien als ein voss grint
DiEF. 257' {vgl. auch heunen); heulen als die leuwen, rugire,
ctiam est proprium asinorum . . . heulen und winslen als die
hund und wolf, ullulare. voc. ine. theut. k l' ; beulen wird von
dem wolf gesagt, wenn er laut wird und sich hören lässei,
welches mehrenlheils im winler und zwar des nachts ge-
schiebet, heulen sagt man auch von den wilden tauben,
wenn sie sich rufen. Jacobsson 2,257"; die grausamen wilden
thier beuleten, weish. Sal. 17, 19 ; horch ! grausig heulet der
kauz. Schiller räuber 4,5; der löwe brüllet! der wolf heulet.
Lessing 1, 152;
zä Magdenburg auT der brücken
da ligen drei hCindelein,
si heulen alle morgen,
kain Spanier laszea si ein. Uuland volksl. 552;
es heulen eulen durch die luft.
Kretschmann lihingulph 58;
und das leichhuhn schlug an das kammerfenster und heulte.
Holtt 43 llatm ;
wie sich die schate bang zusammendrängen
wenn sich des woifcs heulen hören laszt.
ScuiLLER juugjrau, prolog, 3. aufir. ;
soll ich mit dir das zimmer theilen,
pudel, so iasz das heulen,
so Iasz das bellen! Görus 12,66.
a«c/j von tönen der freude :
kaum sprengt er den rücken des hügels hinan,
so springen ihn seine zwei doggen schon an.
mit freudigem heulen und wimmern. Börcsr 81*.
SprichwOrllich : wer untern Wolfen ist, musz mit ihnen heulen.
Pistoriüs thes. par. 8, 26 ; wenn du ihnen {den Wolfen) nicht
entweichen kannst, so sollst du sagen : ich bin ein mensch
und kein wolf. ich kann nicht so schön heuleiv, wie ihr.
Hebel 2 (1853) 179;
ich wollt sonst schnell von hinnen eilen,
und in dem wald mit den Wolfen heulen. Götbr 13, 90.
2) in bezug auf menschen, dasz hier heulen von dem Ihie-
rischen laute auf den menschlichen in starker au.^drucksweise nur
übertragen sei, ist man sich bewusl, und zeigt diesz durch ver-
gleiche: des abends las sie widerutnb auch heulen wie hunde.
ps. 59, 7. 15;
secht, lieben freund, dem gölten zu!
er lui und heult sam ein ku.
nu grein du, aller teufel namen ! fattn.sp. 538, 10;
wer seid ihr denn, datx ihr des hnuses schafTnerin
entgegen heulet, wie dem mond der hunde schaar?
GöTHi 41, 190.
t:t sUht
a) von dem lauten weinen in langgezogenen tönen ; oß in den
Verbindungen heulen und weinen, heulen und schreien : bedien
und klagen, vast weinen, leid haben und leid tragen, be-
kümmeret sein, weeklagcn, lugrre, ctularc, clamare, wciferan,
ijHintari, plangere, lamentari. Maai.er 220*; ich heule für un-
ruge meines herzen, p». 38, tt; crh6rc mich, wie ich «o kleg-
lirh zage und heule. 55,3; heule Ibor, schreie sind, ganz
Philisterland ist feige. Jes. 14, 31 ; das sie weinen und beulen
über Nebo (uid Medba in Moab. 15,2; zihel secke an, klagt
und heulel. Jrr. 4, 8 ; heulet nu ir birten und schreiet. 35,34;
1289
HEULEN
HEULER — HEUNE
1290
heule, wie eine jungfraw, die einen sack anleget umb iren
breuligam. Joel t, 8; aber die kinder des reiclis werden aus-
gestoszen in das finslernis hinaus, da wird sein heulen und
zeenkiuppen. Matlh. 8.12; und sabe das getiiramel, und die
da seer weinelen und beuleten. Marc. 5, .38; web euch, die
ir hie lachet, denn ir werdet weinen und heulen. Luc. 6, 25;
woian. nu ir reichen, weinet und heulet über ewer elend,
das über euch ktrraen wird. Jae. 5.1; nun kumpt mir ein
sellzamer schreyber zubanden, der sich Johan Fritzbans nen-
net, und wolt gerne hewlen, wan ybm einer sein haut balget.
Cablstadt wider bruder Johan aij*; sie schrauen und beulten.
Aimon bog. F ; heulet ein wäyse, wer hat woll je freude drob,
pers. baumgart. 2,1; endlich kam sie darauf, dasz sie mit
lauten heulen sagte, es schmerzte sie dieses am meisten.
polü. siockf. 353; als die sonne kam, heulte er laut, und
schwur, dieser tag bräche edle raSnner. Kunger 1, 352 ; heult
mit mir! 2,132; nur ein heulender sonder konnte den tod
ein gerippe schelten. Schiller kab. u. liebe 5, 1 ; er hOrte eine
jugendliche stimme, die, zornig und drohend, durch ein un-
mäsziges weinen und heulen durchbrach. Göthe 18.223; er
freute sich einige zeit herzlich, bis ihm der schimpf, den
ihm der stärkere angetban, wieder einfiel, da er denn von
neuem zu heulen und zu drohen anßng. 224;
mir tut eur heulen im köpf so we. fasln. *p. 539,11;
sähe man ein jemmerliches spiel,
Weinens und heulens war kein ziel. mUdtenkr. 1,290;
ihr geist soll, wie die sagen gehn,
in dieser Itirche weilen,
und bis im dorr die bahnen krähn.
bald wimmern und bald heulen. Höltt 34 Halm;
fiel ich sie an und schlug und traf, mit blindem beginnen,
ohne zu sehen wohin, sie heulten mit blutigen nasen.
GöTHB 40, 272 ;
überall sieht er den tod, und genieszt die letzten minuten
grausam, freut sich des bluts, und freut sich des heulenden
Jammers. 292;
du sollst
mir beulen, alter (aus schmerz über empfangene schlage).
Schiller Iphig. 2, 1.
von personifiealwnen : eine mücke sprach zur kerze: ich bin
in dich verliebt, drumb isls billig, dasz ich durch dich
sterbe, aber warumb heulest und knirrestu so? ftrs. baum-
garten 3, 24 ;
ein betrübter esel beulte,
weil des Schicksals karge band
ihm nicht hörner zugewandt. Hacedoki« 2, 31.
in der derben spräche des volks icird auch sdion das stille weinen
heulen genannt.
b) auch auszerhalb des ueinens und Jammers von den heulenden
tönen eines gesanges, der wul: das ist nicht gesungen, das ist
geheult ; er schrie, oder vielmehr er heulte vor wut.
e) in beiden bedeutungen nicht unhäufig auch transitiv, mit
dem objecl des heulend ausgestoszenen oder empfundenen: räche
heulen. Kli5ger theater 4. I3t ; ich will zu dem grab meines
lieben wandern , und mehr grimm und heiszen durst nach
ihrem {seiner tnörder) blut bei seiner asche in meine adem
heulen. 2, 182;
nun tanzten wohl bei mondenglanz,
rund um hertim im kreise,
die geister einen kettentanz;
und heulten diese weise. Bcbcsr 15';
erhebt er fürchterlich des zornes doniierstimme,
und beult in diese worte seinen schmerz.
Schiller Zerstörung von Troja v. 93 ;
geh — und beul es bis zu jenen pforten. räuber 4, 5.
Mit anfügung direeter rede: so laszt uns in das wasser springen,
oder uns . . hier tödten I heulten die verzweifelnden. Klincer
10, S2;
Jesu Maria hilf! mein Treund, ich bin Terloren!
so beult es ihm auf einmal in die obren.
Alzincer Doolin 4, 77.
3) m bezug auf dinge: er fand in der wüsten, in der dürren
einüde, da es heulet. 5A/oi. 32. 10; heulet ir schiffe auf dem
meer. Jes. 23, 1 ; heulet ir tannen, denn die cedern sind ge-
fallen . . . beulet ir eichen Basan, denn der feste waid ist
umbgehawen. Saeharja 11,2;
mache dich auf, beulender stürm! Götter 2,510;
laut heulten stürm und wog um* haus. BBrcrr 36';
wie durch todter wüsten schauern.ichigeflüster,
wo verlornes heulen schweift. Schiller Laura am klavier;
wtnn im stürme sich die winde heulend scblareo.
Zerstörung von T^oja v. 73 ;
und des glockenthurmes dumpfes heulen
schlage scbrecklichmabnend an dein ohr. kindesmörderin ;
schnell
harscht der bach, und im see heulet gediegener ftost.
Voss 3, 7.
heulen sagt der Orgelbauer von einer pfeife, die auch ungerührt
eine stimme von sich gibt. Jacobsso5 6, 73*.
HEULER, m. ploralor, ejulans, quiritans. Stiei.er 62: war
aber dabei ein gräulicher heuler, und schrie und winselte
gleich erbärmlich, wenn ihm eines von seinen geschwistern
... einen kleinen schlag gab. Wielasd 15,157;
er ist ein wolf, ein nimmersatter heuler. Röckbrt 125.
Im jähre 1848 bezeichnete man durch heuler die ungehörigen der
reactionären partei: das häuflein der constitutionellen und
heuler im republikanischen Altenburg. Leipziger topf u. sehmert
no. 10 vom U.juli 1848.
HEüLEREI. f. fortgesetztes, anhaltendes heulen.
HELLERGESCHREI, n. für das sp. 826 besprochene heiler-
geächrei, mit umdeulung auf das klagende des rufes: welcher
heuler oder mordgeschrei macht, tteisl.'i. 1, 489; heulgeschrei,
heulaugeschrei, heulergeschrei, ejulalio, quirilatio, clamor factae
violenliae. Haltaus 904.
HEüLERH.\FTIG, adj. undadv. querulas vocesreferens: etwas
heulerhaftig oder heuerlich vorbringen, cum lacrymis et singul-
tibus narrare, lamentis sermones miscere. Stieler 62.
HEULERIN, f. foemina querula. Stieler 62.
HEULERISCH, adj. und adv. ululabilis, pbrabundus , qui-
ritans. Stieler 62.
HEULERLICH, adj. und adv. auf heulerische ort. s. unter
heulerhaftig.
HEULHURE, f.: knie vor gott, alte heulhure, und nicht
vor — Schelmen. Schiller kab. u. liebe 2, 7.
HEULIED, n. lied beim heumachen gesungen:
doch singe du selbst dein neugelernetes beulied. Voss 2,298;
nimm auch, mädchen, die sens, und schlage den takt mit
dem Schlüssel,
sensengeklirr erst macht dir ein beulied wirklich zum beulied.
303.
HEGLKREISEL, m. ein hohler brummkreisel, in welchem die
aufgefangene luft einen heulenden laut verursacht. Jacobsson
2, 257*.
HEULPLiRRER, m. der heulend singt: dann die hohen
schulen seind als dannmals erst aufkommen, da die orden
ausz den klosterschulen klosterrhülen , ausz lehrscbulern,
chorheuler. ausz schullehrer hülplerrer machten. Garg. 272*.
HEULüNG, f. grosze klage, eiulalio, quiritatio, vociferalio.
Haaler 220*.
HEÜ.MACHEN, n. das bereiten des heues : was hiernächst die
art des beumachens betrifft, so ist bekannt dasz die nächst-
vorhergehende arbeit bei solchen das gras hauen oder mähen
ist. öcon. lex. 1013.
HEU.MAGAZIN, n. horreum foenarium. Frisch i, 448*.
HEUMAHD, f. das mähen des heus: die heomad. Überschrift
eines gedichts bei Voss 2, 294.
HEU.M.\HDER, m. : heumeder foeniseca. voc. ine. thetä. kl".
HEU.MÄHER, m. l) foeniseca, fem. heumäherin. Stieler
1208. feniseca ein haumeger Dief. nov. gloss. 170*.
2) ein vogel der südeuropäischen Under, merops apiaster, bienen-
fresser. Nemnich 3, 561.
HEUMARKT, m. forum foenarium. Frisch 1,448'; als name
für platze in verschiedenen Städten:
der koch was an gelt gar reich,
und was dem koch am beumarkt geleich, fastn. tp. 94,20.
HEUMAÜS, f. : mus foenicola, ein heumus. Trochos H 2*.
HEÜMONAT, m. der juli; vergl. die ausführlichen nachweise
bei Weishold deutsche monatsnamen s. 43 ; am zehenten tage
des heumonds. Luther br. 2, 224.
HEUMOTTE, /". phalaena foeneUa.
HEUNE, m. i) wiemhd. Hiune, voUcsname, der Hunne: Hunn
Hewnen Dief. 2S2*;
konik Etzel also ist er genant
ausz Ueunen lant. fastn. tp. 547,7.
2) appellaliv gebraudit, riese: gigas hune, hewne Dief. 202';
solche grosze heunen waren auch vor der sündflut. Matbks.
Sar. 3l'; und wenn es lauter giganlen und heunen weren.
histor. von Jes. Christ. 2, 23* ;
wie die heunen, die grosze leut
geihaa betten für dieser zeit.
Froschmeuseler 2, 2, 14, Dd *.
vergL weiteres unter hflne.
1291
HEUNEN — UEÜREN
HEURIG — UEUSCHOCUE
1292
HEUNEN, vnb. heulen, bellen nie wolf uud fuclm: gannirc
winson, biunon ut vulpes Dief. 257* (I3.ja/ir/i.);
gleich als die wölf singen und lieunon.
11. Sacus 1, 515*.
bair. LiieneD, bienen, Lünen, auch kinuen heulen, vom hunde,
dann aucli veräclUlich vom mensclien, weinen und in weinerlichem
tone reden. Schm. 2, 202. $. unlen bübnen.
HEUNISCH , adj. 1) aus der bedeulung beune 2 oben hal
sich wol die Vorstellung des ungeschlachten, unflätigen, groben ent-
wickelt {wenn man niciU Zusammenhang von beuuiscU mü dem
eben anyeßhrlen verbum beuncn annehmen will) :
unzüclitig und hewniscli. H. Sachs 1,469*;
siehst nit, wie sieht dein man so heimisch,
tückisch, bemisch und weilerleunisch. 3,3,44';
mich dOniit es sei Icrr in die nacht,
mein man niöcht werden ungeschlacht,
er ist heint wo! genest so licunisch,
so wunderlich und wetterleuniscli. bei Fromii. 1,257;
er spricht gar olt dem wirte zu,
wen er in will xornig machen,
er hah senlkorner in wein getbon,
er macht in gar heunisch zu lachen.
vulkslied v. 1502, bei Sodsn (jeschicIUe de$ Weilers
Affallerbach (Kurnb. IMl) s. 145.
VieUäehl dasselbe wort, dessen vorstehend gegebene belege nur den
bairisdi-frdnkiscfien gegenden angehören , ist Maalers bewiscb,
erscbrockenlich , trux , crudclis, ein röuwiscb oder bewiscb
angesicht, vultus trux 220*, wenn der nasal der Volkssprache
gemäsz unierdrückt ist; auch das bei Staldeh 2,42 als schaff-
hausiscli angeführte beulen sich roh uud laut betragen (mit beuel,
person von wenig sittlicher Verfeinerung), das doch zunächsl für
heueien stäU, kann wol aus heunclen, eigentlich nach arl eines
Hennen sich gebaren, hervorgegangen sein. — Auf dem bairischen
walde und bei den Waisern ist beuniscb, biiniscb heiszhungeriy.
ScuM. 1,1119 Fromm.: dasz klein geflügel wird umb s. Veils-
tag so beuniscb werden , dusz es frei mit dem gröbsten
bawren die milcb wird uusz der scbüssel essen. Fiscuaht
groszm. 112.
2) heuniscber wein, beuniscbe truube, ahd. bCinisc drbbo
balalinae (Gkavf 4, 960) bezeichnet, wie Wackernagel kl. sdirißen
1, 93 vermutet, Lexer vihd. wb. 1, 1309 ausführlich darlegt, nicIU
unyarisclien wein, sondern eine geringe hartschalige Iraubenart, die
einen schlechten, sdualiclicn wein gab. das adjeclivum geht also
auch hier von der bedeulung 1 aus : balaline buniscbe drubin
DitF. 29'; beuniscbe Weintrauben, i^iae spioniae seu duracinae
Stieler 832; beuniscbe Irauben , uva spionina, bumamma
Frisch 1,449', mit der bemerkung 'wegen der groszen beere';
bcunscben, baurenweinbcere Nemnicu ; das Ocon. lex. (1731) 2039
luU den namen in beymisebe trauben entstellt, uud bezeichnet
dieselben als den elbiscben trauben zundciist stehend, mit diinii-
ichäligen und hellen beeien, die einen schlechten und wdsscrichlen
wein geben, veryl. auch barlbeuniscb sp. 513.
HEUNT, J. beim.
HEUOCHSE, in. heu fressender ochse, ausgewacitscnes mdnn-
liclies rind (vergl. beukalb). vielfach als Schimpfwort für änen
dummen menschen gebraucht. Kehrein 190: su kunens die
bucbgescbnupftcn nigln secbn, dasz in Tyrul auch kaine
heuucbszen wohnen. Scuwabe lintenf. "O; wer sieb driibcr
mokirt ist ein beuocbse. (Schulz) alm.der bellelrislcn 17b2 f. 103.
HEUI'FEHI), n. die heuschreckc; auch die Itbelle , Itbellula
grandis, sonst himmelspferd. — Üßer als Schimpfwort für einen
dummen mensclien, wie keuucbse: er ist dumm wie ein beu-
pferd.
HEUPFERDCHEN, n. dim. zu dem vorigen:
vier heupTerdchen sollen ihn
all vier apfelschimrael ziclin. HDckirt 52.
HEURAT, $. beirat.
HEUHAUFE, f. raufe für lieu über der krippe der Uuere.
Fbiuch 1, 44t>'.
HEURECHEN, n». redten, harken für das heu, raslrum foe-
narium. Stieler 149S.
HEURECHE.N, n. das reclutn, zusammenharken des Itcus;
her, ei i>t halt olt K^tchechen,
Im leiea und im hcyrcchcn. fa*tn. tp. 097, 16.
HEURECHT, n. das reclU auf nner wiese heu zu maclicn.
HEUREGISTER, n. rrijister das über den jdlirltchen ertrag an
heu oder i/rummet gtfüJul wird. öCon. lex. 1014.
HKUREN, verb. zuiammengetogen aus beuralen für heiraten,
auf veUhe xusammentirhung das hairisclie beireten (Scum. 2,131)
hinweist, die aber schon bei Luther vollzogen erscheint : verbeire
dich mit ir. l Mos. 38, 8 der ausgaben von 1523 ^t^ 152!> (spater
durch uim sie zur che ersetzt, vergl. Binüseils bibel 1 s. 84),
ebenso bei Dasyp. insofern, als er neben locare ßliam die tocbter
verbciraten , illocabilis die nit verbeüratet mag werden , an
einem andern orte auch gewährt unverbeürlicbe illocabilis. neben
beuren begegnet beiren {sp. 896), es versieht sicli, dasz keine
dymologische Verwandtschaft zwischen diesen formen und dem nur
niederdeulschen heuern mieten {sp. 1280) besteht, vgl. auch unter
beiralb sp. 892 :
Michel thut mich beuren. Scuubart ged. 2,254;
K. zu Ostern, übers jähr, wirst du mich heuern.
Gr. V. ülr. so! heuern! in der tliat! das wuszt ich nicht!
Kleist l\ulhcln:H v. Uvitbr. 4, 2.
HEURIG, HEUERIG, ad^. hornus , schon ahd. biurig , aus
biuru heuer, mhd. biurec aus liiure weiter gebildet, in dem von
beuer eulwickelten strengeren und freieren sinne,
1) dies jähr angehend: hornolinus iiurig, burrig, hornolinum
vinum burig wia Dief. 28o'; die biurigen niicz {nulzungen).
d. städlechron. 4,179, anm. 2; heuriger scbusling, palmes, est
novus rumus vilis. voc. ine. Ihcut. kl'; iieürig wein, vinum
hornum, beürig oder järig körn, frumentum hornolinum, beürige
oder neüwe frucbt, crastinus fruclus Maaler 22o'; die beurige
iuft ist gesund, aer hornolinus est salulifer. Steinbacu 1,749;
sageis meiner mutter:
sie wird den sommer heurig
ihrs sohnes haar nicht kämmen.
Herder zur litt. 8, 130.
im gegensalze zu lernig {vergl. beuer 2, sp. 1285) : für unser
Ibür sind allerlei edle fruchte, mein freund, ich bab dir
beide beurige und fernige bebalten. Iujhel.1,13; Lavater bat
zwar nicht geschrieben, aber heuriges und ferniges beigelegt.
Hamann 0,204.
2) nach beuer 3 sp. I2t»5. die jelztzeil angehend, jetzig: an
einige der heurigen philusophen. überschr. eines epigramms von
Kloi'stock 7, 330 ; ich kann mich in die beurige Vernunft
nicht finden. Claüuius 0,01; wie diesz mit manchem heu-
rigen buche nicht der fall ist. Fichte Berliner monalschr. 21,
s. 450;
si« waren nach heurigem gebrauch
dem verscmachen ergehen. Claudius 1 u. 2,97.
beurig als adverb: da heurig die ganz ausgeglätteten neu-
italienischen {vene) su mode wurden. Le.-^z in Mercks brief-
sammlung 2, 53.
HEURLING, 4. beuerling.
HEUHUNG, f. cuuducUu; prclium conducliwtis vel locationts.
Stieler 832.
HEUSAME, VI. medicago salvala, die luzcrne, burgundisches
heu. sonst heiszt beusame auch der same, den man von aller-
hand auf den wiesen wachsenden gräsern , klee , hdulem und
blumen bekommt, öcon. lex. 1014.
HtUSCHAUR, Vi. hegewisch, wol nur umgedeutet aus der form
beiscbaub, die neben begescbaub (sp. 784) erscluiint. Jacobsson
2, 2»7'.
HEUSCIIEIRE, f. kleinere runde heuhaufen auf einer gemdläen
wiese, aus ihnen werden die heuscliober erriclUet. öcon. lex. ii95.
HEUSCHEL. n. ononis arvensis, haulwdiel. Nkmnich 4, 767.
HEUSCHEUER, /. scheuer, in der heu, namenllicJi zur Winters-
zeit heu für das wUdbiet außewalirt wird.
HEliSCHEUNE, f. was beuscheuer. öcon. lex. 1"08.
HEUSCIILAGEN, n. das mähen des Iteues: bat er noch nicht
einen arm zum beuscblagen , su kann er doch erdbceron
siiimiieln. Hippel 5, 0.
HEUSCHNITT, «i. das schneiden des hcus, auch die zeit des-
selben {vgl. baberscbnilt): um die zeit des hcuschnills, wäh-
rend da.i gras noch steht. Dahlmann ddn. gesch, 2, 203.
HEUSCHOBER, «i. aufgeschichteter häufe heus auf dir wiae,
heufctme: clibanus , cumulus fem beusclKiber Dief. 127*; mit
einem unblick wulte ich ihn in lauter ascb verkehren nicht
anders, als die granalen, wenn sie in die beuschober fliegen.
A. ÜHiPUiu» 1098 1,794; da bauete er sieb mit der scbwcsler
in don beuscbuber ein. J.Paul uns, löge 3,125;
nun begab ilch. das ein geistbock
auf elm beuschober trasie.
II. Sachs von üoeäeke 1. 100.
HEUSCHOCHE, HEUSCHOCHEN. wi. mda foeni. Maaier
22ü': bcuHchochi', un mnnceau de futn, mrlu foeni. Cenfer diel.
(1095)108; danz die al (aale) auf den buden hcrsiw Mcblicben
1293
HEUSCHOPF
und in die heuscLochen bei der nähe sich verschloffen. Forer
fisckb. ns'. — In der form heuschock:
mit ihren sänsren scharpf die meeder förtig stehen
und biegend sich das grasi fein ordentlich ahmehen; . . .
bisz dasx, alsbald es dirr, sie manchen heyschoclt machen.
Weckiikrli:« 765.
HEUSCHOPF, m. scheuer ßr das heu. s. heuschuppen.
HEüSCHRECKBELN, n. hein einer heuschrecke; bein ir/e ef
eine heuschrecke hat. pers. rosenth. 2, 20 ;
der lange dort mit magern heiischreckbeinen
war einst ein Schneider. H. Hbi:«e U>, 107.
HEUSCHRECKE, m. f. locusta, heuspringer (ig/, schrecken),
ahd. hewiskrekko, mhd. houweschrecke, höuschrecke, auch
mit einer iterativen Weiterbildung höuschreckel, die über die vihd.
zeit reicht: umb sand Jacobstag do waren die ersten hew-
schreckel. d. slädlcchron. 4,246,12; komen die howschrickel
von osteren und flogen gen westen. 220, 3 ; da warn vil
häwschrickel. 308, 2; als ein heuschrickel, derselb hupft
auf und feit wider nider zu der erden, er beleibt nit oben
schweben, die flugel seind im zu klain und ist der leib zu
schwär. Keisersberc spinncrin 1510 Cl*.
Das geschlecht ist bis nach dem 17. jh. noch das vidnnliclie :
der höuwschräck, locusta, kleiner höuwsciiräck, atlelabus, höuw-
schräcken so im haber woncnd, avenaria cicada Maaler 228'
{vgl. haberschreck sp. 87) ; Lotlai hat den heuschrecken ge-
rühmt, reime dich (1673) 135; und noch Frisch 1,44S' kennt
heuschrek locusta nur als masculin. aber schon viel früher musz
man aus der häußgen und überwiegenden pluralform die heu-
schrecken sich eine singulare feminine die heuschrecke gebil-
det haben, welche bereits Stieler 1920 einzig verzeichnet: eine
schrecke in specie est formido, vel simulacrum foeneum. heu-
schrecke, cicada, locusta; er kennt die alle sinnliche bedeutung
von schrecken = springen nicht mehr.
An den heuschrecken wird hervorgehoben die grosze menge,
in der sie sich zeigen, in der bibelsprache : sie kamen herauf
mit irem vieh und hülten, wie ein grosz menge hewschrecken.
rieht. 6, 5 ; ir ist mehr, weder heusclirecken , die niemand
Zellen kan. Jer. 46, 23 ; deiner herrn ist so viel, als der hew-
schrecken, und deiner heubtieute, als der kefern. iVa/i. 3,17.
femer ihre gefräszigkeit : du wirst viel samens ausfüren auf
das feld, und wenig einsammelen, denn die hewschrecken
Werdens abfressen, b Mos. 28,38; sihe, wenn ich den himel
zuschliesze das nicht regnet, oder heisze die hewschrecken
das land fressen. 2 chron. 7, 13 ; und gab ire gewechse den
raupen, und ire saat den hewschrecken. ps. 78,46; was hüben
war, aszen die hewschrecken fol ab, die singen nyramer
weder in dem summer. Keisersberc sünd. d. m. 33'. endlich
ihre kleinheil und tcinzigkeit: er sitzt über dem kreis der erden,
und die drauf wonen, sind wie hewschrecken. Jes. 40,22;
tinser Teind haben risen sterii,
dabei wir als hewschrecken sein. Schwiizenberc IM*.
sprichwörtlich :
der bütt der heuschreck {plur.) an der sunn,
und schüttet wasser in ein brunn,
wer hüttet das syn frow blib frum.
Brahi narrensch. 32.
mit anklang daran, dasz die heuschrecke auch heupferd heiszt,
sagt Fiscdart: beschlug die häuschrecken. Garg. 129' (von des
Gargantua Jugendübungen).
HEUSCHRECKE.NBAÜM, m. name zweier amerik. bäume: der
hymenaea, in Südamerika, und der nordamerikanischen robinia
pseudo-acacia. Nexnich 3, 194. 4, 1107.
HEUSCHRECKENFETT, n., im scherze: will ihm die füsz
ein wenig mit heuschreckenfett salben, dasz er Inftig springen
soll. Fr. Müller l, 310.
HEUSCHRECKENFLOH, m. cicada spumaria, sehaumcicade.
Nehnich 2, 1035.
HEUSCHRECKENFORMIG, adj.: die haare mit heuschrecken-
förmigen schnallen in einen zopf zu fassen. Heilsam Thucyd.
(1760) 7.
HEUSCHRECKENGRILLE, f. cicada. Nemmich 2, 1034.
HEUSCHRECKENKÄFER, m. elaler, der springkäfer, schmid.
auch atlelabus. der aflerrüsselkdfer.
HEUSCHRECKENLERCHE, f. alauda trivialis, pieplerche.
NeH5ICH 1, 148.
HEUSCHRECKENSCHWARM, m.: die heuschreckenschwür-
me. ausländ 1843 s. 456.
HEUSCHRECKENSPRÜNG, m.: da spülen sie des ballens,
sprangen der r<"ick, stieszen der bock, des bandballens, des
HEUSCHRECKENVOGEL — HEUTE 1294
uberkreiszschenkens, der gnibenkinder, des rucksprungs, des
häuschreckensprungs mit gleichen füszen für sich. Garg. 174*.
HEÜSCHRECKENVOGEL, m. ein die heuschreckenschwärme
begleitender und heuschrecken vertilgender vogel. ausländ 1843 s. 456.
HEUSCHRECKENWOLKE, f.: die gelehrte und ungelehrte
menge kennt statt der poetischen humoristischen gewitter-
wolke . . . nur jene kleinliche, unbehülfliche irdische heu-
schreckenwolke des auf vergängliche bezichungen streifenden
rachspaszes, welche rauscht, verdunkelt, die blumen abfrisset
und an ihrer anzahl häszlich vergeht. J. Paül vorsch. d. äslh.
1, 196. s. heuschreckwolke.
HEUSCHRECKENZUG, m. : ich handhabte mein instrument
so schlecht wie der heuschreckenzug der gewöhnlichen vir-
tuosen. J. Padl 0. d. teuf. pap. l, 24.
HEUSCHRECKGRÜBE, f:
0 muckenffirst Beelzebub,
0 Abdon aus der heuschreckgrub.
Fischart dicht. 2, 242 Kurz {JcsuUerhill. 40).
nach Offenbarung 9, 7 — 11.
HEUSCHRECKLICH, adj.: mit jenen heuschrecklichen from-
men fratzcn , die etwa dem spieszbürgerlichen pinsel eines
Nürnberger sladtmalers ... ihr trauriges dasein verdanken.
H.Heine 2,331.
HEUSCHRECKWOLKE, f :
wie aus geschwärzter Itift die heuschreckwolke
hemnterlällt und meilenlang die felder
bedeckt in unabsehbarem gewimmel,
so gosz sich eine kriegeswolke aus.
ScaiLLSR Jungfrau, prolog, 3. auflr.
s. heaschreckenwolke.
HEUSCHRICKEL, m., vergl. unter heuschrecke.
HEUSCHUPPEN, m. schuppen in dem heu, namentlich zur
Winterszeit heu für das wildbret aufbewahrt wird. Jacobssos 2, 257*.
HEUSEIL, n. seil, womit der heubaum, und mit diesem das
heu oder slroh, auf dem wagen befestigt icird. ücon. lex. 1017.
vgl. heuleine.
HEUSENSE, f. falx foenisecae. Frisch 1,448*; ältere form
heusegense: haben lange streimen oder hürncr ob den äugen
gleich einer häuwsägesen. Forer ßschb. 87*.
HEUSPRINGER, m. heuschrecke, gryllus. Nemmich 3,80; nl.
hoysprenger, sprinkhaen locusla Kiliam.
HEUSTADEL, m. scticune für das he^i, heuboden, mhd. höu-
stadel: heustadel foenile Frisch 1,448': endlich versteckte ich
mich in den heustadel. Juaindiss. 56; ich aber und der Stu-
dent verstackten uns indessen auf dem heustadel. 201.
HEUSTÄFFEL, m. locusta, heuspringer, heuschrecke, ahd.
hewistaffol {nach steffan gradi, ascendcre , ujsteffan desilire),
ni/ii. hönstaffel, veiderbl houstüffel (Lexer «-6.1,1357): locusla
hoeistafTel, hoeslelTel Dief. 335'; was dem rupen überhüben
ist, hat der höwstüfTel gessen, und was dem höwstöffel über-
bliben ist, das hat der käfer gessen. Züricher bibel 1530, Joel
1,4; deine herren sind als höuwslöffel und deine vögt als
die vile der höuwslofflen, die sich, so es kalt ist, an die
zeun und wend hinan henkend, sobald aber die sonn auf-
gadt, hebend sy sich darvon. A'oAom 3, 17 ;
höwstölTel, darzuo wilder honig
sind gsin sin spysz in siner wonig. trag. Joh. Avj;
höwstöffel ist ein strenge spysz. Dj.
auch in der form heustälT, dem ahd. hewistaffo nahe kommend :
die bewstäff, die kein künig band.
Brant narrensch. 106, 17,
nach spr. Sal. 30, 27.
HEUSTALL, m. foenile. Stieler 2118.
HEUSTATT, f. ort wo das heu außewahrt wird: fenile heu-
stat DiKF. not', gloss. 170'.
HEÜSTER , in der eile malenden Verbindung heuster die
peuster: die 3000 piaster hatten sie heuster die peuster
durch die gurgel gejagt. {Voltaires) Kandide verdeutscht {Berlin
1778) s. 220.
HEUSTOCK, m. heufeimen: höuwstock meta foeni, eumulus
foeni Maaler 229*; meiner si.x! ich wollte lieber eine Steck-
nadel in einem heustock suchen als einen Schmetterling in
der weiten well. Wieland U, 180.
HEUTE, adv. hodie.
1) das adverb lautete nhd. hiutu und hiuto, aus hiu tagu {an
diesem tage) zusammengeflossen , mhd. hiute ; das alts. hüdigo
heule zeigt die ehemalige zttsammensetzung noch deutlicher, andern
dialeäen fehlt das wort, die bedeutung des'^elben scheint zunächst
eine engere gewesen zu sein und nur die liclUzeit eines bürger-
lichen tages umfaszl zu haben, während hinaht, heinacht (.<p. 886), ,
1295
HEUTE
HEUTE
1296
heint {sp. 8$') die nachlhäiße bezeiclmetc; denn uie noch im
16. jahrh. heute und heint so nebeneinander gestellt wurden :
heute diesen tag oder beinte diese nacht. Friedrich sauf-
teufel B4'; so kennen auch jetzt oberdeutsche muudarlen heule
nur in der bedeulung heute vormittag, da naclt altem sprach-
gebrauche der abend nach der mittaysmahlzeil beginnt : so bairisch.
ScHM. 2,256, vgl. 217; kärntn. hoit lieute morgens, heute früh
Le-XER 140; im lusernischen heut heute vormittag. Zi.ncerle 35*;
in Tirol boite heule früh Frühm. 6, 148. Die ausdehnung der
bedeulung von heute auf den ganzen bürgerlichen tag ist schon
in der ahd. peiiode erfolgt und vergleicht sich der ähnlichen be-
deulungsausdehnung von heint, über die sp. 888 bericIiUt ward.
RoMPLER schreibt heit für beute:
du bist mir auch im arm erst heit dahin gestorben. 80;
und dasz heit oder morgen
ihr angewandte müh durch ihn belohnet >verd. 100.
Dasz in beute eine Zusammensetzung 7uil tag verborgen ist, wird
nicht erkannt, und so kann die Verbindung heute diesen tag
entstellen :
niuwan biute disen tac. Iwein 7545;
heute dieses tags bistu ein voik worden des herrn deines
goltes. 5 Mos. 27, 9 ; ich setze dich heute dieses tags über
völlier und künigreiche. Jer. 1,9; ihr würdet mich docli heute
diesen tag schwerlich bereden, engl. kom. 2, G5'; es ist heule
diesen tag der englische cavaiier bei mir gewesen. Schlp-
pics 809, vergl. audi unten 3 heut des tages u.ähnl.; zu der
aUen instrumentalform taucht eine mit dativischem ausselien auf,
beuten, die aber vielleicht nur nach analogie von morgen ihren
schlieszenden nasal empfangen hat:
mild, het rcemesch riebe der bilde noch genuoc,
des wart der werlde nie so uöt, so hinten.
minues. 2, 36i' Ihigen ;
nhd. hab Ichs heuten übersehen. Uhland vullisl. 462;
auch adjectivische fügung kommt vor in der formet heutes tages:
die wir hie sind heuls tags. bJdos. 5,3; heuts tages haben
wir gesehen, das gott mit menschen redet; 24; ja wens
noch heutes tages mücht geschehen. Luther 3, 104^ weitere
belege unten no. 3.
Nadi der oben erwähnten begriffsausdehnung von heute be-
zeichnet man die einzelnen theile des tages im falle genauerer hervor-
hebung durch adverbiale Zusätze : heute früh ; heule morgen ;
heule vormittag; heute abend; heute nacht; als ir nun heüt
morgen also mit einer groszen und starken stimm auf der
kanzlen anfiengen zu schreien. Wickrah rollw. 114, 20 Kurz;
heute nacht träumte ich mich wieder in meinen geschäften.
GöTBK 28,80; beute nacht hat es sehr geregnet. 29,300;
beut mitternacbt horch auf den wachtelgesang.
Borger 6t';
graf Eberstein,
hüte dich fein !
beut nacht wird dein scblöszlein gefährdet sein.
UuLAND ged. 327.
2) beute, in der bedeulung diesen tag, wird bezogen:
a) auf den ganzen gegenwärtigen tag, ohne nähere einxel-
bestimmung: da redet der Oberste schenke zu Pharao, und
sprach, ich gedenke beute an meine sünde. iMos. 41,9; es
ist heute der sabbath des herrn. 2 itfos. 16, 25; halt, was ich
dir beute gebiete. 34,11; ich bin beute hundert und zwanzig
jar alt. 5 3foi. 31,2; unser teglicb brol gib uns heute. Matth.
6,11; heute haben wir den 13ten. Wieland 19,274; heute,
am bestimmteo tage der abfahrt, ist es so schön als möglich.
GOTBB 28,80;
meia mldcben mit dem schwarzen haare
vollendet beule techszehn jähre. Ha6Bdo>n 3, 73;
umsonst ! Zeus llesz sich nicht bewegen;
der bimmel stürmt mit wind und regen ;
denn stürmisch sollt es beute sein. Gkllirt 1, 74.
oft mü praeposilionen stehend: auf beule ist eine Sitzung an-
beraumt; bis beute lauft die fiist; von beute an ; von beule
ab; es ist auf beQt der fünft lag, medius quintus Maaler 221*;
von heut über vierzehen tag
(0 kumpt herwider mit euren sprüchan. fiiitn.tp. 772,20.
bei leilbeüimmungen die auf die Zukunft weiten: beute übers
jabr, heute über acht tage, oberdeulseh beute io acht lagen,
beate im gcgensatze zu sonst :
0 slpe, püne alpe, wio ziehti nsch dir mich hin I . . .
oft ish Ich tonst hinüber, eniplaiid nlrhl leid noch lusl,
4ocb htut« dringt «In sehnen mir in dir \\rUie hrusl.
Uhlikd g»H. 326;
zu gestern oder morgen : warum ist der son Jsui nicht zu
lisch komen, weder gestern noch heule? iSam. 20,27; ge-
denke an in wie er gestorben, so mustu auch sterben,
gestern wars an mir, heute isls an dir. Sir. 3$, 23; heilige sie
heule und morgen. ZAfos. 19, 10; heut oder morgen möchten
ewer kinder zu unsern kindern spiechen, was gehet euch
der berr der gott Israel an? Jos. 22, 24; su gehets doch
endlich also, heule künig, morgen lod. Sir. 10,12; heule
leihet er, morgen wil eis wider haben. 20,15; das gras ...
das doch beule stehet , und morgen in den ufen geworfen
wild, ilatth. 6, 30 ; heut an mir, morgen an dir. Schottel
1126*; heut und morgen auch ein tag. 1130*; der heute was
sparet, bat morgen was. das.; heute mein, morgen dein,
heute rolh, morgen todl. beule was, morgen aas. beute
blume, morgen heu. heule reich, morgen ein leich. heute
trab, morgen im grab, heule im putz, morgen im schmutz,
heut oben, morgen unten, heute grosz, morgen klein, heute
herr, morgen knechl. heule freude, morgen leid. Simkock
spriehw. 249 ; heule für geid, morgen umsonst. 250 ; in den
Wissenschaften ist die absoluteste freiheit nülhig, denn da
wirkt man nicht für heute und morgen, sondern für eine
undenklich vorschreitende zeiienreibe. Güthe 23,209; der
ehemalige reiche Inhaber dieser wohnung sasz mit seiner
frau , von kindern umgeben, abgebildet: alle gegenwärtig,
frisch und lebendig wie von gestern, ja von heute, und doch
waren sie schon alle vorübergegangen. 26,288;
vil werlos haim seind kommen,
ainer heut der ander morn. Uhlai«d volksl. 480;
si kratzten lieber heut dann morn. 485;
heut weiser apt, morgen diliap:
der beut ein hin, ist morn ein apt.
Eyering siirichw. 1, 165;
gestern noch auf stolzen rossen,
heute durch die brüst gesrliossen,
morgen in das kühle grab. Hauff werke 1, 35.
ferner im gegensatze zur weitern zukunft, in den formein beute
und künftig, heule und allezeit, heule und immer {mhd.
hiule und iemer) :
und sott es nach dem willen mein
nicht hie ergen als ee,
dasz tat mir heut und immer wee. fasln. sj>. 398,21 ;
wafen mir heut und immer mer. 414, 14;
dasz ich nun in schänden sie,
dasz thuoi mir heut und immer we. 414, 19.
heule und nie mehr: lasz uns abschied nehmen, Moriz. wir
sehen uns heut und nie mehr. Schiller räuber l, 2.
b) heute, auf den vergangenen Ihcil des gegenwärtigen tages
bezogen: sprach er, wie seid ir beute so bald komen? 2 Afos.
2,18; sihe, der man ist mir erschienen, der heut zu mir
kam. rieht. 13,10; hübe du nichts zu schaffen mit diesem
gerechten, ich habe heule viel erlitten im trawm, von seinet
wegen. Afa«/i. 27, 19; heule ist diesem hause heil widerfuren.
Luc. 19, 9 ; heule sahen wir ein bild von Correggio. Göthe
28,70; heute waren die exequicn des cardinal Visconti. 29,296;
du hast, 0 berr, am kleinen
mein wissen heut erprobt, üuland ged. 313.
c) auf den noch kommenden theildes gegenwärtigen tages deutend:
bore Israel, du wirst heute über den Jordan geben. 5 Mos.
9,1; ir gehet heut in den streit wider ewr feinde. 20,3;
ich wil in beute in deine band geben. 1 kön. 20. 13 ; heule,
io dieser nacht, che denn der bane zweimal krehcl, wirstu
mich dreimal verleugnen. Marc. 14. 30 ; heute wirstu mit mir
im paradis sein. Luc. 23,43; schaue! ich habe dich zu meinem
secrctariu des morgenden lags wollen machen, aber nun hast
du verdienet, dasz ich dich noch heut autbengen lieszc. Simpl.
1,198 Kurz;
man eilt, dich schrecklich hinzurichten.
vergesz ich nicht noch heute meiner pllichten,
so wirst du morgen nicht mehr suin. Gillirt 1, 252.
3) heute, in freierem sinne, nur das jetzt, die Jetztzeit hervor-
hebend; in der formet nicht von heule sein ■■ alt, erfahren
sein, noch ziemlich eng an die bedeulung 2, a angeschlosirn ; es
ist keine bcinerkung von heute. Gotter 3, s; wäret ihr nicht
von beute, dann wusztet ihr wohl, dasz auf weil und lirrit
kein mensch diesem volke etwas zu essen geben mag. IIieiil
CuUurgetch. nov. 350 ; in andern fällen wenigstens von t/ir av*-
gegangen: wer beule groszen herrn, lavallierern und slatisien
die warheit geigt, dein schlagt man gemeiniglich den fldel-
beieo auf den köpf. Sciumids 4oo;
1297
HEUTE — HEUTIG
HEUTIG — HEl'ZEHENT
1298
auch wie sein (üomtiitVt) Tauler cörpel heut
thu wunderzeiclien nah und weit.
Fischabt dichtungeti 1,247,4553 Kurz;
wann esel sich sollen noch heute beklagen,
wie man sie wil wieder gebühriiisse plagen.
LocAD 1,2-32,70 (des Bileams esel);
einen zum poeten krönen,
hält man heute ITir verhöhnen,
gebet ihnen für das kränzen
was ira beutel pflegt zu glänzen. 2,107,43;
SamsDn schlief bei Delila, und verschlief sein haar und stärke:
solcher schlaf bringt auch noch heute solche beut und solch
gemerke. 3, 66, 52.
In den Verbindungen heut bei tage, heut zu tage : wie das
dorf Otlenheim . . , {sie) inngehabt, besessen, genutzt und
genossen habent, auch hut by tage besitzen, nutzen und
nieszen sollent. treislh. 1,408 {Schwarzwald von 1452); noch
hütbitag. ZwiNGLi v. d. touf q4'; sollen in (den bischof) drei
(iidiniren, wie heut bei lag geschieht. ETck bei Lutber 1,15S*;
als noch hütbytag beschicht von den regenten. Keisersberg
Marie lümelfart 16"; niederrhein. huden dis daiches Harff 6S, 11;
ob wir aber heut zu tage . . disz alles heller haben. Mätues.
Sar. 44'; es werden noch heüt bei tags vil Juden an vilen
orten getödt. Frank weltb. 159"; heut zu tage. Lenz 1,220;
zu Babel worden schöne töchter auf freiem markte feil gestellt;
die ungestalten aber namen zur mitgift so gelöstes geld.
wann dieses heute noch bei tage solt ebenmäszig auch geschehn,
so wer es gut für solche freier, die nur auf schnöde münze sehn.
LoGAü 3, 117, 92;
heut des tages, heutes tages (sc/ion mhd. hiutes tages, vihd.
wb. 3, 4*, ter<;/. oben 1, sp. 1295) : {wie er) macht gehabt had
und noch hedis dages hat. weisth. 4, 593 {rhein fränkisch, von
1409); ein solcher Saulus (der es mit rechtem ernst meinele),
war ich dazumal , wie denn noch heutes tages viel sind.
Luther 1,3"; haben sie dieselbigen erlichtet, oder aus trem
köpf erhallen, so sind sie noch wol heutes tages unerhalten.
3, 623' ; es ist auch heut des tages des zusetzens im canon
noch kein aufhören. 270'; es künde noch heutes tages ge-
schehen, das man solche gebot dem groben volk gebe. 4, 502*;
heutes tages wird viel betrug mit kaufen und verkaufen ge-
brauchet von allen handwerksleulen. 52&'; wir sehens heutes
tages auch wol an den sacramentirern. 6,343'; wie denn bei
den Arabern . . solche schwarzkunst allezeit genest, und noch
heutes tages ist. 8, 35*. — Die formet heut oder morgen {in
dem sinne jetzt oder fpäler, irgend einmal) pers. baumg. 2,18.
4) heute in substantivem gebrauche: gestern ist vorbei,
morgen aber ist ungewisz; das heute, worinnen wir leben,
müssen wir alleine nehmen, und solches well anlegen, per».
baumgart. 9,6; ein heul ist besser denn zehn morgen. Sim-
ROGK^ sprichw. 250 ;
des morgens sorge frlszt des heutes freude nie.
Haller Schweiz, ged. (176S) s. 24 ;
und des lebens ausgespanntes segei
schrumpfte in ein einzges heut.
i. U. .Merk, morgenbl. 1S43, na. 132;
und in dem heute wandelt schon das morgen.
Schiller Wollenst, lad 5,3;
das morgen wird dem schönen beule gleichen.
braut von ilessina (495*);
personißciert : heut ist ein kaufmann, morgen ein bettelmann.
SiMROCK sprichw. 250.
HEUTER , adj. für heiter (5p. 921) verzeichnet SiEUtBACH
1, "51 lind braucht auch Lessing : wenig bewegt von der Un-
ruhe seiner geliebten, betrachtet er mit einem heutern äuge
sein glück. 3,247; die ganze sichtbare natur ist ein ge-
mählde. in welchem man alle heutere, fröhliche, ennste und
schreckliche scenen des veränderlichen Jahres .. sieht. 5,69.
HEUTIG, adj. und adv. das heute angehend, auf heule be-
züglich, aus dem adr. heule schon friih entwickelt, ahd. hiutig
neben hiutllh, mhd. hiutec, und wie sein Stammwort strenger
und freier gebraucht.
1) nach heute 2. auf diesen, den gegenwärtigen tag bezüglich:
das hötig fest. Keisersberc .Varie himelfarl 7* ; in der hütigen
epistel. das.; vieleicht wird der herr mein elend ansehen,
und mir mit gute vergelten sein {desSimei) heutiges fluchen.
iSam. 16,12; gefcits dem könige, so las er audt morgen
die Juden zu Susan llmn nach dem heutigen gebot. Esther
9,13 ; das wir umb diese heutigen empörung verklaget möchten
werden, apostelgesch. 19,40; die heutige lust bringt morgen
wol Unlust, praesens voluplas cras forte taedio permtitafntur.
Stieler 836. häufig in den formein der heutige tag, des
IV. II.
heutigen tages, bis auf den heutigen tag: der heutige tag
ist des gestrigen jünger. Simrock sprichw. 250; wie sich die
{hdndel) verlaufen und vergangen habent big auf disen blutigen
lag. d. städtechron. i, isi, 10; denn wir sündigten da mit wider
den herrn unsern gott, beide, wir und unser veter von unser
jugcnt auf, auch bis auf disen heutigen tag. Jer. 3,25; da
her ist der selbige ackcr genennet der blutacker, bis auf
den heuligen tag. Mallii. 27, 8 ; so zu Sodoma die thaten
geschehen weren, die bei dir geschehen sind, sie stünde
noch heutiges tages. 11,23;
da ist bis an den hüttigen tag
ein unfrucliiber Wasserstand
nach sinem namen Varus genant.
d. städlechron. 4, 352, 286 ;
was sollen wir sagen zum heutigen tag!
ich dächte nur: ergo bibamus. Göthe 1, 160.
Iieutig, in bezug auf einen vergangenen tag, der in der phantasie
vergegenwärtigt wird: wir lesen gedichte, herr Nicolai liest
mir seine eignen ausarbeilungen vor, ich sitze auf meinem
kritischen richlerstuhl . . bis der abend herein briclil. dann
denken wir noch einmahl an sie, und gehen, mit unsrer
heuligen Verrichtung zufrieden, von einander. Mesdelssoh."«
bei Lessing 13, 23.
2) heutig (nach heule 3) in freierem sinne, auf dre Jetztzeit
bezüglich, jetzig: heuliger w eiber schmuck ist noch prechtiger.
Mathes. Sar. 50*; die zwen Pii, viert und fünft, sampt irem
heutigen slulbesitzer Gregorio 13. Fischabt bienk. 1588 144';
die heutig oder velzig red, hodiernus sermo. Maaler 22ü* ; ein
politicus, wie man ihn, heutiger zeit, in gemein rühmet.
BiiTscHKY Pd/ni. 447; er (Paracelsui) ist ein naturphilosoph in
der heutigsten hedeulung des wortes. H.Heine 7,11;
der alten wält geschieht
hat er durch beispihl fein auf heitigs thun gericht.
ROMPLER 113.
aucfi hier die Verbindung heutiges tags: da her man noch
heuliges tages sagt, auf dem berge, da der herr sihet. 1 Mos.
22,14; gefellet mir noch heuliges tages. Luther 3,497';
derhalb noch heutigs tag ich armer singer
west gern wie der man doch hies.
meisterges. ms. germ. fol."£i, no. 9.
heutig, der Jetztzeit angehürig: diese familie mochte längst aus-
gestorben sein, aber in dem unlergeschosz, das an einen
garten stiesz, fanden wir nichts verändert . . alles mit jenen
früheren tagen übereinslimniend und in dem ganzen räume
nichts neu, nichts heutig als wir selber. Güthe 26, 28S.
HEUTIGSTÄGIG, adj.: wie es diesen warten ergangen
ist, wissen wir; und sehen zugleich daraus^ wie es künftig
allen heuligslägigen eiamischungen ergehen werde. Klopstock
12,39.
HEÜTMORGEN, adv. zusammenrückung von heute morgen
{sp. 1295) : wenn ich des nuihrchens denke, das du heut-
morgen dem freigrafen aufgeheftet hast. Veit Weber sagen d.
vorzeil 6,172.
HEüVOGEL. m. merops apiaster, ein südeuropäischer vogel
{vgL heumäher). .\emsich 3, 561. auch eine schmeUerlingsart,
papilio hyale.
HEÜWAGE, /". wage, worauf man heu centnerweise in groszen
häufen , auch wol in ganzen fudern wiegt. Jacobsson 2, 257*.
audi das für das wiegen des heus bestimmte gebdude.
HEUWAGEN, »i. plaustrum ad vehcndum foenum. Frisch
1,44S': mein gewissen war bereits so weit, dasz ein groszer
heuwagen hindurch halte fahren mögen. &mpl. 1,428 Kurz;
er schlägt mir ein loch in die mauer so grosz, dasz man
mit einem beuwragen durchfahren könnte. Kotzebde dram.
sp. 2. 198.
HEUWERK, n.: gras- et heuwerk, gramineta, foeniseäum,
abnndantia graminis. Stieler 2556.
HEUWIESE, f. einhauige wiese, solche auf der nur einmal
gras gehauen werden kann, dann auch diejenige wiese, die von
Walpurgis bis in den juli nach dem abbringen des heus vor dem
vieh gehegt und alsdann erst betrieben wird. Jacobsson 0, 73*.
HEUZEHE.NT, m. decimae congesti foeni. Frisch 1, 44S': da
mite hat der meygerhof sin höwzechendn des jares berichtet.
weisth. l,Zh; zehn derselben albus für den hawzehenden (ab-
gäbe). 2, 111 ;
dan es ist gar ein ganze wruost,
daszt mir min vetterlirh erb vertuost:
ilen höuzenden in dem grosen mos,
die winterhalten und dasz wisz res. fastn.sp.B22,\h.
82
1299
HEXCHEN— HEXE
HEXE — HEXEN
1300
HEXCHEN, n. kleine hexe:
dies hexchen sprach : hört, laszt mich Trci,
80 schafT ich ihn herein. BBrger 25*;
da seh ich junge hexchen nacl(t und hio.sz
und alte die sich klug verhiillen. Göthk 12, 211.
ah kosewort (s. unten hexe 3):
kommt herbei, ihr liifipcn Schwestern !
seht! ein holdes crdenkind.
sputet euch, bevor sie fliehet!
solch ein hexchen ist geschwind. UaLAnn ged. 308.
HEXE, f. kniebug, vgl. beclise 1 sp. 738. auch ein krummes
messer der gärlner, vgl. iiechse 3 sp. 739.
HEXE, f. saga, veneßca, incantatrix.
ahd. liagaziissa (vgl. Lexer mhd. wh. 1, 1202) und verkürzt
liäzus, hJizis, häzes, hizissa, ags. hügtesse, hägesse, engl, hag,
vihd. liecse, liexse, liesse; das scJiueiz. fem. hagscli, higsch
verscJimilztes weib, luxe (Stalder 2. 10 neben hüggeic derselben
bedeutung) mag dasselbe worl sein. Zur erkldrung der eigentlichen
bedeutung von liexe sind manigfache versuche gemacht, unter
denen der Kants (IO, 150), das tcorl von den anfangslaulen der
messformel bä einwähung der hostie, 'hoc tsl corpits' herzuleiten,
aU ganz veraltet gellen kann. Grinn (mylhol. 992) zieht zur
erklärung alln. liagr klug heran, so dasz hexe den sinn ver-
schmitztes Keib liätte; andere deuten sie mit bezug auf hag als
Kaldtceib. für die richtige beurlhcilung des Wortes scheint die volle
ags. form von wichtigiceit ; sie lehrt uns dasz wir es mit einem
compositum zu Ihun haben, wäre in ags. hägtesse der zweite
theil des Wortes bloszes bildungssuffix , so würde bei der engen
Verbindung, die schlieszende consonanten- der würzet mit dem an-
laute des sufßxes einzugchen pflegen, die assimilierte form häh-
tesse nach dem bekannten gesetze zu erwarten gewesen sein. ags.
-tesse, ahd. zussa in dem zu erklärenden worte dürßc zusant-
menhangen mit ags. tesu, teosu damnum, inleritus, contentio,
praejudicium, verderben, tesvian in nachlheil setzen, schädigen,
verderben (Leo ags. glossar 142), der erste theil ist hag in der
bedeutung landgut, feld und flur {rergl. oben sp. 138 und ags.
haga gehegtes feld, garten, voru-erk). die hexe ist demnach die
das landgut, feld und flur schädigende, zur stütze dieser elymo-
logie darf daran erinnert werden, wie im uralten Volksglauben
die liexe stets nur als eine pcrson erscheint, die durch übernatür-
liche mittel das besilzthum der nachbarn und einwohner eines
bezirks schädigt, und namentlich ihre zerstörende thätigkeit auf
körn und wän, auf das vieh, seine weide und seine mast, die
eicheln (vergl. Grimm deutsche sagen no. 251) richlel.
hexe steht
1) in der eben angegebenen bedeutung: strix hegecisse (13. bis
ii. jahrh.), niederl. haghetisse Dief. 556'; saga, ein Zauberin,
hägs, unhold Dasvp., im deutschen theile häx saga, maleflca
mulier, venefica; {der wein) schluckt sich besser als camels-
haar und katzenhaar, disz musz von eiin schvvieren und
gieren, wie der hechsen Scherben und lumpen. Garg. 89'; die
hex so die selbe wolfart ausz geheisz ires bulens des teufeis
angericht, hat man zu Bern verbrant. Schade .«;a/. u. pasqu.
2,259,25; es blitzet mir im herzen nicht anders, als ob
tausend hexen welter darinnen gemacht hätten. A. GnYi'Uius
1098 1,794; wir läugneten aber beide wie die hexen, ob
man uns gleich mit dem henker und der tortur dräuete.
Simpl. 3, 121 Kurz; in Abtschwind und Geiselwind, viel huren
und hexen sind. PisTomus Ihes. par. 2, 4 ; in der Jugend eine
hure, im aller eine hexe, 4, C2; hexen weinen nicht. 10,48;
du hast eim guoten gsellcn zTressen gän,
ja, katzenhirn, ich weisz nicht was,
dai er sich din vermochte hasz;
des ist er leider worden touh ttolt),
und bist ein hci, das ich glouli. fasln, sp. 8(i7, 13;
das selb by den hccksen war
die unser landischaTt alle gar
zfl verderben undersifindcn. Muüneii geuchm. liiij;
{ivei viundertitiitrr liniirn) die hexen und den teuTel,
der fürchterlich geblockt,
durch ein allm.-ichtig avp
zur holle forlgebircckt. IIoi.tt « Halm;
■eildem d«» mädchen eine hexe ward
zu Kheimi, der box« fcind iinii nicht mehr Min,
gehl alle« riickwnri». ScniLi.ri junijlr. 5, I j
die hexen zu dem ]lrocken zichn. Uothi 12, 207;
die salbe gibt den hexen muiti,
ein lumpen IkI zum kcgel gut,
ein guten neliifr in jeder iro(;
Her niegol nie, der h«UI (zur WuliiunjimarUi) nicht
j . ... ""»• 210}
du bexen-eitimal-eini. 130.
2) als Scheltwort für eine alte, widerliclie frau, weil vian sich
die hexen verschrumpft und triefäugig denkt : do .«sprach die alte
beckcz. Steinhöwei. 101 (ausgäbe von 1489; in der von 1487
steht: die alte vetlel); ziilelzl ... kam ein altes weib ganz
tropfnasz daher, die sagte, eben als sie beim jä^er vorbei
passirle: ja, ich habe disz weiter schon wol H tage in
meinem rucken stecken gehabt ! als der Jäger solches hiircle
. . schlug er sie . . übern buckel und sagte: du alte hex,
haslus dann nicht eher heraus lassen können? Simp/. 1,285
Kurz; in Ulm lieiszt ein altes geiziges schmuziges weib hekkfis.
ScHHiD 156;
Agathe fort! icli nehme mich in acht
mit solchen liexen ölTenllich zu gehen. Götiie 12, 51.
Auch mehr mit dem ausdruck des mitlcids: doch verschmähe
ich auch das vergnügen nicht, bisweilen einem dutzend armer
hexen eine dankburi rührung abzujagen. Moser jmtr. phant.
2,39; die arme hexe, die alle ihre küiiste von dem Schneider
oder der putzniacberin borgen musz, verräth eine milleidens-
würdige arniulh. 74. — Ferner mit dem accent des ärgers, Un-
willens: meiner frau geht es mit ihrem kammermüdcben
ebenso, ist die hexe übler laune: so sitzt meiner frau das
zeug ordentlich und steif, aber nicht ein bischen gefällig.
257; wie ich mürrisch fragte, was denn noch für inter-
mezzos? lieng die hexe (die kammerjungfer) laut an zu lachen.
4,09; willst du jetzt mit, welsche hexe, und gut Ihun?
Hebel 2, 173;
nur fort, du brause hexe, fort! Göthe 1,214.
3) ai<c/i als halbes kosewort, für ein junges, geschu-indes weib :
ich sage ihnen noch einmal, die kleine schwarze liexe ge-
fällt mir ungemein. UCrcer 500* ; der Venediger lachte über
die listige hexe. Uieul geschichten aus alter zeit (1804) s. 92;
den ganzen nachmittag bis sechse
hab gestern ich umsonst geharrt —
umsonst, du kamst nicht, kleine hexe.
il. Heine 18,302.
4) hexe, name für die nachtschwalbe, Ziegenmelker, caprimulgus
europaeus. Nemnich 2, 854. im Innthale ist hexe auch der name
eines vachtschmellcrlings. Fromm. 0, 150,
5) hexe, eine scJincckenarl, trochus magus, auch hexenineisicr.
0) hexe, lipula, die schnake.
7) hexe, figur einer besondern ispielkarlenarl : das spiel karten
(in der hexenkarte) bestehet aus 36 blättern ; und die bilder
desselben stellen mancherlei inänner, zwei banswürste und
zwei hexen vor, und von den letzten haben sie auch den
namen erhalten. Jacobsson 2, 257".
HEXEL, «I. häckerling, für häcksel, vergl. jp. 108:
hier ist heu und hexel
o! in menge noch.
Schmidt t. Wirnkdcben ged. 276.
HEXEN, verb. 1) intrans. nach art der hexen wirken, hexen-
kunsl treiben; bei Schm. 2, 148 auch hechsncn, tpie fries. hexna
und hoxna (KicnTiioFEN 827). er kan hexen, arles magicas seit.
Steinbach l, 751;
drumh fragtest oh ich hSgsen kOnd.
concit, in Sclieililes litoster 8, 734 ;
wohl, sprach ein edler rath, es seil
und ^ab ihr (einer hexe) oben drein
ein eisern Privilegium,
zu hexen frank und frei herum. UBrckr 25*.
]n freicrem sinne, mit unbcgreiflidier Schnelligkeit und mit dem
scheine des übernaliirlichen handeln, wobei der begriff des bösen
und schädigenden, wie er in hexe liegt, ganz zurücktritt, .so dasz
hexen nur als derberer ausdruck für das edlere zaubern steht:
Spiegelberg, wird es liciszen, kannst du hexen? Schillbr
r(j«//cr 1,2; Ilse, kannst du hexen? FnKirTAC /lONf/.srAr. 2, 170.
2) transitiv, im strengeren wie im milderen sinne:
manchem ihrer sühne hext die mctze (Furiuna)
einen russel, der nur friszt und sjiufl. IttiRCM 57>.
Mit amjiilie der Wirkung: todt hexen, incanlamentis noerre.
Stiki.er 727; da wird ein schönes improinplii zusammen
gehext werden! (iötiik II, 5S; sieh doch, sich, das srJiiüie
gemiiiier daliintcii! isis doch als wenn die fon es hin ge-
bext ballen. 14, fl2;
weisz der kfinstler ja zum garten
din TrrfliK'hle^tcn rinnen
(imniblldeii, w.ild und mntton
uns mit llnieii vurzuhcxon. 47,214;
nie wollen* auch gehext haben ! Götter 3, «90, tPoWm et mÜ
unbegreifticher geschwindnjknt gemacht haben.
1301
ÜEXEiNBALM — HEXENUt TTE
HEXENKÄFER — HEXENPROBE
1302
3) hexen, mit der hexenkarle spielen. Schm. 2, US. vyl. oben
hexe 7 und hexenkarte.
•I) hexen, quälen, plagen, änipliyen, auch hechsnen. Scan.
a.a.O. tirolisch hexen zaubern, necken, plagen. Fromm. 6, 150;
einen hexen, exercere. Serz 69".
HEXENB.\UM, m. prunus padus, bäum der schwarzen vogel-
liirsche. Neüxtch 4,1074.
HE.XE.NBERG, m. der Brocken:
mm jfii)g.«ieii tag fühl ich das volk gereift,
da ich zum letzteamal den hexenberg ersteige.
GÖTHB ii, 213.
HE.XE.NBLTTER, f. bulyrum a sagis confeclum. Stei.xbach
1, 234, das rolk nennt die buiter so, aus der die bultermilch sich
nicid gehörig gescitieden hat, was dem bösen einflusz der hexen
zugeschrieben wird ;
hier sind oiterneier, in heienbutter geschmoret,
fliegeuscbwämm, in tofana gebeizt, und fette tarauteln.
Voss 2,262 (tVy//. 15,97, der bezauberte leufel).
HEXE.NEI, n., pl. heieneier, nennt man solche eier, denen
der dotier fehlt und die statt dessen scIUan gen artig zusammen-
gedrehte häute haben, auch die pilzarl phallus impudicus füJirt
diesen namen. *
HEXENELEMEM, n.:
das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!
ein wahres hexenelement ! Göthe 12,210.
HEXENFAHRT,/', abreplb lamiarum ad conventieula nocturna.
SrElNBACU 1, 395.
HEXENFEST, n. conventieula magarum nocturna. Stieles 473.
HEXEiSFEX, T?i. hexenhaßer possenreiszer :
mit hexen-fexen, mit gespenst-gespinnsten,
kielkröpügen zwergen steh ich gleich zu dieasten (warte
des ilephisloptteles). Götue 41,72.
HE.XEiNFINGER, m.;
ist ihm doch, als griffen eiskalt
hexentinger in sein herze. II. Heinb IS, 176.
HEXENFÜHRIG, adj.: was? ist nit die nacht traurig, öd,
schwermütig, schläferig, unlustig, schrecklich, gespänst-
grausend, hexenführig? Garg. 125'.
HEXE.NGELD, n. geld von hexen herrührend: das hexengeld
suil uns ebenso gut gedeihen als uns heute morgen der
gestühleoe und geschenkte Schinken geschmeckt hat. Rieul
lullurgesch. nov. 373.
HEXENGERATHE, n. gerdthe wie es die hexen brauchen.
Thümmel 3,441.
HEXENGESCHICHTE, f. daemonologia, zaubergeschichle. Stie-
ler 1747.
HEXENGESCHLECHT, n. lamiarum soboles. Stieler 1803.
HEXENGESPENST, n.: wirst du sie (;ai<6prifor/e) anfahen
zu reden, wer weisz, was du alsdann vor hexengespenst
damit herbei lockest? Simpl. 2,168; indem er von fernen
gestanden, und beides, wolf und fasz, vor ein hexengespenst
gehalten. 3, 412.
HEXENGIERER, m. ein in hexenhaßer, bösartiger weise hab-
gienyer?: indessen kam der mann mit der geisz »iderumb
und berichtet, dasz sie die presser oder hexengierer {steuer
eintreibende Soldaten) nicht allein ausgemolken, sondern auch
ihme am gülden thaler den übrigen balzen . . vor ihren lohn
einbehalten. Simfl. 3,359 Kurz.
HEXENGLAL'BE, m. glaube an hexen, grenzbolen 1S46 s. 461.
HEXENGOLD, n. gold durch hexen erlangt: hexengold und
musikantensold vei (liegt über nacht. Riehl culturgesch. nov. 235.
HEXENGRAS, m. tremella sagarum.
HEXENHAUFE, m.;
frau Baubo vor! und angeführt!
ein tüchtig scbwein und mutter drauf.
da folgt der ganze hexenhauf. Göthe 12, 207.
HEXENHALSRATH, m.: wände und decke sind mit dem
seltsamsten hexenhausralh ausgeschmückt. Gothk 12,118.
HEXENHEER, n. ;
ich mag in diesem hexenheer
mich gar zu gern verlieren. Göthi 12, 227.
HEXENHEIT, f. :
und wenn wir um den gipfel ziehn,
so streichet an dem boden bin,
und deckt die beide weit und breit
mit eurem schwärm der bezenbeit. Güth« 12,210.
hf:xenhCtte, f.:
edler Sänger, wie geriethest
du in diese bexenhütte?
unil warum bat man so grausam
dich in einen hund verwandelt? H. [(iini 17. 90
HEXENKÄFER, m. meloe proscarabaeus, aus beckeDkäfer
verderbt. .Nejisich.
HEXENKÄMMERLELN, n. in weklies die gefangenen hexen
gelegt wurden: man het sie villeicht in die euszerste finslnusz
eines kerkers, und das undersle gewelb eines Ihurns oder
ins hechsenkäramerlin geworfen , da den letzten heller zu
bezalen. Garg. 238*.
HEXENKARTE, f. Spielkarte von 36 blättern^ mü den unter
hexe 7 {sp. 1300) beschriebenen figuren. in Baiern, vorzüglich
in München gebräuclilich. Jacobsson 2, 257*.
HEXENKESSEL, m. :
in der fremde musz ich traurig
als verwünschter mops verschmachten,
und den hexeukessel hüten! U. Ueinb 17,89.
HEXENKLÜBB, m.:
wild saust aus tiefem Schacht,
vom hagern greif bewacht,
im Sturm der gnomen trupp
hervor zum hexenklubb. Matthissc« ged. 207.
HEXENKRAUT, n. name einer ganzen reilie von pflanzen :
1) hypericum perforatum, Johanniskraut ; 2) reseda luteola, wau,
giWkraul ; 3) staclrys annua und alpina, jährige rossnessel und
alpenrossnessel ; i) polypodium filix mas, männliches farrenkraut ;
5) circaea, Stephanskraut, waldkletten; 6) arlemisia judaica, wurm-
samen, zittwersamen ; 7) atropa mandragora, alraunwurzcl; 8) lyco-
podium selcu]o, tangelmoos, lauskraut. Nemnich.
HEXENKREIS. m. psychomantium. Stieler 946.
HEXENKÜCHE, f. küche einer hexe. Göthe 12, 119.
HEXENKUNST, /. ; so ein mann durch zaubere! oder andre
hexenkunst zu den ehelichen werken unvermüglich worden
were. Tabebxaejiont. 99.
HEXENLAUS, f. die durch behexung erlangte: bexenleuse,
pediculi magici. Stieler 1091.
HEXEN.MACHT, f. zaubermacht, vis incanlatrix, magica, lami-
narum vires. Stieler 1204.
HEXEN.MÄDEL, n. nacA hexe 3 5p. 1300: das bezenmädel!
bin ganz, ganz caput. Fr. Müller 2, 148.
HEXENMA.NN, m. veneßcus, incantator. Stieleb 1235.
HEXEN.MÄNNCHEN , n. name für das beinzelmänncben
sp. 890.
HEXENMEHL, n. der gelbliche same des bärlapp, lycopodium
clavatum, als hansmittel und auf der Schaubühne zum blitz maclien
verwendet.
HE.XEN.MEISTER , m. I) der männliche genösse der liexe,
schädigender zauberer: häxenmeister, veneßcus Maalei 206*;
Zauberer überhaupt: chrislallengucker, hechsenmeister, parilleo-
seher. Fiscuart groszm. 51 ; ein graubärtiger Aegypter . . ein
gelehrter hexenmeisler. Fr. MC'LLEB 1,167;
bat der alte faexenmeister
sich doch einmal wegbegeben! Götbi 1,237;
das sind keine hexenmeisler,
sie bezaubern keinen menschen. H. Heine 17,89. '
in redensarten : ich bin kein hexenmeister, kann nicht in groszer
geadtwindigkeit etwas herstellen; schlechter heKenmeister, pessimus
litterarius faber, artis parum perilus. Sehz 69*.
2) eine schneckenart, trochus magus. vgl. hexe 5.
HEXENMILCH , f. zaubermilch, drachenmilch, lae magicum,
incantamentis acquisitum. Stieler 1266. auch die pflanze eupbor-
bia peplus, teufelsmilch, hundsmilch.
HEXENNEST, n..
aus dem fenster von Urakas
hexennest könnt ich vonrelTIich
das gespensterheer betrachten. H. Heini 17, 67.
HEXENORT, m. verhexter, verwünschter ort:
was ist das für ein hexen-ort?
da bricht uns die geduld ! Guthe 47, 85.
HEXENPFANNE, f. pfanne, wie sie die hexen zur bereitung
ihrer zaubermittel brauchen: wenn man Wielands poetische
Schriften stückweise in eine hexenpfanne neben einander setzte
und sodann über einem gelinden feuer so lange schmorte, bis
naturell, geist, anmuth, heilerkeit mit allen übrigen lebeudigeo
eigenschaflen völlig abgeraucht wären. Göthe 33,221.
HEXENPLATZ, m. platz auf dem die hexen tanzen: weil
ivind und regen das an vielen orten fast mannshohe gras
niedergeworfen und ineinander verwickelt hatten, so dasz
das feld fast aussah, als ob es ein bexenplatz gewesen sei.
Felder sondert, i, 88.
HEXENPROBE, f. probe, welcher man die der hexerei ange-
klagten unterwarf, um ihre schuld oder unschuld zu erkennen,
vgl. wasserprobe.
82»
1 303 HEXENPROZESS — HEXEN WETTER
HEXENWIRTIISCH AFT — III
1304
HEXEiNPROZESS, m. processus contra sagas: wie sollte der
herr gerichtsverwalter gesprudelt haben , wenn er in den
reiten geboren wäre, wo die hexenprocesse noch motle waren.
Rabener 1, 114. bildlich ein verworrener Itandel. Schm. 2, 148.
HEXENPÜLVEll, n. uie he.xenmehi, der same des bdrlapps.
HEXENREITIG. adj. gewohnt wie die hexen zu reiten : schne-
ckenkriechen, hechsenreulige niareschrötlein, aufliocker, wich-
telein, erdniiinnlein. Fisciiart groszm. 132.
HEXENRIiN'G, m.. pl. he.venringe, nennt man auf Viehweiden
concentrische grüne ringe, die üppigen grasteuchs haben, während
das land umher die nackte erde zeigt.
HEXENRITT, m. .•
das beisz ich frischen hexenritt! Götbb 41, 14S.
HEXENSALBE, f. salbe der hexen, für ihren sauber gebraucht:
ist er wirlilich ein verstorbner,
dem die niutterliebe niicbtiich
mit der stnritsten hexensalbe
ein verzaubert leben einreibt? H. Heise 17,84.
HEXENSÄULE, f. an der die hexen verbrannt wurden : hrand-
seule, sive hexenseule, columna pyrae sive rogi et incendiaria.
Stiei.er 1693.
HEXENSCHULE, f. inslitutio magiae, zauberschule. Stieler
1722.
HEXENSCHÜSZ, m. plötzlich eintretender rhetmatischer schmerz
in der untern r&ckengegend , nach dem Volksglauben durch an-
zauberung einer hexe entstanden : leidet jemand an Steifheit im
kreuz, so sagt man, er habe einen hexenschusz. Cürtze
Volksüberlieferungen aus dem fürstenth. Waldeck s. 391. ebenso in
Brandenburg, Düringen, Obersachsen.
HEXENSCHWARZKUNST, f.:
glaub auch nicht an hexenschwarzkunst.
ScusFFEL irompeler t. 110.
HEXENSOHN, m.:
umgebet
den eiagedrungnen hexensohn {Mephistopheles) !
GöTHE 41, 147.
HEXENSPRUCH, ct.:
ihn (einen primen) hat verwandelt
bexensprucb in einen bund. (1. ükine 18, 171.
HEXENSTEIG, m. ; eine besondere eigcnheit des hasen ist
die bereitung des hexensteiges; wenn nämlich das getreide
schon sehr hoch und dicht steht, so beiszt er sich steige
durch dasselbe, um weniger vom thau und regenwasser durch-
näszt zu werden. Thüngen waidm. pracl. 99.
HEXENSTICH, m. bei den nähterinnen eine art des Stiches,
der kleine Uidier in der naht Ulszt.
HEXENSTRAFE, f. supplicia lamiarum. Stieler 2195.
HE.XENSTRANG, m. clemalis flammula, die brennende waldrebe.
auch clemalis vilalba, gemeine waldrebe, teufelszwirn. Nemnich
2, 10C3. 1004.
HEXENTANZ, m. i) tanz der hexen: ob ich mich nicht
auch neben andern unholden auf dem hexentanz befunden?
Simpl. 1, 213 Kurz;
dasz sie den teufet einstens
beim hexentanz ertappt. Höltt 9 Halm.
der hexentanzpiatz heiszt eine stelle auf dem Brocken im Ilarz-
fjebirge.
2) das irrlichl.
3) die haut, welche sich bei gekochter milch oder sahne oben
ansetzt. Schn. 2, 146.
HEXEN VOGTIN, f., als sclieltwort: sehet euch vor vor der-
gleichen rostigen schierhacken und hexenvogtinnen, welche
unter allerhand vorwand und prätexten die hüuser aus- und
ein laufen, verschiedene blodereien, inischgemüsch und trisch-
träsch machen. NEt!«ER tdndclmarkt 160.
HEXENVOLK, n. artts magicae sectatores, veneßciis et can-
lionihu^ deditt. Stiei.ER 23fs8.
HEXENWERK, n. veneficium, canlamen : hüxenwerk treiben,
mit Zauber)' umbgon, cantare, incantarc, excantare. Maai.er 206';
heienwerk , Zauberei , it. taschenspiclerei , praesliiiiae Krisch
1.450'; dieser wein ist denen, ho durch Zauberei und hexeo-
Merk ihre mannheit verloren, ein beilsame arznci. Tabernae-
H'ISTANIJS 100.
HEXENWE.SEN, n.
HEXENWETTER, n. von hexen gemachtes unwetter :
kein wunder, «Li» vil lief linTiHcmr
cntutehn, und dnnt der l"' 'nir,
wann darein kompl dl.<ii i ijig.
litiiinT diiltt.':, t iJetuilerhbtt.);
wiewol die hexenwetler nit natürlich sind, darumb so wollen
wir unser meteororum nit mit ihren künsten beflecken.
Paracelsus opp. 2, IISB.
IIEXENWIRTHSCHAFT, f.:
aus <lcm spulx der bexenwirthschaft
steigen wir ins tlial herunter. 11. IIkitik 17, 9(i.
HEXENVVOLF, m. der werwolf, lijcanihropus. Stielek 2575.
HEXENWORT, n.: häxenwort, zaubeiaclilige worl, nia^ri
soni. Maaler 206'.
HE.XENZEICHEN, n. zauberzeiehen, sagarum noiae. Stieler
2611.
HEXENZÜNFT, f.:
Faust, was weben die dort um den rabenstein?
M. weisz nicht was sie kochen und schaffen.
F. schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.
M. eine hexenzunft. Götbs 12, 236.
HEXER, m. der hexen kann, hexenmeister, veneßcus. Stein-
BAcn 1. 7.'>l.
HEXEREI, f. kunsl des hexens, Wirksamkeit eines hexenden,
eines Zauberers: hexerei veneßcii crimen, veneßcium, incantatio
Friscu 1,450*; ich will nichts damit zu schaffen haben, das
ist haare hexerei! Güthe 11,293;
sie lehrten mir kleine hexereien,
feuer besprechen, vögel bescbreien,
auch pflücken in der Johnnnisnacht
das krautlein, das unsirhtbar macht. H. IIrike IS, 104.
Sprichwörtlich das ist keine hexerei, das kann ein jeder; ge-
schwindigkeit ist keine hexerei; kunst ist keine hexerei,
artes honestac non slatim pro pracstigiis hahcndae sunt. Stein-
bach 1,751; sehet also, das ist die ganze hexerei, die ihr
in einem heiligen nebel verschleiert, unsre furchtsamkeit zu
misbrauchen. Schiller rduber 1,1; Razmann. aber so inöcht
ich henkers doch wissen, was für hexereien du brauchst —
Spiegelberg, hexereien ? braucht keiner hexereien — köpf muszt
du haben! 2,3; seht mich alten kerl einmal an ! betrachtet
wie ich mich erhalten habe! und das alles ohne hexerei
und mit weit weniger mühe und Sorgfalt, als man täglich
anwendet um sich zu beschädigen. Güthe 22,41. — hexerei
für einen unerklärlichen Vorgang: aber jetzt erklären sie mir
auch die verdammte hexerei, wie ist es damit zugegangen.
KüTZEBUE dram. sp. 2, 220.
HEXERICH, m. einer der hexen kann, volksmäszigc motion zu
hexe: es giebt keine bexriche. Freytac soll u. haben 2,294.
HEXERISCH, adj. nach art der hexen: hexerische mittel,
remedia magica, hexerische worte, ejuralioncs, dirae, exorcismus,
dei'otiones. Stieler 727. vgl. hexisch.
IIE.\IN, f. hexe: hexin, pharmaceutria, veneßca, saga, makßca
mulier Dasyp. ;
bist doch und bleibst ein hexin all
vol katienglaubens mit gewalt.
IIatneccids Hansofr. 2, 2.
ah halbes schmeichelworl (wie hexe 3 sp. 1300), von einem ver-
liebten in bczug auf sein mädchen :
was eins ein kind
um solche bexin ist!
Kl. Schmidt im Leipt. musenatm. 1779, a. 2hi.
HEXISCH, adj. nach art der hexen : aber deren alten wy-
beren hexische künstlein, da sy süliche ding an wyben und
mannen füideren und hinderen könnend, werdend hie ver-
holten und den hohen oberkeitwi zugesfelt. Rüff trostbüchle
104'; zauberisch, teuflisch, bexisch. Paracelsds opp. l, 87Ü.
vgl. hexerisch.
HEXLEIN, n. kleine hexe, im spöttischen oder verächtlichen
sinne:
früh, als da« tbor ward aiifgethan,
sieb! da kam unser hcxicin an. IICrgir 25*.
HEXUNG, f. incantatio, fascinus, fascinalio. Stieler 727.
Hl, i'nfcr;. 1) ein kiclicrndes lachen zeicJtnend: hi, hi, bi, was
bricht dir, mein Elitia. Wirsunc Calixstus (1520) B5*; I'armenio.
hy, hy, hy. Celeslina. wie da, mein sun, du lachst sein. 0 4';
von Grüningsrck slüszt an: nun die braulnacht! frau Hum-
brecht! frau llumbrerht : hi, 10. hü sie wollen nrf^°, glaub idi.
ein räuschchen anhangen. H.L. Wacnkr die AiMrfrrmrirrfmii 14;
hi hi, hi hi hi! das thun sie. 30; hi, hi, hi, sagt irhs nicht?
du bist verliebt, scb.'ltzchcn, gelt? Wieland 11,232; bi. hi !
ich verstehe inirli auch ein wenig auf diese art von sommer-
vOgeln. 229 : die daincii kicherten ein zirpendes hi, hi, bi, in
das dumpfe douncrnde ba, ha, ha, derniaiinspersunen. 19,6;i;
1305
HI — HIE
HIE — HIEB
1306
schnell gibt er ein küszchen
der jüngsten, hihi! Fr. Mcllkk 2,394;
hi! hü ich wills doch wagen,
ob mich das thier will tragen. Bcrger 22'.
2) seil Itichzen des u-einen ausdrückend: klar weinend hi bi
hi hi. Weisze kom. opern (1777) 2, 232.
HI in dir fuhrmannsspraclie: dann fuhr er in das dorf hinein
und schrie hi und hot und wistabe. Zingeble hausmärehen
2, 7. vergl. hü.
HICKEL , n». ? n.? : slrix, schafhickei , keuzel. Avestis
gramm. El.
HICKELN, verb. etwas hinken, hessisch. Viljiar 167; das pferd
war an einem fusz lahm und hickelle. Grimm kinder- und
haiism. 2, 247. in Aschaffenburg hückeln, bickeln, avf einem
bein hupfen. Schm. 1. 1050 Fromm.
HIE, adv. ibi, die gekürzte form zu hier, tcie da {th. 2,646)
aus dar entspringt, die kürzung läszt sich seit dem 9. jahrh.
nachH'ei<en, alid. bia seltener neben liiar (MCllexhofp w. Scherer
$. 2S0), später seit dem 10. jahrh. hie {das. 205,63—67), im
mhd. in der letzteren form; in der modernen spräche veraltet,
obwol noch bei Göthb oß genug begegnend, es steht, (/emäsz
seinem Ursprünge aus dem demonstrativslavime hi, zuerst local in
dem sinne an diesem {einem sprechenden näclist liegenden) orte,
dann auch temporal.
l) hie, an diesem orte: du bist der erniger frembdling hie.
1 Mos. 19. 9; herr, hie ist gut sein. JtfüHA. 17, 4; zu dem sprach
<ler herr im gesiebte, Anania. und er sprach, hie bin ich
herr. apostelgesch. 9,10; was stehet ir hie den ganzen tag
mtissig? Malth. 20,6; hie stehe ich. ich kan nicht anders.
LcTHER 1,444'; spottend: hie sitze ich Hans mit den roten
hosen. 3,69'; lasset die andern auch hie zugegen sein, denn
ich wil es e. may. vor inen o£fenbaren. Amadis 31; ich lige
hie in deiner gewalt. Schdppios 440;
und wie der mensch nur sagen kann; hie bin ich!
dasz freunde seiner schonend sich erfreun. Göthb 9, 117;
es ist so schwül, so dumpfig hie (: wie). 12, 141 ;
flieh, täubchen, flieh I er ist nicht hie (: nie). 47, 61 ;
im Schlachtruf: hie schwert des berrn und Gideon, rieht. 7, 20.
viit näherer Ortsbestimmung: der sterb {das sterben) . . . was
grosz auf dem lant und hie in der statt, deutsche städlechr.
1, 39S, 18; ich stehe hie bei dem wasserbrun. l Mos. 24,13;
der sterbe hie für unsern brüdern. 31,32; gehet hin, opfert
ewrem gotte, hie im land. 2 Mos. S, 25 ; wo nemen wir brot
hie in der wüsten? Marc. 8.4; icii helle e. I. ankunft mich
nicht so bald hie zu land versehen. Amadis 51 ; damit ein tbeil
hinüber komm, ein Iheil bie jenet bleibe. Fro.xsp. kriegsb.
1,134'; hie hinein muszt. Wickram rollw. 35,14 Kuiz; vergl.
unten hieneben, hieoben, hienieden ti. a. ;
hie niden im feld bi der brück
do schlug man ril der vienden »öruck.
Lilik:<cron votksl. 2, 411, 49.
hie auf eine buelistelle gehend: bie Unterricht s. Paulus die
eheleut. Luther 2,299', vergl. unten 5 hie von dem verlauf
einer eriählung ; bie hernach sIen geschrieben .. d. stddtechron.
2, 489, 32.
2) gern ist hie im gegensatz zu da oder dort gestellt {vergl.
theil 2,649): man wird auch nicht sagen, sihe hie oder da
ist es. denn sehet, das reich gelles ist inwendig in euch.
Lue. 17,21; doch kann niemand sagen: siehe hie oder da
ist sie. Liscov 137. hdußg in unbestimmtem sinne, und ver~
Streuung über eine grüszere strecke zeichnend: macht hie und da
graben, an diesem bach. ikön. 3,16; wenn du gleich hie
und da flickest. Sir. 10,10;
vieles wird sich da und hie
uns entgegen stellen. Göthk 5, 100;
sie finden alles da und hie
so dumm und so absurd wie sie. 4, 366.
3) hie bezogen auf diese erde, in der wir jetzt weilen : füret
ewren wandel, so lange ir hie wallet, mit furchten, l Petr.
I. 17; spricht sanctus Paulus, es ist hie in unserm leben uff
diser erden nit ein zeit der gerechtigkeit gottes. KErsERSBERC
bilg. 37 ;
so ist doch warer tugeut art,
das hi ir Ion oft wftrt gespart. Schwarzenberg liö';
der ist bis xum grabe
wohl berathen hie,
welchem gott die gäbe
des vcrtrauns verlieh. Overbeck verm. ged. 7.
im geqensalj zum himmlischen dort (vgl. th. 2, tznö) : goit wolle
alle belrübelen hie und dort erfreuwen. b. d. Uebe 229* ; doch
ist besser hie als dort gelitten. Simpl. 3. 12'< Kurz;
so sing, das du ewiklich singst,
hie und dort, wie dus volbringst! fastn. sp. 539, 15;
das er hie deste weniger guter tage habe, damit er in jenem
leben, ewiglich eitel gute tage habe. Luther 2, 297".
4) hie abgeblasst, niciU gerade auf den ort, vielmehr auf um-
stände und Verhältnisse bezogen : wie viel ewer getauft sind, die
haben Christum angezogen, hie ist kein Jude noch Grieche,
hie ist kein knecht noch freier, hie ist kein man noch weih,
denn ir seid allzumal einer in Christo Jesu. Ca/. 3, 28; laszt
uns fliehen, denn hie wird kein entrinnen sein für Absalora.
2Sam. 15,14; der ehstandt ist ein stand des glaubens und
der liebe, denn hie lernet mann golt vertrawen. .\gr. spr.
(1560) 190'. verstärkt: so ist doch hie disz orts solche ver-
hindernus . . eingefallen. Amadis I9.
5) hie, auf zeit und stunde gewendet {vergl. auch unten hie-
bevor): antiquitus hie vor alten ziten Dief. 38': sihe, die
stunde ist hie, das des menschen son in der sünder hendc
überantwortet wird. Matth. 26,45; meine zeit ist noch nicht
hie. Joh. 7, 6 ; vater, die stunde ist hie, das du deinen son
verklerest. 17,1; ist aber die zeit hie, dasz ich in dieser
krankheit ausz der weit scheiden sol. Schoppios 434 ;
gebiut dinem munde
hie ze dirre stunde
daj er stille gedage. Hartmaji» 1. büelit. 490;
die stund ist hie, die er im raht
von ewigkeit geordnet hat. trag. Joh. Aviij.
von dem verlauf einer erzählung, eines berichles, im sinne von
nun, jetzt: hie soll man warnemmen der groszen weiblichen
Schwachheit und blödigkeit bei dieser fürstin. Amadis 24;
hie rait herzog Ernst zuo dem fürsten. herz. Ernst 244, 20
Bartsch;
hie mus ich unter wegen lau
zu berichten, was einjede fan . . .
für färb gehabt, mückenkr. 1, 939.
auch die Verbindung hie und da {oben no. 2) steht zeillich : eine
miserable lust hie und da über die schnür zu hauen. Tieck.
der sinn schwankt zwischen örtlichem und zeitlichem:
ich sage nicht, dasz du nicht hie und da
bescheiden deine feile brauchen solltest. Götbk 9,228.
6) s. weiteres unter hier, bei zusammenrückung mit adverbien
und praeposiiionen ist die. letztere form auch in älteren quellen
gewühnlidi gebraucht, wenn das adverb oder die praeposilion voca-
lisch beginnt (hieran, hierinnen, hierüber m. s. w.), sofern nicht
zusammenziehung eintriU {vgl. hausz und hauszen aus bie ausz,
bie auszen sp. 698. 699, und unten hoben und bunten aus hie
oben und hie unten), im andern falle setzen die- dllern quellen
getcühnlich bie, vgl. unten hiebei, hiehin, hiemit «. a.
HIEALSZ, adv. extra, foris, mhd. hie üje, höje: weiter
sagt er vom hofleben, es sei gleich einer badstuben, da die,
so darin sein, herausz, und di» hieausz sein, hienein eilen.
Zt.'VKGREF apophth. 1, 275.
HIEB, m. ictus. das wort ist erst seit dem n. jahrh. an stelle
des altern hau {sp. 561) zu belegen; vorbereitet aber wird es
dadurch, dasz das ehemals wurzelscJdieszende w des verbums ahd.
hauwan, mhd. houwan hauen, mit dem hieb zusammenhängt,
sich in b verhärtet, und das particip des besagten verbums neben
gehauen sich seit dem 16. jahrh. auch als gebieben fesIsHzt
{vergl. sp. 574.575). im 17. jh. werden noch das alte hau und
die neue form hieb neben einander gebraucht: durch einen
heftigen hau seines schwerdts. Lohe.isteih Arm. i, 47', gleich
darauf: Segesthes verfolgte . . . sein glücke mit vieirältigen
hieben.
hieb bezeichnet:
1) die handlung des hauens, schlagens: jeglicher hielt ein
silbern heil als zum hiebe auf der schuller. pers. reisebeseJir.
1,7; die ersten hiebe der keilhaue. Güthe 56,175; und wenn
der hals in den schultern steckte: so musz er (rfer iop/) bei
mir auf einen hieb herunter {worte eines sciiatfrichters). Gellert
4,101; die kinder bekamen hiebe; die jungens hatten ihre
hiebe besehen. Holtei Lammfell t^2; sprichwürllich : kein bäum
fallt auf den ersten hieb; das ist viel auf einen hieb. Schiller
rduber l, 2 ;
sicher vor des todcs strengem hiebe. Scbillek Etysium.
2) hieb ist namentlich fechlerausdmck, von dem kun^gerechten
schlagen mit der waffe gebraudU : auf den hieb auf einen los
gehen, caesim aliquem petere. Steinbach 1, "07, vgL hiflhieb.
sauhieb;
ha! ha! der hieb der sasi I H. IIbihb 16, 122.
1307
HIEB — IUEBENEBEN
niEBEU — lllECUEN
1308
FormeUiaß fechten auf hieb und stich:
die lieldin kämprtc ritterlicli
auf iebeii und tod, aul liicb und stich. VVikland 21, 80;
des Sieges wago stellt auT beiden seilen gleich:
hält Idris durch den schwiiiig der stärksten aller klingen
den schweren stahl wie binsenrohr von sich,
so sieht er Itifalln fest gegen hieb und stich. 17, 41.
Anknüpfend daran spriclil man von hieben in einem Wort-
gefecht, und hieb liekzt das tcort, die betnerkung, wotnü man
einen triffl, verwundet: zuweilen wirfet er (der schuUheisz) ilinen
{den bauern) zu gefallen, nach art der Leidenachselträger, so
einen hieb oder ein paar wort mit darein, baurensl. laslerpr.
107; so bescheidene äuszerungen wie die seiner vorrede,
hatten wohl die vornehm feindseligen hiebe in der Michaeli-
schen biograpbie abwehren sollen. Niebuur A/. sc/ir. 1,39; nur
musz er (ein sclirißsleller) freilich zu einem einzigen sati-
rischen hieb oft in ganzen seilen ausholen. J. Paul grönl.
proc. s. XII.
3) bei den Jägern heiszl hieb der slosz, den der eber mit seinen
Zähnen führt, wie diese selbst hauer genannt sind (sp. 581, «o. 7) ;
ferner der schlag eines rogels mit spitzem schnabel, eines Spechtes,
einer rohrdommel. Frisch 1,452'. daran gelehnt:
vor allen, die um das fräulein sich
bewarben, war der giftige stich
des liebeswurms dem armen jungen
am tiersten in die leber gedrungen,
die andern Junkern insgesammt
waren mit einem leichten hiebe
davon gekommen. Wielakd 21, 15.
4) hieb ist die hiebwunde und die hiebspur: einem einen
starken hieb an dem köpfe bei bringen, gladio graviler per-
cutere capul alicujus. Steinbach 1, 707 ; er hat einen hieb über
das ganze gesicht weg ; mun sieht alle hiebe an der thür,
omnes ictus videri possunt quibus janua caesim laesa est. Frisch
1,452'; die hiebe die der bäum zeigt.
5) figürlich, hieran angelehnt, der rausch: ich spiegelte ihm ..
vor, ich hatte einen sogenannten hieb, und wüszte in der
betrunkenheit mich schlecht zu linden und zu halten. J. Paul
reise nach Flätz "6;
Guido, der von einem hochzeitschmause
mit einem kleinen hieb sich leise heimwärts schlich.
WiEi.AND 21, 235 (Klelia u. Sinibald 3, 393),
hieb wird auch gesagt von dem mangel an fassungskraß auszer-
halb eines rauschet: er hat einen hieb, ist nicht riclUig im köpfe.
6) hieb technisch, in Wirtschaft und gewerke.
a) beim landwirt das hauen des heues und grummels : schaaren
Ton landleuten waren mit dem zweiten hiebe auf den wiesen
beschäftigt. Iiihe«mann Münchh. 3, 100.
b) im forstwesen heiszl hieb der leere platz, der entsteht, wenn
in den schwarzwäldem ein berg holz abgetrieben ist. Jacoii.sson
2, 257*. vgl. hau 4, sp. 5ti2 ; aber auch das recht, in einem walde
holz hauen zu dürfen: frciefi hieb in einem walde haben.
c) im bergbau üt hieb, slollenhieb das reclit des erbstidlners,
welcher mit seinem gesetzmdszig getriebenen slollen in das verliehene
feld eines bergwerks eingekommen ist und daselb.'il die erbteufe
eingebracht hat, in diesem felde alle dem berggeselz unterworfenen
mineralien, welclie er in denjenigen dimensionen, in denen er
gesetzlich den erbstollen zu treiben berechtigt ist, antrifft, zu ge-
winnen und sich anzueignen. Veith bergwOrterbuch 273. 407.
d) hieb, feilenhieb heiszen dem fetlenhauer die schrägen rin-
schniUe, welche eine feüe vermittels der meiszel erhält, und die
nach einer doppellen riclüung auf der feile angebracht werden,
indem die kreuzitiebe sich intt den grundhieben durchkreuzen,
auch dte aufgeworfenen spitzen auf der raspel heiszen der hieb
der raspel. Jacobsson 2, 257*.
e) bei den schläcldern heiszl hieb ein gesell, dasx ein jeder
schldchler xu seiner zeit eine gewisse anzahl vieh schlacken darf.
FiiscH 1, 452'.
7) hieb am pferde wird eine fehlerhaße verliefung am anfang
des Widerrists genannt, die wie mit dem heile eingehackt ersdieint.
lilbliEl, adv. für hierbei (.?. J.) in (Litern Schriften und noch
bei Kant, häufig, der es spdler selbst in hierbei änderte: habe
ich derwegcn nicht underlassen wollen, ein Jeden günstigen
Jäter hiebei anfenglichs freundlich zu eiinnern. Amadis 6;
der euch «unders liebet, und hiebei diesen ring, wachs und
•chwerdt cutcbickel. 50.
HIKÜEINKüEN, adv. das vertUIrkte beitieben (tk. 1,1885) : hle-
beineben ain buechlin von d. Marlin Luther. Schkiitlin« br. 64.
HIEBKNKKKN, adv. für hiebcineben: hiebciieben ist auch
' M. hl in acht zu nehmen, das im die Trutuncr
auch in der denncmarkischen insel setzet. Micbäl. alles Pomm.
1, 12. — Superlativ hiebenebenst : hiebenebenst last sie sich
auch als ein Wahrsagerin . . . gebrauchen. J. Uist neue pass.
andachlen (1004) vorbericld.
HIEBEß, m. hicbwaffe, schldger (vgl. hauer 7, sp. 581). zuerst
von Steinbacu verzeichnet: hieber, quibusdam ein haudegen,
gladius ad caesim feriendum. 1, 707 ; und meist studenliscltes wort:
bis dasz der liieber
vom corpus juris wird besiegt. '$a sa gcschmauset\
HIEBEVOIl, adv. anlea, olim, das durch hie ndAer bestimmte
bevor, das nur selten in ürtlicliem sinne gebraucht: auslegung
der hie bevor angezogenen te.it. bienk. 122", vielmehr in zeit-
lichem seit der mhd. periode bis auf dieses jalirhundert häufig
verwendet worden ist (vergl. oben liie 5), und zwar Iheils, mit
scharfer betonung des hie, so, dasz von der gegenwart aus be-
stimmt wird, Iheils aber auch, weniger scharf, dasz hiebevor in
einer erzählung von einer Vergangenheit aus gebraucht wird, und
niclit wie dort von jetzt ab früher, sondern allgemein früher,
vorlier bedeutet:
ej beten hie bevor die gröjen fürsten niht gelugen
dur liute noch dur lant. Waltheh 107, 14;
die hiebevor geschrieben. Reuter v. Sp. kriegsordn. 17 ; das er
hiebevor nicht der reichsten einer gewesen were. ZiNtcHtr
apophlh. 1,67; dasjenig, so hiebevor pfalzgraf Fridrich der
sieghaft der marggrafschaft ... mit krieg entzogen. 17C; er
gestand dabei, ein Schmitt hette ilime hiebevor, als er zu
Haingrinda gedienet, einen krystall gegeben. Büdinger procesz-
aclen (lü29) in Wulfs zeitschr. f. d. myth. l, 272 ; als Chosni
alles, was sein vater hiebevor aufzuzeichnen befohlen hatte,
mit einer feder durchstriche, pers. baumg. l,b; dasz ich hie-
bevor schon selbst gesehen, wie theils menschen säuischer
als Schweine .. waren. Simpl. l, I3ö Kurz; ich .. wolle mit
gottes hülf in kurzer zeit thun , was ich hiebevor in vielen
Jahren, nach angewendeter vieler arbeit nit gethan hab.
Scuuprius 4; man sagt, dasz hiebevor in Griechenland zu
einem frembden legalo kommen sein etliche philosophi. 2t ;
weil die alte Teutschen selbige länder hiebevor auch ein-
genommen und regiert haben. Tieck 15,346; warum sind (die
groszen lichter) ausgangen, die doch hiebevor so viel Scheines
hatten? Klopstück 12,118, in allertliümelnder spräche;
ein festes schlosz wars hiebevor. Wieland 9,237 (206).
HIEBEVORIG, adj. : so dasz bei ihren (der Griechen) nach-
kömblingen kaum ein geringer schatten von dem glänz ihres
hiebevorigen ruhms übrig verblieben. Simp/. 4, 305 Kurz; die
hiebevorige hiesige Verordnung . . . wird erneuert, wöchentl.
Roslucker nachr. u. anz. 1807, stück 47.
HIEBEVORN, adv. was hiebevor: er zog fort zu seinem
notaiio, den er biebevorn auch gebraucht. Ayrer ;iroc. 1,16;
euere scharfe gesetzpredigten habe ich oft biebevorn ange-
höret. ScHUPPius 486; welche mich armes luügdleiu hiebevuiu
verführet. 489;
hie bevorn, do wir kinder waren, minncs. 3,30* lliiijen.
in adjeclirir Stellung: ach gedenkt, dasz ich wegen meines
biebevorn inutbwillens und begangener unbesonnener thurheit
allliereil ja . . geniigsainb gebüszt hab. Simpl. 4, 334 Kurz.
HIEBFEST, adj. fest gegen einen hieb: er ist hieb- und
kugelfest; sich hiebfest machen können, das compositum ist
aufgelöst :
er Ist nicht tu verwunden, er ist fest
. . . gegen schusz und hieb! er ist
geTroren, mit der teufelskunst behaftet,
sein leib ist undurchdringlich, sag ich dir.
Schiller Wallensl. lud 5, 2.
HIEßFREI, adj. wie hiebfest:
10 kanst du dich verhüllen
in diesen wuiiderrock, der hieb- und stichlrfi i«l.
KoNCKHL l'honitia 67.
lUEBIG, adj. im forstwesen ein bäum oder schlag, wenn er
zum fällen tauglich ist. Jacobsson 2,257*.
HIEBKLI.NGE, f lamina lata, larga. SriBLKR 982, im gegen-
salz zur stoszklinge.
HIEBSCHMARRE, f: ein frischer Jüngling .. mit langem
raufer und Imt, groszen hiebschinarren auf einem entschie-
denen gesiebte. J. Paul leben Fibels 110.
HIEBWAFFE, f. waffe zum hieb, gegen schuizwulTe, stoszwalTe.
HIEBWUNDE, f vuliius caesim factum. Stiklkr 138«.
IHECHEN, verb. unheliim esse, difficulter luäare. Stiblkr 7«3.
wie heichen sp. 795 ein lautmalendes worl, das mit einer anzahl
verwandter unter keichen Ih. .'• sp. 4;is brspi iiclien wird.
1309
HIED ANNEN — HIEFÜR
HIEGEGEN — niEIG
1310
HIEDÄNNEN. adv. hier iccg, ton hier fort, im iG.jahrh. für
das bessere hindannen (s. rf): ob er hiedannen weiter zu
e. cbf. g.. oder heut allhie zu verharren sollte. Pomäscs
in Melanchth. opp. ed. Bretschneider 2,940; der Teil gab ant-
wurl: jo herr, ich getruwe uns mit gottes hilf wol hiedannen
ze helfen. Tschcdi 1, 239*, und danach bei Schiller :
mit gottes hülfe
getrau ichs mir und helf euch wol hiedannen. Teil 4, 1.
HIEDIESET, adv. aus hie diesseit (/A. 2,1144) abgescktcäcM,
in alemannischen qtiellen des 16. jahrh., auch in der nasalierten
form hiediesent viel gebraucht: Wälschland hiedisend dem
hochgepirg, cisalpina Gallia Maaler 221* ; giengen etlich burger
hiedisent (des Rheins, in Groszbasel) hinüber {nach Kleinbasel).
Basler Chroniken 1, S9, 29 ; eis, ciira, hie diset, eis Rhenum hie
diset dem Rhein gegen uns. Dasyp.
HIEDIESIIALB, adv.: die drei stott (stddte) seind hiedisz-
halb des Jordans gegen der wüsten, ausgang der k. Israels
löio M3*.
HIEDURCH, adv. in äüern quellen für hierdurch,
i) local: als ich hiedurcb gezogen, haben sie mich in
einer enge oben auf diesem berge aufgehalten. Amadis 294;
all andere ritter, so hiedurch passieren. 399.
2) inärumental: also dasz ihrer fiel hiedurch zum todt
hingericht wurden. 398; er forchlet dasz sein sieg hiedurch
verhindert würde. 405.
HIEF, m. der laut den die jdger auf ihren Jagdhörnern blasen.
Fleming teutscher jäger bei Frisch 1. 452' unterscheidet den langen
hief, den hennebergischen reinen langen hief, den kurzen hief,
den langen hief ohne rundel und triller. Jacobssos 2, 25''
theill die hiefe in lange, kurze, doppelte, einfache, abgesetzte und
pcststüsze; hiefe absetzen heiszt beim blasen ron zeit zu zeit inne
halten, um alhem zu schöpfen, — hief ist die alle gute form für
das spiileve hift, s. d.
HIEFE, f. hagebutle, slrauch und fruchl desselben, mhd. hiefe;
im alts. entspricht hiopo, in der stelle:
uek ök ilgun nc lesad
heliftös an hiopon. Heliand 1746,
nach Matlh. 7, 16, tro das trort den trihulus der tulgala tcider-
(jibt, gerade irie auch ahd. hiafo in der entsprechenden Otfridstelle
(11,23,141; ags. heöpe, hiope, engl, hip und hep, rosa sil-
veslris. Die ron J. Grixv Weine Schriften 2, 250 f. ausgesprochene
ansieht, dasz hiefe zu goth. hiufan zu stellen sei und eigentlich
dorn des Irauerns bedeute, veil er zum leichenbrand geschicIUet
verde, hat uenig vahrscheinliehes ; trenn aber das griech. y.vßoi
den knöehel, die dornähnliche erhöhung am fusze bezeichnet, so
könnte das in den lauten entsprechende hiopo, hiefe gar vol zu
jener gruppe von u-Ortern gehören, die sp. 5S3 zusantmengestelU
ist, und seinen namen ron den ausuüchsen und durnichten an-
salzen des Strauches tragen, ton diesen heiszl er auch kippe
{theil 5, 7S3). Composita mit hiefe sind hngenhiefe {sp. 152),
bainhiefe {sp. 175). hiefen oder hagebuticn. Hohberg 3,3,
6l'. 03".
HIEFENBL'TZE , m. die fruchl des hagedorns: ebenmäszig
bricht man schleen und rothe biefenhutzen ab, lasset solche
auch wol trocken und den winter über liegen und dörr
werden. Hohberg 3, 1, 310*.
HIEFENDORN, m. rosa canina, der hagebuttenslrauch. als
eigenname:
schulthes ich bin Eberlein llierenHorn.
H. Sachs 3, 3, 15'.
HIEFENKERN, »n. der kern in der hagebutte; er hat unan-
genehme eigenschaften {tergl. arschkitzel tlieil 1, 566), daher in
einem Spottgedicht:
wenn ich in freuden gen ir gee,
so Wirt mir in dem paucb wee.
ich pin pei ir von herzen gern,
sie fiept mir mer denn hiefenkern. fastn. sp. 632, 17.
HIEFHORN, n. cornu renalorum. Flemminc teulsch. jäger bei
Frisch 1, 452*. Jacobsson 2, 257*. j. hifthorn.
HiEFORT, adv. ton hier ab femer, fürderhin : Ulenspiegel kam
wider, und er und der wirt vertrugen sich der scbalkheit, so
das er hicfurt uf ein gut bei kam. Vknsp. 79, s. IIS Lapjienb.
HIEFRIEMEN, hi. der riemen an dem das kiepwrn hängt.
Frisch 1, 452'.
HIEFRIG, adj. rerkonmen, im vachsthum zurückgeblieben, ein
im Osterlande und MeL^zen gebräuchliches wert: diese lakonischen
abweisenden antworten, die wir dem hiefrigen und verkrüp-
pelten kinde gar nicht zugetraut hatten. Niebitz selbstbiogr. 17.
HIEFOR, adv. die ältere form für hierfür.
HIEGEGEN, adv. für hiergegen : hiegegen {gegen eine rede)
erzeiget das fräuwlin in seiner danksagnng gnugsam an, dasz
solches erbieten ir ganz angeneme und gefellig. Amadis 248;
hiegegen liesz sich nach strengem recht nichts aufbringen.
Dahlxans ddn. gesch. l, 409 ; hiegegen ist kein ander mittel,
als den bürger in uniforme zu setzen. Moser palr. phant.
1,200. hiegegen nur einen gegensatz {icie bergegen 3 sp. 1099)
betonend: {indem ich) ledig gesprochen zu werden verhoff,
und hiegegen er zu nichten gemacht, als ein büszwichl, der
er auch ist. Amadis 385.
HIEGER, m. corrus glandarius, häher. Nei5ich 1, 1243. ags.
higora.
HIEH.XLB, adv. auf dieser seite: ob Prysach nit wjt von
der Hart hiehalb Rins. J. Leivz Schwabenkrieg 84*.
HIEHER, adv. in den altern schriflen, namentlich bei Lcther
immer, für hierher, ende des 18. jahrh. zu gunsten des letzleren
erloschen, es bezeichnet das endziel einer beicegung nach dem
orte zu, an dem der sprechende sich befindet, tergl. her 3,6
sp. 1001. huc hie bere Dief. 2S1'; das ir mich hieher ver-
kauft habt. 1 Mos. 45. 5 ; kompt hernieder mit meinem valer
hie her. 13 ; da nam Samuel einen stein, und setzt in zwisschen
.Mizpa und Son, und hies in EhenEzer und sprach, bis hie
her bat uns der herr geholfen. iSam 7, 12; laszt uns hieher
zu golt nahen. 14,36; damit, das er geleret bat hin und her
im ganzen jüdischen lande, und hat in Galilea angefangen,
bis hie her. Luc. 23, 5 ;
acb weh, das sie hie her sein kommen!
J. Atrer 285' (14-25, 18 Keller).
das rerbum der bewegung ist in'einem ausrufe unterdrückt : holla
hieher zu trinken I Garg. 101"; hieher, was glasz heben und
geben kan. das. — hieber im gegensalze zu dorther oder daher:
das sie mitten unter Israel kamen von dort her, und von
hie her. Jos. 8,22; gieng im haus einmal hie her und da
her. 2 iön. 4, 35 ; dein knecht ist weder hie her noch da her
gegangen. 5, 25 ; zu dorthin : was weichestu doch so gern
und feilest itzt da hin, itzt bieber? Jer. 2,36. bieber nach
sitzen :
was hält mich ab, dir dieses lied zu xeigen?
ach, du verstehst es nicht, doch zeig ichs hier
den bäumen, die wie du ihr glück verschweigen;
beut abend siz bieber, dann rauschen sie es dir.
Le5Z in Voss'' musenatm. 1778 s. 123;
statt bis bieber, im sinne: bis zu dieser läge, diesem zustande:
ach weh der süsi vermischten gallen,
die mich hieher betrogen hat.
J. Atrer 285» (1424, 15 Keller).
bieber temporal: von deiner jugent auf bis hie her. 2 Sam.
19,7; von den tagen Jobannis des teufers, bis hie her.
Matlh. 11,12.
HIEHERO, adv. für bieber, im 16. 17. jahrh., tergl. hero
sp. 1121 : mehrgerfirten herzogen oder seine hiehero gesandten.
bericlit über Ruszheims ein fall 1543 diij'; dasz ihr nicht essens
und trinkens, sonder gemeiner reichsgeschäfft halber hiehero
geschickt seit. Ziskgref apophlh. 1,106; was aber vor alters
von welschem volk hiehero gesetzt, und in unsere statt durch
heuratb und freundtschaft eingeleibt. 397; temporal: die bauch
der armen sein weite scbeuren ; welcher zu dieser traurig-
sten zeit hiehero sein treid behält, gewinnt mehr, als die
grausamsten verteurer desselben. Scbcppics 749.
HIEHERUM , adv., zusammenrückung ton hie herum, rergl.
herum 3, f sp. 1176 : die jenigen die bieherumb sitzen. Zirk-
CBEr apophlh. 1, 335.
HIEHIN, adv. neben hierhin, auf einen ort detäend, der in
der nächsten nähe eines sprechenden liegt, gegensatz von dahin,
dorthin {theil 2, 685. 1308) :
drauszen stiesz er auch pfähl in den umkreis hiebin und dorthin,
häufig und dicht an einander, vom kern der gespaltenen eiche.
Odyssee 14, II.
HIEIG, adj. hier befindlich, eine aus hie entspringende, seit
dem ti. jahrh. auftauchende bildung, die sich bis zum 17. gegen
das später aufkommende hiesig {s.d.) hält: das binfür nimant,
er sei burger oder gast seine wein anders dann auf die
hieigen visier . . kawfen oder verkawfcn sol. finrnb. potizei-
ordn. 246; nicht über ein lot hieigs kramgewicbls. 261; dem
ich . . sechtzig pfennig für ein hieigs sümer {kalk) geben hab.
Tuchers baumeisterbuch 94, 22 ; bieige statt, bericht des magislr.
ron Elberfeld von 1699, in Lacomblels archiv 3,280; in der Ver-
stärkung allhie: auf disem albieigen reichsztag. gedrucktes aus-
selireiben des röm. königs Ferdinand von Ibli;
1311
HIEIN — HIEMIT
HIENACII — HIENIEPER
1312
ali-o will ich iiiicli feriiei'ü lialtn.
Kleichen scliulz geben jungen und ahn,
Trauen und mann, armen iiml reiclin,
liieigen und TreDidlen dergleichen.
Atrkr Ml' {-im, 22 hellet).
hieig, auf dieses lebeu, im geyeiisatz zu jvnnu, /;(-(,,ni •
gib uns nach disem hieigen streit
die ewigen Trcndt und Seligkeit.
riicIhucliU'tn, ms., t. li.ui, hl. 0';
aus hihigcr trüben sterhligkcit
fuhrt er ihn hin zur ewigkeit.
J. Mestwket fluühsjnegel (I67J) 210.
5. hieiscli.
HIEIN, cruciUrl IIIEIN.NE.N, adr. in diesem räume, hier inner-
halb: "gibt man dann so kiirglicli liieiii speis?' ja, so scind
aiicli kein küsseliii nuch pUuinledcr iiiein. Hütten 5, 107
ilünch; herr, wir mögen an keinem andern ort in dieser
gegen üerbergen, wann hieinncn. Amadis 399.
HIEISCH, adj. hiesii/, wie lüeig aus hie gebildet: daiein wir
c.Tsl kommen, wenn disz hieisch elende leben iiiiJ wcseu
aufhiiret. Math es. Sar. 53'; mit den hibisclien zu Weiszenfels.
unijedruckle Statuten der stallt Weiszenfels von 1C19, W. 42'; die
liihiscben (leiscber. 43".
HlELÄiNDISCH , adj. neben hieiländisch, hier das land an-
gelund, dieses land betreffend: üieländisch , ex his terris , ex
liac regione Frisch 1.508*; aber die apotheker veiscbalTeii in
die praumen von Damasco, halb cifault und verstockt zu
bringen, so doch unsere hielendische gewechs, als frischer,
etwan gröszer kraft und tngend haben. Ryff teulsch apolliek
1548 47'; auf den Stationen, wo pferde gewechselt wurden,
sprach der Intendant viel und sehr geläuOg in der hielan-
dischen mundarl mit postillonen und wirthen. Auerbach auf
der hohe 3, 134 ; in hieländischer tracht. 3, 233. rergt. auch
hierlandes und hierländig.
HIELEiN, verb. von einem schiffe gesagt, das nicht in gehöriger
läge gegen den wasserpasz liegt, eine schiefe oder geneigte läge
gegen den wasserpasz hat, oder nicht uagerechl in rücicsicht der
breite liegt, ein schiff hielt nach der seile, nach welcher es sich
unter den wasserpasz neigt, oder eine Schlagseite hat. Jacobsson
6,73*. für hielcn wird auch hellen gesagt, das worl ist aus
beiden, hälden enlslelU, s. sp. 222.
HIELICH, m. heiral, Vermählung, mhd. hiuleich, hileich ist
zuerst der leich, der bei einer Vermahlung gesungen wird, dann
die Vermählung selbst (mhd. wb. i, 900") ; das worl lebt in mehrern
Verstümmelungen über dieinhd. 'zeit hinaus: heilach, hilaich,
hileich. mit dem verbum heilaclien nubere Sciim. 2,130; der
rilter dem die sach des hiciichs zwischen iteynhardtcn und
des königs. Schwester hevolhen was. Aimon bog. 1 2. noch jetzt
im fiassawschen hillicli, hilch, hielich ehcverlöbnis und milgiß.
Kehbein 196; hilligsgüler (guter als mitgifl). weislh. 2, 237 (llunds-
rück, V. 1647); in Oberhessen hilch und ilch, die ehebercdung.
ViLMAR 168, der auch aus der Wormser rcformation 1501 bl. 138'
das compositum hiulichsberedung anführt; die nasalierte form
auctt sonst mehrfach: den henlich zuschin zwein machen.
MoKE zeitschr. 19,06 (i-. 13S9); in den hionlichsbriefcn. Vrankf.
ref.3,3 §3; auf den hienlichslag oder bernachcr, doch in alle
weg für ihrem ehelichen kirchgang und beilager. 3, IG § 2.
HIELIG, adj. für bieig, hiesig: drumb komt manche seele
berwieder, lasset sieb in menschengeslalt sehen, begehret
disz oder jenes, vermeinet also der hieligen seegcn zu ihier
ruhe zu erlangen. J. Bübme 40 frc^n von der seelen ursland
29, 9 5, 116.
HIEMIT, adv. neben hiermit (wie damit und darmit 2, 704
neben einander gehen), mit diesem, auf ein in nächster nähe eines
spreclienden befindliches ding weisend.
1) auf ein beisammensein oder ein zusammenfassen , unter
hervcrhebung einet letzten gliedes aus einer reihe von dingen, deutet
es nur in wenigen formein: bic mit gott bcfolhen. 2 ü/ucc. 1 1 , 20 ;
so wil ich nu biemit itzt dis buch beschlieszen. 15, 38 ; und
(bun mich also biemit ... zu deinen günsten befehlen.
Amadit 9; ime biemit crzelcnde, wie er aufm mcer ... in
einem trüblin gefunden, t. 50; auf das dabeisein eines gegen-
ständes, seinen passiven anUteit an einer Verrichtung : darumb die
Elisena fragt, was sie biemit {mit einer tiuhe) machen wtdie. 20.
2) auf ein mütel oder ein Instrument deutend: der sol sich
hie mit {mü der atclic des sündupferi) entsdiidigcn. 4 Mos.
19,12; und Zedekia der 8on Cnaena halte im eisern borner
gemacht, und nprach, . . . liie oiit wirttii die Syrer stoszen.
1 kün. 22, 11 ; o goll, wie baslu disz frttulin mit solcher ausz-
bfladiger und (ürlreflicbcr scbOnbeil begabt, uiicb unglück-
seligen bicnnt durch griiste pein irer lieb zu plagen. Amadis
49; will e. k. m. ich sie biemit aller underthanigst geschenkt
haben. Zinkcref apophtli. l, iss ; biemit wird angcdeulel (fabula
docct). Lokmans fab. 3; biemit wird zu verstehen gegeben
fab. 5;
kan ich euch guts und liebs ben-cisn,
so .sei es euch hiemii vcrheisn,
da:iz ichs warlich will gar gern tlian.
J. Ayuer 101" (SOI, 28 Hrltrr).
3) biemit als conjunclion, wie damit (7, thcil 2,706): gnlle
befiirderung thun. hiemii wir gesandten auf die nbergelione
politische punkten fördersambst beantwortet werden. Verhand-
lungen der .';chles. fur.<iten u. stände vom j. 1619 i. 203.
HIENACH, adv. neben hiernach, nach diesem:
1) auf den ort bezogen: wie hicnach geschriben slat. «i*.
des grafcn Philipp des Jüngern zu Riiieck von 1467; mit abge-
schwächtem sinn des hie: und bedunkt mich das best, dasz
ihr all die ritter, so ir antreffen, wendig machen, dieweil, ob
schon dem könig mit viel leulcn sol geholfen werden, schon
mehr hienach sein, denn nicht von nölen ist. Amadis 379.
2) auf die zeit bezogen: eins tags hienach ist er wol gerügt
und wol beritten ausz seinem scblosz gezogen. Amadis 27(».
3) grnnd und Ursache bezeichnend: also bin e. g. ich gegeben
und zugestelt worden, und habe deszbalben mich hienach für
den ewern gehallen. Amadis 55. — von hienach ist unterschieden
hinnacb. s. d.
HIENACHST, adv. der supeilaliv des vorigen, gewöhnlich in
zeitlicher bcdeutung :
weil ich noch hin in diesem leben,
hienehst wird goti ein besser« geben.
II. Waldis Esup 1, 18, 40;
es war hienächst ein geplauder in der stadt. Hippel 13, is.
HIENEßEN, adv. ältere form für hierneben, yewOhnlicJi in
dem uneigentlichen sinne überdtesz, zugleich, nebenbei {wie da-
neben 2, th.2, .t/). 724): ich hdb gewiszlich, anlwort Gandales.
disz Otts keinen zweifei , bitl euch aber hieneben , desz
armen ..Jünglings eingedenk zu sein. Amadis 37; e. I. haben
mich . . der schon so hoch verbunden . . aber hieneben bitt
ich dieselb also. s. 260; bieneben aber ist wol zu merken.
Kirchhof wcndunm., vorrede.
HIE.\ERN, verb. heulen. Wucke sagen der mittleren Wenn
1, US. das worl gehört zu heinen sp. 886 und der dort ange-
führten sippe.
HIEMEDEiN, adv. hier unten: ob die nacbpuren am berg, . .
deszglichen die hie nyden an einer hochzyt zwen som wins
schanktint. weisth. 1,238 (St. Gallen 1469); der alt graf von
Japhet bleib bienieden mit den schützen. Aimon bog. Ciij;
bie nidden auf erden ruffe ich zu dir, wenn mein herz in
angst ist, du wollest mich füren aufm hoben fclsen. ps. 61,3;
mit abgcblaszlcr bedeutung des hie: das ein narr sitzt in groszer
wirde, und die reichen bie nidden sitzen, pred. Sal. 10, 6.
von allen zeiten her wird aber bienieden auch auf diese erde im
gegensatze zum himmel bezogen:
aiid. daj got wer üf dem himili
sam giwaltig sami hi nidini.
MÖI.LEMHOFr U. SCBKRRR (. 101, 1, 12;
nhd. wir werden . . . weggeruckt gen himel , und alles hie
nidden lassen. Luther 0,269'; und in diesem sinne ist das
wort auch der neuern edleren spräche eigen geblieben, ohne da^:
eine form hiernieden {s. d.) anders als höchst selten dafür ge-
braucht wäre: die laufbahn, .. die uns bienieden angewiesen
ist. WiELANo 3,494 (412); du bist ein thor, du suchst was
bienieden nicht zu finden ist. Göthe 16,12; die die chnrnde,
die uns bienieden üngstigl, in ihrer nackten blüsze darlegen
würde. Tieck 3, 0;
allein, wie seilen giebi auch jemand sich bienieden
den quellen nachzuspAhen müh! Wiilahd 9, 133 (115);
der du mein brudet warst, als du bienieden
Doch unter staubhawuhnnrn giengst. J. M. Mili.cr f/rrf. 15.
dasz du wirest gestorben, so könnt ich mit äugen der sohnsucht
droben suchen dein bild, das ich bienieden verlor.
IIÜCEKRT 26<.>;
holTnung wohnt hei sterblichen bienieden
und bei todien wohnt im gr.ihi) frieden. 325;
so viele bienieden
von nah und von rem,
sie preisen den IVieden,
sio loben den herrn. Platkn 2.
HIKNIEDEK, adv.: derhalbcn weil bio solch gros ding
angeboten und gegeben wird, das wir gott sainpt Chrisio.
allen engein und heiligen zu freunde, multcr und brQdern
1313
HIEOBEN — HIER
HIER
1314
liaben. . . sol es uns je willig und frölich machen, darüber
zu lassen, was wir haben, vater, mutter, oberkeit und kinchen-
gehorsam bleibe hie nider im vierdten gebot, darüber sol
alleine gottes wort und gehorsam schweben und walten.
Luther 4. 455';
da verhiesz raan allen s ewig leben,
die von des heiligen glaubens wegen
in solchem streit hieuider legen.
Fischart diciuungen 2,356, 93S Kurz.
HIEOBEN, ade. neben hieroben : dazumal vermeldt er . .
die verlaufen bandlung zwischen dem Amadis und Arealaus,
wie ihr jüngst hieoben verstanden. Amadis 232 ; das schiff,
Ton dem erst hieoben geredl. 401 ;
könnt also ir {flöhe) zu hofT nichts gwinnen,
gleich wie hi oben auch die spinnen.
Fischabt dichinngen 2,97 Kurz {fiöhntz 3672).
HIEPE. s. hippe.
HIER , adr. hie, an diesem orte. golh. alts. ags. altn. her,
allnfr. hier. ahd. hiar, hear, hier, mhd. hier, eine form die gegen
das getcöhnlichere hie sehr zurficJitrilt. die letzlere (s. sp. 1305)
vt noch bis ins \6. jahrh. die gebräuchlichere, nie sie bei Lcther
immer steht; erst nachher beginnt die alle form hier wieder vor-
zudringen, um seit dem iS.jalirh. die entschiedene oberherschaft, in
der heutigen Schriftsprache die alleinherschaß zu gewinnen, hier
hat, tcie hie, die bedeutungen
1) an diesem orte, auf die nächste nähe eines sprechenden be-
zogen, unter welcher aber eben so giä eine stelle, ein ort wie eine
ganze landstrecke und selbst ein land begriffen sein kann : hier
wollen wir halt machen ; bleiben sie einige tage hier, die Stadt
wird ihnen gefallen; hier umrahmen berge einen stunden
breiten thalkessel; hier, sagte Julie, ßngt der schlechte weg
an. Göthe 21. 166;
hier hält das opferthier ermüdet still. Lkssinc 2, 2S4;
dieser mann hier ist bereits ein greis; das land hier ist
wenig fruchtbar; diesz haus hier (worin vir sind) sei ihnen
verschlossen. Kläger 1,390;
so ist das feld hier rein. Lkssisc 2, 275;
das hier soll sogleich
Al-HaQ zu sich nehmen. 'Mb;
hier ist ein apotheke, darinnen rechte sinnen,
sich an gesundheit bessern, fnr krankheit fristen künnen.
LocAU 3, IM, SO (buclier-zimmer);
hier modert Niuilus, jungfräuliches gesicbts. Ldtssmc 1,11;
hier lieget, die Beate heiszen sollte,
und lieber sein, als heiszen wollte, s. 27 (grabschrifl).
Mit näherer Ortsbestimmung, theils mit adverbien der bewegung:
hier herauf kommt niemand; hier herunter geht der weg;
Iheils mit solchen und Substantiven der ruhe: hier im thale;
weibgen. ihr habt mir genug gesagt, hier after mir kommen
meine mitgenossen, sagt denen auch etwas. Zinrcref apophth.
2,60; hier am orte. Güthe 27, 7S; hier herum (vgl. herum
sp. 1176); nahm von krüinern und kaufleuten rückwärts mit
was uns hier oben fehlte. Güthe 21,24;
hier unter diesem grünen laube,
seht, welch ein stock: seht, welche traube .' 12. tl7;
hier — hier — auf diesem heiligen altare,
im herzen seiner königin leg ich
mein letztes kostbares Vermächtnis nieder,
hier find ers, wenn ich nicht mehr bin.
Schiller Knrlos 4, 2! ;
ob seine mutter hier zu lande nie
gewesen sei? Lsssine 2, 314;
vergt. unten hierauszen, hierinnen, hierlandes. hier auf eine
stelle einer schrift, eines buches, einer rede bezogen: hier steht
es gedruckt; doch wir wollen hier schlieszen. Moser palr.
phant. 1, 212;
o, rief ein reiger, das ist schnöde,
wir fangen unsre kost mit müh,
ein fauler schlemmer speiset sie.
hier fiel der platea (yrlikan) ihm trotzig in die rede.
Lichtweh fabeln 2, S;
geschrieben steht: im anfang war das wort!
hier stock ich schon! wer hilft mir weiter fort?
Göthe 12. 66.
hier bei einem befehle: Teilheim auf den beutel weisend, den
Werner weggeworfen, hier. JustI hebe den beutel auf. Les-
si:tc 1,601; bei einer darreichung: hier, nimm!; hier, halte
mir das einmall; hier ist geldl Lessing 1,596; sie nehmen
ihn (den ring) wieder? o, so bin ich glücklich! hier, Minna!
598; hier ist ein heispicl: der künig Tato kriegt mit dem
Hernlerfflrst Rudolf. Gervimus gesch. d. d. dicht. 1,27; hier
lolgt denn also das Schmerzenskind, denn dieses heiwort ver-
IV. II.
dient Iphigenia. Götre 27.254; hier übersende ich meine
gestrige Spielschuld. Rabe:<er sat. 3,64;
nimm die versichrung hier in diesem buche {ihm das brevier
fiberreichend). Lsssrne 2, 361 ;
hier vorläufig
zwei Worte von der königin. .*:cHn.tKR Karlos 4, 5.
Witt hier antwortet ein gerufener:
Thaies, wo bist du Proteus?
Prolews {bauchreänerisch, bald nah, bald fern), hier! und hier!
Göthe 41,167.
2) mehrfache Stellung des hier: hier ist eine fuszspur. hier
wieder nicht; was aber die aufmerksamkeit des wanderers
am meisten erregte, waren farbige, auf die wand gemalte
bilder, die unter den fenstern in ziemlicher hohe, wie tep-
piche, um drei theile der capelle herumreichten . . die ge-
mählde stellten die geschichte des heiligen Joseph vor. hier
sah man ihn mit seiner Zimmerarbeit beschäftigt , hier be-
gegnete er Marien . . . hier wird er getraut; es folgt der
englische grusz. hier sitzt er mismuthig zwischen ange-
fangener arbeit. Güthe 21.15; hier reicht sich ein paar die
bände, hier scheint ein vater, auf dem sopha ruhend, von
der familie unterhalten zu werden . . . hier ist ein gehar-
nischter mann. 27, 63. In diesen fällen hat hier nicht eine ver-
blaszte bedeulung und könnte nicht mit da tauschen, sondern das
öftere hier mll den oft getcechselten Standpunkt eines sprechenden
scharf zeigen.
3) der gegensalz von hier ist da oder dort (zahlreiche beispiele
s. Iheil 2, 1306) :
die göttin bebt, erblaszt und glüht
vor so gefahrlichen gedanken ;
und wenn sie dort die nelgung zieht,
so macht sie hier die klugheit wanken.
\Viela;«d 10, 154;
hier eine nackte Lede,
dort vater Zeus mit ihr als schwan
in einer liebesfehde (gemälde in einem saale).
HöLTT 25 Halm ;
sieh da! sieh da, kam rechts und links
ein reiter hier, ein reiter da. Borger 70';
hier innen brüder alle,
da drauszen herr und knecht. UHLAnD ged. 105.
Ein entfernterer ort wird auch anders angedeutet: unsere feind
haben mich zu meinem glück getrieben . dann ich daheim
vieleicht nimmer so hoch, als hier kommen were. Zisrcref
apophth. 1. 204.
Die Verbindung hier und da, hier und dort in unbestimmtem
sinne:
falsch gebild und wort
verändern sinn und ort!
seid hier und dort! Göthe 12, 117;
hier und da. älter hier und dar. namentlich will eine erslreckung
über einen gröszeren landslrich andeuten (rgl. hie sp. 1305), geht
audi in die zeitliche bedeulung dann und wann über: seine er-
langte Wissenschaften hier und dar glücklich anzubringen.
Fehenb. 1,17; dasz er etwan hier und dar gute günner er-
wecken werde, das.;
ein banges ach um dich,
das hier und da ein freund bei stillen thränen stöhnet.
Lrssi5c 1, 94.
4) hier, auf dieser erde, in diesem leben, jenes leben wird
oft ausdrücklich oder durch dort in gegensatz gesleltl : wann es
ihm Her alles bezahlt würde, was er dann in jenem leben
zu gewarten haben wolle? Zirkgref apophlhegm. 1,252;
hier übt die tugend ihren fleisz;
und jene weh reicht ihr den preis. Gellbrt 2, 228;
hier kann der mensch nie frei von pein,
nie frei von eigner Schwachheit sein, das.;
hier such Ichs nur, dort werd ichs finden. 229;
sie zeitlich hier, sie ewig dort zu retten.
Lessing 2. 292.
5) hier in abgeblaszlerer Stellung, nicht sowol auf den ort, als
auf fall, läge, umstände, Verhältnisse bezogen, namentlich auch bei
enlwickelung und darstellung von gedanken und sddüssen ver-
wendet : zum vierdten sagte dieser . . . ButvTolambius : ich
habe eine scurrilische art zu schreiben, ich frage hier alle
unpassionirte gemühter. ob dieser Butyrolambius . . . hierin
nicht rede als ein scurra? Schcppius öS."»; ihr erzehlet mir
hier ein rechtes Sardanapali epilaphium. Zinkgref apophth.
1,1S9; mit einem worte, es ist hier (bei einem processe) etwas
zu verdienen. Raiie!«er sat. 3,54; ich habe diesen cingang
etwas ernsthaft abfassen müssen, weil ich hier mit einer art
leser zu thun bekomme ... 36; der inhalt eines buchs ist
ja sein sinn, und chemische analyse wäre hier analyse von
83
1315
HIER
HIER AB — HIERDURCH
1316
lumpen und druckerschwärze. Lichtenberg 5 (1803) 171 ; heute
soll ich scheiden, sprach er, und von der trefflichen frau . .
meine letzten auftrage erhalten, hier nun liegt mir etwas
auf dem herzen, auf dem ganzen innern sinn, worüber ich
aufgeklärt zu sein wünschte. Güthe 21,190; wie aber nun
die einführung des allgemeinen und directen Wahlrechtes
bewirken ? und hier blicken sie auf England ! Lasalle offnes
anlwortsclireibcn (1863) s. 37 ;
der Judo ma^estät? der Pallas würde? — nein!
die flöszen nichts als ehrfurclit ein;
ein stärkrer reiz wird hier den ausschlag geben müssen.
WlKLAND 10, 13!);
gesteht, dasz die geTahr
nicht allzu klein für eine spröde war!
das sicherste war hier — die äugen zuzumachen. 149;
nun, verstehn wir uns nur recht!
hier giebts zu unterscheiden! Lessinc 2,210;
aber laszt uns länger nicht
einander nur erweichen, hier brauclits that! 325;
es ist unköniglich, zu weinen — ach !
und hier nicht weinen, ist unväterlich ! Schiller Iphig. 2, 4.
6) hier zeillich: die nächsten 12 jähre von hier an. Gotter
3, XXXIII ;
allzuweit ist nicht von hier, bisz der tolle schandenwinkel,
drinnen blinder willen herrscht und ein tauber eigendünkel
rüblt den letzten donnerschlag. Logau 1, 180, 61 ;
der unter zehnen vor (zuvor) in gunstcn war der einer,
wird unter zehnen hier in gunsten bald ein keiner.
2, 150, 52 (kofegunst).
7) hier substantiviscli :
ob es gott geliebt, war der beste handel,
dasz sich hier in dort, ehstes Trölich wandet.
LoGAU 2, 123, 21 ;
hier und dort sind brüder zwar,
doch ein ganz verkehrtes paar.
hier, führt wieder dort viel krieg,
doch behauptet dort, den sieg.
jeder musz in diesen zii^;
wer dem dort dient der ist klug;
dort, belohnt mix lauter gott,
hier, bezahlt mit lauter tod. 1, 55, 26;
und macht zum hier das schöne dort. Platew 28.
auch in fällen, wo hier nach praeposilionen sieht, kann es sub-
stantivisch aufgcfaszl werden: es geht über hier nach Leipzig;
er ist nicht von hier; noch mehr aber wünschte ich, dasz
sie sie bereden könnte, mit auf hier zu kommen. E.C. König
bei Lessinc 13,292; sie wären schon unterweges auf hier.
dieselbe, s. 311.
8) wenn hier tu Verbindung mit advcrbien der bewegung wie
heraus, hinaus, herein, hinein, herunter, hinunter «. ähnl.
sieht, so wird es deswegen nicht selbst ein sokhes, sondern deulel
nur die slelle an, wo die bewegung einsetzt oder abschlieszl : wollen
ihre excellenz nur die gnade haben, hier herein zu treten.
Lessing l, 600 ; gleiche bewandtnis hol es mit dem compositum
hierher {s. d.), für das übrigens auch getrenntes hier — her steht:
hier bringt den Juden her, so bald er kommt. 2, 269.
In den allniederdeubchen quellen galt die Verbindung golh. Mr
quiman, ags. alls. h4r cuman , allnfr. hier cuman, wo Mr,
hier sonst unserm hier entspricht (sp. 999). der gebrauch isl
nicht oberdeutsch (ahd. ht-ra queman); das adverb will aber auch
nichts als endpunkt und ziel der bewegung bezeichnen, in Nord-
deulschland lebte die Verbindung weiter (vgl. komnieD 11,4 th. 5
tp. 1636) :
komstu hie mit kreuz belnden,
setze dich nieder auf beide knie.
inschrifl nuf einem bilde den h. Anton vor Münster
[bei laHRRHANN gfd., Hamm 1822, (. 8);
und deutsche schriflstelier dieser heimat führen sie in die schrift-
tf/rache ein:
dich reich zu machen, komm ich hier. IIacrporn 2, 71 ;
komm, küKter, hier! komm mit dem chor,
und gurgle mir da« brautlied vor! Bürcr* H*;
tata! geiindel hier! komm hier! 15*.
mit autlatsung des verbums beim rufen :
he, Al-Hafl! hier! Lctstno 2,212;
Patriarch {indem er näher kommt, winkt dem bruäer). hier!
299;
hier, mein söhn ! 301.
Görat hol tie ach angeeignet:
geielle dich zu unn! komm hierl 12,63.
9) M den narhslehenden zutammensctsungen bestimmt liier das
ftifndl adverb derart, da%z entweder der in ndchstrr brzirhung
M ti»tm $fnekenden riehendc ort (nach hier l, in hicrauRzen,
kiciM, UmMbea «. i. ».), oder auch die auf den aäverbial-
begriff sich zunächst beziehenden Verhältnisse, ursadten, umstände,
Zeitabschnitte {nach hier 5 und C, in hierab, hierauf, hiernächst
u. a.) angedeutet werden.
HIERAB, adv. von hier aus, aus diesem gründe, deshalb:
hierab hatt der Junker solches mitleiden. Amadis 59 ; hierab
verwundert sich Amadis und die andern heftig. 265; er-
schiacke hierab so hart. Lazariüo de Tormes 83. auch wie
hieran 2 : hierab (dasz er als burgemeister steif über den geselzen
hält) tuht er sehr wohl. Butscuky kanzl. 495.
HIEHAN, adt'. l) auf eine örtliche nähe und berührung be-
zogen, an dieser oder an diese stelle: wir sahen ein haus, hieran
angelehnt ein kleineres zweites; lehne den stock hieran {an
diese wand), sprichwörtlich : er vvil hieran noch feder rupfen.
SCHOTTEL 1117'.
2) auf Verhältnisse und Sachen gewendet, an diesem, mit diesem:
hieran unvernügt (hiermit noch nicht zufrieden). Amadis 271;
fürwar, antwort der könig, e. 1. thut mir hieran besonder
anmutig und dankannemend wolgefallen. 314; eu. I. handeln
hieran ganz unbesindt. 373; wir wollen uns hieran nicht
begnügen. Kant 8, 92.
HIERAUF, adv. l) ör(/ic/i, auf diese stelle, hier herauf: hat
dich der teufel hierauf getragen, so führe dich unser herr-
gott wider herab. Zinkgref apophth. 2, 73.
2) gewöhnlich die nächste Zeitfolge und fortgang einer erzählung
bezeichnend: hierauf, und damit der künig etwas sicherer den
auszgang dieses streits sehen künd, verschlüge er sich ein
wenig ferner in den wald hinein. Amadis 14; hierauf seine
underthanen ... in groszer anzal erschienen. 31 ; hierauf
liefen sie alle. 39 ; hierauf sein underschiedlichen fürsten die
äugen übergangen. Zinkgref apophth. 1,120; Philine und die
mädchen kam bald hierauf mit lachen und lärmen herein.
Güthe 18,186.
3) antwort, beschlusz einleitend: hierauf weisz ich nun ...
disem anders nichts zu antworten. Amadis 8;
hierauf verabschieden wir das,
dasz man in alle hilf versag.
J. Atbkr 150* (753, 20 Keller).
HIERAUS, adv. 1) örtlich: hieraus steigt rauch; hieraus
quillt Wasser; hätte man den kindern alles angehängt, so
gehe es so, eins laufe hieraus, das andere dortaus, zuletzt
komme man dem heiligen bettel nach. J. Gotthelf leid. u.
freud. eines schulm. 4, cap. 3.
2) auf eine Ursache, einen grund weisend: hieraus allein
köndte man die Unsterblichkeit der seelen abnemmen. Zink-
gref apophth. 1, 73 ; als hierausz ein offener krieg entstund. 179.
3) forlgang, gedeihen einer sachc angebend : hieraus kann noch
etwas werden ; hieraus wird nichts.
HIERAUSZEN, adv. auszen und hier:
möchte gern was rechts hicrauszcn lernen. Götbi 12,93.
HIERBEI, adi'. (neben hiebci sp. 1307),
1) örtlich, bei dieser slelle: ich sperrt sie ins beinhäusel
nahe hierbei. Götue 42,185; in dem gewölbe hierbei . . .
ist ihre ruhestatt. 188; G. wo ist mein pferd? zigeun. hier
bei. 151. bcglcilung andeutend; in briefcn und auf solche be-
züglich, sclireibt man oß hierbei schicke ich ein paket; hier-
bei folgt ein Wechsel.
2) auf verlidltnisse und umstände bezogen : hierbei isl billich
auch anzuheften , was von dieser unserer sprach der edel
und hochgelehrt geschichtschrciher Lehmann . . . gedenkt.
Zinkgref apophth. 1,295; wann aber die herrcn ein sonder-
liches extraurdinari panqiicl anstellen wollen, so suchten sie
hierbei was zu linden war. Sciiüpmus 104;
ehrwiirdger vnter, was w-ir hierbei wohl
zu thiin? I.ESMMG '.>, 301.
HIERBEINEBEN, adv.:
Ia!<zt den tag euer sein und denket hierbeinehpii.
W0.1 man ihm anderweit itit wird für ehre geben.
Fi.KmrtG I. '),'), 33 /wi;i;icn6. ;
drum will ich andre klagen
und hierbeineben auch von meiner Schwachheit sagen.
45«, 5. 13.
HIERBLEIBEN, n. der tubslanttvvich gesetzte infinUiv hier
bleiben. Klinckr 1,466: sein hierbleiben gilt jetzt für aus-
geinnrhl.
HIERDURCH, adv. {$. hiedurch tp. 1309),
1) örtlich, durch diese ddUe: hierdurch geht der weg, nicht
dadurch.
2) causal und instrumental : leget diese keinnUt/ige ire hilnd
iu seine wunden, damit sie ihn hierdurch bald zum tod hin-
1317
HIEREIN — HIERLÄNDIG
HIERLÄNDISCH — HIERÜRER
1318
richtet. Amadis 58; pflegen sich auch über keinen weiber-
pracht zu verwundern, als die hierdurch nur suchen den
männern zu gefallen. Zinkgref apophtli. 1, 40.
HIEREIN, adv. l) in diesen ort : sein wir gezwungen worden,
ihn wiederumb hierein zu füren. Amadis 271 ; der alte ritter,
der euch hierein gefürt. 245.
2) bezogen auf Verhältnisse, entsMüsse : bierein Jasze ich mir
nicht reden; wann ich hierein sprechen solle. Stmpi. 4,244
Kurz.
HIERFÜR, adv. neben hiefür sp. 1309: hierfür kann ich
nichts; hierfür gibt es kein mittel.
HIERGEGEN, adv., neben hiegegen 5p. 1310,
1) Örtlich, an dieser stelle: es wäre hiergegen der treue
Eckardus. Schcppiüs 754.
2) gewöhnlich einen gegensatz zu etwas andeutend: hiergegen
liesze sich vieles sagen ; hiergegen läszt sich nichts ein-
wenden ; hiergegen ist der verlust gering.
HIERHÄCSZEN, adv. (aus hier-hie-auszen): hierhauszen ist
es wild und trüb, die wölken liegen der erde und dem geiste
schwer auf. Göthe an frau v. Stein l, 368.
HIERHER, adv. an diesen ort: komm hierher!; hierher
uuiszt du treten, nicht daher.
HIERHEREIN, adv. wird manchmal zusammengerückt für hier
herein (s. hier 8 sp. 1315) geschrieben.
HIERHIN, adv., der gegensatz von dahin : hierhin muszt du
sehen, nicht dahin.
HIERHINTER, adv. gegensatz von dahinter: hierhinter führt
kein weg.
HIERIN, adv. l) an diesem ort, an dieser stelle: so würdet
man doch hierinn {im buclie) soviel ritterlicher und lustiger
thaten . . . finden. Amadis 11 ; darauf zeigt sie im den zeit,
und sagt: hierinn mögt ir mit im reden. 236; zeigt sie im
i-in schön schlosz, und sagt: herr, hierinn vverd ir finden,
Jas so ir begert. 269;
hierin vindt ainer mangen guten schwank.
Keller alte gute schwanke s. 9.
2) auf Verhältnisse, umstände, ereignisse bezogen : der bewert
hierin und rechtschafifen erfunden ist, der wird billich ge-
lobet. Str. 31, 10; wol dem, der sich hierin {in der lehre) übet.
30,30; denn hierinn ich mich glückselig achten . . . wolt.
Amadis 18; doch hielten sie sich hierinn also heimlich, dasz
keines dem andern sein bulerische anfechtung entdecket. 4";
die wolle mir hierin . . stattliche hilf und beistand erzeigen.
52; wann er dem bruder nur hierin willfahrete. Zinkgref
apophth. 1,149; sagte dieser . . Butyrolambius : ich habe eine
scurrilische art zu schreiben, ich frage hier alle unpassio-
nirte gemühter, ob dieser Butyrolambius . . hierin nicht rede
als ein scurra? Schuppids 583; unsere vorfahren sind hierin
klüger gewesen. Müseb palr. phant. i, 214
HIERINNE, adv. nebenform zum vongen : und hierinne {in
dieser hinsieht) musz ich loben der Holländer prudenz. Schüp-
pius 93 ; so ist er doch deswegen zu tadeln, dasz er sich
so schlechte Vorbilder gewühlt hat. doch hierinne entschul-
digt ihn genugsam die damalige einrichtung des lustspiels.
Lessing 3, 130.
HIERI.N.\EN, adv. für hierin, l) ürüieh: dämm lasset uns
in {den junker) diesen abendt zurüsten, und in der kirchen
hierinnen bereit enthalten. Amadis 56 ; register der tractätieln,
so hierinnen begriffen. Schlppiüs, Inhaltsangabe; man erlaube
mir aber, das ferne fenster dort zu öffnen, die luft ist schwül
bierinnen. Tieck nor. kränz 4, 383.
2) auf zustände und Verhältnisse bezogen: sol ich euch loben?
hierinnen lobe ich euch nicht. 1 Cor. 11,22; und mein wol-
meinen hierinnen gebe ich, denn solches ist euch nützlich.
2 Cor. H, 10; zweifei ich nicht, sie würden etwas bescheidner
bierinnen verfahren. Schoch stud. leb. Aiij; ich bitte euere
amplitudinem (euer weitläuftigkeit) wollen mich hierinnen
nicht verrathen. Schüppics 545; da {im papstthume) ist ein
häufen wachen, opfern, seelmessen, walfahrt, und dergleichen,
aber sie thun hierinnen nicht den willen des vaters im himrael.
610; hierinnen bestärkten sie sich. polU. slockf. 294.
HIERLANDES, adv. hier zu land (s. hier 1 sp. 1313) : hier-
landes war gar kein fester brauch noch sicheres gesetz. Abndt
leben 92 ; in getrennter Schreibung :
und wird die sonne, die hier lands uns schimmert,
in andern lonen ohne flecken sein? Bli-iairr 1,8.
HIERLÄNDIG, adj. hier im lande befindlich, oder daher ent-
sprossen: die schlesischen stände im j. 1740 trollen das übliche
wiegenband {ein gesclienk) einsenaen nach geendigten hierlän-
digen misslichen troublen. Grlsh.^gen Friedrich d. gr. u. die
Breslduer in den j. 1740 «. 1741, s. 145.
HIERLÄNDISCH. adj.,vne hierländig: hierlündische erzeug-
nisse; hierländischer tabak. «. hieländisch.
HIERMIT, adv., vergt. hiemit sp. 1311: befehlen auch kraft
dieses hiermit. Schuppids 570;
tempetherr {einschlagend) . . . hiermit empfange mehr
als du mir nehmen konntest, ganz der deine!
Lesswg 2, 30«.
in der form biermitte:
nicht, dasz wir dir vorzuschreiben
uns hiermitte nehmen für. Fleming 365, 38 Lapjienb.
HIERNACH, adv. neben hienach sp. 1312, nächste folge, rich-
tung bezeichnend: voran ritten bewaffnete, hiernach der feld-
herr; hiernach lasset uns streben; hiernach folgt, dasz wir
uns vor ihm hüten müssen; zeillieh: der hausheiT, mit dem
er sich über diese gegenstände freimüthig unterhielt und hier-
nach dessen gunst immer mehr zu gewinnen schien. Göthk
21,117.
HIERNÄCHST, adv. (neten hienächst q>. 1312), entweder die
zatfolge ausdrückend: hiernächst bemühe man sich, die älteren
Wortfügungen und redensarten nachzuahmen. Bt^BGER 137';
ich komme, gnädiges fräulein , ihnen einen unterthänigea
guten morgen zu wünschen .... hiernächst komme ich zu-
gleich . . . Lessing 1,529;
zwar kömmt das beste noch. — der patriarch
hiernächst hat ausgegattert, wie die veste
sich nennt. 2, 220;
oder eine grundfolge: nichts nöthiget hiemächst den dichter
sein gemählde in einen einzigen augenblick zu concentriren.
6,392; die besorgnis des Corneille ging hiernächst zu weit.
7,132; in örtlicfier bedeutung führt Adelung auf: er wohnt
hiernächst.
HIER.NEBEN, adv., ttie hieneben sp. 1312, örtlich :
hierneben lag ein keller
so voll von köstlichem wein. Göthk 1, 103;
und es brannten die straszen bis zu dem markt, und das haus
war
meines vaters hierneben verzehrt, und dieses zugleich mit.
40, 2iO.
auf eine Sache bezüglich: hierneben komme ich, um eine nach-
frage zu thun; und da .. sich auch hierneben ermeldter rath
zu Naumburg erkleret. der Stadt Leipzig Ordnungen (1701) s. 29.
HIERNIEDEN, adv. die seltene form ßr hienieden 5p. 1312 :
und wenn ihm noch beliebt,
hiernieden unter uns zu wallen. Lessiüc 2, 197 :
nicht welket der kränz mehr,
der uns geworden: denn seht! er keimte hiernieden, und blühet
unvergänglich fort in den hehren gefildet^des himmels.
Ptbker Tunis. 12,713.
HIEROB, adv. ob diesem, über dieses: der misfallen hirob
{dasz man sein wort nicht gehalten). Bltscbky kanzl. 115;
wer jauchzte nicht hierob? Hallmaü!« Theodorich s. 9.
HIEROBEN, adv. neben getrenntem hier oben (s. hier 1,
sp. 1313): hieroben in der alten bürg.
HIERORTS, adv. hier am orte, gebildet wie hierlands o6en;
hierorts bestehen noch alte brauche.
HIERSEIN, verb. der siü)stantiv gesetzte mßnitiv hier sein
bei meinem hiersein geschah das nicht; sein hiersein hatte
wichtige folgen.
HIERSEITS, adv. hier auf dieser seile: bierseits ist nichts
nachtheiliges über ihn bekannt; {ein acker) gelegin in der
nyderauwe hiersite der Layne {Lahn) gen Gunsze wert {wärts).
Niederweiseier urk. von 1362.
HIERSELBST, adv. Verstärkung von hier, icie daselbst, dort-
selbst als Verstärkung von da und dort auftreten (s. th. 2, 807.
1309), und zwar erst seit der nüid. zeit: das früheste beispiel
für alhie seihest steht passional 225, 4 Hahn, hierselbst hie
Stiei.er 2003.
HIERCBEN, adv. hier über einem Zwischenräume hinweg, vgl.
hüben aus hie üben : weret hierüben in Lämmerbacb. Fr.
Müller 1,274.
HIERÜBER, adv. l) ü6ct- diese stelle: hierüber müssen wir
gehen.
2) abstract auch auf die stelle eines buches, auf einen aus-
spruch, befehl, gedanken bezogen: hierüber musz ich ernstlich
nachdenken ; doch sollen sich hierüber {über die außebung des
inlerdicts) die Juristen bei ihren eiden entschlieszen. Wdrstisen
Basler chron. (1580) s. 209; auf eine frage: die Elisena aber
kondte ibme hierüber nichts antworten. Amadis 16; gab die
83*
1319
HIERUM — HIERZU
HIERZWISCHEN — HIESIGKEIT
1320
herzogin hierüber zur autwort. Zinkgref apophllt. 1,155; auf
eine vcraulassttity, ursaclie: hierüber musz ich mich freuen;
hierüber trauerst du?; es begegne mir gleich iiierüber, was
immer wolle, ... so wil ich eucli die Wahrheit anzeigen.
Amaäis U ; ich ward hierüber ein wenig lachend. Fleming 84
Lappenb.; auf eine seitfolge, im sinne von nächst dem, atiszerdem:
Iiierüber haben sie noch hierzu gehult, dasz Muses . . eine
ührine schlang hat aufgericht. bienk. 140'.
.HIEKL'M, aäv. l) in bezug auf einen ort: ich will meine
schätze aufthun , die ich hierunib vergraben habe. Simpl.
4, 308 Kurz ;
vor den thoren der Stadt liebt einsam in dem gelilde
sich ein hügel empor, uni;;elibar hierum und dortum.
RÖRCKR iü4'.
mit neckischem anklang an die bedeutung 2: hierum und darum
— gehen die gjinse barfusz. Simrock spricinc. s. 250.
2) I« bezug auf veranlassung, Ursache, grund: hierum gräme
ich mich nicht; bekümmere dich doch nicht auch noch
hierum; hierumb ist vatter und mutter, in verheiraten ihrer
kinder, allermeist zu sehen, dasz sie gleicher art und gemüter
seien. Agr. spr. (l560) 101"; hierunib denn mein gnedig ge-
sinnen und beger mir hierinn ewerm vermügen nach, httlf
zuerzeigen. AmadislS; das gab inen noch mehr Schreckens,
dieweil sie mit frischen und geruheten leuten zuschaffen . . .
und hierumb iieng der niehrertheil under den Franzosen an
zu wanken. 95 ;
hirumb so gebt urtail zu stunden, fasln, sp. 177, 10;
hierum singt Fama falsch von anstand und von friede.
LoGAU 1, 3;
1« bezug auf bitte und dank: besonder erkeckt die Oriana
hierumb anzusprechen. Aniadis 54; hierumb bedankt sich der
junkher ganz underthenig. 55.
HIERUME.N, aäv.:
soll man dann am himmel sehen
was hierunten soll geschehen? Louau 2, 150,54.
HIERU.N'TER, adv. l) örtlich: hierunter führt kein weg;
stellen wir uns hierunter, der bauin wird uns decken.
2) bezogen auf eine äuszeruny, andcutuug, meinung : als sie
nuhn derenlhalben ein mahl von einer nonnen gefragt wurde,
wen sie hierunder verstünde. Zinkgref apophlh. 1,155; auf
eiiu Ihdtigkeit, einen anlasz {s. darunter 2, th. 2, $04), im sinne
von Itierin, in dieser saclie: als wollen wir unsere vormals
hierunter gelhane Verfügungen ihres wörtlichen Inhalts anher
wiederholet haben, der sladt Leipzig Ordnungen (1701) s. 410;
andere scribenten aber wissen nur von den Franken und
Sachsen etwas, weichen ich auch hierunter folge. Hahns hisl.
(1721) 2, 20.
HIERVON, adv. 1) von diesem orte:
irr ich öliers urab den port,
rufe dir. die ich verloren.
o vergeoens, Corydon,
sie ist allzuweit hiervon. Opitz 2, 188.
2) «n bezug auf eine saclie gebraucht ; schweige hiervon ; hier-
von darfst du essen, davon nicht; hiervon läszt sich wenig
gewisses sagen ; leset hiervon ferner Caussine dissei t. 42 de
regno Dei. Scuuppitis 15; hat ihn . . gott der herr wnnderbar-
licb errettet, wie hiervon die denkwürdige hislori anderstwo
zu lesen. Zinkgref apophl/t. 1,194;
doch hiervon genug. Lbssinc 2, 300.
ein franzosischer kunstrichter nahm hiervon gelegenheit, sich
gegen die trauerspiele von dieser gattung überhaupt zu er-
klären. 7, 83. s. hicvon.
UIEHVOR, aäv. neben hievor, s. d.: stelle dich hicrvor;
hieivor wolle uns der binimcl behüten ; hiervor kann ich
nicht, hoc mea culpa non est factum, lu)C non poltii impcdire.
Frisch 1,452*; biervur ist kein mittel, contra hoc malum non
rsl rnrdicina. das.
IIIKRWÄRTS, adv. nach hier zu: sihe, die pfeile ligcn hier-
werl» hinder dir. 1 i>'a«». 20,21 ; der gegensalz dortwerts f. 22.
HIERWIDEH, adv. contra hoc. Frisch 1,452': hierwider
wtirde endlich noch rath werden. SimpUcissimi alberner brief-
ttelUr (1725) 4; er wimmert, er schreiet, er bekömmt die
gr3«zlicbslen Zuckungen, hierwider gehet eigentlich der ein-
warf des beleidigten anstände». Lessimg ß, 3<js ; hierwider
ift DJchli zu sagen. Kant 7,349;
hierwider konnte lich dl« Neuberiu nicht Nchiilzeii.
RoiT verm. ged. 1769 *. 12.
HIERZU, adv. ad haee, öttlich: hierzu gelangt man nur auf
ticschwerlicben wegen ; meist in bezug auf sachrn und Verhält-
nisse: hierzu Jaszt sich wenig sagen; was sol ich hierzu
sagen? Scuui'pius 40; hierzu habe ich keine neigung; hierzu
hat er die mittel nicht; lebe wie ein herr. ich will . . dir
gelds genug hierzu geben. Simpl. 4, 3os Kurz; under andern
gründen ihn hierzu zu bereden. Zinkchef apoptuh. l, 149; haben
doch mich etlich ding so hoch hierzu angemutigt. Amadis 5.
hinzufügend: hierzu kommt, dasz der mann gebrechlich ist;
hierzu füge man, dasz der Schauspieler die Vorstellung des
körperlichen schmerzes schwerlich oder gar nicht bis zur
illusion treiben kann. Lessinc ti, 393. s. hiezu.
HIERZWISCHEN, adv. in medio spalio. Frisch 1,452"; hier-
zvvischen stecke ich mich nicht, his me non immisceo. das. ;
hierzwischen war es zeit worden. Kirchhof uendunm. 69';
Chimene komt hierzwischen zu dem könig. Grefuncer Cid
A iij (inhalt).
HIESEL, die bairische koseform des namens Matthies, auch als
sciu'tle, in der bedeutung dummer mensch vertvendel. Fromm. 3,315.
ScHM. 2, 250, woraus sich sogar ein verbu7n hieseln, als dum-
men menschen behandeln, aufziehen, entwickelt, das. machts enk
eil! knöpf ins hemed: so vergeszts es fein nit, es thorechten
hiesel. Schwabe linlenf. 8.
HIESELBST, adv. für bierselbst. alhie seihest passional
225,24 Hahn.
HIESIG, adj. quod hu jus loci est, jüngere bildung zu hie, die
die weniger gebräuchlichen hieig und hieisch (s. d.) im l'.jahrh.
verdrängt, das s in hiesig ist euphonisch eingeschoben, vergl.
dasig Iheil 2, 809. Es bedeutet :
1) tt« einem orte befindlich, auf ihn bezüglich, zu ilim gehörig ;
und zwar in dem eingeschränkten sinne, dasz es, ini gegensalze
zu hier, nicht auf eine räumlichkeit allgemein, sondern nur auf
ein darf, eine sladt, einen bezirk zeigt: wir samptliche under-
thanen der herligkeit Meill bezeugen allhier öffentlich, dasz
wir den wollgebornen herren ... als hesiger herligkeit an-
geborner erb- grundt- gerichs- und jurisdictions herren . . .
hallen und erkennen, weislh. 4. 7G5 ; welche» hiesigen kauf-
leuten zugehörig, ungedr. zeilung von lüOs, im busitz des fürsten
Yscnburg in Büdingen; aber dieser schädliche vorkauf den
rechten und hiesigen Statuten ganz zu wider, der sladt Leipzig
Ordnungen (1701) *. 403; da jedermann in hiesigem lande seinen
köpf frei bat. Moser pa/r./)/ioH/. 1, 192; [eines fremden) namen,
heimalh, charakler, hiesige geschäfte, vermuthliche dauer des
aufenthalts. Lessing 1,529; ich bin, wie du schon gemerkt
haben muszt, mit allen umständen deines hiesigen lebens
bekannt. VVielanü ö, i>»4 (154); wer von den herren sich aufs
würdigen versieht, wird es (das buch, unter dem bilde eines
gcwebes) schwerlich auch selbst auf den ersten blick für contre-
bande und auswärtiges gut , sondern für das , was es ist,
deutsche fabrik halten, hiesige wolle, . . . hiesiger stuhl,
hiesige Zeichnung, alles hiesig. Hippel t, 5. — In oberdeutschen
dialcclcn steht hiesig auch prädicaliv, was in der scliriflspracfie
nicht der fall ist; hiesig sein, hier im orte, nicht verreist sein;
scids A wider hiesi? seid ihr auch wieder hier zurück? ScuN.
2,250; ähnlich schwäbiscit. Schmid 277.
2) hiesig, I« der well befindlich, irdisch, im gegen.intze zum
himmel (tgl. hier 4 .>^/i. 1314): <iasz der gewisse tod nächstens
bei ihr anklopfen werde, ihr den letzten abdruck ahzunöb-
tigen, vermittelst dessen sie iinumbgänglicli in ein andere
weit verreisen, und von allem ihrem hiesigen thiin und lassen
genaue rechenschaft geben musz. Simpl. :^,s Kurz; so ist also
der hiesige mensch so nahe an den zeiger der zeit gestellt,
dasz er ihn rücken sehen kann. J. I'aul Hc.-sp. 1, 94.
3) in quellen des 17. jahrh. wird hiesig auch auf eine saclie
bezogen, und sieht in dem sinne unseres vorliegend, folgend:
eu. fürsll. gn. . . hiesige meine gcdiihte in nnterthänigkeit
zu übergeben. Opitz I, vorrede ** i' ; dasz ich ihren nahmen
hiesigem geringfügigen buche . . . vorsetzen . . wollen, poeterei,
vorr. 4"; indem dieses, was in hiesigem kurzen begriff zu
linden, allcinc zu meiner eigenen belustigung von mir auf-
geselzet worden ist. Hoffmannswaluau wrr. 2*.
4) hiesig von der zeit, jetzig {egl. hier 6 sp. 1315), auch nur
m quellen des 17. jalirh. : die hiesige weit, mundus hodiernus,
vulgo moderni homincs. Stiuler 836; bei hiesiger gelegenheit.
Opitz /wWit« 17 ;
ein hie!ili;i<r «nliint,
der eiiiun beclirr wüin in ituiurn hu>en lint,
iclinlTt lui'lir aN iniiiirlicr koikI der unten von den rQtien
bixx mir dii> »<'lii>ii(>l an -«ich «'in hnt lasnen »rhlieiien
in einen und In iiliihl. lob des knrgsijiiltrf (123 (werkt 1, 104).
HIESKiKEIT. f. oniiinalui Smkikii s:iti. als ;i«Wi.vf/i(v uurt
1321
HIEUNTEN — HIFTHORN
HIFTRIEMEN — HILFBAR
1322
HIEUISTEN, adv. neben hieruntea sp. 1319 : wie wir bieunden
beweisen wollen, bienk. 7l'. tergl. auch bunden.
HIEVON, adv. neben biervon sp. 1310: nach seinem tod
Suiten seine kinder hievon nichts zu genieszen haben. Zi.xr-
cßEF apoplUli. 1, 317 ; eine andere frage ist es jedoch, ob eine
Stadt ... solchergestalt besteben könne? hievon findet sich
kein exempel in der geschichte. Moser patr. phant. 1, 204 ;
auch dieses eröffne ich nur mit der dringenden bitte gegen
niemanden hievon irgend ein wort zu erwähnen. Guthe 21,193.
HIEVOR, adt. neben hiervor sp. 1319, in allem quellen und
gewOhnlidi auf die zeit bezogen: wie auch bievor gemeidet.
Amadis 30 ; diese fraw erkannt Gandales nicht, aber es war
eben die, so bievor auch zu dem könig Perion geredt. 34;
üb ich in gleichwol bievor nie gesehen. 59 ; uniang bievor
hab ich vermeint. 430 ; bei den Griechen und Lateinern bievor.
bienk. 168'.
HIEVORIG, adj. : ich blieb auf meiner hievorigen red.
Götz V. Berl. 84.
HIEVORMALS, adv. : ich bab bievormals auch von seiner
tugendt reden hören. Amadis 412.
HIEVOR^, adv.: die erste (uit leute) .. habe ich allbereits
hievorn im ersten capitel gelobt. &fnpl. 4,378 Kurz;
und in setzen auf den hohen altar,
wie das hievorn bewissen (bewiesen) klar, bienk. 139*.
HIEWESEN, n. das hier sein, der aufenihaÜ hier : er (ein
fremder arzt) soll auch die zeit seines vergönnten biewesens
niemand einicb recept oder syrup geben, dann die durch
dieser stadt geschworne apolheker gemacht . . . werden.
Sürnberyer Verordnung von 1550 im anz. für künde deutscher vor-
zeil 12, 21 ; ob er sich in zeit seines biewesens . . anders . .
hielte, das.
HIEWIDER, adv. neben hierwider .sp. 1319.
HIEZ, lockruf für kotzen, auch kiez, miez. dann audi name
für den kater. Nem.xich 2, 1591.
HIEZU, adv., neben hierzu sp. 1319 : schafft euch rat und
thut hie zu. rieht. 20,1; was wollen wir hie zu sagen? Rom.
0,1; und wer ist hie zu tüchtig? 2 Cor. 2,16; genug, wenn
dadurch ein stück von dem andern unterschieden wird, und
hiezu ist der kleinste umstand hinlänglich. Lessing 7,132;
die einwohner aber versichern . dasz man auch bald hier
eine fiera von stein wie die zu Verona sehen werde, hiezii
gibt freilich schon jetzt die Umgebung des plalzes gegrün-
dete hoffuung. Güthe 27,91; ein umstand kam noch hiezu.
Schiller 926. zeillich: an den geldbeutel, welcher sich sonst
noch bis hiezu der Steueranlage einigermaszen entzogen bat.
Moser patr. phant. l, 16s ; wir haben bis hiezu . . unsre fusz-
und handdienste . . schuldigst verrichtet. 190.
HIEZUGEGEN, adv. : mit diesem todten ritter biezugegen.
.Amadis 59 ; dann der verstorben kein andern erben verlassen,
denn dieses junge fräuwlin biezugegen. 245.
HIEZWISCHE.N. adv. neben bierzwischen spalte 1320: hie-
zwiscben verständigt er dessen den Gandales. Amadis 49 ;
hiezwiscben nähert sich die nacht herzu, und legt sieb die
königin schlafen. 57 ; hiezwiscben dieser handlung . . kam
ein jungfrauw. 328; dasz sein weih hiezwiscben trei kinder,
durch hilf der lieben heiligen gekriegt bette, bienk. 14l';
hiezwiscben kommet mit verlangen
die cburlursüicb und edle stadt. Weceherl» 349.
HIFT, m. und f. stosz in das hörn bei der hirschjagd, und
der dadurcli erzeugte ton. einer bedeutung mit dem sp. 1309 auf-
ijefüttrten masc. hief, aber nicht nur mit anderm ableäungssuffix,
sondern auch rücksichlliclt des slammvocals zerrüttet, insofern es
für hieft sieht; das zu gründe liegende verbum ist golh. hiufan,
ags. heöfan. alls. hioban, alid. hiufan, heulen, dann auch weinen,
klagen, mit langem hift antworten, weidwerk 1, 3*; ein langen
hifl wiederholen. 4'; ein langen hift blasen. 89"; hift, wie
die Jäger blasen. Schottel 1337 ;
ich habe nie die hifl auf Maenals lierg geblasen.
MÖULPFORT 37.
HIFTEN. verb. mit dem Hifthorn blasen: biften und schreien.
weidw. 1, 14*.
HIFTHORN, n. jdgerhom vtit dem der hiß geblasen wird:
der Jäger traget das hiftborn aus dreierlei Ursachen: l) um
bei treibjagden, oder auch bei eingestellten jagen, durch drei
auf dem hiftborne gegebene laute, das zeichen zu geben ;
2) im treiben das jagen zu blasen, und 3) sich als einen
jüger von andern zu unterscheiden. Jacobsso.'« 6,73'; ixa
augenblick, wo er aus dem wirthbause mit dem hiftborne
drei mal hinter einander herausstosze und beide (ein wild-
meister sagt es scherzend von seiner tocJiler und ihrem Uebsten)
'jagdgerecht' blase. J. Pacl leben Fibels 105. dicliterisch ist das
worl oft gebraudU:
des hirihorns ruf. das jagdgeschrei,
die muniern Jäger ziehn vorbei. Oagedorü 2,30;
sie sieht die raschen Jäger ziehen,
das bifthorn tönt, der wald erwacht.
WiELAHD 10, 208 (198);
hörst du das htfihorn? hörst diis klingen,
mächtigen nites durch Teld und hain?
Schiller .Varia Stuart 3, 1 ;
nimmer erweckt ihn die stimme der braut,
nimmer des hirihorns fröhlicher laut.
braut von Messina (507*).
über die form hüftborn s. an alphabetischer stelle.
HIFTRIEMEN, m. riemen an dem das hifUutm getragen wird.
Jacobsso."» 2. 257'.
HIFTSTOSZ, m. stosz ins Mflhorn. das.
HIH.\ , bei FiscHABT interj. des Widerspruchs: aber audile
domine, wie möcht ir ein kälblin stechen, das die äugen
verkehrt, erbarmts euch nicht? biba, sagt der mönch, habt
euch wol betreppt. Garg. 24l'.
HIHI, interj. feines lachen zeichnend, vergl. In sp. 1304. öfler
wiederholt, auch nachahmung des wielierns der pferde : bihibihihi,
hihihi ! Göeikck 3, 14.
HIKA, schrei des esels ; sonst auch chika, s. tlieil 2,617.
HILDEBRÄNDSGRIFF. «i. .• ich darf nicht wol gedenken
was seltzame stücke und Hildebrandsgrieffe ich habe lernen
und verrichten müssen, in dem du mich, wann du die feinde
durch meinen round und zusage, betriegen wollen, mich zuvor
selbst binder das liecbt geführet, mit vestem versprechen,
da?z alles was ich mit denselben würde capituliren, pünct-
lich Teraccordiren und handeln, solle von dir stet, vest, ge-
nehm und unverbrüchlich gehalten werden, ob du wol in
deinem bei-zen beschlossen hattest, solches nimmermehr zu
thun. Pttil. Lugd. 3,242. aus dem \G. jahrh. ist das Sprichwort:
es sein Hiltprantsgriff {schlaue, ränkevolle handlungen) bezeugt,
und es irird das wort von Lorenz Fries (t 1550) in einer stelle
seiner gescitichle des bisthums Würzburg, die bei Fromm. 2, 21 sich
abgedruckt findet, auf papst Gregor VII bezogen, allein diese ge-
lefirte deulung, die sich bis auf unsere zeit des bei falls erfreut,
hat keinen grund; angelehnt ist der beregte ausdruck vielmehr an
den Hildebrand der heldensage, der zufolge eines vielverbreiteten
liedes des 15. jahrh., im kämpfe mit seinem söhne einen tückischen
griff anwendete:
er erwischt in bei der mitte,
da er am schwechsten was,
er schwang in binderrucke
wol in das grüne gras.
ÜHLA5D volkst. 333 {vergl. auch WACEimRAeKLs
attd. teseb.. 4. auß., sp. 1244).
die gebräuchlichere und volkslhümlichere form von Hildebrands-
griff t«< die kürsung Hilpersgriff, 5. d.
HILDEBRäNDSSTREICH, m.: braucht vor dem man Hilden-
brantsstreicb, siben klafter inn die erd, braucht des Ecken
eckhaw, des Laurins zwerkzug, Fasoits blindhaw. Fischabt
Garg. ISS*; vergl.: werden gewaltige hiidenbrandische neun-
klafterstreich vollbringen, groszm. 72. auch hier anlelinung an
das lied der heldensage:
ich waisz nicht wie der junge
dem alten gab ain schlag,
dasz sich der alte Ililtebrant
von herzen ser erschrack:
er sprang sich hinderrucke
wol siben klafter weit. Uulaad volktt. 333.
HILDEN, verb.:
nahend darbe! {bei einem brunnen) in eiaem piuch
hört ich gleichsam wainen ein kind,
ich dacht villeicht hat da ein hindt
gebildt. H. Sachs 1, 2S7',
dem Zusammenhang nach ein junges geboren, der form nach
berührt sieh dies sonst unbeieugle wort mit hälden, beiden neigen
sp. 222, das rücksichtlich des vocals manichfach schwankt, vtrgl.
bieten sp. 1311; in bezug auf den auffallenden bedeutungsübergang
aber läszt sich nichts beibringen , als eine notiz aus Fi.emixgs
teutschem jdger l, 90* : wann sie {die hirschthiere) nun ihr kalb
setzen, so thun sie sich gar oft nieder und krümmen sich
zusammen, von dieser beobachtung her müszle bilden den ver-
muteten sinn anqenommen haben.
HILFB.\R, HCLFBAR, htife bringend: einen bülfbaren nach-
bar haben, commodum, fructuosum ei ulilem vicinum habere.
1323
HILFE
HILFE
1324
Stieler 837; sihe, o lieber Bacone, eile mit deiner hiiirbaren
band uns zu belfen. Schüppiüs 735; wäre Sentius Saturnin
nucb befenlicbt ibm wieder alle cberuskiscbe feinde bülfbar
lu sein. Lohenstei.n Arm. 1,1249;
güttes söhn der heJf ihm selber, der vor (luror) andern hüllbar
war. geisll. yedankcn s. 46, 883.
HILFE und HÜLFE, f. auxilium.
alid. belfa und liilfa, die letztere form, wie das fehlen des
umlaules lehrt, für bilfja stehend; daneben beyegnet, nur einmal
bezeugt, auch bulfa (Gbaff 4, 924). ebenso, da es nicht holfa
heiszl, aus hulfja entstanden, inhd. belfe und hilfe, eine mittel-
deutsche form hülfe (Lexer wb. 1, 1229) lehnt sich an die an-
gegebene seltene ahd. form an, gerade nie auch die mnd. form
hulpe die allnieder fränkische bulpa {vgl. kleinere allniederd. denk-
mäter s. 129') zur seile hat. von den nhd. schwankenden formen
bilfe und hülfe kann daher nicht gefordert werden, dasz sie sich
zu gunsten der erst genannten vereinfachen, da beide historische
berechtigung haben; und wenn hilfe auf die gewöhnliclie mhd.
form stell stittzl, so verdankt das seit dem lO.jahrh. häufige hülfe
sei» außommen der autorildt Luthers und der deutschen bibel,
der seinem viiUeldeulscIien dialecte gemäsz stets so schrieb. — Wie
sidi zu dem verbum lielfen der unumgelautete conjunctiv praet.
hülfe findet (sp. 950), so steht im 16. jahrh. zu hülfe auch die
form bulfe ohne umlaut; darin wil ich mit gottes hulf sterben.
E. Alberus wider Witzeln B4'; der VVitzcl ist gleich dem
Melilidi, der wolt den Troianern zu bulf kummen. C4"; kein
bölfe gethan E4' {neben hülfe B 8").
Neben dem fem. Iiülfe scheint die häufig vorkommende kürzere
form hilf, hülf {auxilium hülfe, hilfe, hilf, hylf, bulf, holt
DiEF. 63') auch masculinen geschleclUs gewesen zu sein: in diesem
anschlag und bülf. abschied des reichstags zu Augsburg v. 1510
§4; ob man einigen hülf zu thun schuldig were. abschied des
reichstags zu Trier und Cüln von 1512 § 5 {reiclislagsabscläedc,
Mainz IGCO 5.90); dasz er mir auch wol zu stetem hülf und
Irost kommen soll. Ayrer proc. 3, 2.
Wie das verbum helfen {sp. 950) so entwickelt auch das subst.
hilfe und hülfe eine zwiefache hauplbedeutung, die des beistandes,
der Unterstützung, und die des nutzens, der förderung ; welche
bedeulungcn indes manigfach in einander verlaufen.
l) untcr.<;tützuny, beistand zur retlung, zum Übergang aus einer
schlechlern läge in eine bessere, befreiung aus üblen umständen :
es war inen so leicht mich zu beschedigen, das sie keiner
hülfe dazu dorften. Hiob 30,13; das ich frölich sei über deiner
hülfe, ps. 9,15; gott, deine hülfe schütze mich. C9, 30; auf
das wir barmherzigkeit empfahen, und gnade finden, auf die
zeit, wenn uns hülfe not sein wird. Uebr. 4, IG; hülf und
gnad hat kein warum? Schottel 1127'; dieweil . . die nolh
uns hat machen das Vaterland, und haus und hof verlassen,
80 untergeben wir uns deiner hülf. Schuppius 735;
die stunde dringt, dem mann musz hülfe werden!
Schiller Tett 1, 1 ;
das war hülf in der nolh, das.;
isi er zerschmettert? rennet, rettet, helft —
wenn hülfe möglich, rettet! 1,3;
in formein: ein krcisz dem andern verliüwlichen beistandt,
bülf und rettung leisten köntc. abschied des reichstags zu Speier
von 1570 §22; ich weisz weder hülfe noch raht. Stieler 837;
80 gab ich darzu hilf und rot. fastn. sp. G22, 19;
da, alt ich ganz verstriclit,
im Jägergarn des todes mich nach dir
umsähe, da, mein heiland, hast du mir
geboten hülf und band, du hast das netz zutrennet.
A. GrtpuR'S 1698 2, 127.
Et heiszl bilfe gegen, wider einen oder etwas : er ist . . eine
hülfe wider den fall. Sir. 34,19; wie . . ein jungfrawe . .
hülf wider ein unrecht und gewolt, so ihr beschehcn, begerl.
Amadis 328;
ist keine hülfe gegen solchen drang? Schiller Tett 2,2;
auch hilfe für . . (s. Iheil 4*, 640) : der arzt lial mir hilfe für
mein leiden gebracht; woneben auch hülfe für . . in anderm
tinne {a. a. o. 634): er brachte hülfe für uns; statt dessen nn
geniliv: und kundicn kein Iiülfe ircs lebens linden, weish. Sal.
IG, 0. Man tuchl, sendet, schickt, bat hilf«-, hilfe wird, ge-
schieht, kommt, entsteht : ich suchet hülfe bei den menschen,
und fand keine. Str. 5l,lü; das nie zum kOnigc zeigen, hülfe
zu suchen. l^facc.G,2l: schicke mir hülfe. 11,43; das sie ihm
bulfe zusagten. 10, 24 ; bah ich doch nirgend keine hülfe.
Uiob 0,13; ab, das die hülfe aus Zion über Urael keine.
ps. 14,7; morgen sol euch hülfe geschehen. 1 Sam. 11,9; so
wird eine hülfe und errettung aus einem andern ort den
Juden entstehen. Esth. 4,14;
wir sind die flehenden,
die hülfe heischen von den mächtigen freunden.
Scuillek Tett 2, 2;
dasz wir dein fürstlich herz
anflehen, deiner Stadt dich zu erbarmen,
und hülf zu senden binnen dieser Trist. Jungfrau 1,3;
noch ist hilfe; ohne dieses verbum:
da wird es nacht vor meinen sinnen,
nichts ~ nichts — kein ausweg — keine hülfe — keine
im ganzen umkreis der natur! Schiller Karlos 5,3;
einem hilf thun, die hend bieten, helfen, adjumento esse cUicui
Maaler 221*; gott ist mein künig von alters her, der alle
hülfe tbut, so auf erden geschieht, ps. 74,12; wil dir hülfe
thun. Melanchthon hanplart. christl. lehre in corp. doci. Christ.
(1560) 447 ; der herr bat mich gesand hülf zu thun den armen.
Reiszner Jerus. 1,50';
man solt uns hülfe thun. Logau 3,170,94.
Praepositionale Verbindungen: zu bilfe kommen, einen zu hilfe
nehmen, schicken, rufen: werden mir die Syrer überlegen
sein, so kom mir zu hülfe, werden aber die kinder Ammon
dir überlegen sein, so wil ich dir zu hülfe komen. 2 Sam.
10, 11; und Simon schickt dem Antiocho zu hülfe zwei tausent
man. 1 Macc. 15, 26 ; zum zweiten kommet sie den seelen zu
hilf. Fischart bienk. 112'; wan .. Pallas oder Apollo .. einem
irer freund wollen zu hilf kommen. 185'; damit man den
schaden zu hülf komme. Schuppius 720;
ob ich euch gern zu hilfe kern, fastn. sp. 548,31;
es heiszt, gott zu hülfe anrufen. Luther 3,147"; wider ine
zu hülf muszte berufen. Fiscuart bienk. 132'; die andern leute
aus der schenkslube aber sprangen dein wirth zu hülfe. Riehl
culturgesch. nov. 351. hieraus der ruf zu hilfe! oder auch nur
hilfe!: Schnaps, da er gegen das fenster kommt, hülfe! hülfe!
Görge. treibt ihn weg. willst du schweigen! Göthe 14,293;
hilfe rufen: wer hat hülfe gerufen? 297;
zu hilfe! zu hilfe l sonst bin ich verloren! -.auh, i jUite 1,1,
um hilfe: zu wem wolt ir fliehen umb hülfe? ies. 10,3;
wohin wiilleh ihr umb hilf fliehen? Fischakt i«'»/.". 122'; dar-
nach ward das volk wider zusamineii gefuddert, und betten
umb hülfe von dem gott Israel, lud. 6, 20 ; das sie auch mit
einander beteten, umb gnade und hülfe von gott. 1 Macc.
3, 44 ; schreib er an l'loloineum . . um hülfe. 2 Macc. 8, 8 ;
einsi hilf anrufen, einen umb hilf anschreien, fidem alicujus
implorarc Maaler 221' ; wir rufen da nit unser werk an umb
hülfe. Alberus widder Witzeln B8';
wer ist der mann, der hier um hülfe fleht?
Schiller Teil 1, I ;
drang, mit vorgespreiztem mantel,
er kühn durch flamm und rauch der stimme nach,
die uns um hülfe rief. Lsssinc 2, 195.
auf iiilfe: last uns in die feste stcdte ziehen, und dasclbs
auf hülfe harren. Jcr. 8,14; es ist ein kostlich ding, gedültig
sein, und auf die hülfe des herrn hoffen. A/afjW. 3, 26; dasz
ich mich in meinen nöthcn . . auf die hülfe meines getreuen
gottes verlassen solle. Simpl. 3, 429 Kurz. — mit bilfe, durch
hilfe: wie . . die acht tausent Juden, allein mit der hülfe
gottes, hundert und zwenzig tausent man erschlagen. 2 Macc.
8,20; mit der bülf gottes. Fischart /'icni. 244'; mit hilf des
2. nicenischen concilij. 172'; dasz sein weih biezwischcn trei
kinder, durch hilf der lieben heiligen gekriegt bette. I4l';
und wolle mit gottes hülf in kurzer zeit thun, was ich hic-
bevor in vielen jähren . . nit gethan hab. Schuppius 4 ;
ich wil mit goiis hilf auf erden
dem galgen nit zu teil werden, fastn. sp. 551,2.
ohne bilfe, ohne dasz zu helfen ist: ich bin unglücklich, ohne
hülfe unglücklich! Hauener sat. 3,292; in bilfe weise, für
die rettung: das die, nach der busmcistcr Ordnung, aliiniseii
in die kästen . . für die seelen, die im fcgfewr sind, ein-
legen, in hülfe weise. Luther 3, 92'.
2) bilfe hetszt auch der beistand und rettung gewährende: es
ist nicht gut dasz der mensch allein seie, last uns ihine ein
bülf inachcn, die ihiiie gleich seie. .Sim;)/ici,<Mmi albern, bnrf-
stellrr (1725) ».11; und namentlich wird tn der bibclsprache (/•>/(
so genannt: gott meines vatcrs ist mein iiülfe gewosen. 2 Mos.
18,4; du bist meine hülfe, .. gott mein heil. ps. 27,0; eile
wir beizustehen, herr mein hülfe. 38,33; er ist mein hurt,
1325
HILFE
HILFE — HILFHOLEN
1326
meine hülfe und mein schütz. 62,7; Israel hoffe auf den
herrn, der ist ir hülfe und schild. 115, 9.
3) da im reiche namentlich hilfe von dem bewaffneten beistand
der reichsglieder zur abtvehr eines innern oder äuszern feindes galt :
allein zu ratschlagen und zu beschlieszen, wie und welcher
masz die hüif geschehen, und wie grosz zu rosz und fusz
die sein soll, abschied des reichslags von Trier und Cüln 1512
§ 5; so heiszt hilfe auch die zur kiife versammelte kriegsmacht,
das kriegsvolk {vgl. lat. auxilia) : gegen den selbigen Venedigern
mit einer treffentlichen tapferen und auszträglichen hölf zu
erscheinen, abscliied des reichstags zu Augsburg v. 1510, eingang;
damit dann dieselbige hülf nicht vergeblich, auch nicht an-
ders dann zu widerstand, ob der Türk diesen sommer ein
gewaltigen zug fürnemmen wolt, gebraucht werde, abschied
des reichstags zu ISürnberg 1524 § 32 ; so man dieser eilenden
hülf mittler zeit gegen den Türken nicht nottürftig sein oder
gebrauchen wird. § 33; dweil kein treffenlicher widerstand
von den Türken mer vorhanden sei und des römischen reichs
hilf dehains wegs mit fugen getrennt mög werden. Schertlin
briefe s. 31 (r. j. 1532); insonders die Tütschen und oester-
richische hilf, so der delphin bi im hatl, warend fürnemlich
handthaft. Tschcdi 2, 424; hilf verordnen oder stellen in
mitten der Ordnung, collocare auxilia in mediam aäem. Mäa-
LER 221';
ir seit der sach vil zu schwach
wölt ir den grafen vertreiben :
er hat grosz hilT, auch vil vester schlosz,
darauf mag er bleiben, ja bleiben.
Ubland volksl. 497.
4) hilfe ferner, mit dem plur. hilfen von den geldern, die zur
unlerhaltung solcher Völker dienen: ohne defalcation oder ahzug
voriger anticipirter hülfen, abschied des reichstags zu Regensburg
V. 1613 § 4 ; ihre schuldige hUlf zu angestellten terminen und
zielen nit liefern oder bezahlen würden, desgl. v. 1567 § 23.
5) hilfe nicht beistand in ungemach und gefahr, sondern mehr
Unterstützung und förderung für erreichung eines Zweckes, obschon,
wie wiederholt wird, beide bedeulungen sich nicht immer scharf
sondern lassen : das mädchen gewährte eine gute hilfe in der
Wirtschaft; mit hilfe einer guten karte lernte ich die gegend
leicht kennen; mit hilfe eines fernrohrg sahen wir diethürme
der Stadt empor ragen; unse vorderen, die her zu lande
quämen und die Duringe vertriben. die hatten in Allexanders
here geweset; mit irer hülfe hatte her betwungen alle Asyam.
Sachsensp. 3,44,2; {äpfel viit pfejfer) pringen guot hilf zuo
dewen. Megesbehg 374,10; ich hab daheimen hilf und was
mir manglet, auxilia mihi et suppeliae sunt domi. Maaler 221*;
ich hab hilf von meinem vatter, auxiUum est mihi in patre.
das.; welch man einen lieh au; sticht odir ein wajjir, da; c;u
einr gemeinen nuc; geleit were, den sol man bruhin {brennen).
wer rat odir hülfe dor c;u tut. den sol man ewiciichin vor-
tribin. Magd, blume 2. 5, 7 ; wie bald lernt das bäurische kind
. . sein gesundes und schwarzes brodt ohne hülfe der ärzte
vertragen I Gellert 7, 131; konnte Egmonts einnehmende bil-
dung seine beredsamkeit unterstützen und seinem gesuch
eine hülfe geben, deren die gerechteste sache bei künigen
nie entübrigt sein kann. Schiller 811; für ganz Deutschland
ist es ohne widersprach Gellert, dessen fabeln wirklich dem
geschmack der ganzen nation eine neue hülfe gegeben haben.
Ab BT vom Verdienste 367;
wer reicht auch mir nun seines armes hülfe,
dasz ich vom wagensitz gemächlich steige?
Schiller /p/ijg. 3, 2 ;
diese tugend .... wie wenig
reicht sie empor zu jenem ideale,
das aus der seele mütterlichem boden . . .
freiwillig sproszt, und ohne gärtners hülfe •'
verschwenderische blftthen treibt. Kartos 2, 15;
doch hier
auf dieser andern tafel les ich jede
vergehung pünktlich beigeschrieben, wie?
da» i.st nicht gut. braucht etwa das gedächtnis
der räche dieser hülfe noch? 3,5.
etwas zur hilfe nehmen ; ich muszte einen derben stock zur
hilfe nehmen, um hierauf zu klimmen ; sich zur hilfe geben,
unterstützen, fordern :
kan auch fünfzehn, (denket doch !) siebzig jemals in sich haben?
ja, wann andre zahlen mehr fkinfzehn sich zu hülfe gaben.
LocAC 2, ISO, 9 (von rinem tieb:ii)-jähri<jcn manne
und f Hfl ftelin -jährigen iceibe);
ein kloster gestund einem jeglichen vom adel, einen dem
andern zu hülfe, järlich 30 gülden. Lither lischr. 263*, d. h.
einen in den andern gerechnet, im durchschnitt.
6) hilfe in der rechtssprache, das was zur führung, zur gewin-
nung des processes oder zur freisprechung dient {vgl. rechtshilfe);
für den beklagten die einrede, ausfluclit. Haltaüs 971; e; ist
wol billich, da; ein man c;u hülfe nymet, da; im c;u rechte
c;u hülfe komen mag. Maqdeb. blume 2,3,64; besonders aber
die Vollziehung eines urtheils in civUsachen gegen den beklagten,
execution, auspfändung. Haltaus daselbst: die hilfe vollstrecken,
einen auspfänden; die hülfe ergehen lassen, exseculionem man-
dare. Frisch 1, 440'.; eines urtheils und hülfe, so über ihn
gangen ist. Lcther br. 3. 95.
7) hilfe, von verschiedenen hilfsmitleln.
a) ein holz, welches im nacken über die schullern liegt, um
auf beiden Seiten wasserfäszchen oder eimer daran zu hängen und
zu tragen, an vielen orten yiedersachsens. Frisch 1, 440'. bei den
bleiarbeitern heiszen hilfen die riemen der küpen, die genommen
«erden, wenn sie etwas zu tragen haben. Jacobsson 6, 123'.
b) hilfen nennt der bereiter bewegungen mit den füszen, die
ein reiter dem pferde geben musz, um ihm gleichsam dadurch
anzuweisen, was das pferd thun soll. Jacobsso.n 2, 293'. ähnlich
wird vom jäger dem kithunde durch gewisse seichen die hilfe
gethan. Adelung.
8) hilfe, Versorgung, ausslaitung eines kindes. Schü. 2, 181.
HILFE, VI. gehilfe, helfer: zum dritten, ist ein weib ge-
schaffen dem man, zu einem geselligen hülfen in allen dingen,
besonder kinder zu bringen. Lcther 1, 170'.
HILFEBITTE.ND, part. : seine blauen hilfebittenden aagen
rollten. Fr. Müller 3.280.
HILFEFAüST, f. hilfe bringende faust: so haben fiirsten
auch die faust nicht, damit sie kündten einem elenden aus-
helfen, und seine feinde dempfen. gott aber Uts allein, der
beides hat, beide, trostworl und hülfefaust, wie gros und
mancherlei auch die not und feinde sind. Lcther 5, 52*.
Hn>FEFLEHEND, part. Beckers weltgesdi. 1, 296. 313.
HILFEGEWOGEN, adj. :
ja, zwei göttinnen sind Menelaos bülfegewosen.
Borger 212'.
HILFENGEL, m.: aber man braucht diesem groszen dichter
{Milton) nur seine hülfmaschinen von hülfengeln wegzunehmen,
so ist ihm geholfen, und durch die menschen wird er gött-
licher, als durch die engel. J. Paul vorsch. d. ästhetik 2, 107.
HILFENTBLÖSZT, part.:
seine bilfentblöszten kinder. Gotter 1, 304.
HILFEBBIETUNG, f. Bütschey kansl. 337.
HILFERBÖTIG, adj.:
itzt rühm ich nicht in dir dein hülferböthig wissen.
Hagedorn 2, 96.
HILFEREICH, n. ; sein {Christi) reich ist ein gnadenreich,
ein hülfereich, ein tröstreich, für alle arme sünder. Lctheb
3 182*.
' HILFERUF, m. :
dein Schöpfer ist dein feind, gesteh dirs keck,
weil grausam er in diese nacht dich schuf,
und weil er deinen bangen hülferuf
verhöhnt in seinem heimlichen versteck.
Le!«ad Faust 18.
HILFESUCHEND, part. : lasz den hilfesuchenden nicht ver-
gebens bitten.
HILFETAG, m. tag der gerichtlichen pfändung (s. hilfe 6).
die schuld ist aber der befeblhaber, die den guten mann
versäumet, widder {weder) zu verhör, noch zur beweisung
komen lassen, sondern mit aufschieben, die mühle zu be-
sichtigen, den hulfetag haben lassen gehen. Llther br. 3, 95.
HILFGELD, n. geld zur hilfe, namentlich zur ausrüslung von
hilfsVölkern (s. hilfe 3 sp. 1324): solch hülfgeld, soviel sie desz
empfahen werden, . . . damit das kriegsvolk zu demselben
unserm fürnehmen desterbasz davon unterhalten werden möge.
abschied des reichstags :u Augsburg von 1510 § 3. es wurde als
eine abgäbe von den bürgern eingefordert:
wievil mer solt der oberkeit
gern geben lechent, zinsz, steur, rent,
zoll, bilfgelt, umgelt, wie mans nent.
Thurneiszkr archiiinxa 32.
HILFHAFT, adj. auxtliarius: einem hülfhafl sein, ab aUquo
Stare, cum aliquo facere. Stieler 837.
HILFHAND, f.:
0 wie oft hast du mir dein hülf-hand so erzaigeu
Roipler 73.
s. hilfshand.
HILFHOLEN, n. .• lieber ..will ich tage lang ein concert
von tausend stahren, älstern und fröschen hören, als an-
sehen das getbue und hülfholen , wenn man etwa einem
1327
HILFIG — HILFLICH
HILFLICH — HILFREICH
1328
schulsässigcn gölzen etwas genommen, oder gegeben hat.
BCrger 243'.
HILFIG, adj. hilfe thttend, mhd. lielfic, hilfic und hQlfic:
ein solch ahgang und notinrft der gemein, arznei halben,
betreffend, zu betrachten, und nach inhalt disz grundts die
rechten arzl zu fiirderen hilfig. Paracels. cliir. schriflcn 3"'.
HILFIO, ein hilferuf (rergl. Icuerio llteil 3, 1594) : da schrei
und rufet er hillio, rettio, schelmio, dibio. Garj. 25l';
also redt sich das reine weib:
o hillijo, erst ist es zeit,
mein freid ist weit,
es gschah mir nie so leide, so leide!
GöDKKK M. TiTT«A!i» Ucdcrh. 361.
HILFLEISTEND, pari.: in begleitung der hilfleistenden
milchte. Heilman TImcyd. 977; weil sie {gewisse kennlnisse) in
nachbarlichen regionen hiilfieistend verweilten, um fremdes
werk zu fördern. Wolfs niuscum der allertintmstvisscnscitaß 1,14;
und gleichwol hat der höchst, der auch desz Noahs pflag,
mit seiner starken hand die schwere niderlag
hiiir-lcistend abgew&ndt. Romplbr SH.
HILFLEISTER, m. adjtäor, auxiliaritts. Stieler 1142 mü dem
fem. hilfleisterin, adjulrix.
HILFLEISTüNG, f. auxilia, subsidia: einer eilenden frei-
willigen milleidentlichen hülfleislung an geld. abschied des
reicitslags su Regensburg von I6I3 § 4; nachdem solche hülf-
leislung zu erbawung obberührter frontier keinen Verzug er-
leiten kan. abschied des reichstags zu Speier von 1570 § 31.
HILFLICH , adj. und ndr. hilfe bringend, helfend, fördernd,
mhd. helfelkh, helflich, iiilflich, hulflich (Lexer wb. 1, 1230),
ein früher viel gebrauchtes wort, das uns jetzt, theilweise zu gunsten
von behilflich, ungewohnt geirorden ist : helflich, hulflich, attxi-
liaiius, aujnliaris, jnvans, adjuvans Stieler 837; hilfliche kraft,
oder das hilf bringt, auxiliaris t<is M aaler 220'; der turtel-
tauben art ist, wer ir pluot nimt auj dem rechten flügel
und tuot e; dem menschen in sein krank äugen, den ist e;
hilfleich. .Mecexberg 226,2; Galienus spricht, da; der ej^eich
gar hilfleich sei den dingen, diu hitzig naiftr habent, und
gar schedlich den, diu kalt nutur habent. 352, 35 ; ein nütz-
liche speisz, die der heilung fast hulflich ist. Paracels. chir.
sehr. 23 C; honig genossen ist auch hulflich und bekompt wo!
dem presthaften halsz. Bock sjyeiskammer 25; hülfliche arznei.
BuTSCHKY hd. kanzl. 646; nvch jetzt in Tirol hilflich, was hilß,
a bilfiige kost. Fromm. 6, 14S ;
das sei dem konig der ern gedankt,
der mir sein hilMicli gnod hat ferlihen.
RosENBLCT in den fasln, sp. 1I4S.
Meut in formelhaften fügungen verwendet; so verbunden mit einem
adjectiv gleichen sinnes: also folget, das die taufe alle leiden
und sonderlich den tod, nützlich und hulflich machet, das
sie nur dienen müssen der taufe werk. Luther 1,186'; ehe
denn er dem kiinige Jerobeam so rehtig und hulflich war.
3, 19S'; förderlich und hulflich sein. br. 4, 212; wolt ich ihnen
hulflich und rälhlich sein. Götz v. Berl. 93; wiewol ein
philosophus mag erkennen, dasz alles das, so hilflich und
beihendig ist dem zergenglichcn, auch zergenglich ist. Para-
cELsiis opp. 2,6; hülflieb und herathsam. h. d. liehe 209*; so
viel in nnserm vermögen steht, wollen wir ihm allezeit hulf-
lich und beiräthig sein. Chr. Weise unrergn. seeU 114;
mir hulflich und beistcndig sein.
H. Sachs 3,1,232';
80 w6ll wir all die götter lohn,
dasz sie uns zu dem regiment
hilflich und auch he.<tendig send.
J. AtRKR 50* (267, 1 Keller),
in der formel einem hilflieb sein : das e. w. wolle im zu
seinem studio hulflich sein. Ldther 6,2'; aber wo du imer
bleibest wie vor, so kan dirs nicht hulflich sein. 29"'; ich
für mein person, kan der guten frawen durch mein schrift-
lich furbitte an ewern landsfürsten nicht hulflich sein. S, 172';
das wir sollen jedermann hulflich »ein. br, 2,456; gegen
einander Iiilflich, freundtlich, herzlich, willig und geneigt zä
verzeihen, kr. d. f. hb: so hat er auch der arznei solche
kraft geben, dem menschen hulflich zu sein. Paracels. opp.
1,312; nit anders dann wie das Hungerland mit ochsen hilf-
lich ist. Frank wellb. &4'; so man allen nicht hillflich sein
kan. Rein, fuch* (iB.'iO) *. 27.^;
Mnria und Kant Anne.
wollen mir hiinich nein
in allen meinen dingen. Uhla^io voVul. 132;
»o wil Ich bei dem raiier mein
den kAniK dir auch hOinirh sein. II. Sacnk 3, I,21'|
den nechsten sönd ir hilllich sin. trag. iah. Bvij;
denn er allein kan hüiriich sein.
U. Ringwald gcisll. lieder D 2 ;
das ihnen goit wolt hüiriich sein, nvnng. G2';
nicht herrschen, auch nicht dienen; freund- hfilf- und tröst-
lich sein,
disz ziemet sich den weibern, gibt ihrem rühme schein.
LoGAU 3, 2-23, 27 ;
denn euch {nymphen) gaben die götter, was sie den menschen
versagten,
jeglichem der euch vertraut, tröstlich und hulflich zu sein.
GÖTHK 2, 130.
ähnliche fügungen: so bin ich demnach ganz gutwillig und
vorbereit e. I. mit allem meinem gut, land und leuten, gelt,
und schätz hulflich zu erscheinen. Amadish3; meine zehren
werden den eurigen hulflich erscheinen. Bdtschky kanzl. 901 ;
discm nach geruhen e. gn., mir mit einem milden subsidio
hulflich zu erscheinen. 124; es lief alles hinzu ihr hilflich
beizuspringen. Simpl. 3,351 Kurz;
warumb stundst ir nit hulflich bei.
II. Sachs 3 (1.588) 2, 196';
vergasz daraahlen nicht der gnadenreiche got
mir hulflich beizustehen. Wkckherun 63;
lasz sich dein heil doch hulflich zu mir neigen.
Opitz psalmen s. 226;
wer Verleumdung hört, ist ein feucreisen,
wer Verleumdung briirgt, ist ein feiierstein :
dieser würde nichts kiinnen thun und sein,
wolte jener nicht hülllich ihm sich weisen.
LocAü 2, 166, 38;
dasz sie ihn hulflich woll der todsgefahr entschütten.
RiRKEN öKil. lorbeerli. 76;
hilfliche band: weil ihnen die Holliinder und Brabänter hülf-
liche hand leisteten. Micrälius 3,369; er wolle ihr mit bülf-
licher hand beistehen , nach seinem geringen vermögen.
Scnuppius 489; mein bitten, der herr wolle mir darinnen
hülllichc hand leisten. Botschky kanzl. 299 ; man mus von
dem himmel hülfliche hand flehendlich erwerben. 677; durch
ihre hülfliche hand spielet die natur mehr in diesen flüch-
tigen geschöpfen {blumen), als in cdelgesteinen. Lohenstein
i4rni. 2, 427'; da hat ein armer dem andern die hülfliche hand
geboten. Scriver seelensch. 2,230; dasz viele gelehrten . . .
einander hülfliche band bieten und gemeinschaftlich arbeiten.
Mattheson vollkomm, capellmeiiter vorrede 9; ohne zweifei hatte
er auch dem kaiser Philipp in der kurz vorher unternom-
menen belagerung von Braunschweig hülfliche hand geleistet.
Moser osn. gesch. 3, 7 ; wenn uns gescliäfte zerstreuen und
hülfliche hand leisten sollen. Hippel 4,430; hülfliche hand,
.tubsidium quod magislratus magistratui praestal, wenn ein ma-
gisfrat dem andern hilft. Krisch 1. 440*.
HILFLICHKEIT, f.: hülflichkeit, subsidium . prae.^idiiim ,
opit aliquid, opera, verzeichnet Stieler 837 als nicht häu/ig ge-
brauchtes worl.
HILFLOS, adj. der Mlfe entbehrend, mhd. helfel6.s, helflüs :
hilflos, der weder hilf noch radt hat. imyps auxUii, auxilti
orbus. Maai.er 222"; hilflos gelassen weiden {ohne rechtshüfe).
ScnwEiNiCHEN 1,367; eine hilflose läge;
sie werden hülle fodern ;
was kann ich thun, der selber hülflos ist!
Schiller Jungfrau 1, 2;
da Ist der kahn, der mich hinühertröge.
und musz hier liegen, hülflos, und verzagen !
Telt 1, 1.
auch wer sich selbst nicht helfen kann : ein hilfloses kind ; von
dem hülflosen zustande der kinder. Gellert 7, 121.
HILFLOSIGKEIT, f auxilii ifio;>io. Frisch 1,440*.
HILFMITTFM^. n. millel zur hilfe, arznei: von den remedien
und bilfuiilteln. Fischart birnk. lon*; alle dise gut beilsame
hülfinittel. 123" {bei .Marnix Ils" hulpmiddelen) : dasz der grund-
gütige gott seine heilsame arznei und bilfmittel auch in ge-
ringe verächtliche dinge verborgen. Äm/i/. 3. 429 Kurs; hülf-
inittel. BiTscHKV kanz. 820. S24. s. hilfsuiittel.
HILFHEICH, adj. auxiliabunduf, auxiliaris. Steinbacm 2.243:
dasz sie hülfreiche hand leisten sollen, die weisheil und das
glück der nachwell dadurch {durch den wn gott empfangenen
verstand) tu bauen, («kllert 7,123;
edel sei der mennch,
hülfri-ich und gut! Göthk 2,80;
ihr eignes Unglück vergessend,
üteht Ki" anderen hei, ist ohne hülfe norh hulfrnich. 40,282;
jn, du hi<>t gut iiml hOlfrnlrh. dienest allen,
und wenn du fMlbtt in noth kommst. liIKi dir keiner.
Sniitirn T'll -K I.
1329
HILFSAM — HILFSGLIED
HILFSHAND — HILFSSTDßlE
1330
HILFSAM, adj. atixiliaris: sonn und mon, und andere hilf-
same und nützliche creaturen. Fischart bienk. 174*;
wer zust grobheit kunst veracht, fällt ein zweifei ein,
dem rausz doch ein kluger köpf bülf- und rathsam sein.
LoGAC 3, 226, 49.
HILFSAMKEIT. /■. ; («n) trieb zur hülfsamkeit. Hippel 3, 264.
HILFSARBEITER, m. aushelfender, nicht für immer rerwen-
deler arbcUer, z. b. bei einer behOrde.
HILFSARM, m. plur. hilfsarme, im bergbau die arme, welclic
die groszen oder hauplarme eines sehr schtceren rades, die den
kränz desselben bilden, mit unterslülzen helfen. Jacobsson 2, 293*.
vgl. hclfarm.
HILFSARMEE, f zur unlerslülzung einer hauptarmee.
HILFSAUFLAGE, f. praeceplum exseciäimm. Frisch 1, 440'.
HILFSBAND, n. plur. hilfsbänder, accessoria ligamenla,
nebenbänder, die den hauptbdndern der knocken zur hilfe dienen.
Nexmch.
HILFSBAU, m. ein jeder zum vortJieiUiaßeren betriAe eines
bergwerksunternehmens dienende grttbenbau überhaupt ; bergrechtüch
namentlirJi ein zum vortheilhafleren betriebe eines bergverks auszer-
halb der grenzen desselben entweder im bergfreien oder in einem
fremden grubenfelde angelegter grubenbau. Veite bergtcürterb. 27".
HILFSBEDÜRFTIG, adj.: hülfbedürflig, inops ab auxilio.
Stiei.er 280; ich hatte jung genug gar oft erfahren, dasz in
den hülfsbedürftigsten momenten uns zugerufen wird: arzt.
hilf dir selber! Göthe 26.313.
HILFSBEDCRFTIGKEIT, f.
HILFSBEGIERDE, f: ohne anhänglichkeit und hülfsbc-
üierde kann auch nicht eine rauberbande bestehn. Sturz 1,79.
HILFSBEREIT, adj.:
meine wirthe möcht ich segnen,
hOlfsbereit, ein wackres paar. Göthe 41, 297.
HILFSBEREITWILLIG, adj.: an dem verlangen hilfsbereit-
williger liebe, evang. kirchenzeitttng 1866 s. 696.
HILFSBEREITWILLIGKEIT, f.) uneigennützige hülfsbereit-
wiliigkeit. Fichte knt. aller offenb. 237.
HILFSBRIEF, m. lilterae exseculonales, brief um Vollstreckung
der gerichtlichen hilfe. Frisch 1. 440'.
HILFSBUCH, n. buch das für die lOsung irgend einer frage
bequeme hilfe getcälirt. s. hilfswerk.
HILFSBCCHLEIN. »I.; Beckers noth- und hülfsbüchlein
(ersdtien 17SS).
HILFSCHALE, /■.; wir finden noch zwei hölfschalen, nöthig
um das vielgliedrige geschüpf {die entenmuschel, lepas ancUifera)
zu bedecken. Göthe 55, 327.
HILFSEISEN . n. : vier hülfseisen halten ein finkengarn.
Jacobssox 5. 548*.
HILFSFERTIG, adj.: hülfferlig, avxilium afferens, adjutor,
aiixiliarius. Stieler 406; so viel wisse ich aber .. dasz ein
};e\valtiger sowohl ideeller als reeller zudrang diesen sonst
wohlgesinnten, wohlwollenden und hülfsfertigen jungen mann
oft auszer stand setze sich zu bewegen, geschweige zu wirken.
GiiTHE 30.226.
HILFSFERTIGKEIT, f.: hülffertigkeit , adjutorium. Stie-
ler 400.
HILFSFLOTTE, f.: die sceländische hilTsflotte unverzüg-
lich in bewegung zu bringen. Schiller 7, 527 Kurz.
HILFSGEBOT, n. gebot die gerichtliche hilfe zu vollstrecken.
HILFSGEBCHR, f. executorialia. Stieler 801.
HILFSGELD , n. l) geld zur hilfe oder zur abwehr einer
iiol dargereidit : England zahlte im siebenjährigen kriege an
Preuszen hilfsgelder. vgl. hilfgeld.
1} honoraria exsecutionis, pecunia exsecutorialis, mulcla exse-
culorialis. Frisch 1, 440*.
HILFSGENOSSE, m. iTiUovoos:
ich stand als hülfsgenosz
bei ihnen, als 7ur scblacht heran das beer
der manngcmuihen Amazonen zog. BSrger 153';
unter .sie ward auch ich als bülfsgenosse gerechnet,
als gleich männcrn ein beer Amazonen gegen uns anzog.
208',
HILFSGESCHREI, n.;
und im gebeul der winde
hört ich der wracke hülfsgescbrei. Gökikck 3, 177.
HILFSGESUCH, n. gesucli um hilfe.
HILFSGLIED, n. : das ist nun das traurige der entfernung
von freunden, dasz wir die niiltelglieder, die hülfsglieder
unserer gedanken. die sich in der gegenwart so flüchtig wie
blitze wechselseitig entwickeln und durchweben, nicht in
IV. 11.
augenblicklicher Verknüpfung und Verbindung vorführen und
vortragen können. Göthe 22. 191.
HILFSHAND, f. : wann gott der herr seine hülfshand von
ihm abziehet, pers. baumg. 5, 2 ;
die hülfshand ist ja noch den göttern nicht verkürzt.
LoHE5STEi!< Sophonisbe 92, 475.
s. hilfhand.
HILFSHEEU. n. zur Unterstützung eines hauptheers.
HILFSKREUZ, n. ein kreuz, tcelches das grosse oder haupl-
kreuz eines sehr schweren rades, das den kränz desselben hält,
mit unterstützen tälß. Jacobssos 2, 293".
HILFSKRIEG, m. krieg welchen ein slaat zur Unterstützung
eines andern führt, im gegensalz zum eigenen kriege.
HILFSKUNST, f. : dasz man die eine kunst nur zu einer
hilfskunst der andern macht, und von einer gemeinschaft-
lichen Wirkung, welche beide (poeäe und musik) zu gleichen
theilen hervorbringen, gar nichts mehr weis. Lessing 11,152;
in einer note dieser seile steht: in der französischen oper ist
die poesie weniger die hülfkunst.
HILFSLASCHE, f. im bergbau, attsgelascfites stück holz, das
die icechselung des kranzes an einem kehrrade unter den kränze
bedeckt. Jacobssos 2, 293*.
HILFSLEHRE, f. lehre die zur Unterstützung und fOrderung
einer hauptlehre dient. MOhlerbruch lätrb. des pandeetenredüs
Z.aufl. 1, X.
HILFSLEHRER, m. aushelfender, nicht fest angestellter lehrer.
HILFSLEISTUNG, f. leistung einer hilfe. s. hilfleistung.
HILFSLINIE. /". bei geometrisclien figuren, Unie zur förderung
eines betceiscs gezogen.
HILFSMITTEL, n. auxilia. Stieler 1288: ein hülfsmitlel
sein, remedio esse, remediare Frisch 1,440'; an kenntnis der
vortreflichsten muster fehlte es dem hrn. Mylius gar nicht,
und wie hätte es ihm auch so leicht daran fehlen können,
da er das hülfsmitlel der sprachen vollkommen wohl in seiner
gewalt hatte? Lessikc 4, 455 ; weil die kunst nicht um ihrer
seihst willen gearbeitet, sondern ein bloszes hülfsmitlel der
religion war. 6.436; und so war ich. ohne es heinahe selbst
bemerkt zu haben, in ein fremdes feld gelangt, indem ich
von der poesie zur bildenden kunst, von dieser zur natur-
forschung überging, und dasjenige was nur hülfsmitlel sein
sollte, mich nunmehr als zweck anreizte. Göthe 54, 307.
HILFSNOTE, f. diejenige note. welche den hilfston atisdrückt.
HILFSORGAN, ».; bei den hilfsorganen, armen und füszen.
Göthe 55, 314.
HILFSPREDIGER, m. der den eigenächen prediger einer ge-
meinde unterstützt.
HILFSPRIESTER, m.
HILFSPRIVTLEGIÜM. n. Privilegium ad celerem exseeutionem
impetrandam concessum. Frisch 1. 440*.
HILFSQUELLE, f. bildlich für hilfsmiUel; in den deutscb-
franz. Wörterbüchern des vorigen Jahrhunderts ak Übersetzung von
franz. ressource zuerst erscheinend.
HILFSRECHT, n. l) allgemein unterstützendes, aushelfendes
reclä: das naturrecht, als hülfsrecht zur ergänzung des posi-
tiven. Hcco naturredtt (ISI9) s. 245 anm. 10; hülfsrecht üt das
gemeine recht, als das neben dem besondern rechte einzelner länder
Deutschlands in allen denjenigen beziehungen geltende recht, welche
jenes besondere reclil unbestimmt liesz. GöscHE!f pandedenvor-
lesungen 1, 3.
2) hilfsrecht, die dem bergwerksbe-nlzer gesetztidi eingeräumte
befugnis, einen fremden grubenbau als hilfsbau in anspruch nehmen
zu dürfen. Veith bergicürlerb. 277.
3) dUe befugnis, die geridUliche hilfe oder execution zu voll-
ziehen.
HILFSREDE, f. cattsatio, exeusatio. phar. hülfreden arlicuh
defensionales reorum. Stieler 1540.
HILFSREITER, m. eques auxiliarius. Stieler 1599.
HILFSSCHACHT, m. .^chadU als liilfsbau. Veith bergwürter-
buch 277.
HILFSSCHEIN, tn. litterae exsecutionis, testimonium fadae
ezsecutionii. Frisch 1. 440*.
HILFSSCHREIBEN, n, requisitionsschräben einer behOrde an
die andere.
HILFSSCHREIBER, m. aushelfender sekreiber bä einer behörde.
HILFSSTEüER, f. Steuer zu einer aufhilfe, zu abwehr einer
not entrichtet.
HILFSSTIMME, f. eine stimme im Orgelwerk, die zum odaven-
oder grundton die quinte oder terze angibt. Jacobsso5 2,293'
«4
1331
HILFSSTOLLEN— HILLE
HILLE — HIMMEL
1332
HILFSSTOLLEN, m. stolkn als hüfsbau. Veith bergwürltr-
ijuch 277.
IIILFSSTÖLLNER, m. ein bergbauutiiernehmer, der einen ItUfs-
iiollm lieibt. das.
HILFSTHÄTIG, adj. : aber wohl ist ein verlangen nach
dem goide erlaubt, ja sogar bülfsthätig beim werke. Tieck
3, •27«.
HILFSTHÜRSTOCK, wj. plur. hilfsthürstöcke, höher, welche
zwischen die thürstücke eines schaclites gewecliseU tverden, dainil
die Zimmerung besser halle, zumal wenn das gebirge sehr drückt.
Jacubsso."« 2, 293*.
HILFSTON, m. der höhere ton eines trillers, im gegensatze des
haupitons.
HILFSTRUPPEN, f. plur., trappen zur Unterstützung: die
iinll.lndischen hüifstriippeii waren di? ersten, welche wankten.
Schiller 7,537 Kurz, bildlich: merkwürdig ist besonders in
dem lichtenbergischen aufsatz, wie uiun der m-utonischen
lehre durch chemische hüifstruppen in jener zeit wieder bei-
gestanden. GöTHE 54, 254.
HILFSYEREIN, m. verein zur Unterstützung.
HILFSVOLK, n.: (die Serben standen im Verhältnis) zum
griechischen kaiserthura, bald tribut gebend, bald empfangend,
bald als feind, bald als hülfsvolk. Güthk 40,310; Antigonus
verstärkte sein beer durch hnlfsvolker. Schlosser «1%. 3,95.
HILFSVOLLSTRECKUNG, f. Vollstreckung der cxeculion [vgl.
bilfe 6 sp. 13 >5).
HILFSWEISE, adv.: die alle erdkunde ist nns nicht, wie
die Chronologie, blosz Lülfsweise wichtig, zum behuf der
geschichte; sie ist selbst ein theil der geschichte. Wolf
museum der alteilhumsuissenschaß 1, 50.
HILFSWERK, n.: hüllswerke zur termiaologie des römi-
schen rechts. Richters Jahrbücher 1840 s. 271.
HILFSWILLIGKEIT, f.: die leicbtbeit des erwerbs milderte
den eigennutz zur freudigen hölfswilligkeit. Dya Na Sore'i, Zio.
HILFSWISSENSCHAFT, f.: die zur erklaning der werke
älterer Schriftsteller nüthigen bülfswissenschalten. Schlosser
uellqesch. 3,101.
HILFSWORT, H. verbum auxiliare. Stieleb 2578 : alldieweil
nlier kein zeilwort kan völlig verwandelt, noch in teutscber
spräche erkant und verstanden werden, ohn gewisse kiindig-
keit der biilfwürter . . es sind bei nns solcher genanten hülf-
witrter drei, ich bin, ich werde, ich habe. Schottel 550. —
In nicht grammatischem sinne: das fremde nein war für ihn
von jeher ein hülfworl, ein rückenwind, der ihn in den bafen
brachte. J. Paul Titan 2, 198.
HILFSWURZ, HILFWURZ, f. allium viclorialü, allermanns-
harniscti, und althuea officinalis, althee. Nemnicb 1, 190. 207 ;
dem kraut und würzen ibiscb, welches althaea von Paracelso
und sonst büifwurz geheiszen ist. L. Tuürneiszer von wassern
(1612) 218. s. beifwurz.
HILFSZEITWORT, n. verbum auxiliare.
HILFSZWANG, m. exsecutio, media coactiva. Frisch 1, 440*.
HILFU.N'G, /. opitulatio: und {das äuge) hat bei im knor-
belecbt augglider die do beschlieszen von oben mit eim
musculo und ufthueiid mit zweien überzwerchen hilfnngen.
(jERsdobf /eldb. d. wundarzn. 5. vgl. helfuiig.
HII.FVERWANDT, part.: jener beiden henrhat aber hat
den Griechen und andern hülfverwandlen nationen ein uncnd
alles ubels gebracht. Fiscuart ehz. 432.
HILFWÄRTIG, adj.:
trieb dich das gehlüt anher,
dasz du üehen wolui die deinen,
und in Höhten ohnKefchr
ihnen hiiirwartif; erücheiuen? S. Dach X2.
HILL, HILLO, lockruf für gdnse; im Sassauischen. Kehkein
19«. im Osterlande, Mciszen und der Niederlausilz lockt man dw
jungen gdnse mit blle, ein uort das nacfdter auch den voi/cl selh>l
bezeichnet. — Jacüvsson 2,257' führt aber ein bilo als lodiruf
für falken auf.
HILLE, f. unter wurttarten wird angefühlt: von . . krop-
Mösigen blutwUrslen und nauinii.schen hillen, in iiostra villa,
ligDo »uspenditur billa, die sie zur grasten zier umb den tisch
henken , das »ic eim auf schlau^a^i.^ch iub maul henken.
Carg. 5J*,
HILLE, f in Westfalen und Niedersaehsen der tiieicker iber
den rwhraumen an der ijroszrn diele, der in einzelne vendddne
lu scIüaftUtUen dn dientibolen, urrkzeiigsrdumen u. .».»■. nbgrlhrdt
ist. aus Holstein wird von SchOtze 2, 138 dafür die form bilge
bezeugt, in Pommern ist bilde der hcuscimppeu , auch niedcrl. bilde
pabulalorium, prompluarium, foenile (Kilian); im Cöllingischen
bitte und hille die raufe in den stallen. Schambacu 82\
HILLE, adj. eilig, hurtig: er hat es sehr bille. Campe fander-
«. jugendschr. 18, 30 ;
ihr (neuverm6U^lte) w&rt euch selbst genug, und hättet nichts
von nöbten,
als dann und wann die hille gegenwart
der weisen mütterclicn, die reichlich wicdcr.schaffen,
was krieg und dokiurey hinab zum orkus ralTen.
Klamhr ScuHutT poet. briefe 63.
Das Wort i.ü das über das ganze niederdeutsche Sprachgebiet ver-
breitete hille und bilde (Schütze 2, 137. Ricuey 95. Scdamb. 82'
«. a.), dessen grundbedeutung wol geneigt, abschüssig ist, und
das zu dem sp. 222 verzeichneten häldcn, beiden stürzen, neigen
gehört.
HILLICH, ffi. für bileich, s. sp. 1311.
HILPERTSGRIFF, HILPERSGRIFF, m. die gekürzte und ge-
wöhnliche form für hildebrandsgrifl' sp. 1322, im le. und n.jahrh.
viel gebraucht: die sich ausz dem Stegreif und mit faulen
fischen und mit hilpersgriffen . . . schendlich oder vortheil-
baflig nehren. Mathes. Sar. 26'; ob er wol fromb ist und
weisz ire geschwinde hilpersgriffe und wellgescheide anschlege.
153'; arge renk und hilpertsgriff. hist. von Jesu Christo l,10l';
braucht hilpertsgriff, nembt desz Rcinicken fuchsen schelmen-
stücklein zn hülf Ayrer proc. 3,1; mancher meint, das sei
eine grosze kluglieit, wann er eineti andern mit falschen
Worten, mit listigen renken und allerlei hilpersgriffen be-
triegen kan. Schdppius 143 ; indehm er nun durch solche
hilpersgriffe die machtigsten im volke unterdruckt hatte.
BüTscHKY Palm. 919 ; mit allerhand fündlein und hilpersgriffen.
Otho 1064; wie dieser grosze Sprecher alle seine gelder und
mittel mit slaatsbettelei und hilpersgriffen, nicht aber mit
redlicher soldalenfaust noch mit ehrlichen lebnungen er-
worben bat. TiECK 15, 316. in Koburg ist das wort noch gäng
und gäbe. Fromm. 2, 20.
HI.MREERE, /'. l) rubus idaeus , Strauch und fruchl. ahd.
hint-peri, mhd. binl-ber, nach der allgemeinen annähme die
beere, welche die hinde gern fiiszl. neben dieser noch lebenden
ältesten form des Wortes und der gewöhnlichen bimbeere verzeichnet
Nemnicu 4, 1178 eine reihe volksmäszigei- Verstümmelungen : him-
bekbeere, hombeere, himinelbcere, bimpelbeere, himpelhrem,
hinibrem. — Auszerdcm steht hynper für arciocida, wachholder.
DiKK. 45'.
2) bimbeere eine schneckenart, tnurex nodus. Nemnicb 3, C43.
HIMBEERENDUFT, «i. ;
die täuschende rescdu, welche mir
liinibeereiidurt zn schwelgen Kicbl, und nicht
liiniheeren seihst. Kl. Schmidt jwrl. briefe 89.
IHMBEEUENSAFT, m, saß aus den himbeeren gewonnen.
HIMBEERESSIG, m. essig aus himbeeren.
HIMBEEBKRAUT, n. reseda odorata.
HIMBEERMETH, «1. melh aus himbeeren.
HIMIiEEUSTAUDE, /. rubus idaeus;
HIMBEERSTRAUCH, »». rubus idaeus.
HIMBEERVOGEL, m. paptlio rubi.
HIMIIAM, m. in buchdruckereien ein strick an 1/11 yitsse, der
von der decke des zimmers bis zum fuszbudni herabreichetid , an
seineni untern ende eine schuhsolUe oder einen panlu/Til h.i.ii,
durch einen tritt darauf fällt der deckelrahmen herul
HIMMEL, m. caelum.
golh. biinins, alttford. hiininn ; alls. himil, fries. himni, uiederl.
hemel, schwed. dan. biminel ; ahd. himil, ndid. himel. dtesem
Worte gegenüber, das golh. und altnord. nur tm ableitenden suffire
von den andern genannten dtalecten verschieden ist, steht, im alt-
sachsischen beginnend, im augrlsäclisLschen und englischen, auch
in einigen heutigen niederdeutschen mundarlcn allein gebräuchlich
nn anderes wurzeUia/l nicht reneandles , alls. helian , nicderd.
heben, ags. bcofuii, engt, heavcn; auch im altmtrd begegnet
ein sellenet liilinn. wie dies auf die würzet bab hdien, halten
(sp. 46 721) zurückführt, und den himmel als umscHlkszer , hnller
der erde bezeichnet, so ist nach der von (iRIMm gegebenen, wol-
lirrechligten etymologic biinmel ro» der würzet liam deiken aus-
gehend {vgl. sp. U8U) und hat die eigenlliclir bedenlung einer decke
oder eines daches der erde, daneben hol .uch auch eine über-
tragene tjebildrl. — Üie durch ganz Schwid>en gewöhnliche aus-
spräche hennnirl .\rhrtnl auch einmnl hei Keisersbebc durch: die
znng (u() du- fcder des hcilgm geisis und der inundt ist
die portcn des bcmcU. sümtm d. m. VJ*.
1333
HIMMEL
HIMMEL
1334
I. himinel im eigenlliehen sinne.
1) die jüdische Vorstellung ron mehreren himmeln, mit der aich
lUe griechische von den himmelssphären berührt, lebt im deutschen
millelalter und auch noch später in ausgedehnter weise, natur-
geschichlliche verke und nach ihnen andere berichten von zehn über
einander liegenden himmeln, von denen der oberste, der feiier-
biinmel. die eigentliche wolinung gottes sei; nach dem zueilen, dem
cristallischen Himmel, und dem dritten, dem festen himniel.
werden noch die sieben himmel der planeten angenommen
(Mecenberg 551; sich, ob dem niunden bimel. der unzallkhen
me denn hundpilliisentstund witer ist denn alle; ertricb, da
ist erst ein ander himel ob, der da heisset celum empjTeum,
der fiurin bimel. also gebeissen, nit von dem fiure, allein
von der nnmessigen durglenzenden klärbeit. die er an stoer
nature bat . . . und da; ist der biTlich bof. in dem da;
liimelscb her wonet. Soso in Wackernagels leseb. 1045, 24.
in gemeiner rede uird bald von drei, bald von sieben, bald von
neun Itimmeln gesagt, von drei, indem man die sieben planelen-
himmel unberücksichtigt läszt ; und namentlich im falle der höchsten
Seligkeit ist man im dritten bimmel, in golles sitze: derselbige
ward entzücket bis in den dritten himel. 2 Cor. 12,2; er
überliesz sich ganz dem genusz einer heiligen Schwärmerei,
jenen halb geistigen halb physischen empfindimgen, die, wie
sie ihn eine zeit lang in den dritten bimmel erbuhen, bald
darauf in einen abgrund von ohnmacht . . versinken lieszen.
GöTÖE 20,263;
ein auserwehrt rüstzeuge war,
Paulus, in dritten himel gar
verzückt. Seliieccer christl. psnlmen (15S7) -423;
welch ideal aus engelsphantasie
hat der natur als musler vorgeschwebet,
als sie die hüll um einen geist gewebet,
den sie herab vom dritten himmel lieh? Borger 69*;
und wenns im dritten himmel war,
so acht icbs keine fledermaus. 71';
oder von sieben himmeln, indem man nur die planelenhimmel
zählt:
sibene sint der himele,
unte laufent dar nebene
Sternen sibene liebte,
die got scuor von niehte.
DiEHER ged. lies 11. it. 12. jahrh. s. 311, 8;
und ihr letzter ist goltes u-ohnung, namentlich in dem volksmäszigen
ausrufe: berr gott im siebenten bimmel I; endlich auch, an-
lehnend an die neun altgrieehischen himmelssphären {vergl. kor
theil 5,1793.1794) ton neun himmeln, daher bildlich: ein ritter
hat sich untersieben dürfen seine äugen bisz an den 9'«i
bimmel dieser Schönheiten zu erheben, d. bärt. frauenz. 34. —
Es begegnet des bimmels chöre :
das ist ihr irdisch nachgeahmtes bild,
sie selber wandelt in des bimmels chören!
Schiller Jumjfrau 4, 3 ;
oft auch die blosze mehrzahl die bimmel, nach biblischem spraeh-
gebraudie: die himel werden seine gerechtigkeit verkündigen.
ps. 50,6; die himel sind deiner hende werk. 102,26; o ihr
bimmel, verwundert euch über dieses menschen grosze Un-
dankbarkeit. ScHüPPius 323; die himmel freuen sich deines
siegs. Gotter 3,102; ins feld, wo aus der erde dampfend
jede nächste woblthat der natur, und durch die himmel
wehend, alle segen der gestirne uns umwittem. Göthe 8,275;
jauchzt, bimmel, die ihr ihn erfuhrt,
den tag der beiligsten geburt.
Gellert 2, 155 {nach les. 44, 23);
dasz ich mit dir durch die bimmel schwebe.
HöLTT 64 Halm;
tbun die himmel sieb auf und regnen, so träufelt das wasser.
Görag 1, 383.
2) unter bimmel ist verstanden das gesamte himmelsgeteOlbe,
das die erde einschlieszt und an dem die gestirne sich befinden
{s. Sternenhimmel):
in dem himmel ruht die erde,
mond und sterne halten wacht. K. Refmck liedcr 119;
f« diesem sinne ist himmel namentlich der erde entgegengesetzt
{theil 3,751): der himel und erden gemacht hat. ps. 115,15;
es lobe in himel. erden und meer, und alles das sich darin
reget. 69,35; der himel ist hoch und die erden tief. spr.Sal.
25, 3 ; und die ganze velt vird durch die Verbindung dieser beiden
gegensätze zusammengefaszt, so dasz der herr des bimmels und
der erden gott ist, als allherscber : ich preise dich vafer und
herr bimels und der erden. Nalth. 11.25;
gott des himmel.« und der erden,
vater, söhn und heiiger gei«t.
Sprichipürtlicli bietet man bimmel und erde auf, alles: ist es
möglich über eine verstorbene so viel klagen auszuschütten
und, so zu sagen, bimmel und erde zu bewegen, und in
kurzer zeit die verstorbene . . zu vergessen. Frad Gottsched
briefe 1,142; der zornige irill bimmel und erde vermischen:
als dann will man bimel und erdtereich vermischen, so wir
doch selbs daran schuldig. Zimm. chron. 3,126,27; mir ver-
geht himmel und erde hei seinem anblicfc! Göthe 57,134;
dasz mit den kenntnissen . . seines gastes niemand zwischen
himmel und erde sich zu messen vermöge. Ihvebmann Münchh.
1. 94;
bisz kaiser Fridrich henket .
sin Schild au dürren boum;
denn wirt erfüllt die prophezi
in himel und uf erden. Lilie>cro:< roto/. 2,26,21 ;
ihn preise, was durch Jesum Christ
im himmel und auf erden ist, Gellert 2, 154.
in einem ausrufe:
erd und bimmel ! eine solche
sollt ich nicht mein eigen sehn? Bdrcer 75*.
im die ausdehnung der erde, die gesamlheit ihrer bewohner zu
zeichnen, heiszt es alles unter dem himmel, so weit der himmel
blau ist : berr dein wort bleibt ewiglich, so weit der himel
ist. ps. 119, S9 ; das wir der (Juden) geschweigen, die Lucas
erzelet, die ausz allen landen unterm himel auf dem groszen
und newen pfingstag zu Jerusalem zusammen kommen sein.
Mathes. Sar. 90"; die edelleute in Bäyerland mögen jagen,
so weit sich das blaue am himmel erstrecket (rechtssprichtcort,
um die völlige jagdfreiheit der genannten anzudeuten). Pistorids
Ihes. paroem. 5, 53 ; Albert ist der beste mensch unter dem
himmel. Göthe 16,64;
secht alles, das unter dem bimel ist,
dunkt mich in meinem sinn als ein mist. fasln, sp. 133,3;
Hiebt er, so folg ich ihm, so weit der himmel blau.
KoTZEBim dram. sp. 2, ISl.
An diese ueile des himmelsgeuölbes knüpft himmel als erster theil
von compositen in verstärkendem sinne an (vergl. himmelangst,
himmellang «. a. unten), recht.i formet, vm die unbeschränklheit
einer lierschaft auszudrücken : item zu erst ist geweiset unser
gnedigster herre erzbischof zu Collen vor einen herren zu
Cochenheim van dem himel bis uf die erden und von der
erden bis in den himel und dasz khein mhan zu Kuchenhein
zu gebieten und zu verbieten habe dan allein unser gn. h.
von Coln. weisth. 2, 680 (ron 1596).
3) in vielen andern fällen aber wird unter himmel nur der
theil des himmelsgeicvlbes gemeint, der einem sprechenden sichtbar
ist oder der einen bestimmten landstrich bedeckt: unter dem
schönen himmel, der dieses von der natur verzärtelte land
umllieszt. Wielajcd 19, 8 (Abderiten 1, l). der zu äuszerst sicht-
bare rand ist der säum des bimmels :
wie der Schnitter frohlockt, wenn er hinter dem bain
dich [mond] am säume des bimmels
mit der blinkenden kerze siebt. IIoltt 67 Halm;
und der himmel selbst wird nidtt nur einem gewülbe, sondern
auch einem zelte, einem bogen verglichen :
da empöre sich der mensch! es schlage
an des bimmels Wölbung seine klage.
Schiller das ideat und das tehen
wie trägt mich meine kunst, die höchste unter allen,
so nahe an des bimmels zeit! ders., der metaplujiüicr ;
ich aber sab es, wie des bimmels bogen,
der erde glänz im stillen teiche ruhten. Ublanb ged. 141.
himmel steht im gegensatz zur behausung, zu dach und fach:
der müsse sich gewöhnen, dasz er . . die grüne beide zu-
weilen zum Unterbett, und den bimmel zur Oberdecke habe.
ScHüPPiüs (1701) 544; «« der formet unter freiem himmel: aber
thiiren die neministen so frech und hochmütiglich unter den
freien himel heraustreten ? Wica.vdis newe Willenberger 2* ;
hier unter gottes freiem bimmel. I]f]iERMA>c.<( Münchh. 4, 75 ;
des freien himmels weite musz ich suchen.
Schiller Jungfrau 4, 9.
himmel offen heiszt es, wenn die belagerer sidi gegen einen
feslungsgraben nähern, o/me von o6e« gfgen granaten und slein-
wiirfe sich zu decken. Egcebs kriegslex. 1, 1196, hei andeutung
von weltererscheinungen heiszt es der blaue, heitere, helle, klare,
reine, glänzende, strahlende, unbewölkte, wolkige, finstere,
schwarze himmel ; ein grauer, bleierner himmel ; und mit
einer gewissen personificalion, der himmel lacht, grollt, zürnt
{bei gewUter);
der bimmel wirft die blitze nach uns aas.
Uhlamd ged. 169.
84*
1335
HIMMEL
HIMMEL
1336
bei bestimmung von tages- und nachizeilen heller himmel, dun-
kelnder himmel, grauender himmel bei murgendämmcruny ; um
himmel wirds schön durch seinen wind. Hiob 2(J, 13 ; lur im
erzittert das land, und bebet der himel, sonn und moiul
werden finster, ioel 2, 10; des abends sprecht ir, es wird ein
schöner tag werden, denn der himel ist rol, und des morgens
sprecht ir, es wird heute ungewitler sein, denn der himel
ist rot und trübe. Maüh. 16, 2. 3 ; es war ein ganz reiner
himmel, kein Wölkchen, nur am horizont eine art höheraucli
GöTHE 27, 164;
der goldgestückte himmel.
. Talandkr Olorena (Ibyi) 351;
schaue des himmels
heitere bläue. Klopstock 2, 212;
der himmel lacht,
die maiennacht
träult perlen in unsere locken! Uöltt 195 Halm;
seht den himmel wie heiter! Voss 4, 71;
rotli wie blut
ist der himmel ;
das ist nicht des tages glut! Schiller glocke 177;
wie in den sommerlüTten welter wehen,
bald still am reihen himmel furchtbar stehen.
TiECK Ocliiviaii s. 411 ;
zum himmel lilick ich dann empor,
er hängt mit wdlken dicht. Uuland ijed. 29;
wüiiu auch am himmel nirgends glänzt ein stern. 120;
ach du klar blauer himmel,
und wie schön bist <lu lieut! R. Reinick lieder 115.
slimmuny des herzens und färbe des Itivirnels werden zu einandei
tn bezug gesetzt:
das ist
ein andrer himmel, eine andre sonne,
als vorhin da gewesen war — sie licht mich !
ScuiLLEB Karlos 2, 4.
der bltue himmel ivird zu einem scherze benutzt: er hat seine
vorige frau tractirt, wie der pfüsterer zu dosier Neueburg
das brod, welches er allezeit prüglet; sie ist schon fürwahr
bei lebenszeilen selig gewest, denn sie hat stets den himmel
im gesiebt getragen, sie war immer blau. Abb. a S. Clara
eltcas für alle {Würzb. 1C99) 442;
und heut ist eben der, der meinen kränz zerrissen,
noch vor der sonnen licht bei grauen liimmei l'ort.
jiotil. stückf. 358;
der wagen fuhr auf gutes glück,
bis dasz der himmel graute,
und man, beim ersten sonnenblick,
ein grünes eiland schaute. Hölty 23 llulin.
in demselben sinne {uo. 3) noch zaldreiclie andere ßgungen. der
bibelsprache gehört an das auflhun des himmels bei regen, das
schlieszen des himmels bei dürre: tlieten sich auf die lenster
des himels, und kam ein regen auf erden. 1 3/os. 7,1t; durch
das Wort des herrn schlosz er den himel zu. Sir. 48,3; dein
himel der über deinem heubt ist, wird cbrnen sein, und die
erden unter dir eisern. 5 Mos. 28, 23 ; die vügel werden gern
unter dem himmel fliegend gedacht: sehet die vogel unter
dem himel an. Malth. 6,26; ire leichnum sollen der vogel
des himels und der thier auf erden speise sein. Jer. l(i, 4 ;
das hohe, grosze strebt gen himmel. reiciU in den himmel : du
Capernaum. du bist erhaben bis an den himel, du wirst bis
in die helle hin unter gestoszen werden. Malth. 11,22; der
bäum ... wird bisz in himmel reichen, pers. rosentitai 8,3;
den kölnischen dorn aufzustellen als musterbild jener unge-
heuren conceptionen, deren sinn babylonisch in den hiumiel
strebte. Götuk 25,273; i/esclirei steigt zum himmel auf:
welch laut getüminel, welche wilde frcuile
schlagt denn so ungestüm empor zum himmel?
TiECK Oclavian k. 249.
gen himmel. zum himmel bezeichnet nach oben, wobei es sich
gewöhnlich, nicht immer, um einen unbedeclilen räum handelt:
schaw gen biincl und sihe, und schaw an die wölken, das
>ie dir zu hoch sind. Hiob 35,5; Marquis zum himmel sehend,
den dolcb auf ihre brüst gesetzt. Schiller Karlos 4, 17 (die
teene ist ein timmer);
ich iah drei gebratne tauben Dieeen. . . .
die bfiucho halten »1« gen himmel geken,
den rficiien zu der erden. rai.Afin voikil. 63t.
M lodert ein brand gen himmel : es scind auch allzeit ent-
gegen bei einer yedeii lench, der man gen himmel zündet,
XT oder xx mann. Frank we^. 225*;
durch* land man do locb
und Rcbirki (iii! dArfrr mit rouch
zu himinrl. i \ vn »' ir.t'r /. / ns»;
sie freiiien sich der schonen glut,
die, wie ein helles osierleur,
gen himmel llog. Höltt 37 Halm.
Ein gehängter schwebt zwischen himmel und erde: hat sich ..
zwischen himmel und erden befestigen lassen. Happel ucad.
rom. 32; so ist es doch immer noch besser als zwischen
himmel und erde baumeln. Kotzebue dram. sp. 2, 340.
4) anknüpfend an die bedeutung 3 wird nach dem himmel die
gegend, das land beslimnU, namentlich soweit das weiter, hitze uml
kälte, und alles was unter deren einflusse steht, hervorgehobeit
werden suU: die betrachtung von dem einllusse des himmels
in die kunst . . . durch den einflusz des himmels bedeuten
wir die Wirkung der verschiedenen läge der länder, und der
besondern Witterung und nahrung in denselben, in die bil-
dung der einwohner, wie nicht weniger in ihre art zudenken,
das clima, sagt Polybius, bildet die sitten der Völker, ihre
gestalt und färbe. Winkelmann 3,46; der untere Iheii von
Italien, welcher mehr, als andere dieses landes, einen sauften
himmel genieszet. 52 ; sowie nun der himmel und das clima
seihst in der bildung wirkete, die noch unter den heuligen
Griechen .. vorzüglich ist. 4,9; euer vaterlandischer himmel
wird euch neues leben in die gebelne strömen. Lenz 1.222;
menschen die unter einem andern himmel gebühren sind.
GiiTME an Lavater 90; es ist freilich abgeschmackt, sich unter
jedem himmel wie ein Pariser zu kleiden. Stürz 2,394;
ach, sie flnden sich nicht, die lür einander doch,
und Lur liehe guschairen sind,
jetzo trennet die nacht fernerer himmel sie,
jetzo lange Jahrhunderte. Klopstock 1,67,
schwer liegt der himmel zu Madrid auf mir
wie das bewustsein eines mords. nur schnelle
Veränderung des himmels kann mich heilen.
.Schiller äon Karlos 2, 2,
wer hätte dich geschn,
wer unter diesem himmel dich gesehn
und rühmte sich — er habe nie geliebt? 2, 8;
hatte Asblaste wol den himmel, aber nicht ihren zustand
geändert. Lohenstein Arm. l, 1045'.
5) viele Sprichwörter und redensarten, in denen himmel in den
bedeutungen 2-5 begegnet: wann alt leut danzen, so ist der
himmel in einer färb. Frank spr. 1,41'; es kan keiner zu-
gleich gen himmel und erden sehen. Schottel 1124'; klarem
himmel und lachenden herren trau nur keiner nicht. Otho
972; wann die sonn am himmel ist, siebet man die sten.e
nicht. FisTORius ///«. par. 7, 45 ; was vom himmel fällt, schadet
keinem. Simrock sprichw. 250; unter freiem himmel biegt sich
kein balke. der himmel ist uns überall gleich nahe, der
himmel ist hoch, man kann sich nicht daran- halten. 251;
wer raac sich an den himel haben (liatten)'! rimj 5', 13;
wer hoch hinaus will, wird gewarnt golt läszt die bäume nicht
in den himmel wachsen; gott hat noch niemals keinen (bäum)
bisz in den huninel lassen wachsen. Lehmann ISl; den aus-
nehmend gelobten hebt man bis in den himmel : bisz an him-
mel erheben, in coelum ferre .Maaler 222'; einen loben und
erheben bisz in himmel , ad coelum efferre aliquem rumore.
das.; dem fröhlichen hängt der himmel voller geigen: ich liesz
trefflich zur hochzeit zurüslen, dann der himmel hing mir
voller geigen. Simpl. 2,34 Kurz; übertragen: er führele uns
durch die kücheu ... da sähe ich, dasz der schwarze hiunnel
auch schwarz voller lauten, llöten und geigen hieng: ich
vermeine aber die Schinken, knackwürste und speckseilen,
die sich im kamin befanden. 1,235;
und kan einer heimliche stuck erzeigen,
das sie maint, der himel bang vol geigen, fnsln. sp. 240,22,
das sie maint, es regen eitel lucker und feigeu
und der himel hang vol susxcr geigen. 752. 2.
äusicrstes verwundern wird gezeichnet:
was henker! du bist nicht der abi von st. (i.ilIunV
rief hurtig, ali war er vom himmel ge'allen,
der kaiser mit frohem erstaunen darain. Kürcir 67'.
itber unerhörte frevel crschwarzt der himmel , s. crschwarzcn
theil 3 qi. 977, und vcrgl. nachher himmel als wolinung goUes:
ling ich an diesen burschen vorzulügen, dasz der himmel
hiitte crsthvvarzen mögen. Stmpl. 1,395 A'nr:; von etnem groszen
litgner und gesagt, er lügt das blaue vom himmel herunter:
des himmels ciniall enJhch fülirl den unterijung der weit herbet:
tu diMiken wir an den jOtigmen tag
und hnrrn pnxnunen Hch.illen,
die criilinr .ipringen vom donnffr"»«"!!!.!.
die »lerne vom himmel l.ilicii. t'iii «m. . < i.i;
1337
HIMMEL
HIMMEL
1338
wenn der himel fiel , so blieb kein aller hafe und bäum,
wann der liimel fiel, so erschlüge er mehr kachein dann
öfen. feilt der himel, so bleibt nicht ein zaunstecken stehen,
und gibt ein grosze vogelkefich. Agk. spr. (1560) 273" ; der himel
wird noch heute fallen, und wird kein alter topf morgen
ganr sein. Luther 1,52"; wie der blöden gewissen art ist,
das sie imer meinen, der himel falle. 4 (1556), 259*; lasset
uns mit frieden essen und trinken, wenn der himmel ein-
fällt, sind die wachtein gefangen. Don Quixote 1767 4,166
{niclil im span. original); ich aber, unter solchen umständen
aller hoffnung quitt, rief, als man eben die ersten lerchen
speiste: nun, wenn der himmel einfällt, so werden ihrer
viel gefangen werden. Gothe 31,275;
lasz nur die sorge sein,
das gibt sich alles schon,
und fallt der himmel ein,
kommt doch eine lerche davon. 2, 245.
bezüglieh eines sich für unentbehrlich haltenden ; sie (die phariiäer)
haben nicht den namen, das sie verstörer, schedliche, un-
tüchtige weren, sondern bawleute sind sie, die nötigsten,
nützlichsten, besten leute auf erden, das, wenn sie nicht
weren, der himel fiel gewislich ein, ehe es abend würde,
und land und leute verdürben. Luther 5, 66'. um das im
hücitslen grade unerwartete anzudeuten: ich war gleichsam als
ganz erstarrt und hätte mir eher des himmels einfall ver-
sehen, als dasz meine geliebte Blandine sich so schleunig
in der liebe ändern sollen. Parthenophilcs das bei academien
lebende frauenzimmer 152; Trier und Pfalz vermutben eher des
himmels einfall , als dasz ich ihnen übern köpf kommen
werde. Göthe 8, 126.
6) alle religionen denken sich den himmel als silz der gütter
oder gotles. er ist ihnen theils eine feste, und in erinnerung an
die beabsichtigte erstürmung des himmeb seitens der Titanen heiszt
es von einem, der ungeheures sich vornimmt : er will den himmel
stürmen;
als ausz deiner sinnen stärke
Jupiter nahm ein gemerke,
dasz du durch so kühnes streiten
würdest bisz in himmel schreiten.
LoGAU 1,15,42 (an einen kriegrtschen Held),
vgl. himmelstürmend, himmelstürmer; theils nur ein haus, vgl.
unten himmelsthür, himmelspforte, himmelsfenster, himmels-
saal :
niemant on gnad begreifen mag
des himels pfort. Uhlasd volksl. 837.
unsere bezüglichen Vorstellungen fuszen auf orientalischem gründe,
a) der himmel als wohnung und aufenlhalt gotles, Christi und
seiner mutter, der dreieinigkeü, der engel: ir gebet kam hin ein
für seine heilige wonung im himel. 2 c/jro;i. 30, 27; der herr
schawet vom himel. ps. 33,13; da thet sich der himel auf
über im, und Johannes sähe den geist gottes, gleich als eine
taube her ab faren. Afü///j. 3,16; sie sind gleich wie die engel
gotles im himel. 22, 30. Sprichwort ; gott siebet des Jahres
zweimahl vom himmel, und wie er einen findet, so lasset
er ihn. Schottel 1116";
Christ für gen himel,
was sant er uns wider?
er sendet uns den heiigen geist. Uhland volksl. 833;
von himel kam der engel schar,
erschein den hirten offenbar. Luther 8, 358*;
daher formelhaft bei danksagung:
TOR nun an bisz in ewigkeit
sei gott im himmel dank! Uhland volksl. S42;
beim schwur:
sie sinds (getiebt) !
so wahr ein gott im himmel wohnt, ich schwör es.
ScuiLLSl don karlos 2, 8;
bnm ausruf:
ach reicher gott vom himmel herab,
was mag doch diesz bedeuten! üulano volksl. 222;
0 reicher Christ vom himmel,
wie wiri es mir ergeo ! 194;
hilf, reicher Christ vom himmel hoch ! 261.
ein uns gethanes unreclU, ein bereiteter schmerz schreit zum
himmel, vgl. himmelschreiend; der betende blickt, fleht, seufzt
zum himmel :
wir wollen uns zum kreuz und altar wenden, . . .
gebete demüthig zum himmel senden.
TiECK Uctavian s. 420;
»om himmel herab wird die gewährung geschickt; Sprichwort:
die eben werden im himmel gemacht. PisTORiostt«. ;><ir. 3,63.
nn maächen wird einem engel des himmels venjlichen :
EriBin zu Elmiren. engel des himmels !
deinem sanften blicke
dank ich all mein glücke. Göthe 57, 140.
b) der iiimmel der aufenthaltsort der heiligen und der seligen,
die Wohnung der reinen scelen nach dem tode. der fromme
kommt in den himmel; gute werke werden im himmel be-
lohnt; es wird euch im himel wol belohnet werden. Matth.
5, 12 ; der karchweg , da die seelen ausz dem fegfewr in
himmel pflegen zu faren. Fischart bienk. 197*; der weg zum
himmel geht durch kreuzdorn. Simrock sprichw. 251;
also allain frumb standthaft leüt
zu himel haben syg und peüt. Scuwarze;<berc 101*;
so bald das geld in kästen klinget,
die seel sich auch in himmel schwinget.
Tktzels verse bei Pistorics thes. par. 9, 75
und so es so soll sein, dasz beut ich noch soll gehen
desz todes Unstern gang, so wollstu bei mir stehen
und gehen lür mir her, ins leben durch den tod,
in himmel ausz der weit, zur freude von der noth!
LocAU 1, 5;
bei allem, Roderich,
was du und ich dereinst im himmel hoffeu,
verjage mich von dieser stelle nicht! Scuiller Karlos 1,2;
die menschen haben jetzt das wesen dieser religion erkannt,
sie lassen sich nicht mehr mit anweisungen auf den himmel
abspeisen, sie wissen, dasz auch die matcrie ihr gutes hat.
H. Heine 6, 20, der gute soll nämlich schätze im himmel sam-
meln: samlet euch aber schetze im himel, da sie weder
motten noch rost fressen. Matth. 6,20;
und lert auch mit guten Sachen,
bleiblich schätz zu himel machen.
SCHWARZE!«BERG 145*;
himmel will verdienen sich
pfafT und ritterorden. Göthe 2, 164.
in der wolmung der seligen ist unterschieden der vorhimmel,
wartehimmel, väterhimmel, der aufenlhalt der durch Christum
nicid erlösten vorväter ; o wie viel tausend einfältige baurea
sind, die nit viel disputiren können, und bei ihrem cate-
chismo bleiben, und kommen doch in den himmel, da her-
gegen mancher hochgelahrter mann herauszen bleiben musz!
wer ist nun der glückseligste? der, welcher mit seiner einfalt
in den baurn-himmel komt, oder der, welcher mit seinem
groszen schulsack ... in die hülle fährt? Schlppiüs 652;
welche gern in den einfältigen fischerhimmel wollen, darin
der alte fischer Zebedäus mit seinen sühnen Jacobo und
Johanne sitzt. 193. den einfältigen wird auch im Sprichwort eine
besondere anwarlschafl auf den himmel gegeben : unser herr gott
musz den himmel mit kinderen und alberen füllen. Schottel
1144'. Sprichwörtlich : der himmel ist den gänsen nicht erbaut,
den gottlosen auch nicht. Schottel H20'; du grober und
undankbarer gast ! du lassest dich (von gott) Jahr und tag
einladen, und sagst nicht einmal deo gratias, meinest, es
müsse eben so sein, der himmel sei nicht den gänsen gebaut.
Otuo 654; ach es ist uns ja alles daran gelegen, dasz wir
nicht hinter dem himmel hingeben. 22; der faule musz mit
den fünf thürichten Jungfrauen neben dem himmel hingehen.
993; der glückliche ist wie im himmel (vgl. auch unten 8, c): wir
waren nun frei und lebten wie im himmel. Göthe 20, 51 ;
so ein alter kerl ich bin, wo ich liebe sehe, ist mirs immer,
als war ich im himmel. 57,122; ich bin hier (in Dresden) im
schosze unserer lieben aufgehoben wie im himmel. Schillkr
an Körner l, 53 ;
ir habt mir also s€re
gehoehet minen senenden sin
und alle mine sinne hin
von mir gefüeret so
beidiu verre und hö
als ich in dem himel si
oder aber vil nähen da bi.
U. v. Lichtenstein 386,32;
(die liebe) giebt uns des himmels Vorgefühl.
HöLTT 199 llulm;
Jugend unter tanz und spiel
meint sie sei im himmel. Göthb 2, 164.
der verzückte, selige sieht den himmel offen :
das äuge sieht den himmel offen,
es schwelgt das herz in Seligkeit.
Schiller glocke v. 76;
der himmel nah und fern,
er ist so klar und feierlich,
so ganz, als wollt er öffnen sich. Uhlaid ged. *. 19,
das glück der erde miss ich gerne
und blick, ein niärtyrer, hinan,
denn über mir in guldner ferne
hat sich der himmel aufgeilian. ;. 27.
1339
HIMÄIEL
HIMMEL
1340
um ein gedrdnge zu kennzachnen : im dorf ginp es lieiil (ror
faslnacht) zu, wie im himmel vor der Ihür. Feldkr ^ümma-
viüllers 93, denn an der himmelslhür drängen sich einlasz sttcliend
die Seelen.
c) der himmel ah ort der seliqen ist in pegensalz gebracht zur
hülle, als ort der verdammten: dasz ir ja nichts hnit v(im
künftigen leben, es hcisze der hiniel oder die helle. Schade
sat. u. pasqu. 2,103,5; die guten kommen in den himmel,
die bösen in die hölle. Verbindung heider gegensätze in formel-
haßen und sprichtcürtlichen redensarten: die ehe ist himmel und
hölle. ScnoTTEL Ute"; was sie thun sollen, herrValer? eine
grosze frage ! himmel und hölle rege machen, damit die gute
Jungfer nicht musz! den vater auf andre gcdanken bringen,
den söhn auf ihre seile ziehen. Lessing 1,239; ein fluch ist
himmel und hülle!;
acli ! sie yergasz der nonncnpflicht,
des Himmels und der liölle. IIöltt 32 Ualm.
die hülle tcird genannt der himmel , wo die engel wauwau
schreien. Schmid schiräb. trörterb. 520; sie kommen in himel,
da die engel mit keulen tanzen. Wenzel Link dialog der ausz-
gelaufnen mündie.
') himmel für die im himmel wohnende gottheil:
so sauer ringt die kargen loose
der mensch dem harten himmel ab.
Schiller itas geheimnis;
namentlich eigens aucli für gott , dessen namen oß zu nennen
man sich scheut: den himmel zum zeugen für eine behauptung
anrufen ; der himmel segne dich wegen deines mitleidens.
Croneck 1,110; zum ersten, zweiten, dritten, und der him-
mel gebe, letzten male drucken lassen. Lessing 6, 2C4; ehe
das verzehrt ist, wird der himmel weiter helfen. Göthk
18,99; so dankte er dem himmel, als er sich dem flachen
lande wieder näherte. 140; ich sage dir alter, dasz in solcher
läge der seele nirgends trost zu hoffen ist, als den uns der
dimmel durch seine heiligen diener gewährt. 57,118;
wann des lasters riesenirotz die langmuth
des himmels auTgezehrt. Schiller Karlus 2,6;
die königin ist frei, vor menschenaugen
wie vor des himmels äugen frei. 2, 15;
ich liesz den himmel und die vorsieht walten.
TiECK üctiivian s. 249;
verhüte der himmel , dasz man euch zumuthen sollte . . .
WlELAND 19, 5;
da sei der himmel vor! Grsflinger Cid RS';
80 ist mir jetzt, weisz der liebe himmel ! unmöglich etwas
anderes zu dichten oder zu trachten, zu denken oder zu
schreiben als Oberen. Wieland an Merck (1835) 197 ; ja frei-
lich antwortete ich mit angenommener kälte und fühlte der
himmel weisz was und wie viel dabei. Güthe 19,283; als ich
weiter heran wuchs, las ich, der himmel weisz was alles
durcheinander. 2C8; ums himmels willen, was ist das für ein
brief. Lenz 1,279; ei, ums himmels willen! die (redensart)
mögt ich wissen. Engel phil. für die icell (1775)73; aber ums
himmels willen, was ist dein plan? Götoe 14,140; ums him-
mels willen, tüchterchen, was gibts? 18,4;
um aller himmel willen, lassen sie
mich diesen ort . . . Schiller hartes 4, 17;
im ausrvf: nun, beim himmel, baron! ich wollte, sie hüllen
ihre sechs rubel einem armen . . gegeben. Engel pliU. f. die
wellZH; himmel! wie ward mir, da ich sah, dasz es meine
geliebte prinzessin war! Wieland 11,194; himmel! werd ich
es aussprechen können? 195; mein himmel! was geben sie
mir für kränkende reden ! Gotter 3, 157 ;
0 himmel ! es erschallet
der Sünder klaggeschrei. Rist himl. lied. 4,245;
wo hin ich? o himmel!
ich alhme iiocli leben? R4|Ilrr 2, 13;
barraherzgcr himmel! Scbillkr Turnndol 1,3;
hilf mir, o himmel ! Tircr Octannn s. 327 ;
himmel ach! sn run man aus,
wenni uns schlecht gi<worden. GAthr 2, Kit.
tm fluche: potz himmellflrk! J (iotthelf 11,246;
leere ta (Imchen !
Ja, pot7
da ist ^
liermont,
HK ;n nnd ! K. Rrikick linli-r ;I(m;.
8) himmel in bildlidiem qrhruuchr.
a) anlehnend an die bedcutnng 3: an dieieiii lniiiini 1 licten
wieder neue gestime bcriror, die ich nicht berechnen kann
and die mich irre machen : die Carrarri, (;uidu. Diiminidnii,
in einer spätem glücklichern kunstzeit entspningen. Göthe
27,166; die kriegswolkcn sind zerstrelil und der himmel
der bürsenmänner ist wieder klar und zeigt heiteres weiter.
deutsche allg. zeilung vom ^h. aug. 1865;
gegrüszet seid mir, odle herrn,
gegrüszt ihr, schöne ilnmen !
welch reicher himmel! stern bei stern ! Göthe 1,178.
6) an dieselbe bedeutung gelehnt , aber so dasz die no. 0, h
einsfiiell , werden blaue äugen dem blauen himmel verglidien
{vgl. auch utüen unter himmelblau): sähe sie sich . . fragend
nach Paulo um und überleuchtete ihn mit dem blauen him-
mel ihres weiten nuges. J. 1'aul uns. löge 1,171;
pestorl)pn war ich vor licbeswonne;
i)egrahen lag icli in ihren armen;
erwecket ward ich von ihren küssen;
den himmel sah ich in ihren äugen.
Uhland ijpd. 25 ;
Emanuels stimme, die so zu sagen die Sphärenmusik zum
blauen himmel seiner äugen war. J. Paul //m/i. 1,251.
c) am häufigsten nach 6, b, himmel als dem oiifcnlhaltsort der
seligen, als statte und zustand des hliclislcn gtückes: was für ein
himmel musz ein ehstand sein, wo sich die liebe auf lugend
gründet. Rarener sat. 3,257; wie viel himmel ist in diesem
gedanken! Klopstock 11.143; seine gcmahlin . . fand nach so
vielen trübsalcn einen himmel in den armen ihrer freundin.
Göthe 15,89; findet sie sich in einem himmel auf erden.
17,149; wo willst du ruhe linden, da du von dem himmel
ausgeschlossen bist, der sie umgibt? 57,124; so hatte doch
Knür bei der sache seinen wahren himmel auf erden. J. Paul
uns. läge 1, 5; Liane ging mit der prinzessin weit voraus und
labte sich am offnen himmel der Vertraulichkeit. Tit. 2,183;
und diese Myrt lieb ich so sehr,
dasz sie mein himmel hie auf erden. Wrckherlin 404;
nacht verschlieszt die groszen blauen äugen,
deren blick den liinimel
öffnete. Höltt 53 Halm;
diese erd ist so schön, wann sie der lenz beblümt, . . .
ist ein irdischer himmel,
gleicht den thaten der seligen. 107;
wo blieb die zeit, die seelige,
ach, Röschen, als du, ganz natur, . . .
geschlichen in der dämmrung kamst,
den himmel in mein stübchen brachtest. Gottrb 1,16(11).
die liebe, die dem falschen schwärme
des hol'es gern entsagt, der ganzen well vergiszt,
und sich in ihres abgotis arme
die weit, der himmel ist. 45 (29);
wo man an dir und tugend hält,
ist schon der himmel auf der weit. Seusk (1835) 650;
ihren himmel Gnden viel
in dem weltgetüinmel. Göthe 2,164;
ich höre schon des dorfs getüminel;
hier ist des volkes walirer himmel,
zufrieden jauchzet grosz und klein. 12,54;
er schläft berauscht in diesem himmel ein,
den seine Sklaven listig um ihn schufen.
Schiller Karlos 1,9;
so tief
herabgestürzt von allen meinen himmeln! 2,8.
der tugendhafte, reine hat den himmel in der brüst, im herzen .
ihr im herzen ruht der himmel,
drin die engel halten wachl. R. RiinicK licder 119.
himmel, gefühl der seligkeil :
süsze kehle des liains, welche mir sonst, im mal,
ganz den himmel ins herz flötete, nachtigall.
IIöltt 69 y^<i{m,-
welch ein himmel! Juliane wallet
durch den tibcrreiften lindengang! ISO;
welcher himmel,
die fQlle dieser reite lu hrsiizon !
Schiller Tiirandol 1, 3.
das beseligende drückt himine] als erstes glied von eomposUen aus,
rgl.uiilcn himincIsfQlle, himraelsglück, himmelsiTiiis/, liinnuels-
lust u. a.
II. himmel in übertragener bedeutung.
1) dir thronhimmel. baldachin, Iraqehimmd : darnach an sanl
Lucien tag iiaiii man den (toten) kaisrr und (riieg in von
sanl Jacob, do was er die nacht gestanden; und ob im hell
man gemacht ain liiiiil mit vil licchten. d. stddirrhr. !t,i3,^4;
auf einem gülden svssel, in der hübe linder einem himmel..
tragen lassen. kiRCHiin»- «cni/unm. 375* ; auf vier langen ver-
goldeten Stangen Irugeu vier zwerge einen hiiiimel von klarem
und edlem liiche. darunter ritt ein zwerg, eine guldne kröne
auf dem hilnptlein , und in allen gebärden als ein kOnig.
1341
HIMMEL — I11M5IELAN
HIM31ELANGST — HIMMELBLAU
1342
J. Gbimh deutsche salJa^ no. 29 {aus Otlokar v. Horneck); ilem
ich Stepliau Schuler hab macbea lassen ein neuen himmel
mit sechs Stangen, den uiau an unsers heirn leichnaiustag
früh ob dem sacrauient trägt, anz. des germ. mus. lS6ö sp. 69
(vom jähre 1442) ; unter dem thur ist gestanden der apt von
s. Ulrich mit einem himeL Lütukb 5,26'; die goldstickereien
am neuen himmel, der . . von den vier angesehensten män-
nern über dem {einziehenden neuen) pfarrer dahergetragen
wurde. Felder sondert. 2, 302.
2) die gewölbte decke einer kirche, namentlich des aUurhauses:
himel ob einem altar, liburnium, epiäclus. voc. ine. theul. k l' ;
und wiederum andere {bei dem bau der kirche) die überdecke
oder den sogenannten himmel zurichleten. Felsenb. 2, 73.
3) himmel, die decke einer büJtne: uf disse red sol ein
büchsenclapf, als ob es ein tonner wäre, usz dem himel gan.
bühnenantceisuny in der Donaueschinger passion bei Moke schausp.
des mitt. 2, 24S ; es were denn , das der bapst und seine
bepstischen, inen selbs ein eigen himel, wie der gaukler
von leinen tüchern in der fastnacht, bawen wolten. Lutheb
1,409*; will man was recht besondres machen, so kann man
einige {kranke) in betten auf den Schauplatz tragen, oder sie
durch den himmel mit stricken hernieder lassen. Lessing
2, 426.
4) himmel, die Oberdecke eines von vorhängen umgebenen bellen:
himel ob einem bei, tibumium, epicicius. voc. ine. llteut. k l',
t<^/. himmelbett;
disz wiesz die ruhstätt aus, an welcher nicht zu (iudeii
als purpur und scarlat. Vorhang, tapet uud binileu '
gestickt mit reichem gold, der himmel mit gestein
durch höchste kunst besetzt. A. Gbyphius 16^8 1, h\ ;
als nun weich und sauber das bocbzeitbette geschmückt war,
in dem gestell mit hohem und schöngebogenem bimmul.
Voss i, 213 (Luise 3, !>70).
auch über einem tisclie kann in der höhe eine solche decke ange-
braclä sein: himel ob einem tisch, tibumium, epicicius. vuc.
ine. Iheul. kl', himmel, die decke einer slube. Frisch 1,453'.
5) himmel , kutschenbiminel , die decke eines kiäschkaslens.
vgl. himmelhaut, himmeinagel.
6) himmel, gewisse netze, utelche sjnegelicld gestrickt sind, und
nicht zum fangen, sondern lediglich zum abhalten gebraucht werden,
wie z. b. beim groszen lerchenfange. Jacobssos 2, 25"'.
7) himmel, bergmännisch, die obere begrenzungsfläche ifirile)
eines sinkwerks. Veith bergwörterbuch 273.
8) himmel, allgemein etwas gewölbt emporragendes:
und ein zweiter himmel in den himmel
steigt sanct Peters wunderbarer dorn.
Schiller an die freunif ;
mit nachahmendem leben erfreuet der bildner die au.-en,
und vom meiszel beseelt redet der fühlende stein.
künstliche himmel ruhn auf schlanken ionischen säulen,
und den ganzen olymp schlieszet ein pantbeon ein.
Spaziergang) v. 125.
9) himmel nennt der maier den Iheil eines gemäldes, der den
himmel vorstellen soll, die luft {s. d.). Jacobsson 2, 257'.
10) himmel, schweizerisch, die hohle decke oder haut auf der
Oberfläche flüssiger kürper, zunächst vom weine in einem fasse,
oder von der milch, wenn dieselbe längere zeit gestanden hat.
Staldeb 2,43.
HIM.MEL- in compositen, vergl. auch hinimels-.
HIMMELÄB, adv. vom himmel: weil auf erden niemand ist,
der dieser geburl grosz achtet, so sendet gott einen boten
himmelab. Otho 64; der lüseschlüssel ist ein göttlicher,
himmelab geschenkter und gesenkter Schlüssel. 1336;
so wie sich der donner in schweflichte berge
himmelab stürzt. Klopstock 3, 142;
kam Athenäa
himmelab. Ilias 1, 195.
H1M.MEL.\BTRÄÜFELND, parL:
getilde werden glänzen
mit hiinmelahträufelndem, segnenden thau. Stolbbsg 2, 85.
HLMMELÄN, adv. aufwärts nach dem htmtnel, dem himmel zu;
d.Ts dadurch meine gedanken gleichsam geadelt und him-
melan erhoben werden. Bütsciiky huchd. kanzellei s. 20;
gieb deinen geist, der mich auf rechter bahn
weis himmelan. Nelüark lusticdldcUen 7 ;
dann erhebt er sich wieder, und ist noch, denket noch. Uuchet,
dasz er noch ist, und spritzt mit bleichen zuckenden händen
himmelan blut. Klopstock 3, 156;
erschallt in hohem jubclklang
ihr meines spieles saiten!
um hiinmetati den warmen dank
des hurzens zu begleiten. Miller ged, 253;
nun Qogen sie gar himmelan,
ein wunder anzuschauen. IIöltt 23 Halm ;
ach ! kein denkmal aus stein himmelan aufgethürmt
sajri der nachweit dein lob. IUiler 1,3;
{der du) allzu l'rüb himmelan
strebst, ätherischer genius. 93;
dasz in einem flug
himmelan wir dringen. Gotter 1, 181;
es schlage
des unmuths flamme himmelan. 223;
er spracbs, uud jener bösewicht, gewandt
in jeder list, Pelasger im betrügen,
bebt himmelan die losgebundne band.
Schiller Zerstörung von Troja 26;
dieser flügel trägt dich himmelan. Rcckert 192.
zum himmel strd)end : und sie, die der liebe gott so himmelan
gebildet hatte, stand . . . noch immer so von der seile, so
übergebogen , so angeschmiegt, als ob sie noch nicht auf
freiem fusze wäre. Hippel 1,150; sie ... prangte himmelan
im stolzen gange. Fr. Mt^LLEs l, IS;
und berge, wolkig himmelan,
begegnen unserm lauf. Göthe 1, S6.
HIMMELANGST, f. ungeheure angst : ich habe eine himmel-
angst, wir könnten gesehen werden.
HIMMEL.\.NGST, adj.: es mag mir auch noch so himmel-
angst davor sein. Thcmmel 3, 471.
HI.M.MELAMSCHREIEND, pari, zur räche gen himmel schreiend :
schwer reut ihn die himmeianschreiende that.
DÜRCER 36*.
HIMMELANSTEIGE.ND, part.: noch ist euch die ganze nalur
brautbett, alles grünende euer haus, alles himmelansteigende
euer portal, eure kröne. Hebder zur theol. 4, 14.
HIMMELANSTREüE.ND, part.: himmelanstrebende felsen.
HIMMELANSTÜKMERLN, /. .
hoch auf dem giplei deiner gebirge
steh ich und staun ich, glüheua begeistert,
heilige koppe, himmelanstürmerin !
Körner 1, 165 (aufd. Riesenkoppe).
HIMMELÄMHÜRMEND, part. .
dort, auf des Atlas höhn, des himmelaulhürmendeo berges,
lag gewitiergenölk. Ptrker Tunis. 4, 179.
HIMMELATHMEiVD, part. seligkeil allimend (himmel I, S, c
sp. 1340) :
mit hoher bimmelathmeuder wonne
drückt er diesz volle herz an ihre olTne brüst.
WiELASD 23, 52 (Oieron 7,81).
UIM.MELAUF, adv. aufwärts zum lämmel: Mars schreit auf
— verläszt die Schlacht, und geht himmelauf. Herder :;. litt.
13, 164;
schickt seufzer himmelauf. ruft nur den berren an.
Tscherning geitichte frühliiuj 293;
aufgeschaut mit freuden,
himmelauf, zum herrn ! Overbrce renn. ged. 6.
HIM.MELAUGENPAAR, n. ; über ein himmelaugenpaar ver-
gesz ich alle benachbarte reize. J.Paul uns. luge 1,172.
HLMMELÄUGIG, adj.:
die himmeläugige Minerva sprach. BöseKR 16^*.
HIMMELBAÜ, m. : .
betracht doch recht und schau,
oh, nicht das einzig stück, der grose himelbau
dir gottes wundermacbt genugsam kännt erweisen.
ROMPLER 147.
HIMMELBEOBACHTEND, part.: haben sich doch die him-
melbeobachtenden und sternaufsuchenden astronomen von
den bahnberechnenden . . getrennt. Göthe 52, 294.
HIMMELBETT, n. bett mü einem himmel (11,4 sp. 1311):
der alte graf, der im hohen himmelbette in dem saaj schlief.
GRiim d. sagen no. 31 ;
der scbosz der au. der wiesenklee,
verlieh ihm süszre rast,
als himmelbett und kanapee
im fürstlichen palast. Uöltt 14 Halm.
HIMMELBLAU, adj. blau wie der himmel, mhd. himclbli
(Lexer wb. 1,1283):
ein recht saphir ist himelblä. Muskatblct 8,107;
die blumen {bluten einer gewissen pflanze) sind von färben
hiiuuielblau. Tabernaexont. 144; deine himmelblauen äugen.
J. Paul uns. Ivge 3, 64 ;
schau in ihres auges licht!
ab, das klare, himmelblaue . . . Börcer 73';
wenn mein bild in deiner sanften äugen
himmelblauem spiegel schwimmt.
ScHiLLBR enlsickung an Laura;
1 343 HIMMELBLÄUE — HIMMELRUHLER
sieh! hall! wer trägt den himmclhlauen raantcl,
verhrämt mit gold? jungfr. 5, 11;
wir ich näher kam, sah ich mein himmelblaues wunder.
MüticItJiausens reisen 42 ; das ist ein beständiges geigen da
droben in himmelblauer freudigkeit. H. Heine 12,87;
oder ich schlag dich himelblah.
J. Atrer 359* (1799, 31 Keller).
mehrfach in subsla>:livem gebrauche: das himmelblau des wilden
gamanders. J. Paui. Tit. 2,49; nichts sah er im weiten himmel-
blau. 4,26;
dieses stille hitnmclhiau. Rgckert 408.
vgl. himmelsblau.
HIMMELBLAUE, f.:
angeblinki von maienhiramelbläue. IIöltt 00 Halm.
.<. Iiinimelsbiüue.
HIMMELBLITZ, m. blitz vom himmd: weisz wie die hiramel-
lililzen. Paracels. o]>p. l, 93.
inM>n-:LBOGEN, «i..- hlmelbogen, iris, vulg. regenbogen.
rc'f. «»f. tliciil. k l'.
HIMMELBRAND, m. vcrbascum Ihapstis, woUkranl, könionkcrze.
Neh.mch 4, 1552 : des himmelbrands oder der wulikräiilei lindet
man violerloi arten. Hohberc 3, 1, 415*.
HIMMELBBÄUTIGAM, «i. von Christus:
du {inie hraui) aber stehest wol, du kanst nun in den armen
dcsz himmelbräuiigams liir lieb und lust erwärmen.
TSCHERNING 41.
HIMMELBRECHER, ni.;
wann man nur beth-carthauncn
alsz himmelbrecher pflanzt vor seine hof'estadt.
TsCHKRPtlNC 25.
lilMMELBREIT, adj. ungemein breit, vgl. himniel 1,2 sji. 1331:
mein himmcibreitcs lob wird nunmehr so verkürzet,
dasz auch der l'cindc volk ein beileid mit mir hat.
Flkbing 104,71 Lnppenh.;
breit wie der ganze sichtbare himmel: ein kleines licht in unserm
zimincr kann uns gegen das blenden des ganzen himmel-
breilcn blilzes schirmen. J. Paul Titan 4, 116.
HIMMELBROT, m. l) vom himmel fallendes brol , manna:
und liesz das man auf sie rcgenen, zu essen, und gab inen
bimelbrot. jis. 78,24; settiget sie mit himelbiot. 105.40; in
welcher war die güldene gelte, die das bimelbrot hatte.
Ilcbr. 9,4;
man samlet nit das himelbrott
ufT den fjTtag, als gott gebot.
Urant narrcni^ch. 95, 57;
das jüdisch volk lidt hungcrsnot,
und gott sandt in das bimelbrot.
ScilWARZEnBERC 103*;
und wo uns der barmherzig pot
auch nit herab schickt bimelbrot. II. Sachs 3, 1, 114*;
ein sQszes hiramelbrotb. Wkckiierlipi 238.
2) die hoitlie und das sacramenl des abendmalx, ivie sclion mhd.
hiinflbrot Lexer wb. 1,1284: sihcn sacrament, toiif, finnung,
neibung. himmelbrot, bcicht, ec. heilig iilung. Keiskrsrerc
irrig schaf 53. vgl. himmelsbrot.
3) allgemein, brol was im himmel gereicht wird:
■ hcrr! du kanst hunger stillen,
durch dich kan meine seel
mit himelbrotb sich vülleu. ' Ro«plkr 175;
da ist kein durst, kein hungersnotJi,
das hinim(Jbrod
l:i>7.t keinen mangcl leiden.
I'. (iERHARD no. 123 WtllJil'rH.
4) eine grasart, juncus campestri.^. INemnich 3, 2(!ri: im friib-
ting werden die wiesen mit gutem saanien besäet, als mit
kiee. rapunzeln, himmclbrod. Huhrerc 3, 2, 237*.
HIMMELBRUNST, f.:
die beiden legten ihn in reucrbrnnst,
die xecle htanil in lichter htmmclbrunst. Tixck 2,7.
HIMMELBRtJTEND, pari.: weil .. wir doch noch leichter
mit einem dragoner von weihe, als mit himmelbriilendcn
-< liMürinern sympathisircn. Lessing 7,23.
HIMMELBUCH. n.;
nch otSrkc sie durch deinen geist
und lanz nie gnJidig schreiben
inx himmelbuch, das Chriotus heixt.
lliAT Itimt. liider 3, 1G7.
HIMMKLBLCHSE, f.: himmelbücbseii , maelänae Maaikr
222*. iirmrinl sind wol büUer oder donnerbitchsen.
HIMMELRUHLER, m.:
i«l die wj-li il«ir grn«zn roennch? I«t der mennch die kleine weit?
wir, da«z dii-<>i>n ilunn kein lenz »ich nnf ihren winter iitellt?
«eliverliebi« klagen «o : bimmelbublcrii kommet ein
jeoc zeit, die immer lenz, nimmer nie wird winter »ein.
Log«' " •'■ •■''
HIMMELBÜHNE — HIMMELFAHIITT.\G 1344
HIMMELBÜHNE, f (vgl. himmelsbühne), decke des himmels
der euren rühm, so ewig hier wird grünen.
erheben wil bisz an die hinimulbühnen. TscuER»I^G 127.
HIMMELDECKE, f. Iraghimmel, baldacldn: so diser künig
aus/i eit, tiegl man ob im ein himmeldeck. Frank weltb. 210*.
UlMMELDILL, m. peucedanum offiünale, haarslrang , sau-
fenchel. Nemnich 4, 918.
HIM.MELEIN, adv. in den himmel hinein :
wenns in der nähe
der Fliesner sähe,
wohl himmclein
sollt er juchhein. Kl. Scusidt }iool. hr. 78,
den zweiten zeugt nicht Gäa wieder;
nicht fübrl ihn Hebe himmelein. Göthe 41, 130,
liebste! heut erkenn ich doch,
dasz ein lied nicht reichet
an die liebe, die ihm hoch
hinimelein entweichet. HiJcKERT gc;. geil. 1, 435.
IIIMMELEMPOR, adv. empor zum himmel:
sie stampften himmelempor die stäubenden wölken.
.Stoi.bkrc 1 1, 172;
jetzt hob sich die flamme
himmelempor, und leuchtete fern in die finstere nacht hin.
Ptrker Tunis. 4, 153.
HIMMELENTRISSEN, pari.: im Huge hiinmelcntrissner
(lammen. Fr. Müi.i.er 1, 70.
HIMMELENTSTÜRZT, part.:
im ersten
himmelcntstürzten gefühlc. Schlbert 1,100.
HIMMELERHABEN, pari. : ohne welche (göllliche furch) der
himmel- erhabene bis in die unterste hülle gesloszen werden
k:iri. BüTscHKY Vatm. 89S. in neuerer form himmelerhoben
(vgl. sj). 722):
sang den entschlafnen, den aufcrstandnen, hinimelcrhobnen,
goilos söhn. Klopstock 4, 204;
der crstandne, verherrlichte, himmelcrhobne Messias. 5,381;
laut auf heulte der greis, und schlug mit himmelerhobnen
bänden sich das haupt. ISijrgkr 234'.
HIMMELERZ, n. erz, welches gleich unter der dammerde bricht.
HIMMELFADEN, »?i. plur. himmelfaden, jila divae virginis,
die sommerfäden, Marienfäden, wie sie an sommer- oder herbst
lagen in der luft herum schweben.
HIMMELFAHRT, f. adscensio in caelum.
1) in bezug auf Christus: da; si sine himolvart gesähen.
MüLLENHOKF t*. Scherer .'.•.237,34; der söhn gotics, der Jacob
in Samaria in der himnielfarth erschienen. Schdppius 840;
nach Ostern am fünfzigsten tag,
den man den pfingstag neiuien mag,
neun tag nach Christi himmelfart.
Fischart diclil. 3, 150, 12 A«r:.
auch der auf dieses ereignis bezügliclie festlag heiszt himmclfahrl
auf himmclfahrt wollen wir verreisen.
2) in bezug auf die Jungfrau Maria: Mariae himmelfabrl;
unserer lieben fraiicn bimmelfahrt.
3) ironLtch: aufs teufeis himelfait (»icnia/.«;). Luther 3,501*.
4) hiinmelfahrt, das .'lelige sterben und kommen in den himmel
was, Ev und Adam ihr, vom holze näschig nisset,
das ists, was Christus drauf am holze bitter bfiszet;
was vor im garten fiel, steht jeizund auf im Carlen :
die flucht vom paradeis, wird so zu binimelfnhrten.
l.oGAii 2, 81, 10;
so find ich, zweitens, auch den hocbsien grad der hitze,
und die beschleunigt oft der frommen himmelfabrl.
IIagedorü 2, 97;
auch das sterben schlechthin:
. . . lang gwvari
auf dieses filzes himmclfahrt. n. Rincwald /. ». 30
5) bimmelfahrt, nicld in chri.ttlichem sinne: so lange die
Römer an des Roinulus wunderbare crnährung und himmel
fahrt glaubten. NiKniiHR 3,204; eine hülfe zur innrrn himmel
fahrt der dichter. J. Pai:i. rorsch. d. lislh. 1,95.
HIMMELFAHRTAREND. m. abend des hmmelfalirl festes: an
unser lieben frawen der hyuielfartobent, der do was uf ein
milwDch. KEiSER>iiiKRC ;>(i'l. 4, 15*.
HIMMELFAHRTFEST. ti.
HIMMELFAIIRTSRLI ME, f. polygala vulgaris, gemeine kiru:
blume. Nf.mnicii 4, 1025.
HIMMELFAHRTSWOCHE, f sejMmana ascensionis ChrisU.
StiKI.RR 2533.
HIMMELFAHRTTAt;, «»..- uff mitwoch noch unser liehen
fraueii hymelfarltag. srhiuss einer Niederuevteler urk. von 1495.
sjwltend: welches sie denn wol ihiin werden, aufs frufcl»
tiimclfaiilng {nirwiil^). I.i riim :i. 4:«o*.
1345
HIM^IELFALL — IllMMELUElNZ
HIMMELFALL, «i. fall, dmluiz des himmeh : ich hett mich
ehe hiinelfalls versehen. Agr. spr. (1560) 202'; hierauf deutete
er seiner sich ehe des himmelfalls versehenden tochter an :
dasz sie das für iiir Vaterland auf dieses altar bestimmte
opfer wäre. LuUENSTtiN Arm. 1,909*. rgl. unter hrnimel sp. 1336.
HIMMELFAHB, adj. von der färbe des hinnnels, miid. himci-
var: himmelfarb. grauw, caesius Maaler 222'; sein haupt blau
bimmeifarb. C. Barth d. phünix 54 ;
wann ich den schild tieb an da.
er leuchtet eine ganze veldnn^' bla,
recht nach sulfir und liiuiuiellar.
Zimm. chrun. 1, 442, 26.
HIMMELFARBE, f. färbe des himmeis, das himmelblau : wie
winde er meines buckels liberei aus einer Heisch- in eine
himmelfarbe reformiren? inteiim 19.
HIMMELFEST, adj. fest tcic das gewölbe deshimmels: kurz,
die verheiszung ist himmelvest. Otho 242;
aus allen diesen folgt, in einer heitern klarheil,
die himmeireste Wahrheit. Bhockes 5, 439.
als adv. : so würde sie {die begleüung da- instrumeiUe) himmel-
fest {ganz gewis) anders ausgefallen sein. Thibalt über reinheit
der tvnkunst (2. au/l. 1S26) s. 142.
HIMMELFLIEGE.ND, pari. :
erstaunen ! himmelfliegendes erstaunen !
über den, der unendlich ist! Klopstock 1, 142.
HIMMELFLUCH, m.:
dir, riese, den ron himmelflücben schwanger
die liusteruis der mordbegier gezeugt. Fr. Mi^llek 2, 315.
HLMMELFORM , adj. von der form des himmelsgeicvlbes, ge-
wOlbt: das herzgrüschlein musz rund und himmelform sein.
Otho 1014.
HIM.MELFREI, adj. himmlbcli frei: wenn ein leser eines
Klopstocks, Kants, Fichtens, Herders . . . auf einmal aus
ihren himmelfreien edengärten auf den sklavenmarktplatz
neuerer Schreiber eintritt. J. Paul dämmerungen 43.
HIMMELFROH, adj. froh wie im himmel {sp. 1338. 1340) :
als sollten sie (die urme) jetzt ungesäumt
den himmeirrohen mann umstricken. Bürger 26';
ja, zum himmeirrohen gotte {erhebt sie mich). 121';
heut nun und hier am himuieifrohen tage
begegnen sich wie freunde schmerz und tust. Güthe 5, 76.
HIMMELFCRST, n. goU, mhd. himelvürste:
und wünsch dir ferner heil, samt deiner lieben braut,
so dir der bimmelfürst genädig anvertraut. Rompler 154;
heiliger : yn ere des hoegeloeffden hemelforsten synt Anthonius.
Elberfelder Urkunde vom hivimelfalirlstage 14S0; desz obgenanten
bimelfürsten sant Meinrats. Etterli.n chron. dei eidgen. (1507) 2';
der liebe himeifürst sant Meinrat. das. rgl. himinelsfürst.
HI.M.MELGEISZ, f. scolopax gallinago, die heerschnepfe, bec-
cassine. wegen ihrer meckernden stimme. Nemnich 4, 1253.
HIMMELGLÄ.NZE-ND, pari. :
unbezwingbares schrecken ergriff ihn, als er den vollen,
bimmelglänzenden kreis der ungefallnen erblickte.
Klopstock 4, 171 {Hess. 9, .M2; die ausg. v.
1700 las majestätischen).
HIMMELGUCKER, «i. ein fisch, tiraiioscopus, wegen seiner im
Scheitel liegenden, nach dem himmel gerichteten äugen. Nemnich
4, 1528.
HIMMELGURT, m. zona eaeli:
der himmelgurt,
der den sehnee hat zur gehurt {die knUe zone).
Opitz 2, 75.
HIMMELH.\US, n. i) haus das etnen himmel darstellt; eine
scenische einnchtung bei einem processionsspiele : uf der andern
seilen s. Johannes mit einem diadema . . und mit gefaiden
henden in dem himmelhausze. Haupts zeilschr. 2, 296 (Zerbster
pruccssion von 1506).
2) sonst der liimmel, einem hause verglichen:
ir sült län offen iuwer tut
vagis et cgentibus,
so gewinnet ir daj himeihüs. minnes. 3,44S» Hagen,
i. himmelshaus.
HIMMELHAUT, f. der lederne fiberzug des himmels oder der
decke des kastens an einer kiäsclie. Jacübssok 2, 25S*: die lange-
weile der drei tag- und der zwei nachtreisen, ... die ich
völlig eingemauert unter der himmelhaut der kutsche ver-
sitze. J. Fall bio<{r. bei. 1,3.
HI.MMELHEI.NZ , m. unter sludeniLtchen Schimpfwörtern bei
ZAi-..NcitK witv. im müklalt. 112, 29. 116,8 sldd auch himmel-
IV. II.
HIMMELilElTER — HIMMELLÜSTIG 1 346
henz, gen. hinunelhenczen. über heinz == narr, dummkopf
vgl. sp. 8S9 ; himmel- ist verstärkend, s. oben sp. 1334. vgl. auch
himuieihund.
HIMMELHEITER, adj. sercnus. Maaleb 222' md dem subsl.
himiuc! heil ere, serenilas.
HI.M.MELHELL, adj. die helligkeil des htminels habend: heitere,
himmeiheile äugen. Güthe 25,87; hier war das dorf und der
kirchthuim, hier Drusenheim und dahinter die waldigen Rhein-
inseln , gegenüber die vogesischeu gehirge und zuletzt der
Slraszburger münster. diese verschiedenen himmelhellen ge-
mahlde waren durch buschige rahmen eingefaszt, su dasz man
nichts erfreulicheres und angenehmeres sehen kunate. 357.
HIMMELHERAB, adv.:
da kam Atbenaia
himmelherab. Bi^rger ItsS*.
HI.MMELHOCH , adj. ad coelum ascendens. Frisch l, 457* :
als base zweier himmelhoher thürme. Güthe 25,267;
sah man der wellen schäum ....
die, um den starren Strand mit nachdruck zu bestürmen,
sich bimmelhoch, wie steile leisen, thürmen. Brockes 1, 151 ;
ein adler schwebt im himmelhohen,
ein greif ihm nach mit wildem drohen. Götue 41, 277 ;
nur verstärktes hoch (s. himmel I, 2 sp. 1334) :
du wunderschönes bild. du himmelhohe zier! {der frühling
ist angeredet).
A. GntPHics 169S 1,222;
die himmelhohe schmach. Rückert 203.
als adverbiuvt zu verben des scitreiens, flehens, schwürens: ein
feiudseeliger mensch . . schreiet himmelhoch, wann er eine
Unordnung oder einen fehler ersiehet. j/ers. fcaumg. 7, 30 ; bat
der gute kerle himmelhoch. Cur. Weise erzn. 236; so bitte
ich sie himmelhoch, avan/ür. 1,140; himmelhoch flehen. Siegfr.
t>. LtK(ien6er</(l7S4) 1,344; ich bitte dich himmelhoch. Gotteu
3, 365;
himmelhoch jauchzend
zum tode betrübt. Götue S, 232.
HIMMELHONIG, m. manna. Maaler 222',
HLM.MELHU.\D, hj. als rohes sdtimpftcort, wie auch hund ah
solches gebraucht wird, himmel- verstärkt, vgl. sp. 1334 und vorher
himmelheinz.
HIMMELKEHR, n. artemisia vulgaris, beifusz, auch bimmelkar.
Neümch. bei Brentano 6, 443 himmelskehr.
HIM.MELKLAR, adj. klar wie der lammel:
als an dem himmelklareu ström des .\Jpbeus
wir plätschernd noch im abendstrahle scherzten.
GöTHE 14, 41.
als subst.:
sinnen, diu vom himmel kommen,
werden billich aufgenommen
in das reine himmelklar. Logau 1, 2.
HIMMELKORN, 11. trugus. Fbiscblin 69. es ist die pflanze,
die sonst hammelkorn heiszl (sp. 312), hordeum zeocrithon, baii-
gersle. reisgenlu ; nach andern hordeum caelcste, himmelsgerste.
HIMMELKREIS, hj..
gebt dem herren lob und preisz,
der bewohnt den bimmelkreisz. Opitz jisalmen t. 254.
vgl. hiinmelskreis.
HI.M.MELL.\NG, adj. ungemein lang. Scan. 2,196, vgl. himmel
1,2 ^^.1334: ein himmellanger, schafbepelzter, hocbgemutzter
dudelsackpfeifer. Güthe 39, 153 ;
da steht auf einem elefauieu
ein himmellanger mohr
mit einer keule vor ihm da. Wielahd 18,330 (289).
HIMMELLÄLTEN, n. das läuten am betrdigungslage eines ver-
storbenen, m baiern. Scum. 2, 196.
HIMMELLEBEN, n. leben im Itimmel. himmel- und hofe-
leben übersclirift eines gedicktes bei Logau 3, 36, 81.
HIMMELLEIN, n. kleiner himmel, baldachin {s. himmel II. l
sp. l.'i40): auch soll erden sacramentkalter (sacrame/if^/täujcAefi)
auf das küstenlichst zubereiten mit dem himmelein und engein
darvo'r, als sich gepürl. auch soll er das klein himmelein auf
unser frauen altar setzen, darein man das sacrainent auf den
altar setzt, anz. des germ. mus. 1S65 sp. 69, rom j. 1442.
HIMMELLERCHE, /. alauda arvensis: das erst gschlacht
(der lercken) so ein heidlercb, gsangleich, himmellerch, oder
holzlerch gnennt vvirt. Heuszlin vogelbuch (1582) 169'.
HI.MMELLUSTIG, adj. nach dem himmel verlangend: unser
sanfter genius ahmte dem todesengel nach und sagte dem
kleinen : wenn wir eine lilie linden, so sterben wir bald.
v,'\e alsdann der himmellustige, der noch keine gesehen,
überall darnach suchte ! J. Paul uns. löge l. 37.
85
1347 HIMMELMAIENGLAKZ — HIMMELUEICII
HIMMELREICH — IllMMELllElN 1348
IIIMMELMAIE.NÜLANZ, m. :
Ldiira, iiber iliese weit zu nüchteii
waliii ich — uiicli in binimulinaieii(,'latu zu lichten,
wenn dein blick iu meine blicke llimmt.
Schiller eniiftckumi an Imhih.
HIMMELMANN, ni. ; in der lasznucht Uös lius/ man in
Ilegunäburg auszer deu gewühnlichen lanzbclustigungen einen
hiuinieluiann mit seiner fraucn sein uesen treiben, quelk bei
ScBM. 2, 190. yemeint wird sein einer jener landstreicher, die das
himmeiieici» {vergl. das. no. 3) damlelllen.
HIMMELMEEH, n. der himmel einem meer verißiclKn : bis aus
Irübeni hiinniehueer sich der uiorgensteni hebt. Fr. Müllkr
1, 18!). «. hininieisnieer.
HIMMELMEHL, n. aufgelöster und verwiUerler gips odermergel,
der zuweilen yefunden, noch öfter aber von überschwemviungen
zurückgelassen und für mehl das vom himmel gefallen, gehalten
wird. Jacobsson 2, 25S'.
HIMMELN, verb., seil dem i'.jh. in verscitiedenen bedeutunnen.
1) zum himmel streben: sursum cordal bimmelt ihr heizen I
so wurde den gasten Jesu bei dem ubendniubl in deu ur-
alten kircben zugerufen. Otho 12b6. GöTub hat das worl noch
tn scharf sinnlicher bedeulung :
tische sie wiinmelii da,
vogel sie himmeln da. 4U, 3S2.
2) in den iuiumel kommen : iiastu nicht mit gelitten, su
kanstu nicht mit bimmeln. Leuma.nn 1, 851 ; und hieran an-
geschlossen, als halb scherzhafter ausdruck für sterben : es were
ihm leid, d;isz sein vater su gehlingen gehimmelt helle. ZiNk-
CBEF verm. schulbossen; meines vatern Schwester tochter hat
einen reichen kaufmann geheirathet, mit ihm aber in 6. jähren
nicht mehr als 9. kinder gezeuget, 2. haben gehimmelt.
Gt'.NTHKR 99a;
lind scharrt, solt ich einmal himmeln,
meinen leib in toback ein.
Amarantues prub. der poesLe (1710) 473 j
noch jetzt volksmäszig, z. b. in Schwaben Schmiü 278; in Hoblein
Iransiliv henhiimneln, einen aus der well hinaus in den himmel
hinein kurieren. Schütze 1, 229.
3) in neuern quellen von einem verklärten ausdrucke des ge-
sicldes: ein stilles lächeln . . schien über ihre verklärte miene
zu himmeln, vergib mir das vielleicht neue wurt. Benzel-
Sternau das goldene kalb (2. aufl.) 3, Sl ; das parlicip bimmelnd,
mü verdclUUcJiem nebensinne von einer gesucht-verklärten miene:
diesen kränz hagerer gestalten mit dem ausdruck himmelnder
empiindelei und mudunnenbafteu scbmachtens in den spitzen
gesiebtem. Schweichel Jura u. Genfersee 227.
4) das parlicip gehimmelt, nach himmel H spalte 1341, mü
einem htmmel, etner Oberdecke verseilen: item vun einer ge-
meinen gehimmelten bettladen, geQrnest 5 flor. laxordnting zu
Frankfurt a. M. von lü23.
HLMMELNAGEL, m., pl. hiinmelnägel, nägel oder pinnen mit
runden messingenen köpfen, womit der himmel an einer kutsche
besclilaijen, und durch verschiedene reihen nach mancherlei figuren
verziert wird. Jacobsso.n 2, 258'.
HIMMELNAH. adj. dem himmel nulie :
jeizo sendeten sie, von biinmelnahen (ccbirgen,
eherne krieger. Klopstuck 3, lUO;
Christen sah ich versumineli, und Keplia« unter den Christen,
jeder der himmelnahen ver»aniiüluug verkaulte sein erbe,
gab es zu aller gebraucli. ö, 3J5;
i'ler Mensiat) stand in einer hoheit, die keine saite nicht, keine
stimm ausdrückt des menschen, kein liimmelnaber gedanke.
(i. 223 ;
oder sie {die phunlutie) »chaut herab von himmelnaheii gebirgcn.
Zachakiä 2, 8-
die himraeluahen berge. Oviibkck verm. ijvd. 1.
HIMMELNEBKN, adv. :
wer vom herzen goit entsclileust,
wer hingegen guld drein geust,
wil gewütz zu bimmcl-neben
einen »ichimitten geben. Locau I, 141, lU.
reryl. neben dem binimel hingeben sp. 1338, und neben das
himmejri'ich kuinmen unten sp. I34S.
HIMMEL0FFF;N, adj. bei belagerungen tst ein gang hininiel-
olTcii. wenn er gegen die geschosse von oben nicht gedeckt ist.
t. biiiniifl .«p. 1334.
HIMMELI'FAD, m. zum himmel führender:
und l>t kein andrer himelprat.
dann Chriiluf f«lbi gewandert hat.
SCHW*RZB|«RI«C 1(19*.
III.MMKLKKKJH, n. der himmel alt reich gedaclä ; et ut ge-
badet nach dem nur im evauijeliuin Mallhai begegnenden ßiuitktia
■tätt' mqavüiv, vulgala regnum coelurum, dalier ahd. auch
himilü rihhi, alls. himilü riki, ags. beuiena rice neben dem
composUum ahd. bimil-rihhi, alts. bimil-riki, ags. Iieofon-rice;
mhd. kann nur noc/i das componierte himeirkhe stehen, bimmel-
reich bezeidinet
1) den himmel als sitz und lierschaft goUes, sowie seiner aus-
erwäliUen : thut busze, das himelreich ist nahe herbei komen
Matth.'i,'!; wer nu eins vun diesen kleincsten geboten auf-
löset, und leret die leute also, der wird der kleinest beiszen
im himelreich. wer es aber thut und leret, der wird grus
beiszen im himelreich. 5, 19 ; es werden nicht alle, die zu
mir sagen, herr, herr, in das himelreich komen. 7,21; das
gehciinnis des bimelreichs. 13,11;
himelriche, ich l'rouwc mich diu,
da; ich dö mac scliouweu
got und die liebe muoter sin.
WACKKRriAGEL leseb. (1861) 997;
so werden wir gefiirct
mit der engel schar
als in das himmelriche. Uhland votki,t. 881.
bei anrufung gotles:
o got, o got von himmelrcich. histm. Magelonae Avj».
Sprtcliwürllich : Junker Epicuius glaubet nicht, dasz nach diesem
ein anders leben sei und singet dahero das erbare verQuchte
liedlein: kranke leut sollen lustig sein, wer weisz wie lang
sie leben, kommen sie nicht ins himmelreich, so kommen
sie doch darneben. Otuo ü56; das himmelreich gehört den
gansen nicht zu. Simrock 251.
2) übertragen zustand der höchsten Seligkeit oder be friedigung :
ein zufriedener hat das hinimelreich in sich; ach min gott,
w ie was ich so fro ! ich meint ich weri im biineli ich. Th.
TiATTER 31; wer hier in dieser well wol leben, seinen eslat
grusz machen könne, der habe sein himmelreich. Scucppius
814; der nicht ein lialbes hinimelreich ausz diesem spruch auf
seinem lager gehabt bütle. 442; s^irichwörllicli : des menschen
will ist sein himmelreich. Schüttel 1134'; das wollen legt
der mensch sich selbst auf, des menschen wille ist sein
bimmeireich. Gütue 45, 4U;
auf dasz den kiadern dieser erden,
die hir auT erden ihr erbthail,
ihr himmelreich und lebenshail,
mein leben nicht zu theil mög werden.
Weckherlin 58;
entflieh au deines Dämons band,
nach freundlichem, beglücktem zonen :
zieh mit ihm hin ins himmelreich
von jeder weisheil, jeder muse. Gotter 1, 123;
es ist ein halbes himmelreich,
wenn paradiesesblumen gleich,
aus klee die hinmen dringen. IIöltt 143 Halm,
nach: wa^ wünne mac sich da geliehen zuo?
e{ ist wol halb ein himelriche. Walthbr 46,5;
die weiber sind den engein gleich,
es ist, fürwahr, ein himmelreich,
ihr preislichen, zu schauen euch.
HoLTt 15» [frei nxch W'ulther 57, 7—14)
anrede an eine person : meine Luuisel mein bimmelreich!
Schiller kab. u. Uebe 5, 1.
3) bimmelreich nannte man, namenllicli im 15. u. 16. jahrh.,
auch ein marionettenspiel, wahrscheinlicJi weil oft in dieser art von
herumslreichern die allen geistlichen spiele vorgeführt wurden .
himmelreich ludus puparum Frisculin nom. 474; agyrta, land-
streicher der das himmelreich macht. Jü.nius nomend. 1577
327'; abentheürer, die die himmelreich machend, circulalores,
venlilatores, hL<:lriones. Maaler l'; es bezahlte (mi ju/ir 1470) . .
einer, der ein hinimelrich oder sonst wunder führte, 1 plappert.
Ochs geschiclile der stadt u. landschaft Basel 5 $. 105.
HIMMELREICH, adj.:
der himmelraiche Plato,
der frische Seueca, der weisheitvoile Cato.
Flkhinu 118,29 lAip/ienb.
lllM.MhLKEIN, adj. rein wie der himmel: der leib desselben
(eines mädchens) ist eine fallende liimmelieine schneeOocke,
die nur im aether dauert und auf dem kolh des bodens zer-
l;lufl. J. I'aul uns. löge 1,99; vun himmeireinen lüften um-
webt. Uettime lageb. tl;
»io (dt« eilertuchl) schwärzt mit hüttenrauch di« bimmel-
roineii I1;imm«n,
lie wirft mit schmuch und koth der uii>cliuld ebenbild.
l.uuKiHsTKiii (» d. auserte*. y*d. 6, 7,
ihr aug «u sunlt und hlmmelreio. Fr. MBixu tiSM;
u vergib, v<-ii:ll> >lri tlii.-iiiii,
die an dlmiMi;
dn in liinim< ' 'f
du die nclt i', t. J. M. MiLUt* g«4. 230.
1 349 HÖDfELRING — HIMMELSBLÄUE
HIMMELRING, m. der regenbogen. Schm. 2, 196.
HIMMELS- s. audi himmel-.
HIMMELSACCORD, m.:
aus der silberstrahlenden orgel
töneten himmelsaccorde heran, und hohe gesänge.
Ptrker Tuni^. 1, 141.
HIMMELSACHSE, f., plur. -achsen, cardine.? coeli. Stieler 9.
HIMMELSAM, adj. dem himmel gemdsz: celebs himmelsam
voc. V. 1425 bei Schm. 1, 1112 Fromm., mit bezug auf das keuscli-
heilsgelübde der geistlichen.
HIMMELSANGEL, m. polus, vertex, eardo eaeli. Stieler 704.
HIMMELSANGESICHT, n. als anrede an eine gelieble:
du holdes himmelsangesicht! Göthe 12,166.
HIMMELSANVERWANDTER, m. zugehöriger des himmeis:
ihr himmels anverwandten,
bedenkt es wasz für zier! Rist himml. Heiler 5,333.
HIMMELSARZT, m.: es war eine zeit, da mir die weit so
voll dornen schien, als ihnen jetzo. der himmelsarzt hat
das feuer des iebens in meinem körper wieder gestärkt, und
muth und freude sind wieder da. Göthe 6« Scholl 33.
HIMMELSAUE, f. himmel als aue gedacht:
da sint in der himelowen
ritter gut mit juncfrowen
geteilet under engel schar. Germania 3, 406*, 101 ;
bis sein geist, in jenen himmelsauen,
mir die palmenkrone flicht. Höltt 61 Hnlm ;
mich locken nicht die himmelsauen
im paradies, im selgen land. H. Hkihk 18, 298.
HIMMELSÄUGE, n. äuge des himmels, golles äuge:
deine macht weisz uns zu geben
Wesen, wärme, licht und leben,
kraft, die, was sie zeugt, erhält !
himmels-auge, herz der weit! Brockks 1, 120.
himmlisch schönes äuge:
dann strömten ihr
die heiigen thränen aus den himmelsaugen, könig Lear 4, 3.
HIMMELSÄUGELEIN, n. plur. von den stemen:
ihr fackeln dieser weit, ihr groszes wolkenfeuer,
ihr liecbter in der luft, ihr bimmelsäugeleiu. Opitz 2,235.
HIMMELSBAHN, f.:
die sonne trat mit riesenscbritt
auf ihrer himmelsbahn
hervor. Glkih 4, 7 ;
als die neue weh dem zome
war im ersten sein erstarret . . .
schwebte sie ein harter leichnam
durch die leeren himmelsbahnen.
TiECK Octavian s. 363.
HIMMELSB.\LTI, m.:
ihr zwei lichten blütentriebe {mond und abendstern)
an der liebe
himmelsbaum. RScksrt ges. ged. 1, 405.
HIMMELSBERG, m.:
lasz der matten seufker stärk
durch die wölken dringen
und von deinem himmelsberg
mir genade bringen. Chr. Titios geistl. Ued.
HIMMELSBESEN, m. bei den Seefahrern der nordvind, aal er
den himmel ton den wölken gleichsam rein kehrt. Jacobssoh 6, 74'.
HIMMELSBEÜTE, f:
ihn trug als bimmelsbeute
ein engel aus dem streite.
M. V. Scbk:«ee?ioorf lied r. d. 3 grafen.
HIMMELSBILD, n., plur. himmelsbiider, die figuren die man
aus den slemen zusammensetzt, gestime. matli. lex. 1 (1747) 654.
HIMMELSBILDUNG, f :
wie ordentlich und fein
die himmelsbildungen mit ihrem sternenschein
sich in dem ronden blau dienstwillig umher kheren.
RoaPLBR 76.
HIMMELSBLATT, n. tremella nostoc, eine gattung aftermooae.
HIMMELSBLAU, n. das blau des htmmels: dahinter die be-
.Hchneiten höchsten gipfel auf einem tieferen bimmelsbiau.
Göthe 27,16;
ehrwürdger fels! der sich vom himmelsblauen
herab dem thale reich bemoost vermählte. 13, 245;
schaue
getrost da wieder, wie vordem, nach oben,
ans blauem aug empor zum himmelsblaue. RSckrt 140.
vgl. himmellilau sp. 1343.
HIM.MELSBL.\üE, f bläue des himmels: ob ich gleich un-
gefähr in dieser epoche, bei geiegcnheit der Saussurischen
reisen auf den Moatblanc und des dabei gebrauchteo kyano-
HIMMELSBLICK — HnWELSBRAUT 1350
meters, die phänomene der hiramelsbläue, der blauen schatten
u. s. w. zusammenschrieb. Göthe 54,294;
wenn der blick an heitern tagen
sich zur himmelsbläue lenkt. 4,381;
der ganze wuchs war ebenmaasz,
das aug voll himmelsbläue. Höltt 20 Halm ;
aber er stand erschüttert am thron, und sandte nach allen
heiszen dank aus der himmelsbläue der glänzenden äugen
Ptreer Tunis. 2, 78.
HIMMELSBLICK, m. l) bUck zum himmel. Bctschry Palm.
s. 510 Überschrift.
2} blick des himviels, erscheinung des glänzenden himmels.
ey, was kan mich den das glük
und die miszgunst viel betrüben?
mir erscheint ein himmelsblik,
hier sind fürsten die mich lieben. Rist Parn. 516.
3) himmlischer blick: der himmelsbiick aus deinen äugen.
4) himmlisch schöner aushiick:
und kein wandrer mag erkunden
einen heilern himmelsbiick
als der kränz der grünen hügel,
die sich um die Limmat reihn.
M. V. SCHE5EE!«D0RF 419-.
HIMMEXSBLUME , /. 1) blume aus dem himmel oder dem
himmel zugehörig; von Christus:
du himmelsblum und morgenstern,
du jungfraunsobn, berr aller berm. P. Gerhard 10, 1 ;
roFi einer Jungfrau:
dort soll verwelken diese himmelsblume,
die färbe dieser wangen dort verbleichen! Göthe 9,330
i) himmelsblume, hrnmehhlümchen heiszt das tausendgülden-
kraut, gentiana cenlaurium;
da stehn auch vil schöne stocke],
bimmelbluemen, roszmarin.
(Kbckn) geiill. schäfferei, München 1650 s. 588.
3) himmelsblume. me hiraraelsblatt, tremella nosloc.
HIMMELSBLÜTHE, f.:
0 du, von reinen bimmelsblüthen,
von ewgen kränzen schön umlaubt.
M. V. SCHEIIKBNDORF 459.
HIMMELSBOGEN, m. l) der himmel als bogen aufgefaszt:
bis Sonnenuntergang,
bis auf am himmelsbogen
die goldnen sterne zogen. BCrgkr 14*;
o du, die mir hienieden
das theuerste war unterm himmelsbogen.
Ri^csERT 257.
in dem sinne von himmel l, 4 sp. 1336 :
seit mich der freundlichste von allen himmelsbogen
in Languedocs gefilde schlieszt. Thchxel 2. 5.
bädüch:
0 mein stern,
der vom berrn
mir an des gemüthes himmelsbogen
ward gesetzt,
ungenetzt
von dem gischte sturmbewegter wogen!
RccEBRT ijea. ged. 1, 225.
2) bogen am himmel, regenbogen. Göthe 5, 15 :
frohe zeichen zu gewahren
wird der erdkreis nimmer müde,
schon seit vielen tausend jähren
spricht der himmelsbogen: friede! 47,149.
HIMMELSBOTE, m. engel, mhd. himelbote:
lebe, lebe deine pilgertage,
gutes mädchen, Oitterlos,
und dann komm ein himmelsbot und trage
deine seel in gottes schoos. Höltt 161 Halm.
HIMMELSBRAND, m. l) brand vom himmel, blüz:
wer uns will trennen, musz mit himmelsbränden
uns scheuchen wie die fuchse. t^ar 5, 3;
he that parts us shall bring a brand from heaven,
and fire us hence like foxes.
2) brand der seelen gen himmel:
immer stehn die körperschranken,
zweier seelen Scheidewand ;
bis sie nicht in staub zersanken,
wird nicht frei der himmelsbrand.
RiJcEERT ges. ged. 1, 3M.
3) ki>nigskerze, vollkraut, verbascum Ihapsus,
HIMMELSRRAüT, f von der nonne:
fast verklärt, wie himmelsbräute. BGrger 10*;
seh ich, bei des tempels harmonieen,
ihr gesicht von seelenandarht glühen,
ach! so wähnt mein hochgeiauschter blick
eine himmelsbraut in ihr zu schauen. 116*;
Esalmgesang von himmelsbräuten,
eilgen nennen, tönt herab. Tieck Oclavian s. 243.
85*
1 351 HIMMELSBREITE — HnniELSCIILICH
IIIMMELSCIILIESZER — IIIMMELSCIRCUL 1 352
von der sonne:
da erhebt sich, neugeboren,
aus des morgens roseiiihoren
glüheiidhell die himmelsbraut. Körnrr 1, 15^.
HIMMELSBREITE, f. goographische breite eines punldes auf
der erde.
HIMMELSBROT, n. (vergl. himmelbrol), l) das manna.
*2) das abendmahl:
was wehrt ihr ihr das himmelsbrod
in ihrer letzten todesnoth? Körtif.r 1, Wl.
3) himmlische speise überhaupt : die bekanntschaft von Lava-
tern ist für den herzog und mich was ich gehofft habe,
Siegel und oberste spitze der ganzen reise, und eine weide
an himmelsbrot {als druckfehler fleht himmelsbort), wovon man
lange gute folgen spüren wird. GOthe an fran v. Stein 1,276.
4) trifolinm pratense, roter wiesenkier. Nemnich 4, 1479.
HIMMELSBHÜCKE, f.:
und liebe und cntzi'icken
bann weite himraelsbrücken
aus jedem schmälsten steg. E. M. Arndt ged. (1^40)493.
HIMMELSBRL.NST, f.:
seht, diser frischer beld, ein spiegel aller lügend,
fährt freudig hin zu gott im soinmer seiner jugend
voll ginubens und gediild, voll recliter liimmcisbrunst.
llisT l'ani. A "g.
HIMMELSBUCH, n. der himmel als buch gefaszl : wenn ich
das grosze himnielsbuch aufschlage, und diesen unermesz-
lichen pallast, den allein und überall nur die gotlheit zu
'■rfüllen vermag, vor mir sehe. Herder (1806) 3,5.
HIMMELSBÜHNE, f.:
des Jahres dämmeruiig ist allbereit erschienen,
die uns des frfihlings raorgenlicht
an den sappbirnen bimmelshühnen,
inid auch auf unsrer weit, verspricht.
Brockes 2, 14 (yeftet hei noch nicht völlig
eingetretenem früliling) ;
wol an der heitern himmelsbühne
stand lächelnd das verklärte blau.
RScKERT ges. ged. 1, 341.
HlMMELSßURG, HIMMELBDRG, f.:
so weil als für der erden
die blaue hiramelsburg musz vorgezogen werden.
A. TscHERPtijiG tobgciiichl auf llist in der von:
zu di;sseu hitnmi. tiedern;
empor zur hohen himmelsbnrg,
der Wohnung der unsterblichen. Hürgkr 162';
die hohe himmelburg {der horizont). i. Paul Tit. 4, 187.
HIMMELSBÜRGER, m. mhd. himelburger, der im himmel
nngebürgerl ist, zunächst im christlichen sinne von den selig ver-
storlienen : {Christus wird dich) würdig machen der anwarlenden
ewig-griiszen hochzeit des lammcs, hei den h. himmelsbürgcru.
BuTSCiiKY kanzl. 735;
geehrter man, ilzt neuer bimmelsbürger.
Flemimg üÜ, 11, 1 Lappenh. ;
hat, neuer hiramelsbürgcr, sich
dein geistig ohr nicht schon des klagetons entwöhnet.
Lessing 1, 94 (der lod eines freundes);
denn nur dieses wissen wir
von der himmelsbürger trieben,
daiz sie dort, wie hier,
singeti und sich lieben. Gotter 1,181.
in nicht chrhtlichem sinne: die dichter dichten, es hellen die
himmelsbürger sich auf eine zeit verschworen, den Jupiter
zu binden. Butschky l'atm. 457,
HIMMELSCHATZ, m. sclialz im himmel:
an solchen drten und dem platz,
da man vcrhüt (hitict) den bimelscbatz.
SCHWARZENBKRC 152'.
auch name änes krautes: wiUesatum himelschalz. Gersdorf
feldb. d. vnndarzn. {Slrasiburg o. j.) Lxxxii, in einem Verzeichnis
ofßcinrller krduter.
HIMMELSCHAÜ, f.: diese form, die nach Varro von den
F.truKkern erdacht und auf ihre bimmclschau gegründet war.
NiERuna 2. 698.
HIMMELSCHEIN, m.:
locke
•fiw
«lillcr coticsfUeden !
iiimraer:
.l<;n
riier. E. M. AmittT ged. 487.
niMMELSCHLICH , adj. caelettu, aus himmclisch und lieh
nuammengeteizl, vergl. WeiNiiotD alem. gramm. .«.268: Celeste
bimrltchlich Dikt. nnv. glou. 83*; in der form himmelglich:
der biDffleUlichen kOniglo. das graste gebet 8,
HIMMELSCHLIESZER, ni. ton Chrtstus:
den Zahler aller schuld, den treuen himmcischlieszer.
Flkiiinc 16, 26 iMfijienb.
HIMMELSCHLUSZ , HIMMELSSCHLLSZ, m. beschltw^z des
himmeii: der himmeissclilusz hat euere bände umb etwas
bitten zu können nicht gefesselt, pcrs. baumgart. 9,15;
ich liebe dich nach einem himmelschlusz,
ich liebe dich durch einen zauberbann.
Rückrrt (/es. ged. 1,372.
HIMMELSCHLÜSSEL, HIMMELSSCHLÜSSEL, m. schlüsscl
zum himmel, mhd. himelslüj^el, himilslu;/,!! (Kelle spec.
eccUs. 96):
ir habt diu himelslnj^el bistün
und weit nicnien dar in län.
H. v. Melk prie^tert. 579;
Petrus mit dem groszen himmelsschlüssel.
H. IIkiihb 18, 32U
der Peter und der Paul
die uemmet anander am auhr,
der Peter nimmt de himmelschlüssel
und schlecht ile Paul uf de rfissel.
Meier kinderreime nus Scliwaben no. 212;
von einem mädchen:
du herzi schöns diandl
du himmelschlüssel,
bei dir möcht i sein
a kloa leizis bissei {bairisches Volkslied).
'in den Voralpen\ München 1865 s. 187.
himmelschlüssel, die blume primula veris, Schlüsselblume, die
.'^onst auch st. Peters schltissel , unserer frauen Schlüssel heiszl;
nd. hemelschlutcl. Mone anz. 4,248; oculus porci haijt ain
vellpluom und liai^t aucii ze lateiu flos campi und hai;ent
si die gäwliuit etswa hinielslüzsel . . . diu pluom hat ainen
höhen steiigel, da stet diu pluom ze obrist und ist gar lieht
und schoen. Mecenberg 412,18; primula veris, die himmel-
sclilüsseln, bilden ab ein gläubiges gebet, das den himmel
aufsclileuszt. Glirsfeld histor.rosengeb.a%; himmelsschlüssel
ist einer von den deutschen namen der primula veris, sie
blüht im april, und schlieszt den milden frUhlingshiunuel auf.
Brentano schrißen 6,426;
gebt uns junge safranblumen,
himmelsschlüssel, rosmarein.
Fleming 288, 2, 9 Lappenh.
diminutiv himmelschlüsselchen in symbolisclier ausdeutung: wie
die himmelschlüsselgen, wenn sie aus der erden hervor kom-
men, uns den lieben frühling bringen, also bringt ein glaubig
gebet den vorschmack des ewigen frühlings. Guirsfeld hist.
rosengeb. 328 ;
(bliimen welken), das himmelschlüsselchen kan aber nicht
vergehn,
ich meine gotiesfurcht, die, die bleibt ewig stelin.
Neumark tu^iwätdcln'n 214.
HIMMEL-, HIMMELS-SCHÖN, adj. von himmlischer Schönheit:
himmelschön, divinac et cocleslis furmae Stieler 1754; den briöf-
wechsel der frau, deren himmelschönes innere mm hervor-
tritt. GöTHE 22, 120;
meine Rasile, das hiromelschöne kind.
Fleming 474, ."W, 2 Lappenh.,
mir trSumte von zwei himmclschönen stunden.
SrniLi.KR W'altensietns lod 4, 2.
HIMMELSCHREIEND, part. zum himmel sclireiend {vergleiche
himmel 1, 6,a .<;//. 1337), seit dem il. jh. nachzuweisen : himmel-
schreiende, grausame sündc, facinus ncfandnm, abominabile,
morlc piandum, in coclum clamitans. Stielkr 2239 ; unrecht
geschieht mir, himmelschreiendes unrecht I Fr. MCller 2,106;
ein himmelschreiender Schnitzer. Rabener «rrAc 2, 239; eintH"
solchen frau gegenüber kalt wie ein stock zu sein? das ist
himmelschreiend I Kotzerue dram. sj>iclc 3,224;
gesell, habt ihr denn gnr kein ringpwoid, dnsz ihr
den greis, der kaum sich sriiloppcn kann,
zum harten frohndienst Ireibt? sifuimclt. a ist himin I-
schreiendl' Schiller Teil \,:>.
von grellen färben : was nichts kostete, gefiel ihm am besten,
daneben dann , was so recht buntscheckig war, so recht
himmelschreiend. J. Gotthelk Uli d. puchter (1870) 155.
HIMMELSCHWADEN, m. panicum daclylon.
HIMMELSCIIWKRTKL, m.: lilium oelesle vel crruleum, blo
lilien, himmel^uhweitel, viulwurzcl. Alberus EE2'.
HIMMELSCHWIIR, m.;
du siehst in Ihr (der nalur) der liebe ipur,
die Hohn »nlliHt Ul nur in dir,
In dir der trrun himmolsrhwur,
in ihr drr trieb und die begier. ROcutT ges, ged. 1,374.
IIIMMELSCIRCUL, m,: eloe spfir oder himelicircul. Fi»char?
ehs. 527.
1353 HIMMELSDACH — ITIMMELSFELD
HIMMELSFERNE — HIMMELSFÜLLE 1354
HIMMELSDACH, n.;
willt du deine siiinme schwingen
an das blaue hiraroelsdacb.
Görimg liebe.'<meyenblühmlein (1654) 123:
die hirten
will ich zusammenrufen im gebirg,
dort unterm Ireien himmelsdache. ScHn.L«R Teil 1,4.
HIMMELSDECKE, HIMMELDECKE, f. 1) der himmel ab
decke gedacht:
brich, himmelsdecke, und lermalrae mich ! H. FIeü»! 10, 124.
2) decke die einen liimmel {sf. 1340) bildet, baldachin :
wer sieht es diesen kahlen wänden an,
dasz eine königin hier wohnt? wo ist
die himmeldecke über ihren sitz?
Schiller Maria Siuail 1,1.
HIMMELSDLNG. m.:
all sein dichten, all sein singen
ist von lauter himmelsdingen
auf dem heiligen parnass. Rist Parn. 485.
HIMMELSDON.NERER, m. sQiySovTto?:
ob er den söhn des himmelsdonnerers
verfolgen . . . sollte. Borger IGü* {llias).
HIMMELSDDFT. m.;
so liebt die lerche
gesang und luft,
und morgenblumen
den himmelsduü. Götbe 1, St ;
ein nachtgesicht, aus himmelsdufte gewoben.
Ptbker Tuni$. 1, 150.
HIMMELSEELE, f. anrede an eine geliebte; ach können denn
leiden in dir sein, du himmelseele? J. Paul Tii. 2,12.
HIMMELSEHNE.ND, pari.: du, o himmelsehnendes heize.
BüT^cHsv l'alm. lOO.
HLMMELSELIG, adj.:
selig, selig, himmelselig
ist das hoch erhabne amt,
auszuspenden, gleich der sonne
durch den groszen räum der weiten
ins uuendliche des geistes
lebensnahrung, licht und kraft! Borger 78*.
HIMMELSELIGKEIT, f. :
es schwebt ihr leben zwischen glück und Jammer
und hüllenqual und himmelseligkeit. Körmer 2, 129;
himmelsseligkeit. Bürger 96'.
HIMMELSENGE, f.:
verhülle mir das wogende gedränge,
das wider willen uns zum Strudel zieht.
nein, führe mich zur stillen himmelsenge,
wo nur dem dichter reiue freude blüht. Güthe 12, 10.
HIMMELSERBE , m. erbe des himmels , der seligkeü nach
dem tode:
ein seiger himmelserb
schläft sanft, so in der see, als in den tiefsten gründen,
vor denen, die in gold und marmorstein sich finden.
A. GRTPairs 169s 1, 167;
himmclerbe. Logaü 1, 32.
HIMMELSERLEUCHTUNG, f. erleuchlung des kimmeis {durch
geslirne, blitz) ; erleuchlung vom liimmel, von goU :
dann lobsang er dem herrn, und bethet um bimmelserleuchtung,
dasz das sehnende herz erkenne die wege der Wahrheit.
Ptreer Tunis. 1!,42S.
HIMMELSERSCHEINÜNG, f. erscheinung am fnmmel {komelen,
stemschnuftpen , wölken u.s.w.): was halten sie von dieser neuen
hiramelserscheinung (schnee)'* Güthe an frau v. Stein 1,297.
auch erscheinung einer himmlischen person, im folgenden ton der
Jungfrau Maria: im neuen reichslande . . wird der bundes-
rathsbeschlusz wie ein ereignis wirken und den vielen himmels-
erscheinungen ein erwünschtes gegengewicht bieten. Augsb.
allg. Zeitung vom 13. mai 1873 s. 2024'.
HIMMELSFACKEL, f.:
weh denen, die dem ewigblinden
des lichtes himmelsfackel leihn! Schiller.
HIMMELSFAHRT, f. fahrt am himmel, verschieden von himmel-
fahrt oben ,vp. 1344:
Phöbus, in der sonnendroschke,
peitschte seine flaramenrosse,
und er hatte schon zur hälfle
seine himmelsfahrt vollendet. H. Hinn 17, 88.
HIMMELSFELD, n.;
er sah {Johannes in einem gesidu) ein'n häufen Völker stehn.
sehr hell und schön
im güldnen himmelsfelde. P. Gerhard no. 123 Wackern.;
das verhängnüsz drückt sein Siegel
in das blaue himmelsfeld. Fleming 76,111 lAippenb.;
dieser unumschränkte räum, dieses weite hiramelsfeld
das in bodenloser tiefe, ungezehlte weit enthält. '
Brockis &, 3.
HIMMELSFERNE, f.:
ach ! was ein herxen, mund und brüst,
belauschten jetzt die Sterne
aus hoher himmelsferne! Bürger öS*;
und was ich sucht in himmelsfernen,
stand lächelnd nah im erdenraum.
RScKERT ges. ged. 1, 340.
HIMMELSFESTE, f. firmamentum, jtalalium siellarum fixarum
Stieler 4T2.
HIMMELSFEUER, n. l) feuer des himmeU, blitz: .
vor hagel, himmelsfeur und donner
behüt die weit, lied in der Ahatia 1S62— 64 s. 113.
2) aiicA in «euerem sin ne, z. b. von den sternen :
indem ich jüngst, zur abendzeit im dunkeln
der flammenden gestirn ergetzlich helles funkeln . . .
mit innielich gerührter seel, erblickte;
erlülleie mein reges blut
diesz himmeläfeur mit einer himmelsglut. Brockss 4,6.
bei Stieler 476 ist himmelsfeuer das elementarische feuer (vgl
den feuerhiinmel oben sp, 1333).
HIMMELSFIRMAMENT, n.: von dem hohen himmelsfir-
mament. Abele kiinstl. unordn. 4,122;
des feuers quell, die sonne, brennt
am blauen himmelsflrmament. Borger 42*.
HI.MMELSFLAMME, f. vom himmel den Ursprung habende
flamme:
ha! wie bläht sich diese brüst!
ha ! wie stürmt, wie lodert drinnen
himmelsflamme, dichterlust! Ovbrbkcs ged. 11.
HIM.MELSFLOCKE, f. vom himmel fallende flocke, Schneeflocke:
himmelsllocken gleich an weisze. Göthe 2, 108.
HIMMELSFLUG, m. : der sonnenadler, der . . im stolzen
hinimelsfluge die äugen immer zur sonne dreht. Fr. Müller
1, 25.
IIIMMELSFLÜR, f.:
was einst als ahnung. Sehnsucht nur
durchdrungen deines vaters lieder,
das sinkt von seiger himmelsflur
als reiches leben dir hernieder. Uhlaüd ged. 7t.
HIMMELSFLUTH, f.:
von den reinen himmelsfluten {einen kusses)
sind die sünden weggespült. Rdckert ges. ged. 1,295.
HIMMELSFORSCHER, m. aslronom.
HIMMELSFORSCHUNG, f. aslronomie. Mädler i« d. deutschen
vierteljahrsschrifl 2. quarlal 1842 s. 80.
HIMMELSFREUDE, f. himmlische, hohe freude, wie man sie
im itimmel hat, mhd. himelvröude: der Fugkar bUcberroarkt,
darmit der gut W'olffius zu Augspurg sein himmelsfreud hat
Garg. 275";
in dir heb ich himmelsfreud,
auszer dir verdrusz und leid.
Chr. Deszler (f 1722) geisll. lied: öffne mir
die perlenthoren.
freude im himmel nach dem tode: die ewige bimmelsfireDde.
Bltschkt Palm. 165;
allen . . . wünschen wir
dasz sie haben für und für
ihr wolfahrt im leben,
und nach dieser zeitlichkeit
dort die ewig himmelsfreud.
sckluszslrophe meJirerer hand«erkslieder
Schade s. 6. 50. 64;
was ist die himmelsfreud in ihren armen? Göthb 12,175;
dann {wenn sie gestorben) weinen sie nicht mehr, dann ist
kein schmerz,
kein leiden, das sie stört in himmelsfreude.
Tkck Octavian s. 88.
HIM.MELSFREUND, m. von einem prediger:
seiner wird gedacht, so lange man wird hören
die treuen himmefsz freund in gottes tempel lehren.
Rist Parn. 641.
HIMMELSFRIEDE, m.
ach, hinunter in die tiefen
dieser selgen äugen schaun !
die von himmelsfrieden triefen.
Rdckert ges. ged. 362.
HIMMELSFRÜCHT, f..
die liebe meiner trelTlichen Johanna
ist eine edle, zarte himraelsfrucht,
und still allmählich reift das köstliche.
Schili.fr junijfrau, prolog 2. auflr.,
aber eure band
bricht unreif nie die goldnen himmelsf^üchte.
GöTHR 9, 50.
IUMMELSFCLLE, f.: aber arh! diese eindrücke gingen
Toriiber, wie da« gefübl der gnade seines gottes alimuhlicb
1 355 IlßBIELSFUNKE — HIMMELSGEWÖLBE
HIMMELSGLAN'Z — TIIMMELSHAÜS 1356
wieder aus der seele des gläubigen weicht, die ihm mit
ganzer himmelsfülle in heiligen sichtbaren zeichen gereicht
ward. GöTHE 16, 180.
HIMMELSFCNKE, m. vom hitnmel stammender funke:
dieser biederseele flecken
nige keine lästerungl
denn was flecken war, vermodert;
nur der himmelsrunkc lodert
einst, geläutert, zur Verherrlichung. Bdrcir 15';
und noch lebt der hofl'nung himmelsrunken.
Körner 1, t03 {Icicv u. schieert 76).
HIMMELSFÜRST, m. ivie himmelfürst $p. 1345, von goU:
die unhegreifliche niajestät des algewaltigen himmelsfürsten.
BüTscHRV kanzl. 529; von apostdn und heiliyen: zu ehren des
himmelsfürsten, s. Petrus des aposlels. Simrock volksb. 1,47;
ron den engeln : an den ort, da die h. dreifaltigkeit regieret,
da ihm nicht viel doctores nnd bcrrn, sondern unzehlich viel
tausent engel, die groszen starken und mechligen himmels-
fürsten zu hof aufwarten und dienen. Neander vom sei. ab-
sterben Avj;
die himmels fürsten bei uns sein,
allzeit, frew dich o herze mein.
Selneccer pxnltn. (l.'>87) s. 52 (»oWier
'himmlLtche wnchler');
kom liebstes stündlein (des todea), dasz mich mag
zum himmels fürsien weihen. Rist liimml. Ued. 5, 342.
HIMMELSFCRSTIN, f. die Jungfrau Maria, bei Göthe aber
ist die sonne gemeint :
in der dämmning des morgens den höchsten gipfel erklimmen,
fnihc den boten des tags grüszen, dich, freundlichen stern !
ungeduldig die blicke der himmelsllirstin erwarten,
n-onne des jüngHngs, wie oft locktest du nachts mich heraus !
1,373.
HIMMELSGABE, f. vom himmcl, von goll verliehene gäbe,
mbd. bimelgehe:
fürstin, eure himmelsgaben
die ihr habt, wie sie euch haben,
sind verfast und spielen weit
durch das gold der frömigkeit. Locao 2,7,20;
wir seufzen billig ja nach dir, du himmelsgabe,
du webrter friede du. Rist l'ani. 489;
dichten zwar ist himmelsgabe. Göthe 5, 223;
8 ist eine der gröszten himmelsgabcn,
so ein lieb ding im arm zu haben. 12, 152.
HLMMELSGARTEM, himmelgarten, »1. himmel als garten
gefasä :
der gärtner, so des baus (lies baums) im himelgarten wartt.
liOHPLER 88;
und heilige Sehnsucht ihr herz durchglüht
nach dem ewigen himraelsgarten. Körncr 1,229;
dort oben im himmelsgarten
da thut mein bräutigam mich erwarten.
ViLMAR hanähiiclil. fiir freunde des volksl. 133.
HIMMELSGAST, m. vom himmel gekommener gast:
Hymen, den ich benedeie, . . .
sei willkommen, himmelsgast! Bürger 75".
HIMMELSGATTE, m..
da Äther
mutier Tellus liebgewann,
da ihr schosz vom himmelsgatten.
Floren und den lenz empflug. Bürger 113*.
HIMMELSGEBILDE, n. ; die zahllosen andern bimmels-
gebilde (auszer der erde) : planeten, komelen, sonnen. Jen. litt,
zeitung 1839 no. 179 J. 407.
HIMMELSGEGEND, f. plaga coeli, regio coeli. Frisch 1,453'.
HIMMELSGEIST, «i.;
nur der bimmelsgeist soll gellen,
der den erdenstofl' belebt. Rdrcrr 74*.
HIMMELSGERSTE, f. hordeum eaeleste, auch Jerusalems-,
Haridsknrn. NEMNrcH 3, 174.
HIMMELSGESANG, m. :
was . . . de» todes furchtbaren abnif
ihm in bimmeUeenang, das bild der nahen Verwesung
ihm wird wandeln in irunknes gefühl. Klomtock U, 78.
HIMMELSGESTALT, f:
mein muszt du lein, du himmelugestalt 1 KöRn» 4,74.
illMMELSGFWALT, f :
da ergreiflt ihm die «ecle mit himmelsgewalt.
Schiller laucUer.
HIMMELSGEWÖLBF! , n, fnrnicrs cnrlorum. .Stieler 2573;
fihertragrn: am lilernri<*rhen gestirnten himmelgewOlbe. J. P*(;l
Mv» Fibeh i. tu.
HIMMELSGLANZ, m. glänz des himmels, himmlv:cher glänz:
ich glaubt in diesem himmelsglanz (hei aufiieUrnder sonne\
von einer künttgcn herrlichkcit . . .
ein lichtes bild bereits hienieden
erstaunt von weitem zu erblicken. Rrockes 7,23;
ich, ebenbild der gottheit, das sich schon
ganz nah gedünkt dem splegcl ewger Wahrheit,
sein selbst genosz in himmelsglanz und klarheit,
und abgestreift den erdensohn. Göthe 12, 4U;
diesz herz, von himmelsglanz erfüllt,
darf einer irdschen liebe schlagen? .Schiller yiinu/'r. 4, 1 ,
du rührest ja die sailen,
und drehst die stern im tanz,
und deine färben breiicn
ums herz mir himmelsglanz. Rückert ges. gcd. 1, 274;
du aber schlummre selig hin
in angestammten dichterträumen
von himmelsglanz und waldesgrün,
von Sternen, blumen, blüthenbaumen ! Uhland ged. 71.
HIMMELSGLÜCK, n. ;
bis ich dir jedes himmelsglück,
dir jeden sieg verdanke, i. M. Miller ged. 260.
HIMMELSGLUT, f. glut des himmels, z. b. bei sonnenunter-
gang, bei nordlicht:
ich sähe jüngst das güldne feuer der unlergehnden sonnen
an . . .
ich senkte mich, mit aug und herzen, in diesen überirdschen
schein,
in diese güldne himmelsgluht, von andacbt anircflammt, hinein,
Brockbs b, 108;
ich sah recht in die himmelsgluht nnd in den lichten glänz
hinein. 7, *i3.
lümmlische, beseligende glut des herzens:
erfüllete mein reges blut
diesz himmelsfeur mit einer himmelsglut. 4,6;
was dahin ist und vergangen,
Emma, knnns die liebe sein?
ihrer flamme himmelsglut,
stirbt sie wie ein irdisch gut? Schiller an Emma.
HIMMELSGNADE, f.:
0 dank den ewgen bimmelsgnaden!
M. V. Schenkendorf 139 Hagen.
HIMMELSGOLD, n.;
der hohen felsen äuszre spitzen, die prächtig in die höhe ragen,
indem derselben äuszre rand mit himmelsgold als wie bescblag'en.
Brocees 7, I8;i.
HIMMELSGOTT, m. gott der speciell des Mmmels waltet : neben
Indra, den himmelsgott, treten die welthüter, dann die gütter-
zahl in bunt-phantastischer Vielheit. Kritzler humanität u.
dtrislenthum 2, 107.
HIMMELS-, lilMMELGRAU, n. das grau des himmeis, z. b.
bei anbrechendem morgen: die lerche fuhr als Ouvertüre des
tages hoch ins himmelgrau hinauf. J. Paul Hesp. 3, 202.
HIMMELSGRUND, m. an einem gemalde: die lebendigen
engelsgpsichter, die lebhaften gewänder auf dem blauen him-
inelsgrunde erfreuten das augc. Güthb 17,216.
HIMMELSGRLSZ, m.:
bringt ihr der rettung himmelsgrusi! KdRNlR 4,81.
HIMMELSGUNST, f :
0 kreuz, uns nicht ein kreuz; an dem wir kAnnen haben . .
für helle himmelsgunst, für tod Unsterblichkeit.
Flkhinc 26, 408 iMjipenb.
HIMMELSGUT, «.:
ich zieh ins feld um bimmelsgüter.
M. V. ScnEItKENDORF 139.
HIMMELSHALLE, /". himmel aU halle gedacht:
feiernd walle
mein gebet zur himmelshnlle. Fr. Kind freitch&tt;
dort oben in dem reich des lichts,
in jenen kalten himmelshallen. H. Html 18, 231.
HIMMELSHAND, f band, wirksamkett gotta:
denn bimmelshand sieht deutlich hier mein glaube.
Grii« 7'(U»o« liefr. Jeru». 11,75.
niMMELSHARFE, f.:
wann sich zur engelteele
die deinige verschont,
und himmlisch deine kehle
zur himmelsharfc töni. BCrcer 9*.
HIMMELSHAUS, n. l) himmel aU haus vorgesielU:
der {ertengel Michnel) hol durch disen sieg datz gOldi-n
himmriiihauiz
•rAITnet, da der dracb ist langst geworfen aus.
Rist l'arn. C3».
2) himmeNhaus, dormts caeitttis, heisU bn den slerndentern
der sfcOlfle theil von der fldche der hirnnwltkiigel , nrlrhrr in jm«
1357 HIMMELSIIEER— IIIMMELSKERZE
111M3IELSKLND — UIMMELSKREIS 1358
halbe ärkel eingeschlossen isl, die durch die beiden punkU gehen,
wo der mülagscirkel und hurizonl einander durchsclineiden , und
einen bogen des aequalors fassen, der 30' in sich liäU. mcUh. lex.
l (17471 654. vgl. haus 12 sp. 651.
H1M.MELSHEER, n. exercäus coelestis angelorum H coelitum.
Frisch 1. 453'.
HIM.MELSHE1M\VEH, h. :
das erdenheimweh läszt uns trauern, baogen,
dasz tust und leid der erde musz vergehn;
das bimmelsheiiDweb fühJts herüberwebn
wie morgeuluft, dasz wir uns fortverlangen.
Lemau neue ged. 165.
HIMMELSHEITER, adj.:
als mit bimmelsheitern zügen
ich deu neuen engel liegen
au der uiutter brüsten sah. Miller ged. 337.
HiM.MELSHELD. vi.:
und der himtnelsheld, der glaube,
und die ewge liebe spricht:
kind des vaters, zittre nicht. E. H.Akddt ged. (1640) 536.
HIMMELSHELLE, f.:
kehrst du wieder, himmelshelle!
Iris, mit gewohoter schnelle,
trennt die grausen wölken schon. Götbb 4,202;
die freud ist alles guien quelle,
ein ausflusz jener bimmelshelle! Voss 5. 167.
HIMMELSHEBR, m. mlui. bimelberre : der wuhitalitige Liui-
nicIslieiT. der seine sonne über frobme und bOse lasset auf-
geben. BüTsCHKY Palm. 143.
HIMMELSHERRSCHER, m. :
und gäbe mich der rath
der himmelsberrscber dir auch unterthan. LiJRGER 41*;
besänftige demnach sein (Zeus') herz
mit scbmeichelworien, und sogleich wird uns
der himmelsherrscher wieder gnädig sein. 14ä*.
HIMMELSHERZ, n. cor coeli, vird bei den Sterndeutern der
graJ der ekltplik genannt, welcher in dem vieridiaH ist. maüi. lex,
(1747) 1.655.
HIMMELSHOCH, adj. für himmelhoch:
die . . . himmelshohe maur
desz starken tburns zu Babl.
L. V. ScuKCFFis mirant. flöHein (1682) 65.
HlMMELSHOFFNüNG, f. Hoffnung auf erlangung des kimmeis :
ich brachte himmelshoiroung in den tod. Göths 0, 377.
himmlische, beseligende hoffnung:
du süsze himmelsbofnung, fleuch,
mit allen wonuescenen! Miller ged. 310.
HIMMELSHÖHE, /. .
denn gerecht in bimmelshöben
waltet des Kroniden rath. Schills* siege>^fest;
und herrlich, in der Jugend prangen^
wie ein gehild aus himmelshöhn,
mit züchtigen, verschämten wangen
sieht er die juugfrau vor sich stehn. gtocke v. 63;
und ('/u hntt meinen wnhn) von der kaum erflognen himmelshöbe
uur um so tiefer in den pfuhl geschmettert. Körner 2, 'iä9;
als er einsam ritt auf bergen,
fuhr ein blitz aus dem gewölke,
und so ist er unterlegen
nur dem strahl von bimmelshöben. Uulaüd yei'. 256 ;
kein wiedersehn
giebt es für uns in himmelshöhn. H. Heine 18, 31S.
HIMMELSHOMG, m. manna.
HIMMELSHORN, «. eine meerschneckenarl :
meerwunder . . .
euch sind es bimmelshörner, meeressterne. Rückxrt 149.
HIMMELSHULD. HIMMELHULD, gralia coeUslts. Stiele» 852.
HIMMELSJ.\GERI.N, f. Artemis:
allein itzt half dem wackern Jäger nicht
die bimmelsjägerinn, nicht seine schützeokunsU
BORGER 159*.
HIMMELSK.\RTE, f. karte des himmels und seiner sleme.
HIMMELSKÄLFER, vi.:
vergieb dem bimmelskäufer,
der, gott, mit glaubenseifer
vor dir in demulh strozl! Voss 5, 163.
HIM.MELSKERZE, f. l) von der sonne und den slernen:
dort jener theure mann, das adle Föbusherze
sol stehen wo die sonn, die grosze bimraelskerze
bei tausend sternen stebt. Nedrark tusiirdldchen 185;
entlodert, gleich den bimmelskerzen.
noch liebeslohe deinem herzen? BCrger 42*;
golden schäumt er (der Tokaier) im pokal,
hell wie bimmelskerzen. Körner t,i99.
2) dtc künigskerze, verbascum Ihapsus.
HIMMELSKI.ND, vi. dem himmel, goU zugehöriges kind:
allhier, war ich ein fürst; dort, bab ich eine krön;
bin dort, ein himmelskiud ; war hier ein erdensohn.
LocAU 3, 92, 81 ;
ein bimmelskind bleibt allzeit i-ein. Rist himl. lied. 5,340.
vom himmel stammendes und; so vom neugeborenen heiland:
am Weihnachtsabend sind die kinder zu beneiden . . .
sie glauben kindlich, was ihr kindisch herz begehrt,
das bab unmittelbar das bimmelskind beschert.
BScEERT «eiiU. d. Iir. 10, 15
aber auch anderweit :
du schönstes bimmelskind ! du Ursprung bester gaben,
die weder gold e^kauf^ noch herrengunst gewährt,
0 Treib eit! Hagedorn 1,29;
muntre schwester süszer liebe !
bimmelskind! 3, 42 (un die freude);
hoffnung, bimmelskind im schmuck der Jugend! Borger 100*.
hivimlisch schönes und; von einem mädchen:
du mit dem früblingsangesichte,
du schönes blondes bimmelskind! 80*.
HIMMELSKLANG, m.:
wann der wein in himmelsklang
wandelt mein geklimper. Borger 50*;
und er durchspäht und wägt und miszt,'
was schön wus grosz und herrlich ist,
und stellt es dar in red und sang,
voll barmonie, wie bimmelsklang. 51'.
HIMMELSKLAR, »..
so aus der liefe dieser scblucht der peinen
blick ich hinauf zum schmalen himmelsklar. Göthr 4,56.
HIMMELSKLABHEIT, f. :
du blendest mich mit bimmelsklarfaeit. Göthe 5, 263.
HIMMELSKÖNIG, m., mhd. himelkünec, von Christus: der
neugeborne himmelskönig. Butschky Palvi. 51.
HlMMELSKÖMGIiN, f., mhd. himeikÜDeginne, von der ping-
frau Maria. Göthe 17,273;
und dir, die ihn zum retter mir geschickt.
o himmelsköuigin, sei es hiermit versprochen . . .
Wieland 22,118 (Oberon 3,38);
wärst du nimmer mir erschienen,
hohe himmelskönigin ! Schiller Jungfrau 4, 1 ;
es ist dieselbe {fahne), die du siegend schwangst,
die himmelskönigin ist drauf gebildet,
die über einer erdenkugel schwebt. 4, 3 ;'.
von der Juno:
doch göttin her und göttin bin !
genug, die himmelskönigin
trugs faustdick hintern obren. Blckader 2, 3.
HIMMELSKÖRPER, vi. stern, geslirn:
wie flammenreich der himmelscörper beere
daselbst (um liimmel) so schrecklich schnell hell durch ein-
ander gebu. Brockes 4,7;
deine weise liebe, die alle ding in Ordnung rühret,
die, wie die gröszten himmelscörper, auch selber von dem
dünnsten duft
die allerkleinstea theile leitet, erhält, beweget und regieret.
7, 26.
HIMMELSKOST, f. himmlische nahrung: die armen mit
himmelskost versehen.
HIMMELSKRAFT, f.:
woblthätig ist des feuers macht,
wenn sie der mensch bezähmt, bewacht,
und was er bildet, was er schatft,
das dankt er dieser himmelskraft ;
doch furchtbar wird die himmelskraft,
wenn sie der fessel sich entrafft.
Schiller glocke v. 157;
wie köstlich ist des gegenwärtgen freundes
gewisse rede, deren himmelskraft
ein einsamer entbehrt und still versinkt. Göthe 9,73.
plur. himmelskräfte, himmlische, die weit regierende krdfle:
und alle himmelskräfte sind uns günstig.
TiECE Octavian t. 440.
HIMMELSKRÄFTIG, adj. und adv.:
der sänge wohl auf deutscher erde
ein scharfes lied, wie schwertesstreicb,
nicht so, wie ich es künden werde,
nein, himmelskräftig, donnergieich. Uhland ged.'l20.
HIMMELSKRAKZ, m. der sleruetüammel unter dem bilde eines
kranzes:
ich denke dein, wenn mich die sterne freuen,
am himmelskranz. Korner 2, 48.
auch der himmlische siegeskranz, der den vidrtirern gereicht wvrd:
den himmelskranz empfangt ihr jetzt zum lohne.
TiECE Octiivian s. 97.
HIMMELSKREIS, m. orbis coelestis, gUibus, sphaera : jedoch,
weil groszen gemüthern eine solche erniedrigung so weuig
1 359 HIMMELSKÜGEL — HIMMELSLICHT
niMMELSLIEüE — HIMMELSLUSf 1360
als denen irrstcrncu ihr eintritt in einen nietirigeru bininiels-
kreisz oder in ein schleclücres liausz alibriichig. Lohenstei.n
Arm. 1, 1045*;
dasz aur niaiiuiglache weise
die vi-r:>cliie(lncn liimnit-lskreisu
seine (•i<iiiii~) gvosio .sollten sc-liu. Krockks 2,367.
HlMMELSKLHiEL, /'. /.iiyW des hivnnels, und die dantcllung
derselben, ytobus: Liramelskugcl, eine kugel ;in weleüer man
die astruuuniie begreiflich machen kan. Frisch i, 4ä:t'; Urania
ist den dichtem die nnise der sleriikunst; aus ihrem namcn,
ihren Verrichtungen erkennen wir ihr anit. der kiinslier, um
es kenntlich zu machen, musz sie mit einem Stabe auf eine
himniciskdgel weisen lassen. Lessi.ng ü, 441.
lUMMELSKU.NDE, /". uslroiwmie; aucJi kundc der ersdieiirnngeii
am liimmd {wie wölken), wellerkunde.
H1.MMELSKUNDIG, adj. den hnninel und seine slerne ken-
nend, aslronom : einige Worte des ernsten himinelskundigen.
GüTlIE '.'1,190.
HIMMELSRÜNÜIGER, m. aslrvnvm : der bimmclskttndiger
Hipparchus. Kist Farn. 72.
HIMMELSKÜiNSTLEU, m.: bei den gemeinen unerfahrnen
arzten und apothekern, sonderlich aber bei den calender-
machern und vermeinten himmelskünsticrn. Tabeu.naem. bh'J.
HIMMELSLACE. f. clinia coeli. Sri ei. er Uli.
HIMMELS-, ULMMELLAND, limmliMlies Land:
verbricbl das schmale schilT {mein köifie') , so weis ich
zweil'elsliei,
es bleibt mir noch ein breit, auT dem ich sicher sei,
ein breit, aul dem ich kau das himelland erlangen.
RoMPLER 74 ;
liehchen, ach ! im starren bände
z\v;iiigen sieb die freien lieder,
die im reinen liinimelslande
munter flogen hin und wieder. Götue 5, 54.
HIMMELSLÄNGE , f. geographische länge eines ptinktcs auf
der erde.
HIMMELSLALF, «j. lauf der slerne atn himmel : in einem
weit entlegenen ort .. ist der kern der astrouomorum: die
verstehen sich auf den himmclslauf . . li.\ und fertig. Simpl.
2, 275 Kurz, liiuf des durch den himmel bestimmten Schicksals :
wann der himmeislauf jemanden mit reichlhum und vermögen
begünstiget, so bekompt man solches nicht durch seine eigene
krall und siiirke. pers. baumg. 571.
HIMMELSLEBEN, «.;
sein i,'anzes herz dahin zu geben
und wieder ganz geliebt zu sein,
ist das nicht reines liimmelsleben? Götüe 57,130.
HIMMELSLEHHE, f.: da er {der apuslel Paulus) die uni-
verselle tendenz der christlichen heilsanstall entschied und
die einfache himmelslehre auch mit der gelehrsamkeit aus-
zusöhnen versuchte. Wineb bibl. realwürlerb. (2. u«/7.) 1,84;
wo sie noch von gott empflngen
iiimmelslehr in erdespraclien. Götuk S, 3.
HIMMELSLEITEK, f. l) die von der erde in den Inmmel
reiclicnde leiler, auf der nach l Mus. 2S, 12 die cuqel ijMes auf
und ab stiei/en. bildlich, bczügltcli der Jungfrau Maria :
wi« geKrüejet, hiiuelslü»el,
himelleiler, himelüprü^el,'
an dir steic Adam von belle.
Uaujtls zeitschr. 8, 283, 242.
ohne biblisclien bezuq : durch den nachthimmel zogen nocii
einige adicr nach dem moiid wie nach einer sonne, und an
das hiinnielgcwolbe war die bimnielleiter aus guldaen sprossen
von Sternen gelehnt. J. I'aul Tu. 4, 144.
2) eine pßanie: himnielsleitcr, polemonium cacruleum, auch
griechisciier baldiian genannt. Üre.ntano ('>,42(). Nemnicii 4,l02l.
HI.MMELSLEHCHE, f. alauJa arvensts, ackerlerche. .Nemmcii
1,140.
HLMMELSLICH. adj., $. himmeUchiich.
HLMMELSLICHT, n. l) himmlisches, wm himmel kommendes
lidu:
wo »elbst das liebe bimmeliilicht
triib durch gemuhlte Kcheilieu bricht! Götuk 12, Itl.
du ein blitz au» hinimcUlichtc,
plnnz von reincrir nutur. Röckkrt ges. <jcd. I,2C'..
von dem lichte der rernvnß, rrkenntnis :
ein wenig besser würd et i h) leben,
hatid du ibm nicht den innieliilichts gfegeli'n;
er nenui« vernunli und Im il,
nur IbicrUcber ali jede* tbicr zu *> in. Gothb 13, 'i3i
*ind von anbegion
mir deine wort« bimmeUllcht gewoseo. 33, 2t7,
2) himmelslicht eigens mn der sonne:
drum soll mein himmclsticht {s])richt gott)
sein klares aiigesicht
in itchwarze trübe decken
und dunkle wölken stecken.
1'. Geruaru no. 105, 3 WutAcrii.
plur. himmelslichter werden sonne, mond und slerne yenannl:
die bcmühung um jene himmelslichler sei nicht etwa nur eine
wissenschaftliche liebhaberei , ein bestreben nach kenntnis
des Sternenalls. GnruE 21, l'Jl; alle himmelslichler sehen wir
durch refraclion ; sonne, mond und sterne zeigen sich uns,
indem sie durch cui mittel binduichblicken, an einer andern
stelle, als an der sie sich wirklich bciinden. 59, lü7;
und machet wasserberg ausz viMi wallen her,
die auch mit naSSsem saud die himmelsliecliter spritzen.
RoaPLKR 71;
doch ruf ich au euch himuiclslichter,
ihr werdet sein mein iccliter richier.
Mecmark liiuwälilclten 76.
die pünctcnrui'Miige gestalt der himmelslichtcr. Uruckks 1,453.
nachbilduny derselben auf dem Ihealer:
drum scliunet mir an diesem tag
pruspecte nicht und nicht maüchiiien.
(gebraucht du$ grusz und kleine himmelslicht (suntif und mond),
die bieine durlet ihr verschwenden. Gotiie 12, 17.
HIMMELSLIEBE, f. himmlische liebe:
Zion, da wir in himmelsliebe brennen. Rist Parn. ü56;
sonst stiu'^tc sich der biramelslicbc kuss
auf mich herab, in ernster sabbaihstillc. Gutue 12, 45.
tit der form himmelliebe:
wann dein lieclit in mir briniii,
so ist mein ganzes herz in hinicdlieh eiiuundt.
ROHPLER 34.
HIMMELSLIEBLICHKEIT, f:
ein bild von himmcislieblichkeit. Bürger OS';
mein lied ist nur ein wiederscbein
der liimmelslieMichkeit,
die {.das blümelieii) VVunderhold auf grosz und klein
in thun und wesen streut, hb'.
HIMMELSLIED, n.:
lasz himmelslieder klingen
mit lieuden hier und dort. Rist htm/, lieder 2, 136;
ach, zu tausend bimmelsliedern,
süszer träum, begeisterst du! Götuk 5, 14S;
o tönet fort ihr süszen himmelslieder! 12,46.
HIMMELSLILIE, f. iris germanica, gemeine blaue lilie, ganeine
schwertlilu. Nem.mch 3, 24'J.
HIMMELSLOHN, m. :
himmclslohn euch, grosze seelen,
in der ruhe heiligthum! Rürger 78".
HIMMELSLUFT, f in mehrfachem sinne.
1) dtlier: es ist auch zugleich klar, dasz der himmeisraum
mit einer subtilen llüssigeu materie erfüllet sei, die viel
dünner ist als unsere luft: welche wir eben die himmelsluft
nennen. Cur. Wolke vernilnfl. gcdanken von d. würkungen der
iialur 284.
2) die reine luft, wie man sie unter freiem himmel atmet:
sie . . . bewillkominten sich in der freien himmelslurt mit
entzücken. Götue 21,41;
lebet wohl, geliebte bäume 1
wachset in der hiniinelsluli. IT, •:<<.
nanicnllicfi das reine blau des himmets:
bald aber schwärzet sich die heitre hiumelslufl.
llAGEnORN 2,40.
die Iwheren luflschichten :
jclzo mit der krafl des siranpos
wiegt die glock mir aus der grult,
dasz sie in das reich des klanges
steige, in die hinunelslult ! .Schiller iilmkr 421.
3) eine luft wie man sie sich im himmel als dem aufenthalls-
orle der seligen denkt .
tlu mein eiigel, komm von uolies throne, . . .
wehe hinimelslult und nngclsruh
mir mit deiner piilme tu ! IIoltt t3s llntm ;
vn war, all wehe schon
ein bauch von liiiumelslult zu ihm herüber,
und trug ihn sanit empor. Wiklani».
HIMMELSLLST, f.:
athtne süüze hiinnieUlusl,
hungoiid an der niiilierbriiil. Stolrirg I, 113;
nun wiinüch ieli, dust die gante ""I'
in bimniel.vluiit erwärme,
wenn jriler dai im arme h.'ill.
was irli in ini'itii'iii iirnn- l!-"' ■''
1361
HIMMELSMÄDGUENSCHAAR
HDDIELSSCHILD
1362
HIMMELSMÄDCHENSCHAAR, {. die huns:
und Dun bringt ein süszer wind von Osten
hergeführt die himmelsmädchenscbaar. Götue 5, 2ö3.
HIMMELSMA.N.NA, »i. ;
wolleus der mutter gottes weihen,
wird uns mit himmelsmanna erfreuen! Göthe 12,145.
HIMMELSMEER , «. der himmel als meer gefaszl {vgl. luft-
meer und oben himmelmeer):
dieses himmelsmeer,
das unergründlich ist. Brockes 4,466;
Lieh sehe) in dem tiefen himmelsmeere
sonnen wälzen, weiten drehen. S, 145.
HIMMELSMILDE, f. l) milde des klimas {vgl. himmel 1,4
sp. 1336): dasz in ansebung der himraelsmilde ein grüszerer
unterschied zwischen Genua und Turin sei. Stolbebc 6,353;
reiche felder, breite wies und weiden,
mächtge quellen, süsze himmelsmilde. Götue 1, 220.
2) himmlische milde im wesen:
{so lange) als dein blaues äuge dieses blickes
allgewalt bei himmelsmilde trägt. Borger 80*.
HIMMELSNACHHALL, wi.;
diese seele, rein gestimmt,
himmelsnachhall iu den tiefen.
RiJCKERT ges. ged. 1, 347.
HIMMELSNÄSZ, n. regen und thau:
das jüngst gefallne himmelsnasz. Brockes 1, 154,
HIMMELSMSTER , vi. der im himmel nislet, spoltname für
einen frOmmler: ir seit kein heiligenfresser, kein himmels-
nister. Garg. 246".
HIMMELSORDEN, m. .•
0 Jesu, das ist wunderns wehrt,
dasz du den himmels orden
zu lassen hast lur uns begehrt,
und bist ein mensch geworden. Rist sabb, seelenl. 37.
HIMMELSPALME, f. :
ha, ich komm, ich komme! seht mich fertig,
eure (der heiligen) rosenlauben zu beziebn!
seid mit himmelspalmen mein gewärtig,
und mit ewig blühendem jasmiu ! Borger 100'.
HIMMELSPEISE, f. himmlische nahrung:
also thun die von Sünden schand
hi keren zu der himelspeisz. Scuwarzevberg 103".
HIMMELSPERLE, f. himmlische perle, bildlich für Unschuld:
und ach! zu sehn, wie sie hinunter (ins grab) stürzt,
und ihre himmelsperle mit sich nimmt. Blrger S3*.
HIMMELSPFAND, n.:
als nun der prediger immittelst war gekommen,
hat unsrer obrister zum andern mahl genommen
das iheure himmelspland, den wahren leib und blüht
des herren Jesu Christ. Rist Parn. B3'.
HIMMELSPFERDCHEN, n. heuschreck, libellula grandis, auch
goltespferdchen :
das grünliche himmelspferdchen,
das mit glänzenden schwingen auf farrenkraut sich gesezet.
Voss 1,23 {Luise 1,141).
HIMMELSPFLLNZLEIN, n. ton den hindern:
dasz sie {die hnusväier) dieselben himmelspflänzlein,
ihr hausschöszlein, ihr ehrenkräuzlein
ziehen und schmucken zu gottes ehren.
FiscuART nnmanung zur kinderz. 21.
HIMMELS-, HIMMELPFORTE, f pforle des hmmels: von
gaisllichem streite durch die engen himelpforten. Scbwarzen-
BERC 152' am rande;
Gabriel kert wider hin
zu der himelporten. Uhlasd lolksl. 871;
zur himmelspforten dringen. P. Gerhard 1, 8;
hier {im abendmahl) ist die schönste himmelspfort.
hier steht der engel leiter. Rist neue himl. lied. 1, 31.
HIMMELSPHANTASIE, f. himmlisches luftgebild:
aus Aurorens goldnem thor
schweben himmelsphantasien. Borger 28».
HIMMELSPIEGELND, pari, den lummel wiederspiegelnd:
{Herder) nahm nur die groszen ströme, aber aller Wissen-
schaften, in sein himmelspiegelndes meer auL J. Paul vorsdi.
der äslh. 3, 168.
HIMMELSPLAN, m. der himmel als plan aufgefaszt:
durch himmelsplan die rothen wölken ziehen
beglänzet von der sonne abendstralen. '.
TiEcr Oclavian s. 11.
HIMMELSPÜMT, m.: von der erden bis an den gestirnten
himmel, oder unbeweglichen himmelspuact undleitstern gegen
mitternacht. Rutscuky Palm. 849.
HIMMELSOUELL, m.:
o bade mir die seele hell
in deinem reichen himmelsqueli! Akudt ged. (IMO) 49».
IV. u.
HIMMELSRAIS'D, ni. : die freunde standen vor der hoflhür
und blickten auf die schweren wölken, welche vom himmels-
rande herauf zogen. Fbevtag handschr. l, 129 ;
hast nicht diese armen äugen
deine sonnen oft genannt?
sollen sie nun thränen saugen,
wie die dort am himraelsrand?
RiJCKERT ges. ged. 1, 472.
HIMMELSR AU.M, m.:
wachse, wachse, blühender bäum,
strebend in den himmelsraum !
Schiller Huldigung der künste;
nicht in ferne himmelsräume
braucht ich dichtend auszufliegen.
RÖCKERT yes. ged. 1, 250.
HIMMELSRECHT, n.;
' dannenher ich {Jupiter) einverleibe
diesen held, nach himmelsrechte,
in der götter alt geschlechte. Logad 1, 15.
HIMMELSROSE, f l) himmlische rose:
nach dir ist mir
süsze, holde himmelsrose,
krank mein herze,
wund in selgem liebesschmerze.
Ph. Nicolai 'wie schön leuchtet der morgenslem'.
2) agrostemma coeli rosa, glaller roden. Nemnich 1, 121.
HIMMELSRUHE, f. ruhe im himmel:
bis dasz uns gott thut geben
die ewge himmelsrub. Schade handicerksl. 56;
himmlische, selige ruhe :
harmonieen hör ich klingen,
töne süszer himmelsrub. Schiller Sehnsucht;
sie sank zu seinen {des Marienbildes) füszen,
sah auf mit himmelsrub. Uhlamo ged. 195.
HIMMELSRÜSTUNG, f.:
so zieht dein engel mich
mit himmelsrüstung an. Schl'BARt ged. 1, 25.
HIMMELSSAAL. m. himmel als saal gedacht:
der reichst und seligst dieser all
wer bei gott ist im himmelssall.
Kirchhof ici>n(ftinm. 275»;
herab von seinem heiligthumb
und höchsten himmelssahl. Weckherlin 210;
der tag ist nun vergangen,
die güldnen sterne prangen
am blauen himmelssaal.
P. Gerbaro no. 102, 3 Wackem. ,•
gott der du den kloosz der erden {erdball)
samt dem groszen himmelssahl
durch dein wort hast lassen werden.
Rist html. lied. 56;
freuden sonder zahl
sind im himmelssaal. Höltt 151 Halm;
im dritten himmelssaal. Borger 93».
HIMMELSSACHE, f.:
zu hohem witz in himmelssachen kommen. Rist Parn. 655.
vgl. himnielsding.
HIMMELSSAFT, ni.;
dein wort, der rechte himmelssafl,
disz stärket leib und seel. Rist himl. lied. 29.
HIMMELSSÄULE, f., plur. himmelssäulen, columnae coeli.
Stieler 4694.
HIMMELSSCHAR, f. : miüaceli himelschar Dief. not. gloss.
253";
bist {Jesus) unter himmelsschaaren
so herrlich aufgefahren. Hiller (t 1769) geUtt. lied:
'wie lieblich klingts den ohren'.
HIMMELSSCHATZ, f, plur. himmels?chätze, bona cetlestia.
Stieler 1740.
HIMMELSSCHEIN, HIMMELSCHEIN, m. himmlischer schein,
himmlischer glänz :
da sähe sie bei gott ihr liebstes töchterlein
samt ihrer mutter, die mit einem himmelsschein
sehr herlich sich erzeigt. Rist Pani. 660;
und mein lager steht entdunkelt,
rings von himmelscbein umglühet. Arndt ged. 417.
bezeichnung einer tugendhaften frau:
must ein so theurer schätz, ein solcher himmelsschein,
in dir, o Hammons bürg {Hambunj), so bald vergrabeu sein?
Rist Parn. 655.
HLMMELSSCHEU, adj. scheu vor dem himmel: an den lieben
hummelscheuen , doch nit himmeisscheuen leser. Fischart
bienk. 2".
HIM.MELSSCHILD, m. die sonne unter dem bilde eines am
himmel stehenden Schildes, vgl. J. Grimm mylhol. s. 665:
musz doch zu rüste gehen
so oft es abend wird, der schöne himmelsschildt.
Opitz 2, 283.
86
1363 HIMMELSSCHIMMER — HIMMELSSPUR
HLMMELSSTADT — HIMMELSTEG
1364
HBLMELSSCHIMMER, vi.:
schatten hülleii uns ein; aber von oben winkt
liimmelsscbimmcr, und leitet
durch die schatten die weiseren. Stolberg 1, 311.
HIMMELSSCHLOSZ, m. der himmel als schlosz vorgestellt:
das blaue majestätische hiiuinelsschlosz. Butschkt Palm. 849 ;
lasz uns diu blicke lenken
hinaur zum hiromcisschlosz. M. v. Sciienkemdorf 394.
HIMMELSSCHLÜSSEL, s. hiinmelschlüssel.
HLMMELSSCHOOSZ, in.:
ruft und locket uns zusammen
in den weiten biounelsschoosz. P. Gxruabd 35, 7 ;
umfängt mich nicht der weite himmclsschoosz?
ScuiLLCR il. Stuart 3, 1.
HLMMELSSCHÜLTER, f.: die sich für liechter der weit
lind Atiantes oder himmelsscbultern ausgeben. Daniiauer ei<.
mein. 29.
HIMMELSSCHUTZ, m. auxilium coeleste. Stieler 1948.
HLMMELSSCHWINGE, f. von der lerclie:
gegrüszet seist du, du himmeisschwinge,
des früblings böte, du liederfreundinn.
Uerder z. litt. 3, 17.
HIMMELSSEGEN, m.:
ein Obdach gegen stürm und regen
der Winterzeit
sucht ich, und fand den himmelssegen
der ewigkeit. Rückert ges. ged. 1, 241.
HIMMELSSENDUNG, f.:
das ist meine himmelsseiidung:
um dich spielen im gedieht. RGckert ijes. ged. 1,245.
HIMMELSSINN, m..
eure brüst voll bimmelssinnen
lachte, wann ein kotig wurm
eures geistes hohen ziniien
böte spöttisch einen stürm. Locau 2,214;
das klare, himmelblaue (äuge),
das so heilig sein : vertraue
meinem himmelssinne ! spricht. Borger 74*.
HIMMELSSITZ, m. regnum coelorum. Stieler 2037.
HIMMELSSOHN, m. von einem engel:
hört, es mischt in eure Jubel
sich der himmelssöhne chor. Rahler 2, 42.
HIMMELSSONNE, f. sonne am himmel:
und du, 0 reine himmelssoniie,
erfüllst seit langer zeit zum erstenmal
mein herz mit süszer frühlingsvvoune.
GöTUK 47, 29 (vgl. 57, 132).
goU wird so genannt :
die himmelssonn
und herzenswonn
ist unser hirt,
der grosze wirt
und lierr der ewgen weiden.
P. Gerhard no. 125, 8 Wackern.
HIMMELSSPHÄRE, f.:
ein süszer blick,
ein wink, ein nick,
reiszt mich zur himmelsspbäre. Höltt 202 Halm,
tm plural:
ich hörte die musik der himmeUsphären. 134.
HIMMELSSPIEGEL, vt. das mter, als den himmel wieder
sjnegelnd :
die ebne fläche scheint aus einem nicht abzusehendem snpphii
ein glatt-formirter himmelsspiegel. Hrockes 7, 91 ;
absonderlich empfängt die lluht, als ein polierter himmels-
spiegel,
den hellen glänz gedoppelt helle. 183.
HIMMELSSPRACHE, f.:
als wollt ich suchen das gelohte land,
wo jene himmelssprache der musik
gesprochen würde. Uhland ged. 105.
himmelssprOszlein, «..-
iiiiil ili(- il.iii(l,i) zu lei'.t »rott gar versetzt
' , , , .-ta,
iiiii'is.sprAszIcin,
■ ' ! Nsohoszleiii.
liACHART ilichl. 3, 204 Kuri («nm.
zur kiiidc'ii. 47).
HIMMELSSPUU, f. 1) tpur nacii dem himmel:
hall ich tauhciilluKel nur,
ei M ward ich un(«t6iimt kommen auf die liimniolsspiir!
biANDT bvrirht vom leben Taubmanii» 8(i.
2) tp*T MM der einwtrkung des lummels , der fruhltngssonne :
die neiibnIebtRn fliirrn,
g««rlimiickt mit himmelinpiirGn,
umlliclii der liebe kränz. Fa. Schlioel ywl. 358.
9) wenn der hutcli mit tetuem gewrih an rinrr .slange oder
Ml tmtm hueh gerieben hat, duti man et tehen kann, so wird
solches von einigen Jägern hiimneisspur genannt, ebenso, wenn
der hirsch an sommcrmorgen in laub- oder busclihülzern zu holze
gegangen ist, und durch das wenden des kopfes das laub mü
seinem giluirne verwirrt hat. Jacudssu.n 2, 258*.
HIM.MELSSTADT, /. himmel als sladt vorgesUlit :
der die hohe himmelsstat
weisziich aufgebawet hat. Opitz psalmen s. 252;
öffne mir die perlenthoren,
0 du schmuck der iiimmelsstadt.
Cur. Dkszler (f 1722) anf. eines geistl. liedet
Stadt im himmel:
und wie sie (jene schönen teilen) noch in alten liedern leben,
so will er sie wie eine himmelstadt
in golduen wölken auf die erde setzen. Schiller ^'uny/'r. 1, }.
HIMMELSSTERN, m. stern am himmel:
und in frieden schau ich wieder
zu den himmelssternen auf. R. Reinice lieder 145;
inusztc er unbedingt über die seligen gefühle sprechen, die
der Zauber der beiinat in ibni erweckt, dieser unvergänglich
strahlende biiiuiielssleru im dunkel des armen irdischen lebeos.
voUcsblalt ßr sladt u. land 1867 s. IUI.
HIMMELSSTI.MME, f. stimme vom himmel, z. b. der donver:
sie im liefen schlaf zu stören,
wandle naher, himmclsstimme ! Gütub 11,174.
himmlisch tönende stimme: im Gieszener anz. v. 1870, 13. aug.,
werden musViwerkc und spkldosen, mit und ohne glocken und
trommel , castagncitcn , himinelsstimmen, mandolinen zum
verkauf ausgeboten.
HIMMELS-, HIMMELSTRAHL, m. strahl vom Mmmel:
uns glücklichen sei sie (die liebe) ein himmelsstrahl,
der uusrer herzen innersti-s verklart.
Kl. Scuhidt iioet. briefe 122;
du leuchtend über berg und thal,
von haupt zu füszcn alzumal
von huld ein einzger himmcistral !
RÖCKKRT ges. ged. 1,259;
es steht allein vor meinem sinn
ein himmelstral der frauen. 2b0.
HIMMELS-, HIMMELSTRASZE, f. :
wenn sie (die sonne) im strahlenwagen
einher an blauer himmelsstraszc zieht. BCrger 55'.
in geisllichem sinne, wie schon mhd. himelstrlje: einer der aus
luuler trägheit die hinimelstraszc nicht lauieo mag. Simpl.
3,424 Kurz;
wollen wir ghcn di himelstrasz.
Sciln'ARZENBERC 155*. 130*.
HIMMELSSTRICH, HIMMELSTRICH, m. erdstrich unter einem
gewissen theil des himmels, namentlich bezüglich des Idimas: Theo-
phrast konnte sich in seinem neun- und neunzigsten jähre
noch immer nicht genug verwundern, woher unter demselben
himmelsstriche, und bei derselben erziehiing die inenge von
verschiedncn churaktcrn herkäme. Heinse Ardingh. 2,204;
was, schöner enget, willst du hier? bei pfafleu
und pfan'eiizucht? das Ist kein bimmcisstrich
für solche blumen. Scuiller Karlos 2,8;
CS ist
ein fremder zweig, mit nachgeahmtem süd
in einem rauhern bimmelsstrich getrieben. 2, lö;
0 besser! besser! sie lassen himmelsstriche uns treonen.
kab. u. liebe 4, 7 ;
es sind des sanges himmelsiriche
wol dem gebiet der aumuth gleich.
RGcEERT ges. ged. 1, 276.
IIIMMELSSTUBE, /..
so hegt auch mancher gott sein thier,
selbst in der himinelsslube.
Zeus dulill mit >eiiifni adirr schier,
wie ein quiiituncrbubu. Döruer 27'.
HIMMELSSÜHNE, f.:
kommt, und tragt ihn zum altar!
stellt unter opfern ihn zur himmelssübne dar!
Cutter 2, 186.
HIMMELSTAFEL, f.:
deine lioilgKn illn sirh dir
hier ergeben liir und lur
mögen oben ;im der spitzen
deiner himniebtalcl sitien.
P. Gerhard ho. :Wi, 3 Wackern. ,
(ich) wart auf jene znlinn,
in »pirhrn tili, n lohensfiirst,
mich samt den iiiisi-rnahlii'ii wir.tt
lur himmeUtafei leiten. Jukt. Sirrrr (t lOM) ^tnttl.
(Md.- 'ieh kom jelu al» iiin •rmer gatt '.
HIMMELSTEG, m..-
o du, war loben und der »eg.
lait un« tum waren himniFUioK.
i'tscuART (iiciUHttgen i, 146, 10 Kurt.
1365 HIMMELSTEIGEN — HIMMELSTIEFE
HIMMELSTEIGEN, n. aseensio in eoelum: so sei sein leiden,
anferstehung. hellenfart und himmelsteigen alles also Zugängen.
Atrer proc. 2,10;
■wie auch nach Christi himmelsteigen
aufstiegen die vermeint gelehrten.
Fischart ctichtungen 2, 340, 313 Kurz.
HIMMELSTEIGEND, fiart. zum himmel aufsteigend:
grenzloser ozean, wie brausest,
donnerst du in allen weiten ! wie wandelt auT dir,
der dir himmelsteigende wogen gebeut,
und ebne stille. Klopstock 2, 17;
das ist also die frucht des himmelsteigenden baumes?
153;
also scholl es hinaur in den himmelsteigenden tempel.
5, 37S;
schnell, wie gedanken der himmelsieigenden andacht.
6, 170.
HIMMELSTELLE, f.:
ihr habt das lähr-ampt hie recht ätiferig rerrichtt,
seit darum albereit in hohen himelstellen,
glänzt sternenhell, und schaut des höhsten angesicht.
ROIPLER UK).
HIMMELSTENGEL, m. genliana vema. frühlingsenzian.
H1MMELSTH.\U. m. l) rom himmel fallender thau: der
mensch, wann er des morgens den himmeltau auf die kreuter
und blumen triffen {triefen) sihet. Bltschkt kanzl. 434. als bild
in geistlichem sinne: die kirchenlehrer vergleichen das kloster-
leben mit einer perlenmuschel, wann nemlich die keuschen
und mit dem himmelstau erhaltenen seelen sich in den rauhen
Zellen enthalten, und ihren glänz inwendig verbergen. Pa/m. 232.
2) pflanzenname ; a. des panicum sanguinale, blullarse: him-
meltau, himmelstau ScHM. 2. 197; himmelthau, erbsen, linsen,
und dergleichen provision. Hohberc 1, 202', und b. der festuca
fluitans, mannagras, mannagrülze, sonst aiuh floUgras, sehieim-
mender schwinget. Nemsich 2, 1611.
HIMMELSTHEIL, m.:
nach welchem himmelstheile
flieht ihr (tcolken)! Zachariä 2, 289.
HIMMELSTHOR, n. mhd, himeltor:
von selber sprang das himmelsthor, bewacht
VCD stunden, auf. Bcrger 167* {Utas);
ich schllesze dir auf
das himmelsthor. H. Hei!«e 19,316;
klopfen sogar ans himmelsthor,
bis da sankt Peter mit vertrauen
erlaubt durchs Schlüsselloch zu schauen.
R. Reiihck lieder 255.
HIMMELSTHRÄNE, f der regen :
zwar rausch ich (Elh^trnm) durch blühende lande:
noch kehrte mir keine der wellen zurück,
und einst verrinn ich im sande,
wenn die himraelslhräne nicht länger schwellt.
Körner 1, 142.
HIMMELSTHRON, m., mhd. himeltron:
des thu mir deine hülfe schein,
dn himellsche kaiserin, . . .
gegen gott in dem himelthron. fastn. sp. 948, 1 ;
bei gott im höchsten himelthron.
Scbwarze:irir6 158*;
es wolt ein Jäger jagen,
er jagt vom himelstron. Udlasd volksl: 875;
die götter sanken vom himmelsthron.
ScBiLLCR die vier weltalter,
auch nur rom ort, ro der himmelsthron steht, himmel:
den mach got sorgen frige,
schlüsz inen uf den himehron !
LiLisüCRON volluL 2, 24, 6.
HIMMELSTHLR, f., mhd. himeltür:
bis Jesus Christus, gottes söhn,
die himraelihür selbst aufgethan.
Iiimmeti)löclilein, d. i. catliol., auszerles, geisll.
gesäng {nniingen 1667) ».274;
schon lange zeit entbehr Ich im gefängnis
der kirche trost, der sacramente wohlthat,
und die mir krön und freiheit hat geraubt, . . . wird mir
die himmelsthüre nicht verscblieszen wollen.
Schiller U. Stuart 1, 2.
spriclm örtlich : da gehls schon zu, wie vor der himmelsthür,
so drängt man und stiiszt man tuid ist fröhlich. Felder
sondert. 1, 220 ; bildlich {in bezug auf ein haus, das eine gelieble
birgt) :
verdammt! da kriecht der alte drache
schon wieder vor meiner himmelsthür: Körner 3, 221.
HIMMELSTIEFE, f:
es rühret alles sich durch ihren {der sonne) iebensschein,
sie füllt, durchdringt, und nimmt die himmelstiefen ein.'
Brociis 3, 371.
HIMMELSTOCHTER — HIMMELSWAGEN 1366
HIMMELSTOCHTER, f.:
hier im schauer tiefer todtenstille,
wo die himmelstochter andacht wohnt. Bcrger 95\
dasz er nicht
soll irre werden, wenn des staubes Weisheit
begeisterung, die himmelstochter, lästert.
Schiller kartos 4, 21 ;
heiige Ordnung, segenreiche
himmelstochter. glocke v. 301.
HIMMELSTON, m. himmlischer ton. Körper 3,161; rom hmmel
kommender ton; in bezug auf den chor der enget:
was sucht ihr mächtig und gelind,
ihr himmelstöne, mich am staube? Göthe 12,45.
HIMMELSTRANK, m.:
ich schmeckte lauter nichts als süszen himmelstrank.
Rist Pam. 660.
HIMMELSTURM, m. stürm auf den himmel. auch einer der
den himmel stürmen will: {Falk) trägt jetzt, nachdem er seine
stumpfgeschriebene feder niedergelegt hat, eine dreifarbige
cocarde und einen groszen säbel an der seile, und ein ge-
waltiges dreieck auf dem köpfe, wie ein leibhafter himmel-
sturm. Fernow in Böttigers litt, zustand. 2. 276.
HIMMELSTÜRMEND, pari..- der titanisch-gigantische, bim-
melstürmende sinn jedoch verlieh meiner dichtungsart keinen
stoß. Gütbe 26.316.
HIMMELSTCRMER, m.;
es hat sein blut vergossen
das himmelstürmer par (Ephialtes und Olus). Opitz 1, 97.
von den atheislen:
ach! alle diese stimmen klagen
euch himmelstürmer an. Götter 1, 403.
HIMMELSTÜRMEREI , f: die fahrt der Argonauten, die
belagcrung von Troja, die himmelsstünnerei, and alle jene
fabeln, die in der gescbichte ihren ursprang haben. Herder
z. litt. 2.235.
HIMMELSTÜRMERISCH, adj. und adv. Gertirds gesdi. d.
nat. litt. 1, 549.
HIMMELSTCRZEND. pari. :
die bäume des waldes . . . beugen sich alle
vor dem herrschenden stürm, der donnerwolken und fluten
himmelstürzender meere von berge treibet zu berge!
Klopstock 5, 269.
HIMMELSTÜTZEND, pari. :
0 töchter Bambos, wozu
treibt euer Verhängnis euch, von Kaschmir bis zu den höhen
. des himmelstützenden Atlas? Wielasd 4, 214 (n. ^imad. 9, 24).
HIMMELSÜBERMACHT. f.:
ein solches meer, solch einen schacht
von regungen und trieben,
solch eine himmelsübermacht
zu fühlen und zu lieben. Rückert ges. ged. 1,389.
HIMMELSÜCHTIG, adj.: die jngend ist äuszerst himmel-
süchtig, am besondersten, wenn sie verliebt ist. Hippel 9,251.
HIMMELSCNDE, f grosze .^tnde {vgl. himmel L 2 sp. 1334) :
ist himmelsünde, so schönes gehege und so wenig pflegung.
Fr. Müller 3. 39S.
HIMMELSÜSZ, adj.: und auf einmal ßel sie in die alte
himmelsüsze melodie ein. Göthe 16,140; der himmelsüszen
stunde des Wiedersehens. Fr. .MCller {erzählungen rom maier
Müller .t. 26).
HIMMELSVATER, m. pater coelestis. Stieler 531: wollen
hinauf zum himmelvater beten. Fr. MCller 3,406;
so will ich freudig vor aich treten,
mein himmelsvater fromm und gut.
Arndt ged. (1840) 521.
HIMMELSVERWANDTER, m. :
folget gesandte,
himmelsverwandte,
gemächlichen flu^. Götbb 41, 325.
HIMMELSVOGEL, m. der paradiesrogel , paradisea apoda.
Nemnich 4. S58.
HIMMELS-, HIMMEL VOGT, m. von gott:
der grosze himmelvogt, der diesem armen leben
euch fürsten zum behülf und retiung hat gegeben.
Opitz 2, iu.
HIMMELSVOLK, HIMHELVOLK, n. : himmelsvölker eoelites.
Stieler 2387;
Apollo hat das lied selb Selbsten aufgesetzt,
das auch das himmelvolk fürs allerbeste schätzt.
Flimiko 45, 64 iMppenb.
HIMMELSWAGEN. HIMMELWAGEN, m. l) der vagen am
himmel, stembild ; mhd. himel wagen (Leier 1,1290):
eher riszt ihr einen stem
vom himmelwagen, als ein dorf aus diesem reich,
dem unzertrennlich ewig einigen I ScniLLRR ^'vn^^r. 2,7.
S6*
1367 Himmelswasser — hddielszelt
2) «11/ einer decke versehener vagen, gcdecklc kulsche {vergl.
himmel II, 5 sp. t34l):
ich bring dir hie mit pold beschlagn
ein weis behangnen himelswagn.
B. RiNGWAi.n Ir. E. L'*;
auf den gassen wurde laut an den fcstgciüsten und hiinmel-
wagen für die fürslenbraut gezimmert und die fertigen rüder
wurden prüfend gerollt. J. Paul tüan 3, 80.
HIMMELS-, HIMMELVVASSER, m. der regen: ein gemeiner
kännel, so beider naclibarn hiinmehvasser auszfübret. Franl.f.
ref. vm. 8 § to.
HIMMELSWEG , m. Her ad superos. Stieler 2455. auch
himmlmch schüner weg. J. Paul Tüan 2, 42.
HIMMELS-, HIMMELWEIN, m. ;
ja soll auch Pallas selbs . . .
mit himmelwein und -broih mich dränken und mich speisen.
VVeckhbrlin C53.
HIMMELSWEISHEIT, f.:
und die gelehrten stritten scharf,
und waren ilira zuwider;
allein die himmelsweislieit warf
die irdische darnieder. Kürger 45'.
HIMMELS WELT, f.:
bis endlich, wenn es gott gefällt,
mein stiindlein auch erscheinet,
und in der schönen himmelsweit
auf ewig uns vereinet. J. M. Miller ged. 36;
ach, ich seh dich jetzt noch vor mir stehn,
wie du mir mit diesen engelsmienen
wie aus ferner himmelsweit erschienen. Körner 2,67.
HIMMELSWINK, m.:
durch einen himraelswink, dem schnell die wölke wich.
IIerper an Caroline Flaclisland 1,139.
HIMMELSWISSENSCHAFT, f--'
doch seines glaubens wunderkrafl
und seine himmelswissenschaft
verdrosz die schulgelehrten,
die erdenweisheit ehrten. Bürger 45'.
HIMMELSWOHNER, ni.;
vom verklärungsglanze schon umflossen,
der um himmelswohner strahlt. Mattuisson ged. 3.
HIMMELSWOLKE, f. : wie der rudernde schiffer, welcher
das äuge nach unten richtet, doch die himmelswolken im
Widerscheine der fluth erkennt. Frevtac handschr. 3, 325.
HIMMELSWONNE, f. himmlische tconne, ni/irf. himelwunne:
ich habe sie in ihrer ganzen himmelswonne geschmeckt diese
Sünde. Göthe 16,180; mein herz fühlt dadurch nur desto
süszere himmelswonne. H.Heine 1,198;
hier (im busen) sind lauter himmelswonnen,
ist es so nicht auch in dir? Rdckert ges. ged. 1,436.
HIMMELSWUNDEH, n. plur. portenta, ostenta coelica, aerea
miracula, lußwunder. Stieler 1391.
HIMMELSWÜNSCH, «i.;
wandelt sie beim hohen festchoralc
durch den tempel zu des herren mahle,
huldigung und himmelswunsch im blick,
0 so wähn ich goties braut zu schauen. Borger 5*.
HIMMELSZEICHEN, n. l) die zwölf bogen, woiein die ehliplik
qetheiU wird, und die man sonst auch dodecatemoria zu nennen
pfleiß; auszerdem die zeichen des Uiicrkreises. malh. lex. (1717)
1,G56; also ist diu sunne in dem himelzaichen, da; ieo liniirl.
Nece?iberc 144,33.
2) was himmelsspur 3 (sp. 1364). iceidsprüche 36.
HIM.MELSZELT, n. himmel unter der Vorstellung eines zeltes,
wozu das biblische bild: du breitest aus den himel, wie einen
leppicb. p$, 104,2 verglichen werden liann ;
wa« will doch wol nach dieser weit
dort in dem reichen himmelszelt
und giildnem schlösse werden?
P. Gerhard ho. 103,9 W'nckrrn.i
ich wünsch euch allen zum beschlusz
euren feinden zum verdrusz
glOck und segeii auf der weit
und hernach das himmelszcitl
SciiADR linmlicerkst. 102;
hoch Ob«rm niedern erdcnleben
«oll sie im blauen himmelszeli,
die nachbarin de« donnern, schweben.
Schiller gtocLr
ich hin der falk der i(ei<icrwoll,
«ninolm dfra olTncn himmeluzplt. RBckkrt S26;
drum rufen wir ■ !it der weit,
er wolle von <i /i'll
nur heil und n nun
hier iibrr die. . ,,,mm 11..11,. I'ULAKH ijcd. C2.
HLMMELSZIEGE — HIMMELWEIT 1368
HIMMELSZIEGE, HIMMELZIEGE, f. scolopax gallinago, vgl.
himmtlgeisz oben sp. 1345. der pfuhlschnepfe oder himmels-
ziege. HuHBERG 3,3,324*;
in der höhe sieht man lliegen
guggug, staare, nachtigallen, hänfling, amseln, himmelziegen.
Chr. Weise curiöse gednnken von
(tenlsclien versen 43.
mit bezug auf ihre helle stimme sagt ein diener, den seine herrin
einen holzbock gescholten: wer wil mich denn vor ein holz-
bock ansehen? es lacht und lebt alles an mir, ich düchle
ich wolle mich eher vor eine himmelsziege verkaufen, büse
Catharina 4, 7.
HIMMELSZIER, f:
zu dir {.lenu) komen
alle frommen,
gnade gottes, himmelszter
wohnt in dir.
ijciHl. lied: 'sei gegrüszel, schönste blume\
HIMMELSZWANG, m. ; Sternen- sive himmelszwang /a/urn
Stieler 2666.
HIMMELTRÜNKEN, part.: wenn ich in eure grosze himmel-
trunknen äugen wieder werde schauen können. J. Paul uns.
löge 3, 183.
HIMMELUM, adv.:
himmclum flog er in schweifenden wünschen,
hoch wie die adler in wolkigter höh.
Scuiller teiclicnphantasie.
HIMMELVERSCHLINGEND, parf.;
und in den himmelverschlingenden welleni
scheitern die erden, die sonnen zerschellen.
Stolberg 1, 134.
HIMMELVOLL, adj. voll von seligkeil:
wenn du das himmelvolle gefühl
deiner allgegenwart
mir in die seele strömst. Klopstock 1, 128;
0 der grosze, der tiefe, der himmelvolle gedanke,
dein gedanke, .lehovah : du schufst! 4, 113;
mit inniger liebe, mit himmelvollem gefühl. 214;
ach, kaum fasset mein herz den gedanken des süszen Ver-
langens,
Abraham riefs, den himmelvollen, den wonnegedanken.
5, 163 ;
so harret denn, brüder,
dieses reicheren maszes der himmelvollen erbarmiing.
6,183;
wie
harfentöne in einander spielen
zu der himmclvollen harmonic. Schiller räii/ter 3, 1 .
voll vom himmel, von gott:
ich sonderte die wahren priester ab,
denn mancher himmelvolle Fenelon
lebt noch in jeder kirche hie und da.
Stolberg jamben 41.
HIMMELWANDELND, pait. ;
alles unter dem monde,
unter der himmelwandelndcn
sonne. Stolberg 1,220;
(nordsec), wiege der allerleuclitenden
sonne, des himmelwandelndcn
mondes. 1, 177.
HIMMELWÄRTS, adv. gegen den himmel gerichtet, dem liimmel
zu: himmel-, wölken- sivc sternenwärts, ad aethera, coelum
versus. Stieler 2439;
die äugen starrten himmelwärts. Hültt 18 Halm:
nicht Paris klage an! da! zürne himmelwärts!
die göttcr sinds, die Trojas fall beschlicsten !
Schiller Zerstörung von Troj} lOH ;
sieh jene eiche, die dem weiter trotzt,
und himmelwärts die raächtgen zweige sendet.
Kür;<xr 3, 47.
namentlich audi dem himmel zu, als aufenlhalt der seligen:
mund und ohr gefesselt — nacht vor unsern blicken —
und der gcist gewirbelt himmel« uns. Scmillrr räuber 3,1;
deiner band berühren
rclsit mich himmelwärts. Götter 1,230;
wenn die (Veudcn all enL^chliofen
oder flohen himmolwäris. IIückrrt 31$.
HIMMELWEIT, adj. und adv. weit wie der himmel:
die sonne musr stets gehen,
der himmel walzet »Irli, die sec kan nimmer stehen
so, konig, biit auch du: dein sinn ist himmclweii,
i<<t al< die üonne klar, Ist als die mcere breit Oi-itx 1. i;
in der blminelweiten aussieht. Gothk 21, 59. auch verstärktet
weit (vgl. himmel 1,2 .vp. 1334). namentlich in der formet hiininel-
writ ver«rbirden m. d/in/. . indem sie in ansehung des piin-
cip« biinrtielwcit auscinnmliT sind Kant :i. :i'JO : die chrlicbc,
1369
HIMMELZE — HIMMLISCH
ni>IMLISCH — HßniLITZE
1370
eine von der ehrsucht himmelweit yerschiedene denkungs-
art. 5, 249 ; es war ein anderes , ein himmelweit von ihr
unterschiedenes wesen. Göthe 20,38; das leben Franklins
sprach im allgemeinen denselben sinn aus. im besondern
himmelweit von jenem (/eten JoAn ^«n/e«) verschieden. 32.130;
der gegenwärtige fall, die gegenwärtige Vorrichtung ist doch
von jenen himmelweit unterschieden. 59, SS ; Vreneli war
himmelweit von einer kopfhängerin. J. Gotthelf Uli d. pächter
(1870) 122; eine ergebung in seine läge, von der Uli in letzter
zeit so himmelweit entfernt schien. 258.
HIMMELZE, f. decke eines zimmers und traghimmel, baldacMn;
ahd. himilizi, gihimilizi, mlid. himelize. rergl. Lexer 1. 1285.
laquear himellizze, himelz, nd. hemelte Dief. 31S'; tabulalum
tilpawm 1. himlitz 5Tl'; velamentum deckschinii, sperlach,
hymelitz 609"; die himmeltzen oh einem bett, conopeuvi Maa-
LER 222'; noch jetzt schweizerisch die himmlelze, decke eines
zimmers, betthimmel, gewOlbe in einer ürcbe;
ein sydea bymmelts draget ob.
McR^ER genehm. (1519) Biij*.
Im niederl. ist bemel, ghehemelte des mondts caelum oris,
palatum (Kilian); vergl. über die berühning der bezeichnungen
für himmel und gaume J. Grihh in Haupls zeilsehr. 6, 541.
HIMMELZEN, verb. s. himmlitzen.
HIMMERN, rcrb. tciehern: da er nach dem rühm wie ein
muthiges geiles rosz himmerte. Lcther br. 1,512. ßr widiem
gilt sonst hinnern (Dief. 277'), vgl. unten hinnen, während laul-
verbindungen die näher an himmern stehen, weinende menschliche
töne ausdrücken: hennebergisch himpern halblaut klagen. Fromm.
3,133; schles. himpern klagend verlangen. Weinhold 35* {rgl.
an alphabetischer stelle); in Tirol himpfern schluchzen vor weinen.
Frommas:« 6,161; bairisch himpezen, himpelzen , himpfezen,
hirapfelzen vor und nach dem weinen schluchzen (von kindem).
ScHM. 2.197; auch niederd. hymen keichen, sclurer alem holen.
RicöEY 95, fällt hierher.
HIMMLISCH, adj. und adv. dem himmel ziigehOrend , ahd.
himilisc, mhd. himelisch.
1) dem natürlichen himmel zugehörig: das himefisch gestirn,
astra aetherea Maaler 222'; die zwölf himmlischen zeichen,
Signa zodiaci Frisch 1,453'; bete auch, dasz uns die himm-
lischen wölken günstig bleiben. Göthe an Larater 39.
2) dem himmel, als aufenthalt gottes und seiner heiligen zu-
grhörend: darumme sult ir volkomen sin, alse ouch fiwer
himelische vatir volkumen ist. Behaims evang. buch, Matth. 5, 48;
so wird euch ewer himlischer vater auch vergeben. Lütber
Matth. 6, 14; und als bald ward da bei dem engel die menge
der himelischen heerscharen. Luc. 2,12; zu der stad des
lebendigen gottes, zu dem himlischen Jerusalem. Ilebr.2,vi;
wann meines weltlichen herren feind auch mein feind ist.
wie viel mehr dan ists meines himmelischen herren feind?
Zimrcref apophlh. 1,357;
alle himelische masseni
machen uns schaden und schänden fri.
Uhla!<d Tolksl. 818;
mit Marien, der himelschen künigin. 824;
0 Maria, du himelische kaiserinne. 838;
dann auch Christus der himlisch herr
behflt all fromm eidgnossen ir ehr.
spil icie man die narren von einem
bescltweren soll (1554) F5'.
daher auch himmlisch einem engel, einem heiligen gemäsz : mit
einem blick voll himmlischer gute. Lichtenberg 5(1803)166;
und mit himmlische wird die einem engel vergliclicne angeredet :
wie grosx sind sie, o himmlische! Schiller Kartos 1,5.
ferner dem himmel, dem siel der frommen, zufallend, zugewendet :
und jage nach dem furgesteckten ziel, nach dem kleinod,
welches furhelt die himlische berufung gottes in Christo Jhesu.
Phil. 3,14; himmlische gedanken, meditationes sanciae, himm-
lisch gesinnet sein, meutern eoelo deditam habere Stiei.er 841;
ein mystischer . . sogenannter himmlischer genusz. Ka.xt 7,50;
und durch das Onstre thor der ^abeshöhle
erblickst du schon die seligen gefilde,
da» himmlische verheiszungsland der frommen.
ÜHIA5» ged. 130.
Im gegensatz su irdisch als rergdnglich wird himmlisch ah das
ewige, unvergängliche gesetzt: der erste mensch ist von der
erden und irdisch, der ander mensch ist der herr vom himel.
welcherlei der irdische ist, solcherlei sind auch die irdischen,
und welcherlei der himlische ist, solcherlei sind auch die
himlischen. iCor. 15,48; das sie geste und frembdiinge auf
erden sind, denn die solchs sagen, die geben zu verstehen,
das sie ein Vaterland suchen . . . nu aber begeren sie eines
bessern, nemlich eines himlischen. Hebr. 11,16; wir sollen
himmlische ehr suchen, und nicht achten menschliche Ver-
achtung. ZiNKGREF apophth. 1,254;
{der frommp) hat allezeit gewendet
sein himmlisches gemütb in das, so ewig wärt,
verlast was auszea ist. Opitz 2, 105.
3) in substantiver Verwendung die himmelischen sttperi, eoeÜes,
coclicolae, divi, dii. Maaler 222', in nielit christlichem sinne:
und weckten nicht der nellmuth {einer Sängerin) melodien
in jeder brüst ein wollustreiches sehnen,
der ahndung gleich, in der wir harmonien
der himmlischen lu hören wähnen? Götter 1,270;
leicbt ists den himmlischen, der menschen loos zu wandeln.
2, 127 ;
mitleidig hinderten
die himmlischen den schrecklichsten der frevel. 285;
denken die himmlischen
einem der erdgebornen
viele Verwirrungen zu. Göthe 9, 62.
aber die himmlischen werden wol auch halb scherzJiaft die be-
wohner des himmlischen reiches, die Chinesen genannt: die
Zählung {in drei californischen beärken) ergab 9809 himmlische.
Bremer handelsblail 1853 no. 84.
4) himmlisch eigentlich dem himmel, ah ort der höchsten selig-
keil zufallend, daher beseligend: in welchen seligen zustand ver-
setzt uns die treue! sie gibt dem vorübergehenden menschen-
leben eine himmlische gewiszheit. Göthe 19,18; wenn man
oft in himmlischen entzückungen aufgefahren ist. 14.19; durch
alle schmerzen seiner wunden brüst ging ein himmlisches
erkennen. ImmerxaKiN Münchh. 4, 81. auch hier dem irdischen,
mühevollen und unruhigen entgegengesetzt:
ehret die Trauen ! sie flechten und weben
himmlische rosen ins irdische leben.
Schiller vürde der frauen;
wohl hab ich oft im heiligen bezirk
der erde thränen sich in göttlich lächeln
verwandeln sehn, in himmlisches entzücken.
Göthe 9,367.
oß nur gesetzt, um das vollendetste, entzücken und seligkeil er-
regende irgend einer art zu kennzeichnen: den zug der mich
nach dieser himmlischen gestalt zieht. Göthe 14, 70; werth
des schönen schlanken halses. . . . werth des himmlischen
busens. 173; das himmlische feuer seiner blicke. 16,23; der
himmlische athem ihres mundes. 54; an dem himmlischen
ausdruck ihrer worte. 79 ; ihr schönes, nindes himmlisches
gesichtchen. 17,187; wie sehr das himmlische kind {Ottilie)
Eduarden liebte. 373 ; nach einer himmlischen, stummen he-
wegung der lippen . . ruft sie aus. 405 ; wäre nicht dieser
unglückselige bände! dazwischen gekommen, so hätte ich ein
himmlisches leben geführt. 20,35; der himmel ist himmlisch
blau. J. Paul unsichtb. löge 3, 60 ;
zu den vielgeliebten stellen,
zeugen himmlischer vergnügen. Göthx 1,56;
mich ergreift, ich weisz nicht wie,
himmlisches behagen. 134;
der süszen künstlerin,
die mich so himmlisch rührte. Schtller Knrios 2,8;
welch ein himmlisch angesicht
hebt süsz errötbend sich aus goldnen locken !
Uhla^d ged. 178.
In den folgenden beispielen schwankt der sinn ztrischen l und 4
P. topp ! heute sind sie noch getraut !
0. noch heute? heut? o himmlisch licht!
o welche götter wollust werd ich fühlen I
LRssr<6 2,429;
gieb mir jugend, sangeswonne,
himmlischer gebilde schau,
stärke mir den blick zur sonne,
leiser, frischer maienthau! Ubland ged. 51.
HIMMLISCHBLAU, <ie|;..- ihr himmlischblaues aage. Kuncer
theater 3, 288.
HIMMLISCHLÄCHELND, pari. :
oft reichte Mars ein volles glas,
wenn ihr Vulcän nur abwärts .last,
der hiramlisch-lächelnden Cytheren. Hagidorr 3, 127.
HIMMLISCHSCHÖN, part. : einen himmlischschünen Jüng-
ling. J. Paul uns. löge l. 30.
HIMMLITZE, HIMMLITZ. m. blUz und weUerUuchten, mhd.
himelitze: fulgur hymelicz, hymiycz Dief. 250'; cortiscalio hy-
melicz, hymiycz, hyniliczen 153'; wenn e; gar bai; ist gewesen
1371
lUMMLITZKN — HIN
HIN
1372
des tages in sumerzeilen, daj die vai;len dünsl verr von uns
entzünt «erdent, also da; sich der galm verstöjt, da; er
nilit zuo uns kümt: so seh wir den himelitzen oder den
putzen An donr. Megenbebg 92, 10, mit den Varianten hiine-
iatzen und hiinmellachen {vgl. s. 508); disz fulmen ist auch
ein concomicnm corpus, und das conconiicum terrae, und
erscheint nicht änderst, dann als ein flamm, der sich ver-
gleicht mit dem ansehen einem langen himelitzen. Paracelsus
l,572B; dann ausz ihnen gehnd nusz warme wind, warm
regen, warm ander gewilter, himmelitzen. 2, 28C;
er {goli) ist ir gewaltiger schütz,
ein grosze sterk für den himlitz,
und ein schirm für die groszen hitz.
H. Sachs 5, 150« {nach Sir. 34, 19).
HIMMLITZEN, vcrb., der form nach frequentatirnm zu him-
meln sp. 1347, mhd. himelitzen; in zwei bcdciilungen :
1) blitzen, welterleudilen : fulminare , lampesarc , la tcmpeste
himlitzen. vocab. i lingti. {Augsb. Ibiß); sie wollen den donner
hören, den strahl sehen, das himmlitzen, das gewiilk, als-
dann würden sie glaubig. Pabacelsüs 1, 596 B; dasz im winter
solche operationes oftmals so skeng angehendt nach somme-
rischer arth, dasz sie himmlitzen und donnern, und hageln.
2, S9A; bair. himmelizen , himlizen, himelzen , im Pinzgau
bimmelachen, welterleticlitcn, blitzen ohne folgenden donner. Schm.
1,1112 Fromm.
2) wie himmeln 2, sterben: allstundlich versieht man sich
seins end, dasz er himmeltzen wil. Schwabe linlenf. Be';
bair. himlizen. vgl. Schji. a. a. o.
HIMPELBEERE, f. für himbeere, vgl. xp. 1332: den lech-
senden Marbod aber erquickte er mit hirapel- und andern
annehmlichen beeren. Lohejjstein Arm. 1, 1095*.
HIMPEN, HIMPTEN, s. himten.
HIMPERN , verb. verlangen, über die vorlform vergl. oben
sp. 1369 unter himmern: ich habe schon den pater Heribert
in der beichte befragt, ob er mir vor Sünde anrechnet, dasz
ich so entsetzlich darauf himpre nach secunda zu schieben?
Holtei Lammfell 3, 92.
HIMPLER. m. slümper, s. unter hümpler.
HIMTEN, HIMPTEN, m. ein nicdersäciisisches grüszercs gelreide-
masz, an einzelnen orten von ungleichem getialt: es werden vor-
nehmUdi hamburgische, lüneburgische, hannoveruiche, braunschwei-
gische, hessische unterschieden, aber auch solche von Celle und
Giffliorn (HiJBNERS handlungskxicon 1722 s. 8S,")); in der form
heimzen ül dieses masz auch in Obersachsen gekannt, vgl. oben
sp. 884. Die alte, auch von Frisch 1, 453' vorgetragene ableitung
des Wortes von griech. rjfiiva hat schein , wenn man die cnt-
lehnung der bezeichnung anderer gelreidemasze (sester von se.^-
tarius, müdde von modius) iind den umstand erwägt, dasz das
bereyte griech. wort im mittellatrinischen fortkbte : emina, liemina,
etnna, eminus hempte Dief. 200'; das hiesige raalter besteht
aus 12 scheffeln oder 11 neu braiinschweigisclicn himten.
Moser patr. pbanl. 1,310; hier hab ich nun noch anderthalb
himten erbsen , und eben so viel linsen. Lessing 12, 332.
Brockes hat die form himpen:
ein himpen äpfel galt nicht mehr, als wenig dreier. 2, 477.
HIMTENWEISE, adv.:
f;ar wunderlich und himptenweis
(tränet sich das musenchor zur messe,
der dichter tirlngt, voll angst und schweisz,
das Med der neuen zeit zur presse.
jmlUischex uuoiltibri. xchwavk in 3 ncten
{llnnuiirrr 1S14) x. 3.
HIN, arfr. eo, der gegensatz von her (sp, 999). wie diesps von
dem demonsirativslamne hi ausgehend und auf dir hochdeutschen
dialekte bescJirdnkt : ahd. hina, vthd. hine und hin. es weist von
dem orte des sprechenden auf einen entferntem ort oder eine ent-
ferntere person ; neben der iirtlichen bedeutung, die auch ubstracl
vird, entirifkrll sieh seltener auch eine zeitliehe.
hin, in gedehnter form hien : als er meint uf die sfeg zfi
dreien, da drat er durch hien. Ulensjß. s. i^o Lajtpenb., für das
nachher auch hein erscheint: das ross gieng under ir hein.
7.tmm. chron. 2, 339, 33 ;
le'ich {leih) wenig hein! buet dich vor borgen! 4,309,37;
geht in der form zurück, wenn es das unbetonte glied gewisser
Verbindungen bildet, und verflüchtigt sich oft bis auf seinen aus-
laut, so dasz für hinab, hinan, hinauf, hinaus, hinein, hin-
unter, hinnbfr in vertraulicher und vnlksm/lszigrr rede auch gilt
nah, nan. nauf, r.cin, nunter, ntiher; vgl. auch unten hinaben
/ir htnabhin; oberdeutteh, bairiseh, »thwäbinch , schweizerisrh,
eUässisch ist abbin, anhin, umhin t/. a. zu abe, ane. umme
U.S.W, geworden. Schmid 2. Schm. l, itie Fromm.; durchi für
duri das. s. 536 ; füri, fürchi für fürhin 745. in diesen adver-
bien konnte die Verflüchtigung des hin so weit gehen , weil die
genannten mundarten das erste glied der Zusammensetzung be-
tonen; in der schrißsprache ist sie unmöglich, weil im gegenlheil
gewöhnlich das zweite glied betont wird, so weit diese Verbindungen
überhaupt leben (durchbin, umhin, fürhin, vergl. oben Iheil 4'
sp. 747).
Bedeutung.
L hin örtlich.
1) t'on der nähe in die ferne zeigend, in Verbindung mit verben
der bewegung , des gehens , kommens , gebens , weichens , seitens,
deutens u. ähnl, wie solche Verbindungen unten an alphabetischer
stelle aufgeführt werden, die richlung kann durch adverbien
oder praepositionen näher bestimmt werden, links hin; rechts
hin; gehet nur gerade hin; ferner heimhin {oben sp. 871),
dahin, dorthin, hierhin, wohin; weithin, fernhin u. ähnl., es
stehen aber auch die tlieile .<:olcher Zusammensetzungen gelrennt :
neben hierhin muszt du sehen gilt auch hier muszt du hin
sehen; dorumb do ich bin, do hin mögen ir nit kummen.
die Juden sprochen zu inen selber, wo wil der hin gon?
Keisersb. post. 2, 102', gleich darauf: do ich bin, do mögen ir
nit hin kummen ; war min alter herre hine komen s1. Germ.
3,419,28; allein wo mit den pferden hin? Göthe 16,255;
wo sind die schönen gestalten,
wo die färben, der glänz deiner erfindungen hin? 1,277,
wo kam der waidmann hin, mit dem ich sprach?
Schiller Telt 4, 3,
wofür auch gefragt werden könnte wohin kam der waidmann ?
mit praepositionen : sein angesicht hin zum meer gegen morgen,
und sein ende hin zum euszersten meer. Joel 2,20; gehe hin
in die sfadt; lauf hin vor das thor; wan es hin hinder die
steine schrit. Steinhöwel 172 ;
und als sie vor das tor hin kamen. Uhi.and eotts/. 222 ;
lasz er doch seine füsze dranszen!
was steckt er untern tisch verkehrt sie hin?
Kleist zerhr. krug, 11. aufir.
auch mit verben der bewegung in weiterem sinne:
eyerkuchen hacktn,
die einem hin ins herz nein schmacktn.
Hollenhacrn vom rcicli. manne f. 3';
Qutdam ist durch schnelles Teuer in die aschc hin begraben;
hat bekummen ein begrähnüs, wie die ganze weit wird haben.
LocAU 3, 222, 22.
die ganze ausdehnung der bewegung irird durch einen beigesetzten
dativ gezeichnet: sie ruderten den kahn dem nfer hin nach
der Stadt. Klincer 7,238; besser aber durch einen accusativ:
wandelst stattlich deinen hügel hin. Göthe 16,106; wie früh-
lingslüfle den hügel hin wechselnd beugen das schwacblis-
pelnde gras. IC".
In der Verbindung hin sein {untersdiiedrn von hin sein unten)
kann ziel und ahschlusz einer bewegung ausgedriick-t werden:
kind, wo bist du hin gewesen? . . .
'nach meiner mutter Schwester'. Uhlard volksl. 272;
wohin führt mich der pfad
dort übern berg?
nach Ciima.
wie weit ists hin? Göthr 2, 182.
verben der bewegung sind in dringender rede unterdrückt, bei
befchl und bei erzählung : hin, und gehe zum kOnig David hin
ein. 1 &(7n. 1. D; flugs sie hin. werfen ire kappen oben auf
den nechsten rebenhalter. ^'ari;. 207';
nu wolliin, wie woll wir im denn tun? fasln, »p. 621,29;
bin hin! wetz, eher, wetz! UnLAnn volksl. 378;
auch nach wollen, sollen, können : ich hätte wol zu ihm
hin sollen, aber ich konnte nicht ; wo wil ich mit meiner
schände hin? 2 .Srtni. 13, 13; als nu Ruhen wider zur gruben
kam, und fand Joseph nicht dar innen, zureis er sein klejd...
und sprach, der knabe ist nicht da, wo sol ich hin? I Mos.
37,30; wo der teufel nicht hin will, da schickt er ein alles
weih hin. Pistormis Ihes. par. 2,24; er wollte überall hin
können. Woldemar 41; unpersönliches hin wollen dmtet einen
verlauf nach einem Iteslimmten ziele hin an :
wo will es Rfoszer Rrocks, mit dir noch endlich hin?_
wie weit wird »ich drin nihm noch als ein ndler schwInKon'.'
I'nu.I.RN liei Knückks lii'llilfhrm. kimlrrm. u'l.
2) der gegensalz von hin, her, ist in manchen Wendungen aus-
drücklich hervorgehoben {über her — hin s. .71. 1003),
a) in scharfer bedeutung: no scliltlgl, wie zwischen zwei
xpiegeln , der glänz der wonnc znifcben Iheilnebmrndrn
U'.
w.
1373
HIN
HIN
1374
LerzeD in wachsender Vervielfältigung hin und her und wird
unabsehlich. J. Paul Ti/. 3, 46; als ich nach Liefland rcisete,
und auf dem hin und her wegc wegen widerwerligem wind
daselbst (an der iiisel GoUland) anlanden muste. pers. reist-
bescftr. 2, 3 ;
unser lip sich zuo der erden senket,
unser sei geu bimel üf gedenket,
si wil hin, der lip wll her. Renner 6135;
do sa:h er bin und sie sach her.
EsCHE?iBCBG denkm. 35' ;
sieh bin, sieh her! der mond scheint hell,
wir und die todten reiten schnell. Bübcer 14'.
hin und her, bei einer geschäftserledigung, zug um zug : auch
ist zu wissen, aU mauig sümer melbs ain beck nam, so
bestellet man, da; im albeg von den burgern bin und her so
vil sumer liorns musten geben werden, d. slädtechr. 2,306,32.
6) ößer in verblaszierem sinne, Unsicherheit, unentscläossen-
heit, ßiickerndes und zerfahrenheü einer beuegung malend: die
menschen laufen hin, sie laufen here, aufsteigen die perg
und kobel. A. v. Eybe ob eim manne u.s.ic. 9'.'; ist ein starker
gesell und hat ein ebne leng, ist hin und her {bald da, bald
dort), d. slädtechr. 2, Sl, 21; oft hin und her die sach erwegen
ward. Galmy 30 ; wer den naturursachen nachgrübelt, kann . .
hin und her vernünfteln. Kant 10,115; was sollen wir .. der
ebegattlichen, freundschaftlichen, ärztlichen bemühungen ge-
denken, in welchen sich Eduards angehörige eine zeit lang
hin und herwogten. Götue 17, 413; als sie den schieier auf-
hob, sprangen zwei knaben hervor, die zusammen muthwillig
hin und her spielten. 20, 11 ; spruchwOrter, . . die doch, statt
vieles hin- und herfackelns, den nagel gleich auf den köpf
treffen. 25, 5S ; eine menge von hin- und hersprüngea werden
Vorbereitungen zu einem neuen versuche, der wahrscheinlich
eben so fruchtlos ablaufen wird. H. Hei.\e 3, 36; sie sah zu,
bis die letzten funken am schwarzen zunder hin und her
liefen. Fbeytag handschr. 3, 70 ;
wie si umb zogen wäre
beide frü und spat,
eins (eiumaL) bin das ander here. Uhlaho volksl. 792;
ee wir noch lang und über zwer
varen in den gassen hin und her. fasln: sp. 2S7, 19;
ein narr der rett {räth) hin und her. 675, 7;
ainer rett dir bin, der ander her,
sie raten dir all, als di toru. 6S3, 10;
wenn er ritt, waakt er hin und her. miukeiüir. 1,206;
doch als (wie) ein verständiger mann
den Sachen hin und her nachsan. 320;
(nymphen) welche die furcht hin und her trieb. 627.
;) hin . . her in einem ausrufe, um eine Ihat, ein bedenken,
einen einwurf als nichtig hinzustellen (vgl. her . . hin in gleicher
Stellung sp. 1003): krenzel hin krenzel her! Bb. Berthold
415, 13 ; und wiewol ers (Esau) droben verkauft hatte, dachte
er also, verkauft hin, verkauft her, dennoch bleibe ich herr
im hause. Lcther 4, 150'; trewme hin, trewme her, auslegen
geburet dir nicht. 206*; auch dasz sich dannenhero, doctor
hin oder doctor her, viele vergeblich einbilden, sie sein
allein witzig. Simpl. l, 137 if«r;; disputir hin, disputir her,
die ultima analysis aller controversien und Streitigkeiten in
rcligioDssachen, läuft doch "endlich auf dieses principium
hinausz: Deus dixit, gott hats gesagt. Schcppiüs 652; mutier
hin, mutier her; sie bleibt darum doch eine frauenspersou,
deren fehler man verabscheuen musz. Lessi.nc 1,348;
Einsidet. wie wol du bist ain unwerd gast
und schindtmasser im arszioch hast.
d. alt narr, scbiudtmässer hin, scbindtmasser bär,
bupscbe fröwlin sind mir nit unmär.
P. Gb>ig8nbach zehn alter 651 ;
1 'ir werdts nicht tbun, es ist verlorn,
wir sind doch nicht darzu geborn.*
er {der froscli der sielt aufbläUi) sprach geborn hin,
geborn her,
das ich gros werd ist mein beger. E. Alubos 231 ;
vertrawen hin, vertrawen her.
Fischabt dicht. 1,42 Kurz (nachtrab 1529);
Verachtung bin, Verachtung her,
wenn gleich wohl aucli kein bauer war,
wer pllugie dann das land im fried?
Simpl. 2, 368 Aurc ;
Prinzessin hin und her, wer kümmert darum sich.
Kotzibdb dram. sp. 3, 340;
thu hin, lasse her, das gehet mich nicht an. Lotuer 3,55'.
d) hin und her, ähnlich wie hie und da, verstreuung, aus-
breituig über eine strecke andeutend: die besitzer der stat ver-
pargen sich in dem wald hin und her. d. äädtechr. 3,53,17;
zum dritten , so hat der herr Christus diesen glauben im
heiligen evangeliu oft hin und her gelobt. Lltuer 1,117*;
Petrus, ein apostel Jhesu Christi, den erweleten frembd-
lingen hin und her, in Ponto, Galatia, Capadotta, Asia, und
Bylhinia. 1 l'etr. l, l ; Jacobus, ein knecht gottes, . . den zwelf
geschlechtern , die da sind hin und her. Jac. 1, 1 ; etliche
gaile stücke, die leider! in diesem büchlein bin und her
auch mit laufen. Weckheru> vorrede zu d. ueül. ged.; dasz
man mit männiglicher bestürzung gleich hin und her auf
freier gassen todte cörper gefunden. Abb. a S. Claba Mercks
Wien (I6SO) s. 11; ich habe hin und her etliche in unge-
bundner rede verfaste sachen eingemischt. Chb. Gbyphids poel.
Wälder, vorrede; auch hin und herum: die das lant bin und
herumb unter in betten, d. stddlechron. 3,52,11;
zu klagen ist vor ougen
vil jamers hin und her. Uhla;«d rollisl. 369;
beschedigt die stadt bin und her. li. Sachs 2, 2, 101';
(ein jähr) in dem der krankheit gift
ein uiizahl schnäller tod hat hin und her gestiftu
RoiPLEB 30;
dasz diser siger nun von Uapoltssteiu getvesen,
und dasz er Kunraib bies, ist hin und her zu lesen
in schritten der geschiebt. 105;
das gold gilt da und dort: und die geschickligkeit,
die schickt sich hin und her und taug in alle zeit.
LoGAO 1, 95, 99;
dasz es narren hin und her und nicht in der mänge gibt,
mangelt nur, dasz einer mehr, als der ander, wird geübt.
2, 207, 7J>.
hin und her schillert in die zeillidie bedeutung dann und wann
über (vgl. unten hin II) : ist es nicht ein wunder, da miüer
weil oft hin und her leüthe, die vorhin zu vil 1000 thaleren
reich inngesesseu, von allem dem ihrigen inu das bitter dend
vertriben, nicht mehr einen bissen brot zu ihrer lebensuntet-
haltung erbetllen können? Bompleb vorrede.
3) wie hin und her wird theiis auch hin und wieder gebraucht,
a) in scharfer bedeutung, hin und zurück: er hat mich ge-
sund hin und wider bracht. Tob. 12,3; weine nicht, unser
son wird frisch und gesund hin und wider ziehen. 5, 28 ; si
erwecken ufrur und tragen botscbaft bin und wider (zu baden
Parteien). Schade sat. u. pasqu. 3,67,30;
mit lesen, schreiben und glosieren,
mit hin und wider disputieren. 2, 242, 1"26.
b) verblaszler, von bewegungen die unregelmäszig bald da bald
dorthin gehen: es werden wasser in der wüsten hin und wider
flieszen. Jes. 35, 6 ; gaffe nicht in der stad hin und wider,
und laufe nicht durch alle winkel. Sir. 9, 7 ; springt auf und
nider, suchet hin und erwieder. J. Wigandds ob die neuen
Wittenberger u. s. w. 6'; er ist lange zeit in landen hin und
wider gezogen, budt d. liebe 22S'; streifen im feldt hin und
wider. Kirchhof mil. discipl. 142; auf einen stein, der hin
und wieder gewälzet wird, kan nichts grünes wachsen, pers.
baumgart. 6, 1 ; denen kaufleuten und Schiffern, welche ihrer
kaufmanschaft und nahrung halben hin und wider reisen.
Schlppius 664; kaum aber war er allein, so stand er auf
und ging in dem zimmer hin und wieder. Güthe 17, 3S4;
man glaubt vor den aufgeschlagenen , ungeheuren buchern
des Schicksals zu stehen, in denen der Sturmwind des be-
wegtesten lebens saust, und sie mit gewalt rasch hin und
wieder blättert. 18, 310 ; die deshalb entstehenden hin- und
widerversuche. 31, 32 ;
wer für mich hin und wider gat. fastn. sp. 262, 10;
flog die gauklerinn (eine »achtet) dem pagoden Lama
auf den wackelkopr, wiegte mit dem kopTe
des pagoden sich weidlich bin und wieder. Rahub 1, 19;
so dringet ängstlich hin und wieder
durch feld und husch und wald mein blick. Göthe 1,67;
wandern möcht ich dir zur seite
hin und wieder durch die well. Platem 6.
von gedanken, Überlegung, reden: aUarn rem ex alia cogito, ich
gedenk hin und widder. Albebcs t4'; und sie gedachten hin
und wider. Marc 8, 16 ; da es (das rechenexempel) nun dieser
hin und wider überschlüge. Kircbrof wendunm. 215*; nach
einigem hin- und wiederreden. Göthe 17, 1S5; freilich . .
hilft das hin- und wiederdenken, das hin- und wiederreden
zu nichts. 190; sie trug diese sorgen für sich allein immer
in gedanken und mochte sie hin und wieder legen wie sie
wollte, so konnte sie doch bei keiner ansieht beruhigung
linden. 218;
1375
HIN
HIX
1376
bin und hervvider last gcJaclit/
wi ich käu oft mein zeit votbracbt.
SCUWARZENBKRG 150';
wir auTgen-iegelten verschwornen
besannen uns schon liin und wieder. Götue 5, '20'2.
c) hin und wieder zum ausdruck da- Verbreitung über eine
strecke: zerstOieten die andern altar und kirclien, so die
beiden hin und wider auf den gassen hatten aufgerichtet.
2 Macc. 10, 2 ; und werden sein pestilenz und thewre reit,
und erdbeben hin und wider. Matlh. 24, 7 ; sfeuple die, so
an dich gieubten, in den schulen hin und wider, apostelge.scli.
22,19; ich hab einen sennon gefasset an die prcdiger, so
bin und wider sind, das sie die Icute vermahnen, ire kindcr
zur schulen zu halten. Luther 5, I7i'; sanct Paulus schreibt
bin und wider, das Christus unser herr, sei ein geheininis.
8,49'; nun werden sie (die musen) hin und wider verjaget,
und hergegen dem heiligen Priscianus so herrliche ebenbilder
aufgerichtet. Schui'hcs 848; das ist, ohne zwcil'el, von ein-
zeln hin und wieder zerstreuten Zeilen zu verstehen, die den
reim verloren, aber die sjibenzahl {eines verses) beybehalten
haben. Lessinc 7, 23". In die zeilliche bcdeulunj dann und
wann überspielend, hin und wider, bisweilen. Fromm. 6, 151 {aus
Tirol): kleglicb weinen höret man hin und wider über kinder.
weish.Sal. 18,10; hin und wieder vergroszerte deullichkeit. Kant
3,314; hin und wieder muszte selbst die finger- und Zeichen-
sprache zu hülfe genünnnen werden. Immehmann Münchh. 1,157.
4) die Verbindung hin und zurück hat nur die oben 2,a und
3,0 gegebene scharfe bedeulung: ein billet nach N. hin und
zurück; ich komme wol heute hin {nach einem orte), aber
nicht mehr zurück.
5) hin gibt nur ein weiter, fori an, wobei der begriff des festen
zieh, wie er oben in no. 1 liervorlrilt, sich verwischt hat.
a) in Verbindungen , die eine ßüchligc , der Überlegung oder
auch der Vollkommenheit mangelnde thäligheil zeichnen: Luther
IM seiner klage über die nachdrucker sagt sie machens hin rips
raps, es gilt gelt, bibel 1548, Warnung; ich lebte in sinnlicher
munterkeit nur so bin, ich sammelte mich nicht. Gütue
19, 275 ; hätten sie . . . sich zwischen ihrer familie, einem
bräutigam, vielleicht einem gemahl nur so hin beholfen.
19, 339 ; weil wir . . . sonderlich in dem zeugungsgeschäfte
nicht genug über die geheimnisse, die darin verborgen liegen,
meditiren, sondern blosz so hinzeugen. 33, 116 ; die vielmehr
nur so nothdürflig hinregierten und alles gehen lieszeri wie
es konnte. 43,41; er redet das nur so hin, ohne Überlegung;
dafür auch ins blaue hin reden, schwatzen; wollte er nur
überhaupt in das blaue feld hin, so dasz kein bestimmter
mensch getroffen würde, beschuldigen. Fichte Nicol. leben 85.
in ahnlichen Verbindungen, die mehr den mangel eines scharf hervor-
tretenden Zweckes betonen: er lebte nur vor sich bin, er schien
keine thräne weiter zu haben. Göthe 17, 411 ; dasz jeder still
in seinem einzelnen vor sich hinlebt. 43,73; vgl. auch unten
hinbringen 3, hinbrüten, hindämmern u.a.;
ich ging im walde
so Tür mich hin. 1, 27;
vom tiefsten schnieri begleitet irrt sie nun
wer weisz in welchem lande trostlos hin. 9,313;
oder eine gewisse mätelmäszigkeil : wann ihr mich aber für gur
zu ehrlich stimmirt, thut ihr mir gewalt und unrecht, ich
bin so bin, wie die baurcn heur sind und sie die obrigkeit
haben, inlerim 3bi; sie satts, es vergehet sich, leidl sich, so
hin, zimlicb geraten. Alberus u 4* ; eine ddmpfung in ton und
stimme: vor sich hin reden, singen; er sagte es nur leise
vor sieb hin ; die folgenden versc wollen mir nicht beifallen,
wie oft ichs auch für mich hin singe. Imhermamn Munchh.
2,19; ein durcfischliipfen : diesmal mag es noch so hin geben;
es geht in einem bin ; vgl, unten hingehen.
b) alt letztes glwd von adverbialcompositen betont es bewegung,
iug und richtung, vgl. knapphiu, kurzhin, leichthin;
ei »cliicn ilin gleich nur untntvandolti,
mit dieser dirnu grado hin zu handeln. G6the 12, lti5.
H. V. Kleist namenlluh Itebl solclie compusita und bildet auch sonst
ungebraucbltche ; sie wollen bii Htm fatt nicht mehr sagen, als das
einfädle adterb:
(lic) «türzt, die konigin !
und eine Jungfrau bliadhln über sie. l'cnthemlea, 3. auflr.;
die lockea lobwachhin mit der recblon greirend,
wischt tie — i«l« «laub, Uu blut? - - sich von der «lim.
itatelbit ;
■eia cetpann
fliegt auf die b6hen am Skamandroi achoD,
wo alcb da« beer ratchbln am rande ordnet. da$.;
was und .ch euch für eine spur im sohnee?
rechts fein und scharf und nett gekautet immer,
ein ordentlicher menscheiifusz,
und Units, unförmig grobhin eingetölpelt,
ein ungeheurer, klotzger plerdefuszl zerbr. kru(j, lt. (iu//r.
6) hin gehl in den sinn weg, fori über; vergl. auch unten
liindan, und verben wie hinführen, hinlegen, hinscheiden, hin-
sterben u. a. an alphabetischer stelle.
a) aus dem gesichtskreise, weg von einem sprechenden : viengeu
und erstachen ir 3ü. die andern kamen bin , das was ir
gueter gwin. d. slädlechr. 5, 43, 20 ; die Bair waren bingescborcn
(davon geeilt). 270,17; geh nur hin, seccde modo.' Stieler 841;
lät stän, meister, habet iuch bin. Tristan 291,10;
die alte ber«ntreiherin,
wo hat sie jetzt der teufel hin? H. Sachs 4, 3, 206;
und liat dich denn der teufel hin,
so dank ich gott, dasz ich hie hin.
J. Ayrer 208" (1035, 20 Keller);
er scbosz eim ein pomeranzen von köpf, wie Histaspes und
Wilhelm Dell den apfel seim kind, scbosz eim ein groschen
zwischen den fingern hin. Garg. ISl"; trollet euch nur hin.
Pär. 86".
b) weg, in Verbindung mit verben des gebens: er schenkt all
sein gut bin, behält nichts für sich ; als nun der krieg etlich
zeit gewert hat und man niemer berein wurd füren und
etlich niemer körn hin wollen geben, do für der rat zu und
gab melb hin. d. städtechron. 2,306,24; und datier auch viit
verben des einnehmens: welcher den abgang des brodts, so
der kcszlcr bin hatte, nicht gespüret, hisl. von Lazarillo de
Tormes 47. vgl. auch dahin Iheil 2 sp. 690. 691.
c) fort, verloren ;
si mir uit der bache hin (wenn mir nicht das schwein ver-
loren ist), liedersaal 1, 287;
jo, sprach sie, lieber tiltap min,
diu trüw zu mir ist gar do hin. Murner ijeuchm, Fiiij;
mein verstand ist bin ! Klinger thealer 2, 213 ; du bist hin I
verloren auf ewig! Gothe 10,101; unsere Privilegien sind
hin. 8,241;
gegenwärtigs ist gewin ;
was schon hin ist, das ist hin.
Fleming 304, 48 Laiypenb.;
meine ruh ist hin,
mein herz ist schwer;
icli linde sie nimmer
und nimmermehr. Götbe 12, 177;
hin, fuhr sie fort, sind meine milch und ehre, üüroer 105'.
sprichwürllich : wolan, bin ist hin. Garg.Qi*; hin ist hin, were
hin nicht hin, so were ich jünger denn ich bin. Neander
sprichw. von Laiendorf 17 ;
0 matter, mutter, hin ist hin !
verloren ist verloren ! Bürger 13'.
verschwunden, vergangen : als der schnee hin was. d. slddtechr.
5, 182, 9 ; sy sullcn aber der chainen an den rat ueiuen die
von dem raut koinen sint bis das iedem man siniu diiu jar
gar und genczlich hin sint. 4,130,30;
nur der sanfte dichter siehet
dich [iiöllin Unschuld) im nehclkleide ziobn;
l'höbus kommt, der nebel fliehet,
und im nebel bist du hin. Göthe I, 58.
lodt: Götz ist hin. (]öthe 8,99; er ist hin. zum saalfcnster
hinaus stürzt er wüthend in den Main hinunter. 158; such-
lest du den Götz? der ist laug bin. 162; ha! und ist sie
hin, ist sie todt. 10,117;
verhöhnt ihr mich, da ich im leben bin,
und nicht noch hin? Upitz 1, 188;
er ist hin vergebens, ach vergebens
stöhnet ihm der uungc seufzer nach!
er ist hin — und alle lust des lebens
wimmert hin in ein verlornes ach! Schiller rduher 3,1.
7) in sahireichen fügungcn deutet hin eine bewegung von einer
hnhe abwärts, ein zu boden gehen an, vgl. unten hinfallen, bin
stürzen, hinwerfen, hinstrecken u.a.: da^ wajjcr ward al>
gro;; in der stat , da; si waunden all zu verderben , unil
forchten cj wurd die rinkmur an der stut hinbrccheu. dcutschr
slddlediron. 4, 75. 13 ;
doch wie sie lleklurn gesohn die nitnnerfirhanren umwandeln,
klandflii sie slarr, und allen oiilsanli vor die fiiste der niu'tli hin
Itias I.'), 2H0.
auch in die bedentung des liidltns übergreifend (vgl. vorher 6,f)
einen binduktcrn, hinquacksalbern ; alle, c» lebe der haupi
mniin ! Spirgilbmi. bis ich ihm hinhclfe! Schiller rduber i,j,
der ein was gnhcisirn llnhin,
die itorncr den bald richtrn hin,
du« ur tod auf der erden lag.
d. »tdtltechron. I, ^l, lUb.
1377
HIN
HINAB
1378
8) mehr abstrahiert hat sich der änn von hin, wenn es för-
derung einer absiebt, unlerslützung ausdrückt: weih auch der
vorgenanten schirmer und lielfer in nit beholfen wer und si
nit schirmenti, da sülen wir und daj rieh hin rihten als
reht ist. ans. des germ. miis. 1S65 sp. 275 (14. jahrh.); und
entran der von Wirtenperg selb, der ward hingeschoben (in
der flucht unterstützt), d. stddlechr. 5,18,26; wer den Pütrich
hauset oder hofet, atzte oder trenkte oder gefarlichen liin-
schub. 4S,6; das wir im sollen anhangen und in hinschieben,
bis das diw sach ain end näme. 359, IS ; wer den Pülrich . .
geferlichen hin hulf. 4,100,22;
mhd. dai Heinrich deme keiser hin
geiiolfen hxie bi der zit.
K. V. VVdrzbcrc Otle m. d. bnrl t<34 ;
oder wenn es, in Verbindung mit auf und verben des vagens,
Unternehmens, beginnens, auf eine müglichkeit weist (rergl. auch
auf no. 6 theil 1 sp. 608): er wagt es auf die gefahr hin dabei
umzukonnraen; selbst auf die aussieht hin zu verlieren, unter-
nimmt er jenes geschäft; es steht bei ihnen, versetzte Wil-
helm, wenn sie es auf meine Zerstreuung hin wagen wollen.
GöTBE 20, 210;
auf den verdacht hin willst du rasch gleich handeln?
Schiller Piccot. 5, 1.
0) hin in substantivem gebrauche: ein hin und her, eine
lichlputzscheer. Woi.fs zälschr. f. d. mylhol. 4, 2C0; wenn wir
das hin und wieder jener in Frankreich sich balancirendcn
groszen bewegungen und alle daraus entspringenden wogungen
vor unserm geiste lebendig erhalten wollen. Gütbe 49, 139.
bairiscli der hin und her, eine person die bald da, bald dort
ist, bald diesz, bald jenes will und treibt. Schm. 1, 1118 Fromm.;
all mein hin und her, meine ganze habe. das.
II. bin zeitlich.
1) in Verbindung mit adverbien und praeposilionen, die die Zeit-
dauer näher bestimmen, vergl. unten hinfort, hinfür, hindurch
H. a., ebenso fernerhin, forthin, weiterhin; hinz aus allem
hin ze;
was erfreuet einen sinn,
ist der muth durchs alter hin. pars, rosenlli. 6, I ;
und sang, mit unbesorgtem sinn,
vom morgen bis zum abend hin. üagedorn 2, 66;
wann wir die horchende menge belustiget, spät in die uacht hin.
Voss 3, 140.
2) in Verbindung mit verben, wo hin an den sinn I, 6 oben
sp. 1376 rührt: er bringt seine zeit mit nichtigkeiten hin; er
soff immer hin {fort, weiter). Simpl. 2,28 Kurz; es ist weiter
hin, als sechs uhr, ultra sextam horam tempus processit. Stie-
LEB 841;
im Verlust deiner tochter,
die du glücklich glaubtest,
hinspielend, hintändelnd ihre Jugend! Göthe 14,44.
3) hin und hin, weiter und weiter, von einer zeit zur andern :
hin und hin, immerfort, die ganze strecke weges. Fromm. 6; 151
(aus Tirol). Schm. l, 1118 Fromm.;
und immer sehnt sich fort das herz,
ich weisz nicht recht ob himmelwärts.
fort aber will es hin und hin,
und möchte vor sich selber lliehn. Göthe 47,89.
fjfcer hin und her, hin und wider s. oben sp. 1374. 1375.
HIN, adv. gekürzt aus hie inne, vngl. auch unten hinne:
auch Süllen aller hern leüt nicht hin (in der Stadt !Sürnberg)
sein, die nicht aygen hern hinnen haben, d. slddtechron.
1,175,25; Ulenspiegel gieng für die lluir und sagt: lassen
euwer klopfen, ich lasz niemans in, wan diser wirt hat mir
befohlen und zflgesagt, ich soll allein bin sein. Ulenspiegel
s. 97 Lappenberg;
allda sie vor dem grabe stund
weint, und nit änderst denken kundt,
denn man bette den herren hin. H. Sacus 4, l,ss'.
auch binn :
Iracundia, bleib hinn bei mir!
J. Ayrer fastn. sp. SC (2519, 26 Kettcr) ;
wie noch Götue sdireibt: ihr verdrusz übers herzogs hund war
auch so sichllich. sie haben aber immer beide unrecht, er
halt ihn draus lassen sollen, und da er hinn war, hält sie
ihn eben auch leiden können, an frau v. Stein I, s.
HI.N, adv. für hinnen :
ach berzenliebstcr herre mein,
ach mein trost, mein schätz und mein lieb!
von hin ich euch kein nrlaub gib.
J. Atrkr 223- (Uli, 17 Keller).
IV. u.
HI.NAB, adv. abwärts und hin.
1) mhd. hin abe und hin ab in getrennter sIeUung {mhd. wb.
1,689'), wie noch bei Luther gewöhnlich: doch bezeugt die schon
früh erfolgte innige Verbindung beider tlieile bei der belonung hinab
der umstand, dasz die gekürzte und in volksmäsziger rede übliche
form nah bereits im 16. jahrh. bezeugt ist :
zwei stückh (Kanonen) füert man ins lagen nab.
Adrut« mitlheit. 131.
Umgekehrte anordnung der theile zeigt die form abbin th. 1, 57,
die im gegensatze zu dem nur örtlich geltenden hinab auch zeit-
lich steht, z.b. im schweizerisdien curialstil : am 25. jenner abhin.
Während herab (vgl sp. 1005) seine scharfe riclituwisbestimmung
manchmal so weit verloren hat, dasz Verwechselung mit hinab
eingetreten ist, findet bei dem letzteren warte der umgekehrte fall
nicht statt; nur in fällen wo die genauere richlung der betcegung
zurfick, das reine abwärts mehr vortritt, kann hinab mit herab
wechseln: das haar flosz die schultern hinab oder herab, vgl.
auch unten unter hinabkommen, vorausgesetzt dasz das verbum
in sinnlicher, und nicht abstracter bedeutung steht.
2) hinab steht mit verben der bewegung im weitesten sinne,
welche in dringlicher rede auch unterdrückt werden ; die ridilung
der bewegung wird bestimmt durch praeposilionen oder adverbien:
die grenze gegen morgen . . am Jordan hinab. Hes. 47, 18 ;
weh denen, so am meer hinab wonen. Zephanja 2,5; Elia
nam das kind und brachls hin ab vom saal ins haus. \kön.
17, 23 ; es war ein mensch der gieng von Jerusalem hin ab
gen Jericho. Luc. 10,30; die strasze führt links hinab;
ich aber höre, auf des Brockens spitze,
von meinem fusz hinab ins land
die donner rollen. Gökingk 3, 73;
oder durcli einen accusativ : es begab sich aber on gefehr, das
ein priesJer dieselbige strasze hin ab zoch. Luc. 10,31; der
Strom heult den felsen hinab. Göthe If>, 167; wir kamen über
ein breites trocknes bett von kiesein und steinen, das die
nasserllnlhen die länge des berges hinab rerreiszen und
wieder füllen. 244; ein gutes weih, welche nicht ferne das
thal hinab wohnte und frau Elisabeth genannt wurde. 21,24;
die slirn von sorgen umglQhet,
die schattet er (der kränz) sanft euch hinab.
OvERBECK ged. 124.
j» einer zusammenrüekunq :
doch ach, des fremdlings wanderstab
geht landhinauf und landhinab.
Schmidt v. Lübeck lipAlcr (1847) 76.
kühn ist eine hierherfallende fügung Herders : {dem schiUer beim
lesen des Horaz suche ich) den pfad von gedanken und bildern
von v\eiteni zu zeigen, wo wir den dichter finden werden,
ich fange an : und ohne bemerkung einzelner Schönheiten,
schöner ausdrücke, gewählter phrases, jage ich seine ode
hinab; ich fliege mit ihm, oder schwimme den ström seines
gesanges hinunter, z. litt. 11, 129. — hinab im gegensatze zu hinan:
nun pflügt er als ein feuermann
auf seines nachbars flur,
und miszt das feld, hinab hinan,
mit einer glühnden schnür. Höltt 187 Halm;'
bald (wollen wir) rudern auf bekränztem kahn,'
den see hinab, den see hinan. Borger 48*.
3) hinab bezeichnet auch nur erslreckung bis an ein (liefer
liegendes) ende, so zwar, dasz der begriff der bewegung nur in
devi ermessen der strecke liegt, welches nach dem willen des er-
zählenden ein hi'irer oder leser vornehmen soll: so sollte er ge-
schwind vor das thor sich verfügen, wo man nach Städtlieb
zugienge, da er denn auf denen dort den grnnd hinab seienden
wiesen Reginen sprechen könnte. Salinde 42 ; eine ganze gasse
lag stumm hinab wie ein gotlesacker. J. Paul paling. t, 29.
übertragen: alle, hoch und niedrig, bis zum bettler hinab,
umstanden das grab dieses niannes; vgl. unten hinabgehen
am ende, auch hinabänderung. hinab zur kennzeichnung einer
richlung :
hier zur seit hinab
quillt der brunnen,
den ich trinke. Götbe 2, 178.)
4) verben der beicegung, mit hinab verbunden :
begleiten, deducere in partem inferiorem. Stieler 1145.
bringen: Potiphar . . . kauft in (Joseph) von den Isma-
eliten, die in hinab (nach Egypten) brachten, l Mos. 39,1;
bringet dem manne geschenke hinab. 43,11; meine knechte
sollen sie (ccdern) von Libanon hin ab bringen ans meer.
1 kön. 5, 8.
fahren: span an, und fahre hin ab, das dich der regen
nicht ergreife, ikön. 18,44; wer wil bin ab in die tiefe fahren?
87
1379
HINAB
HINAB
1380
Rüm. 10,'; über das alles, ist zwisschen uns und euch eine
grosze kluft befestiget, das die da wollen von hinnen hin
ab faren zu euch, künden nicht. Luc. 16, 26 ; du must mit
den lustigen bewmen unter die erden hinab faren {begraben
tccrden). Hes. 21,18.
fallen: da viel ie einer nach dem andern die steg hinab.
Ulensp. X. 130 Lappenb.; aber die drei menner ... fielen hin
ab in den giüenden ofen. Dan. 3, 23; wenn dise zwei, gloub
und lieb, halten die gedult {unler dem bilde eines pHijerluüeit)
das sie nit gar hinab fall {zu boden). Keisersberc bilg. "0*.
iibertragen: Leonore (in wehmuth hinabgefallen). Fiesko —
weinet um mich — liebt seine Schwester. Schiller Ft«5A:o 1,1.
fliegen, devolare. Hederich 1286:
als durch die tieTe marmorklurt
hinab die ersten donnerwogen
wild schäumend in den abgrund flogen.
Sedhk Spaziergang 1, 107.
fliehen:
dann flöhn die ungeheuer
erschreckt zur höll hinab. Götue 2, 154.
flieszen: und iiesz beche aus den felscn flieszcn, das
sie hin ab Rossen wie wasscrströme. ps. 78,16; links in
abend Oosz die weit eben hinab, gleichsam den abendröthcn
nach. J. Padl flegelj. 1,53;
CS war nur wasser — doch, dem halb crstorbncn .sinn
sclieint Icbensgeist den gaum hinab zu flieszen.
Wieland 23, 40 (Oberon 7, 60).
folgen:
komm, folge mir ins dunkle reich hinab ! Göthe 9, 56.
führen: sollen sie hin ab füren in einen kiesichten grund.
sWo.t. 21, 4; und fürcl den kiinig hinab vom hause des lierrn.
2 c/iro». 23, 20 ; David sprach zu im, wiltu mich hin ab füren
zu diesen kriegsleuten ? 1 Sani. 30, 15 ;
Hermes führe mich später,
Cestius mahl vorbei, leise zum Orkus hinab. Götue 1, 270;
hat, von ihrem reiz gerührt
zu des Orkus schwarzen flössen
Pluto sie hinabgeführt? Schiller t/m/c der Ceres;
lebensmittel auf dem wasser hinab führen, in aqua devchere
commealum. Steinbach 1,389; die strasze führt hinab in das
ebene iand.
gehen, von personen: sibe, da kompt Rebeca eraus'mit
einem krug auf irer achseln, und gehet hinab zum brun
und schepfet. \ Mos. 24,45; stehe auf und gehe hinab zum
lagcr. riclil. 7,9; da sie bin ab giengen von der höhe zur
stad. 1 Sani. 9,25; gehe hinab in dein haus. 2 Sam. 11,8;
da sie früe morgen den berg hinab gieng. JudiUi 10, 12. von
personißcalionen :
auch ein klaglied zu sein im mund der geliebten, ist herrlich,
denn das gemeine geht klanglos zum orkus hinab.
Schiller Nenie.
von dingen: der weg geht da hinab; wir waren wohl drei
stunden gestiegen, als er (der teeg) liinlerwärls sachte wieder
hinabzugehen anfing. (JOthe 16,227; du . . . findest dich
vor einem gewülbe, da wohl zwanzig stufen hinab gehen.
16,9; bis die sonne hinabgegangen ist. J. Paul //(>«/). 2,246.
von einer erslreckung: thaten uns übrigens alle nichts, die
geister, nur die hellsehcrinnen litten von ihnen, denn sie
sollten ihnen helfen, das ging bis zu dem kinde hinab,
welches sein hicniedcn fallen gelassenes biitterbrod jämmer-
lich schreiend verlangte. Immkrmann Münclili. 2, 133.
glänzen: müszten die .Sommergäste . . in die künftigen
länder schauen — und in die ganze hinabglänzende abdachung
der landscbaft nach dem noch erleuchteten durfchen hin.
J. I'acl Üb. FibcU 70.
glühen: vor der binabglühendcn sonne. J. Paul biogr.
bei. 1,27.
greifen: zu dunkel, zu dunkel alles drunten! musz mir
was aus der uberwelt binabgreifen. Fr. Müllkr 2. l«il.
hallen:
Roit mit dir, geliebter! lief zu herzen
balle dir mein scgeniiruf liinab ! Uürükr 63V
bangen: auf der schuller binabhangen , dependere ex
huvMTO. Hederich 1286. vgl. unten unter hinaben.
jagen: er jagte das bctlclvolk die treppe hinab; der
kulHcher jagte mit dem wagen den beng hinab,
knirschen, knirtdiend murlilingen :
{ich hah) den grund gelockert der mich trug,
und dieiier kniriicht nun rfichend micb liinnh.
IIkbSRL (iV'jrit (1M.V)) 110.
kommen: da er nu bin ab kam. rieht. 14, 7; da der kotiig
zn im bin ab kam. 7 kön. 7, 17 ; rbe sie auf den boden {der
löwengrube) hinab kamen, ergriflfen sie die iöwen. Dan. 6, 24;
vom kommen in das lodlcnreich:
wie sich vom schwefelpfuhl erzeugte drachen
bekämpfend die verwandle brut verschlingen,
zerstört sich selbst das wüthende pcsciilecht;
kommt kinderlos und schuldlos mit hinab! Göthr 9, 56.
vom laufe einer grenze: gehet zur seilen hin neben dem gefilde,
das gegen mitternacbt ligt, und kompt hinab aufs gefilde.
Jos. 18,18 {vorher r. 17: kompt erab zum stein Bohen).
krachen, krachend nieder gehen:
dumpf tönt durch das graun der nacht daher der wagen des todes !
vor ihm geht Varus ! der wagen rasselt
Walhalla vorbei, kracht hinab
zu dem ström Cocytus! Klopstock 8,112^
kriechen: in ein loch hinab kriechen, in foramen deserpere.
Steinbach 1,939.
lagern: der klare ström der zeit geht über einen hinab-
gelagerten blumenboden schöner stunden. J. Padl //«;>. 3, 119.
langen: hinablangen, ad inferiorem parlevi perlingere, deor-
sum pracbere. Stieler 1068.
lassen: lieszen in an seilen hinab in die gruben. Jer.
38,6; stellet in auf die zinncn des tempels, und sprach zu
im, bistu gottes son, so las dich hinab. Matlh. 4,6; da namen
in die jünger bei der nacht, und thefen in durch die mauren,
und lieszen in in einem korbe hin ab. apostelgesch. 9,25;
einen ins gefängnis hinab lassen, aliqucm in carcerevi dcmiltere.
Steinbacb 1, 980.
laufen: man läuft die treppe hinab; das wasser läuft
den berg hinab ; aus dem brunnen hinab laufen , ex fonle
dccurrerc. Steinbach 1, 995.
legen: hinablegen, infcrtus poncre, deponerc, demillcre, in
inferiorem parlcm collocare. Stieler 1116.
leiten:
und belehr ich mich nicht, indem ich des lieblichen busens
formen spähe, die band leite die büften hinab? Göthe 1,'.!65.
lenken: den wagen die strasze hinab lenken.
leuchten: hinableuchtcn , praeferre facem ad inferiorem
pnrlem. Stieler 1155; das selige behagen, mit allen stolzen
Ihorheiten der zeit zu tändeln, zu scherzen, zu spielen und
des Witzes urkräflige blitze in alle spclunken binableuchlen
zu lassen. Immermann Miinchb. 3, 143.
machen, reflexiv: da nu Saul hin zoch mit seinen nien-
nern zu suchen, wards David angesagt, und er macht sich
hinab in den fels. l Sam. 23, 25 ; wollte goft, ich konnte mich
nur aus der verdammten scbieszscharle . . . hinab machen.
J. Paul anh. z. TU. 2, 29.
plumpen:
zitternd plumpt er hinab vom schmalen balken zur erde.
Götue 40, 53;
und hinab dann
wieder zu plumpen in külilondn Mut. Voss Ov. 1,339.
quellen: im garten . . Ilieszt der hach der liebe, dort
flössen Ihränen der liebe und quollen hinab. Klincer thc<üer
3,345;
es quillct heller
nicht vom Parnasz die ewge (|uello sprudelnd
von fels zu fels ins goldne llinl hinab,
wie freudo mir vom herzen wallend flieszt. Götiik 9, .M.
reichen: ich kann in diese liefe nicht hinabreichen,
reisen: darnach reiset er liin ah ins Iand Dainasken.
Judith 2, 17;reiselen sie hinab in Fgyplenland. 5,8.
rennen: die pferde rennen den berg hinab,
rinnen: vom berge hinabrinnen, dcfluere monle. Hederich
1286;
in dhosen brunz zu weiln darau
da« CS hinab rinn in die schflh.
grobinnuti b. 1. rii;i. b.
rollen: der wagen rollt hinab
rücken: hinabrücken, parlem inferiorem orcuparr, dfimii,
d'tiiillere sc. Stiele« l.'.7(i; die soimc war hiiiabgernrkl, das
Ihal legte wie eine verwilliblc fürslin einen •^rlil.i.-i von
weiszen duften an. J. Paul uns. löge 3, «7.
rufe n:
da kam ein knnbu gi-laiifen
^111 mein vfitorlich linun, rief iiiiih tum stramle hiM.il>
(ioTIIK 1, 2!>8.
rumpeln, mit gro.\inn gerAusch hinab fallen: liscn den
grosen fiisixchen beugst . . hinab rumpeln. Cani. i;ir.*:
Marzji die wax aUo lam
diiK Ki<T rhnum zur »logen cbom,
Ki-chi, ilo rumpelt »ejr bin ab,
naro rill ander mUlrad. riny iC, 38.
1381
Hm AB
HINAB — HINABÄNDERUNG
1382
rutschen, ratschen: sihestu, wenn du das an einem
menschen sihest, so soitu wissen, das im der hut der gedult
nit ganz entpfallen ist, aber allein uff den sack und mantel
hinden an, das ist uff den christenlichen glouben und lieb
hin ab gerutscht. Keisersberg bilg. 70*.
schauen: das freie grosze äuge, ruhig hinabschauend
in die freie, grosze weit. H.Heine 1,7"; in hohem grade
wunderbar erscheint uns alles beim ersten hinabschauen vom
Brocken. 78 ;
aber wonn ist es auch, binab zu schauen die reihea
jener Zeiten. Klopstock 6, 192.
schicken: nem ein disz pillulen: schicks hinab. Garij. 102'.
schieben; er schiebt einen karren den weg hinab; er
schob sich die treppe hinab (entfernte sich leise).
schieszen, intransitiv, eilen : er schosz den pfad binab
zu dem ihn erwartenden;
«vohl manches fabrzeug, vom Strudel gefaszt,
scbosz jäh in die tiefe binab. Schiller taucher.
transitiv: hinabschieszen, ex supemis in inßma jaculari. Stie-
ler 1771.
schleichen, deorsum prorepere. Stieler 1835.
schleifen: nichts als das wehen meines athems, der
sich die mauer hinabschieifte. Tieck S, 6S ; Gunzelin schliff
mit ihr einen so raschen Schleifer längs dem saal hinab,
dasz der erdboden rauchte. Musäos volksm. 107.
schlingen:
nehmt blut der sau, die ihre jungen
in eignen schluod hinab geschlungen. Borger 304*.
schmeiszen: unsre friedensrichter die treppen hinab zu
schmeiszen ! Schiller Fiesko 2, 8.
schmettern: ja lieber hoffmann, der einen heiszt die steg
hinauf tretten, der kan einen wider heiszen hinab schmettern.
Garg. 213'.
schrecken:
er kömmt, mit staub und rühm bedeckt,
und hat die zwietracbt, die der Völker mark rerzehrte,
zur höll hinabgescbreckt. Raxler 1, 65.
schwimmen, denalare. Stielek 1979.
schwingen:
auf einmal schien die sonne durchzudringen,
im nebel liesz sich eine klarheit sehn.
hier sank er leise sich hinabzuschwingen;
hier tbeilt er steigend sich um wald und höhn. Götue 1,4.
sehen: von den bügeln in die Stadt hinab sehen, a ttitnu-
lis urbem despicere. Steinbach 2, 563 ;
sehen hinab in das wilde meer. Schiller taucher.
sehnen:
und zu den todten sehn ich mich binab'. Göthe 9, 35S.
sinken: ein mensch, tiefgebeugte zuhörer, kann in die
zweite weit hinabsinken, ohne dasz ein trauerpfeid nach-
springt. J. Paul Hesp. 3,58;
wie unter dir der trügerische Arn
einbricht, und du hinabsinkst, ein lebendig
begrabner, in die schauerliche grult. Schiller Teil 3, 1.
springen: vom berge hinab springen, de monte desilire.
Steinbach 2, 647.
spülen: schwelle herauf, taumelnder zephyr, und spüle
mich in deine blütenkelche hinab. J. Paul Hesp. 1, 151 ; die
speisen mit einem frischen trunk hinabspülen.
steigen: gehe hin, steige hinab. '2 Mos. 19,24; stiegen
hin ab in das wasser. apostelgesch. S, i% ; da steig Petrus hin
ab zu den mennern. 10,21;
hier beschwört es (das orakel) der forscher, der reines berzens
hinabsteigt. Schiller der genius ;
er sei hinabgestiegen zu den todten. Phädra 2, 1 ;
die ewge liebe steigt von goit
zu uns hinab für scbirapf und spott.
Arndt yeä. (1840) 546.
stellen: hinabslellen, delrudere, demiltere, deorsum locare.
.Stieler 2147.
sterben:
stärke
dann aus der hangenden nacht mich, in die dein leben hinab-
stirbt. Klopstock 4, 104;
wie er hinabstirbt seinen groszen tod.
Schcbart ged. 1,21.
stoszen: ich wii dich unter die erden hin ab stolzen,
//es. 26, 20; beweine das volk in Egypten, und stosze es mit
den tüchtern der starken beiden hinab unter die erden. 32,18.
streifen: Ilse sah auch, dasz das äuge der prinzessin
flüchtig bis zu ihr hinabstreifte und dasz sein ausdruck
ernster wurde. Freytac handschr. 2, 404.
stürzen, intransitiv: ist es da nicht die stimme der ganz
in sich gedrängten, sich selbst ermangelnden, und unauf-
haltsam hinabstürzenden crealur, in den Innern tiefen ihrer
vergebens aufarbeitenden kräfte zu knirschen : mein gott !
mein gott! warum hast du mich verlassen? Göthe 16,132;
transitiv: füreten in auf einen hügel des beiges, .. das sie in
hin ab stürzeten. Luc. 4, 29; entlief er auf die mauren, und
stürzt sich manlich hin ab unter die leute. 2 Macc. 14, 43 ;
kommt der traurige scheidetag,
stürmt die freunde hinweg, stijrzet den seelendolch
in mein blutendes herz hinab. Höltt 92 Halm;
{dasz sie) Hellas bestes geschlecht stürzten zum Orkus hinab.
Schiller das ijlücli.
tbun: brauchte aus kraft des steins , den ich bei mir
hatte, im athmen das wasser an statt der luft; ich konte auch
gleich so wol als die wassermännlein mit geringer mühe in
der see herum webern, maszen ich mich mit denselben in
abgrund hinab thät. Simpl. 2, 56 Kurz.
tragen: denn da Abiathar . . floh zu David gen Kegila,
trug er den leibrock mit sich hinab, l Sani. 23,6;
liebliche winde zerflossen von ihm, und trugen die stimme,
die sonst keine geschöpfe nicht hörten, hinab zu dem mittler.
Klopstock 3, 53 ;
sollte Molly mir nur werden,
trüg ich aller weh beschwerden
noch den längsten pfad hinab. Borger 6i\
träumen: er träumte sich endlich in einen langen schlaf
hinab. J. Paul Tit. 4, 134.
treiben: der kahn treibt den flusz hinab; sie trieben
die herde den pfad hinab.
treten: hinabtreten, ima pelere. Stieleb 2337.
trinken:
wo bei entfleischtem gebein der getödteten schadet
liegen, und wo das blut der empörer der hügel binabtrank,
dasz er dampfte! Klopstock 4, 20;
genug hinabgetrunken hat die erde
des edeln blutes, das aus ihr entsprang.
Schiller Phädra 2, 2.
walgern, wälgern: wisset ihr nicht, das ein stein in
einem augenblick sich selber einen hohen berg hinab weigert,
da man ihn in einem ganzen tag nicht wider hinauf walzen
kan. ZiNKGBEF apophti). i, 216.
wälzen: sie wälzten grosze steine die felsen hinab,
wandeln:
Rhea Sylvia wandelt, die fürstliche Jungfrau, der Tiber
wasser zu schöpfen, binab, und sie ergreifet der gott.
Göthe 1,262.
wanken:
irren, traurigen tritts wanken wir unsern weg
durch das leben hinab, bis sich die liebe naht.
Höltt 96 Hatm.
weisen: hinabweisen, praemonslrare viam deorsum. Stie-
ler 2485.
werfen: fürete sie (frauen) herumb durch die ganze stad,
und würfen sie zuletzt über die maur binab. 1 Macc. 6,10;
ach, ist disz nicht ein ehrlichs erbieten, werft mich nicht
zum fenster ausz, sondern die steg hinab. Garg. 213';
wer wagt es, rittersmann oder knapp,
zu tauchen in diesen Schlund?
einen goldnen becher werf ich binab. ScaaLSR laucher.
winden: die strasze windet sich hinab,
winken: vom fensler einen grusz hinabwinken,
wirbeln:
da wirbelte die grobe
verworfne taust zwei stiegen mich hinab. TuöaHSL 6,280.
ziehen, intransitiv: sahen einen häufen Ismaeliter komen
... die zogen hin ab in Egypten. 1 Mos. 37, 25; zoch hin ab,
und wonet in der steinkluft zu Etam. nc/i/. 15, 8; waren die
menner Juda gen Gilgal komen, hin ab zu ziehen dem könige
entgegen. 2 Sam. 19, 8 ; es begab sich aber on gefehr, das ein
priester dieselhige strasze hin ab zoch. L«c. 10, 31. transüiv :
wird er uns alle, die wir an sein glück
befestigt sind, in seinen fall binabziehn.
Schiller Piccol. 5, 3 ;
auch mich
wird meines vaters schuld mit ins verderben
hinabziehn. Watlenst. tod 3,21;
und reiszend sieht man die brandenden wogen
hinab in den strudelnden trichter gezogen, taucher.
zwingen: hinabzwingen, delrudere, depellere. Stieler 2670.
HIN.\BÄNDEKUNG, f. : du sprachst von seiner neuern Ver-
änderung als eine hinabänderung (d. h. änderung in malam
partem). J. Paul vorsch. d. äslh. 3, 165.
87*
1383
HINABEN — HINAN
HINAN
1384
HLNABt.N, adv. aus hiiiabhin, vertji oben sp. 1016 beraber
aus berabher: da; . . . daz; selb beiliglum widder ausz den
obern landen de; reicbs binaben gen Oslcrreicb oder an die
Sleirmaigk solle gefuit .. werden, d. slädtechr. 3,:iS\,^(); und
laufeu iiioaben zu Jona, den wecken sie auf. Lutuer 3,20;/;
ein eichen, grosz. grob, dick und fest,
heu viel rauher kuorrecliier esi,
die hiengen an die enl hinnben
unil feinen, kühlen schalten gaben.
|{. Waldls h:.s<>}i 4, hl, I.).
HINABFAHRT, f. l) das fahren hinab: die hinabfabrt in
den scbacbt gieng ziemlich leicbt von .stallend
2) auch ein gang durch den vian hinab kömmt, dcmeaculum.
Hederich 1286.
HINABSTIEG, m. : wir hofften nunmehr einen bequemem
hinabstieg. Güthe 1(5,288.
HINABWÄRTS. adv. dcorsum versus. Stetnbach 2,934: weil
die nach dem see hinunternibrende lianptstrasze etwa nur
eine Viertelstunde ihres thals binabwiirts vorbeigehe. Göthe
23, 168.
HINACH, adv. s. hinnach.
HINACHT, adv. diese uachl. für heinacht, vgl. sp. 886: noch
hinacht umb milternacht. Wickram irr reitend bilyer vorred A4.
s. auch hinnacht.
HINALTEN, verb. senescendo vitam Irahere, deßcere annis et
viribus. Stiei-er 37.
HINALTERN, verb. : es war ja die lauterkeit . . der ehe . .
in jener zeit des hinalterns der allen Völker . . ganz ins-
besondere ein Zeugnis von der wunderbaren lebenskraft des
chrislenlhums. christl. kunstblatl 1867 .<f. 128.
HINAN, adv. an und hinwärts, früher gelrennt auch hin an
(neben anhin Iheil l, 370), in volksmdszigcr rede zu nan gekürzt.
der sinn des worla ist ein doppelter.
l) das bin gelU auf einen in gleicher fläche mit dem sprechenden
gelegenen ort (vgl. daran, heran), und drückt nicht mehr wie ein
hinzu aus. die richtung wird wie hei den ähnlichen adverbien
Ȋlter bestimmt: verderbeten das gewecbs auf dem land, bis
hinan gen (iaza. rieht. 6, 4 ; neben im bawete Eser . . zwei
stück den winkel hin an , gegen dem barnischhaus. Neh.
3,19; (giengen) zum thor Ephraim bin an. 12,39; das land
darin du schwimmest, wil ich von deinem bliit rot machen,
bis an die berge hinan, das die beche von dir vol werden.
Hes. 32,6. ungut statt des accusalivs ein dativ : o war ich in
vollem feuer dem ziel hinan als ein rechtschaffner mann
gestürzt. Klincer thcater 2,252;
{sandten) umb ein cbaczen (sc/iirm'/ac/i), die seu {.lie) treiben
geholten an die maur hin an. ring h'i', 23,
gleich darauf in der form anhin:
die kaczeii schol man an bin füren
und stoszcn in die maur enzwai. 37;
durch vierzehn saal must er bingan,
bis er kam ans gemach hinan,
darinn der mechtig könig war. mücitenkr. 1,350;
auch prellt bis an den wald hinan
der dronimeten taratantaran. 1, 977.
verben der bewegung, mit denen iiinan verbunden wird, ssind in
dringender rede, oder nach sollen, wollen, können, müssen
unterdriickl :
der todt sähe was er für ein han
ao im hat, und wolt liicbl hinan, mückcnkr. 2, 316.
in übertragenem sinne hinan wollen, hinan müssen, etwas
glauben, lliun, leiden wollen oder viüssen {vgl. daran müssen,
daran wollen Ihetl 2,758.759): aber da wolt er nicht hinan,
das gott, wiewol er die sünde nicht wil, so verbeugt er doch,
das sie geschiebt. Luther Ü,l02'; solch gebot {des häraicus)
mus man mit predigen und solciicn büchern treiben, und
den ledigen personen, so zur einsamen keuscheit nicht be-
gnadet sind, das gewissen damit beschweren, nötigen und
plagen, Ins sie hinan müssen, und zu letzt sagen, sols sein,
mus es sein, kans nicht anders sein, so waits goK, und sei
gewagel. 4, 3«3*.
Verben der bewegung, die nch mit hinan in dem angegebenen
mnne verbinden :
bringen: der andere aber eben durch diesen weg gleich
bisz zum grabe hin an gebracht. Laz. de Tormcs 44.
fUhron: und die warsagung wird auf du? rechtet) seilen
gen Jerusalem deuten, das er solle bocke hin an füren lassen.
Hu. 21,22.
geben: wenn da nicht binan gehest {zum tacrament).
Laxau t, lAt*; damit die anderen on sorg ybrer kindcr detler
männlicher hinan giengen (zum kämpf). -Fr kkk weltb. 83'; er
gehet frisch Iiinan, adorilur, aggredilur. iiruit strenuc in hostem.
Stieler 630.
kuninien: bis das wir alle hinan komen , zu einerlei
glauben und erkentnis des sons goltes. Eph.i,ii; wir habens
zwar dabin gebracht, das der gemeine man hinan konipt (zum
verstehen des gesetzes). Luther 3, 26ü'.
lenken: die tochter lenket sich an den valer hinan, filia
acclinal palri. Stieler 1146.
machen, reflexiv: dasz er sieb hinan iiiacbte {hinzu gieng).
Chr. Weise kl. leute 168.
reichen, intransitiv: die quelle der beche, welche reicht
bin an zur stad Ar. i Mos. 21,15; denn irer plage ist kein
rat, die bis in Juda komen, und bis an meins volks Ibor
gen Jerusalem bin an reichen wird. Micha l, 9.
reiten: nahe an den feind hinanreiten.
rücken: und Goigias nam fünf tausent . . . und tücket
bei nacht heimlich hinan an der Juden lager. 1 Macc. 4, 1.
schütten: erde um den bäum hinanschUtten, lerram circa
arborem adaggcrare. Hederich 1287.
setzen, übertragen, wie daransetzen thäl 2,759: es stehet
aber dabei, das die Christen über solchen sieg müssen ir
leben hinan setzen. Luther 8,189'; intransitiv: da ist ein
mutiges, trotziges, unerschrocken herz, das hinan setzt, und
der warbeit beistehet, es gelt hals oder mantel. 1,255'.
springen: zu einer sache binan springen, alicui rei ad-
sullare. Steinbach 2, 647.
steilen: hier ward ich also sogleich, wenn nicht mit
iiineingeslelll, doch hinangestellt, und habe für die bestiin-
mung . . . der deutschen legion manchen dintentropfen aus
der feder lassen müssen. E. M. Arndt Wanderungen s. 19.
stoszen, technisch beim buchbmder, bogen, blätter binan-
stoszen, eng mit den vorhergehenden verbinden, und danach bdd-
lich bei J. Paul : er müss aber einen haben, der seine biblio-
Ihek übernehme, ordne und invenliere, und der an seine
lebensbeschreibung, die in der ganzen bibliothek wäre, seine
letzten stunden . . zur konipleticrung gar hinanstiesze. uii^'.
löge 3, 165.
treiben: eines anfurts aber wurden sie gewar, der halle
ein ufer, da hin an wollen sie das schiff treiben, apostelgestch.
27, 39.
ziehen: und der hindcrhalt eilet auch, und brach crfur zu
Gibea zu, und zog sich hin an, und schlug die ganze stad.
rtcW. 20, 37 ; da zocb ich bei nacht den bach hinan. iVc/i. 2, 15.
2) hinan zeigt, und dies mehr in den jungem u-ie in den allern
quellen, auf einen höher gelegenen ort, und die mit ihm gebildeten
Verbindungen von verben der beivegung drücken im allgemeinen
ein steigen und klimmen aus (vgl. unten hinauf 2). die richtung
wird näher bestimmt: David aber gieng den oleberg hin an.
2i;awj. 15,30;
drohen sind der steine viel
um meine luiite . . .
gleich zur linken
durchs gchüscli hiuuii. Gutiie 2, 178.
verben der bewegung sind ausgelassen: wir muszten einen berg
hinan. Göthe 16, 243;
wolil .sollt ich izi nach dir {loa) mich heiser rufen :
dem traurigen bist du ein guih !
allein hinan des lebens letzte .stufen!
denn diesz will gröszern muth. UdKiMCK 3,211;
hiiinn ! Iiinan ! es heulet Iniil
gchrüll der l'eindcswuth. (iothk 2, Is:«.
Verbindungen mit derartigen verben :
beten:
ich bei hinan, und lobge.sang
ist lauter mein gebet. Gotiir 2, 184.
bringen: etwas den steilen pfad hinan bringen; über-
tragen, in beziig auf ehrenslellen :
klug, an liiriii!,
schön, un stiriie,
bringt den miiiin
hoch binun. I.ocaii 2, IM, 18.
drängen:
Ich drtknge mich binan, hinan. GAthb 2, ISA.
fahren: der wagen führt einen steilen berg hinan.
gehen: giengen hin an (auf den dlberg) und wcinelen.
2 Sam. 15, 30.
gelangen: wo meine ehibegierde freies, iinhescbritiikies
feld hat, herumzntumineln, binunzugelungen. KrtncER Uieater
2,137.
1385
HINAN — HINAUF
HINAUF
1386
heben: bis an den himmel hinan heben, ad coeluvi efferre.
Steinbach 2, 760.
kl ettern:
ich kletterte den bäum hinan. Göeinck :^, II.
klimmen:
der gemse klippen und des adlers höhen
klimmt keines fürsten ross hinan. Gökitcce 3,73.
bildlich: ?roszer thaten herrliche vollbringer
klimmten zu den seligen hinan.
Schiller ijötter Griechenlands.
kommen: hoch ans breit hinan kommen, ad honores ad-
scendere. Steinbach 1,900; höher hinan kommen, in alliorem
gradum adscendere. das.
kriechen:
so lang ich brod und wasser haben kann,
bedarf ich keines stolzen fürsten gnade . .
ich krieche nicht zu ihm hinan. Göeingk
19.
reiten: den berg hinanreiten, clivum equo asccndere. Stie-
ler 1602; den 24. oct. ritten wir . . . erstlich Mont hinan.
Göthe 16, 266.
rennen: die den gipfel hinan und hinunter rennenden ..
Ihiere. Inmerman.n Münchh. 2, 89.
rücken: weiter hinan rücken, promovere in ampliorem
gradtim. Stei.nbach 2,303. reflexiv, in unum geläuteter form:
nun ists um den armen, den thürmer gethan !
er {liiT Imite) ruckt sich von Schnörkel zu Schnörkel hinan,
langbeinigen spinnen vergleichbar. Göthe I, 230.
rutschen: rutschte, um nicht gesehen zu werden, auf dem
bauche den schneckenberg hinan. Immer.hann Münchh. 3,181.
sehen: er sah den felsen hinan,
sprengen:
kaum sprengt er den rücken des hügels hinan,
so springen ihn seilte zwei doggen schon an. Borger SI*.
steigen: wir stiegen die Dole hinan (den höclisten berg des
Jura). Güthe 16,234; ein durchsichtiges Wäldchen von gold-
grünen birken stieg in hohem gras drüben den nördlichen
berg hinan. J. Fall Hesp. i, 242.
streben: wenn das äuge hinanstrebt in die ewigen räume.
J. Pacl.
ziehen: der trosz zog den berg hinan; die pferde ziehen
einen wagen die strasze hinan.
zwingen: hinanzwingen, stirsum adigere. Stieler 2670.
HI.N.\RGERN, rerb. toi ärgern (vgl. hin sp. 1376): nun sehe
ich deutlich, dasz mich der rector und das übrige gesindel
bald würden hingeärgert haben. Voss triefe 1,320.
HINAUF, ade. hintcärts und auf; im allgemeinen äJinlicher
enttcickclung wie herauf sp. 1022 und die vorher genannten hinab
und hinan.
1) ahd. hina 6f, mhd. bin öf neben öf hin, welche letztere
form im nhd. aufhin dauert (theil 1, 670). die trennung beider
theile des Wortes ist noch bei Luther gewöhnlich durclige führt,
andererseits wird aber die enge Verbindung durch die auch schon
im l^.jahrh. bezeugte kürzung nsuf^gewälnrt : dasz ihro f. gnaden
nur nauf ins königs zimmer kommen mögen. Schweisichen
1,55; wenn ich nauf sehe, so sehe ich nichts. Chr. Weise
comüd. 178; zum oberkeller nauf. Fr. Mlller 1,279;
solch plöt styg als gen hymel nauf. Schwarzksbbrg 156';
sie nahm vom linger ihn herab, und sacht, und sachte,
denselben nauf zum mund, und endlich gar nein brachte.
D. V. D. Werdkb Aiiosl 11,6,6;
die engel freuen sich, die seele nauf zu führen.
LocAü 1, 74, 99;
ich kuram in diese weit, hindurch dort nnuf zu reisen.
1, J>S, 64.
J) hinauf, in vrlliclter bedeutung, auf einen vom sjirechenden
weg und höher gelegenen ort weisend und insofern sich mit dem
doch weniger gebräucldichen und in gewählter rede jetzt eher ver-
miedenen hinan 2 {sp. 1384) berührend; vielfach mit ndlierer
beslimmung der richlung: hinauf gen himel. Rom. 10,6; hin
auf in die obersten lender. 1 Macc. 3, 37; das ir hin auf zöget
aufs gebirge. 5 Mos. l, 41 ; vom boden an bis hinauf über die
thür. lies. 41,20; von unten an, bis oben hinauf, r. 18;
unten .. meist steinicht und felsicht, besser (urrfpr) hinauf . .
voller dannen und husch, pers. reisebeschr. 2,3; hat eine ge-
rätimigere {hülte) an einem schicklichem ort, etwas weiter
hinauf, erbauen lassen. Göthe 16,247; die Hhone hinauf war
alles heiter. 274; der alte baron war nämlich noch vor dem
scheiden der Interessenten stillscbwärmend aus der slube
gewankt, . . die süllertreppe hinauf. Inneaxanx Münchli. 3,180;
wann wasser rinnen berghinauf,
dann höret meine liebe auf.
E. M. Arwdt ged. (1840) 217;
vgl. auch dahinauf, dorlhinauf theil 2, 693. 1308.
Verben der bewegung , die sich mit hinauf binden, werden
in dringender rede, oder nacli den hilfswürtern sollen, wollen,
müssen, können unterdrückt: wo sollen wir hinauf? 5 3/os.
1,28; willu hin auf gen Jerusalem? apostelgesdi.2h,9; morgen
abend gedenken wir wieder hier zu sein, und übermorgen
soll es das land hinauf. Götbe 16,254;
hinauf! hinauf nach oben! 1,232.
Verbindungen mit verben der bewegung im weitesten sinne.
bauen: um in Neukirch einzukehren, das an dem berg
hinaufgehaut isl. Göthe 25, 328.
begleiten: hinaufbegleiten, deducere in partem superiorem.
Stieler 1145.
bemühen, reflexiv: wenn sie sich zu dem allen herrn
baron hinaufbemühen wollen. Immervann Münchh. 3, 189.
beten: wollen hinauf zum himmelvater beten. Fr. Müller
3, 406. )
bringen, mit persönlichem und sächlichem object: hüben die
priester die laden des herrn auf, und brachten sie hin auf.
1 A:ön. 8,4; da ward Daniel hinauf für den könig bracht.
Dan. 5, 13 ; er versicherte uns, dasz seil acht und zwanzig
Jahren — so lange führe er fremde auf die gebirge — er
zum erstenmal so spät im jähr . . . jemand hinauf bringe.
Göthe 16,246;
diesen ist alles genusz. sie essen ideen und bringen
in das himmelreich selbst messen und gabel hinauf.
Schiller 1,314 Kurz (iiberschrift : Iheophuyen).
bildlich: einen in der bürgerlichen gesellschaft hinaufbringen.
Klinger 4,68.
denken:
der schnelle gedanke,
der aus des betenden seele von Sternen zu sternen hinaufdenkt,
eilet nur eilender! Klopstock 4, 106.
dringen: auf den Gotlhard hinauf dringen. Göthe 16,272;
doch ist es jedem eingeboren,
dasz sein gefOhl hinauf und vorwärts dringt,
wenn über uns, im blauen räum verloren,
ihr schmetternd lied die lerche singt. 12,60;
dunkel brennt das feuer nur augenblicklich und dampfet,
wenn das wasser die gluth stürzend und jählings verhüllt,
aber sie reinigt sich schnell, verjagt die trübenden dämpfe,
■ neuer und mächtiger dringt leuchtende flamme hinauf.
1,268.
eilen: was hat er nun da vor! rief der schriftsteiler
lachend und eilte die treppe hinauf. Ixxermann iVünc/i/i. 3. 139.
fahreu: wer feiet hin auf gen himel und er ab? Sprüche
Sa/. 30, 4; wer wil hin auf gen himel faren? i?öm. 10, 6; die
lerche fuhr . . . hoch ins himmelgrau hinauf. J. Paul Hesp.
3, 202.
fliegen: in den himmel binaufQiegen, subvolare in caelum.
Hederich 1287.
fragen: sie war sehr bekümmert, ob ihr clavierspiel nicht
stören würde, und liesz hinauffragen, in welchen stunden sie
am wenigsten damit lästig sei. Freytag handschr. l, 307.
führen: da nam Josua .. Achan den son Serah, sampl
dem Silber, mantel, und gülden zunge, seine süne und löchler,
seine ochsen und esel und schafe, seine hüllen, und alles
was er halte, und fürelen sie hin auf ins tal Achor. Jos. 7,24;
und füreten in hin auf für iren ral. Luc. 22, 66; fürelen sie
in hin auf auf den sollet', apostelgesch. 9,39; sie hat sich
mühsam durch das gcstein hinaufgequüll und quält nun jeden,
wenn du willst, den sie hinaufführt. Göthe 17, 34 ; beson-
ders führte er {der weg) uns auf ein schlosz hinauf. 16,261
gaffen:
gafft nur hinauf und seht die schwarze wölke !
Uhla!*d ijed. 434.
gehen: gehe hinauf in den wald. Jos. 17,15; wir geben
hinauf gen Jerusalem. Marc. 10,33; Jhesus aber gieng hin
auf, auf einen berg. M. 6,3; Petrns aber und Johannes
giengen mit einander hin auf in den leinpel. apostelgesch. :i,\;
(dasz) man von da . . die treppe hinauf geht. Götbe 16,227;
dasz ich, erwacht aus meiner stillen hütte,
den berg hinauf mit frischer seele ging. 1,3;
nun, sonne, gehe hinab und hinauf! 217.
mit unpersönlichem stibject : dort geht die strasze hinauf. Immer-
«ANN Münchh. 3, 135;
ein biszchen feuerluft, die ich bereiten werde,
hebt uns behend von dieser erde.
und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf. 12, 102.
1387
HINAUF
HINAUF
1388
gelangen: nach mühsamem klettern gelangten wir end-
lich auf den berg hinauf,
greifen:
wenn uneriräglicli wird die last — greift er
hinauf getrosten muthes in den himrael
und holt herunter seine ewgen rechte.
SciiiLLEB Teil 2, 2.
gucken: hinaufgucken, suspicere, sursum aspicere, oculos
tollere. Stieler 714.
halten:
dich nur sah ich, nur dich am boden knieend, verdrieszlich ;
mit der einen band hielut das gewand du hinauf.
GöTHK 1, 310.
haspeln: {ein strick), woran der rostige rilter im korb
sich zur schönen Cunigunde hinaufhaspeln iiesz. Fit. MOiler
1,313. intransiliv und bildlich: an demselben {seile) haspelt er
mit beiden bänden hinauf. Garg. 183".
hauen: binaufhauen, versus superiorem parkm securim vel
gladium vibrare. Stieler 790.
beben: einen auf die mauer hinauf heben, aliquem in
tnurum efferre. Steinbach 1, 761.
henken:
es wurd der brotkorb dir hoch-hoch hinauf-gehänket.
ROÜPLKR 89.
holen: die philister haben die lade des herrn widerbracht,
kompt er ab und holet sie zu euch hin auf. 1 Sam. 6, 21.
kehren:
hinunter soll kein mann die blicke wenden;
hinauf zur höchsten frauen kehr er sich! Göthe 9,354.
klettern, sursum scandere. Stieler 970: und Jonathan
klettert mit henden und füszen hin auf. iSa?«. 14, 13; wenn
er {der epheu) an einem pfähl hinaulkletterl. Göthe 26,163;
eine lebendige hecke schied die blumenbeete vom gemüse-
garlen, wo auch der hopfen an groszen Stangen hinauf-
kletterte. Freytag handschr. l, 90.
klimmen:
klimme muthig den pfad, bester, den dornenpfad,
durch die wölken hinauf. IIölty 95 Halm;
aber in freieren schlangen durchkreuzt die geregelten fehler,
jetzt verschlungen vom wald, jetzt an den bergen hinauf
klimmend, ein schimmernder streif, die Innderverkniipfende
strasze.
Schiller spazicnjang v. 44.
kommen, mit persünlichem subjecl: und da sie hin giengen
zu der stad, da der man goltes war, und zur stad hinauf
kamen, i Sam, 9,11; kompt nicht hinauf gen Bethauen. Hos.
4,15; da Petrus hin auf kam gen Jerusalem, aposlelijesch.
11,2. mü sächlichem subjecl: dein gebet und dein almosen
sind bin auf komen ins gedechlnis für gott. 10,4; da sie
in aber tödten wollen, kam das gescbrei hin auf für den
öberslen beubtman der schar, wie das ganze Jerusalem sich
empöret. 21,31.
kriechen, sursum reptare. Stieler 1035: eine spinne
kriecht am kleide hinauf.
langen: ire strafe reicht bis an den himel, und langet
hin auf bis an die wölken. Jer. 51,9; {der leufel) mit hörnern
und mit einem schwänze, dessen spitze wie eine puderquaste
aufrecht stehe, und ans hinterhaupt hinauflange. J.Paul a. d.
teuf. pap. 1, 79.
lästern: o himmell vergieb, vergieb dem elenden, der zu
dir hinauflästert I Tieck 2,294.
laufen: darumb, das sie hinauf zum Assur laufen, wie
ein wild in der irre. //os. «, 9; lief die schloszstrasze hinauf.
Imhermann Münclih. 3,135. als ausdruck der versweißung :
und nun ! ums haar sich auszuraufen
und an den wanden hinauf zu laufen ! Gütiie 12, 19'i.
lenken: binauflenken, acclinare, adverlere. Stieler 1140.
leuchten, intransitiv: es leuchtete ein licht aus der tiefe
hinauf; transitiv:
■ei {irrticht) doch so gut und Icucht uoi da hiaauf!
Göthe 12, 203.
locken: hinauflocken, ai superiorem parlem ducere. SriK-
lk* 1173.
machen, reflexiv: David aber mit seinen mennern machten
sich hinauf auf die bürg, \-tiam. 24,23; wir machten uns
also wieder zu den hatten hinauf. Göthk 16, 248.
nehmen: der litter nahm ihn auf eine über steinerne
»lulen geführte gallerie hinauf. J. Paul Tit. 1, 34.
poltern: der raönchsteufel polterte die treppe hinauf.
Klirckr 3, 154.
quälen, reflexiv: sie hat sich mühsam durch das geslein
binaufgequält. Göthe 17, 34.
reisen: zoch er fort und reisete hinauf gen Jerusalem.
Luc. 19, 27.
reiten: rillen an der ostseite den see hinauf. GöTUEl6,23t.
rücken: er rückte seinen hemdekragen hinauf; bildlich:
ich könnte die gehurt,
die mich so hoch hinaufgerückt, verläugnen! Götub 9, 371.
saugen: und den blauhellen geist sauge ein heiszer son-
nenstral aus dem roscnkelch des herzens in die zweite weit
hinauf. J.Paul IIcsp. 1,149.
schauen:
ich aber, vater, stehe
in meiner hüttenthfir,
und schau hinauf zur höbe.
und schau hinauf zu dir. E. M. Arndt (jed. (1840) 547;
befehlend: hinaufgeschaut! Göthe 12,254.
schicken:
zum vater blickst du [Maria),
und Seufzer schickst du
hinauf um sein und deine noth. Göthk 12, 189.
scbieszen: hinaufschieszen, ex in/imis in superna jacu-
lari. Stieler 1771. auch intransitiv, für eilen: er schosz die
treppe hinauf.
schimmern: wie sie (die morgenrüthe) jeden augenblick
weiter hinaufscbimmert. Heroer.
schlagen: noch schwankt die zunge der wage, in dieser
schaale tanzen leicht religion und ihre stütze, die furcht vor
der Zukunft, die gegenschaale schlägt sie hinauf. Klinger
3, 13; was will er? will er ilzt gleich den zopf hinaufschlagen
und mit mir zum teufel gehn ? Schiller rduber 2, 3.
schleichen: hinaufschleichen, sursum giessum moliri,
acclivem esse. Stieler 1835.
schlingen: pfui! bist du darum fürst, um eine Wasser-
hose zu sein, die alles, worüber sie rückt, in ihren krater
hinaufschlingt? J. Paul uns. löge 3,42.
schnellen: ich wäge deinen werth mit deinem Schicksal
ab, und meine zerrütteten geister sehen ein blutiges, er-
grimmtes gespenst, das gewaltsam an die zunge der wage
schlägt, und deine schale hinaufschnellt. Klinger 1,17; ein
einziger gran falschen zusalzes schnellt schon die wage hin-
auf. 3, 129.
schrauben: {mancher schripslcllcr) der den geist des lesers
so in das leere hinauf schraubt, treibt, zieht, dasz der gut-
mülhige leser wirklich in gefahr ist, sein eignes gewicht . .
zu verlieren. Klinger 12, 124.
schreiben: {in Alexandersbad), wo ich mir das podagra
wieder in die füszc hinunter baden wollte, das ich mir blus
durch gegenwärtiges buch zu weit in den leib binaufge-
schrieben. J. Paul uns. löge vorrede xiii.
schwindeln: frei wie ein mann will ich wählen, dasz
diese insectenseelen am riesenwerk meiner liebe hinauf-
schwindeln. Schiller Aa6. t/./iVte 2, 5; durch welche ich fast
mährchenhaft zu jenem verderblichen throne hinaufgeschwin-
delt. L. TtECK ges. nov. 4,157.
sehen: ihre beiden mädchen, die sich während der er-
zäblung an ihren rock gehängt, sahen unverwandt an die
mutler hinauf. Göthe 16,280; iiberlragen : mit ehrfurchl zu
jemand hinauf sehen,
seufzen:
schon umringt von todesnebel
seufzet sie. zum thurm hinauf:
Schwester Äiiiicheii, vii'hst du nichts? Gottkr 1,5)>.
spannen: die eine p;irlhei {dtr moralislen und ärzle) will
reizen, hinaufspannen . . , die andere schwächen. Kli.m.kh
11,121; ein fiaucnzimmer zur Schwärmerei hinaiifspannen.
1, 227.
spazieren: hinaufspaziren , summa petere ambulatione.
Stiklkr 1420.
sprechen: sie schauten ins schöne, stille flötenthal und
wollten eben hinein ; endlich sprach es zu ihnen mit «'iner
llöic hinauf, ihre freunde schienen drunten zu sein. J. Paul
Tit. 3,42,
springen: auf das pferd hinaufspringen, in equum insilirr.
IIkukrich 1287; den republikanischen humi »ili ich .«iehen,
der am hären Doria hiiiaufs|iringl. Scmiilkh Firsko 1,.'>;
u KtiindoKt du für mich (auf dem balkuHi'l . . .
wifl glücklich war ich dal
wie ichnell sprAng Ich hinoufl Gonii 3,W.
1389
HINAUF
HINAUF — HINAUS
1390
staunen: dann auf die knie vor dem sarge niederstürzte
und andächtig entzückt zu der herrin hinauf staunte. Göthe
17,407.
Steigen: ehe denn die menner sich schlafen legten, steig
sie zu inen hin auf auf das dach. Jos. 2, 8 ; steig Petrus hin
auf auf den sölier zu beten, apostelgesch. 10. n ; das thal wird
immer enger, man wird genöthiget an den bergen seitwärts
hinauf zu steigen. Göthe 16,276; am thurm waren zwei von
der natur in einander gewundne lindenbäume hinaufgestiegen.
J. Pacl Hesp. 1, 50; je höher man den berg hinaufsteigt, desto
kürzer, zwerghafter werden die tannen. H. Heise 1,73;
solch plut styg als gen hymel nauf.
Scan-ARZETIBERG 156*.
stellen: hinaufstellen, sursvm locare. Stieler 2147.
stieben:
so sUib ein groszer häuf
sandts bis an das gewülk hinauf, mückenkr. 1,S06.
Stinken: gräuliche, gräuliche frevel, die bis zum himmel
hinanfstinken. Schiller räitber 2., 3.
streben: der glänz des deutschen Parnasses, auf den
er doch auch im stillen hinaufstrebte, schien ihm sich zu
verdunkeln. Göthe 22. SO.
stülpen: dasz er die scheitelhaare hinaufstülpte, den
zopf wie die vierte geigensaite anzog. J. Pacl Hesp. 1, 11.
stürzen: ach wenn er sich in die wölken halte hinauf-
slürzen können, um auf ihnen durch den wehenden himmel
über die unübersehliche erde zu ziehen! J. Pacl ffesp. l, 168.
traben: wir trabten nach abflusz der pfarrgemeinde alle
empören hinauf. J. Pacl Fixlein 225.
tragen: trug sie {die tliüren) hinauf auf die höhe des
bergs für Hebron, ric/i/. 16, 3; trugen in hinauf, und begruben
in in seines vaters Manoah grab. 31.
treiben: sie trieben das vieh die halde hinauf.
treten: ja lieber hoffmann, der einen heiszt die steg hin-
auf trellcn, der kan einen wider heiszen hinab schmettern.
Garg. 213'; tritt man weiter hinauf (ror den trasserfall), so
sieht man noch eine schönere erscheinung. Göthe 16, 257.
wachsen: die grüne treppe .. an der ein treppengeländer
von buschwerk hinaufwuchs. J. Pacl Hesp. l, 246 ;
vou menschen wimmelnd wächst der bau
in weiter stets geschweiftem bogen
hinaur bis in des bimmeis blau.
Schiller kraniche des Ibykus.
wälzen: die steine hinauf wälzen, subvolcere saxa. Hede-
rich 1287.
wanken: sprachlos vor ärger wankte ich die treppe hin-
auf. THi}llMEL 5. 298.
wenden: nicht der ins dorf hereingehende {belller), son-
dern der hinausgehende erhält etwas; und da die beiden
häuser {wo almosen rerllieilt icird) zugleich an den wegen stehen
die auf das schlosz führen, so wird auch alles, was sich
hinaufwenden wollte, an die beiden stellen gewiesen. Göthe
17, 74.
wiegen:
die welle wieget unsern kabn
im rudertalit hinauT. Göthe 1, S6.
winden: {ein regent,) der durch moralität, bildung, . . .
hoch über seinem volke steht und es zu sich hinaufzuwinden
strebt. Klinger 12, 124.
ziehen, inlransiliv : so vnl ich nu hin auf ziehen (nach
Canaan), und meinen vater begraben. l3fos. 50, 5; zeuch hin-
auf wider das land, das alles verbittert hat, zeuch hin auf
wider die einwoner der heimsuchung. Jer. 50,21; und er zoch
hin auf gen Jerusalem. Matlh. 20,11. für sterben:
Scotus ist ein guter arzt, wer sich sehnt hinauf zu ziehn,
und der noth zu kummen ab, dieser schickt und rufet ihn.
LocAü 2, 214, 19.
reflexiv: die strasze zieht sich am berge hinauf;
Zophiel nur, ein herold der höll. entdeckte den nebel,
welcher hinauf sich zog die erhebenden stufen.
Klopstock 3, 66.
transitiv: und ward alles wider hin auf gen himel gezogen.
apostelgesch. 11,10; ziecht man dich mit haaren hinauf, so
ziecht man dich mit den beinen herab. Carj. 213'; dasz zum
beispiel der junge herr . . eben im begriff war seine bein-
kleider hinauf zu ziehen. Wielakd 19, 333 {Abder. 3, 7) ;
doch seid gegrüszei, goldne lichter,
die liebend leuchten durch die nacht,
und freundlich unsre angesichter
binaufziehn zu des himmels pracht'
E. M. Arndt ged. (i840) 520.
in technischer spräche: durch das zu schnelle und jähe hinauf-
ziehen der saite springt diese gern, man musz ihr zeit lassen,
sich auszudehnen, kunst des clarierstimmens {Leipzig o. j.) s. 10.
bildlich: {ein Schriftsteller soll) das publikum zu sich hinauf-
ziehen. RlisgeIi 12, 109.
zwingen: diese hinaufgezwungene haare — erlauben sie,
dasz ich sie ganz durch einander werfe. Schiller fiesto 3,10.
3) hinauf zeitlich, eine erstreckung von einem sprechenden hin-
weg zu einem höher gedachten zeilpunkte andeutend {rergl. her-
auf 4 ^.1025): eine forschung bis in die ältesten zeiten
unseres volkes hinauf; bis zu den anfangen der geschichte
hinauf.
4) angelehnt an diese Verwendung, doch so, dasz auch die be-
deutung no. 2 stark eingreift, begegnen zwei andere.
a) hinauf bezeichnet eine atisdeknung von einem sprechenden
weg an ein ziel, den endpunkl einer strecJie hin : die gasse gleich
hinauf, platea recia sursutn. Steisbach 1, 46; (die grenze) kompt
hinaus von dannen hinauf zu Akrabbim, und gehet durch
Zin, und gehet aber hinauf von mittag werls gegen Kades
Bamea, und gehet durch Hezron, und gehet hinauf gen Adar
und lenket sich umb Karkaa. Jos. 15. 3 ; in Bremer bekannt-
machungen werden oft angekündigt schiffe, welche nach dem
ankerplatze hinauf arbeiten.
6) hinauf in Verbindung mil verben, die eine entwickdung
bezeichnen {vgl. unter herauf 4 sp. 1025), so
bilden: dasz wir den unendlichen nicht als maitre de
plaisir unseres erdballs, sondern als den hinaufbildenden
lehrer und vater seiner kindervölker suchen und schauen
wollen. J. Pacl dämmerungen 5; dasz man uns, an welchen
sie {die Franzosen) sich hinaufbilden sollen, ihnen erst zu-
bildet, kl. bücherschau 1, 62.
läutern: die sonne brütet bei Ihieren, die keine leben-
dige junge gebären, das ungeborne hervor, ein beweis, dasz
alle organische wärme in der Schöpfung eins sei, nur durch
zahllose kanäle feiner und feiner hinaufgeläutert. Herder
(1806) 3,106.
schrauben: (trenn) irgend magnetische bezüge (rapports)
meines körpers . . . mich gleichkam zum alleinscböpfer der
steine hinaufschraubten. J. Pacl komet 2, 114.
steigern: jene scene, welche sich bis zu Cains Ver-
fluchung durch Eva hinaufsteigert, zeugt . . . von der ener-
gischen tiefe der Byronschen ideen. Göthe 46, 222.
HINAüFEN, adv. für binaufhin, verstärktes hinauf: so fursten
und ander hern hinaufen {auf das raüiaus) komen. detUsche
städlechron. 3, 387, 13.
HINAüFTRITT, m.: in der stillen nacht hörte man den
hinauftritt der leute auf den thurm. J.Paul uns. löge 3,34.
HINAüFWÄRTS, adv. acclivis, sursum. Stieler 2439 : fuhren
den Lago maggiore hinaufwärts. Götbe 16, 275 ;
hinaufwertz. gegen oriendt. H. Sachs 3,2,236*.
HINAUS, adv. Itin und nach auszen.
1) die form, sie verläuft in ähnlicher weise wie die vorher auf-
geführten hinab, hinan, hinauf {vgl. auch heraus sp. 1026): ahd.
hina öj (Graff 4, 699), mhd. hin üj neben ö; hin {inhd. wb.
3, 195*), welches letztere sich im nhd. ausbin {oben th. 1 sp. 887)
fortsetzt, hinaus gehl zurück in enaus:
sie mochten uff keiner siten komen usz,
danne glich durch die Wagenburg
treben sie die mit gewalt enusz (xo zu lesen statt en nusi).
Stollk cÄrontik bei Haupt 8, 323.
sehr gewöhnlich sogar in naus : Hannibal reckt ims gelt nausz.
J. Ayrer fasln, sp. 87* (2778,29 Keller); von oben bisz unten
naus. Chr. Weise komöd. 251; zum land naus schmeiszen.
283; wenn wir alle halb jähr nur einmal zum haus naus
schmecken , so ist gleich feuer im dach. Wagner kinder-
mörderin 24; ist heute früh mit dem förster naus auf die
dachsjagd geritten. Fr. Möller 1,279;
man geht viel lieber nausz spatzirn,
dann in den artibus sludirn. Gilhisics 23;
hing dann, zum Zeitvertreibe,
sich mit dem halbeu leibe
zum bimmelsfenster naus. Borger 21'.
nur ausnahmsweise aber in der höheren redeweise:
auf, söhn Laoraedons ! es rufen dich
die fürsten unsrer rossebändiger
und erzgepanzerten Achäer naus
ins feld. 153».
2) hinaus bezeichnet zunäch.4 eine bewegung von einem nnge-
sclilossenen oder eingegränzlen orte weg nach anem dem sprechen-
den entgegengeseltten punkte, beeinträchtigung seines gebietes hat
1391
HINAUS
HINAUS
1392
es liic und da erliUeti, insofern heraus tnisbrduclilkii dafür ein-
IriU, r(jl. heraus ü s//. 1027, herausgehen 6 .«;>. 1(i34 ; in andern
fällen hestivimt sich die waid eines heraus oder hinaus nach der
individuellen eorslellung, die man sich von der ricldunif des ans
macht, hinaus steht mit vciben der beweiiung im weitesten sinne,
auch mit solchen des riifens und Schreiens, tco es das ausbrechen
der stimme aus der brüst in die neue mall (s. unten hinaus
juchzen, sclireien). Verben der beueguny können unlerdriickl
werden, entweder nach sollen, wollen, müssen, können : sie
nuisz hinaus aufs land; ich will hinaus aus dem zirnnier;
vyl. unten hinaus wollen unter 3;
wem gehört das hausz,
der musz hinausz. Pistoruis ihes. pur. 10, U4j
der ninni) musz hinaus
ins reindüche leben. Scuiller (jtocke v. IOC;
oder in diingendcr rede, bei erzählnng, frage, befvlil: Keibkamiu
hinausz, sähe dasz es hruder Jan war. der bracht sechs
pilger und den Trucketillon gefangen. Garg. 2.i7'; und ir
werdet entweihen ewre ubersilberlen gölzen, . . und zu inen
sagen, hinaus, ies. 30,22;
flieh! auf! hinaus Ins weite land! Götuk 12, 31 ;
warum denn dort hinaus? 4S;
so recht, hinaus mit dem der etwas übel nimmt! 1U4;
aus groszmuth, aus barmherzigktiit, hinaus
von meinen äugen! wollen sie mich morden?
Schiller Kurtus 2, 8.
Die bcwegung wird durch adverbiale oder pra(T)Ositionalc zusätze
näher bestimmt nach anfang, verlauf, ende : sihe, da haslu das
ganze land für dir, wo dichs gut dünkt, und dir gefeit, da
zeuch hin, denn weiter hin aus wird kein widerkcren sein.
Jes. 40,5; jagte den feinden nach, bis zum land hin aus.
Judith 15,7; hüben an zu fliehen, einer da, der ander dort
hin aus. iMacc. 12,22; aber die kinder des reiclis werden
ausgestoszen in das finsternis hinaus. Matlh. 8,12; und sie
geleiteten uns alle, mit weih und kinden, bis hin aus für
die stad. aposlelgesch. 21,5; hinter sich hinaus tragen die
bauern ihre «piesze. Pistorius thes. par. 2,64; wo man am
feuer sitzend, zu einem fcnster hinaus, das ganze eisthal
übersehen kann. Güthe l(i, 247; freund, wo hinaus gehts zur
komödie? Schiller Fiesko 4,2;
komm, lasz uns itzt durch jene flachen fehler,
so viel sichs schickt, nach Inst spaziren gchu . . .
freund, hier hinaus wird melir von lust gcspiirct,
da Phöbus her aus jungem morgen scheint.
Fleming 17(), oü Ijippeuli. ;
da hinaus! die untern gängc sind besetzt.
Schiller Wattansteins lud 5, 10;
wir gehn hinaus aufs Jägerhaus. Götuk 12, 4<^;
da zeigt sie ihm hinter seinem haus
heimlich zur liinterthür hinaus,
in dem eng umzäunten garten,
ein holdes mngdicin sitzend warten. 13, 130.
hinaus sein, ende und abschlusz einer solchen bctvegung malend :
da sie aber zur stad hin aus waren, l Mos. 44, 4 ; da er nu
hinaus war, kamen seine knechte liinein. rieht. 3, 24, steht
auch übertragen: über die Versuchung war ich meinen gedanken
nach weit hinaus, (jötme 19,289; über die Jugendjahre ist
er hinaus, in welchem letzteren falle die bedcutung des adverbs
unten 4 angrenzt.
3) in manchen fällen ist der sinn von hinaus ein modifieierter,
insofern die bewcgung vom geschlossenen räume ins freie znrilck-
trill, und mehr nur die richlnng nach einem weiter weg liegenden
ziel betont ist. so in der häufigen Verbindung hinaus wollen
{rgl. ähnlich hin wollen .</). 1372, auswolien ttiril 1,1020): «ei
stille, meine lochler, bis du eiferest wo es iiinaus wil. Hulh
3, 18 {ebenso in der Züricher bibel von 1530 ///. 13h', vulg. quem
re$ exilum habeal); auf das er sehe, wo es hinaus wolle
{ilftiv tÖ riijoe). Matth. 20, 5si ; liefahlcn mir immittcist bei
dtin gesindlein zu bleiben und zu sehen, wo das wesen nans
wollte. ScRWKimcHEN 1,214; da nun der marschalk vernam
wo die sach hinausz woll. Cnlmy 270; da nun meine kosl-
frau schmeckte, wo die sach hinauswolle. .S'irn;«/. 3, 13 /turz;
du hast mich mit dieser kraiikheil heiingesuchl. icli weisz
aber nicht wo du mit mir hinausz wollest. Scmlitils 43| ;
als ich in diesen h^gicnlisrhcn kriegen ein hallt jähr für einen
miisquetirer gedient halle, und ohne blullKin köpf davon
kommen war, da daclile icli, wu wil das hinauHz? auf diese
•rt wirst«! noch in langer zeit kein corporal «inlcn. 810;
so sagl mir nur, wo das hinaus will. Göth dusz
ich nun licht sehe, wu es mit mir und meinen fahigkeilen
hinaus will. 29,79; indesz ich ... mein lelieu mehr laufen
lasse, als führe und auf alle falle nicht weisz «o es hinaus
will. 112; hilf, heiliger herregotl I wo hinaus nun? wie werden
wir rath schaffen? Schilleii kab. u. liebe 2,4;
was fragst du viel: wo wills hinaus,
wo oder wie kaniis enden? Götue 2, 214.
ähnliche fngungen: einer Jugend, die sich fühlt und nicht weisz,
wo sie mit kraft und vermögen hinaus soll. 48,93; die stolzen
weiber, die sonst immer oben hinaus und nirgend an wollen.
Chr. Weise erzn. 398; er will hoch hinaus, alta quaerit. Stein-
iiACii 2.1022; sie wollen hoch hinausz, sie wollen gott gleich
sein. Scuumus 640; ich hasse ihn von der stunde, als seine
eilelkeit über mich hinaus wollte. Klincer 1,00;
der hoch zwar will hinaus, hat Grolius einen gcist,
ducli ist sein kopl was schwer, der iliii herunter reist,
LocAU I, 92, 86;
kurz, wir wollten beide verschieden hinaus {halten verschiedene
ziele). J.Paul Titan 2,94; einer will da, der andere dort
hinaus, disside^l inier sc alque discordant. Steinuach 2,1022;
in lebenswald und dickichtgraus
er weisz nicht da noch dort hinaus. Göthk 3, 284;
ich dächte fast, es ginge auf schlage hinaus. 14,271; die-
jenigen unter ihnen (i/en leserinnen), welche ihr groszes slufen-
jahr noch nicht zurückgelegt haben , oder (was auf eines
hinaus kommt), welche sich noch den nachstellungen unter-
nehmender liebhaber ausgesetzt sehen. Wielanü 12, 50, vgl.
unten hinausgehen 2, hinauskommen 2, hinauslaufen 2.
4) hinaus, in Verbindung mU über, kann auch eine bewcgung
über ein gestectUes ziel oder eine schranke hinweg bezeichnen :
gleiche geschicklichkeit sagl man auch von den bocken,
widern und gaiszen, unter welchen wann zwei einander auf
cim schmalen sieg bekommen , und keins meh hindersich
kan, so leget sich das ein nider, das das ander über es
hinaus springe. Fischart e/u. 490 Sc/ieiWe; über das ziel hin-
aus schieszen; BüKinger hat über den sinn der Streitfrage
hinaus geschlossen. Kant 8, 90, vergl. unten hinausgehen,
greifen, heben u.a.
5) wieder in andern fällen zeichnet iiinaus eine bis zur erful-
lung ihres Zweckes fortgesetzte thäligkeil: Christus . . . erhalte
ewer herz, das irs hinaus leidet, und nicht müde noch las/.
werdet. Luther 6,1"; viele muthen mir zu, diese ähnlichkeil
des weiblichen und des hoflons gar hinaus zu beweisen.
J. Paul uns. löge 2,124;
kaum halt ich dieses lieil zum cnd hinausz gesungen.
HisT l'arn. 470;
vgl. auch unten hinausbringen, hinausdenken, hinausführen,
hinausgehen u. a.
0) auch die crslreckung auf eine ungefähre Zeitdauer kann durch
hinaus gegeben werden : die felder wurden auf jaiue hinaus
verwüstet; {ein schätz der) unter geprassel und gepoller und
diiinonischem hohngelächter wieder zurücksinkt, um auf spüle
epochen hinaus abermals verscharrt zu liegen. Götue 53,21.
7) vcrben der bewcgung, die mit iiinaus verbunden erscheinen.
ausstoszen: aber die kinder des reichs werden ausge-
stoszen in das linstcrnis hinaus. Matth. 8,12.
bauen: hinausbanen, extendere structuram longius, progredi
aedificando. Stieler 102.
begehen, bildlich: beharret er letzlich, dicweil er sich
sciion so weit hinausz itegeben {sich in die sacke cingda-wn
liabe), dasz er das glück versuchen woll. Amadis 315.
beiszen: begcrt der liund sein heuslin wider, aber dii-
liündin wolle nicht, zu letzt drewel ir der liund und hie-;
sie das heuslin reumen , da ward die hündin zornig, iiiul
sprach, bislu böse, so beis uns hinaus. Luther 5,272" {fabcl
vom hnnd und der hündin); auch idiertragen von nieiuichen : sie
halten ihn aus der geselNchari hinaus gebissen.
biegen: jetzt lief er mit dem heile an das giebelfonster,
bog >ich hinaus. Imsiermann MüncJdi. 3, 193.
bieten: so dasz der oherpolizeimeister ihn endlich, da
ers gar zu arg maclile, ans der stadi Iiinaus bieten muszie.
Wieland 27, 17.
blicken:
dnsz du nicht vergelionn
oft nach Iroüt liiiiaui« geblickt. Kürgrr H';
wnn wör, o (iniinhurg, diene well
liir den geijualtun weisen, weuii dl« «ecle
nicht über der vorwa»uiiK kiiochenrold
biuaui uA blickte? Gokikck 3, lUO.
1393
HINAUS
HINAUS
1394
brechen, 1) ausbreclicnd suh entfernen: der Tcrbrecher
brach aus dem geßingnisse hinaus.
2) an hinaus 3 angeschlossen, zu ende führen oder kommen,
mit bezug auf entgegenstehende hindernisse: wo will das ding
hinaus brechen, qais ßnis tandem erit hujus rei? Stieler 235;
d. Ludder wolt gern mit der menge, die der sach nicht yer-
stendig weren , sein irrsal hinaus brechen , doch hab ichs
gesetzt an erkenlnis fürstlicher rethe. Eck bei Luther 1, 103*.
3) hinausbrechen, in bezug auf stimme und rede {vgl. heraus
brechen 3 sp. 1020) : meinen sie denn hier einen Montblanc
etwa zu allererst erklettert zu haben, um in so unziemlichen
jiymneu hinaus zu brechen? L. Tieck ges. nov. 10,13.
bringen, l) nach einem auszerhalb gelegenen ort hinn-eg
bringen: und als er in hatte hin aus gebracht {der engel den
IjA von Sodom). 1 Mos. 19, 17 ; da fasset der man sein kebs-
weib, und bracht sie zu inen hin aus. rieht. 19, 25 ; denn wir
haben nichts in die weit bracht, darumb offenbar ist, wir
werden auch nichts hin aus bringen. 1 Jim. 6, 7.
2) nach hinaus 4, über ein ziel oder eine Schätzung hinweg
bringen: er hat sein leben sogar über hundert jähre hinaus
gebracht; es hinausbringen, überstehen, darüber hinweg kommen :
der junge baron bringts mit einem wischer hinaus, . . und
alles weiter kommt über den geiger. Schilier kab. u. liebe 1,1.
.1) nach hinaus 5, etwas zu ende bringen, vollenden : allein
bringestu dein ding und tjTannei mit gewalt hinausz, und
tritlest alle gesatz mit füszen, so musz es recht sein und
heiszen. Agricola spr. (1560) 16*; die grammaticam in einem
halben jhar hinausbringen. M. ISeander bedenken 20 ; bringt der
Fiesko es hinaus, kann Genua aufkommen. Schiller FieskoS,'.
denken, l) nach einem ziele hin denken: wo denkt er hin-
aus? quam viam affectat? quo tend'd? Frisch 1,190'; auch über
ein ziel oder eine schranke hinweg denken : neben denen dereinst
zr- ruhen die man liebt, ist die angenehmste Vorstellung welche
der mensch haben kann, wenn er einmal über das leben
hinausdenkt. Göthe 17,213.
2) SU ende denken: o Stilpo! ich darf den gedanken nicht
hinausdenken. Kli.nger theater 3, 265.
deuten: er deutete zum fenster hinaus auf einen heian-
eilenden; (Kant) verfahre schalkhaft ironisch, indem er bald
das erkenntniszvermftgen aufs engste einzuschränken bemüht
schien, bald über die grunzen, die er selbst gezogen hatte,
mit einem seitenwink hinausdoutete. Gothe 50, 56.
drucken: so fragt man . ., was aus der groszen ärger-
lichen chronik der menschheit, nämlich der Weltgeschichte,
mit der zeit werden müsse, für die so viele tausend kleine
ärgerliche Chroniken verfasset werden ? — gar nichts, so lange
kein teufel etwas davon in die weit hinausdnickt. J. Paul
a. d. teuf pap. 1, 11.
drücken:
ich liesz ihn
immer voraus, und hielt mich zurück, und dnickte mich rückwärtg
wieder zum fenster hinaus. Göthe 40, 53.
eilen: eilte zur thüre hinaus. Güthe 18,241;
schleichend eilt ich hinaus (aus dem wcinherg). 1, 2%4.
fahren: so packen meine leute gelassen ein und auf, und
wir fahren zu hofraum und Stadt hinaus. Göthe 17,320; ßr
eilige beu-egungen: die tochter fuhr wieder zur thüre hinaus,
um die Schwester zu suchen. 25,343; der alte Henoch Elias
war nun ein männchen . . . überall oben oder unten hinaus
fahrend. J. Padl komet 1, 2 ; ungewöhnlich mit bloszem dativ statt
verbirulung mit der praeposition aus: wie wars euch denn, wie
ihr so dem sattel hinaus fuhrt? Klinger theater 3,278. an
ein ziel, einen zweck hin sich bewegen : litte er gerne, dasz ich
ihm Widerpart hielte und auf meinen köpf hinaus fuhr. Simpi
3, 35 üfurj; sondern der ganze roman sollte .. in ein hyperbel
hinausfahren. J.Paul komet i,.\iii.
fallen: bist zur stubenthür hinein gangen, so fall zum
fensterladen wider hinausz. Garg. 213'; nemet ewer woffen,
und fallet alle sampt hinaus mit einem häufen, und mit
groszem geschrei. Judith 14,2.
fliegen: und sol den lebendigen vogel lassen hin aus für
die stad ins frei feld fliegen. 3 Mos. 14, 53.
fliehen: da lies er sein kleid bei mir, und flöhe hin aus.
{Mos. 39,18; flohen sie bei nacht zur stad hinaus. Jer. 39,4.
fordern: einen hinausfodern, provocare aliquem. Hederich
1287. vgl. herausfordern 2 sp. 1032.
führen, l) nach einem auswärts gelegenen orte hinführen:
füreten in hin aus und lieszen in auszen für der stad. 1 Mos.
IV. II.
19, 16 ; den farren des sündopfers und den bock des sünd-
opfers . . sol man hin aus führen für das lager. 3iVos. 16,27;
und er nam den blinden bei der band, und füret in hin aus
für den flecken. Marc. 8, 23.
2) nach hinaus 5, zu ende fiihren, tollenden : gesegenet seistu
mein son David, du wirsts thun und hin aus füren. 1 Sam.
26, 25 ; solches geschieht auch vom herrn Zebaoth, denn sein
rat ist wTinderbarlich und füret es herrlich hin aus. Jes.
28,29; wer ist aber unter euch, der einen thurn bawen wil,
und sitzt nicht zuvor, und uberschleget die kost, ob ers habe
hinaus zu füren? Luc. 14,28; ich zweivel auch gar nicht, er
werde es (gott sein werk) gewislich on unsern iaht und zuthun
hinaus füren. Lcther 5, 9* ; (dasz die mammonsdiener) alle-
was sie fürnemen, hinaus füren. 8, 313' : du (gott) hast meine
Sachen besser, als ich gedacht , hinausz geführt. Schuppics
683 ; das recht hinaus führen, den rechtlichen anspruch wahren
und bis zum gewinnen des handeis verfolgen : wenn dir golt den
teufel oder böse leute zuschickt , die dich strafen , braucht
er sie dazu, das sie sein recht hinaus füren. Lltuer 2,362'.
3) weiterhin ßhren , mit rücksicht auf die zeitliche bedeutung
ton hinaus {no. 6): haben ganz gute gesundheit, also dasz
sie das leben oftermalen gar lang hinausz führen. Schcppics
6% ; er hatte zwar noch ein wenig gelt, aber viel zu wenig . .
seinen verschwenderischen pracht hinaus zu führen. Simpl.
2, 15S Kurz.
geben: dem bettler ein almosen zum fenster hinaus geben;
reflexiv: wer aber hinaus sich gibt zu den Chaldeem, die
euch bclegern, der sol lebendig bleiben. Jer. 21, 9.
gehen, 1) auswärts und hm gehen: und er rief, laszt jeder-
man von mir hin aus gehen. 1 Mos. 45, 1 ; Ehud gieng den
saal hinaus, und thet die thür hinder im zu. rieht. 3, 23 ; und
da sie den lobgesang gesprochen hatten, giengen sie hinaus
an den oleberg. Matth. 26, 30 ; gehen sie hinten zum garten
hinaus und auf der wiese hin. Göthe 25,356;
als er nun hinausgegangen,
wo die letzten häuser sind. 1, 2»1.
2) nach hinaus 3, zu einem ziele streben, in fester formel-
hafter Verbindung: die ganze sache geht schliesziich auf eine
Prellerei hinaus ; deine art zu sein und zu denken geht auf
einen unbeschränkten besitz und auf eine leichte lustige art
zu genicszen hinaus. Göthe 19, 150 ; {eine frage die) auf eine
wunderliche weise da hinausging : wie es eigentlich von jeher
mit' der bildung der menschen und menschlicher gesellschafl
zugegangen sei. 31, 1S9 ; sobald man auf vermehrte erkcnntnis
des objccts hinausgeht. Kant 3,378;
der adelstand der liegt , ein jeder geht drauf naus (teilt ihn
erwerben). Logau 3, 20, 89.
dann auch in unpersönlicher fugung, mit anklang an hinaus 5.
ein ziel erreichen, gelingen : sie versuchen gott, und gehet inen
alles wol hin aus. Maleachi 3, 15 ; des musten sie sich zu
letzt, da es so hin aus gieng, verwundern, weish. Sal. 11,15;
dieser art sind alle die, die unib ansehen der Ungerechtigkeit
oder torheit, die inen selbs oder andern widerfer^t, mit dem
köpf hindurch wollen, und was sie fürnemen, sol also hinaus
gehen. Luther 1,77*; aber gott sei lob, dasz es uns alles so
hinausz gangen. Atrer proc. 1, 12; wan altern oder verwandten
nur unversehens einfält, ihr knab müs ein pfarrer, ein doctor,
oder dergleichen werden, so mus es ihrem vorsatz nach hin-
ausgehen, es seie dem kind, und gemainen wäsen nutz oder
schad. RoMPLER vorrede s.'; wenn ein betrflglicher raht nach
wünsch hinausgehet, so gereicht er doch nicht lange zu seines
uhrhebers nuzzen. Bütschky Palm. Kl ;
und gehts ihm (dem menschen) schon ein Zeitlang nausz,
im augenblick ist das glück ausz.
J. Atrer 303" (1512, 26 Keller).
auch ein ende gewinnen , endigen : ein haur unterstund , ein
kriegszmann umb sein pferd zubelriegen, die sach aber gieng
widcrsinns hinausz. Wickram roUw. 'l,iä Kurz; er hab nicht
gemeinet, dasz es also übel hinausz gehen soll. Atrer prot.
2,10; lasz meine krankheit zu deines theuren namens hei-
ligung und ehre hinausz gehen. Scnuppius 432 ; da sähe mans,
wo es mit dem übermüthigen hinausginge. Göthe 16, 106.
endlich kommen, rücksichüich der folgen : der böse rahtgeber ist
sträflicher, als der tähter selbst: wie denn Ahitophcl mehr
gesündiget, als Absalon. also geschihet es auch unter ge-
ringeren leuten, das sie einem bösen raht folgen, der mehrmals
über den, der ihn gibel, hinaus gehet. Bctschrv PcUm. 927.
1395
HINAUS
HINAUS
1396
3) »lac/t hinaus 4, weiter als ein ijesteclitcs ziel ijclien , «'inp
schranke überschreäen : ich }:ehe über den begriff hiniins, um
a priori etwas zu ihm hinzuzudenken, was ich in ihm niclil
dachte. Kant 2, 4S ; wenn ein begriff gegeben ist, über den-
selben hinausgehen und einen andern mit ihm verknüpfen,
der in jenem nicht enthalten ist. 3, 191 ; wage ich mit meinen
begriffen von räum und zeit über alle mügliche crfahrung hin-
auszugehen. 208; ein zustand, dessen anfang über menschen-
gedenken hinausgeht. Hlgo heut. rOm. recht (ls20) .f. lü4 ; soll
die positive ruhe dem körper eben so wenig eignen, wie die
bewcgung, dann können wir noch über Aristoteles hinans-
gehen, der da behauptet, die bewegung müsse ihren grund
auszer und über der materie haben, evang. kirchenzeitting 1S06
.<. ü'l. aber auch über etwas hingehen ohne es zu beachten, un-
bemerkt lassen: Eduarden entschlüpfte die bemerkung, dasz
ein solcher fall in dem leben seines freundes auf die selt-
samste weise epoche gemacht, doch als dieser schwieg und
einer traurigen erinnerung auszuweichen schien, hielt Eduard
gleichfalls an, so wie auch Charlotte . . über jene äuszerungen
hinausging. Götde 17,44.
gleiten: als der wagen oben an der breiten abgerundeten
platteform des berges . . still stand, . . so glitt mein äuge
iinwillkührlich auf etwas nahes glänzendes hinaus. J. Paul
hiogr. bei. 1 , 24.
greifen: und da sie hinzu liefen, und wollen die thiu"
aufljrechen, griffen die menner hinaus, und zogen Loth hinein
zu inen ins haus, l Mos. 19, 10. bildlich : doch indem ich
schon fürchten musz, über die zeit hinausgegrilTen zu haben,
von der hier die rede sein kann, kehre ich auf mich selbst
zurück. GöTHE 26, 199.
gucken: würde mancher gewissenloser procurator .. nicht
mit einem fetten maul zum fenster hinausz gucken. Schup-
pius 23;
das mäuslin lir, guckt gleich liinaus (aus dem loche).
FiscBART ßöhhatz 2071 (diclu. 2, 56 Äiiri).
hacken, bildlich unil nach hinaus 6, sich kämpfend und
mithend das leben fristen , sich durchschlagen , über hacken für
himpfen, schlagen s. sp. 103 : v\ ir mugent (in solchem handel)
alle wol gewinnen, also das du dich noch ein weile ehrlich
hinaus hacken magst. Wirsu.ng Calistus f; von ihrer armelei
theilten sie mir soviel mit, dasz ich mich ziemlich hinaus
hackte. Laz. de Tormes 95.
hängen: so henget den köpf über die mauren hin aus.
Judith 14,2; den halben leib zum fenster hinaus hängen.
heben: als die treppe schon in flammen war, konnte man
die kindcr nur noch zun» fenster hinaus heben; reflexiv: heb
dich hin aus, und gehe von hinnen, denn Herodes vvil dich
tödlen. Luc. 19,31. in Verbindung mit über, nach hinaus 4
oben sp. 1392: dreimal glücklich sind diejenigen zu preisen,
die ihre gehurt sogleich über die untern stufen der mensch-
heit hinaus hebt. Göthe 18, 247 ; die nächsten freunde . . .
waren tbätig, mich über fernere böse stunden hinauszuheben.
31,90.
helfen: sich aus einem einwürfe hinaus helfen. Kant 8,117.
holen: einen aufs iand hinausholen, in rus aliquem vocare,
aecersere ad villam. Stieler 851.
hungern, reflexiv:
80 hab er stolz genug und muth,
(ich aus der weit hinaus zu hungern. Borger 79'.
bfipfen: leichtfUszig hüpfte sie zur thüre hinaus; die
elster ist hinausgehüpfet, exUuit pica. Stieler 856.
huschen: er huschte zum thorweg hinaus.
husten, hustend hinausgehen: jetzt endlich erhebt sich die
alle — nun hustet sie wirklich zur kammcr — nun zum vor-
saal hinaus. ThCmmel 3, 229.
jagen: icli fürchte mich, das weih möchte mich zum hause
hinaus jagen , metuo ne uxor me extrudat aedibus. Steinracii
1,803; zu dem ist es gegen nacht und so elend weller, dasz
man keinen hund hinaus jagen solle! Simpl. 2,201 Kurz.
juchzen: es klingt nicht viel besser, wenn man in allen
Zeilen mit einer indifferenten sylbe bisz über die lerlia und
quarta hinausjucbzet. Chr. Weise freim. redner, vorrede.
kehren, fegen:
•wiriili. <l-i.ii vii,. iri.r «ifiPl)] ttCSOU
V .kehrt?'
»1' - i...,;. ..iivuriehrt. Görai 47,230.
kehren, wenden: er kehrte »ich hinaus zu den drauszen
wartenden.
kommen, l) aus einem geschlossenen raunt hinwärts kommen:
wenn ich zyr slad hin aus kome, wil ich meine hende aus-
breiten gegen dem licrrn. 1 Mos. 9,29; da nu diese waren
hinaus komen. Mullh. 9,32; ehe ihr zu disem vvaldt hinausz
komen, wirt er sich selbs euch zeigen und fürstellen. Amadis
394;
wenn du hienausz kumpst aul die gasz,
so spei ein mal, es wirdt dir basz.
ijrobianus (1568) C" (6. 1, cap. 5);
wart, ich komme gleich hinaus. Göthe 1, 251.
ton der erstreckung einer grenze: und zeucht sich von milter-
nacht Werts, und kompt hinaus gegen EnSemes, und koiupt
hinaus zu den häufen , die gegen Adumiin hin auf liegen.
Jos. 18, 17.
2) unpersönlich, zu einem ziele oder ende kommen, vgl. oben
hinaus 3 sp. 1392: es konunl noch darauf hinaus, dasz ich
bezahlen musz; Georg, wiszt ihr, gnädiger hcrr, wie ihr uns
prophezeitet: wenn sich die well umkelirte, würden wir jäger
werden, da sind wirs ohne das. Götz, es kommt auf eins
hinaus, wir sind aus unserni kreise gerückt. Göthe 8, 134 ;
und in der that, es kam aur eins hinaus.
WiELAND 5, 218 (vcrkl. .imor 1, 176);
vgl. auch herauskonnnen 2 sp. 1037.
3) nach hinaus 4, hinweg kommen über etwas: woraus wenig-
stens hervorzugehen schien, dasz man über die Unarten und
unschicklichkeilen jenes berufenen mannes noch allenfalls
hinauskommen werde. Göthe 31,235;
du kommst doch über so viele hinaus,
warum bist du gleich auszerm haus,
warum gleich aus dem bauschen,
wenn einer dir mit krillcn spricht? 3, 161.
lachen: der Verfasser bemüht sich, aus der well hinaus-
zulachen, was unsere weisen hinausmoralisiren und unsere
eiferer binauspollem wollen. Sieg fr. v. Lindenberg (1784) 1,20.
auch in anderm sinuc, wie d)en hinaus juchzen und unten
hinausschreien, vergl. hinaus 2 zu anfang sp. 1390: er lachte
gerade hinaus, als er das hörte.
langen, 1) austcärls und hin langen, intransitiv und transitiv:
er langte zum fenster hinaus und holle einen blühenden
zweig herein ; er langte ihm den hut zur thüre hinaus ; die
beiden freundinnen waren keine solchen, die sich den knsz
durch zwei Höre hinauslangen, oder die einander abzuherzen
wissen ohne die kleinste quetschwunde der frisur. J. Pail
Tit. 1, 181. abgeblaszier, vom geld bekommen, es gleichsam aus
einer kasse langen: (entschlosz mich, den wintcr) in ruhe dahin
zu bringen , worzu ich dann geldes genug wüste liinaus zu
langen. Simpl. 1, 314 Kurz.
2) mit über, jenseit eines zictes langen: dasz wir vermit-
telst des begrifl's der endursachen über die nalur hiuaus-
langen und sie an den höchsten punct in der reihe der
Ursachen knüpfen. Kant 7, 265.
3) zu ende langen, vollkommen reichen: dasz es um den
grafen von Götz wol stünde, sonderlich dasz er mit seiner
Verantwortung bei der käiserl. majestät hinaus langen, wieder
auf freien fusz kommen und gar wiederum das commando
über eine arinee kriegen würde. Simpl. •l,lb Kurz; bildete mir
die Sache so erbärmlich ein, dasz mir mitten in meinen
traurigen liedern und melodeien die thränen herausz rucken
und das weinen dem singen den pasz verlegen wolle, doch
langte ich mit einer schönen manicr hinausz. 1,365; der weg,
den ich noch zu gehen vor mir halte, war gegen meinem
wenigen geldc viel zu weit, mit der zehrung hinaus zu langen.
287 ; (das gewissen,) ein gut geschriebener Wechselbrief, mit dem
auch der bankerollierer zur noth noch hinanslangt. Schiller
rduber 1, 1.
lassen: licszen sie hinaus (zum thore). Judith 10,0; lies
sie in einen andern weg hin aus. Joe. 2,25; einen aus dem
gefüngnissc hinaus lassen, emittere aliquem de careere. Hede-
rich I2HS;
do ward der solhig «chlemmer
zA der liir hinnuM gelaaien. Uuland volkul. 680;
reflexiv: die Hlemmier licszen sich für die helfanten hinaus
{zum kämpfe), dieweil sie schnell und hurtig im lauf sind.
b. d. liebe 220*.
laufen, 1) ausuilrts und hin laufen: da lies er sein kleid
bei mir, und Hohe, und lief hinaus, l Mos. 30,15; lief alle
tage hinaus, und sähe auf alle straszen, da er her komen
soll. lob. 10,8;
1397
HINAUS
HINAUS
1398
wann du herfür komst inn das haus,
so lauf nicht flu^s den plan hinaus,
nicht sez dich mitten auf den plaz.
FiscHARr flöhhatz 2064 (dicht. 2,56 hurt).
2) unpersönlich, nach einem siele, einem ende laufen, schliesz-
lich verlaufen {vgl. oben hinausgehen 2, hinauskommen 2) : so
bald etwas nit nach wünsch hinaus lauft, musz es diese zeit
verursachen und die schuld tragen. Schuppids 775; der er-
bitterte verdnis und feindselige wiederwille sein nicht selten
zu dessen untergange hinaus gelaufen, dessen gemüte damit
befangen. Bütschkv ¥alm. 830; ein zank so endlich auf eine
Schlägerei hinaus lief. jxrs. rosenth. 7,13; wenn es am ende
auf eine mumnierei hinausläuft. Göthe 14, 155 ; und am ende
läuft es auf eins hinaus, ganz von einer nothwendigen ge-
wohnheit, oder ganz von der willkürlichsten Zufälligkeit abzu-
hängen. 17,320; ich gebe ihnen mein wort, wir kommen
gesunder wieder, als wir ausfahren — oder auch gar nicht,
welches auf eins hinaus läuft. Lessi>g 12,213;
uns schmerzet der verzug, was noch wird werden drausz.
ich furcht, es laufe noch auf was belrüblichs nausz.
Flkmisg 177, 4S Lappenb.
3) bildlich auch für länge geicinnen (vergl. auslaufen 5, theil
1, 904) : was für frevel dieser mensch begangen, ist nicht zu
beschreiben: das register würde allzuweit hinaus laufen.
Bdtschry Palm. 52«.
legen: etwas hinauslegen, exponere aliquid. Hederich IISS.
im deichbau nennt man hinauslegen oder übersetzen, tcenn man
den deich oder dessen dossierung weiter hinausrückt, indem das
auszen angesetzte inwendig abgenommen wird, oder auch umge-
kehrt. Jacobsson 4,469'.
lesen, zu ende lesen {vgl. hinaus 5): keiner von uns hatte
das buch hinausgelesen : denn wir fanden uns in der erwar-
tung getäuscht, in der wir es aufgeschlagen hatten. Göthe
26,69; er hätte jetzo gern das blättchen hinausgelesen. J.Pacl
Hesp. 1,76.
leuchten: hinausleuchten, foras lucere lampadem. Stie-
ler 1155.
lügen: ihr könntet den schöpfer aus seiner weit hinaus-
lügen. Schiller Fiesko 2, 3.
machen, l) reflexiv, sich nach auszen und hin begeben:
eile und mache dich behend von Jenisalein hin aus. aposlel-
gesch. 22, 18 ; sich hinaus under die leute machen, prudire in
publicum. Stieleb 1199.
2) transitiv, zu ende machen, fertig maclien : sollen und wollen
aus eigener gewalt fort faren, und das spiel also hinaus
machen. Luther 1, 491' ; nun kann man aber einen autor,
der sein buch noch nicht hinausgemacht hat, nicht ärgerlicher
und verdrieszlicher machen, als wenn man ihn erschlägt.
J. Paul Hesp. 4, 172.
moralisieren. Sieg fr. v. Lindenberg (17S4) 1, 20. s. die stelle
üben unter hinaus lachen.
nehmen: er nahm das buch mit sich zur stube hinaus.
niUhigen: hinausnöthigen, evocare. Stieler 1338.
orgeln, zu ende orgeln: {insofern er) allein den nachmit-
tagsgottesdienst . . hinausorgelte. J. Paul flegelj. 1, 44.
packen, reflexiv: beide frembtling giengen ihres wegs,
mit denen ich mich mit zur stubenthür hinaus packte. Simpl.
3,317 Kurz.
peitschen: ich werde . . . hernach naus gepeitzschet.
causenm. 143.
platzen: der feind platzet hinaus, hoäis effundü se in agros.
Stieler 1462.
poltern. Siegfr.v. Lindenberg {l'U)i,iO. s. die stelle unter
liinaus lachen.
predigen: haben dir gepredigt lose predigt, damit sie
dich zum land hinaus predigten, klagel. 2, 14 ; solche predigt
ist frei davon, dasz die gemeinde statt gesammelt und ange-
zogen zu werden, vielmehr zerstreut und hinausgepredigt wird.
evangel. kirchenzeilung 1S66 s. 684.
quellen: die menge quoll vor das thor hinaus,
reden, durch reden zum hinausgehen bewegen. Klincer 10,20.
reichen, 1) nach auszen und hin geben: er reichte dem
beltler eine gäbe zum fenster hinaus.
2) SU ende reichen, zu einem ziele kommen: damit {mit dem
gelde) reichte Julus nit weit hinaus. Simpl. 2, 157 Kurs.
reisen: hinausreisen, ire foras. Stieler 1589.
reiszen: ich werde mich über die menschen hinausreiszen.
J. Paul TU. 1,40.
ich hab ihn selbst hinaus zur kellerthüre
auf einem fasse reiten sehn. Göthe 12, 118.
rennen: sie wandte sich um und rannte zum zimmer
hinaus. Göthe 25,280.
rinnen: das wasser rinnt zu allen Öffnungen hinaus.
rücken: das lager ein wenig über einen ort hinaus rücken,
castra paulo ultra locum aliquem transferre. Stei.nbach 2, 304 ;
zeitlich : der termin zur Versteigerung des hauses ist auf später
hinaus gerückt.
rufen: einen hinaus rufen, evocare aliquem. Hedericb 1288;
wenn alles weichlich eitle mich umgab,
ein wonniges behauen mir zu schmeicheln,
so rief mich ritterlicher trieb hinaus,
zu ross und wagen, mit gefahr zu kämpfen. Göthe 9, 338.
auch mit sächlichem object: er ruft seine Weisheit in die weit
hinaus.
sagen: etwas das ohne allen grund in die weit hinaus
gesagt wird, in einigen kartenspielen heiszt sich binaussagen
die partie gewinnen , indem man blosz den wert der karten die
man in der band hält, angibt.
schaffen: einen aus dem hause hinausschaffen, protelare
aliquem atque exdudere domo. Stieler 1711.
schauen:
da steh ich nun und schaue weit hinaus,
und enger scheint michs, enger zu umschlieszen.
Göthe 9, 339 ;
nach ihm nur schau ich
zum fenster hinaus. 12, 178.
{ibertragen: schaut das ding da hinaus? (trtW sichs in solcher
weise entfalten?).
schelten, scheltend hinausbringen: das hiesze, ihn aus
seinem wesen hinausschelten. Tieck 8, 36.
schicken: so wollen wir auf dich bekennen, das wir
einen jungen gesellen allein bei dir funden haben, und das
du deine megde darumb habst hinaus geschickt. Susanna
V. 21 ; einen in die fremde hinausschicken, amandare aHquem
in regiones exteras. Hederich 12S8.
schieben: einen zur thüre hinaus schieben; wo man ..
die berghöhen des untern landes mit ihren fruchtbaren ab-
hängen und waldigen rücken hintereinander hinausgeschoben
sah. Göthe 21,18. zeitlich: eine sache auf spätere zeit hin-
ausschieben; die zeit weit hinausschieben, laxius proferre diem.
Stieler 1784.
scbieszen, intran^iv: der weinstock ist weit über das
Spalier hinaus geschossen; antwortete der wirth und schosz
wieder wie eine wespe zur thüre hinaus. J. Gotthelf sckulden-
bauer 5. in anderm sinne {vgl. oben hinaus 4) : das heisz ich
über das ziel hinaus geschossen, transitiv: einen pfeil zum
fenster hinaus scbieszen.
schlagen, l) auswärts und hin schlagen, intransitiv und
transitiv: die flamme schlägt zum fenster hinaus; einen stift
aus dem holze hinaus schlagen.
2) nach hinaus 3, schliesslich ergehen, am ende einen erfolg
haben, vgl. auch ausschlagen 5 th. 1, 954 : da siebet man, dasz
oft eines weisen inannes rath nicht nach seiner meinung
hinaus schlaget, pers. rosenth. 3,27; wir sind versichert, dasz
alles zu gottes ehr und Seligkeit hinausschlagen musz. Scriver
seelensck. 2,212; wenn die sachen zur weitläuftigkeit , und
zum ärgernisz hinausschlagen, ist es besser, sich davon los-
zuwirken. 363 ; es schlägt zum ärgernisz hinaus. 282 ; von an-
dern gew öhnlichen krankheiten fand sich niemand beschweret ;
und wo ja dergleichen jemand betraf, so schlug solches doch
endlich hierauf {auf eine herschende seuche) hinaus. Heilman
Thucyd. 237.
schleichen: hinausschleichen, pedetentim exire. Stiele»
l83.i.
schleifen: steinigten Paulum, und schleiften in zur stad
hinaus, apostelgesch. 14, 19.
schleppen: einen bei den haaren zum zimmer hinaus-
«chleppen. Rabeser werke 5,110.
schleudern, schlaudern: den sechszehenden {tag)
nähme mich mein ehrwürdiger herr bei der band, und schlau-
derte mich aus dem hausz hinausz. Laz. de Tormes 66; hatte
er fast sein summtliches bettzeug weit in die stube hinaus-
geschleudert. Riehl culturgesch. nor. 417;
und jene kraft, die ihn hinausgeschleudert
au« aller bahnen gleite. Kö>!<sk 2, 130 ;
88*
1399
HINAUS
HINAUS
1400
weszwegen er dann keine gelegenheit vorüber laufen liesz,
seinem herrn, der olin das sein geld so unnützlich hinausz
schlauderte, abzuzwacken was er konte. Simpl. 2, 151 Kurz.
schmeiszeu: worauf ihm der Stallmeister ein paar tüch-
tige ohrfeigen gegeben und ihn zur thflre hinausgeschmissen.
GüTHE 18, 224 ; die ultramontane Wahlliste wurde zerrissen
und die anhänger dieser partei . . aus dem wahllocal hinaus-
geschmissen. Hallische zeilung no. 275 von 1S6S.
schreiben: diese drei Schreibens an irgend einem tage
in die weit hinaus. J. Paul ausw. a. d. teuf. pap. l, 18.
schreien, wie oben hinaus juchzen und hinaus lachen: die
freudenjubel hinausschreiende nachtigall schlug durch seinen
träum. J. Padl llesp. 3, 241.
schreiten: wenn ich denke, . . wie einer mit einer kraft-
vollen , vermögenden seele im staube liegt , ein anderer mit
einem schwachen, eitlen, schmiegenden geiste, über ihn hin-
ausscbreitet und hoch sitzt! Klinger 1,61; wie viel stücke
haben wir denn, die nicht über das masz des personales . .
hinausschritten? Göthe 19,159.
schuppen, mü einer schuppe hiuauslhun: ejicio, ich schupp
hinaus. Alberus diä. Rrl*.
schütten: und das haus sol man inwendig rings rumb
schaben, und sollen den abgeschabenen leimen hin aus für
die stad an einen unreinen ort schütten. Z Mos. 14,41; es {das
salz) ist zu nicht hin fürt nütze, denn das man es hin aus
schütte, und las die leute zutretten. Matlh. 5, 13.
schwimmen: ins offne meer hinaus schwimmen.
schwindeln: hinausschwindelnd ins grab des Verderbens
auf des lasters schwankendem röhr. Schiller rauher 3, 2.
sehen, 1) auswärts und hin sehen: zum fenster hinaus
sehen, ex fenestris prospectare, er sieht zur thüre hinaus, ab
janua prosptcit. Steinbach 2, 507. in bezug auf gegenstände,
eine richtung haben: die mutier hatte ihr nach der contir-
mation ein Oberstübchen eingeräumt, das auf die bäume des
parkes hinaussaii. Freytag handschr. l, 41.
2) hinaussehen , bezüglich eines zieles , einer zeit : der nur
falle so jung, der in eine traurige, öde wüste hinaussieht;
in künftige tage , leer an freundschaft und tugend , leer an
groszen entwürfen zur Unsterblichkeit. Lessing 1,205; be-
denken sie, dasz sie sich meiner führung überlassen haben ;
bedenken sie, dasz ich schuldig bin, für uns weiter hinaus
zu sehen. 2,10; ein satz, der in wichtige folgen hinaussieht.
Kant 2,238; das ist das intelligible , worauf der geschmack
hinaussieht. 7, 222.
3) nach hinaus 4, über etwas hinwegselien : ob sie gleich viel
jünger ist als ich, so hatte doch die gegenwart der altern
freundin so viele reize für dich, dasz du über die aufblüiiende
versprechende Schönheit hinaussahst. Göthe 17, 20.
sein, vgl. oben unter hinaus 2 sp. 1391.
setzen, 1) nach hinaus 2: wir wollen die stuhle hinaus in
deo garten setzen ; setzen wir uns ein wenig vors thor hinaus.
2) nach hinaus 4 : dasz ... die fehler vielleicht nur will-
kührlicbe regeln betreffen, über die man sich leichter hinaus-
setzen kann , als es die kunstrichter wort haben wollen.
Lessing 7,78; ein mensch, der sich über so vieles hinaus-
setzt, wird doch an einer ecke mit zwirnsfäden angebunden.
Göthe 10, 62 ; aber mich freut immer, wenn einzelne personen
fühlen, über was man sich hinaussetzen kann und soll. 19,7;
setzen sie sich über das gildcgefühl hinaus. 23, 27 ; für die
minislerwürde ... die ihn über die ersten im lande hinaus-
setzte. Schiller 714.
3) nach hinaus 6, zeitlich : gleichwohl seh ich noch kein ein-
ziges schreiben gedruckt; man setzt die publication, scheint es,
auf mein verscheiden hinaus. J. Paul br. u. lebensl. vorr. s. vii.
singen, zu ende singen (nach hinaus 5): wiewol ich nu zu
gering bin, stück fürzulegen zu solchs grewlicbs weseiis bcs-
sening dienlich, wil ich duch das nariispiel hinaus singen,
und sagen so viel mein verstand vermag, was wol geschehen
möchl und sulte. Luther 1,298*; hoffe ich doch, ir bischovc
soll ewer liedlin nicht mit freuden hinaus singen. 557*.
spazieren:
dann hast nicht ghilrt vun der «lattinaus,
wie nie opaiirt in« felil hiuau«.
Fi*cu*iiT flMuitz lOIH {dicht. 2, &2 Kurt);
ge«l<!h ichi nur! daxz ich hiiiaunfipazier«
verbietet mir ein Itlninef hinderni.tz. Cötmc 12,72;
ich bin (•iuinal «Iwa« hiiiau.%»pazi<-ri,
da ii>t mir ein nurritch dinK paaiiiri.
H. HmNICK UrUr, '.'Ol
sperren: einen zum buuse hinaus sperren.
spiegeln: mein vater hätte mich in die zeichenschule
senden sollen: könnt ich nicht jetzt die ganze landschaft in
meinem farbenslrom statt im dintenstrom auffangen und hin-
ausspiegeln? J. Paul «n.<t. löge 1,63.
spielen, zeitlich , bis auf einen termin verlängern : kurz,
meinem glück fehlte nichts, als dasz gar der heutige sektor
glücklich geschrieben war, den ich bis heute hinausspielte,
um die ganze Vergangenheit hinter mir zu haben. J. Paul uns.
löge 3, 04.
spinnen: wir würden unser buch in eine unendliche
länge hinausspinnen. Siegfr. v. Lindenberg 2,108.
sprechen: zum fcnsler hinaus sprechen.
sprengen: der reiter sprengte hinaus ins freie ; man hat
ihn heut schon frühe aus dem bett hinaus gesprengt;
kaum hellen sich des thores gatterballien,
er sprengt geüuclit hinaus mit hund und fällten.
UuLAMD ged. 443.
springen: in den wald hinaus springen; sie sprang zur
tliür hinaus. Göthe 19,197; gleichwol springen die italieni-
schen formen iichr als die deutschen und die englischen
über die griechischen hinaus. J. Paul vorsch. der ästh. 1, 113.
stäuben: darüber wurde der geist endlich unwillig, stäubte
das lose gesind 3I durch einen kräftigen Steinhagel aus seinem
gebiete hinaus. MusÄus Volksmärchen 214.
stecken: den köpf zum fenster hinaus stecken; er steckte
das ungezogene k>nd zur thüre hinaus.
steigen, eigcntiich und übertragen: zum fenster hinaus
steigen; ihm sind ailfi mittel gleich, über mich hinauszu-
sleigen. je tiefer ich sinke, jts hfiher hebt er sich. Klinger
1, 7 ; eine nonne, die durch . . . schOnbeit l»e; cfcu groszen
schütz gefunden hatte, sollte durch ihre hülfe über mich {die
äblissm) hinaussleigen. 3, 104 ;
so schreiten lieine irdschen weiber!
die zeugete liein .sterblich haus!
US steigt das rieseiimasz der leiber
hoch üoer menschliclies hinaus.
Schiller tiraniclte des Ibykus.
stellen: die wachten weit hinaus ins feld stellen, excubias
lange lateque statuere. Stieler 214S; zeitlich: das erscheinen des
buchs scheint sich in eine weitere Zukunft hinauszustellen.
Gersdorf repert. 1841 s. 210.
stoszen: und stunden auf, und stieszen in zur stad hinaus.
Luc. 4,29; wer zu mir kompt, den werde ich nicht hin aus
stoszen. Joli. 6,37; aber was spricht die schrift? stos die
magd hin aus mit irem sou, denn der magd son sol nicht
erben mit dem son der freien. Gal. 4,30; man lacht über
den narren und läszl ihn als einen wahnwitzigen kerl hin-
ausstoszen. Rabener 4,58.
streben:
ach ! unauriialtsam strebet das schilT mit jedem momente
durch die .sciiäumcnde lluth weiter und weiter hinaus!
GöTHB 1, 295.
Streichen: hnmusstreichen, excedere, discedere ; einen zum
tobre hillausstreichen, virgis per totam urbem ad portas usquv
concidere. Stieler 2203;
der liunger wurde bei den (irichen
liinausz, das rciclithum eingestrichen :
der hungvr wird lici uiisern tat'en
hinein, das rciclithum ausgcsclilagen. Louau I, 119,6.
bei Stieler a. a. 0. auch noch in aiulerer bedeutung: hinaus-
streichen, picturam absoUrre, suvimani manum adjicere incrui-
tatiuni. vgl. hinaus 5.
tbun: beide man und weih sollen sie hin aus thun fur
d:is lager, das sie nicht ire luger verunreinigen, darinnen ich
unter inen wune. ^ Mos. .'1, 3; da stund aber auf im rat ein
phaiiseer . . . und hies die apostel ein wenig hin aus thun.
aposlelgtsch. 5, 34 ;
all weltlich hüudel thQt hinausz,
dann mein haiikz ita» ist ain bcithausz.
Scuwa*zk<«bkrc 112*.
mit der beslimmt hervortretenden bedeutung aussondern, absondern :
so laszt uns nu einen buiid machen mit uiiserm gult, das
wir alle weiber und die vun inen geboren sind, hin aus thun
nach dem rat des herrn. Ksra 10,3; tbut von euch selbs hui
aus, wer da böse ist. 1 Cor. 5, 13.
toben, zu ende toben (hinaus 5): sondern wie sie au«
eigener vennesscnlieit haben angefangen, also loben sie auch
thurstiglirh hinaus nach eiteler ehre, bis da» ir ende, die
s( liuiide sich linde. Luther 3, lo.'i'.
1401
HINAUS
HINAUSFAHRT — HINBETTEN
1402
traben: zum thore hinaus traben.
tragen: trugen in hin aus und begruben in. apostelgesch.
5,6; sihe, die füsze dere, die deinen man begraben haben,
sind für der thür, und werden dich hin aus tragen, v.9; ir
solt nichts von seinem fleisch hinaus für das haus tragen.
2 Mos. 12, 46 ; wer in die Stuben hofiert, und wer es hinausz
trägt, hat gleichen dank. Pistorics thes. par. 10, 46. reflexiv,
von dem schlieszlichen verlauf einer sarhc {vgl. auch austragen 4
Üi. 1 sp. 1001) : mein leben und todt stehet in deinen bänden !
so weisz ichs nicht , wo ichs mit dieser krankheit hinausz
tragen werde. Scbuppics 434.
treiben: er aber treib sie alle hin ausz. Luc. 8, S4; und
da Petrus sie alle hin aus getrieben hatte, kniet er nider,
betet, apostelgesch. 9,40;
es trieb mich hinaus in die lichte nacht,
durch stille gründe muszt ich gehen.
R. REn«icK Ueder 190.
treten: kamen zu der eisern thür, welche zur stad füret,
die that sich inen von ir selber auf. uud tratten hin aus,
und giengen hin. apostelgesch. 12, 10 ; indem er aufstand und
vor die mooshtttte hinaustrat. Götue 17, 30.
verstoszen: ich wil furcht über dich körnen lassen, von
allen die umb dich her wonen, das ein iglicher seines wegs
für sich hinaus verstoszen werde, und niemand sei, der die
flüchtige samle. Jer. 49, 5.
wachsen: ich fühle den adel meines bluts, kann es nicht
dulden, dasz dieses haus Doria über unsre ahnen hinaus-
wachsen will. Schiller Fiesko l, i.
wagen: sich hinauswagen, peiicula non dubüanter adire,
in quemcunque casum tendere. Stieler 2409;
sie hatten sich hinaus auf die woge gewagt, in den stürm
gewagt. kLopsiock 2, 42.
weisen: ich ver^vünsche dabei die Matthissons , Salis,
Tiedgen und die sämmtliche klerisei, die uns schwerräilige
Deutsche sogar in liedern über die weit hinausweist, aus
der wir ohnehin geschwind hinauskommen. Gotbe an Zelter
1, 295 ;
ins hohe meer werd ich hinausgewiesen, werie 12, 43.
werfen: (die bürger) mochtens nit erleiden, zu lest über
den rat laufen, die seniores mit den burgermaistern , ge-
schlechtern und gefreunden tot schlagen und über das rat-
haus hinaus werfen. WüwoU v. Schaumb. 107; so sol er die
steine heiszen ausbrechen, darin das mal ist, und hin aus
für die stad, an einen unreinen ort werfen. 3Mo5. 14, 40; er
sol wie ein esel begraben werden, zurschleift und hin aus
geworfen für die thore Jerusalem. Jer. 22, 19; bindet im hende
und füsze, und werfet in in das finstemis hinaus. Matth.
22, 13 ; warf mit dieser betheurung sein glas hinter sich und
durch die Scheiben auf die gasse hinaus. Götde 18, 199.
winden, reflexiv: Dumouriez hatte alle mögliche mühe,
sich aus den defileen hinauszuwinden. DAULM.i!(.N gesch. der
franz. revol. 456.
winken: ich winkte meinen Johann auf mein ziminer,
winkte ihn weder hinaus. ThCmjjel 2, 84 ;
er spriebts, und winkt dem alten . . .
zum sahl hinaus. Wielat«d 5, 224 {terkl. Amor 2, 37).
die nähere richtung wird in ungewöhnlicher tceise durch einen dativ
bestimmt : spotten sie nur ; aber hüten sie sich, diesem fenstcr
Iiinauszuwinken : denn ginge auch der sprung durch die erde,
ich folgte dem winke doch. Klinger 8, 36.
wirken: jenes lebendige principium, das aus der seele
in den ganzen körper hinauswirkt. Engel mimik (1785) 1, 317.
wischen: also inn hosen und wammest mit eim haiz-
käpplin, wischt er hinausz. Garg. 205' ; heimlich hinaus wischen,
pedes dam dedticere. Stieler 2565.
worfeln: ich wil sie mit der worfscbaufel zum land hin-
aus worfeln. Jer. 15, 7.
zanken: die den gewählten zum Wahlkreise hinaus ge-
zankt hatten. BCbcer 357*.
ziehen, itUransitiv: der von dieser stet hin aus gezogen
ist, er wird nicht wider herkomen. Jer. 22, it; wir sind schon
seit geraumer zeit über Kant hinausgezogen, indesz das aus-
länd mit allem blättern noch nicht einmal in ihn hinein-
gekommen. J. P.\t'L nachddminerungen 67 ;
so ziehn wir Jäger wohlgemuth . . .
hinaus ins feld der schlacht. BtiitER 112';
sie aber ist weg {gezogen,
und weit in das fand hinaus. Göthe 1,94;
zum Tenster da ziehen die winde hinaus. 194.
transitiv: sie aber griffen Paulum, und zogen in zum tempel
hinaus, aposlelgesch. 21, 30. reflexiv: wann nur., der ausgang
der entscheidung sich nicht ins lange hinausziehet! E. König
bei Lessing 13, 549.
zwingen: hinauszwingen, eliminare, extrudere. Stieler 2670.
HINAUSFAHRT, f : die hinausfahrt war angenehmer als
die hereinfahrt.
HIN.\USHIN, adr., das vermarkte hinaus:
ich mus zwar auch hinaushin gan. Röiolt D8';
wolstu mit gwalt bereiner dringen,
beit, ich wil dich hinaushin bringen. F4'.
auch in der abgeschwächten form hinauszen. B. Risgwald tr.
Eck. De*.
HINAUSHOLL'NG, f evectio, evectus, evocatio. Stieler 851.
HLNAUSWÄRTS, adv. extra, forinsecus, foris. Stieler 2439:
dem die schinbein hinuszwerts gewunden sind. Dasyp. 289*;
weihen sich denjenigen theilen der weltweisheit, deren fusz-
tapfen , mit dem Aesopus zu reden , mehr hineinwerts als
hinauswerts gehen. Lessing 6, 308.
HINBACEN, verb. : sahen unter uns die Stadt an einen fels
gegenüber mit der einen seile angelehnt, die andere mehr in
die fläche des thals hingebaut. Götbe 16,240.
HINBEERE, f. rubtis idaeus, strauch und frucht. Hoheehg
3, 1, 406*. 407*. $. oben himbeere und unten hindbeere.
HINBEGLEITEN, verb.: dieser seltsame Wahnsinn begleitete
sie überall hin. Göthe 17,329.
HINBEGRABEN, verb.:
die karlhause
zu Gitschin wars, die du gestiftet hast,
und wo du willst, dasz man dich hinbegrabe.
Schiller iVullenst. tod 5, 3.
HINBEI, adv. hinzu, an einen ort der von einem sprechenden
weg liegt, es ist rücksichllich des ersten composäionsgliedes gegen-
salz von herbei ; sp. 1056 wurde bereits bemerkt , wie es in der
neuem spräche verkümmerte, so dasz die unten folgenden belege
nicht iiber das 17. jahrh. hinausgehen, andererseits aber auch
nicht frühere als vom ende des ih. jahrh. gegeben werden können:
so das geschütz den maigraven und die seinen getaubt und
in Unordnung gebracht, betten sie sich hin bei zu tun, den
übrigen tail zu erschlagen und erlrenken. Wilw. v. Schaum-
burg 23; hült {hielt) in also, bis sein gesellen hinbei kamen.
49; dasz man in allen decreten eins von diesen schwänzlin
hinbeisetzet. Fischart MenA;. 48'; und dieweil keiner gern da-
hinden bleiben wil, fürdert jeder, wie er kan, sich in zeiten
hinbei imd auf die wagen. Kirchhof milü. disc. 118; als ich
aber hinbei gieng. Pbilander 1,295;
so setzt nun auf mein weisze hauben,
und nemet umb mein rothe schauben,
und kompt in meinem gberd hinbei,
so wird er meinen, das ichs sei.
B. Waldis Esop 4, 81, 71 ;
dem wächst das herze gleich, wenn je ein waldgeschrei
von hunden wird erweckt, da macht er sich hinbei.
HoauoF Unterricht 707.
Auch bei grüszenschätzungen : es kommt nahe hinbei, non multum
differt. Stieler 143; er spricht hie, das zu Ninive sei mehr
denn hundert und zwenzig tausent menschen gewesen, daran*
kann man abnemen fast hinbei, wie gros die stad gewesen
ist, denn weil er nennet hundert und zwenzig tausent, und
etliche zai drüber, zeigt er gnug an, das nicht hundert und
dreiszig tausent drinnen gewest sind. Luther 3, 22o'.
HINBEREDEN, verb. durch zureden hin bewegen: ich musz
ihn hinbereden, es mag dort schon sein wer will. J. Paul
uns. löge 3, 63 ; den regierungsiath . . . der ihn hinbereden
wollte. Hesp. 2, 5S ; der eiufall war der, den fürsten zu Klo-
tildens eitern hinzubereden. 59.
HI.NBESTELLEN, verb.: er hatte den kaufmann zu einem
freunde hinbestellt.
HINBETEN, verb. l) intransüiv:
wir sind gewohnt :
wo es auch thront,
in sonn und mond
hluzubeten, es lohnt. Götbi 41, 165.
2) transUiv : hinbeten einen sterbenden, ihm, bis er den geist
aufgibt, vorbeten. Scum. 2, 2u0; der klosterbeichtvater betete
sie hin, gab ihr das aliendmal und die letzte ölung. Miller
Siegwart 373. viit sdclilichem object und nach der bedeutung von
hin 5,0 «p. 1375: er betete seine gebete so hin, olnie beson-
dere andachl.
HINBETTEN, verb.: er bettete den foelus (rin unfertiges
sehriflsteUerisches werk) aufs bücherbret hin. J. Paul uns. löge
3,128.
1403
hinbewegen — hinbringen
HINBRINGUNG — HINDAN
1404
HINBEWEGEN, verb.: die last konnte kaum hinbewegt
werden, reflexiv: nach wie vor ülden sie {die liebenden) eine
unbeschreibliche, fast iniigische anziehungskraft gegen einander
aus .... hätte man eins von beiden am letzten ende der
Wohnung festgehalten, das andere hätte sich nach und nach
von selbst, ohne Vorsatz, zu ihm liinbewegl. Güthe 17, 395.
HINBL.\SEN , verb. : die liiftvcrdichtungsactiencompagnie
ist nicht so viel werth. der alte baron blies bei den letzten
Worten über seine flache band hin. Immermann AfüncAA. 3. 128.
HINBLEICHEN, rerb. :
im vortod seh ich, matt und hingebleicht,
von tag zu tag ein Ifunrmerleben schwanken. Göthk !>, 339.
HINBLICK, Hl. das blicken wohin : mich hatte gleich beim
eintritt eine alinung befallen, dasz es die ersehnte sei ; beim
längern binbiick war sie es wieder nicht. Göthe 23, 167. über-
tragen: im hinblick auf die Schwierigkeiten verzichtet er auf
die durchführung des Unternehmens.
HINBLICKEN , rerb. : er blickte mit verlangen nach den
speisen hin ; suchte das höher gelegene jagdschlosz. es blickt
weit über berg und wälder hin. Göthe 25, 328 ;
wer blickt wehraülhiger in dajs vergangne hin? Gotter 2, 11.
HINBLINZEN, verb. : physisch geblendet, geistig überrascht,
schien das umgebende volk sich eben bewegt zu haben, um
die getroffnen äugen wegzuwenden, neugierig erfreut wieder
hinzublinzen und mehr Verwunderung und lust, als bewun-
derung und Verehrung anzuzeigen. Gütue 17,272.
HINBLITZEN, verb. : als die halbe sonne noch frisch und
wagrecht über die thauige flurenweit hinblitzte. J. Paul flegelj.
1, 53 ; transitiv, blitzschnell vernichten :
um die Tsreinigle gewalt
der ganzen weit zu boden hinzublilzen,
wird eine lampe nur gedrückt,
die einst Aladdins war, und mich nunmehr beglückt.
Wieland 17, 83 (Idris 2, 21).
HINBLLTEN, verb. blut ausströmen lassen : hier risz er freudig
alle seine wunden auf und liesz sie frei hinbluten in thränen.
J. Paul Hesp. 2, 103. durch bluten vergehen :
die anderen freunde
bluteten rastlos hin. Odyssee 11, 413.
HINBRAUSEN, verb. : die winde brausen über die ebene hin ;
horch] wie brauset der stürm und der schwellende ström in
der nacht hin! Uhland ged. 112.
trariiitiv, brausend verzehren:
ich habe wild mein leben hingebraust. Tieck 2, 146.
HINBRECHEN, verb. intrans. durch brechen vernichtet werden :
da; wajjer ward als grojj in der stat, dag si waunden all
zu verderben und forchten, ej wurd die rinkraur an der stat
binbreclien. d. stddtechron. 4, 75, 13.
HINBREITEN, verb.: bringt man auf weisz papier einen
schwarzen streifen ; so wird sich der violette säum darüber
binbreiten, und den gelbrotben rand erreichen. Göthe 52, lüO;
überall im gefilde des weinbeschatteten gartens
bettet er sich erdlager von hingebreiteten sprossen.
Odyssee 11, 194;
wann schon der Schnitter fleisz in vollen Schwaden
des sommers goldnen segen hingebreitet. Uhland ged. 435.
HINBRENNEN, rerb. durch brennen vernichtet werden: dasz
es (das pulver) hinbrante, da ers mit dem feuer kaum an-
rühretc. Simp/. 2,189 Kurz; wenn der pflanze der thau des
bimmels ausbleibt, brennt sie hin. Klincer theater 4, 181.
HINBRINGEN, verb. 1) von einem sprechenden weg an ein
Ziel bringen : bringet die gefangenen wider bin, die ir habt
weggefürt aus ewren brüdern. Ichron. 2S, 11; da er mich
daselbs bin bracht hatte. //e.<. 40, 3; er hat mich gesund hin
und wider bracht, fc*. 12, 3; die wil ich senden, das sie hin
bringen ewre wolthat gen Jerusalem. 1 Cor. 16, 3. reflexiv :
ich stand auf, um mich auf den pechkucben hinzubringen,
der verbürgen unter meinen füszcn bereit lag. J. Paul a. d.
teuf. pap. 2, 26.
2) auch wie einbringen, einernten, ron der frurht : ich (goll)
wil iu geben mine gnisze froude, also da/, ir üwers nüweii
mit dein viernen (vorjährigen) hinbringent. deutscJie »IdJtechron.
8, lM,t».
3) nach bin &, a tp. 1375, fort bringen, weiter bringen, von
der zeit : »eine zeit mit narrenbonzen hinbringen, tempus suum
peräere rebu$ pueritibut. Stieler 2»:»; noch diesen ganzen ^om-
mer soll ich so uiuscnlos hinbringen. Mekullssohn bei Lemsim;
13,386; wie soll man nur ein so langes leben hinbringen?
Tieck 3,16;
got lä;e si ir zite
mit frcude wol hine bringen.
üiterotf tj. Dietleib 4839 ;
mit redligkeit
hin zu bringen meine zeit. Locau 1, 160, 87.
auch reflexiv: man kan sich mit genauer not binluingcn,
difficillime ac wiprnbo labore de pane lucrando certandum est.
Stiei.er 243.
HINBRINGU.NG, f.: nüzliclie künsle zu hinbringung des
menschlichen lebens, und zu crhaltung der gesundheit.
BuTSCHKY hd. kanzl. 759.
HINBRUMMEN, verb. : er brummte unverständliche worle
vor sich hin.
HINBRÜTEN, verb., von dumpfer und des bewusten Zweckes
entbehrender gedankenarbeit, vergl. brüten //icj7 2, 455 und oben
bin 5, 0 sp. 1375: ohne energic, geschäfllos, hinbrütend in
sich selbst — so findet ihn die erste liebe. Schiller 762:
halte . . . seither hingebrütet in büreauthätigkeit. Gutzkow
riller 6, 215. vielfach ist der infinitiv Substantiv verwendet : das
liinbrüten über einer und derselben idee. Kant 10,215; der
geist sinkt in sein dumpfes hinbrüten zurück. Fichte phil.
journ. 9,205; sie sank in dumpfes hinbrülen und todtenstijie
war um sie hei-. Mus.ivus volksm. (1788) 2,79; er geröth auch
häufig in jene sanfte reverien, in das träumerische binbrüter.,
in das somnambule dcliriren, kurz in jenen seifsamen zu-
stand zwischen schlafen und wachen, der poetischen gemüthern
für die zeit des eigentlichen empfanges genialer gedanken gilt.
E. T. A. Hoffmann 8,32.
HINBRÜTUNG, f.: ich habe nie einen so entsetzlichen
ausdruck von dummer binbrütung in vernunftlosem glauben
gehört. Seume Spaziergang 1,92.
HINBÜCKEN, verb.:
itzt schleicht sie leis hinzu,
bleibt unentschlossen vor ihm stehen,
entschlieszt sich, bückt sich sanft aul seine wangen hin.
Wieland 10, 153 ;
sie bückte sich noch einmahl hin. 155;
ein hölzern inännlein, wunderlich geschmückt,
ist aufgestellt vor all den kühnen recken,
ein männlein, in die Stellung hingebückt,
die hinter zäunen heimisch ist und hecken. UlBLAnD ged. 437.
HINBÜRSTEN, verb. eine bürste hinwärts bewegen: dasz er
{ein körnet) unsichtbar über unsrc Städte und felder mit seinem
schweife hinbürstet. Tieck not', kränz 4, 15.
HIND, »I. hirsclikuh, ungewöhnlich für das fem. binde (s. das-
selbe unten) : das bind oder rech, cerva Maaler 222' ; dem bind
oder weiblin wachsen keine born, wiewol ellich schreibend,
aber one glouben, dasz auch gehörnte bind sollen gesäben
sein. Forer Ihierbuch 80"; an seinem uler hat das bind vier
strich als ein ku. das.
HINDÄMMERN, verb. bildlich, ohne klares erkennen von zweck
und ziel sein leben hittbringen, vgl. dämmern th. 2 sp. 710 unten
und hin 5, a oben sp. 1375: seine (<>esers) eigne Zeichnung war
zu unbestimmt, als dasz sie mich, der ich an den gegen-
ständen der kunst und natur auch nur hindämmerte, halle
zu einer strengen und entschiedenen ausübung anleiten sollen.
Göthe 25,155; von dieser letztern Überzeugung war ich aufs
innigste durchdrungen, ohne es seihst zu wissen, obwohl ich
mich mit inund und leder zu dem gegeulheile bekannt hatte,
aber ich dämmerte su hin, das eigentliche dilemma hatte ich
mir nie ausgesprochen. 26, 307 ; nicht ferner will ich (Jason)
in dürrem erstaunen deiner (Medccns) furcblbareii grosze
hindämmern. Klincer 2,200; web dein menschen, den der
eiserne arm des Schicksals so erschüllert bat, dasz er lebend
ums grab bindäimnert. 32». auch transitiv: im selbstgcnusz
dämmerst du dein leben hin. s. 200.
HINÜAN, IIINUANN, adv. von einem näheren orte weg, fort
von hinnen; gegensätzlich zu herdann oben .v/i. 1076. es ist das
mhd. hin dan [mlul. wb. 1, 303*), was zwar itber die mhd. zeit
hinaus in häufigem gebrauche fortlebt, dessen letzter bestundtheit
alfer nur so lange verstanden werden kann, ats die ürÜkhe be-
denlung vißU d:inn . mhd. dan noch gefMt ist, »at jedenfalls
uiclu über das Ui.jahrh. hinaus dauert, in diesem schon beginnt
die umdeutung des wmtcs, tndem man es als zusammengesetzt
ansieht aus bind , nach der damaligen Schreibung für binl »
hiiileii {wie man hiiider für binlrr schrieb) und an ; und wie
die Schreibung biiidlaii auf diese au ffassung hinweist : alles ver
langen bindlaii sezie. (iaimy i:i5, so hat dieselbe sicher amk
IIaktpouius , wenn er gewährt liindan /vi nick /wne. in der
1. hillpe dei, \~. jahih. Iheilt noch Zinkcref {npophlh. 1,12) J<M
1405
HINDAN
HINDAN — HINDANTERTIGUNG
1406
wort hin-dan, in der 2. hdl/te aber ist die wiideulung durchaus
durchgedrungen, so dasz die Fellgiebelsche ausgäbe von Opitz'
psalmen bind an schreit, vgl. unten hindanstoszen und Stie-
ler 45, uo das icort tinter den compositen von an aufgeßhrl
wird; an fang des 18. jahrh. beginnt man hintan zu schreiben;
s. diese form an alphabetischer stelle.
Die alte bedeutung von hindan, fort, weg, tritt noch bis ins
l'i. jahrh. meist scharf hervor: weit hindan, gut für die schüsz.
S. Fbank paradoxa 64 ; fiel ir zierde und geschmuck vom haupt
hindan. Amadis ^^S. bei raumbestimmungen : und ward im und
seim weih und kinden die stat ewiclich und zwainzig meil hin
dan verpoten. d. städtechron. 4, 310, 32 ; der da stat zenächst
hindan (iceg) au sant Maria Magdalenen allaur. 239, 13 ;
dadurch der teufel muszt hindan,
der vor erwürget syben man. Scuwarzemberg 105*;
weit hindan ist für die feind gut. U. Sachs 5, 350* ;
dann wann der kriegsfürst ist hiendan,
nimbt sich niemants des krie?s gern an.
G. \VicKRAK bilijer C3, bl. 8.
auch in die seitliche bedeutung verschwunden, vergangen über-
greifend : so die gefahr hindan, so schliefen si wider herausz.
Forer thierb. 80';
dieses ist ein todtengrab, dessen todte reden künnen,
sagen das, was weit hindan ; zeigen das, was noch von hinnen.
LoGAD 2, 75, 84 (überschrieben : bUchei'stube) ;
und nur in einzelnen Verbindungen mit terben der bewegung gelU
der sinn in den angrenzenden: zurück, über. Verbindungen mit
verben sind:
fertigen, abfertigen, rücksichtlich einer forderung zufiieden
stellen: wenn ich sage von befriedigung des Paganins, ver-
meine ich nicht, dasz man ihn ganz und gar hindan fertigen
solle. A. Gryphics 1698 1, 922.
fleugen, fort fliegen machen: gab ihm ein solchen stich
mit der ianzen, . . dasz er ihme den heim vom haupt hindan
lleuget. Amadis 2S5.
fliehen, fort fliehen: fluchen ferr hin dan. d. städtechron.
4, S9, 21.
flieszen, wegftieszen:
die weil das ander (stück fleisch) (losz hindan,
behielt der hund gar nichts darvon.
B. Waldis Esop 1,4, 11.
führen, fort führen:
führt den herren ein weil hindan. H. Sachs 4, 2, 44V
geben, reflexiv, sich fort begeben:
ob wir uns geben zu weit hindan. H. Sachs 3,2,62*.
gehen, fort gehen, weg gehen: so er das ersieht, schweiget
er still, und gehet hindan heim. Wickb.\m rollw. 135, 23 A"«r;;
ich bitt dich ghe von mir hindan,
das mich die sonn müg scheinen an.
SCHWARZEMBERG 117*.
legen, weg legen, bei seiic legen, zuriich legen: von euch
nemea die schätz, die wir hei euch hindan gelegt habent.
Schade sat. u. pasqu. 2, 90, 7 ; ablegen, unterdrücken : legt er die
schäm hindan. Wickram rollw. 135,3 Kurz; legend die sorg
hindan, schlahend dsorg ausz, secludite curus. Maaler 222*.
machen, reflexiv, sich fort machen: von stundan stach er
in sein pferdt, und macht sich zum fürderlichsten, so müg-
lich, von der Jungfrau hindan. Amadis 79.
nehmen, weg nehmen: die uns aber die sünde verbergen,
und nur ein gebrechen draus machen , machen uns sicher,
faul und verdrossen, nemen uns Christum hindan, und lassen
uns gehen on furcht und sorge , die sünde zu vertilgen.
Luther 1,408*.
reiten, fort reiten: der wirt zaiget mir den weg, ich rait
hindan ain klain. d. städtechron. 5, 108, S.
rücken, weg rücken:
(die frnu) hebt mit mir ain keifen an (im bett);
so ruck ich denn von ir hin dan. fastn. sp. 772, 9.
schlagen, bei seile schlagen, unberücksichtigt lassen : dieweil
und wir allein die ungewisz red . . sehen, . . wollen wir uns
desz hindan schlagen und gedenken die mysteria der natur
zu suchen. Par.acelsus opp. 1,7S8A; darumb ich mich zu
schreiben bemühe und hindan schlag dieselbigen widei-wertig-
keilen. chir. schrifl. 58 C.
«etzen, i) bei seite setzen, wegsetzen, unterdrücken, unter-
i ";i." den argwon hindan setzen, hinlegen, opinionem amo-
V'-n: Maaler 222' ; bin . . des höchlich erfreut, das ich ver-
nomen, wie hindan gesetzt aller vorigen scherf und verdacht,
so wir mit ewern predigern gehabt, ewer ganzer ernst sei
die concordia anzunemen. Luther 6, 506'; innerhalb dem folget
die traurige königin, alle forcht ausz mütterlicher liebe hindan
setzende, dem riesen nach. Amadis 44; demnach der könip
Lisuart, fcirnern Verzug hindan gesetzt, wider in sein schiff
sasz. 46; du soll den einwobnern zinsz, zoll, zehenden zehen
jar frei lassen, so wil ich mein anspruch auch hindan setzen.
buch d. l. 222' ; w ill . . mein laügwierigs trawren ganz hindan
setzen. Galmy 38 ; dieses alles setze ich hindan. Simpl. 1, 12
Kurz;
fromkeit wirt hindan geseizet ferr. trag. Joh. Cl.
2) unberücksidUigt lassen, atisnehmett : hierinn ist hindan ge-
setzt, ob ein bierprew auszerhalb seins hauss einen keler
het, der mochte sein geprewt hier durch sein selbs knecht . .
in denselben keler wol tragen lassen. Sürnb. polizeiordn.
269 ; kainer uszgenommen noch hindan gesetzt, d. städtechron.
5,377,30; dasz man allen Juden alle ire hebräische bücher klain
und grosz in was gestalt die wern. ncmen mücht. allain den
bloszen lest der bibel hin dann gesetzt. Reucmlis augensp.l*;
dise insel Bandan ist fast unnütz, die nusz und macis, das ist
muscalblüet, so da wachsen, hindangcsetzt. Fram weltb. 207'.
3) unberücksichtigt lassen, vernacJdässigen, zuriu-ksetzen, eine
bedeutung von der, da sie sehr häufig ist, wol die oben ange-
ßhrle umdeutung von hindan zunächst ihren ausgang genommen
hat, zumal man auch in gleichem sinne hinter setzen brauchte,
vgl. unter enhinder theil 3, 482 : denn alle heidnische bücher
sind mit dieser gilt des lob und ehre suchens ganz durch
machet, darinnen man der blinden Vernunft nach lernet, als
seien das nicht thetige oder thewre menschen, noch werden
mügen, die sich nicht lassen lob und ehre bewegen, und die
für die besten geachtet werden, die leib und leben, freund
und gut, und alles hindan setzen, das sie lob und ehre er-
jagen. Luther 1,232'; mich umb einer andern willen hindan-
gcsetzt. Galmy 285; weil ihr die studia hindan setzt. Zixr-
GREF apophih. 1, 12 ; meinen alten gutthäter hindan zu setzen
und zu verlassen, pers. rosenth. 1, 27 ; ihre eigene Sachen ver-
achten oder hindan setzen. Chr. Weise er:n. 8 ; lieber hunger
gestorben, als die keuschheit hindan gesetzt. A. Grtphius
1698 1, 766 ; man musz die ehre nicht so gering schätzen,
dasz man sie dem leben wolle hindan setzen. 907;
dasz du von ju?end auf dem vatterland zugut
beharrlich angewandt hast hausz. hof, gut und blut,
auch weib und kinder selbs für das gemeine wäsen
. so oft hindan gesetzt. Rokpler 133.
springen, fortspringen :
ich markt den bossen, sprang hindan.
Fischart flöhhat: 1363 (dicht. 2, 38 Kurt) ;
springt wider hindersich hindan.
B. Waldis Esop 2, 25, 22.
stoszen, wegstoszen:
slosz ja nicht mehr den dürftigen hiiid an,
damit er stets beschämet müsse leben.
Opitz psalmen s. 143.
Stürzen, fort stürzen, hin stürzen:
jedoch war dieses wahr, dasz er vom fels hindan
Ihn sähe stürzen sich, und mit dem köpf voran.
D. V. D. Werder .4ru»st 6,4,7.
thun, weg thun, bei seite thun: wo aber eu. g. dieser ge-
fahr entrinnen, und das kind hindan gethan (mrrf). Amadis^;
je ferrner sie sich von dieser gegendt und land hindan thun.
82; hierauf tbct sich die fraw hindann, und weinet zärtig-
lich. 243;
unde als dicke als ej ergie
das er sin arme an si verlie.
so gedähte ie diu schiene Isöl
an ir a>heimes tot,
und sprach ie danne wider in :
lät stan, meister, habet iuch hin,
tuot iuwer arme hin dan. Tristan 29t, 17.
tragen, weg tragen:
tragt sie (eine kröne) hin und ferr hin dan! fasln, sp. 661,23.
weisen, wegweisen, verwerfen: (solche bücher) sind von mir
am aller ersten hindan gewiszen und zum brand geurtailt.
R EUCH lim rerstentnus b'.
ziehen, wegziehen: last uns von diesen todten leulen hindan
ziehen. Amadis 295.
HINDANFERTIGUNG, f {vergl. oben hindan fertigen): zu
Verhütung mehreren unheils auf mittel derselben gänzlichen
hindanfertigung und Wiederabschaffung fürzusinnen. Verhand-
lungen der schles. ßrslen u. .^ände von 1618 s. SO.
1407
HIND ANLEGUNG — HINDEN
HINDENKEN — HINDERN
1408
HINDANLEGUNG, f. {vgl oben liindan legen) : iUtiiiku h so
iibeisendo c. f. g. ich disz gegenwerlig erste buch von Amadis
. . . , e. f. g. deri> gnedigen gefallcns, und nach der viel wich-
tigem und ansehnlicher gcschäEffen hindanlegung, zu zeilon
in diesem ringern sicli haben zuerqiiick»,>n. Anwdis 1.
HIISDANNEN, adv., wie hindann, hin und fort, fort von
hinnen :
laszt die kuh lu einem (farren) allein,
den andern weit hindannen nempt.
B. Waldis Eso}> 4, 58, 23 ;
do du niicli aus meins vaters schlosz
liindannen brachts in Ciemde land.
hisloriii Magelonac spilwcis D vij.
HINDANSETZIJNG. f., nach hindan setzen 1, vnkrdriickung,
Hfglnufung: unseier Gothen historia aber ist eigentlich diese,
wie wir sie aus Jornande her setzen wollen, doch mit hin-
dansetzung dessen, was derselbe zu weit hergeholet. Michalius
alt. Pommern l.h'. nach hindan setzen 3, zuriickselzung, rer-
nacläässigung : wiewohl aller gehöhte gottes hindansetzung sehr
sträflich. Bütschky Palm. 333; als hab ich in hindansäzzung
aller deren {der ddiegenden geachdße) meinen vil geehrten
herrn durch dises sreiben freund-brüderlich besuchen wollen.
kanzl. 17.
HINDAUERN, verb. :
dieses grab erbaute .«leb selbst, dem wcili und den kindcrn
Agatbon ; doch bis jetzt rubel nocli keiner allhicr.
dasz icl) alsn noch lang bindauertc ! wenn es denn endlich
sein musz, berg ich in mir freundlich die ersten zuerst.
Voss 6, 291 ((/(IS leere grab).
HINDBEERE, /. rubus idaeus. vgl. himbeere 571.1332; hind-
heer-hlüthe. Pintkr pferdeschalz 3S1.
HINÜE , f. 1) hirschkuh : ein verbieileles, in den meisten
deiäschen spraclien nachzuweisendes wort dunkler abstatnmung :
aünord. bind, schwed. dän. bind, ags. und engl, bind, alid.
hinda , hinta , mhd. binde, im nhd. findet sich neben der ge-
wöhnlich fortdauernden letzleren form auch die assimilierle hinne :
cerva binne Dief. 115*; cerva ein hinn. Alberüs kk2'; es seie
dann, das die hinn ein jungen birsch trage. Bock krdulerb.
785; eine mit verdunkellem vocal: cerva hünd Dief. a.a.O.; und
avszerdem die neutrale bind {oben sp. 1404) und die erweiterte
hindin {s. unten), die jetzt die überhand gewonnen hat. hierscben,
binden, rech, bern, wolf, fuchs und basen fand man uberal
also tod ligen. d. stddlechr. 5, 13, 25 ; sie ist lieblich wie eine
binde, und boldselig wie ein rebe. spr. Sal. 5,10; die bind
wirdt das jung, das sy im väld setzet, verlassen, deshalb das
sy kein kraut findt. Züricher bibel 1530 35«' {Jer. 14, 5) ; trüge
sein haupt aufgerichter denn ein binde. Kirchhof wendunm.
394*; schneller als die binde läuft. Chr. Weise noi/iie. jcrf. 377 ;
ist sie CS die den knaben der säugenden binde untergelegt
hat. GöTHE 39,69; die stolze weisze binde. Immermann üffmc/i//.
2,80;
einer binden hat ich bestellet,
ein stolzes hirscblein icb fieng.
Ambras, liederb. »10. 04, 27 ;
sibe, da wardt er gewar im Strauch
ein stücke wildts, ein srliöne bindt.
II. Waiuis Esop 4, W), 57 ;
man ßngt die hinde nicht als auf gejagter flucht.
A. Garpuius 1698 2, m-,
er rannt auf eine hinde
«o beisz und bastig vor,
dasz ihn sein Ingesinde
im wilden lorsl vfsrior. IIuland ijed. 371 ;
wurs die binde, ilie in ihren thrancn
(ienofeven weiland .«icb gesellt?
FftEtLicRATB diclitiingen 3, 31.
eine braut wird einer hinde vergliclien:
edler jager, euer hinde,
lerrbr, iobr und nacbtigal
•ind Kf.faniii^n, Tülirt geKcbwinde
di»en rauh zum bochzcit saal. Rist Piirn. 117*.
2) binde, name einer pflanze, Cichorium intybu», sonst bind-
läuft, s.d.: nimm olterwurzel, weisze binde, wegwart genandt.
MoHiiKRG :». 2, 2«2'.
HINDECKEN, verb. : dieser berg gegen siideii und einer
gegen norden waren zu einer \»iege zusammengerückt, in der
da* stille dftrfchi'n ruhte, und über welche die morgen- und
die ahcndsonne ihr goldncs gcspinsl hindccktc. J. Paul lletp.
1,242;
Man« indaiz, Aem die mutier ein kleineres lurh nn den maibuach
hingedcrkt, und es reichlich mit trank und »pciüe linluitet,
•chenktc »i-Än glai voll weinn. Vom l,tt4 (tMise 1,532).
HINDEHNEN, terb.: die seit dehnt sieb endlos lange hin.
HINDEN, <. binteo.
Hl.N DENKEN, verb. auf ein weiter abliegendes ziel seine ge-
danken richten: wo denkst du bin? wo hin willst du gehen?
man weist aber auch mit dieser frage etwas nicht ausführbares ab.
vgl. hingedenken.
HINDER, und comjxisUa, s. hinter,
niNDER, »1. ? »". ? hinderung : zu hindcr und nhadeyll irer
gnanter kinder. urk. zu Elberfcld vom 25. mai 1543.
HINDERER, «1. interpellator, morator: eines andern hinderer
sein, impedimcnto alicui esse. Steinbach 1,755; ein hinderer
des gemeinen nutzen, commodi puhlici morator. das.
HINDERLICH, adj. und adv. impediens, obst^ns, ofßciens.
Stieler 842: mir gehls recht hinderlich. Bkttine briefe 2,2.
gewöhnlicher in den Verbindungen hinderlich sein , binderlich
fallen: einem an seinem frommen binderlich sein, obstarc
commodis alicujus. Stieler a.a.O.; dair {da) en sali der pastoir
nyet binderlich syn. Urkunde von 142S im archiv der reform,
gemeinde zu Elbcrfeld, dotierung des Katharinenaltares betreffend ;
einem binderlich im glücke sein, fortunam alicujus morari.
Steinpach 1,755; diese einrichlung ist dem aufblühen des ge-
meinwescns binderlich ; der Wahrheit nicht hinderlich fallen.
Kant 8,12;
sie lieben, lürchlcn, tliun, und winiscbcn nur für sich,
und ihrer jungem weit wird unsre binderlicb.
Hallkr (1768) 188.
HINDERLICHEN, adv. : wer seit ihr dann, . . dasz es euch
so hinderlichen gehet? Philander 1,250.
HINDERLICHKEIT, f : man spürt, das geschwindigkeit oft
ist ein hinderlichkeit. Fiscbart ehz. 4-52.
HINDERLING, wi. bei Zwingli wie hinde.rnis, hemmnis: sunsl
hältind sy einen groszen schädlichen hinderling. 1,240; eini
ieden glöubigen, us welchem der ander hinderling gebeszret
Wirt. 185.
HINDERN, verb. impedire. aM. bintaran, hintar(')n , mhd.
bindern ; frics. hinderia ; ags. hinderian, engl, hinder ; niederl.
hinderen ; altn. bindra, schwed. bindra, dän. hindrc. wir müslen
das verbum, da es eine ableilung von der praeposition hinter «,<
nach der jetzt allgemein angenommenen Schreibung der letztern
auch mit der dentalen tenuh t t>ersehcn; die haftende media d
besteht als nachklang dei- mhd. und bis in den an fang des 19. Jahr-
hunderts dauernden Schreibung hinder der praeposition. freilich
kommt uns dadurch jetzt der zusatnmenhang beider wortc weniger
zum bewustsein, dasz dieselben in der schriftgestalt eine abwcichung
zeigen.
hindern , der gegcnsatz von fördern , fürdcrn {theil 3, 1893.
4', 718), bedeutet, dem allgemeinsten sinne nach, hinter bringen,
zuriiekbringen, was in verschiedenen Schattierungen hervortrat.
1) zuriicklreibcn , vom vorwärtsgehen abhalten: dornoch, dn
der vischer ane vische zu bove quam, do wolde man en dor
ünune slaen-. he sprach : do ich vischen solde, do ving ich
eine schoene frowe mit mime necze: das hinderte mi di vische.
Cresecntia in Wackernahels altd.leseb. 1224,30; und daran an-
geschlossen, reflexiv, sich aufhalten, sich versäumen, verzögern :
wan sie usz zogen an die feind, so bindert er sich allwegcn,
und was alle zeit der letzt zu dem jhor usz. Mdrner Ulensp.
s. 30 »10. 22 Lippenbcrg; sondern ... die sache etwa durch
Schwachheit meines heuhts, und auch sonst, seltzain sich ge-
hindert hat. Ll'tiier 6,11";
neben dem Sendlbrückla am wege
hats einen lanfren schmaln Stege,
darauf die scbusler binderten sieb.
der berkPr iwinzer) tapfer iinrb bin strich,
sprach: icb will gar halt bei eiirb sein.
J. Atbkr 42fi* (2143, 8 Keller),
diese sinnliciiste bedcutung von bindern tritt sjnter niciU mehr
Itervor.
2) von allem anfing an heiszt bindern auch, mit persönlichem
objeä, einen ton etwas gewolltem oder schon ln'gonnenem surüek-
haUen: einen fromen kiiecht habe lieb, und hinderein nicht,
wo er frei werden kau. Sir. 7.23; und erhell sie für und
für in solcher Ordnung. 4las sie ir ampt imerdar ausrichten,
und keins das ander hindere. K'i, 2S; das wir . . . uns kein
ding lassen hindern noch anfechten. Ldther 0, 38* ; einen gar
nicht hindern, siuidern vielmehr dazu anreizen, ad agendum
aliguid non nuxlo rrlardare nligucm , sed etiam inritarr nlque
alleclare. Sti:iniia(,m t,7r>5. das dijrcl u\l unterdrückt : hinder bin
und hinder her, zu groszen ehrn sieht mein begehr spricht
WUzel zu seiner frau /'ci Ai.rehus widder Wüjrln K :i' ; die hin-
dernde magd Rciiwiltzl mehr als sie ibut. GOthe an Stein 6t.
vertMedene näher liestimmende tusdlu treten an; f\rühtr Met» et
ein«o einet dinges hindern :
1409 HINDERN
swaj Ulis hie oder da
hinaeren wil des rehien. passional 391,69 Hahn;
später aber einen in, an etwas hindern: weil der satan so
tölpische antwort gibt, und eitel unnütze wort speiet, hat er
dadurch im sinn, mich zu hindern in andern sachen, da im
viel mehr angelegen ist. Luther 3, 4as'; seine wut geht so
weit, dasz er . . . vorgiebt, sie wären der einzige, der sich
einkonunen liesz, ihn an seinem rechte zu hindern. Rabe>er
sat. 3,64. auch zu etwas hindern: so hab es doch demEsau
nicht können nützen, noch Jacob hindern zu der gnade, daraus
man gottes kinder oder volk wird. Luther S, 52' ; krankheiten
des leibcs hindern den menschen in allem seinem thun und
geschafften ; der seelen krankheiten aber hindern zum himmel.
BoTSCHEy Patm. 4S; eine Verbindung, die die moderne spräche
in zu mit einem infinitiv eingeengt bat: dasz diese kleine be-
leidigung mich nicht hindert, mit aller ei-gebenheit zu sein . .
ihr diener. Rabener sat. 3,67; es ist mir bekannt, dasz ihre
umstände sie gegenwärtig schlechterdings hindern, Zahlung zu
leisten. .«. S2. daßr auch ein abhängiger salz : was hindert uns,
dasz wir jetzt gehen?; oder mit negativer fassung desselben
(s. unten 6) : überdiesz hinderte mich der alte, der mich noch
immer festhielt, dasz ich mich nicht frei bewegen konnte.
GöTHE 24. S5; was hindert mich, rief er ans, dasz ich nicht
eine der grünen schnüren ergreife, und sie, wo nicht eurem
hals, doch eurem rücken anmesse? 97.
3) die ßgung einen hindern bei etwas prägt den begriff des
verbums weniger stark aus, indem niciu ein völliges zurückhalten,
sondern nur ein verzögern und mühsames vorwärts kotnmen heraus-
tritt : die wunde an der band hindert mich beim schreiben ;
er ist durch seinen verkrüppelten fusz sehr beim geheu ge-
hindert.
4) hindern, mit sdehlichem objed, etwas vom entstehen und
geschehen abhalten (vgl. unten hintertreiben): bis wir mitten
unter sie komen, und sie erwürgen, und das werk hindern.
Neh. 4,7; wer böses hindern und wehren kan, und thut es
nicht, der hilft dazu. Pistoriüs thes. par. 6, 19 ;
stets binderten die frone wiederlsehr
der rauhe süd und das empörte meer.
Schiller zerslörung von Trya v. 19.
mit unterdrücktem object: nur später erschien jemand zu hin-
dern und zu wehren, das unglück war geschehen. Gothe
24, 14. mit weiteren Zusätzen, persönlichem dativ : einem sein
fürnemmen hinderen, und darron abtreiben, conalus alicuius
avertere a repubhca. Maaler lii'; das papir unnütze zu be-
suddeln und dem leser damit die zeit zu hindern, bessers zu
lesen. Luther 3,438*. genüio der sache: er (der stein Samius)
hat die untugent, wenn luan in pint an uin hant ainer frawen.
diu in der purt arbait, sü hell er die purt auf und hindert
si irs fürganges. Megenberg 462, 31 ; und an diesen letzteren
brauch knüpft der in moderner spraclie nicht mehr deutlich er-
kannte allgemeine genitiv es bei unpersönlicher Stellung des rerbums
an: was hinderts? vas liält davon ab?; was hinderets dann?
quid ergo erat morae et tergiiersationis ? .Maaler 223' ; sihe, da
ist wasscr, was hinderts, das ich mich teufen lasse? aposlel-
gesch. 8, 36.
5) bei diesem unpersönlichen gebrauch des verbums auch abiolule
Stellung desselben:
es hindert stäts und sei nicht gut,
wann man zwo arbait ainsmals thut.
Fischart flöhhatz 1-2S9 {dicht. 2, 36 Kurz) ;
es hindert an einem, uie es liegt an einem, er gAt das hindemis:
alda licszen wir desz vogts söhn, weil es an seinem «alter
nicht gehindert hatte, mit einem trinkgeid . . wider von uns.
PUILANDER 2, 610.
6) dem verbum tritt oft ein abhängiger sali m negativer fassutig
hinzu, diese letztere soll die der absieht gemdsz auch eingetretene
Wirkung dcf liinderns, abhaüens hervorheben: denn es ist {der
geiz) ein solcher gesell, der da hindert, wo er kan und mag,
das das evanpelium nicht gepredigt werde, und bei den leuten
bleibe. Luther 5,414'; und trieben auch erstere {die geistes-
nnterdrücker) die dicke finstemisz des mittelaltcrs zusammen,
so können sie doch nicht hindern, dasz die menschen . . .
nicht nach dem lichte blickten, nach welchem sie seufzen.
Klincer 12,2i«9; dieses hindert aber nicht, dasz sie nicht bis-
weilen , wenn meine frau im nachtzeuge bleiben will , das
dumme thier zum henker schickt. Moser patr. phaiU. 2, 257.
7) in manchen fällen ist hindern von der bedeutung abhalien
2u blosiem hemmen, schaden abgeschwächt (vergl. oben no. 3):
IV. u.
HINDERNIS — HINDERSAL
1410
sihe, ich bin nu drei jar lang, alle jar komen, und habe
frucht gesucht auf diesem feigenbawm. und finde sie nicht,
hawe in ab, was hindert er das land? Luc. 13,7; was hals
die apostel gehindert, dasz sie sind veracht und beleidet
worden in dieser weit? sitzen sie nicht jelzo vor dem throne
gottes im hinmiel? Schcppids 309; die stime ist mit der
priesterlichen binde . . . umbunden, aber nicht umhüllet, ja,
sie hindert nicht allein nicht, diese binde; sie verstärkt auch
noch den begriff, den wir uns von dem Unglücke des lei-
denden machen. Lessing 6,413. die conslruction ist auch ganz
wie bei schaden, mit einem dativ: wenn sie blos . . der ver-
nünftigen religion das wort reden, so hindert das der ruhe
des gemeinen wesens gar nicht. Reimards fragtn. I, in Les-
siNCS beür. zur gesch. u. lü. 3, 207.
HINDERNIS, n. vnd f. impedimentum, was hindert und vom
vorwärts gehen abhält, im allgemeinsten sinne, mhd. hindernüsse.
und liindernisse: offendiculum hindernisse Dief. 3W'; wie vil
mer sint uns denne niht diu zitlichen groben dinc ein hinder-
nüsse? d. mystiker 2,247,15; und zwar gewöhnlich mit neutralem,
selten mit weiblichem geschlecht, tergl. Leier mhd. wb. 1, 1295.
das letztere erscheint aber häußg seit dem 16. und bis zu ende
des IS. jahrh., wo das neutrale wieder allgemein die oberhand
gewinnt: welche hindemis mir dennoch deste treglicher ge-
wesen ist. Lcther 6, 11" ; das wir nicht dem evangelio Christi
eine hindemis machen. 1 Cor. 9, 12 (Variante ein hindernis) ;
die grüszte hindernisz der aufnähme des theaters bei den
Deutschen. Lessing 3,23; die grüszte hindernisz bei unsem
Unternehmungen (iä) die furcht vor der gefahr. Garve anm.
zu Cic. de off. 1, 63; übermorgen jene hindernisz finden. Göthe
S. 219; das den mangel seiner glückseligkeil einer irdischen
hindernisz zuschreiben kann. 16,139; da in jedem geschäft . .
die beschränkten indiridualiläten genügsame hindernisz geben.
50, 183;
und die hindernisz treibt die heftigen leicht von dem wege.
40, 271 ;
Kant m seinen frülieren Schriften bis zum jähre 1760 schreibt fast
immer die hindernisz (eine unüberwindliche hindernisz. 8,95),
später das hindemisz.
Es heiszt: einsen bindemus ist des andern fiirdemus.
Fischart dicht. 1, 14S Kurz, randglosse; ein hindemis finden,
entgegen stellen, in den weg legen, aus dem wege räumen;
bei dessen tiefen erkantnus
kunst und lehr kein hindernus,
und keinen schütz die grobheit findet.
Wkckheiu.15 439;
es haben die götter mir diese hindemis in weg geleget.
Birken Margenis 221 ; hindernisse, die Unverstand und böser
Wille jedem vernünftigen unternehmen entgegen setzen. Gotter
3,74; nur ein unerwartetes hindernisz legte sich in den weg.
Götue 18, 278 ; ich resolvirte mich doch endlich, durch alle
hindernüssen zu brechen. Sim^. 2,269 Kurz; bisz dasz alle
die hindernissen überwunden sind. (Bodjier) neue crit. briefe
s.i; er räumt und rückt die hindernisse aus dem wege, oder
unterliegt ihnen. Göthe 19, 181 ; denn durch einen wahren
Ordnungsgeist wären diese hindernisse wohl zu überwinden
gewesen. 54,21;
bedrängtes ben ! umstürmt von hindernissen ! 4, 56 ;
manchmal noch in recht sinnlicher auffassung: einer zog einen
Schlüssel hervor und nach verschiedenen weggeräumten hinder-
nissen fand sich eine kellerthüre zu eröffnen. 30,65; Wett-
rennen mit hindernissen;
gib acht, er wird
in dieser hiodemisz sich auch verwickeln.
Klopstock 9, 134.
Verbiiuiungen mit ähnlichen begriffen: dann ich sorge, dasz
dieses uns langen verzug und hinderausz geberen werde.
.imadis 265; es soll hieran . . kein hiodernusz noch mangel
haben. 289; seine guter und seinen dienst nennt er (Eitelwolf
von Stein) ein beschwer- und hindemusz seiner rahe. Zinkgref
apophth. 1,202.
hindernis kann auch auf eine person gehen : nochdanne was
er (Christus) sinen jungem ein hindernüsse mit siner Itplichen
gegenwürtikeit. d. myst. 2, 247, 13 ;
dir grollt der landvogt, möchte gern dir schaden,
denn du bist ihm ein hindemisz, dasz sich
der Schwytzer nicht dem neuen fürsienhaus
will unterwerfen. Schiller Teil 1, 2.
HINDERSAL, n. hinderndes, hindemis, mhd. hindersal Leier
mhd. wb. 1,1296. Haltaos 916: ane alle hindirsal und virzof.
89
1411
HINDERUNG — HINDIESEN
HINDIN — HINDURCH
1412
urk. von 1336 ftr/AscnnAcii gesch. der grnfcn von Wertlwim 2,93;
an all« ppvcrde und liindersnl. urk. von 1346, das. 101 ; owe-
cliche zii liabenc und z» hcsirzenc nnc alle hindcrsol nnser
und unser erhen. yicdmceiseler urk. von 1346 ; dasz ein iglichcr
friede lialde und swige, und keine hindersai mache in cheyne
wis. Kehth. 2, 176 {llundsrück 1142); hat dieser aber denselben
[beuiel mit geld), als ein hindersall seines siegs, mit sonder-
barem Unwillen, wider von sich geworfen, Zinkgref apophth.
1, 193.
HINDERUNG, f. l) die Handlung den hinderns, abhaltens:
wie mir in druckercien seien bindeningen fürgeworfen, davon
wil ich zu anderer zeit klagen. Schuppius 807 ;
dasj will ich euch jetzt zeigen an,
pasz ihr ihm soll kein hindemng than.
J. AtRER 201* (1002, 34 Keller).
2) dns u-as hindert, hindernis: liindernisz oder hindening,
impedimentum, obstaculum, relardatio. roc. ine. Ihent. kl'; es
seien ihm aber nachgehends so viel hinderungen aufgestoszcn.
Simpl. 4, 2S,'> Kurz; dem dichter gaben die hörner und das
diadem (des Faechus) feine anspielungen auf die thaten und
den Charakter des gottcs : dem ktinstler hingegen wurden sie
hinderungen gröszerc Schönheiten zu zeigen. Lessing 6, 431 ;
wenn dem regelmSszigen fortgange der Organisation hinde-
rungen entgegengesetzt werden. Fichte sitlenl. 351 ; sollten . .
unerwartete hinderungen sich seiner Wiederkunft entgegen-
setzen. Scnii.LER 796; als würde die fmsternisz ihrem pfnd
nicht noch melir hinderung entgegensetzen. Göthe 22, 175 ;
doch merk, was noch die hindrung sei. gansköntg B4';
al)er da fallen stets hindenmg ein.
J. Atrer 179" (891, 13 Keller);
die groszmuth ungehofter gaben, ....
dein unermüdlich aug, an tausend orten wach,
für nichts zu stolz, für nichts zu schwach,
sind es, die durch ein meer von hindenmgen
Georg Augustens glück ernmgen.
IIalleh (1768) 177 (bei einweihung der
Universität Götlingen) ;
der engen schritte nettigkeit,
die hei der kleinsten hindrung stocken. Lessing 1, 46.
3) folgende bcispiele können als zu 1 oder 2 gehörig angesehen
werden: sie aber hätte ihm die hunde gestillt und im zäum
gehalten , und er ohne alle hinderung hinzugehen können.
Grixx d. sagen 1 no. 13 ;
ich wolt mein mann wer noch im krig,
so könd er nicht eifern um mich
und ich könt mit dem glattem mein
ohn hinderung guts muthcs sein.
J. Atrer fnsln. lip. 64* (2657, 20 Keller).
HINDEUTEN, verb. auf einen entfernleren ort deuten, in 'sinn-
lieher sehärfe sowol als in mehr übertragenem sinne: er deutete
mit der rechten band nach der thüre hin ; es läszt sich wenig
darüber {über ein gemdlde) sagen, wenn man nicht selbst da-
vor steht, und auf die Schönheiten hindeuten kann. Heinse
Ardingh. 2, 31 ; wodurch eine imposante gestalt, welche sowohl
nach der armee als dem hofe und dem geselligen leben hin-
deutete, sich höchst anmulhig erwies. (Jöthe 23,118; auch
hier scheint man vor irgend einer Ordnung scheu gehabt zu
iiaben, wenigstens sieht man in der frühern zeit keine anslalt
ihre vorrälhe zu rangiren, katalogen darüber zu machen und
dadurch auf Vollständigkeit auch nur von ferne hinzudeuten,
.st, 21; die erste, auf Rucciopuccio hindeutende liebe. Immer-
MA5N Münchh. 2, 14.
HINDEUTUNG, f : eine hindeutung geben ; er machte nur
einige dunkle hindeutungen.
HINDFUSZ, m. eigentlich fusz exner hinde; nanie ßr aego-
podium podagraria, geLszfnsz. in der form hinfusz {rgl. hiiin
ßtr hinde o6en jp. 1407): geiszfüszel oder hinfusz. Tarernakm.
krduterb. 2W. rgl. auch unten hindlilufte.
HINDICHTEN, verb. dichtend vernichten (vgl. liin 6, c und 7
ip. 1376) :
verdammte veracmacherei!
xrn» hast du angerichtet?
luin unnres lr>b«n« eiingen mal
zum kuckuck liInKcdirlitcl? GäKi!<cx liii Künc.f.r litt*.
auch flüchtig dichten {vgl. hin 5, a tp. 137.1) : er dichtet schnell
etwas hin.
HINFIIKSEN, HINDlEsnM.n, m/r. auf dieser aeite nach jener
zu, rgl. dicket, diesent aus diesseit theil 2,1114, und herdies-
halh oben ip. tOM): die hellen sieh des Inndes fdns hindisen
des lordan was) angeaoiiimeii für Diu lail, wann sy hellen
vil vichs und was gute wayd hindiszhalb. KEisERSnERr. owj^onp
der k. Israel 1510 L5'.
MLNDIN , /". cerva, enceUerte form von hinde oben sp. 1407,
spiit erst bezeugt, aber vorbereitet durch die zuischenform liinden
neben bind und hinte cerva Dief. 115*, in der das schlie.^zende
n der schwachen declination in den nominativ gedrungen ist.
hindin, wird das weiblein des hirschen geneunet. Ocnn. lex.
(1731) 1022;
laut bellte dort die meute,
vor der die hindin lieh. IIhland geti. 375;
in der form hündin {vgl. hünd ßir hinde das.) :
wie die hündin die man jaget.
Weckhkrlin 155 (h(/i7i /■ . IJ. li
bei E. VON Kleist mit auffallender betonung:
mit leichten laufen streicht jetzt ein heer gefleckter hiiulinnen.
fiiililifiil i'iM !:. 35.
HINDKALB, n. das junge der hinde, engl, hindralf, schwed.
bindkalf, ddn. hindkalv. nach dem geschleiht wird auch unter-
schieden hirsriikalb das männliclie, l\\ndka\h das weibliche junge,
cerva hindenkalb Dief. 11.5'.
HINDLAUFTE, m. plur. eigentlich die läupc, Sprungbeine der
binde, nach der Ähnlichkeit (d)er auch pflanzenuame, und zwar
von aegopodium podagraria, geiszfusz ; meist jedoch von Cichorium
intybns, wegwart, mil der verderbten form hundsliiufte. Nemnicii
•>, 1038 ; die conditors pflegen diese wurzel {der cichorie) ein-
zumachen, oder mit zucker zu überziehen, und alsdenn hind-
lilufte zu benennen. Amaranthes frauenz. lex. (177.3) 734 ; mein
schätz, deren gedächtnis mir süszer ist, als überzogene hind-
leuft. Chr. Weise überß. ged. 2,477;
(unirieln) von hindleuften, oder wegeweisz,
die er aufgrub mit allen (leisz.
trosckmäuF. R ij • (1, 2, 24).
HINDORREN, verb. dorrend vergehen: vor dem triumpli-
wagen werd ich wie eine blume hindorren I Klopstock 9,357.
HINDRANG, m. das hindrängen : der hindrang des volks an
jenen ort.
HINDRÄNGEN, verb.: wer halle gedacht, dasz ein brief von
Wernern . . ihn endlich zu einer entschlieszung hindrängen
sollte. Göthe 19,143; reflexiv: {dasz) in die niihc des fürslen
nur leute von gewisser gehurt und gewissem ränge sich hin
drängen können. Knicge Umgang m. m. 1,11.
HINDRINGEN, verb. perrumpere. Stieler 337 :
sein zorn dringt wie der blitz durch beide weiten hin.
IIaller (1768) 201;
gerichlsralh. entferne dich
aus meiner enge reingezognem kreis.
hofmelitcrin. den eben such ich auf! da dring ich hin!
GöTHK 9, 331.
auch auf etwas dringen, eine leistung verlangen : gleich wie der
bapst nicht darnach fragt, wo glaube oder liebe bleibe, wenn
nur die werk seines gehorsams und gesetzes gehen, da dringet
er hin. Luther 3, 36'.
HINDRUCKEN , verb. durch drucken vernichten : es isl be-
kannt .. dasz ich oft mit einigen letlern, abtbeilungzeichen und
spaziis ausreiche imd mit solchen saniliitanslalten manchen
armen hingedrucklen narren wieder aufstelle. ,1. Pai'l paling.
2,112.
IIINDSCH, m. s. hinsch.
HINDUFTEN, verb.: ein mann, iler :ins der iiillc der n;iliir
ihre rührendsten sttmden zu heben, und aus ihren flüchtig
binduft«nden tageszeilen die balsaiutheile aufzufassen versteht,
die am wirksamsten sind die quetschungen der secle zu lin-
dern. ThI':mmel .5, 127.
HINDUUt'H, (idv. durch und hinwärts, mhd. hin durch.
Itäufig vt die Umstellung durchhin, s. theil 2, 162S; w<lhrend ein
gegensntzliclu's herdurcii {otn-n sp. losi) sich teeniger entmckelt hat.
hindurch steht in verschiedenen hedeuliingrn.
l) f'fi rdumticher bedentung i>< es das verstdrkie durch, indem
hin (/(> hrwcgung, die in durch liegt, riicksichllich des entfern-
teren cndes und zifles nur kräftiger hervorhebt; vgl. auch theil 2
sp. 1560. das adrerb hitiilurrh steht souitl in sinnlicJttr tehirft^
wie fihrrtrngen. mit verben der bewegung, wie
arbeilen: sich durch das gcstrüpp bindurcharbeilen; e«
koKlet mühe, sich durch dicM; akleii hiudiuch zu arbeiten.
brfrhcn: ein loch durch die inauer hindurch brechen.
intranntiv: da« licht brach hindurcli; er lirichl mil seinem
ansehen nllenihalben hindurch , nuctnritate sua omnia pctrst,
ubitfue valet ejus auctorilas. Stiki.kr •.':>.'•.
1413
HINDURCH
HINDURCH — HINEIN
1414
drängen: wir müssen uns durch die menscUen UindurcU
drängen,
dringen:
die pfile algemeine
warn hin durcli gedrungen (durch den schild). Parz. 570,29;
er ist vom tode zum leben hin durch gedrungen. Joh. 5,24.
fahren: wir sind durch die ganze Stadt hindurch gefahren;
hindurch (ilurch den xchild) fuhr
Pelions esche, dasz laut der schild erkrachte vom träfe.
BCRGKR 233».
übertragen von trotzigem und kühnem streben bis zu einem ziele
hin: dasz wir . . . frisch hindurch faren und sprechen, ich
hah es nicht um eines menschen willen angefangen, darumb
auch nicht gelassen, sondern umb gottes willen wil ichs thun.
LuTHtR 6, 38" ; ein weiser furcht sich, und meidet das arge,
ein narr aber feret hindurch thürstiglich. spr. Sal. 14, 16 ; der
gottlose feret mit dem köpf hin durch, aber wer froni ist,
des weg wird bestehen. 21, 29 ;
bei Wartburg an der Elhe wie fuhr er hindurch I
da schirmte die Franzosen nicht schanze noch bürg.
Arsdt ged. 284 (das lied vom feldmarschall).
fliegen: da er denn auch nicht säumend mit dem Courier
durch Italien hindurchflog. Göthe 29, 145.
führen: wir wurden durch mehrere zimmer hindurchge-
führt.
gehen: gleich wie der herr ewT gott thet in dem schilf-
meer, das er für uns vertrocknete, bis wir hin durch giengen.
Jos. 4, 23 ; da teilet sicbs {das wasser) auf beiden seilen, und
Elisa gieng hin durch. 2 kön. 2, 14.
greifen: die masse war so weich, dasz man beim be-
rühren sofort hindurch griff.
kommen: bis dein volk, herr, hindurch kome (durch die
feindlichen linder). 2 Mos. 15, 16.
lassen:
durch die steinerne mauer gelang es Isegrim endlich,
eine spalte zu kratzen, die ihn gemächlich hindurch liesz.
GöiHK 40, 50.
laufen: wir laufen durch den ort hindurch; das wasser
ist ihm durch den hut hindurch gelaufen.
quellen: hindurchquellen, perejanare, perr^pere, perrumpere
scaturiendo. Stieler 1493.
reisen:
ich kumra in diese weit, hindurch dort nauf zu reisen ;
weil Christus ist der weg, so wird er mich wol weisen.
LoGAü 1, SS, 64.
reiszen: er risz den betäubten durch die Volksmenge hin-
durch; er kann sich durch das gewog nicht hindurch reiszen.
auch intransitiv zur bezeichnung einer ungestüt)ten thätigkeit : wo
sie hin wollen, reiszen sie hin durch, wie ein Ostwind. Habakuk
1,9; denn wer alle sachen recht richten, und mit dem urteil
hindurch reiszen sol, wird oftmals gute freunde, schweger,
nachbar, reiche und gewaltige erzürnen. Luther 4,404*.
schlüpfen:
es hatte sich aber
altershalben die mauer an einem thurme gespalten.
Reineke schlupfte hindurch. Göihe 40,42.
schneiden:
und jedem ists. als würd ihm mitten
durch köpf und leib hindurch geschnitten. Uhland ged. 330.
sehen: bei dem dichter ist ein gewand kein gewand; es
verdeckt nichts ; unsere einbildungskraft sieht überall hindurch.
Lessing 6,413; der alte hatte .. die gläser des cylinders ab-
gewischt und hindurch gesehen. Immermann Münchh. 3, 195.
streben: wenn nun die tugend des lichts durch das trübe
hindurcbstrebt, so dasz seine ursprüngliche kraft zwar immer
aufgehalten wird, jedoch aber immer fortwirkt. Göthe 53. 100.
tonen: und klingende münze ist die einzige musik, welche
durch das ganze System hindurchtönt. Fr.ixtz krüik aller par-
teien s. 75.
treiben:
aber Peisandros stiesz dem herrlichen held .Menelao«
kraftig den schild ; doch könnt er hindurch nicht treiben die
spiue (der lunze). Itias 13, 607.
wischen: aber mit solcher lisl und betrug werdet ir
gleichwol nicht hindurchwischea. J. Wicanous ob die newen
WUtenhbeTger u. s. w. 22' ;
desto besser! geflügelt wie ihr, düunleibig und luftig
seele mehr als geoein, wischt ihr als schatten hindurch.
xenien in ScIiiUer» musenatm. 1797 s. 'Ä2.
ziehen, tntransitiv : wir wollen nichts denn nm' zu fusse
bin durch ziehen (durch das land). 4 Mos. 20, 19 ; zogen durchs
feld hin durch. Jer. 39,4. unpersönlich: da zog es wie ein
warmes, auflösendes thauwetter durch den ganzen Schneider
hindurch. Hebel 3, 91 (der Schneider in Pensa) ; reflexiv : ich
werde . . noch späterhin manchen faden aufnehmen und fort-
leiten, der sich unbemerkt durch die ersten jähre schon hin-
duirchzog. Göthe 24, 111. transitiv: einen faden durch die
nadel hindurch ziehen ; das garn ist schon einmal durch die
färbe hindurchgezogen worden, übertragen, wie durchziehen
II, 5, b th. 2 sp. 171S : Juvenal, da er die Verachtung der gesälze
hindurch zeucht und schilt. Butschily Patm. 946.
Dergleichen verben der bewegung sind auch unterdrückt, tiamenl-
lich nach den hUfsverben sollen, wollen, müssen, können: der
faden musz hindurch ! (durch das nadelOhr) ; du hast dich mit
einer wölken verdeckt, das kein gebet hindurch kundts. klagel.
Jer. 3,44.
hindurch sein bezeichnet den erfolgten abschlusz einer bewegung,
die erlangung eines ziels, einer ruhe: Crolus. hie ist einer, der
wirt gern beichten. Witzel. ei wie furcht ich mich doch so
übel, wer doch hindurch were. Alberls wider Wäzeln M3';
wenn sie dort durch das eichholz hindurch sind, gehen sie
eine geschlagene halbe glockenstunde durch seine felder.
Immermann Mündih. 1, 131 ; in einer halben stunde kann der
himmel einfallen und dann sind wir diu-ch jegliche erdennoth
hindurch. 3, 140. ähnlich etwas hindurch haben, durchgefülirt,
errungen haben : ir habt» nu hindurch, und den sieg au dem
alten drachen erobert. Lltuer 8, 1S9'.
2) hindurch mit verben des genieszens und brauchens bezeichnet
dasz die thätigkeit des verbums an ein ende gekommen ist: weil
ich mich so übel gehalten, und mein erbtheil so schändlich
hindurch gebracht habe. Schcppils 446; als sie das geld
hindurchgebracht, ist sie wieder blutarm geworden. Scbiver
seelensch. 2, 197 ; hierfür auch herdurchgebracht, s. oben sp. 1083,
und einfaches durchgebracht, hindurch sein, aufgebraucht sein:
darnach so die beut hindurch ist, do hütten sich die armen
paurn (i'or den landsknechten). Frank chron. 217' ; ich habe dich
mitleidig aufgenommen , da dein vermögen und deine ehre
hindurch war. Sturz 2, 256.
3) hindurch aucli seitlich: das ganze mitlelalter hindurch.
W.\CKERNAGEL kL schriftcu 2,282;
so lebeten auf ihrer bürg,
wie wir erzählt, die beiden,
den mai, den junius hindurch,
in herrlichkeit und freuden. Höltt 28 Halm ;
aber die nachte hindurch hält Amor mich anders beschäftigt.
Göthe 1, 265.
anlehnend an diese bedeutung ist das verbum hindurchwintern,
hybernare (Stieler 2465) gebildet.
HINDURCHBRECHER, m. :
0 wies so schwer zu glauben ist,
dasz wer nur hüll und schalen friszt,
nicht mensch sei, sondern vieh !
dasz saft und kraft im innern wohnt,
und nur den hindiu-chbrecher lohnt!
Herder zur so/i. litt. 4, 158.
die betonung des wortes hindaTchhiecheT ist hier eine ganz auszer-
gewöhnliche, da hindurch, wie die andern adverbien der gleichen
bildung, stets den ton auf der zweiten sUbe hat.
HI.NDüRCHFÜHRUNG, f: die hindurchführung eines satzes
durch eine reihe von vorhergehenden sätzen. Kant 8, 128.
HINEILEN, verb. hinwärts eilen : ich eilte meinen pfad hin . .
und hatte bald die pfarrwohnung erreicht. Göthe 25, 354; wenn
sie über rain und matten leichten laufes hineilte. 26, 16 ;
dort eilt sie (die sonne) hin und fördert neues leben. 12,59.
weg eilen, fort eilen : und wird die hineilende belustigung eines
gelachs (gelages) mit langweiliger unlust mehrmals beleget.
Bdtscuky Patm. 350;
0 musen ! eilt nicht von uns hin,
licht diesen sitz, den man euch bauet. Haller (1768) 17».
HINEI.N, adv. einwärts und hin.
1) die form. mhd. hin in (wb. l, 750*); die ältere spräche
kennt auch eine form in hin, einhin, die indes über das l~. Jahr-
hundert hinaus nicht dauert, und dem seit dieser zeit allein ge-
bräuchlichen hinein gewichen ist (s. tlieil 3, 203). die bei ähn-
lidten adverbien (hinab, hinan, hinaus) beobaclUete kürzung findet
sich auch hier; sie ist hnein :
namen die kandel, füllten hneio,
wie sie da siiindt, vom besten wein.
. 11. Waldis Eso}, 4, 18, 51 ;
S'J*
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HINEIN
HINEIN
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gewiAnlicIt aber nur nein: auch ob die freund inn ein zenl-
pQichtig dorf gejagt {würden) und begerten iun kirchof, als-
dann soll man sie nein lassen, keine aber die feind auch
und begerten nein, soll man sie nit nein lassen, tcetstft. 2, 892
{von 1&23);
ich wolt mich auch ins herz nein Schemen.
H. Sachs 3, t,236*:
hub auf dieselbi^ hülzern knan,
trank nein, wol oet einr halben spann.
B. Waldis Ksop 4, 19, 82 ;
da liesz er, hoch von fp-imm entbrannt,
den berold nein trompeten:
ihr Schurken, komm ich nein, so wiszt,
soll hnngen, was die wand bepiszt!
HÖRGsn 25' (iveiber von Weinsberg).
2) die örtliche bedeutung von hinein geht zunächst auf einen
vom sprechenden u-eg gelegenen eingeschlossenen räum; dann auch
auf einen landstrich oder ein land, das von natur oder polüisch
abgegrenzt erscheint : ins gebirge hinein ziehen ; sie reisten in
die Schweiz hinein ; tief nach Amerika hinein, früher bezog
man dieses hinein mit Vorliebe auf Frankreich, als das centrum
der feinen bildung: er hielte bisz dato noch einen eigenen
Schneider in Frankreich, welchem er jährlich pension-gelder
gäbe, ... er wolle es {das zeug) ihm hinein schicken, denn
derselbe Schneider dürfte sonst niemand keinen stich arbeilen.
ScheUmuffsky 2,60;
Deutsche müssen ja gar from und ohn alles eitel sein,
weil sie nach der eitelkcit ziehn in Frankreich erst hinein.
LoGAU 3, 104, IG ('französische eitelkeiteri').
ferner auf einen räum, dessen miltelpunkt liefer liegt, als die
Seitenränder, wo dann durch hinein zugleich ein hinabsenken an-
gedeutet wird : beherzte männer stiegen in den krater hinein ;
in den Strudel hinein schauen ; dahin auch einen die treppe
hinein werfen, icofiir sonst hinabwerfen gilt; reim dich, oder
du must die stieg hinein. Fischakt groszm. 59 ; ferner, daran
angeschlossen, auf das vertiefen in eine sache, einen zustand:
er hat sich schnell in diese art zu rechnen hineingefunden;
ich kann mich in deine läge wol hinein denken ; oder das
eindringen in das menschliche innere: ich fühle in deine seeie
hinein; auf einen, oder in einen hinein reden; und er immer
in sie hinein {gesprochen). Lenz l, 169; über sich ins herz hin-
ein schämen vergl. sp. 1217 ;
doch ihr, kunstjüngerlein !
mögt meine melodeien
nur nicht flugs nachlalleien.
so leicht lallt sichs nicht nein. Bürger 2t*.
in fiigungen wie: ins blaue hinein schwatzen, ins gelag hinein
reden verlduß das adverbium in den sinn einer unbestimmten
ferne, einer Verschwommenheit, eine anriüirende formet wird weiter
unten unter no. 4 aufgeführt;
man wähne nicht, ich schwatze
ins blaue hinein ! ich stehe zu meinem satze.'
WiKLAMn 5,214 ivnrkt. Amor 1,94).
fidhere richttingsbestimmungen treten hinein wie ähnlichen ad-
verbien zu: Petrus aber folgete im nach von fernen, bis bin
ein in des hohenpriestcrs pallast. Marc. 14, 54 ; der apfel ist
bis auf den krebs hinein gefaulet, pomum imputruit ad ossi-
culum usque. Stieler 446; die kugel traf., ihn zum linken
ohr hinein. Heinse Ardingh. 1,190; ein bloszer accusaliv der
richlung : flohen eilendts ein langen gang hinein. Amadis 76;
dan sie würd wol gewonet sein
in bulen pfetz inn dscit hinein.
FiscHART flölihatz 2040 {dicht. 2,55 Kurz).
datz hinein zu gunslen von herein an gebiet verhren hat, ist
oben sp. 1081 bemerkt; zu den dort mitgelheiücn beispielen ein
weiteres: in unsrc wobnung könnt er nach belieben herein
und heraus, weil er den scblüssel zu der einen auszenthür
von seinem flügel hatte. Heinse Ardingh. 1, ICl.
Verben der bewegung sind in dringender rede, oder nach den
hilfsterben sollen, wollen, mögen, können, dürfen, unterdrückt :
hinein ins haus, ihr kinder!: hinein mit euch ins ziinmer!;
etliche hieben die thür auf, das der ganze häufe hin ein
kundte. iMarc. lO, :»7 ; Ihn die stücke zus.nnen ilrein, die
hinein .sollen, lies. 24, 4 ; ir koinpt nicht bin ein, und wen-t
denen die hin ein wollen. Luc. 11,. '>2; er will mit gewalt nein.
ScHWEiMiciiE!<i 1,IH9; dic hüner im korbe wollen gern heraus,
und dic drau*>zen wollen gern hinein. Scuuttel 112i>'; da
jedcrman hinein durfte. &mpl. 3,135 Kurz;
und «prarh: *« will nit wol hinein (don ernten in den magrn).
tt. WAi.nm f-.Vo;) 4. 19, H5 ;
die thtir Ut TemcfalOMen, wir kAnnrn nicht ein,
drinn wohnet ein reicher, wir mdfvH nicht nein.
Gotii». 4t. :il2.
3) tvibindung mit rerben.
ackern: die bauern ackern den mist in die erde hinein,
rustici inarant fimum et obruunt terra. Stei.nbach 1, ».
arbeiten: arbeitet man {mit dem schiffe) in den eiugang
hinein. Weserzeitung \Hb4, Z^XiO ; er hat sich leicht in den ihm
neuen beruf hineingearbeitet.
äugeln: es äugelt die nacht in deu buchengang hinein.
TiECK 2,117.
begeben: sie begeben sich in das haus hinein;
ich aber begab mich
in die höhle hinein. Göthe 40, ld9.
beiszen:
mein war die niisz! hinein
bisz ich. GöKirfGK 3, 11.
bemühen: so möcht ich dann .. mich auf ein Stündchen
zu ihrem alten hinein bemühen (ins zj'mmer). J. Paui. uns.
löge 3, 165.
bequemen: der nie genug zu schätzende Voss konnte
{mit seinen Übersetzungen) das publicum zuerst nicht befrie-
digen, bis man sich nach und nach in die neue art hinein
hörte, hinein bequemte. Göthe 6, 240.
betten:
{liätt ich) ein bett, an läng und breite
für ein pärclien nicht zu klein,
wo du gern hinein dich bettest. Bürger 83*.
bohren: ein loch in den stamm hineinbohren, inforare
truncum. Hederich 1290.
brechen: hinein brächen, mit gewalt einhin gon, tnfro-
rumpere. Maaler 224'.
brennen: ein loch brennt in die diele hinein; einen fleck
hinein brennen, inurere alicui maculam. Hederich 1290.
briefen, vergl. theil •2,3S0: wegen der neuen Zeitungen,
nuisz {ich) erinnern, dasz ich gebeten worden, keine mehr
zu schreiben, maszen einige personen, wenn sie schon etwas
vornehmen, so ihnen unanständig ist, doch nicht gerne haben
wollen , dasz mans in die weit hineinbriefe. J. Mattheson,
critica musica (1725) 2, vorbericht.
bringen: und sihe, etliche menner brachten einen menschen
auf einem bette, der war gicbtbrüchig, und sie suchten, wie
sie in hin ein brechten, und für in {Jcsum) legten, ttjc. 5,18;
da sie aber die lade des herrn hin ein brachten, stelleleii
sie die an iren ort mitten in der hüllen. 2 Sam. 6, 17. über-
tragen: da ist kein sinn hineinzubringen; die kerl, welche
gescbcnke tragen, . . bringen mannichfalligkeit hinein {in ein
qcmälde). Heinse Ardingh. 2,21; eine Voraussetzung, die in
die weltweishcit viel Unbequemlichkeit hineingebracht hat.
Kant 8,67.
buben, vergl. tlieil 2 .fp. 462 no. 1: aber itzt gehet es, das
jederman zu pfafferei und müncherei gezogen wird, unter
welchen ich besorge, der hunderst kein ander ursach h;ü,
denn das gesüch der narnnge, und zweivel im ehelichen leben
sich erhalten, darumb sind sie zuvor wild gimg, und wollen
(wie man sagt) ausbuhen, so sichs vielmehr hinein buhet,
wie die erfarung weiset. Luther 1, 315".
buchstabieren: wenn es sich zutrüge, dasz ein unschul-
diges kind meine handschrift hervorkramte, und sich nun bis
bieher so glücklich bineinbuchstabirt hätte, um ohne anstosz
weiter fortlesen zu können. ThGmmei. 3, 347.
bücken: Petrus aber stund auf, und lief zum grabe, und
bücket sich hin ein. Luc. 24, 12.
denken: in die antiken gewänder hat er sich gut hinein-
gedacht, und man merkt nichts gezwungnes. Heinse Ardingh.
2, 14.
drängen: die menge drängte in das haus hinein; er
drängte sich hinein ins zimmer.
dringen: und von der zeit an wird das reich gottes durchs
e\angelium gepredigt, und jederman dringet mit gewalt hin
ein. Luc. l«, 16; dasz sie gegen einer pfülz zuflohen. deren
eingang ganz eng und eingeschlossen war, aber sie koiidlen
nicht so hurtig laufen, dasz er nicht in ireni hinein dringen
den ein erschlüge. Amadi.t 2!>4 ; durchrannten sie ire tarlse hen
und hämisch, in solcher ungesiüniinigkeit, ilasz sie ((/»<• .tpeerr)
in ihr fleisch hinein drungen. 77 ; die diebe drungen in die
srhnizkammer hinein, fures irrumpeharü in aerarium. Steinhaci
1,;«r.'; millen unter die feinde hinein dringen, in median
hoslium aciem irruere. das.
drücken: mit dem ringe ein siegel in das wachs hinein
drücken, annulo sigiUum in cera imprimere. Hederich 1291 ; du
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HINEIN
HINEIN
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bekam ich . . eine wunden in mein berz, welche mir meines
rittmeisters liebwürdigkeit hinein truckle. Simpl. 3,17 Kur:.
ducken:
wie alles war in der weit entzweit,
fand jeder in mauern gute zeit;
der ritter duckte sich hinein,
bauer in noth fauds auch gar fein. Göthb 47, 236.
eilen: er eilte in das haus hinein.
fahren: stiesz im (das schueil) in seinen bauch, da; auch
das heft der schneiten nach hinein für. richl. 3,22;
ain andre dort zu mittag as.
und als der filzOoh ihr liart mas,
fuhr .<ie hinein {im qetcund) mit schmutzig händen.
. FiscBART flöhhut: 1343 (aicht. 2, 3S Kurz) ;
mit dem wagen in die Stadt hinein faliren, invehi cunu in
oppidutn. Steixbach 1,401.
fallen, m eigentlicher bedeulung : so jemand eine gruben
aufthut, . . und decket sie nicht zu, und feilet darüber ein
ochs oder esel hin ein. 2jV(m. 21, 33; wer andern eine grübe
gräbt, fällt seihst hinein. Simrück sprichw. 214, und hieran an-
knüpfend, in heutiger burschikoser spräche, in etwas orfer auf
etwas hinein fallen, auf einen eingegangenen Vorschlag hin über-
vortheüt tcerden. vom anstürmen eines kriegsvolks : mit einem
Sturm und truck hinein fallen, einbin trucken und tringen,
tmpetum dare. Maaler 224' ; er feit hinein, wie ein wild Schwein.
SceoTTEL 1122"; so sol das ganze volk ein gros feldgeschrei
machen, so werden der stad mauren umbfallen, und das volk
sol hmem fallen. Josua 6,5; und ist auch nicht zu leiden,
das em fürst oder berr wil über eines andern herrn land
regiren oder hinein fallen. Lither 3, 525'. vom nehmen einer
richtung: die abendrüthe, die gerade in sein gesiebt hineinfiel.
J. Pacl uns. löget, lO; glücklich genug, wenn diese ausschwei-
fungen des witzes und der eitelkeit, die uns von dem geraden
pfade ablenken, ein bloszer schneckenzug sind, der, nachdem
er uns um alle gegenden herumgeführt, wieder in die rich-
tungshnie der Wahrheit hineinfällt. Lessi.xg 11, üo.
fangen: geschirr . . den wein von palmen hineinzufangen.
Smpl. 2,226 Kurz.
färben: dann mag sieh die lebensgallerie, in deren Welt-
geschichte das kind noch stärker das individuellste hineinfiirbt
als m die allgemeinheit der poesie der leser oder der verfa«;-
ser zu geschichtlichen gruppen erheben. J.Padl Levana 1,96.
fassen: in ein gefösz hineinfassen und etwas heraus holen.
btldUch: verachtete gebetbücher fassen liefer oft in Jahrhun-
derte hinein als die manifeste der eroberer. J. Paol dämme-
uuigen 15. vgl. auch hinein greifen.
fegen, bildlich ßr hinein gehen und dabei den boden mü
den kleidem fegen (vgl. fegen theil 3 sp.uu): dasz sich die
landsmannschaft und basenschaft mit grazie (in das zimmer)
hineinhustete, bmeinfegte und räusperte. J.Paül uns. logeus;
finden: er hatte sich doch in das verborgene gemach
hmein gefunden ; sich schnell in eine Verrichtung hinein finden,
flechten:
windet zum kränze die goldenen ähren,
flechtet auch blaue cyanen hinein! Schiller d. eleut fest
büdlieh: '
und mancher abend flocht durch leichte flölentänze
sich in die mitternacht hinein. Gökinck 3, 4S;
der grosze könig selbst sollte hineingeflochten v^erden (in
die partetung gegen Moses Mendelssohn) wegen der freimüthigen
kntik über die oeuvres du philosophe de Sanssouci. Gökisgk
11» leben mcolaüs 24.
flicken, bddlich sich schicken, schmiegen in etwas: es were
denn, dasz er sich also hinein flicken kündt, dasz ihme
em vortheil gethan würde. Fronsperger kriegsb. 1 93"
fliegen: '
die weit ist wie ein taubenhaus,
der fliegt hinein, der andre naus;
die kugel war in das fenster hinein geflogen
fliehen: unter den stedten, die ir den Leviten geben
werdet, sollet ir sechs freistedte geben, das da bin ein fliehe
wer einen todschlag gethan hat. 4 Mos. 35,6.
flieszen: der ström flieszi ins meer hinein; das blut
fleuszt durch die ädern in die herzkammer hinein, sanguis per
vvnam, in ventriculum cordis influit. Steinbach 1,469
flimmern: das gruhenlicht immer bleicher hi'neinflimmerad
m die einsame nacht. H.Heise 1,30.
flüstern:
pie (rf»> freunduchafO nur flüstert aus dem herzen
aas geheimnis stiller schmerzen
in des freundes herz hinein. Göking« 1 140
foltern: die fieberbilder der armen aus dem krankenbcite
ins grab hineingefolterten menschen. J. Paci. uns. löge 2,4S.
fressen: und die sieben magere und he>liche küe fraszen
auf die sieben ersten fette küe. und da sie die hinein ge
fressen hatten, merket maus nicht an inen, das sie die
gefressen halten, l Mos. 41, 21 ; die säure friszt ein loch in das
inetall hinein ; der rost hat sich lief in das eisen hinein ge-
fressen.
fügen: sich in die bürgerliche Ordnung hineinfügen.
Klinger 8, 194.
fühlen: ich kann in deine seele hinein fühlen; ich fühle
mich in deine läge hinein.
führen: er füret mich hin ein zum thor an des herrn
hause. Hes. 8,14; und er füiet mich hinein in den tempel.
41, 1 ; da gieng der ander jünger, der dem hohenpriester be-
kand war, bin aus, und redet mit der thurhüterin, und füret
Petrum hin ein. /o/i. 18, 16 ;
ihr (himmlischen mächte) führt ins leben uns hinein.
GöTHK 18, 218.
bildlich einen in das unglüek hinein ^führen ; mit unterdrückter
Ortsbestimmung: ir habt viel elender gewissen hinein gefüret,
die das sacrament genomen und angegrifl'en haben, bild
nidergerissen, eier und fleisch gessen. Lctheb 2, 76'.
gähren: nur gobr in dieses groszartige .. fürstengemüth
damals noch manches wilde dement hinein. W. E. Weber in
den blättern ßr litt, unterlialtung 1S46 s. 163.
geben: er gab den brief zur thüre hinein. Bildlich: er
gibt sich in sein geschick hinein; und von dem hingebeii an
eine Vorstellung : diese gedanken werden sie on zweivel etliche
threnen kostet haben, weil sie (Marie Magdalene) sich so gar
hinein gibt, er (Christus) sei hinweg. Luther 5,316'.
gehen: Jhesus gieng zum tempel gottes hin ein. Matth.
21,12; da kam Simon Petrus, im nach, und gieng hin ein in
das grab. Jo/i. 20, 6 ; bist zur stubenthür hineingangen, so fall
zum fensterladen wieder hinausz. Garg. 213' ;
aber ich schmiegte mich an und liesz dem oheim den vortritt
gehet frei nur hinein, so sagt ich. Göthk40, 52;
gott verzeihs meinem lieben mann,
er hat an mir nicht wohl gethan!
geht da stracks in die weit hinein,
und läszt mich auf dem stroh allein. 12, 148;
am thor des altars, eben da man hin ein gehet. Hes. 8,5.
übertragen: diese sinds, die unter die dornen geseet sind, die
das .wort hören, und die sorge dieser weit, und der betrieg-
licbe reichthum, und viel ander lüste, gehen hinein, und er-
sticken das wort. Marc. 4, 19 ; dieser zweifei veranlasset mich,
in einige Untersuchung dieses steius hineinzugehen. Wikwel-
mass 3,130; man gieng nie in seine ranke hinein (a«/"«« ein).
Heyne briefe an J. v. Müller 144. unpersönlich : in dieses gefäsz
geht nicht viel hinein, es faszt nicht viel; da nun glücklicher-
weise niemals in einen und denselben augenblick zugleich
versprechen und halten hineingehen. J. Paul Hesp. i, i62.
gieszen: hier in den hals hinein giszen, cerenJam fau-
cOtus infundere. Steinb.ach 1,622; das wasser in die gelte hin-
ein giszen, aquam in labrum infundere. das.;
es war an halb so vielen küssen,
als er, um seine seel in sie hinein zu gieszen,
auf ihren mund und starren busen drückt
die derbste aller Sacharissen,
so gut sie auch bei athem war, erstickt.
WiELAND 17,309 (Idris 5,101).
graben: etwas in erzt hineingraben, aliquid in aes in-
sciUpere. Hederich 1292; überall blickt da und dort eine himm-
lische blume hervor, und je tiefer man sich mit seinem
Stachel hineingräbt, desto nahrhaftem honic findet man.
Heisse Ardingh. 2, 12.
greifen:
(lionnte nicht lassen) zu greifen zwischen baide bain
sonder grilT ernstlich flugs hinein
und jaget das schwarze wildprett,
das sich im forst gesammlet het.
FiscuART ftöhhalz 13:«) (dicl,(. 2.37 Aur:);
greift nur hinein ins volle menschenleben!
ein jeder lebts, nicht vielen ists bekannt,
und wo ihrs packt, da ists interessant. Göthk 12, 14.
gucken: ein narr kucket frei einem zum fenster hinein.
Sir. 21,24; der ander jünger . . kam am ersten zum grabe
kucket hin ein, und sihet die leinen geleget. JoA. 20, 5; wei'
sie tief ins innere des sonderbaren, aber höchst ehrwürdigen
und lieben luenschensohnes hineinguckeo lassen. \Vii£la.ii» in
Mercks briefs. l, 302.
1419
HINEIN
HINEIN
1420
bangen, hängen: hier bangen einem die friu-htc fusl
in den mund hinein ; er bat ein netz in den flusz hinein
gehangt.
heben: hineinheben, in locum aliquem importare. Stieler 807.
heilen: der schlag hatte dem alten, vielleicht weil er eine
Hechte thalers grosz am nacken hinein gebeilel, oder vor
alter, die linke seile gelähmt. J. Paul uns. löge 3, 165.
helfen: dies sei ein für alle mal genug gesagt, um den
des Originals unkundigen leser einiger niaszen wieder in den
humerischen ton hinein zu helfen, wenn ihn hier und da die
Übersetzung . . sollte heraus gestimmt haben. BCucer 185*.
hetzen: hineinbetzcn, in dumiim averlere. Stieler 'S3, als
jägerausdruck und gleichbedeutend mit zuckrhren.
holen: sie holten den fremden in das hau^ hinein.
hören. Göthk 1,240. s. die stelle oben utUer hinein be-
quemen.
huschen: zur thüre, ins zimmer hinein huschen.
husten, reflexiv. J.Paul uns. läge 1,87. s. die stelle oben
unter hinein fegen.
jagen: hineinjagen, intrudere, agere, agilare in locum aliquem.
Stieler 877.
keilen: mit der (glühenden, vom teufel geschmiedeten) kugel
und den bineingekeilten seeleu ball schlagen. Klinger 3, 41.
klagen, reflexiv: ich hatte mich in ein recht schönes mit-
leid mit mir selbst hineingeklagt. Tieck 15,34.
kl ecken, sudelnd hineinschreiben: das schöppebuch habt
ihr zu eurem eigenen nutz gemacht und hinein gekleckt was
euch selber gefallen hat. A. Grvphius verl. gespenst, l. druck,
seile 60.
klettern: zum fenster hinein klettern.
knüpfen: die spinne hatte ihr spinnhaus schon ins grosze
(haus) hineingeknüpft. J. Paul Hesp. 1, 174.
kommen: gehet hin in den flecken, der für euch ligt,
und als bald wenn ir hin ein kompt, werdet ir finden ein
füllen angebunden. Marc. 11, 2 ; folget im nach in das haus,
da er bin ein gehet. Luc. 22, 10 ;
gicng zur stuhen endlich ausz, als er wieder kam hinein
sprach er: ich hielt mit mir rath, ob ich wolle böse sein.
LoGAU 1, 220, 9.
in bezug auf dinge : der wein kommt in diesen krug hinein,
das hier in jenen (wird hinein gefüllt) ; auf das eindringen m
eine art, eine Vorstellung: er kommt nicht in den takt hinein;
wenn man sie aber fragt, wie kömpt man denn zu demsel-
bigen hohen geist hinein? Luther 3, OO'; er wollte einen rei-
senden Engländer vorstellen, und konnte auf keine weise in
seine rolle hineinkommen. Göthe 18,189; mit einem daliv statt
des erwarteten accusativs: da ich in der naturwissenscbaft als
freiwilliger hini-iiikam, ohne aussieht und absieht auf einen
lehrstubl. 00, 36.
kriechen:
drum krieche nur du kleiner dacht hinein,
mein lämpchen brennt Türwahr sonst gar zu helle.
GöKinGK lieäer zweier lieb, (l'lü) 82;
oeffe, kriechet hinein gerade zur ufTnung. Götue 40,39;
er mochte vor scbam in die erde hinein kriechen.
lächeln: als Klotildc erschien mit dem ins abblühen bin-
einläcbelnden angesiebt, mit der erschöpften laulenstimme.
J. Paul Hesp. 3, 55.
lachen: er lacht stillvergnügt in sich hinein; sein gesiebt
lachte in die weit hinein.
laden, starkes verbum: der kranke wurde in den wagen
hinein geladen.
laden, schwacfies verbum, invUare :
wenn ich, auf morgen Truhe, dich hinein
in meine wolinuiig lade. Göiue 9, 364.
lagern: et ist sogar in diesem in sein ich hineingelagerten
gesiebt etwas . . schwännerischeK. J. Paul holzschnitte 93.
lassen: als er gedacht, ich wil zu meinem weihe gehen
in die kamer, wolt in irvatcr nicht hin ein lassen. riclü.\:t,\\
4ie Mno hinein lassen, admiUere solem. Maalkr 224*;
sie (itie ii})atle) lie»z ihn
buDfrig hinein und wollte dem satten die riickkchr verwehren.
(iöTUK 40, f>n.
laufen: als sie Petrus stimme erkandte, that sie das tbnr
nicht auf für freuden , lief aber bin ein , und verkündigets
iuen, Petrus stünde für dem thor. aposlelyesch. 12,14; unser steig
lief unter eine grünende bcdacbung hinein. J. Paul äampaner-
thal 43.
leben, reflexiv: sich in seinen beruf nach einem wohl-
berechneten plan hineinleben. Ideler über die gesundlieü der
gelehrten, itn freihafen 1843, april s. 63.
legen: und sollen die alleihciligsten opfer, nemlicb speis-
opfer, Sündopfer und scbuldopfer daselbst hinein legen, denn
es ist eine beilige stet. Hes. 42,13. übertragen: er trug das
lied mit frischer stimme vor und legte viel ausdruck biuein ;
ich glaube nicht, dasz ich etwas in das stück hineinlege,
oder einen zug übertreibe. Göthe 19, 74.
leiten: es flicszen von mir viel bechlin in die garten, wie
man das wasser hinein leitet. S/V. 24, 40; Ezechias befestiget
seine stad, und leitet wasser hin ein. 48, 19.
lesen:
Atridcs aber risz ein schnelles schitT
ins nieer, las zwanzig rüderer hinein. Dörger 145'.
in anderm sinne: der einsitbtige leser, welcher fähig ist,
zwischen diese Zeilen hineinzulesen, was nicht geschrieben
steht, aber angedeutet ist. Göthe 48, 102. reflexiv : sich in
einen Schriftsteller hineinlesen ; kein mädchcn . . liest sich an
seinen sachcn heimlich -glühend in die bekanntschaft mit
ihrem pochenden hcrzchen hinein. Imhermann Münchh. l, 25.
leuchten: die stcrne leuchten in den wald hinein; der
hineinleuchtende glänz des scbwicgervätcrlichen namens. LCcke
erinnerungen an Olfr. Müller 36.
liegen: bineinliegen, veigere, inclinare in partem intcriorem.
Stieler 1119;
0 legt mich nicht ins dunkle grab.
uicht unter die grüne crd hinab 1
soll ich begraben sein,
lieg ich ins tiele gras hinein. Uhland ijed. 30.
lügen: über den verschlagenen köpf! wie künstlich ers
anlegte, mich in seinen willen hineinziüügen ! Schiller f/esAo
3,10; wie gieng es zu, dasz sich kein teufel noch in das
bimmelreich hinein log? kab. u. liebe 4,2.
m a c h e n :
die krampup])eu machen zum schein
die gcltsack ins l'ürtuch hinein.
FiscuART flölihatz 1074 (dicht. 2, 31 Kurz),
reflexiv: ich machte mich auch hinein (in die staäl). Simpl.
3, 135 Kurz.
mähen: um das ostermeszbeu in die pause des büchei-
schranks bincinzuniähen , eh das michaelisgiummet heraus-
scbosz. J. Paul uns. %e 3, 129; Götz, nun staken wir, bis sich
Franz zu uns bereinschlug, und da mähten wir von innen
heraus. Lerse. die bunde die ich führte sollten von auszen
hinein mähen, bis sich unsre seusen begegnet hätten, aber
sie flohen. Göthe 8, 100.
mauern: wenn die maurer den grundstein eines bauses
legten und herkömmlicher weise eine flasche wein binein-
inauern sollten, dann tranken die gesellen flugs den wein weg
und mauerten die leere Hasche ein für künftige geschlechlcr.
RiEHL culturgesch. nov. Z'9 ; platz dal platz! mauert euch nur
nicht in meine thür hinein ! Tieck 3, 177.
melken: ins maul bineinmelken , immulgere ubera labris.
Hederich 1292.
mengen: er rüstet das futter und mengt kleie hinein;
meist übertragen : menge dich nicht hinein (in den streit).
messen: das mädchen reichte einen krug: er sollte die
milch bineinmesseu.
mischen: gift in die speisen hineinmischen; übertragen:
darf ich euch auch hineinmischen, gnädige frau? Göthe 8, 5ri;
da sich der geschlechtstrieb hineinmischte. Klinckii 12,277;
deine (dm herzeim) schlage, wie so selten
mischt sich tust in sie hinein!
Lkni in Voss' musenalm. 1777 s. 2s.
murmeln: in den wald hinein murmeln, sytvae immur-
muriire. Steinbach 2, 80.
nähen: geid liinein nähen, in ein kleid; in einen ledernen
sack hineinnähen, tn culeum insuere. Hederich 1292.
nisten: gehörig an dem herzen (eines mddchens) anklopfen,
um sich . . hineinznnisten. Klinger 3, 108.
packen, transitiv: ein körbcheii holen und fruchte hinein
packen, reflexiv: packt euch biuein ins haus!
passen: daher müssen wir den künftigen paradiesgarten
80 herrlich anlegen, dasz nur götter hineinpassen. J. Pau
Titan 2, 135.
pflanzen:
hnt mich doch nirin srijwuucr Kelruil,
mit wciHcr red i" i
dtMi kiiiidi-ii In '! iiioiii,
mir kcrktMi miit : nein. mücAr '
1421
HINEIN
HINEIN
1422
pfropfen: so sprichstu. die zweige sind zubrochen, das
ich hin ein gepfropfet würde. Rom. 11, 19.
pfuschen: einem ins handwerk hinein pfuschen; du suchst
den saamen des Übels in der materie, den Ahennon {der geist
des bösen) hineingepfuscht hat. Rli.xger 5, 38.
platzen: hineinplatzen, irrumpere, imierey opprimere aliquetn
ex improtiso. Stieler 1462.
plaudern, reflexiv: wenn sie sich einmal in eine zwängende
läge hineingeplaudert haben. Klisger 1, SS4.
plumpen, plump stürmen: des Verderbnis bistu ein ursach
gewesen, das du so unfürsichtig hinein geplumpt hast (beim
bUdersturm). Lcther 2, 77' ; mein rotlengeist plumpt eben den-
selben weg hinein. 3, 53' ; ich werde gezwungen , ich habe
gute Ursache zu kriegen, will dich drauf verlassen, und toll-
küne hinein plumpen, das gilt auch nicht. 825"; plump fallen:
ins wasser hinein plumpen ; bildlich, in bezug auf eine verübte
hinterlist: ich pinsel, ich gimpel, so hineinzuplumpen. Klinger
1,340. transitiv, werfen:
der bninn, der liebste bninn, der stets so hell und klar,
für solchen groszen zorn, jetzt auch nicht sicher war.
er licsz nicht nach viel stein und sand und grosze kiuni]ien
von erd, auch äst und stumpf und stamm hinnein zu plumpen.
D. V. D. Werder Ariost 23, 211, 2.
priigen: die käntnisz gottes in eines herz hinein prägen,
notitiam dei animo alicujus imprimere. Hederich 1292.
predigen: in einen hincinpredigen ; transitiv: ich hatte
heute eine solche besondre freude an erbärmlichen sitten,
dasz ich mir jeden bissen hinein predigen liesz und dasz ich
über zwanzig gesundheiten trank. J. Paul uns. löge 2, 69.
quälen: so viel hab ich .. hinein gequelt {getrdnk in den
leib). Garg. 99*.
rauschen:
kein schiff wird erobert, und keins, zu belastet
von der hineinrauschenden woge, versenkt. Klopstock 2,38.
reden: sölich klepperer. . die da hinein in ein sach reden,
es treff an was es well. Keisersberg sünd. d. munds "'.
regnen: es regnet in das haus hinein, impluit in aedes.
Stei^bach 2,242.
reiszen: ein loch hinein reiszen, ins kleid ; bildlich: diese
ausgäbe muszte ich aus meinem eigenen beutel bestreiten,
sie risz mir ein groszes loch hinein; mit persönlichem object:
diese {Ursachen) . . . rissen ihn in die kirche hinein. J. Paul
leben Fibels 25;
in welches wagnis reiszt ihr mich hinein!
ScHaLER ^^aria Stuart 2, 8.
hinein reiszen, in umrissen hinein zeichnen: aber in Gustavs
gehim risz dieses in der luft hangende gesiebt mit der ätz-
nadel ein verzerrtes bild hinein. J. Paul uns. löge 1, 1S7.
reiten: beredt in, dasz er irem rath nachsetzt, und folgendts
in dasz schlosz hinein ritte. Amadis 65; ich sah ihn wie er
zum schloszthor hineinreiten wollte. Göthe 42. 73. vgl. hierzu
unter herein reiten sp. 10S7.
rennen: er rannte in sein schwert hinein; in die ge fahr
hinein rennen, inferre se in discrimen. Steinbach 2, 295.
rufen: man ruft mich in das haus hinein; mit dem datic
der person: da rief er inen hin ein und herberget sie. apostel-
gesch. 10, 23.
rumpeln: vermuteten wir, solchen {raub) in der untern
Pfalz zu erhaschen, derowegen rumpelten wir hinein. Simpl.
3,243 Kurs.
sammeln: unaufhörlich zählt sie diamanten, ein kleines
niedliches körbchen trägt sie in der band, da sammelt sie die-
selben hinein, und schüttet sie wieder aus. Kläger theat. 3, 124.
saufen: das mastixwasser. welches er über tische so be-
gierig hinein gesoffen hatte. Schelmu/fsky 2, 64 ;
wie manchen, manchen man
soff nnsre Saale nein, wie manchen gab sie wieder
weil sie schon war lu satt. Flemi:«c 114 (104, S9 iMppenb.).
schachern: ein konfiscierter widriger kerl, als hält ihn
irgend ein Schleichhändler in die weit meines herrgotls hin-
«ingeschacbert. Schiller kab. u. liebe 1,2.
schauen: und da er zum graben kam und hinein schawet,
Mhe. da sas Daniel mitten unter den lewen. vom drachen zu
Babel 39;
da fiels mein lebtag mir nicht ein,
dasz noch was schönres sollte »ein,
als in dein liebes augenpaar
hineinzuschauen immerdar. R. Rki5ick lieder 136-
in eure plane schaut ich längst hinein. Göthi 9,307.
reflexiv: in diesen »piegel schau ich mich hinein.
RecKKRT ges. ged. 1, 386.
scheinen: man lasse in ein leere? kubisches gefäsz das
Sonnenlicht in der diagonale hineinscheinen. Göthe 52, 89.
schicken: seinen wagen zum thore hinein schicken; wenn
ein land an mir sündigt, und dazu mich verschmehef, so wil
ich meine band über dasselbe ausstrecken . . und wil theurung
hinein schicken. Hes. 14,13. reflexiv: Aslarte, ob sie gleich
niemals von dieser schwärmerischen deutung ihrer reize ge-
hört hatte, . . . wuszte sich gleichwohl sehr schnell hinein-
zuschicken, und das in sich zu sehen, was Giafar in ihr
wollte entdeckt haben. Klisger 5, 84 ; ich sage . . dasz, so
wenig zwei blätter . . sich einander gleichen, eben so wenig
gleichen sich zwei lagen im menschlichen leben, und dasz
es nicht mit der maxime allein gelingt, sich in diese un-
gleichen lagen hinein zu schicken. 11,104;
schick dich in die weit hinein ;
denn dein köpf ist viel zu klein,
dasz sich schickt die weit darein.
PisTORics thes. i>ar. 7, 88,
schieszen, intransitiv: in Bithynia, gegen mitternacht, da
das meer an Ungern hinein scheust. Lcther 3,267"; transitiv:
der mond schieszt eben ein paar strahlen hinein {in das
zimmer). Leisewitz Jul. v. Tarenl l, l s. 11.
schiffen: hineinschiffen, innavigare. Hederich 1292.
schlagen, l) «rie darein schlagen Ih. 2 sp. 772; intransitiv:
er schlug mich . . nun will auch ich hineinschlagen. Klinger
1, 58 ; transitiv : er rannt auf mich los, es war mir als wenn
mich der donner in die erd hinein schlug. Göthe 8, 91 ;
schlagest du einen teufel heraus, so soll du ihr zehen wieder
hinein schlagen. Schottel 1137*. technisch, beim iceber {rergl.
einschlag 3, theil 3 sp. 272): der faden wird hineingeschlagen
und nicht um seinen willen gefragt. Tieck 8, 187.
2) gewaltsam oder mit macht hineinziehen, hineintreiben, in-
transitiv :
nehmet holz vom Gchtenstamme,
doch recht trocken laszt es sein,
dasz die eingepreszte llamme
schlage zu dem scbwalg hinein!
Schiller glocke r. 24.
transitiv: jeder köpf, der selbst denkt, wird auch selbst
sprechen, und so wird wieder sein Vortrag nach ihm gebildet :
er wird seiner spräche merkmale von seiner seh-, von den
schwächen und lügenden seiner denkart, kurz eine eigene
form eindrücken, in welche sich seine ideen hineinschlugen.
Herder z. litt, l, 47 ; indesz auf diese weise, mein herr, werd
ich wenig fischen, dasz man mich so auf einmal theils in die
neue metaphysik hineinschlägt, theils in den dialog. J. Pacl
rorsch. d. ästh. 3, 154 ;
der hunger wurde bei den Grieben
hinausz, das reichthum eingestrichen :
der hunger wird bei unsem tagen
hinein, das reichthum auszgeschlagen.
LoGAü 1, 119, 6 ;
viel in den leib hineinschlagen sagt man im gemeinen leben für
unmäszig essen.
schleichen: der dieb schleicht ins haus hinein; in eines
sinn hinein schleichen, irrepere in alicujus mentem. Hederich
1292;
und durchs äuge schleicht die kühle
sänfligend ins nerz hinein. Göthr 47,52.
schleifen, reflexiv: mit etlichen leichtfertigen weibern, so
sich heimlich hinein schleifen. Reüter v. Speir kriegsordn. 13.
schleppen: weil der teufel . . . mich im schlaf nieder-
liegenden in die sündlichsten träume hinein schleppt. J. Pacl
komet 3,224.
schleudern: steine unter eine Volksmenge hineinschleu-
dem ; auch intransitiv : wo kein sonnenfnnke hineinhlitzt, kein
strahl hineinschleudert. Hippel lebensl. 3, 260.
schliefen: es ist gleichwol derselbige Christus leib (tm
abendmahl), und die thür auch verschlossen, und Christus ist
nicht zwisschen den ritzen und negellüchern hinein geschloffen.
Luther 3,480*;
etlich lasen {laufen) die buscn offen ;
bistu als dan hinein geschloffen,
zusehen, was im thal da steck,
so hant sie dich gwis wie ain zweck.
Fischart flöhhatt 1046 (dicht. 2, 30 Kurt).
schlieszen: alsdenn machte sie ein zimmer auf, schlosz
mich hinein. Heinse Ardingh. 1,210.
schlingen:
und er Hei über die hilfte (de* erbeuteten schweinet)
schlang begierig hinein. GAthi 40, 183;
sein trunknes äuge schlingt mit gierig offnen bHcken
so viele reizungen hinein. Wiblaüd 10, 159.
1423
HINEIN
HINEIN
1424
schlucken: welches (bht) die katze begierig hinein-
schhickcte. Lokmans fah.id; die verfluchte zunge, die manche
gäbe goites hinein geschlukkel hatte, mus ewiglich ver-
schmachten. BuTSCUKY Palm. 460.
schlupfen, schlüpfen: aus einem laden in den andern
ungesehn hineinschlupfen. Fr. MCli.er 2,114; das war auch
nicht artig, dasz du so früh hineinsclilupftest (ins haus), als
wenn dir der schöne mondschein die äugen zudrückte. Güthe
11,4;
aber mit unnih
sorg icli, üasz mir indesz Menoiios lapl'orem sprösziing
fliegen, hinoingeschlüpft in die erzgesictilagcnen wuiulen,
drinnen gewürm erzeugen. llias 19, 25.
schmeicheln, reflexiv: dem einen gelingt nichts, was er
nicht mit lebhafter kraftiiuszcniiig anfangt; ein anderer hin-
gegen musz sich, so zu sagen, in jede sache hineinschmeicheln.
Garve anm. zu Cic. de off. 1, 208.
schmeiszen:
der cyklops tobt und wiith, den grimmen trachcn gleich :
bald wird er zornig rot, bald wird er giftig bleich
und schmeiszt so plump hinein, als wolt er bäume spalten.
ROMPLER 105.
transiliv : B. o säsz ich noch im thurm! L o thüten
sie mir den gefallen und schmissen mich hinein ! Kungers
theater 2,310.
schmieden: die aus der kette gerissenen glicder wieder
hineinschmieden. Klinger 5, 377.
schmiegen:
mit leichter brüst und fröhlichem gewissen
schmiegt sie im röckchen nun sich in ihr bett hinein.
Wieland 21.324 (Klelia «. Siiiib. 5,399).
Schoppen: hinein Schoppen, infarcire. Maaler 224*.
schrumpfen:
der knospe gleich am kalten miirzentage
schrumprt, wenn des glückes Sonnenschein
sich ihr entzieht, die seel in sich bioein. VVieland 9, 108.
schütten:
er (Cupido) schüttet die pfeile
zum teuer hinein. Göthe 8, 83.
schwatzen, schwätzen: auf einen hinein schwatzen;
er schwätzt sich in wuth hinein.
sehen: ich selber wollte allein die vokazion einhändigen,
um ins zitternde herz, wenn es sich weit und gewaltsam zur
aufnähme der groszen wonne öffnen musz, tief hineinzusehen.
J. Paci. jubelsenior 73. zusehen, untersuchen : dann wann einer
fleisziger in allen unterschied der bücher, mit welchen heutigs
tags die kOnst und Wissenschaften praviren, wird hinein sehen,
so ist nichts zu finden, als die unterschiedliche widerholung
einerlei sach. Schüppius 766.
setzen, l) imponere: und setzet den leuchter auch hin ein
(in die hundesküt(e). 1 Mos. 40, 24 ; darnach zog er hinein in
die stad, und lies alle giewel wegthun und ausrotten, und
setzet leute hinein, die gottes gesetz hielten. 1 Jl/occ. 13, 48 ;
setz du mir einen Spiegel
ins herze hinein,
damit du kannst sehen
wie treu ich es mein.
Volkslied 'kein feuer, keine kohle';
du bist hineingesetzt in ein leben, wo dir das hören und
nachdenken unvenneidlich wird. F'reytac Äawrfsf/ir. 2, 115; das
müdel . . . verschlägt mir am end einen wackern , ehrbaren
»chwiegersohn, der sich so warm in meine kundschaft hin-
eingesetzl hätte. Schilier k'ih. u. liebe 1,1; wir setzen alle
unsre lugend da hinein, nur das nfithige . . zu tliun. Ki.incer
9,129; wir., setzen unsere kraft vorzüglich da hinein, ruhig
zu scheinen, wenn wir es nicht sind. 2C9.
2) intransüiv, se inferre: der reiter setzte kühn in den ström
hinein ; heim himmel ! die leute setzen und springen ja in
mein werk, wie in eine passagierstuhe hinein. J. Padl Hexp.
I. 144;
er kam zum Ktrand, er setzt hinein,
hinein bin an das kinn. IIürgkr Hh' ,
vom rindrintjen in den feind: «o oft wir es imi iliinn «,i);»ii
imd hinein setzen »lillen. Fhonspkik.er At/V(/.>^>. 3, 18t'; vom ein-
dringen einer tnaterie in die andere: porpiiu, der seine glcich-
zeitigkeit . . . dadurch beweist, dasz zinuflotze noch in ihn
hineinsefzen. Götrk 51,119.
3) die f'irmel es hineinsetzeu, et teagen, kniiftß an diu bild
eme$ eintalzes beim spiel an, vgl. eiiiKCtzen 7 Iheil 3, 291, und
t» ballM tben $p.V*'i: der knnig würde den gefangenen wider
heini tchklttta, auf danz er seine hanjitleut und her/ogeii an-
reitzet, dasz sie es gegen dem feinde tapfer hinein setzten,
auch dasz er im seinen feindt selbst günstig machte, mehr
im zu dienen, denn wider in zu streiten, buch d. liebe 221";
verwegen es hinnein setzen, als wüclisen köpfe auf bäumen,
und licttc man das leben gestolen. Schottel 1122";
sehen das wir auch kriegsleut sein
und dörfens dapfer setzen nein. H. Sachs 3,1,228',
drumb, lieben leiit, macht euch ein herz !
riist euch ! es kan nit änderst sein.
o ich will es frisch setzen nein,
mich wchrn, wie ein redlicher mann.
J. Atrer 397' (1997, 21 Keller).
singen: wenn er . . . stark ins grosze singen hineinsang
(in den gemeindege.<tnn;] einstimmte). J. Pacl leben Fibeh 25.
sperren: einen in einen kaflcht hincinsperren. Klincer
3, 20(i.
spiegeln: ha diese goldnen träume, die um mich her
wandeln und sich in mein inneres hincinspiegeln. Fr. Müller
2, 57.
spielen: eine vernünftelei, die den begriff des zwecks in
die nalur der dinge hinein.xpielt. Kant 7,230. reflexiv: Viriath
aber spielte sich des nachts hinein {in die Stadt Erisane), thät
früh auf die Homer einen glücklichen ausfall. Lohenstein
Arm. 1, 893'.
sprechen: auf einen hinein sprechen, reflexiv: sich in
begeisterung hinein sprechen.
sprengen: er eilte gegen die kammerthür, aber sie war
zugefahren, den schlttssel halte er beim hineinsprengen her-
unter geworfen. Göthe 17, 387 ;
dann sprengt er hinein (in die feinde) und führte den ersten »tos-z,
davon ein englischer ritter zur erde .schosz. Uhland tieii. 351.
springen: er foddert aber ein Hecht und sprang hin ein
{in das geßngnis). apostelgesch. 16, 29 ; wer es aber thut {sich
nach den bilderstürviern hält), der ist schon in den geisl {ihrer
lehre) hinein gesprungen mit stiffeln, und mit allem, und ist
ein gcistgele.rter. Luther 3, 61' ; man findet leute die nicht
alimehlieh zu ehren aufsteigen, sondern mit einem einzigen
zulaufe hinein springen. Butschky ralm. 615;
ich spranp ins leben froh hinein,
früh aber fand ich mich allein.
SCHHIDT VOW LÖtKCK (1847) 153.
spülen: er öffnete die fenster gegen den see, auf dem
ein zweiter aus luftwogen stand, der mit einer wärmern und
leisern l)randung über die fenstcrbrüstung hineinspühlle.
J. Paul biogr. bei. 1, 91.
stechen: {wie er) den dolch ergriff, und ihn in den wanst
hinein stach. Bein, fuchs {Rostock 1662) s. 275.
stecken:
und also
liesz der bar sich bethören und steckte den köpf in die spalte
bis an die obren hinein und auch die vordersten fusze.
(iÖTHK 40, 25.
steigen: {ein mann) hatte einen brunnen in seinem hole,
da hin ein stiegen sie. 2Sam. 17,18; welcher nu der erste,
nach dem das wasscr beweget war. hin ein steig (in den teieh],
der ward gesund. Mt. 5, 4 ; wer nicht zur thür hin ein gehet
in den schafstal, sondern steiget anderswo hin ein, der ist
ein dieb und ein mürder. 10,1; Simon Petrus steig hin ein
{in das schiff). 21,11.
stellen: hineinstellen, inlro ducere, immittere. Stieler 2147.
steuern: er entschlosz sich endlich, wieder in das mecr
hineinzustcuern. Beckers ireltgeseh. 7,24.
stolpern: wenn meine frau den ganzen tag am bUren-
fiinge steht und zweige darauf wirft, damit ich hineinstolpere.
J. Paul uns. löge 1, 19.
stopfen: das essen mit gewalt in das eröffnete maul
lunein stopfen, cibum per rim ore didurto infarcire. Steinhach
2, 721.
stoszen: er machet zehen kessel, der setzet er fünf zur
rechten, und füiife zur linken, drinnen zu wasschen was zum
l)rand(i|)fer gehöret, das sie es hin ein stiesn-n. 2rArf>n. 4. «;
und die esel mit sorgen saufen, dami sie dörfen ilie gosch
nicht recht inns wasser stii>/.en, . . da hingegen ein gnni d.is
gefrJisz hinein bisz über die iiasziricher stos/.t. (.'«ri). 'Ji:»' ; ilen
köpf oder das haupl in strick hinein slos/en, intereir eollum
in Uiqueum. Mam.er 224'; den köpf zu der zeit hinein stus/en
oder haben, ifiserrTc rapul in tentorium. das. . mit dem enl-
lilOszIen buM'n, in den sie »ich den dolch . . . hineinstö>/i.
II. liKiilP. 1,203;
ttoitf d'noftnn bati In d'gscbrifl hiniii. Irnij. Juli. Kv(j.
1425
HINEIN
HINEIN
1426
strahlen: das hewusztseiii der apostel ist das medium,
durch welches die himmlische wahrheil in die geschichte hin-
einstrahlt. Martensen- dogmatik i. aufl. s. 32.
strecken: er faszte meinen jungen fcnpf und streckte ihn
in seinen grauen hart hinein. Heisse Ardingh. 1, 176.
streifen: in ein land hineinstreifen, mearsare in regionem.
Hedebich 1293.
streuen:
das Wasser selbst macht trunken
von selickeit.
bat ^lauoenshand den funken
hineingestreut. Voss poet. werke (1835) 168*.
strömen, intransitiv: das wasscr strömte hinein in das
haus; transitiv:
und ein hauch aus ihrem munde
strömte wohlgeruch hinein {in die roten). Bürger 115*.
studieren: heute bringt das göttliche recht keine groszen
männer mehr henor, weil niemand mehr einen lebendigen
glauben daran hat, die päpste selbst nicht, sondern, was
noch wie glaube aussieht, das haben sie in sich selbst hioein-
studirt. Frantz krilik aller parteien 196.
stürmen: Roquairol kam wieder mit sonderbar empörten
äugen; er hatte wild in sein herz hineingestürmt. J. Padl
Tit. 2, 13S.
stürzen:
den abgnind saht ihr, der vor euch sich aufthat,
und, treu gewarnet, stürztet ihr hinein.
Schiller Maria Stuart 1, 7.
reflexiv: er stürzt sich in den ström hinein.
tanzen: die grüne finsternisz, in welche leise glühende
sonnenfunken hineintanzten, wenn der luflhauch die blätter-
nacht öffnete. BE>fZEL-STERNAü.
tappen: unsre spräche ist zu schwankend, die Wörter zn
Tieldeutig, um genau in die fugen der Wahrheit zu passen,
die natur hat die umrisse der begriffe sanft in einander laufen
lassen; wir tappen gleichsam mit breiten tatzen hinein, und
vermischen sie. M. Mendelssohn bei Gökihgk Nicolais leben s. 197 ;
ich pDegte sonst doch billig
besonnen noch zu sein;
und jezo tapp ich willie
in albernheit hinein? Voss 5, 58.
tauchen: hineintauchen, in die /tut. Klisger 4,191; trans-
iliv: einen ins wasser hineintauchen; ich ging im langen
abendthal an dem bewohnten bach hinauf .... die hinein-
gelauchte sonne und die mücke mit ihren schrittschuh-füszen
liefen neben mir auf dem wasser weiter. J. Paul uns. löge 2,7S.
thun: uns geschieht glich wie der frowen, die do under-
stot ein hert junger hüner in ein hafen zu samlen, die selbig
wenn sie eins hynin thut , so springt das ander herusz.
Keisersberg tilg. 9'; samleten alle speise . . und theten sie
in die stedtc. was für speise auf dem felde einer iglichen
slad umbher wuchs, das theten sie hinein, l Mos. 41, 48 ; und
sie bereiten sie (die kosten) zu, und theten hin ein die hebe.
2 ehron. 3t. 12 ;
stellts {das käs(chen) hier nur immer in den schrein,
ich schwör euch, ihr vergehn die sinnen;
ich that euch sächelchen hinein,
um eine andre zn gewinnen. Götbe 12, 141.
reflexiv, sich in eine arbeü versenken: wie wäre es also, wenn
du dich einmal wieder hineinthätcst und das werk fertig
liefertest. Zeiter an Göthe 2, 94.
tosen ßr tosen: dasz es weit in die weit hineintöset.
Tieck 9,223.
traben:
und so trabt er die höhle hinein. Götbk 40, 202.
tragen: und macht auch ein essen, und trugs hin ein zu
seinem vater. l Mos. 27, 31 ; so spricht der herr, hütet euch,
und traget keine last am sabbaths tage, durch die thor, hinein
zu Jerusalem. Jer. 17,21; indem nun der bediente die Schachtel
zu dem gnädigen herrn hineintrug. Ixsierman:« Münehh. 1,65;
indem der forscher seines innern, statt blos zu beobachten,
manches in das selbstbewusztsein hineinträgt. Kant 10, 140.
trampeln: so schoben sie . . die Schüssel so weit leise
Tor, dasz der greifende häscher ohne mühe hineintrampelte
und driiberschlug. J. Paul uns. löge 1, 97.
tratschen: es kann als eine erklärung auf alles, was
dame Fama aus ihren beiden trompeten von ihm in die weit
hineinträtscht, angesehen werden. Wiela.nd in Mercks brief-
tammlung 2,81.
träumen: verderbliches, fieberhaftes hincinträumen in den
letzten schlaf. J. Paul Tit. 3.77; irh erkannte, dnsz die ver-
rv. II.
nunft durch diesen schwinde! des absoluten wissens sich hin-
einträume in eine ebenbürtigkeit mit der göttlichen Weisheit.
evangel. kirehenzeitung 1S66 s. 691.
treiben: nu hat man diesen handel schnell, purdi, purdi
angefangen, nnd mit feusten hinein getrieben. Luther 2,76':
im hofe
lag ein eichener stamm ; er hatte diesen zu trennen,
schon zwei tüchtige keile hineingetrieben. Göthe 40, 24 ;
vom geistigen treiben:
da war so dunkel keine scbincht, so enge,
dasz atmend forschen nicht hinein sie trieb.
Fheiligrath ilichl. 2, 180.
treten: da trat bin ein die tocbter der Herodias, und
tänzele. Marc. 6,22; dasz er sampt inen zumal hinein tratt
(in die kammer), da er denn einen alten ritter im bett ligen
fand. Amadis 66.
trichtern: am auffallendsten war mir jedoch ein strauch-
artig in die höhe gewachsener nelkenstock. man kennt die
gewaltige lebens- und vermehrungskraft dieser pflanze; äuge
ist über äuge an ihren zweigen gedrängt, knoten in knoten
hineingelrichfert. Göthe 29, 49. 5S, 112.
triefen: hineintriefen, instillare. Stieler 2.32S.
trinken:
wir werden nie zu weise noch zu alt,
ihr {der thorheii) süszes gifl mit lust hinein zu trinken.
Wielamd 9, 271 {d. leben ein Iraum 12).
trommeln: wenn mich der krieg einmal ins tödten hin-
eintrommelt. J. Pacl uns. löge 2, 10.
trompeten: während ... der wirthbubc auf einem bier-
heber zum fenster hineintrompetete. J. Paul Hesp. 2, 65.
tunken: die band ins blut hinein tunken, manum in
sanguinem immergere. Steixbach 2, 882.
vernünfteln: wir vernünfteln eine menge übel in das
ganz erträgliche leben hinein. Sturz 1, 50.
wachsen: die umarmung erwärmte alle seine kalten
wunden, . . das fremde leben wuchs in seines hinein. J. Paul
Hesp. 3, 65.
wagen: da er aber sähe, das das volk schew hatte, sich
in das wasser zu begeben, da wagt er sich erstlich hinein.
1 Macc. 16, 6 ;
wiltu mir nicht behülflich sein,
wil ich mich wa?en selbs hinein (in die gefahr).
Fischart flöhhatz 2146 {dicht. 2, 58 Kurz).
weben: wir, die rächenden dienerinnen des Schicksals,
weben euch hinein die quäl. Klinger 2, 23S ; oder flickst du
einen idealisch-historisch-moralischen roman . . . zusammen,
und webst deine ... groszen thaten hinein? 10,277.
weinen: ach ich dachte, ich würde mich noch recht lange
. . . nach dem sterben sehnen müssen, ach ich besorgte, diese
erblaszten wangen, diese hineingeweinten äugen würden den
tod nicht erbitten. J. Paul Hesp. 2, 176.
werfen: hineinwerfen, ingerere. .Maaler 224': vergebens be-
mühst du dich, bleiches wolkenlicht, deine trügenden strahlen
auch dort hineinzuwerfen. Frett.^g handschr. 1,6;
und weil sie unter sich het gstellt
ain alten hafen für die kalt,
warf sie in inn die glnt hinein.
Fischart flöhhatz 1409 {dicht. 2, 39 Kurz) ;
und warfst du die kröne selber hinein {ins meer).
Schiller taucher;
wüszt ich mein herz an zeitlich gut gefesselt,
den brand warf ich hinein {in mein haus) mit eigner band.
Teil 1,2;
du hast den fackelbrand hinein geworfen,
was packt dich jetzt die ahnung der gefahr? Kör:<er 2, 297.
reflexiv: sich in den wagen hinein werfen.
winden: sie flocht einen kränz und wand rosen hinein;
reflexiv: es windet sich ein gang in die höhle hinein.
winken: einen in das haus hinein winken.
wirken: buchstabcn in die kleider hineinwirken, intexere
litteras vestibus. Hederich 1291; in die liebe hingegen wirkt
eifersucht neue rannchfaltigkeit hinein. Knigce umg. vi. m. 2,82.
wischen: one zweifei weren sie mit der schar hinein
gewischt {in die Stadt). Amadis 97;
und der schwarzen kammer flügel
gffnen sich; sie wischt hinein. Götter 1,52(34).
zeichnen: das album ward ihm gereicht, er zeichnete eine
skizze hinein; reflexiv: an dieser diinstkugel (einem nebligen
himmel) oben zeichnete sich die sonne wie eine erblassende
nebensonne hinein. J. Paul uns. löge x 65.
zeigen: er zeigte mit der hand in das offne thor hinein.
ziehen, intransitiv: Pharao zoch hin ein ins meer. i Mos.
15,19; in dem lande, ... da du hin ein zeuchst über den
90
1427
HINEIN — HINFABELN
HINFAHREN — HINFAHRT
1428
Jordan. 5 Afos. 30, 1!> ; und er /.och hin rin, und gicng durch
Jericho. Luc. 19, 1 ; wie wir in die stadf hineinzogen. Rlijjcers
theater 4. 121 ; die grauen regenwolken zogen das thal hinein.
GöTHE 16,135. transitiv: griffen die nienner hinaus, und zogen
Lol hinein zu inen ins haus. i 3foj. in, 10; da aber der seine
band wider hinein zoch. 3S, 29. reflexiv: zog sich ein häufen
Thebaner in die stadl Platäa hinein. Heilman Thucyd. 173;
eben so werden die gedichte Mariens von Frankreich durch
den dufl der jähre, der sich zwischen uns und ihre Persön-
lichkeit hineinzieht, anmuthiger und lieber. Göthe 32, l"6.
zucken: der engcl der letzten stunde zuckte wie ein blitz-
strahl in die öde hülle hinein. J. Paul Q. Fixlein 42.
zwangen: indem man das theafer in einen concertsaal
hineingezwängt hatte. Göthe 24, 144.
zwingen: er musz sich in empfmdungen hineinzuzwingen
wissen, unter deren widernatürlichkeit sich seine seele sträubt.
Schiller rduber, vorrede.
4) hinein bezeichnet auch die ungefähre erstreckung auf eine
xü hin: bis in den herbst hinein blieben sie auf dem lande;
dann plagt ein mürrischer pedant
die köprcnen mit latein,
.so sehr mamachen auf ihn schmählt,
bis in die nacht hinein. Höltt 122 Halm.
vielfach in Verbindung mit verben : sein gesiebte ist Proteo
mutabilior; schauet gegen dem dürftigen nächsten immer in
die andere woche hinein [vertröstet ihn darauf), hält ihme
keinen stand. Butschky Patm. 298; der heutige abend, in den
er so oft hineingesehen als in eine hülle, und eben so oft
als in einen himmel, stand jetzt als verwon-enes mittelding
von beiden so nahe. J. Paul Titan 3,93; ein armer erdensohn,
im gefühl von geist und fähigkeiten, muszte sich kümmerlich
ins leben hineinschleppen, und die gäbe, die er allenfalls von
den musen erhalten hatte, von dem augenblicklichen bedürfnis
gedrängt, vergeuden. Göthe 25,289; in den tag hinein schlafen;
in den tag hineinschlemmen. Stieleh 1S27 ; und die letztere
fnrtnel erlangt den sinn des unbestimmten, sorglosen, womit sie
an die oben unter no. 2 sp. 1415 genannten anstreiß : in den tag
hinein kaufen, male et nequiter emere, in den tag hinein leben,
vüam susque deque vivere. Serz 152*;
ich lebe, frei von schwarzen sorgen,
gemächlich in den tag hinein. (jOtter 1,42S.
in diesem sinne sciteint auch ein ganz ungewöhnliches hloszes
hineinschlafen zu stehen: ich hatte (unter andern wilden völker-
slämmen) gesehen ... die Arimphei . so unter den bätimen
ohn alle Verwahrung sicher hinein schlafen. Simp/. 2.193 Kurz.
iktliche und zeitliche bedenlung des adverbs verlaufen in ein-
ander: las dir nicht gefallen der gottlosen furnemen. denn sie
werden niiner mehr from bis in die helle hinein. Sir. 9, 17.
HINEINBILDUNG, f: ja. was ist das wesen menschlicher
geistesthütigkeit, als eben diese bildnerei, oder mit Schelling
zu reden : hineinhildung des idealen in das reale. Frantz
krüik aller parteien 169.
HINEI.NBRINGUNG. f impoitatio. Hederich 1291.
HINEINEN, adv. für hineinhin. verstärktes hinein. B. BiNC-
WALD tr. Efkart J3*.
HI.NEINEK. adv. nach analogie von hereiner (sp. 1080), aber
fibel gebildet, da der letzte theil des irorles aus her abgeschwächt
i.tt. es bedeutet verstärktes hinein :
ich dürfte kurz in einer summn
um ganzen köpf tu kurze kommii.
vorauf), w«nn ich mein konig ohii Böhm
mit mir nach Prag hineiner nahm.
OriL u. CoHN 118,224.
HINEINFCHRL'NG, f. introductio. Steinbach 1,391 : die hin-
einfQhmng von lebensmitleln in die belagerte Stadt.
HINEINWÄRTS, adr. : hineinwertz, introrsiim, introrsus \)\-
svronifs ; es waren enge fensterlin an den gemachen und
erkern bin ein werd«. Hes. 40, t«; und es gierigen leisten
herumb, hinein werds gebogen. 43; (philosophen) weihen si< h
denjenigen theilen der wellweisheit, deren fusztapfen, mit dem
Aesopus zu reden, mehr hineinwerls als hinauswerls gehen.
l.r.<t8i5G 6, :kw.
HINEINWEG, m.: wenn ihn [Wirütelmann) der frühere hiii-
einweg durch da« bergigle und feUigte Tyro! intere»«iert. ja
entzückt hatte. Göthe 37. «.'..
HINFABEI-N. verh. ftihchtd hinsetzen : der denkende inen''cli
bat di»- wundrrlii'he i'igen>rhail. <ia«/ i-r an die >i|p||e. «n
da« unaufgelöHie problem liegt, gerne ein phnntaKiebild liin-
fabelt. GöTiir. K, 2Vi ; H»m> fnbelhaßes. unqlnubtirhet Mn sngrii
{rgi hin \.r,,a »p. 137.»): er fabell etwa« hm.
HiNF.\HHEN, verb. in mehreren bedeutiingen.
1) allgemein, von einem sprechenden weg und himedrts fahren,
fort ziehen, gehen: ahd. gang 115 inti far hina, wanta HirAde»
wili thih arslahan {eri et vade hinc, quia llerodes vuH te occi-
dere). Talian «2, 1 ;
mild, er sprach: vart hin, ir ribbalt (laugenichts).
mülslege al ungezalt
.«ult ir hie vil enpfähen,
weit ir mir fürbaj nähen. Pnrz. 360,25.
nhd. da antwortet im sein waffentregcr, thu alles was in
deinem herzen ist, far hin, sihe, ich bin mit dir. l Sam. 14, 7;
far hin, und thu also. 2 chron. 18, 22 ; ich bin im geiste ge-
bunden, fahre hin gen Jerusalem, weis nicht was mir daselhs
begegnen wird, apostelgcsch. 20,22; lassen hinfaren, ausz den
armen gon lassen, dimitlere e complexu suo. Maaler 224'; fahr
hin, und nimb deiner sachen gleichwol gut acht. Schuppils
838; ich sehe sie auf dem starken rosse hinfahren {reitend),
gleich dem winde. Klincer 6,32. bildlich: hinfaren, nähend
dem zil, praevaricari. Maaler 224°.
2) eingeschränkter, sich zu wagen oder schiffe fortbewegen:
faret hin aufs meer. Jes. 23,6; also bald war das schiff am
lande, da sie hin füren. Joh. 6, 21 ; es kam mich eine sehr
wunderbare empfindung an, da wir so an dem forste hin-
fuhren. Klinger 1,36;
gieb mir drei schilTe ! su falir ich hin
und suche nach einenv throne. Uhiand ijed. 383;
wann schon die erntewa^'en, liocli geladen,
hinfahren, von gesang und klang begleitet. 435.
tu transitiver fügung: der Schiffer fuhr ihn hin zur kleinen
insel ; sie wurden vom kutscher nach der Stadt hin gefahren.
3) hinfahren bezieht sich auf entsprechende hewegung von dingen :
ein feuerflammen fuhr zwisschen den stücken hin. 1 Mos. 1.5.17;
es ist die stimme des herrn selbst, die dann über die wölken
hinfährt. Tieck 2, 84 ; namentlich auf bewegungen der glieder des
leibcs : er fuhr mit der band über seine stirne hin;
eine thet bei dem tisch hin fahren
mit der band tief under ilas kleid.
FiscuART diclil. 2, 403, 592 A'urz;
und darf ich dann in solchen reichen haaren
mit vollen bänden hin und wieder fahren. »iöTUK 5,52.
4) mit hinfahren wird der begriff des Schwindens und unter-
yehens verbunden : und der herr sprach zu mir, und wenn
gleich Mose und Samuel für mir stünden, so hab ich doch
kein herz zu diesem volk, treibe sie weg von mir, und las
sie hin faren. Jer. 15, 1 ; der summer fart hin, und vergadt.
effluit aesta.1. .Maaler 224'; die tage fahren hin. tempora la-
bitntur. Stieler 409; ein unwiderbringklich sache soll man hin-
faren lassen. Aimon bog. D iij ; ach I wie wol denen, die deine
(dir weit) geiueinschall ausschlagen, deine schnelle, augen-
blicklich hinfahrende freude verachten. Simpl. i, 114 Kurz;
lasz . . . sorgen und verdrusz hinfahren. Wrckhsrli!« 421 ;
leben, fahre hini Schiller Turandol 4,10;
fahret hin, fahret hin,
grillen, gehl mir aus dem sinn.
.")) hinfahren, vom sterben : wie er nacket ist von seiner
mutterleihe koinen, so feret er wider hin, wie er komen ist.
und nimpt nichts mit sich von .seiner erbeit in seiner hand,
wenn er hin feret. pred. Sal. 5, 14 ; in der helle da du hin
ferest, ist weder werk, kunst, Vernunft noch weisheil. 9, 10 ;
der mensch feret hin da er ewig bleibt. 12,5; im sterben
und letztem hinfaren. Luther 1.1»'. 3,2"; fahr hin, meuchel-
mörderl (er sticht ihn lodl). Schiller r<ii«6er 4,5;
0 wol dann dir, die also hin soll fahren. Opit« I, 188.
auch bezüglich des nbholens in die ewigkeit : und wäre das mein
bitt zu gott (als er verwundet in schmerzen lag), die ich thet.
wann ich in seiner göttlichen gnad wäre, so soll er im nahmen
gottes mit mir hinfahren, ich wäre doch verderbt zu einem
kriegsmann. Götz v. Beri . ho.
(i| vergl. auch dahin fahren theil i. «m7. 688.
HINFAHBT, f fuhrt narh einem hinwärts gelegenen orte: die
iiinfahrt nach dem schlösse geschah hei dem schönsten weller.
auf der herfahrt regnete es; rni der eisenlinhn werden hillelli-
für die hin- und ziiriic kfahrl nnrh und von einem orte aus
gegrlien, früher alter vorzugsweise das iregzirhru, verUuten, dri
iilisrhied : liinfahrl, seressus, decessus, abitio. ^ii-im 40");
d.i<.t ich nun die mein hon het i'
;um liOcIiKiiMi um orIW'uen
ernl sol Verlan. wie wlrt* Ir gnn'.'
mein hlnlnrl tut mlrb reuen.
(;Apkri «. TitTMAU« Ue4erh. 56,24.
1429
HINFÄHRTE — HINFALLEN
HINFÄLLIG— HINFLIEGEN
1430
häufig (tutch hinfuhren 5) vom sterben : und ir abschied wird
für ein pein gerechnet , und ir hinfart für ein verderben.
weish. Sal. 3, 3 ; ich han sie angelogen fälschlich und pöslich
und sind frumm leut, das red ich auf mein sterben und auf
mein leisten hinfart. ä. städtechroti. 5, 307, 3 ; herr, sprach die
herzogin, ich will solchs auf mein letzte hinfart behalten,
dasz ich den buben, desz man mich zeuht, nie gesehen habe.
Galmy 319 ; bei unserer höchsten seelen Seligkeit und letzten
hinfahrt. Recter v. Speib kriegsordn. 20; ich will mich als
gute Christin zu meiner hinfahrt bereiten. Raben er iceri« 4,149;
es jagen uns die welleu
der trübsal fohrt und iobn, doch ist ein uatei-scheid
der hinfahrt durch den tod am alter und der zeit.
Rist Pam. AT.
die Jäger nennen hinfahrt den zug des wildes rom feld zu liolz
und die spur davon, im gegensatz zur wiederfahrt, s. hinftihrte.
HINFÄHRTE, f. was hinfahrt in der zuletzt gegebenen tech-
nischen bedeutung: einige halten >iel davon, den hund so zu
arbeiten, dasz wenn er auf die hin- oder nachfährte gezeichnet
hat, er sich umkehre und auf die wiederfahrte auch zeichne,
man nennet dieses : der hund sei auf den ab und wieder-
sprung gearbeitet. Heppe jagdlust 17S3 1, 46.
HINFALL, m. dedinatio, obitus. Stieler 423.
HINFALLE.N, verb. prolabi, sublM.
1) nach hin I, 7 sp. 1376, abwärts fallen, zu baden fallen : und
sol einer über den andern hin fallen. 3 Mos. 26, 37 ; das kind
ist auf den boden hingefallen; wer hinfällt, steht wol auch
wieder auf; nach aller liinge hinfallen, pronum corruere. Friscb
1,244*;
der ein fiel hin, der ander her. Uhlamd tollisl. 648;
namentlich mit dem nebensinne des Vergehens, todtseins: denn es
sollen wol berge weichen und hügel hin fallen, aber meine
gnade sol nicht von dir weichen, und der bund meines friedes
sol nicht hin fallen. Jes. »4,10; sie {die wülfe, die einen bach
worin ochsenhiJute lagen aussaufen wollten, um die ochsenhäute
zu bekommen), soffen aber, dasz ihnen der magen platzete,
darüber hinlielen, und doch die heute musten liegen lassen.
Lokmans fab. 34;
und wären dazumal die hellgestirutea ballen (sterne).
vom iunern zuge frei, ins chaos hingel'allen,
sie hätt ich ohne reu gesehen untergebn.
BoDHER bei Haller (1766} IM).
2) hinfallen, als bild für vergehen, verschwinden : danuiib hat
gott in keinem cuncilio dem bapst nachgelassen, das dis
geendert sei worden . . . wer hat es denn gethan ? der ge-
meine man, denn es ist von im selbs hingefallen. Luther
3, 2«3'; die hüpsche und schöne ist hingefallen und verloren,
vuUus cessere. Maaler 224*; die liebe ist eine sündliche neigung,
wenn sie auf einer geilen diirne hinfallenden Schönheit haftet.
Bltschey Patmos 176 ; hingefallener glaube, afflicta fides. Stie-
ler 423;
es denkt mich noch ein spiel bei meinen jungen jähren,
drinn ich ein könig war, da andre knechte waren,
da nun das spiel war ausz, fiel meine Hoheit hin.
LocAU l. 25, ^4 ;
tgl. nachher hinfallig. hinfallen lassen, in bezug auf ein ver-
sprechen, es nichtig sein lassen: von stund aber lieszen die
mönch ire hievor dem bischoff gethanc zusagung hinfallen und
erkieszten ein abt nach ihrem gefallen. Stumpf (1606)35S".
3) hinfallen, in anderem sinne, nach einem ziele fallen :
was wehrt es denn mir men.'^chensatzung. blosz
aus blödem wahn, in .Mollys wonneschoosz,
von lieb und lusi bezwungen, liinzufallen? Dcrger 69'.
übertragen, mit den gedanken worauf verfallen : was thut ihr,
o meine landsleut? wo fall ihr hin? was für ein furi hat
eure gemähter bethöret? Schlppius 693.
4) participium des praesens und infinitiv in eigenartigem ge-
brauche, hinfallende sucht, auch das hinfallende und das hin-
fallen nannte man die epilepsie: hinfallende sucht, morbus
caducus, comUialis Stieler 423; von dem wehtagen oder hin-
fallenden «euche. Ufke.nbach neues rossb. 2. 45 ; die bauren . .
meinten, der sigrist bette den hinfallenden siechtagen. Wiceram
rollw. 175,27 Kurz; in dem buch vom hinfallenden sicchtage.
I'aracelsüs opp. 1,567A; liber de caducis das ist von hin-
fallenden siechtagen. 5!>9ß; in den groszen nöthen des gehen
todts, des hinfallenden und dergleichen. 591 C ; das hinfallend.
5U4B; zu Augspurg, sagt herr Velschius, hab er ein schön
mannbares inägdlein an dem hinfallenden mit diesem pulver . .
vullkommenllich rurirt gesehen. Huhrerg 2,627*; das hin-
falled , hinfallende noch jetzt in diesetn sinne in Vurarlberg.
Fromm. 4,2: in Baiern. Schm. 1.522; in Kärnthen. Lexer 89;
das hinfallen, epUepsia, morbus caducus Frisch 1,244'; der eine
hat den grind, der ander den krebs, . . der zwölfte den aus-
satz, der dreizehende das hinfallen. Simpl. 2, 113 Kurz. tgl.
das fallende Iheil 3 sp. 12S6.
HINFÄLLIG, adj. l) an hinfallen 1 angeschlossen, hinfallend:
recidicus hinfallig, verderbt in hinwellig, hinfellig Dief. 4S7* :
hinfellig, zum fal gericht. Maaler 224'; datier sterbend:
manic mensch wirt vor zom binvellic. Ilciiner 14000.
2) nach hinfallen 2, zunt untergehen reif, dem Untergänge nalte:
das hinfellig alter, declinata aetas Maaler 224' ; kaum aber ist
alles dieses gute (die ernte) in des menschen gewahrsam ge-
bracht, so schleicht auch der herbst schon wieder heran, und
unser dichter nimmt rührenden abschied von einer, wenigstens
in der äuszeren erscheinung hinßJligen natur. GOthe 33,152;
ohne kraft sich aufrecht zu halten, ohne bestand, vergänglich .
caducus hinfellig, unbestendig DasiiT.; hinfellig oder zergengk-
lich lob, das nit lang wäret, fama caduca. Maaler 224'; die
hinfällige Schönheit, decor fluidus. Stieler 423 ; darumb haben
sie (die Franzosen) auch die allerweiszest, zartesl und hin-
felligest blum, die lüg, zu ejm zeichen im w apen. Garg. 127* ;
wünschen sie mich also gesund. . . . aber wo möglich, mit
einem kleinen denkzeichen gesund, mit einem kleinen pfähl
im fleische, der den dichter von zeit zu zeit den hinfälligen
menschen empfinden lasse. Lessixc 12, 165. ohne halt, von
behauptungen und aussagen : hinfalliges vorgeben, vanus prae-
textus Frisch 1,244*; diese ineinung ist gar grundbrüchig und
hinfällig. Schottel haublspr. S62.
3) hinfällig, bei Götue in eigener bedeutung, nach einer be-
stimmten richtung hinfallend (vgl. hinfallen 3):
im leben isis bald bin- bald wiederlalli?,
es ist ein tand und wird so durcbgetandelt. 3, 101.
HINF.\LLIGKEIT, f defetisceiUia, infirmitas. Frisch 1,244*:
hinfälligkeit des gedächtnüsses, memoriae labes. Stieler 423;
die hinfölligkeit der kräfte, virium debilitas. Steinbacb 1,S7&;
int plural auch die merkmaU der hinfälligkeit: die hinfälligkeiten
des alters empfinden. .\dell'.ng.
H1NF.\LTEN, rer6.;
ein arm war um den andern geschlungen,
ihre bände nach Golgatha hin gefaltet. Klopstocc 4, l&.
HINFÄRBE.N, verb.: eine eile leinwand, worauf sie (/«riie»
und adltge) selber hingefärbt sind (gemalt), i. PicL Hesp. 1, 179.
HLNFASELN, verb.: einige (gemälde) nur bingefaselt, aber
auch im fasel ist Rafael schaffendes genie. Stolberg 6, 15.
HINFEGEN, verb. wie ein besen wohin gehen oder kommen :
wind fegt über die ebene hin; von personen: er fegt durch
den saal hin, beim tanzen ;
fegend ward er her und bin,
zum türleiu ein stund im der sinn, ring 9*, 24.
HI.NFINDE.N, verb. reft.: der fremde hatte den weg von
seinem gasthofe hierher gemacht, konnte sich aber nicht
wieder binfinden.
HINFLEGEL.N, verb. refl. sich flegelhaft wohin legen oder
stellen : der ochs, der im evangelieubuch sich so phlegmatisch
neben seinen heiligen gefährten hinflegelt wie ein Schäfer-
hund. MusÄLS volksm. 275; dasz er sich allein vor ihm wie
ein grobian heiter hinflegelt. J. Pacl vorsch. d. ääh. 3, 50.
HINFLEHE.N, verb.:
dort wobnl, nach der mein herz biuOehl.
RccKERT ges. ged. 1, 25S.
HINFLETSCHEN, verb. refl. reclinare, ßr hinUetzen. Stie-
ler 510. s. fletschen 2, theil 3, 1770.
HINFLIEGEN, verb. nach einer vom sprechenden abliegendtn
richtung fliegen:
liebeben, ach ! im starren bände
zwängen sich die freien lieder,
die im reinen hiramelslande
munter flogen hin und wieder. Göthe 5. 54.
in dieser richtung eilen:
und als nun hinter ihm die mauern ragen,
da (liegt er über hecken hin und graben.
Umland ged. 44.1.
wegfliegen, forteilen :
das hinfliegend gelück. H. Sacbs 2, 2, i7* ;
ja, die zeit ist hingeflogen,
die erinnrung weichet nie. Uu.a:<d ged. 194.
90*
1431
HINFLIEHEN— HINFLUTHEN
HINFORDER — HINFORT
1432
HINFLIEHEN, verb. nach einem ziele, einer abliegenden rich-
tung fliehen : wo sol ich hin fliehen für deinem angesicht?
ps. 13», 7 ; da wir hin flohen umb liiiife, das wir errettet
würden Ton dem könig zn Assyrien. Jes. 20,5;
wo bist du hingcflohn, geliebter friede?
gen hiinmel, in dein mutterüGhes land? Rahlbr 1,41.
»egfliehen :
und so fliehen meine tage,
wie die quelle rastlos hin. Schiller parasil 4, 4.
HINFLIESZEN, verb. nach einer abliegenden ricMung flieszen :
das die wasscr zwischen den bergen hinflieszen. ps. 104,10;
alle wasser laufen ins meer, noch wird das mcer nicht völler,
an den ort da sie her flicszen, flieszen sie wider hin. pred.
Sal. 1,7. bildlich: er sah aber vorher lange in den mond-
schein hinaus — landschaft und seele verwebten sich in ein-
ander seltsam und süsz — er flosz mit dem Schimmer in die
auen hin. J. Paul leben Ftbels s. 71 ; so flössen abermals einige
Wochen in liebesglflck und wechselverfcrtigung hin. Immebmann
Münchh. 1, 60 ;
und ihre schwarzen augenbrauen
die flössen ihr so fein und sanft verloren hin?
Wieland 10, 192.
zerfliesien, durch ftieszen vergehen : liqiiescere zerschmelzen, hin-
flieszen. Melber varü. 03'; hinflieszen, dimanare Maaler 224*.
vgl. hinflüssig.
HINFLÖH.NEN, rerb. hinflüchten, vgl. flöhnen tlieä 3, 1815 f
dasz ich . . sie (ei» flüchtendes weib) durch hecken und standen
an den allerdicksten ort des gesträuchs führete, da ich selbst
mein weib, kind, gesind und viehe hingeflehnt hatte. Simpl.
•2,39 Kurz.
HINFLÜSZEN, verb. hinflieszen machen, s. flöszen Iheil 3
1^20.1821: Orosius soll den flusz Gangen in dise statt geleit
und mit wasser hingeflöszt haben. Frank wellb. 180\
HINFLÜCHTEN, verb. l) transitiv, hinfliehen maclien, durch
das hinfliehen in Sicherheit bringen: er flüchtete seine ganze
habe hin in die dicksten wülder; reflexiv:
wenn alle weh dich herzlos kalt verhöhnt,
so flüchte du dich hin zu unserra grabe.
Schiller hr. von Messina (514').
2) intransüiv, wie hinfliehen: in eine ferne, einsame hütte
hinflüchten. Klinger 2,417.
HINFLÜCHTIG, adj. hinfliehend, fortfliehend, mlid. hinvlühtec
(Lever mhd. tcb. 1, 1301):
lasz machen uns ins hausz hinein,
die fraw wird nit lang auszen sein,
ergrifl" sie uns dausz vor dem hausz,
so würd sie zornig überausz
lind würd uns für liinflüchtig schelten.
H. Sachs 5,217»;
das leben, so du (twtt) uns gibest, ist eine elende pilgerfahrt,
ein unbeständiges, ungewisses, hartes, rauhes, hinflücbtiges
und unreines leben. Simpl. 2,114 Äurz;* was? sagte ich zu
mir selbst, glauben und folgen diese dem offenbarten wort
goltes der heiligen schrift nicht, die ihnen täglich vor äugen
liegt, . . was wird dann deine hinflüchtige stimme bei ihnen
auszurichten vermögen? 3, 40S; vier dinge hat der arme mit
den fürsten gleich : gesundheit, schlafen, gedanken und hin-
flüchtiges leben, polit. stockf. 140.
HINFLUG, »J. das hinfliegen, fortfliegen : dasz man einem
spatzcn nachheng und ein hennen verlier, oder in gefahr des
hinflugs setze, kriegsb. d. fr. 103 ; bildlich für verlast :
doch mein verdnisz kan nicht lang wehren,
weil ihr torrcclitf-r wankelmuht
er>t kam nach ubergebnem gut,
und nach dem hindug ihrer ehren. Weckbbrlin 397.
HINFLUSZ, m. das hinflieszen, die ^rötnung: spricht Esaias.
die do mit erberind und hofTnung uinhgcbcn sini, die sint
eben und uit anders, denn als ein boum der do stet an dem
hinflnsz der wasser. Keisersberg bilg. 27'.
HINFLÜSSIG, adj. fortflietzend : hinflüssig, fluidus, das hin
und ab wSg fleUszt. Maaier 224' ; darümb wollen wir weinen,
Küffzen und tniren, . . so wir gedenken wo wir nun sint, in
terra aliena zu Babylonie in diser weit, die do ist hinflüssig
als da«» wasscr. Keisersh. bilg. M>S*. zerflieszend : liijuefaetum,
weich hinflüssig worden, zerNcbmolzcn. Melber raril. o3';
Uquttcere zerschmelzen . . hinfluosig werden. o4'.
HINFLUTHEN, verb.:
{ein »anderer der) bald den srhimmcmden Bther
ftber sich tchnui, und b.iM in den n ■ ' ■ ndcm «pi<!gel,
lief blnunfr ((•'«rAlhi, ihn rrhiicki ni nen xirrnt-ii
. ' ■ ' < . .1. 1. i;u.
HINFORDER, adv. von jetzt oder von da ab weiter, fernerhin,
nebenform zn hinfürder (s. d.), vergl. auch forder Iheil 3, 1889
und forderhin 1890: lasz ihn (den teufet) hinforder keinen an-
spruch an mir haben. Schuppids 436. Verschiedene abwcichungen
in der form:
an ort und ende woll er es vielmehr versenken,
da keinen menschen es mehr solt hinforier krcnkeu.
D. v. D. Werder Ariost 9,87,6;
hinförter, imposteritm, posthac Stieler 539; hinforder. Neakder
bedenk. 39'; jederman wird sich hefleiszen, unter seinem wein-
slock und feigenbaum hinfürder gott zu dienen. Simpl. 2, 12S
Kurz;
wann er nicht wolt zugeben,
dasz sie hinfordert mehr im solle widerstreben.
D. v. D. Werder Ariust 32, 33. 6.
HINFORT, adv., das durch zcüliclws hin (s/). 1377) näher be-
stimmte fort in temporaler bcdcutung, vgl. the'd 4', 8. noch im
Iti. jdhrh. genügt in diesem sinne vorwiegend blosz das letztere,
doch kommt daneben hinfort mehr und mehr auf (ein hinnen vorl
bcreäs aus dem 12. jahrh. wird nachgewiesen im mhd. wörterb.
3, 380"), um seit dem 17. jahrh., in gcmeinschaß mit den gleich-
bedeutenden lltrtan und forthin (i", li)), fori zurikkzudrängen. —
Wie neben fort die form fürt steht {thcil 4', 900), so gilt neben
hinfort auch hinfurt, Luther wendet stets die letztere form an,
obwol er nur fort, nicht fürt schreibt; auch andenoeit ersdieint
es im 16. jahrh. : Bocc. 2, 140" ; wan der mensch steht dann
evvicklich in der ruhe und arbeit hinfurt nichts mehr, als er
alhie gethan hat. Carlstad vom sabbat Diij'. Der begriff von
hinfort zeigt sich
1) an das gegenwärtige in Wirklichkeit oder Vorstellung ange-
knüpß, es heiszt von nun an, von jetzt ab: also, wenn du
werest gewesen ein ehebrecher, hurer, gcilziger, so sol dich
die taufe leren, das du hinfurt nicht mehr schlahest, ehe-
brechest, geitzest, stelest und raubest, das vorige sol ver-
geben und todt sein, und hinfurt ein ander froin, gerecht,
wolthclig, züchtig mensch werden. Luther 6,297'; wo nu das
salz thuni wird, wo mit sol man salzen ? es ist zu nicht hin
fürt nütze. Matth. 5, 13; du kansl hinfurt nicht haushalter sein.
Luc. IC, 2; ich hab den lauft vollendet, ich hab glauben ge-
hallen, hinfurt ist mir beigelegt die krön der gerechtigkeit.
2 Tim. 4, 8 ; ich will hinfort meine stimme zwingen und mäszig
rufen, pers. rosenth. 4, 12 ; gehe hin {du unsichtbar machendes
Vogelnest), sagte ich ; deinet halben soll hinfort keines menschen
heimlichkeil durch einen andern gesehen und ofl'enbahret wer-
den ! durch dich soll hinfort niemand mehr weder um essen
noch trinken, viel weniger um geld bestohlen werden ! du solsl
hinfort weder manns- noch weibsbildern den weg zeigen,., sich
im werk der unkeuschheit . . zu besudeln! Simpl. 3,430 Äurs;
ach, dein gesciieiik — mir bricht das herz —
ich darfs hinfort nicht tragen. Gotter 1,95;
so komme denn in diesem sinn hinfort aus meinem munde nichts.
Platen 82.
bei Arndt mit ungewöhnlicher betonung:
vergicb mir meine weise,
mir hinfort gnädig bleib! ged. (1840) «.60;
gegen du schläfst auf deinem kisseii
hiDfüi'l uicht einsam mehr. riaa.
2) in dei- erzählung auch an eine Vergangenheit angeschlossen,
ron da an: aber der mensch ist toll und töricht worden,
nach dem er von gottes worl und gehot gefallen ist, das hin-
furt keine creatur lebt, die nicht klüger sei, denn er. Luther
5, 423' ; und es stund hin fürt kein prophet in Israel auf,
wie Mose, b Mos. 34,10; und thiirst auch niemand von dem
tage an hinluri in fragen. Matth. 22,10.
3) hinfort weist ohne ausdrücklicJie anknüpfung an die gegen-
warl auf die zukunfl, und kann durch bloszes kimftig, spilter
umschrieben werden: wie sol hinfort mein leben sich enden?
Galmy 182;
wir ia sind nicht mächtig der abwchr ; ach, und hinfort auch
werden wir Jämmerlich sein und niemals tapferkeit üben.
Oilti>see 2, 60 ;
doch b«lm kehnt du tu jenem ein rleher hinfort der fewali-
that. 11. IIS;
und wandelt sie hinfort einmal
an meiner rulirstelle,
dann mach durch einen trüben sirnl
dos grabes liliimrn helle. IIüi.tt IhU lltilm.
4) ganz vereinzelt ist die örtliche bedeulung von hmfori />ci
CiUHi«M) :
wir . . . wurden in der tiefa licht gewahr.
ei wölbt« hoher sich der gang und gab
dura aug ein luicrmeiilirh feld hinfort.
u-rrkf (th30) i.Vt.
1433
HINFORTAN — HINFÜR
HIWCR — HIXFÜRDER
1434
HINFORTAN, adv. verstärktes fortan: sich hinforlan mit
anhörung göttlichen worts . . christlich halten. Schmidt Just.
Menius 1, IST.
HINFRACHT, /". ladung nach einem vom sprechenden ablie-
genden orte, auch der preis dafür: der fuhrmann fuhr nach N.,
er hatte eine gute hinfjacht; die hinfracht für den koffer
bezahle ich.
HINFRAGEN, verb. refl. durch fragen hingelangen: 'den niusz
ich besuchen', er fragte sich bald hin. Stcrz 2, 338.
HINFRESSEN, verb. : kirchengut hat eiserne zahn, und üiszt
eines mit dem andern hin. Pistorius tfies. par. 6, 29.
HINFRETZEN, verb. durch fressen, nagen vernichten, vergl.
fretzen 2 th. 4*, 141 : weilen, sonderlich von denen nicht allzu
alten bäumen, die rinde an den tragästen glatt und zart, auf
den harten, ästigen imd knorrechteu stützen durch der winde
hin und gegenstosz hingefretzet, abgerieben und zerquetschet
werden. Hohberg 1,441*; dise regenten haben wie die wilden
thier alles hingefretzt. Reiszxer Jerus. 2, 105'.
HINFRISTEN, verb. weiter aufschieben, verlängern, viil dem
nebenbegriffe des mühevollen, vgl. theil 4', 217: sein leben bin-
fristen; er fristet sich kümmerlich hin.
HINFRISTUNG, f: so rührte denn euer sprechendes elend
nicht einen eurer bekannten bis zu einem freiwilligen beitrage
zur hinfristung eures lebens. ThI^mmel 4, 97.
HINFLHLEN, verb. nach etwas weiter abliegendem fühlen:
fühle hin, wie ihm das herz schlägt; auch reflexiv: der blinde
hatte sich zu dem sitze hingefühlt.
HINFÜHREN, verb. 1) nach einer vom sprechenden abliegenden
richtung führen, mhd. hin vüeren {mhd. wb. 3, 259*, 260") ; von
pcTsonen und gegenständen : und sie füreten sie hin, in Holu-
fernes gezelt. Judith 10, IS; und bunden in, füreteu in hin,
und überantworten in dem landpfleger Ponlio Pilato. Matth.
27,2; die kriegsknechte .. namen Paulum,'und füreten in hin
bei der nacht gen Antipatriden. apostelgesch. 23, 31 ; sie läszt
sich geduldig hinführen, wohin man will. Heixse .irdinghello
1,270; die waaren werden zu jenem kaufmann hingeführt;
(der du) Philipps sohu zu des schnöde gefesselten königes leichuam
voll wehmuth hinführst. Rasler 1,30;
hingeführt an Amors seidnem ladchen,
fehl der stolze stoiker und sucht
nieend vor dem zauberischen mädcben
heute etwas, dem er morgen flucht. Secme ged. 66;
'der Lombard soll sie führen nach Roin.'
das wird er nicht, versetzt der kaiser ihm . . .
eh stürben hundert manu, in stahl gestrickt,
bevor der Lombard .\lden führte hin. Uhla!«d 425.
auch mit unterdrücktem object: solch auftreten kann zu nichts
gutem hinführen; wie mhd.:
ouch hat mich werltlich gelust
unz her noch niht berüeret,
de*- hin zer helle füeret. a. Ueinr. 692.
2) häußg in allem quellen auch wegßhren, entführen, nach
hin 6, sp. 1376: sie wollen herzu und die pauren im wald hin-
füren, die nach holcz hinausz füren, d. städtechron. 2, 1S9, 1 ;
namen die pawern und die pfert und fürten die hin. 29; das
eingeweid aber werfen sy auf die dächer, dj es die rappen
hinfüren. Frank iceltb. 199*; darumb sollen es die rappen
fressen und dahin füren, das.; diser ruchlosen künden findt
man gar vil, so mit solchen freflen worten umbgon, das nit
ein wunder were, der hellisch lebendig teufel fürt sie an der
stett hin. Wickram rollw. 146, 28/fjir:; was einer zum liebsten
hat, führt einem der teufel zum ersten hin. Simpl. 3,24 Kurz;
(ditit Ichen) dasz sich wie der schatte thut, verliert,
in dem es durch den tod wird plötzlich hingeführt.
Risi I'arn. 109.
HINFUHRüNG, f: die hiuführung des Verbrechers zum
gerichte geschah unter andrang einer groszen menschenmenge ;
hinfürung deportalio Maaler 224'.
HINFLR, adv., derselben grundbedeutuug wie das mehr ent-
wickelte fürhin theil 4', 747.
1) in örtlichem sinne und räeksichilich des ersten bestandtheUs
gegensatz von herfür sp. 1092, bezeichnet es ein vorwärts in einer
vom sprechenden oder erzählenden abliegenden richtung:
hin für was den jungen gäch,
die alten zugen binden nach: Meier Uelmhr. 72;$;
hierauf begund Oriana hinfür zugehen. Amadis 57; die eine
(Jungfrau) füret ein lanzen in ihrer faust, welche nun als
sie nahend zum junkher kommen, sich hinfür Ihet, und im
sagt: herr, nemmet diese lanzen. 62; als der könig Abies
disz vernommen, thet er sich hinfür. 97; einer, so hinfür zu
eilen vermeinet. 65; also schickt der vogt zwen diener hin-
für, sy sollen den schalk fahen. Wickbaji rollw. 49,30 Kurz;
hinfürtrettcn Mestwert fluchsp. lo'.
2) hinfür, vorwärts, voran, in bezug auf enlwickelung, rang
und Stellung: vermeint sich auch damit hinfur zu lim, dasz
er dester ehr zu der haubtmanschaft von seinem gunner ge-
furdert. Wilw. v. Schaumburg 109; frag die erfarung, ob ein
klapperraan hinfür kom, er schwetzt sich ehe arm und uu-
werdt, dann reich und angenem. Agr. spr. 227*.
3) hinfür, vorbei, fort und hin:
es ist nit tag, es taget aber schier,
ist doch die liebe mittenacht
gar newlichen hinfür. Uhlakd volksl. 181.
vgl. über einfaches für m diesem sinne theil 4' sp. 650 «0.4.
4) am Mufigsten stelU hinfür in der zeüUchen bedeulung von
jetzt ab, künßighin: hinfür, posthac, in posterum, jam, dehinc
jam, posthaec, amodo, pvrro, in futurum. Maaler 224', bei ihm
die einzige bedeutung des wortes; dasz sie und der griechisch
Jüngling hinfür ehelich bleiben mögen, b. d. liebe 2-2S'; dasz
mich hinfür nichts mög verirren. Weckherlin vorrede zu den
psalmen; nichts desto weniger soll veranstaltet werden, dasz
dieses gesetzbuch hinfür . . einen hauptgegenstand der öffent-
lichen erziehung ausmache. Wieland 7,224 (193);
ietz müssen wir hüten der thür;
bin füt (lies bin für) dörfen nit schmecken wir
au lürsten böfen was uns wol (ist, üiiä).
Gencenbach 121, 159 Gödeke.
in der erweiterung hinfürbasz: verhies, er wolt hin für bas
sein leben besseren und nit mer so ruchlos sein. Wicibam
rollw. 146,15 Kurz; lies hinfurbas seinen eifer faren. 154,2;
er soll sich hinfurbas hüten. 168, 17.
HINFCRAN, adv. künftighin : zwingt mich hinfüran die not-
durft, dasz ich ... Schcppics 766 ;
darumb was da ist geschehen,
das hab ich euch zugefallen tan,
desgleichen ich auch biofüran
khem fleis in nichte will sparen.
Theuerdank 98, 176.
HINFÜRDER, adi: derselben bedeutung wie fürderhin theil
4*, 716, und gegen dieses die ältere form, insofern die unten
folgenden belege meist das 16.jahrh. betreffen, wogegen fürderhin
erst aus dem 17. bezeugt ist. hinfürder gilt, wie seiue »ebenform
hinforder (sp. 1432), in dem an eine Vergangenheit oder gegenwart
anknüpfenden sinm von jetzt oder von da an, fernerhin: so doch
gott dieselben (sünden) allezeit umbsonst, aus unschetzlicher
gnade verzeihet, nichts dafür begerend, denn hinfürder wol
leben. Lcther 1,47*; das . . . wir hinfürder also gedenken.
8, 297" ; und es geschach hin fürder, das die Jünglinge die
helft theten die erbeit. AVA. 4, 16 ; und also das haus Israel
erfare, das ich der herr ir gott bin, von dem tage, und hin
fürder. Hes. 39,22; und wirt sicher, das yhm hinfürder in
dem hohen sabbat kein verhindernis mehr hindern und an-
rüren magk. Carlstad ron» sabbat D ij ' ; hinfürder wolt er
(der wirth) keinen armen mehr . . so schmal abspeisen. Kirch-
hof wendunm. 196'; bin auch Vorhabens . . . mein leben, wann
es mir der liebe gott erlängern wil, hinfürder zu bessern.
ScBcppiL's 454 ; alle groszen revolutionen damals flössen wie
ein meer zusammen, auf dem die dichtkunst nicht anders als
zum spiel hinfürder schwimmen konnte. Herder zur seh. litt.
16, 272 ;
fliest (ihr aiirjen), denn disz sollet ihr
zur busze thun,
hinlürder für und für.
FtEMi:iG 528 (430, 87 Lappenb.).
Nebenformen sind hinfürter : dieweil es unserm herren got also
gefeilig ist, dasz wir hinfürter freund sein sollen. Aimon bog.
Rij; ob ich hinfürther mein recht such. Xj ; was sollen wir
hinfürter anfahen. h iiij ; so will ich hinfürter mein landl . .
von im zu leben entpfahen. k ; damit du auch hinfürter in
besserung und abstellung dieses ubels zu bekerung und gutem
gerahten mögest. Amadis 294 ; hoff auch es werde dir hinfürter
beschehen. Gatmy 179 ; mit beger dasz es hinfürter durch ein
verbot möchte abgeschafft werden. Kibchhof wendunm. 42*;
dasz er hinfürter steur und fron
gebe nach dem er hat und kan.
Atrer 51' (273, 34 Keller) ;
(wir icoUen) mit den münch und pfaffn
hinfürter nichts haben zu ichaffn.
dessen fasln, sp. 132« (2999, 15 Keller) ;
und hinfürters (vgl. fürders theU 4*, 720): wer gibt un» hin-
fürters ao vil pferd. Aimon bog. Oüij; das ir es hinliirters
1435
HINFCRHLN — HINGEBEN
HINGEBEN
1436
keinem meher Ihün soUcnt. S üij ; hinfüricrs , imposterum,
posthac. Stieler 539.
HINFÜRHIN, adv., wie hinfür oben 1:
aU bald ich nur hintürhin kbumb. Schmelzl hochieit 29'.
HINFÜRO, adv. fernerhin, weiterhin ; derselben bedeutung wie
fiiruhin tA. 4*, 'S5, vgl. auch furo 7S4 : bist du achtzchen oder
zwainzig jar in Sünden gelegen und hast ir gewont, so liel)
an und thu dir selbs mächtigen groszen gewaldt an, die seilten
hinfüro zuvermeiden. Keisersberc predigen 07* ; deren einen . .
er mit solcher sterke auf das haupt erreicht, dasz er hiufuro
keiner schlafhauben mehr bcdorft. Amadis 358 ; sein ampt hin-
füro ohne alles ansehen der personen fleiszig und trewlich zu
verrichten. Zinkgref apophth. 1,6; kan einem jungen schiffer
sagen, wo er klippen funden habe, wo und wie der junge
sich hinführo vorsehen, hüten und behutsam fahren solle.
ScHUPHiLS 4; da diese blutschänderin {Herodias) ihr hurenkind
iuformirt hatte, dasz sie dem guten froumien Johanni den
köpf abtanzen solle, damit sie solcher predigten hinfüro nicht
mehr hören dürfte. 14 ; und dergleichen hinführo einzustellen
baten, polit. stockf. 282;
und bitten ferner sehr,
wenn wir hinführo tischen,
so wollest du erfrischen
mit deinen edlen gaben
den leib. Rist himml. lieder, fünftes zehn (1642) s. 49 ;
man sagt, man lieset viel, wie dasz für langen jähren
zu zelten ein ganz volk ausz .«meinem .»^itz gefahren
und neues land gesucht, hinfüro wird man sagen
was andres. Logau 1,52,7;
hinführo soll mir nicht so für die liebe grauen,
ich sehe nun, man darf auch keiner mutter trauen.
Rost die gelernte lu-be BS' {vgl. schäferged. 135);
dient meiner Unschuld hinführo
zum schirme. E. v. Kleist 2, 43.
Seü den letzten decennien des 18. jiünh. wird das worl nur noch
in alterthümelnder spräche gebraucht: zu einem hinführo bes-
sern svandel. Stolkerg 10,96; gnade, doch unter einer dingiiis,
ihr sollt hinführo euch als frau einkleiden. Arnim schaubithnc
3, 310.
HINFÜSZ, m. s. hindfusz.
HIN GARE, f. 1) die handlung des hingebens und Weggehens,
Hingebung: mit freiwilliger hingäbe der vortheile, die mir in-
dessen zugefallen waren. Wieland 2, 146 (127); es war unver-
künslelte natur und volle hingäbe an das spiel. Fheytac hand-
sehr. 1,124; magister Knips blieb in der Stellung demüthigcr
hingäbe stehen, bis der fürst das zimmer verlassen hatte. 2,368.
2) in altern quellen hat hingäbe die eingeschränkle bedeutung
der Vergebung einer braut, Verlobung, verspruch:
wenn ihr deppicht aufschlagen wolt,
ihr villeicht ein braut werden solt
und morgen halten eur hingab.
J. Ayrkr fastn. sp. 135» (3014, 6 Kellei).
in Baiern hingabede, Verlobung. Sch». 2,200; ebenso und hin-
gäbet in Hessen. Vilmar 170;. tm Hennebergischen hingäbet.
Fromm. 3,476.
HINGANG, n». l) gang hinwärts {mhd. hinganc wb. 1,475'):
doch erbäte ich ihn zuvor, dasz er mich ein wenig in die
statt nach hausz gehen liesze, . . . welchen hingang er mir
anfänglich gar nicht erlauben wolle. Simpl. 4, 24 Kurz ; frei-
lich nennt Lucas sie nicht namentlich bei dem hingange :
aber er nennt sie doch namentlich bei der rückkunft. Les-
»iNG 10, 81 ; während des hingangs zu meinem pagen über-
legte ich. ThCmmel 4, 357. über die redensarl den hingang für
den bergaug haben und iiue umgekehrte fassung vergl. unter
hergang sp. 1098.
2) Weggang, scheiden (nach hin I, 6 sp. 1376); für den lod.
G5TBE 37,66 Überschrift;
der hingang aus der weh
iit auch vor unt be«timrot und unvermeidlich festgeitellt.
Stopp« I'arn. 100.
3) hingang, rühr, dysenterie, die sonst auch ausgang fu:iszl
(DiEr. 185'): wer des leibs ruor oder binganch bab ze vabt.
Mecenberc 325,29; vgl. auch hinluuf.
HING.KNGLICH, adj. : die wohliust iitt nichtig und hin-
gunglich. BoTsciUY kanzl. 390.
HINGEBEN, verb. l) hinwärts geben, darreichen: siede da/,
/uü Hanunene unde gibs hin (auf dte lafel, als speise), kochbuch
in Haupts zeilschr. 5, 12 ; galt auf ein haiidel hingäben, pecu-
nuu aUcui erogare in rem aliquam. Maaler 224*; o . . . dasz ich
in hinrri«/eiuicii thuiui. im m Irlnii lungäbe. Üurni lu. l^-i
das gefühl einer gattin, die, aus liebe, selbst ihre liebe hin-
zugeben vermag. 187; tyrannischer vatcr! den besten deiner
söhne so hinzugeben dem elend 1 Schiller 1,3; eine liebe
person hingeben müssen, dem tode;
ich fühle ganz mein herz dir hingegeben! Götuk 12,34.
hingeben, beziiglich einer öffentlichen Schilderung : das mich der
tauft jud Pfefferkorn mit der unwurheit hingeben und wider
Kot wx und recht uszgeschribeii und unzimlich verunglimpft
hat. Reuciilin augensp. i-I*. als theil höfisclten gruszes: so bald
er abgestigen und ins gemach getrelten, da war . . ein solch
umfangens, ruckenklopfens , röcklinzerrens: hölischen an-
lachens, hingebens, dasz ein wunder war. Garg. 2:19'. auch
verrdtherisch überliefern : wie Troye wart hingeben, d. städlechr.
8,297,5; Eneas und Anthenor, die die stat hinegobent. 299,5;
mit discm volke für grofe Einych von Lyningen heimeliche
gen Bruinat und hinegap verretenliche das stettelin und die
armen lüte. 9, 847, 16.
2) weggeben, fortgeben: man musz einen freund nicht so
leicht hingeben, amicus nun repentc dimittendus . . est. Stieli;ii
655; ich will eher alles hingeben, als die seele verlieren,
Omnibus polius bonis cedam, quam ut in animae damnum currani.
das.; das bissei bodensatz meiner jähre, ich gab es hin, hät-
test du den major nie gesehen. Sciiillkr kab. u. liebe 1,3;
namentlich auch schenkungsuvise :
wirst du mir aber verzeihn? denn auch dein schrank ist ge-
plündert,
und besonders den Schlafrock mit indianischen blumcn . . .
gab ich hin. Göthe 40,234;
oder durch verkauf veräuszern : es sol auch der kainer {keiner
von ihnen) holz verkaufen noch hingeben, weiilh. 6,196; du
schickten wir unsern erbir botschaft zu eme gein Norenbei^
und hiszin sine gnade bittin, daj er uns sinen sou heis brifl'e
gebin, da; er un"s by friheit und by recht und auch unbe-
scheczit, unverseczit und uiihingebin . . an dem heilgea riebe
blibin. Janssen Frankfurts reichscorresp. 1 s. 2 {Ulm von 1370):
er hats umb ein spot und nichts hingäben, umb ein stückle
brot verkauft, viinimo vel nummo praedia addixit. Maaler 224' ;
wenn du sie {die gefäszc) geiüllet hast, so gib sie hin. 2 kön. 4, 4 :
(faule lische) unter die frischen mengen gschwind,
gebens hin mit zittrenden henden,
damit die leut triegen und blenden. Eyerinc 1,263;
als er ohne schlaue rednerkünste,
so wie man ihm bot, die felsenvögel
um ein kleines hingegeben hatte. Skume ged. 60.
preisgeben, aufopfern: so hast du das unglückliche geschöpf
geopfert? so hast du sie deiner kehle, deinem unersättlichen
heiszhunger hingegeben? Göthe 20, 96.
3) eine tochter zur ehe geben, verloben, vgl. oben hingäbe 2:
dergleichen wirdt die mutter do
von deiner Zukunft werden fro,
das also ein gerader gsell
ir schöne tocliter haben wöll,
und dir sie geben eigen hin,
die vielen ward versagt vorhin.
grobian. Ciij' (6. 1, cap. 5).
der Substantiv gesetzte infinitiv bezeichnet das fest der Verlobung:
butzt euch fein auf das hingeben. li. Sachs 3, 3, 13*.
4) in neueren quellen sich einer person, einer sache hin-
geben , sich ifir widmeti , ergeben : man durfte sich nur der
gegenwart hingeben, um diese klarheil des reinen himmel.s,
diesen glänz der reichen erde . . an der seile der geliebten
oder in ihrer nähe zu genieszen. Göthe 26, 31 ; zwei betrach-
tungen, die durch alles durchgehen, v^elciien sich hinzugeben
man jeden augenblick aufgefordert wird. 27,270; auf diese
weise wäret ihr frauen wohl unüberw indlich, versetzte Eduard :
erst verständig, dasz man nicht widerspris'hcu kann, liebe-
voll, dasz man sich gern hingibt. 17, 12 ; weshalb er denn
auch derartigen convcrsalionen sich nur mit einem gewissen
Unbehagen hingab. Immerma.n.n Munchh. 1,95; er gibt .sich zu
sehr den anwandlungen einer üblen Inune hin ; gib dich keiner
hoflfnung mehr hin : das weih gibt sich dem manne hin.
5) fueran angeschlossen werden parlwipien und infiniliv gern,
ohne reflexH'um, verwendet: er wurde der hingebende verlraule
für die uinfangirirhe Ihätit^keit seine» freundes. Frevtau hand-
schriß 1,45; und bemerkicn dicht neben der kanzel ein juiik»
inUdchen, das vor allen andern der andarht und nufinerl>
samkeit hing<-geben schien. Tieck 4,227; bin ich denn nicht
rio weib, . . . tiefem, schlichtem ernste einzig bingegel>cn>
Immiiimann Miinchh 'i, IC;
1437
HINGEBE>HEIT — HINGEGEN
HINGEGEN — HINGEGOSSEN
1438
I
bald flieszet still mein geist.
der quelle des rergessens hingegeben,
tu euch, ihr schatten, in die ewgen iiebel. Göiue 9,57;
{der Vater) der entzückt,
io heiigem anschaun stille hingegeben. 310;
ihre krankheit dauerte nicht lange; sie war ruhig, hingegeben,
nur ihre kinder thaten ihr weh. 16. So ; weil ihre heiszc hin-
gegebene seele kein ebenbfid antraf. J. Paol Tit. 3, loi ;
mir wirds so wohl in deinem arm,
so frei, so hingegeben warm,
und seine gegenwart schnürt mir das innre 2u. Göthe 12, 1S3;
ihr lautenton
spielt in dem hingegebnen herzen
mit süszer wollust süszen schmerzen. Seujie ged. 74;
{der genusz) der ein bloszes ruhiges hingeben ist an die natur.
Fichte siltenl. 167; der zertretene schmeichelte sich mit ent-
schädigungen in einer andern weit, und stärkte durch sein
hingeben die band des gewaltigen in dieser. Klinger 10, 21.i;
CS entstand ein pietistisches hingeben in den willen gottes.
Heine 6,50.
HINGEBENHEIT, f.: die hingebenheit von augenblick zu
augenblick die ich habe. Göthe an frau v. Stän l, 139. rgl.
unten hingegebenheit.
HINGEBER, m. nach hingeben 2, veräuszerer, Verkäufer: wolt
aber ain herr nicht chaufen, so schol der benant hingeber
das stuck (grtindstwk) geben ainem der dem gotzhaus ain
lu'eleicher man sei. es sol auch der hingeber das stuck ainem
herren aufgeben. . . . item der chaufer sol das stuck wider-
umb von ainem herren zu Baumburg erapfahen. iceisth. 6,168
(Baiem, von 1439).
HINGEBUNG, f. desertio. defectio, traditio, proditio. Stieler
655 ; namentlich in dem sinne von hingeben 4. in neueren quellen :
stille hingebung in liebe. Göthe 17, 211 ; lasz mich dir mein
Unglück mit stiller wehmuth, mit der hingebUng des redlichen
unter die streiche der gewalt mittheilen. Klinger 4, 26 ; die
gänzliche hingebung in das unerbittliche, unversöhnliche ge-
schick. 228; bei Rücrert mit einverleibung des reflexivums hin-
sichgebung:
welche sich-erhebung, sich-erniedrung,
sich-entäuszrung, völlge hin-sich-gebung. ges. ged. 1,369.
HINGEBUNGSVOLL, adj.: in dieser vertrauten hingebungs-
vollen stunde. Immermas N Münchli. 2, 16.
HINGEBWEIB, n. ; gebühren werden angewiesen zweien hingeb-
weibern wegen geschätzten lein- und bettgewandes. Abele
künstl. unordn. 1, 117. gemeint sind icoZ liändlerinnen mit ge-
brauchten sacken, trOdlerinnen.
HIN GEDEIHEN, verb.:
es kan, wer wasser trinkt kein gut getichte schreiben :
wer wein trinkt kriegt die gicht und musz erschrecklich schreien ;
es sei nun wie ihm wil : eh mag das ticbten bleiben,
eh dasz ich sol so tief in gichten hin gedeien. Logaü 2, 121, 7.
HINGEDENKEN, verb., wie hindenken sp. 1408: wo gedänkst
du hin? quod iter a/feclas? wo er hin gedänke, das sehet ihr,
quod iter a/fectet, videtis. Steinbach 1, 248.
HINGEGEBENHEIT, f. : blinde hingegebenheit an das gesefz.
Fichte staatsl. 17 ; eben diese hingegebenheit seines eigenen
freien willens an jenes höhere princip. 202; aus seiner trauer,
seinem miszmuth, seiner gleichgültigen hingegebenheit wurde
er auf einen augenblick herausgerissen ; unüberwindlich be-
mächtigte sich die theilnehmung seiner. Göthe 16, 147.
HINGEGEN, adr. contra, über bildung und ausbreitung des
Wortes s. unter dem im aUgemeinen gleichbedeutenden hergegen
sp. \(mf. Es steht
1) örtlich, und in der folgenden stelle mit dem werte einer
praeposition :
magst Siegeszeichen setzen
hingegen ost und west. Opitz 1, 14.
rgl. hingegenüber.
2) verbunden mit terben des saqens und thuns. und eine Ver-
geltung, gegenleistung bezeichnend: ihm von stück zu stück ver-
meldend alle ihre heimlicheit . welche sie noch niemandl
sonsten geoflfenbart. hingegen sagt ihr auch Amadis ... all
sein erlittene mühe und arbeit. Amadis 363; hingegen zue-
sagen, repromiUere Stieler 16«8; welches {liederliche leben) ihn
sein factor zu Lüttich . . berichtet, der bekam hingegen be-
felch, auf uns genauer achtung zu geben, fümpl. 1,429 Kurz;
mein Erasme, sagte ich liingegen, ich will dir auf alle vor-
gebrachte punclen .mtworten. 4, 143 ;
Clepax legt sich nie ungestohlen nieder,
was er reichen stiehlt, gibt er armen wieder:
goit wird reichen lohn ihm hingegen geben,
dasz er hoch erhöht wird in kellen schweben. Locav 3,24,4;
in der see sind alle thiere, sagt man, die auf erden sind :
dasz man dann nun in der erde, nicht hingegen tische Undt?
2,207,72;
oder auch nur eine hilfe, mittel gegen etwas vorher benanntes:
neulich wurde einer von einem priesler vor der obrigkeit ver-
klagt, er hätte ihn hinterrücks geschmähet . . beklagter ver-
antwortet sich hingegen folgender gestalt. Simpl. 4,399 Kurz;
Crassus hat gar bösen ruf; dasz er mög aus diesem kummen,
bat ein ärgres bubenstück er hingegen fürgenommen.
LoGAD 3, 233, 83.
3) auch nur einen gegensalz überhaupt betonend: denn er
mocht nicht so baldt ein wohn oder meinung erdenken, dasz
nicht gleich hingegen ein andere vor seinen äugen sich für-
stellet. Amadis 315; gleich wie dir gebOrt, das heil ihrer Selig-
keit zu beobachten . . also ligt mir hingegen ob, . . ihren
leib sampt der jungen frucht nach müglichkeit mit nahrung
zu versorgen. Simpl. 4.145 Kurz; ich wüste andern ihre röhre
tuzubannen, dasz keiner schieszen mochte, wann ichs nicht
haben wolle, und war hingegen vergichert. dasz mirs keiner
thun konte. 168; ich merkte aus ihren reden, der junge herr
sei nicht ganz vergnügt hinweg gegangen, sie war es hin-
gegen desto mehr. Wieland 12,93; Latona, die schutzgöttin
ihrer stadi, hatte den schlechtesten tempel : Jason, der an-
führer der Argonauten . . hingegen den prächtigsten. 19,19;
nun wurde verabredet, dasz alsdann der professor voraus-
reisen, Bartolo hingegen im wagen des inarchesc mitfahren
solle. H. Heine 2,203;
wer viel r«det musz viel trinken, welcher aber trinket riel,
kan hingegen selten reden, was er wil und wann er wil.
LocAU 3, 113, 71.
4) hingegen, als conjundion, verbindet zwei sätze oder Satz-
glieder, die gegensätzliche urtheile enthalten: etliche ausz ihnen
hielten darvor, sie wären auszer dem, dasz sie gott mit der
Vernunft und seinem ebenbild geziert, nicht so gut als da«
vernünftige vieh. . . hingegen sähe man eine unzehlbare menge,
die sich ausZ menschen in bestien verwandelten. Simpl. 4, 157
Kurz, in den Verbindungen da hingegen, wo hingegen : da
er im ein sack voll magsamen sandt da hingegen
.Mexander ihm ein wenig pfeffers schicket. Garg. 211" ; ich
wil bei der lateinischen mesz bleiben, die kan ich vor 1. fl.
haben, dahingegen ein teulsche mesz unzählich viel dörfer
kostet. ZiNRGREF apopA/A. 1, 148; die Frei «zgauer, die verlangst
gewohnt sein, mit 3 sylben zu sagen: welchs wengr haun?
da hingegen die hoflartige sprachhelden mit 7 sylben sprechen :
welches wollet ihr haben? Simpl.i,AO: Kurz; det erzteutschr
Rist bezeugt, dasz sich einer die lateinische sprach zu reden
geschämt . . . dahingegen andere gerngrosze viel lieber latein
reden wollen, wann sie es nur könten. 408 ; Wilhelm war be-
scheiden genug, um sich über diese grosze Veränderung sehr
mäszig zu erklären, da der andere hingegen seiner freund-
schaftlichen freude völligen lauf liesz. Göthe 20,132; so kann
es wohl möglich sein, dasz in jenen äffen die seelen groszer
gelehrter wohnen, da es hingegen bei uns ganz sichtbar ist.
dasz in einigen groszen gelehrten nur affenseelen stecken,
H.Heine 1,153.
HINGEGENÜBER, adr..-
der Schauplatz (der hochzeil einer gestorbenen frommen
teele mit dem himmlischen bräuliffam) ist ein feld
der güldnen Sternenwelt,
die Hechten Cherubinen
sind fertig zu den rein,
hingegen über schreien (singen zum tanze)
die seraphinen. FLEmi:«c 312 (254, 65 Lappenb.).
HI.NGEGOSSEN, das particip von hingieszen. aber in einer
eigenartig entwickelten bedeutung: es gut von der weich und gr-
schmeidig hingelagerten menschlichen gestalt. und ist in .'iolchem
sinne vor der 2. hälfte des vorigen jahrh. nicht nachzuweis:en :
seine Schwester. Maria, die fromme hörerin Jesus,
die in ihrer Unschuld und ruh vor ihn hingegossen,
da den ewigem iheil zu seinen füszen erwählte.
KlOPSTocE 3, 196 (.Mpsx. 4, 662, .ichon in
der ausg. ron 1751) ;
er sieht — die stalue, auf sammetweiches raoos
im schatt'>n hingegossen liegen.
WiKLA.'«D 17.307 Odris 5,97, gefchriehen 1767);
hingegossen auf den bluraenteppich
»ah er, wie die wellen
plätschernd mit den bunten kiesein scherzten.
HöLTT 55 ttalm (rom j. 1771);
unter jungen liebenden wie viele,
die im rausch der zärtlichsten gefühle,
hingegossen in des haines nacht,
nichts, alt was du sehen darfst, gedacht?
i. H. Merk fcctm wiedererxcheinen de^ monde^
(morgenbl. 1843, no. 122) ;
1439 HINGEHEN
erst sah ich die tapfpiii ioltgi'nosscii, . . .
auf den sitzen friedlich hingegossen.
Schiller 210 (tphigenic inAulia);
wie er schien und panzcr löset,
welch ein busen! welch ein leib!
hingegossen ohne leben,
liegt vor ihm das schönste weih. Uhland ged. 264.
HINGEHEN, rerb., ahd. hina gangan, mbd. bine und hin gäri,
in mfkrfaehem sinne.
1) nach hin 1 sp. 1372, hinwärts, nach einem vom sprechenden
ab liegenden ziele geben, bezüglich lebender tvesen : las das volk
von dir, das sie hin in die merkte geben, und inen speise
keufen. Matth. 11.15; setzet euch hie, bis das icb dort hin
gehe, und bete. 2fi, 30 ; gehet bin in alle well, und prediget
das evangcliuin alier creaturn. Marc. 16, 15; sie gehet bin zum
grabe, das sie daselbs weine. Joh. 11, 31 ; spricht Simon Petrus
zu inen, ich wil bin fischen gehen {aufs meer). 21,3; ist er
getrost nach denen begrünten gallerien (eines gartens) hinge-
gangen. ZiGLER ßanü« (1700) 5.67; gehen sie hinten zum garten
hinaus und auf der wiese bin, bis es mittag schlägt, dann
kehren sie zurück. Güthe 25, 356 ; da ich aus den becken
der dorfgärten heraus war und die wiesen hingeben wollte.
das.; der weg nach Inden ist in die steile felswand gehauen,
die dieses ainphitheater von der linken seile, im hingeben
gerechnet, einscblicszt. 16,265;
durch vierzehn saal must er hingan,
bis er kam ans gemach hinan,
darinn der mechiig könig war. viückenkr. 1, 34!) ;
du wirst hingehn, wo kein tag mehr scheinet,
der Cocytus durch die wüsten weinet.
Schiller räuber 2, 2.
Bezüglich eines iceges, einer richtung u. ähnl. : die grenzlinie gebt
hin bis zum kämme des gebirges; unser weg ging nun durch
den obem tbeil des tbals in dem schatten des noir iMont
hin. GöTBE 16, 233 ; hier geht es hin, diese richtung ist einzu-
schlagen; und daran angelehnt, auch in unpersönlicher fügung:
nun gebls zum tanze hin, es wird der weg nach dem tanzplalzc
angetreten; alsbald gings in die kirche bin, da wurden sie
getraut, übertragen: ich redete jüngst auf der cnnzel von
hurerei und ebebruch, und mein Schwiegervater merkte wol.
wo es hinging {nämlich auf die Unzucht seines herrn). Scnuppus
505. im Sprichwort, mit personißcicriem subjecl : wo das lilut
nicht hingehen kan, da kreucht es bin (amor sanguinis vinculo
junctus, etiamsi impedialur, retineri tarnen nequil). Pistorils thes.
par. 5, 14 ; wo der pflüg hingeht, da geht auch der zebend hin
{quorsum aratrum ducitur, eo decimandi jus se extendit). 8, 77.
2) nach hin 5 sp. 1375, weitergehen, wobei ein ziel nicht scharf
hervortritt, in mancherlei Schattierungen.
a) die bibelsprache verwendet hingehen um damit eine Ihätig-
keä einzufuhren, die die folge oder auch fortsetzung einer schon
vorher namhaß gemachten ist: wenn sie denn aus seinem bause
gangen ist, und bin gehet, und wird eins andern weib. h Mos.
24, 2 ; wenn ihr ubertrettet den bund des herrn . . und hin-
gehet und andern göttern dienet {xai no^evd'evzes Xai^ev-
arjte d'toli ert'ooie). Jos. 23,16; gehe hin, und thu des
gleichen (noQevov, xai ai) noiei ofioicoe). Luc. 10,37; im
NastOHitdien ein gleicher gebrauch: goll hat zuerst Adam ge-
schaffen, nachher ist er hingegangen und hat die Eva er-
schaffen, heute haben wir in der schule zuerst gelesen, dann
sind wir hingegangen und haben gerechnet (wobei an eine ent-
femung vom platze nicht gedacht wird). Keiirein l!t7.
b) hingehen, ein flüchtiges gehen, forteilen bezeichnend, nament-
lich in biidern, die das ungrundliche einer Untersuchung oder
be$frechung hervorheben: er ging leicht über die sache hin;
gelna sie nicht so flüchtig darüber hin, die sache ist ernster,
als sie glauben ; wir wollen rasch über die letztvergangnen
jähre hingehen.
e) hieran angeschlossen bezeichnet unpersönliches es geht hin
ein unbeanstandet lassen, durchschlüpfen : es seind die faulen
beicbtv.1tter, suppriurin und zirkerin, die da lassen hingon,
sy legen sich in den acker und schlafen und lassend das
nnkraut wachsen. Keisersberc has im pf. b iiij ' ; es ist ver-
sehen, ich inusz bekennen, aber einmal gebt ja hin. engl,
com. 1, Bb4; das y mOchte zu einem endbuchstalien wul hin-
gehen, weil es in vielen srhriflen ({efiin<lcn wird. Lor.Au 3,4;
weil es ein fürst gesagt, mochte es dazumabi im scherze hin-
gehen. Chr. Weise kl. Icute 314; bis es besser wird, mag es
hingehen. GriTHE 11,219; ginge so was iingestrnrt hin. 14,306;
kennen wir doch kinder nicht anders erziehen, als auf diese
HINGEHEN
1440
weise, versetzte Jarno, bei kindern möchte es noch hingehen,
sagte Wilhelm. 20, .33;
dasz jemand weiter sagt: du seist auch hier (in Tliracien)
begraben,
ist etwas so bei mir fast nicht kan glauben haben;
gcbohren sein, geht hin, du strenger wafTengott,
ge.-iiorben ist zu viel. Opitz 1, 89 ;
bei tage gings noch hin. doch halbe Sommernächte,
und stets allein, mit einem schönen mann!
WiBLAND 10,287 (A'omfea&ii« r. .'>52);
ein tulbcnd ists, der unsem kaiser schmücket,
sie ncnnons kröne, narae gelit wohl hin ! Göthe 5, 154.
mit einem persönlichen dativ: er hat zwei eheweiber gebapt zti-
mal ; .. noch ist es im alles bingartgen. Zimm. cAron. 4, 12,27 ;
Springinsfeld antwortete: was gcbets die sliefelschmicrer an?
das gieng ihm hin, dann er sähe so gräszlich drein und machte
so grausame und bedrohliche minen , dasz sich keiner an
ihn reiben dorfte. Simpl. 1,279 Kurz; bringt wer ein irsal in
schwang, und selbiges ist gering, so dasz nur gäucbe werden,
nicht aber bösewicbter, denen das irsal behagt ; so mag es ihm
hingehn, und fällt er nicht in rüge. Klopstock 12,100; wiir
es zuletzt nur nicht so schlimm abgelaufen, alter! so inOcbt
es dir allenfalls noch hingehn, dasz du dich von der neu-
begicrdc dieser jungen leute zu deinen bannungen hast ver-
führen lassen. 380; mit uichlen, sagte der freund, ich kann es
ihm nicht so hingehen lassen. Göthb 24,262; die schlechten
witze möchte ich ihm (liaupach) alle hingehen lassen. H. Heine
11,135;
als kind ist d'irs so hingegangen,
die unmündgen sieht er so genau nicht an. Tib« 2, 332.
etwas anders in der formet es gebt in einem hin, wird zugleich
mit andeiem, ohne besondere umstände, erledigt; es gebt in einer
Veränderung bin. Hdgo civil, mag. i, 226 {ändert man das eine,
so ändert man das andere gleich mit).
d) sich hingehen lassen, weiter gelten, fort treiben lassen; in
sinnlicher schärfe:
von schmerzen abgemalt, lies sichs (das wnnderthier) aufs meer
hingeben. D. v. d. Werder .Ariust 11,40, 1.
übertragen, wie einfaches sieh gehen lassen : er läszt sich zu
sehr hingehen, zügelt sich zu wenig, ich lasse mich gern in
dem süszen wahn hingehen, dasz sie (die disserlation) dort
vielleirlit nach zwanzig und mehr jähren ... in ein gutes
zensorämtchen hineinhelfe. .1. P.\üi. freiheitbüchl. 87.
3) nach hin 6 sp. 1376, fortgehen, weggehen: ahd. erstantel,
inti gämßs hina (surgite, eamus hinc). Tatian 166, 4 ;
mhd. er dankte im gröje, hört ich sagen,
und nam urloup. hin gienc er.
thtupis teUscIir. 6, 182, 299 ;
nhd. gehet hin von mir, ir verfluchten, in das ewige fe«r.
Matth. 2b, il; stehe auf, gebe hin, dein glaube hat dir geholfen.
Luc. 17,19; lieber, lasz mich hingon, oder da dannen gon,
sine me hinc abire. Maaler 224* ; sy lassen vil gold in ybren
Aussen vergebens hingeen. Frank wcltb. 187'; so zünde sie
das nachtlicht an, sagte Charlotte (zum kammermädchen), und
gehe sie nur hin: es ist spät. Göthe 17,128;
steh auf, sprich, laszt mich Kirhcr gehn,
geh hin und spei, denn wesch die zeen,
Komb wider und füll doppol ein,
was lehr ist, roiisx gefüliet sein.
grobian. H iij' (6.
erlaubet mir. ich mus hingon
ain wenig, bisz mirs plut thut ston.
Fisr.HART /löhh.itt 2223 (licht. 2, 60 Kur:).
schwinden : wie es koiiunct, so gebet es wieder bin. male
partum male disperit. Stielkr 627; bei vilen worten seind wenig
tbaten. es gebet den vögeln, so vil singen, alles im gsang bin.
A(;r. spr. (!.'»60) 226', Utre kriiße reichen für nichts anders aus;
i\ aber mir werde benomen
min 6re mit nnrehtc,
si muoj mir i\ mit vchte
unt mit knmphe hine gAn. Tri<fiiri -.■s-t, i ; ;
namentlich auch von derzeit: die bingenden jar, ol>cuntcs anni.
.Maalkr 224' ; der summer gadt hin, oder fart darvon. das. ;
ein jähr ist bald hingegangen ; der lag war in feierlirhkeileii
und fuierkleiderii hingegangen. Götiik 17, 126; mehrere tage
gingen im oberhofe auf die gewohnte stille und einröruiige
weise hin. Immkhmann Münchh. 1,174;
nrh gott, wie nah ist mir mein cnd« I
hin geht die zeit, her kommt der tod.
sterben: und zwar des menschen son gehet hin, wie et he-
»clilussen ist, doch webe dem selbigen menschen, durch
1441
HINGEHÖREN — HINHALTEN
HLNHALTUNG — HLNHEFTEN
1442
welchen er venhalen wird. Luc. 22, 22 ; so manche gesunde
person war vor mir, der kranken, hingegangen. Göthe 19,355;
wie viel sind in dem stank der kerker hingegangen?
wie viel sind eh man noch den kerker kunt erlangen
verschmachtet auf dem zug. A. Grtphics 1698 1,149;
alles, was die weit uns schenket,
nimmt die weh, wenn wir hingehn. 2, 186.
4) hingehen, transitiv, etwas durch gehen zu gründe riciUen
(t'^Z. hin 1,7 sp. 1376): es hat auch die besten camelthier, die
den huf oder klawen nimer hingeen. Frank tceltbuch 1S3'.
HINGEHÖREN, verb. perlinere ictuc: hier gehören blumen
hin ; die bemerkung gehörte nicht hin ; war er, wie man doch
natürlicher weise glauben muszte, zu Athen gewesen, wo er
hin gehörte. Wielasd 19,321 {Abderiten 3,6).
HINGEHÖRIG, adj.: er ist nach Leipzig hingehörig, der
abstammung oder dem aufenthaltsrechte nach; alles nicht streng
zur Sache hingehürige musz unterdrückt werden.
HINGELANGEN, verb.: ach, dasz er das nicht sieht, dasz
nur dies der w eg ist, hinzugelangen ! Klisger theater 2, 218 ;
an ihrem (der Weisheit) hals will ich mit freuden hangen;
doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen? Göthe 12,94.
HINGERATHEN, rerft., unabsichtlich nach einer abgelegenen
rietdang kommen : wo sind wir hin gerat hen I ;
meine güldenen ducaten,
sagt, wo seid ihr hingerathen? H. Heine 15, 71.
HINGERISSEN, part. s. unter hinreiszen.
HINGERISSENHEIT, f. : wer kann ein solches gesiebt ohne
gefühl, ohne hingerissenheit ansehen I Klinger 3, 172.
HINGEWÖHNEN, reib. : jetzt hat Preuszens muster . . die
deutschen städte doch so weit hingewöhnt, dasz sie einem
reisebeschreiber . . alles zu schreiben verstatten. J. Padl freih.-
büchl. 124.
HINGIESZEN, verb. hinwärts gieszen: er weisz .. den hauch
eines ächten heroischen gedichtes über sein uubeholfenes
latein, so weit das gehen will, hinzugieszen. Gervi>cs gesch.
d. deutschen dichlung 1,90; vergieszen, weggieszen: ihm war als
war er überselig, wenn er jetzo vor irgend einem wesen . .
hingieszen könnte all sein blut. sein leben, sein wesen. J. Paul
Hesp. 1,119; einer von jenen fftchferlichen, .. denen es gleich
gilt, welches menschenblut sie hingieszen, ob fremdes oder
ihres. Tüan l, 32. über die eigenartige bedeutung des part. hin-
gegossen vergl. oben an alf^abetischer stelle; nach ihr konnte
reflexiv gebildet werden :
Brises tochter nunmehr, wie die goldene Aphrodite,
als sie gesehn den Patroklos zerfleischt von der schärfe des erzes,
gosz sie um jenen sich hin und weinete laut. Itias 19, 284.
HINGIRREN, verb.:
nun hauch ich meine seele schier
erseulzend in die winde,
und girre kläglich hin nach ihr ^meinem mädchen),
gleich einem kranken kinde. Bijrger 7*.
HINGLEITEN, verb. : der kahn glitt sanft über das wasser
hin ; ich wanderte auf dem rechten nfer des flusses, der . .
im Sonnenlicht hingleitete. Göthe 26, 177 ;
ist der rohe
schwere thyrsus keine bürde
für die hand, auf zarten saiten
nur gewöhnet hinzugleiten? 2, 29.
HINGLITSCHEN, verb.: wie viele haben ein buch, wovon
sie urtheilen, . . nur durchblättert, sind nur flüchtig über ein-
zelne stellen hingeglitscht. Wielasd 13, 278 (265) ;
balbgenossen elitscbt die freude
über meinem herzen hin. Bluiucer 1, 2S.
HINGLOTZEN, rer6.: auf iine stelle hinglotzen; was soll
das, firau? fragte hinklotzend der alte Poshardt. J. Padl
briefe 89.
HIN GRÄMEN, verb. refl. sich zu tode grämen {vergl. hin 7
sp. 1376): er wird sich noch hingrämen.
HINGREIFEN, verb.: die armuht, wo sie hingreifet, da
findet sie nicht, da liegt nicht (nichts). Schottel 1124'.
HINGUCKEN, cer6. videre in illum locum. Stieler 714.
HINHABEN, verb. weg haben, vergl. sp. 1376 unter hin 6,6.-
er hat seinen lohn hin ; auch nach haben 5 5p. 68, rücksichtlich
einer läge, einer entfemung vorhanden sein : wir haben noch
weit hin, bis zur Stadt; seet weizen und gersten, jglichs wo
ers hin haben wil. Jet. 28,25.
HINHALTEN, verb. hinwärts halten: er hielt ihm ein buch
hin; der kranke hält dem arzte den wunden fusz hin. in-
transitiv still halten, aushalten : so wir im (gotte) hinhalten.
IV. 11.
Frank weUb. 123*. häufig, angeschlossen an die bedeutung von
halten II, 3 sp. 290 und von hin 1, 5 sp. 1376, iceiter halten, auf-
halten : das blendwerk, womit die bewunderer der gründlich-
keit unserer vemünftler jederzeit hingehalten worden sind.
Käst 2,593; ein elender behelf, womit sich einige hinhalten
lassen. 4, 212 ; gefahr laufen, durch leere begriffe hingehalten
zu werden. 6, 225 ; sich mit einer gekünstelten gemüthsstira-
mung hinhalten , vielleicht weil man sie für heilsam hält.
10, 163 ; wo ihren erschöpften muth hoffnung allein noch hin-
hält. Schiller 778; der baron hatte Wilhehnen einige tage
mit der hoffnung hingehalten, dasz er der gräfin noch beson-
ders vorgestellt werden sollte. Göthe 18, 264 ; in der einzigen
aussieht uns in einem schleppenden, geistlosen, bürgerlichen
leben hinhalten zu müssen. 26,219; dasz nach gespannter
erwartung ein stummes staunen, ein wortloses stumpfes ver-
wundern die sinne hinhält. Tieck ges. nov. 10,231. abhalten,
fernhalten : abtragung alter schulden, die sich nicht mehr hin-
halten lieszen. Klinger 9,216.
HINHALTCNG, f: die versuchte hinhaltung der gläubiger
gelang nicht; die zeit der halben maszregeln und der hin-
haltungsmiltel. Fichte reden an d. d. nat. 461.
HINHANGEN, verb.: bisz auch der rock mit lumpen hin-
hecht {lumpen an ihm hangen). Schade sat. u. pasqu. 2,61,15;
wa dem fürsten das or hinhanget, da ist das doli Tolk schon
vornen dran. Fraxk weltb. 38*;
und der geopferte für die Verbrecher hing in die nacht hin.
Klopsiock 4, 176 ;
an diesen lippen, diesen äugen,
die weh vergessend, hinzuhängen,
und aus den rosenrothen wangen
des lebens überflusz zu saugen.
Le>'z in Fo«' musenalm. 1778 *. 41 ;
nun traf jener die hand, der rufer im streit Menelaos,
welche den bogen noch hielt, den geglätteten; und in den bogen
stürmte, die hand durchbohrend, hinein die eherne lanze ;
schnell in der freunde gedräng entzog er sich , meidend das
Schicksal,
mit hinhangender band und schleppte den eschenen speer nach.
llias 13, 597.
HINHÄNGEN, verb. : er hängte den rock an den nagel hin ;
dasz die gesimse der kleinen häuser durchaus schief nach
einer oder der andern seile hinhängen. Göthe 28,116; das
innerliche heimliche hinhängen, w-ellenschlagen und wünschen
des herzens ... ist beim gebet die bauptsache. Claudius
3,103; Beata hängt ... ein wenig zor Schwärmerei, empfind-
samkeit und dichtkunst hin. J. Paul uns. löge 1, 167; eine
Sache hinhängen lassen, nichts in ihr thun.
HINHAUCHEN, verb. : diesz biszchen leben — dürft ich es
hinhauchen in ein leises, schmeichelndes lüftchen, sein gesiebt
abzukühlen! Schiller kab. u. liebe 1,3. hauchend sprechen:
vier jähre schon
vereitelte des krieges ungestüm
mir jeglichen versuch, dem treuen Narbas
die Seufzer meiner Sehnsucht hinzuhauchen. Gotier 2, 193.
duflig wie einen hauch hinzeichnen : und wenn es mir nun auch
gelänge, dich zug für zug mit der wärmsteu und geistigsten
färbe der liebe hinzuhauchen (deine Schönheit zu beschreiben).
Klinger 10,12;
auf des meeres riesenwogen schwebte
hingebaucht vor mir dein holdes biid. Seuxe ged. s. 31.
HINHAUEN, verb. l) eum locum caedemlo pelere. Stieler 790;
mit dem Schwerte nach einem hinhauen.
2) nach hauen 13 sp. 580, hineilen, forteilen :
ein groszes schaff mit wasser
gosz sie schnei eilends auf va dar
und sprach : haw hin, du hosts nun gar.
H. FoLZ in Kellers fastn. sp. s. 1280 ; •
aide mein wirdt, golt lasz dich gnesen.
der wirt spricht: haut hin, sprecht ir seidt hie gewesen.
H. Sachs 3, 1,238",
hau imer hin, lieber gesell!
ScHADC tat. «. putqu. 1. 59, 168;
liesz in also sein stra» hinhawen. mückenkr. 2. 32n.
HINHEFTEN, verb. heftend hinwärts befestigen: er heftete
noch zwei schleifen auf das kleid hin. häufig votn blicke, nach
heften 3 s/>. 770: Miller (unterdessen mit unverwandten äugen
auf das gold hingeheftet). Schilleb kab. u. liebe 5, 5 ;
vater, dein wille gescbeh ! mein hingeheftetes äuge
schauet aus in die nacht, und kann nicht weinen.
Klopstock 3,264 (Mes.t. 4,405; die ausg. r. 1751
mein starrgebefiet«s äuge);:
(wenn) nur Jehovah mit vollem
hingehefteten blick anschaut den sterbenden.
4, 104 (Mets. 8,60);
91
1443
HhXHEIM — niNHORCHEN
IIINHüHEN — HINKEN
1444
da standen sie beide, sie waren
naii bei einander, mit starrendem hingehel'teten bliclve
unbeweglich. 233 (Hess. 10,739);
diirsiellung gebietet Testen,
hingeheftelen forscherblick. '2. 19<).
HiNHEIM, adv. hin in die heiniat, vgl. herheiiii sp. 1103:
rüren mit Tried hinheim zu hausz. H. Sachs 4, 1,54';
ich will hinheim. 5, 21(i' (und öfter) ;
nerabt diesen ring mit euch hinheim.
hist, Magclonae spielwcis C iiij.
ertceüert hinheimen:
auch mit mir wieder hin hcimen bröcht. Avj';
und hinheimhin:
er solt hinheimhin kummen nit. II. Sachs 3,2,85'.
hinheim »« übertragetiem sinne, wie anhciin theil 1,372: t»e
sich der krieg anviag, do gab inati den paurn hinliaini, da;
ir ied^r möcht fliehen zu der .stal NUriiiberg. d. slddlechron.
2, 243, 8.
HINHELFEN, verb. hinwdiis lielfen, fort helfen, weg helfen:
wer den Pütrich luiset oder hofet, ausl (speiste) oder trankt
oder geferlichen bin half. d. slddlechron. 4, 100, 22. zum tode
helfen: alle, es lebe der hauptmann I Spiegelberg, bis ich ihm
hinhelfe! Schiller räu^r 1, 2. reflexiv: er hilfl sich so hin,
fristet sich weiter.
HINHEXEN, verb. : sieh doch, sieh, das schöne geiuäuer
dahinten! ists doch als wenn die feen es hin gehext hätten.
GöTHE 14,82. '
HINHINKEN, verb. hinwärts hinken:
ihm hair sein knappe wieder auT die heinc,
und brummend hinkt er nach dem zelte hin. Wielat<d 18, 19.
IHNHINTER, adv. hinwärts und nach hinten, zurück, mhd.
hinhinder (Lexer wb. 1,1298): in solchem abziehen reit der
fürsichtig haubtinan mit groszer mühe ein weil für, ein weil
iiinhinder. W'ilw. v. Scliautnb. 105 ; rückt er selbs die veint zu
besehen hinhinder. 59; so zeucht imer eine sünde die ander,
und gröszere, bis man gar hin hindcr künipt. Luther 4 37' ;
das hat die Teutschen hinhinder geworfen, bisz in gott' ausz
dem staub für vil Völker herfür hat geholfen. S. Frank Germ,
chron. 1538 vorrede bl. aaiij';
doch denkhen macht das ich schau dickh hinhindtcr
an die vergangene tag.
PÜTEKicHs ehrenbricf 119, bei Haupt 6,53;
o du grewiichcr kalter wintnr
iler glenz hat dich getuckt Iiinhinder. II. Sachs 4,3,49'.
in den formen biniiindern: wolt wie die Schweizer nicht leiden,
dasz <M" die feder forncn auf die stirn setzt, sondern ruckts
iiini hin hindern. Garg. l^h' : «nrf bininter, hininder: hininder
bürsten, repcctere, relro peclere. Stieler 168 ;
wie aber Tullius und sein kinder
sfind wider genickt hininder (von könifjlichen ehren ins elend).
i. Atrer 51' (270, 25 Keller) ;
mein draid (gctraide) werd ich schieden (schütten) hin inder
ulT ricn potten. dessen fastn. sp. 195' (3177,26).
a» die Verbindung hiniiinler hallen zurück Italien, sparen : man
sol etwas hinhinder hallen, . . denn ein gesparter pfcnning
ist gleich so gut als ein gewonnener. .Matiiesius post. 2,211",
tchlieszl sich binhinter sparen:
darum trag ein im sumcr,
das du nit leidest kumer
in deines allers winter,
sorgtaltig spar hinhinter.
meutert., ms. germ. fol. 23, iio. 88.
ei hiesx auch hinhinter rauben, durch rauben etwas für sich
zurückbringen, hinuegbringen :
und haben dir gernuhet hinhinder
alle deine enelin und rintler. H. Sachs 2,1,4*.
das adverb, seit dem 17. juhrh. für die schrißspraclie erloschen,
fristet lick noch in mundarlen: buir. binhinter, hinhinterhin.
ScHM. 2, 200. 218 ; tni Fichtelgebirge ninta. Fromm. 5, 517 ; tn
Üüringea wird uinter aus binhinter einem rinler aus herhinter
entgegengesetzt, rgl. hinterher, binlerhin.
HINHOt-^KEN, retb. in der rirhlung nach einem vom sprechenden
abliegenden orte hocken: er i»l vor jener Ibür hingeborkl ;
Iransittr : er bat ihn auf seinen Hchnllerii hingebockt.
HI.MKlL/, n. rhamnus framjula, der faulhuum. Nk.miiich 4, 1140.
HlMlOH(;HtN, verb. hinudrti horchen: dasz du ja genau
Innbonb-t! »unM ruiixrhen dir Mrom und slurm dan wiehern
hinwi-g. Klhi-ütock 10,175; ich horchte genau hin, iiOrle aber
nichts, auch von dem vorsiihligen erforschen jemamics, in der
gewöhnlichen spräche: wir wollen doch auch erst einmal liin-
iiorrben, ob er es gerne tiiut.
HINHÖREN, rerfc. aures eo dirigerc: hör doch hin, audi
quid nie velit. Stieler 859; ich halle schon gemerkt, dasz sie
auf tanzen und kindelbieieii nach mir binhörle, wenn ich so
erzählte von meinen fahrten. Immerma.nn Miinchh. 4,23;
himmlischer ohr hört das getön der bewegten
Sterne ; den gang, den Seleno und l'leione
donnern, kennt es, und freut hinhörend
sich des geflügelten halis. Klopstock 1, 177;
begleitete mit hinhörendem obre
jeden donner des schaumenden Stroms. 4, 167 ;
wenn dollmctscher der Deutschen sie sind, so nehmen sie, geben
sie, und entdecken nicht, das/ der beraubt' und beschenkte des
zürnens
niemals sie würdigt, und kaum hinhörend, nur selten des spottes.
7, 343 ;
weniger reicb, wie es scheint, ist unsere Sprache dem kennor,
welcher sie braucht, wie er soll,
ihm sind viele der wortc nicht da; auch höret er lang hin,
eh ihm ein neues gefällt. 349.
HlNHUMl'ELN, rcrb.: ich war hinter die thür des garten-
hauses hingehumpelt. Hermes Sophiens reise 3, 123.
HINHUSCHEN, verb.: auch hr. Klotz ist über dieses feli-
citer {in einer zu erklärenden stelle des Plinius) hingehuscht.
Lessing 8,90;
huscht doch die frcud aut Hügeln, schnell
wie schwalben, vor uns hin. KQrger 47'.
HINIRREN, verb.:
noch irrten sie in seinen (Babylons) ersten gasscn
unkundig iu der dämmrung hin und her.
Wieland 22, 165 (Obcron 4, 3t>) ;
vom tiefsten schmerz begleitet irrt sie nun
wer weisz in welchem lande trostlos hin. Göthe 9,313.
HINJAGEN, verb. intransitiv: die wölken jagen am himmcl
hin; transitiv: er jagt den band zu ihm hin.
IHNJAMMERN, verb. : dasz die arme . . nun ohne ihn ihr
leben hinschleichen, hinjammern soll. Göthe 10, 57. vgl. bin
II, 2 sp. 1377.
HINJÄUCHZEN, t'er6. .' o lasz inichs hinjauchzen durch die
luft. Fr. Müller 2,221.
HINKAUERN, verb. refl.:
doch sagt: was in der höhle dort,
bei schwachem licht, sich dreifach hingekauert?
Göthe 41, 154.
HINKEBEIN, n. spoUname für einen der ein funkendes bei%
hat, hinkt : dieses hinkebein ! ; hinkebein spielt den mann.
SiMROCK sprichw. s. 251 ; Stieler 124 setzt für binkbein sive
hüpfebein, empusa, claudicans männliches geschlechl au.
HINKEBINK, m. spoUname für einen hinkenden {vgl. unten
binkeperz). bei Maaler der binkcnbink, claiidus. /ortpe.'s. 222';
claudus, binkeiipink. Apiieriuam tyrocinium .i. 30; niederländ.
binkepink, claudus, claudicans, lon})cs, mit dem verbum hinke-
]iinkcn, cluudicare, unico pede saltare Kiliaj* ; bei Fischart, ipi«
es scheint, auszerhalb grammatisclwr fiujung, in interjeclioneller
weise verwendet: US (ließ und sprang, . . lief und rang, mit
trei passen ein spning, nit des hinkebinke knapfusz, nicht
des bockspringens, seit und ruckspruiigs, noch des böhmi-
schen Sprungs. Garg. 17S'. vgl. kiiappfns/. theil h, 1349.
HINKEHREN, rcr6. tvrtere istuc; id»solul : ;ilso zoch alles
Volk bin, ein jglicher in sein haus, und David kcrel auch hin
seiir haus zu segenen. Ichron. 17,43;
narket ich geboren bin.
und nacket kcr ich widi-r hin. Sciiwahiknberg 159*.
reflexiv: da keret sich alles vulk hin, ein jglicher in sein haus.
2Sam. C, 19; wo er sich hinkeret, ist er klnp f;enrlil. sprücJte
Sd. 17,8;
wo sol ich mich hin kcren,
ich tunimes bn'idorlein? Hhlamd volksl. 581.
HINKKHREN, rerh. wrrere istuc, mit i/em besen. Sciiellf.r
deutsch-lat. handlexicon (17!Ki) s. 71«.
HINKKI., n. junges huhu; s. bünkel.
HI.NKKN, verb. cluudicarr, ahd. hinkaii. biiichaii, mhd. hinken.
du* wort tsl auszerhalb des hocluleut.<nhen sprach<ielirtrs. tirnig irr
breitet, niederd. claudus hinkende Ditr. 12i>*; niederl. findet c.«
sich mit einer tteratielnldung liinkelen unico pede saltare (KilAK\).
wryl. auch oben hiukebink ; schwed. hinka, dun. hinke schemi
aus dem deutschen entlehtit zu sein, da im nllnord. das verbum
nicht, nur ein anklmgendes liökln lahmen luf^triefen realen
1445
HINKEN
HINTvEN
1446
kann, als urverwandt wird hingestellt das griech. ay.ä^fo aur.
axay-joj hinke, und das altindische khaiig gleicher bedeutung,
aus skang herrorgegangen.
kioken ist im alt- und miüelhochdeulschen ein starkes, im nM.
ein schwaches rerbum. wenn aber bei Luther bereits das schwache
praeteritum ausgebildet erscheint: und er hinket an seiner hüft.
1 Mos. 32, 31 ; und sie hinketen umb den allar den sie gemacht
lintlen. 1 kün. IS. 26, so dauern die starken formen doch noch
lange: hank bei H. Sachs 1,501"; da hank er und hett den
hofer dazu. J. Pauli lij; {die tdnzer) hunken. Garg.^2*;
aber der low bald merket das,
hunk da umbber demütiglich. Etering 1,631;
dasz ich an wendn zu bett bin ghunken.
FI. Sachs 5, 236' ;
und namentlich die schlesischen dichter des 17. jahrh. verwenden
sie gern: an welchem fusze Philippus geüunken. Aszmann
V. Abschatz im torbericht zu Lohensteins .irminius c4';
es sprang das satjr-volk, Silenus aller tninken
kam auf dem esel her fein langsam nach gehunken.
Opitz 1.436;
itzund komm ich herein gehunken,
ach lieben leut, ich bin nicht trunken.
A. Gktpbil-s 1698 1, 741.
in den oberdeutsclten mundarten. namentlich der bairischen (Schsi.
2, 215) und der alemannischen lebt das particip gehunken noch
jetzt fort.
hinken steht
1) im eigentlichen sinne, lahm gehen : hinken, daudicare, hin-
kender, claudus, claudicans. voc. ine. theut. k l'; der knab stund
auf {von einem stürze mit dem pferde) und hankh etwas wenig«.
fonl. rer. austr. 1,1,118 (vom j. 1517); in dem ringen bringet
er das davon, das er hinkend oder lam in der hüften wird.
Luther 4.183'; pump! lag er da, brach ein bein und hinkt
uuch heutiges tags davon. Engei. plüios. für d. weit 18; der
baron, der geführt herbei hinkte. Göthe 18,260;
denn ich bin gelofTen, dasz ich musz hinken, fastn. sp.60,i;
würd er aber taumeln und hinken,
so sclilah in mit eim prügel ümbt Schinken
und unten ümb di scbinpain,
so lauft er grad und pald haim. 686,26;
er zog das hinkend pferd in stall, grobian. G7' (6. 2, cap. 4);
sie haben geschossen schier
vom haan (dem Wahrzeichen der Frankf. brücke) vfoU einen fuesz,
dasselbige glaube sicher mir,
dasz er noch hinken muesz. Soltaü volksl. 406 (von 1552) :
und neben Hymen hinkt der gute mann Vulkan.
WiELA«D'5, 224;
und wie der hinkende Vulkan
sein Weibchen einst im garn gefangen. 10, 15S.
Im Sprichwort: bei lahmen lernt man hinken. Schottel 1113';
zeitigen dieb erlauft ein hinkender schärg. 1115*; es hinket
keiner an eins andern fusz. 1127'; wenn alle hinken, meint
jeder, er gehe recht. Sixrück sprichw. s. 251 ;
an der hunde hinken,
der huren winken,
der frauen weiuen,
und krämer schwöhren
soll sich niemand kehren. Pistoriis thes. par. 5, 20.
Es heiszt gehinkt kommen, vgl. kommen II, 4 theil 5, 1636 :
herr könig, ich habs nicht gern vernommen,
dasz ewr lieb thut gehunkn kommen
an diesen ort auf zweiu knicken.
Atrer fasln, tp. 38* (2529, 21 Keller) ;
auf einem fusze, auf beiden füszen hinken : er . . hinket mit
seinen beiden füszen. 2 Sam. 9,13; mit den lamen, die auf
beiden seilen hinken. Reiszser /erus. l, 12* ; dann er halt ein
rosz, das hanke an allen fieren. Wickram rollw. 52, 11 Kurz;
er hank mit einem fusz. Aimon bog. r j ;
der dritt der hinkt an einem bein.
Atrer fattn. sp. 38* (2527, 26 Keller) ;
was hinkt der kerl auf 6inem fusz? Göthe 12, 109.
2) bildlich in mancherlei Wendungen.
a) vom lahm sein, stocken der zunge, noch jetzt in Däringen
mit der spräche hinken, nicht deutlich oder geläufig reden:
dye zflnge wijl mer (mir) nu hinken,
daz ich nyt mag gedichten von
TOD dissen gescliicht ein enigesz wort.
E. WijiDECKK siiottyed. auf die alten adeU-
gtschlechter zu Mainz (1429) , üarmslädler
handsch. s. 14;
wart, das euch nit die zung werd hinken,
wann euch iler keiser der ret (um die rottet) wirt fragen.
fattn. tp. 206, 21 ;
nüttelhochdeutsche belege bei Le.xer wb. l, I20f).
b) hinkender vers, dessen füsze (f. thril 4* sp. 1010) niclit
glatt laufen : der vers hinkt, ist nicht flieszend, ungelenk; hin-
kende vers von erhaltung der gesundheit. Schuppics 696. in
anderm sinne steht der Griechen yco/.inftßos und axä^v.
c) hinken, von der unentschlossenen und erlahmenden art des
gemfdes: auf beid seilen hinken, ad nutum aliquorum circun-
ferri. .Maaler 222'; hinkender glaub, das ist, unstät, halb
ausz, halb inn, wie man spricht, fides clauda. das. ; do sprach
der prophet Hellas zu in. wes hinken ir uff bede ort, das
ir keinen gott wellen anbetten, dünkt üch der wor got das
er der recht got sy, warumb betten ir in denn nit an, be-
dankt üch denn der abgot der recht got sin, warumb betten
ir in denn nit an, und stont also zu hinken uff bede syten.
Keisersberg bilg. 4l' {nach 1 kön. 18, 21) ; hinkest und giaap-
pest also uff bede siten. das.; es rotten sich die hinkende
wider mich. ps. 35, 15 ; und wil der hinkenden helfen und die
verstoszene samlen. Zephanja 3, 19 ; auf der meisnischen theo-
logen hinken und kleisterei. Joh.Wigandus ob die newen Wülen-
berger u. s. w. 10*; noch selzamer {ist es), wann unter den
bundesgenossen einigkeit erhalten wird: und wo si zumahl
auf eine seile hinken, da kan es nicht lange bestand haben.
BüTSCHKY kanzl. 424 ; Ottoni thate dieses den empfindlichsten
stusz, dasz Adolph von Cöln (der zwar schon längst gehinket
hatte), von ihm absetzte. Hahs bist. 1724 4, 68 ; der gute kaiser
muste von denen tempelherren viele falschheit erfahren, so
hinkten auch die Venetianer nebst andern creuzfahrern. 148;
do s Volk TOD Israel anfleng hiDkcD,
das guldin kälblin bettet an. trag. Joh. Mv;
der pöfel hinket,
wo ihn nichtdünket,
der wird verluhret,
der ihm hollret. Logau 3, 175, 12 (pöfel-gunst) ;
kein rechter Christ kan trinken
des herren kelch zugleich
uud mit dem satan hinken
in seinem sCmdeDreich. Rist salib. seelenl. 24;
herr, sieh, ich bin verdrossen,
zu thun, was dir gefällt!
mein herz hinkt unentschlossen
noch zwischen gott und weit. Uz 1, 309;
und mit ausgeßhrlem bilde:
eiuem, der aus boffart stinkt
und auf geraden füszen hinkt. B. BiTiGWAin /. w. 374.
daher auch : seine rede hinkt, semio ejus Claudicat, i. e. vacillal,
ineertus, lubricus est. Stieler 763.
d) ein gleichnis hinkt, wenn es dem verglichenen nicht ganz
nahe kommt: wenn ein gleichnis, zu weit durchgeführt, hinkt,
so wird ein vergleichendes urtheil immer unpassender, je
genauer man es betrachtet. Göthe 6,110; wie man nun zu
sagen pflegt, dasz jedes gleichnis hinke, welches eigentlich
nur soviel heiszen will, dasz es nicht identisch mit dem ver-
glichenen zusammenfalle. 53,196; wenn die matheraatik . . .
sonst nichts vor sich hat, so müssen ihre Schlüsse sehr hinken.
Kant 8, 107.
e) hinken, hinten nach kommen, später kommen, wie der lahme
hinler dem zuge der gesunden zurückbleibt : dein guter rath hinkt
sehr hinterdrein, wird zu spät gegeben; gewiAnlich in bezug auf
unangenehmes, weniger gutes: besonders hat der alle herr keine
freude, wenn die suche abgethan scheint und noch manches
hinten nach hinkt. Göthe 21,202;
du denkst — zerrissene gedanken
durchkreuzen sich, vod tröste leer.
du gehst und deine schritte wanken,
und hinter dir hinkt reue her. Gotter 1, 220 (139).
hinkende post, hinkender böte wird von einer später einlau
fenden unangenehmen nachricht gesagt : hinkende post, nuncium
triste, infelix Stieler 763; hernach kam der hinkende böte,
mit halben armen und halben beinen. Schottel 1117*; findet
geschwind für seinen Hanns und für seine Gretc eine an-
sehnliche partie, alles ist richtig, aber der hinkende böte
kömmt nach, der makler, bei dem die hundert tausend mark
gestanden, hat banquerot gemacht. Lessixc 7, 124. aber man
versteht darunter auch nur eine spät kommende nachricht: Bertuch
sagt mir, dasz er ihnen alle umrisse des triuiuphhogens längst
geschickt habe; da war ich also wieder der hinkende böte,
so wie dieser brief einer schlecht geschriebenen alten zeitung
gleicht. GöcmiAOSEi« in Böttigers litt. zust. 2,249;
der hinkend bot bringt newe mehr,
er kompt ^laub ich vom Sunde her,
hört was sich zugetragen. Soltau vulksl. 472 (t>. 1628);
vfl. auch unter böte theil 2,278.
91*
1447
HINKEN — HLNKIG
HINKLEBEN — HINKRITZELN
1448
f\ hinken, ßr stocken, Jiapern, nicht gut von stallen gehen,
in bezug auf glücksunistände, genusz, anstrengung : als solche
Zeitungen einhefen, fing des Juli sache abermal an zu hinken.
Simpl. i, 158 Kurz;
ich bin wol innen worden
da? der werlde fröude sinket
und ir 6re hinket. WigaloU 297, 18;
0 so lasz den kurzen mai
dieses lebens uns getreu
mit einander schmecken I
wenn der somraer uns erreicht,
hinkt die Inst, im winter schleicht
sie den gang der Schnecken.
GöKiNGK heder zweier Hob. (1779) ». 58;
kommt man {beim kriege) ins feld und naht sich dem werke, da
hinkt es gewaltig,
muthiger kann man nichts sehn als sie zu hause sich zeigen,
drauszen liegen sie gern im hinterhalt. Göthr 40, 160.
auch, zumal in der ditern spräche, nicht in Ordnung sein, fehlen,
mangeln: wie da; sei, dag daj lateinisch buoch hie hinke.
Megenberg 74, 36 ; er wuszt des Catons sprach, das gessen
ungetranken sei geluinken, und im gegenspiel, getrunken
ungessen, sei zwischen zweien stülcn nidergesessen. Garg.M,*;
ich nam ein juncfrau, ist nit neulich,
an der lasz ich mich ie bedünken,
sie hab an eren lang gehünken. fastn. sp. 234, 16;
ausdrücklich an die bedeutung 1 angelehnt:
Jambe nennt man das thier mit einem kurzen und langen
rusz, und so nennst du mit recht Jamben das hinkende werk.
Schiller 1,321 Kurz (xenien no. 16);
vgl. auch unten unter hinkeperz.
g) eine formet den hund hinken lassen galt friiJier ßr gelten
lassen, ausschreiten, ausschweifen:
den hunt lasse ich hinken
czu der rechten haut und linken,
men fyndet an mir ere noch trawe.
uf schalkeyt erdenke ich stete rawe.
insclirift eiiwr schfisf:ii des 15. jahrh., am.
des germ. mi(?. 1859, sp. 415;
eine frauw, die ziemlich schön war, beichtet neben andern,
dasz sie underweilen, wann ir mann nicht einheimisch, den
hund hinken liesze. Kirchhof vendunm. 337'.
h) die uhr hinket, hierunter versteht man denjenigen fehler
einer uhr, da die streiche der unruh, einer um den andern, kurz
und lang sind. Jacobsso.n 8, 45*.
HliNKEPEKZ. m. Spottname für einen hinkenden, perz scheint
an berzel, börzel {theil 1,1539. 2,247) angelehnt:
gleichwie du bist ein hinkeperz,
also ist hinkend auch dein herz.
die plied von auszen zeigen frei,
dasz innerlich auch raangel sei.
Richter hei Pistoriis tlies. par. 1, no. 66, s. 87 ;
als Übersetzung von
clauda tibi mens est, ut ]\es, natura notasque
exterior certas interioris habet;
hinkenperz. Stoppe Parnasz 399. — Niederdeutsch gilt in gleicliem
sinne hinkepoot, hinkfusz. Voss im deutschen mus. 1780 2,451;
auch niederl. hinkepoot, claudus, rlaudicans, loripes. Kilian.
vgl. oben hinkebein und hinkebink.
HINKER, m. hinkender. Stiei.er 763: die hinker, die Stamm-
ler, die schielenden, die einöugigen, die speckwänste und die
darrsüchtigen. Musals volksm. 544.
HINKEREI, /■. das hinken, nach der bedeutung von hinken
2, c oben sp. 1446: folgen des abfalls und hinkerei. Luther
tischr. 66' am rande.
HhNKET, 5. hinkicht.
HINKETEUFEL, m. tunkender leufei:
worin der dumme hinketeufel
sich Reihst und ihn betrog.
WiFLAND 21, 320 (KM. u. Sinibald 0,339).
HINKICHT, ad;'. /linJtenrf. Stihi.er 763: Tamerianes wäre ein
Inhmer und hinkigter hirtenbube. Simpl. (1713) 1,7. oberdeutsch
zu hinket herabgesunken : claudus hinket Dief. 126' ; hinket,
lam an den füszcn, /ori;>fi Dasvpod. ; mit ihren hinkelen und
einäugigen füszen werden sie mich uicbl erlaufen. rARACEi.s.
opp. 1,632B:
*o knappet, böckricbt und «o hinket. H. Sacu 5, 245* ;
yha die liimen hinketen Christen müssen hören, ich weisz
dein werk. S.Krame latter bij; auch zu binkechtig erweitert:
lonprt knimmfil>7ig, lamme, hinkecblig Daktpodiuh.
HINKIG, adj. hinkend : em krumfuiz, binkiger, loripes. Dast-
PODIU« V»'.
HINKLEBEN, verb. durch kleben hinwärts fest machen : einen
zcitel hinkleben, an die stulienthüre.
HINKLEIBEN, verb. ebenso: ja, er (gott) ist daheim an
unsrcr stubentbür gestanden auf dem beigen {bilde), mein
ineüder bat ihn von der kttrbe mitgebracht und hingekleibt.
Simpl. 1,31 Kurz.
HINKLINGELN, vcrb. mit geklingel hinfahren : {wir sehen den
dichter) zu groszeiii schlittenzuge gebellt, durch die weilen
ebenen hinklingeln. Göthe 33,148.
HINKNIEEN, verb.: binknien, niederknien, in ^enuo pro-
cumbere, gcnua submittere. Frisch 1, .52S*;
ist er zu mir gesinnt, wie ich zu ihm auch bin,
so knie er neben mir auf dieses polster hin.
RiciiEL bei Steinbach 1,886;
(die inneren stimmen) zwingen euch, zu zagen,
und vor dem herrn von euren tagen
und allem, was da lebt, anbetend hinzuknien.
Gotter 1, 404 (251) ;
solche sind«, die der gemeinschaft
frommer Christen sind beraubt,
denen nur am thor der kirche
hinzuknieen ist erlaubt. Uhlam) grd. 287.
HINKOMMEN, verb. l) nach einem hinwärts gelegenen orte
kommen: das land da du hinkomest. 5 Afo.'. 11,10; wo der
gottlose hin kompt, da kompt verachtunge, und schfnach mit
hone. spr. Sal. 18, 3 ; alles was darin lebt und webt, da diese
ströme hin komen, das sol leben. Hes. 47, 9 ; sandte sie . .
in alle stedte und ort, da er woU hin komen. Luc. 10, 1 ; da
ich bin, könnet ir nicht hin komen. JoA. 7, 34; in dem Wein-
keller sind auch immer so viel leute. diese rausz ich . . .
grüszen, wenn ich hinkomme. Gellert 3.224 ; in allen fami-
lien wo sie hinkam, erkundigte sie sich nach den kranken.
Göthe 17, 265. sprichwörtlich: wo ich hinkomme, da ist es gul
gewesen, oder wil bald bösz werden {ich treffe nie die rechte
zeit des glucks). Schottel 1136'; wo der kaiser hinkommt, da
stehet ihm das recht offen. Pistoriüs thes. par. lo, 7.
2) in einer schon begonnenen bcwegung weiter kommen, tcohin
geraten :
wo kam der waidmann hin, mit dem ich .sprach?
Schiller Trll 4, 3 ;
wenn er fragte, wo der wind herkomme und wo die (lamnip
hinkomme. Göthe 20,138; unsinnlicher: wo kompt ihr hin.
leut, welche ihr auf andere saclien allen fleisz anwendet,
aber eurer söhn habt ihr gar wenig sorg? Schuppiüs 732;
wo ist denn ihre gesellschaft hingekommen? Göthe 20,4 {was
ist aus ihr geworden?); wo ist die todesfurcht hingekommen,
die ich sonst* noch wohl empfand? 19,351; die mutier ...
bestand darauf zu wissen, wo er mit den groszen summen
hingekommen sei. 15,198; wo kommen sie denn mit ihrem
gelde hin? was machen sie sonst für aufwand? 27,56.
3) weiter gehen, vorwärts kommen, in bezug auf leben, glücks-
unistände und Stellung: habe ich dem höchsten für die bisher
erhaltene leibesbeständigkeit und erträgliches hinkommen zu
danken. Bütsciikv kanzl. 83; ein vöglein spricht wer sich neh-
ret ohn ander leut schaden, der kompt lang hin, und kein
Sperber, habicbl, ahr oder weih wird ihm nicht schaden.
Schuppiüs 838.
4) wegkommen, schwinden, in bezug auf zeit: ee da; vier
Wochen bin cbomen {kamen) im frid. d. städlechr. 2, 302, 14 ;
e darnach acht lag hin komen. 4, li»f,, 24; do die.selb zit hin
kom. 107, 2. verderben, untergehen : sy verwundern sich, das
wir so kostlich Heisch (der fnenschen) lassen hinkummen den
Würmern zu theil. Frank weltb. 22.'.'.
HINKRACHEN, verb. krachend hinslinzen :
der . . den blinkenden stahl ihm (ilem rnsne) tief in die weiche
de« bauche.ji
slietz, dasz «s laut hinkraclit im fall und den reiier herabwarf.
I'TRKRR Tunis. 7, (154.
HINKRÄNKELN, verb. kränkelnd sein leiten hinbringen : er
krUnkelt hin; auch hinkranken.
HINKRELM, m. rhythmus claudicans. Stif.lrr I.m
HINKRIECHEN, irrfc. nach einem abliegenden urti ini-uun.
da sie (die schlänge) zwischen kriliiliin und (.'cstrliuchen hin
kroch. (jöTHK l.'», 213; wo das liint nicht hingehen k»ii. d.t
kreucht es bin. I'istohius /Am. pur. .'i. 11 {vgl. unter hingeben);
wollen aber die lierren durchaus ihr konsistorium versammeln,
so will ich versuchen, ob ich hinkriechrn kann. .Sturz t.l'.r. ;
dir katz<r kam zum adler hinK<'kroclM'n. IUcriiorn 2, 44.
HINKRITZELN, verb.: verzeiht wrnn ich mit einer stumpfen
feder aus einer tusch -muscbcl, aus der mein gcfahrtc die
umrisBe nachzieht, dieae* hinkritzle. Göthe 39, 04.
1449
HINKRÜPPELX — HINLÄSZ
HINLASSEN — HINLÄSSIG
1450
HINKRUPPELN' , verb. sich mühsam weiter beicegen , rergl.
knüppeln 3 th. ä sp. 2477 ; und krüppelten isich nun in ihrem
ehestande so hin. Tieck nor.-kranz 4, 255.
HINKCMMERN , rerb. kummerhaft hinbringen : so träumt.
Icümmert und schmachtet sie ihr junges leben ohne freunde
hin. Klinger 10, 116.
HINKUNFT, /. l) das kommen wolun: bei meiner hinkunft
fand ich noch nichts vorbereitet ; der general von Hollz . . .
{der) in eben derselbigen herberg einkehrte, weilen er ein
sonderbares lustigs zimmer darin hatte, in welchem er zu
seiner hinkunft zu logiren pflegte. Simpl. 3,208 Kurz.
2) von der zeit, die zukunft: indem Canadien sich föderativ
constituiert, emancipiert es sich beinahe vollständig von dem
mutterlande, mit welchem es in hinkunft . . . nur durch die
gemeinscbaft der rielfach in einander verschlungenen Inter-
essen und durch die person des jeweiligen regenten verbunden
sein wird, nordd. allgem. zeilung vom 24. febr. 1867.
HINKÜiSTTIG, adr. in zukunfl, fernerhin: davon hinkünftig,
geliebt es gott, bericht folgen wird. Scriver seelensch. 2, 127 ;
ein zeichen, was sie hinkünftig zu erwarten hätten. 125; hin-
künftig dann und wann seines guten andenkens gewürdiget.
Fekenb. 1,400; sich der regierung hinkünftig mit mehrerem
ernste annehmen. H.\hs hist. i (i72l) 121; Ludovicus liesze
das land hinkünftig durch herzöge regieren. 224.
HINKüNG, f. das hinken : hinkung, lamme, daudicatio, clau-
düas. Dastpodics.
HINLÄCHELN, verb. : wie dieser . . . wehmüthig vor sich
hinlächelte. H. Heine 2. 222.
HINLACHZN, verb.: vor sich hinlachen.
HINLAGERN, verb. refl.: wo ich mich hinlagere am grü-
nenden boden. Bettine briefe 1,235; wenn ich . . mich vor
ihm unter die Schriften hinlagerte. E. T. A. Hoffmann 8, 37 ;
bei Linz, wo die ufer weit und flach sich hinlagern. Riehl
culturgesch. nor. 389; intransitiv: Tizians Venus, .. bereit und
kampflüstern hingelagert. Heinse Ardingh. 2,281.
HINLALLEN, verb.: dasz ichs einmahl ganz aussagen, hin-
lallen könnte I Fr. .Müller l, 16.
HINLÄNDEN, verb. eigentlich ein schiff hinwärts zu lande
bringen, allgemeiner aber und reflexiv gebraucht, ftr wohin gehen,
sich «ohin wenden, vgl. anlanden tA. 1,390: auf welche seilen
haben sie sich hingelendet? Amadis 268; und unsinnlicher, in
bezug auf ansieht und neigung:
wir wöllent . . . warien diser sachen ein end,
wo sich das volk zuoletst binlend. trag. Joh. Bvj.
HINLANGEN, verb. l) hinwärts reichen, nach einem entfern-
tem orte geben: so könnt ich dann . . . mein herz heraus-
bringen und es ihr hinlangen. J. Pacl Hesp. 2, 216 ; ein spieler
soll nun eben seine zart fühlenden bände nehmen und sie
dem glücke vorstrecken, damit es die guten karten ergrübhe
und sie ihm hinlange, a. d. teuf pap. l, 75. intransitiv hin-
wärts reichen, sich bis hin erstrecken : hinlangen, hinreichen,
prominere Maaler 225*.
2) unpersönlich, auslangen, ausreichen : trägstu allein vor dich
Selbsten sorge, und langet dieses woll hin? pers. baumg. 1,16.
HINLÄNGLICH, adj. und adv., nach hinlangen 2, ausreichend,
genügend: hinlänglich, hinlänglicht, sufßciens, id quod sat est.
Stieler 1066; da weder seine stärke, noch seine tugend ihn
zu retten hinlänglich war. Wieland 1,38; ein beweggrund
dieser art konnte wohl dem günstling hinreichend scheinen.
Kaiaffen . . den vorzug zu geben ; nur war er nicht hinläng-
lich, diesen vorzug vor den äugen der nazion zu rechtfertigen.
6,313; dasz . . hinlängliche fonds ausgemacht wurden, die
Abderiten wöchentlich viermahl mit Schauspielen zu traktieren.
19,293; das bewusztsein .. ist keine hinlängliche waffe. Göthe
17,12; bei hinlänglichem essen und trinken. Imjierjiann ^/wncAA.
1,27; da.sz ich hinlänglich davon unterrichtet bin. Lessinc
10, 281 ; die erste {handschrift) . . ist von ihm hinlänglich be-
schrieben. 336; nach hinlänglich eingezogner nachricht von
allen umständen der hochzeit. Heinse Ardinghello 1.200; mit
einer verdrieszlichen Indifferenz, die hinlänglich bekundete,
dasz er sich mit dem knoten der weiszen kravatte nicht lange
vor dem Spiegel beschäftigt. H.Heine 12,6.
HINL.ÄNGLICHKEIT, f: auf der andern seite wird sein
bescheidenes misztrauen in die hinlänglichkeit seiner einsichten
ihn bewegen, sich um bewährt rechtschaffene und taugliche
gehülfen und rathgeber umzusehen. Wieland 31,425.
HINLÄSZ, adj. nachlässig, fitr das häufige hinlässig, und etn
mhd. hinlae^e voraussetzend, das auch durch ein mhd. subst. hin-
la?zheit bestätigt wird (alle die wile so du euch din buosse niut
geleistet hast, und du es von hinlesheit lassest, so bist du
niut in gnaden. Wacrernagels pred. 69,155, 14.jaArA.):
dann das er sunst so binläsz ist,
das er nit gdenkt was im gebrist
und was er haben müsz zur uot.
Brast narrensch. 70. 7.
HINLASSEN, verb. l) hinwärts lassen : er liesz das kind hin
zu seinem vater ; reflertv sich hinlassen, wie sich niederlassen :
dasz er sich vor der verläumderin auf ein knie hinliesz. J. Paul
Hesp. 2,194;
er läszt sich auf ein knie vor dem monarchen hin.
Wieland 22, 221 (Oheron 5, 56) ;
unweit des heers
liesz er (Apollo) sich hin, und schnellte sein geschosz.
BCRCER 142'.
hinweg lassen, entlassen, verabschieden : hinlassen dimittere Maa-
ler 2-25' ; damit aber der fleiszig leser dieses orts nicht gar
on frucht hingelassen werde. Fronsperger kriegsb. 2, 28*.
2) hinlassen, fort lassen, überlassen, in kauf und sche7ikung :
ich will ihm das pferd drüm hinlassen, habebit equum pro hoc
preiio. Stieler 1076 ; ein gut um was weniges hinlassen, frae-
dium vili pretio dimittere. Steinbach 1,982;
man lasz ihn unverscharrt, man lasse sein gebein
für hund und vögel hin. Opitz 1, 170;
liesz ich den armen hin
das was ich hab und bin. 3, 107 (nach 1 Cor. 13, 3);
nicht rechet euch, laszt gott die räche hin. 102.
3) fortlassen, weglassen, unterlassen : und also fleisig sol die
Stirn, backen, nasen, äugen, mund und kin mit irem ein und
auszbigen und sunderlichen gestalten gezogen werden, auf
dasz {dasz das) aller minst dinglein nit hingelassen werde,
das da nit sunderlich fleiszig wolbetrachl gemacht würde.
Dt^RER proport. (1528) Tij'.
HINLaSSIG. adj. und adv. etwas hinlassend, fortlassend, nach
hinlassen 3 gebildet und gewöhnlich derselben bedeutung wie fahr-
lässig, nachlässig: hinlessig dissolutus. voc. ine. theut. V.1'.
1) das seit dem 15. jahrh. bis ins 17. vielgebrauchte wort steht
in diesem sinne in mancherlei Verbindungen, in bezug auf personen
und zustände : pochen uf der seligen fürbitt, welches worlich
hat hinlässig Christen gemacht. Zwiscli 1, 280 ; durch faulheit
sinken die balken und durch hinlessige hende wird das haus
triefend, pred. Sal. 10, 18 ; dann sol unser fiscal gegen solcher
hinlässigen oberkeit . . auf obgemelte peen und straf proce-
dieren. reform, guter policey (1530) tit. xxn ; das uns die Itali
nit vergebens thorecht, heilosz. hinlässig bestien geheiszen
haben. Frank chronica vorr. a'; erzeige dich deinen mägden
nicht so hart, noch gar zu sanft, dann die hinlässigen herr-
schaften müssen allezeit den schaden tragen. Lehmann 2,55;
der unschuldige setzer und corrector in der druckerei wären
hinlässige hudler und ungelehrte tropfen gewesen. Simpl. 4,367
Kurz; ain angenommen unflyssig hinlessig achtlosz und ver-
ächtlich unwissenhait. Reichlin verst. lo'; umb solchen hin-
lässigen brauch und ernst des befohlen schwerts. Lcther br.
2, 541 ; das die zuvil hinläszig nachgebung verwirkter straf,
den bösen entweder von newen oder noch mehr zu misz-
handeln mut und gelegenheit schaff. Gar?. 269'; indessen durch-
blättert er imnierfurl die anmerkungen in gedachter Assenat,
und zwar in solcher hinlässigen eil, als wann ers im verding
zu Ihun gehabt. Simpl. 9, 392 Kurz ; das werk Homers, mit ..
seinem rauhen ungekünstelten numerus, seinen unaufgestützten
hinlässigen perioden. Herder zur litt. 1,168. — Es heiszt hin-
lässig sein, weiden, machen : nu meine söne seid nicht hin-
lessig, denn euch hat der herr erwelet, das ir für im stehen
soll. 2 chron. 29. II ; so sehet nu zu, das ir nicht hinlessig
hierinnen seid, damit nicht schade entstehe dem künige. £sr<i
4.22; und der schuldener, der do angesprochen wirt, der sol
unz dar {bis zum ersten tage des herbsiteidings) in frid beliben,
und wirt der klager dann hinlässig, so sol er aber heilen
unz an das nähst meigentäding. weisth. 1, 6 {Zürich von 1338) :
also bedarf die jugend immerdar guter anmahnung, dasz sie
nicht hinlässig werde und vom rechten wege abtretle. anm.
weiszh. lustg. 150; dann die anderen {gläubiger), die eiin nicht
heuschen, machen einen hinlässig. Tn. Plater 195 ;
vertrossn. hinlessig in aln dingen. H. Sachs 3, 3, 42*.
hinlässig erscheint mit einem andern sinnverwandten adjectic for-
melhaft verbunden : meinen es sei gar keine sünde mehr da,
und werden faul und hinlessig, die sündliche natur zu todteu.
Lcther 1,1S4'; derhalhen ^ich die Juden wol fürchten sollen,
1451
lUNLÄSSIG — HINLAUFEN
HINLAUFEN — HINLEGEN
1452
und nicht sich verlassen, als die Chaldeer faul oder liinlessig
weren. 3,233"; zu verinanen die ungleubigen oder fauigleu-
bigen und hiiilessigen, oder aui.h verslockten Juden. 4,248';
faul und hinlässig zeschreiben. Maalüh 225* ; das er faul, liin-
lässig, ein spiler, saufer und hurcr ist. Fisch art chz. .V23;
der faul und hinlessig miiszigpang. Thürneiszer magn. akhym.
2, 279 ; hinlässig und faul. Phil. Luiid. 5, 342 ; würde entweder
faul und hinlässig, oder übermütig und baurenstolz. baurenst.
/<Kterpr. 119; ob einige oberkeil in der straf und handhabung
säumig und hinlässig erfunden . . würde, refonn. guter policcy
1530, tu. XXII ; dieweil dein Sicherheit dich zu hinlessig und
unvleiszig macht, das du seihest nicht sihest, was du lallest
und speiest. Luther 1, 301" ; derhalben er auch (keinen Über-
fall besorgend) hinlässig, ohne wacht unfleiszig war. Kirchhof
mU. disc. 192 ; hinlessig. treg, sein selbs vergessendl. L. Thür-
neiszer V. fffobier. der harnen 47 ; seiner dingen halben vil ze
hinlässig und zu liederlich, ab re est remisshr. Maaler 225";
hinlässig und schläferig. Fhilander 1,615;
ist hinle.<:sig, gar l'aul und treg. H. Sachs 4, 1, 86'.
hinlässig adverbial, nachlässig, leichtfertig: versäumet euch ja
selbs nicht also hinlässig und mutwillig. Luther br. 3,356;
das solchs nicht hinlessig geschehe. Esra 6, 9 ; (dasz) die
Wagenburg hinlässig bewart werde. Taciüs bei Fronsperger
3, 250'; man hat bisher höchlich geirret, dasz man die eupa-
toria so hinlässig ohn allen unterscheid in die arzeneien ver-
mischet hat. Tabernaemo.nt. 331.
2) seilen stellt hinlässig wie hinfällig, geschwächt an kräften:
aber er war als hinlässig und schwach. Aimon bog. Y 1 ; wein
gibt fruligkeit den hinlässigen. Wirsung Calisl. c4.
HINLÄSSIGKEIT, f nachlässigkeit, mangel an sorge, leicltt-
fertigkeit: Sophocles . . als er von wegen sins übermäszigen
alters und hinlässigkeit sins eignen nutzens, von sinen sünen
der thorheit gezigen ward. P. Gengenbach p/a/fens/). 120; inen
also durch meine hinlessigkeit ursach des todes sein {möchte).
Luther 3,396'; solchen wahn und zweivelbaftige hinlessigkeit
nimpt er {gott) hie weg. 4, 2S2' ; damit er nicht etwan durch
unvorsichtige hinlessigkeit zu schedlichem verlust .. gedrungen
werde. Fronspehcer kriegsb. 1,173'; da ist Antipater neben
Hircani hinlessigkeit mechtig worden. Reiszner Jerus. 2,86";
es geschieht gar vil, dasz durch hinlässigkeit der knecht, die
pferd oft in die baren oder zigel springen. Seuter rossarzn.
210 ; ach aber, wie oft verlircn wir durch unsere hinlässigkeit
diesen edlen ring der gnaden gottes mit dem verdienst Christi.
Reineke fuchs (Rostock 1652) 324 ; wenn . . der trägste von ge-
wohnten hinlässigkeiten, die ihn ins verderben stürzen, noch
zu retten, zu heilen ist. Herder z. litt. \1, 21. MU einem an-
dern sinnverwandten Substantiv formelhaft verbunden: weil die
natur den menschen nicht zur hinlässigkeit und faulkeit . .
geboren hat. S. Frank chronica 102' ; die hinlässigkeit der
menschen und ihr faulkeit und leichtfertiges leben. Para-
CEI.SUS Chirurg, sehr. 74 .\; davon verdrusz, hinlässigkeit und
unfleisz erwachsen. abscMed des reiclistags zu Augsburg v. 1530,
§ 75; darumben denn in solcher uherfahrung niemand mit
rechtmäszigem vorträglithem grund seine verlassung und hin-
lässigkeit entsciuildigen mag. Carolina art. 1 ; zuvoran so sy
ein versaumnusz und hinlessigkeit in der fasten haben be-
gangen. Frami weltb. 107'; damit sie ihres fleiszes nicht durch
unsere irrunge und hinlcsvsigkeil beraubt werden. Tuurmeiszeb
von tcassern 255 ; von wegen der hinlässig- oder Unachtsamkeit
derjenigeo, so der pferde warten. Uffenbach neues rossbuch
2,221.
IHNL.\SSIf.LlCH, HINLÄSSIf.LICIIEN, adv. segniter. Maa-
i.er 22.5*: es stat in geistlichem recht geschriben, dasz in
diseni leben und besunder zu diser zit nichts so gering, so
leicht und den menschen su angenein ist, als eins bischofs
. . ampt, üo die sach hinlesziglich und mit schmeichlerei ver-
riebt Wirt. Schake sat. 3, 16%, 10,
IHNLASZLICH, adv. faiirl»Usig: zudem wie kunibar (icard),
dan die fhilin alsd hinleslich und ohne alle sorg uf iteicUen-
berg erzogen wurden, /.imm. chron. 2, 255, 24.
HINLALF, m. rühr: Ul auch guol für die ruor oder für
de« leibes hiiilauf. Mkge.^rkrc 401, 1. vgl. hingang 3 sp. 1435
und hinlaufen 2.
lUNLATFEN, verb. 1) hinwärt», nach einem vom sprechenden
ablifijrnden ziele laufen : da lief fin knalie hin und »agls Moi»e
an. 4 ,Woi. 11.27; der eine lief hin zu der tbtlr de« garten.
Sm$attna 15; vielleicht wären sie iu der hil/r <ltr lit-be zu
4«r geliebten hingHBufm. H. Hbink 3, 25i
loufe hin und schouwe sie,
dun gcsa^h so sclmmer kaizen nie.
Haupts zeit.^clir. 6, IS'}, 335.
von einem gebäude, einem wasser, einer grenze: man befindet
sich unter einer halle, welche in der breite der kirche hin-
läuft. GöTHE 28,104; die grenze läuft am walde hin bis zu
jenem berge; das wasser lief an der rechten seilen des tem-
pels neben dem altar hin, gegen mitlag. Hes. 47, 1 ; mU dem
nebenbegriff der dauernden handlang: Elia . . . lief für Ahab
hin, bis er kam gen Jesreel. ikün. 18,46; einem vor der
gesiebt hinlaufen, oder vor den äugen gon, praeter oculos uU-
cuius transcurrere. Maaler 225*.
2) weglaufen :
trau, kert euch nicht ati die alte kupplerin!
sie ist ein liingelaulene pfellin. fustn. sp. 164, 5.
vom schwinden der zeit: die zeit läuft hin. der substantic ge-
setzte infintliv für durch fall, ruirr : vertreibt des leibes ruor oder
daj hinlaufen. Megenberg 340,14.
3) wie hingehen 2, c oben sp. 1439, tinbeanstandet sein, durch-
schlüpfen: doch mögen noch einige sätze oder absälze hin-
laufen, ohne der dOnnheit des werks oder der leichten Icse-
lust zu sehr zu schaden. J. Paul Levana 3, 54.
HINLAUSCHEN, verb.: der lobgesang der mcnschheit, dem
die gottheit so gerne zuhören mag, ist niemals verstummt,
und wir selbst fühlen ein göttliches glück, wenn wir die
durch alle zeiten und gegcnden vertheillen harmonischeu aus-
strömungen . . vernehmen, freilich müszle man mit reinem
frischen obre hinlauscben. Göthe 53,75.
HINLEBEN, verb. 1) weiter leben, verleben, nach hin 5,1
sp. 1375 : dasz ich wie unsere ersten eitern im paradies recht
unschuldig so butt hingelcbet. Simpl. 1 (1713) s. 4; im erinnern
der augenblicke, die ich mit dem unbeständigen menschen
hingclebt. Klinger 2, 248 ; ich will . . meine übrigen tage in
Unschuld hinleben. 257 ; wenn wir erträglich . . unsre tage
hinleben wollen. 11,162; wegen des almanachs müssen wir
nun einen tag nach dem andern hinleben und das mögliche
thun. Göthe an Schiller 627; nun konnten die von Schnuck
unbesorgt hinleben und ihren saamen mehren. Lmmermann
Münchh. 1,52;
ich lebe gern so stille vor mich hin. Göthe 9, 174;
ich . . . will nicht, dasz der bauer häuser baue
auf seine eigne hand, und also frei
hinlel), als ob er herr war in dem lande. Schiller Teil 1,2;
kniipl'ei drauf an jenem ein starkes seil und zieht ihn
hoch au der ragenden snule hinauT bis dicht an die balken,
liasz er noch lang hinlebe, von schrecklichen qunicn gepeinigt.
<>(/v.v.src 22, 177.
2) nach hin 7 sp. 1376 durch leben zu gründe richten :
wenn stets geschwinder und geschwinder
im lieberpuls der hingelebten süuder
ein racher sich mit seiner rechnung stellt. Srume (jeil. 58.
HINLECKEN, verb. leckend verzehren: darumb wie das feur
strauw hinläcket und der flamm die heim verzert. Züricher
hibel 1530 322' (Jes. 5,24).
HINLEGEN, verb. in mehreren bedeutungen.
1) hinwärts, an jenen ort legen: lege das buch nur hin;
hinlegen, näbendsichlegen, sunderbar an ein ort legen, sepo-
nere. Maaler 225"; um nach der schenke zu kiunmen, wo
sie den körper (eines erschlagenen) iiingelegt halten. Göthe
10,146; ich fand was ich nothig hatte, so leicht als hätte
ich alles selbst vorher hingelegt. Lichtenberg 5 (1803) 164 ;
des menschen son hat nicht, da er seiu beubt hin lege.
.VüHA. S, 20; wer nicht hat, wohin er seiu haupt hinlegt, leidet
oft kleinere pein als der nicht hal, wo er seine — hand hin-
lege. J.Paul uns. löge 2,95. in bezug- auf tote, begraben: ir
suchet Jhesuui von Nazareth den gecreuzigten, er ist aufer-
standen, und ist nicht hie, sihe da, die stete, da sie in hui
legten. Marc. 16,6; da sie tleii li'irliii;iin Jhesu hin gelegt
hallen. Joh. 20,12;
mit »pfiereien
li;iii<'ii wir ihn gepHegt,
Uli -i'ini' Irenen
lt.itiiu ihn hingelegt. Göthe 12, 45.
flieh hinlegPD, sum tchlafen: merk den ort da er «ich hin
IcgPt, und kom und decke auf zu seinen füszen, und legi
dich. Ruth 3,4.
2) unstnnlichfr, vorlegen, darlegen, in bezug auf gedanken und
ausfiihrungen : hiervon köiuien wir nicht kürzere und würdigere
rerhenÄthnft geben, als wenn wir einschaltend hinlegen, wie
der einsichtige Jone» ihren chnrakler aunprichl. Göthe 8,11;
1453
HINLEGEN
HINLEGETE — HINLOCKEN
1454
diese äuszerung wort für wort zu commenlin-n, den sin« der-
selben deutlicli zu machen, die fromme Unschuld deutscher
naturdenker klar hinzulegen, bedürfte es wohl auch eines
oktavbändchens. 50,215.
3) hinlegen, weglegen, ablegen, bei säle legen, zunächst in sinn-
licher schärfe: waren 14 ketzer, die komen mit dem pischoff
uberain und gaben im 70 guldin, da; si die krütz (gelbe kreuze
an ihrem getcande) sollen ablegen, und legten si auch hin.
d. städtechr. i, 97, 17 ; also zogen sie in das schlosz, daselbst
Galoar den gefangenen die eisen hinlegen liesz. Amadis 127;
die gweer hinlegen und 'von band gäben, arma ponere. Maa-
i.ER 225*; geld hinlegen, bei seüe legen, sparen; ein kind hin-
legen, es aussetzen: item so ein weib ir kindt, umb das sie
desz abkomme, von ir lege, und das kindt wird fuuden, und
ernehret, dieselbig mutier soll . . gestraft werden, stirbt aber
das kindt von solchem hinlegen, so soll man die mutter nach
gelegenheit desz gefährlichen binlegens, am leib oder leben
strafen, cardina art. 132. dann auch unsinnlicJier, wie das rerbum
schon im mhd. häufig gebraucht ersciteint, zahlreiche beispiele gibt
das mhd. wb. l, 990* : die antwurt auf die fürgeuunieu frage, die
ich hiemil beschlossen und hingelegt wil haben. A. v. Evb &i';
dann sy legen yhr strenge und ernst nimmer hin. sunderlich
gegen ihren hauszfrawen. Frank tceltb. 106' ; ob welchem der
könig, nach hingelegtem zorn heftig erschrocken, in sich
schlug. Kirchhof vendunm. 122* ; sie bath und flehete den
Ulyssem, dasz er seine schiffarth gar wolle hinlegen, bei ihr
in dero schlosz bleiben, und ihr mann ehe- und hauszgenosz
werden. Phil. Lugd. 3, 2M; bisz endlich Nero höchst verur-
sachet worden den kindlichen respect hin- und abzulegen.
ScHDPPiüs 529;
ach frau, ir seit so minikleicb
und eure wort so freudenreicü,
domit habt ir mein beiz envegt
und all mein Weisheit hin gelebt,
das ich musz thun nach eur gii- (worte des Aristoteles),
fasln, sp. 150, 1 ;
barmherzig log doch hin, herr, deinen grim und zorn.
Weceuerlis 150;
der himmel ist ibni hell
und legt die wölken hin. Fleming 122 (150, 21 Lappenb.) ;
leg deinen hochmmh hin, und bilde dir nicht (nichts) ein.
645 (493, 5, 6) ;
wie legi doch unser sinn,
wenn das Verhängnis wil, fast alle krätte hin.
HorFMA^NswALDAt Qelr. Schäfer 117 ;
sich hinlegen, bei seile gelegt uerden, sich endigen: aber jetzo
befinde ich, das sich der alt scherz müsse hinlegen, und ein
newer ernst erhöhen. Nas l. centur. bl. 80'.
4) hinlegen, namentlich in bezog auf krieg, streä, zielst, un-
friedt, beilegen, schlichten : domit solch krieg auf beden teilen
hin gelegt würd. d. städtecliron. 2, 131, 1 ; da hat der legal ge-
s-agt, es durf der proteslalion nicht, denn er wolle die sach
wol veterlich und gütlich hinlegen. Luther l, in*; hinzulegen
den schweren handel zwischen mir und dem päpstlichen ab-
lasz. briefe l, 575 ; dasz solche unlust hingcleget und gütlich
geschweiget werde. 4, 6.5S : e. g. werden . . diese unlust gern
sehen hingelegt. 5, 771 ; also dasz die Sachen hingelegt und
vertragen wurd. Götz v. Beri.. 94 ; denn die ausz dem frawen-
zimmer dienen zum frieden und helfen biszweilen viel haders
stillen und hinlegen. Mathes. Sar. SS* ; das ist entweder gütig-
lichen hingelegt, vertragen, oder in ander weg gestraft worden.
Fronsperger kriegsb. 3,5'; welches dann durch kein ander
mittel oder weg, dann krieg und blutvergieszen hingelegt und
vertragen kan und mag werden. 3. 174* ; dasz dieselbigen auch
in Sonderheit den zank mit einander einzig, ohn ander leut
hülf hinlegten, und sich vertrügen, b. d. liebe 20S*; bisz der
krieg gar hingelegt (warf). Kircuiiof tcendunm. is'; ist die
sache wie durch einen kauf verglichen und hingelegt worden.
ScnwEiMCBEs 3,20; und obwohl mündlich tractiret war, die
Sachen hinzulegen, so konnte doch nichts gerichtet werden.
270 ; warum ist der zank zwischen meinem vater und deinem
veiter so grimmig! warnmb wird er nicht hingelegt durch
unsere Vereinigung! A. Gryphics rerl. gespenst, 1. druck s. 30;
Irug sich als einen Schiedsmann an. diesen streit hinzulegen.
KiTSCHKY Palm. 917;
mutter, Teutschland, leg indessen
iliüne langen kriege hin,
weil du nun kanst satt ermessen,
was bei zank ist Für gewinn,
so du bist desz schlagens müde,
so ergreife doch den friede.
FLE«i!«ti 4«3 (362, 62 Lappenb.).
5) hinlegen endlich nie zurücklegen, vdibringen: der übrige
abend ward mit einer herrlichen mahlzeit und allerhand scherz-
spielen aufs annehmlichste hingelegt. I.ohesstein Arm. 1,13IS*;
der ganze cheruskische bof hatte die letztem tage mit solcher
Vergnügung hingelegt. 1321';
der rühm der Wissenschaft, die hingelegten reisen.
Chr. Grtphics poet. wdld. 2,208.
HINLEGETE, f.: hinlegeten, ein halbe träyelen. M.\aler
225', ohne weitere erklärung, aber dem zusammenluing nach quan-
titätsbestimmung. bairisch ist die traget so viel auf einmal ge-
tragen werden kann, bürde: e traget gras. Schm. 1,563 Frowim.;
Schweiz, legi bezeichnet neben dem orte wo man etwas hiulcijt.
auch eine laije, z. b. sand, steine. Stalder 2, 163.
HINLEGUNG, f. das hinwärts legen; d<inn auch die beseitigung :
als wollen wolgedachte fürslen und stände den landeseltisten
solche binleg- und abschaffung der reiigionsbeschwerden auf-
getragen haben, rerhandl. der schles. ßirsten u. stände vom j.
1619 s. 178; trucken die geschwulst nieder mit hinlegung des
schmerzen. Taber.\aeiiost. 102S.
Hl.NLEH.NE.N, rer6. acclinare : einen stock an die vrand hin-
lehnen ; er lehnte sich an die mauer hin ; an den banm hin-
i gelehnt, ruhte er eine kurze zeit ;
hält ich, holde Wilhelniine,
wie du lagst in dunkler grüne,
dir doch einen kusz geraubt!
sauft die brüst gedchnet,
lag sie hingelehnet. Voss 5,143.
HINLEIERN, rerb. 1) leiernd spielen oder singen: ein lied
hinleiern; er leierte eine melodie vor sich hin.
2) als bild ßr zögern, hinhalten:
doch sucht sie mich nur hinzuJeiem. Borger 19*.
HI.NLEIHE.N, rerb. ausleihen, verleihen: des ward er be-
schwert das er ein solche summ gelts soll binleihen. S. Brant
bei Steisböwel 121 ; hielt stets 8 pferde auf der streu, welche
er den räisenden um geld binzuleiheu pflegte. Simpl. l, 345
Kurz; frauen, pferd und uhren solle man nicht hinleiheii.
PiSTOBics thes. par. 9, 33 ;
und wer sein schmer für katzen setzt,
wärt oft benaschet und verletzt.
also wer weib und pferd leicht hin,
ist auch ain kaufman on gewin. Scbwarzenberg 123'.
HLNLEITE.N, rerb.: wasser nach der Stadt hinleiten: der
könig ward in feierlichem zuge nach dem schlösse hingeleilot :
gäbe es doch kleine blitzableiter, die man auf dem herzen
tragen könnte, und woran eine wetterstange wäre, die das
schreckliche feuer {der liebe) anderswo hinzuleiten vermöchte!
H. Heine 2,218;
ihr täubchen, leitet meinen fusz
zur laube hin, die ihn (den goit) umschattet. Wielahd 9, 3-2;} ;
auf Lipperts bemühungen jedoch ward unsere aufmerksamkeit
kräftig hingeleitet, indem unser lehrer das verdienst derselben
genugsam herauszusetzen wuszte. Göihe 25, 159.
HINLEITUNG, f.
HLNLENDEN, s. hinländen.
HINLENKEN, rer6.; den flusz in sein neues bell hinlenken:
das gespräch auf etwas anderes hinlenken ; er lenkte die auf-
merksamkeit der behörde auf die neue erfindung hin ;
doch hier hält die natur, mit mächtigen bänden, die bildung
an, und lenket sie sanft in das vollkommuere hin.
Göthk 3, 93 (melamurphuse der pflnnzcni.
HINLENKUNG, f.
HINLESEN, rerfr. ; geschwinde hinlesen, degustare librum,
])aginas oculis decurrere. Stieler 1167.
HINLESUNG, f. ablesung, herunterlcsung : der grosze herr
und zaar M. F., aller Reuszen selt>st erhaller (snmpt hinlcsung
dessen ganzen tittels). pers. reisebeschr. 1. 4.
HI.NLIEFERN, verb.: er liefert die meisten waarcn in jene
Stadt hin; einen hinliefem, lüdten: untenvcgen aber hielt er
die pistolen in der band, damit, wann Alexander um hülf
gerufen, er ihn vollends hingelicfert hätte, polit. slockf. 2:>3.
HINLIEGEN, verb. hinwärts liegen, liegend sich hinbreilen:
die dunkeln wasser rauschen schaurig dniiiien
und wölken liegen in den Schluchten hin. Uulakd gcd. 161.
niederliegen, still liegen: binzuliegen in der zeit, eines weibes
gunstbezeugung zu erbetteln. Fr. MI^lleb 3, 91.
HINLISPELN, verb.: einen sprach hinlispcln.
HINLOCKEN, verb. nach einem vom sprechenden abliegenden
orte locken.
1455
HINLÜNGERN — HINNACH
HINNACH — HINNACHT
1456
HINLUNGEHN, verb.: das lungert alles so hin, kein auf-
pausen, wie bei unserm Spontini. Tieck nov.-kranz -l, si.
HINMACHEN, verb. aUgemeinsle bezeichnung einer hinwärts
ifericlitelen Ihätigkeit: schnell etwas liinniacluMi ; wir wollen
};lrith ein paar bänke hinmachen, auf einen rasenplalz. reflexiv,
hin gehen:
riü geschach in eiure nuclit,
da^ er sich halte durcii andäcbt
in di kircho hin gemacht. Jkroscuin 21563;
dmm wans ilz euer wille wer,
so wolt ich bald mich machen hin.
histor. Magelonue .sidclweis D ;
er hat sich hingemacht
anf Sina gottes herg. Oi-itz 2, 17.
in der spräche des gewöhnliiJien lel>ens auch itUninsilir : mach
hin! eile elwas mit deiner Verrichtung .' ; in Dürinyen und Meiszen
hinmachen, an einen oit lunreisen: nach Leipzig hinmachen.
HI.N.M.\LE.N, verb.: mit feurigen zügen wollte ich dir die
schrecklichen bilder des elends deines volks hinmahlen.
ki.iNGER 5,70. auch ßr unbehüßich hinschreiben: seinen namen
hiimialen.
HI.N.MARSCH, «i. marsch hinwärts: hin- und wiederinarsch,
yrofectiones variae, incertae, itinera vaga. Stieler 1247.
HINMARSCHIEREN, verb.: am walde hinmarschieren.
HINMARTERN, verb. durch marlern tödlen : einen langsam
hinmartern.
HINMAüERN, verb.: ich sollt es eigentlich gar nicht thun,
dasz ich mich über etwas so mechanisches und mattes ürgere,
wenn ein Kotzebue, oder gar noch mittelmäszigere dichter
einen roman nach gegebenen, willkührlich ausgestreuten haupt-
wörlern hinmauern, die man wie endreime zum daranbauen
vorgelegt. J. Paul U. bücherschau 2, 7.
HINMELDEN, verb. nuntiare rem istuc: die botschaft ist
hingemeldet worden.
HINMETZELN , verb. niedermetzeln , jnetzelnd morden : die
feinde wurden hingemetzelt.
HLNMETZEN, verb. dasselbe:
wer war doch wol dem groszen driechen lieljcr
als Klitus du? an gmist war lieiner drüber,
dennoch hat er, nachdem er sich ergetzt,
dich hingemetzt.
Neuhark lustwäliichcn 5 ;
ach seht! da ligt das liind von lidelem gemühte . . .
vom tode hingemetzt in seiner schönsten blühte. «. 191.
HINMETZIGEN, verb. dasselbe: da er die unbewehrte leut
hat lassen nach seins spanischen kriegsvolks blutdurst und
mutwillen hinnielzigen und verdiigen. Garg. 269".
HI.NMODERN, verb. durch moder vergehen:
aber nun die hingemoderle
Freiheit Üeutsciilands l'riscli aulloderte,
wird zugleich das lied genesen,
kräftig steigen an da« licht. Uhlano ged. xv.
HINMORDEN, verb. : die gefangenen wurden hingemordet ;
die hingemordete freiheit.
HINNACH, adv. posl, mhd. hin nach wb. 2, 1, 288*.
Dem ersten theite seiner Zusammensetzung nach gegensalz von
dem sp. 1115 aufgefiihrten hernach, bezeichnet das wort eine folge
nach reihe oder zeit, die sich von einem sprecftenden weg erstreckt,
indem aber die scharfe richtungsbeslimmung von hernach, «'le
dort bemerkt, verbhiszt und dn sinn mit dem allgemeinen nach
oder danach zusammenfällt, verkümmert der gegensalz hinnach,
so dasz er über das m.jahrh. hinaus nur noch seilen angetroffen
vird. über die umkehrung von binnacb, nacbhin i. an al]^-
hetisdier stelle.
hinnach steht
I) örtlich, folge, reihen folge, Ordnung angebend, wie unser nach,
hinterdrein, mit verben der bewegung: mit der Vernunft hin-
nach stopfen. Keisersberg Spinnerin I51ü d4'; ir werden mich
suchen, und werden mich begeren, und werden mir hinnoch
frogen, aber ir werden mich nit linden, postill 2, 1U2' ; aUo
mustu die sUndc nicht ansehen in den sündern, noch in
deinem gcwinscu, die in sUuden endlich bleiben und verdumpl
«ind, du fercHl gewinlicb hinnach und wii-l überwunden.
LoTBER 1, na' ; ich habe dis in kurzer zeit gcxchrieben, das
ander sol auf dem funze hinacb geben. », 5U'; Matlheus und
Mnrcuü nchreiben nicht, das uuh Christus habe bei.xzen {das
$aerament) hinnach thun, und auch also halim. 406' ; iu ge-
meinen kaufxbendeln, wo einer dem andern etwa« bcbendig-
lirh nn« der band rücket, da« jener mu» hinnach sehen {das
nachsrhen hat), i, «tn* ; ich rate »iel mehr, wo ein teil »chwcrct,
das der ander feil, obs gleich weis, das jenes einen falschen
cid thut, mit nichte hinach schwere, sondern las gnug sein.
5,244"; was were es für eine taufe, wenn ich in den wind
hin spreche, ich teufe dich im namen des vaters etc. und
würfe wasser hinnach? 6,84'; wo das wort aufhöret, da feilt
der glaube hinach , welcher on das wort nicht sein noch
bleiben kan. 334'; das man mit einem fedderwüsch hinach
keren kündte. 8, 240" ; mein herr ziehe vor seinem knecbti-
hin, ich wil meilich hinach treiben. 1 Mos. 33, 14 ; wohin das
erste gieng, da giengen sie hinnach. Hcs. 10, 11 ; wer disen
(scÄre«) hör, der musz hinnach in dreiszig tagen {einem ge-
storbenen nachfolgen). Frank wellb. 153'; so der fürer voran
geht, ... so gehet der häuf hinach. sprichw. 1,20'; dasz sie
auf einmal nit mehr, dann einen ritter allzeit hinüber füren,
und wo sie ihn gleich hinüber gebracht, führen sie doch keinen
andern ehe hinach, bis .. der erst wider kompl. Amadis Aüi\
da schicket er andere legalen zu inen, er aber rüstet sich
mit seinem volk hinnach zu ziehen, b. d. liebe 214'; die enle
wadelt und trippelt sehr eilents mit iren kurzen beinen hin-
nach. Kirchhof wendunm. 244'; von seinem hinnachkommenden
herrn. Schdppius 756; ich will hinnach kommen, wenn mich
der klamp ausgezogen hat. Chr. Weise betrog, betrug 47 ;
(der fuchs) erwüscht den käsz und lief zu loch.
der rapp sah jemerlich hinnoch. U. Waldis Esop 1, 11,40;
da hätt man manchen kriegesmnn
vor l'orchten sehen lauten.
der graf Tiliy hieb frisch hinach. Upkl u. Cous 168, 7 ;
da Mummosus sterben solle, liel er auf den obersöller:
da Bibosus sterben solle, lief er nuiiicr in den keller;
doch , den schwarzen knochenmann hilt nicht auf noch hoch
noch tief,
dasz er beiden nicht hinnach, bisz er sie erhascliie, lief.
LoüAU 3, 122, 17.
Verben der bewegung sind in dringender rede unterdrückt : hin-
nach, lieben herrn, hinnach mit festem geinüt, dann das ist
mein feindt. Aimon bog. K iiij ; da der keyser sah das Reyn-
hart ... die flucht gab, er rfift mit lauter stimme: hinach,
mein berren, hinach. Zij; auch nach den hUfsverben mögen,
sollen, müssen : darumb meinen sie, wo der meiste häufe hin
feilt, da sol man hinach. Luther 3, 261' ; es bleibt nichts da-
hinden von den heiligen, nicht ein bar vom heubt, es mns
alles hinnach, und auch selig und beilig werden. 5,165'; die
nimmer hinach niOgen und dem vich folgen, die bindet man
an eins stiers schwänz bei der kelen. Frank weltb. 13*.
2) zeitlich, um eine folge auszudrücken, im sinne unseres darauf,
nachher: und sollen auch ictz alle ungelt ab sein und wer
hinach immer mer nach ungelt stallte oder würb, des guet
soll verloren sein. d. stddlechron. 5, 53, 7 ; wie sie {die eitern)
gelebt haben, so leben die kinder hinnach. Luther 4,396";
ob gleich Judas solch opfer helle zu seiner zeit im allen
testament gethan, wie komen wir dazu, das wirs auch hin-
nach thun müssen? 5,162'; und bepunden also die andern
auch hinach darinne zu klügeln. 6,209"; dagegen stehet, das
Israel weggefürl, und Juda hinach, Israel nicht wider geholet,
wie Juda wider geholet ist. 8,71'; nicht kehr dich au meine
red, so ich hinnach mit dir reden würde. Galmy 269; was
ein bawer sibet vom burger, das wil er hinnach Ihihi, was
der burger vom edelman sibet, das wil er hinnach thun, was
der edelman vom fürslen sibet, das wil er hinnach thun.
Agr. spr. (1560) 16l'; wie aber der vogl alsz der herr den ersten
bissen aszc, und die knecht geschwind hinnach. Wickram
rollw. 49,27 Kurz;
der prankicror han ich vil erkeni,
die fiinnach wuni füdesel gencut. /ll.^/». .;<. 786, 19.
IIINNACHHIN, adv. hinterdrein, verstärktes hinnach:
und I.saac hinachhin giuK. H. Sach.s 3, 1, 11'.
HINNACHT, adv. diese nacht, neben heinacht sp. 886, biiiHcht
.v;). I3S3: koinpl hinnacht zum nachtessen und seil meine gest.
/imm. t/iroii. 2, 47, 16; wellen wir noch hinnacht gccn Slrasz-
bnrg. 3, .'>64, 18; hinnacht nimmer heim! Carg. KM)*; ich wil
noch hinnarht aus/, dem hausz. Wickh a m ro/iw'. l7A'Hrr; dann
mir hinnacht geträumt hat. (Jalmy 285 ; hinnacht (heim nacht-
essen) so wil ich dir mein Ibcil gebratcus halber geben. Frey
garlengcs. Wl*;
lind sprarh : stniid auf und gnnK mit mir,
wnnn Ich will hinnacht luiien dir
der herzen die du mir huHt gegeben.
VinDLER 6/Mmp </. luijeiid, Huupit Ufchr. »,90;
ich kuodl hinnacht weder ruoweu irach ratien.
tnftU nett 1031.
1457
HINNE — HINNEHMEN
HINNEHMEN — HINNEN
1458
HINNE, f. kirschkuh; s. binde sp. 1407. «rp/. auch unten
hinnlein.
HINNE. adv. zusammengezogen aus hie inne, hier innen:
ej (das schreiet) däht in sinem sinne :
wa; tuot ditz kunder binne (im backhause)?
Haupts zeiUdiT. 6, 180, 200 ;
Ton Badin margrärinue,
yrowa Clara röwit hinne. grnbschrift des 13. jahrh., bei
WicKSRHAGSi, kl. sehr. 2, 353 ;
so ist es doch nit dauszen als hinne. fastn. sp. 485, 16;
• ich weh, ich wer nit hinne ! '
die mait säumet sich nit lang,
wie bald sie aus der Stuben sprang!
GöDEEE u. TiTTHAN?« liederb. 365, 87.
noch weitere kürzung zeigen die formen hinn. hin sp. 1377.
HINNE, adv. aus hinnen, von hinnen, von hier fort, auch
mhd. hinne (Lexeb xcb. 1,1300):
ich lian kaum auf den lüszen stehn,
dennoch so mus ich hinne. gehn,
zu sehn, was mein lieber mann thut.
Job. Stricker ScMemmer (1584) J3'.
v^. unten binnen.
HINNEBRITTEND, part. in entzücken: so kan auch der
>athan die leut also betrönen und betbören, das sie meinen,
sie sind hionebrittend oder verzuckt. .M.\THEsa"s postüla 3, 39".
binnebrittend ist das verderbte particip zum nhd. enlbrelten in
cntzückung geraten, s. tlied 2 spalte 37S unter breiten ; die ver-
derbung ist verschieden formig: die binnebretten, henpretigen,
verzückten Schm. 1,372.1118 Fromm.; wenn man dich ruft, so
fahre auf, als wenn du mit mutier Käthen in hünnebrüden
gelegen ; antw orte nichts, nimm deine schreibtafel heraus und
krützele etwas hinein. .Meixhold reime dich [yordhausen 1673)
.V2; vergl. binprit exstasis Lexer mhd. wörterb. 1,1292. das:
das wert dann auch in seltenen fällen der form nach mit dem
anders entstandenen und auch anderes bedeutenden hinbrüten
(oben sp. 1404) zusammengeflossen ist, belegen die fügenden bei-
spiele: nach diesem zufall findet sich auch bei der mutter-
beschwerung das hinbrüten, zu lateinisch ecstasis, entzücken,
allwo die aufsteigende dünste . . . eine sogenannte narcosin
oder Schlafsucht verursachen, da denn die patienlin dahin
fallt, lieget eine weile, gleich in einer ohnmacbt. . . . wann
sie dann wieder zu sich selber kommen, «o ei-zeblen sie.
gleich träumenden, was sie vor lieblicbkeit oder Widrigkeit
genossen und erlitten, unvorsichl. hebamme •>26 ; einige ver-
mischen diese ecstasin mit dem hinbrüthen der Zauberinnen,
welche . . zur erden in einen schlaf fallen, zu welcher zeit
sie allerlei gesticulationes mit dem cörper machen, und wann
sie der possen gnug getrieben haben, erwachen sie, und er-
zehlen, was vor lust und herrlichkeit sie genossen haben.
daselbst.
HINNEFAHRT. f zug, reise von hinnen, dem ersten compo-
ütionstheüe nach verschieden von hinfahrt (s. d.), dem sinne nach
sich mit ihm berührend, es steht ßr abschied, scheiden:
niemand kan mich machen fro,
wenn ich gedenk der hinnefart ;
ach scheiden, wie feilst mir so hart!
ich kan dein nicht vergessen. Uhla!«d volksl. 85;
ach gott, wie schweres klagen
bringt mir die hinnefart!
ViLBAR handbiicM. für freunde des volksl. 172;
für ende, sterben :
ich dient ir frü und spat,
ich dient ir in allen reien
bisz auf mein hinnefart. ühlasd volksl. 84
(vorher: bisz auf das ende mein);
got hat gestiftet unsem orden.
den weifen wir verteidigen hart
bisz auf der letzten hinnefart. B. Kroger (sdiausp. aus
d. 16. jahrh. r. Tiltinann 2,88,180).
HINNEHMEN, verb. l) hinwärts nehmen, nehmen in bczug
auf einen dritten im gegensatz zu einem sprechenden : da sprach
Pharao tochter zu ir, nim hin das kindlin, und seuge mirs.
iMos. 2,9; da sprach Pilatus zu inen, so nemet ir in hin,
und richtet in nach ewrem gesctz. JoA. 18, 31 ; spricht zu inen,
nemet hin den heiligen geist. 20,22;
und wie der mensch nur sagen kann: hie bin ich!
dasz freunde seiner schonend sich erfreun;
so kann auch ich nur sagen : nimm es hin (das budi) !
GöTHE 9, 117;
du hast mich ganz auf ewig dir gewonnen,
so oinui denn auch mein ganzes wesen hin! 238;
ich bin es, dsin unglücklicher monarcb,
Ton aller weit, ntm auch von dir verraihen !
was zögerst du? nimm dieses leben hin!
ScHiLLiR Turnndot 3, 6.
IV. II.
gott nimmt die sterbenden hin zu sich : ich w eis nicht ... ob
mich mein schöpfer über ein kleins hin nemeu würde. Hiob
32,22;
gelerter forsten kröne,
mit üj erweiter tugent,
mit zuht, mit kuust, mit güete,
hat got hin zim genomen. Walther 107, 32.
2) hinnehmen, für sicJi selbst annehmen, mit rücksicht auf die
bedeutung von hin 5, a sp. 1375 : beleidigungen ruhig binnehinen ;
ich habe gebeten und gestritten, kränkungen und demütbi-
gungen hingenommen, und doch nichts erbalten. Gotter 3,57;
das hinnehmen des gegebenen {im gegensatz des selbäschaffens).
allgem. litt, zeitung 1S40 s. 272.
3) wegnehmen, fortnehmen: der ablas nimpt nicht bin das
erst oder ander teil {der busze), das ist die rew oder heicbt,
sondern das dritte, nemlich, die genugthuung. Luther 1,46*;
wie des fewrs flamme strob verzeret, und die lohe stoppeln
hin nimpt. Jes. 5, 24 ; alle forcht hinnemmen und vertreiben.
metum tollere. Maaler 225'; die boffnung hinnemmen, spem
auferre. das.; er ist das scblachtopfer, das die sünd hinuimpl.
Reisz5ER Jerus. 2, 148" ; so gedenkt auch Plato, wie das ein
groszer teil Asie und Aphrice von dem atlantischen mör sei
hingenummen. Frask weltb. l' ;
so wirt diu sache hin genomen
da von ir in erbeit möchtint komen. edelsiein 23, 25 ;
das alter nimpt alle kürzweil hin. fastn. s/i. 738,15;
die zeit nimmt kummer hin. Gotter 1,364.
4) hinnehmen, in anspruch nehmen, fesseln, von sinnesein-
drücken, betrachtungen gesagt: diese erwägungen nahmen mich
ganz bin ;
mein geist war so in sich gekehrt,
mein sinn vom klänge hingenommen. Uula^d ged. 39S.
HINNEHMÜNG, f spolium, rapina, raptio, ademtio, weg-
nehmung. Stieler 1365.
HINNEIGEN, verb. hinwärts neigen; transitiv: er neigte den
köpf zur seile hin ; wie alles erhabene sich verwandt sei und
alles grosze uns hinneige an hoffen und wollen. Dya Na Sore
1,318; reflexiv: auf diesem wege muszten die theologen sich
zu der sogenannten natürlichen religion hinneigen. Göthe
25, 95 ; da ich mich in der mjlhologie mehr zur historischen
ausdeutung hinneige. H. Heise 2, 214; intransüiv: ein ge-
schickter künstler, der aber wohl durch seine denkweise mehr
zum fabrikwesen als zur kunst hinneigte. Göthe 24,245; nach
den westlichen gegenden waren furcht und envartung hin-
geneigt. Schiller 896.
HINNEIGUNG, f
HINNE.N, adv. von hier weg, fort von hier; ahd. hinana.
binnän, hinan (Graff 4, 700), mhd. binnen neben noch oß haf-
tendem alten binnän ; daneben kommen verkftrzungen der form
vor, die auch nhd. noch dauern, zu hinne \sp. 1457), zu bin
{sp. 1377), audi zu hinn :
gar weit von hinn ain kirchen leit,
was man da bitt, dasselb got geit.
Scbwarzenberg 132*;
nun ist mir anders nit zA sinn,
dann sei mein leben halb von hinn. 151».
ne6en der ursprünglichen örtlichen bedeiäung hat sieh auch eine
zeitliche ergeben.
l) hinnen örtlich, zum ausdruck der bedeutung von diesem
orte weg, von hier fort genügt der alten spräche das einfache
hinnen, wie das gleich gebildete daunen ebenso von da weg be-
zeichnet {vgl. Iheü 2, 746) : thie dar wollent hinan fai^n zi iu.
Tatian 107,3;
ritest du nu hinnen,
der aller liebste man? minncs. frühl. 4, 35;
was auch später statt hat:
und nim dein eniklein auf deinn kragen
oder lasz in auf einer mispem (inislbahrc) hinen tragen !
fastn. >/.. 6S3. 27 ;
selbst noch bei Arndt, wenn hier nicht Nosze hinneigung zum
aüerthümlichen vorliegt :
die rose blüht, das wasser rauscht
im fnihlingsklange hinnen, ni'd. (1840) *. 4;
kinder flüchtiger Sekunden,
wie reiszt euch doch der wilde Wahnsinn binnen? 406.
<Aer schon früh auch begegnet die nachher überwiegende Verbindung
von hinnen, die in der modernen spräche nur noch der edleren
Schreibart gemäsz trf."
92
1459
HINNEN
HINNEN
1460
frouwe, p^ ist zit:
^ebitit mir, lä niirh vurn.
jä tuon ichs dur üin üre,
daj ich von binnen ger. Walther S9, 34 ;
das ein j-eglich buiger oder burgerinne, die yeUunt hie sint
. . . wol widerunibe von hiunan varn niügen, wenn sy wölln.
d. städtechron. 5, 389, 32 ; die von der 8tatt gefareii sint und
gut von hinna gefiirl haben. 390,9; von hinnen reilcn. Ahnon
bog. c; da ich und ander gute freund dem herrn I'hilippo
das geleit von hinnen gaben. Schdppics 835 ; wenn dci' reiche
sommer sich endet, ziehen wir von hinnen. Lessing 1, 139 ;
entweder sie musz sich tragen wie es hier gebräuchlich ist,
oder Feridun mag in frieden mit ihr von hinnen ziehen I
WiELASD 8, 2S5 ; die fürsten kommen bald, Oranien und Egmonl
kommen .... sie werden nicht wieder von hinneu gehen.
GöTHE 8,253; nur fort von hinnen! Gotter 3,511; nur schnell
von hinnen! Kunger 1,186; von hinnen sein, abschlusz der be-
ireffenden bewcgung andeutend: behalte dieses versiegelte pack-
chen, erbrich es nicht, bis ich von hinnen bin. ScHiLLUt 7, 9
Kurz (eine groszm. liandlung aus d. neuesten geschickte) ;
der süsze sumer fröwet mich,
der Winter wil von hinuen.
LiLiKNCRON volksl. 2, 23, 1 ;
DU Sattel mir mein grawes rosz !
ich wil von hinneu reiten. Uuland volkfl. 209;
der sommer Ten uns von hinnen,
es liumt ein lialter winter her. 04 j;
icii witire morgenluft —
rapp, tummle dich von hiimen! Uürcer 13*;
0 wehe ! wer stahl mir mit räubergewolt
so schändlich mein kicinod von hinnen? SO'.
von hinnen häufig in bezug auf das scheidi'n aus dieser uvlt : {der
mensch) kumpt nackende und arme von hynnen. A.v. £¥8 42';
er hat als mann gelebt und ist als ein vollständiger mann
von hinnen gegangen. Götue 37,66;
got gesegen dich lob (Inub), got gesegae dich gras,
got gesegne alles das da was!
ich musz mich von hinnen scheiden. Uulasd vulhsl. 304 ;
werther freund, du lieber alter, all von alten biedersinnen,
alt von jähren, witz und ehren, wir sind hier, du bist von
hinnen. Logau 3, 41, 10 ;
ihr poclcn,
der tod kann keinen nöthen,
den ihr und eure sinnen
nicht lassen wolt von hinnen, s. 102;
lasz uns bald von hinnen wallen,
ilasz wir mit der eugelschar
loben dich viel tausend Jahr. Scuuppiis 420;
0, des bimmels voller freuden,
den ich da schon ollen sah!
komm! von hinnen lasz uns scheiden!
eia, wären wir schon da ! Ucrger 39* ;
Wollust strömt aus allen sinnen ;
meine seele schwimmet
auf dem ström von hinnen. Gotter 1, 180;
bedauert mich ! beweint den unglücksvollen!
ich habe hier kein wählen und kein wollen !
unwiderstehlich zwingend reiszt es {ä(i.t schicksut) mich
von hinnen, es ist machtiger als ich. Schiller Turanri. 2,3.
2) in einigen fällen verblaszt die scharfe beziehung auf das
hier, und von binnen drückt wie von dannen ein bloszes weg,
fort aus:
buhler »cbeucbt dein herbst von hinuen. Schiller hu Minna ;
gestärkt am herzen durch hundetreu,
erntand er neu
und wacker, von hinnen zu reiten. RCrcer 82*;
auch meine mutter ward es innen,
und jagte kurz und gut das töchterchen von hinnen. 106';
bloise$ hinnen (rergl. oben unter 1):
und an dem kreuze blieb «r stehn,
woran das bild vom heiland hing,
ar konnte nimmer hinnen gehn. Arndt (jed. (1840) :K)9.
3) im gegcfualz zu den bisher erbrachten beispielen mit trrben
der bewegung steht von binnen auch bei Ortsbestimmungen andrer
ort, wo ei von hier aus wiedergibt: als wir dann soihs c. k. mt.
von binnen aus (d. h. ron Venedig aus) vormals auch ver-
cbundt haben. Chnel urk. Max. 130; in einem schlosz nicht
weil von hinnen gclegpii. Amadis 79 ; ilcm es wer auch nol,
da; rtian bei 20 mcilen weg« von hinnen umb und uinb auf
all üciten bei merklichen »teltim bette gut freunt und leuftig
ieut. d. ttaJlechron. 2, 332, t> ; iaiu ich auch musz vuu hinnen
davon schreiben. LiJTiibR br. 2,653; dasselbe gespensl »ei ebeu
das ^eoige wunderbarlicbe weibsbiide gewesen, deren cörper
neulich ohnwrit von binnen verbrannt worden wäre. Simpl.
3,270 A'urz,
und war das laut eur eigen
von hinnen hisz an den Hein. Uulai^o volksl. 578;
von hinnen nicht gar weit
steht ein sark voll redligkeit. Logau 1, 219, 2
(grabmal einer redlichen fraiicn).
4) hinnen selbst adjectivisch : es ist zc wissen, dasz diser
zug an die Müssen ist ietz der drilt zug, dasz man an die
verbeulen büswicht gezogen ist von hinnen landen, d. städte-
rhron. 5,96, 13.
5) zeitliche bedeutung des adverbs ist seit der ahd. zeit manich-
fach bezeugt: ni curi thir forhten, fon hinAn giu fihistu man.
Tat. 19, 9, ex hoc jam homines eris capiens; hiunan bitze sante
Michels tag der nehcst kmnmet. (/. städtechron. 9,1048,33;
80 möhie si mir hinnen hin
wol min leit mit liebe niuwen. tninnes. 1,288' //ogefi;
wird im nhd. aber selten:
dieses ist ein todtengrab, dessen todten redeu künncn,
sagen das, was weit hindan ; zeigen das, was noch von binnen
{künflig).
LoüAU 2, 75, 84 (bdchcrslube) ;
wann man noch fünf jähr wird von hinnen zahlen. 123, 21 ;
namentlich ist die früher häufige Verbindung hinnen für, twi jetzt
ab weiter, künftig:
hinnan für und immerme. g. Gerhard 4350;
ich gloube an sine wisheit
hinnen fürder nicht mä
dan an wijen koln und swarzeu sne.
Hartmam« büclil. 2, 613 ;
dag disiu geseczt alliu als siu davor geschriben sint . . . hiu-
nanfur ewiciichen stat und gancz beiiben sulln. d. städtechron.
4, 131, 6 {von 1340) ; das daj allcj hinnafur ewidich stet und
unzerbrochen belibe. 133, 5 {von i;JOb) ; spdler zu yunsteu von
einfachem liiufür {spalte 1434) untergegangen. Verbindungen uie
liinncnmebr, hiunenliin: dag wir sus binnanlme . . denhrinen
weg gestatten sülicn. d. städtecbr. 9,1032,25 (r. 1261); wenn
sie hinnanthin uns .. sechlzig mark jerliches gebeut. 977,33
{von 1347), sind erloschen.
HIISNEiN, üJt'. zusammenyezuyen aus hie innen hier innen
{vgl. sp. 1311. 1317), auf ein /«jus bezogen: ist das uit ein hus
der reinikcit? icii hcl hinnen mer behilf {bequemliüikeit) dan
uszen. L'lensp. 69 s. 102 Lappenb.; lussent mich den kranken
pilger, der hinnen bei euch hauset, sehen. Aitnonbog. Biij; ich
weisz niemandt, der hinnen ist jjewfsin, dann ein Schneider,
der sitzt noch da hinter der Ihiiren. Wickram raüw. 186,2»
hun ; ich weis nicht, warum ihr beständig so viel Sachen
hinnen habt. J. E. Schlegel 2,51; ich will doch lieber in
meiner stillen und unangelucbtenen wobnung soviel dictiren
und copiren und drucken und liegen lassen, damit es hinaus
gehe, oder binnen bleibe. Göthe an '/.eller 269;
got grues all, die wir hinneu seclicn ! fasln, sp. XtO, 6 :
darumb wer iedcrman siill hinnen,
so wert ir hubscher schwenk noch innen. 330, 12 ;
got grusz den wirt luul all sein gesi
und was mer hinnen poi im rest! 337,5;
got grusz als volk hie innen gemein!
ir herrn ich bin beschiden her ein,
ob ich die l'asnacht hinnen fUnd. 379,6;
i;ott grusz alle die hinneu sein. H. Sachs 3,3, 3>;
ich darf euch jetzt nit lassen ein,
denn ich bin hinnen gar allein.
lt. Waldls Hsop 4. 06, 14;
auf eine Stadt bezogen: dag alle die, die nicht burger hie sind,
in den nehsteu iwein tagen aw/ der stai ziehen sollen . . .
wer deg niht entet, uud fuiid man den durnach huinen, den
wollen die burger strafen, d. stadtechr. i, Mi, 11; das man sie
{die armen kranken menschen) rintweders dauszcn soll lassen
>or der statt, oder aber, wann sie hinnen seind, das man sie
dann nein in den spital. Kkisehshehg sAnden des munds 12';
herr B. speist hinnen in der stadt. Rarener werke 6, ttH». auf
die weit, m gegensatz zum jenseits:
arh ! da weben si« (ilir schicksulsschnestern) nun meiner
erzogenen
liollnung blulhe ! du wehen sie
•■in)>ani ! wai^fii I wlf wuri iiiK'htJK'h ej'alerretw
IVuliliii. ' ' ■ ' ■ ■• • • In
i>chiuienl.<: i««en! wurf
dort lu ,.;
Hl uiM H .-iif im. n, 113.
vebenformen smd hiuuf {sp. 1457) und hiun, lim sp. 1377.
HINNEN, terb. wiehern; wie lal. hinnirc nn lautmalendes
wort, das sich sundcktl an bieneru sp. 1312, heitieu sp. M«. und
lieunen sp. 1291, sowie die dort genannten rerben antrhUesst :
waH hilft es mit dem IOwen brUllen, mit dem pferd hinnen,
1461
HINNENFAHRT — HINPFAHLEN
HINPFLANZEN — HINRAUBEN
1462
mit den füchscn munnelii. mit den fröschen quaquen, mit
der bannen gracken, mit dem pfautn pfiiclizen. Schcppics 760;
biinnen wie die pferdt. Abb. a S. Clara bei Schm. 1. 1 llS Fromm.;
allein Saaguileou> pferd . . .
t'reiidigs muts mit liinneiider stini
bisz und schlug unter iuen ümb. miukenkr. 3, 2T1.
HINNENFAHRT, f. rei^e lon hinnen, mhd. binnenrarl (LhXER
trb. 1,1301): dem ersten composÜionstheHe nach verschieden von
binfahrt sp. 142S, doch wie dieses, vom sterben gesagt : o frölicbe
biuaenfabrt! die einige seeie Lazari wird von vielen engeln
getragen. Otho 630.
HINNENFCR, adv., vergl. unter hinnen 5 oben.
HINNERN, verb. wiehern {vergl. oben hinnen): hinnire hin-
nern, hinneren. binderen Dief. 277'.
HINNEWIEHELN, verb. wiehern, Verbindung von binnen und
wiebeln für wiehern (s.d.): wann der springhengst das muler-
pferd ersiebt, so binnewibelet er. Garg. 77'; fieng des Darij
hengst gleich am ersten an zu rihelen und zu hinnewibelen.
240*.
HINNIEDER, adv. hinwärts und nieder; vergl. hernieder
jp. 1119:
lät uns tuo iu gäo
hin nider an die wite. A'i&. 2033, 4 ;
kain zung die er ausz sprechen kan.
die dir beschach, bisz du her wider
kämest in Österreich hin uider.
LiLiESCRo:« loiksl. 2, 7, 24s ;
binniederscblucken, deglutire, devorare Stieler 1s31. das wart
erscheint in der neuern spräche nur selten bei dichtem:
ihr {der Schmerlen) schneller lauf
geht bald hinnieder,
und bald herauf
zur Uäche wieder. Borger 9*;
schweb, 0 liebling, nun hinnieder,
schweb in deiner herrlichkeit
stolz hinab den ström der zeit! 76*;
sie fürchtete, dasz meiner blick ihr einer
durchs äuge gieoge bis ins herz hinnieder.
RCCKERT 311;
Schicksal webt sich an sirgischen bächen,
feigen webt es sich schrecklich fem :
steige hinnieder!
fasse die bjder!
starken folgt das starke gern. Arhdt ged. (1840) s. 20.
HINNLEIN, n. bei Lztuek ßr hiadleia junger weiblicher hirsch,
wie hinne, hinu ßr binde stelU, vgl. oben sp. 1407 : wie der
brewtgam zur brawt sagt, canti. 3. du hast zwo brüste, wie
zwei junge hinnlin. Lcther 2,33*»'.
HINNÖTHIGEN, ter6..- eine treffliche beschreibung {harter
Schicksale) . . , wodurch man die verwickelteu, ängstlichen zu-
stände genauer einsah und zu wahrer thcilnahme hingenöthigt
wurde. Göthe 32, 14.
HINOPFERN, verb.: du lieber guter Katwald! nun stirbt
er gar eher, als ich. denn er opfert sich gewisz für das kind
seines freundes hin! Klopstock 9,364; und diesem nichts-
würdigen wollte ich mein kind hinopfern. Schiller para^rf 5,5;
was unter dieser sonne kann es geben,
das ich nicht hinzuopfern eilen will,
wenn sie es wünschen? Karlos 1,5;
schon schwer genug drückt mich der Völker fluch,
das blut der prinzen die ich hingeopfert. Turandot 2,3.
HINOPFERL.NG, /. ; ihr vater . . bereuele zu spät den misz-
brauch. den er von seiner gewalt über das kindliche herz
seiner lochter gemacht hatte, die bei ihrer binopferung {Ver-
heiratung mit ewcOT lasterhapen manne) kaum 17 jähre zählte.
IVeffel pros. versuche 3 (1811) *. 117.
HINPAAREN, verb.:
wie zwo blumen gleicher art
stehen freunde hihgepaart,
aufgenuhrt in einer lult
strömt ihr süszer morgenduft. Overbeck ged. 102.
HINPACKEN, verb.: waaren auf den tisch biupacken.
HINPASSE.N, iirk; das paszl nicht hin; er paszt in jene
gesfllschaft niihl hin.
HIN PASSIEREN, verb.: der mönch halte {in der beichte)
gefragt, was es dann für ein peccatillo seie? der Spanier
hatte geantwortet: ich glaube nicht dasz ein gott sei. ei
bette der mönch gesagt, es mag mit dem andern hinpassiren,
wann nur die wachsliechter bracht werden. Scacppius 592.
HINPF.MILEN, verb. als pfaM, markzeichen hinsetzen: diesz
alles wären wir sogar zufrieden gewesen, wenn der Verfasser
(des sysUme de la nature) wirklich aus seiner bewegten ma-
terie die well vor imsern uugeu aufgebaut hätte, aber er
mochte von der natur so wenig wissen als vMr: denn indem
er einige allgemeine begriffe hingepfahlt, verlä»zt er sie so-
gleich. Götbe 26, 70.
HINPFLANZEN, rerb. pflanzen hinsetzen: da pflanzen wir
blumen hin ;
wie leicht ist ein fruchtbaum
hingepflanzt, der so reichlich die wenige pflege belohnet !
Voss 1, 92 (Luise 2, 138).
häufig reflexiv und bildlich, von einer person, die längere zeit in
einer läge oder Stellung verharrt : der Student hatte sich an der
wirthstafel mir gerade gegenüber hingepflanzt. Cahpe kinder-
u. jugendschr. 18, 61 ;
den kunstgesetzen gehorsam legt Dindonette die band
auf ihren schönen mund, pflanzt neben dem zärtlichen kranken
in eine beigere sich hin. Wiela>d 4, 43 (n. .Amadit 2, 29;;
auch im pari, hingepflanzt : zwischen ein paar geleckte, nied-
liche jungferchen hingepflanzt. Fr. Müller 1.315:
es stehen andre mit gestrecktem speer
mordlustig hingepflanzt auf engen wegen.
Schiller Zerstörung ron Troja r. 59.
HINPINSELN, verb.: da, wo America liegen sollte, hat er
einen groszen häufen inseln hingepinselt. Recrers wätg. 7.4e.
HINPLAPPERN, verb.: wir haben ihn durch drohungen ge-
zwungen zu weissagen und da hat er nun. blos um wieder
auf freien fusz zu kommen, so etwas hingeplappert, das erste
das beste . was ihm in den mund gekommen ist. Prctz
Holberg 581.
HINPL.\TZEN. verb. : eine quinterne {im lotto) ist gar förm-
licher gift und eine art von aurum potabilc: man platzet
augenblicklich davon maustodl hin, wie ich selbst bei einem
armen schuster in Dresden sah, . . als der kurrier ihm seinen
gewinnst und seinen tod ansagte. J. Paul teuf. pap. 2, 140.
HINPLUMPEN. t»er6.;
da plumpt er hin — und auf die nase just!
Freiligrath liichtungen 2,213.
HINPUFFEN, rer6..- {der fwrst) läszt die quellen seines landes
in stolzen bögen gen himmel springen, oder das mark seiner
unterthanen in einem feuerwerk hinpuffen. Schiller kab. u.
liebe 2, l.
HINPURZELN, rer&. .• aber sie werden nicht darüber hin-
gepurzelt sein. J. Paul Hesp. l, 9.
HINQU.\LEN, rerb. weiter quälen, reflexiv : er quält sich so
von einem tage zum andern hin ; durch quälen rernichten :
ich halt eine schlang bei der kehl,
bis ich sie aller (ganz) todt hinquel.
froschmeus. D6' (b. 1, 1, 4).
HINRAFFE.N, rer6. wegraffen : raff meine seele nicht hin
mit den Sündern, noch mein leben mit den blutdürstigen.
ps. 26,9;
und warum säumt sein zom mich plötzlich hinzuraffen?
GcimntR 935;
0, diese fürchterliche liebe
hat alle frühe blüthen meines geistes
unwiederbringlich hingeraffl. Schiller Karlos 5, l ;
doch, hält auch gleich ein zufall der natur
sie hingerafft — wir hieszen doch die mörder. M. Stunrt 1,8;
doch ihn raffle so hin sein böses geschick. Odyssee 1, 167.
mü dem genitiv :
wer euch erquicken will, musz erst die schmerzen tödten,
0 treuer gottesmann. die schmerzen, welcher (deren) kraft
euch aller kräfte schier des lebens hingerafft.
Rist Parnass 217.
HINR.\KEL.N, verb. : haben wir nur diese {die Schnellkraft
der nerven) erst einmabl weggeschwelgt oder weggetändelt . .
dann räkeln wir uns hin, und, weil wir keine nerven mehr
haben um zu lieben oder zu hassen, vemunften oder faseln
wir über die herrlichkeit der wesen ohne sinne und leiden-
schaften. Wiela.nd 14,363.
HINRASEN, verb.: zum kämpfe binrasen.
HINRAUBE.N, rerb. wegrauben: begab sich das auch die
herzogischen diener und knecht ausz Yäldkirch .. die Grau-
pündler und Sarganser iu iren landen überOelend. ir weh
hinraublend. Stumpf 2, 325*; o ihr lieben mägdgen ! die "ihr
noch euer ehr und jungfrauschaft unversehrt erhalten habt,
seid gewarnet und lassei euch solche so liderlich nicht hin-
rauben. Simpl. 3,23 Kurx;
der oberstand raubt bin den letzten bissen broi,
und last gemeiner schaar nichts, als die leere noth.
LoGAU 1, 5S, 33;
du (ges^ick) raubst mir alles hin, und kannst nichis wleder-
geban. J. E. Scblicrl 1, 2S8.
92 ♦
1463
IIINU ALTEN — HINREISEN
HINREISZEN
1464
HINRAUFEN, verb. raufend hinnehmen:
der toii soll euch (cron. scepter, schn-ert
liinraulenil) mit dein volk gesoUeii
und für mich (ewren riclitern) stölleti. Weckueklin 191
demnach der himmel dich hinrnufet ausz miszgunst. 633.
HINRAUSCHEN, verb. rauschend hinziehen: der flusz rauscht
hin; hin rauschen die stunden;
durch das beihaute gras rauscht er (der jüngling) mit schuelleii
luszen
lu jenem hügel hin, die sonue zu begrüsieu. Götter 1,142(94).
bildlich liinniuscben lassen für tiicht achten , nicht befolgen :
jedoch liesz ich den 2 und 3 berchlich hinrauschen. Schwei-
NICBEN 2, 125.
HINRECHNEN, verb. naofc einer seite, zu einer gruppe rechnen :
man hebt jtzt an zu rbümcn das natürliche recht, ... als
daraus komeu und geQossen sei alles geschrieben recht . . .
aber da ist der feil, das eiu Jglicber wil wehnen, es sticke
das natürliche recht in seinem kupfe; ja wenn du Nacman,
Augustus, h. Fridrich, Fabian von Feilitz werest, so wolt icbs
gleuheu, wo rechenstu aber das hin, das du der selben keiner
bist? Luther 6, I4l".
HINRECKEN, verb. porrujere, praebere: das ohr hin rocken,
aurum admovere. Stei.nbacu 2,232; einem die band hin recken,
manem alicui porrii/ere. das.
KINREDEN, verb.: wer diese worte ohne nachdenken hin-
redet, der soll nicht wähnen dem frommen sinne des volks
genug gelhan zu haben. Damel die deutsclie weümacfUsfeier s. u;
auch nicht liegt Wahrsagung am herzen uns, welche du, alter,
sonder erfolg hinredest t^ Odyssee 2, 203 ;
hin- uud berreden ; bei so vielem hin- und wiederreden.
GöTHE 17, 279.
HINREICHEN, verb. in mehrfachetn sinne.
1) etwas darreichend geben: reiche ihm das buch hin; dem
durstigen den becber hinreichen ; er kan nicht hinreichen,
ad illam partem pertingere nequit. Stieler 1508;
reiche froh den pfennig hin,
häufe nicht ein gold-vennächtnis. Göthk 5, 69.
2) intransitiv, bis wohin langen, sich bis wohin erstrecken:
disz ort mit bäumen ganz umbgeben . . .
da alles wüst und öde liegt,
da auch die sonne nicht hinreichet (als druckfehler steht
hinweichet). Opitz 2, 163 ;
das kleid reicht bis an die knie bin, vestimcnlum pertinet ad
geaua. Steinbach 2, 247.
3) daran angeschlossen, wie ausreichen 4, Iheil 1, 932, hinläng-
lich sein: da ihre cmpfindungen gewöhnlich gemein waren,
so reichte, um sie auszuführen, die geschicklicbkeit eines
gewandten kammerdieners eben so gut bin, als die des vor-
züglichsten künstlers. Göthk 17,248; das honorar . . reicht
hin, uns morgen noch einen lustigen abend zu verschufTen.
24, 274. gern auch im particip hinreichend : wenn man ihnen
einigermaszen ein hinreichendes auskommen und Sicherheit
für die zukunfl gewähren könne. 23, 226 ; bei unserer ankunft
stand bereits der tisch . . gedeckt, hinreichender wein auf-
gestellt. 24, 266 ; in wie fern das licht der natur uns in der
erkenntnis guttes, der Verbesserung und Veredlung unserer
selbst zu fördern hinreichend sei. 25, 95 ; für den anfang war
das blosze geistersehen, und dasz man erfuhr, wie es im
zwischeoreiche zugeht, hinreichend. Immehmann A/öncA/i. 2, 136.
HINREICHIG , adj. wie hinreichend : insoweit dasselbige
[erbe) hinreichig (zur lösung einer verbindlicIJceil). Mainzer land-
recJit 1*55, tit. 16 ( 5; sollten nun in dieser classe mehrere
creditores sich befinden, die cuncurs-massa aber nicht bin-
reicbig sein, selbige zu befriedigen, lü. 22 i 4.
HINREICIILICH, adj. und adv. sufficiens, sufßcienter. Stie-
LER 1509.
ni.NREIHEN, verb. in der redte hinwärts ordnen:
hier steigen meine krieger nach der Ordnung aui,
ich muntre sie am sirand de» meeres hingereiht.
GÖTHt 41, 181.
HINREI.MEN, verb.: schnell ein paar verse hinreimen. vgl.
herreimen.
HINREISE, f. reise hinwärts: die hinreise an den ort seiner
bestinimung gicng ohne unfall von statten, votn sterben: (meint
ikr, ich) gedenke nun cn«t an den himmel. ich bekenne un-
verholen, danz ich mich auf solche hinreis, wie mich die
ptaÜBO Überreden wollen, nicht rüsten . . . kOnncn. Simjü.
3,1" ^•'"
> ' , rer^. eo proficisci, ad iiium locum contendere.
St.i lius it li .iiirh hiiiri-i<(c (gen JcriiKdnn) I (^ur. Iti.3.
HINREISZEN, verb. in mehrfachem sinne.
1) wegreiszen, fortreiszen: nihd. kleider hin rijeu. mhd. wb.
2, 1, 756' (aus dem passional 33, 2!) Köpke) ; so ein grosz un-
gewitter, dasz es vil dörfer, Schlösser und grosz beum hin-
schvvemmet, wekfüret, binrisz und llötzet. Frank chron. 23l' ;
wenn jemand das wort von dem reich höret, und nicht ver-
stehet, so kouipt der arge, und reiszet es hin, was da geseet
ist in sein herz. Matth. 13,19; und tratten crzu und rissen
in hin, und füreten in für den rat. aposlelgesch. 6,12; die
dounerschlUge, der binreiszende Wirbelwind. VVielanu 19,282;
das zwier erlöste Meiszen
das würd ein Wunderwerk so prächtig richten auf,
dasz weder frost, noch glut, noch trüber zelten lauf
nicht könte reiszen hin. Fleming 138;
wil kirchenbilder wer zum ergernüsz anziehn?
den ärgern bilder nicht, die äugen ärgern ihn;
drum lasz er Jene stehn, uud reiste diese hin.
LoGAU 1,128,48 (bild-slutmir) ;
die zeit reist alles hin, sie leidet keine zäume. 2,42;
der satau spart sich nicht, er draut uns zu verklagen,
er reist, wenns möglich ist, den schwachen glauben hin.
CuH. Gryphil's jioet. wäld. 1,402.
auch nur hinwärts reiszen, mit bestimmender Ortsangabe:
und die bosheii, die im linslern schleichet,
fasset schnell dt!r Schwachheit taumelgeist,
bis sie ihr den süszen giftkelch reichet
und die sklavin hin ins elend reiszt. Seuhk ged. 63;
Meiili. wo bist du? Fnuf-t (in der feine) hier! M. wul dort
schon hingerissen?
du werd ich hausrecht brauchen müssen ! Göthk 12, 210 ;
dasz ich noch an dir,
mit solcher nuigung, hänge, da du mich
zum Jähen abgrund hinzureiszen Jtrebst? 9, 282.
2) häufig auch namentlich in bezug auf das entreiszen der seele,
des lebens: denn was ist die boffnung des heuchlers, das er
so geizig ist, und gott doch seine seele hin reiszet? HioU
27, 8 ; sind durch bunger und pestilenz fast alle lebendige
menschen hingerissen und verderbet. Schuppius 783; man liset
vom Julio Caesare, dasz er in gehaltener umfrage, welche art
des todes die beste? den unbesorgten erwählet. .. wohl der
sicherste weg ist, nicht nach der heidnischen art ein plötz-
liches hinreiszen erwählen, sondern ein sanftes einschlafen.
RuTSCHhV Palm. 43;
der dich anlacht, der reist dich hin,
das ist dieser weit weis und sinn.
froschmeus. Hv» (1,2,2);
üb uns gleich der tod reist hin, ist von uns doch nichts nicht
seine. Logau 2, 54, 1 ;
Ulysz, reiszt das geschiek schon meinen enkel biu,
was suchest du noch mehr iu des orakels sinn?
J. E. Schligel 1, 202.
daran angescfUossen heiszt das particip hingerissen dem Unter-
gänge geweiht, verloren : dein kochendes blut kann nützen, aber
überlege nur, wie viel fehlte wir wären alle hingerissen durch
dich? Lenz 1,162; in ahnlicliem sinne das pari, hinreiszend,
dem tode schnell zufithrend : dasz ich in dumpfem schlaf, dasz
ich in binreiszendeii thränen mein leben hingäbe! Göthk
10, 183.
3) hinreiszen, rapere, in bezug auf Vorstellungen, leidenschaflen :
durch die begierden hingerissen werden , cupiditatibus rapt.
Steinbacu 2,269; kurz, der künstler stellt wie ein zaubrer
für den verständigen mit einem blick auf einmal die wirk-
liche thut dar, wo der augenschein über alle andre Vorstel-
lung hinreiszt. Heinse Ardingh. l, 389 ; wer kennt sie, und
ist nicht gleich lebhaft für sie hingerissen? Göthe 14,126;
die eitle musik der cuncerte, in denen man allenfalls zur be-
wunderung eines talents, selten aber, auch nur zu einem
vorübergehenden vergnügen, hingerissen wird. 19, 347 ; ich biu
doch der gröszte enthnsiast für die Crelinger, aber die Müller,
als sie den becber austrank (in Romeo und Julia), hat mich
hingerissen. Heine 2, 247 ;
so vieler schöner gegenwürfe glänz, aninuih, liebllchkelt uud
menge
formirten meinem gelst, durchs aug, ein hcrrlichschimmemdes
goprange.
allein es risi, vor allen andern, den an- und fast durchstralten
sinn
•In Vorwurf, der sie übertraf, durch »elnrn Schimmer auf
Rieh hin.
diesi war ein röthlich güldner glaui. BaocKss 9,363;
mein tom entbrninl. e» reiizt mich hin, sie zu durchbuhreo,
IU rächen mnin icrttOrtes vaterlund.
ScNiLLK* trrttftrung von Trqfa 100;
und .r ;illrin riw mich lum mltleld hin? ru,,iuj„i 2.4,
1465
HINREISZER — HINRICHTEN
HINRICHTEN — HINRICHTUNG
1466
die liebe ists zu eurem soLn, die angst, I
die «reue sorge, die mich hingerissen. 3,5; ]
der lüge ketke Zuversicht reisit hin,
das wunderbare findet gunst und glauben.
Demeirius 2. auß., v. 212.
häufig sind die participien binreiszend und biagerissen absolut
gebraucht: icb weisz, dasz von den besten gescbicbtschreilicin
neuerer zeit und des altertbums mancbe . . . das ber/ ibres
lesers durcb hinreiszenden Vortrag bestocben babcn. geister- i
seher, eingang; als der ehrenmann, .. von Lucianens Vorzügen j
hingerissen, .. unbedachtsam ausrief. Götbe 17,257; rief ich,
hingerissen von dem gedanken aus. Immebmass Äünc/iA. 2,136;
du treues mädchen I rief Ingo hingerissen. Frettag ahnen 1,457;
verschämt, doch hingerisseo
von eurer macht, natur und Zärtlichkeit.
WiEL.oi> 9, 335 (rom ;Wire 1762).
4) ein anderes hinreiszen 6« Wieland , »n umrissen hin-
zekknen : eben so war der grosze punkt bei eründung der
mablerei, einen menschen auf den einfall zu bringen, eine
kohle zu ergreifen und den imirisz eines menschlichen Schat-
tens an eine wand binzureiszen. 14, 100.
HINREISZER, m. raptor. Maaler 225' : der lod ist ein hin-
reiszer des lebens, mors praedo vitae est. Stieler 1592.
HINREISZUNG, f. abreptio. Steisbacb 2,269: wegen einer
tödlichen binreiszung ihrer tochter. Bütscbsv kanzl. S6&.
Hl^'REITEN' , verb. l ) lünviärts reiten, mhd. bin riten {icb.
2, 1, 732") : und der reuter reit hin im entgegen. 2 Jk<>n. 9, 18.
2) durch reiten verderben [vgl. bin 7 sp. 1376) : nachdem mir
mein knecbt samt dem pferd bei Renzingen von den Weima-
riscben gefangen ward, muste icb das ander desto bärler
strapezieren und endlich gar binreuten. Simpl. i, 405 ;
hat nun meim weih ein peuil abgschnitten
und meim uachtpawrn ein rosz hingritten.
H. Sachs 2, 4. 5'.
bairisch einen hinreiten, im wettreiten übertreffen, besiegen. Schh.
2, 201.
HINREIZEN, verb. cohortari ad aliquid. Stieleb 1604.
HINRENNEN, verb.: kaum dasz ich mich halte, nicht auf-
fahre, zu dir hinrenue und mir deine einwilligung erzwinge.
GöTHE 18,98;
seid nicht so hart und rennt aus eigensinn,
trotz eines freundes ratb, in euer UDglück hin !
WiELAWD 22, 66 (,Oberon 2, 15).
HINRICHTEN, verb. l) hinwärts richten: wo die deichsei
am wagen sich bienricbte, dabien geben die vier räder her-
nach. ZiNKGREF apopluh. 1, 210 ; wo ich den blick hinrichtete,
entstanden neue Zaubereien. Heinsk Ardingh. 1, 21S; sich . .
auf fremdartige, unepiscbe, undicbleriscbe ziele hinrichten zu
lassen. Wackebnagel kl. schrißen 2,272. auch zureclite richten,
ins rechte stellen, zurichten :
dein fehl hast du in kleidern nicht,
<UDst wer er leichtlich hingericbt.
B. Waldis £sop 4, 5, 96 ;
die grundbirnen sind geschält, icb richts hin, dasz ihr blosz
das fleisch ans feuer zu stellen braucht. Auerbach dorfgesch.
1.344; und, mit üblem nebensinne, so dasz die folgende bedeu-
tung eingreiß: denn der ritter in kurzem sie so wüst hin-
gerichtet, dasz er sie alle beide onmechtig auf den platz
uiderfallen gemacht. Amadis 400.
2) liäußg (nacJt hin 7 sp. 1376) zu gründe richten, verderben:
denn so er allein ein mensch were, von einer jungfrawen
geboren, bei er uns nicht können helfen von des teufeis
gewalt, were gleich so wol vom teufel hingerichtet wurden,
als andere menschen auf erden, die alle sterben müssen.
Luther 3,479'; die speise dem bauche, und der bauch der
speise, aber gott wird diesen und jene hinrichten (xmao-
yi^oBt, vulg. destruet). i Cor. 6, 13 ; derhalben wird er nicht all,
dieweil ihn die weiber hinrichten bald. Fiscbart groszm. 76;
denn, wie mich jetzt die sach ansieht,
wird! er {der oraen) aufs schierst auch bin geriebt.
B. Waldis Etop 4. 4, 94 ;
junge! junge! junge! junge! schreiet aller weiher-schaar;
wann doch einer einmal käme, welchem weder zeit noch jähr
ao dem jung sein etwas thäte! thäten es die jabre nicht,
würd er doch durch stetes brauchen, mehr als jähre hingericbt.
LosAU 3, 169, 87 ;
wie schön, wie weisi ist sehne? o bisz die sonne sticht:
und schön, hat alt und krank auch leichtlich hingerichi.
2. 55, 10 ;
verstöre meinen feind von deiner gute wegen,
setz ihnen dich für mich zur rechten räch entgegen,
du wirst, berr, richten wol die seelenängster hin.
FlESif: 27:
mein wehmuht ümm die zeit
die ich hier richte hin ganz ohne nutzbarkeit. 200.
vergeuden: die sässelträger, mit denen {indem er sich ton ihnen
tragen liesz) sein berr viel geld biuricbtete. Simpl. 2, 151 Kurz.
3) hinrichten, zur bedeutung des todtens gesteigert, weis durch
entsprechende susdtze betont wird : leget diese keinnützige ire
häud in seine wunden, damit sie ihn hierdurch bald zum tod
hinrichtet. Amadis ^i; also dasz ihrer viel hierdurch zum ludt
hingericbt wurden. 39S ;
den grafen von Petiors hab
ich hingerichtet zu dem grab.
als icb stach nach eim wilten schwein,
loff er mir in den spiesz hinein.
i. Atrer 327* (1638, 31 Keller);
von denen äugen red icb, und von dem gesiebt,
die ihn bei leben schon todt haben hingericbt.
D. V. D. Werder .irioU 8, 80, 8.
ohne solchen zusatz: hinrichten, ferro tollere aut veneno aliquem
Maaler 225*; in des aber, weil die heiligkeit angefangen
ist, und teglich zunimpt, warten wir, das unser fleisch hm-
gerichtet, und mit allem unflat bescharret werde. Luther
4, 413' ; das blut der marterer sei ein same, wo man einen
hinrichte, da geben ander hundert vrider auf. 6, m' ; also
wil ich deine luutter hinrichten. Hos. 4, 5 ; inn der sindQut,
da gott beide alten und jungen hinrichtet. E. Albercs ehe-
büchlin H l' ; so sy sterben wollen und sich selbs hinrichten.
Fbane weltb. 195'; so bald er, der keiser in rbat kummen,
ist er von seinen feinden mit drei und zwenzig wunden
hingericbt worden. G. Wickram Wjer, rorr. A3'; Eteocles und
PoIjTiices, welche ... ein ander mit eigenen bänden hin-
geiichtet. Opitz 1,163; ein arm wehrlos roeidlin sei eher hin-
gerichtet, als ein gewaffneter mann, der sich zu wehr stelle.
Zi>kgref apophth. 1,338; käiser Carl, der glatzkopf zugenannt,
hatte einen Juden zum arzt, . . der hat ihn aber an. 877 mit
gifl hingerichtet. Otbo 1373; die salbei ist ein edles kraul,
wenn aber eine kröte darunter wohnet, wird sie von der-
selben also vergiftet, dasz sie einen menschen tödten und
hinrichten kann. Scriver sedensch. l, 793 ; icb habe gehöret,
dasz die Jesuiten die catholiscben Soldaten anhetzen, wenn sie
mit den evangelischen wider einen gemeinen feind streiten,
diese an die spitze und gefährlichsten orte zustellen, damit
sie fein bald nicht anders als scblachtschafe möchten hin-
gerichtet werden. Ernst gemütsergetzlichkeiten (1697) 556; mit
seiner ersten tochter Maria, . . die er deswegen selbst, der
kalte barbar ohne eingeweide, mil gift hinrichtete. Heinse
Ardingh. 1,213;
an einen falschen arzt sie sich drumb endlich hinge,
viel besser er mit gift die leut hinrichten kunt,
als kranke wiedenimb nicht machen wol gesundt.
D. v. D. Wkkoer Ariost 21,57,3;
er rieht ihn (den feind) lieber binn , so bleibt sein eidscbwur
reine,
und er versichert sich, schlägt er ihn heute todt,
so darf er morgen nicht für ihm stehn inn der noht,
dasz ex sieb rechen wird. Fl£mi:<g 109;
es wurden könige beim treffen hingericbt. das.;
blut mit blut, und das hingerichte leben wiederumb mit
kopf-ab zu bezahlen, .\bele gerichtsh. 2, 3.
4) hinrichten, von der in folge eines richterlichen Spruches als
strafe geschehende tüdtung. das wort in dieser bedeutung, in der
es noch im 16. Jahrhundert gegen das einfache richten et'nfK
rechtsspruch vi^lziehen (Luther 3, 41S'. Carolina ort. 116) ganz
zurücktritt, ist vorzugsweise der heutigen spräche eigen, seil dem
17. jaltrh. werden erst die belege liäufiger: zum letzten ward
die mutter auch bin gerichtet. 2 Macc. 7, 41 ; welche er {der
kaiser) aber erfragen kunte, dasz sie diesen und dergleicbeu
frevel verübet, die liesz er in pfannen voll siedendes wasser
werfen, und also schmerzlich hinrichten. Er.nst histor. bilder-
haus (16S6) 2, 139; dasz er eiu weib. und zwei männer, so
mit ihr die ehe gebrochen, also himichten sehen. 5SS; ach
ßngen sie ihn unter den mordbrennern, und er ist hinge-
richtet? GöTHE S, 165. m freier Verwendung : einige seiner
{Raupachs) stücke hatte ich nur durch die bübne kennen ge-
lernt, und da weisz man nicht genau, ob der autor von dem
Schauspieler, oder dieser von jenem hingerichtet wird.
Heihe 11, 135.
HINRICHTER, m. homicida, camifex. Stieler 1562.
HINRICHTUNG, f. nach hinrichten 1 : mit binrichlung aller
gedanken auf diesen einen zweck, gewöhnlieh nach hinrichten
3 und 4; binricbtung, perditio. pemicies, exitium, ü. eaedet,
komicidium, internecio, elades, strages. Stieler 1562; den fol-
1467
HlNRlECMEiN — HINRUFEN
HFNRUTSCHEN — HINSCHÄTZEN
1468
genden tag beschlusz er dieses mordspiel durcli hiiiriihUing
dreihundert edelleute, welche er an pfille binden, und gleich-
falls in den strohn» werfen liesz. Zicler Banise (l700) s. 345 ;
die formele hinrichtung des monarchen (im gegensatze zur
ermordung). Kant 5, 154; Dünnemark, wo ein arzt das könig-
liche scepter ergriff und i\< wieder verlor, und hinrichtung
erfuhr. Daulsa»!« gesch. d. frans, rev. 424; wenn die Vesta-
linnen im allen Rom auf ihrem wege einem Verbrecher be-
gegneten, der zur hinrichtung geführt wurde. H. Heine, 1,206;
die hinrichtung
der Stuart ist ein ungerechtes mittel.
Schiller Maria Stuart 2, 3.
HINRIECHEN, verb. hiHspüren, flüchtig wohin kommen: kein
wort mehr von London und Amsterdam ! kaum sind die jungen
iaffen einmal hingerochen, so ist ihr drittes wort : London
und Amsterdam. Lessing 2, 537. rgl. herriechen.
HINRLESELN, verb.: (in den thälern) bemerkt man doch
keine spur von regengüssen, nur kleine bäche, kaum merk-
lich, rieseln hin, denn alles flieszt gleich unmittelbar nach
dem meere. Göthe 2S, 178.
HINRINNEN, verb.: das blut des (hingerichteten) vaters rann
über die lebenden söhne bin. Klinger 3,190;
endlich, wenn man viel gewunnen,
wird man graw und wird man krank,
und die zeit ist hingerunnen
ohne namen, ohne dank. Locau 3,210;
wohl wehen die winde, wohl wasser rinnt hin. Borger 34';
mit dem entzwei gepreszten herzen hinzurinnen und zur
thräne zu werden. J. Paul Hesp. 4, 81.
HINRISZ, m. tod, nach hinreiszen 2 im 17. jahrh. aufge-
kommen: hinrisz, obäus, interitus. Stieler 1594; was e. gn.
von dero vetter frühzeitigem hinrisz mir zu sreiben belibet,
habe ich nicht ohne sonderbahres mitleiden vernommen.
BcTscHKY kanzl. 358; der häufig erfolgte hinrisz acht wer-
thester ehepfänder. Chr. Grvpiiius poet. wald., 2. anhang s. 17.
HINRITT, m.: auf dem hinritte zum manövriergebiet und
auf der rückkehr von demselben. Schweizer grenzpost 1873,
no. 213.
HINROLLEN , verb. rollend hinwärts kommen : die woge
rollt hin zum meere; die kugel rollt auf der bahn hin; das
Schicksal . . rollt über die weiten hin. Klinger 4,12; hin-
fahren: (der gemahl hatte) die wege mehrere meilen ringsum-
her so gut hergestellt, dasz die nachbarlichen Verbindungen
nirgends in so gutem stände gefunden wurden ; doch war
eigentlich bei dieser löblichen anstalt die hauptabsicht, dasz
die dame . . überall hinrollen konnte. Göthe 22, 84 ; transitiv,
rollend hinwärts bringen: eine kugel, einen stein binrollen.
HINRÜCKEN, verb. i) lunwärts rücken; intransittv: der räum
ist mir zu enge, rücke hin, das ich bei dir wonen möge.
Jes. 49,20; transitiv: den schrank an die wand hinrUcken.
2) entrücken, wegrücken; und zwar
a) vom vergessen machen der Umgebung in folge seelischer er-
regung: er nahm also seine Zuflucht zu dem buch, schlug
die äugen nicht weiter auf und las andächtig vor sich weg.
dus ist ja wol ein trefliches buch, sagte die Araberin, das
dich so hinrückt? Sturz 1,2«»;
wenn ich innir an dich L'laube :
o wie werd ich lüngerückt
über alles, wai« zum staube
meine seele niederdrückt! Klopstock 7,198.
fc) vom wegführen von der erde im falte des todes: item, wenn
der tod kompt, da» du sterben soll, und dich der teufel
wird anfechten . . so hat (ohne das sacramenl) der teufel ge-
wonnen, und wird dich hinrücken, das dir nimer zu helfen
ist. LiiTHEH .% 158' ; (der gerechte) wird weggenommen aus
dem leben, unter den Sündern, und wird hiugerücket. weish.
Sal. 4,11; und die todten in Christo werden auferstehen zu
erst, darnach wir, die wir leben und überbleiben, werden
zu gleich mit denselbigen hin gerückt werden in den wölken,
dem Herrn entgegen in der luft. 1 Thess. 4,17; der tod wird
euch sanft und bald hinrücken. Claudius 4, t;i ;
die brtider Jütephx dachten ihn
au* mUzioinfit hin zu nicken. GCntukr :il
•cbl wlre dort dein (r«*!»! im fmlen bad erstickt'
■o wQrd er jetzt aiclii ent durch thraiitMi hiiigeruci.;.
HINRUFEN, verb.: die »timuie der natiii, die den inen-
mm u:\iCtoen, zum gm»"' •"•■•^■■ft. Sulzer;
ich ruTf rfii' hin: m w«rd«!
umuiicbi^t- -. uacber oraaiurl
UiiLAüD yerf. 162.
HINRUTSCHEN, t;er6. ; ich musz dem maichese das zeug-
niss erthcilen, dasz er diese gedichte gut vortrug, hinläng-
lich dabei seufzte, ächzte, und auf dem sopha hin- und
herrutschend gleichsam mit dem gesäsze kokettierte. Heine
2, 265.
HINSÄEN, verb. : etwas auf das feld hinsSen ; die todten
lagen wie hingesäet ;
crliubiiei! wunder einer haud,
die jene himmei ausgespannt,
und Sterne hingesüt! Uz 1, 292;
schlummre, wie im .stillen heiligthurae,
hiugesäetes gebeiu! IIölty 64 Halm.
HINSAGEN, verb. erklären., heraussagen: ja! es ist hingesagt.
liebe, madonna! Schiller Fiesko 2,3; nach hin 5,a sp. 1375:
man hat bis jetzt das lob des Plinius . . . für blosz übertrieben
hingesagt gehalten. Heinse Ardtngh. 2,78.
IllNSAMMELN, verb.: ich habe nicht da ich meine fruchte
hin samle. Luc. 12, 17.
HINSAPPEN, verb. sich schleppend hin bewegen:
du grober esel, thu hinsappen. 11. Sachs 3, 3, 79*.
s. hersappen.
HINSAUFEN, verb. fort saufen: er soff immer hin. Simpl.
2, 28 Kurz, transitiv einen hinsaufen, im saufen überwinden.
ScHM. 1, 1118 Fromm.
«INSCH, TO., HINSCH, HINSCHE, f l) krankheil.
a) der menschen, etwa pestßeber, pest : got geb dir . . . die
hünschl Keisersberg sünd. d. m. 3»'; im fluche:
wie man schwert am Kocfaersperg:
gütz byl, götz hinsch, götz treck, götz krösz !
.Murner luth. narr 1806.
Schweiz, die hündschc, hündschi, eine brandartiqe seuche unter
menschen und vieh, mit dem adj. hündsch, kränklich, elend, vor-
züglich bei köpf- und bauchschmerzen gebräuchlich. Stalder 2, 62.
b) der pferde und des rindviehs: alpranken und hintsch-
kraut heiszt sie (die pflanze Solanum dulcamara), weil die
landleute das kraut dem vieh wider den alp oder hintsch
(d. i. schwerer athem) an den hals gehängt haben. Nem-
NicH 4,1317; vertreibt ihnen (dem rindvieh) die hinsch, das
ist das keichen und schwerlich athmen. Tabebnaem. 52;
das ander wird auch dem rindviehe zu der hinsehe ge-
brauchet. 782; in Hheinfranken die hinsehe, in Hessen hüenschc
euterkrankheit der kühe. Fromm. 4,261,7. Vilmar 179; bei Stal-
der a. a. u. Lst hündschc, hündschi neben der oben unter a
gegebenen bcdeutuny auch auf eine gewisse innerliche mit faulnis
begleitete krankheil der pferde (milzbrand) bezogen.
2) hinsch, hinsehe, das gegen diese krankheil angeuxndete
kraut, Solanum dulcamara. Frü.mm. 4,261,7. s. hinschkraut.
Das wort, das in der form hendsch bereits sp. 985 aufgeführt
erscheint, ist eine verderbte und nicht mehr verstandene adjectiv-
form. mild, hiunisch, die sich sonst als heunisch (sp. 1291) im
nhd. fortsetzt; namentlich will zu der femininform hinsehe aus
hiunische das subst. suhl, krankheU ergänzt sein, man glaubte,
die kranklieü entstünde durch den zauber eines bösen, fremd-
artigen Wesens; rgl. mytlwl. 115. Vilmar 179.
HINSCHAFFEN, verb. l) ftinwärls schaffen: gepöck auf den
bahnhüf hinschaffen.
2) wegschaffen:
zu dir (dem yelde) seu all mein siiiu ^(-«tnlt.
ya wi icli dich gewinn und bhult ;
und wa.« ich damit sfinden bin,
nach meinem tod schaff ich da« hin. Scmwariknbirg 145",
d. h. indem nach dem lade für mein geld Seelenmessen gelesen
werden.
HINSCHARFEN, verb.: die sud-winde verursachen, dasi
das vieh hinscharfet, lauh und bIlUter verfaulen. Hoüberc
3, 1, 6'.
HINSCHATZEN, vnb. auf eine gewisse höhe schätzen:
da wird er (der «c/ii/fhrftc/iif/c) hausf boi h.msr
umb einen lieÜBr K''l'n, und streichen »■ ''
wie ttruHZ dii- notli Kcwetil. wie viel er /
da wird «in jffclirhs tehu aul tuu.-^end In.
Hachil »alyr. i;c(i, ixuit t.*2:
verloren schatten (vergl. hin ü, c sp. 1376): bin ich k.-iu
iiillein aus dem hauüe Israel, su biu ich Joch eint
II heidcnthuia, sollte der gute hin Je^us uuch hinsrli
ktiiu 35«; da« ich mein lebeo allerdingi. hinschäUele. i>tii>,n
i 2 (1713) »■»(>. die allern antgabrn o6fT lesen hinsetzte, vgl. dir
' Uellt unltn unUn dieuin wurte.
1469 HINSCHArKN — HINSCHIESZEN
HINSCHITFEN — HINSCHLEICHEN 1 470
HINSCHAUEN, verb.: man schaute tou westen nach osten
an dem felslager hin, auf welchem die lückenhaften Stadt-
mauern . . zu sehen waren. Göthe 2S, 167 ;
sie stutit und hemmt tieii flug der schnellen drachen,
schaut wieder hin. erröthet, bebt turück. Wikla:«d 10, 149.
HINSCHAUERN, verb.: das plätschern der rüder, der über
den Wasserspiegel hinschauernde Windhauch. Götbe 1", 137 :
{wenn Macbeth) bebenden fuszes, mit liinschauerndem äuge
aus der schlafkammer wariket. Scbiller 69S.
HI.NSCHEID, m. ßr tod, vgl. hinscheiden und hinschied:
in ihrem groszen schmerz und wittwenleid,
worein der blutge hin$cheid ihres herrn
die köuigio versetzt. Schiller Teil 5, 1.
mhd. als fem. diu hinscheide.
HINSCHEIDEN, verb. l) uegqeken, sich trennen :
er sprach: ir guoten recken, £ ir scheidet hin,
so nemet mine gäbe. Nib. 309. 1 ;
mit beziehung auf die folgende bedeutung:
Liebhold, meiner freundschafl seele. wüst du von mir scheiden
hlD,
so gedenke, das ich armer blosz ein kalter cörper bin.
LoGAC 3, 236, 105.
2) Sterben: auf Wilhelm Hauffs frühes hinscheiden. Uul.\M)
gcd. 119. auch mhd. hinscheiden in diesem sinne, mhd. trb.
2, 2, 100".
HINSCHENKEN, verb. wegschenken, furtschenkeu : der geiz
aber hatte mich schon dergestalt eingenommen, dasz ich
gar nicht gedachte, etwas hinzuschenken. Simpl. 1.301 Kurz.
HINSCHEREN, verb. in derber rede hinwärts weichen, fort-
gehen; reflexiv: scher dich hin an deine arbeit! auch in-
transitiv: aber die Bair waren hingeschoren, d. städtecAr. 5,270, IS;
wer nicht des weidwerks pflegen kann,
der scher ans paternoster hin! füJBCER 70'.
HINSCHERZE.N, verb. durch scherzen fortbringen:
hüpfend, wie das biut in «leinen ädern, scherzet,
Chloe, deine seel ihr dasein hin. Wibla:»d 9, 340 (306).
HINSCHELCHEN, i-erfc. .
wie wenn ein gewild, den kronhirsch oder den geisbock,
jagende hund hinscbeuchten und landbewohnende männer.
llias 15, 272.
HINSCHICKEN, verb. l) transitiv, hinwärts senden: und
schickten den bunten rock hin. und lieszen in item vater
bringen. 1 Mos. 37,32; da schickt Judas kundschafter hin
und lies besehen, wie stark die feinde weren. 1 Macc. 5, 3S ;
und bald schickte hin der könig den henker, und hies sein
heubt her bringen. Marc. 6,27; schicke hin eine magd, und
las sehen, ob er auch tod sei. Tob. 8, 4 ; mit unterdrücklem
object: da schickt Pharao hin, und lies Mose und Aaron
rufen. 2 Mos. 9, 27 ;
dort schickt mich hin! dort laset mich euer sein!
Götbe 9, 23ä.
il reflexiv, hin passen: dies betragen schickt sich nicht hin.
HINSCHICKUNG, f. ablegatio. Steisbach 2,405.
HINSCHIEBEN, verb. 1) hinwärts schieben: ich schob ihr
das blau näher hin, das sie schon wieder mir zugeschoben
hatte. Göthe 24,271.
2) wegschi^en, Vorschub im eiU fliehen leisten (vgl. hin I, 6, o
if. 1376): nnd entran der von VVirtenperg selb, der ward hin-
geschoben, d. städtechr. 5, 18, 26 ; wer den Püttrieb hauset oder
hofct, atzte oder trenkte oder gefarlichen hinschub. 48,6.
HINSCHIELEN, verb.: indem ich über das blatt weg nach
dem schönen kinde hinschielte. Göthe 24,269;
misgünstig würd ich hin nach eurer freiheit schielen.
GOTTIB 1. 45;
sehn mich an so starr und leidend,
und zugleich so ungeduldig:
manchmal scheinen sie auch scheu
nach der hexe hinzuschielen.
n. Heime 17, 65 (Alta Troll cap. 17).
HINSCHIESZEN, verb. 1) intransitiv, mit ungestüm sich hin-
wärts bewegen: nein, unter diesem leben im flug. sollte doch
das ding {der mensch ist gemeint), das so prestissimo hin-
schieszt aus einem regenschauer in den andern und von
gewölke zu gewölke, doch nicht in einem fori den schnabe!
aufsperren zum gelächter. J. Pail Uesp. 1,7«;
ach wie viel bäche sind so blutroth hingeschossen!
wie manches kriegers Wut (arbi manchen groszen üwi
.. ^. - P. FlHIne 115;
die Oder llosse strenger;
der wilde .Main schosz hin. 75;
der freie wind (ahn ohne zügel;
ein leichter pfeil eilt auf gewinn ;
der starke plitz hat schnelle Hügel ;
ein strenger fall scbeuszt plötzlich hin. 499.
2) auch hinwärts schieszen, mü der waffe : das mittel der
folgenden schrift behütet, dasz dich keine kagel trifft . . .
stehe an ein ort, da niemand hiuscbeist, so bist du sicher.
Simpl. 2, 191 Kurz.
3) transitiv: er sol nicht komen in diese Stadt, und sol
auch keinen pfeil daselbst hin schieszen. Jes. 37, 33 ; es
wurde noch nichts von ihm begehrt, als dasz er zuweilen
unversehends einen geheimen blick voll liebender Zartheit
auf sie hinschiesze. J. Pacl Tä. 3, 193.
HINSCHIFFEN, verb. cursum aliquo dirigere. Stieler 1792:
da wir aber in ein adramitisch schiff trauen, das wir an
Asiam hin schiffen sollen, apostelgesch. 27, 2 ; schifften unter
Cypern hin. v. i.
HINSCHIM.MEBN, verb.: nach dem über ein ganzes leben
hinschimmernden wiederfinden. J. Pacl Hesp. i, 250.
HINSCHKRAUT, n. Solanum dulcamara, alpkraul, je länger
je lieber {vgl. oben unter hinsch): aristolochia hinschkraul.
DiEF. 4S'; hinschkraut wird also genannt, dieweil die hirteu
und weiber dis kraut dem rindviehe anhenken für die hinscb.
Tabern-^em. 1290; hintschkraut, so je länger je lieber heiszet
PiXTER Pferdschatz 419; ainara dulcis, je länger je lieber oder
hintschkraut. Houberg 1,530*; jeiänger-jelieber oder hindsch-
kraut. 3, 1. 41l'. das theil 5, 779 aufgeführte kinschwurzel
Osterluzei scheint den ersten theil unseres wortes verderbt zu ent-
halten.
HINSCHLACHTEN, verb. :
dasz uns die feind hinschlachten. Wkckheblis 166 ;
(dort) hat wilder frevler mulh
die altern mir . . . hingeschlachtet. Gottek 3,569.
HINSCHLAFE.N, verb. einschlafen , entschlafen {vgl. hin 5. a
sp. 1375): wenn einer sich des abends schlafen legt, so
wickelt er alle sorgen ins hemd hinein, steckts unter das
küssen, und schläft in gottes namen hin. Otto 1027.
HINSCHLAGEN, rer6. l) einen schlag hinwärts riclden: er
schlug hin, wo niemand stand; transitiv, etwas durch schlagen
hinwärts befördern: den ball hin schlagen; auch {nach hin 7,
sp. 1376) zu boden befördern, niederschlagen:
die schwermuth schlägt die feder hin. Gönthe« 1049.
2) gewaltsam hinfallen: so wärst du hier in der sUibe
nicht so hingeschlagen, dasz es dir zwei tage im köpfe
brummte. L. Tieck ges. nov. 5, 20.
3) in die luft hinschlagen, nihili facere, flocco et despicaiui
habere, parvi pretü deputare. Stieler 1S22;
wo man die ehre liebt, schlägt mau die wollust hin.
Grefli>g£R Cid .4 5';
daran arigeschlossen, intransitiv, ins leichtsinnige, unbedachte ver-
fallen: wenn wir den armen seelen, oder jemand anders
helfen wollen, das wir nicht hinschlahen, und auf die messe
als ein genugsam w erk uns verlassen. Letueb 1, 337'.
4) hinschlagen für vergehen:
meine marter, meine quälen . . .
schlagen bin in luft und windt. Spks irutzn. 274.
HINSCHLÄNGELN, ter6. .■ der weg schlängelt sich durch
die wiesen hin ;
drum in fremder gcstalt erschien iut alles dem könig.
langbinschlängelnde pfade zugleich und schirmende buchten.
Odyssee 13, 195.
HINSCHLAUDERN, verb. verschleudern : so die oberkeit nur
deste mehr neme. und iren pracht damit imer gröszer machte.
und das gut so binschlaudert, mit kleidern, fressen, saufen,
bauen, und dergleichen, als were es sprew. Ltttrer 3,115';
sollen wir unser ewiges heil und seliges erbtheil um ein
linsengcricht hinschlandern? Otto 1312. s. hinschlendem, hin-
schludern.
HINSCHLAUNEN, verb.: hinschlaunen , es schlaunet so
liin, medioeri fortuna utor, prosperae sunt res. niox ambiguae.
Stieler 1S15. s. schlaunen.
HINSCHLEICHEN, verh. l) intransitiv, langsam und leise
hinwärts gehen, von personen und dingen: leise, unbemerkt
will ich über die erde hinschleichen, bis sie sich mir öffnet.
Klincer 4,25$; häszliche und schöne, dumme und kluge,
schlicheu gleich ruhig durch das leben hin. 10,15; er seufzte
ein acb, das an den mauern hinschlich, wie das stöhnen
eines geplagten geists. 5, 117 ;
herr wirt, gebt uns urlaup und last uns hin schleichen!
fastn. tp. 579, 4 ;
147 1 HINSCHLEICHEN — HINSCHLEPPEN
HINSCHLEUDERN — HINSCHMACIITEN 1472
da wird drr geist euch wohl dressirl,
in spanische stiefeln eingeschnürt,
dasz er bedächtiger so fort an
hinschleiche die gedankenbahii.
und nicht etwa, die kreuz und iiuer.
irrlichtelire hin und her. Göthk 1*2, !I5;
(Lnertes) schwach im gelild hinschleichend des weinheschal-
teteu gartens. Odyssee I.ISM;
das hinschleichen und hiiifaren oder binrünnen der wasseren,
lapsus fluminttm. Maaler 225". von der zeit: es sind drei
tage hingeschlichen , tres dies abierunt. Stieler 1835 ; kein
stund hinschleichen liesz, darinn er nit ein lini zog. Curg.
143*.
2) die rerbindung hinschleichen lassen ist auch nach hin
1, 5, a am ende, sp. 1375, aufzufassen: hinschleichen lassen,
connivere, indulgere, soliäe ac neglitjcnter habere. Stiei.er 1S35;
man nuisz sich durch seinen verstand und eine gute dex-
teriläl vortheilhanig in die zeit und laufe zu schicken wissen
und keine geiegcnheit hinschleichen lassen, darbei etwas zu
gewinnen. Simpliässimus (1684) 3, 157.
3) hinschleichen reflexiv: auch war es kaum düster ge-
worden , als er sich . . nach ihrer wohnung hinschlich.
(iÖTHE 18, 102.
4) hinschleichen transitiv (nach der zeitlichen bedeutung von
hin 2, sp. 1377), langsam hinbringen : dasz die arme . . nun
ohne ihn ihr leben hinschleichen, hinjammern soll. Gütue
10, 57 ; wenn der weltmensch in einer abzehrenden melan-
cholie über groszen verlust seine tage hinschleicht. 18, 129.
HINSCHLEIFEN, verb. l) schleifend hinwdrls oder ivegfiVircii :
hinschleipfen, zur straaf, rapere ad poenam. Maaler 225'; es
ist der dinge gang, der das gerade oft unters krumme hin-
schlcifl. Fh. MtJLLER 3, 133 ;
kann vom wagen nicht
der stolze renner ohne retlung stürzen,
und, hingeschleift von zügellosen rossen,
die bahn mit seinem blute färben? Gotter 2,211;
stand sie und blickt auf der mauer umher und schauete jenen
(Hektor)
hingeschleifi vor den thoren der Stadt. Utas 22, 464.
2) sich hinschleifen, sich hinschleppen (s. d.) weiter existieren :
indem sie sich auf der breiten fläche des dilettantismus und
der pfuscherei, zwischen kunst und natur hinschleifen. Göthe
30.213; und daran angeschlossen seine tage liinschleifen : er
wird die frage aufwerfen : ob man nicht lieber die einzelnen
Unannehmlichkeiten des tags . . übertragen und ein ver-
drieszliches dasein hinschleifen solle, anstatt übereilt sich
zu einem resultat zu entschlieszen. 60,288.
HINSCHLEIFCNG, f wegschleppung: darauf die hauptstalt
in Hungern, Ofen genand, sampt dem slättlein Pest, dar-
gegen über . . erobert, nach jSmerlichem ermorden und todt-
scblagen der einwohner, geplündert und verbrand vcrheerl,
mit hinscbleifung christlichs volks. abschied des reidistags zu
Esslingen von 1526, eingang.
HINSCHLEISZEN, verb. vergehen, abgängig werden :
disz vermischte milch und blut (getichl),
der halsz, diese weichen bände
Rchleiszen hin. es nimmt ein ende,
was uns itzt so sQsze thut. Fttaino 4!t2;
unser leib, und was dran ist,
schieist hin, wie du täglich siehil. 611.
HINSCHLENDERN, verb.: lasz sie 'mich ein weilcben in
meiner träumerei so hinschlendern. H. L. Wacher die hinder-
mnrderin 62 ; ihm war . . ntir zu fühlbar geworden, dasz er
eigentlich hier seine hestimniung nicht erfülle und im gründe
lilosz in einem halbtbäligen müsziggang iiinsclilendere. Götiik
17,133; wir bilden uns ein, fromm zu sein, indem wir ohne
nberlegung binschlendern, uns durch angenehme zufSlIe de-
icrminiren lassen, und endlich dem resultate eines solchen
schwankenden lehens den namen einer göttlichen führung
gehen. 18, lOS; ein akademisches hinsclilendein schien er
(Hamlet) auch hei hofe fortzusetzen. 10,28; man kann un-
pcstrafl eine weile binschlendern, und dann ist man wieder
gennthigt sich eim-n augenhiick zusanunen zu nehmen. 43,315;
wie bin ich •onxl so sorgenfrei
durchs leben liingeschlendert ! J. M. Miller ijfd. 178;
•chlendr ich auch dann und wann auf einen iiLwcg hin.
f.orrER 1,420.
RINSCHLFPI'EN, rerfr. l) hinwdrls oder fori schleppen: ich
hdb einen mord begangen, . . den du mir nicht zumuthrn
wtr«t allein vor den richter der weit hinzuschleppen. Schiller
litb. lind lifbt 5, 8; man »chleppe mich hin zum allarr!
GoTTH 3,39.
2) sich hinschleppen, langsam und träge weiter gehen, in
einem zustande dauern : alles hütte sich vielleicht su hinge-
schleppt bis zu des künigs todestage. Dahlhann ddn. yescii.
1,226; jetzt schlepp ich mich an dun uugen des mädcbens
su hin. kann ich sie doch nicht lassen ! kann sie mich
doch nicht lieben ! Göthe 8, 196. in ähnlichem sinne mit acc.
der zeit: sein leben elend hinschleppen;
doch setzt, man schleppt die Jugend hin,
und liebt, und liebt, bald die, bald jene. Gökikuk 1, 125.
vgl. hiuschleifen.
HINSCHLEÜDERN, verb. l) hinwärts schleudern:
dort, auf des vaters leichnam hingeschleudert,
dort lagen sie die reizenden gescnöpfe,
die ersten pfänder unsrer Zärtlichkeit. Gotter 2, 139.
schleudernd vernichten: hassest du ihn nicht und mochtest
ihn ergreifen können, hinzuschleudern das leben deines und
meines mörders? Klinger 1,15. vergeuden: seine schöne du-
caten . . vor solch lumpenzeug hinschleudern. Cbr. Weise
crzn. 20. s. hinschlaudern.
HINSCHLICHTEN, verb.: hat man . . 800 todtc corper . .
Drdcnllich nacheinander hingeschlichlct gefunden. Olearius
beschreib, oriental. insuln (1696) i. 152.
HINSCHLIEFEN, verb. hinwärts kriechen, einen Unterschlupf
finden : ob ich gleich nicht wusste, wo ich über nacht hin-
schliefen sollen. Simpl. 3, 334 Kurz.
HINSCHLINGEN, verb. : ein band ist um die laute hiii-
geschlungen ; ein kraut, welches sich auf dem boden hin-
schlingt ; hier {in Moritz' prosodischen Vorschriften) ist denn
doch ein anhalten, und wenn auch damit nicht alles gethan
wäre, so hat man doch indessen einen leitfaden an dem
man sich hinschlingen kann. Göthe 27,255; bairisch, in an-
derm sinne: ein kind hinschlingcn, es abtreiben, davon die
hinschlingerin, ablreiberin. Schm. 1, 1118 Fromm.
HINSCHLOTTERN, verb. :
wer mir den nicken kehrt, gleich liegt ihm schlapp
hals, köpf und schöpf hinscTilotlernd trrasz im nacken.
GÖTHE 41,272.
HINSCHLUDERIG, adj. : (die dienslboten) die einen durch
Ircu und tleisz in biilde reich machen oder im gegenthcil . .
durch hinschluderige fahrlässigkeit, faulheit und untreu ge-
schwind fertig machen können bis aufs schwärzen I Simpl.
4,36 Kurz.
HINSCHLUDERN, verb.: lange leben heiszl viele über-
leben : so klingt das leidige ritornell unseres vaudevilleartig
hinschludernden lebensganges. Göthe an Zelter 4,278.
HINSCHLUMMERN, verb. entschlummern, einschlummern:
wenn ich . . auf einem krummgewachsenen bäum mich
setze, um meinen verwundeten sohlen nur einige linderung
zu verschafTen, und dann in einer ermattenden ruhe in dem
dämmerschein hinschlummre ! Göthe 16, 80. in den todes-
schlummer verfallen : o dasz du hingeschlummerl wärst, wie
er hinschlummerte, da ich ihn tödtcle! Klopstock 8,231;
Jünglinge schlummern hin, und greise bleiben
wacli. Klopstock 2, 95;
und in leisem und sanftem, in himmlischem harrengclispcl
schluniraert er hin. 5>62;
in lieblichem wehen des schattenden paradici^e<l,
schlummr ich hin.
HINSCHLUPFEN, -SCHLIPFEN, verb.: dasz die stiunac
die geringfügigem {silben) sclinell lierausstöszt, fladilig und
nachlässig darüber hinschlupft. Lessinc 7,38; und alle töne
schlQpflen so sttsz über die grasspitzen und durch die bauui-
gipfel hin. Tieck 4,304.
HINSCHMACHTEN, verb. schmacldend hinsinken: «ach deui
gebeugten weihe, welches hinschmaciitet auf seine Schulter.
Sturz 1,35. schmaclitend n'ryehrn: sieh bruder, ich zerfalle
ganz, schmachte hin. Klinger 1,29; eine dame die . . uus
liebe, die sie zu verliergcii sucht, hinwelkt und hinschinachlet.
10,32; wenn das |iädagogiuin, anstall hinzuschmachten, lieber
aufgehoben wird. Heyne briefe an J. Muller s. 219;
sie {die teetr) liegt I ' ' '.iiid im staube.
Klo^stO' ► 12,9; die au'y. t. 1760
!(/. I riT^rlimfitPrl) ;
lieber mit einmal will Ich in lluih au>li • ■■ •• ödem.
hU so lank' liin-xhuiHrbtcii in diesem >' 'iid!
allen rrbcblrn die knie, und in wnllu.si schmnchin Ihr hert bin;
Jeder wimicht und gelobte, der königln liger zu thelleii.
»8, 312.
1473 H1NSCH5IECKEN — HliNSCHRElBUNG
HINSCHREITEN — HINSCH VVÜREN 1474
niit acc. der zeü, schmachtend hinbringen : de? leben? letzten
abend in ?org und angst binschmacbten. Kunger 2, 16S;
so . . scbinachlet sie ibr junges leben ohne freunde hin. 10,116.
HINSCHMECKEN, rerb. spürend hinkommen {vgl. oben bin-
riecben): lieber geh ich nach dem deutschen kräuzcbeii, da
schmeckt kein hungriger Franzmann hin, und man vergiszt
seine muttersprache nicht. Stikz 2, 406.
HINSCHMEISZEN, verb. Irans, stark hinwerfen : gegen morgen
um 10 uhr machte der magische friseur die thürc . . wieder
auf, schmisz seinen weiszen hut hin. J. Paul a. d. teuf,
pap. 1,93;
denn wenn des ^lückes hübsche Siebensachen
uns von des Schicksals bänden sind zerbrochen,
und so zu unsem lüszen hingeschmissen. U. IIeine lä, SO.
intransitiv, in derber spräche, stark hinfallen. Adellnc.
HINSCHMELZEN, verb. schmelzend vergehen: glücklich ist
die nachtigall, die im weichen tone der liebe vor dem ge-
liebten binschmelzen kann! Klinger 2, 355; die juugc Aisnon
war heute zum bezaubern; der bescheidene onzug erlaubte
CS den blicken, ganz in das anschauen der pcrson hinzu-
schmclzeu. Schuler 7, 19 Kur:.
HINSCHMELZE.N, rtT^. schmelzend vergehen machen :
fo wie der schuee hinschmilzt auf hochgescheitelteu bergen,
welchen der ost hinschmelzte , nachdem ihn geschüttelt der
Westwind. Odyssee 19,206.
HINSCHMETTERN, verb. : nun bin ich hingescbmettert an
deine kette, Jupiter! Fr. Müller 2,29«;
hier soll kein schusz,
so lang ich lebe, fallen, hier kein vogel
von semem zweig, kein wild in seinem busch
geschreckt, verwundet, hingeschmettert werden. Götue 9, 277.
HINSCHMIEDEN, verb. wohin fest machen^ fest bannen :
hingeschmiedet zum gesang,
stehn im ewgeu wirbelgang,
einzuziehn die wonnemile,
lauschende uaturen stille. Schillkr Laura am datier,
HINSCHMIEGEN, verb. :
sanft hingeschmiegt auf seidne frühlingsrasen.
HöLir 200 //u/m;
und tieger schmiegen sich zu ihren (der Schönheit) füszen hin.
WiELASD 23, 155 {überon 9,55).
HINSCHMIEREN, verb. flitchtig oder unsauber hinschreiben:
er schmierte etwas auf ein blatt papier hin; aber etwas bin-
gesclimierles schr.n finden. Fr. MIIller l, 257.
HINSCHNEIDEN, verb. intrans. schneidend hinfahren , vom
teinde: anger über den der Ostwind hinschnitt. Münchliauscn U.
transitiv, aussclmeiden, im ausschnitt verkaufen : gewand hin-
schneiden. Freisinger stadtb. bei Schm. 1, lllS Fromm.
HINSCHNEIEN, verb. schneiend hinfallen: weder merknch
abgestumpft noch abgewittert, liegen sie {die steirie) auf den
ackern um den berg wie hingeschneit. Götue 51, 145. tran-
süiv : wenn sie in der ruhigsten Stellung, den rechten schnee-
ann weich über irgend etwas schwarzes hinschneite. J. Paul
uns. löge 2, 94.
HINSCHNELLEN, verb. transitiv, etwas uhnellend kinteärts
bewegen :
wer am leichtesten nun anspannt in den händeo den büger )
und durch die äit hinschnellt. Odynsee 19, 578.
tnlransüiv, hinwärts eilen: da schnellt er bin! in Düringen.
HINSCHNLRREN, verb. schnurrend hin fliegen: käfer schnurren
hin; schnurrend hinsagen: sie können nicht beten, ohne dasz
sie den psalter mögen hinschnurren und schnattern. Luther
8, 608 Walch.
HINSCHRAUBEN, rerfc. schraubend, in gewundenen Korten,
hindeuten: glücklicherweise für diejenigen, mit welchen er
(rector Albrecht) unzufrieden war, ging er niemals direct zu
werke, sondern schraubte nur mit bezügen, anspielungen,
dassischen stellen und biblischen sprächen auf die mängel
hin, die er zu rügen gedachte. Göthe 24, 199.
HINSCHREIBEN, verb. sehreiben, bexüglicJi einer entfernteren
person: was er in seiner muttersprache zu sagen erröthete,
konnte er nun mit gutem gewissen {französisch) hinschreiben.
Göthe 19,240. nach eineni dritten orte, an eine dritte person
schreiben : ich will hin nach Leipzig schreiben, inslitui Lipsiam
aliquid literamm dare. Stieler 1927. flüduig schreiben (bin
I, 5,a sp. 1375); ich habe das nur so hingeschrieben; solche
trockne bibliothekar-arbeit läszt sich so recht hübsch hin-
schreiben , ohne alle theilnehmung, ohne die geringste an-
strengung des geistes. Lessing 12, 377.
HINSCHREIBUNG, f scriptura, scriptio. Stieleb 1927.
IV. n.
HINSCHREITEN, rfr6.; manchmal ergötzt er sich an mehr
oder minder bekannten vademecuiHs-gcschichlen, bei welchen
aber durchgängig die ausführung des details im hinschreiten
zu der letzten pointe als das vorzügliche und eigenthümliche
anzusehen ist. Göthe 33. 180.
HINSCHUTTELN, verb.': die alte linde im schloszbof hatte
längst . . ihre welken blättcr dem spiel der winde hiiigc-
schüttelt. Scheffel Ekkeh. (1855) 119.
HINSCHÜTTEN, verb. hinwärts schütten : an eine reine stete,
da man die asschen hin schüttet. 3 Mos. 4, 11 ; die kräfte
der schaffenden uatur, die ihren reichthum vor uns hii>-
schüttel. Klingeb 11,51; wegschütten: man sol in (den lapis
lasuli) auch vorher weschen und flüszen und das am boden
ligt binschütten , und in dann geben mit violsvTup. Gers-
dorf feldb. d. wundarzn. 68.
HLS'SCHWäRMEN, rerb. im schwärmen wohin kommen:
wo schwärmt der knabe hin? mit welchen färben
mahlt er sich seinen wcrth und sein geschick? Götue 9,167;
unter geschrei und jauchzen der laug hiuschwärmenden Jugend.
Voss 2.34.
HINSCHWATZEN, -SCHWÄTZEN, verb. 1) flüchtig schwatzen
{vgl. hin I, 5. a sp. 1375) ." ein lüsterer. der, aufs Ungewisse, ver-
messentlicb hinschwätzet. Butschsv Palm. 897; schändlicher
nichts, als eine memme , die ängstlich ums leben lügt,
krummes und grades unter einander binscbwälzt. Fr. Müller
3, 248 ; will ich . . einige worte über die Übersetzungen ins
allgemeine hinschwatzen. Herder z. litt. 1, 211.
2) nach der zeitlichen bedeutung von hin (II, 2 «p. 1377),
schwatzend verbringen: die zeit hinschwatzen.
HINSCHWEBEN, rer6.; wohl derjenigen (seele), die lange
in den seeligen träumen hinschwebt , ohne zu erwachen I
Heinse Ardingh. 1,348; und können wir uns nicht so ver-
binden, dasz uns in dieser weit nichts mehr trenne; dasz
wir einst in den seligen geülden der künftigen vereinigt hin-
schweben ? Klixger 4, 140 ;
der stille mond, der dich bei nacht erfreut,
dein äuge, dein gemüth mit seinem schein
unwiderstehlich lockt, er schwebt am tage
ein unbedeutend blasses wölkeben bin. Götue 9, 196.
HINSCHWE.MMEN, verb. wegschwemmen: so ein grosz un-
gewitter, dasz es vil dörfcr, Schlösser und grusz beum hin-
schwemmet. Fr.\nk chron. 231*.
HINSCHWIMMEN, verb. hinwärts schwimmen :
(die Seele) die auf des glaubens holz hin zu dem ufer schwimmet.
Robpler 72;
es war lustig anzusehen, wie sie {delphine) . . von den klaren,
durchscheinenden wellen überdeckt, hinschwammen. Göthe
28, 27 ;
schwimme, du mächtige schölle, nur hin! und kommst als schölle
nicht hinunter, du kommst doch wohl als tropfen ins meer.
1,408.
HINSCHWINDEN , verb. fortschwinden , langsam oder leise
und unmerklich vergehen: nach diesem aufgedrungenen gefflhi
von Vergänglichkeit und hinschwinden. Göthe 17,226;
ach, er weint und denkt der stunden,
die mit mir ihm hingeschwunden! Miller ged. 273;
unsrer jugend l'reuden standen
wiederum vor unserra blick;
imd zum zweitenmal empfanden
wir ihr hingeschwuudnes glück. 274 ;
wann des entzückeus goldne scenen,
die jetzt mich fesseln, mit Elisen hin
in der Vergangenheit entferntes dunkel schwinden.
Gotter 1, 339;
das jähr ist hingeschwunden,
wie schäum im wilden bach. Voss 4, 100.
HINSCHWINGE.N, verb. : einen auf den rasen hinschwingen,
im Schwingkampfe; reflexiv: sich auf einen felsblock hin-
schwingen.
HINSCHWÖRE.N, verb. l) einer dritten person zu schwören,
geloben; gewöhnlich {in den alemannischen gegenden) auf die
lerlobung und Vermählung bezogen: hinschweren, rerbum ri-
tuale matrimoniorum, despondere et padsd rirginem jure jurando.
Haltaus 924; derhaib alsbald der handtschlag und das hin-
schweren geschehen. Frani weltb. 152"; wir wollen nuu be-
sehen das hinschweren, wie man? hie {in Augsburg) nennet,
oder den handstreich, der auch dazu gehöret, wenn man
und weih im ehestand mit ehren beieinander wohnen soll.
Creidiüs 2, 188. sonst, doch mit bezug auf das eben angegebene,
auch auf das taufgelübde: der tauftag ist ein ehrentag, da
wird ein Christ Christo, seinem seelenbräutigam, durch die
paten zugesagt und bingescbworen. Otto 9ö7.^
93
1475
HINSEGELN— HINSENDEN
HINSENKEN — HINSICHTLICH
1476
2) hinschwereti, usurpatur pro frivole jurare. Stieler 1077.
vgl. hin I, 5, a sp. 1377.
HINSEGELN, verb.:
wir wollen über meere» ticlen
mit achttausend sechshundert schulen . . .
hinsegeln in der ameis iand. miickenkr. 1. h'i'i.
HINSEHEN , rnh. l) hinmris sehen , in eiijenllkliem oder
übertragenem sinne (venjl. hiiisulit): nach dem hiiiunel iiiii-
Kcbeii. inteudere in coelum ociilos. Stiei.eb 2026; ist aber niclil.
jede sieligkeit des willens ein solches hinsehii auf einerlei
iJee? -Vbbt 1.60;
wo man hin saih, wars alls voll zeit.
mnckenkr. 1, 953 ;
wo niuii hiuüali, war weit und breit
das raeer mit schiffen so bekleidt,
dasz man schier gar kein wasser sach. 1021 ;
so schautest du ihr. Friedrich, nach!
ihr eueel sah. als er zu golt sie führte,
nach deinen thränen hin. Klopstock l,8tl;
Dlandine sah her, Lenardo sah hin. Kürckk :<'J^
Etn aller mperaliv se iiin, nie lat. eae :
auf höh er da sein weisze hanil,
schlug sich selber an sein wauj,' :
°se bin, mein maul und hab dir d:is.
dasz du doch nichts verscjiweigen magst.'
Uhl*m) volkut. 24^ ;
se hin, gfit Ruprecht, hab dir dasi 649.
hinsehen, von geyenständen, eine richtung liabeu: dajin trat er
HD ein feuslcr, weiches aut das nachbarhauä hinsah. Fhey-
TAC handschr. 1, 7.
2) uegsehen, in übertrtuieuer bedeututig, nachsicJU üben: über
etwas hiiLsehen : wir wollen über diesen inangel hinsehen.
3) hinsehen transitiv : wie der maier ans seinem äuge die
vollendete geslail auf die fläche hinwirft, gleichsam hinsieht,
ehe die langsame band ihre umrisse nachmacben kann.
Fichte nalurrecht 57.
HINSEHNEN, verb. re/l. aninium inteudere in locum. Stieler
1993;
oft
hab ich mich hingesehiit, nun bin ich da. Göthe 9, 104.
HINSEIN, rerl;. nach einem orte gekommen sei» (vgl. hin 1. 1
sp. 1372); verloren, vernichtet sein; verschwunden sein, besser
werden aber die beiden uorttheile in der Schreibung auseinander
gekalten, s. belege unter hin 1,6, c sp. 1376. und H, 2 sp- IZ'il,
2U denen noch fd'jende gegeben werden : ein sich elend fühlen-
der sagt ach, und ich bin wieder so hin — ich niOchle . .
mich zerschmettert in den abgrund slürzen. Klinger 1,50;
hin sein von der zeit: hüter, ist die nacht schier hin? Jes.
21, 11; auf die zukunß weisend: das gesiebt das dieser sihet,
da ist noch lange bin, und weissaget auf die zeit, so noch
ferne ist. Hes. 12, 27.
HINSEIT, adv. nach der seite hinwärts: vom ejme acker
hynsit der .\inioIderbach. zinsbuch Dicthers von Isenburg v. j.
1427 im Büdinger archiv. als gegensatz ist ein berseit ;« ver-
muten, dock bis jetzt niclU zu belegen; vgl. aber herdieserhaUi
sp. lOSO.
HINSENDEN, verb. l) hinwärts senden: da sie das kestlin
im schilf sähe, sand si ire magd hin, und lies es holen.
2 Mos. 2,5; sie sandten hin funfng menner, und suchten
ihn drei tage. 2 tön. 2, 17 ; da sandte er hin ros und wagen,
und eine grosze macht. 6, 14 ;
(ilie eher) verminderten «chinauseud
stets die göttlichen freier, dieweil hinsandte der sauhirt
jeglicben tag den besten. Udynsre 14, IH.
oft mü unterdrücktem object: da sandte Pharao hin, und lies
Joseph rufen. 1 Mos. 41,14; sende hin, und las in holen.
1 Sam. Iß, 11 ; also sandte Abab hin unter alle kindcr Israel.
2 kvn. 2,17; sandten hin zum gefengni«, sie zu holen.
aptjstelg. 5, 21.
2) wegsenden, verwerfend fortlhun:
du übel. duDsen macht den liiiiMnil kniinie mindern,
fund wctiig widerstand hei A A.irheii Itindcrn.
»•in fiaiT hilderkreisz ithw. \or ilem .linn,
der wählt zur gegenwan, i»'f ' ndet hin.
IIallkr xJtweit. geii. (1768) ». 140;
ilerben machen:
■Lh an, wi »en ytzi alle di,
der loh Rchiit etwa grAKzIirh hl.
ir rumlich nnm, der nach In bl«lbt,
gar «eoig iMiuhstab den heKchrclbi,
und mag nit macbeii di bekannt
der leib (Hrrrn leihir) «rn tndtllch litnges.indi.
8caw«atinBtiib l&tf*.
HI.NSENhEN, verb.: entseelt scheinend lag der holde Jüng-
ling im schifife . . . landen, den kürper ans ufer beben, aus-
ziehen und abtrocknen war eins, noch aber kein zeichen
des Ichens zu bemerken, die holde blume bingesenkl in ihren
armen. fiiiTHE 23, 236 ;
lehnte mich
:iu deines hrudcrs bi-ust, und weinend
.senkt ich die band ihm in seine band hin.
Ki.OPSTOcTK I, 48 ((/er abschied).
HINSETZEN, verb. tn sua sedc sistere. Stieler 2040. l)/ro»»-
sitiv : habe dis haus gebeiliget, das du gebawet luist, das ich
meinen namen daselbs hin setze ewiglich, und meine augeii
und mein herz sollen da sein alle wcge. 1 kön. 9,3; er
nam auch sajnen aus demselbigen lande, und seet in in
dasselb gute Iand, da viel wassers ist, und salzt es lose hin.
lies. 17,5; daruinb das sie (die gOlzen) weder von inen selber
können aufstellen, so sie auf die erden füllen, noch sich
regen, so man sie aufgericht binselzel. Baruchii,lü; wie sie
doch ehrlichen und geheimer weisz in erfarung bringen
möcht, ob der könig Perion sein liebe sonst nirgends hin-
gesetzt. Amadis 17 ; ein gut hinsetzen, es gegen eine schuld
einsetzen, verpfänden. Haltals 924 (t;. 1312); sein leben hin-
setzen, es zweifelnd verloren geben?: da erschreckte mich ein
anderer unversehener anblick dermaszen, dasz ich mein leben
allerdings blnsetzle. Simpl. 3, 433 Kurz, das bild scheint an den
einsatz im spiele angelehnt, es wird an der glächen stelle weiter
ausgefiüirt: ich kletterte, das gewisseste zu spielen, an einem
ast oder zeigen hinauf, dodi liest die sp<Ucre ausguhe bin-
schälzle, vergl. oben unter hinschälzen ; einer ein kind hin-
setzen, es auszerehelirh mit ihr zeugen : er wird . . dem mädel
eins hinsetzen, und führt sich ab, und das mädel ist ver-
schimpfiert auf ihr lebenlang. Schiller kab. u. liebe l, i.
2) reflexiv: es war abends um sieben uhr, und ich wollte
mich eben hinsetzen, meinen eilften anli<}uarischen brief auf
das papier zu werfen. Lessi.ng 11,746; so will ich mich
ruhig hinsetzen. H. Heine 2, 253 ;
er setzt sich hin, um zu verschnaufen. Wulanu Ib, 224.
sich einen sUz im lande wählen, ansiedeln : .\braham hatte den
Lolh ins Iand gebracht, und hätte ihm befehlen können, wo
er sich hinsetzen solle. Schuppius 306.
HINSEUFZEN, verb. seufzend hinsprechen : seine klagen hin-
seufzen ; seufzend verbringen :
voll von beständigem jummer
seufzet sie (die gallin) nachte sowol als tag hin, tbräneu ver-
gieszend. Odyssee 13, 33b.
HINSICHERN, verb. hinwärts in Sicherheit bringen:
wan ein redlich-froiner Christ hin sich sichert in den sark.
LouAU 2,46.
HINSICHGEBUNG, f. s. unter hingebung.
HINSICHT, /■. das hinsehen, gewöhnlich in dem übertragenen
sinne des geistigen sehcns, denkens worauf: ernste blicke in
mein innerstes, wohmütbige binsicbten auf euch . . waren
meine ersten empfindungen. ThI^mmel 4, 177 ; Walts bewegun-
gen von der nacht her, so wie seine binsicbten auf die
nahe scheide-sekunde, das zusammen machte ihn sprachlos.
J. Paul flegelj. 3, 130. mehr begegnet dieses erst in der •>. hdlße
des vorigen jahrh. aufgekommene wort, das noch jünger als ab-
sieht (//i. t, 118. 119) ist, da Frisch wol schon dieses, nicht aber
hinsieht kennt, in den festen formein hinsieht nehmtm: dabei
nähme man auf die zukunit beständig hinsieht, die rfiuine
würden grosz genug eingerichtet, nach maszgabe einer zu
hoffenden Vermehrung. G^the 43,315; und in hinsieht auf
etwas: eine innere rcinigkeit des brrzens in hinsieht auf
ein anderes leben zu empfehlen, war ihm allein vorbehalten.
Lessing 10,322 (von l7so); eben weil sie in steter hinsirbl
auf das ganze wirkt. Schu.leh 770. Verbindung von in hin-
sieht mit dem genitiv ist neuer Iruuch: in hinsicbl der reise
sind 1101 li keine vorlicieilungen pelroflen ; vgl. unten hin-
sichtlich, seltener hinsicbl für lie^iekung : soviel wir jetzt uns
enniiern . halte das damals wol eine hinsieht auf die
Thornsche schule. HKRtiEs Soph. reite 3, 415.
HINSICHTLICH, adv. in hinsieht; in der alisotuten ßffung
binairhtlich auf: hinsichtlich auf grslall der knoclien, wie
auf die niiMftllirung derselben (in einem bdderierrke) zeti^l
;illcM von ungemeinem Heinz. Göthf. 5Ä, 2*>7 ; i^er hinsichtlirb
mit genitiv: binsicbtlicb seines lleiszcs ist wenig zu rilhmen ;
»recksrlnd hetdes : unterwegs be«cbilfligt mich die genaue br-
irnrliiung der gegendeii, liinsirlillicb auf gcognusie ujid der
darauf gegründeten ctillur. Görue 31, 74.
1477
HINSICHTS — HINSPÜLEN
HINSTARREN — HINSTELLEN
1478
HINSICHTS, adr.: wie an andern orten, so haben auch
in hiesigen liberalen kreisen bereits mehrfache vertrauliche
Vorbesprechungen hinsichls der aufzustellenden candidaten
stattgefunden. Hall, zeitung lg66, «o. 303.
HINSIECHEN, verb. durch siechen vergehen: ich sehe tau-
sende hinsiechen an der pest. Gctzkov^ riiter r. geist 6, 372 :
sein name lebt, welche thaten er auch getbau bat,
hinsiechendes leben einst. Klopstock 1, 262.
HINSINGEN, rerb. flüchtig ohne kunsl, oder auch leise sin^n
(vgl.^ hin I, 5, a sp. 1375) : ein lied hinsingen ; er sang vor sich
hin ; auch singend begleiten : einen todten hinsingen, cum cantu
deducere. Scbelleb deulsch.-lat. handlericon (t796) 721.
HINSINKEN, vevb. zu baden sinken (cyt. hin 1, 7 sp. 137«) :
hinsinken, labi. Maaler 225' ; halt mich . sonst sinke ich
auch hin! Klopstock 10,307; indem sie mit einander hin-
sinken, das. ; sie entwickelte in (der darstellung) der ohn-
mächtig hingesunkenen königin alle ihre reize. Göthe 17,254;
sinkt sie iu stiller webmutb auf den blassen
erstarrten leichnam hin. Wiklasd 23,146 (06.9,38);
halb zog sie ihn, halb sank er hin. Götbe 1, 1&6;
das particip mit dativ verbunden (nach arl t>ou hingegeben) :
hingesunken alten träumen
buhlst mit rosen, sprich«! mit bäumen,
statt der mädchen, statt der weisen. 47, 56.
in knapper füguug: eine sehr heftige bewegung, welche mit
hinsinkender ermatlung aufhört. Stolberg 8, 228, ermaUung.
zu folge der man hinsinkt.
HINSI.NNEN, terb. die gedanken auf einen dritten ort richten :
auderschwü hiusinneu, elwg anders betrachten, conrertere se
aliquo animo et cogitatione. Maaleb 225'.
HINSITZEN, verb. sieh an eiiun dritten ort setxn : hinsitzen,
discumbere. Stieler 2036; in einem nebel steigt Thelis aus
dem meere hervor, bis sie vor ihren söhn hinsasz, und sich
ihm in gestalt zu erkennen gab. Herder zur litt. 13, 161 ;
o nein ! du hast gar bald der Schuldigkeit vergessen :
bist sicher aur die bank der laster hingesesseu. Rohpler SS.
HINSPANNEN, rerb.: die erscheinung erweckte mich aus
meinem trübsinn, indem sie mein verlangen, gut und tugend-
haft zu sein, auf einen zwar hohen, aber sichern zweck hin-
spannte. Kli.nger 5,306; doch war die ganze weit damals
zu einseitig auf ein Interesse hingespauut. Tieck 4, 12.
HINSPäZIEREN , verb. : nach diesem angenehmen aben-
teuer spazierte ich am meere hin. Göthe 2S, 77.
HINSPEIEN, ter6. .• auf den boden hinspeien.
HINSPIELEN, verb. spielend hingleiten: wo . . das frische
Schneewasser über die reinlichen kiesbänke hinspielte. Göthe
48, 122 ; spieletid vorbringen : einige leicht hingespielte ideen
seiner so schönen , unerschöpflichen phantasie. Stolberc
6, 15 ; gleichsam spielend, ohne hast und sichtbare anstrengung,
nach einent orte leiten: den krieg hinspielen, transferre istuc.
Scheller handlex. 721 ; nach hin II, 2 sp. 1377, spielend hin-
bringen: ihre gewohnheit war seit vielen jähren, den nach-
mittag hinzuspielen. Kli.nger lü. 30 ; spielend leben : lasz uns
in der well zwecklos hinspielen, so gut wir können. Göthe
•20, 244.
HINSPIN.NEN, verb. : so dasz ich ihn dringend bat, den
kern dieses weitschweifigen abenteuers geistreich zu be-
fruchten, und einen kleinen roman daraus zu bilden ; aber
es war nicht seine sache, ihm konnte nicht wohl werden,
als wenn er sich grünzenlos im einzelnen verflosz und sich
an einem unendlichen faden ohne absieht hinspann. Göthe
26,251.
HINSPRECHEN, verb., nach hin I, 5, a sp. 1375, flüchtig oder
auch leise aussprechen: das ist so hingesprochen, ohne alle
Überlegung; seu&:end sprach er vor sich hin: gott, gotl,
ich habe vergessen, nach Frankfurt . . zu schreiben! H. Hewe
2, 215.
HINSPRENGEN, ro*. intransitiv: ein reifer sprengte hin;
transitiv: man sprengte wasser auf die dicht gedrängten Zu-
schauer hin.
HINSPRINGEN, verb. hinwärts springen: das kind springt
zu den elleru hin ; veg springen, davon springen :
lieben brüder, laszt uns hin nischeu,
und springen bin ausz dieser ptannen.
B. Waldis Esop 2, 51, 7.
HINSPRITZEN, verb.: das blut spritzte auf* pflaster hin.
IILNSPÜLEN, rerb.: wellen haben einen leichnam aui ufer
hinge -pült.
HINSTAKREN, verb. l) starr trerdeii, in äan-heit ueiter leben :
niöcht ich denn auf den ödesten klippen der Apenninen bin-
starren und nie mehr den schall einer menschlichen stimme
hören ! Klingeb 1, 5S ; es verschwinde . . das gefühl des
lebens selbst, das (/. dasz) ich gleich diesen felsen hinstarre
fühllos gegen die stürme meiner seele, wie sie gegen das
rasen der empörten natur I 2, 247.
2) mit unverwandten äugen wohin blicken : sie starrten alle
gerade vor sich hin. Kli.nger 3,74;
Kaiphas schwieg, kein laut, noch geräusch von redenden wurde
durch die Versammlung gehört, sie blieben alle verstummend
sitzen, und wie von dem donner gerührt, binstarrende lasten.
Klopstock 3, 161 {Uess. 4, 102) ;
mit glühendem äuge
starrt er fürchterlich hin. 4, 33 (Hess. 6. 474) :
wie dunkel mir auch das aug hinstarrt. IW (8, 65) ;
noch rollt er das äuge, noch starrt es
ganz nicht hin. 6, 19 (16, 245) ;
keine klage läszt sie schallen,
keine tbräne siebt man Tallen,
kalt, verzweifelnd starrt sie hin (auf die leiche).
Schiller Hero u. Leander s. 236 ;
wie ich im einsamen leide
hinstarrte über die fluth. Lknau neue ged. 126.
HINSTAUNEN, verb.: da ich mich doch nicht wohl auf
einen eckslein setzen und, den finger auf der nasc, nach
Klärchens fenster hinstaunen konnte. ThCmmel 3,77; hier
sitze ich mit hinstaunendem blicke wieder vor meinem tagc-
buche. 330; ein wunder? wiederholte ich mir mit hin-
staunendem nachdenken. 4,107; schrecken war meine erste
empfindung, die aber bald dem süszesten hinstaunen platz
machte. Schiller 742.
HINSTECHEN, verb. zu boden siedien (hin I, 7 sp. 1376), von
den kämpfern im turniere gesagt:
rehte vliegent stach er in
enbor über den satel hin,
da; er ÜT dem sande gelac. iKseiu 5336;
dann, wie ausstechen l (th. l, 984). biidlicfi auf das verditnkehi,
^ertreffen, verdrängen eines gegners bezogen :
du stichst mit deinen strahlen
der alten hoITart hin. Opitz 2, 38;
die Zähne kan kein gold an hoher färb erreichen,
der mund ist himmelweit, der hals sticht agtstein hin. 219;
ich weisz, an liebligkeit musz dir lopus weichen,
und Demodokus auch, was Thamyrasz gespielt,
. das stichst du leichtlich hin. P. Fle«i?«g 59;
dieweil dasz ich ein schild von diesem reiche bin.
stiebt mich, wie ich vertrau, hierinnen niemand bin.
GREFLrNGER Cid A4,
wenn perl und diamant allein das äuge rollen,
geneust es gar kein andrer sinn,
der agstein aber weisz auch den geruch zu stillen,
ja sticht so myrrh, als kampfer hin. Lobenstei:« Arm. 2,868*:
was gottes finger schreibt, sticht alle Weisheit hin.
Chr. Grtphius poei. Käld. 1. 367 ;
disz blasse leichentuch sticht die crystallen hin. 403.
HI.NSTECKEN, verb. : blumen auf einen but binstecken ;
herr nachbar Naseweis, steckt eure nase
WO anders hin ! Schiller Turandot 3, 4.
Hl.NSTEHEN, verb. sich hin stellen : da ist ein lobeus bei
dem vater, alles wird zusammen gerufen I . . müssen hinstehu,
beschauen. Fr. Müller l, 71 ;
ohne gaben soll man nie hin für grosze herren stehen :
ohne danken soll man nie weg von groszen herren gehen.
LocAU 2, 44, 65 ;
sagt wo ich hinstehn soll. Schiller Teil 3, 3.
HINSTELLEN, verb. 1) hinwärts stellen, von persontn und
suchen: er vertrit sein statt, mann stell in hin wo man wöll.
.Vgr. spr. (1560) 300'; ein bild neben das andere hin stellen,
maginem juxta imaginem ponere. Steinbach 2,664; ein höl-
zernes kreuze an die grenzen hin stellen , statuere crucem
ligneam in ßnious. das. ; als ihm der khalife winkte, stellte
ir sich gerad und frei vor seinen sitz hin. Klincer 5,18«;
dahin {tu den schwächen in den Krummacherschen parabeln)
gehört die häufige vorsprecherei der lehren am ausgang, hin-
gestellte Sittengefühle oder inschrifttafeln, i. Paul kl. bücher-
schau 1, 153;
in seiner zeit und well,
wo sein beruf ihn hingestellt. B£rcer 58'.
darstellen, als beschreibunq, lehre, bild: einen als mustcr, zur
nachahmung, hinstellen ; zu Jerusalem in der stad. die der
herr erwehlel hatte aus allen stemmen Israel, das er seinen
93*
1479
JILNSTELLUNG — HINSTIFTEN
HINSTOLPERN — HIxNSTREIFEN
1480
nauea daselbs hin stelletc. 1 kün. 14, 21 ; da ist dir keine
zeilung, wo du nicht ein arlikelchen von dem Schlaukopf
Spiegelberg wirst getroffen haben ; . . vom köpf bis zun füszen
haben sie mich dir hingestellt, du meinst du sähst mich;
sogar meiue rockknöpfe haben sie nicht vergessen. Schiller
rduber 2, 3. an/teii/t stellen, ietütflkh eines Urteils, einer nuinuntf :
Christus bat allein dieses reden wollen, dasz rr nicht auf
erden kommen .>'ei, leibliche und wellliche Sünden zu strufeii,
sundern das wolle er der weltlichen obrigkeil hingeslellel »ein
lassen. Schuppius 48t>. vgl. dahinstellen Üi. 2, 692.
2) wegstellen, ausstellen :
wen vergleicht mau lüglich roscii , jungrerii oder Junggesellen?
wo die siachel sich beiindcii ist dus urtheil liin zu sielleii.
LuGAU 3, 12(>, 3S.
HINSTELLL'.Mj , /'. wegslcllung , hiiUanselzung : mit hin-
stellung ir seeleu heil. kiRCunoF wendunm. ;to4'.
HINSTEKBEN, wegsterien, sterbend verliehen oder unleryelien :
da . . viel schon gar epicurisch worden, die nichts überall
glauben, gleich wie die hepste mit iren cardinelcn zu Rom,
und also zuletzt lauter kiie und sew werden, und auch also
hin sterben. Luther 5,368'; so ist er auch hin gestorben,
das niemand umb in leid getragen. 2 Macc. 5, 10; aber er
ist nicht damit zu stände gekommen, und darüber hinge-
storben. ÜLoPsrocK 12,37; und lieszen sie viele tage lang
unter messerschnitten . . des peinlichsten ludes hinsterben.
Rli.ngkr 3, 2ü3; er war mein guter herr und mein wohlthäler,
und im festen vertrauen auf meine redlichkeit starb er hin.
ScHiLLKR 737 igeisterseher, 1. buch) ; ein altes weih, das ihr
holz von zäunen stoppelt und ihr brod an den thüren, um
ihr hinsterbendes, freudeloses dasein noch einen augenblick
zu verlängern und zu erleichtern. GöruElG, 153; für die ge-
fangenschaft eignet er sich nicht, weil er sehr bald hinstirbt.
Breum illustj-. thierleben 1,46;
er sah das äuge des sterbenden,
und klagt ihr niciil, weil er sie liebet,
dasz ihm zu l'rüli sein geliebter hinstarb. Klopsiock 1, 52;
vermagst du dann nichts weiter, kannst du sie
nur wenige minuteu mir erhalten :
so la^zt mich eilen, vor ihr hinzusterben. Götub 9, 256;
lisch aus, mein licht, auf ewig aus!
stirb liin, stirb hin iu nacht und graus ! Börccr 14* (Lenorc).
vom absterben, ohiimächtig uetdcn der glieder, der sliintne: mit
hinsterbender stimme verlangte ich gleich thee. H. Heine 1,76;
sein himmelblaues äuge bricht,
hinsterben seine glieder. Gotter 1,355;
ihr hin»terbende$ haupt bergend im duftigen schosz.
Rückert 269.
hinsterben bildlich:
ich duld es
langer nicht, und ich lass hinsterben den neuen unten,
gleich dem nachhall, und bleibe, die ich war.
Klopstock 7, 3 (umre xprache an un.<) ;
die lieb ist hingestorben,
siirb denn du mein herz auch hin I
GokiNGK liedcr zweier livb. (1779) s. 125.
HLNSTEHBEN, verb. hinstcrbtu machen:
der Worte gölduer glänz hat gift zu seinem gründe,
und opermeiit steckt drinn. es schadet zum gesunde,
en sterbt die einfait bin, erweckt ein solches klug,
dafür ein keuscher sinn enlsatz und grauen trug,
LoCAU 2, 66.
HINSTEUERN, rert. das schiff hinuatis lenken :
bin nach Frankreichi holdem ul'er
steuern sie mit macht und kräfien.
HifRDKR xür li'l. 3, 230 ;
auch sind lioil nicht ineistcr des schiin)aus, klug in bereitung
tetiAngfbordeier schilTe, die, mancherlei werke be^tfllend,
w«l IU den Städten di^r weit hinsteuerten. Odysaif it, i:^»;
alt wir nunmehr von Knaa entfernt hiosleurten. 14, 3ül.
Uüdlich, vom lenken der schritte:
und, rt'irh wie ein emir in seinem siim,
5teurt er, mit nudeln an jedem schuh,
zur hüchgütliurinten hauptstadt hin. Wulanu Iti, 228;
wm lenken der gedanken: man weisz noch nicht, worauf er
10 »einer rede hinsteuert.
ULNSTiEBEN, rerb. : die reiter stoben über die beide bin ;
sie stob bin sam ein surcuwersak,
bis da{ scjr zu Beruchin kam. i-ing 17', 3.3.
HLNSTIEREN, verb. starr hinsehen: vor Nich binstieren; er
stiene verwundert nach der erscheinnng hin.
HLNSTIKTEN, terb, als stißung an einen drillen oit liringcn :
Wertviille gctnfilde wurden von ihm hillge^tiftet, in ein museum.
HINSTOLPERN, verb. :
wer noch mit kalbern pllügt, der ackert nicht zum besten,
und stolpert oflermals auf wusserl'urchen bin. Gcntukr llUl;
als ich an der ecke des inarktes dber die dicke obstfrau
hinstolperte. H. Heine 2,66.
HINSTRAHLEN, verb.:
ja, du struliltest mir zu, schimmernde, wie nach dir
ich hinstrahle. Klopstock 7, 41 (ticci Juhanniiwurmchen).
HINSTREBEN, verb.: (dasz ich) gleich morgen frühe weiter
iu die weit nach meinem ziele binstrebe. GOtbe 18, 9S ;
schliesze aus dem blumigen irrgange, den deine wünsche
einschlagen, auf das hiustreben der meinigen. Tu0hnel3,75;
weil sie (die schönen kiinste) unmittelbar nach einem ziele
hiustreben, welches die Wissenschaften ebenfalls, allein mittel-
bar und erst durch Umschweife zu erreichen suchen. BCrgek
35!>';
uacb jenem durchgang hinzustreben,
um dessen engen inund die ganze höUe flammt.
Götur 12, 43.
HINSTRECKEN, verb. : den arm, die band hinstrecken ;
(du« Diomedvs) kämpfend die artigen herren . . nacheinander
ins gras hingestreckt hätte. Wiela.'iu 14,356; hier lag er nun
auf den väterlichen mautel hingestreckt, der holdeste Jüng-
ling. GüTHE 23,236; ich hatte kaum einige stunden sehr tief
geschlafen, als ein erhitztes und in aufruhr gebrachtes blut
mich aufweckte, in solchen .stunden und lagen ist es, wo
die sorge, die reue den wehrlos hingestreckten meiiscben zu
überfallen pflegen. 26, 22 ; links das weit hingestreckte ufer
mit buchten, landzungen und Vorgebirgen. 2S, 89; so streckte
sich ein ganzer kristallener quellenheller tag auf den weiten
Huren vor uns hin. J. Paul uns. loye 3, 93 ;
welch nächtliches gelag am lusz der felsenwaud?
bei kleinen hütten, dicht mit reis bedecket,
:Teh ich sie l'ruh ans Teuer bingestrecket. Göthr 2, 146 ;
jetzo fand sie die freier, die üppigen, die vor des hauses
doppeller plort ihr herz mit steinescbieben erfreuten,
hin auf die haute der rinder gestreckt, die sie selber geschlachtet.
Odyssee 1, 10».
bingeslreckt, gelüdlel, vcrnichlet :
nun liegt
Aie hingestreckt, die arbeit vieler jähre !
wir sind beslohlen, und sie haben nichts
als blutge bände. Scuillkr Karlos 5, 10.
HINSTREICHEN, verb. l) intransitiv, den sttich oder gang
hinwärts nehmen, von pcrsouen wie gegenständen gesagt : Woh-
nungen liegen auf rücken der hügel, wo eine hinstreichende
reihe kalkfelsen den bodeu ohnehin unbrauchbar macht.
GüTUE 28,175; wir Streichen wie ein .stiller bach immer
weiter gelassen in die weit hin. ü» frau v. Stein 1, 241 ; alle
regierungen und gewallen sind darüber hingestricheu, haben
Wühl die spitzen des gewächses abbrechen, aber die wurzeln
nicht ausrollen können. Ixmersia.nn .Vünclih. i, 171 ; es ist
ein ganz jähr drüber hingestricheu, res in integrum annum
prolutae sunt. Stieler 2üu2;
vier Wochen strichen hin. Gelli^rt 1, 180.
ßiichtig an etwas liingelien: da es nun aber auf den nutzeu
kommt, den wir aus dein Studium des Homer schöpfen
können, lindet der herr professor auf einmal, dasz sein
schriflchen schon zu lang m'\. uns wenigstens dUnkt, das
hätte der bauptzweck des herrn piofessois sein sollen, und
da streicht er dran hin. GüruE 33, 18.
2) einen oder etwas hinslreichen lassen, hingehen, durch-
schliipfen, passieren lassen : darumb ist er (der weüü.ischof) aut b
zu frieden, wenn die pfaQ'en kaum ein requieui lesen können,
schmirt darnach llugs den ungclerten eseln seinen chreseni
an, und leszt sie hinstreichen. Luther 5,89*; diese red«
liesz ich also binsUeicben und sie machen was sie machten.
br. 5,716.
3) hinslreichen, IrarisUiv, streicliend befestigen .' er strich das
ptlaster auf die leinwand hin; bulter aufs brut hinslieicheu.
4) anders IransUivet hinslreichen, mit einem streiche lu Loden
werfen, niedei schlauen :
den langsamen verdruai der siebend halben wocbru
streicht dieser morgen bin. habt wieder einen luuib.
FLRai?(i: yji) ■
die steife Zuversicht sti-eicbt allen kummer bin.
llopraANNSWALiiAU hiliicnbr. s. 4.
HINSTREICHUNG, f. yrolatio diri: hinstrcichung de« som-
mers, abitio aeslatis. Stikler 2002.
HINSTREIKEN, t<er6..- wie sie {die halben lugenden) durch
ihre irbwltrhe bestandig nahe an der grauze des laaters biu-
1481
HINSTREUEN — HINSUDELN
HINSUMMEN — HINTE
1482
streifen. Klinger 8,172; sie weisz wohl, dasz jeder tag des
lebens, gleich einem zehrenden winde, an der blüthe ihrer
reize hinstreift. 10, % ;
oder die xirpende schwalb umflog hinstreifend die weihen.
Voss georg. 1,377.
HINSTREÜEN, rer6..- o die arme Niobel wie sie . . sich
die haare ansrauft, sie über die dampfenden leichen hinstreut I
WiBiANO 19, 2S4; wir (menschen) seien . . anf die erde zum
leiden hingeslreiit. Klinger 5, 57 ;
und seinen beutel voll dukaten
auf meinen Schreibtisch hintusireun. Gö(I!«6k 2, 144.
HINSTRÖMEN, verb. mlransUir : die menge strömte auf den
platz hin;
[m Hire. ihr blut entflieszt! Johnniw. laszt es mit meinem leben
hinströmen! Schiller >MHy/"ni« 3, 11.
transitiv: deine ersten briefe, alles so vttll von der spräche
des herzens, . . so ganz die hingeströmte empfindimg. Tieck
•2, 29» ;
und die Seraphim hielten sich nicht, und strömten ihr loblied
hin in den wonnausruf des aut'erstandnen gerechten.
Klopstock 5, 26 ;
(ipi> der freudige fromme) laut sein gebet dem schöpfer des
Inihlings
hinströmt, ti, 251.
HLNSTÜMPERN, verb. äämpemd ausführen. Klincer 9,2»*».
HINSTÜRMEN, terb.: ich hatte im stillen eine verloienc
liebe zu beklagen ; diesz machte mich mild und nachgiebig.
und der geseilschaft angenehmer als in glänzenden zeiten,
wo mich nichts an einen mangel oder einen fehltritt erin-
nerte, und ich ganz ungebunden vor mich hinstürmte. Göthe
26, 118 ;
Belinde liesz nunmehr dem zorne treiea lauf,
und klagen stürmten hin, und thränen hörten auf.
Zacuariä ;
rechts dann stürmeten sie durch Ithakas häuser und Stadt hin.
Uäussee 2, 155 ;
binstürmte der speer und sank auf die erde. 20, 2Su.
HINSTURZ, HJ.;
triumph! der leere räum ist nun ausgefüllt,
den ^ines groszen hinsturz im roenscnlichen
geschlecht zu lassen drohte. Kaslek 1, 112.
HINSTÜRZEN, verb. zu boden stürzen; intransitiv:
fallen ist der sterblichen loos. so lallt hier der schüler
wie der meister; doch stürzt dieser gefährlicher hin {auf
der eisbahn). Götbe 1,407;
jach stürzt er vorwärts hin zu grund, und laut
errasselte die rüstung über ihn. Borger 159* ;
also sprach er im zorn, und warf zur erde den scepter
mit hinstürzender thrän. Odyssee 2,81.
IransUic: mit dem heim eines Römers, den ich hingestürzt
hatte. Klopstock 8, SO; einzelne flüchtlinge, die der wurfspiesz
hinstürzt. 81. in der küche werden nach dem auficascJten die
teller und lassen hingestürzt, umgekehrt und sehr schräg gelehnt,
damit das wasser ablaufe: hinstürzen, ein küchenausdnick,
i. e. anlehnen, acclinare. Scheli.er handler. 722. reflexiv: sich
auf die feinde hinstürzen.
HINSTüTZE.N, verb. prangend hingeheti: meine frau schämt
sich bereits, mit mir in die kircbe zu gehen, und meine
mademoisellen töchter stutzen vor mir hin, ohne mich anzu-
sehen. Moser patr. phant. 2,221.
HLNSTLTZEN, verb.:
ein Steiger stützt die last der wshierlangten würde
auf eigne schultern bin, und hat den Staat zur bürde.
Hallcr schiFfiz. ged. (176S) *. %;
gelassen bingestützt auT grazien und musen,
empfangt er das geschosz, das ihn bedräut.
Schiller die künstlpr z. 312
HINSL'DELN, verb. sudelnd und leichtfertig ausführen:
das macht ihr werk (waaren) die sein nit>gut,
all werk mann jetzt hien sudlen tbut,
das manu sie geben mög gering,
so seindt versawet alle ding, luirrensch. 51' Zameke ;
so müsse der Schauspieler sich auch seine prosaische rolle
gleichsam im sinne componiren, dasz er sie nicht etwa ein-
tönig nach seiner individuellen art und weise hinsudele, son-
dern sie in gehöriger abwechselung nach tact und masz be-
handle. Göthe 19,77; leider! müssen wir hier .. belheuren,
dasz wir (in den skizzen), wie in den gemähldeii des Verfas-
sers, nichts denn willkürlich hingesudelte striche haben wahr-
nehmen können. 33,110; die züge seiner frechen kunst bin-
zusudelu. 3u, 107.
HDiSUMME.N, verb. summend hin fliegen: die bienen sum-
men hin ins freie, summend reden oder singen : während der
marchese an den fingern die kosten berechnete, summte er
vor sich hin; di tanti palpiti. H. Hmse 2,203; er summte
eine Verwünschung vor sich hin.
HINT, adv. diese nacht, »eitere kürzung von heint aus hei-
nacht, hinacht, vgl. sp. SS7 ; gibt hint nacht noch regen genug.
Göthe 8, 148. vgl. unten hinte.
HINT, adv. kürzung von hinten, s. d.
HINTAN, adv. die umdeutung des älteren hindan, hindano,
über deren beginn und verlauf sp. UM f. berichtet ist. beziehuHij
des viertes auf hint = hinten konnte um so leichter eintreten,
als ein gegensätzliches füran, voran schon seä mindestens dem
Ib. jahrh. vorhanden «ar (vergl. theii 4', sp. 656), und als die
kitrzung hint ßr hinten in der spräche lebte; belege dafür aus
dem 16. 17. jahrh. siehe unten unter letzterem vorte. mit der
umdeutung des vortes aber gieng die freie Verbindung desselben
mit verben zurück, Hederich zählt (im jähre 1729) noch auf tritt
hintan, pone nos recede, hintan sich stellen, pone se locare,
hintansetzen, postponere. 1297 ; Frisch dict. des passagers francois-
aUemand et allem.-franr. (1730), der hintan durch hinderwürts,
derriere, par derriere deutet, kennt hintan fahren, aller derriere
ou le demier, hintan laufen, courw- de demier, hintan legen,
tnettre derriere, hintan setzen, mettre en arriere, poslposer,
n'estimer pas tant, passer. 2, 305. seit der 2. hdlfte des vorigen
Jahrhunderts ist auszer einem in Ostreich gebräuchlichen hintan
halten zurückhalten [s. unten hintanhaltung) nur noch hintau
setzen in lebendigem gebrauche; und zwar nicht sowol in der
bedeiüung 2 von hindau setzen (sp. 1407) unberücksichtigt lassen,
ausnehmen, die noch J. E. Schlegel kennt: wenn ich dieses-
mal die neuigkeit des Inhaltes hintansetze. 3,309, als vieltnehr
in der bed. 3 des eben aufgeführten vortes, vemachidssigen, zurück-
setzen: wir sehen den Jüngling wie er mehreren schönen,
besonders in gedichten, den hof macht, zuletzt aber höchst
unglücklich wird als ihn die eine . . hintansetzt und einem
unwürdigen sich hingibt. Göthe 6, 192 ; sie, mein guter herr,
dürfen wir über diese freude des Wiedersehens nicht hintan-
setzen. 23, 62 ; da der Stallmeister den andern . . immer die
besten pferde, mir aber die schlechtesten zu reiten gab, mich
auch wohl warten liesz, und mich wie es schien hintansetzte.
24, 233 ; ihn bald anzog, bald abstiesz, bald hervorrief, bald
hintansetzte. %,250;
noch bin
ich könig. Unterwerfung will ich sehen,
setzt alles mich hintan, weil einer mich
verachtet hat? Schiller karlos 5, t*.
vgl. hintenan setzen unter hinten.
HINTÄNDELN, verb. tändelnd, leicht arbeiten: statüen man-
cherlei art, grosz und klein, künstlich gearbeitet und leicht
hingetündelt. Siegfr. v. Lindenb. 2, 305. tändelnd verbringen :
im Verlust deiner tochter,
die du glücklich glaubtest,
hinspielend, bintändelnd ihre jugend ! Göthi 14,44.
HINTANHALTUNG, f.: man hoffet, dasz sie sich zu hintan-
haltung der strafe gotles hessern werden, verordn. A. Hofers
vom aug. 1S09 bei Hormavr A. Hofer 2,445.
HINTANSETZUNG, f.: mit hintansetzung aller sinnlichen
anreizungen. K.\>'t 4,86; dasz sie, mit hiutanselzung aller
wohlanständigkeit, einander schimpften wie die karrcnschieber.
WtEL.\!«D 14,361; hinten ansetzung, derelictio, neglectut
Stei!»b.\ch 2,353.
HINTANZEN, verb. tanzend hingleiten: der kabn tanzt auf
den wellen hin.
HINTAPPEN, verb. tappend hingehen: er tappt im dunkeln
nach der thflre hin; reflexiv, sich tappend hinfinden:
da tappt ich still mich hin zu ihr,
wart nüss ans l'ensterlein. BErcer 103*.
HINTAUMELN, rerft..-
sie taumelten hin vor dem schwert,
zu der heerschaar der erscblagnen! KLorsTOCK t, 249;
nacht wirds um das äuge des träger«, er taumelt bin.
und die Fabier mit inm! s, V3$;
ich habe keinen antrieb als den ebrgeiz,
die blinde wuih, die sich in tollem anlauT
.selbst überstürzt und jenseits ihres ziels
hintaumelt. Schiller MachetU 1, 14;
dasz gerad hindurch ihm der eherne speer au* derscbiilter
drang, und er selbst in dm staub hiulaumelte. Umh 4,48°i.
HINTE, adv. diese nacht, vgl. heint sp. S87 und oben hint ;
die form ist roni'iegend mitteldeutsch , namentlKh in Düringen,
1483
HINTEN
HINTEN
1484
Meuzen , SchUsien volksmäsiig. hiiile, hac nuclc Stiki.eii SW ■
ueben heuut ; so ich das glücke hüben soltc, dasz ich in dero {
urinen und schosz das so lange gesuchte vergnügen hinle i
genieszen möchte, würde mir alles hitlere scheiden versüszet. |
Parthexophill's das bei academien leb. fraucnzinimer 58; |
verwegner! geh, hub hier die flinte
mit droheuden geberden an. j
wie? weiszt du nicht, dnsz ich noch hinte >
dich nach der hölle schicken kann? |
LiCHTWRK fab. 4, 110. 3. {
HINTEN, adiK pone, post, retro, a tergo.
goth. hindana, von jenseits; alts. hindan in be-hindan hinter-
drein; ags. hindan, post, pone, a tergo mit bc-hindan und on-
hindan; engl, bind, be-hind hinten, hinter; niederl. binden
retro. post; ahd. hintana, hindcnän, von hinten und hinten, mhd.
binden, hindene, hindan, bindendn hinten; das für ... ver-
bräme de die hüser und schüren hyndenan in den garten.
d. stddfechr. 9, 754, 28. — Das wort geht auf den demonstrativ-
stamm hi (vergl. unter hie sp. 1305, hin sp. 1371) zurück, doch
nicht untnittelbar ; zu seiner nächsten voraussctzumj hat es, wie
das unten folgende hinter, ein adv. hint, das wie goth. bva-|),
hva-d wohin aus dem fragestamme hva, goth. j)a-[), |)a-d dahin
aus dem demonstrativstamme |)a, so aus dem stamme bi, nur mit
nasatierung des bildungssuffixes entwickelt, bewegung riach einem
orte angibt, und das sich möglicher weise in einer ahd. glosse hint
pacbü pro tergum (so) Graff 4, 701, sicher in dem goth. alten
Superlativ bind-uma postremus und in dem ags. adj. hinde-veard
posterior erhalten hat. von diesem adverb ist hinten, altd. hintana
mittels des suf fixes -ana, ein woher hervorhebend (gramm. ^,204),
weiter gebildet, der sinn der bewegung, der namentlich im ahd.
noch waltet, ist in den der unbeweglichkeil und ruhe umgeschlagen
[veigl. das gleicligebildete iiinnen m der bedeutung hier oben
sp. 1459)) wenigstens seit der mhd. zeit.
Die gekürzte form hint, die sich vorzugsweise oberdeutsch neben
hinten geltend maclU {schweiz.; bairisch Schm. 1,1135 Fromm.;
tirolisch Fromm. 6, 151) :
mit Grobiano hint und vorn
will jederman sein unverworrn.
Hiirrensch. s. 109', anm. ;
die aber auch weiter reicht:
viel lieber hell ihr vor salat
ein Storchs nest sambt den ganzen rath
verzehrt dahint beim ofeii.
Hildebrami volk.tl. 404 (spotttieil auf die Erfurter
von 11)04, miitetdeutsch) ;
kann nicht auf die oben angegebene form hint zurückgeführt
werden, sondern scheint erst in verMUnismdszig junger zeit aus
hinten, zunächst durch verklingung des scfäeiszenden nasuls, ver-
itümmelt.
Bedeutung.
I. hinten örtlich.
1) an einem rückwärts gelegenen orte befindlich: hinten stehen
bäume ; hinten scheint die sonne ; er war binden auf dem
~(:hifl. 3farc. 4, 3S; tief hinten, in dem dunkel der hohle, steht
der hauplallar in der mitte. Uötiik 2>>, 1U5; im augenblick,
da es (das ziel der liebenden in der komödie) erreicht ist, fällt
der vorbang ... in der well ist es anders, da wird hinten
irmner fort gespielt, und wenn der vorbang wieder aufgeht,
mag man gern nichts weiter davon sehen noch hören. 17, 111;
da l)efahl ich meinem dieuer, er sollte auch hinten bleibcu;
ich ritt auf meinem schönen pferdchen neben dem fräulein
her. :M, 203;
wie im Sonnenschein
die weh erfreulich daliegt; aber hinten
droht schwarzer uächte grau», ich ahn ihn schon.
GOTHK U, 280.
ein buch wird an ein andres hinten angebunden :
and, wenn er was der torn ihm eingab, niederschrieb,
•s war ein feines werk, um an die zuiigensünden
von Juvenal und I'op' es hintun unzuliinden.
WiELAND 21,280 (Kiel. u. Siuiliatd 5,2t9).
oß auf kOrperlheiie bezogen : binden glalzel, recaivus. voc. ine.
thful. k2'; binden aufschluhen, mit füszen widernmb schlahen.
recalcürare, eakitrure, jietere calre, liindenaufHchlaheml thier,
retradant et cukitrosum animul. Maalkh 222' ; da stach in Ahner
... mit einem spie» in seinen waust, da« der üpies binden
aus (;ieng. 2 Sam. 2,23; einem die btliide hinten zusammen
binden, pone tergum vinrire nuinui. Stiimiacii \,''a;; auch auf
lander, die für unsern gctichtskreis ab und zurfu^k liegen:
Q. wie fühl ich in Rom mich so froh! K<'denk Ich der irilen.
da atlcli ein Kraiillclirr tag hiiiten im nonlvo umling,
OOTMa I, 30V;
wenn hinten, weil, in der Türkei,
die Völker auf einander schlagen. 12. 51 ;
endlich auch auf die der sonne abijcwendete nmdseite, wie durch
vorn die Südseite bezeichnet wird. SciiMt-LLER l,tl37 Fromm. —
Sähere Ortsbestimmungen treten hinten zu: dahinten, dort hinten
(vergl. thed 2,693. 13üS); binden darauf gescbriben. /.e ruck,
scriptus a tergo. Maalek 222''; er bawet binden im hause . .
ein cedern wand. 1 kün. 6, 16 ; trat binden zu seinen füszcn.
Luc. 7, 3S; binden an der wonung . . soitu sechs brel machen.
2 Mos. 2«, 22 ;
dem pfalTen wardt dort binden bang.
B. Waldis Esop 4, 66, 175.
2) häufig erscheint hinten in Verbindung mit seinem gegensalze
vor, vorn:
seht, du gebot er unde hiej
daj er getienket würde enbor
und Ulan im binden unde vor
mit fiure liete unmä^en we.
KONR. V. WÖRZBURC PlintillciiU 1196;
da zucb ich in mein neu haus .., das ich selb gepawen bau.
und bett es alles binden und vornen. d. städtechr. 5, 142, 2 ;
und stehen also ir hüllen binden und fornen, und zu allen
seilen offen. Luther 5, 3' ; und umb den stuel (waren) vier
thier, vol äugen fornen und binden, offenb. 4,6; da war fnrneu
und binden streit, ichron. 13, 14; lies sich darinnen (im neuen
pelz) besehen, binden, vorüber, und neben zu auf beiden seilen,
oben und unden, innen und auszen. Schiübürger {ih^) s. 103:
im ganzen dorf, noch fern noch binden,
kan ich niergend kein herbere finden.
B. Waldis Ksop 4, b«i, 79.
bei tanzbewegungen :
so sol man ain solches tanzen an mir sehen,
das ir werdet wunder an mir spehen,
hinten auf und vorn nider. fasln, sp. 716, 15.
im Sprichwort: er weisz vorn nicht, dasz er hinten lebet.
SCHOTTEL 1115';
und voren loben und hinten schelten, fasln, s/i. 743. 7 :
hüte dich vor den katzen,
die vorne lecken und hinten kratzen.
SlKROCK .':pricttU'. ,v. '1\H).
hinten und vorn in der bedeutung überall, aUenthalben: und
glauben für gewisz, der son gottes sei mit binden und forn
beim schmelzen und treiben. Mathes. Sar. 151* ; er ist wie
ein geschickter bauswirth, der hinten und forn ist, und also
bald siebet was fehlet. Felsenb. 4, 551 ; und das gesinde mag
sein wie es will, wenn die frau nicht hinten und vorne ist,
so kommt doch nichts zu stände. Göthe 11,272; letztbin kam
einmal die rede auf deine interpunction, die ihm (Ho//) hinten
und vorne nicht recht war. Zelter an Göthe 2, 447 ; was ich
in der well nur anfing, dabei war kein segen, sondern krebs-
gang hinten und vorn. J. Paui. TU. 2,93;
wo ich nit bin liindn und vor. H. Sachs 1,509';
narn, dboren, lieben herren mein,
die müssen binden und t'orne sein.
bist. .Magelonae s}»etH>eis A3';
der könig war bald binden bald vorn.
Soltau 501 (von 1632);
das si gern mer betten und nit wissen, wo si binden oder
vorn in der suchen sleeii. Wilw. v. Sihanmb. 201. — Jn bezun
auf liebkosende anrede: jetzt hin ich ja auf einmal ein wackerer
mann und ein lieber nieister hinten uud vorne. KoTteHtt
dram. sp. 2,333;
seht, wie sich lierr und fVan hemühn,
da ist mops hinten, möpseben vurne.
l.icHTWcR fiib. 2. 7.
3) hinten tritt vor adverbia der bewegung, um seile und ort
der letzteren genauer anzugeben, so enlstehn Verbindungen wie
hinten an: iiUngt dann die regeln und maximen hinten uu.
Klinckr U, 46;
derbulben du geringer held,
<lor du bist binden an gestelt,
und kaum vier gülden «old einnimbst.
/'hl/, t.ii'iil. 4, 270;
in der fügung hinten an setzen, wo eine uuuleutung von f^rüherem
hindan, spiUerem hintan setzen vorliegt {vgl. sp. 140«. 1482): sie
Hetzen ihr werlhe.» ich bei dieser Voraussetzung nicht hintenan.
Gotter 3.301; ro inÜRzle, dllurbl mich, der politisrhe held in
eben dem grade kein flibjecl für die btthnc »ein, in welchem
er den menseben hinten ansetzen inusz, nm der poHl!«rhe
b«ld tu sein. Schillfr Fiesko, vorrede (2,217 Kurs).
hinten aus: bintenaus sehen, bintenaus wohnen.
1485
HINTEN
HLNTEN — HINTER
1486
hinten drein: ich will nur hinten dreiu laufen, nur auf
der seile lauern. Göthe S, 10 ; da stund der bischof und gab
Kränzen die band, wie er vorbei ging, und gab sie mir auch,
wie ich hinten drein kam. 24 ; und die kerle ersoffen, wie
sie das wasser schmeckten; und was wir Holländer waren,
gerad hinten drein. 174 ; wenn zu Rom der triumphator, ruhm-
bekränzt und purpurgeschmückt, auf seinem goldneii wagen
mit weiszen rossen vom campo .Martii einherfuhr . . . dann
sang der pöbel hintendrein allerlei spottlieder. H. Heise 1,280.
hinten ein: binden ein blasen, oben auszlassen (ron
ärzten). Garg. 161*;
die spur geht hinten ein bis an die sctiwelle.
Kleist zerbr. krug, 11. aiiftr.
hinten her: wan er merkt das das fleisch nit genugsam
abgestorben was, nam er ein rut und capitelt sie hindenher
damit. Fischart bienk. 176*.
hinten hin:
die knabeu, die voll schwer beutel haben,
die machen, dasz ich binden hin rausz traben (bildlich, zurück-
gesetii werde), fasln, sp. 703, 9.
hinten nach:
hin für was den jungen gäch,
die alten zugen binden nach. Meier fhlmbr. 724 ;
David aber und seine menner giengen binden nach, l Sani.
2«. 2; gieng aus der hole, und rief Saul binden nach. 24,9;
Theagenes lief auch binden nach. h. d. liebe 20S' ; wir sehen
ihm hinten nach. Schüppics 262; der leser lacht ungern über
die tugend, vielmehr will er diese gütlin durch hintennach-
loben für sein zurückbleiben von ihr schadlos zu halten
scheinen. J. P.'vül grönl. proc. 2, 57 ;
die glaten antlütz lieben den weihen,
darümb ich binden nach musz treiben (bildlich, zurilekst^^^eu).
fastn. sp. 703, 5 ;
di lugent ghät weit binden nach. Schwarze;(berc 157".
ertDeilert: der binden nacher sapt und knapt. wie ein hinkendes
rosz. Nas ipidereinwarnung Av'.
hinten über: Schlitten, mit rothem alias ausgefuttert,
und hintenüber mit weiszen baarenhäuten (bärenhäuten) be-
leget, pers. reisebeschr. 1, 14.
hinten um. a tergo. Scbeller handlex. 723;
(lieft mir) ein kranke« Carmen vor, und schilt bei jeder zeile,
und räuspert, bis ich ihr ein falsches lob ertheile ;
ei! Sprech ich, ei das klingt! ja! denk ich hintenum,
der herr verschaffe sich ein Privilegium . . . Gcmtuer 389.
hinten zu: hindenzu, hinderwärtz, pone, a tergo. Maaieb
222* ; do worent die von Rütelingen bindenanzu an dise kumen
und umbegobenl die herren. d. städtechron. 9,834,11.
4) hinten nach praepositionen, namentlich von und nach: du
solt nicht bin auf ziehen, sondern kom von binden zu inen.
2 Sam. 5, 23 ; ein weih . . trat von binden zu im, und rüret
seines kleides säum an. Matth. 9, 20 ; ehe sie wider zur ladung
kommen kunten, waren wir schon von binden an ihnen, nu.
f.«3<J. 4, 153 ; wundersam von unten und hinten ausgefressene
felsbänke. Göthe 2S, 169; stiegen wir den berg wieder hin-
auf, um jenem punkte von hinten her beizukommen. 67 ; von
hindenzu, ex insidiis Stieleb 842; dem manne, der mir von
hintenzu einen dolch in den leib stoszt. Wieland S, 221;
vorn herein liest sich das lied nicht zum besten; ich les es
von hinten,
Strophe für Strophe, und so nimmt es ganz artig sich aus.
Schiller 1,341 Kurz (xen. 201).
ah Übersetzung des philosophischen kunstausdrucks a posteriori,
tpie von vom herein für a priori gesetzt ist: Gustavs schön-
heil kann man erstlich aus der Vernunft oder von vomen
darthun, zweitens von hinten. J. Paul uns. löge l, 50. — nach
hinten : einen nach hinten drängen ; nach hinten gehen.
5) hinten «n Verbindung mit den rerben bleiben, lassen und
stehen, aus der sinnlichen bedeutung zu unsinnlicher verblaszt,
hinten bleiben nie zurück bleiben, im wetteifernden streben und
thun, hinten lassen, zurücklassen, hinten stehen, zurückstehen:
sollte es auch nur gelegonheit geben, uns immer aufmerksam
zu machen, wie weit unsre spräche und poesie hinten bliebe
(gegenüber der griechischen). Herder ftet Bt5RCER 113"; diese arbeil
läszt alle ähnlichen weit hinten ; hinten sein, zurück, vergessen
sein: und war alles tranren umb ire liebe gucfe muetter und
srhwiger schon bind und vergessen. Ztmm. cAron. in Pfeiffers
Germ. 4, 68 ; hint sein, zurück sein, von veünpersonen in den
woehen sein. Schk. 1,1136 Fromm.;
sie wollen gar zu hoch hiuaus. kurlürsteo
und könieen wollen sies im prunke gleich thun,
und wo der fürst sich hingelraui, da will der graf,
mein gnädger herre, nicht" dahinten bleiben.
ScaiLLEK Piccol. 4, 5 ;
sie müssen doch weit binden stahn,
dieser geschiebt den vorzug lahn. mückenkr. 1, 39.
Auch das biblische hinten abwenden, hinten abweichen von
einem, fuszt auf dem bilde des vorausgehenden führers und des
nachfolgenden haufens: werdet ir euch aber von mir binden
abwenden, ir und ewre kinder, und nicht halten meine gebot
und rechte. 1 kön. 9, 6 (iäv Ss aTzooToaft'pTsg ctTtoor^a-
frp:e vfielg septuag.); derselb wand Israel binden ab vom
herrn. 2kün. 17,21 (i^ecoasv. .tov ^agarjX i^oTtiad'e xioiov);
er hieng dem herrn an, und weich nicht binden von im abe.
18, 6 (ovx azxiarri oiiiad'av axnoiv).
W. hinten zeitlich; dies nur in cerbitidung mit den adcerbien
drein und nach.
1) hinten drein: dasz man nuthwendige auslagen machen
musz und gern macht, und hintendrein über die Wiedererstat-
tung unangenehme erfahrungen macht. Heyne an J. v. Müller
f. ^224; Selbitz. das hätte dir übel gerathen können. Georg, so
denk ich auch hinten drein. Göthe 8,69; wenn sie mir lieb-
kost, weisz ich voraus, sie will mich zahm machen, dann
sagt sie hinten drein: lieber Franz, thu diesz, thu das. 42,191.
2) hinten nach: und wart die münz so unwert, dasz sie
niemant wolt nemen ; man gab hindennach 10 pfd. Münchener
um 1 fl. d.städtechr. 5,112,8; da; worde eme rillichte hindin
noch leid. Rothes chron. bei Mensen Script. 2, 1798 A; noch
danocht von vil teglichen Sünden so wflrt der last hindenach
grosz, da; er ein dernider truckt. Keisersberg Sünden des
munds 76' ; der bruder stundt und hört im {dem vogel) zu
und hindennach gedacht er, er müszt zu der prim heiszon
leutcn. Pauli schimpf 130* ; niemand kund in finden . . hinden-
nach so sieht man in auf dem dach. Fbet garteng. 57 ; eine
Torstellungsart, deren man sich hinten nach, wenn die prin-
cipien . . ins reine gebracht sind, bedienen kann. Kaüt 1,193;
ich sah hintennach wohl ein , wo ich unwürdig gewesen.
Göthe 19,312; du bist immer klug hintennach. Tiec» 1,126:
ir fürsten kunt wol vil gehaiszen
und gebt uns hindennoch ein dreck, fasln. $p. 185, 21 :
du trittst mit vieler kübnbeit ans geschäA:
besorgst du keine reue hinten nach? Göthe 9, 305;
wir haben nicht geweinet (beim abschiede),
wir seufzten nicht weh ! und ach !
die thräneo und die seufzer.
die kamen hintennach. H. Heine 1.^. 114
HINTENLEGKER. wj. ßr einen gegen die frautn sehr stüku-
liclien mann. Garg. 61*.
HINTENSTIMMIG, adj.: man hat {am klaviere) vorn-, hinten-
und seifenstimmige tafelform, kunst des clavierstimment s. 5.
HI.NTENVORN. n. lartgoy Ttgoreoav. wodurch? durch
ein hinlenvorn. Herder bei Tampe. vgl. hinterstzuvörderst
unter dem adj. hinter 2, a.
HINTER, adv. und praep. fost. ; ahd. hintar, hindir, mhd.
und nd. hinder; goth. bindar in der bedeutung jenseit, hinter;
in andern dialekten fehlend, das worl ist mit dem vorhergehen-
den hinten eng verwandt, tcie dieses hat es ein hin! zur nächsten
Voraussetzung, und während das hildungssufßx von hinten ur-
sprünglich den begriff der richlung woher ausprägte, deutet das
sufßx -ar von hintar. hinter auf die ruhe an einem zurück-
liegenden orte {vgl. goth. jainar dort, aljar andersmo). wie dort
so ist aber auch hier manichfach Wandlung der frühesten /*«•-
deutung eingetreten, so dasz hinler auch dem nu.vlruck der be-
wegung nach einem solchen oitc dient.
hinter, gebraucht als adverbium wie als praeposition.
I. als adverbium ist es, abgesehen von seiner Verwendung
als erstes glied von Zusammensetzungen {in denen es beim rer-
bum als untrennbare partikel steht und den ton eiiUniszt. vergl.
gramm. 2, 870 /f. «nd die zahlreichen beispicie unten an alfihabeli-
seher stelle), nicM so häufig wie als praeposition ; in der altern
spräche noch in der ersten bedeutung an einem zurückliegenden
orte: ain iegleich tier, da; zwai hörner büt, daz hat der obern
lend nibt und hdt zwcn päuch: ainen vorn . . und den an-
dern hinder pa;. Megenberg 115, i"»;
dö gehabt (hiell) ich hinder. Iirein 412;
diu karre wsre wol da hinder hüben.
minnes. 3, 36* Hagen,
was noch zum theü in dahinter {th. 2,694) dauert; es ist ein man
von Felix hinder gelassen gefangen, apostelg. iö, li ; denn sie
1487
HINTER
HINTER
1488
reden stuize »ort. da nichts hiiider i»!. 2 Pelr. 2, li«; späUr
im sinne nach hinten, in verbinduni) mit veiben der bewegung,
doch SU, das: eine enge ziisanimcnrückung nicht entsteht, daher
beide vOrter nicht sollten verbunden geschrieben werden : hinter
füliren ; hinter kommen; hinter hiingen ; ^ehe hinter ins
hans ; er ist hinter ins thal geritten ; der förderleih war ihr
hinter liisz üher das gesäsze gedrehet, polü. colica 260 ; grcit
liinler, i« die tusche; in Tirol hat hinter greifen die temporale
bedeutung in der beichte auf frühere zeiten zurückgreifen. Fhomm.
6, 151 ; hinter heugen, pone flectere, reflecteie. Stielhk 140 ;
hitze, kälte, tag und nacht
shxl auf Wechsel stets bedacht.
fniling. Sommer, herbst und winter
stoszen stet« einander hinter. ('. Flüninc Sil;
gern auch in Verbindung mit verben des essens und trinkens,
KO hinler zunächst nur die einfuhrung in die mundhöle kenn-
zeichnet, aber dieselbe bedeutung \ne hinunter mit gleichen verben
erlangt hat {rergl. unter hinunter): ich sollte ihr mann sein,
ich wollte ihnen die arznei schon hinterhringcn. Gellert
3. 407 ; ich wollte dir zu liehe eine ganze kanne voll arznei
hintertrinken, das.; das gros der leser wirds freilich nicht
gar zu gut hinterkriegen können. Wiel.\nd bei Merck 1,240
(bildlich, von einer vorgesetzten geistigen speise) ; wie wenn die
grosze sunipfschlange ein lehendiges krokodiil hinlerwttrgt.
J. Fall ddmm. 1,2; als er eben den letzten happen hinter
gebracht hatte. Bode Tristr. 7, 29 ; dasz er schier den löffel
mit hinter geschlungen. polU. colica 15t>. das verbum der be-
wegung ist unterdrückt:
du liefest, was man laufen kann ;
<lu sprungest in die Stadt!
wir liefeu : alles hinter an,
was her/ im leib» hat! Gleim 4, U;
nnsinnlicher in der bedeutung zurück, weg: wa; e; dar zu
kumen, daj si de; krigs bederseits waren gangen hinter
(i7in beigelegt halten), d. stddlechr. 1,58,4; mundartlich, in
Tirol, hinter geben, zurückgeben. Fromii. 6, 151 : gea hinter
(ireg), i hanns ders schann (schon) hinler geben. Lexer
kärntn. leb. 142; in der Verbindung hinhinter, s. oben sp.\Hi:
das forder man hin hinter kert. fastn. ip. 383, 9 ;
femer in hinterdrein, hinterher, s. unien.
11. hinter als praeposUion, mit dativ, accusativ und in der
äUem Sprache selten auch mit dem genitiv verbunden, folgt un-
mittelbar eine von der praeposUion abhängige artikelform , so
wird sie verkürzt und incliniert, so dasz aus hinter dem hin-
term, aus hinter das hinters, aus hinter den hintern ent-
steht, letztere form nicht nur in acrusativer, sondern auch in
Verbindung mit dem dat. plur. : er hat nit der niusz, dasz er
jirh hindern obren krawel. Agr. spr. (1560) 313'; doch ist
dieselbe seil dem vorigen Jahrhundert in gewählter spiache nicht
mehr, nur noch in volksthümlicher üblich:
und le^e, wann der abend kommt,
mich hintern ofen auf die bank. HöLty 31* Halm.
ungewöhnlich wird hinter des, wo des von hinter tUcht ab-
hangt, in hinters zusammengezogen:
gehorsam seinen rufen,
Kams, hurre, hurre ! nachgerannt,
hart hinters rappen hufen. Börcek 15*.
1) hinter mit dem dativ.
a) mit entsprechenden verben rufte, dauer und bleiben an
einem rückwärts gelegenen orte bezeichnend : hinter der thiir
•itehen ; hinter dem ofen hocken ; hinter dem hause ist ein
cniner garten ; hinter den bergen liegt ein enges thal ; da
hub Abrabaui seine äugen auf, und sähe einen wider hinder
im, in der hecken mit seinen hörnern hangen. \ Mos. tl, \^ \
dein knechl Jacob ist hinder uns. 22, 13 ; der magd, die
hinder der mUle ist. 2 Mos. li,5; das er das beer der Mi-
dianiter hatte gegen mitternarht hinder den bügeln der
warte im grund. rieht. 7, l ; er stehet hinler unser wand.
hühd, 2,9; höretc hinder mir ein grosze slim. offenb. 1,10;
d« ging! an ein erzUhlen und jubiliren, als wenn wir schon
zu haus hinterm ofen siiszen. a. m. in Tocirnb. 154. meto-
nymisch hinter dem weine sitzen ; sich sellis hinder dem
wein loben, te iptum celebrare mero. Maaler 223' ; hinter der
tnetse stebn, der messe beiwohnen: eh stunden vi! leut hin-
der de» kleinen pfaffeu mes, gar wenig aber hinder des Jos
IUkcd mea. Wickram roUw. 138,5 A'ur2,
da hinterm haut In meinem gart«-n
wolleo wir der lierni tuMil dti-inl w.nifii GuTHl 12, IM,
m sprichwörtlichen redensarlen und bildem : lasz den Hansen
eigen man, der nicht dann das sein sucht, daheim hindenn
ofen stebn, wiltu ein genieins man inn rath geben. Agr.
.<;»»•. (1500) 327' bei erkldrung des Sprichworts: will in rath gelm,
so lasz dein person daheim ; iiriaul» hinter der thür nehmen,
iibire iii.talutato hospite. Frisch 1, 584' ; nani hinder der thüren
Urlaub, und strich dannit darvon. Fischart bivnk. 217"; hin-
ter dem berge ballen. Schottel 1114'; was kann ich denn
dafUr, dasz der herr . . dort so hinterm berg hält? hält er
mirs nicht gleich sagen können, dasz er der papa würc?
Gotter scltausp. 295; er hat es hinler den obren, ist nicht
so dumm oder trocken, wie er aussieht; hinter den obren haben,
lustig sein, vulpem sub peclore servare. Frisch 1, 454' ; sich
hinler den obren kratzen (als zeiclien der vetlegenlieit). Schottel
1118';
(der .iirieler) sich hinter den obren kratzt,
oft er heimlichen seufzt und schmatzt.
H. Sachs 2, 4, 70' ;
er ist noch hinter den obren nasz. Schottel 1143' ; alle leutc
Süllen ire stärke suchen in der kannen, in weichen bellen,
und hinder dem ofen. 1139'; man suchet keinen hinter dem
ofen, man habe dann selbst dahinter gestecket. Pistubils
thes. par. 7, 77 ; hinter dem berge wohnen auch leule. Sm-
ROCK sprichw. s. 48;
glaubt ihr nicht!
verrätnerei lauscht hinter diesem schwur!
ScuiLLKK Turaudul 4, 1 ;
wir wechseln, wies im leben pOegt zu gehen,
das frohe mit dem ernsten ab :
wir hirteureihn ein inayenfest ue^'uhen,
da warnt sie hinterm rosenstraucb ein grab.
GOTTKR 1, 23 (15).
In technischer spräche: ein pferd ist hinter der (den zügrl
führenden) band, wenn es mit dem köpfe nach dem boden stoszt .
ist das eine lodderei mit diesen ihieren, sie sind vollkommen
hinter der band wie alle postgäule. Hackl.Xnder hinter blauen
brtüen (1869) «.14. mit seinem gegensatze vor verbunden: jetzt
sah ich keine aussiebt mehr weder vor noch hinler mir.
weder zur rechten noch zur linken, o. m. in Tockenb. 147 ;
vor mir war alles feuer, rauch und dampf, hinter mir uocli
viele nachkommende . . truppen. 151.
b) in fügungen die eine stete folge anzeigen: hinter dein
führer zieht das volk ; vereinten sich der breitigam und \V il-
woll, rennten mit einander hinler küssen, die sie an dart-
schen slat für sich hiengend. Wilw. v. Schaumb. 65; sähe
mich derowegen nach meinem piinzen um, und eilte ihm
dermaszen nach, dasz ich nicht wusle, ob feind oder freund
hinter mir war. Zigler Banisc (1700) 59; listige erben, die
heulend hinter der bahre gehen und desto lauter ins Schnupf-
tuch lachen. Schiller Fiesko i, 7 ;
mein seel ! ich werde kein soldat,
und wandle lieber hinterm pflüg. Höltt 39 Halm :
und hinter ihm, welch abenteuer!
bringt man geschleppt ein ungeheuer.
Scuillkr kämpf mit d. draclien;
hinter dem u kömmt gleich da^ w,
das ist die Ordnung im a b c.
Waltensteint lager, 8. aufir.
die Verfolgung und Wetteifer, und entgegetigeseltt zurückbleiben
angeben : dieweil wir doch nicht entrinnen können, denn wir
haben feinde vor uns und hinder uns. 1 Macc. 9, 45 ; wer ist
hinter dir (bedrängt dich), frug der Schuldner. J. Gottiielf
schuldenb. 174; die Vernunft forscht hinler lauter hegiiffen.
Kant 2,466; seine Schwester Aurelie blieb nicht hinter ihm,
und erhielt noch gröszeren beifall. Göthe 19, 84 ; und wenn
der alte amtmann des guten ein wenig zu viel gelhan hatte,
so war die Jugend nicht weit hinter ihm znrikkgeliliebrn.
26,21; hinler seiner zeit zurückbleiben; wuchs ihm die lusi,
die guten leute aufzuklären . . damit sie nicht so weit hinter
dem Zeitgeist stürben. J. Gotthelf erz. 11,246;
aber hinter ihr (der (/ernte) verwegen
folgt er mit dem todosbogen. Schiller alpenjdyer .
laut mich hinein 1 und alles bleibt' liinlor mir
was mich umstOrmto bis hleher, vurhAngnisivoll.
GOTiiK 41. 180.
früher auch dai zurückbleiben gegenüber einet Wertsbestimmung
angebend: das unser probst hat zu rechten auf unserm aigen
uinh all sach, das hinder sex Schilling ist. weislh. 3,890
(Baiern, 1400).
e) daran anuhlitszend, steht die formet hinter sirii iusseu
wie zuritikltisscn : er woll dem dosier alles das leiD hinder
1489
HINTER
HiyrER
1490
im gelassen geben. Uknsp. s. li ' Lappenb. ; denn das evan-
gelium ist zuvor da, und mus zuTor da sein, das hat unser
herr Christu? gemacht, hergebracht, und hinder sich gelassen.
LüTHEB 6, 99' ; denn er hat solchs alles geordnet und hinder
sich gelassen in den kirchen, zu üben und zu gebrauchen.
99'; darumb wil ich itzt frölich sterben. . . und der jugent
ein gut exempel hinder mir lassen. 2 Mau. 6, 2S; so bald
der satan das wort höret, da fehret er ausz und leszt ein
grewlichen gestank hinder sich. Mathes. Sar. 17' ; und hin-
ter ihm sein weih und drei töchter gelassen. Schweisichen
1, 114 ; dann ist Herman von Sachsenhausen ein edler ritter
gefolget, so ein langes getichte die mörin genennet, hinter
sich gelassen. Hoffmaksswaldaü übers, u. ged., vorrede a 8' ;
nach dem abgange des herzogs entzweiten sie sich über
manches, was dieser hatte hinter sich lassen müssen. Moser
osn. gesch. 2, SO ; er sagte laut, mit welcher ruhe er sich zur
armee begäbe, da er einen mann, wie Giafar, als Stellver-
treter hinter sich liesze. Ru.^ger 5,314;
er sente sich tII s6re
das ^r so manage ere
hindr im müeste läjeu. a. Heinrich 159;
also bin ich mit laid umbfassen,
weil meine mjrt, mein armfelein,
mein trösteleih, mein scbimpfelein
mich hinder ihr gelassen. WECKBKiu.i:« 407;
lasz jeut des mädcheui kindische gefüble,
die kleinen wünsche hinter dir! beweise,
dasz du des auszerordentlicben tochter bist.
SCHILLEK Piccol. 3, 8 ;
also das wäre verbrechen, dasz einst Propen mich begeistert,
dasz Martial sich zu mir auch, der verwegne, gesellt?
dasz ich die alten nicht hinter mir liesz, die schule zu hüten,
dasz sie nach Latium gern mir in das leben gefolgt?
GöTHS 1, 330.
d) hinter geht auf ein sckutzverhältnis, eine aufhevahrung:
weil ich dann solchen Vorrat der guten kunst hinder mir
weis, wammb soll ich mich denn für solchen ungelerten,
unerfarnen armen leuten fürchten. Albebds widder Witzeln
L 2' ; dasz die anlag des gemeinen pfennings hinter eines
jeden churfürsten, fürsten und Stands verordneten oberien-
nehmern in ihren trüben verwahrt und behalten werden soll
reichsrezess v. 1544 bei H. a Lapide diss. de rat. äatus 251 ;
weren solche Urkunden hinder andern personen. Frakf. ref.
1.31, § 21; darneben kam ich mit etlichen alchjmisten in
kundschaft. die wollen mich, weil sie geld hinter mir merkten,
gold machen lernen. Simpl. 2, 16 Kurz, hinter einem stehn,
sein, in utUerthanenrerhdltnis. Schm. 1,1136 Froemm.; hinder
einem ston, für einen bürg werden, intercedere pro alio.
Maaler 222';
drumb bah wir uns herbegeben,
begem hinder euch zuleben,
ob ir uns wolt zu gnad aufnemen.
J. Atbbr 14" (88, 3 Keller) ;
oß hört man noch ich hatte einen tüchtigen mann bei der
<ache hinter mir, als ratgeber, helfer.
e) hinter zeigt, mit der vorigen bedeutung (d) eng sich fre-
rührend. ein verstecktsein, ein abweichen des innem von der
auszenseite an : hinter seinen meinungen gefahr wittern. Kam
5, 413 ; ich trug den ganzen tag hinter meiner brüst ein
vndereinanderschreiendes babel von liebe, von ärgernis . .
hemm. J. Paul paling. l, 19. vielfach in formein, so hinter
einem sein: leuthe, welche meinen, sie verstehens gar wohl,
wollen viel darbei thun, wenns aber darzu kompt, so ist
nichts hinter ihnen. Lotcmans fab. 24; wann man ein jähr
vor einem den but abgezogen, so siebet man was hinder
ihm ist und wie fromm er ist. Lebsax!« 17; weil er ge-
meinet es sei war, was man zu Taranta von ihm geredet
und gar nichts hinter ihm. pol. stockf. 252. hinter einem
stecken: ich hett nimmer gemeinet, dasz hinder einem
weibszbild ewers ansehens und Stands, solche verfluchte bosz-
heit stecket. Amadis 251; ich helle . . damit an tag gelegt,
dasz noch mehr als nur dieses hinder mir stecke. SimfA.
3, 156 Kurz; sollte wohl gar mehr hinter ihm stecken als er
scheinen will? Wieland 8,279; was hinler dieser erstaun-
lichen eilfertigkeit stecken mag, weisz der himmel! 440;
solke wohl hinter euch was anders verborgen sein? GOtbe
11,285; du bist versteckt und still, und die leute glauben
wunder was hinter dir verborgen sei. aber es ist nichts
dahinter als ein kaltes, selbstisches herz. 25, 285. hinler einem
suchen: der advocat welcher disz (eine schlagende antwori)
hinter den {so für dem) müller nicht gesucht hätte, gefl.
linken 242; hinter sich haben: so gib alsbald achtung, ob
rv. ti.
diese fantasei etwas hinter sich habe. Cbb. Weise kl. leute
256; dergleichen spiele des witzes können lachen erregen:
aber das Sinngedicht will etwas mehr, die griechische an-
thologie ist davon voll ; da sie hingegen bei dem Martial
sehr sparsam voi"kommen, als der fast immer von der hv-
perbel noch zu einer betrachtung fortgehet, die mehr hinter
sich hat. Lessing s. 445 ; der eine sei nämlich mit wohl-
thaten gefüllt, die nichts kosteten, und der andere mit
prächtig ausgedrückten gesinnungen, die nichts hinter sich
hätten. Göthe 25, 140 ; auch dieser trieb, sein kind durch
einen wohlklingenden namen, wenn er auch sonst nichts
weiter hinter sich hätte, zu adeln ist löblich. 26. 2» ; vras
ein vorzüglicher mann einmal denken konnte, hat immer
etwas hinter sich, wenn wir das ausgesprochene auch nicht
gleich uns zuzueignen und anzuwenden wissen. 55, 100.
/) dieses versteektsein (e) vird auch betont in der formel hin-
ter dem rücken jemandes: [nein, das ist zu arg! hinter
meinem rücken! ohne mein wissen und willen! Göthb 11,277;
diese gährenden rebellen könnten hinter dem rücken des
verschämten tags ihre gottlose künste treiben. Schiller
Fiesko 4, 12 ; wofür älter bloszes hinter einem : diser kunig
Wentzelaw macht herm Galeatzen von Malatesl . . zu eim
herzogen und graven zu Pavien und zueignet ym vil lands
yn Lamparden, dem reich zustend, hinter den kurfursten.
d. städtechr. 3, 297, 19 ; Faber und Cocleus sind sonderlich
für andern in bösem gerücht, das sie . . anders für dem
man, denn hinder im reden und handeln. Spalatin 6« Luther
5, 35' ; das es die warheit ist, Carolus habe vom bapst nichts,
on den bloszen ledigen namen römischer keiser, welchen
er doch auch nicht hat wollen annemen hinder dem kaiser-
thum zu Constantinopel. 8,247'; das kind hat nicht macht
sich hinter dem vater zu verloben, br. 2, 517 ; ihr wisrt
nicht alles, was er für capital hinter mir aufgenommen.
Fr. Müller 1,277;
die erst meisterin gibt nicht zu,
das ich was hinder meim vatter thu.
J. Atrbr 414« (20S2, 25 Keller) ;
daran angeschlossen heisu es hinter wissen und willen eines,
wo wir jetzt die praeposition durch ohne abgelöst haben: sie
wollen mir gnediglich zu gut halten, und verzeihen, das ich
hinder e. k. f. g. wissen, willen, gunst und bewilligung mich
hieher . . widerumb gefügt. Luther 2, S7' ; zoch gen Orla-
roünde hinder wissen und willen, beide des fürsten und der
universitet. 3,47*; gröbelt er mir aber danach {nach dem
was ich schreibe) hinder meinem wissen und willen, und leszt
mirs abstelen. 4, 537' ; heisze ich das heimliche Verlöbnis,
das da geschieht hinder wissen und willen der jenigen, so
die überhand haben. 5,238'; einen garstigen chresem, hinder
seinem willen, durch lauter menschen geliebt eingefüret.
6,82'; hinder wissen und willen meiner eitern. Kirchhof
discifd. mü., vorrede, ein beispiel, welches hieher oder zu der
unten 2, f aufgefithrten, gleichen accusativen fügung fallen kann.
g) hinter in temporaler bedeutung, wie nach (vermittelt durch
die bedeutungen b und c oben): ein schmerzhafter augenblick
(des Sterbens) ! aber hinler ihm freiheit ! ruhe ! Gotteb 3, 98 ;
hinter unserm drama . . liegen keine solche erinnerungeo
(wie hinter dem griechischen, aus dem dithyrambus entstandenen).
WackEBHagel poelik (1S73) 183;
wir zeugen kind auf kind,
ein denkmahl hinter uns. das wir gewesen sind.
LocAü 1, 189, 98.
etwas hinler sich haben, so dasz man darüber hinaus ge-
schritten ist: als sie aber etliche fünfzig meilen hinter sich
hatten. Cbb. Weise erzn. 8 ;
sie hat
des lebens schöne hoffnung hinter sich.
Schiller Maria Stuart 2, 9.
In der formel die thüre, das zimmer hinter einem schlieszen
liegt gleichfalls eine Zeitfolge angedeutet: treibe diese von mir
hin aus;, und schleus die thür hinder ir zu. 2 Sam. 13, 17 ;
Ehud gieng den saal hinaus, nnd thet die thür hinder im
zu. rieht. 3,23; eilte in mein zimmer, das ich fest hinter
mir zumachte. Göthe 19, 293.
h) zu hinter und dem von ihm regierten nomen treten ad-
verbien der bewegung, welche die richtung der durch hinter her-
vorgehobenen folge (oben b und c) näher zeichnen: (wir giengen)
hinder dem dorf henimb. ütil. Lugd. 4, 153 ; der mond gieng
dazu voll hinler einem Vorgebirge herauf. Göthe 38, 9A ; hinler
sich hinaus tragen die bauem ihre spiesze. Pirroains tkts.
par. %, 64 ;
M
1491
HINTER
HINTER
1492
da kommt man denn
80 In der stille hinter ihm (dem veriraye) herum,
macht mich erst schwächer, dann entbehrlich.
ScHiLLiH Piccol. 2, 7.
gir» in den formeln hinter . . her, hinler . . drein : (golt)
isl bald hinder inen her mit der strafe. 2 Macc. 6, 13 ; ich
wiJI besser hinder euch her wischen {folgen) alsz bisher.
.\<iiER prec. 2,12; die gewalt. womit das fener hinter einer
tupel her isl, die aus einer kuithaune . . fortgeschleudert
wird. Kant 9. 37; er ist gewallig hinter dein gelde her, sucht
es eifrig zu erwethen; Adrast würde es ganz gcwisz für ein
Agekarletes spiel hallen, wenn er sähe, dasz mein veiter so
scharf iüuter ihm drein wäre. Lessing 1,419; Laertes pfiff
hinter ihm drein. (JöTUt 1», M; Wilhelmen zog die mehr
besonnene freuudin hiuter beiden drein. 22, 144. vgl. unten
hinlerhcr, hinterdrein.
i) nur muadaillich bat hinter auck den sinn unter, zwüchen,
bei, enttcicieelt : buiriscli dn bist gewenedeiet hinler den wei-
bern. Scb«. l.liati Fromm.; temporal unier, während: hinter
der kiiche, nährend des gottesdienstes. das. vgl. unten 2, i.
1) hinler mit dem accusativ.
a) mit entsprecliendeii verben bewegung nach einem rückwärts
(fcUgeneii orte anzeigend: sihe nicht hinder dich. 1 Mos. 19,17;
da erhub sidi der engel gottes, der für dem beer Israel her
/.och. und macht sich hinder sie, und die wolksenlc . . trat
hinder sie. 2 Mos. 14,19; und sol einen n<ipf vol glul vom
ailar nenien, . . und hin ein hinder den Inrhang bringen.
3 Mos. 16, 12 ; legt sich hinder einen mandel {iv fteoiSi rijs
OTOtßfji). Ruthi,': die Trojer alle haben sich vor der wulh
des Achilles hinter die inauern ihrer sladt geflüchtet. Wie-
LASD 14, 3&S; sie sollen sich hiater die tapetcn verstecken.
ScHiU.ER Fiesko 4, 11 ;
fert an der vasnactu da rait ich
und setzt aiii junkfrau hinder mich, fasln, sp. 758, 23 ;
komm, schürze, spring und schwinge dich
auf meinen rappen hinter mich ! Uürgrr 14*.
in büdern und Sprichwörtern: die pferde hinter den wagen
spannen {ungeschickt etwas anfangen). Schottel 111"'; sich
binler einen oder etwas stecken, zum vorwand nehmen; hin-
ter die schule gehn, sie 'schwänzen' (Schm. 1,1136 Fromm.);
sich etwas hinter das ohr schreiben , aureni sibi pervellere.
Stcinbach 1,756;
denkt ilu- etwa,
dasz hinter ^iese vorsieht, diese furcht
ein schuldiges gewissen ."sich verkrieche?
Schiller Kurlos °2, 14 ;
darujnb das du mein vergessen, und mich hinder deinen
rücken geworfen hast. Hes. 33.35; und wirft {goU) des gott-
losen Sünde hindersich und decket sie zu. Mathes. Snr. 113';
vgl. hierzu wegen der Schreibung hindersich unten t;
und solt ich mutter dich,
und was ich Cbrislo schwur, so werfen hiuter mich?
A. Ghtpuius 1098 1, 503.
daran rührend, hinter einen gehen, weichen, zurückweichen,
weggehen: Jehii sprach, was gehet dich der fried an? wende
dich hinder mich. 2 A;««. 9, IS ; bedrawet Petrum und sprach,
gehe hinder mich du salan. Marc, h, 33 ; musz ich . . mei-
nen hochbeküniinerten man, und arme unerzogene kindcr
hinder mich lassen. H. J. v. Braunschweig schausp. 132;
es hören meinen stolz Bell, Donau, Wolga, Rhone,
und weichen hinter mich ! Ramler 1, 35.
hinder dai Hecht füren, officere luminibus. Agh. $pr. (|.^60) 144';
dasz ihr diese nitrrin einbildet, sie habe mich hicmit hinders
liecht geführt, da sie mir doch dardurch den allergrösten
dienst gethan. und sich noch mit ihrem eitlen kützeln bisz auf
diese stund selbst betreugt! Sim^. 3,171 Kurz; und Adrian
hatte uns beide hinlers licht geführt? Gotter schausp. 2St.
b) namentlich auch mit verben des naeht^ehens , verfnlgens :
ich . . wil das schwert hinder sie schicken, bis das (dasz es)
aus mit inen sei. /«r. n, lU; du Nadtuen, niust auch verderbt
werden, das schwert wird hinder dich komen. 48,2; auf dj
aller reube^l mit rttcht hinder einanderen kommen, conten-
d$re summa jure. Maaler 223* ; sich ein ding tbun, nili, mo-
liri. das.; da gcrieth ich vor zorn und Unwillen in eine
•oiche raserei, dasz ich mich beinahe allem binler diu Mjchs
bäum gelassen und luil ihnen herum geschlagen hülle.
Smpl. 2, H5 Kurz: {das Itbtn) das du leicht ejnbiit/.cn kan»(,
wann du dich hinter diese liminel und knollliuken machest.
M; eotweder muul du im ernst hinter ihn. J. (iurrnüLi'
tflmUink. ItM; und mit uHterdrluktem rerbum: aUo binUr
ibo! dat.
c) von solchen Verbindungen hat sich vor aiiem hinter einen
oder etwas kommen zur festen formet mit dn bedeutung er-
langen, erreichen ausgebildet (vgl. die ausführliche dmlcgung th. 5,
sp. iti-ib f.): sobald ein gouch hinder ein geuchiu kunipt (sie
zur frcundin oder zum weihe erlangt), sol er glich u alle syne
heimlicheil entdecken. Mür.ner geuclmatt, Scheibles klosler
S, 927 ; daj wir unberctenlichen von dej von Salzburg wegen
hinter den krieg komen sein. d. städtechr. l, ib4, 6; also
lieszen die feind misern gereisigen vil fürlasz, daj sie gern
hinter sie choinen wern. 2, 1S4, 5; auf diese zeit verdrosz den
babsl und die Walhen, dasz die streitbaren Teut-schen hin-
ler das römisch reich warenl komen. 3,66,3; kau ein kleines
köttcrlein den wolf also erschrecken, was werden die groszen
niolossi und schafröden tbun, wenn die hinder in kommen.
G. NiGRiNus beschlag B i' ; damit er mir nicht hinder diebatzen
käme. Simpl. 3,110 Kurz; sie wird am ende doch errathen,
dasz .sie hinter die sadie gekommen sind. Gei-lkrt 3,253;
hinter die Wahrheit kommen. Kant 5, 115; sprichwörtlich hinder
die Sprünge kommen, odorari aliquid. Stieler 842;
kumb ich hinter das künigkreich,
ir mfist mit mir regieren gleich. H. Sachs 3,2, 159»;
dich heldt, hat eingenommen
ein ehrgeiz hinter disz mit ganzer macht zu kommen,
wasz weiszlieii heist und ist. Opitz 1, 12.
i/<!/ii entspricht hinter einen oder etwas bringen, dazu verhelfen,
Vorschub leisten : so haben wir auch grog sorg, wenn uns die
stet hinter den krieg bringen und daj wir alle fursten uff
uns laden, so lassen sie uus stecken, d. städtechr. 1, 148, 2.
ebenso einem hinter etwas helfen. Schm. 1, 1136 Fromm.; als-
bald der allmecbtig ewig golt durch syn gnade dir hilfet
hinder ein geuchin. Murner geuchmatt in Scheibles kloster S,9i' ;
sie (Melusine) hat müssen am sainbstag ein wurm sein, dasz
ir gelübnusz gewesen isl gegen Beelzebub, auf dasz er ihr
hinder den mann hülfe {ihr diesen marm verschaffte). Kornmann
mons Veneris (lül4) s. 180.
d) hinter, t» weniger sinnliclier scfiUrfe, nach verben des auf-
bewahrens, weglegens: ward in . . geantwort, uus wer solcher
brief nicht bevolhen, noch mit unserm rat, geheisz oder
wissen hinter Hciuzcn obgenanten gelegt, d. städtechr. 2,72,33;
der gouch ist heimlich (verschwiegen) und kan sin heimli-
cheil still hallen und vei-bergen, es solt einer ein künigrich
hinder in legen und veibergen. UmtiHH yeuchmatt g^ib Scheible ;
sie legten das gelt hinter ein arme wilwen, sie soll ihn das
behalten. J. I'aui i bei Schm. 1,1137 Fromm.; verbarg ich
solche (b(itzen) hintn-r meine mutter. Simpl. 3. tlü Kurz;
darumb gib in den barchet wider
und leg zur straf hinder mich nider
zwei hundert güliun meinen herrn !
J. Ayrer /Vi««, sp. 19* (2433,20 KelUr);
namentlich itn falle des gerichtlichen enlscheids: sequestrare hin-
der den scheidman legen. Ai.rerus L t' (vgl. unten hinter-
legen); hinter den schöffen stellen. Werlh. ded. 2,1h».
e) t'on hier aus stefU, ein Schutzverhältnis betonend, hinter in
festen fm mein ; hintereinen ziehen, ihm utUerthan werden: und
ward doch getaydingt, daj die drei Salinan hinter mich
ziehen sollen, d. städtechr. 1,76,28; hinler einen gehen oder
kommen, als Schiedsrichter in anspruch nehmen, vgl. Schm. 1,113«
Fromm. : und daj die selben fürsten, herren oder die Iren . .
hinter gemain stet uiisers punds gegangen wern. d. städtechr.
1,162,10; dej si ze bayderseit mit irem wisjen und willen
hinder uns gegangen sind, wie wir da/, sprechen oder er-
vinden, daj »i an bayden laylen da bey beleiben sulln. 4,181,11;
darumb (zu Stillung des Unfriedens) habent die burgar zu ge-
varn . . hinder uns gemain handwerk lüt. 143,2; hinter
einen schwören, den cid der treue und unterthinigkeit leisten :
da man da^^ volk geiii;iinlichen hinler die baubllewie sweren
liesz. 2, 18, anm. 3 ; h;uit Franc/. I'itsinger hinder ainen raut
(rat) gcswurn, weder sein leib nurk «ein gilt von diser .tial
zu verendern. 5,100 anm. t.
/l die formel hinter mein wissen ^ht neben der obenlUl^f
gegebenen dativischen : hinder mein wissen und willen. Scbm.
1,1136 Fromm.; man schreibt, datr. herzog Aihrerht hinter
des ung<ri.srhes königes wissen zu im nein gangen und in
höflich gegrus/.rl habe, darüber sich der k<inig entsalzt und
gcfragcl , wer er sei, dasz er su freidig und hinter sein
Wimen im ins losiuneiit treten döife. .Micntz stamndi. der
heutrr Sachsen (l.'>üs) iiab'; da» er sich hinter mein wissen
an iMii Iriihlb-rtig weibaituck gehkngl. Ca«. Wkisx kl. kutt l&».
1493
HINTER
HINTER
1494
g) hinter tn temporalem sinne: so sehet nii hinfurt zu, das
ir hinder euch gedenkt, was ir gewesen seid. Ldtheb 3, 103' ;
wenn ich hinder mich gedenk. 155'; was ist dir denn zu
mut wenn du hinter dich gedenkst. Sch«. 1,1136 Fromm.;
wann ich hinter mich und über mich sehe, so befinde ich . .
ein langes register, welches mich übei-weiset, dasz ich tausend
mahl mehr wder dich gesündiget hab, als mein nechster
gegen mich. Schtppiüs 683 ; hinter mich flieht das vergangene.
Klincer •>.as4. in einem sprichworl: er denkt drei meile hin-
ter gotl [d. h. so weit zurück, ais ^ehsam noch nicht einmal
gott war). Schottel 1115*.
h) hinter und sein gegensatz vor sind in einer redensart
formelhaft verbunden: hinder gott und vor gott bitten, coelum
terramque conteslari. prompt, v. 1618 bei Schm. 1,1136 Fromm.;
bäte ihn dannenhero hinter gotl und vor gott, mich in dieser
noht nit stecken zu lassen. Sjmpi. 2,303 Äur;; sie bat mich
hinder golt und für gott. Schwabe ttntenf. B"'.
i) nur bairiseh ist hinter in der bedeutung unter, zwischen:
hinter de leut gSn, unter die leute gehen. Schv. l, 1136 Fromm,
vgl. oben 1, i.
*) die häufige Verbindung der präposilion mit dem refiextv- j
pronomen sich, die in altern quellen oft als ein urort (hinder- i
sich) gegeben wird, und die mit der gleichen dativen {oben 1, c. g)
nicht verwechselt werden darf, steht ausser dem gew^nlichen
sinne {oben a) noch in folgendem andern.
a) sie deutet aus der fremde, von der Wanderung nach hause,
aus der öffentlichkeit auf eine gelieinie beratung: des wollen dy
Müssen nicht aufnemen {die Hussiten wollten eine disputation
nicht haben) und gingen sein hinler sich und antworten , es
soll ieder man sein gelauben halten, d. stddtechr. 1,381,3;
aver de halberstadeschen stede willen hinder sek spreken
{beratung mit den ihrigen zu hause anstellen) unde us dal ant-
werde enbeden by dren daghen. 6, 88, 3 : alsus schreven se
hinder sik. 7. 270, 20 ; also giengen die Juden hinder sich,
und ratschlagten ein wyl. Ulensp. s. 50 Lappenb.: des er-
lichen erbietens musten die herren lachen, brachten es also
wider hindersich an ir oberherm. \Vickr.vm rotlw. 54,3 Kurz;
das gefiel dem schultheiszen fast wol und sagt er wolt es
an seine bureu hindersich bringen, ob sy sich damit wollen
lassen beniegen. 57, 5 ;
Hagenbach schritt hindersich,
er wells {wolle davon) ein büt gewinnen.
LiLiETiCROS volksl. 2, 23, 1 ;
morgens frü schickt man hindersich
die wägen, die in nachbarlich
die von Strasburg gaben. Fischart ijlückh. schiff 1053.
auf hinter sich bringen, ad referendum: aber gleichwol sol-
ches anderer gestalt nit, dann allein auf hindersichpringen,
die sach . . zuvor an uns gelangen zu lassen. . . annemen.
ttaatspap. Karls V. 414. ähnlich 417.
ß) mit Verben des gehens weist sie von der stelle die man
eben einnimmt, auf eine zurückliegende, die qleich darauf er-
griffen wird; in der neueren spräche ist fjemeiHiglieh zmück oder
rückwärts dafitr eingetreten: also zugen die unsern hinter
sich in die slal {vom schlaetufelde vor den thoren), und die
feint zugen auch hinler sich. d. städtechr. 2, 185, 1 ; wenn
man sie nümen ein wenig ansibet, su fliehen sie binder
sich, und vörchten sich. Keisersberg biig, 143' ; wenn numen
einer . . ein stein gegen in {den hwnd) würft, stracks so
hört er hff zu bellen, und louft wider hindersich, und flucht.
143*; des herzogen diener hinder sich weichen Ihet. Aiinon
bog. c; er erschrack und zöge hindersich. Kij; die weil flöhe
Gripbuu mit seinem volk wiederumb hindersich. Pauli schimpf
14' ; liefen sie wider hindersich inn ihr lager. 15* ; hinder-
sich wie die krebs gehen. 15l'; zu dem weisz ich gewisz, . .
dasz sie . . su kleinlaut hindersich gezogen, dasz sie uns
nicht bald mehr heimsuchen werden. Amadis 375 ; die beiden . .
lieszen von allem fechten und stürmen, und zogen gar baldt
hindersich, gegen ihren gezelten gar schnell. 6. d. liebe 27l';
Üarius floh wider binder sich in Persia. Reiszner Jen«s. 2, 46';
der Jordan hat sich gewendt hinder sich, lo'; die krähen
\\an(llen in der furcht hinder sich. Furer fitchb. 117'; prüsi-
dt-ut taumelt hinter sich. Scbiller kcd>. u, litbe 5,8;
die armen klinege dringen t dich :
FhUippe setie eo weisen üf, und beii «i treten hinder sich.
Waltu» 9, 15;
der krebs tet leren seinen son,
er sott nicht mehr hindersich gohn.
B. W ALDIS Eufp 1, 88, }.
unsinnlicher: der mensch nimpt im oft etwas für, und gehet
doch alles hindersich. Agr. spr. (1560) 5'; und im sein na-
rung hinder sich ging. Ulensp. s. 43 Lappenb.; soll man das
christenthum diesen verdorbenen magen akkommodiren und
verdünnen, bis sie es ertragen mögen, oder soll man diese
hinler sich gehen lassen ia gottes namen? J. Gotthelf Uli
d. Pächter (1870) 207;
docli wem all sein anschleg gangen
hindersich und verloren gar. Theuerd. %, 95 ;
so viel anschleg gebn hintersich. H. Sachs 3,3,5';
geht glück und klugbeit hinter sich.
LoHsnsTEiN Ibrah. 25, 665.
so dasz der begriff der Mnderutig und Vereitelung hervorirüt:
sie wollen das concilium alles hinder sich treiben, d. städte-
chron. 5,63,16: wann sich etwan mein schwaches fleisch
wider deinen willen regen weite, so treibe du sokhe be-
wegung hinter sich. Schcppils 440 ;
ja (ihr) schreibt auch gar gotslesterlicb,
die heilig schrifl zieh hinder sich
und binder nur, sei unnütz ding.
Fischart S. Domin. 84 {dicht. 1, 125 Kur:) ;
und thet mich die grosz lieb bezwingen.
eur heürat hinder sich zu bringen.
J. Atrkr 420" (2109. 4 AW/«»r) ;
oder auch nur dei- begriff des wankens, des unzuverlässigen :
er igolt) ist ein vater gnediglich,
seine wert gehen nicht hinder sich.
tiöDKKE H. TiTT«A!>is liederb. 206, 11.
y) hinter sich hallen auf wucherische art zurückhalten, in
bezug auf Vorräte {die accusative function von sich ist hier icahr-
scheinlieher als die dative, vgl. unter halten sp. 28») ."
das sie körn hindersich und wjn
halten, bisz es werd dürer syu.
Brast narrenscU. 65, 31:
die buren stecken ganz voll gelt.
körn und wyn haltens hynder sich
und anders, das sie werden rieh,
und machen selber inn ein dür (iheuruno). s2, 25.
ähnlieh hinter sich kaufen:
dem soll man gryfen zu der hüben . . .
der hinder sich kouft inn s;n husz
alls wyn, und kom im ganzen land. 93, 4.
8) hinter sich mit verben des denkens, bittet die temporale
bedeutung zurück {vergl. oben g): darnach aber, als er (Jona)
ist genesen, und wider lebendig worden, hat er hindersich
gedacht, und solch gebet in schrifl verfasset. Luther 3, 210';
darumb steheis mit den trewmen also, das derselbigen viel
war sind, und treffen zu. aber des zuvor gewis sein, ehe
es geschieht, das vermag natur nicht geben . hernach wenns
geschehen ist, denkt sie denn wol hindersich. und spricht
sihe, das hat mir doch eben also getrewmet. 269'.
e) eigen weist hinter sich bei Opitz auf die zukunß, wie ja
auch unser zurück in verbindtmg mü kommen , ketiren so
stehen kann :
ist schon (einmal) der geist verOogen,
und ausz der baut gezogen.
er kömpt nicht hinter sich. 2, 131.
vielleicM hierher auch: gleich wie auch Plato ausz eim geist
und einer jungfrawen soll hindersich kommen sein. Garg.
105*, bei aufzählung einer anzahl merkwürdiger geburten.
?) i;i allen sdchen Verbindungen ist hinter sich derart erstarrt,
dasz es auch mit verbal formen der 1. und 2. person steht {vergl.
gramm. 4, 319 und für sich unter für th. 4', sp. 620 /). wanx
diese erstarr ung eintrat, ist nicht anzugeben, mhä. heiszt es noch
ir kunnet wol hindr iuch gän
michel baj denne vor. //««/)(»■ zeiUclir. 1,398, 14;
im 16. jakrh. dagegen wird hindersich ausdrücklich als ein wort
angegeben {capäur averbialiter et pro una diclione voc. ine. Iheut.
k l') ; wenn ich hinder sich sehe, und gedenke , wie es im
bapstuin gestanden ist. Luther 6,347"; und Christus spricht
zu Petro, als er menschlich gesinnel war, trit hindersich
Satan. Frank paradoxa 38*; auf disz alles schickt ich hinder
sich vier gewaltige schiff inn die insel Spagnolam. weltb. 233* ;
ir herren ruckent hindersich. Aimon bog. e; ruckent hinder-
sich, dann der keiser ist hie. c ; wenn du hinter sich ge-
denken thust. Gaimy 1S3; so wil ich hindersich weichen.
Amadis 65 ; dasz wir nicht ohne sonder grosze scbandt hinder-
sich weichen köndten. 96 ; dem wolt ich hindersich weichen . .
flel aber hindersich über den felsen. Th. Plateb 23; wan
ich hindersich sprunge. 24; gehet bindersieb in die alte weh,
und sagt mir, o Europaei, wivil dise 3 sachen aller andefrer
Sachen gestalt und stand verändert haben in der weit. Schc^-
pics "67 ; das ich fürsorg irieg wann ich mit diser antwnrt
1495
HINTER
HINTER
1496
hinder sich käme (nach hause, $. oben a), es möchte ain
oder ander Saxen oder Hessen offendiert und dardurch das
nothwendig werk verhindert werden. Schertlin br. 63 ;
pox grint, ich mein, wir gen nit recht.
get einher, lieben freunt, und secht!
es ist nit meier Pilzans haus.
drett hindersich wider hinausz ! fasln, sp. 283, 8;
hüt dich, hüt dich!
ste hindersich ! Uhlamd volksl. 655 ;
ach du Satan weich hintersich. H. Sachs 3, 1,20T;
warum schaust so oft hintersich. 261*;
und schaw nit nach mir hindersich. 3, 2, 52';
gedenk ich hindersich an das, wasz ich begangen,
so wird mir grausam hang. Rompler 33.
Tj) schlieszlich kann hinter sich t» der bedeutung zurück, nur
noch als adverbium geßthlt, auch mit verben der ruhe verbunden
wtrden : inmaszen als hindersich gcschriben stat. d. stdiitechr.
5,322,7; oder in derselben bedeulung statt auf das subjecl des
Satzes auf ein object desselben sich beziehen : da het Ulenspiegel
ein lang leinin tuch an die wand hin gespannet, . . und da
zoch Ulenspiegel das ein wenig hinder sich. Ulensp. s. 36
Lappenb.
&) hinter sich in fbrmelltafter Verbindung mit seinem gegen-
salze für sich, vor sich: aber mit den unchristen, der die
weit vol ist, kan niemand hinder sich noch für sich. Luther
5,237'; dasz sie nicht konten sinken, weder zu der rechten
noch zu der linken, sonder fürsich oder hindersich, wie
die kützelige mägd fallen. Garg. 32'; wenn einer das abc
frei hindersich und fürsich auszwendig kan. Frey garteng.
84; so lasz allenthalben in allen dingen deinen willen für,
und den unsern hinder sich gehen, wo er mit deinem willen
nicht überein stimmet. Schoppiüs 440; sie kaufen ander
orten woll zusamen, führen es hinder und für sich, doplen
also das schifllohn. 751 ; er kan weder hinter noch vor sich,
haeret, nee habet, quo se vertat. Stei:«bach 1,756; für sich,
hinter sich, ein gesellschaftsspiel. Wese.mgb böse spielsieben (1702)
*. 17 ; der alles hinderfürsich thut, praeposterus .Maaler 223'. —
Andere gegensdtze im folgenden:
vil gandt gar stolz in schuhen har,
und werfent den köpf har und dar,
dann hvn zu tal, dann uff zu berg,
dann hindersich, dann tiberzwerg.
Brant narrensch. 9, 4.
«) hinter sich, spottende oder scherzhafte Verneinung und
Weigerung, etwa durch unser umgekehrt im gegentheiU zu um-
schreiben:
gott grüsze euch ir n-omer man,
ja hindersich solt irs verstahn.
DBDBunD Christi, ritler 1590 C7';
doch höre ich nichts neues, denn eben mit solchem wappen
und beim schmücken und zieren mich auch in unsern lan-
den etliche ehrliche und warhaftige leute (er spricht ironisch),
ja hindersich, als die ein böses gewissen haben, und sich
unterstehen ir Untugend und bubenstück mir aufzudringen.
LoTBER 1,56', schreiben an Leo X, das lat. original hat: nee
non audio, talibus enim insignibus et in noslra regione me
oraaverunt, homines isti honestissimi et veraces , id est
pessime sibi conscii, qni sua portenia mihi conantur im-
ponere ; ei hinder sich, laszt euch doch weren. Fischart in
Zamckes Brant 317"; solle dieses sein ampt wohl verwallet
hei»zen? ja: hinder «ich, mein ich, wie die bauren die
spiesz tragen, baurenst. lasterpr. 67, mit anklang an ein oben
1, h angeßhrtes Sprichwort ; ähnlich :
sih, Adam ist uns worden gleich!
ja, hindersich, wie der krens kreucht.
B. Krüger bei Tittmann tchausp. des 18. jh.,
«. 31, 546.
So gibt noch Frisch an.' hinter sich hinaus, ironice für
nicht, oder für das gegentlieü, minime: fromme leute, hinter
sich hinaus, probi homines scilicet. 454*.
i) über die Verbindung hinter einander, s. th. 3, 143 unter
einander: hiemit hat er abermals zwo nationen , nämlich
Normaner und Schwaben hinder ein ander gehetzet. Fiscbait
bienenk. 12«»'; in temporalem sinne: niemand denkt daran,
dn nur zwanzig menschen mit einem kunstwerke
hii I eben so verführen, der eiiiundzwari/.ighte nicht
rotlji 111 ii.iniu zu sehen hütte. (iöTHK 17,26«.
3) hintr-r mä genilir ; mhd. nachweise bei Lexkr wb. 1,1203:
ir auch zwei kinder, die er eelicbcn bei ir i.i.-ri ,,..,..,, bjnder
■eio gelMsen. Crnei. urk. Max. 22; mich hr. diisz
Bieaund Öffentlich nicb an den d. Ettner < i ,i!li- su
heimtückisch hinter seiner reden, unvors. hebamme 356 (daselbst
379 auch vor seiner); wechselnd mit dem accusativ: um mir
erstlich hinter die hosen, zweitens hinter die oberherrlichkeit
und letztlich hinter meines vieles gelts zu kommen. Simpl.
3, 109 Kurz; noch jetzt niederöstreichisch hinter seiner, hinter sich.
Fromm. 6, 252. vergl. auch hinterrücks.
HINTER, adj. posterior. Das wort ist identisch mit dem
vorigen; das adverbium hat adjectivische functionen und damit
flexion überkommen, eine comparativbildunii, etwa zu hin, wie
angenommen worden ist, liegt in ihm nicht vor; seinerseits aber ent-
wickelt es, aus euphonischen gründen, im nhd. keinen comparativ
(Dasyp. übersetzt zwar posterior durch der hinderer, aber wie es
scheint aus pedanterei) ; dagegen tauchen comparativ formen im ahd.
mehrfach auf Graff 4, 703. der Superlativ ist nicht selten.
1) hinter nach hinten befindlich, zuriwk liegend: die hinleren
Zimmer, hinteren bänke , hinteren reihen ; lasse dcrowegeu
die fünf vorderste glieder (der soldaten beim exerzieren) still
stehen , und die fünf hindere glieder mit den gehalhirteii
reihen hinein tretten. Böckler kriegsschule (1668) s. 313; wen-
det man sich mit den 13. hinlern reihen rechts umb. 314;
unsre vordertruppen litten stark, allein die hinlern drangen
ebenfalls über hals und köpf nach. a. m. im Tockenb. 149 ;
diese hintere säule (eines p flugs), oecon. lex. (l73l) 1891 ; um
nun den hintern räum der piedestalfläche auszufüllen. Göthe
28. 114;
dieser Schlüssel ölTnet
die hintern zimmcr im pavillon
der königin. Schiller Karlos 2,4;
die hintern beine eines thieres : er trafif den hirsch zun hin-
dern klawen hinein, dasz ihm durch bede obrn hinaus gieng.
ACR. spr. (1560) 322';
dine hindern lüeje
süla an minem munde stän.
Haupts zeitschr. 1, 399, 54.
In Verbindung mit seinem gegensatze für: das hinder für
kceren, ungereimte und unerhörte ding thun, alle arbeit ver-
lieren, mulgere Mrcos. Maaler 223"; temporal: unser fraueu
tag, der hintere , festum nativUalis Mariae. Frisch 1, 454'.
Im Superlativ: wie sie dich angriffen auf dem wege, und
schlugen deine hindersten, alle die schwachen die dir bin-
den nach zogen. 5 Mos. 25,18; jaget ewern feinden nach,
und schlahet ire hindersten. Jos. 10, 19 ; (auf das commando)
her stellt euch, so gehet das hinterste glied wieder hmgsani
zurück. BöcKLtK biegssch. 308; der hinterste oder 2te tlieil
des pfluges. Jacobsso.n 6, &i';
ircn keiner wolt der hinderst sein,
sie teten eilends fliehen. Uhland vulksl. 508;
die muter aber in der schar
die hindrist an der marter war.
WicKRA« pilger N 3 hl. 47 ;
als sich die sonn begann zu neigen,
darmit den abendt anzuzeigen,
die bawrn vom acker zohen ein.
wolt er auch nicht dnr hinderst sein.
WoLGEMUTH ncwrr y..s(ip (1623) 2. ;tor>.
2) der su])erlativ ist namentlich in formelhaftem gebrauch
a) mit seinem gegensalze vorderst: kehret das hinderst zu
förderst. Kirchhof wendunm. 263'. 265"; Jahn Clam geht ein,
hat einen hämisch zu hinderst förderst angelegt und sieb
gar wunderlich stafllrt. J. Ayrer 397* (1997, 6 KW/er); gedult,
gedull ! sagte ich zu mir, gut weil will ding bähen (dann ich
brachte alles das hinderst zum vordersten vor, weil ich ganz
verwirret wäre). Simpl. Z,lbO Kurz ; in rtN wort verschmolzen : sie
Irauerlen und wurden wie verstockt und Ihaten alles hinterst-
Rlr. E. MöRiCRE rter erzähl. (1R56) s. 154. als Übersetzung von
vare^ov n^öreQov: was der prose ein unverzeihliches hiu-
tcrstzuförderst wöre, ist dem wahren poelischen sinne nolh-
wendigkeit, lugend. (Iöthe 33,203; durch welches hinterst-
/.uvördersi die wunderlichsten Verwicklungen und \crwirrungen
in die nuturlehre gekommen sind. 52,85; Newtons rortrag
besteht aus einem ewigen hintersIzuvOrdcrst, aus d«n tollsten
transpositionen. 54,42.
6) in den Verbindungen zu hinderst: da; drill klmerlein
ist ze binderst in dem h:nipl. Mecenberg 4,29; anfs hin-
terste, aufs dusierste, letzte: kerten do iren krieg allen Ober
in. und schulten in, und bändelten in bisz uff dn< hinderst.
Kl bilg. '•(,'; (der schuUheisz) schetzl die andern
t iiller binderst. hmrtiiniF wendunm. 145*; (land-
fii.,..) u von eineiii bcrni 711111 .iiulern, von nnei statt
/ur andern, dirscibigen bisz aufs hinderst ausmergeln, weg-
küner 32*; man solt den lliehrnden nicht bi«T auf dos
1497
HINTER
HINTERACHSE — HINTERBRWGER 1498
hinderst verderben anligen (non usque ad pernicietii fugienti-
bus imtare). Fronsperger Isriegsb. 3, 254'.
3) ßr jenes unhübsche und gemiedene tcort, vas tk. 1, 564 ff.
aufgeführt ist, wird gern verhüllend und mildernd hinter in
substantiver Stellung, im positiv oder Superlativ rericendet:
miiszt all die garstigen Wörter lindern,
aus seh— kerl schurk, aus — mach hintern. Götbk 5C,66;
oß m der schriß auch nur durch den anfangsbuchstaben an-
gedeutH:
was henker! freilich händ und füsze
und köpf und b die sind dein. 12, 91.
rMl. der hindere Leier wb. 1,1293; so sol er (ob gott wil)
ein purgation fressen, die im bauch und hindern zu enge
machen sol. Lctber 5, 40' ; ich were wert, das man mir den
hindern mit ruten wol zusteupt. Albercs tcidder Wlöre/n Ht';
wider den schwerenden hindern und verwundten maszdarm.
Tabeb>.\eii. 602 ; Orchester! ja, wo du kupplerin den diskant
wirst heulen, und mein blauer hinterer den konterbasz vor-
stellen. Schiller kab. u. liebe 2, 4 ;
der hinter ist ir also schmal, fastn. sp. 633,22;
und urtail, das man ain lieht preng
und im sein bar im hintern ab seng. 707, 1$;
und wenn er keinen hintern hat,
wie mag der edle sitzen? Göthe 2,279;
macht daher dem ersten fremden rechts
einen tiefen bückling, es war nichts scblecbts ;
aber hinten hält er nicht voi^esebn,
dasz da auch wieder leute stehn,
gab einem zur linken in den schoos
mit seinem hintern einen derben stosz. 13, 114;
zum kessel sprach der neue topf:
was hast du einen schwarzen bauch I
das ist bei uns nun kücbgebrauch ;
herbei, herbei du glatter tropf,
bald wird dein stolz sich mindern.
behält der henkel ein glatt gesiebt,
darob erbebe du dich nicht,
besieh nur deinen hintern. 5, 237.
In sprichwörtlichen Wendungen : bis so lange sie selbs die feinde
in hindern geschlagen und inen ein ewige schände angehenget
hat. Lother 3, 271' {nach ps. 78,66); hat gleichwol den köpf
aus der schlingen zihen, und die sache ganz auf Hornung
schieben wollen, sihet aber nicht, das er gar mit dem hin-
dern hinein gefallen ist. 5,267'; das man das gute aus den
äugen setzet, und allein in die äugen bildet, und ansihet,
wo er unrein ist, als hette man lust einem andern, mit Ur-
laub, nur in hindern zu sehen. 360'; gehen von der wand,
so zustoszen sie den hindern nicht. 6, 9s' ; ich habe unsem
herm gott lehren wollen, aber der fromm gott hat mich fein
in hintern sehen lassen, dasz mein meistern ist zu nichte
worden, tischr. 27", als zeichen der Verachtung; sunst het der
mensch . . . gott den hindern hotten. S. FR.\sii guldin arch
(1538) vorr. bL iij*;
wau ich euch dan den hindern kort (kehrte).
Haupts zeitschr. 8, 535. 134;
die (meretrices) das gras mit dem hindern ahmehen. facet.
facet. 430; dasz mich auch renete, dasz ich meinen prae-
ceptoribus mit dem hindern nit ins angesicht geloffen, wann
sie mir etwan zu zeit einen product geben. Simpl. 3, 152 Kurz;
wann euch die magd. oder der knecht nicht anstehet, so
«hlagt sie mit der thür s. v. vor den hindern {stoszt sie i«r
thür hinaus), unwürd. doct. 755; den hinteren nicht bedecken
können, vuig., pauperem esse et nudum. Frisch 1, 454' ; den
hintern küssen, als zeichen dus:erster demut : so würde er nur
Jen ganzen tag dem bürgermeister den hindern zu küssen
gehen. .\. Grvphiüs 1698 1,883. als seichen liebkosender neckerei:
und halset und küsset in an ain packen
und ward iu in den hindern zwacken. faHn. sp. 325,5.
In superlativer form: das die kutten am hindersten, und an
beinen und fornen entgenzet und zurissen ist. Luther 2,295*;
ein ander ward mit der thür vor den hindersten geschlagen
(muszte aus dem hause). Chr. Weise erzn. 75. auch im neutr. :
i'v (Mahomet) gebeut, wenn sie beten wollen, sollen sie die
hende und angesicht. und unten (mit urlaub) das hinderst
und förderst, wie ers grob gnug nennet, . . waschen. Lcther
S, 21"; es {das eherne meer) stund aber also auf den zwelf
ochsen, das drei gcwand waren gegen mitternachl, drei gegen
abend, drei gegen mittag, und drei gegen morgen, und das
eherne meer oben auf inen, und alle ir binderstes {rä 6ni~
O&M avro»*') war inwendig. 2 cAron. 4.4; welches geschlecht seüen
auch im positiv auftritt : der Melech (ei« hund) setzte sich schön
aufs hintere, bellte einige töne. J. Gottheit schuldenb. 57.
4) der Superlativ auch in anderer bedeutung : das hintere, ein
hinteres, das aßergetreide, das bei der Windmühle hinten abfälU.
ScHM. 1, 1138 Fromm., vgl. unten hinterfrucht, hintergetreide ;
das hintere des pfluges, pflugsters : die natur . . hat dir groszen
last ab dem halsz schieben wollen, sag ir dank, dann du
darfest kein schwere last tragen, laden und füren, keinu
pflüg bei dem hinderen umbziehen. du bist zu einem anderen
und bessern tauglicher, du solt studieren. Petr. 113*.
HINTERACHSE, f. das theü am hinterwagen, woran die hinter-
räder laufen.
HINTERARM, m. lacertus, im gegensatz zu förterarm, ulna.
Stieler 54. — plur. hinterarme, ist an einem wagen das von
einander gesperrte holz, welches zwischen der schaale und achse
mit den von einander gesperrten enden durchgeht, und mit dem
vordem ende mitten auf dem wagen liegt. Jacobssox 6, 8l'.
HINTERRACKEN, m. plur. nates.
HINTERRAUM, m. der hintere Iheil des sattelbaums; beim
weber ein bäum, der hinterwärts im Webstuhl zwischen zwei säulen
oder dabei liegt, und worauf die kette oder der nufzug eines zu
webenden zeuges aufgebäumt wird. Jacobsson 2. 1«', auch garu-
baum, kettenbaum genannt.
HINTERREIN, n. das hintere bein eines thieres. bildlich sich
auf die hinterbeine setzen, auf die hinterbeine treten, sich zur
wehre setzen, widerspenstig werden : ehemals tappte er {mein
mann), nun man sollte es nicht sagen, aber wahr ists, auf
allen vieren, nur so durch die weit hin, und sah weder rechts
noch links, und gehorchte mir blindlings ; nun aber hat er sich
auf einmal auf die hinterbeine gesetzt. Göthe U, 309 ; damit
sie sehen, dasz ich keineswegs gesonnen bin auf die hinter-
beine zu treten {von einem vertrage zurückzutreten). Kotzebue
dram. sp. 3, 183. in einem andern bilde: Klaus, was stehen sie
da, und glotzen auf ihren hinterbeinen wie eine Schildkröte?
Fbeytag handschr. 3, 62. — Auch hinteres bein an einem haus-
geräth : die hinterbeine {eines gartenstuhls). J. Fall dämmer. 84.
HINTERRLEIREN, verb. zurückbleiben, l) gegenüber einem
scheidenden : hier sprang er in den wagen, halb entseelt
starrten ihm die hinterbleibenden nach. Schiller 7,9 Kurz;
vorzüglich einem gestorbenen:
disz, was hier hinterbleibt, und auf die erde weist,
ihr wolgeschmückter leib, wil hin, woher er kommen,
in seiner mutter schoosz. Fleming 132;
und hier gewöhnlich im pari, praet.: die hinterbliebenen betrau-
ren den todten, superstites lugenl demortuum. Steinbach 1,130;
drosseln, singt in leisen cbören,
amsel, döt im tannenhain ;
nur wir hinterbliebnen hören
eure frühlingsmelodein. SiLis 123.
2) in bezug auf etwas zu geschehendes, unterbleiben: die sache
ist hinterblieben, res intermissa est. Stein bach 1, 130.
HINTERRODEN , m. nennt der Uhrmacher die hintere oder
untere der beiden metallscheiben. ztrischen denen das räderwerk
einer taschenuhr enthalten ist. Jacobsson 5. 660'.
HINTERBRINGEN, verb. nach hinten bringen; bezüglich einer
nachricht, zu einem von der that weiter weg befindlichen, femer
stehenden bringen, referieren: bald rühmen sie {die fuchsschwänzer \
uns in unserem abwesen, bei andern, so sie wissen, das es
von ihnen uns wider hinterbracht werde. Rutschky Po/m. 628;
er Ihät seinem schuldigen gehorsam geiniisz wie ein treuer
diener und hinderbrachte mir, dasz sie eine vornehme frau
eines reichen herrn wäre. Stmpi. 3,97 Kurz; wenn nicht in
währender schhuht dem kayser von Pegu die gefährliche nach-
richt wäre hinterbracht worden. Zigler Banise 59; es ihm
treulich zu hinterbringen, wenn einer oder der andere nicht
stille sitzt. Rabexer 4, I3ö ; Keriin war in der that von der
sultanin erkauft, und hatte also nicht ermangelt, ihr alles,
was er von Arujas geheimer audienz im kahinel des sultan«
wuszte, unverzüglich zu hinterbringen. Wieland 8,443; aber
zugleich hinterbringen mir meine spionen, dasz der ober-
schenk von Rock auf dem sprunge sei, um die iady zu werben.
Schiller kab. u. liebe 3,2; ich gehe zum kOnige, ihm diese
that des entsetzens zu hinterbringen. Tieck 3, 117.
HINTERBRINGER, m.: bald geben sie {die fuehsschwänzer)
vor, sie betten eine und die andere lobreden von dem. dem
sie schmeicheln , gehöret , melden aber nicht . wer solches
gesagt, damit nicht der lobende, sondern der h int erbringer,
möchte dank verdienen. Bitschkv Palm. 628.
1499 inNTERBRlNGITNG — IIINTERDRETN
HINTERDREIN — HINTERFORNIER
1500
HlMTERBHliNGl.NG, f. : bei hinterbringung dieser naclirirlif.
HINTERBHi;ST, f. rerhfilknd ßr podex: J. G. Sniviin sinkhl
in der nKkenphil. l.humlert 15. cap. von dem aberfit'iiilwn, dasz
man als gast in der stiibe sich setzen mnsse, weil sonst denen
kiiideni die ruhe mit genommen werde. ... die kindernihe
nmsz solcher gestalt in der frembden ieute hinlerhrn>t ihre
herberge haben.
HINTEHIU'G, m. l) suffrago, im gegensuts zu vorderbiig
armus. vergl. Iheil 2, 4!t4 unter bug; hinderhug, lauf, cluuis
Dasypouius.
2) der hintere bindriemen des geschirrs an zug- und reitthieriii,
schtBanzriemen : poslela, hindcrboge an einem sadel, hinderbiip
au dem sattel, hinderpüeg. Dief. 44«'; hinderhug. poslela. est
cinguUis quo retro cingitur eqiius. voc. ine. theut. k l' ; hinderf»ug,
lignum incurcum sive crassius lorum quod sub jumentorum cnuda
ponitur. Ai.bkrds bei Fkisch 1, 151*. vql. fürbug.
HINTEKBLKG, f. hintere bürg: ein vierteil wysten sie der
hersthall van Brunshorn. und daj ander vierteil der hinder-
burg zu Waldecke, die mau nennet die nyderburg. weisth.
■2, 205 {Hundsrück, von 1377).
HINTEHDARM, m. beim embryo der säugelhiere und vögel
derjenige theil der dartnanlage, aus welchem sich der dirkdarm
und mastdarm hervorbildet.
HINTERDECK, n. deck des schi/fes vom hindertheil bis an den
yruszen mast.
HINTERDEICH, m.; die achter- oder binderdeiche sollen
das land gegen das von der höheren geest herabflie^zende
Wasser schützen, v. Zesterfleth beschr. d. alten landes 56.
HLNTERDENKEN, verb. zurückdenken, zunächst temporal, wie
noch jetzt schwäbisch: 30 jähre musz man sich zurückerinnern
od«r, wie man in Schwaben sagt, hinterdenkeu können.
morgenbl. 1847, «0.291; Theagenes antwort: sie solle alles
zum besten deuten, hindersich denken, und etwas guts dar-
ausz nemrnen. Chariclia schrei: ei dasz mich die gütter be-
hüten, du manest mich an ein sach mit dem hinterdenkeu,
es kompt mir jetzt ein träum zu sinn. b. d. liebe 217';
mein lelien hinterdenken thet. H. Sachs 2,2,53';
dann auch reflexiv, sich besinnen:
wenn ich mich hinterdenke zwar. H. Sachs 3,1,82';
bin gelegen die ganze nacht
luid nah mich i-rst recht hinterdacht,
dat> iül heut der neuiiilt tag- mit nain,
das ich aul erdt von himel kam. 3,1,241'.
bedenken, narttentlich allseitig und tief erwägen {wie sclmn nihd.,
wb. l,34i>'): wann ich djse ding nun recht hinterdenk, so
erzittern ich von herzen. Wirsu.ng Calist. h3; dasz wir allzeit
ein hinderdenkens haben sollen, ob es vielleicht anders ge-
riete. FiscHART 10*'. vgl. hintersinnen.
HINTERDKNKl NG, /..• consideratio hinderdenkung Dief. 144".
HLNTERDREI.N, adv., die Verbindung des adv. hinler mit drein
für darein (theil 2, 770), eine folge in einen beschlossenen oder
wenigstens abgegrenzten bezirk bezeichnend und reiben der be-
weguag beigegeben, bas wort steht
l) local : und scheint auch einmal einer (der Optimismus oder
der Pessimismus) allein zu gaste zu kommen, so tritt do(h
gleich der andre hinter drein. Klikcer11,4; pack dich, alte
hexe! sagte er, und ging vorüber, sie rief ihm den bekannten
Spruch hinterdrein, (jötiik 25,25t);
du rühren zelin husaren
wie teufet nul' mich ein !
ich mit gesträubten haaren,
jagt über stuck und stein,
allein die berreii waren
noch schneller liinter drein. Gökinck 1, 2Mt;
der satyr hfipri nun liinterdrcin
mit ziegenlusz und dürrem bein. Götiir 41,5S|
doch diese, nicht gewohnt besiegt zu seni,
ermannten sich und sturuiten hiiiterdreiu. 131;
liul'e, laul'e hinterdrein! KoTZRsue ilrnm. s/i. 2,300.
Unsinnlicher in festen formein: hinterdrein sein, auf dem sprumje
sein: gedulde dich, bis ich das verlorne wiederlinde; denn
eben jetzt hin i< h liinterdrein, es zu suchen. K.nijki. jihilus. f.
d. well 1 (1770)20; wachend, hütend, verfolgend nachgehen, auf-
merken: wie «ic »ich gleich vor«al»en, wenn er (der fürsl) über
die ><( hfuir hauen wollte, die stuuten waren gleich hinterdrein.
(lortiK H, 201; in diesem xyitleiue wird gutt ohne unterlasz
Kt'lubt und gepriesen, wir kein rechtlicher mensch sich selb»!
niocbie preiaeu laaacn. du ist nur iiniurr die rede von seiner
gilte . . . ohne aiirii nur einmal seiner gerechtigkeil zu cr-
wttttoeu. da ist ihiu alle« eiiinlri ; rr l:iszt sich ulJe!< gefallen,
. . . was die menschen auch thun mögen, er ist mit seinem
Segen inuner hinterdrein. Fichte Appell. 71 ; hinterdrein werfen,
hinterdrein gehgi : wenn sie ein gut ohne ihr verschulden
verloren haben , müssen sie denn alles übrige hinterdrein
werfen? GörnK 10,130; sollt ich die meinung von ihm ver-
lieren, so mag dieser schätz auch hinlerdrein gehen. 30, 24!t.
2) temporal: das erniefest habe ihm zwar ganz wohl, das
bestellen hinterdrein, pflügen, graben und abwarten keines-
wegs gefallen. (iöTUE 22,153; ein herr . . . soll auf seine
diener nicht so übereilt den schweren arm fallen lassen, da
hinterdrein die reue nichts helfen kann. 34, 20R ;
verflucht! zur rechten zeit fällt einem nie waü ein,
und was man gutes denkt, kommt meist erst hinterdrein.
7, 78;
natürlich fand man hinterdrein,
es sei recht hübsch ein teuM zu sein. 47,225.
Das adverbium, neben dem getrenntes hinter . . drein (n//. hinter
II, 1, A sp. 1401) geht, kann vor dem \%.jahrh. nicht nachgewiesen
werden, von hintendrein (sp. I48C) ist es so unterschieden, dasz
bei diesem letzteren drein die beireguni/, hinten aber nur die
riclUung derselben angibt, während bei hinterdieiu durch beide
glieder des Wortes die nachgehende beweg uug gezeichnet wird.
HINTERDREINSICHT, f: die vorsieiu ist einfach, die
hinterdreinsicht vielfach. Güthe 40,50.
HINTERDRINGEN, verb. verdrängen, vereiteln:
so weisz ich gar ein schedlicli ding :
wan man das selbig hindcrtring.
so wi'ird es zu vil gutem kumun.
MuRNCR liUh. narr 1153.
HINTERE, m., s. hinler sp. 1497.
HINTERECK. n. hinteres eck:
secht seind disz nit gar schöne gaben,
in disem hiiidereck (des Jesuiterhfillrin':) begraben?
FiscHART (licht. 2, 260, 902 Kur:.
HINTEREISEN, n. pflugsehar ; auch das eisen eines hinter-
hufes bei lliieren die beschlagen ivenlen.
HINTERERKER, »n. hinterwärts angebauter erker, abtritt: riech
dran obs auch stink wie keisers Vespasians scheiszhauszoll
von den hinderärkern und arszcaminen. üarg. 161*.
HINTERFADEN, «>., plur. hinterfäden. bei den tapetenwirkern
die keltenfäden eines hochschdfligen Stuhls, worauf hochschaßiqe
tapelen (hautelisse) gewirkt werden, welcfie hinterwärts ausgespannt
sind. Jacobssox 2. 2:)0'.
H1NTERF.\HRTE, f., auch nachfahrte, beim jdger die spur,
worauf ein thier hinausgeiiangen ist oder hingewechselt hat, im
gegensalz der rückfährte; desgleichen die fährte mit den hinter-
füszen. das.
HINTERFÄLLIG, adj. zuriukfaUend, in bezug auf nur lehnv>eiie
gegebenes: dasz solche hinderfällige guter inventirt werden.
Frank f ref. 5, s, § 2. 9. vergänglich, dem verderben verfallend :
der farnusz, und fürnemlichen solcher stuck und guter halben.
so hinderfcllig. und durch den brauch teglichs vernossen.
geschwecht und letstlicli gar verzerl mögen werden. Hai.tal-
913 (v. 1554). als rest verbleibend: fuchs schleppen die art des
trinkens, wo drei je einen trunk und der vierte das hinter-
fellige ausleert, jus potandi oder zechrecht (1616) § 33.
HINTERFALTE, f: ein grifl' nach den hinlerfallen ihres
kleidchens. Reichenaü aus unsern vier wänden 1, 19.
HINTERFENSTER, n. fenster nach hinten heraus sehend, im
gegensati zu einem vorderfenster.
HINTERFLAGGE, /. flagge auf dem hintetlheU eines schiffes.
HINTERFLECK , m. und n. fleck oder stück leder auf den
absatz eines .<ichuhes.
.HINTERFLLGEL, m. ala jmterior, bei insecten.
HINTERFüLGEN, verb. nachfolgen, verfolgen: weil sie ahei
ihre sache nicht hinterfolglen, blieben die Non Hamburg bei
ihrer gerechtigkeil. Haitaus 913.
HINTERFOR.MIG, adj. von der form eines hintern: da doch
desz pferds hirn billicb grösser, die canmiem, w3rm- und
hinderförmige trüszlein aber hergegen kleiner sein sollen.
I'ffenracm neues rossbuch (1603) 8. vergl. hintrrmüszig.
IIINTKHFORMER, n., als Iheil der rüstung:
(du sah man) rück, krebs, kragen, armichlen,
kniebuckel, baiizrr, helmelin,
Kchilt, darlsotien, |ianen, hinterromler,
l'rderbusi li nnil sonst andere zicj. muokenkr. 1, 91i.
(iii verhiülender ausdruck für podex:
«üIhi mir doch nicht «ein %\\\ ifenug,
da«i du hudler mir wikcIiI die iichtib,
uder mir mein hinderromler
leyal, drtimli üiull <licli. dii« rahl ich dir ' ^-
1501
HINTERFRIES — HINTERGANG
HINTERGÄNGER — HINTERGEHEN 1 502
HINTERFRIES, «». bei sduknordnungen der hinlere fries; bei
kanonen der fries am ersten brttck derselben, ziitn unterschied des
hodenfrieses und des miUelfrieses.
HIMERFRUCHT, f. aftergetreide, das bei der Windmühle hinten
abfällt: was durch gottes seegen erwachsen und eingesammelt
worden, es sei an allerhand geträidig, reiner oder hinterfrucht.
HoHBERG 3, 2, 9*. r^. hintergetreide.
HINTERFÜHREN, verb. in eigentlicher bedeutvng hitUerwärts,
vom ziele ab führen, datier täuschen : hinderfüren, persuadere,
failere. Stieler 414 ; du hast mir mein tochter hinderfürt und
betrogen. Hugoschapler (1537) 9; das dieselben mehnnaln aus
jugendt und unverstandt . . von andern arglistigen aufsetz-
licher weisz und boszhuftig binderfürt und beredt werden.
Haltaus 913.
HINTERFLLLliNG, f füilung hinter ufermauern, im Leipziger
tageblatte sept. 1S65 ward erde, sckutt zur hinterfülhing gesucht.
HINTERFUSZ, m. l) pes posterior, bei den säugethieren. in
bildlichen redensarten (tgi. oben hinlerbein): bishero war ihnen
das glürk ziemlich geneifjt gewesen und jetzo wolle es fast
auf die hinterfüsze treten, pol. hofmädg. 85; will du schon
wieder anders Sinnes werden und auf die hinderfüsze treten?
das birtigte frauenz. 54; die zweite stelle des Tertuilian . . .
würde mir eben so leichtes spiel machen, wenn ich im ge-
ringsten auf die hinterfüsie treten wollte. Lessi.sc 11, 5S3;
als jährlich {in die weit) schriftstellerische (maulwürfe) hinein-
treten, um sich auf die hinterfüsze zu setzen und dann mit
den vorderfüszen, die an beiden maulwurfarten menschen-
händen gleichen, in den buchläden und auf dem Leipziger
huchhändlermarkte ihre erdhäufchen als kleine musenberge
anfzuwerfeu. J.Paul uns. löge 1,60.
2) miiatursus, metapedium, der ztcischen der fuszwurzel (tarsus)
und den ersten gliedern der zehen liegende, aus ßnf knocken
bestehende theü des fustes, auch mittelfusz, fuszbret. Nekkich
3,569.
3) hinterfusz, franz. petit-pied, ist eine schmale kante, womit
die ndhterin einen leinwandbesatz einfaszt. Jacobsson 6,81'.
HINTERGäLLERIE, f vorspringender balkon am kintertheil
eines Schiffes.
HINTERGäNG, «I. 1) das gehen hinterwärts: es mäste doch
den weg hienaus, und könte nach gestalt der sachen nicht
geändert werden, und müsse man die sache richteji, wie man
sie finde, dessen und kein anders, da helfe keine bitte, vor-
noch hintergang, dem müste also nachgesetzt werden. Drey-
HAUPT Saal-creys 1 (l"55) s. 238.
2) hintergang oder ausgang heiszt bei den Jägern der gang
eines thieres aus dem wald ins feld. Jacobsson 2, 259*.
3) hintergang, betrug, arglist, vgl. unten hintergehen 1 : hinder-
gang, fraus, dolus, deceptio Stieler 628; es ist ja nichts, das
den manschen mehr und eher umb seine gesundheit und leben
bringe, als die hochzeitmacher und proceszstifter mit ihren
lügen, fundgriffen, schmachschriften, stichreden, umbtrieb einer
guten sach, hindergang, triegereien, Schindereien. Pbilandex
1,203;
was icb Terheisz das ist gewisz,
OD hindergank on alln beschisz.
MuRNBR .scMmrnziinft 14*.
4) hintergang, compromiss, vergl. hinler einen gehen oben
sp. 1492, und Haltads 913: gestern hat kei. nuie. mit dem
landgraven zu Hessen, neben dem bischofe von Hiltensheim
gehandelt, von wegen des evangelien, auf ein bindergang.
Spalatin' bei Luther 5,34'; haben .. ihres (der frauen) rahts
gepflegt, mit ihrem raht alle ding gehandlet, und auch auf
sie hindergang gelhan. Froneperger A-rif^j!». 3, 203* ; also sollen
wir auch vom compromisz sagen, und wissen doch auch nit,
(ib wirs zu einer heimstellung oder hindergang bei Jesu bringen
können, dann einmabl ist wahr, dasz er es unsern teufein
keinem zu gefallen thue. Atber proc. 3, 1.
5) bintergang, die frist auf cergleiclisvorschläge und bedingunyn
skh zu erklären: weil sie aber nicht wissen wie dieselben {auf-
f.esetzten artikel) ihr herr könig wird annehmen . . haben sie
derbulben einen hintergang genomen, solches s. k. m. anzu-
zeigen. Luther br. 4, 6S3 ; doch so wolle er hierzu 6 wochen
einen hintergang geben, also doch, dasz binnen derselben
zeit ein jeder seine antwort einbringen solle. Dreyhaupt Sa<ü-
creys 1,269.
0) auch die relation solcher vorschlage an seinen außraggeber :
welchen Vorschlag Heinrich von Einsidel auf ein hindergang
in sein bruder Abraham genommen. Spalati.n bei Haltaus
113; und ist Schneppe und Brentius auch da {<iuf dem coUo-
quium zu Regen^rg) die ihnen nichts lassen nehmen; und
ob sie wollten etwas lassen nehmen, so ist noch der hinter-
gang da, dasz man uns auch fragen musz. Lctbbr br. 5,775.
HINTERGÄNGER, m. deceptor. subdolus. Stieler 628.
HINTERGÄNGIG, adj. einen hintergang, compromiss Ihuend:
hindergengig werden (hinter orfer auf jemanden), compromitr-
tere. Haltacs 914. berufung tkuend : auf solchs icli . . under-
richtung thet des obbenierten hinicrgangs und anlass an
ew«- künigklich mayestat, auch nuder spruch und gerechtip-
kait, so wir zu der Sweinshaulitin haben, und sunderlicli
des gespürten geverlichen hindergaugs, so sy irs tails, wi«-
obberiiert ist, nach dem sy des guts nachmal nicht gewaltig;
mer gewest ist, dennoch auf ewer kuniglich mayestal hinder-
gengig ist. Cbmel urk. Max. no. 2fö, s. 401.
HINTERGÄNGNIS, f: hindergangnusz. ausspähung, sub-
sessa. Maaler 223'.
HINTERGANGSBRIEF, »1. liUerae compromissi. Haltacs 914.
HINTERGASSE, f HINTERGÄSZCHEN. n. abgelegene ,jasse
in einer Stadt, Seitengasse.
HINTERGEBÄUDE, n.: das ganze grosze haus baute er
auf, mit hintergebäude und waarenlager. Excel phil. f. d. weit
1 (1775) 73.
HINTERGEBIRGE. n. der hinter den höchsten gipfeln eines
gebirges liegende theil desselben; gegensatz Vorgebirge.
HINTERGEDANKE, m. geheimer, verborgen liegender gedanke :
sie hegen gar den hintergedanken. das Journal späterhin . .
an die regierung zu verkaufen. H. Heine 9.98; sein Cha-
rakter wurde raenschensclieu und schwarze hintergedanken
sammelten sich in seinem Innern. Frettag handschr. 1, 274.
HINTERGEHÄSE. n. die hintertheiie eines hase,i.
HINTERGEHEN, rerft. 1) hinter einen gehen, im falle der
kriegführung und Verfolgung, überrumpeln {vgl. hinter H, 2. 6
sp. 1491): und zoch zu ainer port der stat und hiniergieng
daj folk und schlug des von Fern folk zu tod. d. stddtechr.
4,78,5; daher allgemeiner, überlisten, trügen, täuschen, mit per-
sönlichem object : hindergon, bescheiszen. Maaler 223' ; als er
sie aber mit fuchslisten hindergieng. Wicsram roüic. 55 ; aber
eben an dem ort, da er vermeint, dasz im jedermann solle
gehorsam leisten, hindergiengen in die lüst und dückische
nachstellung des glucks. Amadis 312; ob nun zwar die prin-
cessin . . augenscheinlich erkennen kunte, wie arglistig
Chaumigrem sie zu hintergehen suchte. Zigler Banise (1700)
112; ich redliche, rechtschaffene frau, gehe mit ihnen so
vertraut um; und sie hintergehen mich? Gellert 3,230;
einen betrieger betriegl man nicht, sondern den hintergeht
man nur. hintergangen bah ich ihn. Lessing l, 285 ; es ist
das erstemal in meinem leben, dasz ich jemanden auf diese
weise hintergehe. Göthe 20, .33. reflexiv in einem Wortspiele
mit sich übergehen, eundo confici: 'sie scheinen sich über-
gangen zu haben, mein herr', redete er mich an — 'hinter-
gangen' fiel ich ihm ins wort, 'hintergangen habe ich mich,
indem ich einem betrüger geglaubt habe! ThCmmel 2,92;
wenns blosze larve war. um mich zu hintergehn.
\ViEL.t?«D 21.305 (Kiel. u. Sinib. 6, 82);
weh deinem pontifei, der stets die laieü
mit wundem hintergeht! Raxler 1,50;
hintergangen
von meiner blicke unvorsichtger spräche,
gab sie der süszen täuschung sich dahin,
sie selber sei der aogoti dieser blicke.
ScHiLLM Karlos 2, 15;
wenn ich der hintergangne bin. 4,9;
mein vater hier in PeckinI meine mutier
im grab! — du hintergehst mich, Skirina! Turand. i,%.
mit sächlichem object: ich war der einzige freund, den er auf
der well verliesz, um so weniger darf ich seine einzige hoff-
nung hintergehen, geisterseher, 2. buch (werke 7,124 Kurz);
doch schwerlich
möcht er des feindes kundschaft hintergehn,
der mit zwei beeren seinen fersen folgt.
Jungfrau r. Orleans, prglof 3. auftr. ;
freundschafl ! liebe! arh! euch lassen uns die götter
nur von fern aus olTnem himmel sehn ;
diesseits her versetzt, sind eure fmcbio — bl.itter.
die mit leerem schmuck dn^ augc hinterg«!hn I
WiKiASD 9, 344 ;
er ändert stets (am grditlit), rückt langsam weiter vor,
steht wieder .still, er hintergeht die holtnung. Götuc 9, 112.
dann auch mit list etwas entfremden : dasz Lucifer meinem
herreu Jesu sein erb betrieglicben hindergangen hat. .\tRER
proc. 1,6; mein versoffenes weih . . hat mir meinen Schlüssel . .
1503
HFNTERGEMACH — HINTERGRUND
HINTERGUKT — HINTERHALT
1504
zu den geldkästel hinteigangen und hierausz mir dreiszig
reichsthaler entfremdet. Abele 4,215.
2) auf einen compromittiren : ward auch der krieg zwischen
den Schweizern und denen von Ziirch verriebt, desz sich
beder teil mit eid hinder tädingsieüt hindergiengen. Frank
chro». 207'.
HINTERGEMACH, n. conclave posterius. Stieler 1197.
HIMERGEREITE, n. hinterer IheU des reitzeugs, Schwanz-
riemen: hindergereit, postela, vulg. hinderbug. voc. ine. theut.
K2*; fr« M.4ALER das hindergrät am rosz, postilena 223*.
HINTERGESÄSZE, n. ; mein (von schlagen) hunter arm und
binteigesäszc. apantür. 1, 36.
HINTERGESCHIRRE, n. das Kai,engeschirr der beiden hin-
tersten kutschpferde, die an der deiehsel ziehen, wenn nämlich
eine kutsche mit mehr als 4 pferden bespannt ist. Jacobsson
2, 259".
HINTERGESCHLEPPE , n. : die pferdekenner wissen das
v(irder- und hintergeschleppe des pferdes von einander zu
unterscheiden, das hintergeschleppe besteht aus den hüften
und beinen. die kniekehle ist die zusammenfügung des
liintergeschlepps , welches den schenke! mit dem beine zu-
i^ammen bindet. Jacobsso> 8, 216'.
HINTERGESCHÜHE , n. heiszt beim Schuhmacher derjenige
theil des schuhes, welcher die fersen umgibt.
HINTERGESICHT, n. scherzhaft und verhüllend ßr podex.
HINTERGESTELL, n. l) der hintere theil eines Wagengestelles:
da gieng der wagen von einander und das hiudergestel mit
dem höbel {verdeck) bleib ston. Ulenspiegel s. 93 Lappenb. ;
ferner der hintere theil eines pßuges; auch der hintere gekrümmte
rieyel eines sattelbaums, wekfier die beiden seitenstege hinten ver-
einuity und dem köpf gegenüber steht.
2) verhüllend ßr podex.: brüste . . die jedoch noch innuer
klein waren im vergleich mit dem kolossalen hintergestell.
H. Heine 2, 95 ;
ir hintergstel suptil und dein.
meisterges. ms. yerm. fol. 23, no. 11;
die bewrin ausz irem bett recket
ihr hindergstell gar unbedecket.
H. Sachs 2 (1591) 4, 91".
HINTERGETREIDE, n..- der mensch will den feuervogcl
mit hintergetreide füttern, das nicht einmal unsere gänse
fressen wollen I Walüaü böhmisches mdrchenbuch s. 150. vgl.
hinterfrucht.
HINTERGLATZE, f glotze am hinterkopf bei J. Paul scherz-
haß von einer kahlen stelle an plüschhosen: der Jude Judas
band ihn an {zum geburtstage) mit einem paar abgeschabten
plüschhosen, besetzt mit den bekannten zwei vorder- und
einer hinterglatze. leb. Fibels 57.
HINTERGLIED, n. hinteres glied, an einem finger, einer zehe.
auch hinteres glied eines logischen oder arithmetischen Verhält-
nisses, s. mittel-, Vorderglied.
HINTERGRATTELIG, adj.: Saturn wird retrogradus hin-
tergrattelig sein wie ein stättiger esel. Fischart groszm. 39.
HINTERGRUND, der hintere theil eines grundes, ein wort
das zumal in der makrei: wo denn der künstler auch solchen
forderungen genug zu thun verstand, indem er den hinter-
gnmd enger, an den seilen mit pflanzen und blumcn be-
setzter hofp, durch wohlgerathene perspecti\iscbe gemablde,
ins unendliche zu erweitern . . unternahm. Götbe 43.313;
und in der bühnensprache gebräuihlich ist: bintergrund der
bühne, des theaters; in der mitte des hintergrundcs eine
grosze glasthüre. Schiller Fiesko 3,2; was (m einem drama)
auszer dem theater vorgeht, was der Zuschauer nicht siebt,
was er sich vorstellen musz, ist wie ein hinlergnincl , vor
dem die spielenden figuren sich bewegen. GOtue 19,166;
und von hier aus bildlich und in festen formein auch eingang
in dir gewöhnliche sprac^ie gefunden hat: etwas in den hinter-
crund stellen; in den hintergrund treten; jetzt aber, da die
kaiser immer weiter auf den hintergrund zurücktreten, und
die herzöge in Sachsen uns weit mehr vor äugen stehen.
Moser otnabr. gesell. 2, 3 ; die allen sprachen , deren erler-
nung mit so viel inUhseligkcit verknüpft ist, sah man in den
hintergrund gerückt. Göthe 25,222; so könnte ich mich
tadeln, dasz ich sie {mittelaücrliche bauwerke) nachher ganz
aus den äugen verloren, ja, durch eine entwickeltere kunst
angezogen, völlig im hintcrgrunde gelns.scn. 272; bedauern
wir den (ruten mann, dem diese sorgen, dem diese quälen
wie ein beweglicher nel"' n,, .i,i m»ig »orsch«' '•''■" »>•'•! ■'-
hintergrund auf welchem sich die Wirklichkeiten und bc-
scbäftigungen des dringenden tages hervorhoben, bald heran-
tretend und alles gegenwärtige bedeckend. 22,115;
0 wer weisz,
was in der zeiten hiniergrunde schlummert?
ScHiLLEK Kar tun 1,1.
HINTERGURT, «i. an den kanonen derjenige theil an den
bodenfricsen, worin sich das Zündloch befindet, welcher auch das
kammerband genannt wird. Jacobsson 2, 259'.
HINTERGÜRTEL, m.: hindergürtel, Schwanzriemen, po-
stilena. Stieler 7lfi.
HINTERGUT, n. das Meine giU eines hintersassen : item nb
ein arme man uff einem hindergul buete, weres sach, ab
der von dem gut zöge oder noinc gehalten mögt oder künde,
der soll sich des gebrauchen zu verkaufen oder genissen, sn
er aller beste mocht. weisth. 3, 883 {fuldisch, v. 1442).
HINTERHA.\R, n. haar des hinlerkopfs; bei einer perückr
die haare, welche von der fronte und neben den seitenhaaren von
oben herunter iiber den ganzen hinterkopf gehen.
HINTERHABEN, verb. zurückhallen, infinitiv in subslantivem
gebrauch: alsbald aber das geschrei und die red unter ge-
meinen man kam. da was kein hinderhaben mer. Tschudi 1,622.
HINTERHÄßIG, adj. zurückhaltend, karg im geben: diser
künig Albrecht was ein harwer binderhebiger mann. Tschuüi
1, 237.
HINTERHALB, adv. nach der hintern seile hin: henDrbricht
er durchs gebüsch; hinterhalb schwarze schaaren zertreten
die Saatfelder. Fr. Müller 1, 360. auch prdposüional mit dem
yenitiv und dativ: in Appenzell henderhalh dem hfis. Tobler
262*; Schwab, enhalb und hinderhalb der Donau. Birlincer
augsb. wb. 217*. In Baiern scheidet man mit wetterer richtungs-
bestimmung herhinterbalb hinter, dem sprechenden näher, binhin-
terhalb, dem sprechenden ferner : herhinterbalb ist's Schuesters,
und hinhinterhalb ist's Mayrs. Schm. i, 1137 Fromm.
HINTERHALT, m. in verschiedenen bedeutungen.
1) nach halt 2, sp. 270, riickhalt, rückwärts befindliche stütze,
gewöhnlich in übertragenem sinne: defensio subsidiaria. Haltal'>
914; der haubtman, so mit im geredt, habe seinen hinderhalt
von herzog Heinrich, supplication an kais. maiestat der mort-
brenner halben (Wittern*. 1541) B4'; um durch ihre verwandten
einen schützenden hinterhalt gegen die anklage zu haben.
Klincer 4,235;
das man fertig bald
den uachtruck und den hinderlialt.
Fischart dicht. 2, 260, 940 Ku>:.
Rist braucht das wort in bezug auf einen scIuUz von kenntnissen,
indem er vom fürslen Ludwig von Anhalt, dessen sprachyelehrsum-
keit er rühmt, singt:
was, der Hebreer selbst hat dir den preisz gegeben,
dasz du sein edle sprach ergrifTen dergestalt.
das man dich billig musz deswegen hoch erheben,
ja herr, es war bei dir «in starker hindarhalt. Parn. 451.
hinterhalt geht auch sowd auf den ort des rfickhaltes: wir haben
freunde im hinterhall. Fr. Müller 3,310;
er licsz uns zwei bein knechten
daheim im hinterhalt. Rdckkrt 159;
als auf eine person, die ihn bildet:
ihr luitgehüir, ihr rath, ihr hinterhalt wcrd ich.
Hagedorn 1, 64;
daher collealiv für reservetruppen : hierauf führt er sein beer
ins feld und stellet die ersatzung und hinderhalt auf beide
seilen des bergs. Garg. 265*.
2) hinterhalt wird gern auch gebraucht von rückhalten und heim-
lichen vorbehalten des innem : der alte kluge Fonsera merkte
ihr endlich diesen gemühts hinterhalt ab. jhJU. storkf 316;
wenn zwei menschen, wie es ja lautet, ein leib und eine
seele werden sollen, so darf doch auch nicht ein stäuhchen
zwischen ihnen sein von verschweigen, hinlerhalt, verstelluiif;
und kflnstelei. Immermann Münchh. 4,34;
kurx also,
und ohne hinterhalt. madaml isu wahr,
noch wahr, dass sie mit niemand dort gespruchni ?
ScuiLLBK karliis 4, VI ;
ich liebte dich, du wärest mein, ich dein,
ich kannte keinen hinterhalt. kein mintraun.
TiKCK OcdivKin s. 101.
3) nach halt 4 ip. 371, der ort, wo eine streitbare truppe tich
hirgt, um von hier den feind anzugreifen oder ihm in den r&eJcfn
zu fallen: aber als «ir {die beiden) die Franzosen lioimurii
. ■!,,.., ..;,. wnndten (.Millirh niiid ikiIhm- ir-' Imi.l.iliili in
1505 HINTERHALT — HINTERHALTEN
HINTERHALTEN — HINTERHAND 1506
Aimon bog. k, hier ungeicöhnlich als fem.; sich an den feind
anhängen, und so lang bisz zum hinterhalt locken. Böckler
in«5«cAu/e (1668) 631; reiten fort dem hinterhalt zu. 632;
sollen sich in ihren hinterhalt mit ihren Christen begeben.
633; sollen sie aus ihrem hinterhalt herfür kommen, das.;
zu mehrerer Sicherheit kan man auch 500 mnsquetierer . . .
in ein hinterhalt stellen. 634;
kartätscheofeuer unter sie,
aus tückschem hinterhalt! Gi.ini 4,9;
und kam der pilgrim hergewallt,
und lenkte io die unglücksstrasze,
hervorbrach aus dem hinterhalt
der feind und trug ihn fort zum frasze.
ScHiLtER kämpf mit d. drachen.
vid in freierer Verwendung: unter dem euserlichen ansehen der
glükseligkeit verbergen sich oft die allerhärtesten beschwer-
nässe, und unter der larve des nngliikkes eine holdselige
gunst des bimmels. beide sein von der gnädigen Torsehung
in den hinterhalt gelegt : dasz wier im glükke nicht Übermut
treiben, noch im unglük verzagen. Btitscbky Patm. 24; doch
auf alle fälle will ich im hinterhalte liegen bleiben. Göthe
18, 280 ; auf einen wink fiel nun Jarno aus seinem hinterhalte
hervor. 281 ;
iu dieser hoffnung pflanzt der treue Sinibald
sich ahermahl in emen hinterhalt
Rosinens fenster gegenüber.
WiELASD 21,277 (Kiel. u. Sinib. 5,181);
leer von lieb ist iede falte
meines herzens, kalt mein blut,
Schwachheit lauscht im hinterhalte
nicht mehr in gestalt von wuth. Goiisr 1,206.
4) hinterhalt ist auch der act jenes bergens selbst; es heiszl
einen hinterhalt machen, bestellen: die menner zu Sichem
bestelleten einen hinderhalt auf den spitzen der berge, rieht.
9,25; und da Saul kam zu der Amalekiter slad, macht er
einen hinderhalt am bach. l Sam. 15, 5 ; es sei auf ihn und
all diejenigen, die mit ihm reisen würden, ein hinderhalt be-
stellet. ZiSKGBEF apophth. 1, 147 ; wann man einen guten und
nutzlichen hinterhalt machen wil. Böckleb kriegsschuk 629;
man macht auch hinterhalt damit man die fouragierer oder
vielmehr derselben convoy möge schlagen und zu nichte
machen. 6S0; hergegen bestellet man auch einen hinterhalt.
wann der feind von seinem lager aufbricht. 631; bei allen
hinterhälten solle man wol zusehen, dasz diesdbige nicht
verrathen (tcerden). 628;
dorten fle! auch Atta Troll,
fiel durch hinterhalt. H. Hsiüb 17, 101.
5) femer die dazu tencendeten mannschaften {rergl. halt 5,
sp. 272) : und gebot inen und sprach, sehet zu, ir soll der
hinderhalt sein hinder der stad. Jos. 8,4; da brach der hinder-
halt auf eilend aus seinem ort. 19; da Josua imd das ganz
Israel sähe, das der hinderhalt die stad gewonnen hatte. 21 ;
unter dessen aber musz man den orth recognosciren, wo man
den hinterhalt hinführen wil. Böckleb kriegsschuk 628;
du hast auch damahls schon bescbeid zu geben wissen
was eine Schlacht erheischt, wo stürm und anlauf gut,
wo hinderhalt musz stehn, wo wacht von nöthen thut,'
und was der sachen mehr. Opitz 1, 3 ;
endlich liesz der dicke wald
einen starken hinterhalt
frischer hammelfresser (wölfe) sehen.
LicHTWKH fab. 3, 18.
bildueh :
er musz bereiu sein hocbansebnlich leben
dem kocli nicht anvertraun, nur ärzten untergeben.
e9 überfällt ihn schon mit wütender gewalt
der reuerfüllie schmen, der scheinlust hinterhalt.
Hagedorn 1, 23.
6) hinterhalt dasjenige, was beim wiegen einer soole von salz,
vitrid u. a. ton der wage zu venig angegeben wird; dann das-
jenige Silber, weiches stets in dem golde zurückbkibt, wenn man
dieses auf nastem wege ron dem süber scheidet. Jacobsson
2, 259'. 260 .
HINTERHALTEN, verb. zuräcJchaUen, mit sächlichem objeet ■
wann dem bischof nur v Schilling hinderhalten werden, er
wurd kein ruw haben, sonder die weltlich oberkeil ernstlich
umb hilf anrufen. Schade sat. u. pasq. 3,178,19; soldt aus-
theilen und nicht lang hinderhalten. R. v. Speib kriegsordn 2-
da auch die an got verzagte geizhälsz das kom hinderhielten!
KiBCHHOf wendunm. 290'; die geltmiltel . . . bezwacken und
hinderhalten lassen. Ph.lasder 2, 557; von hinderhaltenen
schnften Fkd. Lugd. 3, 181; übergab diesen beiden alten hausz
und hof samt meinem ganzen vermögen bisz auf gar wenig
gelbe batzen und cleinodien, die ich noch auf die äuszerste
noth gesparet und hinterhälten. ^mpl. 2, U Kurz; sonderlich
hinterhielt sie ihr freies und ausgelassenes wesen. Pierol 1,336;
der hauptschlüssel, den er bis dahin hinterhälten hatte. Hippel
2, 10 ; aber sein agent hinterhalte ihm sein geld. J. Gottbelf
schuldenb. 25. in bezug auf ein geheimnis zurückhalten, verhehlen:
ich habe dir nichts hinterhälten, nttö te celavi. Steinbach
1,683;
so wenig euch vei^önnt den grund der weit lu spalten,
so wenig könnt ihr heut das richtbeil hinterhälten.
A. GRTPHres 1693 1, 310;
ich trat mit frohem fusz auf die begrasten auen ;
doch unterbrach mir oft die Schönheit meinen schritt,
ich hinterhielt oft selbst beschämt den tritt,
der schon begonnen war. Brockes 2,84;
beraubt er nicht des eignen bruders kind,
und hinterhält ihm sein gerechtes erbe? Schiu.u Teil 1,2.
Mtt persönlichem objeet zurückhalten, hindern: andere . . treibt
die furcht der gefahr . . mehr fort, dann sie die krankheit
binderbalten kan. Kircbhof mil. discipl. 119;
dasselbig (rerboi) binderbaltet mich
das ich den kejser nicht wil laden. H. Sachs 3, 2, 166".
mit accusativ und genäir, an etwas hindern, von etwas surück-
halten :
ob disz leid verbeut zu schauen
eurer hochzeit offne zier,
hinterhält uns der begier,
und last euch zu hause trauen,
so weisz doch ein ieder wol,
wie er für euch wünschen sol. Flsiikg 375.
intransitiv, hinterhältig, versteckt sein (vgl. unten unter hinter-
hältig):
ich habe nicht gelernt zu hinterhälten,
noch jemand etwas abzulisten.
GöiHR 9, 63 Ophigenie 4, 1).
HESTERHALTGEDANKE, m. : wer wollte nicht den mäszig-
keitsgesellschaften, wenn sie weder für ihre personen noch
für ihre sacbe hinterhaltgedanken haben, das beste gedeihen
wünschen, grenzboten 1846, s. 467.
HINTERHÄLTIG, HINTERHÄLTIG, adj. geheim haUend,
zurückhaltend, versteckt, in bezug auf gedanken, ge fühle und
wissen : es sind zwar viel mit Offenbarung ihrer secreten hinter-
hältig. HoBBEBG 2,725'; ich kann und darf nicht hinterhaltig
sein, fuhr Eduard fort: ich musz dir meine gesinnungen und
Vorsätze sogleich entdecken. Göthe 17,344; frau von Stael
sieht in ihm . . . einen mystificierenden dichter, der irgend
einmal ein system festsetzt, und nachdem er es gelten ge-
macht, auf einmal aufgibt, um die bewunderung des publi-
cums irre zu machen und die gefälligkeit desselben auf die
probe zu stellen, ich aber glaube nicht, dasz mit einem so
leichtsinnig hinterhaltigen gedanken solche werke wären her-
vorzubringen gewesen. 46, 118 ; ich habe nicht gelernt, hinter-
haltig zu sein, noch jemand etwas abzulisten. 57, 72 {Iphig. in
prosa 4, 1, s. oben hinterhälten am ende) ; als ich hierher kam,
dachte ich mir den herrn als einen recht hinterhaltigen mann,
und er ist so freundlich und sieht aus wie ein recht guter
hausvater. Fbeytag handschr. 2, 347.
HINTERHÄLTIGKEIT, f : die hinterhältigkeit des bruders.
Aüebbach dorfgesch. 4, 131.
HINTERHÄLTISCH, adj. wie hinterhältig: der Italiäner . .
hat unter andern eine sehr redende pantomime, womit er vor
einem falschen, hinterhältiscben menschen warnet. Ehcel 7
(1804) S. 105.
HINTERHALTÜNG, f occultatio, remotio, dissimulatio. Stik-
leb 745; hinderhaltung, cessatio. Maaleb 223'; nutz und gewün
der hinderhaltung, foenus cessationis. das.; hinderhaltung des
geweids oder fruchten, frugum conditio. 223*.
HINTERHAMME, f. pelaso. Stieler 748.
HINTERHAND, f l) metacarpus, der zwischen der handwwzel
(carpus) und den ersten fingergliedern liegende theil der hand.
Nemnicb 3, 569.
2) bei den vierhändem die hintere hand: die hinterhände der
äffen sind der menschenband ähnlicher, als die vorderhände.
Bbebx illustr. thierleben l, 3.
3) hinterhand, 6m» kartenspiä, das spätere ausspielen, im
gegensatz zur vorderhand, vorband, dem anfang im ausspielen;
in der hinterhand sein, sitzen, bildlich: wenn man nun in der
hinterhand sitzt und der feind bekönunt die matadorel Tie«
5, 17; wenn das kalte bewusztsein einmal in die binterhtnd
gerathen. jung, tischt, i, 53.
4) hinterhand, in der reilkunstj der hintere theil des pferdes.
95
1507
HINTERHANG — HINTERHORN
HINTERHUT — HINTERKOMMEN
1508
HINTERHANG, m. ein fahneuq auf der Weser, dM an «>j<n
sehifßock angehängt wird. Jaccibsson «. S2'.
HINTERHARHKNWÄRTIG, adj., eine bUdung von Fiscmart:
•ier hinderharrenwerlig nathzug ward l)e8timpt dem herzopon
\on Rackedennarren. Garg. 201".
HINTERHAI PI, »i. occiput:
und scbosz durchs hinterbaupt. bis vorn liiiinus.
den scharfen speer, der xuog und zahn zci-scbnitt.
BÜRGER 15t)'.
HINTERHAUS, ri. l) der hintere llieil eines fiauses, odei ein
•in ein anderes hinten angebautes und zu jenem gehöriges haus,
mhd. hinderhüs (Le.xer «*. 1, 1294); tnnd. ebenso (urkundenbuch
der Stadt Göllingen 2, 205, 104) :
es ist ein schusz gefallen.
mein ! sagt, wer scbosz dadrausz ?
es ist der junge Jäger,
der schicszt im hinterhaus. Göthe 2,277.
2) aJbgtlegenes, \d>el berüdUigtes haus: das jetzundcj' mehr
zucht, schäm und erbarkeil im Venusberg, und vor zeitea in
den hinderheusern gewesen ist, als bei uns Dcudschen. Mus-
ccLOS hosenleufel (1556) C4'.
HINTERHEFT, n. ein hinten befindliches heß ; bei J. Paul
ncherzhafte bezeichnung eines schiceincschwanzes : sie fing endlich
die (scAifei«e)multer am schwänze und wollte . . . solche an
diesem hinterhefte heraus zerren. Nepomukkirche 134.
HINTERHER, das adv. hinter mit dem die richtung näher
uichnenden her verbunden, doch ist die scharfe bedeutung von
her insofern abgeschwächt, als ein geijensalz liinterhin sich in
der Schriftsprache nicht entwickelt hat und in folge davon hinter-
her nur allgemein zug und nachgehen angibt, ganz wie hinter-
drein, eine umkelirung des Wortes herhinler in der bedeutung
dahinter, darunter, wird aus dem bair. dialecte aufgeführt Schm.
1, 11S6 Fromm.; über das dem entgeyengesetzle iiinhinter vergl.
o6cn sp. 1443. dasz neben der adverbialen zusammenrückung
hinterher auch ein praeposilionales hinler . . her gilt, ist oben
sp. 1491 unter hinter angeführt.
hinterher steht
1) örtlich : einem hinterher folgen, pone aliquem sequi Stein-
bach 1, 736; wenn aber ein so warmes product {Göthes Werther)
nicht mehr unheil als gutes stiften soll : meinen sie nicht,
dasz es noch eine kleine kalte schluszrede haben müszte?
ein paar winke hinterher, wie Werther zu einem so aben-
thcuerlichen Charakter gekommen. Lessing 12,120; der be-
diente voran auf der treppe, der alte baron hinterher. Immer-
MA.NN Münchh. 3, 159;
bald streut sie alles in den wind,
und eilt hinunter in den garten,
ich liinterber. Bcrger 19';
der wildgraf schwang
sich übern rasen rasch voran,
und hinterher, bei ki^all und klang,
der trosz mit hund und rosz und mann. 70';
hinterher sein, etwas verfolgen, zu erreichen suchen : ihre ver-
dammte Schuldigkeit ist, wie das weiter hinterlior zu sein.
Fbettac handschr. 3, 22 ;
und es Helen wenig tropfen
auf den grünen boden nieder.
emsig waren drauf die biencn
hinterher, und saugten fleiszig. Gütue 2, 175.
2) seitlich:
Biancbera reichen, wann sie (Fortuna) kaum gerüllei
seinen kästen, hoch bis an den rand,
hat sie hinterher den strick getrillei,
tuul ihn aufgeknüpft durch eigne band. Kürckr 57'.
mNTERHI.N, adv. nach hinten hin, von einem tpreclienden
weg. bairisch. Scum. 1,1137 Fromm.; liinterhin gfin, kemen,
von schwangern auf dem lande, sich in die hintere tlube otler
kammer zurückziehen, niederkommen: einen verslorbeneti hiiitcr-
hin richten, an der obern Isar, ihm die gMesdienste richtig halten
lassen, dat.
HINTERHIKN, n. beim entbryo der siugethiere und vögel die
hinterste aUheilung der gdiirnanlage.
HINTERHOF, m. hinlerer hof: dazu »ein hau«, darinnen er
Honel, im hiiidiTliof. 1 kOn. 7, h. i« litrtchaßslidusern derjenige
hof, der ton stallen und wagenschui>pen, auch von gebäuden worin
die dienertchaß wohnt, umgeben ist, /ranz, basse-cour :
lux durch den binterhof die roii uuil diener i-iii.
A. Grtpuius 1698 1,230.
RIffTERHORN, fi. plur. bioterbOrner, hintere abtheilung der
MMe» iei granhimes.
HINTERHIJT, f l) die nachhid, der hinler dem hauplheere
befindliche und dasselbe deckende truppentheil, sowie der ort, wo
derselbe weilt: nun hellen aber die von Augspurg nin grosze
hinderhuct. d. stddtcrhr. 5, 50, 37 ; also kam ir hindcrhuet gar
pald mit 150 pförden. 173, 14 ; machten ain ansclilag und
slieszen (formierten) ain hinderhuet mit 70 pfänden. 249, 13.
dann auch [wie liinicrhalt 3) verborgene stelle und truppe, um
einen feind zu überfallen: laszl uns den gröslen ihcil unsers
hanfens in die binderhnt verstecken. Amadis 93; (ein ritter)
welcher heran szer auf ein spitz eines felsen gieng, und auf
allen seilen umb sich sähe, ob er kein hindcrhut und leut
entdecken möchte. 356; bildlieh: derhalben versteckt sich der
knab Cupido in die hinderhut. 16;
ein hinderhut von nötlien ist (heim angriff des feindes).
I'hil. lAigd. 4. 113.
bei Eyring masc. :
bat noch ein guten binierhut,
der thut ihn (den feind) bald flüchtig verjagn. 1,13.
2) allgemeiner, schütz, anhält, stütze: hinterhut subsidium.
Frischlin nomencl. 471; gute binderhru an haab und gut,
thesaurus, subsidium. Maaler 223'; auf einen bauw an galt ein
hinderhut haben, galt an ein ort legen ze bauwen, seponere
pecuniam in aedificationem. das.;
wo muot und jugent ist an (ohne) guot,
do hat die lieb kein binderhnol. fastn. sp. 131, "20;
und dieser trosi (o got) der frommen hinderhut,
berichtet möniglich wamit er sich zu üben. Wkckherlin 66.
3) wie hinterhall 2, verslecktsein des gemütes, hinterlist: und
will mit der schlangen bedeuten, das wir die listigkeit, hinder-
hut und syn des teufeis ausz der schlangen erkennen sollen.
Mei-anchthons anzeigung in eil. schwersten cap. \.b. Mose über-
setzt (1523) 12; auch blosz Zurückhaltung:
und alles, was er {der narr) hört und sieht,
das lest er unbegeckert nicht,
ohn all schcw und hinderhut,
darumb man in oft blewen thut. H. Sachs 5, 366".
HINTERKAMMER, f., hintere kammer eines bauses.
HINTERKASTELL, n. 1) das Mnlere kaslell eines scliiffes, tm
gegensalz des vorderkastells. Jacobsson 2,260*.
2) scfierzhaß für hinterer: warum will er sich selbst eine
ruthe für sein eignes hinterkastccl binden? J. G. MCller Siegfr.
V. Lindenb. (1790) 3, 143.
HINTERKAUFEN, verb. durch kauf belrügeu : der ha die
kaufmannische beutelzauser und geltraauser, die genuesische,
florenzische und vencdisch buchhaltung gelehret : und wie
man die handwcrk soll vertrucken: Iretten und spotten, an,
vor und hinderkaufen. Garg. 190".
HINTERKEHREN, t>er6. Irans, nach hinten kehren, der kentnis
vorenthalten :
im Josephus selbst, der nichts nicht hinterkehrt,
was bei den Juden nur geschehn ist wissenswerth.
Opitz Hugo Grolius' Wahrheit f. 376.
HINTERKEULE, f. der hintere oberscfienkel eines essbaren
thieres: hinterkeuie eines kalbes, eines hasen : als sie die
herren zuiR genusz einer hinterkeuie des erdaufwühlenden
ebers aufgefordert . . hatte. Freytag handschr. 2.228.
HINTERKIEMER, «i. thiere mit hintetwärls gelegenen kiemen:
die hinterkiemer oder ophisthobrunchia der Kieler bucht von
H. A. Meyer und K. Mübius erschien zu l.ei}i:ig 1865.
HINTERKLAFFEN, verb. hitUer dem rücken schelten, »cr-
Idumden : hinderclaflen diffamarc Dief. 181*.
HINTERKLÄFFEH, wi. verldumder:
wil nu ein hinderclefTcr gein dir rüemen sich.
Kalmar, meistert. 18, 45.
HINTERKLAFTHJKEIT, f verldumdung: ich wil mich für
zweierlei, nach des h. Augustini lehre, sonderlich hüllen,
als: far denen, so durch ihre hintcrkblTligkeit vil unrcchtx
unter den menschen stiften , und dem gleisuer. Butscukt
Palm. 71.
HINTERKLAUE, f. hinkre Idaue eines vigrfisters.
HINTERKOMMEN, verb. Ititüer einen kommen; daher
1) Um idierführen. IIaitaus 015: da solcher hinderkonuucn
wird, oder von dem pniviandtnicister und marklennergekln|ci.
IIkutkr v. Spkir krieg.sordn. 33;
.»6lcbii über bn»tu ails verauhtot,
noch je einmnl bei dir hetrnohtet,
dn» gut dein luik wird liinderhuniiii (liahinler kommen).
BcBBUN Stuatme 5, 4, •. 207.
2) iTin umgehen, betrügen, iiberlisten {wegen itr begrifftml-
wirkelung vergl. ultrn hiiiln^eliin .«;>. i.'iou): hiiilrrkniueii und
1 509 HINTERKOPF — HINTERLASSEN
gekawfte urteil. Ä. v. Evbe 41' ; darumb sollen wir . . dieses
zeuberers argelist wol erkennen, auf dasz er uns nicht so
sicher und schieferig hinterkomme. Lütbeb tischr. 205'; also
ward er . . ton seinem eipen volk mit listen hinderkummen.
Frank weltb. 231'.
HINTEEIKOPF, m. occiput, occipüium. Stieler 1012.
HINTERKOPFLOS, adj.: dem kurznasigen, halbstirnigen
und hinterkopflosen volke (den Engländern). H. Heijce 9, 136.
HINTERKORN, n. unterkorn, geringeres körn; vergl. hinter-
frucht, hintergetreide.
HINTERKOSER. n. verläutnder (vgl. kosen th. 5,1844.1845):
verleiunbder, hinderkoser und verlesterer. Mathesids kate-
chismus 225.
HINTERKRATZEN, verb.: der falschen erdichtungen , mit
welchen mich etliche Raszier, wie vorwärts leckende katzen
hinderkratzt. L. Thlbneiszer wAhgedrung. aussehreib. 1, 104.
HINTERKRIECHEN, verb. mit schleichender hinterlist bethOren :
denn ist der fromb verklecket worn,
und weisz nicht, wer ihm hat geschorn,
so hats ihm thun der heuchler schnöd,
mit seiner falschen zungen öd,
der ihm Schmeichlern hat hinterkrochen,
darnoch vei^iflet und gestochen. H. Sachs 2,4,43'.
HINTERLADER, m. neu aufgekommener name ßr ein von
hinten zu ladendes schieszgewehr.
HINTERLADüNG, f. Uidung eines schieszgetcehrs von hinten;
mit einigen tceiterbildungen: hinterladungsgewehr, hinterladungs-
geschütz, hinterladungskanone.
HINTERLAG, m.: der hinderlag, das hinder einen gelegt
ist oder einem zu gehalten gäben, deposUum. Maaler 223'.
HINTERL.\GE, f. tcas das vorige, deponiertes geld oder gut.
HINTERLAND, n. der hinter einer hauplstadt gelegene, von ihr
wirtschaftlich oder poUtisch abhängige lanJstrich.
HINTERLÄNDER, m. bewohner eines solchen landstriches.
HINTERL.\SZ, m. l) das was zurückgelassen oder hinterlassen
wird: absichtlicher hinterlasz (liegen lassen eines handschuhs).
MusÄLS 3, '25 ; was du während der zeit vom hinterlasse ver-
storbener bürger dir hast aneignen können. Fichte über die
franz. revol. 149.
2) das zurückbleiben des hinterfuszes gegen den vordem in der
fährte des hirsches, auch zurückbleiben, erfüllung des hirsches
genannt. Jacobsso?i 2,260*.
3) im Nassauischen heiszt hinterlasz (hinterlosz gesprochen) der
hintere theil eines gebäudes. Kehrein 198. vgl. gelasz.
HINTERLASSEN, verb. l) hinter sich lassen, einen ort ver-
lassen :
man siebt es auch daran,
dasz diese kraft die see empor bewegen kan
aus ihrer teufe her, kan städte ganz verschlingen,
kan Völker ihren sitz zu hinterlassen zwingen. Opitz 1,43;
kaum hinterliesz sein ross der festung ehrnes thor.
J. E. SCHLBCEL 4, 8 ;
aufgeschüttert von des mitleids triebe
hinterlass es (^ein liebendes paar) betend unser grab.
ßi;sGSR 101*.
2) unterlassen: beides den leib und die seel betreffend,
jenem habt ihr bei ihrem (der tochler) leben zu rahten kein
mittel hinterlassen, habt verständige ärzte gefordert. Opitz
2. 302. vgl. hinterlässig.
3) hinter sich lassen, zurücklassen, eine person, sache, befehle
nachricht: wo hast du sie (ritter) hinderlassen? sagt die
königin. Amadis 264 ; ich sehe wol. . . das ihr streitbare dapfere
leut seiet, doch halt ich darvor, die, so euch diese zeichen
(schrammen am leibe) hinderlassen, müssen noch dapferer sein,
als ihr. Zinkgref apophth. 1,131; die see bei Zirkmisz in Kärnten,
dessen wasser (nach seinem ablaufen) fisch . zwo eleu lang,
hinderläst. Simpl. 2, 195 Kurz; der bediente gieng und hinter-
liesz Wilhelmen eins von seinen lichtem. Göthe is, 25S ; über-
fiel mich ein blntsturz , der, ob er gleich nicht gerährlich
war und schnell vorüberging, doch lange zeit eine merkliche
Schwachheit hinterliesz. 19,309; meine kerls haben ihnen ein
andenken hinterlassen, sie werden ihre neun monate dran
zu schleppen haben. Schiller rduber 2,3;
Karlof. er will
doch wiederkommen? hinterliesz er nicht?
prior, vor mittag noch, versprach er. kartos 2, 14.
4) namentlich bezüglich eines gestorbenen: die alten haben
denen nachkommen zu ihrer zeit mehr denkmale ihrer tapfer-
keit hinterlassen als jetzo zu geschehen pfleget. Ett.ner tin-
gewissenhafler apotheker (noo) 89 ; (der kaiser welcher) den unglück-
seligen prinzen Xemiudu, al* uiuit^eu erben und besitxer des
HINTERLASSENSCHAFT — HINTERLEGER 1510
groszen reich» Pegu, hinterlassen halte. Zigler Banise bO ; ich
kann dir keine reichthümer hinterlassen, deine gestalt und
deine gaben sind alles was du hast. Wielard 12,89; das
recept zu dieser Willensstärke hat er uns nicht hinterlassen.
RiEHL eulturgescA. nov. 405;
ein auftrag, sagte sie,
den marquis Posa hinterlassen. Schillki Kariös 5,6:
ich gab
zwei könige dem spanscben thron und hoffte,
ein fest gegründet werk zu hinterlassen. 5, 10.
part. hintergelassen für hinterlassen: hait der miszthädiger
nit so viel hindergelassen, dasz man die kosten erlegen kan.
weisth. 2,318 (ron 1508).
5) der hirsch hinterläszt, icird in der Jägersprache vom kirsch
gesagt, bei dem die fährte des hinterlaufs gegen die des vorder-
laufs zurückbleibt, s. oben hinterlasz 2.
HINTERLASSENSCHAFT, f. das von einem verstorbenen,
auch ron einem weggegangenen, hinterlasse ne.
HINTERLÄSSIG, adj. nachlässig, vgl. oben hinterlassen 2:
denn er ist liederlich und hinderlessig. Fronspercer kriegsb.
1, 69* ; aus meinem magern und ausgehungerten anblick und
hinterlässiger aufziehung. Simpl. i (1713) s. 69, die früheren
ausgaben ciber lesen hinlässig.
HINTERLASSUNG, /". das zurücJÜassen , hitUerlassung : er
entfernte sich mit hinterlassung bedeutender schulden ; er
starb unter hinterlassung eines kindes.
HINTERLASTIG, adj. nach hinten zu beladen, oder über-
laden : ein schiff ist hinterlastig, s. vorlastig.
HINTERLAUF, m. das hinterbein vier füsziger jagdbarer thiere :
der hinderlauf am basen, lumbus leporis Maaler 223'; rech-
I Schlegel, hinderlauf, bug vom rech, hirschenlummel, lämmer-
j praten. Garg. 53*. — Auch in der form lauft : die hinterläufte
des hasen.
HINTERLAUFEN, verb. insidioso cursu circumvenire. Stieler
1085. vgl. hintergehen, hinterkommen.
HINTERLEDER, n. derjenige ihtil des sckuhes, der die ferse
umgibt.
HINTERLEGEN, verb. l) verwahrlich niederlegen bei einem
(vgl. hinter einen legen oben sp. 1492) : hinterlegen, deponere,
commütere, sequestrare Haltags 915 (mit belegen aus dem 16. jh.) ;
sequestrare hinder den scheidman legen, sequestratio das hin-
derlegen Alberüs Li*; der nit nach dem seckel stell und
greift, sein band nit legt an hinderlegt gelt. Agr. spr. (1560)
212*; von hinterlegten geldt ist der dritte pfennig desz »chult-
eiszen. Kirchhof mil. disc. 257 ; sie verlasse keinen besseren
schätz hinder ihr, als den, welchen sie bei den armen, und
dann bei den wolverdienten dienern hinderlegl hätte. Zins-
CREF apophth. 1, 162 ; hundert thaler muszte sie damahls
caution hinterlegen bis zur ausgemachten sach. Fr. MCller
1,274; vor kurzem jedoch ist mir offenbart worden, dasz es
(das testamenl) im hiesigen polizeiarchive . . hinterlegt worden
sei. IxiiERHANN Münchh. 2,164;
reichthum macht nur mutb,
wenn mans gebraucht wie hinterlegt gut.
SiaROCK spnchw. s. 452.
auch für suh verwahren, zurücklegen, von erspamissen:
wann mein feld mir so viel garben, als der krieg trug unrecht,
trägt,
wil ich haben grosze schätze gar in kurzem hinterlegt.
LoGAU 3, 110, 51.
Früher sagte man sich hinderlegen mit etwas, steh mU Hmas
verwahren, versehen :
ein wolf eis mäls, als man uns seit,
hat sich mit spise binderleit.
in einer vluo nät er ein hol
mit guoter »pis gevüilet wol. edetsiein 56, 2.
2) zurücklegen, zurückhalten: will ich auch, was mir disz-
fals zu gemüth kommen ist, nicht hinterlegen. Spke g. tugend-
buch C97; zurückhalten, utUerdrücken : der limoniensaft hinder-
legt das zittern des herzen. Tabernaem. 1868.
3) zurücklegen, die lebensjahre: anerwündschen, das dieselbe
noch vil einkommende jähre bei ersprieszlichem wohiwesen
hinterlegen mögen. Rctscbky kanzl. 529;
jetzt befiehlt der kurze rest von dem hinterlegten jähre
meiner alten Schuldigkeit, dasz sie keinen weihrauch spare.
GÖMHER 852.
HINTERLEGER, m. l) der etwas hinterlegt, diniert.
2) im bergwtrk eines der bretstücke, mittels deren bei der thür-
itockzimmerung der zwischen den thürstöcken an der forste und
an den stiuen offen bleibende räum verwahrt wird, Veith 273.
1511 HINTERLEGUNG — HINTERMANN
HINTERMÄSZIG — HINTERREDEN 1512
HINTERLEGUNG, f. deposUio. \
HLNTERLEHiSE, f. bei den bleiarbeüem der läiUertlieü ihrer \
kufe, auch rücklehne.
HINTERLEIB, m. hinterer theü des leilies bei thieren.
HINTERLEITIG, HINTERLEITISCH, adj. auf einem berg-
hang (einer leite) lieijend, welcher sich fiegen norden senkt und j
daher vxnig sonne hat. in Baiem. Schm. 1, 1137 Fromm. — !
vgl. olien hinten sp. 1484.
HINTERLING, m. rückgang, rückstand; nachtheil, schaden,
sehveiicrisch Tobler 262': im hinderling sein, zurück sein,
1. b. in einer arbeit. Stalder 2, 44. In Kärnten ist hinterlink,
in noch sinnlicherer bedeutung name einer wiese und eines ackers,
auch für podex. Lexer 142.
HINTERLIST, f. kunst hinter jemandes rücken zu dessen
schaden angewendet, versteckte arglist, nachstellung, falhtrick ;
mhd. hinderlist Le-yer wb. 1,1295: hinderlist, insidiae, durch
hinderlist, insidiose Maaler 223'; hinderlist, insidiae, technae,
plagae Stieler 1168; dieser (Pharao) treib hinderlist mit un-
serm geschlechte, und handelt unser veter übel, apostelgesch.
7,19; dieweil ich tückisch war, habe ich euch mit hinder-
list gefangen. 2 Cor. 12, 17 ; des feindes hinterlist entgehen,
tnsidias inimici vitare. Steinbacb 1, 1059 ;
dein vater Siegewin (mög er im abgnind brennen !)
trug über meinen einst bei einem offnen rennen
mit hinterlist den dank davon. Wieland 22,23 (Ob. 1,35).
auch im plur.:
Mars hat dir oft geflucht,
wenn du Ton fernen hast dem, der dich hat besucht,
sein hfiuflein nutzbar vieh für dessen (jenes, des Mars) hintsr-
listen,
wo ginzlich nicht bewahrt, doch vielmals helfen fristen.
LocAO 1, 192;
gebunden ward der fürst der hinterlisten.
Arndt ged. (1340) 429.
HINTERLISTEN, verb. insidiis aliquem petere, tentare, inclu-
dere. Stieler 1169.
HINTERLISTER, m. ; welches äugen snell varend sint und
scharpfsihtig, der ist ain betrieger, ain hindcrlister und ain
diep. Megenberc 43, 27.
HINTERLISTIG, adj. und adv. insidiosus, insidiose, mhd.
hinderlistec : welher mensch tief äugen hat vast hin ein ge-
setzt in da; haupt, der ist kündig oder hinterlistig und ain
betrieger . . . aber wenne diu äugen nach der lengen ge-
setzt sind, so ist der mensch hinderlistich und ain betrieger.
Mecekberc 43,20. 24; sie (die fleischliche liebe) ist eigennützig,
hinderlislig, schalkbaftig. Agr. spr. (1560) 298*.
HINTERLISTIGKEIT, f. hinterlistiges wesen, insidiae. Stein-
bach 1, 1060 :
wann er uns vor oft hat erzeigt
solche falsche hinterlistigkcit. fasln, sp. 81, 33.
HINTERLOCH, n. anus: es werden als leckerbissen aufgestellt
storken, ohn das hinterloch, darinn der frOsch hindenrier-
theil unverdawet ligen. Garg. 42*.
HINTERLOCKE, f, plur. hinterlocken, sind beim perrücken-
macher die haarlocken einer stulzperrücke am hintertheile des
köpfet. Jacobsson 2, 260\
HINTERLCGEN, verb. durch lügen benachtheiligen, zurück-
bringen: das ich falsche gezügnisz geben hab wider min
nechsten, den betrogen oder hinderlogen hab. manuale eu-
ratorum (1506) 85,2;
der fründ zertrag und hinderlieg. Bramt narrensch. 7,27.
HINTERMANN, m. der hinler einem andern sleliende mann;
im allgemeinen: dasz der junge mann (im theater) zum ver-
drusz seiner hintennänner den but aufbehalten und ihn
bartnackig das ganze stQck hindurch nicht abgethan hatte.
GOtbe 19,230; hgtte die unartige gewohnhcit, seinen stock
horizontal unter den arm zu nehmen, wobei er seinen hinter-
mann einigemale empfindlich auf den bauch gcstoszen hatte.
Uacklämoer neue geschichten (lt)C7) 290; pertonificirend von einem
gUede des körpert (beim tchriltschulifahren,) wo dus vurwürts-
dringen dem zurückbleibenden fusze zukommt, indem er
zugleich die Obliegenheit übernimmt, noch eine solche an-
rcgung zu geben, dasz sein nunmehriger hintermann auch
wieder eine zeit lang sieb vorwärts zu bewegen die beslim-
mung erhalt. GOtre M, 125 ; müüiritch, der im zweiten oder
dritten gliede stehende mann:
auf die kniee geworfen,
feuern die vordem, viele tleben nicht mehr auf,
locken reitxt die streifende karttUiche,
auf TonnaoDi rümpfe nprlngt dar hlniermann.
8f an I la äis tdäaeht.
hintermann in der Schiffahrt, der beistdnder, oder ein schiff,
welches dem flaggenschiffe hinten zum beistände gegeben wird.
Jacobsson 2, 260'.
HINTERMÄSZIG, adj. nach art eines kintem: dieweil die
pferde haben . . auch gröszere cammern, wSrmförmige und
hindcrmäszige trüszlein, den das hirn der menschen. Uffen-
bach rossarznei (1603) s. 8. — vgl. hinterförmig.
HINTERMADL, n. ßr podex. Luther 6,495'. Leyermatzs
lusHißr correspondenziieist (1668) s. 139.
HINTERM STRAUCH, m. name für einen buschklepper, draszen-
räuber. Kirchhof wendunm. 283'.
HINTERNAHT, /". die naht, die an den hinterquartieren eines
Schuhes herunterijcht.
HINTERNIEDERLASZ, m. nennt es der jdger, wenn eine
sau mit dem hinlerfusz völlig zu boden tritt. Jacobsson 2, 260'.
HINTERNIETEN, verb. vernieten, durch umgeschlagene nägel
fest nieten:
da fand der bawr ein Ssscbcn holz,
war zäh und grad gleich einem bolz,
als ers het in die axt geschnitten
zu masz, mit negeln hindernieten,
er hieb ab mit seiner axt bald
all bäum nach einander im waldt.
B. Waldu Esop i, 39, 12.
HINTERPFAND, n. im bergbau holz, welches zwischen die
Verzimmerung und das gebirge eingetrieben wird um die Zim-
merung zu befestigen.
HINTERPFÄNDEN, verb. holz zwischen die Zimmerung und
das gebirge, zur Sicherung der erstem, eintreäien, auch ver-
pfänden.
HINTERPFÄNDUNG, (. die cintreibung solches holzet, bei
Jacobsson 2, 260' steht die verderbte form hinterpfännige im
sinne von hinterpfand.
HINTERPFANNE, f. im salzwerk die gradierpfanne, weil sie
sich hinter der siedepfanne befindet.
HINTERPFÖRTCHEN, n. kleine Mnterp forte; auch verhälUnd
für podex.
HINTERPFORTE, f. hintere pforte eines hauses, hofes oder
gartens; auf schiffen hintere schieszscharte.
HINTERPFOTE, f hintere pfote bei thieren.
HINTERQUARTIER, n. hinteres quartier eines hauses; beim
Schuhmacher die hälfle desjenigen ilieiles des schuhes, der die
fersen umgibt, so dasz zwei hinterquarliere das Unterleder aus-
machen. Jacobsson 2,261'; sonst verhüllend ßr podex; to in
Vorarlberg (Wolfs zeitschr. f. myth. 2, 52) wie in Niederdeuttch-
land :
dit deit de hoffart bi dem, dem na ehr
und bavenan Sitten jöket dat hinlerquarteer.
LAURiasBRc 3, 482 Lappenb.
HINTERRAD, n. hinteres rad eines wagens. beim seiler ein
rad worauf mit beihilfe des Vorderrades mehrere einzelne ge-
sponnene fäden zu einem bindfaden rund zusammengesponnen
werden. Jacobsson 2, 261'.
HINTERRAST, f in einem büchsen- oder flintenschlosz der
hinterste einschnitt und der daraus entstandene haken der nusz.
HINTERRAUFWOLLE, f. diejenige brauchbare ifo//e, die
nach dem kämmen hinter der kdmmlingswoUe nach dem stiele
des kammes zu sitzt, und deswegen so genannt wird, weil man
sie hinterwärts von dem kämm abrauft. Jacobsson 2, 26l'.
HINTERRAUM, m. hinterer räum, eines hauses, schiffes,
kaslens u. dhnl.
HINTERREDE, f afterrede, verldumdung, mhd. hinderrede:
mit hinderred und liegen grosz
gibt er gar manchem einen stosi.
Brant narrenteh. 7, 5 ;
das döt yeti trihen yederman
mit hinderred, abschnyd der cre. 101, 13;
hinterred des guten. Überschrift von 110.
HINTERREDEN, verb. afterreden, verlAumden, mhd. hinder-
reden : einen hindcrrcdi-n, rinem ahwilsenden schandtlich zu-
reden, male loqui abtenti, contumeliote aliquid dicere de absentt-
bus, einen binderreden, verschwatzen und vertragen, rodrre
aliquem. Maaler 223'; biet dich ourh, . . d; du nil cint-
wcders ander hinderredest, oder nit ander hinderreden bOresi.
GencENBACn 182,593; ollen gemeinen heiligen conrilien widrr-
apricht er olTeiitlicb, mit unvcrscheinptem iniind, und hinder-
redt« mit gottsicsterlicber zungcn. pdpsll. brere bei Liithkr
2,28«'; (einfdltige) die Paulum hinderredctend, er wäre nit
der trctnichen boten einer. Zwincli 1,177; ein «fihOrrr der
papisten soll alle predigcr goilit licn woris ientcrn, verm htcn.
1513 HINTERREDER— HINTERRÜCKLICH
HINTERRÜCKS — HINTERSASSE 1514
schmehen, sehenden, hinderreden, beilegen und helfen ver-
folgen und verjagen. Schade sai. u. pasqu. 2, 265, 22 ; mit
aufhetzen und hinterreden will er sich selbst die zeit, die
ihm zur last ist, vertreiben. Pestalozzi Lienh. u. Gertr. l, 165 ;
worheit ist sterker dann all die
mich hinderreden. Brant narrensdi. 104,62;
und hinderredet alle frist
manchen, der nit ru gegen ist. 110*, 125.
HINTERREDER, m. afterreder, rerläumder : der hinterreder,
verschwätzer, schmäher, lästerer, mordax horno, detracior, ob-
tredator. M aaler 223'; oblrectator hinderreder Dief. 391*; die
hinderreder und nachsprecher. S. Rrast bei Steishöwel 113 ;
Salomon spricht, du solt dich nit mit den hinterredern ver-
mischlen. Ge5GE!«bach 193,609.
HINTERREDUNG, /". obtrectatio : hinderredungen, schmaach-
reden, iniqui sermones Haaleb 223'.
HINTERREST, m.: gesetzt, einer von uns nähme ein
kurschwert und schnitte ihn {den reichskörper) damit wie
einen ohrwurm entzwei, so würde sich die gezähnte bälfte
eben wie der gespaltene ohrwurm umkehren und den hinter-
rest rein aufspeisen. J. Pacl Tit. 1,25.
HINTERRITTIG, adj. : ist es {das pferd) auch hinterritlig,
und nicht kützlich? beiszt oder schlägt es auch irgend? d.
bdrtiqte frauenz. 56.
HINTERRÜCK, ade. a tergo; enge Verbindung der praepos.
hinter mit dem alten accusativ des subst. rücken, aithd. hrucki,
rukke, mhd. rukke, rükke. der accusativ ü( bedingt durch
rerben der bewegung, die zufrühest mit jener Verbindung er-
scheinen : dana gewendet habest du unsih hinder rukke
{avertisti nos retrorsum). Notier ps. 43, 11 ; tana werden ge-
wendet hinder rukke {arertantur retrorsum). 69, 4 ;
ir solt mir hinderrucke siän
mine bende imd die binden, pass. 851, 50 Köpke';
«TM es anderveit in freierer ßqung heiszt: sal umi {ihm) dan
bindi die hende bindir sienin rucki undi die duibi dar uf.
Mähthiuser reehtsbuch in den neuen miüheil. des thüring.-sdehs.
Vereins 7, 1 (1843) s. 83 ; später, bei enger vervachsung beider
theile, stehen auch andere als verben jener ort: wiewohl die
feindt zwen grosze vortheil gehabt haben (weder wir) nem-
lich den berg und die sonn hinderrück, wahrhaftige und
gewisse newe zeiiunq (1543) A 2* ; griffen sie denselbigen häufen
binderruck widerumb an. Fronsperger 3, 252*. hinterrück
nimmt die nebenbedeutunQ heimlich, unversehens an :
aber verliegen hinter ruck
das sei yetz syn ein meisterstuck.
Braut Harren«;/!. 101,9;
falsch binternick und gut vor äugen.
H. Sachs 2,2,43»;
dasz wir den Neidbart hinderrück
überlisten durch dises stück. 4, 3, 52* ;
man frage im umb dise stuck
warumb er fräfen bindemick
on üwer urloub predige toufe. trag. Jnh. E 7.
vgl. hinterrücken, hinterrückens, hinterrücks.
HINTERRCCKEN , m. hinlerer theil des rückens; bei den
säugethieren die gegend über dem abdomen, bei den vögeln das
schwanzende, bei den insecten der obere theil des hinterieibes.
HINTERRCCKEN, adv. jüngere form fftr hinterrück: die
liebe der aufrichtigen gemüther ist so wohl hinterrücken als
in gegenwarth allezeit einerlei, pers. rosenthal 2, 4.
HINTERRÜCKENS, adv. enge Verbindung der praepos. hinter
mit dem gen. rückens {vgl. hinterrücks): wenn er dich hin-
terrückens lästert, pers. rosenth. 1,27 {dafür getrennt hinter
rückens. 8,38); gelehrte und hochverständige männer, welche
sie . . in ihrem abwesen und hinterrückens schmähen. Rist
friedejauchz. Teutschland, vorbericht.
HINTERRÜCKIG, adj. hinter eines rücken befindlich, versteckt,
mit böser nebenhedeutunq : dem entgegen begann Metternich
schon hier jene hinterrückige politik. Gervisos gesch. des
19. jahrh. 1, 197. als adverbium : ist nicht manche lose fettel
80 vermessen, welche, wann sie eines kinds an frembden
ort geneset, sich unterstehet, auch fremde tauf- und zu-
nahmen einer andern ehrlichen weibsperson hintemickig zu
spendirn, und in das taufbuch mit vorsätzlicher verschweigung
ihres eignen namens und wandeis fälschlich einverleiben zu
lassen? Abele künstl. unordn. 70.
HINTERRÜCKLICH, adj. und adv.: hinderrücklichen handel
wider und gegen mir . . geübt. Reucbli!« aug. i* ;
(die reserve sehe) das ich oieht von den losen possen
hindeiTüeklich werde bp«chlo»«en. froichmdus. Zx8'.
HINTERRÜCKS, enge Verbindung der praep. hinter mk dem
alten genUir von rücken, einst nicke, rergl. hinter II, 3 sp. 1495,
zufrühest in präposüionalem gebrauche bejegnend: dis bitt und
I»eger ist och in kainen weg binderrncks des bischoffs und
abbt Johannes gcschechen. Oebein cAron. r. Reichenau 41,25;
sonst als adcerb, im sinne von
1) hinter eines rücken, von hinten: also innen würde, dasz
ich im die anken binderrücks genommen. Frej gartenges. i2;
ich wurde in meiner stattlichen rede durch eine noch statt-
lichere unterbrochen, mit der mich mein wirth hinterrück«
anfiel. ThI^iiiiel 4,333; einen hinterrücks bei dem raantel
nehmen , aliquem pone pallio apprehendere. Steixbach 2. 303 ;
es geschieht hinterrücks, a tergo fit. das.; die feinde hinter-
rücks angreifen, hostes a tergo adoriri. das.; hier nimm diesen
degen. hurtig! jag mir ihn hinterrücks in den bauch. Schiller
raub. 5,1; weiber hinterrücks in den bauch zu stechen. 3,2;
deutet der superklugen gerechtigkeit hinterrücks eselsohren.
2, 3, die erste ausgäbe las ohne umlaut hinterrücks ;
kein schwert, das nicht den bund gebrochen,.
nicht hinterrücks den gegenmann durchstochen.
Göthk 12, 214.
namentHeh mit verben des schmähens und rerläumdens: das ver-
mupfen oder verspotten binderrücks, postiea sanna. Maaler
223' ; wegen derer mir hinterrücks zugefügten rerwundungen.
RoTSCHST kanzl. 15;
wer gern am tisch von leuten sagt,
und einen binderrücks verklagt,
dem sei man ja nicht glauben bald. Phil. Imgd. 4, 274;
wer reine tugend liebt,
bricht weder treu noch eid und achtet kein verklagen,
dafem er hinterrücks wird giftig angetragen,
A. GiTPHics 169« 1,446;
bis Amory, der feiod von seinem hause,
beim kaiser (dessen huld sein vater schon Terscherzt)
ihn hinterrücks gar böslich angeschwärzt.
WiKLA^D 22,21 (Oheron 1,30);
die jämmerlichen ! niedrig erst zu schmeicheln,
und hinterrücks mit bösem wort zu nrorden! Tieci 3, 296;
in Verbindung mit seinem gegensatze :
du schmähst mich hinterriicks? das soll mich wenig kränken,
du lobst mich ins gesiebt? das will ich dir gedenken!
LxssrfG 1, 11.
2) mit dem Ticken voran, rücklings: er fiel hinterrücks zu
boden; mein glück gehet binderrücks, m modum ocüpedis
proeedunt omnia caneri. Stieler 1572; herr Peter Fix machte
einen bückling auf der stelle, that dann rücklings drei grosze
grosze schritte und fabricirte seinen zweiten bückling, gieng
darauf, immer hinterrücks, bis vollends an die thür. Siegfr.
V. Lindenb. 2,25; hinterrücks auf einer ruhbank gelehnt.
Stcbz 1, 15.
3) auch im rücken, hinten : keinen feind hinterrücks lassen,
nullum hostem relinquere. Stei!»bach2, 303; da ist keine augen-
dienerei und vorwärts ein emsig thun und hinterrücks faul-
heit und hotscherei. J. Gotthelf schuldenb. 404.
HINTERRÜCKSINNIG, adj. : warausz wollen wir aber solche
des Vives auszbündige ebfraw schnitzen und schnetzelen?. . .
ausz Pirre hinderrucksinnigen wackensteinen, oder des Hans-
sachsen hundsschwanz. Garq. 70'.
HINTERRUDERER, m. remex in puppi. Frischlis nomine/. 463.
HINTERSASSE, H1NTERS.\SSE. m. schutzverwandter, mhd.
hinders«je, die mitteldeutsche form hindersäze, mit einer un-
gewiss wann einqetretenen vocaikürzung bindersasse (Haltacs
916 /".) hat in der Schriftsprache nachher den sieg über die erstere
davon getragen, die noch im 16. jahrh. sehr gewöhnlich in ober-
deutschen quellen erscheint. Das wort bedeulH
1) einen der hinter einem herm ivgl. hinter H, l.d sp. 1489)
in dessen schütze angesessen ist, als diener, zusüger, unterthan,
zinspflichli,er : der hindersäsz, ein frömbder, der sich in
unser statt und landschaft gesetzt hat, incola. Maaler 223';
hindersäsz, olim montmann, incola precarius Stieler 2038;
hendersAsz, jeder einwohner der kein landsmann ist, der nieder-
gelassene, der nichtlandesbürger. Tobler 262*; wer under den
obgenanten herren und vögten sitzet, er sye eigenman oder
hindersäss. weiäh. 1, 79 (Zürich, 15. jahrh.) ; noch nier Übels
verbringen etlieh (adeliche) . . an iren hindersessen mit un-
gewonlicher vogtei und hofarbeit mer dann von iren vor-
fordern auf sy geerbt. Keisebsberg granatapfd 1510 Cl*:
diser koler {köhler) was ein hindersesz eines graven. Basler
plenar. (1518) 40*; ich bin ein frömbder und hindersäsz bei
euch, gäbend mir ein erbbegräbnisz bei euch. ZärtrA«r bibel
l.%30 W. It* (l Mos. 23,4, Lcther : fremder und einwohner);
1>516 HINTERSÄSSEL — HINTERSCHLAG
HINTERSCHLÄGEL — HINTERSCHOPF 1516
mit meiner gegen Wertigkeit meiu dienstlicheu willen zu er-
zeigen, nicht als e. k. w. underlhan oder hindersäsz, dieweil
ich mein landt von niemand andcrm , denn von gott und
wehrlicher faust besitze, sonder als c. k. w. gutherzigen nath-
baur und freundt. Amadis 314; dem entsprechend ist später
durch die französische revohition das princip der persönlichen
Vollberechtigung zur geltung gekommen, wonach das volk nicht
mehr der hintersasse privilegirter stände sein, sondern ein
directes Verhältnis zur Staatsgewalt haben soll. Frantz krilik
aller parteien 237;
haben si$, das si ir hindersäsz beschwären,
so sag in für war, es soll si nit lang wem. fasln, sp. 301, M.
plur. hinter$ass«n freier ßr volk, stamm, gegenüber seinem
Herrscher, obersten, rater:
nun was die speis anlangt, so ist euch nicht vergessen,
ilasz gott dem Noe hat erlaub gethan zu essen
was irgends wird durch see, durch land und lul't gesucht,
sowohl als gnines kraut und als der bäume l'ruchi:
disz recht der (Vommc Sem hat seinen bintersassen,
iogleichen Abraham, und Jacob auch, gelassen.
Opitz Grolius' wakrheü s. 3S5.
2) mielsmann, mietliewohner : /»^i/i/jnus hintersäsz Dief. moi.
gloss. 21"'; wer hindorscjen hat oder hausgenojjen, der sdl
haben ze sinen hausgenojen und zö sinen hindersezen ain
prifet. Nürnö. poliz.-ordn. 289.
HINTERSÄSSEL, m. wie hintersasse, unterlhan, srhutzver-
wandter :
herr der wirt, ir schult uns nit verübel haben,
das wir euch so spet heint übertraben.
wir haben doch kuntschaft zu euch herein,
wann wir all eur hintersessel sein (sprechen bauern).
fastn. sp. 567,7.
HINTERSASZHAFTIG, adj. als hintersasse lebend : so hat i r
nit mc zu gebieden, dan über syn hindersaszhaftigen arnu'
lüde, teeisth. i, 51 {Saar, 15. jahrh.).
HINTERSÄSZIG, adj.: unser angehorigen hinderseszigen
armen lüde. urk. v. Eberhard von Eppenstein, herr zu Königstein,
von 1462.
HINTERSÄSZIGKEIT. f. im Hüttenwerk die überlidngige oder
schiefe läge eines floszofens, worin eisenstein geschmolzen wird.
Jacobssor 2, 261'.
HINTERSATTELHOLZ, n. ein rund beschnittenes holz, welches
auf dem hintern ende der zwiesen eingelassen ist, mit dem trarje-
holze durch zwei tragslützen vereinigt wird, und zu mehrerer halt-
harkeil der wagenbdumc dient. Jacobssox 2, 26l'.
HINTERSÄTTLER , m. wie iiintersasse 1, schutzverwandter,
armer unlerthan. auf dörfern sind unterschiedem dem ränge nach
anspänner (vollhüfner, halbhütncr) und hintersättler (kotsäten):
es sollen mir pferdner und anspänner oder hintersättler her-
treten und sagen: Lukas, lasse die flausen! J. Paul flcgelj.
1,«»;
ein schrecken solcher forsten
die nach dem letzten ei
des hintersättlers dürsten. Gökingk 2, 85.
das Wort tst eine mitteldeutsche verderbung von hintersedier, ßr
vdches Haltaus 917 noch die ältere und einfachere form hinder-
sedel {vom jähre 1304) nachweüt. s. auch unten hintersiedler.
HINTERSATZ, f«. /Unterer satz, gegen einen Vordersatz.
HINTERSCHANZE, f das hinterkaslell au f den schiffen. Egcebs
kriegslex. 2 (1757) 754.
HINTERSCHENKEL, m. der hintere schenket bei vierfüszern.
HINTERSCHIFF, n. . hinder- swe achterschiff, puppis, jmsle-
rior pars novit et locus honestior, ubi gt^ernalor sedet, cui pars
opposita dicitur Vorschiff. Stieler 1791.
HINTERSCHLAG, m. l) schlag von hinten, heimtikkücher
schlag, angriff:
npotwoisz mit ihren hinilcrschlegen
all sein ding zum ergtiien ausilegen. H. Sachs 2, 4, 41V
2) das zurückschlagen, zurückkommen, naehlheü: ein ietlicher
vernünftiger mag versteen, wie durch solirh kaiserlich decrel
ein groszer hinderschlag ist hcschehen den VValhen und hilf
und ein cnthaltung den Teiitschen. d. stddterhron. 3,108,2»;
das ward dem kaiser ein groszer hinterschlag ; wann der
babsl gebot zu haut den kurfflrnten, dasz sie weleteii, wann
der wer kein kaiser noch nie gewesen. 123, 13. In der Schweiz
keUzt hintrrsrlilag neben hinlerhalt auch die summe, um welche
eine fierjnomie drmer geworden ist. Staloer 2, 323 ; das zurück-
koTT. anomischen, ! ' ' './. Tohlkh 2ft3'. in Baiern:
t\'- ''lg, die Uli! ■ defrniidntin : neben einer
tclu. — ,„.. .i.Jcntari: au< ..»chlai( iki ein biotertcUag
worden, die suche ist verkehrt oder anders ausgefallen, als man
erwartete. Scnm. 3, 444.
HINTKRSCHLÄGEL, m. hinlere keule eines wildes, kcdbes
u. dhnl.
HINTERSCHLAGEN, verb. zurückschlagen, zurückhalten, mit
persönlichem ohjecl: den selbigen hankarten an sin slat zu
letst die pfründen ühergeh, do fromer lütcn kinder hinder-
geschlagen werden, die vor den selbigen stichlingen nit mögen
. . . fürkommen. Schade sat. 3,60,13; reflexiv, von der zu-
riu:khattung und listigen verbergung seiner eigentlichen meinung:
wer wolt ein Juristen über euch (philosophen) zu eim sirafer
setzen? dann ir habt euch dermaszen hindergeschlagen, das
keisern und häpsten rotwclsch ist, was ir handeint. Para-
cELsus opp. 1, 207 R. mit sächlichem object: er kühlet und heilet
die enlzündung und hinlerschlegt den zuflusz. Tabernaem.
514; es hinderschlägt auch dis wasser die schweisz. 1497;
alles was den mund zusammen ziehet, stopfet, machet dick,
.stoszet aus, hinterschlägt, kältet und trocknet. Hohberc 1,569'.
Schweiz, heiszt hinterschlagen mehr ausgeben als einnehmen, in
den rückstand kommen {s. oben hinlerschlag 2). Tobler 263*.
HINTERSCHLEICHEN, verb. l) von hinten beschleichen, mhd.
hindcrslichen (Lexer wörterb. 1,1297); so vom jäger bezüglich
des wildes: welchen der jäger hindersrhleichet und erleget.
Fischart eA:. 544; aber auch sonst in sinnlicher schärfe, eigent-
lich und bildlich : gehe hin an die thür und gib fleiszig acht,
dasz uns niemand hintcrschleichen möge. engl. comOd. t,Bb3*;
ich hinterschlich sie {bauern) unversehens, und sagte: gute
nacht, oder guten tag. Simpl. 2, 83 Kurz; die liebe hinter-
schleicht die leute wie ein dieb. Bctschüy Palm. 77, sprich-
wörtlich, auch bei Lehmann 1, 499 ; ich soll so ein zwei-achseler
sein und soll sehen, wo ich die leute in ihrer heimligkeit
hinterschleichen kan. Chr. Weise freim. redner 243;
und macht daraus ein scbiingeii
sich gleich daran zu henken.
ich ihet mich kurz bedenken
in eilend bintersclilicii,
sprach ihm zu senriiglich. H. Sacus 2, 2,56*;
das glück ist abj^ewichen.
nuntiat mich huiterschlicben
das brestenhaflig alter. 58";
und hinterschleicht ein wie ein dieb. 3,2,5*;
nimm in acht des todes zeichen,
soll er dich nicht hintcrschleichen. Otho 25.
2) daher berücken, betrügen: wirl ihn berücken und hinder-
schleichen. Luther tischr. 2.^8* ; darumb dasz sie zum ofter-
mal durch gute listige wort . . . sind hinderschlicheu und
betrogen worden. Fronsperger kriegt. 3,142'; der wird von
der opinion hinderschlichen und betrogen , wer nach dem
gemeinen Sprichwort glauben wolle, suum cuique pulchruin.
ScHUPPius 524 ; dasz er {Mirabeau) nicht gesehen hat, wie ihn
der Deutsche unter einer phlegmatischen mine eben so gut
zum besten gehabt haben kann, als er andere zu hintcr-
schleichen gewuszt oder geineint hat. Moser twrro. scAr. 2, 197;
das . . man sie auch fein liinterschleich
mit falschem schein und argem lisl.
Fischart dickt. 2, 366, i:WM hur: ;
mit schmoiciieln viel und mit lialstrichen
müüsondl wir in fry hinderschlicheu. trag. Job. N vij.
3) an das letzte beispiel anknüpfend, mit guten warten zu etwas
vermögen, ohne diisz aber die nlisicht des twlritgens hervortritt:
wenn man inen mit beschaidenheit zukommet, sie sanftiglich
mit glimpf hinterschlaichet, inen mit linden worlen ire unweis
ausredet. Fischabt e/ii. 422; es stehet in des gereimten Eulen-
spiegels vorred, es sei angenemer ermant werden scherzlich
als schmerzlich, .schiinpflirh dann stümpflich . . . also auch
hie. nuisz ich euch ffin hindersrhieirhen, und wie eim kiini
das inusz einstreichen. Uarg. 21*.
niNTFRSCHLEICHER, m. bctrüger :
i>in liuiil!<tn<iRhcr
und durnebon ein hinderschleicher.
FiscHANT Jesuittriml. 628 (dicitt. 2, 258 A'urt).
HINTERStMILElCHl'NG, f: der lod wartet der alten in
der thür und olTentlich. der jungen aber mit listiger hinder-
schlcichung, wenn sie sichs am wenigsten ver.when. CRRtoius
1,247.
HINTERSCHOPF, m. Itintertr Ihml eines Schopfes, einer »cheuei
in der scheuren, lennen, und dem v<ii'- und hioderschopf . .
da banden sie garben, schütteten und warfen kom, . . und
ander«. Oarg. l>»6'.
1517 HINTERSCHREIBEN — HINTERSTÄNDIG
HINTERSTAUDE — HINTERSTELLIG 1518
HÜS'TERSCHREIBEN , i-erb. hinter das sieget einer pfand-
rerschreibung oder in diese verschiedene bedingungen anmerken; ,
auch unterschreiben, vorndmlich Wechsel, in Appenzell. Tobler 263". ;
HIMEBSCHCTTEN, verb. : wo an der festung etwun lücken, '
die nur mit einer schlechten inauren yerwahret weren, hinder-
schülte man dieselben mauren mit erden, wie ein wall. Kirch-
hof disc. mil. 24.
HINTERSEGEL, n. segel des grossen oder besaanmastes.
HIMERSEITE, n. hintere seile: hinterseife des menschen;
auf der hinterseite des briefes steht noch mehr geschrieben ;
ein hagelwetter . . schlug die neuen Spiegelscheiben der gegen
abend gelegenen hinterseite des hauses . . zusammen. GOtbe
24, 43.
HINTERSETZEN, verb. Irans, hinterlegen, als depositum geben.
Halt.\cs 917. im schweizer ischeji unterstfUzen, beistehen. Tobler
2b"3* ; wie sollte ich euer pächter werden können ? das ver-
mag ich nicht ; da musz einer anders mit geld hintersetzt
sein als ich. J. Gotthelf Uli d.kneclU (1S70) 269.
HINTERSETZER, m. unterslützer; hicrge? : waranib hastu
dann so buch, doch lügenhaftig, und selbst als ein hinder-
setzer geschworen? Kirchhof tcendunvi. 2SG'.
HINTERSICH, s. unter hinter sp. 14<J3.
HINTERSIEDLER, m. eine geringe klasse von bauern. Vilm.^r
170. vgl. hintersätller.
HINTERSLNNEN , verb. reß. sieh zurück besinnen, fdier ver-
gangenes nachdenken, in sich gehen (vgl. hinterdenken): solches
machte, dasz ich mich hintersaun und von mir selbst rech-
nung über mein gefürtes leben begehrete. Simpl. 2,10S Kurz;
als hatte ich auch noch so viel Vernunft, mich zu hinder-
sinnen, wie ich gelebt, seit mir die leirerin mein geld ge-
stolen. darauf folgt ein herzliche reu. 4, 173. Aus der Vor-
stellung des grüMns entwickelt $irh im oberdeutschen, vornehmlich
alemannischen Sprachgebiete die bedeutung wahnsinnig werden,
mit Übergang des verbums in die schwache form : es müsse sagen,
es hintersinnele sich, wcim es nicht zu seinem Hans Uli
käme. J. Gotthelf schuldenb. i2o; zuerst erzählte man von der
Jesuitenmission in Andelsbuch und bedauerte die von herzen,
die dabei sich hintersinnet haben sollten. Felder sondert. 2,2Q.
sich hintersinnen, wahnsinnig werden. Schh. 1,1137 Fromm.;
sich hintersinnen, durch zu vieles nachdenken über etwas rappelig
werden. Stalder 2, 375 ; eben so Tobleb 263', der aber auch
noch die bedeutung sich abgrämen, abhärmen anführt : 'du reust
{dauerst) alle lente, da wo ihr seid', o, sie werden sich un-
serer öppe (etwa) nit viel achte, unseretwegen wird sich nie-
mand hintersinnc, antwortete die frau. J. Gotthelf scftuWenfc. 9.
HINTERSITZ, m. hinterer sitz, vornehmlich eines wagens.
HrNTERSUNNlG, adj. und adv. hinter der sonne befindlich,
nordlich. Schmid schwdb.wb.2iO: der acker liegt hintersönnig.
HINTERSPALT, wi. .• Atanhasius. meine geehrte gebieterin
ehre ich fusfällig mit kOssung des Schweifs ihres seidenen
Unterrocks. Reitz. warum nicht des hinterspalts der ledernen
Unterhosen? ped. schulfuchs 166.
HINTERSPAN, m. bei den salzsiedem der hinterste span unter
den beiden sugspänen.
HINTERSPÄTIG, adj. wird das tuch genannt, dessen haare
ungleich geschoren sind.
HINTERSPERRHOLZ, n. pl. bintersperrhölzer, die hirUersten
querhölser einer kutschendecke, welche mit den beiden mittelsperr-
hölzern und dem vordersperrholz die decke bilden.
HINTERSPORN, m. einer der beiden stacheln, welche heim
goldplätter die rolle mit dem zu glättenden gold- oder silberdraht
tragen.
HINTERSPRECHER, m. verläumder: darnach fragte er, was
der nachsprecher oder hindersprecher, der den luden die ere
benimmet, vorschuldet habe? dar uff antworten sie und
sprachen: der nach- odir hindersprecher, der den luden ir
ere benimmet, der sal keren dem clegir mit worten nach
der schefTen spräche, «eisth. i,bil {EUvill, von 13S3). vergl.
hinterreder, hinterreden und mhd. hindersprechen (Le.xer wb.
1, 12ff7).
HINTERSTAB, m. hinterer halbrunder zierrat am mundstnek
einer kanone.
HINTERSTALL, m. hipposlasium posterius. Stieler 21 IS.
HINTERSTAND, m. rückstand, residuum. Stieleb 2131.
HLNTERSTANDIG, adj. rücMändig : ein teulschcr oberster
hielte vielfältig umb seinen hindersttindifien soid an. Zi:«kgref
apophth. 2, 134 ; wie viel ihm noch reslir und hindersiändig
bleibe. Frank f ref I, 50, § 10.
HINTERSTAUDE, f gespaltener pfoslen in einer papiermühle,
zwischen welchen der hintertheil der schwinge vermütelst eines
bolzens beweglich befestigt ist; auch hinterStänder genannt. J.^-
COBSSON 2, 262*.
HINTERSTECHEN, fer6. von hinten stechen : da sie doch so
ehrlich nit sind, solches in die angesichter deren, die sie
dennaszen, wie die giftigen >iperattern lügenhaftiger weise
hinderstechen, zureden. Thlrneiszer v. probier, der harnen 10;
dasz sie mich aus neid also durch ire diebischen lügen hinder-
stechen und verkleinern, nothgedrung. aussehreiben 2, 146. vgl.
hinterstich.
HINTERSTEHEN, verb. zurückstehen, als rückstand gebühren :
was dem gesinde und taglöhnern, so bei dem verstorbenen
in dienst und brod gewesen, noch hinterstehet. Wurster land-
recht von 1661 bei Hältäus 91«.
HINTERSTELLEN, verb. hinter einen stellen, anvertrauen: zu
treuwen banden hinder sie deponirt oder erlegt oder auch
pfandtweisz hinderstelt gut. Frankf. ref. 10, 1, § 6.
HINTERSTELLIG, adv. was hintertcärts eine stelle hat, mhd.
hinderstellec; in verschiedenem sinne.
1) zurückbleibend, zurückgeblieben, an einem zu rerhs.%enden
oder von andern schon verlassenen orte; vorzüglich in schlesischen
und verwandten quellen begegnend: wir haben eine person von
unsern kanzeleiverwandten hintersteilig so lange zu verharren
anbefohlen, bis eine andre anordnung beschehen könne, rer-
handl. der schles. fürsten u. stände vom j. 1619, s. 217 ; mit den
hinlersteliigen bürgen . . . handlung pflegen. Schweisiches
3, 145; als er nun zur gartenthüre ausgetreten, ersähe er noch
ein hintersteiliges mägdgen von der priuzessin frauenzimmer.
ZiGLER Banise (1700) s. 75. — In der Verbindung hintersteilig
bleiben : muste auch bei i. f. g. etliche tage hintersteilig
bleiben. Schweixicbes 1,90; das i. f. gnaden secretari hinter-
stellig verbleiben würde {zurückbleiben um die rechnung zu
bezaUen). 199; wenn aber i. f. g. noch etlicher sachen halber
mich binterstellig verlassen. :375.
2) hieran zunächst rithrt die formet einen oder etwas hinter-
slellig machen, zurücktreiben, rückgängig machen, hindern, mit
list oder gewalt; in oberdeutschen, vorzugsweise in alemannischen
quellen: hinderstellig machen, hindersich treiben, retundere,
impedire. Maaler 224*; der leüten fürnemmen widerston und
hinderstellig machen, hindersich treiben, conatus hominum
reprimere. das.; einen hinderstellig machen ein andern ze
schirmen, mentem alicuius avertere a defensione alterius. das. ;
einen mit galt hinderstellig machen an seinem fürnemmen,
auro aliquem compeseere. das.; einen verstoszen und hinder-
stellig machen das er nit zu einem ampt oder zu eeren möge
kommen, dejicere aliquem edilitate, tel honore. das.; noch vil
weniger sollend wir das evangelium hinderstellig machen um
unsers eignen nutzens willen. Zwingli 2,389; wanim machend
ir du Mose und Aaron das volk hinderstellig an irem werk ?
Züricher bibel 30' (2 Mos. 5,4); dasz ich nicht weit ursach geben
durch meine newen bücher, dasz der alten mühe und arbeit
undertruckt, uud der leser hinderstellig gemacht würde, der-
selben bücher desto weniger zu lesen. Melanchthon leben
Luthers, iibers. von Ritter (1561)34; der schalkhaft marschalk
ist listig, er wirt mir unterstehen mil allem fleisz unter dem
weg zu ligen, damit er mein frommen hinderstellig machen
mög. Galmy 278; ich bitte eine bitt, du wollest die bochzeit
. . . wider hinderstellig machen und aufsagen, b. d. liebe 213' ;
dadurch dann die wunden nicht allein an ihrer heilung hinder-
stellig sonder auch böser und gefehrlicher gemacbet wirt.
WOrtz practica d. wundarzn. 12; bäte, ihr k. m. »ölte es doch
durch ein offen edict verbieten und hinderstellig machen.
ZiXKGREF apophtk. 1,83;
ja auch das träge hausgesind,
welchs on das nicht ist zu geschwind,
erst noch mehr machet hioterstellig
mit euerm kitzeln uiigerällig.
FiscHART flöhhalz 3563 {didtt. 2, 94 huri) ;
Aurora spielt einst völlig
.\stariens rolle, nur mit etwa^ besserm glück,
denn arh! Kombabens stand macht alles hinterstcllig.
wodurch man (ohne sich 7.n schmeicheln) bolTen kann,
(U siegen über einen - niajin.
W1BJ.AK0 10. 281 {tombab. 444).
binterstellig machen, zurückstehen machen, in bezug auf ein rang-
verhäitnit: der freinbdc Jüngling hal uns luiitcrsteilig gemacht,
man hat in geheit^zcii (bei der fürstliclten tafel) bei dem getränk
stehen, solche ehr und wirde stünde uns (eredenz^m und
schenken) zu, aber wir werden dadurch veracht. b. d. l. 214*.
1519 HINTERSTELLIG — HINTERSTICHREDE
3) in Hessen heiszt hint erstellig zurückbleibend in bezug auf
lebenskraß, hinfällig, kränklich. Vii.mar 170. wahrscheinlich gilt
diese bedeutumj auch bei Fischart: dann viel eh erlangt ein
end solcher hintersteiliger gäul leben , als das recht welchs
sie (prozessierende) fürgeben. Garg. 159*.
4) hinterstellig, allgemein, rückständig: hinderstelHg, reliquus
Albercs i l' ; das er hinfiut, was noch hinderstelliger zeit im
fleische ist (röf inÜMiTtov iv aaoxi . . . xqovov), . . . dem
willen gütles lebe, l Pelr. 4, 2. namentlich in bezug auf schiild-
forderungen : der schulden halber, so im unser herr der römisch
kaiser noch hinderstelHg zu tun sein soll. urk. Max. 140 ; das ich
das hindcrstellige in zwei oder drei jarcn bezalon sol. Luther
2,488'; so haben wir sie zu ihrer bczidilung, auf die alte
hindcrstellige cammergerichts-anschlüg (taxen) gewiesen, absch.
des reichsiags zu Speyer von 1529, § 3ti; alle erschienen und
hinderstellige zinsz. Frankfurter ref 2, 7, § 5 ; das verordnete
wöchentliche und noch heute hinterstellige deputal. Scuwei-
MCBEN 1, 367 ; meinem vatcr noch am kaufe 200 thlr. hinter-
stellig verblieben. 2,277; der noch hinterstelligen kaufgelder
halber. 3,230; mit dem hinterstelligen nachstand werden sich
die herrcn fürsten und stände gedulden, verhandl. der sMes.
fürsten u. stände von 1618, s. 36. aber auch in anderm sinne:
wa« ist nu hindcrslellig, denn das ir gewarten müsset der
gallen und des essigs, das ist, der verlesterung, schmach und
terfolgung umb ewer durstigen rede willen. Luther 2,89';
noch ist hinderstelHg von der kraft der gesatz zu reden.
Melanchthons anweisung in die h. schriß, deutsch v. Spalatinus
(1523)52; in Indien, da .. noch etwas von dem ersten segen,
den gott ubers paradeisz gesprochen, hinderstelHg ist. Mathes.
Sar. 36"; damit das hinderstellige plei nicht im garofen ver-
rauche. 7l'; bleiben (6« einer krankheit) manchsmal grosze-
wQlste hinderstelHg. Finter pferdschatz 387 ; so trüge ich doch
beifahr (furcht), dasz bei i. f. g. noch etwas hinterstellig im
herzen sein möchte. Schweinichen 2, 337; der könig dagegen,
als sein hinterstelliges volk aus Preuszen sich nunmehr ganz
eingestellet, versamlete seine meiste macht bei und in der
Stadt Damm. Michälius alt. Pommern 5,273; darneben soll er
(der venealter) auch auf mittel und wege gedenken, wie . . .
noch hinterstellige wüste länderei immer unter der band
vollends in die arbeit und art gebracht werde. Hohberc
3,2,8'; stjfmma, . . . das dicke, so nach austruckung der
trauben, oliven oder salben und dergleichen hinterstellig bleibt.
COBVINUS 1, 642*.
5) hinterstellig (nach hinterstellen oben sp. 1518), zur auf-
bevahrung übergeben, anvertraut: bei ihme hinderstellige pfandt.
Frankf ref 10, 1, § 6.
6) hinterstellig, icie hinterhaltig, versteckt, licimtückisch : ge-
dungen, zu Würzburg etliche fürsten hinterstelliger weise zu
ermorden. Fr. Müller 1,193;
treibt er so . .
ein binderstellig affenspiel. B. Ringwai.d (. w. 270.
HINTERSTELLUNG, f l) hindervng (vergl. hinterstellig 2) :
aber in dem hat es ein irrung und ein hinderstellung, dasz
gott kraft und macht gibt, so ferr aber, dasz niemand ge-
brauch. Paracelsus opp. 1, 90A; thu du das, thu das, und
das müssen sie thun, und darfOr ist kein hinderstellung, das
musz sein. 2, 413 A; hat sich begeben, das solche frembde ein-
ßll irrsall und hinderstellung der arznei gemacht hat (haben),
darumb newe künst zu suchen die krankbeiten erfordert haben.
Chirurg, uhriß. 67 B.
2) hinterhalt: hatt seines Volks ein theil auf biDderslellung
geordnet. Fhonspercer 3, 267*.
HINTEHSTEVE.N, wi. hinlerer tteven des schiffet.
HINTERSTFÜH, adv. s. unter hinter tp. 149«.
HINTERSTICII, m. i) aich von hinten, versteckte botheit, vgl.
oben binterslechen :
du er TOD um hie werd erslichen,
da« mactit er mit sein hinterttichen. fa*tn. »p. 202, 6;
mit tchlaoKnn aber sein halsbandt
bedeut die bindentich, «chmacti, schand (die loio Icule verübm).
TBua!<(iszER erkldruuij der archidoxcn 3.
S) plur. hinterstiebe, eine besondere art des nähent.
HINTERSTICHER, m. boshafter nachredner: ein vcrspollcr,
ein hindersticbcr, ein scbandredner. Tiiuhmkikzer magna alch.
HINTERSTICHIG, adj.: binderaticbige, ehrendiebiscbe, un-
•''^ ■ ' ' ' n. THURNEiitztR nothgedr. auttchr. 1,8.
f: ein srhmarLrrd, ein nndred, ein
lui..-u ■•' •• ■ ntlrfiym '.' '.'.,
HINTERSTIRN — UINTERTHEIL 1520
HINTERSTIRN, f. podex:
der ofcii wärmt die siube, thut solches unbereut,
ob gleicli ein alte mutier die hiriierstirn ihm beut:
wer recht gebt gehe weiter und frage nichts darnach
ob hasser oder spötter, braucht list, verläumdung, schmach.
LocAi; 2, 37, 35.
HINTERSTOSZ, m.: hinausz von der müudung, bisz zum
hinterstosz oder boden (einer petarde). Böckler kriegsschule
(1668) 256.
HINTERSTREICHEN, verb. verstreichen, vergehen: warumb
last du so viel stund, .. ja (ach leider) so viel jähr hinter-
sfreichen, in denen du nicht einmal hieran (an das ewige
leben) gedcnke.st? Simpl. 3,425 Kurz.
HIMEHSTRICH, m. apostroph. Adelung.
HINTEHSTRICK, m. der hintere strick von zwei an den leüern
der ärntewagen befestigten, die zusammen einen baucli bilden,
worein man beim einfahren des getreidas (jarben legt. Jacobsson
1, 153'. vgl. auch bauchseil, bauchkette Iheü 1, 1167. 1169.
HINTERSTÜBCHEN, n. kleine hinlerstube: eben dieser will
hatte ein klein hinter- und kiiiderstübgen. gefl. finken 245 ;
ich will meine frau selbst bestrafen, ich will sie zu mir in
mein hinterstübchen kommen lassen, ich will die thüre zu-
schlieszen. sie soll mir eine kniende abbitte thun. Gellert
3,237; das werk ist aus dem brittischen museum. nun für
ein museum war das kein stück! ins hinterstübchen damit:
in die küche, da ist sein platz! Göthe 33,11t; kommt nur
gleich auf mein hinterstübchen, da wollen wir eine flasche
alten Werlhheimer ausstechen. Kotzebue dram. sp. 2,334. —
In gleiclier weise gilt das dim. hinterstüblein.
HINTERSTUBE, /*. nach hinten gelegene stube eines hauses:
hinterstube, hypocauslum posterius Stieler 2216; als ich meiner
frau beim Italiener eine apfelsine kaufte, sah ich ihn in der
hinterstube sitzen, mit einer Hasche champugner in eis. FHEYTAf.
handschr. 2, 412.
HINTERSTÜCK, n. hinleres ^ück, hitüertheü eines dinges :
hinterstück von einem fisch, von gcllügel; hinderstück, coxa,
der schlegel Stieler 2221 ; an einem kleidungsstück : das hinter-
stück eines mantels. Happel acad. rom. 45 ; dasz ich zwei so
wolgefütterte hinder- und vorderstücke an hatte (er halte sich
geld in seine kleider genäht). Simpl. 1,450 Kurz.
HINTERSTUDEL, m. studel, stehendes eisen im hmterlheüe
eines deutschen Schlosses.
HINTERSTÜTZEN, verb. von hinterwärts stützen, unterstützen,
suffulcire, sustentacula conslUuere. Stieler 2232.
HINTERSTZUVÖRDERST, i. hinter sp. 1496.
HINTERSUCHEN, verb. untersuchen: ob nun dieses alles
geschieht- oder gedicht-weis vorgestellet, wollen wir nicht
eben so genau allhier hintersuchen und nachforschen. Simpl.
4,564 Keller.
HINTERTHEIL, m. und n. hinterer theü.
1) im allgemeinen: hintertheil eines hemdes, eines wagens,
eines pfluges; hintertheil des schifTes, vom besaanmast bis an
den hinterSteven: der hindertheil des schiffs, puppis Maaler
224' ; hintertheil der laufgräben, der bei weiterem vorrücken als
aufenlhalt der verwundeten dient; hintertheil, rückenstück eines
hämisches: unter heergeräthe wird aufgezählt 1 goller, 1 pickel-
bawlien, 3 alte armbrust, 2 pofesen, 1 hinterteil, 1 anuschin.
Leipziger urk.-buch 1,322 (ib. jahrh.) ; hintertheil der ruthe, ei»
theil des ankers, das man an der seile des grosien ringes vier-
eckig macht, damit der ankerstock desto besser außiege. Jacobssun
8,88'; aber die schandliche mäusz und ralten, schaben und
maden . . hatten (von einem buche) den aniang und das vurder-
thcil (hei das ihnen der tcufel das hinder tiieil gesegenc) giir
vcniaget. Garg. 33'; sties sich das schitT an, und das furder
teil bleib feste stehen unbeweglich, aber das hinder teil zu-
brach, apostelg. 27, 41 ; es stund (das eherne meer) auf zwelf
rindern, welcher drei gegen initternacht gcwand waren, drei
gegen abend, drei gegen mittag, und drei gegen morgen, und
das meer oben drauf, das alle ir hinder teil inwendig war.
ikön. 7,25; es musztc also einen augcnblirk geben, du sie
(die schlam/en) den vater (iMokoon) mit ihren köpfen und vurdur-
ibeilen schon angefallen hatten, und mit ihren hinterthcilen
die knaben noch verschlungen hielten. Lessikc 7, 409.
2) der $pdt«r kommende theil, der zeit nach; in einem ieortti»ii
mit der bedeutung 4:
der «itif r (anii«) und ein alle« w«lb , (wie mu*< docli diese»
kiimmi'ii?)
sind aiir lni> ! ' • ' . ' ■• ^ ■ ■ 'ntmmen:
jedoch ob di M dioweil
da» Kantig > i
.' :.s, 11.
1521 HnsTERTHOR — HINTERTHÜRLEIN
nWTERTRAB — HIMERWAGEN
1522
5) am fuchfe der fchwan: :
bei hof ist meistens der ein tapfrer edelmann.
der Reinken« hintertheil im wapfen weisen kan.
LoGAC 2,61.42;
drum fahr ich weiter fort zu bilden einen mann,
der Reinkens hintertheil im walT«n fuhren kan. 3, 215.
rerijl. Fuchsschwanz theil 4', 3ö3.
4) häHßg ak rerhfiUendfr ausdnick ßr podex- und wird auch
mit cioem schimpfliche kleid bedecken dyn schemliche hinder-
teil. Cykill 30'; s» wohlgebildet ihr (der Alhmer) gewicht war,
so armselig war ihr körper an dem hintertheil. Winrelma^s
1.81; da ein jed»r dieses volks [hländer), kann er auch aus
armnth nicht einmal sein gentiies hintertheil bedecken, den-
noch ein geborener gentleman ist. H. Heise 3. 35 ;
wen ich lu ihr {meiner frau) spricli kum zu mir herfure
so kehrt sy mir das hintertheil.
meiiterijef. ms. gcrm. f. 23, no. S9.
HINTERTHOR. w. hinleres tlior: geht ihr zu den hinter-
thoren hinaus, dasz Dorias Spionen nichts merken. Schiller
Fiesko 2, IS ;
allein das hiniertbor ist meiner treppe nah. Göthe 7, 53.
HI-STERTHCR, HINTERTHÜRE. f. i)hinlere tftüre eines hauses,
hofes, garlens : poslica. fwsticiim hindertur. hinderthiir. hinderdur
DiEF. 449'; die hinderthür. die Ihflr binden an dem hausr, p<M^i-
(«m. Maaler 224'; hinderthiiren. heimliche verborgne thüren,
fores caecae. das.; {der missethäler s'jll geßhrl werden) zu der fron-
haus pforten in, zu der hinderthiiren aus. icft«/A. 2, 318 {Unter-
mosel r. 1.508); unsere schildwacht war zwar erschossen, wir
aber in dessen gewarnet, zu unserer hinderthür hinausz. auf
die pferde. Ptiil. Lvqd. 4, 1.53 ; nachdem sie Solanden erst zur
hinterthür eingelassen hatte, po/. dockf. 299. häufig in bildern
und sprichvörtlichen redensarten : er und meine raeüder samt
unsemi ürsele . . halte die hinterthür getroffen, das r-eiszaus
gespielt, und wollen dieser heillosen gaste nicht erwarten.
Simpl. 1. 19 Kurz : sich eine hinterthüre offen 'lassen, einen
nusiceg, eine ausfhicht: doch sieht man hie und da, wo das
gar zu abgeschmackte überliefert wird, den klugen mann, der
sich eine hinterthüre offen läszt. Göthe 53, 147; er trägt
übrigens die newtonische und eulersche lehre in der bösen,
halb historischen, halb didaktischen manier vor, die sich
nicht compromilliren mag und iuuner noch eine hinterthüre
findet, wenn die lehre auch falsch befunden würde. .54, 1S4 ;
allein der Verfasser hütet sich wohl, dieses zu behaupten,
weil er sich abermals eine hinterthüre auflassen mnsz, um
einem dringenden gegner zu entgehen. 59, 279 ; wir wollen
ihm daher unsere gesinnungen fühlbar machen, . . aber so,
dasz ihm noch eine hinterthür offen bleibt, damit wo möglich
seine amhition enveckt wird. Ixxerxann Münchk. 3,120;
ich halt euch oft ia-meiner macht und liesz
durch eine hinterthür euch stets entwischen.
ScHTLLE* Wallensl. tod 1,5;
wie kommt nun {bei einer newtonschen deduetiom) auf einmal
das weisze durch die hinterthür herein? wie ist es abgeleitet?
ja wie ist es, nach dem bisher vorgetragenen, nur möglich?
Göthe 59,70; merkwürdig ist es, wie er erstlich diese weisze
mitte durch eine hinterthüre hereinschiebt und sie nach und
nach .. überhand nehmen läszt. 1S8; nichts ist mir unter den
lenten hier so unausstehlich, als ihre ewigen artigkeiten durch
die vorderthür und ihr kratzen durch die hinterthür. Freytag
handsrhr. 2, 12;
itzt hat die zeit zweimal den tag zuiück frebracht,
der mir die güldne thür zur freude zugemacht;
die freude, die man itzt an mir zu sehen meinet.
kömmt durch die hinterthür, und ist nicht, was sie scheinet.
Haller (17t)8) s. 180.
2) rerhüUend fitr podex:
(^alTus sah lum fenster au«i, Lippns hielt der nase für,
dann er meinte, Calvus köpf sei aes roagens hinterthür.
LoGAC 2, 81. 134 ;
die hinterihör lasz offen siehn
und den doctor seiner wefe gehn. Siaxocs »prichte. 251.
HINTERTHIRCHEN. n. kleine hinterthüre.
HINTERTHLRLEIN, n. ebenso: hinderthörle, postieulttm
.Maaler 224'; so ist es am rähtlichsten. sich solcher leute
mit guter manier zu entziehen, und weis mancher immer ein
verborgen hinterthürlein. Bitscbkt Patm. 437. in der bedeutung
von hinterthüre 2 : leck dem p«el das hinderthürlin. geschwerik
ÄeW»i(155S)62; o wie erkaltet meuler sind westfeling mculer,
welche die bonnen essen, und sie mit peper und magsamen
bestrejen, darumb haben sie allzeit das hinderthürlein offen.
Garg. 44*.
IV. u.
HINTERTRAB. ni. die hinlere ahlheiliing eines heeres, beim
marsche: die feinde . . wollten umkehren, um ihrem hiatertrab
zu helfen. Schiller 1096.
HINTERTR.\CHTIG. (uij. kinten nach tragend, hinterhältig,
hoshaft: was thut aber indessen der heimtückische und hinter-
trächfige feind. Simpl. 2.903 Keller.
HINTERTREFFEN, n. die hinlere abtheilung eines heeres, tu
der sehlacht:
mir geziemt es nicht im hintertreffen zu kämpfen,
noch viel minder zu zittern. Borger 223*.
übertragen, in Düringen und Sacfisen, ins hintertreffen kommen,
gerathen. rernachlät^iigt, hintangesetzt tcerden.
HINTERTREIBEN, rerb. zun'ick treiben, hindern, hemmen :
dasz man einen willigen gaul und ein willigen Soldaten nicht
übertreiben, aber auch nicht zu lang hintertreiben solle, sie
möchten sich sonst beide verstehen (ifitrcA stehen schaden).
Opel m. Coh.s 385; an den pfersigen .., als an welchen die
hitzigen kern, wann mau sie mit geniesze, die schädliche
kälte des pfersichs selbst hintertreiben. Simpl. i.r^-l K'ir: ;
du denkest noch mit viel verstobliiea thränen,
und viel erdichteten Sachen,
meine band zu hintertreiben (die dich tödten k'iII).
Hoff«an:««waldao getr. tvhäfer 64 ;
doch kann man freilich nicht gebrauche hintertreiben.
heldenbr. 56;
er hat durch ernste schreiben
sich euserstes bemüht, den streich (rnord) lu hintertreiben.
.K. Grtphics 1698 l, 323 ;
eine sache hinderlreiben, disturbare rem, officere causae. Stie-
ler 2321; die raihschlage hintertreiben, consäia praefidere.
Frisch 2.384';
er hintertreibt doch nicht, worauf mein vorsatz gehl.
Opitz 1, 166;
wagst du noch mehr zu singen? dasz der sieger, . .
selbst unerforschlich, jeden" anscblag kannte?
früh thätig jeden bintertrieb? Ramlkr 1,73;
zu nichte machen, widerlegen : habe derer meinung mit folgenden
gründen und schluszreden hintertrieben und widerlegt. Scht p-
pics 420; (eine rede) die doch durch tägliche erfahrung und
exempcl hintertrieben wird. 525.
HINTERTREIBÜNG. f. impeditio. Steisbach 2,857.
HINTERTREPPE, f. hintere treppe oder treppe des hinterhau.vs :
ich komme die hintertreppe herauf. Lessing 1,523; die kleine
hinlerlreppe. Frevtag handschr. 3,174.
HINTERTRIEB, m. hinderung, hemmung:
dasz eur beider zimbliche lieb
hat gewonnen solchen hindertrib,
dasz ist in der warheit nicht gut.
J. Atrer fasln, sp. 64' (2657, 35 Keller).
HINTERTRITT, m. bericlU einer Verhandlung an seinen atif-
traggeber, relatio. Haltacs 919 (ron 1491). tergl. hintergang 6
5/1. 1501.
HINTERTROSZ, m. hinterer theü eines heeres.
HINTERTLCKE. f. heimlitcke:
durch arglistige hinterdück. H. Sachs 4, 1, 14';
wo man urabgeht mit hindcrdücken. 5, 324*.
HINTERTCCKISCH, adj. und adr. heimtückisch:
dardurch er von im werd beladen
hiuteiiückisch mit schand lud schaden.
H. Sachs 2, 2. 91*.
HINTERVERDECK, n. das hinlere terdeck eines schiffes:
auch Telemachos trat in das schiff; ihn führet Athene,
ging zum hinterverdeck und setzte sich. Udyfs. 2, 418.
HINTERVIERTEL, n. der hintere rierte theil ton scklnrhl-
Ihicren : ein gebraten hinterviertel {eines lammes). Simpl. z.:iH
Kurz, als schitiipfKmt : du hinderviertel Ton einer araeise.
Chr. Weise kl. leute 54.
HINTERVOLK, n.; hof- oder thronstaat und dann krieg-
stand sind die beiden wendezirkel glänzender zirkel. haben
beide ihren glänz, den guter ürnis gibt : so ist das verdeckte
zurückgestellte hintenolk fast nichts. J. Paul dümmer. 84.
HINTERWACHT, f. hintere wmM, wacht im rücken :
und als disz eck (das hinterste am jesuilerliiUlein) nicht
gwichiig war,
setzten die teufet sich drein gar:
die hallen recht die bind«rwacht,
schützen das hutlein in all macht.
Fischart dicht. 2,266,955 Kurt.
HINTERWAGE, f. die hintere wage an einem wagen, woran
die beiden hintersten pferde gespannt werden. Jacorssox 2,262'.
HINTERWAGEN, m, pars posticci sire posterior eurrus. Stie-
LF.R 2528.
96
1523 HINTERWALD — HINTERWÄRTS
HINTERWALD, m. hinirr, ziirftck gek(jcncr ic<dd, engl, back
vrood, bezogen auf die uncälder des wesfliclien ?iordamerika.
HINTERWÄLDLER, «j. ; hinweg hatte er flüchten müssen
ans der geliebten heimath. übers Weltmeer hinüber zu den
hinterwüldlern. die mit dem urwaldc und dem Indianer um
die dürftige cxistenz ringen. H. Laübe in den grenzhoten
1S64, s. 440; auch in Italien hat die axt des hinterwüldlers
lange der cultur der dörfer und Städte vorarbeiten müssen.
Preli.er rOin. mylliologie 349.
HINTERWAND, f. rtickwand: hinferw'and eines zimmers,
hauses, schrankes ; hinfcrwand der Schaubühne.
HINTERWART, f. nachhut: nach oder hinderwart. Aimon
bog. Y2.
HINTERWÄRT, adv. nach hinten, zurück, mhd. hinderwart,
hinderwert : hinderwJirt, binden zfi, post tergum, pone Maai.er
224*. rgl. hinterwärts.
HINTERWÄRTIG, adj. nach hinfcn befindlich: an dieser
umgekarten oder hinderwerligen figur. Thurnkiszer ]>rob. der
harnen 95 ; hinderwärlig, binden, poslicua, praeposlrnis, a tergo,
relrorsus Maaler 224'. adv. von hinten her, rücklings: dörften
einen frommen Abner im grusz hinderwerfig wie Joab er-
stechen. Garg. 263*; die zwen patron in hinderwerlig an-
griffen. Bocc. (l5S0) 1,89'; damit die am stürm nicht hinder-
werlig überfallen (werden). Ktrciihof mit. disc. iS6;
und billicli straft man disen man,
der ain greift hinderwärtic: an.
Fischart flöMaU 3360 (lUcht. ^9 Kurz).
HINTERWÄRTLICH, adj. von hinten hcrkonwiend: (menschen,
welche) durch neid, hasz, zorn, miszgunst, heimlich und öffent-
liche verleumbdungen, unzeitige eifersucbt, murmeln, hinder-
wertliche nachred, und sonsten so wohl mit werten, als mit
werken, ihre nebenmcnscben verfolgt. Simpl. (|684) 3,264;
adv. von hinten: laufen den menschen und andern fhiern
hinderwärtlich oder von hinten nach, üffenbach neues rossb.
2.39; hintei-wertlich und schelmisch kan der beste kerl ge-
schmissen werden. Chr. Weise Jsaaks opferg. 1,14;
lim tiinterwcrtlich greifen an. H. Sachs 3, 1,52'.
HINTER WÄRTLING, adv. ebenso: welchen nicht an die
band freurt, sol den ofen hindenvcrtling ansehen. Fischart
in Gödeke$ Gengenhachiib.W; den verordneten ii>enschen zum
opfer schlagen sy hinderwerlling zurück. Frank wellb. 66'.
HINTERWÄRTS, adverbialer geniliv zu hiuterwärt ol>en.
1) in der richlttng nach hinten, zurück: wolt zu volführung
dieser reden sich nülier zu ihm tbun , aber der rittcr saget
zu ihm: bleibet hinderwerts. Amadis 88; hinterwärts laufen.
polü. slockf 234; indem ich diese stufen hinaufstieg, ward
ich hinterwärts in einen hafen, welcher bis an den fusz
dieses hohen felsens gieng, eine menge von schiffen gewahr.
J. E. Schlegel 5,357; dorf und schlosz hinterwärts waren
nicht mehr zu sehen. Götbe 17,30;
den rlesen, der es hört, schlug e» hart an das herz,
also da« er für furcht, lief wieder hinterwertr.
D. V. D. Werder Ariost 15, 33, 8 ;
fieb ihnen ein gehorsam herz,
atz sie oicht weichen hintcrwerls {hlite von eheteulen für ihre
kinder). Bist himml. lied. 3, 162;
ein löwe, der ein held in seiner Jugend war,
lag einsam nun, im höchsten stufenjahr,
in seiner höhle hinterwärts. Glbim 3,317;
auch in die ailgemeinere bedeulung fort, weg, verlaufend: weib,
machet euch hinderwerts, dicweil ir ein sach fhut, so weder
euch noch euwers gleichen zusteht. Amadis 59;
und nimbt dem krieges voik das herz,
und stürzt che reuter hinterwerii. H. Sachs 3, 1, 150*.
2) in der richtung von hinten; rückltngs: wenne seiner (des
kamelt) prilnften zeit ist, da; ez, unkäuschen wil, s6 Ruocht
«5 im haimleich stet, da; e; die laut iht schent, wan e; unkäu-
■chel hinderwarts. Mece.-^berc 124,22; für dir kan er süsze
reden, und lobet seer was du redest, aber hinderwerts redet er
ander», und verkeret dir deine wort. .SVr. 27, 26; es lobet sie
auch mancher unter augcn , der sie hinderwerts verspottet,
und die zunge über »ie auszstöszt. b. d. liebe 269' ; (die galgen-
Khwengel) welche ihn hinderwertz in die schultern verwundet.
Amadis 76; er kondt so bald das gesiebt nicht gegen dem
dnen wenden, dasz nicht gleich die andern hinderwerts in
. . . schlugen. 241; Werner, der ihnen hinterwärts nöhcr
kömmt, und auf einmal der Franciska auf die schulter klopft.
Le«M5ic 1,M0; Emilie dagegen, die ihre scbwcsier zu bc-
gtttifen nucble,', gab mir hinterwärts ein /ei« hcn, dasr ich
HINTERWEG — HINTERZIEHEN 1 524
mich entfernen sollte. Göthe 2ö. 2S5; die meisten jedoch
sagten Vreneli ihre gedankcn nicht an den köpf heraus,
aber sie verlästerten es desto jämmerlicher hinterwärts.
J. Gotthelf Wi d. pächler (1870) s. 16;
(ich will lehren) das kind den vater wol erzürnen,
liiiiienverz schellen und mengen, fastn. .sii. 443, 21 ;
Minerva schlich ihr nach und faszt es (ein bild) hinterwärts.
GüjiTHKR 379.
von hinterwärts: gleich« ol ober waren wir unsrer brigade
so nahe, dasz wir jeden von hinterwerls an den kleidevn
erkennen konten. Sinipl. 1,216 Kurz; ein groszcr häufen
Wölfe, welche uns anfänglich von binderwärls halb monweis
timbschlossen hielten. 4, 28.
3) hinterwärts, im gegentheil. Verneinung und surftckweisvng
andeutend (vgl. hinter sp. 1495).-
jungfraw, ewr falsches herz
wird euch zur zeit bringen schmerz,
ich dacht ohn allen scherz.
ihr werd (wämi) stets mein trewes herz, . .
ja hinderwertz, du unirews herz.
Thoiias P^i.sbkth iichc auxzerles. wcltl.
lieUcr (1599) no. 31 ;
alles hiiilcrwärts versleben (verkehrt, falsch). Adsldkc.
HI.NTERWEG, m.:
wenn ein hemilchter hart das multergut verstreut
und immer wie ein krebs den hinteiwetf geschlichen,
so längt er mit der zeit auch vorwärts an zu kriechen.
R. Neckibch (jeri. 127.
HINTERZACKEN, wi. das hinterste, aus eisen gegossene Matt
eines frischherdes. Jacobsson 5, 595'.
HINTERZANGE, /". die zweite hölzerne schraube an einer
hobelbank.
HINTERZEITIG, adj.: einen ausländischen hinterzeitigen
fast unheimlichen nienscbengcisf zu hören, welcher allein
unter den eisgrauen tausendschläfern und bekannten (»ein»«
schon überlebten grcisenallers übrig blieb. J. Pall leben
Fibels 209.
HINTERZEUG, n. hinterer riernen an einem saltel, Schwanz-
riemen. Jacodssox 2, 2(i3' (gegensatz vorderzeug, 5. d.): z^tn
hauptgestelle (an pferden), vor- und hinterzeug sehr kCstlich
gemachet, pcrs. reisebeschr. 1, 11.
HI.NTERZIEHEN, verb. l) mit persönlichem object einen von
hinten her überziehen, überfallen : hinderzugen dem von R< rn
sein hör gar heimlich und schluegen ir gar vil zc tod. deuticJic
städlechr. 5, 32, 17 ; hinderzugen die ritter und knecht rml
fachten mit in. 42,23; beratschlagten, da;., (mehrere hcrrcn)
die feindt in groszer stille hinderziehen und nacbvolgendls,
so der sturmh am hertesten und ernstlichisten, mit groszem
geschrai angreifen solten. Zimm. cliron. 1,36,36.
2) unsinnlicher und reflexiv, sich von etwas zurücJc liehen,
entziehen: desz bedacht sich Uriens mit den seinen, die
richten im alle, er solt seinen bruder darschicken, und sich
desz nicht hinterziehen, b. d. liebe 268'; ist eben als wolle er
glauben, einer der sich von jenem gäben felsen stürzete,
könne sich, wann es ihm beliebte iin herabfallen besinnen
und w iderhalten. dann wie disz zu tbun unmöglich ; also
kan ein verwirrtes und erhitztes gemüthe sich weder hinter-
ziehen, noch an dem orte wo es wil verbleiben. Opitz 2, 255.
3) mit sächlichem, seilen mit persünlichem object, etwas zniueJc-
ziehen, nußalten, hintertreiben. Haltaüs 919: solches soll den
herren ohne einiges hinterziehen iinverhalten bleiben, rer-
liandl. der schles. fürsten und stände von 161S, s. 77; wi«>wohl
er hinterzog es bis er mit herrn Logau reden konnte.
ScHWEiMCHEN 3,277; dasz er auf inständiges begehren, er
solle ihm dem kaiser nur etwas von seiner fast auszgefi rtig-
ten Eneis überschicken, snbhes nichts destoweniger hinter-
zogen. Opitz 1, rorr. 3*; ich wil mich aber weder den neid
noch einige nachrede von dem guten vorsatze . . . nicht
hinterziehen lassen. 9*; nicht ohne grosze müh kao (ich) di
heftigkeit des Verlangens, so ich des herrn gesundhcit zu
erfahren (habe), hinterziehen. ßorscnKi kanxl. 4«; also s<>lte
sie sich nicht mit vergebenen thrflnen bemühen, seinen so
wenig als des vrrhängnüsses unerbittlichen .«chltisi zu hinlcr-
ziehcn. Louknhtein Arm. 1,909*;
mag nun dUr nrme volk mich Idnger hlnieriichn ?
nein, nein: sie sollen bald crtahren wer ich hin.
Opitz :t. 7t ;
doch wann di>r grosze goit auch «twan seinen willen
und n)rsnli zeigen llesz durch rasende Sybillen,
mit diesem sierkl er nicht, or hlnterzRurlit viel mehr
durch solclirii klaren srhrln der lalsrlicii Kalter ehr.
ftufo (.'indin' irohih '.' ';
1525
HINTERZIEHUNG — HINTRAGEN
HINTRÄUFEN— HINTRETEN
1526
er bat der läger ha$z in laifter gUD.«! rei-kehrt. '
er hat was itzt verbracht, bis itzund biuierzogeii.
A. Grtphics löUs 1, 412.
4) liinterzicben , unterschlagen, für sich behalten: dasz sie
nichts Tcrschneigeu nucli hinderzieheii solle. L. Thlh.neiszer
nolhgeJrung. aussciir. l, SS.
5) Strümpfe hinterzicben , sie auf den fersen durchnähen,
damit sie besser halten.
HINTERZIEHUNG, /". l) (nach hinterziehen 3) aufhauen,
hinderunq: dessen rest soll ohne weitere hinterziehung der
kaiserlichen kanuner angewiesen werden, verhandl. der schles.
ßrsten u. stände r. 161S, s. 28.
2) (nach hinterziehen 4) unterschlügung, nichtenlrichtung : um
der erhebung der zolle , sowie den wegen deren hinter-
ziehung zu verhängenden strafen . . eine grundlage zu geben.
Wetnutrisclies regierungsblatt 1865, no. ö; binlerziehungen der
uachtigallensteuer sind mit dem . . dreifachen betrage der-
selben zu ahnden. Leipziger tagebluU 1868, no. 98.
HINTERZI.MMER, n.: die hinterzimmer eines hause».
HINTERZUG, >«. ; hinterzug eines heeres, agmen extrem um.
ScHELLEB deutsch-lat. handlex. (1796) 'i'.
HINTHAÜE.N, terb.: hätten sie dann die milde in einen
thrünennebel hinthauende gestalt gesehen. J. Paul Siebenk. 1,7;
ihr saht, wie auf des todes kalte hand
sie tbräaen, freudig schaudernd, bingethaut.
Mattuisso!« ged. 128;
da weigern ihre äugen nicht alleine
die fluth zu mehren, bingethaut in sehnen.
A. W. Schlegel werke 1, HG.
HINTHUN, verb. l) hinuuirts, an einen ferner liegenden ort
thun: den chor bereitet er inwendig im haus, das man die
lade des bunds des herrn daselbs hin ihet. l kün. 6, 19 ; re-
flexiv sich hin thun, sich hin wenden: allein diese wenige
Zeilen brachten ihm so vielerlei Verwandlungen seines ge-
uiütbs mit sich, dasz er nicht wüste wo er sich hinthun
sülte. polit. stockf. S>ö. auch einthun , einordnen, gleichsam in
ein bestimmtes fach seiner erinnerung; so sagt 7nan in Sachsen
iMsthümlich und recht anschaulich von einer person, die bekannt
erscheint, ohne dasz man sich genauer auf sie besinnt : den mann
musz ich kennen, aber ich weisz nicht gleich, wo ich ihn
hinthun soll.
2) wegthun, fortthun : Israel wiltu dich bekeren, so beker
dich zu mir, spricht der herr, und so du deine greuwel von
meinem angesicht hintun wirst, so wirstu nit entweit. Züricher
übel 1530 35«' (Jer. 4,1. Luther: wegthust);
das i^t ein zaghafter muot:
tuo iu hin, er ist nicht guot. IIartia^n 2. bucht. 550 ;
gib den müden büchern feier,
thu die malte feder hin. Flemisg 416.
einen hinthun, aus der aelt schaffen : (Heliogabalus hat) den rö-
mischen rathgeben Sabinum hingethon. Frank chron. 144* ; eine
Sache hinthun, beileyen: man würd die sache hin thun. d. städtc-
chron. 2,128,22; daj sülich zwitracht hin getan würd. 131,12;
bezüglich des geldes, verwenden, verbrauchen: ich war aber doch
neugierig, zu erfahren, wo dieser kleine bankeruttirer das
erborgte capital hin gelhan hätte. IlABE.'iEB $at. i, 138.
3) intransitiv, sein lassen, abstehen:
ich .«prach zu ir Juukfruw dut hin (Lisst euer spotten),
durch euch ist mir mein herz versert.
H. KoLTZ, Haupts teiticitr. 8,512,50.
HIiNTILGE.N, verb. weijlilgen, vertilgen:
schaust die riesenschlange dort im schatten der felsklufl
liegen : unsterbliche selbst erbeben dem schrecklich anhlick.
weckt sie vum schlal, und, empört, hintilgt sie die kühnen
gesellen. Phhiler Tunis. 7, 132.
HliMHABE.N, veib.: ein reiler trabt über das feld hin;
für rücksiclUsloses gehen :
nun schläli. bei andern luusensohnen,
die saufte herzeiizähmerin ;
ohn einen seufzer ihr zu fröhnen,
trabt man auf ihrem böget hin. Gottii I, 122.
HINTR.KCHTEN, verb. nach einem ferner liegenden ziele trachten:
und hüte dich, dasz dein äuge nit ein schalk sei, dasz du es
{das jagen nach der tagend) nit von zeitlichen nutzes wegen
thüest, Sonder lasz dein gemüt hiulrachten, ob du in möclitesl
gleich werdeu. Petr. iit:f
HINTR.\GEN, verb. hinwärts tragen:
der ander (Imnä) der truoge; (das bei«)
von dem tische hiu ze der tür. tninne*. friihl. 28,10;
wenn aber des wegs dir zu viel ist, das du solchs (den
Khnlen) nicht hin tragen kanst. 5 Mos. 14,24; schütten die
laden aus, und trugen sie wider hin an Iren ort. 2 chron.
24,11; einen todten hintragen, ihn beerdigen: er wird hin zu
grabe getragen, defertur ad tumulum. Stieleb 2314;
man läuft hinzu, man ^elit und wirds nicht satt,
dei kinder trägt man hin. die alten gehn an kracken.
WiKLAXD 2t, 294 (Ä/e/. u. Sinibald 5, 435) ;
ein guter enget schienst du hingestellt,
mich aus der kindheit fabelhaften tagen
schnell auf des lebens gipfel hinzutragen.
Schiller Wollenst, tod 4, 12.
irt> hinführen: mein weg trägt mich einmal bin;
eine processiöne
von pfafheiten vil genüc
die alle ir weg so hin trüc
bi da; mer uffej stat. pass.^Hß.iO Köpke.
überbringen, in bezug auf nachrichten:
manchmal da preist er (der fuch»schwänter) auch den, der
gleich nicht zur stelle,
schaut aber dasz alsdann er dieses urtheil fälle,
wann wer vorhanden ist, der solches bald trägt bin.
LoCAC 3.217.
dazu bringen, in bezug auf thun und denken:
doch tregt mich das lieb triokleiu hin,
das mir dest leiehter wird mein sinn.
J. Atur 366' (16&4,31 Kelter).
HINTRÄUFEN, verb.:
mit jedem tropfen der zeit . . ,
der iu das meer hinträuft der Vergänglichkeit.
Klopstocr 5, 203 (JtfeM. 13, 675).
HINTRÄUMEN, terb. l) reflexiv, sich an einen ferneren ort
träumend versetzen : seitdem ist kein tag vergangen, wo ich
nicht die masze meines zunehmenden reichthums mit kin-
discher freude berechnet , mich nach dem stapelorte, wo «r
anlanden wird, zurückgesehnt, und vor den schönen maha-
gonischrank hingeträumt hätte, der ihn aufnehmen soll.
Thüjoiel 5, 1S5; hundertmahl hatte ich mich auf den gipfel
dieses berges hingeträumt. Caupe kinderschr. 18,46;
da träumt sie sich in süszen pbantasien
mit dir iu eine taube hiu. Gök[:«gk 1, 131.
2) (nach hin I, 5, a sp. 1375) träumend verbringen; intransittv,
weiter, fort träumen: wälirend wir . . so ruhig hinträumen.
Klinger 12, 275; du würdest in süszer täuschung hinträumen.
7, HO;
mir schien es mehr denn hundert jähr,
dasz ich so hingeträumet hätte. Chla:<d ged.i9S;
oder mit cu:cuscUiv der zeit: an dem orte, wo ich meine kind-
heit so glücklich hinträumte. Kli!«cer2,13$; hier träumt ich
an der mutter band die frühen jähre hin. 146;
und nenn ich das
ein fröhlich selbstbewustes leben, wenn
uns jeder tag, vergebens hingeträumt,
zu jenen grauen tagen (am ufer Lethes) vorbereitet?
GöiHK 9,7.
HINTREFFEN, terb.: der schütze hat genau hingetroffen;
auch übertragen : diese bemerkung trifft nicht bin, berührt den
fall nicht eigentlich.
HI.NTREIBEN, verb. hintedrts treiben : vieh hin auf die weide
treiben ; mit unterdriickteni object :
er ment sin ohsen, hin Ireip er.
Haupts teitsclir. 6,183,309;
wirst ein scheusal, und ein Sprichwort und spot sein unter
allen Völkern, da dich der herr hin getrieben hat. 5 Mos.
28,37; also wird der könig zu Assyrien hin treiben das ge-
fangen Egypten. Jes. 20, 4 ; indem ein verliebter wind die
segel meiner sinnen auf das unbeschiffte meer ihrer niarmel-
brust hlutreibt. Zicleb Banise (t700) 506; man bat uns eine
handschrift vorgelegt, welche das jähr- und tagebucb eines
von kindheit an hin und wiedergetriebenen inannes enthält.
GüTHE 45,246;
wer weisz wo mich der wind
noch wird hiutreibeu? Schade kandwerlist. 174;
mein herz treibt mich hin zu ihr;
aber als der winter kam,
und der llur das leben nahm,
da trieb sie (die grille) der bunger hin
zu der ämse. Gleim 3.320.
HINTRETEN, terb. l) hinwärts, an einen andern ort treten :
trettet nur hin, untl stehet. 2 chron. 20, 17 ; sonderten den
sainen Israel von allen frembden kindern, und traten hin und
bekanteu iie sünde. jVeA. y, 2; plage gieng aus, wo er hin
trat. Habaeue 4,5; dasz sie aus den culissen ganz strack
vor jene hintraten. Göthe 24, US; dafür mit dativer fügung :
90*
1527
HINTRITT — HINÜBER
HINÜBER
1528
daau will ich vor ihnen hintrelcn, nnd eine rede hüllen.
Claudius 3, 33 ;
wenn du gleich jetzt, juui, wie du bist liiuträle.st
vor sie, du ßndest keine sehönre stunde.
ScuiLLgR M. Sliinrt 2, 9 ;
nachdem wir anietzl in dem stunde deinüthiger sciavinnen
zu der betrübten wohuung des todes hinlreten. Zigler Ba-
nise (iTOü) 236.
2) mit object, zeit hjntrelen, sie vergehen lassen :
die tochter des Amons liesz keine zeit hintreten,
den liebsten werthen held Ru^^iero zu erretten.
D. V. D. Werüeb Ariosl 3,75,5;
la figliuola d'.\mou, che per sIegare
di prigione il suo amante non assona.
HINTRITT, m. lod {vgl. oben hinlreten 1 am ende): hiii-
tritt, decessio, obilus, seliger hintrilt eulhanasia, mors facilis
Stielkh 2337 ; vielleicht will der alle für seiben hintritt uuih
etwas nüthwendiges erinnern, peis. rosenthal 7, 1 ; über Jung-
frauen Susannen geboruer Eichhäuserinti seligen hinlritt.
Opitz 2,119; die hüchstbelrauerlichc zeitung von dem töd-
lichen hintrille ihres libsten. Butschky ikäuz/. S45 ; nach zeit-
lichem hintritt und abseglung in das ewige eiland. Sandb.\rt
maleracademie (1675) 1,1; nach dem seligen hintritt unserer
drei geliebten nymphen (nach dem eingang der Hören). Götue
an Schiller 417 ; testatoren stellen die bewegenden Ursachen
ihrer testamente voran, diese sind bei mir, wie gewöhnlich,
der selige biptritt und die verlassenschal't, welche von vielen
gewünscht wird. J. Paul ßegelj. 1,5;
des Vaters untergehnde sonne lohnt
das neue tagwerk nicht mehr, das verspart man
dem nahen autgang seines sohns — o, es ist klar!
auf meinen hinlritt wird gewartet. Schillek Karlos 5,9.
HINTRÖDELN, verb. trödelnd hingehen: da trödelt er hin;
transitiv, verschleppen : die saclie wird hingetrödelt.
HINTROLLEN, verb. eripere se, excedere ex loco, cursilare
Stieler 333: alter thorl troll immer trotzig hin; ich will
dich schon zahmer machen. Klingeb 2,40; wie ich so auf
dem sandhÄgel am flusz hinf rolle. ScuiMfiR rauher X 2. auch
reflexiv : troll dich nur liin 1
HINTROTTEN, verb. hinwärts trotten: der bär trottete hin
in die höhle.
HINTRUDELN, verb. verschleppen : wo hab ich denn das andre
billet hingetrudell? ich werd es doch nicht etwa verloren
haben, die beiden billets 2.'$.
HLVTSCH, .f. hinsch.
HINÜBER, adv. über eine strecke hinweg nach einem ent-
fernter liegendem ziele; vgl. herüber sp. 1169.
1) rückgang der form, wie bei (Hinliciien adverbien, zu nüber
ist in der spräche des gemeinen lebens sehr gewöhnlich:
hilft ihr noch der kaiser nieber.
J. .\YRKR 372'(1865,28Äe//e»).
eine er»eileTtt form hinübern erklärt sich aus hin überbin {vgl.
hinaufen für hinaufhin sp. 1390, u. a.) : warlich ich bin noch
nicht hin ubern, ich mus mit dem lod auch noch kenipfen.
Luther 5, li*S>'. — Die umkehruag überbin {s. d.) ist auch dem
sinne nach verschieden.
2) hinüber wird mü verben der bewegung im weitesten sinne
terbundeu , wobei die bedeutting des adverbs mehr oder weniijer
in sinnlicher schärfe hervortritt, jene verben sind unterdrückt
nach hüfswörtern wie dürfen, mögen, sollen, müssen, wollen,
können : wollen hin über gen üibea. rieht. 19, 12 ; wolt hin-
über zu den kiadern Ammon. ier. 41,10; oder in dringender
rede: da ging«! rick ! rack ! herüber, hinüber! Uüthe 8,174;
hinüber, hinüber!
cH heben, es kraiLneln
»ich Oiehende wellen. 11,150.
hinüber s^in zeichnet ende und abschlus: einer besüglichen be-
wegung, wobei hinüber eirustheils auf jene well gewendet er-
uheinl :
ttn int vorbei mit ihm, er ifit hinüber. Scuillkr Teil 4, 2;
vgl. auch unten hinüber rufen, hinüber sehlaleii, schlummern;
andererteitt erfolgte bnieguug von hindeniissen angibt : das nu
nirine ungnedigen herren die geistlichen sich freweii, als
tejen sie hinüber, titid solle inen nu hinfort wol gehen, da
wün!«rhe ich inen glück zu, sie dürfen'* wol. Luther 3, 4(ä'. —
\'erbrn der beweijnng mit hinüber verbunden:
blirk'Mi: ich blicke hinüber zum nnchbar; fdiertragen :
mit dem srhuneii gHben mannor, der iii<t röthliche hinüber
blickt. GöTUK 20, liw.
bringen: hebt auf aus dem Jordan zvvelf steine, . . und
bringet sie mit euch hinüber. Jos. 4, 3 ; brachten sie mit
sich hinüber in die herberge. v. 8.
drängen: die Franzosen waren wieder über den Rhein
hinüber gedrängt. Göthe 15, S7.
drücken:
nicht eher stund ich auf, bis sie die Zierde
von meinem haupt auf seins hinüber dri'tckte. Götuk 9, 156.
fahren: da Jesus viel volks uinb sich sähe, hies er kin-
über jenseid des meers faren. Malth. 8,18; treib er seine
junger, das sie in das schiff tratteu und vor im hin über
füren gen Bethsaida. Marc. 6, 45. auch von heßigen bewegungtn :
das weih fuhr erzürnt hinüber ins andere haus.
fallen: sie sind über die maurc hinüber gefallen, atcen-
dendo muros irruperunt. Stieler 42.3.
fliegen: hinüberfliegen, transvolare Hederich 1301.
fliehen: zu den feinden hinüberfliehen, Irans fugere ad
hostes. Hederich das.
führen: und machten die fürt, das sie das gesinde des
königs hinüber füreten. 2 Sam. 19,18; der könig sprach zu
seinen knechten, füret mich bin uljer, denn ich biß seer
wund. 2 chron. 35,23; halt . . geholten, dasz alle ritter, so
dahin {auf die insel) zu kommen willens, einer nach dem an-
dern hinüber gefürt werden. Amadis 402.
geben: briefe über die niauer hinüber geben, lilteras Irans
murum transdare. Stei.nbach 1, 575.
gehen: werde nicht über den Jordan gehen, ir aber
werdet hinüber gehen. 5 Mos. 4, 22 ; gewunnen die lurt aiu
Jordan ein, die gen .Moab gehet, und lieszen niemant hin
über gehen, rieht. 3, 28 ; da Jonathan sucht hinüber zu gehen
zu der Philister lager. 1 Sam. 14,4;
bleibt nur in Belriguardo, geht zusammen
hinüber nach Consandoli! Götue 9,115.
geleiten: so gebe er mir brieve an die landpfleger jen-
seid des wassers, das si mich hinüber geleilen, bis ich kome
in Juda. iVcA. 2, 7.
gleiten: ohne dasz ich es wusle und bemerkte, glitt
meine unsterbliche liebe von dem einzigen dichter auf seineu
erklärer hinüber. Tieck ges. nov. l, 161.
greifen: viele fordern von einer systematischen darstel-
lung, dasz in derselben nichts vorkomme, was nicht in dem
vorhergehenden seine vollstündige begründung gefunden habe,
dasz also auf keine weise in den Inhalt später folgender
theile hinüber gegriffen weide. Savigny system l,.\x\viii.
hangen: hinüberhangen, superpendere. Hederich 1301.
hauchen: das ganze hiiiüliergebauchte lied kehrte ent-
körpert und ätherisch und leise zu den liebenden zurück
{als echo). i. Paul biogr. betusl. 1, 95.
heben: jelzo wirst du., von einem tönenden wehen aus
dem regendunst des lebens hinübergehobeu in die lichte ewig-
keit ! J. Paul Hesp. 3, 76. reflexiv : wenn sich der mensch von
einem glauhensyslem auf einmal zum andern , oder vom
höchsten punkte des grolls schnell zu einer zerschmelzenden
Vergebung aller fehler hinüberhebl. 101.
helfen: hinüberhelfen , Irans partem aliquam promovere,
transitum juvare, concedere, procurare. Stuler 839.
hüpfen: (die) scharfe stinmie, welche in hohe leuurlagen
hinüberhüplle. Frevtac hamlscJir. 1,171.
k I i m m e n : hinüberkliimnen, Irunsctnäere muros. Stieleh UtfO.
kommen.' natu sie und füret sie über das wasser, da>
hinüber kam was er helle, l Mos. 32, 2:i; da nu David hin-
über auf jenseid kuinen war. l .Sunt. 2U, 13; ein gar schnelles
und tiefes wasser, welches keinen andern lurlh noch pasz
hinüber zu konnuen, dann ein lange aufziehende brück hell.
Amadis U4 ; es kommt doch wie ein lispeln zu etirh hinüber.
(Jötiie 2m, 94.
kriechen: hinüberkriechen, o6reprrf, o/irepfare. STiEit.R 1035.
langen: mit der band hinüberlangcu, tiber den zäun.
lassen: wir wollen liic kindiT Innuli.i lis^i-n luhrt .tif
sIratze, zum nachbar).
laufen:
wird KiiKl.nid . .
von dir, der anfrebeleten muMiirchln.
lu Uanilejr« morderin biniiberlanrcnV
ScHiLLK« M. Stuart %i.
Ieuchl<en: hiiittberlruchten, ultra lurere, Iramire cum face
locuin aliquem. Stieier 1155.
machen, reflexiv: bleibe nicht über nacht auf dem blacheu
feldf diT «ii'^l'Mi, (.oiiderii m:i(hi' dich liiiiilbet. } Siim \:. \i;
1529
HINÜBER
HINCBER — HINUM
1530
ragen: felscnzacken ragen hinüber iib«r den bach.
reisen: hinüberreisen , transmeare, transgredi, supergredi.
Stieler 1589.
reiszen: die Verstümmelung des raus für heraus aber
scheint ihn (den dichterischen ausdruck) doch über die greni-
linie des edeln hinüber zu reiszen. BCsger 132*.
reiten: Friedrich, reite hinüber und schaffe die masken
zusammen. GOthe 11, 57.
rinnen: ach wenn er mit dem blutendufte hätte über die
blumen hinüberrinnen, mit dem winde über die gipfel, durch
die Wälder hätte strömen können I J. Fall Hesp. 1, 16S.
rücken: mit dem volke hinüberrücken, transportare copias.
Stieler 1571.
rufen: über die strasze hinüber rufen; der nachbar hat
ihn zu sich hinüber gerufen; hinüber rufen, «n die ewigkeit:
woblan, so will ich von euch nicht gehen,
bis gott auch euch hinüberruA.
KoTZKBUE dram. sp. t,'29S.
schaffen: er liesz seine sacheu hinüber schaffen.
schicken: er schickt pferde in Engelland hinüber, trans-
miUii equos in Angliam. SrEi.\B.\CH 2. -105.
schieszen: er sprach in wohlgeordneten klingenden wer-
ten, lieble jeden ausdruck, der über die gemeine Vorstellung
hinüberschosz. Klisceb 6,291.
schiffen: und sie schifften hinüber {bei Behaim: dö si
ubir geschiffeten), und kamen in das land Genezareth. Matth.
14, 34.
schlafen, entschlafen:
beut du für deiner mutter seele, die
durch dich zur langen, langen pein hinüberschlief?
GöTHK 12,199.
schlendern: nahm .. seinen kleinen söhn bei der band,
und schlenderte zu dem alten korbmacher hinüber. Wjelasd
S, 279.
schlummern, entschlummern: er würde glücklich zu seinen
Vätern hinübergeschluniniert sein. Klinger 10, 6 ;
stirb sanft! o die ich mit unaussprechlicher
emptiodung liebte! scblummr in die ewigkeit
mit ruh hinüber. Klopstock 1,53;
schlummert zu glücklichen
still hinüber! &2;
still in Unschuld waren ihr kaum zwölf jähre verflossen,
als sie, dem jungen leben entblühend, heiter und freudig
m die gelilde des friedens hinüberschlummerte. 3,197;
imd schlummern sie gelassener hinüber,
als, in des glaubens arm, ein Christ? Goiier 1,398.
schreiten: über etwas hinüberschreiten, transgredi aliquid.
Hederich I3(r2.
schwärmen: die feuertrunkne seele, die oft in wonne-
voller Phantasie in eine andre weit hinüberschwünnt. Fh.
.MOller 1,8.
schweifen: die erwähnung des busens auf diese art hat
etwas zu üppiges, das fast über die sittliche delicatesse hin-
über schweift. BPrger 132*.
segeln: nach .\merika hinübersegeln.
sehen: er sah über die mauer hinüber.
sehnen: ach in solchen tönen schlagen die zerlaufenden
wellen des meeres der ewigkeit an das herz der dunklen
menschen, die am ufer stehen und sich hinübersehnen!
J. Paul Hesp. 3, 76.
setzen: in die insel hinüber setzen, in insulam transmit-
tere. Steinbach 2,359; mit der ersten fahrt hinüber setzen,
prröia nurigalione Iransfreiare. das.
spielen: diese parabel und die von der katze . . . sind
die einzigen in den scherz hinüberspielenden, aber doch ge-
lungen. J.Pal'l */. bluherschau 1,152; transitiv:
ja d.inket ihrs. dasz sie das düstre bild
der Wahrheit in das heitre reich der kunst
lunuberspielt. Schiller Waltenaleiu. pioUtg t. 135.
springen: hinüberspringen, Iransilire. Stieler 2105.
steigen: in die schiffe der feiude hinübersteigen, i« nares
koHtum transscendere. Steinb.4ch 2, 702; bildlich t alles vollkom-
mene in seiner art musz über seine art hinausgeben, es
musz etwas anderes unvergleichbares werden, in manchen
tönen ist die nachtigall noch vogel ; dann steigt sie über ihre
classe hinüber und scheint jedem gefiederten andeuten zu
wollen, was eigentlich singen beisze. Göthe 17, 3io.
streben, auch in die ewigkeit streben, sterben' wollen :
wirst du früher zu dem thale wallen,
aU der treuod, der auch hinüber strebt? GORweR 3,111.
tragen: hinüber tragen, transportare, transferre. Hederich
1302.
träumen:
glückselig ist, wer unerwacht
hinüberträumt in jene nacht,
wenn noch ein gläubiges gebet
als frühlingsluft von dort - sein licht ausweht.
Lenac FauH liü.
treiben: stellet er die priesler an das wasser, und gebot
inen, sie sollen alles volk hinüber treiben, das sie die feinde
hülfen schlahen. 1 Macc. 5, 42.
treten: nur wenige stellen {eines buches), wo die Wahr-
haftigkeit über die gränze der ehrbarkeit hinübertrilt, wären
zu tilgen. Göthe 45,247.
wälzen, transvolvere. Steisbach 2,924.
wandern: jenen .. geist der isolirung, der dem hinüber-
wandernden aus einem süddeutschen lande in das andere
weitere hindernisse bereitete, preusz. jaltrb. 20. bd., s. 311.
werfen: einen stein in den garten hinüber werfen, lapidem
in hortum transjicere. Steixbach 2, 1037.
wiehern: dein rosz wird .. sich nach Castilien wenden,
und mit schnaufender nase hinüberwiehern. Klixgeb theater
4,130.
ziehen, intransitiv: warumb macht ir der kinder Israel
herzen wendig, das sie nicht hinüber ziehen in das land, das
inen der hen- geben wird? i Mos. 32,7; der könig zog hin-
über gen Gilgal. 2 Sam. 19, 40 ; dasz er Urlaub begeren müszte,
ihn hinüber ziehen zu lassen. Amadis^; ein jeder, der wil,
zeuhet da hinüber, das. transitiv: einen über die mauer hin-
über ziehen.
3) über die formelhafte Verbindung von hinüber mit dem gegen-
satze herüber vergl. sj>. 1169 i«n/en.-
es packt ihn, wie mit krallen, an,
und schüttelt ihn wie fieber,
hinüber und herüber. Böiger 52* ;
hinüber- und herüber-wechselspiel mit diesen drei einander
gegenstrebe nden reihen {gedankenreihen), i. Paul vorsch. der
dsth. 1,161.
4) »B altern quellen tritt öfter die demonstrative kraß von bin
im Worte zurück, es steht wie darüber : gab ich {ßr das reinigen
von gemäehern) . . zwenunddreiszig pfenning und sechtzehen
pf. hinüber padgellz. Tccher baumeisterb. 114, 14 ; oder wie vor-
über: legt sich .. in ein dorf, haist Werthern, dabei fleust
ein wasser hinüber. Wilw. v. Schaumb.93; oder endlich in Ver-
bindung mit gegen wie gegenüber : thät zween ganzer tag nicht
anders, als dasz er gegeu der damen palatio hinüber stunde.
Simpl. 3, 99 Kurz; bei der . . gegen Crems hinüber liegender
Donau-insul. Abele künsti unordn. 3, 336.
5) hinüber praepositional mit dem accusativ, wie einfaches über :
rückt er aus dem halt für ein dorf, hinüber ainen grünt.
Wilw. V. Schaumb. 83.
6) hinüber in zeitlicher bedeutung; in Verbindung mit verben wte
blühen: nur von dir hing das glück dieser geschlechter
ab, konnte nur durch dich auf die künftigen hinüber blühen.
Klinger 5,359.
gehen:
die schwere schuld ist schwer gebüszt. der kaiser
versöhnt, nichts geht vom vater auf die tochter
hinüber als sein rühm und sein verdienst.
ScaiLUR Wollenst, tod 5, 12.
leuchten: imsre sorge soll sein, dasz seine {des Jahr-
hunderts der Franzosen) färbe und gerucb allen Unterdrückern
in die künftigen schrecklich hinüberleuchten und dünsten soll.
Klisger 10,259.
springen: wäre er gewisz aus seinem scholastischen Jahr-
hundert in unser hellphilosophisches hinüber gesprungen.
Klinger 3,259.
HINCBERFLHRL.NG, f trajectio. Steinbach 1, 392.
HINÜBERSCHIFFUNG, f transfreiatio. Hederich 1301.
Hl.NLBEHWARTS, adv.
HINLM, adv. um und hinirdrts, rücksichllich des ersten com-
positionsgliedes gegensatz von herum sp. 1171, aber gegen dieses
im gebrauch bedeutend zurück tretend, und der jetzigen schriß-
sprache bis auf wenige beispiele verloren gegangen; in der Ver-
kürzung num dagegen im schlesischen volksdialeet häufig noch jetzt
gehört, es steht
1) ürllich: da er nun das sagt, that ich mich auf die
mauern und binum zu dem thor. Götz v. Berl. 77 ; dero-
wegen schifften wir oft binum {um das gehirge). Simpl. 2, 214
Kurz; auf diesen streich thaleu die Calvinisten wider einen
andern hiuuni. 3, 313 ;
1531
HINÜM — HINUNTER
HINUNTER
1532
ein Tinstrer jager blickt iiis aug iliin .■Alumni
und schwindet um das l'elseneck liiiitiiii.
LtMAi; Faust 10;
als jtraeposUion mit dein accusaliv, wie einfaches um :
und jetzt, hinum die stäuiuie schreitend, augeiiblicks
■weg war sie! Göthk 40,409;
mit heriuu verbunden: sie trillle den teller lierumb und wieder
liiuumb wie Hans Wurst seinen hut. Siinpl. 4, ti3 Kurz; es
thel mir ninx einfalln, wan ich d'IVaisz krieget, ich sinnet
hinum, ich sinnet herum. Schwabk tinteuf. 2.
2) ieülich, einen kreislauf bezeichnend: Ahdias wuszte aus
seinen unzähligen Wanderungen sehr gut, dasz im furtlau-
fenden jähre immer andere Sterne am himmel prangen, der
einzige schmuck, der in der wüste, wu keine Jahreszeiten
sind, in dem einen jähre hinum sich erneuert. A. SriFTtn
Studien 4, 61.
3) cdfstract, wie heuliges umhin, in der formet nicht hinum
können : die ergernusz aus dem w eg zu räumen, kan ich vor
Christu und Paulo nit hinumb, die da heiszcn einen man
eines ehelichen weibs man sein. S. Frank sprichw. 2, lUS*.
ACB. spr. 276*.
HINUNTER, adv. hinwärts und nach unten; mit einer erwei-
terung hinuntern aus hinunterhin {vgl. unlen hinunter fuhren,
hinunter sinken, stuszen) ; in der spräche des gemeinen lebens
aucli XU nunter verkürU, nebenlter in der umkehrung unterhiii
(i. d.) früfier begegnend, und rüclisichtlich des ersten theils der
iusamnienseizung gegensat: von herunter sp. lihUff. u-älirend
aber dieses letztere seine scharfe riclitungsbestimmung öfter vertiert,
tst ditsz bei hinunter nicht der fall, es geht stets, auch im bild-
lichen ausdruck, auf eine vom sprechenden sicli entfernende be-
wegung nach der tiefe, und seine anwenduny bei rerben des essens
und trinkens (vgl. unten hinunter schlucken «. a.) neben der von
hinter (hinter schlucken «. a. oben sp. Hb";) ist so zu fassen, dasz
hinter nur auf die einfidirung in die mundhöhle, hinunter auf
die in den mayen den accent legt, die berährung der bcdeutung
des letzteren ativerbs mit der von hinab (sp. 1378) ist eine so enge,
dasz gewöhnlich beide adverbien vertauscht werden können, und
in der folgenden stelle z. b. wechseln dieselben nur aus gründen
des wolUangs: du gehest einen kleinen hiigel hinunter, und
lindest dich vur einem gewölbe, da wohl zwanzig stufen hinab
gehen, wo unten das klareste wasscr aus inarmorfelsen quillt.
GöTHt IC, », wie denn auch dem alemannisclwn dialecte hinunter
völlig entgclü und in allen fällen durch abe aus abbin ersetzt
vird.
Wie zu ähnliclien adverbien treten zu hinunter ncUiere ricli-
tungsbestitnmungen : {die erschlagenen) die hinunter faren zu den
Steinhaufen der helle. Jcs. 14,19; ich hatte . . . gessen und
meinen hut durch den hals hinunter wieder ausgeleert. Simpl.
3,3.'« Kurz; nahm ein licht, dem grafen vorleuchlend eine
geheime treppe hinunter. Göthe 17,128; das genisle, das den
dürren sandhügel hinunter wächst. 1«, 74; (t/os p/i'n/) welches
eine arl von krippenbeiszer war, denn es sliesz beständig mit
dem kupfe nach vorn hinunter. iMHtitNANN Münchh. 4, 51.
Verben der beweguny sind in dringender rede, bei erzählung
oder befehl, unterdrückt: hinunter, und lege dich zu den unbe-
üchnitteneu. Ues. 32 , 19 ; ^o machen wir uns sacht an die
iDszlichsten verdammten , zu denen vom zwischenreiche aus
doch wohl aucli eine hinlerthüre sich entdecken lassen wird,
beginnen bei denen unsere missionsgeschüfte, und so immer
weiter und weiter hinunter, hinunter! Immehianm Münchh.
2,13«;
nur frisch hinunter (mit dem tii'xentrank)l immer zu!
es wird dir gleich das hei-z erfreuen. Gutiik 12, 131 ;
oder nach hilftverben : der geistliche stand kan nicht bleiben,
viel weniger wider zu ehren konien, gutt liat in augritTeii, er
mus hinunter. Lt;THER 3,139'; sie musleu auch mit im hin-
unter zur helle, lies. 31, 'l7 ;
ich muKzte gleich hinunter {in das tital)
mit meinem wunUerstuh.
hinunter und immer weiter,
und Immer dem hache nach. \V. MÜLLeN mulliiUeilur.
Verben der beweyung, mit hinunter veibunden:
arbeiten, bildücli für Verarbeitung ton etwas widrigem im
ycmut, reryl. hinunter würgen : mir ist nicht zu helfen, du»
uiu%i hinunter gearbeitet werden. Fhluau handschr. 2,423.
baden: wu ich luir das podugra wieder in die fiiHze hin-
unter baden wollte, das ich mir blu» durch gegeuwarlige»
buch zu weit in «leo leib hinaufgekcbrieben. J. Paul um«, toyc,
vvntdt $. XIII.
bringen: so weidet ir meine grawe har mit jainer hin-
unter in die gruben bringen. lAfo«. 44, 29; zu bodcn brinyen,
einen yegner im kämpfe: mich mit kratzen, beiszen, schlageii
und netten dergestalt wehrete, dasz ich meinen feind hin-
unter brachte. Simpl. 3,13 Kurz; versclducken können, speisen
und getränke: Hichard. nur frisch hinunter getrunken, trau
schwiigerinn. es schmeckt wie ein sirup so süsze . . fr. Sleplian.
ich glaube nicht, dasz ichs hinunter bringen kann. Gellert
3,40«; so dasz die schlänge kaum die kostbare speise schnell
genug hinunter bringen konnte. Göthe 15,215. bildlich: für
leute, wie ich, ist das landleben der bonig, worin sie die
pille des sladllebens einnehmen; Falterle hingegen brachte
das bitlere landleben nicht ohne die Versilberung des stadt-
lebens hinunter. J. Paul Tit. i, 124.
burzeln, purzeln: kriegte atjer mitten auf der stiegen
einen solchen stosz, dasz ich wieder zurück hinunter burzelte.
Simpl. 3, 335 Kurz ; dasz er ohne zweifei von der bauk hin-
unter gepurzelt wäre. 2, 277.
drücken, reflexiv, zu baden gedrückt wegschleichen :
sin widerwari besiien trat,
wand im sin wisheit wart so mat,
beide verirret und geblani
daj er nicht Widerrede vant:
des dructe er sich hin under. paus, iii.ib Köplie.
eilen: mit einer nothdürftigen Verbeugung wandte sie sich
weg und eilte hinunter nach der mooshütte. Göthe 17, 119.
essen: hinunter essen, deglutire cibum. Stieler 897.
fahren: die hinunter in die gruben faren. spr. Sal. 1,12;
zu der zeit, da er hinunter in die helle für. fles. 31,15; das
er zuvur ist hinunter gefaren in die untersten orter der erden.
£/)/(. 4, 9; mit dem wagen einen berg hinunter fahren; wir
fuhren mit dem dampfscbifl'e den Rhein hinunter.
fallen: fiel bin unter vom dritten süller. apostelg. 20,«;
dasz ich unib die wähl, die sich zwischen deiner und ihrer
seeligkeit findet, keine stiege hinunder fallen wollte. Simpl.
3, 1S2; also dasz ich . . . übern häufen und endlich gar die
siegen hinunter gefallen. 4, 60.
fliegen: ich flog die treppe hinunter mit dem festen Vor-
sätze, das haus nie wieder zu betreten. Göthe 25, 280.
flieszen: die künde einer so eben ausbrechenden lava,
die für Neapel unsichtbar nach Ottajano hinunter flteszt.
Göthe 28, 65.
flöten: eine herrliche Symphonie tönte aus den nebeu-
zimmern und Hütete den leckerhaften schmausz und die feinen
weine den gasten lieblich hinunter. MusÄus volksm. 237. vgl.
hinunter geigen.
fördern: mein söhn, den dein deich hinunter (in den
Erebos) förderte. Klingek 2,227.
führen: du hast gewalt, beide über leben und über tod,
und du fürest hinuntern zur hellen pforten, und fürest wider
heraus, weish. Sal. 10,13; von hier oben führt nur ein fusz-
pl'ad hinunter ins thal.
gehen: gieng Courage selbst mit den fertigsten und zwar
eitel wolbewehrten zigeinein mui zigeinerinneu den Schwarz-
wald hinunder. Simpl. 3,173 Kurz; als die magd mit ihrem
bruder hinunter in keller gieng. 334; indesz ich die treppe
hiuunterging. (jütiie 2s, 14.'>. in btzug auf essen und trinken:
der satte sagt jetzt geht nichts mehr hinunter.
geigen: kchrelen wir im besten wirtsbausz ein und lieszen
Spielleute konnnen, die uns wein und hier hiimnter geigen
niusten. Simpl. 1,278 Kurz; indes.sen fiengen die leute an,
allgemach feine rüuschlein zu kriegen ; dann wer wulle nicht,
wann man einem den wein so hUpsch hiimnter geiget? 3,3^.
gieszen: einen topf mit wusser zum fenster hinunter
gieszen; von hastigem trinken : er gosz ein glas wein hinunter.
jagen: den berg hinunter jagen.
kommen: vuniemblicb schellen die Ue-streiilier die Hoch-
teutsche, welche zu ihnen hinunter kommen (die Ihni.u, hin-
unter). Simpl. 4, 389 Kurz ;
ich komm hinunter In die kftche.
ila lii'^ji ein iilier hailer in dnr aschi-.
und dain|ilt und stinkt. <>otiik U.löi
kiiitben: hinunterkriecben, (ieur^um serperc. Miiihn lu.w.
lassen: lieszen das gefesze bin untei. aptistelyeich. 27, 17;
reflexiv: bistu gullcji auu, »u las dich von hinueu hiuuuler.
Luc. 4,9.
laufen: das wusser das zum uieer hinunter lief. Jm. 9,10;
ire füMze laufen zum tod hinunter, ire genge erlangen die hell.
tpr. SaL b,!)-, der wem luult die kcltlc Liituiiici'.
1533
HINUNTER
HINUNTER — HINWAGEN
1534
legen: du ha«t mich in die gruben hinunter gelegt, ins
finsternis und in die tiefe, ps. SS, 7.
leiten: er ist der Hiskia. der die höbe wasserquclie in
Gihon zudecket, und leitet sie bin unter von abend werts
zur slad Da^id. 2 chron. 32, 30.
machen, reflerir : wir wollen un? hinunter ins Ihal machen.
marschieren: also marchirte ich den Rhein hinunter auf
Eglisau zu. Simji. 2. 1!>0 Kurz.
nehmen: und solle sie gleich sein angedenken mit ins
grab hinunter nehmen. Simpl. 4, 43 Kurz.
poltern: der roönchsteufel polterte die treppe hinunter.
Kunger 3. t55.
rinnen: hinunderrinnen, demanare. Stieler 1612.
rücken: etwas weiter hinunter rücken, auf einen unteren
platz.
rufen: ruf hinunter, dasz das rosz nicht geführt werde.
Klopstoci 8, 199.
rutschen: so rutscht der plunder unter mir ab und ich
zehn rheinländische schuh lang hinunter. Schiller raub. 3,2.
saufen: hinundersaufen , deglutire sorbillando, exsorbere.
Stieler 1685.
schäumen:
ich stand am hange rtfs felsen, und sah
hinunter schäumen den ström. Klopstoce S, 200.
schieben: an beiden seifen scbrittstcine, die jeder ladeu-
und werkstatibesilzer mit unablässigem kehren reinlich hält,
indem er alles in die mille hinunterschiebt. Göthe 2S>101.
schieszen: wenn auf dem langen ström das menschen-
ppschlecht in tausend wiegen und sargen hinunterschieszet.
J. Pacl Titan 2. S".
schlängeln, reflexiv: wie reiszend schlängelt sich der
Arno, von der sonne vergoldet, hinunter! Klinger 1,38.
schleichen: die treppe hinunter schleichen.
schlingen: beschäftigte sich blosz, die gerichte. die er
nachzuholen hatte, eifrig hinunterzuschlingen. Gothe 25,363;
wer wird liünfli? deinen kleinen lehren
speei» werfen und die götter ehren,
wenn hinunter dich der Xanthus scblinsrt?
Schiller rauher 4,4.
schlucken: wir sehen, das etliche menschen ein teil
Sünden gar leichllich hinunterschlucken, die andern fast in der
kehle stecken bleiben: mancher würget sich an einer mücke,
wann ein ander einen karael hinunterschlucket. Bctschry Palm.
S93; ich schütte das pulver in ein glas, giesze wasser dazu,
rühre es, und so wie sie das hinuntergeschluckt haben, ziehen
sie ein i^aures gesiebt. H.Heine 2.246;
ich kann die halben pläser [arznei) . .
hinunter schlucken. Götre 11, IM.
schnieiszen: ihren advocaten will ich zur treppe iiin-
MUterschmeiszen und sie durchs fenster. Rarener »rerAe 3.222.
schummeln, refltxk : ich aber schumell mich die stiege
hinunter. Simpl. 3,350 Kurz.
sinken: ich sank hinuntern zu der berge gründe. Jonal^x
springen: vom wagen hinunter springen, de rheda desilire.
Steinbach 2, WS; in einen abgrund hinunter springen, in
abyssutn desUire. das.
steigen: Jona war hinunter in das schiff gestiegen, lag
und schlief. Jona l, 5 ; man steigt sechzig stufen hinunter,
in eine gruft. Göthe 28, 61 ; dasz, wenn deine obren nicht
lust haben, in meine brüst hinunterzusteigen, mein herz dir
halbwegs auf meiner zunge entgegen kommen soll. Schiller
Fiesko 1,3.
stoszen: du wirst sie hinuntern stoszen in die tiefe gruben.
p.i. 55, 24 ; da wichen sie auf eine seilen am berg, und bunden
Achiur an einen bawm, mit henden und füszen, und stieszen
in hinunter, und lieszen in also hangen. Judith 6,9; du Caper-
nanm, die du bist erhaben bis an den himel , du wirst bis
in die helle hin unter gestoszen werden. Matth. 11,23; mein
vatcr . . hat meine multer einmal die ganze treppe hinunter
gestoszen, weil sie ihm widersprochen hatte. Gellert 3,238;
wenn man sie gegenwärtig unter fremde menschen hinunter
stiesze (am einer 6f,«ern läge in eine geringere). Göthe 17,166.
stürzen, iutransitir: in den keller hiniinler stürzen, prae-
ripüem in cellam deferri. Steinbach 2,764; reflexiv: erstarrt,
ohne sinne, steht sie vor einem abgrunde .... und blind,
in die enge gepresst von der entsetzlichen noth ihres herzens,
stflrzt sie sich hinunter. Göthe 16,71; Irantitit:
das Schicksal stürzet, früh oder spät, da« lied
des schalen reiraers und des dichters
in der Vergessenheit nacht hinunter. Höltt 88 Ha/m.
mit ungewöhnlicher datirer ßgung: wenn du nicht schweigst,
pack ich dich zusammen und stürz dich dem fenster hinunter.
Klixger theater 2,137. für hastig trinken: er stürzte ein glas
wein hinunter.
tragen: einen koffer die treppe hinunter tragen; man
trägt den arbeiten: einen schoppen wein in den hof hinunter.
treiben: hinundertreiben, detrudere. Stieler 2322.
treten: und giengen durch die lange gassen, gar langsam
und gravitätisch hinunter zu trelten. hist. r. Laz. de Tormes 68.
trinken: nur frisch hinunter getrunken, frau Schwägerin I
es schmeckt wie ein sirup so süsze. Gellert 3, 406.
wälzen: hinunderwälzen, adrolrere. Hederich 1305.
wehen:
jenes lüftchen. welches schon säuselt,
ihn mit stiller kühlung ins grab hinunterzuwehen.
Klopstock ö, 91 (Mets. 11, 1366).
werfen: einen die treppe hinunter werfen; {das unglürk)
welches mich nimmermehr so weit hinunter hätte werfen
können, da es mich nit zuvor durch solche falsche blick
angeschaucl und so hoch erhaben hätte. Simpl. l. 3S0 Kurz.
würgen: eine speise hinunter würgen; ihm sagen musz
ich, wie ich von ihm scheide, er mag zusehen, wie er das
wort hinunterwürgt in sein freudloses herz. Frettag Hand-
schrift 3, 266.
ziehen, intransitiv: vom berg hinunter ziehen in das thal;
Iransitir:
hängen auch alle Schmierer und reimer sich an dich, sie ziehen
dich nicht hinunter, doch du ziehst sie auch schwerlich hinauf.
Schiller xeii. 97 {werke 1, 330 Kurz).
zwingen: da liefe ich hinaus (aus dem keller], als wann
mich der diebsburger gejagt hätte, wäre auch vom aller-
grösten durst nicht mehr hinunter gezwungen worden, wann
schon lauter hippocras und malvasier darinn gelegen. Simpl.
3, 335 Kurz;
kann er sein herz so tief hinunterzwingen,
80 mag er keck das ärgste nur vollbringen.
TiECK Genov. f. 139.
HINUNTERFAHRT, f: die hinunterfahrt ins thal.
HINUNTERGANG, m.: hinuntergang der sonne, occasus solis.
Hederich 1304.
HINU.NTERSTURZ, m. abslurz, scharfe grenzscheide: republi-
kaner Fiesko? herzog Fiesko? gemach — hier ist der gäbe
hinuntersturz, wo die mark der lugend sich schlieszt, sich
scheiden himmel und hölle. Schiller Fiesko 2, 19.
HINUNTERWÄRTS. adr. deorsum, decliris. Stieler 2440 : die
(mädchen), die statt der menschenliebe nur das, was sie oft
damit verwechseln, haben, männerliebe — die, wie misogyne
keine frau lieben als die im Spiegel, und die nicht blos
hinunter-, sondern auch hinaufwärts hassen, wie die affen-
weibchen unsere nicht ausstehen können. J. Pacl biogr. bei. 1,4«.
HINUNTERWEG, m.: nöthigte man mich aucrst den hin-
unlenveg anzutreten, arantür. ], 195.
HIN VEREHREN, rerb. hinwärts, an einen dritten schenken:
wie er dem bnider schon zur gäbe,
was er in Welschland hatt, ganz hinverehret habe.
D. v. D. Werder Ariost 3, 2S, 2.
HIN\'ERLANGEN, verb.: die mutter nach der er hinver-
langte, lag aber im grabe. Isisermann Münehh. 4,45.
HINVOR. adr. unter hervor sp. 1194 wird bemerkt, me ein getfen-
satz zu diesem icorte hinvor sich niclU entwickelt hat. Amadis 64
steht: dieweil er stets an das fräwiin Oriana gedacht, von
deren er unlang hinvor gescheiden ; doch mag es ein druck-
fehler ßr hievor sein, was sich in gleicher Verbindung öfters
findet (unlang hievor 336. 430; kurz hievor 304).
HINWACHEN, verb. wachend verbringen:
dasz dn in tausend sorgen
vom morgen bis zur nacht, und von der nacht zum morgen,
die ahirekürzte zeit des lebens hingewacht?
J. E. Schlegel 1, 16S.
HIN WAGEN, rerb. l) transitiv, auf eine gefahr oder einen
ungewissen erfolg hin etwas wagen: dasz ich mein leben hin-
gewagt habe, wie könnt ich da« anführen. Klopstock 9, 33ö;
grosze männer, . . deren sich nach Ciceros wohl nicht hin-
gewagten äuszerung, auch das volk seiner vorväter rühmen
konnte. Niebohr 2. 101 ; bürger, die dem Staate keine kinder
geben und für ihn hinwagen. Jacobi Übersetzung des TJiucyd
1, 176 ; den so oft für die Wissenschaften hingewagten körper.
J.Paul kl. bücherschau l, lit:
1535
HINWALLEN — HINWEG
HINWEG
1536
drr mir fiinrzig gülden «oll. waget zwanzig gülden hin,
da<!Z er meine Zahlung nur möcnic länger noch vprziehn.
LoGAU 2, i>, :W.
2) reflexiv, sich hintcärl.t, an einen dritten ort wagen:
allein da blick und ton ihm schnell ihr herz gewann,
so wagen bald kinder sich hin und spielen mit seinen locken.
\ViKi,AJ«n 2-2, 61 (OberoH 2. 8).
HINWALLEN, verb. traliend hingleiten : die locken wallen
ihr ins gesiclit hin;
jene liebte vordem den göttlichen ström Kuipcu«,
welcher .«tolz ins gelilde, der ström' anmuthipstcr, hinwallt.
Örfy,«. 11, 2:1»;
viUend rerbringen :
ich wünschte seihst mich aul das land.
um dort, als hirte, urihckannt.
mein leben Triedlich hinzuwallen. Gökingk 1, 190.
HLNWALTEN, rerb. : genug, lassen sie ihre geübte fedor,
die sie für ihren neffen so lange nicht eingetaucht, auch ein-
mal zu seinen gunslen auf dem papierc hinwallen. Göthe
21,107; man liesz es geschehn und gehn, ohne gerade zu
fragen, wa« daraus werden solle, und welche ellcrn finden
sich nicht genöthigt, töchter und söhne in so schwebenden
zuständen eine weile hinwallen zu lassen. 26, 29.
HLNWANDELN. rerb. lunicärts wandeln : in der hiittcn und
wonung, wo icli mit allen kindern Israel hin wandelt. 2 Sam.
7,7; einen weg, . . den wir so leicht und froh hinwandeln
konnten. Klixger 8,129;
(rta^z) der gast hinwandle zum nachtschmaus fröhlichen herzens.
Udyxs. 8, 395 ;
Keiler wandeln: wandelt hin im liecht cwrs fewrs. Jes. 50, 11.
ins jenseits vandeln, sterben : da es uns allen für die freiheit
bis zum lodc galt, und so viele (ihränen euch, die hinwan-
deilen I), so viele von uns, der tod traf! Klopstock 8,199.
HINWANDERN, tvr/>. ; einer, der mich also hinwandern
gesehen. Simpl. 4,20 Kur:;
Ton dieser groszen niderlng
ich fünf tönlicher wunden trag.
musz leider jetzt mein seel aufgeben,
die wanden hin ins .schewig leben, mtickenkr. 1, 200.
HINWARTEN, rerb. iceilei- warten: ich musz noch lange hin-
warlen, ehe ich gelt bekomme, hnife est expectalio diritiarum.
Stieler 2442.
HINWÄRTS, adv. in der riclittin;) naih einem dritten orte.
gtißjualz von herwärts .«/>. 1204; mhd. hinwart, hinwert:
mit hdher .«timme liuobens an
und sungen eines unde zwir
'in gotes namcn vare wir'
und strichen alle;; hinewart. Trist. 290, 21 ;
es sloszen ihrer {der zimmer) fünfzehn an einander, davon
ich jedes nur einen lag hinwärts, einen lag herwärls, auf
einem monatlichen durcbzug bewohne. ThCmmei. .5, 61 ;
als du die segel sich auf hinwerts lieszest wenden.
Opitz 1,217.
hinweg;, m. der weg hinwärts: ich habe in der sanfte auf
dem hinwege zweimal . . nnd auf dem herwege drei bis vier-
mal gegfthnet. Gellert 3.244; den hinweg zu dem quartier
der hofdamen hatten sie sich wohl gemerkt. Götiie 17.12«;
zeigen sie mir den hinweg , den riickweg will ich schon
linden. 127.
HINWEff, adv., betOM hinweg, weg, fort, darnn.
t) das mhd. brauchte, um den begriff des entfernens, rer-
srkwindens aus einem gesiehtskreise hervorzuhelten, advnbinl den
nee. sing, von wer na entweder mit artikel den wer: ganc den
trec (gramm. .1. 140). oder ohne solchen:
Kprich, ej .«i dir wcc getragen. Haupts zeilfclir. 7, 103. 43,
oder in Verbindung mit der praeposUimi in, woraus das häufige
lusammenijerüekte enwec erwuchs, das noch bei Luther (2 Thrss.
2.7 der früheren ausgaben, s. Rikuseiis bibel 7, l.'iß) liegegnrt
und auch noch jetzt hie und da im ruike lebt, vgl. Sern». 4. ).'>
und th. 3 sp. 076, mich alemannisch owec aus en wer. dnnelicn
kommt selten zusatnmrnsirllung des ndrrrb. hin mit dem arlikel-
ln%en adverbialen ncriisutiv wer vor, nllerdiniis wie es scheint, erst
in sptitfrer zett und nur »n mitteldeutschen quellen: ij ist w^r-
liche 6sterlar nnde di vasle ist hin wec. mi/*/. l, 107, 20; nnd
hrr II5 si nnd ginr liinwer. Hehaim» erang.-bHck, Malth. 16.4.
rergt. Rrcrkteiks gtcssar dazu *. 267'; daz, sal he in virrehn
«agrn Iftn te fehle. gAl he ubir da/, hinwee unde leistet des
geldf« nirlil . , so verbft/,el he deme richtere serhclr srhil-
linge, Freitterqer sladtr. \m Sehott ; in der fiufung hin we<: hin;
tragit dij hinwee hin und niachit minet vater hös nicht ein
hi^s des gewerbis. Behaims er. -buch, Job. 2. 16; alsi\ schire also
si hinwee ben quämen. myiU. 1, 11,'., 8, was wahrscheinlich indem
hinwege desAnwdis: hiezwiscben hat sich diese zutlel hinwege
verstolcn. 6ü. noeh uuchklingl. seit dem ih.jahrh. siegt hinweg
iiber jenes ältere euwec und dringt in der schrifl.^prathe allein
vor; eine genitire Weiterbildung hinwegs ist seilen geUii-ben:
als Arctusa einst hinab ins wassor schosz
und unterm mcer hinwegs gar finstre straszcu llosz.
D. V. n. Wkrper Ariu"! 6, 19, 8;
wie auch ein gegvns'itz herweg sich nicht gebildet hat.
2) hinweg steht in örtlicher, wie seltener auch in zeitlicher
bedeutung {vergl. oben die stelle aus dem Freibergcr stadtrecht
und unten hinweg sein, hinweg schwinden) mit vcrben der be-
wegung, die in dringender rede, oder nach hilfsverben unlerdriukt
sind: so wil ich hinweg und meine brüder sehen. 1 Sam.
20, 29 ;
ich will hinweg I und wenn du redlich bist,
.'o zeig es mir, und lasz mich gleich von hinnen !
Göthr 9,242;
da schrei der ganze häufe, und sprach, hinweg mit ditüem,
und gib uns Barrabam los. /.«r. 23, 18; hin weg mit solchem
von der erden, denn es ist nicht billich, das er leben sol.
apostcigesch. 22,22; hinweg also politik aus dem gebiet der
musenl Herder z. Uli. 16,169;
lasz ! hinweg I
ich rathe dir, berühre nicht die locken! Götrc 9,53;
hinweg! es dämmert schon!
WiEF.AND 23, 144 (Oheron 9, 341 :
hinweg!
hinweg aus dieser gepeiid, prinz ! .'^CHir.LF.R Karton 1. 5.
Zu hinweg treten nähere orts- oder rieht ungsbestimmungen : traf
der Junker ihn so rauch auf den heim an. dasz er ihm sel-
bigen vom haupt hinweg risse. Amadis 'b; hinweg von hier ins
weite!; er griff über diesen gegenständ hinweg einen andern
auf; durch adverbien gegeben: er (lob weil hinweg; schlecht
hinweg, in Verbindungen wo hinweg nnsinnlicher steht: in sei-
nem losamenl aber ging es zu, wie bei des konigs Arturi
hofhaltung. da er täglich viel Schmarotzer nicht schlecht hin-
weg mit kraul oder rüben, sondern mil iheuren franzischen
botlagien . . köstlich tractiric. Sivipl. 2. 150 Kurz; er ver-
sprach, reinen mund zu halten, nnd hielte es nicht nur
schlecht hinweg, sondern log noch einen . . hänfen dings
dazu. 3.217. vgl. schlechtweg.
3) neben den unten no. 4 folgenden rerbindnnijen ron hin-
weg mil trrben der bewegnng bezeichnen hinweg sein und hin-
weg haben den .^chon erfolgten ab.^rhlusz einer solchen. hinwTg
sein in mancherlei Verschiedenheit des sinnes, so ro» einem orte
fort gegangen sein, ihn verlassen haben : ist der könig ni<lit
bei dir? und sind deine ralgr|»«'r alle hin weg? Micha i,'>:
des anderen tags fragt der graf nach seinem maier: der
was hinweg. IJIensp. s. :!8 Luppenb. ; da nun des königs söhn
ans dem tempel hinweg war. pers. bnumg.i. fi; der doctor . .
wolle ihr. nachdem ich hinweg war, frenndlirh zusprechen.
Simpl. 4,65 A'j(r:;
sie sind hinweg, sie sind erzürnt auf mich.
GöTMK 9,243;
er ist hinweg, ich finde dich gefaszier.
ScHll.MR WnlleHsl. lud 4. 14;
in zeitlicher bedeutung: wenn nun die osteren hinweg sind-
so ist der geist auch hinweg. Wickrax roWie. f«, 7 A'nTr;
uu.<nnnlirher über etwas hitiweg .«ein. alter, neigungett, leiden-
srhapen hinttr sich, itberwunden haben . mit hinüberspielen in
zeilliche bedeutung des adrerbs {vergl. hinaus sein in gleichem
sinne sp. 1391): über die jiinglingsjahre ist er hinweg; tiber
diese mühselige pedanterei bin ich lange hinweg. riEii.KiiT
3,226; hinweg sein, fort, vergangen, verloren sein, in bezug auf
dinge und eigenscluiften : und siliet, das der stein vom grabe
hin weg war. ioli. 20. 1 ; die bl.isse ihrer wangen, denen
der erste rosenihau hinweg ist. Hkrdb*; krone, scrpirr und
schwell sind hinweg. Götmk 15,228;
•0 will ich koln »olrhs vis nn.iteehen,
darauss das lauter aU ist hinwek. /'««(n. «/>. 701, 2.S;
die blume ixt hinweg aus meinem leben,
und kalt und farblo'' seh ichs xor mir liegen.
ScMittt« Watttnut. (11/
hinweg halten, entnommen, empfangen haben: dein brnder i»l
komen mit lisl. und hat deinen segen hin weg. I ^o». 27,»;
da ich nun diesen eid hinweg hatte. SimjJ. I, 146 Kurs.
4) Verben der Itewegung in Verbindung mü hinweg.
1537
beben:
HIN^TEG
HirmTG
153S
denn, so Ächilleus allein entgegen kämpret den Troern,
stebii sie wobi kaum einen nu dem schenkelgescbwinden Peliden,
da sie sogar vorhin hinweg schon bebten vom anschaun.
Bi^RGER 230*.
. alle hinweg begeben
Maaler 225*.
begeben, reflexiv: dasz ihr euch,
solltet. Ll-ther br. 4, 47S.
berufen: hinwägberüefen, avocare.
beten:
oft hat der heiige mann für uns den himniel
gefragt und manchen fluch hinweggebetet.
ScBiLLEB br. r. ilessina, r. 2108.
betrügen: o büberei, bübereil das glück meines lebens
bübisch, bübisch hinwegbetrogen. Schiller rauher 4, 3.
blasen: fliegen ihm ja Sonnenstäubchen an — wie bald
bläst diese ein freundschaftlicher hauch hinweg I ThCmjcelB,".
bringen: bringe das kind hinweg; er wurde durch Um-
triebe von einer einträglichen stelle hinweg gebracht; flecke
aus einem kleide hinweg bringen ;
jetxo bracht er den sänger hinwee in ein wilderndes eiland.
Udy^i. 3, 270.
drängen:
dir abpr empfehl ich. wohl zu bedenken,
wie du den Schwann der freier hinwegdrängst aus dem palaste.
Odyss. 1,271.
drücken: Min. seine zunge vergötJerf mich, sein herz
hüpft unter dem schattenrisz einer andern, fiesko. oder
besser, signora, es schlägt unwillig dagegen und will ihn
hinwegdrücken. Schiller Fiesko 1, 4.
eilen: ich eile hinweg, praeceps abeo. STEisB.iCB 1,325;
soJts {das passah) essen als die hinweg eilen. 2 Mos. 12, 11 ;
essen: er isset alles hinweg, was ihm rorkommef, cepas
et allium coniedit, nihil fastidil. Stieleb «97; die gröszeren
kinder essen den antheil der kleineren mit hinweg.
fahren: da nu Mose seine band recket über das meer,
lies es oer herr hin weg faren. 2 Mos. 11, 21 ;
herold, aber was reiset der söhn mir? nichts ja bewctt ihn,
dasz er in hurtigen schiffen hinwegfährt. üilyn. 4, 7Öi8.
fallen, fort fallen, fallend vergehen: wie . . das gras wechst
und verdorret, und alle ding von nafur vergenglich sind,
und wider hinweg fallen, wie ^ie komen sind. LcrntR 6, 132' ;
u/winn/ic/ier fort fallen, in bezug auf eigenschaften, ritckskhten:
unzählige kleine thorheiten , alle koketterien und launen
fallen gleich hinweg. Göthe 19, 2S7; alle rücksichlen auf
seine person haben jetzt hinweg zu fallen.
fertigen, abfertigen, zum uegschieken fertig machen, ab-
schicken: derowegen fertigte ich, was ich noch vor wahren
in vorrath halte, eilends hinweg und machte meine Sachen
aller orten richtig. Simpl. 4, 153 Kurz.
fliegen: hinwäg fliegen, avolare, provolare. Maaler 225';
wollt umarmen die seele der abgeschiedenen mutter . . .
dreimal hinweg aus den bänden wie nichtiger schatten und
traumbild
flog sie. Ody»s. 11, 207.
fliehen: ze fusz hinwäg fliehen, pedibus profugere. Maa-
ler 225';
die nymfen neigten sich und (lohn
in einem Wölkchen schnell hinweg mit Ilöon» söhn.
WiELASD 23, 145 (Oberon 9, 35) ;
sondern die grosze gewalt der brennenden flamme venehrt dies
alles, sobald aus dem weiszen gebein das leben hinwegfloh.
Oifyss. U, 221.
flieszen: hin weg flieszen , defluere. voc. ine. theut. k2';
der dampf flosz hinweg. Klixger 3,1".
flöhen, flUhen tnachen, flüchten (th. 3, 1S14): weil damals
jedermann das seinig, was ihm lieb war, hinweg flehete.
Simpl. 4, 1.30 Kurz.
f I ö s z e n , flieszen m achen :
wie gerne mag dein träum {der mit dir betchäftigle träum)
, . , , zerstieben,
von deinem kusi hinweggeflöszt. RfectEHT ges. ged. 1, 252.
fluchen: predigen liebe des nächsten, und fluchen den
achtzigjährigen blinden von ihren thüren hinweg! Schiller
rduber 2,3.
flüchten: er hat sich mit seiner ganzen habe biawec
geflüchtet.
fressen: sie fressen . . all das umbstehende grasz hin-
weg. Lokmam fab. 3.
füchseln, listig «eg stehlen: (das: sie) das kleine viehe
entweder in oder um die dOrfer und bauren-höf hinweg ge-
füchslet . . haben. Simpl. 3,176 Kurz.
lY. 11.
führen: das übrige volk zu Bethulia. fiel in der Assyrer
lager und plünderten, und füreten hinweg, was die Assjrer
da gelassen hatten. Judith 15,8; führten ihren sehwager mit
sich hinweg. Amadis 81; die hohe thüme werden vom blitr
erschlagen, die mühlen vom wasser hinweg geführet. Simpl.
2. 113 Kurz; einen aus seinem vaterlande hinweg führen.
aliquem a patria arehere. Stei.nb.\ch 1,3&1.
geben: in betrachlung und erfahrung der fVeundtschaft
und liebe, so Gasinan gegen mir erzeiget, dasz er auch jetzt
viel lieber ein gefehrlichen kämpf eingeben, denn er mich
hinweg geben wollen. Amadis 292.
gehen, mit persönlichem subject: ich gib eines für tusent
guldin, wann ir die nit geben wollen, ir hund, so gond mir
hinweg. Ulensp. s. 50 Lappenb.; Jhesus gieng hin weg voa
dem tempel. Matth. 24, l ; aber er gieng mitten durch sie hin
weg. Luc. 4, 30 ; da sprach Jhesus abennal zu inen, ich gehe
hin weg, und ir werdet mich suchen, und in ewrer sunde
sterben. Joii. s, 21 ; mit diesen Worten gieng er hinweg und
verliesz den Galoar. Amadis 401; da name er ihnen (den
rittem) alles, das sie hatten, und liesz sie zu fusz hinweg
gehen. 73; die stimm des hinweckgehenden. Schuppics 771.
unsinnlicher: er gieng leicht über diesen gegenständ hinweg.
in der Verhandlung oder Unterhaltung, berührte ihn kaum; von
gegenständen: diese brücke geht quer über den flusz hinweg;
auf der gant ist jene waare weit unter dem werthe hinweg
gegangen, hingegeben, verkaufi worden; das stück ist zum ersten
male über die bretter hinweg gegangen, im theater aufgeßhrt
worden ;
nichts mehr von diesem tragischen spuk, kaum einmal im jähre
geht dein geharnischter geist über die bretter hinweg.
Schiller xen. 242 {Sliaketpeares /.chatten;
werke 1, 348 Kurz),
für sterben: hinweg gan obire. voc. ine. theut. kt'.
gieszen: hinweggieszen, profundere, diffundere. Stieler 648.
gucken: über die köpfe der umstehenden hinweg gucken,
heben: hinwegheben, amoiere, auferre Stieler 807; den
ti'i'f vom feuer hinwegheben;
nur heute, mutter, fodre nicht, den Schleier
hinwegzuheben, der mein glück bedeckt.
Schiller 6r. t. Messina, v. 1446 ;
reflexiv: hebe dich hinweg, gehe!; unsinnlieher: solche be-
trachtungen heben mich über manche sorge hinweg : wo das
Schicksal gesprochen hat, sind die menschen über worte hin-
weggehoben. Immersann- Münchh. 1,58.
helfen: er half den damen über den bach hinweg; einem
über Schwierigkeiten hinweg helfen.
holen: der arzt wurde von einem kranken hinweg zu
einem andern geholt. <
horchen:
('tank, da-ot du mich) von der nachtigall gesang
nicht hinweg, und auf den klang
feiner gülden horchen lieszest. Göki^gk 1, 51.
jagen: mit bedrohung. wann sie sich nicht besser in?
künftig gegen ihr {die magd gegen die frau) anlassen würde,
sie vor all teufel hinweg zu jagen. Simpl. 4, 61 Kurz.
kaufen: höker kaufen alle vorräthe vom markte hinweg,
kehren: fort, wie mit dem besen hinweg gekehrt, sagt
man von spurlos verschwundenen.
kehren, wenden, reflexiv: er kehrte sich hinweg,
klauben: er hat das beste davon hinweggekiaubet, optima
quaeque furtim detraxit. Stieler 972.
kommen, wie hinweg gehen: als nun die gut fraw hin-
weg kam, da nam er geschwind ein löffel mit senf und
schut den under das blut. Wickram rollw. 119,1; in anderem
sinne: ein beamter kommt von diesem orte hinweg, wenn er
an einen andern versetzt wird; diesmal kommt er noch mit
einer leichten strafe hinweg; von dingen die verloren gehen
oder gestohlen werden: da der gülden kleinol schon viel hin
wegkomen waren. 2 Macc. 4,39.
kriechen: eine schlänge kriecht über den rasen hinweg,
lächeln:
mich empfängt die tröstende freundschaft,
und liebelt jegliche runrel hinweg. Giskke 116.
lachen:
lach, engel mir die nacht hinweg!
H. Miller gedickte (1783) 385.
lassen: hinwag lassen, amittere Maaler 225'; von dingen
ablassen, zum kaufe: habe . . die schon verbrante und na-
hend verbrante, ort oder gebäw gekauft, welche die herren.
ansz forcht und ungewiszheit des zufalls, leichtlich hinweg
gelassen haben. Schcppils 761.
97
1539
HINWEG
HINAVEG
1540
laufen: und lief hinwek und liesz den beiker ston.
Ulenstp. s. 28 Lappenb.
lecken:
inenschea leckt die zeit hinweg, wie die souiie dun frühthau.
KOSECARTE!«.
legen: den hut, ein buch hinweg legen; er aber legelc
bald die lane seines verstellens hinweg. A. Gryphius 1698
1, 88 ; für ablegen , abschaffen : darumb (sol die furbit (der
herligen) nicht genzlich hinweg gelegt werden. Luther 6, 32S»\
leihen: geld hinweg leihen.
lesen, auslesen, von an fang zu ende ksen, ohne Schwierig-
keit oder anslosz: er liest das hebräische hinweg, als ob es
deutsch wäre ; er liest seine sachen geschwinde hinweg,
agülimus in kgendo est, scripta oculis raplim decurril. Stieler
1167.
machen, reflexiv: er machte sich schnell hinweg.
mähen:
drei ältre brüder hat der tod vor mir
hinweggetnaht. Schiller Jungfrau 1, 5.
nehmen: den raub binwäg nemmen, spolia adimere. Maa-
LER 225'; wenn jemand für über gehet, und eine von inen
{den da sitzenden weibem) hin weg nimpt, und bei ir schleft.
Baruch 6, 43 ; so were es ein groszer frevel, das man es {das
fjold und sUber) so hin wegncuie. 2 Macc. 3,12; nimpt inen
ire Waffen und pferdt hinweg;. Amadis 402; damit ihr uns
diese peen hinweg nemmet. 83; also wird die einhelligkeit
hinweg genommen, öffentlicher und heimlicher hasz wird in
den gemütern geboren. Schuppils 771; von einer eroberung :
naiii die stadi Wolgast hinweg. Micräliüs altes Pommern
2,206; ton einer Operation: dasz . . man mir den schenke!
alsobalden bisz über das knie hinweg nehmen muste. Simpl.
3,274 Kurz; gott nimmt einen menschen hinweg, von der
erde; und die weil er ein göttlich leben füret, nam in gott
hin weg, und ward nicht mehr gesehen. 1 Mos. 5, 24 ; hin-
wäg nemmen, umb das laben bringen, perimere. Maaler 225'.
packen: kleider hinweg packen; reflexiv: pack dich hin-
weg, von dannen.
raffen: alles was die andern könige zum lempel gegeben
hatten, zum schmuck und zierde, das raffet er mit seinen
sündigen henden hinweg. 2 Macc. 5,16;
du droh<t sogar, mir meinen ehrenlohn
hinweg zu raffen, welchen ich mit so
viel müh errang? Borger 143';
vom sterben:
er ist hinweg gerafft. Opitz 2, 117.
räumen: den unflat hinweg räumen, quisquilias amovere.
Steijibach 2,231; hab ich darum meine nächtc verpraszt, —
darum felsen hinweggeräumt und abgründe eben gemacht?
Schiller rdlufcer 4,2; einen hinwegräumen, heimlich morden
lassen; vgl. hinwegräumung.
reden: dasz auch Desdcmona sich das böse gewissen
nicht 80 bald mit glattem wort hinwegredet, erfahren wir
in der stunde ihres todcs. evang. kirchenzeitg. 1867, s. 533...
reisen: hinwegreisen, abreisen, discedere, secederc, absccdere,
alio migrare, ilineri se committere. Stieler 15S0.
rciszen, transitiv, enlreiszen : und traf der Junker ihn so
rauch auf den beim an, dasz er ihm .selbigen vom haupt
hinweg risse. Amadis 75; welchem er sein hellparlen subtil
hinweg risse. 65; und würde der tcufel bald, beide den
glauben hinweg reiszen, und die laufe verderben. Luther
6,297*; der tod hat ihm sein liebstes kiud hinweg gerissen;
da war das weib mir aus den äugen, schnell,
hinweg eerisaen hatte sie der ström
des Volkes, und der heim blieb mir in hSnden.
ScBiLLKR Jungfrau jtrolog, 3. uufir.
intransilii; tich jäh entfernen :
lang schaut der tiger ihn, den tiger er
erwartend ao; dann risz der waldbewohnar
hinweg, der Europäer, von der furcht
entlastet, ging auch seines weges.
Herden zur lilt. 17, 57.
reiten: er ist hinweg geritten; transiltv: ein pferd hin-
weg reiten ; wie aber, . . wann er disz böhmisch handwcrk
(das ttehlen) an dir antieng, und ritte dir zum probslück
deine pfi^rdt hinweg? Simpl. 3, 15 Kurz.
richten, abthun, umbringen: Vespasianus liesz . . den ver-
vMiiall''n . . gar hinweg richten. S. Krank chron. 3.'»'; (dass)
t <iri ehrlicher mann in vil Jahren von seinem feinde nicht
iiUrwunden wird; da hingegen ein ungehorsamer söhn seinen
vater oft mit einem einzigen kümmcrnUsse hinweg richtet.
nL'T>c.H(T htinil. 354.
rinnen: hinwig riinnen, dimanare. Maaikr 225*.
rücken: da sie aber her auf stiegen aus dem wasser,
rücket der geisl des herrn Fhilippum hin weg, und der
kemerer sähe in nicht mehr, apostelgesch. 8, ,39 ; wyt hinwäg
geruckt, remotus, semotus. Maaler 225'; einen tisch hinweg
rücken ; auszerdem rückte dieser weg ihre äugen von so
vielen bildern des grames, so wie ihre obren von so man-
chem misgetön des gespötles hinweg. J. Paul Hesp. 4, 83 ;
die gesellschaftlichen schranken, die sonst unter den leutcn
walteten, waren für diesen abend hinweg gerückt.
rufen: er ist aus diesem leben hinweg gerufen worden.
saufen: er hat es ihm vor dem munde hinweg gesoffen.
schaffen: alles unnütze volk, alle fremden, ja selbst die
weiber und kinder sollten aus der sladt hinweggescbafft
werden. Schiller 7, 538 Kur:;
schafft diese.« goid hinweg, der kaiser naht. Turandot 4,2;
einen heimlich hinweg schaffen, ermorden.
scheiden: hinwäg scheiden oder gon, discedere. Maaler
225'; so doch niemand! die ursach deines hinweg scheidens
erfahren oder wissen mag. CfOlmyiOl; namen sie inen (sich)
für hinweg zuscheiden. Amadis 424.
scherzen: scherzt die ernsthafte stimme der religion
hinweg. Schiller rduber, vorrede.
scheuchen: die feinde hinweg scheuchen.
schicken: einen auf die jacht hinweg schicken, aliguem
venalum ablegare. Steinbacu 2, 405; einen nach der sfadt hin-
weg schicken, aliquem in urhem amandare. das.
schieszen, inlransUiv: er schosz hinweg, aus dem zimmcr ;
reflexiv und bildlich: vermittelst dieses springslabes schiesz
ich mich über den vierten theil (einer predigt) fast gänzlich
hinweg. J. Paul auswahl aus des teuf pap. 2,56; transitiv:
einen vogel vom bäume hinweg schieszen.
schlafen, mit accusativ der zeit, durch schlafen vertreiben:
wenn er sich nicht damit geholfen halte, sich in irgend ein
dickes gebüsche hinzulegen, und den ganzen langen tag so
gtit hinweg zu schlafen, als ob es nur eine einzelne stunde
gewesen wäre. Wieland 14, 17.
schlagen: sein hellpart auch ergriff, und mit derselben
im den halben Schenkel hinweg schlug. .Amadis 65 ; sänger
schlagen die sorgen mit singen aus und hinweg. Lither.
schlingen:
rück bald herauf, du wichtger groszer tag
und schlinge schnell die kurze nacht hinwrg.
TiECK 2, 32.
schmelzen, intransitiv: der schnee schmilzt hinweg.
schmelzen, transitiv: sie war bürgerlicher gehurt, eine
Deutsche — aber ihr anblick schmelzte die vorurtheile des
adels hinweg. Schiller rduber 3,2.
schrecken: welche sich nunmehr wieder mit neuem
succurs verstärkt hatten, und die feindsvölker desto kühner
von der belägerung hinweg schröckten. Simpl. 3,249 Kurz.
schwemmen: ich besinne mich, mit welcher Offenheit sie
ihren Vorgänger damals zu einer parfie piquet beredeten,
und bei ihm die halbe nacht mit freundschüfllicbem burgunder
hinwegschwemmten. Schiller kab. u. liebe 3, 1.
s( hwimnicn: hinwegschwimmen, ihnvinsrhirimmen, nbnu-
tiire. Stieler 197',).
schwinden:
aber ach ! hinweggeschwunden
sind die sciligsten der stunden! J. M. MiLim gedickte '2':\,
hier ist die dimkb.irkeit für jene goldnen stunden
lies ersten liebesglücks nicht ganz hinwegi^eschwunden.
GoTUK 7, 75.
segeln: das schiff segelte heule hinweg.
segnen: so ruf doch den beichtvater, dasz er mir meine
Sünden hinweg.segne. Schiller rduber 5, 1.
sehen: er sieht hinweg, «•»// etwas nicht sehen ; übertragen:
wir müssen über seine kleinen fehler hinwegsehen.
setzen: setze den stuhl hinweg; übertragen: sieh über
eine hache hinwegsetzen, so dasz sie keinen einflusz auf den-
ken und handeln luU: ich könnte mich noch wohl iilx-r ge-
wisse dinge hinwegsetzen. Schiller kab. u. liehe ;t, 6.
seufzen: hätte sie lieher in todler dunkelheit ihr leben
hinweggeseiifzl. Schiller tnrrkw. beisjiiel weibl. räche (7, Vi
Kun).
sitzen: binwegsitzen, concedere scdes suas atteri, remorere
te loco, it. de jure suo decedere. Stiki.kr 2037.
spotten: lausend brennende lampen spotten die uiorgeii-
siinne binwi-g -- altgemein sei die lust! ScuiLLER Fiesil'') i, i.
1541
HINWEG
HINWTG — HINWELKEN
1542
sprengen: felsstücke hinweg sprengen.
springen: er sprang über den bach hinweg;
und so sprang ich hinweg das bündelcheu unter dem arme.
GöTUE 1, 298.
spülen:
bald ist der krarapf des lebens aus dem busen
hinweggespült. Göthk 9, 57.
stehlen: hinweg Stelen, surripere. suppilarr. Stieler 2t&4 ;
einem ein kleinod hin wegstehlen; reflexiv, sich heimlich davon
machen: du hast dich Tom mahle hinweggestohlen. Schiller
Täuber 3, 1 ;
die nymfen iwingt der lieuschen götlin schein
sich allgemach hinweg zu stehlen. Wizlamd 10, 140.
streichen: er ist hinweggestrichen, evdavil hinc, de media
receisit. Stieler 2203; das gelt hinwegstreicben, ducere, capere,
tollere, accipere nummos. das.
stürmen, intransitiv:
und flucht der ersten stunde
da sie ihm sah, verwünscht mit bebendem munde
sich selbst, und stürmt hinwe?. Wif.la^d 23, 270 (Ob. 12, 38) ;
transitiv :
kommt der traurige scheidetag,
stürmt die freunde hinweg, stünet den seelendolch
in mein blutendes herz hinab. Höltt 92 Halm.
stürzen, hastig davon gehen: er stürzte hinweg.
thun: hinwäg thun, removere, amovere. Maaler225'; denn
es reget sich schon bereit die bosheit heimlich, on das der
es itzt auf hell, mus hinweg gethan werden. 2 Tliess. 2, 7 ; der
Junker sich fürchtet dasz ihn der könig erkennen würde,
wolle sein visier nicht hinweg thun. Amadis 68; erkennt die
wohlthat, die euch erzeigt wird, . . dasz man das unnöthige
hinweggethan, damit euch das nothwendige, schöne, nütz-
liche, desto mehr reize. Herder zur phit. lO, 93.
tragen: ludent in uff und trfigent in hinweg. Etteru:«
chron. der eidgen. (1507) 2'; ho ho. wo bleibt Franken? das
tregt man an den schuhen hinweg. Garg. 224* ; hinwäg tragen
werden vom niaal, auferri de cotiririo. Ma.4Ler 225*; er hat
den gewinnst davon hinweggetragen, considuit utilitati sitae,
maximum lucrum inde reportavit, utilitalem plurimam ex hac re
cnllegit. Stieleb2312; wer wird die reichthumb so er zusam-
men geschahen hat, hinweg tragen? Nemo, der Niemand.
SCHÜPPIDS 746.
träumen: so träumt ihr den entscheidenden augenblick
hinweg, und träumt euch um eine kröne. Klinuer 2, 82 ; sich
aus dieser weit hinweg träumen.
treiben: die frumden aus iren landen hinwäg treiben,
arcere suis finibus extemos. Maaler 225*;
hinweg getrieben wurde mit gewalt
die rinderherde, die dort weidete.
ScHiLLEK 6raui v.ilessina, v. 1600;
und des kammea gerucb ging über uelken und zimmet . . .
alle Seuche treibt er hinweg und alle Vergiftung. GötueIO, 170.
treten: tritt von dieser stelle hinweg,
wälzen: einen stein hinweg wälzen,
wehen:
Uans, da pinkt man umsonst, wo der wind die funken hinweg-
weht. Voss, 2,43.
weichen: säet er eine tonne pulfer zu dem stall und
keller, wiche darmit heimlich hinweg. Zimgref apophth. 1,353;
den dritten tag, nachdem der Junker vom meer von desz
königs Languines huf, da er zum ritter geschlagen worden,
hinweg gewicheu. Amadis 80.
weisen: bettler von der thüre binwegweisen.
wenden: er hat sich trotzig hinweggewendet.
werfen: faulkeit und liederliche hinwäg werfen, socordiam
(^jicere. Maaler 225* ; geld hinwegwerfen, verschleudern, unnittz
ausgeben ;
erheb die freche stirne, lyrannei,
wirf alle schäm hinweg ! Schiller Teil 4, 1 ;
Ich weisz, dasz alle männer treulos sind,
nichts lieben können als sich selbst; hinweg-
geworfen ist an dies verräthrische geschlecht
die schöne neigung -und die schöne treue. Turandot 3, 2.
wischen, transitiv: den unflut hinwegwischen, sordibus
liberare, inquinamenta decerrere. Stieler 2564. auch intransitiv,
wie entwischen. 2565.
wOlfeln: dasz sie obengedacbte zahme schnabelweid und
das kleine viebe entweder in oder um die dOrfer und bauren-
höf hinweg gefüchslet, oder hin und wieder von den heerden
hinweg gewölfeit hohen. Simpl. 3. 1T6.
zechen: Franz. das wirst du wohl niemals vergessen?
Amalia. niemals, niemals! wer das auch zu leichtsinnig beim
frohen mahle hinwegzechen könntel Schiller räubcr 3, l.
ziehen, intransitiv: da sie aber hin weg gezogen waren.
Matth. 2, 13; und einem gab er fünf centner, dein andern
zween, . . und zog bald hinweg. 25, 15 ; hierauf beschlossen
sie, morgens vor tag hinweg zuziehen. Amadis 417 ;
wenn ich in schulden gar besteck,
ril porg ich auf und zeuch hinwegk. Scbwarzekberg 137';
distichen sind wir. wir geben uns nicht für mehr noch für
minder;
sperre du immer, wir ziehn über den schlagbaum hinweg.
Schiller xenien 2 (werke 1, 319 Hart).
transUiv: er zog die decke hinweg; sprichwürilich r einem den
boden unter den füszen hinweg ziehen.
zücken, entrücken : das der leib ein ander klcid wird an-
ziehen, das ist, verkleret und hell werden sol, viel herrlicher
und schöner denn die sonne, aber nicht also, das solchs
geschehen sol, weil er noch in dieser herberg und in diesem
kleid gehet, sondern alles zuvor desselben augenblicks nackend
ausgezogen , und zu pulver verbrand , und in demselbigen
(augenblicke) hinweggezückt. Luther 6, 269".
zwacken: bisz er seine schulden bezahlete, und Avarus
sein part hinweg zwackte, verbleib wenig mehr {von dem er-
haltenen gelde) übrig. Simpl. 2, 157 Kurz ; da nähme er die
gelegenheit in acht und zwackte mich unversehens von den
troupen hinweg. 3, 58.
HINWEGFAHRT, f. abscessio, abitio, mortis cum vita com-
mutatio. Stieler 410.
HLWVEGFLHRUNG, f. transportatio. Steisbach 1,394.
H1NVVEGG.\NG, m. abitus, abscessio, secessio. Stieler 628.
H1NWEGN.\HME, f.: so viel als das gewicht einer unend-
lichen last {entkräftet vird) durch die hin wegnähme eines ein-
zigen Sandkorns. Wielasd 1,105; die hinwegnahme der festung
geschah mitten im frieden.
HlNWEGRÄUMüNG, f. das forträumen, heimliehe ermorden
{s. oben hinweg räumen) : dieselben, welche seinem vater in
hinwegräumung des Leonis beigestanden. A. Gryphius 1698
1, SS ; wem hab ich durch die hinwegräumung meines Vor-
gängers platz gemacht? Schiller kab. u. liebe 1,7.
HlNWEGSElN, n. abivesenheit : achtete er mein hinwegsein
nicht grosz. Jucundiss. 160.
HINVVEHEN, rerb. fortwehen, wegwehen:
treu, warhait und stät
hat der wind hin gewäit. fasln, sp. 490, 28.
HINWEICHEN, verb.:
golt sei dank! das alte jähr ist aufs neue ntm Terstrichen,
gott sei dank ! viel arges ding ist mit solchem hingewichen.
LoGAD 2, 35, 28.
HINWEI.NE.\, verb. weinend hincerlangen , sich weinend hin-
sehnen :
wie du einen Wanderer, der, zueilend der gattin,
und dem gebildeten söhn,
und der blühenden tochter, nach ihrer Umarmung schon hinwaint,
du den, donner, ereilst,
tödtend ihn fassest. Klopstock 1,28.
transitiv, hinwärts weinen:
hell an jeder betkoralle funkelt
eine thräne, hingeweint für dich. Böiger 99*.
weinend verbringen: sechs jähre waren schon hingeweint.
Schiller kab. u. liebe 2, 3.
HINWEISEN, verb. zeigend hin halten: er wies das billet
hin. Frevtag handschr. 3,296; hin zeigen: er wies mit dem
finger auf eine ferne bergspitze hin ; unsinnlicher : als mich
Oberlin zu den denkmalen der mittelzeit hinwies. Güthe 26,48;
bei einer stelle in einem buche wird auf eine frühere stelle hin-
gewiesen, wo von dem besprochenen gegenstände schon einmal die
rede war; dasz solche spiele auf parteiungen, gefechte und
schlage hinwiesen, und gewöhnlich auch mit bändeln und
verdrusz ein schreckliches ende nahmen, läszt sich denken.
Göthe 24, 76 ; auf ein ernstes wesen war er von Jugend auf
hingewiesen ; er . . hatte für eine mutter zu sorgen. 26, 255.
HINWEISUNG, f: hinweisung auf das früher gesagte; eine
deutliche hinweisung darauf, theol. lUteraturbl. 1&67 s. 259.
HINWELKEN, t-er6. ; wenn mein fast ganz hinwelkendes
leben nunmehr allmählig wieder aufzugrünen und zu blühea
I anßüigt. BCrger 484';
I ich habe selbst den gift an tausende gegeben,
sie welkten hin, ich musi erleben,
dasz man die frechen raörder lobt. Göibe 12, 58.
97*
1543
HIXVVENDEN — HINWERFEN
HINWERFEN — HINWIDER
1544
HINWENDEN, verb. himcärls tcetide»; transüw: wende deinen
blick hin;
uud suchte, fabelgöttcrn gleich, mein oheim,
zum nicderu lireis verstohlen hingewandt,
sich liebesglück und väterlich entzücken? Göthk 9,252;
draul zuerst zum greise das nort hinwendend, begann er.
Odgss. 2, 39.
reflexiv: und wo er sich hinwnnd, da übet er strafe. iSam.
14,47; wo hat sich dein freund hingewaiid? so wollen wir
mit dir in suchen, hohel. 5, 17 ; ach wehe hinimel, ach wehe
erde, ach wehe, ach wo werde ich mich nun hinwenden?
ScHijppius 480; in der erzähluiig: in huiTnung meine ernsten
leser durch das vorgetragene einigermaszcn befriedigt zu haben,
darf ich mich wohl wieder zu denen glänzenden tagespunkten
hinwenden, wo frcundschaft und liebe sich in ihrcn^ scbönsteo
lichte zeigen. GOthe 48, 49.
HINWERF, VI. das was man uegwirft, auswarf, mhd. hinwerf
(Lexeb üb. 1, 13Ü1):
die cröttütr versmaebt mich armen,
ich pin ir hinwerf und ir spot. erlösung 248, 171 barltch.
vergl. hinwurf.
HINWERFEN, verb. in verschiedenen bedeutungen.
1) einen oder etwas hinwärts, an einen dritten ort werfen:
ire erschlagene werden hingeworfen, das der stank von iren
leichnamen aufgehen wird. Jes. 34, 3 ; aber wie er viel unbe-
graben hin geworfen hat, so ist er auch hin gestorben. 2 Macc.
5,10; lest! lest! rief Gumpelino, indem er uns das empfangene
billett hinwarf. H.Heine 2,249;
hingeworfen ins gefüngnis
von des mädchens stolzen ehern.
schmachtete der edle .Machin. Herder r. tili. 3, 230-
ein hingeworfnes, armes findelkind
ist, sonder ihn {den menschen), die nackende natur!
Kl. Schkidt poei. br. 91 ;
unsinnltcher : blicke hinwerfen. Gott. gel. anz. 1806 s. 493 ; den
eigennützigen (tagenden), die er allein zuliesz, konnte er diese
d«8 herz groszmacbende acbtung nicht hinwerfen. J. Paul aus
d.teuf.pap. 1,154; eine lüge, Luise — eine lüge — o wenn
du jetzt eine wüsztest, mir hinwürfest mit der offenen engel-
miene. Schiller kak. u. liebe 5, 2.
2) hdußg verwendet in bezug auf flüchtig und leiclU gefertigtes
und geduszertes: ich habe versucht, von einem mismenschen
dieser art ein treffendes lebendiges conterfei hinzuwerfen.
Schiller rduber vorr.; ein ungefährer wink, den mir ihr herr
schon hinwarf. Gotter 3,113; ich warf ihm meine zweifei
über die entgeburt hin. Klincer l, 57 ; sie warfs hin (ihr wort),
wie einen scheidenden blick, der mehr sagte, als alles bleiben
gesagt hätte. Göthe 7, 137 ; klägerischer mandatarius will hier-
über nur einige gedanken ausscbweifungweise, wie der be-
klagte öfter thul, hinwerfen. J. P.\ul biogr. bei. 1,110; man
gebt damit um, sie in unserer Stadt festzuhalten, warf der
obersthofraeister hin. Freytag handschr. 3, 211.
3) hinwerfen, xu boden werfen (vgL auch unten no. 6): ein
glas, eine lasse hinwerfen; seinen gegner hinwerfen, im ring-
kampfe; auch sonst: darumb, weil es gottes gewalt und Ord-
nung ist, mus mans ansehen, als man gott sehe, wo er sie
(dt« Obrigkeit) hinwirft. Luther 4, 1S5'*,
die Wahrheit sprach: mein blitz musz siegen,
er fährt der boszheit durch den sinn,
er trotzt die zeit, beschimpft die lügen,
und wirft dea höhn 4er aisz^ott hin. Günthir 219;
alt uieken der demul:
wenn hingeworfen, von dem unendlichen
uotf tief aobeleod ich an des throne» fuiz
die arme weit wisbreite. KLorsiocK 1, 5Z
4) hinwerfen, wegwerfun, fortwerfen:
da?, •.■?-'■■■•■■.• '•'■■■ i-rThe$ tcar) kleine undc untuie,
vil rfeu,
als -11
hicl III .iiii..iii;.i iii-. Trist. 434,25;
zfi jungest warf Jiilinnus den orden hin und wart ein ab-
trünnig mUnich. d. slddtechron. 8,368,26; aber wenn du es
dafür bellest, das des Luthers lere evangelisch, und des
bapsis unevaru'i'li-ri, >.ri. so mustu den Luther nicht so gar
binwerfea, d<i ist seine lere auch mit hin. Lcther
«,104*; (de' I. 'jpttt) schaffei, das man die iun^en
kindJio hin vteritn muste, das sie nicht lebendig blieben.
apoMgeuh. 7, 19; wienol die Venetiancc ihre Soldaten so
wohl als ihre hesem pflegen hinzuwerfen, wann sie solche
aasgebraucht h.ibrn. !>impt. 3, Vi Kurt ; dir tngrnd »einer alt-
furdfreo hinvrrf<>n. aiuz der art oder gcschlacbt ichlabrn,
virtutetn palriam projicere. Maaler229'; das gewehr hinwerfen,
arma jactare, relinquere et abjeciare. Stieler 2552;
was hab ich
verloren! welche perle warf ich hin!
Schiller ,W. Stnari 5, 10.
in bezug auf geld, verschleudern, vergeuden : geld auflesen, das
ein anderer wegschlaudert und hinwirft. Simpl. 3,255 Kurz,
preise dem kinde die puppen, wofür es begierig die groschen
hinwirli ; waiirlirh du wirst krämern uud kiudern ein gott.
Göthe 1, 140.
hingeworfen, in moralischer bedeutung, verworfen (vgl. hinwerf
und hinwurf): ein hingeworfen mensche. Kuhns zeitsckr. 16,47
(aus dem kaiserrechte).
5) hinwerfen, abortieren: hinwerfen die frucht der gehurt,
aborlire; aboriivus hingeworfne frucht. t>oc. ine. theut. k2*; wenn
ein vieh hinwirft : nimm des unzeiligen noch lebenden kalbs
köpf, brenn ihn zu pulver, . . giebs dem tragenden viehe, so
wirfls nicht mehr hin. Hohberg 2, 283'; die trächtigen ziegen
inusz man nicht schlagen, . . sonst werfen sie hin. 30l' ; auch
sollen die kolbeten geisze nicht so leicht hinwerfen, das.
6) sich hinwerfen, mit gewall seinen kürper zu boden gehen
lassen (vergl. oben no. 3) : sich die haare ausrauft, sie über
die dampfenden leichen hinstreut, dann sich selbst auf sie
hinwirft. Wieland 19, 284 ; denn der marchese hatte . . sich,
erschöpft von der deklamation, auf das sofa hingeworfen.
H. Heise 2,248;
und beide werfen nun sich bei der kalten hülle
der reinsten seele hin. Wieland 23, 147 (Oheron 9, 39).
HINWERFUNG, f. abjedio. Stieler 2552; Verschleuderung.
sie können durch diese binwerfung ihres einzigen söhnen
so glücklich nicht werden, als sie ihn unglücklich machen.
Schiller kab. u. liebe l, 7.
HINWIDER, adv. contra, e contrario, rücksichtlich des ersten
bestandtheiles gegensatz von herwider sp. 1206 ; mhd. hine wider
und hin wider in häufiger Verwendung, mhd. wb. 3, 621* : hin
wider, econverso, ecorUrario, econtra. voc. ine. theut. k2'. die
scharfe beziehung des hin auf einen entferntem ort tritt schon tn
der alten spräche nur noch selten hervor, und hinwider sagt in
den meisten fällen nicJU mehr wie wider oder dawider. Üus
wort steht
1) tn scharfer örtlicher bedeutung, bewegung gegen eilten drillen
ort bezeichnend:
es für mich dann der teufel dar,
kum ich als pald zwar nit hinwider. fastn. sp. 339, 32.
2) mehr abstracl, eine gegenleistunq, Vergeltung, gegeiigabe auf
etwas gethanes, gegebenes betonend: haben mich befohlen in ir
gebet, der gleich, ob gott wil, ich hin wider. Luther 3,416';
auf welches ihnen ein jungfrauw geantwort haben soll, dasz
sie beide ihr gewalt und zuviel thäten, dasz sie also ihren
ritter auf zuhalten begerten. dessen doch alles unangesehen,
sie ihr hinwieder gesagt, und dasz sie nicht von dannen zu
scheiden willens, bisz er mit dem schwerdt und wehr mit
inen gestritten. Amadis 399; Eginhardus . . balle sich in seines
berrn und keisers tochlcr, Ima genant, und diese sich hin-
wider in ihnen (»/*;i) verliebt. Zixkgref apophth. 1,13; ob sie
schon diepes alles ausz Schuldigkeit leisteten, sei sie doch
hinwider ihnen ebenmeszig dankliarkeit sciiuldig. 155; diese
erkaufen mich gleich am spielen und ich sie hinwieder. Simpl.
1,431 Kurz; betrachte ihn als einen freund, für den man
alles thul, weil er hinwieder alles für uns zu Ihun bereit ist.
WiBiA«fn 8,397; mir war, als ob ich alles, was sie sagte,
durch unmittelbare anschauung in ihrer seele lese; und hi.i-
wieder schien da», was ich sagte, .. ein hloszfr wiederhall
ihrer eigenen empfindungen . . zu sein. 2, .S8 ; an» unserer
gegend haben wir ihm (Bürger) hinwieder folgenden antrag
zu Ihun. GftTBE im ttutuchen merkur 177G, februar t. 194; ich
war ehrlich genug meine meinung merken zu lassen, itnd
man suchte mir hinwieder beizubringen : diese Verfassung sei
gar nichts gegen eine ordentlich eingerichtete gemeine, werkt
19, 362 ;
so kumpt < lir darzuu
und fragt '' P«' der tue . . .
ich w.iitz I.... hin nider prom. fastn. tp 331,23,
du ha«l in liep, dns waist ich wol :
«huctttb er aaob hio wider üiun soll. &6fti 9S:
Ich habt oft selber gehaltt und gekuft;
10 gat lie mir ainn sclimuiz bin wider. 733, 21 ;
•r lel recht mein" - ' '■ <■"
und ich Ihn nit I
ich will hin«
mein wvibliili mu >\\ .hr M ' u
1545
fflNAMDER — HIMV1MMERN
niMVINKEN — HINZ
1546
ich steife mich auf dich,
und achte sie (die spöiiei) für ntcbta. hinwieder, lehre mich,
nach deinem willen thun. Fleiing 27 ;
ist das der grosze dank, den du mir mensch hinwieder
vor meine gnade gibst? Rist Parn. 596;
nachdem er eidlich sich zu einem ewgen schweigen
Terlobt, und Sinibald. dasz seine absieht rein,
ja seihst kanonisch sei. hinwieder ihm geschworen.
WiELATto 21, 296 (KUl. u. Sinibald », 476);
und was es schadet, fragst du? was es schadet?
was hilft es? dürft ich nur hinwieder fragen. Lessih» 2,202.
3) hinwider zeichnet auch einen bloszen gegeusatz, nobei bis-
vxiien conjunetionelle Verwendung statt hat {vgl. hergegen, hin-
gegen): vollgesetzt bauch thun wolgesetzt streich: hinwider
wa hunger regiert, da stark man verliert. Garg. 218' ; ein saw
. . . frisset was ir fürkompt und gebracht wird, hinwider ein
geiziger darf sich von seinem eigenen brot nicht recht satt
essen. Kirchhof wendunm. 180'; wie Oroondates nun sein
Schlachtordnung gemacht, zog er den Moren unter äugen,
hinwider rüstet und ordnet Hydaspes auch sein volk. buch d.
liebe 220' ; die herrn, so debouchirtes leben geführet, haben
biszweilen ausz dem tage die nacht, und hinwider ausz der
nacht den tag . . gemacht, da ist man insgemein den abend
für neun oder zehen uhr nicht zur tafel gesessen, in die tiefe
nacht, ja bisz an morgen darbei, und iin schwärme geblieben,
hinwider die beste von gott zur travaille und arbeit, sonder-
lich gewiedmete frühstunden . . verschlafen. Scbufpics 105 ;
jeder richter heist gerecht, und auch ungerecht hinwieder;
dem gerecht der obgesiegt; ungerecht dem, der liegt nieder.
LocAU 1, 227, 43.
4) hinwider mehr zeitlich, wiederum : ich bin da gewesen,
ich kom nicht hinwieder. Schottel 1137' ; der wirth war froh
und traurig: froh, da er so viel geld sähe, traurig, dasz er
solches mit mir theilen solte ; doch trOstet ihn hinwieder,
dasz er hinfort des gespenstes versichert sein würde. Simpl.
2,292 Kurz;
sie unterscheiden wol, was ihr und gottes ist,
der mehr als seines nichts hinwieder ihm {fich) erkiest.
FLEIfl^e 132 ;
doch ümm zu sein bei ihr,
da icbidocb nicht sein kan, so bab ich dich (ein liebespfand)
bei mir.
itit nehm ich dich herfür, itzt leg ich dich denn nieder,
ich schaue dich bald an, bald nehm ich dich hinwieder. 175.
HiNWIDERÜM , adv. in den bedeutungen von hinwider ;
namentlich
1) gegenleistung, Vergeltung hervorhebend: erbietig euch allen
hinwiderumb, in gebühr, alles liebs und guts zu erzeigen.
Wecebebun ä51 ; solcher freundschaft erkenne ich mich hoch
verbunden, und thu dir hinwiederumb zu gefallen, und dien-
steu, was du von mir immer bitten magst. Phil. Lugd. 4, 19ä ;
weil ihm aber beliebet mich zu versuchen, so verzeihe er mir,
dasz ich hinwiderumb eine frag an ihn thue. Scbcpp'ics 362 ;
erzeigten schöne menschen schöne bildsäulen, so wirkten diese
hinwiederum auf jene zurück, und der Staat hatte schönen
bildsäulen schöne menschen mit zu verdanken. Lessi.'«g 6,3S3:
hinwiderumb thönten sie auch
mit den trommeten scharf und rauch.
FiscHAMT gluckh. schiff 521 (dicht. 2, 192 Kuiz) ;
du bist mein haupt, hinwiederum
bin ich dein glied und eigenthum. P. Gbrhard 10, 19.
2) tnehr zeitlich, eine folije angebend: mit dem wortausdruck
verhält es sich eb«n so, als den uns gleichfalls jede (Wissen-
schaft), vermöge einer allusion, an die band giebet. und den
hinwiederum nicht nur im ganzen, als in theilen. vorrede zu
GtNTBüRS gedickten a3'.
HINWIDERU-MEN, ade. erweitertes hinwiderum, aus hinwider-
umbin entitanden : welche verhoffende grosze courtoisie gegen
ew. excellenz ich hinwiderumben gehorsamlich zu verdienen
mir die tag meines lebens angelegen sein lassen werde. Simpl.
4,56 Kurz.
HINWIDEBWCNSCHUNG, f.: nebensl hinwiderwündschung
alles selbstbegehrendeu wolergehens. Bctscuky fid. kojizl. 25.
ähnlich 303. 730.
HINWIEGE.N, verb. aufwiegen : dasz die zahl vieler groszea
männer, die mir buld sein, die wenigen abgünstigen weit tun
wieget. Opitz poeterei, vorr. A2'.
Hl.NWIMMERN, t*r6. sich wimwurnd verlieren:
er ist hin — und alle lusi des lebem
wimmert hin in ein verlornes ach ! Schiller rauher 3, 1.
HfNWINKEN, verb.:
XU zeigen,
durch hinwinken hinauf zu dem erbe des lichts.
Klopsiock 4, 205 (Mets. 10, 267} ;
wann sie an ihrem tischchen sitit,
so werd ich scherzend hingewinket ;
'komm, schmücke selbst dein mädchen itzt
wie deiner laun am besten dünket ! ' Büscer 18'.
HI.NWISCHEN, rer6. l) wischend über einen gegenständ fahren:
sie wischte mit dem tuche über den tisch hin.
2) eilig sich fortmachen (vgl. herwischen):
da sprach eins von denselben viseben:
lieben brüder, laszt uns hin wischen,
und springen bin ausz dieser pfannen :
das beisze schmalx wird uns sonst zäunen.
B. Waldis Kso}>, 2,51,6;
ist drauf im xom so hingewischt
gen Ingolstatt.
Fischart nndtlrab 2227 (dicht. 1, 59 Kurt);
die blasen in eile verzischen,
die schlangen in eile hinwischen. Schottbl 909;
dann meine tage sind vergebens bingewischt.
MÖBLPFORT 40.
HINWISSEN, verb. die richtung hinwärts wissen:
wer nicht bin weisz an das meer
geh bei einem üusse her. Locau 2,160,4.
HINWÖLBEN, verb.: es war aus leichtem gewölk ein
schmaler bogen, welcher mit dem einen fusz auf Sicilien auf-
stehend, sich hoch am blauen . . himmei hinwölbte und mit
dem andern ende in südea anf dem meere zu ruhen schien.
GöTHE 28, 173.
HIN WÖLKEN, verb. als wölke hinziehen:
einst wüthet eine pest durch Europas oord,
genannt der schwarze tod. wenn der schwänere.
die sittliche, mit der ihr heimsucht
sich nur nicht auch zu dem norden hinwölkt. '
Klopstogk 7, U.
HINWÜRF, f. l) das hinwerfen : hinwarf, projedus, rejedio
.MiAiER 225*; Ramatb Lehi heiszt ein hlnwurf des kinbackens.
Luther glosse zu rieht. 15, 17 (und da er das ausgeredt hatte,
warf er den kinbacken aus seiner band, und hies die stet
Ramatb Lehi), in Bindseils bibel 7, 493.
2) das flüchtig hingeworfene, skizze : der ersle hinwurf eines
gedichts, einer Zeichnung.
3) in verächtlichem sinne, vgl. oben hinwerf: hinwurf, rejicula,
rejectanea, perispemata. Stieler 2552; (sagte) jener dorfschult-
heisz: sein weib sei doch auch kein hinwurf. Crejdics 1,287;
in Hessen: ich habe zehn tbaler verloren, das ist doch kein
hinwurf. Vilmar 170.
HIN'WCRGE.N, verb. durch würgen tüdten: sich binwürgen
lassen, jugulum, cervices dare alicui, interficere se sinere. Stie-
ler 2515; wie das vieh binwürgen, i'tcc pecorum obtruncare.
das.; es giebt keinen gräszlicheren anblick, als solchen volks-
zorn, wenn er nach blut lechzt und seine wehrlosen opfer
hinwürgt. H. Heixe S, 176;
er würget sträflich zwar viel erstgeburten bin. Rompler 32 ;
Ca&sius, wo bist du? — Rom verloren!
hingewürgt mein brüderliches beer! Schiller räuber 4, 5.
HIN WURZELN, verb. : Ferdinand staiT und einer bildsiule
gleich, in langer lodter pause hingewurzelt, fällt endlich wie
von einem donnersclilag nieder. Schiller kab. u. liebe 5, 7.
HINZ, kosefoim des namens Heinrich , in derselben Verwen-
dung wie die neben form Heinz sp. 889, die lu vergleichen ist;
namentlich
1) m der formet Hinz und Kunz (vgl. theil 5,2746^.): diese
beiden namen (Seidon und Amran) stehen aber hi«- zu allge-
meiner andeutung von gegnern, wie die Deutschen sagen :
Hinz oder Kunz. Guthe 6, 150;
denn Hinz und Kunz, an ihren stellen,
glaubten doch auch was vorzustellen. 56,83.
2) Hinz, thiername, besonders für den kater:
ein bär sasz einst an einem erlenstraucb,
und leckte sieb an seiner tatze ;
ein kat«r sahs und eine katze ;
das, sagte Hinz, das kann ich auch! Gliii 3,244,
Hinz de» Mumers Schwiegervater,
schlug den taki erbimilich schön.
LlCUTWER filb, 1, 21;
in der form Hinze, in Tiecks gestiefeltem kater;
jeoi sprang auch der kater
Hinze zornig hervor. Cöths 40, 7.
1547
HINZ — HINZEUGEN
HINZIEHEN
1548
HINZ, aus hin ze zusammengezogen, im mhd. und noch bis
ende des 15. jahrh, vielfach in oberdeutschen dcnkmalern ange-
troffen, es steht
1) als adverlnum, erstreckung zu einem punkte bezeichnend,
im sinne von bis; örtlich: ich nmes den weg von Landegker
prugken hinz an Punzlazer prucken »ersehen und machen.
CuMEL urk. Mas. 230. mit verben des gebens: wir laji^en iwch
wi.'ien daj dem erhern weisen Hartman An-sorgen dem ellern
diu ander clag hincz ertailt worden ist {zuerkannt, zugesprochen).
d. sl'idlechron. 4, 188, 27 ; zeitlich, und mit dem gleichbedeutenden
unz wechselnd: (dasz der friede) weren und hesteen soll unz
auf sant Michels tag schierst und darnach über ein gancz jar,
da? nechst chomend, zu der sunnen untergank, daj wirdet
hincz auf sant Michels tag (UiiO). d. städtechr. 2, 165, 32.
2) häufig als praeposition, wie zu mit abhängigem dativ. zahl-
rtiche beispiele bei Sch«. 1, 1117 Fromm.: so sol man hinz sinem
libe rihtcn als hinz einem schedlichen manne, d. stddtechron.
4,138.20; hellen sie ichtes ze sprechen hinz uns oder den
unsern. 153,30; wollen ain wissen von im han, wes sie sich
hinz im versehen sotten. 5,50,19; zeitlich:
st hat gedäht
da; ir bins naht ir bi geliget, frauendiensl 367, 1.
3) auch als conjunction, bis dasz: hincz er mit recht daraus
(der gegenpart aus den eroberten schlossern) gevertigt oder mit
der gütigkeit davon geteidingt wirt. d. stddtechron. 2, 166. 12;
oder streck ihn {den zu operierenden) auf ain bret, darauf soll
ligen ain pfulgen (pfühl), das ihm das best wer, hinz zway
oder drey bandt {verbände) ge.-fchehen, hinz das du auch sicher
bist, das kain geschwer darzu schlagen mag. Hier. Bbaun-
8CUWEIG ehirurgia (tä39) 95;
eur gnad beger ich.
durch got nun fristend mich
hinz das ich mein sünd gepüe^ze. fasln, sp.i'ib, 22.
4) aus späterer zeit ist das wort bezeugt in einem um 1633
gedruckten schwäbischen flugblatte:
ei lamm mih naun bei dar bleiba hensz moarga.
Fromm. 4,89,16;
und W»/ noch jetzt in Baiern und Tirol, theils als hinz, tlieils
als hünz und hunz, in welchen beiden letzteren formen Ver-
mischung mit dem gleichbedeutenden unz (s. d.) vorliegt. Sch.m.
1, 1139 Fromm. Fromm. 3, 328. 6, 151. aus der ostfiiesischen
mundart entspricht licnto, auch bet hento. 4,479; in der frän-
kischen Koburger mundart ist die Weiterbildung hinza, hinzig, im
sinne von jetzt, gebräuchlich. 2, 140.
HINZAHLEiN, verb. aufzahlen, vom gelde : ich muszt ihm
zwanzig {goldgulden) erlegen, und da ich sie hingezahlt hatte,
. . wollt mir vor wehmuth fast das herz brechen. Göthe 8, 77.
HINZÄHLEN, verb.: zählte zwanzig blanke goldstücke hin.
Immerman.n Münchh. 1,129;
thöricht, 80 die zeit bestehlen,
über tage hinzuzahlen!
hast du deren denn soviel? Röckirt ges. gi-d. 1, 261.
HINZAUBERN, verb.: wie glückselig die band ist, die so
etwas hinzaubern kann. Fr. MCller 3,46;
gruppen, wie hingezaubert, von grotten und Wasserfällen.
Herder z. tili. 15, 143.
HINZEHREN, verb. durch zehren verringern, weiter zehren :
80 geht«, wer arbeit fleurlit, und liebet faule ruh,
zehrt von dem häufen hin, kommt endlich um da« seine.
A. TscHiRMiNu deutscher yedicktfrühling.
HINZEHHUNG, f.: der taumel der die menschen erfaszt,
wenn sie durch ein glänzendes ereignis aus der iiinzehrung
über beschämenden zuständen aufgerüttelt werden. Gervinus
9esc/i. des 19. jahrh. l, 11 1.
HINZEICHNEN, verb. : entwiirfe eines kun>itfertigeu mahlers,
mit sicherer band und breiter kreide hingezeichnet. GOthb
40,171; auch freier: wenn Shakspeare feldherrn hin zeichnete.
J. Pacl ddmmerungen 71.
HINZEIGF.N, verb.:
••(i tileibi, wen sie {ilir ndchirrti) verdammt.
It. in seine* ^lüllt(.'ll(■^f( gasxr,
^1 i'iii, ah geid der rrsipu kliM«,
«i(if>t Jeder hiiger hlngeti>igl. üottir 1,45S('287).
HINZEUGEN, verb. : unfere »itlen taugen auch nicht*, weil
wir zu Rinniicb xind, nicht genug in der bibel lesen, und
londerlich in dem zeugung4ge«cb8fte nicht genug über die
lehrimoiite, die darin verborgen liegen, meditiren, londern
bloM 10 hinzeugeo. CriTos 33, iic.
HINZIEHEN, verb. in verschiedenen bedeutungen.
1) intransitiv, hinwärts ziehen, von personen und belebten wescn:
des zöch der odie kunic zart
mit vroiiiiri rö hin gliche
widir in sin riche. Jkroschin 10095;
nim das kindlin und seine mutler zu dir, und zeuch hin, in
das land Israel. Matth.2,20; und zoch hin wider jenseid des
Jordans. Joh. 10,40; Paulus aber welet Silan, und zoch bin,
der gnade goltes befolhen, von den brüdcrn. apostelg. 15, 40 ;
zeuch hin lieber gesel . . du wirst an allen orten finden d;is
dir iiit gefeit. Acb. spr. (1560) 290"; zu diesem grabe . . will
ich jeden frühling meines lebens hinziehn. Klopstocr 8, 80.
einen kriegszug an eitien dritten ort unternehmen: und er zoch
hin und schlug Israel, rieht. 3,13; also ward Syria David
unterthenig, das sie im geschenk zutrugen, denn der herr
half David wo er hin zoch. 2 Sam. 8,6; nun, so zeuch bin,
mein söhn, und hilf deinem bnider eine kröne erwerben.
ZiCLER Banise (1700) s. 52; daher mit einer personification :
ausz Deutschland zieht der krieg jetzund in Frankreich hin.
LoGAU 3, 138,3.
die richtung hinwärts nehmen, von unbelebten gegenständen: er
verglich es einem opfer, dessen rauch, von einem sanften
luftdruck niedergehalten, an der erde hinzieht. Göthe 27,255;
wobei ich jedoch nicht lUugnen will, dasz sie ein schwarz
anwendete, welches nach dem blauen hinzog. 54, 290 ;
ein sumpf zieht am gebirge hin,
verpestet alles schon errungne. 41, 320.
2) wegziehen, fortziehen: willu des Manunons tocbter ehe-
lichen, so soltu den dienst haben, wo nicht, so ziehe hin.
ScHUPPius 644; daher in schwäche vergehen: er ziehet ganz hin,
mentis impos est, oculis caligini confusis cdlabitur. Stieler 2643 ;
sterben: hinziehen, faren, sterben, in zügen liegen, animam
agere, ducere horas extremas. Maaler 225' ; sanctus Bernardus,
do er an sinem tod lag und hinzocb zu sterben. Keisersrerg
bilg. 4' ; er ziehet hin in alle well, abit ex humanis ad plures,
motte in alium locum migrat. Stieler 2043;
ein guter arzt dar umb nit flucht
ob joch der krank halber bin zücht.
Bba:it narrenscli. 38, 22, vgl. Z*rnckes
commentar daiu s. 373*;
hildlieh: do mit der gloub yetz vast hin zücht. 103,36.
3) transitiv, einen oder etwas hinwärts ziehen; so mit unbe-
stimmtem object es, zu sich zielten, zu gewinn haben:
ir tratzeu gein uns ist umbsust,
vil tüte das ist ie gewinn :
der raerer teils zflchts alles hin!
LiLiETiCRON volksl. 1,176,220;
aber auch, in dem erst angegebenen sinne, mit bestimmtem object :
niemals that er es aber ohne Widerwillen, und nur wie von
einem bösen geisle an den haaren hingezogen. Göthe 15,187;
das blut anderschwo hinziehen, avertere sanguinem. Maaler
225' ; {die bürgerliche gesellschaft) kann die menschen . . nicht
trennen, ohne klüfte zwischen ihnen zu befestigen, ohne
scheidemauern durch sie hin zu ziehen. Lessinc 10,269;
wein flosz über den tisch, und sie, mit zierlichem flnger,
zog auf dem hölzernen blait kreise der feuchtigkeit hin.
GöTus 1,281;
ei zieht mich grausend hin (tu der l)ohrc) und zieht mich
schaudernd
mit dunkler, kalter tchreckenshand zurück.
ScuiLLER braut v. Uestina v. 2311.
4) weiter ziehen, fort ziehen: er war ein gar vernünftiger
herr, der sich und seine kinder ehrlich hinzohe, mit wenig
guls. b. d. liebe 262'; mit accus, der zeit: ich zog meine tage
ohne freude und ohne antheil hin. Göthk 19, 101 ; jähre lang
wollte ich mein leben in dem tiefsten kerker hinziehen. Leisf.-
wiTZ Jul. V. Tarent 2, 2 5. 3.'». daran angeschlossen, einen oder
etwas hinziehen, ohne entscheidung dauern lassen : statt ihm
eine bestimmte erklürung zu geben, zieht sie ihn hin ; er
zieht die entscheidung hin.
6) weg ziehen, fort ziehen : daruuib, das gott nuige seine
kraft und trosl ausgeben und uns mitteilen, so zeucht er hin
allen andern trost, und macht die seele herzlich betrübt.
l.i'TMKR 1,20*; zeuch mich nicht hin, unter den gottlosen,
und unter den ubelthetern. ps. 28, 3.
«) hinziehen reflexiv, eine richtung hinwärts nehmen: die
gesellschatt bat sich allmUblich aus diesem gasthufe in jenen
hingezogen; gegen Persien hin, wo sich die grenze hinter
Palmyra . . hinzog. Bccifrs vtUgeich. 4,65; die wen« harfe,
1549
HINZIEHUNG — HINZU
HINZU
1550
die, wie du weiszt, sich über das grosze bassin hinzieht.
E. T. A. HoFFMANÄ 8, 2". auch mU dem nebenbfgri/fe einer ver-
siigerung (s.]oben 4 am ende): das kann sich noch lange hin-
ziehen ; der weg zieht sich noch weit hin.
HINZIEHt'iNG, f. defectio animi^ mortis cum cUa coiitmutatio.
Stieleb 2643.
HINZIELEN, verb. nach etwas hinbeslimmen ; in der äUern
spräche transitiv, hinbestellen:
als er {ein Spieler) eins tags nach seinem brauch
auf des ammeisters stuben spielet,
Ton etlicha bürgern hingezielet,
da tbet das glück rerlassen ihn. H. Sacus 2, 4, 70' ;
neuer inlransilir, das siel worauf richten :
zurück dort stoben die Troer,
als hinzielte der held. Utas 4, 497 ;
die cenlripctalfcraft zielt allenthalben zu der sonne hin. Käst
»*, 246 ; kriege ich nun von etwas wind, so ziele ich darauf
mit einem Spruche hin. Immebäasn Münchh. i, 160;
kein thier ist so eering, du weists. o Stähelin I
es zieblt doch jeder theil nach seinem zwecke hin.
Halle« (i7«S)«.61.
HINZITTERN, rerb.:
vor dem sitze gebeugt, horcht er: ob endlich des sobnes
stimm erschall, und narrt, binzitternd, der frohen uniarmuiig.
Ptbk£r Tunis. 9,159.
HINZMAN.V, m. : hinzmannus als latinisierten, studenlischen
namen für eine gewisse sorte bier verzeichnet Tbochcs Q ij '. tijl.
heinzel 4 und heinzlein 2 5p. S90. S91.
HINZÖGERN, icrb. tceiler zügern. verzügern: eine entschei-
dung hinzögern ; das hat sich so lange hingezögert.
HINZU, adv. hinwärts und zu, zu in bezug auf einen vmt
Sprecheruten abliegenden ort oder gegenständ; grgensatz tun dem
sp. 1262 ff. behandelten herzu, das sich vtanchmal {sp. 1263) mit
hinzu mischt. Nähere richiungsbestimmungen des letzteren und
Verbindung inü verbcn der bewegung verlaufen vie dort, nach
hü fsverben sind dieselben urüerdrückt:
den kaiser michel not antrat
und wolde gerne so hin zu.
pastional 206, 37 Köpke:
sonst finden sie sich bei
bringen: etwas zum häufen hinzu bringen, adferre ali-
quid ad cumuluvi. Stei.>bach 1, 17S.
dichten: indem er viele umstände hinzu dichtete. Ram-
lEB dichtk. d. Her. 53.
drängen, reflexiv: zu dem Schauspiel drängte sich viel
Volk hinzu.
dringen: das volk aber drang hin zu. Luc. 11,29; die
seele jedes menschen verlangt nach der höheren beseelung,
nach dem näheren hinzudringen zu der lichtquelie. Kbitzler
humanüdt u. christenth. 2, 102.
eilen: der edle unnennbare sinn, der allen fremden plun-
der wegwirft, und hinzueilet, das nackte ganze hild vom
feist eines autors zu umarmen. Hebder litt, u, 126.
fügen: auch ein detaillirter, aber sehr mäsziger anschlag
war hinzugefügt. Götbe 26,32; da der Schilderung meines
gegenwärtigen zustandes noch einiges unentbehrliche hiazu-
zufflgen wäre. 60, 308 ; indem er nach dem kabinette seines
herrn deutete, fügte er noch leiser hinzu: so liegt er alle
abend zwei stunden auf den kniceu. H. Heine 2, 231 ; hatten
. . zur antwort erhalten: am zweiten tage nach der hoch-
leit, mit dem hinzufügen, dasz dann zugleich der Schwieger-
sohn die losung empfangen werde. Immermaxn Münchh. l, 175.
führen: einen vor des richtcrs äugen hinzu führen, ali~
quem ad oculos judicis adducere. Steisbach l,3iß; mit schiffen
was hinzu fuhren, nacibus aliquid advehere. das.
gehen: er sähe einen feigenbaum an dem weg«, und
gieng hinzu. MaUh. 21,19; der geisl aber sprach zu Philippo,
gehe hinzu, und mache dich bei diesen wagen, apostelg.%29.
gehören: ohne diese pein aber würde dennoch die ganze
existenz des alten herrn zusammenbrechen, denn der ver-
drusz gehört ihm zum leben nothwendig hinzu. Imxernann
Münchh. 3, 176.
halten, reflexiv :
do weit ich ganz wen, c» wer der köpf,
und hielt mich bin zuo. ich verheiter dropf,
und meinet sie küssen an den munt. fasln, «p. 331,9.
heben; (als ich) letztlich aber die obren hinzu hebet.
SCBUPPIL'S 772.
holen: der arzt ward schleunig hinzu geholt.
I karren: ein nothfall, zu dem vieles einen stein hinzu-
karrte. Hippel 14, 136.
kehren: hinzukehren, quam proxime admorere. Stieler 944.
kommen: und da er hinzu kam, fand er nichts denn
nur blätter. Marc. 10, 13 ; da er nahe hin zu kam. und zoch
den Oleberg erab. Luc. 19, 37 ; das gebet der elenden drin-
get durch die wölken, und lesset nicht ab. bis (bis es) hinzu
kerne. Sir. 35, 21 ; zu rechter zeit hinzu kommen , in tem-
pore advenire. Steisbach 1, 908. unpersönlich von dingen und
begebenheiten : es kam ein bedenklicher umstand hinzu; zu
seinem sonstigen unglnck kommt hinzu , dasz er krank ist.
laufen: da sie hinzu liefen, und wollen die thür auf-
brechen. 1 Mos. 19, 9 ; lief mit groszer künheit hinzu , drang
durch die feinde, und tödtet irer viel auf beiden seilen.
1 Macc. 6,45; da lief Pbiüppus hinzu und höret, das er den
Propheten Isaiam las. apostelgesch. 8,30; es lief alles hinzu,
ihr hilQich beizuspringen. Simpl. 3, 351 Kurz.
legen: das geld langt nicht für den ankauf, wir müssen
noch etwas hinzu legen.
locken: von sanften tönen hiszugelockt werden. Klikger
10,22.
machen, reflexiv: also trat das volk von ferne, aber
Mose macht sich hinzu ins tunkel, da gott innen war. 2 Afos.
20, 21.
nahen: dasz , wo er sich hinzu nahet , er ihn leichtlich
herab schlagen möchte. Amadis 290; folgends nahet sie sich
hinzu, fiel dem .\madis zu fusze. 291.
nähern: wie er disz wort auszgeredt, nähert sich die
jungfraw hinzu. Amadis 76; Gasinan gab mit dem schwerdt
seinem pferdt eins auf die nasen , dasz es hernach sich
nicht mehr hinzu nähern wolt. 290.
pfuschen: der optimism und pessimism sind zwilhngs-
brüder. ob der letzte ehebrecherisch durch superfötati"»
hinzugepfuscht sei, ist . . schwer auszumachen. Kliscer
11,3; ich glaube, der erste erfinder {des mythos von den neun
museu) hat nur die neun erschaffen, und ein gelehrterer im
modernen sinn diesen Präsidenten (Apollo) binzugepfuscht.
12, 51.
rennen: auf disz rufen rannte der Junker . . geschwind
hinzu. Amadis 64.
rinnen: hinzuerinnen, affluere. Stieleb 1612.
rücken: zu einem den krug hinzu rucken, urceum ali-
cui admovere. Steisbach 2, 305; er rückt auf die Stadt hinzu,
appropinquat ad urbem. das.
schenken: was das leben (die lebensleschreibung) des Pro-
perz betrifft , so musz ich meine vorige bitte erneuern , die-
ses mir aus ihrer band hinzuzuschenken. Ksebel in Bötticebs
litt. zust. 2,218.
schleichen:
kein blättchen rauscht, itzt schleicht sie leis hinein,
bleibt imentschlossen vor ihm stehen. Wiela:id 10, 152.
schrauben:
er schraubt allmählich sich hinzu, so leis er kann,
und schmiegt, kaum fühlbar, sich an ihren weichen rucken.
WiKLAND 18. 109;
er schraubt
mit beiden armen sich . .
um Röschens leib, drückt sie mit festem ichlusz
an seine brüst. 21, 345.
setzen: dis sind auch Sprüche Salomo, die hin zu ge-
setzt haben die menner Hiskia, des königs Juda. spr. Sal.
25,1; geld hinzu setzen, peeuniam apponere. Steisbach 2,361;
er salzte sich im testamente hinzu, tabulis se haeredem ad-
scribebat. das.; das getränk ist noch nicht süsz genug, es
musz zucker hinzu gesetzt werden; sie können durch solche
Ziererei ihrem werthe nichts hinzusetzen. Kli.hgeb 11,159;
der Zögling lernt, ich setze hinzu : der Zögling lernt gern.
Fichte red. an die d. nai. 61 :
so wird — hier hält sie ein, und ihre wangen glühen
wie rosen glühn im abendrotb.
doch, setzt sie gleich hinzu, jetzt ist nur iiaes noth !
WiELASD 21 , 343
ich bin ein tempelherr, und ein gefangner —
seu ich hinzu. Lessi^c 2,216.
springen; wie der henker dieses erblickete, sprang er
behende hinzu, raffle und henkele sie geschmnde auf. Zig-
leb Banise (1700) 238.
thun: hinzu gethon. zugefügt, adjunctus, additus. Maaleb
226*; die nu sein wort gerne annamen, lieszen sich teufen,
und wurden hin zu gelhan an dem tage bei drei tausenl
1551
HINZU — HINZUG
HINZWISCHEN — HIPFEHEPPE 1 552
Seelen, apostdyeseh. 3, 41 ; der tierr aber that hin zu teglich,
die da selig wurden, zu der gemeine. 47; ein rentner wort
oder zwei binzutbun. Scuüttkl 1119'; kun nicht unterlassen
den meisten leuten diser zeit ihr saumseligkeitcu vonuwerfen,
welche zweiflen den erfundenen suchen etwas liinzu zu thun.
ScHUPPius 768; ich fügte den nächsten zäun, ein scheunen-
tbor und einige gebrochene Wagenräder bei. alles, wie es
hinter einander stand, und fand nach verlauf einer stunde,
dasA ich eine wohl geordnete, sehr interessante Zeichnung
Ncrierliget hatte, ohne das mindeste von dem meinen hinzu
zu thun. GfiTHE 16,17. reflexiv: bisz da«z die seinen, ohne
einige Unordnung sich gegen dem schlosz hinzu theten.
Amadis 97.
treten: der engel des herrn kam vom hiniel herab,
trat hin zu, und walzet den stein von der thür. Matlh. 2S. 2 ;
sähe einen feigenbawm von ferne, der liletter halte, da trat
er hinzu, ob er etwas drauf fünde. Marc. 11,13; die trat
hinzu von binden, und rüret seines kleides sawni an. Luc.
s., 44; zum grabe hinzu treten, ad sepulchrum adyredi. Stkis-
BACH 2,852;
da trat die alte königin, deine mutter,
hinzu, und ... in die arme t'aszle ne den knaben.
ScuiLht.» jinififraii i,h.
un»mnlieher : es tritt ein umstand hinzu, der licht auf die
ganze angelegenheit werfen kann.
wallen: hinzu wallen, alluere. M aaler 226".
werfen: wenn das nicht eine last auf ein halbes jähr
gibt, so will ich an der ersten episode sterben, die sich zu
diesem vierfach verschlungenen roiiiane binzuwirft. Göthe
19,81.
wischen: der moor hebt seinen arm auf. ihn zum drit-
ten mal zu schlagen, da wuscht Theagenes hinzu, crwttschet
ihn in der mitte, b. d. liebe 22"'.
ziehen: einen arzt hinzu ziehen.
HINZUCREN, verb. l) transitiv, hinwärts reiszen : darnach
wir, die wir leben und überbleiben, werden zu gleich mit
demselbigen bin gezuckt werden in den wölken. 1 f/fcw.
4, 17 (nach den früheren ausgaben, die von 1545 liest liingerückt) ;
und danach Lltiieb 3, 51S'. 5, 505*. 6,267"; natnentlich vorn tode
gesagt: sie sehen nicht, dasz ihnen der todt von tag zu tag
näher, und wie ein dieb nachschleichet, bisz er sie in iren
Sünden hinzucket, b. d. liebe 292';
sin leben het ^ezucket
der tot vil nach mit jämer hin. Wigulois 133,25;
aber der tod der gar nicht trinkt,
zucket den trinker hin. Gurg. 11';
und du wölkst allererst ihn (gott) frelelicb bescliulüeti,
als hatt er dir ein kind zur unzeit hingezuckt. Ronpler 140.
2) das pari, hingezuckt auch vergriffen, von einem buche:
(lerhalb es auch zuvor gedruckt
ist worden, aber bald hinzuckt,
dasz man dann noch in mangel «tat,
jederzeit grosz nachforschung hat,
welche mir dann seht ur.^ach gegeben.
vieler becer nicht widerzustreben.
und solctis von ncwem zu publiciren. E. AtBsiitis 1.
3) in der neueren spräche ausschlieszlich intransitiv: der blitz
zuckt durch die wölken bin.
HINZÜFLGSEL, n. ; das gute {im koran) ist fast durchaus
aus dem evangclium, das andere politischer nolhbeheif als
binzufügsel. Chamisso 5 (1664) 128.
HINZLTCGL'.NG, f.: durch geschehene hinzufUgung {eines
din'ies). FlAPPtL acad. rovi. 66.
HI.NZUG, m. l) das ziehen hinwärts, yegensal: von hcrzug
tp. 1264:
0 selig dem der tod im hinzug ist bescheret !
der nicht der Perseii reich, nie ihrer ITir.'li'ii «ladt,
nie ihres konigt bürg, nie den iiallast betrat.
A. GuYPHlts 1608 1.149;
l'hilippu* war bemuht, in Tbracien zu dringen,
und in dpm hinzug noch Methone zu bezwingen.
HtcEuoR!« 2,59;
auch die hinziehende kriei^rsfhaar : agun hinzug, schar Diep. IS'.
2) {nach hinziehen 2) der wegzug, das fortziehen; hinziehen,
recidere, secedere, inde recestus hinzuck. tioc. nie. Iheut. k 2* ;
namenüich aucJi dat luuen in den letzten tCn/en : des Calliinacb
mfl, der, als er sab wie das gesind in ihres henn tiidiichem
biiuug anQengen auszzulragen, zu sielen {stahl er auch, sein
herr aller lachte steh iäier ^rin gebühren gesund). Cürj. 6(»*; und
der tod uUnt: so ein mcuscb nach gruizcr Uhung und orbait
dir lii-itT uhrnvuiidf-ii hat und die weit 111 im lud ist oder
zum iniQsten um biuzug ligt. Kkiskhinkik, Iff' '"> M't 1'.
HINZWISCHEN, adv. unterdessen, vgl. zwischenhin: unter-
dessen und hinzwischen ist gleichwol bei den fürstentbumen,
bei land und bunten der gebrauch der lanae caprinae nicht
ganz und gar zu verwerfen. Sciioppius 415.
lUOBSPüST, /". böse nachrieht {nach Hiob 1,14—19).- Liebe-
traut. Ilcrlichiiigen hat ihn und drei knechte bei Haslach
weggenommen, einer ist entronnen, euchs anzusagen. Abt.
eine hiobspost. (Jotue 8, 41 ; heut ist eine biobspost hier
eingelaufen, tu. MGller 3,338; die kinder stunden verblüfft
ob dieser biobspost. Mls.äus kinderkl. 37.
IIIOBSTIIUÄNE.N, f plur. nanic einer grasart, coix lacryma,
thrdnengras. Nemmch 2, 1100.
HIP, ruf der hippenrerkäufer , waffelbäcker auf den straszen :
es schreiet elwan einer hüp, büp, auf der gassen. Keisers-
BKKü brösaml. lo!i*; Imk' hipp! fnsln. sp. 373,1. vgl. das fol-
gende und hipptnhubc.
HIPPE, f. ein dünner, zusammengerollter oblatenkuchen ; namc
und Sache sind seit dem I.j. jnhrh. bezeugt, vgl. Lexer mhd.
wb. 1,1302: das sechst das der wanncnkremer feil tregt, das
.seind oflatenrürlin, bflppen, dis ist als ein arme war, es i?t
ein wenig mel tind ein wenig honnig, es ist ein wenig süsz
iu dem mnnd. Keisersuerg brösaml. 109*; rürlin oder hup-
pen, die haben ein wenig süszigkcit in iuen, und ist nül
darhiiider. 109'; huppen und dergleichen ränftige speisz die
man den kindern gibt, . . crustulum. Maaler 23l'. das ge-
bdck kommt noch heute in Ziirich vor; ilrium, biepen, liQioi'.
diel, lat.-germ. {Frankf 1610) s. I4.i ; einer hatte ein vergültes
lavor voller bippen, zuckerbiod, marzeban und ander con-
fect, der ander aber riiien vergulten becher in bänden.
Simpl. 1,132 Kurz; in Baiern die bippen, oblnt förmiger kuchen,
wird er nach dem backen zusammengerollt, so nennt man ihn
bolhippen. Schm. 1,1139 Fromm.; .^chlesisch bippe und bolippe
crustula Steikbach 1,757 ; in Holstein heiszt eine arl hohler oder
gebogener backwerkc hollhippen, in Hamburg und Altana sagt
man holippen von mehl, eier, butter und zuckcr in eiiur eisen-
form gebacken , eiscnkuchen. Schütze 2, 119. vgl. boblhippe,
wo auch ausgeführt wird, wie an dem nainen des gebacks sich
die bedcutung der schmahung und schelte enluickeln konnte; s.
auch unten bippenbube.
Der name bippe scheint mit rüeksicht auf die dünnheit des
gebacks gewählt zu sein: nebula, .i. tenvis panis hypp, hyppy,
hyppen /. rcstwisz Dief. 377', er gehört zu der unter bappeln
sp. 472 aufgeführten Wortfamilie, zu Schweiz, hupeli Schwächling
Stalder 2,21, und zu dem unten folgenden adjectiv hippig,
bipprig mager, elend'.
HIPPE, f. messer von sichelarliger gestalt für gärtner und
Winzer: schlag an mit deiner scharfen bippen, und schneite
die drauben auf erden, denn ire beer sind reif, offenb. 14,1»;
mit . . grabstickcln, oggezinkeii, gertbauen, hippen, pickeln
{unter gärlnerszeug). Garg. 1S3'; auch gar nichts bei mir,
nicht mahl meine bippe. Fr. MCller 3,293;
der reben reife tracht
erfordert hipp und piesz. A. Grtpuiiis 1698 2, 261.
nach der oben angeführten bibelstelle; dieselbe, da in dir der
engel des todes mit einer bippe versehen aufgeführt wird, scheint
den anlasz gegelien zu haben, dasz dichter, aber erst des 18.
jahrh., den tod mit der hippe erscheinen lassen:
drohend schwang er teiiie hippe. Lessinc 1,64;
der böse tod
mit seiner rurchtciiiciien hippe. Götter 1,360;
lum nackten schndel ward sein köpf,
sein körper zum gerinne
mit tiundenglat und iiippe. Kürcbr 15'.
hippe steht neben dem glcichliedentenden hJlpe sp. 171, li.ippo
sp. 472, heppe, hepe sp. öJK), als eine mitteldeutsche, sjieziell
obersachsisehe form, die EtriiER, wie er bei dergleichen tech-
nischen ausdn'u-ken zu thun pflegte, «0/ der Volkssprache ent-
nahm, und die durch seine autorildt eingang auch in die filiere
schrißsprache fand.
HII'PE, f ziege. vergL unten unter bipplein.
HIPPEHEPPE: unter hazardspielen werden rerbodn iii|i|i<
heppe oder das grosze loos, Icibrenic, rolhe jacke, Marian-
cben , Seifensieders, neunfflchlig. ireiwur. regierungsblatt Ibö;»,
i. 358. das ablautspielende wart erinnert an das ähnliche hip-
i)en bnppen für haben, erhalten in einem unechten Seidharlsrhen
iede:
frouwe, da{ wit ich lu gippen gappen (nehen).
'bßtn, 4a( tuh Ir lu hlppm hapi'Ti ' tiv, is llonpi.
1553
HIPPEL — HIPPENHOLER
HIPPEL, m. penis. Vilüar 170. Nemnich wb. wol mit dem
nächstfolgenden terbum zusammenhängend.
HIPPELFASZ, HIPPELMANiN, 5. unten hippenfasz, hippen-
raann.
HIPPELN. r«*. sieh zappelnd fmihcKegen, der düringisehen
Volkssprache angehörig und in bezug auf /ander und junge mäd-
ehen gebraucht : sich, wo hippcits hin, da? lose säckgen. Fi-
LiDOB d. vermeinte prinz s. 8. Stiele« 856 führt auf hüppe-
len, tripudiare, im zusammenhange mit dem gleichbedeutenden
boppen.
HIPPEN, rerb. schmähen, lästern:
das schafft, du bist ir (der heil, fchrifl) nit geübt,
allein zu hippen dir geliebt.
ScHiDB sat. H. pasqu. 3, 123, 36;
auch in aushippen, ausschelten, aussthmähen :
es hippet einer den andern usi
wie frouwen in eim hurenhusz. Eckstein concil 824;
nergL theU 1 sp. 8S7 und ausholhippen sp. 888; hessisch aus-
hiepen, verspotten, verhöhnen, zumal öffentlich. Viljcar 171. die
nähere erklirunq des vortes wird bei holhippen gegeben «erden.
HIPPENBÄCKER, n. ; hüppenbacher mis/u/ari«. Maaler 232'.
HIPPENBUBE, m. knabe der hippen auf straszen und in
Ktrts- und badehäusern feü trwj und seine tcaate durch lauten
ruf anpnes (tergl. oben hip) : euch ist der schilt aiisgehenkt
kehrt hie ein, hie wirdt gut wein geschenkt: was lasset ir
lang den hypenbuben vergebens schreien? Garg. 17'. Wie
dtese knaben der niedersUn volkskiasse angehörten, daher noch in
Hessen hippenbube einen untergeordneten, zu den allergeringsten
dunsten gebrauchten und als capul vUe, hudel, behandeüen kna-
ben bezeichnet (\'ilmar 171), so «aren sie bei der ausübuna ihres
geschdfis dem spoU und höhnischen bemerkungen der icirtshaus-
gäste ausgesetzt: in der trunkenen lUanei wird ein solcher knabe
angeredet: hui hipenbub, stürz das vasz umb. versuch un-
seren sauren trank, horcha buba Wechsel hie den kreuzer
butz mir die bir, du butzst wol, gehst ein guten goldschmid,
machest sauber arbeit u. s. w. Garg. &-\ ihrerseiu aber vergalten
SU s(Adu neckereien durch ein ausgibiges mundtcerk, das sie ebenso
tcte Ihr sonstiges betragen (He ßhrten namentlich würfet bei sich
und spulten mit den gasten, vgl. auch unten unter hippeniunge
hipplein und hippier) im 16. jahrh. sprichwörtlich maehte: wa^'
von einem theologo geschrieben wird, sol derraaszen lauten^
das menighch der das lese, mög verstehen, das ein theo^
logus solchs geschrieben habe, in meinung die warheit zu
suchen, nicht ein hippenbub, der allein die leute vermutet zu
schmchen. E« fre. Lctheb 1,147'; si rasseln und spilen wie
die hippenbuben. Schade sat. u. pasqu. 3, 64, 19 ;
sie reiben einander selber usz
recht wie die hippenböben im badhus. 2,165,10;
richten einandem also ausz
wie hippenbuben vor dem hausz.
fiscHART dwA/. 2,374,1690 Jfur«;
numwirdt und würfeltrager,
hieppenbuben, lugensager.
McR>E« narrenbesch». 675 SOteible;
das wort schmutzkolb und hippenbub. luth. narr 1290
tt.tVZTl'r.Zt, "^^^"''' -^ ^ebippenb8b..
wer auf lutherisch predigen sol
der schelt die münch und pfaffen wol.
und huppenböb auch iederman
HippENBüBTsrTr'::^'"' ": '""'""' '^"- '""■• ""''■■ ^»«•
süMa vi^!^' r'- T* "" """ '''mnbuben, schmäh-
süchtig verteuernd als ich Uzt auf sein vergifte hipnen-
bub^sche schnft drei mal geantwort habe. Ec^« li iZL
HIPPENEISEN, n. eisen worin man hippen bäckt ■ oHoüta
hippeneisen. Golti onomast. (t582) 320 "^ ™'^- «««^fl
HIPPENFASZ. n. gefäsz des hippenverkaufers . in dem er
'e,ne waaren herumträgt ; dann aucTbildlich ßr ni2 w^-
(manner die) Martin Luthers grose Sachen
rflm huppenfasz und gaukel dachen. jJtR^R tu.H. narr 22
bei H. Sachs die form hüppelfasz (von hiplein, s d)-
HIPPENHOrpT" '" "r"""" ^"" *^'^>- *''''''■
HIPPENHOLER, m.: also vereinigen sich gaukler unH
h.ppenholer in e.m friedt. welche zu beiden seifen so ^el
s. den menschen auszIegen in seiner „alur, nicht' mi? Z
n.gen lügen erkleren. Paracelscs opp. 1 mC das J!„^'
der oben gegebenen schlimmen bedeut^ rol^^^p^fZTln;:.
HIPPENJÜNGE — HIPPLER 1554
wendet, ist jedenfalls nicht umkehrung von bolhipper {vgl. a^.
alphabetischer stelle), sondern bedeutet zunächst einen der hippen
holt, herbei bringt, h^nverkäufer.
HIPPENJUNGE, m. was hippenbube: einen hippenjungen
taufen, batiser un gareon aiix oublies, lui jetter un seau d'eau
sur la tele, apres avwr gagn^ au jeu toutes ses oublies. RlntEw
, (1711) 869". es ist ein roher spasz der wirtshaustrinker mt den
htppenverkäufern, die zum Würfelspiel verleiten, vgl. oben unier
hippenbube und unten hippiein. hippler.
HIPPENKNABE, m. was hippenbube:
denkt ich sei ein hippenknab. Mcruer schei-ntiiztiufi i.i\
HIPPENMANN, m. mann der hippen feil trägt, hippenverkäufer ■
hiepenmann. hippenmann in Frankfurter Urkunden von 1473,
1483 und 1504 6« Leier mW. «b. 1,1302; ein hüppehnann'
H.Sachs 4,3,62'.
HIPPENRÖHRLEIN , n. kippe in röhren form, zusammen-
gerollter Oblatenkuchen: hie hat der wannenkromer . . auch
hüppenrürlin feil. Keisersberg brösaml 109*.
HIPPENRUFER, »1. der hippen ausrufl, hippenhdndler : ba-
lator, balo, ein hyppenrnefer, hüppenruefer Dief. 65".
HIPPER, m. hippenverkäufer; wie hippenbube in die bedeu-
lung loser mensch, lästerer übergegangen: das mich einer woll
sehenden und schelten, oder für ein hüpper anszachten.
Paracelscs chir. Schriften 255 A.
HIPPERLING, m. in Obersaehsen die kleinen unausgewachse-
nen federn der gans. die beim federscMeiszen weggeworfen wer-
den. Früäm.4,504; auch kickerling, vgl. theü 5,662. höpfner
oder hippo-lmge hemen auch ansehnliche hopfenhäupler, unter
deren schuppen einige grüne rankenbldtter, reihenweise, oder auf
andere art untermengt sind. Jacobsso.'? 6, 115'. In der ersten
bedeutung gehört das wort entschieden zu dem nachfolgenden ad-
jecttv; du zweite bedeutung scheint etymologisch dunkler.
HIPPIG, adj. und adv. ein mitteldeutsches wort, dürinqisch
hippig, heppig, hipprig, dürr, mager, elend, ein hippriges mäd-
chen, ein dürres, unansehnliches; in der Pfalz hippig krankhaft,
besonders ron dem sonderbaren appHü der kranken und schwän-
gern gebraucht:
mir ist oft so hämisch und damisch und dumm
so burrig und schnurrig und weisz nicht warum
so bippig und schnippig und weisz nicht wornac'h
das ändert und wende« mit jeglichem las.
Fr. Mcller 1. 314.
vgl. das bei hippe sp. 1552 bemerkte; aber auch das sp. 1309 auf-
geführte hiefrig scheint nicht abzuliegen.
HIPPLEIN, n. kleine hippe. oblatförmiger kuchen : hippelein
obeluie. teutsch-lat. Wörterbüchlein (Sümb. 1703) 5S; hippelein
erustulum. Kirsch comuc; ein Verkäufer solcher kuchen spricht
{vgl. oben unter hippenbube):
so trag ich hole hiplin gern,
Eei fursten freien grafen und hern
ab ich damit mein niderlag,
do ist nach wurfein pald ein frag,
nu wol. her an mich, wer lustig sei!
hie hab ich guter wurfel drei,
die mir so treulich pei gestan,
das sie mir oft kein faden an lao.
fastn. sp. 791, 18; tgl. 373, i.
In Düringen und Franken war und ist das gebäck unter dem
gekürzten namen hippel (Jacobsso.n 2,263'). in Obersaehsen als
hupel, Tiüpelchen bekannt und feil geboten :
ein korb voll hüpelgen bringt mir am besten brodt
Vi i5l ^u ""^^ "'*?'. "«'"^ "»'' a'»«n «ri'len quälen,
so leid ich auch zugleich im naschen keine not.
.\maba5thes proben der poeHe (niO) 294 ;
und die Verkäufer desselben, die auch zwischenträgereien und
kupplerdunsU verrichteten (ebendaselbst) hieszen hfipeljungen :
sie wolle dir den korb statt einer antwort schicken-
schweig! und behalt ihn nur mit freudigen geberden
weil du nunmehro kanst ein hüpel-iunge werden.
483 ('als er einen Itorb bekam').
HIPPLEIN, n. kleine hippe, falcula. Stieler 7SS:
porzellanene wiozer mit hipplem thaten geschäftig (auf einem
tafelaufmtze). Voss^2,216 (fdW/ 13?7l"
HIPPLEIN, n. junge ziege : eine ziege wird ja wohl wieder
zu erwerben sein und hab ich die, so wirds auch nicht an
hipplem fehlen. McsÄcs volksm. 2. 139. sp. 999 ü( anqeoi*en
wuneben der verbreüeteren form heppe auch hippe S, «*«
letztere findet suh auch in der westlichen Mark und irn Berai-
schen. Fromm. 262.63; in Tirol hip und bap ziege 5 44s
HIPPLER, ffl. Verkäufer der hipplein, oblatenßrmigJr kuchen;
^Ql. hippenbube. er verleHet auch zum würfdtpiel:
98
1555 HIPPOKR AS — HIRN
zum vierdten, äpracli ein hüppeler,
mein orden ist auch warlich schwer.
wo Ich hlneinceh in wirtsheuscr
90 wird mir oH aus otir ein fewser,
so ich bei mir falsch Würfel hab,
hompt über mich ein nasser knab. II. Sachs 4, 3, 62*.
HIPPOKRAS, eine art mülelallerUchen Würzweins, wahrscheui-
Uch vorzugsweise auf anneiiiche Wirkung berechnet, daher mü
dem natnen des sprichwürüich berühmtesten arztes, Hippokrates in
miUelalterlicher entstellung ivrsehai; vgl. W-^ckürnagei. kleine
Schriften 1, 102. gelränk und name haben sich über das tnittel-
aüer hinaus erhalten, in Basel kommt hippokras aus rotem
«ein und gewürzen als neujahrstrunk vor, auch in Frankreich
ist er als bypocras bekannt (Littre 1, 2076'). vinum aromalites
ippocras Dief. 620'; sackwein, vinutn saccalum , sacco castra-
lum vel fractum, alias hippokras Stieler 2478;
ob gleich für bippocrats uns galle wird gereicht.
Horr>ANNswALDAi< bcgräbnisged. 70;
vergifTter hipocras will uns die lippen rühren.
verm. ged. 46.
Die arzneäiche Wirkung des h^pokras wird öfter hervorgehoben:
Wermut- salbei- alant- quitten- und citronen-wein muste
neben dem hippocras den säufern ihi^ köpfe und mügcn
wieder begütigen. Simfd. l, 121 Kurz :
ach, rief Fritz, befreit mich nur vom fleber.
hilft kein Hippokrates, so hilft der hippocras.
Hagbdor!« 2, 97 ;
ihn quäle stets, er wisse selbst nicht was;
nur wisz er wohl, dasz ihn nicht hippocras,
nicht chocolad und gallert heilen wollte. 151.
jwei anweisungen bypocras zu machen bei Hourerc l, 354*.
HIBCHELN, verb. röchebi, vgl. hercheln sp. 1073 und unten
hOrcbeln :
die kröpflcht sind und hircheln sehr.
Schade handwcrkd. 14.
HIRN, n. cerebrutn.
1) das wort findet sich in dieser form nur in dem hochdeut-
schen zweige: ahd. hirni «nd hirne, auch herne (Lexkr «*.
1, 1303) ; nahe zu ihm, aber im geschlechle abweichend steht das
goth. fem. hvairnei XQaviov, das altnord. masc. bvcrn und
bvörn, weiche masse in einem fischkopfe (Vigfüsson 300), hiarni,
sehwed. fem. hjerna, dän. hjerne gehirn. den nicderdeutsciten
dialedtn fehlt das wort, sie ersetzen es durch bregen, engl.
brain, fries. mnl. brcin {vgl. th. 2, sp. 353), was ihnen sowol
das him wie die hirnschale bezeichnet, auch die clt/mologie von
bim weist auf die gleiche doppelbedeutung, und sogar darauf
hin, dasz die letztere, die noch manchmal vorkommt (unten no. 6)
die ursprünglichere ist. als urverwandte Wörter erscheinen nämlich
einerseits sskr. (;ira köpf, griech. xd^a und xag/j haupt, xgä-
yoy und XQayiov schadet, lat. cerebrura him, andererseits
griech. xiqvo: Schüssel, opferschüs&el, lett. kerne gefäsz zum
buttern, womit wieder altnord. hverna, topf, schale, iiverr kessel
zusammentreffen, so dasz birn zunächst 0/5 bildliche bezcichnung
des oberen kopftheils, hergenommen von der Wölbung eines ge-
fdszes, sich darstellt; ähnlich ist franz. töte köpf aus testa
schale, seherbe hervorgegangen.
Der plural des wortes, mhd. hirne^ besteht noch in der mo-
dernen spräche, obwol selten verwendet, er ist im laufe der zeit
vom Singular differenziert worden, der das schlieszendc f verlor.
eine pluralform birner kommt bei Haiier vor (s. unten no. 5),
hat aber weiter nicht durchdringen können.
2) birn bezeichnet die in der schidelhöle befindliche weiche
weitm masse; birn oder gebirae, cerebrum, est meduUa capitis.
voc. ine. theut. k2*; das hirne. cerebrum, vilalia capitis. Hk.k-
lEi ««';
da« him
klebt man nicht an der stim.
SiHNOCE tprichw. 252.
«m den gelehrten in das grosze und das kleine birn unter-
schieden : Galitnus der spricht, da; sich daj^ birn tail in zwai
siuk. daj ain stuk ist gegen der rehlen seilen, da; ander
<tok gegen der lenken und »prechent die raaister von der
nitör, da; deu rwai stuk underschaiden sein mit ainem
windJeio. .Mr.CEHiiEac fl, 14 ; die neuere analomie kennt auch
dai mittlere birn. das Verbindungsstück zwischen rückenmark,
frmsem und kleinem Airn. die Verwundung den birn« führt
den tod herbei:
M worbten tnU beides werch,
kl ichrieteu him unde verrh
durth heiro und durch patwat.
IHotrirhM flucht MM Martin ;
HIRN
1556
es stürmte
duich deu schade! der speer, und spritzte blutigos hirn aus.
Stolbkrg 12, 278;
dann stosz an die mauer die schändliche stirn,
und jag eine kugel dir fluchend durchs birn!
BCrger 62^;
und stöszt sich in der raserei
am Spiegel köpf und hirn entzwei. Gellert 1,307,
der aber in der eigenen beurthcilung der diese stelle enthal-
tenden fabel s. 317 den ausdruck tadelte und hirn /lir {das doch
nur in der nicht gehobenen spräche häufigere) geliirn ^unerträg-
lich' fand, bildlich aber bezeichnet die wunde im birn einen
rausch :
trink es aus bisz auf den gründe ;
kriegst du gleich im hirn ein wunde,
hast du doch drauf gute ruh,
sie macht dir nichts mehr zu schalTen,
wann der rausch ist ausgeschlafen.
Simpt. 4, 319 Kuri.
3) hirn ist neben dem berzeu {sp. 1211) der sitz der lebetis-
krafJ, und es wird wie das letztere erfreut, erfnschl, gestärkt,
namentlich durch den geruch :
mich dünkt (runst, ehre, macht, gemach und pute bissen,
die stärken ihm das hirn, nicht aber das gewissen.
LOGAU 1, 113,75;
und dasz, mit holder süszigkeit,
ein wenig säurliches und bittres sich verbinden
in solchem grad, der herz und hirn erfreut.
Hrockes 1,17;
aus denen ein gewürzter myrrhenrauch . .
unsichtbar aufwärts steigt, und hirn und haupt erfrischet. 84;
mit diesem balsamduft, der aus ilir (der erdbeere) quillet,
wird unser hira erquickt, gestärkt, erfüllet. 98;
wovon (vom frischen heu) die frische süszigkeit
ihm nase, hirn und herz erfreut. 180;
dein lieblicher geruch erfüllt mir hirn und brüst
mit balsam-dünstendeu vergnügungs-schwangern geistern. 333.
CS wird bemüht, so dasz seine kraft sich schwächt:
so will ich nu die ruh nicht fliehen
noch mit der sorgen schweren macht
fürhin mein hirn und herz bemühen.
Weckuerlin 13 (nach ps. 4, S).
4) nametitlich aber als sitz der denkkraft wird birn hingestellt :
von dem allen sagt Paulus nichts, und die Widersacher er-
tichten es doch aus irem hirne. Luther 6,403'; und, wie ich
hör, werden mehr zu dem doctorat umb der geschicklichkeit
willen die im beutel denn im hirn steckt, zugelassen. Kirch-
hof wendunm. 125*; dann das hirn ist den gelehrten ohne das
immer voll lustiger sachcn. Phil. Lugd. 4, 183; so vermehrten
sich meine grillen und dauben, die der fürwitz in meinem
hirn ausheckte. Simpl. 3, 13 Kurz, das kommt nicht aus seinem
hirn, hoc non ejus est inventum, non sui ingenü partus est.
Frisch 1, 455'. so in mancherlei festen Wendungen.
a) der kluge, verständige hat hirn im köpfe : wer andersz
hirn im köpfe habe. Kirchhof wendunm. 289'; nun weisz ich
dasz du auch noch hirn in deinem köpfe hast, das bMigte
frauenz. 79;
weiber reich von hirne,
weiher schön von stirna
Überwegen (überwiegen) lasten
aller vollen kästen. Logau 3,159,22.
der gedankenlose, dumme hat wenig birn, kein hirn : wer aber
geld genug hat, und hnl eine nuszschale vol hirn im köpfe,
und ein wenig herz im leibe . der ist rapabel gnug ein
obrister zu sein. Schüppius 113; halte den frauen, als einem
schwachen Werkzeug, welche ein schwaches hirn haben, etwas
zu gut. 263;
weil ihr him gedankenleer. Pl4TEn 250.
dem geistig nicht gesunden ist das hirn gesunken : er hat vil
bummeln, mucken, tauben, meusz, meusznester, oder grillen
im kupf. also sagt man, wann einem das birn sinkt, er ist
bescngl, besteubt, er ist halb und halb, ein sellzamer grillen
meyr, das hirn ligt im nil recht, . . es schwindl inis birn.
Krank sprichw. 2, 40' ;
hört ein spil hie von uns narni,
die in ir puUchafl sein ertrunken,
und In das hieni ist hin gesunken, fattn. rp. 2.S8, 7;
frau V«nuk, xo wellot ntmian,
wie die siiit in ihr lieb ertrunken,
do Ton da* hirn in irti gosunkon,
dardurcb sie worden «int rn Ihoren. 283, 16.
neun- heisst es das hirn isi >(<rrUckt, er ist im birn verrückt,
vgl. unten birnverrücki ; das birn ist überspannt.'
1557 HIRN — HIRNABGÄNGE
wollt ihr denn
ihr ohnedem schon überspanntes hirn
durch solcherlei subtilitäten ganz
zersprengen? Lessisg 2, 200;
er hat wasser im hirn : und wenn dich der wanderer so hin
und her fliegen sieht im winde {am galgen) — der musz auch
kein wasser im hirn gehabt haben, brummt er in den hart,
und seufzt über die elenden zeiten. Schiller räuber l, 2.
b) etwas steigt zu hirne, will nicht ins hirn : sie sprechen
zu Thoma : wir haben den herrn gesehen ! das will ihm nicht
ins hirn. Otho 1126; wunderseltzame dauben und kauder-
welsche grillen stiegen mir damals ins hirn. Simpl. 1,19 Kurz;
kein wunder jetzo, wenn ein deutscher mann,
dem sonst so hohes nie zu hirne stieg,
sich, heimlich forschend, mit den hucken masz.
Uhla?id Ernst v. Schuab. 64.
etwas steckt im hirne : mein hertz Stack voll angst und forcht,
... das hirn toII närrischer einbildung. Simpl. l, 25 Kur:.
c) so steht öfter hirn gleichbedeutend vfÜ verstand {vgl. auch
hirnlos):
si hete ein so wise hirn,
ü; dem ir wort so clüge giengea.
genet. 2, 164" Dietner ;
aber der wanwitzig mensch hat nit sovil hirns, salz und witz.
Fbahk uellb., vorrede;
klug an hirne,
schön an stirne,
bringt den mann
hoch hinan. Logad 2, 181, 18 ;
Sil/, was hdr ich, Haß? neidisch? du? AI Hafi. kann sein!
kann sein! ich hätt ihr hirn wohl lieber selbst;
war lieber selbst so gut, als sie. Lsssi^^e 2,234;
müszt ihr euch an die metaphysik machen!
da seht dasz ihr tiefsinnig faszt,
was in des menschen hirn nicht paszt,
für was drein geht und nicht drein geht,
ein prächtig wort zu diensten steht. Göthe 12,96;
das htm spinnt, vie sonst gedanken gesponnen leerden, vgl. hirn-
gespinnst: aus seinem hirn spinnen. Schottel 1119';
was Übels sein hirn kann erspinnen. Wecshbrlim 24;
es hat grillen, hummeln {vgl. hirnhummel):
im hirn da het er grillen. Uhlamd voUssl. 654;
hirn und herz drücken gemüt und gedanken des menschen aus:
noch ist sein böses hirn und herz
auch so verwegen und vermessen. Weckherlin 38 ;
hirn steht auch gleichbedeutend mit meinung:
ich bin auch ganz und gar deins gemüts,
deines hims hab ich ein kübel toII. Bikx ehespiegel 42.
5) hirn für person mit rücksicht auf ihren verstand {vgl. herz,
köpf in ähnlicher anuxndung): eitern, welche selbsten wie
das tumme vieh in den tag hinein leben, derohalben auch
ihre kinder solche tumme und wilde hirne, oder viehische
menschen, und halbklötzer, werden, baurenst. lasterpr. nn;
Pomponius, der freien geister held . . .
Paris ziert selbst sein haupt, weil eine mindre stadi
nicht kunst noch puder gnug für kluge birner hat.
Halleü (1768) s. \ 10.
6) hirn für hiruschale : gestirn am haupt, vulg. am hirn,
^ronj, sinciput. voc. ine. theut. gS';
stähel und ei^en wart nie so hart,
ich schluoch durch hiern und durch part
und tiefe wunden durch sein pain. fastn. sp. 446,34;
vergl. auch unten hirnhaube. In der üstreichischen volksaprache
beieichiitt bim die stirne, wie schon bei Sücbeswirt:
ir brawne bra gestrichen
mit einem pemsel warn dar,
Ir hiern weij und wol gevar. 25,206;
dain antlütz smirst du vrfi und spat,
dein hirn glitzern {glitzert, glämi). 40,55.
1) hirn in fluchendem ausrufe:
botx hirn, botz angst, was wil dort wern :
ich sehe weit, berg und felsz von fem
erdbidmen. mdekcnkr. 3, 377.
S) hirn, die seile eines breites, «o die hulzfädeu (Jahrringe)
quer durchschnitten sind: über oder vor hirn slgen, hauen.
Jacübsson 2, 624*. vgl. hirnende.
HIRNAßG.\NGE, m. plur., was dem hirne, verstände abfallt,
geringe verstandesleistungen {vgl. abgang am ende theil 1 «p. 43) :
wie die katholiken schon Jahrhunderte lang mit der milch
der Maria haudelo, so kaoost du es mit deioer diote wenig-
HIRNADER — lURNGEBURT
1558
stens etliche jahrzehende, oder kannst mit deinen hirnab-
gängen . . wol gar dein lebelan? handeln. J. Fall grönl. proc.
1,22.
HIRNADEB, f: nenras, sennader, oder himader die wn
dem hirn kumpt. GeRSDORF feldb. d. «undarzn. 98 ; dimin. him-
äderlein : nenus das ist senne oder hirnäderlein. 2.
HIRNB.\LKE.\, m. das obere Verbindungsstück der beiden hälften
des groszhirns, auch grosze hirnbrücke, hirnschwiele.
HIRNBECKEN, n. himschale: calvaria ein hirnbecken DiEr.9l'.
HIRNBETÄÜBT, part. : den grillengirigen zeitbetriegern, ver-
stockten, hirnbedäubten naturzwängern. Fischart yroszm. titel
(gens estourdis et musars de nature Rabelais).
HIRN'BLASE, f taenia cerebralis, eine bandwurmart, die sieh
im hirnmark drehender und springender schafe findet. Nemnici
4, 1416. dem analomen aber sind hirnblasen die ersten anlagen
des gehirns der säugethiere und der vügel.
HIRNBLATT, n.: himblat do mit d; hirn umbgeben ist,
meniga, mirago idem, et dicitur pellicula circumdans cerebrttm.
voc. ine. theut. k 2*. — dimin. hirnblStlein, cerefai membranula»
Stieles 187.
HIRNBOHRER, m. instrument zum anbohren des tdtddeU,
trepan. Frisch 1, 455'.
HIRNBRECHER, m. schlechter, kopfschmerzen verursachender
wein. Jacobssos 6, 83'. auch von starkem, leicht berauschenden
bier oder wein gebraucht. Stieler 230.
HIRNBRUCH, m. kernia cerebri.
HIRNBRÜCKE, f was hirnbalken.
HIRNBRÜNSTIG, adj.: wann es sich begab, das er zor-
nig, rasend, hirnbrUnstig, treckaufstöszig, unsinnig, grinunig,
schreiend, weinend, wütend und teufeliscb ward. Garg. lu'.
HIRNBRÜTEN, n. Wahnsinn, stiller imAimiin (Adeldnc) ; um-
deutung des sp. 1457 aufgeführten hionebritten. dazu das adj.
himbrütig.
HIRNCHEN, fl. 1) spöttisch oder verächtUch verkleinernd für
hirn :
liebe damen!
diese federn, die ihr traget,
fliegen freilich ; doch ihr flieget
mit dem himchen weiter um. Göthi 47, 100.
2) auch das kleine gehirn, cerebellum. v^. bimlein.
HIRNDRÜCKEN, n. das drücken aufs kirn : leih ihm deine
kappe zum hirndrücken, die ist von jeher eines zerbrocbencD
Schädels gewohnt. Fr. MüLLEit 2, 13.
HIRNENDE, n., nach hirn 8, das ende eines stück holxes, wo
sich die holzfäden enden, an einem abgehauenen bäum z. b. ist
es der ort, wo der bäum vom stamme abgehauen ist. Jacobssok
2, 264' : die andern schönen hölzer Amerikas, Afrikas und
Australiens, die ebenfalls roh, gehobelt, geölt und polirt, auch
am hirnende gezeigt wurden, der arbeiterfreund 1868 s. 24.
HIRNERWEICHÜNG, f eine krankheit, degenerierung der
hirnmasse.
HIRNFELL, n. meninges, involucra cerebri. Stieler 465;
maenica, maenia, hirnivel, hernevel Dief. 356'; hjTnwutigkeit
aber ist ein apostem des hyrnfells. Herr schachtafeln der ge-
JundAeJt (1533) 218. dimin. in der form hirnfehlin: die salben,
welche ettliche machen und zwischen die hirnfehlin und die
schaln legen. WCrtz pract. der wundarzn. 88. vgl. fehle.
HIRNFERTIG, adj. mit schnell bereitem verstände: sondern
auch so vil, himfertiger weis«, ersehen, wie alle diese hohe
küDSte und Wissenschaften . . einem jeden fantasten unver-
merkter weise einzugieszen. Philander l. 64.
HIRNFUTTERÄL, n. derb für köpf:
weh deinem hirnfuttral; es müszte bersten,
und Wahnsinn würde gucken au:i den ritzen.
H. Ubi!«! 16, 110.
HIRNGEBÄüDE, n. etwas im hirn, mä den gedanken auf-
gebautes: speculatio, ein untaugliches hirngebäude. Bacmcartsn
metaphysic^l (1763) s. 252.
HIRN GEBURT, f was das hirn, die gedanken geboren, der
reellen existenz entbehrend: eine philosophische himgeburt.
Ka5t 3, 95 ; von dieser {heldenliebe) wuszten sie {die Griechen)
eben so wenig als von der weinerlich-kümischen, der aben-
teuerlichen himgeburt einiger neueren weiblichen skribeDten.
WiELAiiD 2,278(237); warens nicht die mönche, die ..jenen
meisterstücken der alten dichter und weisen, welche sie den
leuten auf alle mögliche art aus den banden rissen, ihre
eignen missgeschaffnen hirngeburten zu tinterschiebeo {track-
leUn)f 15, 314(2&5); HöUenbreugel, {der) . . durch das über-
98*
J 559 HIRNGESPENST — HIRNGESPINNST
HIRNGEWÖLBE — HIRNLEIDEN 1 560
aatürliche und widersinnige seiner hirngeburten blosz ge-
lächler, ekel und erstaunen über die kiihnheit seiner Unge-
heuern sch(>j)fnngen erwecken will. 30,568; schade, dasz dieser
sich die vermeinten bedingungen, die hirngeburt eines der
elendesten annalisten, hat aufbinden lassen. Niebüiir 2,279;
in dieser hirngeburt eines verständigen inanues (einem lomiuie).
GöTHE 33,223;
menschheit, arme menschheil, deine lehren,
alle deine weisen wissen nichts,
Qattern, ihrer hirngeburt Verehrer,
gleich iusecteu um den strahl des licbts. Skume ged. $. 63.
HIRNGESPENST. n. schrieben vornehmlich Kkvt und Wielaxd
umdeutend ßr das ältere und berechtigte hirngcspinnst, zum
theü neben diesem: die theologie zur Zauberlaterne von hirn-
gespenstern zu machen. Kam 4.265; a priori zu meinen, ist
an sich ungereimt und der gerade weg zu lauter hirngc-
spenstern. 7,355; bei dem narren ist es ein albernes hirn-
gespenst, welches die grimdsätze der Vernunft umkehrt.
10,12; ein hirngespcnst im wachen fiir eine wirkliche erfali-
rung halten. 14; man sieht, dasz alle ahndung (ahnung) ein
hirngespenst sei. 196; was jagt ihr gi'illen und hirngespenslern
nach? Hamann 4, S9; da er selbst gewisz zu sein wünschte,
dasz er der weit keine hirngespensler fiir Wahrheit verkaufe.
WtELAND l,xii; aber mein herz sagt mir, dasz die idee eines
solchen fürslen, die ich in diesem augenblick, wie durch eine
art von eingebung, auf einmal in meiner seele fand, kein
hirngespenst ist. 7,162; wenn also Kalos lügend eine Dulcinec
war, so war sie ein bloszes hirngespenst. 9,289; der alp, der
die madchen drückt, die berggeisler, die Wassernixen, die
feuermänner, und wer weisz wie viel andre hirngespensler.
11, 16 ; die alt hergebrachten wahnbegriffe der heidnischen
weit . . . brachten die monströsesten hirngespensler hervor.
29,51; die Aspasien, die Danaen, die Musarion, sind in der
natur; es sind keine hirngespensler. 30,522;
doch nein! sie täuschet mich nicht, die schönste der Ideen,
sie kann kein hirngespenst sein! 4,56 (n. Amad. 2,47);
den laster, angst und gram nicht allzu früh ern-ecket,
und den kein hirngespenst des aberglaubens schrecket.
Cronege 2, 111.
HIRNGESPINNST, n. was das hirn spinnt, müszig aushecM.
das wort wird hier zufriUtest aus quellen der l. hdlße des 18. ja/»7/.
nachgewiesen, nmsz aber älter sein, da die ihm zu gründe liegende
redensarl vom spinnen des hirns bereits im 17. jahrh. r,äng und
gäbe ist, vergl. hirn 4, sp. 1557. vor ein hirngespinsle, fabcl
und mährlein eines lustigen kopfs hallen. Plesse, vorrede ; und
die geistige liebe, die sich nur mit den eigenschaften der
seele galtet, ist ein hirngespinsle hochmüthiger schulweisen.
Gellebt ; diese erkenntnisz würde gar nichts, sondern die bc-
schäftigung mit einem blosen hirngespinnst sein. Kant 2, 171;
meine einbildungen als meine eigenen hirngespinnste von dem
eindrucke der sinne unterscheiden 3,80; ob nicht die an-
schauungen von räum und zeit blos selbslgeraachle hirn-
gespinnste wären. 209; das musz die Vernunft unter hirn-
gespinnslen von nalunermögen, die sich gar nicht denken
lassen, herumschweifend machen. 7, 290 ; in was für ein ge-
webe von hirngespinsten hat dich die lebhaftigkeit deiner
einbildungskraft verwickelt ! Wieland 1, 111 (94); welches doch
wohl ein beweis ist, dasz was ich über den bürgerlichen
gebrauch des zehnmonatlichen Jahres gesagt habe, kein hirn-
gespinnst ist. NiEBDUR 3,36%; eine lebendige spräche fixieren
wollen, ist ein hirngespinst. Adelung magazirt f. d. deutsche
tpraehe 1,2, 60; es gehört eine eigene gcisteswendung dazu,
um das gestalllose wirkliche in seiner eigensten art zu fassen
und es von hirngespiunsten zu unterscheiden, die sich denn
doch auch mit einer gewissen Wirklichkeit lebhaft aufdringen.
GOtbe n, 1S5 ; wenn der kenner, der licbhaber der kunst das
schöne nicht aufgeben darf, so musz der schUler der philo-
»ophie sich das ideal nicht unter die hirngespinnste verweisen
lassen. 3S, 100;
du ipricbst, es war ein träum? nein mann! ein liiragespinnst
kann nicht so tiefe spuren i^rahpn I
WiiLANO 22, 147 (Oberon 4, 4)j
iodesvan Ober sie (die iiigend) die llipplasse scherzen,
und sie als hlmgespiost verschrein. boTTta 1,394;
und dieses blut (Pota»)
wir einem hirngt«plnn«t geflossen? Schillir Karlot 5, 11;
die ■' linste,
"*' '^ ging es knapp. ROrnk» Z,W;
«■»'■ -■ ■|.^:.l^-. MIMirrkt «S. PLATII« 18t.
auch von einer person, die nur in der einbüdung lebt:
das fromme weib, das nie geschmählt,
der reiche greis, dem nichts gefehlt . . .
wo trifft man die, vielleicht im mond,
wo jedes hinigespinoste wohnt. Lkssins 1,81;
ihr halt koketterie nicht mehr als eifersucht, . .
abtreten muszte sie ihn, und an — ein hirngespinniite I
WiELAKD 4,97 (n. .lmfl(/. 3,33).
selbst als Schimpfname ßr eine leichte, luftige person : was sagt
ihr aber dazu? clarct musz ich dem jungen hirngespinst zu
trinken geben, sie sagen , er könne unser schweres hier
nicht vertragen, letzt soff er malvasier auf befehl unsers
hcrrn. Tieck 3,52.
HIRNGEWÖLBE, n. fomix, testudo, die der länge nach etwas
tief zwischen den beiden halbkugeln liegende weiszliche Substanz
des fiehirns. Neun ich 2, 1613.
HIBNGRILLE, /". name des baumldufers, cerüiia familiaris ;
vielUicIit verslümmcluiig des fremden citrinella, was einen ähn-
lichen vogcl bezeichnet, obschun beide auch im gewöhnlichen leben
auseinander gehalten werden: citriiilein und hirngrillen sind
zweierlei galtungen, doch fast einerlei färbe, grün und gelb-
licht, haben ein kurzes schnäbelein, singen schön und lieb-
lich. Hohberg 2, 6S8".
HIRNHAUBE, /. 1) die haut die die (jehirnmasse deckt : me-
ninges hirnhube, hirnhawbe Dief. 356'. s. hirnhaut.
2) kriegerische kopßedeckung {cgi. haube I, d sp. 563) : gar
wenig betten punzer an , noch vil weniger hämisch oder
hirnhauben. S. Frank Germ, chron. (153S) 7'.
HIRNHÄÜSLEiN, n. für hirnschädel, köpf: dahero «eng ich
wieder an zu gedenken, und in meinem hirnhäuselein zu
überschlagen, was ich doch immerhin anfangen solle? Simpl.
1,63 Kurz; indeme ich., sehr viel rare und notable sachen
meinem hirnhäuslein einverleibet hatte. 2,279.
HIRNHAUT, f. die haut, die die hirnmasse deckt, mhd. hirn-
hül: meninges hirnhäutlein Dief. 356*; man unterscheidet die
obere und untcrf. auch die harte und dünne hirnhaut, dura
und pia maier.
HIRNHALTBRIJCH, m. Imnbruch.
HIRNHÖHLE. /"., plur. -höhlen, ventriculi cerebri.
HIRNHOLZ, u. holz das über hirn {sp. 1557) gehauen ist.
HIRNHL.MMEL, /". hummel des hirns, bild ßir närrische phan-
tastische gedanken: heben dann endlich die hirnhummeln gar
völlig zu schwärmen an. Simpl. 1 (1713) s. 271.
HIRNKAMMER, plur. -KAMMERN, ventriculi cerebri.
HIRNKÄPPLEIN , ;i. eine frauenzimmerhaube zu Augsburg,
im Sommer gelragen. Jacobsson 6, 83'.
HIRNKASTEN, m. kästen des gehims {vgl. kästen 7, th. 5,267),
köpf: dasz der junge, ohne die logik gelernt zu haben, mehr
lofik in seinem hirnkasten halle, als er meint. Wieland
8,52; wofern sie selbige {wahrheit) nicht ungebraucht iu
ihrem hirnkasten verschimmeln lassen wollten. 220; die logik
bringt licht und Ordnung in den hirnkasten. Siegfried von
Lindenberg 2, 56 ; durch, oder ich stosze euch allen die hirn-
kasten entzwei. Fr. MI^ller 3,198; willst du dein niaui
halten? willst das Violoncello am hirnkasten wissen? Schil-
ler kab. u. liebe 1,2; wie sie zitiert, die inemme! du soll-
test gütl danken, menime, dasz du zum ersten male etwa»
in deinen hirnkasten kriegst ! 4, 3.
HIRNKERN, m. callosum corpus, ein länglicher, aus dichten
markigen fasern zusammengesetzter, weLszer körper, der die beiden
hirnkammern bedeckt und sie zu vereinigen scheint. Nemnich.
HIRNKIND, n. bildlich, erzrugnis des hirns, poetisches oder
künstlerisches werk: sie sitzt und brütet über ihren hirn-
kindern. La Roche bei Merck briefs. 1.3C5.
HIRNKLAPPE, f., plur. -klappen, klappenartige nervenverei-
nigungen am gehirn.
HIRNKNOTEN, m. die starke obere außrtibung am miUW-
hirne, welche die hauptverbindung de.<tselben mit dem kleinen hirn
bildet.
HIRNKORALLE, f. madrepnra labi/rinthwa. Nbxmim i--
HIRNKRANK, adj. am hirne krank, geisteskrank.
HIRNKHANKMEIT, f
HIRNKRAUT, n. name der ruphrasia officincJit, augenirotl,
und des ocymum basilicum. basilienkraut.
IHRNKtCHLElN, n. backwerk da» mü dem hirn von thieren
gebacken oder bestrichen ist. Frisch 1,455'.
HIRNKUGEL, f ßr köpf: wer die einhildung heget, n.iie
hirnkugel sei das primuin mobile. BrTSciikV Palm :^'^.
HIRNLEIPEN, -i leiden, kr,inkheil des hirm.
1561
HIRNLEIN— HIRNSCHALE
HmNSCHALL — HIRNVERRÜCKEM) 1562
HIRNLELN, n. cerebelium, das kleine hirn oder der kintere
theil des gehirns. Nemmch 2,953; das hirnelin, hirnle, cere-
belium. Maaler 226*.
UIRNLEISTE, f. bei den tischlern eine leide, die über zwei
zusammengesetzte bretler an einer seite in eine nitlhe eingeschoben
wird, damit sich das zusammengesetzte holz j nicht werfe, den
namen ßhrt sie davon, weil sie über die fasern des holzes, neben
dem kirn oder himende, quer über geht. Jacobssoh 2, l&l*. auch
hornleiste.
HIRNLOS, adj. ohne Äim, verstandeslos, schon mhd. hiern-
16s if6. 1, 691'; rof/ia hirnloser, hirnlosz o. dorecht Dief. 4S2';
die art, mit welcher diese hirnlosen buhler stündlich um
sie herum faseln. Rabener sat. 4,157; hirnlose nachahmer.
GOTTEB 1, TU ;
du bist erfahren, weise, scheinst uns gut gesinnt,
obschon verkennend hirnlos diese schaar dich traf.
GöTHi 41, 199.
HIRN'LOSIGKEIT, f. stupiditas, Stupor, amenlia.
HIRNMARK, n. medulla cerebri.
HIRNMASZ, n. masz das der verstand anwertdet: es kan
nichts schändlichers sein, als wenn wir uns unterstehen,
etwas an einem andern zu strafen, dessen wir uns selbst
schuldig finden: und soll deijenige noch gebohren werden,
der alle fehler aus eigenem äugen- und hirnmasze richten
könne. Bütschkt Patmos 108.
HIRNMASSE, f. die eigentliche masse des gekirns, im gegen'
satze zu ihrer Umhüllung.
HIRNMÜCKE, f. mucke im htm, bUd für toüheit. rgl. hirn-
hummel:
wan auch zur heiszeo sommeneit,
begrilit mit hirnenmücken,
die bock in stolzem Stirnenstreit
mit köpfen sammen rücken. Spee trutzn. 209^
HIRNNERVEN, m. plur. zwölf paare ton nerven, welche vom
gehirne aus- und zu verschiedenen abtheilunqen des körpers gehen.
HIRNOL, n. oleum cerebri. Stieler 13S1.
HIRNPFANNE, f. hirnschädel : cranium hirnepanne Dief. 155".
HIRNRAD, n. nennt der müller ein groszes rad, dessen zahne
auf der kante oder dem rande des rades steckeit; auch Stirnrad.
Jacobssok 7, 4Ö6'.
HIRNREISZER, m. name für einen leidU ;» köpfe steigenden
wein; vgl. hirnbrecher. Stieler 1592. hirnreiszer, vin qui a
du montant; vin futneux ; riolant. Ro^deao 311.
HIRNROTZ. m. eine art des rotzes bei pferden.
HIRNSCHÄDEL, m. der das hirn einschlieszende thed des
Schädels; anatomen unterscheiden gesichtsschädel und hirn-
schädel. cranium ein hirnschedel Dief. IsV; calvaria hirn-
scheddel 91'; ein houbit, . . deme was der hirnschedel ge-
spalden mit eime swerte. d. myst. 1,224,13; ich ärgre mich,
dasz ich keinen stein bei der band bähe ; damit ich dem
verdammten kerl . . den hirnschädel zerschmeiszen könnte.
Lessing 3,56; weno er bei völliger Überlegung einem un-
schuldigen den hirnschädel einscbmisz. Moser patr. phant.
1,257 noie. Als fem.: an welchem sich die hirnschedel umb-
treit. Thcrneiszer von probier, der harnen 39. vgl. scbädel
und unten hirnscheitel.
HIRNSCH.\LE, f. l) schale in der das htm geborgen ist,
oberer theil des schädels: ahd. hirniscala, hirnescala, hirnscale
cerebella,- cerveUa (Graff 6,474); mhd. hirneschal; calvaria
hirnschal Dief. 91'; cranium hirnschal, hyernschaln, hiren-
scbal 155'; hirnschal, cerebelium aut cerellum, caruella idem.
toc. ine. theut. k2'; die hirnschal, cranos sire cranium, testa
capitis, calvaria. Maaler 226'; des menschen hirnschal ist
au? hertem pain gemacht, dar inn sint vil naet und aller-
maist in der manne himschal. .Megenberc 4, 14 ; könig Al-
bowin . . der ausz seines schwähers hirnschal ein trink-
schal macht. Garg. 234'; ist es aber sache, dasz die hirn-
schale ganz durch wäre. Agricola neue feldschererkunst (1701)
s. 32; dasz einem verwundeten die hirnschale nicht aliein
entzwei wäre, sondern es hätten sich auch spreiszen ab-
geschlagen. 42; {Ferdinand zum gericht.<idiener :) wag es sie an-
zurühren, wer nicht auch die hirnschale an die gerichte
venniethet hat. Schiller kab. u. liebe 2,7; das gehirn bleibt
immer der grund und daher das hauptaugenmerk, da es sich
nicht nach der hirnschale, sondern diese nach jenem zu
richten hat. Göthe31, 205. Auch als plurale, die hirnschalen,
mit rückzieht auf die durch die hauptnaht verbundenen hälßen
einer solchen: weil mir aber . . als einem gar jungen und
kleinen kinde die hirnschalen noch nicht recht zusammen
gewachsen waren. Hans Üaweris historien .35 ; noch ärger »eiu
sie {die wunden), wann die hirnschalen zerspalten, die hirn-
häutlein oder das gehirne wohl gar verletzt. Agricola fM-
sehererkunst -29.
2) h\rüschBi\e, eine galtung der Seeigel, echinusspatangus. Nemxich.
HIKNSCHALL, m. papaver rhoeas, die klatschrose. Nemsich 4, S.iO.
HIRNSCHEITEL, m. ßr hirnschädel : cranium hirnscheydel
Dief. 155* ; .\lboinus hat diesen herrlichen sieg damit ver-
derbet, dasz er des erschlagenen königs Chunimunds hirn-
scheitel zu einem trinkgesehirr . . machete. Micbälics alt.
Pomm. 1, 91 ;
ich finde meistens nichts vor mir,
als ganz entfleischete gerippe!
hirnscheitel «onder haar und zier,
antlitzer sonder nasz und lippe.
A. Grtphigs 1696 2, 13.
*. Scheitel und schädel.
HIRNSCHELLIG, adj. toll im hirn, nicht bei verstand: capi-
tosus, eerebrosus, eigenköpfisch, hirnschellig. Albercs; sie die
also himtobig und schellhörnig und hirnschöllig von wein
rasen. Garg. 3'; Hercules {sei) ein hirnschälliger Wüterich.
Simfd. 1,266 Kurz; also lag ich ein paar tage dort, dasz ich
nichts von mir selber wüste, sondern wie ein bimschelliger
fabelte. 378.
HIRNSCHENKEL, m. starke nercenfaserzüge, welche Verbin-
dungen darstellen zufischen dem rückenmarke, dem kleinhime und
dem groszen hirtie.
HIRNSCHLEIFER, m. der den veräand schleift, schärft, tUel
eines octavbandes des \;. jahrh., vergl. Gödeke grundrisz 1,430:
ich gehorsamete wie biilich, weil es eben ein ruhetag war,
und läse Interim vor die lange weil den hirnscUeifer. Simpl.
3 (1685) 849.
HIRNSCHNALLE, f. geschwinder schlag an den köpf:
darmit (mit der streitaM) ir manchem ein biemschnallen
gabt, dasz er an den ruck rauszt fallen. H. Sachs 3. 2, 155*.
vergl. das folgende.
HIRNSCHNELLER, m. geschwinder schlag an den köpf; nasen-
düber. Scheller deutsch-lat. handlex. (1796) 739. bei Adelc.xg
die hirnschnelle.
HIRNSCHWEINIG, adj. mit schwindendem htm: toub, hör-
losz, blind, hirnschweinig, stum. Thurxeiszer quinta essentia 71.
HIRNSCHWIELE, f., was himbalken.
HIRNSCHWINDEN, n. schwinden des gekirns: für das hirn-
schwinden. Secter rossarzn. 34S.
HIRNSCHWINDEND, part. : den besessenen, tauben, stum-
men, hirnschwindenden. Thürneiszer von wassern 82.
HIRNSIECH, adj. : hirosiech, vom hirne krank sein, e»e-
bro laborare. Maaler 226'.
HIRNSTEIN, m. l) calculus cerebri, ein stein der im gehirn
erzeugt wird. Ne3i>ich 1, 754.
2) name der madrepora labyrintkica, sonst himkoralle.
HIRNSTOSZERLEIN, n. ßr den viereckichten jesuiienhut :
nun mein hirnstoserlein, stos hin.
Fischart jesuiterhäü. 1043 (dicht. 2, 268 Kurt).
HIRNSUCHT, f. krankheit des gehirns, mhd. hirnsucht : /resejis
hirnsucht, hernsucbl Dief. 247"; letargia hirnsucht 325'.
HIRNSLCHTIG, adj. mit krankem hirn: liirnsuchtiger, le-
tamgs i freneticus. voc. ine. theut. k2*.
HIRNTAFEL, f. das hirn unter dem bilde einer Schreibtafel:
ich will mir diese lection mit goldnea Ziffern auf meine
hirntafel schreiben. Schiller räuber 2, 3.
HIRNTHEIL, m. theil des schädels der das him einschlies:t :
der schädel ist fast vierseitig, der hirntheil klein. Breux
illuslr. thierleben 2, 706.
HIRNTOBIG, adj. mü tobendem him, tobsüchtig: sie die also
hirntobig und schellhörnig und hirnschöllig von wein rasen.
Garg. 3*.
HIRNTOBIGKEIT, /". ." wider frenesim, i. hyrnwüluag, oder
hyrndobigkeit. Gersdorf feldb. d. wundarzn. 17.
HIRNLNSINNIG, adj. : freneticus hirunsinnig {so) Biet. 847*.
HIRNVERBRANNT, part. ron neueren dem franz. cerveau
bruU (LiTTRE 1,533') nachgebildet:
die tollsten
Fabeleien in legenden
frommer hirnverbrannter raöncbe.
11. Btvfz supplementband t. 78.
HIRNVERRLCKEND, part.:
was musz ich hören, feldherml haltet einl
wa» für ein hlmverrückender planet
▼erwirrt euch aHo die gesunden sinne?
SciniER jurngfra» t, t.
1563
HTRNVERRÜCKT— HIRSCH
mRSCH
1564
HIRNVERRÜCKT, part. :
dankt mirs. Fninrosen,
dasE ich den kcanken stamm mit reinem i^tig
veredle, euch howahre vor dem misz-
geborncn sohii des iiiriiveriückten vaters !
ScHTLLKR Jungfrau l, S.
HlRNWANDELlNG, f. betdubung des Verstandes: oder gar
eine hirnwandehing veraiuthel hatte. Felsenb. 2,241.
HIRNWEHE, '1. pArenj/w, scofoma. Stieleb 2458; allgemein
krankhaftes gefühl im köpfe:
der (Rheinwein) ist die wahre panace,
der ist für alles gut;
er heilet hirn- und magenweh,
und was er weiter thut. Höltt 190 Halm.
HIRNWINDUNG, f., plur. -Windungen, umiste von gehiin-
substani, trelehe an der ober/lache des gesammten gekirnt gewunden
verlaufen.
HIRNWUND. adj. im hirn und an der hirnschale wund.
HIRNWTNDE, /. wunde des hims und der hirnschale. Stie-
LER 13S8.
HIRNWURST, f. eine ort feiner wursl, deren hau0ieil da.s
gehim des schwemes bildet.
HIRNWUTH, f. lobender Wahnsinn, (o6sucA/, raserei: oin to-
taler raptus, eine art hirnwuth. Brentano die lust. musi-
kanten s. 21.
HIRNWÜTHEND, part..- der unsinnig wutteude, walt-
«chellig, hirnwütende rüde {kund). Keisersbebg bilg. 142':
die hirnwütenden damit {mit einem kraut) gespeiset und ge-
trankt, bringt sie wieder zu ruhen. Tabernaem. 964.
HIRNWÜTHIG, adj. Uybsüchtig: freneticus, hierenwuetig,
hirenbutig, hirnwutiger Dief. 247"; hirnwütig cerebrosus Maa-
LER 226' ; als krankheit der menschen : (granatäpfel sind) den
siechen guot, die von hitziger materi siech sint, und von
der eolera, die hitzig laut habend, himwüetig. Megenberc
329,21; der sSnger und pfeifer und kastraten und hirn-
wQthigen weiber {yvirnixes (pqevoßXaßeBs) war keine zahl.
WiBLAND 8,214; der thiere: hirnwüetig als pferdekrankheit
SEtrrER rossarin. 74. 75; hirnwütiger tauber ochsz cerebrosus
bos Maaler 226".
HIRNWl'THIGKEIT. f.: hirawütigkeit , gro.sze und ein-
brünstige begird, aestus .Maaler 226'; hyrnwutigkeit aber ist
ein apostem des hymfells und hat ein mitleiden mit dem
hym und den nerven die darin seind. schachtafeln der ge-
sundh. deutsch v. Herr (1533) 218; wenn sich ein mönsch
also haltet in seinem gebett . . so fallet er nit leichtiklichen
in hirnwütikeit, würt auch nit fantästig. Keisersberc eschengr.
b 6' ; der saft des haarstranges ist vast nutz wider die schaf-
sucht, hirnwütigkeit, Schwindel. Tabernaem. 165.
HIRNWCTHUNG, f.: wider frenesim i. hirnwütung. Gers-
DOBF feldb. d. utindarzn. 17.
HIRSCH, m. eervus. anfr. hirot, nl. hert, herte, hirt (Ki-
iiA!«), nicderd. ebenso; ags. heorot, hiorot, engl, hart; alln.
hiCrtr, dän. schwed. hjnrt ; ahd. hini^, hire?, hir;, mhd. hir;
und später hirz. Von den urierwandten Wörtern entspricht dem
ahd. hiru; am allernächsten der griech. stamm xeoar- nom.
xt'^ae, das geweih bezeichnend, u'dhrend das ahd. wort der\
triger des geweihs ausdrüclU. lat. cer-vus ist nur in der wur-
lel verwandt, nicht im suffixe, ebenso wie lat. cor-nu auf die-
selbe wursel iuritckfährt, vgl. unten hörn.
Üas weiche sehliesxende i des wortes, das für die mhd. zeit
durch den reim gesichert ist:
ir jelit ouch de.s, da^ ActäAn
vor ilaen hund«n wurde ein hin;.
ad wisset da;, geloubet ir; . . . Bart. 256, 19;
wrMWK $i(h »pdter theäs, vornehmlieh doch niiht ausschlies:lich
in den eigentlich oberdeutschen gegenden, zu z, so dasz die for-
men hirz, herz außauchen : eervus hirtz, liirtze, hertz, hertzf
Dier. 115'; hirtz rerruj. voc. ine. theut. k2'; \utU neben hirst h
ureus Maaler 226', die entere form ist die ihm geläufige und
noch jelU gewöhnliche alemannische, die letztere entnahm er dei
tekrifttprache ; hirlz Alb. Xx3*; Erasmus ist wol ein geirrter
man, aber er war all zu blOd, ich aber hab ein hertz wie
ein birtz. widder Witzeln L5': hül dich vor der brunst, du-^
dich kein birtz *\on. ViacHhnt grotzm.'ü»; damhirtz bei Lu-
ctm. 1S0; ich «ib den hin/ «pringen au.«z dem waid. Garg.
W'; darumb wird zu Slr;i»zburg im mön^ter, an einer seulen
am eher im capital Aex rnmi^^cb ahg(/t«dien<it mit bücken und
bocktbOroern und mit birlzcn und Lirtzgeweiheii. hildung«-
wein. aufgebaueu. bttntnk. 200*; dau wiit der lam (lahm)
■wie ein hirtz springen. Reiszner Jerus. 1,223"; an dem ge-
schmack nit ungleich dem fleisch der hirtzcn. Forer fischb.
92'; theils geht der schlieszende consonant des wortes in s über:
eervus birsz, hierss DrEf. nov. gloss. S7* (15. jakrh.) ; da; man
in den wäldcrn fand vil hirs und binden {todt liegen),
d. stddtechron. 4. 4;!. 10; ein hirsz fordert an ein schaf ein
gros mesz korns. Steinhöwel 3S' (1555); der hirsz nam die
flucht. Zimm. chron. 4,237,35; hirs braucht Luther gewöhn-
lich, in der bihel durchaus überwiegend, auch sonst: eine kue.
pferd, hirs. 4,16*; da sie nu einen hirs gefangen . , hatten.
5, 27t' ; von ihr aus entwickelt sich die verbreiterte form hn-sch,
die sich schon aus dem 14. jahrh. (hirschgewlge spica eeltiea
HoFFMANNS fundgr. 1, 376 aus einer mediz. handschriß) nach-
weisen Idszt, wenn hier eine richtige altersbeslimmung vorliegt,
die sonst aber im 15., t7ieAr im 16. 'jaJirh. aufkommt: eervus
hirsch Dief. 115' [aus d. voc. ex quo von t4S2; vgl. unten die
adjectivform hirschin aus den Nürnberger polizeiordnungen des
\ö. jahrh.); sie jagten den hirsch. Zimm. chron. 2,178,20;
er traff den hirsch. Acr. spr. (1560) 322'; bei Luther noch
sehen, z. b. er hat meine füsz vergleicht den hirsschen.
2 Sam. 22, 34 nach den lesarten v. 1524 und 1527 (s. Bindseils
bibel 2, 225) ; sie verdrängt in der 2. hälße des 16. jahrh. die
vorher angegebenen formen, die alsdann nur noch als versteinerte
in eigennamen {wie Hirzel, Herzberg, Hirzhach, Hirsau vergl.
auch hirsendorn unter hirschdorn), oder auch bis auf beute
lebendig in den mundarten dauern : hirz und herz in Hessen
Vilmar 171 ; in Siebenbärgen hirz und hirz. Fromm. 4, 409, 55 ;
bair. hirsz, hirz Schm. 1,1166,1171 Fromm.; schwäb. hirz
SCHMI!) 280.
Neben dei- starken form begegnet ahd. noch nicht, wol aber
mhd. auch die schwache der hirge:
er vant al bluotec ir slä,
als ein hirje wa»re erscho^^en da. Parz. 507, 26 ;
welche sich, wie wol seltener, neben der andern , bis auf unsere
zelten behauptet: eervus hirtze, hertze Dief. 115'; so kumpl
er uff ein spur eines hirtzen und verloszt den hasen, und
ylet dem hirtzen noch. Keisersberc bilg. 54'" ; hastu gemerkt,
wenn die hirsschen schwanger geben? Hiob 39,1; sei gleich
einem rehe oder jungen hirssen. hohel. 8,14; da die hunde
einen frischen birschen verfolgeten. Michälius alt. Pomm.
3,465; welchem er diesen birschen brachte. Jucundiss. 184;
eines birschen. Claudius 3,93; durch Verwundung eines
lieblingshirschen des kOnigs. Niebuiir 1,214; die schlänge
Mimia, . . eh sie einen birschen verschluckt. J. Paul frieden-
pred. 34;
ich hab erfahren auf disen tag,
dasz Wolfdietrich in disem hag
birschen zu jagen willens sei.
HO hab ich durch mein Zauberei
ein grosen birschen zugericht,
der sich durchausz lest fangen nicht.
J. Atrer 215* (1073, 11 Keller);
hastu nicht vor einen birschen eine nyrfiphe dir erjagt?
Hoffmannswaldau gelr. scMfer 50.
Schweiz, in Appenzell noch hirza. Tobler 268*.
Bedeiäung.
1) hirsch, eervus, und zwar gewöhnlich der männliche hirsch,
im gegensatze zu binde oder hirschin (5. d.) : wo ein hubener
fünde einen hirtz, eine binden adir ein rech {reh). weisth.
6,390 {v. 1338); herci^ und hindin, dy ich in meinem gehege
habe. Magdeb. blume 1, 166. bei den jagern ist edel stetes
epitheton des hirsehes, nametUlich in den Jägersprüchen :
hinun, hinan gen holt,
da achleucht heut manch edler hirsch stolz.
Snii felM). M6, wo noch eine ansaht
ihnlicher tprüeke;
auch iunst :
das nüchtge ilel, das hunde, rosz und mann,
auf seini- fährte bannend, nach sich reiszt,
der edle liirxch, hat ober berg und tfaal
so weit uns irr geführt. (>uthi tt, 249.
,4(1 ihn lehnen sich eine menge technischer ausdrücke an : der
hirsch hat ein maul, haut, gehfirn oder geweih, von zwei
ütangen und vielen enden, laufte, srbaalen und gejfftere.
wenn der hir«ch durch den natürlichen gang sich erleichtert,
üu heiszt es, er hat geloset, der hirsch stehet . nimmt die
weide an oder zeucht ins gras, er aaset, zeucht vom feld
(U holz, geltet in seineu stand, sucht seine ruhe, wird ge-
spürt, durch leit-hunde aufgesucht, gefunden, bestätigt, und
verbrochen, er verfUhel, wird gejagt, fleucht, ist den bundeii
entlaufen. Über d«D uiig gefallen (wenn »r tllier d >■ lu. I.cr
1565
HIRSCH — HIRSCHBRÜL
HIRSCHBRUNST — HIRSCHGERECHT 1 566
gesprungen), wird zu holze geschossen (wenn er nemlich
nicht gleich fallt, sondern holz-ein gehet), schweiszet, giebt
ßhrte oder gemerk, tbut (nicht legt) sich nieder, wird ge-
pürscht (nicht geschossen), gefangen (nicht gestochen) und
also erlegt oder gefällt, . . aufgebrochen und zerwürkl.
oecon. lex. (i'30) 1031 ; der hirsch tritt auf die brunst, ca-
tuUt certus, der hirsch schreiet, cerrus gkcUat. Stieler S43;
ausdrücke die auch auszerhaib der jägerkreise in anicendung
kommen :
ein spieszhirsch, dem die nahe jagd
die scblaDken laufe ziuern macht,
Qieht schnell zu holz, und thut sich nieder.
HAGED0II5 2,29;
der hirsch rerändert seioen stand. 30;
es giengen drei Jäger wohl auf die birsch :
sie wollten erjagen den weiszen hirsch. Uhlano gerf. 303.
fprichwörlUch :
wohin der dieb mit dem sträng,
dahin gehört der hirsch mit dem fang. Pisiomis S,97,
d. k. iver recht hat auf die gerichtsbarkeit, hat auch das recht
der hohen jagd. Redensarten: ich möchte grade ein hirz wer-
den {dacon laufen, auszer mir kommen). Vilm.vb 171 ; eine
persou oder sache dem hirschen auf die hörn binden, sie
der gewissesten gefaJir des Verderbens aussetzen. Scum, 1, 116ti
Fromm.; dem hirschen seine hürner messen, indem man sich
streckt, die arme emporspreizen, man sayt dabei «ol: so grosz
seind dem hirschen seine hörner I das.; es heiszt gesund,
munter, frisch wie ein hirsch; kere umb, werde wie ein
rehe raeiu freund, oder wie ein junger hirsz auf den
scheidebergen, hohel. 2, 47 ;
birsche werden langsam alt. Flesing ü', 350 Lappenb.;
unter des sprangen wir (Jlökc) wie hirz
und worden bei solch sauberm gsind
verw^t, feisxt, frech und unbesinnt.
FiscB.iKT flöhh. SOO (dicht. 2, 24 Kvrz) ;
darunder (unter bäumen) etwan, sehr febuckt,
sein altvatter am stab herruckt,
wiewol er in der Jugend vor
wie ein hirtz drunter gsprungen war.
dicht. 3,311, 122;
da sing ich mir die arbeit leicht,
und spring und tanze wie ein hirsch. HöLtx 39 Halm.
2) birsch, ein tcirtshaus das im schade einen hirsch fuhrt,
und davon den namen empfängt (wirtsbaus zum hirsch, in
Siiddeulschlttnd regelmässig zum hirschen): ich hab ihm eben
das rosz drauszen angebunden, es ist los gerissen im hirsch
und sucht ihn. Hebel 2 (lSö3) s. 1S2;
nachdem das mal nun war rollend,
lait sie inn ir bstellt losament
zum hirzen die herrschafl der stat (Slraszburg),
da die gselschaft ir rhu dan bat.
Fischart glückh. schiff bll (dicht. 2, 201 Kurz).
3) hirsch, ein rind mit gerade aufwärts stehenden hörnern.
ScHM. 1, 1166 Fromm.
4) hirsch, eine käferart, cerambyx, auch bockkäfer, hobbock.
Nemxich 2, 944. in Hessen klammhirz, knippherz, auch blosz
hirz der feuerschrüter, kirschkdfer. Vilmar 171 ; dieser {lucanus
cervus) heiszt anderswo flieger, sonst auch fliegender hirsch.
Nemsich 3, 457.
5) holz, zur fertigung von instrumenlen, sowit s« mgäegßer
und dreehslerarbeit tauglich.
HIRSCHANTILOPE, f antüope bubalus.
HIRSCHAÜGE , n. als pfianzenname : cerrorio, cerviouüus
hirtzaug. Dief. 115*.
HIRSCHBAUM, m. rhus coriaria, gerberstrauch, gerberbaum.
HIRSCHBEIN, n. ein beinahe dreieckiger oder kreuifürmiger,
beinharter knorpel, der am gründe des herxns aus der zusam-
mentretung der pultadem entsteht, und nur bei ganz alten hir-
schen gefunden wird.
HIRSCHBEZOAR, m. elaphopila, pila cervina, im magen und
in den i.cddrmen der hirsche gefunden.
HIRSCHBISAM, m. eine verhärtete viatene in den trdhneu-
holen der hirsche; früher als medizin geschätzt.
HIBSCHBOCK, m. l) der männliche auxgewtcktent kirtch,
cervus elaf^us mas.
2) antilope cervicapra. auch hirscbziege.
3) zwei käferarten: cerambyx, der holzbock und lucanus cer-
vus, der Hirschkäfer.
HiRSCHBR.\LN, adj. cervinus.
HIRSCHBRÜL. m. statio cervorum circa loca a(iuosa et vir-
gultis amoena. Stieler 2ö1. eine gegend Erfurts hiesz der hirsch-
brühl. Michel«E5 Mainzer hof s. 4.
HIRSCHBRLNFT, HIRSCHBRUNST, f l) die seü dtr be-
gattung der hirsche. Jacobssün 2, 264\
2) name von scJiwämmen : hirschbrunst , fungus cervinus.
Stieler 229; hirschbrunst über der erde, phailus impudicus,
hirschbrunst unter der erde, lycoperdum cerrinum. Nehmch ;
ha ! ein dunkler, romantischer hain roll rissiger eichen,
heidenhonig und ginst und Wespennester und hirschbrunft.
Schmidt r. Wi»!1ecch1!« ge4. 121.
HIRSCHBRLNSTIG, adj.: und wann sie so häszlich wer
als die fraw Gerpina in der hüllen, noch ist sie . . vor den
hirlzbrünstigen mönchen nicht sicher. Garg. 259*.
HIRSCHBÜRSCH, HIRSCHBIRSCH, f birsch auf hirsche.
schieszzeil der hirsche: bei Jacobssos 2,264' hirschburschc.
hirschpursche.
HIRSCHDORN, m. rhamnus cathartieus, spina cerrina, auch
liirsendoru. Nes.mch 4, 1144.
HIRSCHEBER, m. sus babirussa. Nemnich 4,1409: der
hirscheber (babirusa) weicht dem menschen aus, so lange
es geht. Brehx illustr. thierl. 2, 744.
HIRSCHEN, adj. vom hirsche. mhd. hirjin: hirtzin cervinus,
Dasyp. ; auch noch bei Stieler «44 hirschin, cervinus cervariusi;
man sol auch zu ainicher hochzeit . . weder hirsebin noch
rehiu praten nit geben. Nürnb. polizeiordn. s. "8; so saszen
die frawen auf ihre zeiter, zohen hirschen hendschüech an
und ein Sperber darauf. Garg. 2S3'; salbe die schlaf mit
hirschinem mark. Hobberg 3.1,249'; welcher in der schul
fast sieben paar hirschene hosen zerrissen. Jucundiss. 52.
HIRSCHF.AHRTE. f vestigium cerri. Frisch 1,455'.
HIRSCHFÄNGER, m. Seitengewehr der jäger zum fangen,
d. h. absteciten des Hirsches : hirschfänger, parazonium Stieler
394 ; im camisol, ohne hirschfanger, ohne perrücke. Fb. Müller
2, ISO.
HUtSCHFARBE. f färbe eines hirsdies : hirtzenfarb, cervinus
ceior Maaler 226'.
HIRSCHF.\^RBE.N, adj. von der färbe des Hirsches, hirschbraun.
HIRSCHFEISTE, /"• die zeit da die hirsche am feistesten und
so am besten jagdbar sind, gegen iacobi angehend. Jacob9So>
2, 265* ; auch das einzüne jagen zu dieser zeit : (die hochzeit ward
gemacht) in ainer hirszfaiste zu Sigmaringen. Zimmer, chnm.
3, 124, 4.
HIRSCHFELL. n. corium cervinum. Stiele* 465. Beckers
weltgesch. 1.308; hirtzenfäl, nebris, cerrina pellis Maaler 226'.
HIRSCHFUSZ, HIRSCHENFUSZ, m. l) fusz eines hirsches :
der herr herr ist meine kraft, und wird meine fiisze machen
wie hirsfüsze. Habacuc 4. 19;
eine scblacht »oh jetzt betreten
Fugipus, da wolt er beten,
sprach : o gott ach mache mir,
wie dort David rühmt von dir,
hirschenfüsz und fuhr mich ehe
weil von hinnen in die höhe! Logac 1, 87. «2.
J) eine art trinkgefäsze, nach der form : die kannen, die
krQge, die humpen, die gläser klein und grosz, ja die ge-
pichte schmeeremmer, die hirsch- und rehenfüsze, die gül-
denen und silbernen pocal. engl. kom. 2, Pl.
HIRSCHGALLERTE, /". eine von hirschhorn zubereitete gallerte.
HIRSCHGARN, «. groszes gam oder netz, hei der jagd sowol
zum dupliren als zum fangen der Hirsche gebraucht. Jacobsso!»
2,265'; hirtzengarn, cjssis, rkete ferarum. roc. ine. theut. k2'.
HIRSCHGEÄSZ. n. pabiäum cervinum. Stieler 895.
HIRSCHGEFAHRT, n. fährU, spur eines Hirsches. Jacobssoh
6,83'.
HIRSCHGEHÖRN, n. Hirschgeweih, mhd. hirsgehürne: den
allerschönestcn hurszgehurnen. Zimmer, chron. 3. 159, 3S ; mit
etlichen schönen hiersz- und steinbockgehurnen. 4, 64, 23 ;
zog . . bisz in des künigs saal ; darin hiengen ob den tau-
senden hürszgehiirn. 23S, 14.
HIRSCHGELOS, n. Insung, koth des hirsches, auch hirsch-
losung.
HIRSCHGENACK, « .:
Actäon. bett ich doch bei mir einen spiecl.
Cunz. beim Veiten, ich hab ein im sack,
darin beseh dein hir^chgenack. Gilbcsivs 84.
HIRSCHGERECHT, adj. ein jägerausdrucJc : hirschgerecht
wird der jäger genannt, welcher den hirsch richtig ansprechen,
mit dem leithund gut arbeiten und mit dem zeugstelUn tüchtig
umgeben kann. v. Train l, 203 : hirschgerecht wird der jäger
genannt, welcher die hohe jagd gründlich versteht, v. Thcsgeji
300.
1 567 HIRSCHGESCHREI — HmSCHHORN
HIRSCHHORNBAUM — HIRSCHKR ALT 1 568
HIRSCHGESCHREI, n. cervi venerrus aeflus et damor. Stie-
ler 1932 ; dann auch die zeit wo der hirsch scbrfit, Jagdzeit, und
selbst das einsehie jagen zu dieser zeit: zu zeitnn hide auch
der herzog die furstin mit iiPin frawenzinimer uf die jagen
iider das hirszgesdiFai. Zimm. rhron. 2,443,36; uf cim sol-
lichen liirszgeschrai macht sich diser alt Chremes zu der
jungen witfrawen. 3, 124, 10.
HIRSCHGESTALT, n.;
0 heiiges creutz, o mutter gotts,
kompt da der teufet her gegangen
in hirschgestalt mit groszen Stangen? (es kommt Acldon).
GiLnusiis 82.
HIRSCHGEWEIH, n. l) geweih eines hirscJies, mhd. hirj-
gewige: mit hirtzen und hirtzgeweihen. bienetüc. 200', vgl. die
ganze stelle oben unter hirsch. hirscbgeweihe als atlribtäe eines
haJinreies :
ich denke: halt, jetzt ists noch zeit, o Ruprecht,
noch wachsen dir die Hirschgeweihe nicht;
hier muszt du sorgsam dir die stiru bel'ühlen,
ob dir von fern hornartie etwas keimt.
H. V. Kleist zerhr. krug, '. axtßy.
tergl. hörnerträger.
2) name der pflanze Valeriana celtica, sonst gelber speik, Marien-
Magdalenenblume : hirschgewige spica celtica Hoff>ia.>ns fundgr.
1,376' aus einer medicin. handschr. des ii. jahrh.
3) hirschgeweihkoralle, eine korallenart, madrepora damicornis.
Nemmch.
HIRSCHGRAS, n. plantago coronopifdia. Nemnich 4, 1000 in
der form hirzgras.
HIRSCHGCNSEL, m. eupatorium cannabinum, fürsckklee. Nem-
nich 2, 1541.
HIRSCHHAAR, n. l) das haar eines hirsches.
2) in Salzburg nante des borstengrases, nardus striäa.
HIRSCHHALS, «i. hals eines hirsches. bei pferden nennt man
so den hals, wenn die zunehmende rundung desselben, welche auf
dem obern scharfen theile sich befinden musz, an der kehle zu
bemerken ist.
HIRSCHHAUT, /. haut eines hirsches: wie der lithauisch
könig Wftthold . . der die leul in bärenheut vcrnehet, und
die hund an inen übet: wiewol disz slücklin auch wol ein
weidwenischer bischoff zu Salzburg mit einer hirtzhaut gekönl
hat, wann er mit den Wildschützen desz Actaeons spilet.
Gorg. 234';
das er euch so vil landts wöll geben,
so vil wie in dem walt und wiesen
ihr möchtet in ein hirschhaut bscblieszen.
Athkh 328» (1641, 24 Keller).
HIRSCHHAUTEN, adj. von hkschhaid: ob er schon in der
ersten schul auf der eselbank ein paar hirschhäutene hosen
zerrissen. Neiner tdndlmarkt 380.
HIRSCHHAUTER, m. träger einer hirschhaut : darurab meinen
etlich der krieg sei darnach auch unter die menschen er-
vracbsen von wegen der thierheut, damit sie sich auf ada-
misch kleideten, wann einer ein köstlicher haut an hett als
der ander: . . . der hirschheuter meint, ein wolfshaut geh
wtnner, und nam ein andern sein wolfshaut. also zog der
sterker den schwechcrn ausz. Garg. 194'.
HIRSCHHEIL, n. alhamanta eervaria, auch hirsehwurz, hirsch-
fftertilie. Nemmch 1, 527.
HIRSCHHERZ, HIRSCHENHERZ. n. herz eines hirsches: das
hein im hirtzenherz (der sich dort findende knorpel, rergl. oben
hirschbein). Paracelsos 1,30()R.
HIRSCHHOLDER, m. pflanzenname: von viburnum opulus,
schneeballen, und von sambucus racemosa, roter hdunder. Nen-
mcH 4, 1562. 1219.
HIRSCHHORN, n. l) pJ«r. hirschhörner, das geweilt des
htrsches; auszerhalb der spräche der jaget. Jacobsson 2,265*;
birtzenborn, cervinum cornu Maai.kr 226';
gleichwie birtzhörner, ko »Ind schön,
aber vorm jAger nicht bestehn.
I'ITHAHT didit. 2, 248. 245 Kurz.
2) dte masse detulben, in verschiedenem technischen und medi-
einischen gebrauch: inesser mit Ktbalon von hirfrhhorn ; etliche
{Würfel) waren von hirschhorn, Iciriii oben und schwer unten
gemacht. Simpl. \,\H(i Kurz; der apothrkir verkauft gebranntes
gernspelte« hirschhorn ; birtzenborn, sptidium. voc. ine. theut.
k 2', meini gebranntes; nicht doch, liebe frau «cbwagerin, ich
bah«» gernspeltes hirschhorn ; diese» wollen wir darunter thun
{unter andere medirin). es KchlSgt vortrefflich nieder. Gemrst
>,»«;
aber das mütterchen gosz in die bräunliche kann? den kaffe
aus der papierenen tute, gemengt mit klärendem hirschhorn.
Voss 1, 37 (Luiii' 1, 270).
3) pflanzenname: von cochkaria coronopus, schweinskresse.
Nemkicm 2,1094; plantago coronopifolia , groszes hirschhorn.
4, 1000.
HIRSCHHORNHAUM, m. rhus typhinum. Nemnich 4, 1158.
HIRSCHHORNFLECHTE, f liehen islandicus, das isländische
moos.
HIRSCHHORNGEIST, »?i. eine aus dem hirschhorn deslü-
lierte wässrigc und flüchtige flüssigkeit von belebender Wirkung :
die doctorin rief nun laut um hirschhorngeist. Engel 12,227.
HIRSCHHORNK.\FER, m. name zweier kdfer: des lucanit.'i
cervus, sonst hirschkäfer, und des curculio cervinus, einer korn-
wurmarl.
HIRSCHHORNÖL, n. aus hirschiwrn destiUierles Ol.
HIRSCHHORNSALZ, n. aus hirschhorn bereitetes salz.
HIRSCHHORNSCHWARZ, n. ein schwarz, was beim destü-
lieren des hirschhorns in der retorte zurückbleibt ; von den malern
verwendet. Jacobsson 6, SB*.
HIRSCHHOKNZINKEN, f plur. prosubulae. Stieler 2650.
HIRSCHIIU.ND, wi.. plur. hirschhunde, die englischen und
französischen Jagdhunde, welche zur parforcejagd gebraucht werden .
um die hirsche damit zu tode zu heizen. Jacobsson 2, 265'.
HIRSCHIN, f schon alle aber nicht jägermdszige benennung
des weiblichen hirsches: cerva hirczin Dief. nov. gloss. 87*;
als wann ein lew von grimmer an
die jungen einer hirschin zart
mit Zähnen grewlicb faszt und bebzt,
bis er sie von einander reiszt,
und zorniglich erwürgen thut,
obschon die alte hirschin gut
die jungen gereu wollt erretten.
Spreng Utas (1610) 140' ;
0 fromme hirschin. die aus dunkelm wald
von deiner gute uns gesendet ward. Tieck 2, 199;
die hirschin täglich kam das kind zu g&ugen,
sie war der Geiioveva einzger trost. 205.
HIRSCHINSCHLITT, n. sebum cervinum. Frisch 1,455'.
HIRSCHJAGD, f .jagd auf hirsche. Jacobsson 2, 265*. früher
in der form hirschengejaid: frawenzimmer gehörn uf birscheii-
gcjed und uf kein schweinhatz. Wickram trr reitend bilg. 17.
HIRSCHK.\FER, m. lucanus cervus.
HIRSCHKALD, n. das junge vom hirsch: das kalb, es sei
nun männlichen geschlechts, ein hirscbkalb, oder weiblichen,
ein wildkalb, behält diesen namen bis nach der brunft, als-
dann beiszen erstere junge hirsche, und die letitern schmal-
thierc. Heppe jagdlust 1783 1, 134.
HIRSCHKAMEL, n. camelus llama, lama. Nemnich 1, 777.
HIRSCHKASTEN, m. ein behälter worin ein hirsch lebendig
von einem ort zum andern gebracht werden kann, öconom. lex.
(1730) 1030.
HIRSCHKEULE, f keule, hinterschenkel eines hirsches. Frisch
1,4.55'.
HIRSCHKLAUE, /". klaue eines hirsches.
HIRSCHKLAMMER, lucanus cervus, hirschkäfer.
HIKSCHKLEE, m. eupatorium cannabinum.
HIRSCHKLINGE, f. name einer art messerklingen, die w
Ruhla verfertigt werden. Jacobsson 6, 87" ; wol nach dem darauf
eingeschlagenen zeichen eines hirsches.
HIRSCHKOHL, m. pulmonaria macuhita, lungerücraid.
HIRSCHKOLBEN, wi. l) das geweilt eines hirsches, wenn er
erst aufgesetzt hat. und solches noch weich und mit einer rauhen
haut oder bast überzogen ist. Jacobsson 2, 265'; die zarten hirsch-
kolbcii {als herrenessen). J. Paul leben FibeU 21.
2) hirschkoll)en heiszt auch das schön goldgelb geflammte und
zu feinen schreinerarlieiten dienende hol: des Sumahbautns, rhus
lyfhinum. Jacobüson h, sg'. vgl. oben birschhuriibaum.
HIRSCHKOPF, «I. köpf rtnes hir.sches. J.Paul irh f-'-'- >
du (ArlAnn) ha»t «in hlrsrhkopf und pewicht (>;■
und ganz nicht ein menschlich gesiclil. Gilhi
HIRSCHKRANKHEIT, f eine kraukhrü, da das pftrd auf
einigen gliedern oder auch auf dem ganzen körjtrr steif ist; auch
klemme oder mauls}>erre {wegen damit verbundenen kinnbaeken-
krampfrs) genannt. Ne<(nicii wb.
HIHSt'liKHALT, n. pflanzenname: von filago germanica, sonst
gemeines fihkraut, fndrnkraut ; von tnlanum dulramara, WUer-
tüsz, hinsrhkraut: und von plantago eoronopifolia, grosicj« hirsch-
horn oder hirschkrant. Nfmnich; rerraria, crrvioceUus, hirtt-
aug, . . hnizkraui Du i tl5*.
1569 HIRSCHKREUZ — HIRSCHRUTHE
HIBSCHSCH ALE — HIRSCHZUNGE 1570
HIRSCHRUEUZ, n. ein beinahe dreieckiger oder kreuzförmiger,
beinharter knorpel, der am gründe des herzens aus der zusammen-
tretung der pulsadern entsteht, und nur bei ganz alten hirschen
gefunden icird. Nemxicii 2, 971. vgl. oben liirscUbein.
HIRSCHRRIMM. adj.: wolt ir . . birscbkrumnic streiche
lernen? engl. komOd. 2,8 7. zu krumme strcicLc tgl. krumm
theil 5, 2450 ; das bild soll vielleicht durch erinnerung an die
kreuz- und quersprünge eines verfolgten hirsches noch anschau-
licher gemacht werden.
HIRSCHKUGEL, /". kugelförmige masse im magen «Jirf in den
geddrmen der hirsche: die baarballen, welche aus abgeleckten
haaren oder andern faserigen dingen im niagen entstehen,
so wie die birschkugeln, welche gelblich aussehen und eine
steinartige rinde haben, machen sie {die hirsche) kränklich,
verursachen sogar ihnen zuweilen den tod. v. THt^xcEs aeid-
mannspractica 10.
HIRSCHKUH, f. cerva. Nehmco 2,964: Genoveva tritt auf
im mantcl eingehüllt, die hirschkuh folgt ihr. Tieck Genoveva.
HIRSCHKÜREN, n. wol aus hirschgehürn, hirschhom verderbt:
ninib geschahen hirschküren . . . nimb hirschküren, reib es
klein wie nuel. Secter rossarzn. ISO.
HIRSCHLATTICH, m. to" Adellsg als name des hußatlichs,
tussilago farfara.
HIRSCHLAUF. -LAUFT, fusz des hirsches:
ach hält ich liirschenlüur,
und flügel, wie ein greif,
von hinnen schnell zu rennen.
L. T. ScBNDFFis miranl. ßdtt. (16S2) 13 ;
liirschläufte als speise, öcon. lex. (1730) 1036.
HIRSCHLEDER, m. leder vom hiisch. Frisch 1. 455'.
HIRSCHLEDERN, adj. : konnnl auf einmal der Schneider
herein mit rothem rock, hirschiedernen beinkleidern. Hebel
2 (1&.S3) s. 182.
HIRSCHLEIN, ti. kleiner, zierlicher hirsch:
er tbät sie höflich befrageu,
ob sie mit ihm wollte jagen
ein hirscblein oder ein reh?
tolkslied 'es giewj ein Jäger jagen ;
schönstes hirscblein über die maszen.
anfaiig eines ticdes bei IIebel 2, 1S2,
HIRSCHLING, m. claiaria coralloides, korallenschwamm.
hirschling, wilder hirschling. Ne^imcb 2. 1039. in Baiem heiszt
der essbare blätterschwamm, reizker, agaricus deliciosus, hirschling.
1, 107.
HIRSCHLOSüNG, f losung, koth des hirsches. Jacobssos 2,265*.
HIRSCHLUCHS, m. felis lynx, der gewöhnliche rotbraune luchs.
Nemmch 2, 1597.
HIRSCHLUM.MEL, m. keule eines hirsches: bug vom recli,
hirschenlummel, läramerpralen. Garg. 53*.
HIRSCHMA.NGOLD , m. pulmonaria maculata, officinelles
lungenkraut. Nemmch 4, 10S8.
HIRSCHMANN, m. männlicher hirsch:
du wünschest dir im wald dem hirschmann nachzusetzen.
Karscuin auserli'S. geii. (1764) 27S.
HIRSCHMELDE, f. impatiens noli-tangere, springkraul. Nem-
mch 3,224.
HIRSCHMETZELEI, f: damit er zum bcispiel das grau-
same vergnügen einer hirsch- und schwcine-melzelei schmecke.
K.MGGE umg. m. m. 3. 159.
HIRSCHMINZE, -MÜNZE, f mentha cervina. Nejimch.
IHRSCHMÖHRE, f pastinaca saliva, die pastinake. Nemmch
4, S74.
HIRSCHNETZ, »i. netz zum fangen der hirsche, hirschgarn
{s. d.). öcon. lex. (1730) 1034; hirtzengain, birtzennetz, cassis,
rhete ferarum. voc. itit. theut. k2'.
HIRSCHOHR, n. ohr des hirsches. hirschohren als ein be-
sonderes essen, öcon. lex. 1036.
HIRSCHPETERSILIE, f eine ort bänourz: athamanta cer-
varia, groszc hirschpetersilie oder hirscbpetcrlein ; athamanta
oreoselinum kleine hirschpetersilie. Nemmch 1,527.
HIRSCHREH, n. tragulus Guineensis, eine ort kleiner africa-
nischer bocke.
HIRSCHRUF, ni. ein kleines Werkzeug, gewöhnlich von hörn
oder auch von holz oder meer Schnecken schalen, worauf der jäger
in der brunßzeit das geschrei der hirsche nachahmt. Jacobsso.n
2, 265'.
HIRSCHRUTHE, f. das männliche glied det hirsches; gedörrt
als heümittel verwendet, öcon. lex. (1780) 1038,
lY. II.
HIRSCHSCHALE, f.. p/ur. '-schalen, die hornartigen theiie oder
klauen an den füszen der hirsche, worauf sie gehen. Jäcobssox
2, 265'.
HIRSCHSCHL.\GEL, m. dunis eervinus. Stieler 1S14.
HIRSCHSCHRÖTER, m. lucamts cervus. hirschkäfer.
HIRSCHSCHUH, wi. erde die der hirsch an seine schalen antrat
und sf^ter nieder fallen läszt. Jacobsson 2, 265'. 313'.
HIRSCHSCHWADE.N, m. der kurze schwänz des hirsches. das.
HIRSCHSCHWAMM, m. name mehrerer schwammarten: des
lycoperdon tuber, des phallus impudicus, und der clavaria coral-
loides. in der alten spräche cerviboletum hirtzswam, hirsswam,
birsisswam Dief. 115'; boletus hirzswam, hirswam. 78*; hirzes-
swainp boletus Moses anz. 8, 403.
HIRSCHSCHWANZ, tii. schwänz des hirsches; auch name des
sambucus cbulus, sonst attich, mauerkraut. Nemsich 4, 1217.
HIRSCHSPRUNG, m. das bein aus den hinterläuften des
hirsches. Jacobssos 6, SC'.
HIRSCHSTEIN, ni. steinartige masse im magen und in den
gedärmen von hirschen ; vgl. hirscbkugel, hirscbbezoar.
HIRSCHSTIER. »?i. antilope bubalus. Nehmcu 1,346.
HIRSCHTHRÄNEN, f plur.: hirschlhrönen, welches eine
braune und zähe inaterie ist, die sich in einem behältnis
unter den äugen dieses wildpräts sammelt. Heppe jagdlusl
(1783) 1,153.
HIRSCHTRÜFFEL, f lycoperdum cervinum, eine schwammarl.
Nemsich 3. 473.
HIRSCHTRUNKEN, part.: und in diese hirschti-unkene zunfl
gehören alle diejenige, welche wann sie doli und voll sein,
keine ruhe haben, sondern nur hinausjagen, pürscbeu und
beiszen, und nur des nachts reisen wollen; gotl geb, es er-
gehe ihnen darüber wie es wolle. Albebtisus de conviv. et
compotat. (1601) 75. vergl. dazu die ausfuhrungen in Pfeiffers
Germania 7, 3S9.
HIRSCIIVIEH, »1. .• einem Oberförster blute das herz, wenn
er nachts drauszen stehe und sehe, wie das landvolk aus
unglaublicher misguust gegen das hirschvieh die ganze nacht
. . neben den feldcru lärm und feuer machte, . . damit das
arme wild nichts fräsze. J.Paul Hesp. 2,66.
HIRSCHVOGEL, m. loxia chloris, der grünfink. es ist nur
Verderbnis von hirsevogel, s. d.
HIRSCHVOLK, n.:
das kriegesheer {nines Ihierslaales) trotzt auf die treu
geübter tiegerschaaren ;
das leichte hir::chvolk dient dabei
statt streifender husaren. Uacedors 3, 50.
HIRSCHWILD8RET. n. alles an dem hirsche zum essen taug-
liche fleisch ; namentlich aber das derb gewachsene fleisch an keulen
oder bug, zintmel oder rücken. Jacobssos 6, 86'.
HIRSCHWUNDKRAUT, n. eupatorium cannabinum. Nemmch
2,1541.
HIRSCHWÜRMLEIN, n. eine kleine wurmart : hirschwürmlin
ist guet keder im herbst, und wassergrillen, bolzwürmlen,
waszerwürmlein grab (grau) oder plaicli undter den stain.
Tegernseer fisch- u. angelbüchlein (I5I6. jA.) 6ei Haupt 14,177.
HIRSCHWURZ. f gewöhnlich die athamanta cervaria, hirschheil.
Nemsich 1,527; hirtzwurtz, diptannus, est quedam herba. voc.
ine. thcut. k 2*. auch andere pflanzen füliren den namen : dryas
ociopetala. Nemmch 2,1449; laserpitium tatifolium, beladen apo-
ihekern radix genlianae albae, weisze hirscbwurz. 3, 33S; endlich
lordylium officinale, drehkraut. 4, 1465.
HIRSCHWURZEL, f pflanzenname: l) athamanta cervaria,
schwarze hirschwurzel. Nemsich 1, 527. 2) laserpitium prute-
nicum, kleine falsche hirschwurzel. 3, 338.
HIRSCHZIEGE, f antilope cervicapra. vgl. hirscbbock.
HIRSCHZIEMEN, m. hirschnäe.
HIRSCHZIEMER, m. hinteriheä vom rvcken det hirsches; auch
hirschziinmel. s. ziemer.
HIRSCHZUNGE, f l) zunge eines hirsches. 2) wegen der
ähnlichkeit der blälter asplenium scolopendria. Nemsich 1,515:
birtzungen, cerriglossa, est quaedam herba, scolopendria. voc.
ine. theut. k2*; hirtzenzung, ein kraut, heiszt auch steinfarn,
hemioinum, asplenum. Maaler 226';
zehcn millionen körner
trägt die hirschzung fast allein :
wer sieht dieses wunder ein? Brockcs 9, 114.
sie ist officinell : der wirkliche vierbeinige esel weisz mit birsch-
zunge sicherere kuren zu vollbringen, als mancher esel von
der mediciniscben facultätjmit einer ganzen apotheke. Riehl
cuUurgesch. nov. 406.
99
1571
HIRSE — HIRSEGR AS
HIRSEGRÜTZE — HIRT
1575^
HIRSE. »I. vtifium. das vort scheinl in der allen sjtrache auj
dns oberdeutsche gebiet beschränkt: ahd. Iiirsi und liiipo. mhd.
hirs und birse ; mit der einführung der [rucht nach norden er-
seheint auch der name dort, im späten isländisch hirsi (Vigfüssos
264'). schwed. hirs, ddn. Iiirsc, engl, hirse, niederl. hirs /. milic
miliurti (Ktli.vn). Verbreiterung des auslautenden Zischlautes ist
im nhd. seit minde/^ens dem frühen i6. Jahrhundert nachzuweisen:
PtUium liirsch Dief. 361* {ton 1521). begegnet auch noch im
n.jahrh.: erhscn, lin«en, hirsch und dergU'ichcii. Simpl. I.3'.i
Kurz: 4as fleisch hlcihet lang frisch, wann mans in hirschcn
einscharret und mit zndeckt. Böckier kriegsschule '.r,s\ hat sich
aber später in der Schriftsprache nicht behaujM und nur in mittel-
deutschen mundarten erhalten, eine form liirze : das der hirze
woiil gpriit. BirscnKY kanzl. 220. steht durchaus vereinzelt, die
im ahd. vnd mhd. vorhandene doppelfonn des Wortes dauert im
nhd. noch insofern, als. namentlich in altern quellen nom. acc.
und dal. nach der starken form nicht selten begegnen, und noch
RCcKERT 22S reimt der hirs:dirs; der do kaum mil iiirsz und
ruchem hrot den hellenden hauch mucht selügen. Gengen-
BAcn pfaffensp. 30S; so nim nu zu dir .. hirs und spcll. Hcs.
4,9; wasser mil dem meel von hirsrh oder reisz vermischt.
UFFENBAcn rossb. 2. IC*, die femininform hirse, die ohne alle
historische berechtigung ist, scheinl von niederdeutschen gegenden
her eingedrungen, Schottel 1337 verzeichnet sie zuerst, nach ihm
erst wieder Adelcnc, in der heutigen spräche hört man sie nicht
urihdufig.
(^ hirsc bezeichnet :
1) die also genannte grasaii und ihre fruchl: der hirs, milium
Maaler 226" ; milium parvum. milium agrcsle, wild hirsen, klein
hirsen, fcnch. Ai.bercs tll'; daj ain ist gcmainer hirs und
haijel ze latcin milium. . . da; ander ist niht so gemainer
hirs und haijet ze lalein panicum und ze dänisch vcnich.
Megenberg 403, tS; über die neuern botanischen bcstimmungen
egi. ISexmch 4, 843 /f. ; holcus sorghum, mohrhirse, welsche hirse,
indianische liirse. 3, ICS. die fruchl des hirsen wird wie andere
gelreidearten gemessen, auch genialen : den hirsz 1 metzen umb
1 pfd. d. slädtechron. 2,304,0; aher weilz war etwas mangel;
darumb su mul man hirsz zu nmesmel. 302, 18. ah bdhung
gebraucht: leg demselbigen solche Sachen über, so es erwär-
men und die materien zerlhcilen und ausztruckncn, als da
sind die säcklein mit hirsch und salz gcfült. Uffenbacm ross-
buch 2,73. Vögel sind darauf begierig, daher: es gehe ja . . .
ichlechte leute. wo lebten wir; die vögel im hirse, wo es
heisze, lisclieli zniorge unil* krehseli znacht. .?. (iottiieif
.'^huldenb. ß-S.
2) die aus der^hirsen fruchl bereitete breiige speise:
drugcn ein warmen hirsz iniis scIillT
inn einen grosen hafnn tif,
zA zeigen an, das, wie »le könteu
den hirs wann liefern an ferrn enden,
also weren sie allzeit gw,irti)f,
zft dienen iren freunden färti);.
Fischart dicht. 2, 184, 1S7 Kur: ;
.sie lisen aucli gleich pringen dar!
den hirs, der zu Zürch kochet war. 1200,1824 ;
bftwslölTel Ist ein strenge spysz,
frisi lieber dafür hirsz old (oder) risz. Iraq. Joh. Dij ;
die herren sPlzen sich ffin balde um den tisch,
:;onst wird der birsen kalt und auch dann di lisch.
Ilarleqiiins Hochzeit u. kimtlaufensclimaus 40,
HIRSEBIRNE, f eine birnensorte. Newmcii.
HIRSEBRF.I. m. brei aus hirse bereitet: hirszhrci, miiium.
rft qunddam genus leguminis. voc. ine. theut. k2'; ein hirsen-
hrei, miliarium. Stieler *>44. auch die körner des hir.^en. die
zur breibereitung enthülst sind, hriszen so: bairisch hirslirein,
oder nur brein, hirsegrülze, hirse. Sciim. 1,3.'>3 Fromm.; {man
>nu$z einert besonderen ort Itaben) zu meel. griesz, hirsprein,
heiden, haberkorn, gersten und dergleichen. Hoiihhrc 1,107';
liirsprcin, haiden, hnberkern, und hubermehl {hailen die haus-
mOUer torräthig). Wi*.
UIRSEDORN, IIIRSF.NDOHN, m. rhamnus calharticus, auch
hirsvthdorn, t. d.
HinSKIlKt'SE, f glandula miliaris. Nemnicii.
Hlli'<KKFI.!>. n. felä auf dem hirte gebaut wird.
Hill i n. febris tnt/toru, mit kleinen blasen auf der
huiil eines hiriekorns. Kniscii l, l.Ml'.
Hl!t>l t l>h, m. miliaria avi$, die ammer und ihr getchlechl.
dat.; hirszfiuk. ostifragu* MAArER 22«*. vgl. hirsevogel.
HIHSEFÖRMIÜ, adj. von der form des hirten oder Hirsekorns.
IIIHSEÜRAS, HIRStNGRAS, n. name mehrerer grusarten ^ des
milium e/fusum, des panicum und des scirpus palustris; phalaris,
wild meerhirsen . . sihet mit erst wie hirsengras, henkt sich
gern an. .\i.b. 112'.
HIRSEGRÜTZE, f grülze aus hirsen.
HIRSEKNAUER, m. der den hirsen dörrt und auf der slampf-
mülde zur lüsung der hülsen knaut, stampft. Jacobsson 2, 2(iii'.
HIRSEKOLREN, m.. dim. hirsekülbleiu , ähre des hirsen.
Frisci! l,45ß'; hirszkülbli. panicula Maai.er 220'.
HIRSEKORN, HIUSENKORN, n. 1) körn der hirsenpflauzc ;
dim. hirsekörnchen, -kArnleiu : ir sehend das oflmahl in den
hingen nil allein im menschen, sondern auch im vieh .stein
gefunden werden gleich wie hirschkörnlin. Paracelslis opp.
1,50C. als bild der kleinhcit und geringfügigkeil: und kemi
ein kleine; vögclli ie über hundert titsent j;ir und bissi ab
dem stein als gro;, als der zehende teil ist eins hirsköru-
llns, und abei- über hundert tiVsent jär su vil, also da; c;
in zehenslunt hundert lüsent jiren als vil ab dein stein
gckh'iheli, als gro; ein ganze; hirskörnli ist. Slso «n W'ackci-
nagels leseb. 1043, 15. vgl. auch unten unter hirsenpfrieme.r.
2) ein kleines rundes geschwür in den augenwinkeln ; isl es
gröszer, so heiszl es gcrslenkorn.
3) eine schneckenart ; vgl. unten hirsetute.
HHtSENARTKi, adj. miliaris, was die gestall und giösze der
hirsenkörner hat. Nemmch 3, r)73.
HIRSENFRESSER, m. loxia panicivora, eine africanische
vogelarf.
HIRSENHCLSE, /■. hülse eines hirsekorns: hirsenhülsen, ap-
pluda Stieleb 865;
ein gelb rübsamblatt war sein schild,
ein starke hirselnils liüh.'^ch vergüld
war sein helmlein. miickcnlir. 1, 792.
HIRSENMÜHLE, /". Stampfmühle, um den hirsen von seiner
schale zu befreien. Jacobssos 2,87*.
HIRSENNATTER, /". coluber miliaris, auch griesnaller. >km-
Mcn 2, 1119.
HIRSENPFRIEMER, m.: so hat z. b. Rachel die Zesi;uur
hirsenpfriemer zum spotte geheiszen, weil sie eben solche
künstler in der dichtkunst sein wollten, als einer der hirsen-
Ivörner mit einem pfrienic durchbohren wollte. Gottsched
deutsche sprachkunsl 1755 s. 187.
SfHlRSENENKRAlJT, n. phalaris canarieiisis. Neiwicb 4,92?.
HIRSESIEB, n. zum sieben des hirsen: feine griesz- und
hirsensiebc. .Iacobsson 4, 150'.
HIRSESTAMPFE, f stampfmülde zur abläsung des hirsen von
seinen hülsen. .Iacobssos 2,266'.
HIRSESTAMPFER, «i. was hirseknauer. Jacobssün 2,266*.
HIRSESTEIN, m. cenchrites; eine roggensteinart, deren «rr von
der grösze der hirsekörner sind. Nemnich 2,933.
HIRSETUTE. /'. eine schneckenart, conus miliaris. Nexnich
i, 1189.
HIKSEVOGEL, m. loxia chloris, der grünfink. Nemnich 3, 4.'>n.
HIRT, m. pastor : in allerer form auch noih hirte.
qnih. hairdeis; alts. allnfr. hirdi. niederl. herde und lu-rdcr ;
iigs. hirde, heorde, engl, (jetzt veraltet) herd ; altuord. hirdir,
dän. livrde; ahd. liirti. mhd. hirlc. die gothische, und auch
die alten niederdeutschen und hm-hdeutschen formen zeigen aufs
deutlichste den nahen etymologischen Zusammenhang des Wortes mit
herde sp. 1077, indem das erstere aus dem letzteren auf nicht
ungewöhnliche wehe durch ein ableitendes suffix weitergebildet (.</.
was Zusammenhang. Verbindung, abhangigkeil ausdrückt, das nhd.
hat dieses Verhältnis dadurch verdunkelt, dasz es bei herde den
dental auf niederdeutscher lautstufe gela.^sen, bei hin zur hwh-
deittschen veischi^en hat. für liirt begegnet die form herl ih
Milleldeut Schlund, wo sie imh jetzt volksiudszig ist : hot er uhir
da/, einen riuderhertiu oder sowhertiu c;u sejncni \\. Magd,
blumr J. •.'.!>< I. die Schreibung hürt ist vereinzelt:
guti im mehi btirt. Wkckbkrli!« 07,
du bist der hört der (dir gelrewen) lieerden. UHl.
Itas wart folgte in der alten sjirarhe der starken declinatiou. hat
sich aber bereits vn mhd. der schwachen so entschieden zuyrif
dasz die starke fmm seilen ist, mhd. wh. 1,070*: zwai atn
in Are des olierislen hirles. Haufils :ritschr. i^. \i!>; im nhn i«
sie <Ki gut wie ausgestorben, tritt etwa nur in der aimftosition noch
hervor, vgl. unten unter hirlenlohn das erste heispici.
Uedeiitung
I) hin, im allgemein»n der bestellte hiUcr mer herde hiii.-
thiere; vgl. fichoflfirt, ziegenhirl, rioderbirt, gaimchirl. »chweiiii-
1573
HIRT
HIRT — HIRTEN
1574
I
hirt «. Q- ; «»» meisten tcird allerdings, oltne ausärücläiclien au4ein
beisatz, der hfder der schaff darunter verstanden ; er . . pfleget,
wie ein hirl seiner herde. Sirach IS, 13; zurslrewet wie die
Schafe, die keinen iiirten haben. Matih. 9, 36 ; es waren hirten
in derselbigen gegend auf dem felde, bei den hüilcn. die
hüteten des nachts irer herde. Luc. 2, 8 ;
der armen hirten volk thut tras es soll und kan,
der ochs und esel stehn und beten das kirnt an.
Opitz 3, 106 ;
wir wagten es, ein schwaches volk der hirten,
im kämpf zu gehen mit dem herrn der weit?
Schiller Teil 1,2.
zur allitterierenden formet ist hirt und herde verbunden: wird
eine herd und ein hirte werden. Joh. 10, 16 ;
ein furchtbar wüthend Schrecknis ist
der krieg; die herde schlägt er und den hirten.
Schiller Teil 1, 2.
dem hirten, den ein viehbesitzer für sieh allein hält (eigenhirle.
Jacobsson 6, S7"), steht der gemeine hirt gegenüber, der von
einer ganzen gemeinde besteUt ist: nymant sol sin vihe cju
houje haldin, do man einen gemeinen birtin cju einer stat
hol. Magdeb. blume 2, 2, 1S3. der hirt treibt aus, treibt ein,
weidet, wintert die herde; schneid zu grosz und klein {schuhe),
wie der schweinhirt us dem dorf treibt. Vlensp. .?. 63 Lappenb. ;
nach Jacobi ntachet sich der bin mit dem vieh auf die
Stoppelfelder, im herbst aber . . . niusz er solches später
austreiben, öcon. lex. (1730) 1043; ich musz allerhand käuze,
wie sie der hirte zum thore ausztreibet, mitlaufen lassen.
inlerim 5S3 ;
nun eilen blockende heerden
aus dem dorfe die trift hinauf; im geklingel der schellen
herrscht sie d«r braune hirte mit pfeifen und schellen zur weide.
Z.iCHARiÄ liigcszeiten (175T) s. 15 ;
es weidet nicht allein, es tränkt
die heerd ein guter hirt. Voss 4, 191;
ein solches war im lande nie erlebt,
80 lang ein hirte trieb auf diesen bergen.
ScHiLLBR Teil 1,4;
wer hirt ist, wintre ruhig seine heerde. 2,2.
Das vieh wird vor den hirten getrieben, ihn in seine hut über-
geben : tribit man ein vy vor den birtin dez morgins oder dej
mitlagis, und brengit ij der hirte nicht wider in da; dorf
{musz ers ersetzen). Magdeb. blume 2, 2, 2^2. bildlich ist der aus-
druck verwendet, um eine darlegung an die Öffentlichkeit zu kenn-
zeichnen :
.' swer ie gelas ein büechlin,
da? ist geheimen der bilgrin,
der weij vil me von baesen wirlen,
' denne ich hie tribe für disen hirten. Renner 5408.
Sprichwörtlich: bei vil hirten wirt übel gehüt. Acb. spr. (1560)
332'. ScHOTTEL 1123"; viel hirten übel gehüt, einer will da,
der ander dort binausz. baurenst. lasterpr. 65; wann der hirt
auch nicht mehr freiheit hätte, als das schaf, so müste er
auch grasz essen. Pistoriüs thes. par. 4, 75 ; was der hirt in
.seiner hut verliehret, das soll er gellen. 8,96; ein hirt musz
seine schafe kennen, wie der hirt, so die heerde. irrender
hirt, irrende schafe. was dem hirtea zu leide geschieht, ge-
schieht den Schafen zum schaden, ein guter hirte schiert
seine schafe, ein übler zieht ihnen das feil ab. wenn die
hirten sich zanken, hat der wolf gewonnen spiel. Sixuock
sprichw. 252. 253;
ämter haben soi^eo,
und hürteo müssen hüten und horchen.
Simpl. 1 (1713) t. S.
Das wort hat, durch die unten folgenden Verwendungen, einen
edlen klang bekotnmen, so dasz es vom volke in der eigentlichen
bedeutung selten mehr gebraucht wird, in MUleldeutschland ist
dafür hutmann oder schäfer üblich {in Obersnchsen wendet man
liirt nur noch für den rinderhirten an), m Niederdeutschland ist
überhaupt hirt als simples nictU mehr verwendet, nur noch in
compositen (swinhirt, swinhlr schweineliirt). Schiller :. mekl.
thier- u. kräuterb. 2, 6. Fromm. 2, 37.
2) die Schäferpoesie des 1' . iS. Jahrhunderts hat den hirten mit
poetischem glänze umgeben : des künigs söhn, der sich als ein
hirt grün gekleidet. Homburg Dulcimunda (1643) s. 39;
hört wie der hirte wol von seiner Phylli» singt.
Out« 1, 155;
als ich nechst war ausz spazieret
zu den hirten in den wald,
und mit ihnen musiciret,
dasz der ganze busch erschallt. 2,195;
als die sonue
zum ocean eiilwicli,
und flötend liirl und scliäfer
durch abendschulten schlich. Holti S Halm;
und sie führi den schönsion Iiirten
zu der schönsten hirtiu hin. Schiller das eleus. fest.
3) hirten sind die glieder der menschlichen gesellschafl , so
lange sie die Viehzucht gegen den ackerbau bevorzugen und keine
festen Wohnsitze haben, nomaden : ewere kinder sollen hirten
sein in der wüsten vierzig jar. i Mos. 14,33; dann von an-
beginn der weit seind jeweils hohe personen hirten gewesen
{folgen beispiele). Simpl. l. H Kurz ; wie dieser mittlere gebirg-
slrich {Asiens) eine fortdauernde arehe Noah, ein lebendiger
thiergarteu fast aller wilden gatlungen unsers hemisphärs ist:
so muszien seine anwubner auch lange die mitgenossen dieser
thiere, ihre milden hirten oder ihre wilden bezähmer bleiben.
Herder zur jMl. 6.2: Adam baute den acker; einen seiner
söhne sehen wir schon einen neuen nahrungszweig, die Vieh-
zucht, ergreifen, das menschengeschlecht scheidet sich also
liier schon in zwei verschiedene conditionen, in feldbauer
und hirleii. Schiller 7. 26^ Kurz {etwas über die erste menschen-
gesellschaß). vgl. hirlenvolk.
4) übertragen heisst gott der hirt der menschen : der herr ist
mein hirte, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf
einer grünen awen. ps. 23, 1 ; du hirte Israel, höre. 80, 2 ;
gedenk o mensch, wie gott der herr biszher dein guter hirt
und wirlh gewesen sei, so dasz du und dein sauien nicht
hast dürfen nach brodt gehen. Schuppius 209;
gott ist mein hirt, ich darf nicht mangel leiden.
Opitz psalmen s. 46.
Christus selbst nennt sich einen guten hirten : ich bin ein guter
hirte. ein guter hirte lesset sein leben für die schafe. Joh.
10, 12 ; und so werden auch die, denen nach ihm das geistliche
lehramt anveitraut ist, hirten genannt : er hat etliche zu apostel
gesetzt, etliche al)er zu propheten, etliche zu evangelisten,
etliche zu hirten und lerer. Ephes. 4,11; daj wir in alle ge-
mainlich reich und arme gerne zu ainein byschoff und hirten
der seien für menglichen haben wellen, d. stddtechr. 5, 345, 16
(roii 1415);
seht! steigt nicht selbst der fromme diener 9«ttes,
der würdge pfarrer mit herab? nicht scheut er
des Weges mühen und das graun der nacht,
ein treuer hirle für das volk zu sorgen. ScuaLER Teil i, t.
vyl.. ober-, seelenhirl.
5) den herscher eines volks seinen hirten zu nennen, ist aUer
brauch :
alt-i. thes werodes birdi,
. . thie beri-togo. Hetiaiui 5551;
ags. gehyrde oq Beövulfe
folces hyrde fastiidne ge})öht. Beov. 611;
aber auch dei- neuem spräche nicht uübekannt:
dasz die weisere well ein goldenes alter beglücke,
und Aslräa wieder der erde beherrscherinn üeisze,
und von ihren söhnen, deu hirten der Völker, noch lauge
ihr gellebtester söhn der gerechte Friederich Wilhelm.
Bailer 1, 120.
HIRTE, /■. ein innerschweizerisches wort, zunächst {neben
hirlig für hirtung) die hut und Wartung des viehes, dann die
gehütete herde selbst, und endlich auch die zeit der hut bezeich-
nend, aus welcher letzteren bedeutung die allgemeine zeit, stunde
flieszt. vgl. Stalder 2,46; welcher hirten im tag sie wellen.
quelle des 15. jh. daselbst.
HIRTEN, ier6. als hirt hülen , das vieh warten, ein aus-
schlieszUch schweizerisches, noch jetzt (Stalder 2, 46) gebräuch-
liches wort: hirten, dem vych auf dem väld hüten, pascere,
paslum dare. .M.aaler 226"; die schaaf hirten, zu ässen gäben,
ribum ovibus dare. das.; pascuum, phiraliter pascua. weid, ein
jeglich ort, da sich das vieh hirtet oder weidet, weidgang
oder ahnet, glosse zu Verg. ed. 1,49 in Vergil. opp. ed. EgenolfM
(1597)312'; der hirt mag demselbigen {der den hirle nlohu niiht
bezahlt) ein houpt, das er gebirtet hat, abbinden. ueuM. 4,343
{Zürich); {dasz) er das {vieh) selber gebirtet habi. 434 {Unler-
walden v. 1413); nun ging er nicht mehr fort, trat aufs neue
an die spitze der hausliallung . . und hirlele die kühe selber.
a.m.im Tockenb. 17; ohne erinnening eines ehemaligen, ohne
argwöhn eines künftigen jochs hirten sie ihr vieh. J. v. MOllek
gesch. Schweiz, eidg. 2,341. im compositum behirten : der sol
sin vieh behirten und versorgen, weisth. 5, 183 {st. Gallen von
1462). auf das geistliche hirtenamt bezogen {vgl. hirt 4 am tnäe):
dannea ist euch die pine kämmen, dasz die wis sin soU-
y9*
1575
HIRTENAMT — HIRTENHUT
HIRTENHÜTTE — HIRTENNADEL 1 576
lind, das gesind gottes ze hirten, ze narren worden sind.
ZWIXGLI 1,216.
jr HIRTENAMT, m. atnl eines hirlen: das liirtennmt sei eine
Vorbereitung und anfang zum regiment : dann gleichwie die
bellicosa und marlialia ingcnia ersllich auf der jagd geübt
und angeführel werden, also soll man auch diejenige, so
zum regiment gezogen sollen werden, ersllich in dem lieb-
lichen und freundlichen hirtcnamt anleiten. Simpl. 1, 15 A'ur;.
in geistlicher bedeutung : es ist eine . . . jjflicht des obersten
hirtenamts, die irrenden aus dem sumpfe ihres unkatholischen
wahns . . hinaus zu führen, er. kirchenzeilung 1866 s. 754.
HIRTENAMTCHEN, n. .•
so hoch ein propst sein hirteiiämtchen achtet.
TUCÜHKL 4, 130.
HIRTENBIRNE, f. eine birnenart, franz. pastoreile. Nbnnich.
HIRTENBRIEF, f. brief eines geistlichen hirten, epistola pasto-
ralis: der hirlenbricf des bischofs. in freier anwendung: er
wollte eben medizinische hirlenbriefe gegen diese zernagende
Schwärmerei abfassen. J. Paul Uesp. 2, 234.
HIRTENBLBE, m. hirtenknabe.
HIRTE.NBIBLEIN, n.
HIRTENBL'CH, n. buch den hirlen gehörig:
wol, ich weis ihm (dem kiiul der Venus) ganz bereit,
was man noch bat dieser zeit
von den ^Ottern aufgeschrieben,
und im hirtenbuch ist blieben. Opitz 2, 195.
HIRTENDIENST, m. dienst eines hirUn. Winer hibl red-
wOrterbuch (lb33) 1,618.
HIRTENFELER, n. feuer um das sich die hirten auf dem
felde lagern:
zween knaben liefen durch den hain,
und lasen eichenreiser auf,
und ihürmten sich ein hirtenfeuer. Höltt 37 Halm.
HIRTENFLÖTE, f. l) fistula pastoricia: der regcnt . . ist
der oberhirt, nicht der schüchter des Staats, sogar die
woUenscheere nehm er nicht so oft als die hirtenflöle in
die band. J. Paul Tit. l, 77.
2) eine arl des Wegerichs, planlago aquatica.
HIRTENFLUR, f. flur auf der die hirten weilen:
alte sage bringt zu obren:
dasz sie (VVnu.s) auf der hirtenflur
selber einst den sobn geboren,
den belierrscher der nauir. Bürger 115';
da galt kein unter und kein ober
auf gleicher hirtenflur. Voss 4, 232.
HIRTENGEDICHT, n. das hirtenleben schilderndes, empßn-
dungen der hirten ausdrückendes gedieht : cclogen oder hürten-
gedichte. Weckherlin 753.
HIRTENGEHEGE, »i. abgeschlossener räum zum viehstand:
zu dem einsamen hirtengehege (mt ft<tbul(i aviu)
kommt sie zuletzt mitgehend, ruft Evo6, bricht durch die pforten,
raubt die Schwester hinweg.
Voss Ovid nr. 30, 174 (meiam. 6, 596).
HIRTENGERICHT, n. die gerichtsbarkeü, in Sachen der weide
und triß zu erkennen und abxuurtheilen. Adelung.
HIRTENGESANG, m. wechselgesang der hirten: hirtengesang,
da man stuck umb stuck singt, wie auch mcistergesang,
bucolica. Maaler 226'.
HIRTENGESPRÄCH, n. ecloga. Stieieb 2103.
HIBTENGOTT, m.:
von Pan dem hirtengot. Wickhirlir 725;
aber wo bleibet uns Pan,
welchen man sonsten den hirtengott nennet.
Görimc liebesmeyenhltdimlcin (1654) s. 27;
schmelzender erklang die flöte
in des hirtengottes band.
ScuiLLtR ijOtler Gricrherlandt, 1. beiirb.
HIRTENGRAS, n. phleum praUnse, auch lieschgras. Nemnich
4,944.
HIRTENHAL'S, n. haus für die uiohnung oder Unterschlupf
von hirten: untcrwegcn aber war ein hirlenhaus. 2 kOn. 10, 12;
weide deine Locke bei den hirlenheusern. hohel. 1,8. — dim.
birlenheüszie, tectum pattorale casae, attegiae. .Maalkr 226".
HIRTENHüRN, n. hörn des hirlen: das hirtenborn blasen.
Tn. Plater 40. ipnchKOrtlich : das hirtenborn hast verschlafen
(du kommst zu spat). Fisciiart in Scheil-let Uotter 10,636.
HIRTENHLNÜ, m. canu dometlicus. Ne«?iicii 1,814; birlen-
hund, der das vych verbülel, paaoralis canit, canis pecuarius.
Maaler 226*.
HlhTE.NHUT, f. hut, ukutz der hüten: unter hirU-nbut
weiden. Stoi.bkic 14, 170.
HIRTENHCTTE, f attegiae. Stieler 869; in einer hirten-
hütt kihincn nit vil freunde zu berbcrg sein, also spolt man
der falschen freund, die zi^i armen freunden nimmer kom-
men. Agb. spr. (1560) 332'. an stelle des compositums genitivc
fügung : meine zeit ist dahin, und von mir aufgereumet, wie
eins hirten hülle. Jes. 38, 12.
HIRTENHCTTLEIN, n.: zu discr seien spricht gol. o du
;illersrhöns|p, hasUi diu vergessen, so gang anbin und loul
dinem fyhc noch, und wcid din kylzen bi den hirlenhütliu.
Keisersberg bilg. 54*.
HIRTENJUNGE, m. puer pasloris; auch puer pastor {vergl.
hirtenknabe).
HIRTENKASTE, f.: es ist eben so fremde zu fragen: ob
der Sinesc von Kain oder Abel, d. i. aus einer Iroglodyten-,
hirlen- oder ackerkasle abstamme. Herder zur phil. 5,293.
HIRTENKELLE, f stock, stab der hirten: hirtenkewi, hut-
kcwle, nd. hirtenkule, agolus, pedus. Dief. 18*. 421'.
HIRTENKLEID, n. pastoralis habüus. Maaler 220'; Lucide,
Montcnor, beide in biricnkleidern. A. Grvpiuus 1698 1,666.
HIRTENKNABE, m. puer opilionis. Stieler 990; höret . .
seine (gottes) gedanken, die er über die einwoner in Theman
hat. was gilts ob nicht die hirtcnknabcn sie schleifen wer-
den, und ire wonung zerstören? Jer. 49,20; die jungen hir-
tcnknabcn, Juventus pastoralis. Maaler 226";
ich bin vom berg der hirtenknab,
seh auf die Schlösser all herab. Uuland ged. 20;
droben stehet die kapelle,
schauet still ins thal hinab,
drunten singt bei wies und quelle
froh und hell der hirtenknab. 13.
HIRTENKOST, f kost, nahrung eines hirten:
ist dir mit hirtcnkost
gedient, mein hirt, so komm, weil Titan sich von ost
gemach nach süden wendt: die lasch ist noch versehn''
mit frucht, vor dich und mich. A. Grtpuius 1698 1, 656.
HIRTENLAGER, n. : die erste rast (beim ausmarsch der kin-
der Israel aus Aegypten) ward zu Suchot, d. h. hirtenlager,
gemacht. Beckers weltgesch. 1,109.
HIRTENLEBEN, n. vita pastoralis. Frisch 1, 456*.
HIRTENLIEBE, f.: des Longus vier bücber von der
hirlenlicbe des Daphnis und der Chloc. Eschenburg handb.
der klass. litt. (1772) s. 170.
HIRTENLIED, n. carmen pastorale, schäferlied. Stieler HCl;
verwegne ! dasz du dich erquickst in deinem herzen
ob meinem hirienlied! ich singe nicht von dir.
A. Gktphius 1698 1,66!>;
dasz von des Sinnes niederm triebe
der liebe beszrer keim sich schied,
dankt er dem ersten hirienlied.
Schiller die kfinsiter v. 203.
in den flötenden hirtenlicdern der liebe. J. Paul Tit. 2, 75.
HIRTENLOHN, m. n. merces pastoralis: da; gemeine herle-
lon. Magdeb. blume 2, 2, 184 ; wenn ey (ein) küg-ald süwhirt
umb hirtenlon einen verclagen und berechtigen thut. weisth.
4,343 (Zürich v. 1534).
HIRTENLLST, f. gaudium pastorale, sehdferslust. Stiri.br 1187.
HIRTENMÄDCHEN, n.:
weil gott
mit reicher Schönheit ihren leib geschmückt,
mit hohen wundergabon sie gesegnet
vor allen hirtenmadchcn dieses tnals.
Schiller junqjrau, pro/. 2! aufir.
HIRTENMAGD, f. ancilla pastoralis. Stieler 1210.
HIRTENMÄSZIG, aäj.: die landschaft (landschaflsmakic)
enthält zwo arten, die heroische, welche nur wohlgcw,ilili<
gegenden, ... die hirlenmüszige, welche uns die cinl.tlin;«'
natur und gemeine gegenslünde, als hirten, hecrdcn, ham i
hüllen, büiinie, felscn elc. vor äugen legt. Jacobsson 2, o../.
HIRTENMEISTER, m.: die kunsl, bienen aus rinderaa-
zu erzeugen, wird als erfindung des Arislaeus gerühmt, eini--
thessalischen hirtenmeislers oder oberbirteti. Voss su Vity.
Georg. 4,281.
HIRTENMONAT, m. 6e» Fischart für april: die geisen im
aprill oder birtcnmunat junge tragen, ehz. 518; im aprill,
farrenmonat, nslermonal, hirleninnnal , wann der hin aul
itmenisch den geisen zum werfen aufpfeifl. j^roiim. 104.
HIRTENMl'SIK, f. musica pasloralu, campestris, ruraUs, feld-
musik, schdfermustk. Stieler 1312.
HIRTENNADEL, f "•- "" ' •■—''" ••••'"" ''•'"•"»•
nadtlkerbfi Nkmnich.
1577 HIRTENPFAND — HIRTENSTAND]
UIRTENSTECKEN— HIRTIN
1578
HIRTE.NPFAND, «.; wann der hirt die ganze heerde hat
schaden thun lassen, und gepfändet wird, musz er zwei
neue schock, das ist, 5 thaler pfandschilling geben, das ist
ein hirfenpfand. Leiser jus Georgicum bei Frisch 1, 456*.
HIRTENPFEIFE, f. fistula pastoricia. Frisch 1,456'; hirten-
pfeif die sy ausz einem halm machend , calamus. Maaler
226"; divi. gebälle hirlenpfeiflein, arguli calami. das.
HIRTENPFLICHT, f. icas ein hirt zu leisten schuldig ist:
nimm groszer waldgott, nimm die arme hirtenpfliclit (kniet
nieder),
die ich dir schuldig bini verschmäh mich Pan doch nicht!
A. Grtphils 1698 1, 658 ;
auch in geistlichem sinne: dasz die prediger ihre gemeinde-
glieder aufsuchen und im glauben stärken, gehört zu ihren
hirtenpflichten.
HIRTENPFRCNDE, f. merces quae pasiori dafür. Frisch 1,456'.
HIRTENRECHT, n. tcas bei hirten rechtens ist:
worzu dients mich mit den lahmen schwenken
zu quälen, weil ich nicht das hirtenrecht wil kränken.
A. Grtphics 1698 1, 676.
HIRTENREIHE, f. reihe, schaar von hirten:
wo hirtenreihn ein maienfest begehen. Gott*« 1, 23 (15).
HIRTENSCHAFT, f. das hirt sein: {die Karschin) hielt die
jähre ihrer hirtenschaft für die schönsten ihres lebens. C. L.
y. Rleske in den gedickten der Karschin (l'^') 23.
HIRTENSCHAR, f.:
name (in eine fichle gesdinilten) , wachse mit den rinden!
wachse, denkmal meiner band!
werd auch in entlegnen gründen
jeder hirtenschar bekannt! Uagedor!« 3,60.
HIRTENSCHCTTE, /■. certa quantitas frumenti, quae bubulcis
paganis quolannis praestatur. Stieler 1944. bei Adelung auch
hirtenschiitt, masc, als obersächsisch.
HIRTENSECKEL, m. name eines krautes. sanguinaria herba.
Frisch l, 456'.
HIRTENSOHN, m.;
der tod fragt darnach wenig,
er nimmt den herrn vom thron,
als wie den hirtensohn. Hilde>ra<<o rolksl. 422 (v. 17%).
HIRTENSPIEL, n. schäferspiel:
wenn nächsten winter man kein hirtenspiel gespielet.
A. Grtpbics 1698 1, 661.
HIRTENST.XB, vi. \) stab, wie ihn die hirten fiihren, pedum.
Maaler 226' ; oft durch die poesie verherrlicht (vgl. oben hirt 2) :
wie solle, d«iner meinung nach, so Ijar ungereumLt sein,
die crone mit dem hirtenstabe zu vereinigen? Hombubc Dul-
ämunda (1643) s. 27;
wer hat mehr heil und lust und ehr auf dieser well,
als der den hirtenstaab mit freier rechten hält?
A. ÜRTPUICS 1698 1,657;
gönnt dieses band zum schmuck auf meinem hirtenstabe. 682 ;
sie zupft, auf ihren birtenstab
gelehnt, am busenband. Uöltt 15 Halm;
ich bin nur eine Jungfrau, eine Schäferin
geboren ; nicht des schwerts gewohnt ist diese band,
die den unschuldig frommen uirtenstab geführt.
Schiller Jungfrau 2, 7,
als si/mtol des hirtenstandes :
Pyrrbas schöne töchter zu besiegen,
nahm der Leto sobn den birtenstab.
ijötler Grteckenlandt, 2. beurbeitung ;
überhaupt eines schlichten standet:
Jupiter, der hirtenstäb und kronea
aus 6iner ume streut. Ramler 1, 76.
2) in übertragenem sinne: was würde nicht aus den unter
so wechselnde hirtenstabe hin und her getriebenen vOlkern
werden, wenn sie nicht durch landesväter ein vaterland be-
kämen, wie sonst durch dieses jene? J. Pacl friedenpr. 3.
namentlich heiszt birtenstab auch der bischofsstab und metony-
misch die bischüfswürde. vgl. krummstah.
3) ebenso metonymisch, aber nach der bedeutung 1 heiszt birten-
stab einerseits das recht einen solchen zu verleihen und also einen
hirten einzusetzen, womit die gerichtsbarkeit über weide und tri/t
verbunden ist (vgl. oben hirtengerichl). Frisch 1,456'; anderer-
seits auch dienst und gereclUsame eines hirten : vom birtenstab
«erden abgaben gegeben Leier mhd. wb. 1, 1305.
4) birtenstab pftanzenname : dipsacus pilosut, die behaarte
karde. Nemmcu 2, 1426.
HIRTE.NSTAND, m. stand eines hirten: so viele gefahren
drohten mir wahrend meinem hirteastand mehrmal , Jeib«
und lebens Terlu.<;tig zu werden, a. m. im Tockenb. 35;
doch als mir Atropos den vater weggenommen,
bin in den hirtenstand ich von dem nof abkommen.
A. Grtphils 1698 1, 685.
HIRTENSTECKEN, m. : hirtensläckeu agolum. Maaler 226'.
HIRTE.NSTIMME, f stimme eines hirten, auch in übertrage-
nem sinne: sonderbar genug, dasz ihr (KIdrchens) zäriliches
obr erst ein wenig durch die beredsainkeit der kasuisten
abgehärtet werden muszte, um nicht vor der hirtenstimuie
des heiligen vaters zu erschrecken ! TuGmiiel 3, 282.
HIRTENSTOCK, m. stock eines hirten.
HIRTENSTÖCKLEIN , n. dim.: mit dem hhrtenslöcklein
wehren. Tn. Platw 31.
HIRTENSTÜCKLEIN , n. ironisch, stück, that, wie sie ein
hirt ausült, hier vom (,eistlichen hirten, dem papste: und wel-
ches das treulichst hirtenstücklein ist, schickt er (Paulus HI)
. . seinen bruder . . mit eim hör (herr) wider die evan-
gelischen inn Teutschland. Fischart &ieriA-. 132*.
HIRTENTANZ, m. opilionum et pastorum saltalio. Stieler 2256.
HIRTENTASCHE, f. 1) lasche eines hirten : (David) erwelet
fünf glatte steine aus dem bach, und thet sie in die birten-
tassche die er hatte. iSam. 17,40.
2) name der pflanze thlaspi bursa pastoris, auch täschelkraut,
blutkraut. Nemmch 4, 1456; es dient als Llutäülendes mittel, tgl.
oben birteuseckel.
HIRTENTHAL, n. thal in dem hirten wohnen, stilles, beschei-
denes thal:
ihr gabt, ihr nähmet mir Golkoudens königskrone;
ihr führtet mich, der Observanz zum höhne,
vom hirtenthal hinauf zum gold- und marmorsaal,
und wiederum von da hinab zum thal. Bi^RCBR HO';'
mit zugebundnen äugen wurde der unwissende Jüngling ton
der sonne seiner Jugend herabgeführt, und aus dem hirten-
thale seiner ersten liebe hinweg. J. Paul Tit. 4, 58.
HIRTENTRACHT, /'. tracht, kleidung der hirten:
kommt gleich mit hirtentracht dein kleid nicht überein,
so kanst du anders doch nichts als ein hirte sein.
A. Grtpuils 1698 1, 656.
HIRTENTUGEND, f. tugend eines (geistlichen) hirien : daher
ist es auch ganz richtig, wenn man den character und die
höchste aller hirlentugenden in der lehrhafligkeit findet. Lohe
der evangel. geistliche 2. 74.
HIRTENVOLK, n. volk von hirten, nomaden : die geschlechts-
sage eines hirtenvolks dieser gegend. Herder jur pAi/. 5, 291 ;
erfindungen, . . die ein hirten- und ackervolk des westlichem
Asiens betrafen. 290.
HIRTENWEIB, n.:
zurück, verwegner! (schreit
Tritonia), drei schritte mir vom leibe !
vergesset nicht den unterscheid
von einer tochter Zevs uud einem birtenweibe!
WiELASD 10, 188 (</(JS urtheil des Pari*);
du hast dich ja so nettchens geputzt, das bin ich nicht ge-
wohnet, darzu gegen abend wie die hirtenweiber. exorcist 27.
HIRTENZELT, ti..
wenn in meinem birtenzelt
mich ein Unglück überfällt. GöU5ck 1, 59.
HIRTENZUNFT, /". zunft, Vereinigung von hirten. Spee trutZ'
nachtigall 324.
HIRTENZUSTAND, m. ; in Afrika sind die festesten despo-
tien Asien nahe; je weiter hinab, desto mehr ist die tyrannei
noch im rohen zustande, bis sie sich endlich unter den
Kaffern in den patriarchalischen hirteuzustand verlieret.
Herder zur phil. 5,257.
HIRTIG, adj. genügsam in Wartung und nahrung, leicht zu
hüten , dann auch ordentlich, rechtzeitig, schweizerisch, nament-
lich im Berner oberlande gebräuchlich. Stalder 2, 46 : das gute
essen, der ungewohnte wein machte die kinder erst unbirtig,
dann schläfrig und Anne Marie schickte sie schlafen. J. Gott-
HELF sehuldenb. 149.
HIRTIN, f weiblicher hirt: deszgleichen als iun der nähe
die andere bangart und hirten, sambt den bangartiuen und
hirliuen, des Schollentrits gesciuei gehört hatten, kamen sie
. . . mit ihren schludern uud schlingen, üarg. 198' ; er hatte
sich die muglichkeit eines solchen (lebenden) biides (anbetuny
Christi durch die hirten) vollkommen vergegenwärtigt, ein
schöner frischer knabe war gefunden; an hirten und hir-
tinneu konnte es auch nicht fehleu. Götue 17, 270 ;
hört grosxe ajmte hört, hört schönste der binüiueu,
ihr edlen schaler hört, die marter meiner sioueo!
A. Grtpuils 169s 1, 673.
1579
IlIRTISCH — HISSEN
ITISSENBLOCK — HITSCHE
1580
in überlragfner bedeutunq:
hciT, ir habt eine rrume Iroiic »virlin.
die ist ir eren rin treue liiriin,
und hüeiet «ol zu unden und oben, fusln.sp. 105,22.
HIRTISCH . adj. dem hiHen eigen oder gemäss : hirti.srh
pastoral Ronde.\l- 312; Germania . . ffrobcr hirli.''cher sillen.
S. Kr.\nk iceltb. 4S* ; ein büigisch gegend, da eisllirh hirliscli
ein woner gcwe.<ien sind. S9\
HHlTLtlN. »1. junger hii1, lüiienknabe : einst waren unser
zwei hirliin im wald, redeten mancherlei kindlich ding, under
andrem wünschten wier das wir kenden fliegen. Th. Plater
12 (31).
HIRTLICH, adj. dem hirten eigen, gemäsz: pnsloralis, pasto-
rius, pastoricus hirtelich, nd. hierdelic Dief. 416" ; driu almiisen
den hailigen hirten (er:ra7em), bit Uaj si dich behalten mit
hirtlirher ruchc. Haupts zeüschr. 8,115; Maria aus einem hirl-
lich königlichen stamm. Hippel 14, 141 ;
die pfade des wandrers,
der, am tosenden ström, aur zu der hütte sich sehnt,
2U dem ziele des tags, der stillen hirtlichen wohnung. !
GÖTHK 1,314;
hirlliche Schalmeien. Lenau Faust 154;
jeiit ergreifend schnell mit den bänden den hirtlichen knunm-
stab. Ptrkbr Tunix. 3, 3^5.
HIRTSAME, f. rechte und pflichten des hirten, Viehweide, vieh-
trieb: mit hirtsami «nd mit banzuni. teeistli. 4,495 {st. Blasien
von 1383).
HIRTSCHAFT, f. Viehweide: und sol der ammnn an des
gotzhus stat rihten . . umbe hirtschaft, iinibe vischen, imibc
vogelon, umbe lagen und umbe alle azzuugc- weisth. 4, 501
{Schwarzwald r. 1321); hirlschaft, viehhul, viehtrieb Schm. i,iito
Fromm.
HIRZELN, verb. : wenn ein hunl zornig ist, so setzt er
die füsz hert an die erd und widerstrüszel, und widersetzt
sich Tj gentlich {feindlich), und grollet und byszet und billet
umb sich, wenn er lugenthaflig und frülich ist, so hirzlet
er uff dryen füszen, und wedlet und luufet vor anbin. Kei-
SEBSBERG bUg. 146'. dem Zusammenhang nach wie hüpfen oder
hinken.
HISPE, f. : hispen, timbria, est quedam lierba. voc. ine. theut.
k 2". thymbra heiszt sonst der garicnisop ; wahrscheinlich dasz
hi>;pe nichts als eine Verstümmelung von isop ist.
HISS, intcrj. zuruf an hunde :
ein Schäfer spricht da führt mir der böse den leitbock
wieder ins körn ! hiss, wachter den krummhorn dort mit der
schelle ! Voss 2, 178 {idijlt. 11, 58).
im Westfdliichen t^iss! mit dem verbum hissen hetzen, zu dem
die bemerkungen auf sp. 12^ zu vergleichen sind; um Follers-
leben bis! his! Fbomm. 4. 35. 5,147. in Ihsnen ist hisse neben
hieze lockruf und schmeichelname für ziegen. Vii.mar 171.
HISSE, /: eine art winde oder kloben, womit hsten auf schiffen
in die höhe gewunden werden. Jacobsson 2,206*. vergl. das
folgende.
HISSEN, verb. ein schifferwort, etwas mit kloben oder tauen
in die höhe ziehen. Jacobssün das.; rj/. aufhissen th. i sp.n'O.
die dort aufgestellte ansieht von der undeul.vhheit des wortes darf
indes aufgegeben werden, hissen, als ursprünglich niedwdeutsrhe
form in die Schriftsprache nufgenommeu, kehrt so im schuvd.
hissa, sowie in romanischen sprachen wieder: franz. hissrr, ital.
iMsare, span. portugies. izar ; mit langem torale im holldnd. iiij/.eii.
ddn. heise neben hisse, überalt m trchnischrr spiarhe : allge-
meinen gebrauch hat das engl, hiii-t ih die hohe ziehen, und dies
berührt sich wieder, namentlich in bczug auf seine schlieszende
dentalin, mit dem srhwetz. hi'^le, koriihiäle, eine ort kornleiter,
Listen, aiifhisten, die garben auf eine solche leiter hängen, auf-
iiehen. Staldeb 2.47. In ähnlicher bedeutuuy steht das norwegische
krsje, frames or raus on whirh hay or mm is put for drging.
Iwesj;! to dry on h(Tsje (Vicfls.-ion 259') ; isländ. Jiisn lieiszl
funtbus attollere (IlAinARso«! 1,302'). die Verbreitung der auf-
geiählten verwandten formen in mehr odei- weniger zusammen -
sttmmendrr bedeutunq über da% ganze deutsche Sprachgebiet Inszt
die deutscMieü von liisscii und die entlehn ung diaes Wortes roi»
tnten der Homanen ah geirisii erscheinen, dagegen ist nbitam-
mung und eigentliche l>edeulung des wmtes dunkel; ein zusam-
iHenhang mit dem unter Henne sp. 12»W aufgeführten nieder -
dmllthtH hi><Ren remiri /indH tn keinem falle statt, auffallend
üt B. Waidis nufbptzea für aiitlii-itien :
iro rur« »ie Dtch Corioibo neirten,
ir «cfcl gegem wiudi auHicttleD, f.to;i. 2,30, bs,
aber wahrscheinlich für die forschung nach der abstammung des
Wortes bedeutungslos, da der nulnr auf seinen mannigfachen See-
reisen den aiisdruck von den schilfern gehört und nur nach sei-
nevi gehör ungenau wiedergegeben hahen kann.
HISSENBLOCK, m. block mit einem kloben, woran die segel
in die höhe gezogen werden; auch hisseblock.
HISSTAl", n. ein seil auf schiffen, womit etwas in die höhe
gezogen und wieder heruntergelassen wird.
HIST, inlerj. zuruf des fuhrmanns an pferde, links zu gehen,
es steht neben jist und w ist (gramm. 3, 310) und ist der gegen-
satz von hott {das.);
me hört (am sonnfng) im dorf kei hüst und hott.
IIebei. 1 (185,3) 104.
sprichwüitlich er weisz nicht bist noch holt, nicIU rechts noch
links, nicht aus noch ein. Wenn wisl nur eine Verkürzung aus
ahd. winislar, mhd. winster ist {im wetteraiäschen wistchal.
fuhrmannszuruf aus winslerhalp Diefenbach goth. würterb.
1, 143), so darf bist als weitere Verderbnis von wist betrachtet
werden.
HISTÖRCHEN, n. kleine geschichte, nnekdole: es ist ein
bloszcs bislfirchen. Engei. phil. f d. weit l«.
HISTORIE, f schon im mhd. aus dem tat. hisloria, in dem
sinne von geschichtscrzdhlung, berichl herühergenommen :
der biete alher daj öre sin,
so Wirt im ein histörje schin,
diu beide war ist unde guot,
von einem ritter höchgemuot. Purlen(^ier S2S;
hislorie, historia, vulg. geschehen ding. voc. inr. theut. k2*;
auch geschichtsbuch : in der selben nacht kund der köni;;
nicht schlafen, und hies die chronica und die historien
bringen. Esther G, 1. Die streng lateinische form historia ist in
der neuern spräche nur in komischer rede gebräuchlich, und wird
dann auch lateinisch fleclierl:
ist die historia
von Esther in drama. Göthk 13, 19;
die ebentheyerliche doch wahrhaftige historiam von der . .
prinzessinn Europa. Bürger 2o'. volksmäszig ist die form
histori: history historia Maaler226'; dasz man die bilder an-
bete, ist vcrbotlen. aber dysz man sie zum zierat und zur
gcdSchtnusz einer oder der andern histori sich dabei zu er-
innern, auflienge, das ist nicht verbotlen. Schuppius 47. in
dem sinne einer wahrhaften begebenheil der fabel entgegengesetzt :
ich wil dir etwas erzchlen, und es gilt gleichviel, ob du es
für eine histori, oder für eine fabel annehmest. 223; die
predigt von dem reichen scblenmier Luc. 16 sei eine fabel
und keine histori. 670. auch sonst in der bedeutung hergang.
be(jebenheit, ereignis : weiszl, wie wir die werber geprügelt zu
Laulern, und dann die hislori zu Brelzenbeim. Fr. MCller
1,320; seihst im sinne der bildlichen darstellung eines solchen:
die history von erhabner arbeil. oder gewürklen tücheren
und der gleichen, argumentum operis arlali, vel textilis picturae
et fwripetasmatum. Maai.er 220".
HISTORIENMALER , wi. maier der geschichtlichen begelien-
heiien.
HISTOBIENMEISTER, wi. geschichtsschreiber : von den ge-
schirhten sagt PIntarchiis und auch Lucanus und Suelonius,
hisloricnmaisler. d. slädlerhron. 3, 35, 20.
niSTORIENSCHREIBEB, w». schreiber von geschichten, er-
ziihlungen ; das rolk nennt rrmian- und norellenschreibei- so. in
der altern spräche ist es auch der geschichts.^chreiber : hi.<ilorio-
graphus his|orien«breiber, -schriber Hief. 27»*.
HLSTORIER, m.: die spinnenfre>ser. zanbrecher, hislorier
und dergleichen henkerslniben verfiilschen den wurmsameu
auch mit diesem kraul. Tarkrnaem. 51. da der hislorier
hier unter herumziehenden küustlern, die zugleich medizin an-
jmesen und verkauften, aufgezählt ist. so ist mit ihm wol ein
umherziehender geschichtenerzähler oder sdnger gemeint.
HISTt)RIKER, m. qes(hichtsf<trseher und -Schreiber.
HISTORISCH, adj. geschichtlich: hisl. irische Studien machen;
wax hifr er/iilill wird, ist streng historisch; der hrief wird
dir recht sein, er ist ganz historisch {eniMIt nur bericht,
keine refleriim). ChIthe 10, 14.
HITSCHE, f krC>te. Nemmich. als anspachische form bei
Senn. 1,1192 Fromm, erklilrl; anderswo in ähnUcher form:
schles. hels.hr und welsche, nnrdböhm. hAlsche, bremisch üUe,
im Vinschqau hrt|«cli und hol/. Fbo»«. 5, 474. «. l.Vi.
HITSCHE, /. nwdere bank, schemel, zunächst für das au/-
hemmen der füsze, aber auch scherihaß oder verdchllich ßr i/di
kalheder des körsaals gebraucht, in dem Oäkeken Mittut- un4
158U
HITSCHEL — HITZE
HITZE
1582
^uiddeatschland neben hütsche (s. d.) gebräuchlich: und am
fenster {des hürsaal$) steht eine hiltsche, darauf sitzt 'n pro-
fesäor oder so etwas. Claudius 1 und 2, s. 10; da sitzen die
Jünglinge, welche die beste Vorbildung genossen haben, die
es bis jetzt auf erden gibt, oft zu hunderlen vor dem einen
mann auf der hitsche. Diesterweg über das verderben auf
den deutschen Universitäten {lS36) s. 40; einem von der hitscbe
helfen, ihn stürzen : ich konnte diese tyrannische zucht in
der länge nicht ertragen, dachte also auf allerhand mittel,
meinen hitzigen lehrmeisler von der hitsche zu helfen und
mich seiner zu entledigen, d. Leipz. avant. l (1756) 35.
HITSCHEL, f., plur. hitschein, name des schwarzen ht^un-
ders, sanUmcus nigra. Nehmcb 4, 1218.
HITTERNESSEL, f. brennessei urtica urens. Nem.mcb 4, 1535.
neben hcilcrnessel sp. f»2y aus allem cilerncssel {th. 3, 920)
..'ntslellt.
HITZ, adj.: hitz geheizt, auch durcbgrüthig, weisz geheizt
ist das eisen , welches bei dem schnielzprozess von vielen feuer-
Iheilen durchdrungen und schon in die uriszglühhilze gebracht
ist. Jacobsson 1, 4S5. das wort hat sich in der tecJinischen
Sprache der eisenluUlen erst aus dein subst. kitze (4, a unten)
herausgebildet.
HITZBL.VSE, f. blase die die hilze emporlreibt. dim. hitz-
lilüscben, namentlich von den kleinen blasen, die in folge in-
nerer hilze an einem theile des körpers entstehen: peinigt dich
noch stark, liebe, dein hitzbläschen auf der zunge? J. Paul
heibslblumine 3, Sl.
HITZBLATTER, f. dasselbe; bildlich: diese sunimersprossen
und hitzblattern des reiselcbens. J. Paul ßegelj. 1, 13C.
HITZBRLNSTIG, adj. vor hilze brennend: im gelben hilz-
brünstigen Mars. Fischart groszm. 69.
HITZE, /■. aestus, calor, fervor. allnord. bila neben dem
rnusc. biti, ahd. bizzca, bizzu, mhd. hitze. sp. 903 ist darauf
aufmerksam gemacht, wie das adj. heisz calidus in engen ety-
mologischen beziehungen zu dem adj. bei trocken, dürr sp. 794
stehe, als dessen wurzel deutsch bi anzusetzen ist, eine würzet
die mit diphthongiertem vocal aiiszer in den oben genannten Wör-
tern gewiss auch in hei-ter sp. f'21 und seiner sippe erscheint,
mit einfachem in sskr. ci-Ira hell, glänzend, so wie in hi-lze,
dessen sufßx ah ein parlicipia der nutwendigkeil und zustands-
wOrter bildendes {sskr. -tva und -tjii) angesehen werden musz.
hitze ist daher nur ein seilen verwandter von heisz, aber insofern
mit diesem aufs engste verbunden, als es als zustandsbildung zu
dem adjeclivberjri/fe {wie sonst beispielsweise die milde zu mild,
die helle :« hell) fungiert, weil die eigentliche legitime bildung,
die heisze {sp. 90s), verkümmert ist.
hitze bezeichnet einen hohen, für das geßhl üechenden oder
brennenden Wärmegrad, in mancherlei weise.
1) von der sonne oder dem feuer ausgehend: die hitze eines
erntetages ; in dem zimuicr ist eine grosze hitze ; bei der
gröszten hitze im jähre, anni tempore gravissimo et caloribus
maximis. Steinbach 1,75S; von hitze ausgetrocknetes land,
lonens aestu terra. Frisch 1, 456' ; vor hitze zerschmelzen,
sdvi, liquescere aestu. das.; und bleibet nichts für irer {der
sonne) hitze verborgen, ps. 19, 7 ; wird eine bütten sein zum
schatten des tages für die hitze, und eine Zuflucht und ver-
bergulig für dem weiter und regen. Jes. 4, 6 ; diese letzten
haben nur eine stunde gcerbeitet , und du hast sie uns
gleich gemacht, da wir des tages last und die hitze getragen
haben. Malth. 20,12; da aber Paulus einen häufen rciscr
zusamen raffelt, und legt es aufs fewr, kam eine otter von
der hitze. apostelg. 2S, 3; treibt nun in der hitze den berg
nicht weiter hinauf! hier ist eine wiese zum ausruhen. GOthe
U, 19;
der edel küuic, der milde küuic bat mich beraten,
<lai5 ich den sumer lul^ und in dem winter hitjte hdn.
Walther 28, 35.
der kälte und dem frost entgegengesetzt: der bauer inusz in
liitze und in külle hinaus aufs feld ; so lange die erden
«lebet, sol nicht aufliören samen und ernd, frost und hitz.
Sommer und winter, tag und nacht. 1 Mos. ü, 22 ;
behaglich fTthlst du dann die rast
vom thun in hiz und kälte. Voss 4, 271.
sjirichwöitliih : er gedachte : viel Zahnstocher geben auch eine
hitz. Simpl. i,X>l Kur:.
2) hitze im innern des menschen : da; hirn ist kalter nätftr,
als Aristotilcs spricht, und da; herz ist hai;er nätftr, und
dar umb ist da; birn gesetzt aber da; herz, da; des herzen
kitz des hirns kellen senftig. .Mege.>8ERG 6, S; der wein, der
punsch macht ihm hitze;
in seinem Überrock bis an die nasenspitze
gewickelt, hält er über hitze
sich mehr als über Irost beklagt.
WiELASD 21, 278 (Ktetia u. Sinib. 5, 187).
namentlich
a) in der krankheit , im fieber {vgl. Qebcrhilze): der herr
wird dich schlaben mit schwulst, fiber. hitze. 5 .Vos. 2S.22;
ja, in der hiire spricht
ein kranker oft zum arzi: ich bab das Geber nicht.
GÖTHE 7, 17.
bei ScHUPPius aber als gegensatz des fieberfrostes und als zeiche*
der genemng: gott, der die schinei-zen lindert, der die kalt
in hitz temperirt, welcher ihm diesen patienten gar wul last
befohlen sein. 697.
b) in der liebe {vgl. brunst, liebesbninsl) :
als Myrta nun und Filidor mit tust
empfunden gleiche hitz und lieb. in ihrer brusl.'
tWECKBERLI!« 753;
hier mag sich die hitze ein wenig kühlen.
KoTZEBCE dram. sp. 2, 292.
c) in aufwallendetn zorn, ärger: erinnert ab«*r den zorhigen,
dasz er ja nicht so bald in die hilze trink«: es möchte
ihnie schaden, interim 107; daher ßtr diese affccte selbst gesetzt:
die hitz, das ist. ein gäher zorn der (lux koinpt, und auch
behend hinwäg gadt. M.ialeb 226'; ist ihre hilze bald vorbei?
Geliert 3.236; nein liebes kind. du kömmst recht in die
hitze. du schniählst auf mich und meinen geliebten. 21 ; wer
sie {die ohrfeü,e) giebt wird nichts als pöbelhafte hitze, und
wer sie bekömmt nichts als knechtische klcinmuth verrathen.
Lessi?(g 7,252; was wollen sie von mir. berr Gumpel? ver-
setzte Hyacinth, nicht ohne anfliig von hilze. H. Heise 2, 253.
d) hitze des eifers, der begierde etwas zu thun : ir lieben,
lasset euch die hitze so euch begegnet, nicht befrembden.
die euch widerferet, das ir versucht werdet {urj ^ni^ea&e
xfl h> vfüv Ttvooiaei Tt^ös neipaoftöv vtiiv ynoue'iT]).
I Petr. 4, 12 ; weil die sache für die hitze und den eifer zu
lange währt. Imsierma.nn Münchh. 1, 1S4; in der hitze der cr-
findung, da ich ganz von meinem gegenstände durchdrungen
war. GöTHE 18,36; diejenigen, die in der folge mit der gröszlen
hitze an meinem verderben arbeiteten. Wieland 2,111;
gib dasz mit newer hitz und tbränen
ich reinige mein alte brüst. Wecshesli?« ö ;
so fühl ich auch nicht hitz auf hofegunst t\x schnappen.
1* LoGAC 1, 97';
doch, wiszt ihr, in der hitze des verfolgensl
verliert man bald den anfang aus den äugen,
. Schiller Piccut. 3, 1 ;
sprichwörtlich :
hitz im rat, eil in der fhat
gebären nichts dann schadt. Lehiia:«!« 72:
es heiszt die erste hitze : sie kennen mich, und ich kenne
mich selbst ; ich musz meine erste hitze zu nutzen suchen,
wenn ich etwas zu stände bringen will. Lessi."<g 12,115; was
geschehen ist, ist in der ersten hitze geschehen. Götde S. 141 ;
die erste hitze trinkt oft gift vor gerstensaft.
GÖNTHER bei Steinbach 1, 75«!.
Iliegende hitze : drumb kam inirs oft an wie eine fliegende
hitze, dasz ich zu meinen bücbern rantc und studierte auf
einen doctor los, dasz mir der köpf hiitle infigen rauchen,
jujmd eines reuigen Studenten A4'; er erlaube mir, dasz ich
bei seiner fliegenden hitze für uns beide Überlegung behalte.
Lessing t. 593;
der mäszige wird öfters kalt gedannt
von menscheu, die sich warm vor andern glauben,
weil sie die hitze fliegend überfälll. Götbe 9, 151.
e) auch die aufregung des kummers, die nnstrengung der arbeil
begreift man unter hitze: er liegt in der hitze {hat verdrusz).
Lehmann 95; bei einer schweren arbeit hört man sagen: das
wird noch hilze kosten, ehe es fertig ist. vgl. unten 4, b.
3) hitze u«c/i das im menschen hUze erzeugende: der wein
hat hitze {wie sonst hat feuer).
4) hitze. in der technischen spräche.
a) die schmiede nennen hitze eine erhäzuny des eisens und
Stahls in der glut der kohlen, die dem schmelien nahe kommt,
und nur alsdann staltßndet, wenn zwei stücke eisen zusammen
geschweiszt «erden sollen ; hitze geben, eisen und stahl im kohlen-
I fever bis twr idtMÜihitse glühen lassen. Jacobsson 2, 266*.
1583
HITZE — HITZFLAMMEND
HITZGEITIG — HITZIG
1584
b) bei den gerbern wird durch bilze die hohe temperalur des
auf einander liegenden gewalkten leders bescichnci, wovon es gelb
wird. Frisch 1, 456'.
c) liitzp, eine gewisse anzahl schlage bei einsloszuttg der pfdhlc
mit rammen, nach der entweder die arbeilvr von andern abgcldsl
werden, oder einige minulen ausruhen, man rechnet zwanziq
schlage auf eine hilze, und zahlt nach hitzcii die schlage die
ein pfähl erhalten, zwölf liilzen müssen in einer stunde gelhan
werden. Jacobsson 0. S7'. ebenso heiszl liitzo eine anzahl hinter
einander folgender schlage bei der bohrarbeit. Vkihi bergub. 27;f.
d) liilze bei den backen so viel backwaare, als bei einer durch-
heizung des backofcns gebacken werden kann : pncgoii llpiszigc
haiiswiillir viel lnods zu li.ickcn, olzlicho hilzcn oder gelieclvc
hintereinander. Pistorils salurn. (l6G:i) 3SS;
das brot ist lieiit wol gangen al).
weil ich dann keinen vorralli liah,
so wöll wir abbarliet) ein hitz,
dmmb tiiu den ofcn heiuen itzl
J. Ayrer fnnln. sp. 87' (•2777, 2.5 Keller);
vnd die bereitung dieser backwaarc selbst :
wenn wir mit der bilz fertig sein. 87' (2778, 25).
5) hitze, der wcisze klebrige saß, der von der slute geht, wenn
sie hitzig oder brünstig ist. Jacob.sson 6, 87*.
HITZE. /". ziege; vgl. liilzlein.
HITZEGRAD, m. grad der hitze: platin schmilzt nm- bei
einem hohen hilzegiad.
HITZEL, m.?: ellirhe klagen, wie die liiicker so viel hilzel
nehmen, andere lieschweren sich, dasz .sie nimmer kein recht
aiisgebacken brnd bekommen, baurenst. laslerpr. SO. liitzei
mu$z sein was liitze 4. c, die reihe backwaaren, die auf einmal
in den ofen kommt.
HITZEN, verb. calefieri und calefacere; in der öinen form
sind, wie schon im mhd., ahd. hizzön und hizjan zusammen
geschlossen.
1) heisz sein oder werden: secz das schmulcz iiber das fewcr.
lasz (lasz es) hiczen. kuchenmeisterei c6'; dasz dise hitzige
fewrige wnrzel im mund liilzet um! brennet. B^ck kräuterb.
363; alle glider hitzen, und sonderlich ist der atlien sehr
hitzig. Zeche.ndorfer 1, 1 ;
(irir) lernen täglich wissen,
dasz bloszes fleisch und blut den Himmel nicht besitzt,
der nach der seelen sieht, die von nichts andres hitzt
als ihres Schöpfers briinst. Opitz.2, 120;
wenn wir edlen menschen sitzen
umb den ofen und ein glas,
und an seel und Icibcrn hitzen.
Fleming 85, 330 Lappcnb. ;
wie hitzt, wie brennt der vatersinn,
wie gibt und .schenkt er alles hin. P. •eiiharu 23, 2 ;
frauenvolk ist offenherzig; so wie sie sich kleiden itzt
geben sie vom herg ein zeichen, dasz es in dem thale hilzl.
LoGAU 2, 219, 49 ('won den culblösten hrüiilen").
2) heisz machen, hitze geben (vergl. auch erhitzen th. 3,850),
verschieden von heizen sp. 929, das in sehr abgegrenztem] ge-
brauche ist.
a) ohne objed: der h. gcisl ist als ein feur, das schmelzet,
hitzet, reiniget und ausbrennet. Scriver seelensch. i, 394 ;
was der verbrannte moor besitzt,
wo stets die rothe sonne bitzt. Opitz 2,92;
diese Steinkohlen hitzen schlecht, holz hitzt besser; dieser
wein hitzet stark, vinum hoc nimium caloris facit bibentibus ;
vis ejus nimit est excalfactoria. Frisch 1, 457' ; fragten, wie ihm
das wasser {augenwasser) 'bekommen wäre, er sprach: es
hätte ihm in den äugen gehilzet. Wesenigk böse spielsieben
(1702) *. 71.
b) mü objed im accusativ: thu schmalcz doran, bicz sie in
einer pfann. kuchenmeisterei h 7 ;
ah! «flbt es lieber an, umb euren hasz zu wezon,
bizt euem zorn damit, mich in den tod zu sczen.
UkErLiNGER Cid CS>:
re^arde-le plutöt pour exciter ta halne,
pour croitrc la colire, et pour biter ma peine.
HITZEK, m. für heizer {tp. 929): kalkbrenner, ofenhitzcr,
wollzeiser. Fischart ^roiim. 78.
HITZESCHIHM, m. schirm vor hitze, bezeichnung der bäume :
ihr binmc Jupiieri, der hinchea aufenthalt,
der leichten nindin ruh, ihr biuicr der geflijfcrl,
ibr friachcr hitzetcbinn. Opitz 1, Ol.
HITZFLA.MMEND, pari.:
»ie «pracb .- ob ich nit mit erweck
in <l!r <.i.. hKrAnmend begir.
H. PoLt <n* Mn fa$tn. tp. 12M.
HITZGEITIG, adj. hitzig, eifrig verlangend: so die malrix
so hitzgoitig ist, und der spernia den gcwalt iiinipl, das er
nit kompl in dir zelje dos kindes. Paracelsus chir. sciir. 274 C.
HITZIG, adj. und adv. , hitze habend, hitze gebend, mhd.
liitzrr. nach dem verschiedenen gebrauche des ihm zu gründe
liegenden Substantivs.
1) bezüglich der hitze der .<!onnc und des feuers, wo gewöhn-
licher heisz (sp. 903. 904) gebraucht wird, sowie bezüglich des von
ihnen erhitzten :
clär hitzec sunnenblicke,
des mänen kelle, des regens sprät.
minnes. 2, 390' Ihvjen;
im julio werde nichts hitziger .«»ein als das Teuer. Schuppius
576; ich gieng durch einen hitzigen und sieinachtigen wäg,
aestuosa et pulverulenla via Her conßciebam. Maai-er 226'; ein
hitziges klimn, in dem anhaltend eine hohe temperalur herscht;
die haselnüsse lieiszet man in hitzigen und warmen landen
avellaniers. Sebiz feldb. 347; hitzig eisen, ferrum iijnilum,
candens. Stiei.er 823;
weil das eisen noch ist hitzig,
schmiede, krümme, mache spitzig, arnh. spruliw. 11.
auch bildlich und obscön : dn wurdt dem müiich das eisen ganz
hitzig und woll daran. Zimm. chron. 4, 106, 15.
2) bezüglich der innern hohen wärme hei menschen und thieren,
die zu erhöhten Icbensäuszerungen antreibt: er ist von hitzigem
gel)lül ; sclinalle und liilzige natur, praeproperum uc fervidum
ingenium. Maalhr 226'; hitzige leibesbeschaffenheil, calidior
natura, colera. Stiei.er 823; die sperken sind mör hitziger
nätftr denn all ander vogel, und darumb entzündcnt si da7,
bluot und machent ej aufwallend, und da von sint si auch
gar unkiiusch. Megenberc 220, 7; die fuchse (p/errfe) sein von
dem feucr cholerischer comple.xion, daher sie mehrcntheils
feurig, hitzig, begierig, freudig, aber darbei auch zornig und
ungedultig. öcon. lex. (1730) 1865. scherzhaß sagt man von dem
der viel trinkt: er hat eine hitzige leber. — Namentlich,'' '
a) hitzig in bezug auf krankiwiten : (zimmet) ist guot in
hitzigem iieber. Megenberc 364,32; das geringste ürgernisz
kann mich so mitnehmen, als andere leutc ein hitziges fieber.
Gellert 3,255;
bis der brausende wintor auf Schneegestöbern einherzieht,
hitzige Seuchen verjagt. Zacharia lagcszciten (1757) s. 11.
b) in bezug auf liebe: hitzige liebe. Happel acad. rom. 67;
der hitzigsten liebe grund. Weckuerlin 706;
oder auf begierden: dasz sie . . besagten Fritzen seinen hitzigen
begicrdcn nach in das garn laufen lassen . . weite. Simpl.
4, 69 Kurz;
bei leib erzeig dich nicht unziiclitig oder hitzig.'
Weckuerlin 741 ;
adverbial :
sie flog voran ; Apollo keuchte
ihr hitzig nach. Hölty 3 llotm.
c) in bezug auf schnell aufwallenden, gähen zorn und ärger:
hitzig, zornig, fervidus, hitzig sein von zorn, fcrvere iracundta
Frisch 1, 456' ; er ist hitzig vor der stirn, aeslual ira. Stieler
823 ; mein freund La Roche hat das beste herz von der weit I
ich kenne ihn. aber er ist hitzig vor der stirn. Schiller
pdrasit 2,4; so wie in bezug auf die äuszerungen einer solchen
gemiitsstimmung : hitzige oder zornige brief, ardenles lUterae
Maaler 226'; hitzige reden, verba acerrima, furiosa. Stieler 823;
dasz hin und wider ctzliche hitzige und stechende wort mit
unterlaufen. A. Grvphiis 1698 1,183; es entstand ein hitziger
rangsireit unter den thieren. Lessinc 1, l.'>7.
d) häufig auch in bezug auf schnellen, brennenden eifer und
begierde etwas zu thun, obschon in diesem sinne der wnW.'rn/'n
Sprache weniger mehr gerecht, und gewöhnlich durch eifr
in mehr tropischer rede durch feurig ersetzt: hitziger jii
animis ralidus juveni.i. Maaieh 226'; haflig hitzig, H
fervidus, fervens animus. das.; einem hitzigen köpfe wn
und weile lang, animo cupientt nihil satis feslinatus. STEi>UAi.n
1,759; alter als ein hitziger .spiier, der des seckis zu dem gelt
geruten wil, hat er allen Unfall verarhi. Witw.v. Schaumb. 3'2;
er war kein hil/iger \erehrer der Wahrheit. Hahener 2. Vi.
Vi heiszt hil/.ig sein in etwas, zu etwas, auf etwa.s: ah lieber
herr gotl \ater, erhalte uns warker und frisch, hitzig und
vieiszig in deinem wort und dienst. Lithkr 6,309'; auf dasr
er {der heil, gei.il) den irthum wegreuine, und un» hitzig zur
Wahrheit mache. G. Wicelius psaltes ecdesiasticus (15.VI) 113':
Tuti meiner befOrdening, auf die ich eben nicht sehr hitzig
1585
HITZIG — HITZKOPP
HITZLEIN — HO
1586
bin, wissen andre leute immer mehr, als ich selbst. Lessing
12,30; adverbial: mit den starken bänden den teig hitzig
kneten, pers. rosenlh. 1,3S; sie hätten bald hitziger, bald be-
quemlicher arbeiten können. Lessisg 6, 121 ;
kennt ihr den mann, der, als er nach den Sternen
zu hitzig sah, in eine grübe fiel? VVieland 9, 145;
wie magst du deine rednerei
nur gleich so hitzig übertreiben?
ist doch ein jedes blättchen gut. Göth« 12, 87.
so auch in bezug auf die aus solchem gemitt hervorgehenden
thaten: mit ewrem hitzigen herzlichen gebet. Lcther 3,414';
item ein gut gebet sol nicht lang sein, auch nicht lange auf-
gezogen werden, sondern oft und hitzig sein. 6, 314' ;
mit guter andäclit zweimal tet
ein brüder hitzec sin gebet, pass. 523, 94 K^e ;
du (i)oli) hast dich, als wir sind mit hitzigen gebeten,
und andacht sonder falsch für deinen thron getreten,
ganz väterlich erzeigt. Opitz 2,36;
wann s. Andreas-abend kümt, pflegt jeder der sich wii beweiben,
auch die die sich bemannen wil, ein hitziges gebet zu treiben.
LoGAU 3, 253, 205 ;
die jenige predigt, die mehr ausz der postilla als ausz rech-
tem herzen geschOpfet wird, ist nicht so warm und hitzig.
ScHCPPiüs 533 ; und kam deshalben ein ganz hitziger allerma
in die knecht. Wilio. v. Schaumb. 114 ; die hitzigen entwürfe
des königs. Dahlma:«^ dän. yesch. 1,199;
frolich wollen wir alleluia singen,
aus hitziger gyr unsers herzen springen.
/oH. Agricola psalmus: laudate dominum
omnes gentes ;
sie (eine Jungfrau) weisz gleich gut zu künnen
Tyrtxus muntre kunst, als wol ein griebisch mann,
der durch ein hitzig lied auf seinen feind entbran.
LoGAü 2, 14.
e) hitzig auch eifrig, fanalisch in religiösen meinungen : dasz
die hitzige Jesuiter lieber wollen, dasz die verfluchte teuf-
lische lehre desz Mahomets fortgepflanzt werde, als dasz
sie uns und unsers glaubens genossen dulden sollen. Scncp-
pics 3T4 ; ein hitziger eiferer für die katholische religion.
Schiller S29.
3) hitzig, von hitze erzeugendem : si {die tauben) habent gar
prinnenden und hitzigen mist. Megenberg 181,11; Galienus
spricht, so der wein ie elter ist, s6 er ie hitziger ist. 351, 18;
dise hitzige fewrige wurzel. Bock kräulerb. 36S ; eine hitzige
speise, esca fervens. Steixbach 1, 758.
4) hitzig, in der technischen spräche.
o) in der landwirtschaft heiszt hitziger boden solcher, der zu
schnell trocknet und treibt : steinigt- und auch zugleich sandigte
äcker, welche sehr hitzig sind. öcon. lex. (1730) 590.
6) im hüttenbau sind hitzige gesteine die leicht fliissigen eisen-
steine, gegeniiber den streng flüssigen, kaltbläsigen {theil 5,85).
c) beim Schmied ist das eisen hitzig, in der weiszglühkitze.
d) hitzige äugen, bei den pferden, solche die entzündet scheinen,
öcon. lex. 156.
e) hitzige wuth, eine art der hundswuth. das. 2726.
HITZIGEN, verb. hitzig, heisz machen : wem diu gelider wS
tuon von vallen oder von andern sachen, der hitzig rauten
in ainem Scherben und pint die dar auf. Megenberg 417,29;
dann die luft das fewr hitzigt und sterker brennen macht.
Paracelsls 1,890C; (die vogiilkirschbdume) können übel warme
luft erleiden, darum begeren sie kein mist, dann der misl
hitziget sie. Sebiz feldbau 347. intransitiv: do sprach der
satirus: ich hab an dir gemerket das dein mund widerwer-
tige ding vermag, er hitziget und kellet {bläst warm und kalt).
Steinhöwel (1555) 89.
HITZIGKEIT, /. eifer, begierde {nach hitzig 2, d): so macht
der feurige geist eine schreckliche, grimme hitzigkeit. J. Böhme
Aurora {Stuttg. 183.5) 134 ; von dergleichen schädlichen hitzig-
kciten und unzeiligen äuszerungen künftig abgehalten werden.
Leibsitz 2, 372.
HITZIGLICH, adv. ferventer. Maaler 226'.
HITZROPF, m. von einem menschen der leicht in hitze, zorn
gerät; nach köpf H, A, 5, theil 5, 1765, vergl. auch 5, f sp. 1767:
das sind hitzköpfe und gleich oben hinaus. Göthe 27, 188 ;
ich war ein hitzkopf. Arni« schaub. l, 103; mit dem jungen
Terliebten hitzköpfe mochte er nichts zu Ihun haben. Immer-
iiA!<N Münchh. 4, 41 ;
er ist ein hitzkopf, gott! der keine seele schont.
Körmbr 3, 314.
vergl. auch heiszkopf sp. 919.
IV. II.
HITZLEIN, n. zicklein; es wird gebraucht neben kitzlein {theil
5, 8S4):
wer hat schössen dieses rech . . .
armes kitzlein ! rrommes bitzlein ! Spkk Irulzn. 299.
tu Hessen ist hitz und hieze lockruf für die liege. Vilmar 171.
vergl. oben unter hiss.
HITZLICH, adj. eifrig {vgl. hitzig 2, d) : eins tiefen weges
han ich da war genomen, da man stolcz hircz nach hicz-
lichem ernst hat nider geleit. Suso briefe 47.
HITZSCHVVÄCHE , f. jähe verdorrung der bäume, sideratio.
Stieler 1949.
HITZSTICH, m. heiszer stick der sonne: die sonn hiit mit
den bitzstichen . . haftig und kräftig an. Fiscbart ehz. 431 ;
wan wir dein hitzstich heut emplinden.
glückh. schiff 211 (dicht. 2,185 Kuri).
HITZCNG, /". aestualio, flammatio, fervor. Stieler 823.
HL\EN, verb. schlucken, schluchzen, ein lautmalendes wort,
das bereits unter dem gleichliedeulenden besehen sp. 1266. 1267
besprochen ist: hixen oder schnupfen, das hixen haben, singuUire
Maaler 226*.
HM, interj., wie hem sp. 979,
1) eines sich räuspernden : hm, hm I es lebte vor einigen
Jahren hier im dorf eine wittfrau {beginn einer längeren münd-
lichen erzäfüung). Fr. MCller 1,299; unter dem sprechen zog
sie zuweilen ein ungemein holdes . . hm nach. J. Padl Tit. 2,64.
2) eines überlegenden, bedenklichen, zweifelnden : L. wie fällt
ihnen der ein? er ist ja in der Stadt geblieben. T. hml er
könnte ihr doch wol gefolgt sein. Gotter 3, 331 ; hm, Faust,
es fehlt den teutschen weibern . . nicht an genie. Klixger
3,161; hm! was will ich denn? etwas abscheuliches musz es
sein, weil dieser mensch dazu rathet. Schiller kab. u. liebe
3,6; wenn wir nur einen prozess oder ein actenstück ihm in
der ferne zeigen könnten I . . . mit speck fängt man mause —
hm ! wie ? ja — was — richtig — ich habs — victoria I Immer-
MAM!« Münchh. 4,138; hml hm! freilich, freilich! Kotzebce
dram. sp. 3, 240 ; hm ! Rose, du hast recht. Göthe 14, 255 ;
hm — ja — so — ja, ja!
Schiller Wallenstein* tod 2, 5.
als neckischer kehrreim eines liedes:
es fing ein knab ein vögelein.
hm! hm!
da lacht er in den käfig nein,
hm ! hm !
so ! so ! Götbk 8, 113.
auch auf eine frage, um einer bestimmten antwort auszuweichen:
Märten, wo kommt ihr her? Schnaps, hin! hm! 14,262;
wirth. und gnug, ich schafT ihr geld. da sein sie gar nicht bang« 1
Alcest. sie wissen also? ir»r(/i. nm! ich brings heraus das geld.
7,86.
3) eines verwunderten : hm ! dachte ich bei mir selbst, es ist
eine kuriose weit. Salzman.x Konrad Kiefer (1845) s. 41 ;
hm! dacht ich, welch ein hartes köpfchen
steckt in den lieben blonden zöpfchen!
J. F. Kind gedickte,
vergl. auch hum.
HO, interj., einen lauten und gröberen annif in sieh schlieszend,
vergl. unter ha sp. 5.
1) es ist ermunternder zuruf an Ihiere, so in Baiern hö, h6
ruf an das uneingespannte rindvieh, wenn man es zum kommen
ermuntern will. Schm. 1,1030 fromm. ; au pferde : man hat das
knarren der wagen und ein ho ! ho I schreien, die pferde
anzutreiben, . . gehört. Grimm d. sagen no. 170; der Jäger hetzt
die hunde auf den hirsch mit do, do, ho, ho, dabo, daho.
Sebiz feldbau 567.
2) auch anruf an menschen: in Tirol antwortet das kind auf
den ruf der mutter mit hö ! Fromm. 6, 152 ; der schi/fer ruß h6 !
beim landen; vergl. nnten hoiho und hullaho; ho, oho, ein
stimm gebraucht wenn man ein bekanten oder freund unver-
sehenlich sieht. Maaler 226';
trat das herrlein mutig hinan.
sprach, ho glück zu mein lieber mann,
ich bin an ewren see ankommen.
Froschmänseler C8' (b. 1, cap. 2);
bald neck ich hier, bald da die leute,
und mit hihi, haha, hoho
verfiihr ich ein bestandiges hailoh. Göthk U, 339.
bei BCrcer selbst als leiser liebesruf:
da horch ! ein süszer liebeston
kam leis empor geflogen,
ho! Trudehen, ho! da bin ich schon!
risch auf! dich angezogen! 53".
too
1587
HO — HOBEL
HOBEL — HOBELBANK
1588
auch als sckmerzensntf: ho, ho, ho, ho, mein gott helf mir.
Garg. 208*. .
3) interjedion der Versicherung oder betheuerung : ho bei gott
domine jungherr, ein gut paar schu . . stehn nicht zu ver-
achten. Garg. 153". verdoppelt, mit Iriumphierendem beisinn:
hoho, wes habend meine gespilen gepOegen ! fastn. sp. 495,27.
in der Verbindung o ho: wie, diesz monstrum wird hier zu
sehen sein? o hol drei batzen für meinen eintritt! Fr.MCller
2, 122. . . . • L
4) interjedion des einwurfes und Zweifels, meist mit höhnischer
nebenbedeutung :
Villa. ja wie lange wird der vorrath währen,
wenn man den so liederlich verpraszt.
Stransky. ho ! wir werden heute nicht verzehren
was verhanden. A. Grtphius 1698 1,643;
ho, närrinn, so hab ich es nimmer gemeint!
wie kann ich zum weihe dich nehmen? Bürger 61 .
vielfach verdoppelt auftretend : hoho, sprach Gurgelstrosz, haben
die klüsterschatten solche kraft. Garg. 259'; hoho! sagt der
baur, es ist noch niendart das ziel verfallen. Wickram rollw.
73, 17 Kurz ; Susanna, wers doch nicht wunder, das das fewer
welches Sodoma und Gomorra verzehret hat, ietzundcr vom
himel fiele und verzehret euch beide alten buben zusehendts.
Simeon. hoho das fewer ist lange verleschet. H. J. v. Braün-
scnwEiG 63; ho, ho! meister Hans werfet das heil nicht zu
weit, interim 194. 342; L. ein mann, der alles gut sein läszt.
A. ho! ho! alles? Lessing 1,259; ho! ho! wird man mir
nunmehr entgegen rufen, diese stelle war wohl noch nüthig,
uns recht mit der nase darauf zu stoszen? 4,81;
ho ho! du närrchen, welch ein wahn! Borger 29";
auch der ironiscfien Verwunderung : ho! ho! sie machen verse?
Lessinc 1,289; ho! ho! ich fange gar an zu moralisiren.
12,263; Faust, die inoral will ich hören, teufel. ho! ho! soll
diese der teufel auch machen? Klinger 3,161; endlich der
Zurückweisung eines zweifeis: H. wird man mir auch glauben?
Fr. hoho ! dafür lasz mich sorgen. Schiller rdubcr 2, 1.
5) eine redensart und damit ho {wie unten damit holla)
genug, fertig, abgemacht, läszt sich wol zunäctist an no. 2 und 3,
die antwortende und betheuernde kraß der interjedion arikhnen:
kompstu in einen sack, so spot man din, kompst du den in
einen samaten rock so ergcrt man sich, darumb halt das
recht mittel, trag einen guten mantel und schub (schaube),
und do mit ho. Keisersberg bilg. 58*.
HOBEL, m. runcina, planula.
1) der name dieses Werkzeuges, heute allgemein deutsch, scheint
dennoch zufrühest nur niederdeutsch gewesen zu sein, zwar be-
gegnet mhd. hovel in dieser bedeutung im Parzival, der goldenen
schmiede und bei Suchenwirt je einmal (Ben.-Müller 1, "23'),
aber in bildlichem gebrauch und so dasz es den eindruck eines
unifcwohnlichen wortes macht, dagegen haben die vocabularien,
die seit dem 14. jahrh. entstanden, soweit sie niederdeutsch sind
oder auf niederdeutschen einßusz zurückgehen, das wort überein-
stimmend und häufig: dolabrum ein hofel, hobbcl Dief. 189";
leciga, levigal stoyszbloch 1 hobbel, hubel, hobel, hobbcl, hofTcl,
hofel, en hovel den de tymmerlude hebben 325'; leviga hovel
dar me dat holt mede suchtet nov.gloss.2i2*; während gleich-
zeitige oberd. vocabukrien entweder andere worte dafür setzen (stojc-
bloc; stosz-beumlin ; gestosz-ysen, stosz-isen 325', schliclit-
holcz 440') oder das wort noch durch ein anderes erklären {plana
ain sloszblock t hobel 440'). immerhin darf für das 15. jahrh.
die Verbreitung und der allgemeine gewöhnliche gebrauch des worles
auch für Oberdeutschland angenommen werden, neben der gewöhn-
lichen form geht eine mitteldeutsche hubel, die noch im V. jahrh.
schlesisch iU:
hie ixt mein schurzfeil und mein hubel.
macht doch nicht einen solchen trubcl.
A. Grtphius 1698 1,743;
und eine umgelauiete, nd. hövel, die vielleicht alt ist, aber sich
erst tpäter nachweisen Idtzt : hC>\cl brem. wb., bowel Schamb. 80*;
böbbel um FaUersleben Fnouu. 5,148; ihr entspricht eine wn-
gelautele mitteldeutsche: hübel planula Alb. yl", neben hobel:
doUüieUa ein hübel, schroliiobel 11 4*; vergl. auch unter hobel-
ei«en; Stieler 805 idhU die formen liebel, hobel, höbel und
hefcl auf, mit der pluralfnrm hcbel ; in der neuern spräche ist
eine umgelatUele pluralform i/anz vergessen, den umlaul zeigt
aurh dm wol aus dem nd. entlehnte dänische hJivI, schwed. höfvcl
und liyfvel, während die altnordiarh noch nicht heieuijte, erst
uland. form helill auf den zusammenhami des wnrirs mit dn
wurul haf, golh. haljan heben am dfutlirhslcn hinweist
2) hobel ist das Werkzeug der holzarbeiter, um holz eben und
glatt zu machen; auch in der eisen Industrie wird der hobel zur
glätlung des eisens verwendet, nach grösze, form und Wirkung
wird durch composilen unterschieden (bank-, faust-, grund-, kehl-,
leisten-, nuth-, schrot-, schlicht-hobel u. a.); hobel, rauch-
hobel, scalprum, dolabra, dolabrum, dolabella M aaler 226*.
scherzhaß erwähnt Fischart eines hobeis zum zerkleinern der
grünen Graubündcner kräuterkäse: stunden derwegen da vil
krautige, külreckige, graszgrüne schabziger, sambt den hol-
eisen und hobeln ausz Schweizcriand. Garg. 55*.
3) redensarten. den hobel fühlen: bei keiser Oltens hart,
dein mann soll den hobel fühlen {gezüchtigt werden)\ Ernst
hktor. bilderhaus (1686) s. 141; den hobel ausblasen, in den
hobel blasen, als Umschreibung einer rohen einladung {vgl. theil
1.566.833. 2,69): sie künen mir und den herrn Zürichern
alle mit einander mit sal veni zredn den hobel auszblasn.
Schwabe tintenf A8*; fertig bin ich. wem ichs nit recht
ginacht hab, der kan mir itzunder den hobel auszblaszn. s. 74 ;
allachement und ehrfiircht blas mir in hobel. Fr. Müller 2,44;
vgl Fromm. 6,279.
4) hobel bei den sammctwebern, eine in dem sammetsluhlc ein-
genietete messerldinge, womit die kettenfäden aufgeschlitzt werden.
Adelung, vgl. driet theil 2, 1409.
5) in Appenzell ist hobel, plur. höbel, das Schneidemesser in
obslmülUcn zur Verkleinerung des vom tricliler herabgkitcnden obstes.
Tobi.eu 269".
6) hobel, eine art fischnctz, das wie eine reuse eingerichtet und
qebraucht wird. Schm. 1, 1039 Fromm.
7) auch der teufel wird {fränkisch) mit hobel verhüllend ge-
nannt : wei der hobel ! das.
HOBEL, HÖBEL, ffl. decke, dcckel.
1) das wort ist derselben form wie das vorhergehende, aber von
anderer ausbildung des grundbegriffes, indem die würzet haf hel)en
hier die bedeutung des deckenden und schützenden hervorkehrt {vgl.
alts. heban, ags. heofon himtnelsdecke von derselben würzet), und
von eigentlich oberdeutscher hcimat und ausbreüung, mhd. hobel
(Ben.-Müller 1,695'); das engl, hovel schuppen, hüUe rührt eng
an. hobel bedeutet decke im allgemeinen, bArhobel dcckel einer
bahre :
ab im zart er (der scheintate) den überdon (leichenhülle)
und warf den bärhobel dan. Serval. 3421 ;
am nuiistcn aber decke öfter einen wagen, wagendeck, so noch
im 16. jahrh.: da gieng der wagen von einander, und das
hindergestel mit dem höbel bleib sten. Vlensp. s. 93 Lappenb.;
vgl. unten hobeldecke und liobehvagen.
2) hobel, plur. höbel ist auch der gedeckte wagen selbst : vier
plahen über die höbel. d. slddtechron. 4,257,11; 31 eilen zc
plahn über vier höbel. 257, 42.
3) höbel, hügel, Verwechselung mit hübel (s. d.): der höbel
oder höbe, da Rcynhardt auf slundt. Aimon bog. Jiij. —
Anders uiederd. höbel höcker: gibbus hövel, höker Chytrakus
cap. 29 ; vgl. hofer.
4) beim zinngieszer ist hobel derjenige oberste theil einer schüssel-
oder tellerform u. dcrgl, der innerhalb eine Vertiefung nach be-
schaffenheit des gerdlcs hat, das zwischen ihm und dem kern, dem
untern stück einer solchen form, gegossen werden soll. Jacobsson
2,267". der bcschreibung nach fallt der name hierher und nicht
zu dem vorher aufgefiihrtcn hobel.
HOBELBANK, /. bank auf der das zu hobelnde holz befestuit
wird: dolatorium \whe\\YAnk Dikf. 189'; iiobelbanke Jabu/a jcri-
naria Steinbach 1,63. bildlich: einen über die hobelbanke
ziehen, culpare, carpere aliquem. das. ; einen auf die hobclbank
legen, für etwas ausbilden {rgl. unten holtcln 3), aufziehen : wir
hoffen, du werdest deiner vcUeru einen oder zween uf die
hobelbank legen und sie zu unsern dienslen abrichten, dasz
sie dir und deinem vater folgen und ihr sinn und gedankeu
dahin stellen, dasz sie ihrem landesfürstcn . . treulich dienen.
Bommel gesch. v. Hessen t. I .v. 614 {schreiben v. 1585). obscön:
auf dem Ititlerbell oder hobelbank. Garg. 72'. in der form
hubelhank, und hier jedenfalls mit anklang an hübel hügel:
üollen wir ein brautkleid machen,
muüz din damc vor un» stehn,
und sich obni i;anz nuskleiden,
du«! wir Uli diu briiülchitn .<ohn.
dn RRht uti5 heri und hinge
);:ini frriidcnreich lu »priinge.
(in mi-!<M-ii wir um ilin h\ihi<lbank
JKiliI (Iriiir hiillic sttnidon Hng.
nchnriiirrlir'l in: neu rrimmri*»
hrrgliriterh. no. 147.
1589
HOBELBINDE — HOBELN
HOBELN — HOCH
1590
HOBELBINDE, f. eine binde des wuHdar:Ues von schneckeu-
fürmiger anlegung, auch spiralbinde. Jacobsson 6, 89*.
HOBELDECKE, f. decke mAw einen wagen {vergl. das letzte
hobel no. 2): hobeldeck, pabo, est teciura curri, bige et navis.
voc. ine. theut. k2*.
HOBELEISEN, n. das schneidende eisen des hobeis. Jacobsson
2.26"': die hobelmaschine von Gerard in Paris besteht aus
einer senkrechten scheibe, auf deren seite sich zwei hobel-
eisen mit klappen befinden, der arbeilerfreund i&&8 s. 35. in
der form hübeleisen {vgl unter hobel l): ferramentum toiiso-
rium hübeleisen Alb. 11 4'.
HOBELFÖRMIG, adj. von der form eines hobeis. hobei-
förmiges blatt nennt der gärtner ein blatt, welches zusammen-
gedrückt, rundlich, auswärts hükrig ist, und auf dem höker eine
erhabene, unten rundliche schärfe hat. Jacobssos 6,89*.
HOBELGEHÄUSE, n. am hobel der schaft oder griff des
hobeleisens. Jacobsson 2, 26"'.
HOBELKLINGE, f das schneidende eisen am hobel: hobel-
klinge meche Rondeaü 312.
HOBELMASCHINE, f masciäne zum hobdn, s. oben unter
hobeleisen.
HOBELN, verb. runcina laevigare.
1) das wort begegnet seit dem 14. jahrh. häufig, und wie das
ihm zu gründe liegende subst. hobel, in tnanigfachen formen,
indem sein stammcocal theils ohne, theils mü umlaut, die labialis
dahinter theils als b, theils als v, theils auch zu f vergröbert
erscheint, dolare hobeln, behublen, behoffeln, höffelen, hevelen
DiEF. 189'; lenire hofein 323'; levare hobeln 1 suchten 325';
levigare hobeln, hovelen, hoffeln, huffein 1 hibeligkten (?),
hubeln 325'; celatus gehobbelt UO'; hobelen, levigart, dolare,
asciare. voc. ine. theut. k2'. mitteldeutsche Schriftsteller des 16.
Jahrhunderts geben die umgelautete form, die sich gegen die üier-
wiegende unumgelautete doch nur vereinzelt zeigt: dolo . . ich
mach glat, hübel. Alberds II 4'; Luther hat höfeln: und er
bawet auch einen hof drinnen, von dreien riegen gehawen
steinen, und von einer riegen gehöffelter cedern (xat <rr//o3
yareioyaaue-pr;s xeSoov xvx/.od'ev sepiuag.) lÄön. 6, 36, neben
hofein, s. unten no. 3; auch Stieler 805 kennt hebeln neben
hobeln und hebelung, höfelung neben hobelung politio. jetzt
ist höveln, höweln nur niederdeutsch {brem. wb. Schambach 87*)
und hobeln die allein sckripgemäsze, auch diaieJdisch durchaus
herschende form.
2) hobeln, mU dem hobel glätten : hoblen, uberhoblen, com-
planare, dolare Maaler 226' ; der tischler hobelt die leiste ;
breter hebeln, levigare asseres. Stieler SOS; gehebelte kästlein,
arculae dolatae. das.; gehawen steine und gehöffelt holz zu
keufen, zu den balken an den heusern. 2 chron. 34, il. oft
mü anlehnung an die technische spräche in mehr oder weniger
freier Verwendung: die civilisation hat bei diesen menschen
(den Italienern) keine so auffallende neue politur wie bei uns,
wo die eichenstämme erst gestern gehobelt worden sind und
alles noch nach firnis Hecht. H. Hei.ne 2,103; vom rasieren:
inzwischen hobelte der alte mann an dem sonntagmorgen . .
mit seinem messer kühn zwischen dem warzen-schagrin {seines
gesiebtes) auf und nieder, und schnitt ab. J. Paul //esp. 1,146;
von der thätigkeit einer wespe : die wespe hobelte sich aus dem
sparrwerk papierspäne zu .ihrer zwiebelkugel. 174 ; auch sonst
von einen» allgemeinem thun:
ir harren, habt unsern schimpf vergut ! . . .
ob wir zu grop gehobelt han,
so mugt ir selber wol verstao,
das man die vasaacht fester tobt,
dan in der kanvochen, so man got lobt.
fastn. sp. 223, 4.
3) hobeln wird namentlich übertragen auf das glätten und ver-
feinern von Sitte utui betragen : mal mir sie {eine Jungfrau) wie
schon du will und hobel sie mit allen tagenden, so wil
ich doch keinerlei so ser fliehen als weiblich geselschaft.
A.V. Eybe 1*; hie zimmert und arbeit er an uns, hofell und
schnitzet uns, das er den alten menschen in uns tödte . .
und uns also volkomen bereite, das wir seine newe creatur
sein. LuTUEB 5,214*; weil mein herr von meiner einfalt wind
hatte und gedachte, solche würde sich legen, wann ich herum
terminirte, etwas sehe, hörete und von andern geschulet,
oder wie man saget, gehobelt und gerülpt würde. Simp/. 1,93
Kurz, als schiderausdruck, wie auch bei den handwerkern der als
gesell aufzunehmende gehobelt wird (Jacobssom 2,267*), und zwar
hier mit gewissen ceremonien; er ist noch nicht gehobelt worden,
muribus nondum est emollUvs. Stieler S05; vgl. ungehobelt.
4) hobeln geht auch in den sinn strafen über: daruiub hofele
ich sie durch die propheten {Stä tovro aTied'eoiaa loi'i
Tioofriras vucöv sefAuag.) und tödte sie durch meines mundes
rede. Hos. 6,5; und namentlich die bedeutung prügeln, bläuen
ist volksmäszig; ein Schweizer erzählt: weist nit, von wannen er
{der donner) kommt? ich ^vil dirs sagen, s. Peter hat einen
scheisz gelassen, so laufendt ihm Christus und die mutier
golles nabln, und woUendt ihn buhlen, danuenber entsteht
ein semlichs bochslen, prasseln und knaschplen in wolkchen.
Melander Jocoseria 2, 13 ;
bis zuletzt
ein tollkopf aufsprinet, und mit einem weidenknittei
dem maufthier und dem schilTer köpf und rücken hobelt.
WiELAMD übers. T. Horaz'' sat. (1794) 1, 163.
auch von schriftstellerischen hieben: W. Pirkbeixer schrieb auf Eck
ein pasquill: Eckius dedolatus, auf dessen titel sieh ein anderes
bezieht: der Eck ist gehobelt und darzu geschniten worden.
Schade sat. u. pasqu. 2,191,20.350.
5) hobeln in der landwirtschaft, eine wiese von den maul-
wurfshaufen befreien und glätten : wiesen zu hobeln und die
scherhaufen im abnehmenden monden oder letzten viertel
abzustoszen. Hohbebg 1, 113*. das instruinent, mit dem dieses
geschieht, heiszt wiesen-schleppe oder wiesen-hobel {Ocon. lex.
1731 s. 2673).
HOBELN, verb. mü einer decke, blähe versehen? {tergl. das
zweite hobel no. 1) : lasz dir machen ein gehobeltz bad in
einer potigen {zum schwitzen). Ortolpus arzneibuch bei Schx.
1, 1039 Fromm.
HOBELSPAN, m., gewöhnlich plur. hobelspäne, 1) späne die
beim holjeln fallen: die hobelspänn, flugspan, runciuarum raptus
Maaler 226'; die hobel- und Sägespäne geben eine gute garten-
düngung. öcon. lex. (1731) 1044.
2) nach der dhnlichkeit der form, eine ort süszen gebäckes.
Ajiarasthes frauenz.-lex. (1773) 1426.
HOBELW.\GEN, m. wagen mit einer decke {rergl. hobel i
sp. 13sS, und die ausführung unter kobelwagen theil 5, spalte
1541. 1542) : auf den hobelwägen. Gorg. 137' ; auf den hobel-
wagen. 162*;
ich wil mit meiner büchsen schlagen
den münnicb von seim hobelwagen,
ihm blewen seinen feisten bachen. II. Sachs 5, 339'.
HOBELWANZE, f eine wanzenart, cimex dolabratus. Nemnich.
HOBE.N, ade. aus hie oben {sp. 1313) bereits im 12. jahrh.
zusammengeflossen : supra hoben glossen in Haupts zeitschr. 3,211*:
« er {iter pfaffe) leuft vor zom wider die wandt :
bleibstu hoben so ist dirs ein schandt.
Albercs contrafaclur B 1" ;
noch jetzt in gewöhnlicher rede gebraucht genug. Scbm. 1, 1030
Fromm. ; die junge herzogin war heut hoben ganz in gestalt
und wesen eines engeis. Göthe an frau von Stein 1,11; ich
blieb heut nacht hoben, s. 14; gestern abend sagt ichs dem
herzog, als er hoben bei mir war. 118.
HÖBER, m. 1) höcker: sprünkelicht hüner, mit höbern,
gibberae sunt. Alb. Hb 2*. vgl. unten hofer und huber.
2) auch hufner, hufenbesitzer , in fränkischen denkmälern.
weisth. 1, 608. 009. s. unter huber.
HOBNER, m. bezeichnung eines rosses: seh da . . . mein
englischen zeiter, mein irländischen hobner und rennbock,
so den könig Henrich blind rennet. Garg. 134*. — spalte 724
begegnet heben ro» einer gewissen bewegung des pferdes, was auch
Garg. 176* vorkommt: da muszt es traben, treiscblagen, ren-
nen, gengen, anhalten, passen, schreiten, heben, hässiren,
zabelen, galopen; dasselbe scheint mit der schr^bung hüben
gemeint zu sein : der caball wird traben, dreischlagen, passen,
höben, galopen. Reinuold reime dich (1673) s. 36 ; und das sub-
äantiv hobner könnte sich leicht an diese letztere form anschlieszen.
HOBOE, f blasinstrument von hol:, aus dem franz. hautbois
{vergl. auch oboe) :
statt hobo und bratsche jubeln lercben,
und statt kronenleuchier hängt der mond
gegen osten dann am borizont.
SCHSIDT TOÜ WeR<<KCCBS!« Qcd. 211.
HOBOIST, m. hoboenbläser : flötenspieler und boboisten er-
öffnen den zug. Schiller Jungfrau 4, 6.
HOCH, adj. und adv., altus, alte.
A. Form und Verwandtschaft. gUh. hauhs ; alts. hob : ndl. bog;
fries. bdch; ags. heäh, engl, high; altnord. hä-r; schnei, bog,
dän. höi , althochd. haoh , höh , mhd. hoch, der schlieszende
stammhafte consonant des wortes hat mehrfach eine schwankende
Stellung, während er sich bisweilen zu g verdichtet {so dasz auch
100*
1591
HOCH
HOCH
1592
schon im ags. die nebenform beagost der höcliste, fries. hugera
höher erscheinen), ist er anderwärts verflüchtigt oder verschwunden,
und wie im altnordischen die form lid-r ausscläieszlich waitet, so
ist schon ags. Lei neben heah verbreitet genug, und ahd. wie
mhd. h6 neben hoch gewöhnlich; ein abfall des schlieszenden
stammconsonanten, der bis in die älteren nhd. zeilen durch be-
stimmte schreUiung bezeugt ist :
ach junger helt, der zäun ist ho,
ilarumb so schrei zu f'rue nit fro. fastn. sp. 130, 24;
so stürzt sie doch zuletzt die hogestiegne pracht.
V. Haucwitz Maria Stuarda i, 203 ;
im Superlativ:
s&chstu in gelt den hosten hört. Schwarzenberg 145*.
abgesehen von diesem ab- oder ausfall hat sich seit den mhd.
Zeilen die Stellung des stammschlieszenden consonanten im ganzen
so geregelt, dasz derselbe zu einem fast unhörbaren hauche zurück-
geht, wenn ihm ein bildungs- oder flexionsvocal folgt (geschrie-
ben h : ir hohiii minne Nib. 509, 4 ; ein hoher berg ; höhere
töne) ; dasz er aber kräßig (und alsdann ch geschrieben) im
auslaute und wenn unmittelbar consonanten folgen, sowie dann
herx'ortritt, wenn das wort das erste glied von compositen bildet,
doch wird sich diese Stellung des Stammesschlusses immer nur
eigentlich in dem kreise der schrißsprache bewegt haben, denn
noch heute hallen die mnndarten sowol des mittleren als des oberen
Deutschlands an dem stärkeren laute (cli) in allen Verhältnissen
fest, so dasz ein hocher berg wie der höchste berg gehört wird.
schrißsteller, die der mundart einflusz auf sich gestatten, bringen
dies vereinzelt in die schrißsprache: wann die jungen kinder
schätzen ain kJaine gab als einen apfel oder ain schellen
höcher dann die ganzen weit. Keisersb. granatapfel 1510 B3*;
0 ihr verborgne rilzfih
in hocher felsen spitzen.
L. V. ScHNÜFFis mirant. flötlein (1682) s. 29;
auf den hochen ehrenthron, s. 308.
Für die ältere spräche ist der superktiv höhest und höhest neben
höchst gebräuchlich: goltes höhestc lesterer. Lutheh 3,516';
gesegnet bistu tochler, vom herrn dem höhesten gott. Judith
13,23; dises buch ist der höhest schätz der uff erden bleibet.
Mela.nchthos anriclUung der lat. schul (Bonn 1543) A3";
glänzt sternenhell, und schaut des höhsten angesicht.
HOHPLKR lUO.
hoch, goth. hauh-s scheint seiner bildung nach ein redupli-
ciertes intensivum zu sein, dessen reduplicationssilbe, wie es ja
auch sonst weise der intensiva, dem vocale nach möglichst schwer
ausgeprägt ist. die zu gründe liegende würzet hu, unverschoben
ku hat im allgemeinen den begriff des schwellens und Wachsens,
verschiedenartig hervortretend in griech. y.v/un welle, woge, xvfiüs
schwangere, lat. cu-mulus häufe, redupliciert in slav. kuku ge-
wölbt, krumm, litt, kaukaras hügel, anhöhe ; auch das goth.
biuh-ma häufe, menge, ist in gleicher weise gebildet.
B. Bedeutung, die bedeutung von hoch hat sich in bezug auf
ort, zeit und grad manigfach entwickelt.
I. hoch örtlich, erhebung über einen punkt der ebene bezeichnend.
l) ohne beigesetztes masz, von dingen, die in bedeutender weise
ansteigen: hohe berge; hohe bäume; ein hohes haus; trat
auf einen hohen felsen. 2 Macc. 14, 45 ; {die Stadt) hatte grosze
und hohe maurcn. offenb. 21, 12 ; hohes wasser, alveus plenus,
inundans proxima loca humiliora Frisch 1,457';
sie trug mich auf ein hohe stigcn. fastn. sp. 119, 15;
gleich einem kahn auf hohen wogen.
WiELAüD 22, 185 (Oberon 4, 05);
kilberfarhen dein (des mnndm) kicid, wenn du vom hohen gewölb
deines liimmeis die Stadt und das dorlchcn beschaust.
llöLTT ü7 llalmi
der ahorn und die linde wchn
mir bange seelcnschauer,
und hohe, diistro schatten gebn
rings an der kircbhorraauer. s. 173;
durch alte siädtc thät ich wallen
und sab die hoben münstcr an. UntAND ged. 223;
bis der könig sank in der hohen halle. 225 ;
noch ^ine hohe siule zeugt von verschwundner pracht. 302.
ttchnitch : ein hober ofen, zum schmelzen der erze, vgl. hochofen ;
da rill in seines zornes wuth
der graf im nahe holz,
wo inra in hoher dien ghil
die elsenstuTe schmcHz.
Schiller {/nn? narh dem eisenhammcr.
7) auch von dingen die in einer bedeutenden erhöhung sich
befinden: in bergslädtrn gibt es eine holie sirasze, die über den
andern itrasTen </rlegeu itt (rersrlneden von Injhr slrnize unten III);
auf einen hohen altan trat, mückenkr. 1, 452 ;
das hohe meer, die hohe see, die offene see, die vom strande
aus gesehen höher zu liegen scfieint:
du hast das hohe meer durch dein gebot erfunden.
Flbikiig 28;
doch so fähret der flscher dem hohen meer zu.
GöTUE 1, 335 ;
der hohe himmel ; als ausruf:
hilf, reicher Christ vom himmel hoch ! Uhla:id volksl. 261 ;
gott im hohen himmel! H. v. Kleist Käthclten 5, 11;
die hohe sonne:
hohe sonne, du weilst und du beschauest dein Rom?
GöTHE 1, 282 ;
das hohe Deutschland nannte man den südlichen gebirgigen tlieil
des reiches, gegenüber den niedern ebenen: Hochleutschlant,
Norica, Teutonia. voc. ine. thcut. h 2' ; {meinen söhn schickte ich)
gen Straszburg oder in eine andere kaufmansstadt des hohen
Teutschlands. Schuppiüs 736; vgl. unten hochdeutsch.
3) auch von körpern und kürpertheüen, die ansteigen : er ist
ein hoher, stattlicher mann ; ein mann von hohem wuchs ;
die Emim haben vor zeiten drinnen gewonet, das war ein
gros, stark und hoch volk (i'd'vos fte'ya xnl noXv xai ia^v-
ovTES septuag.). 5 Mos. 2, 10 ; ein gros, hoch volk, die kinder
Enakim {labv /ue'yav xai noXvr xal ev/urjxt} sept.). 9, 2 ;
er hat eine hohe stirne; hohe schullern haben; eine hohe
Schulter im gegensatz zu der andern, niedrigem; er hat einen
hohen rücken, ist ausgewachsen; eine schöne mit hohem busen,
vgl. unten hochbusig; die hohe ader, liervortretende, spannader :
daher essen die kinder von Israel kein hohe ader auf dem
gelenk der büfte . . darumb das die hohe ader an dem gelenk
der hilft Jacob gerüret ward. Luther 4,182';
Achilles war hoch von statur. Wecebbrlii« 370;
es steigt das riesenmasz der leiber
hoch iiber menschliches hinaus.
Schiller kraniche des Ibykiis;
an wuchs und antliiz hoch und hehr. Bürger 37*.
hier ößcr mit specieUer nebenbedeutung : hohes leibes sein,
schwanger: da sie in ihrem 6jährigen chestande noch niemals
so glücklich gewesen, hohes leibes zu sein. Felsenb. 3, 3M;
bis endlich der hohe leib dieser dame ihre unziemliche liehe
jedermann offenbarte. Guirsfeld histor. rosengeb. "B ; sie {eine
schwangere) sieht auf ihren hohen leib. Klinger 5, 335 ; die
hohe nase, als zeichen von hochmut und Verachtung {vgl. die
nase hoch tragen unier 7) :
sie ist nicht stolz, wie die nach standsgebüliren
geehrten fräuloin oder fraun,
die auf uns siinder, die das von nicht führen,
mit hoher nnsc uiederschaun. Höltt 180 Halm;
vgl. hochnäsig. — Kon thieren:
rasch galoppirt ein graf hervor,
auf hohem ross ein edler graf. Bürgik 3C'.
bildlich: auf hohem rosse sitzen, traben, stolz, übermütig sein ;
vgl. hochtrabend : das exempel dient uff böse exempel geben,
als ordenslüt thun, die etwan hohe rosz reiten, dadurch die
edlen etwan gecrgerl werden. Pauli schimpf u. ernst 50 Österley.
4) der tjegen.^atz von hoch, tief, wenn eine absenkung unter
den punkt der ebene bezeichnet werden soll, oder niedrig, wenn
nur eine mindere erhebung angedeutet wird, ist oß mit hoch
verbunden: der himel ist hoch und die erden tief. spr. Sal.
25,3; der herr ist hoch und sihel auf das nidrige. p5. 13S,U;
CS war nie kein berg so hoch , das thal war so niedrig.
SCHOTTEL 1144*;
s6 höher borg, so tiefer tal,
so hoher dr, so tiefer val. Bonm edeltl. 30, 37 ;
auf! scclen, tretet doch zum licilnnd mehr herbei,
und schaut wie nicthig er, wi« klein er worden sei,
der höher als die slern, und liefer als die erde.
l.uHENSTEin liimmelsschliisset 2C;
0 diese teil hat fOrrhtcrlichc zeichen,
das niedre schwillt, das liohe senkt sich nieder.
GöTHB U, 266.
6) zu hoch tritt eine mastbeslimmung, den begriff fester be-
schreibend, entweder auf dem wege der comimsition {ogt. zullhuch,
fuszhoch, haushoch, himmelhoch), oder im accusativ : der bäum
ist dreiHzig fusz hocii, das gras ist noch kaum einen zoll
hoch ; die wogen geiicn berge hoch ; er macht auch den
reuchultar . . . zwo eilen hoch. 1 Mos. :i7, 25; zeben ehern«
gcktüle, ein jglicheii . . drei uUen hoch, likun. 7, 27; cid haus
zwei Stockwerke hoch; oder endhch auch im yenHw: und mnclil
1593
HOCH
HOCH
1594
im eine leisten umhber einer band breit bocb. 2 Mos. 37, 12 ;
der hals mitten auf dem gestüle war einer eilen bocb. 1 kün.
7,31; einer halben eilen hoch. 35; es giengen leisten ber-
umb . . . einer quehrband bocb. Hes. 40, 43 ; es war dreier
gemach hoch. 42,6; die edle geschichtschreiberin der feen
beschreibt sie als eine kleine frau, einer band hoch. Wikland
11,94, anm. 10;
die alten moosbedeckten eichen dort,
ich sah sie alle einer lanze hoch! 18,23;
(irenn) er glorreich eines hauptes höher
als zehntausend alltagsmensehen ragt. Borger SiV
6) anderwärts, trenn gruffierung und gliederung von massen
angegeben irirrf, betont hoch mit näherer viaszbestimmnng er-
streckung vom messenden weg nach dem hintergrunde : eine gute
zugordnung insgemein ist 5 schuh breit und 10 schuh hoch.
BuCKLER kriegssch. (166S) s. 555. so auch in dem abgeblaszieren:
sie kamen zehn mann hoch angerückt, wo ursprünglich das
aufmarschieren hinter einander gemeint ist.
',) besonders hervorzuheben ist hoch in einer reihe fester ftigungen
als praedicatires adjectiv mit verben der bewegung oder der ruhe :
die band hoch heben;
da hebt er hoch die bände, der ritterliche greis :
der fink hat wieder samen : dem herrn sei dank und preis !
Uhla?id ged. 370;
den köpf hoch halten ; machet die thore weit, und die thüren
in der weit bocb. ps. 24.7; er trägt das haupt hoch, als
zeichen des stolzes oder des Selbstvertrauens; da müszte sich der
hochmuth einmal legen, da wagt' es keiner mehr, den köpf
so hoch zu tragen. Armm schaub. 1, 313 ; eine art (menschen),
die ire äugen hoch tregt, und ir augenlied empor helt. spr.
Sal. 30, 13 ;
stumm weide, gleich dem thiere fem,
in staub gebückt, der ihor.
wir, hoch das avtlitz, singen gern
mit bien und lerch im chor. Voss 6, 90 ;
trägt hoch das haupt mit goldner krön :
er dünkt mir wohl ein könig. Uhlasd ged. 385;
ob armuth euer loos auch sei,
hebt hoch die Stirn, trotz alledem !
Freiligratb ges. dicht. 3, 42 ;
die nase hoch tragen, zeichen des hochmiUs (vgl. oben 3): ei
die alte lehre! du sollst die nase nicht allzuhoch tragen.
Engel phil. f d. well 69;
ha! wie sie hoch die nase trägt. Gotter 1, 82.
ebenso einen hoch über die achsel, über die hohe achsel an-
sehen, will veraclUung; etwas auf die hocbachszlen nemmen,
etwas aufnemmeh, alsz ob es ausz stolze und Übermut geredl
wäre, accipere aliquid in superbiam. Maaler 22b'. einem den
brotkorb hoch hängen, ihn darben lassen; man soll ihm den
brotkorb hoher hängen. Simrock sprichw. 69; die trauben
hängen hoch;
wol! wol ! tretet nur für das loch,
und hebt den hindern wacker hoch.
A. Grtpbigs 1698 1, 739.
8) hoch, als adverb der richtung in begleüung entsprechender
verben : bawet sein heiligthum hoch. ps. 7S, 69 ; der sich so
hoch gesetzt hat. 113,5; die könige leszt er sitzen auf dem
thron imerdar, das sie hoch bleiben. Hiobi6,l; so inen {den
gemsen) nachgejagt wirt, so steigend sy ye lenger ye hücher
auf die felsen. Forer thierb. 64"; faule arbeiter heben hoch
auf {den arm) und schlagen hernach niemand. Schottel 1144';
hoch gnug und weit davon ist gut für den schus. 1144' ; der
Main ist hoch entsprossen. Pistorids 7, 81 ; steige nicht zu
hoch, so fällst du nicht zu tief. Siärock sprichw. 533, und
danach incorrect mit adjectiver Stellung die hohen Steiger fallen
gern. Schottel 1132'. bildlich:
je höher dein erkenntnisz steigt,
je mehr wird diese (die liebe) steigen. Gkllert 2, 134 ;
hoch aufhorchen, an das ^spitzen der obren' erinnernd: Ekkc-
hard horchte hoch auf. Scheffel Ekkeh. 81. technisch, in der
Jägersprache: hoch beschlagen vU ein thier oder wildpret, wenn
es traclUig oder tragbar ist und nunmehr bald setzen will. Ja-
coBssoN 2,268'; hoch gebet der birscb, wenn er völlig ver-
endet hat und gut bei leibe i^. das. ; hoch beschuhet sagl der
rosshändler vom pferde, dessen weiszes merkmal am fusze gar zu
hoch heran geht. 6, 89" ;
die geometria lert Euclites,
die misset hoch, tief, eng und weit, fastn. sp. 741, IC;
gi schuszend doch vil zii hoch.
LlLlBNCRON vnÜsxt. 2,97, 12;
das war ein grill, gar guter art,
zu kriegshändeln mit fleisz gespart,
abgericht sich hoch zu erheben,
zu springen über alle graben, mückenkr. 1, 799;
wie hoch ein floh im dunkeln springe ? Wielahd 10, 166 ;
die mjrtbe still und hoch der lorbeer steht. Götbe 1, 177 ;
hier musz ich rubn.
ich kann nicht höher klimmen. Ramler 2, 13;
das kleinste seh ich zu höchst sich schwingen. Platen 55;
hoch und höher schwebten beide
durch des himmels glänz und wonnen.
Ublamd ged. 279.
in einem zweideutigen salze:
ein man, der freuen dienen wil,
der bedarf gesangs und seitenspil,
damit er hoch und nider reicht, fastn. sp. 743, 15;
das herz schlägt hoch, in der erregung:
nicht, dasz beim kommen oder scheiden,
das herz ihr höher schlug.
WiELA!«D 22, 170 (Oberon 4, 44).
Die richtung ist durch Zusätze näher benimmt : hoch am himmel
streichen die wölken ;
doch mich leitet die andacht auf starken brennenden flügeln
hoch in die wölken, tind läszt mich die hälfte der erde be-
schauen.
Zachariä tageszeilen (1757) s. 13 ;
hoch auf dem fernen ufer stand
ein schwärm von galTern, grosz und klein. Borger 36' :
die schnell auf flügeln Dädals eilen,
hoch über meer und über iand. Railer 1, 26;
sind blitz und donner unter mir,
so steh ich hoch im blauen hier. Uhlasd ged. 21 ;
in gras und blumen lie^ ich gern,
. . . wenn hoch oben hin
die hellen frühlingswolken ziehn. 36.
sogar nach dem hier auffallenden Superlativ höchst :
ders ^löckleiii gegossen, der gieszt nicht um lohn,
der gieszer sitzt höchst auf dem himmlischen thron.
Arsdt gedickte 333.
Ungewöhnlich und incorrect ist die bedeutung von der höhe, aus
der höhe: ich bin zwar hoch gestiegen, aber auch hoch ge-
fallen. ScHUPPics 132;
in den öden fensterhöhlen
wohnt das grauen,
und des himmels wölken schauen
hoch hinein. Schiller glocke 217;
aber schon alt: dann ej^ ain wenich hoeber velt. Mege-Nberc 89,1.
Auch maszbeslimmungen können zu dem adverb treten {vergl.
oben 5): er wohnt zwei treppen hoch; die see geht büuser
hoch ;
der kiehl sasz auf dem felsz, es schlug der zorn der wachten
kajuteu hoch und mehr. Flemikg 80.
9) hoch im sinne von oben bei citaten : Merkurs kinder
reuten ein apfelgrawes pferd, wie hochgedachter Eulenspiegel.
Fischart groszm. Ö2; zum unterhalt für hochbesagtes reichs-
gericht. Moser patriol. phattl. 2,311.
II. hoch ron der zeit.
1) ton der tctgeszeü, und hier zunächst an den hohen stand
der sonne angelehnt: es war schon hoch am tage oder ara
hohen tage ; laszt uns hinauf ziehen, weil es noch hoch tag
ist, ci es will abend werden, und die schatten werden gros.
Jer. 6,4; bis zum hohen mittage lief ich atheinlos. Schiller
709;
das blaue schlosz des himmels
entfärbt sich ob der that. von stürmen desz getümmels
erblaszte Cynthia samt ihrer güldnen schaar,
und eilet an die wacht, als es noch hoch tag war.
Fleming 10;
dann auch allgemein: wie hohe zeit haben wir?;
S. wie hoch ists an der zeit? G. glock halb auf zwölf.
H. T. Kleist Kdlhchen r. Ileitbr. 3,6;
in diesem augenblick schlug die schloszglockc zwölf, es ist
hoch mitternacht, sagte der graf lächelnd, und eben gerechte
zeit. GöTHE 17, 126 ; selbst von der sommerliclten jaltreszeit : im
hohen sommer; vgl. hochsommer.
2) t'on einem seinem endpunkle zueUenden Zeitabschnitt; so von
der menschlichen lebenszeit: er hat ein hohes alter erreicht;
hohes alter, grandaeritas, Senium, aetas decrepäa Stieler 36;
eine sehr kluge und niäszige niatron . . die auch in ihrem
höchsten alter . . nie die kniitte von ihren bänden geleget.
MicRÄLiDS 3,389; er war ein mann noch nicht hoch in jähren.
GOthe 20,247;
doch der getreue schläft wohl lange schon
den ewgeo schlaf, denn er war hoch an jähren.
.Schiller Mnnn Stuart 5, 6.
1595
HOCH
HOCH
1596
JH beiug auf schteangenchaß, die tfirem ende zugeht : mad.tme
Melina, ungeachtet ihrer hohen Schwangerschaft. Göthe 18,277,
vgl. hochschwanger ; endlich allgemein, in bezug auf den nahen
xhiusz irgend einer frist : du hast hohe zeit gehabt, sagt man
drohender weise, ferres infortunium si tardius venisses, vel si hoc
non fecisses. FniscH 1,457'; es war hohe zeit, dasz Sickingens
reiter zu uns stieszen. Göthe 8, 96 ;
jetzt ist es hohe zeit,
dasz du ihr gnädig seist. Fleming 23;
aufl es ist hohe zeit, dem übel zu entstebu. lOti ;
komm bruder, lasz uns eilen,
wir haben hohe zeit. 214 ;
nichtswürdge ! — sie ist fort! es war ihr hohe zeit.
GöTHK 7, 84.
3) von längst vergangenen zeiten : die Völker des höchsten
alterthuins; vou höherer zeit und kunst sind eine Pallas . .
WiNKELMANN 3, 129.
HI. hoch vom yrad.
1) hervortretend in bezug auf den wert; namentlich
a) bei zahlen- und preisverluiUnissen : etwas um eine hohe
summe kaufen; einen hohen preis zahlen; er hat an ihn
eine höhere forderung als ich ; der anschlag für diesen bau
wird sehr hoch ; drei ist eine höhere zahl als zwei ; er findet
ein mittel, gegen ein geringes darlehn ein hohes procent
zu erhalten. Gellert 7, 67 ; einen hohen gewinn machen ;
um einen hohen einsatz spielen, und daher auch synekdochisch
ein hohes spiel spielen ;
sind des richters obren zu? mache du die band nur auf,
recht hat jetzt, wie alles ding, einen eben hohen kauT.
LouAU 3,248,171 {'feile gerechtigkeW).
daran angeschlossen in adverbialer Stellung: ich habe es hoch
zahlen müssen ; etwas hoch kaufen ; das kommt ihn hoch
zu stehen ; eine waare hoch im preise halten ; und wer wein
höcher geb, der soll l'/j dn. geben, d. stddtechr. i,^9,Z; wie
man sie das flesch höher hiesz geben. 5, 168, 1 ; mit einer durch
das verbum scharf hervorgehobenen bildlichen wendung die preise
sind hoch gestiegen ; nachdem der lohn in wenig jähren etwas
hoch gestiegen, reform, guter policey (Augsb. 1548) til. 24, § 2 ;
hoch spielen, wie schon mlid.:
wand er gerne hübe spilt. Flore 4669 ;
ir spilnt höbe ud nidere. 4767;
und daher auch:
friunt, sprach er, nü nement war
wie höhe ir wellent bieten (als sijieteinsatz). 5069.
6) an diesen gebrauch von hoch lehnen sich freiere fügunyen
an ; so unpersönliches hoch kommen {vgl. th. 5, sp. 1661 no. 25),
das wol zunächst an die Stellung der rcctienpfennige auf dem
zahllu%che anknüpß: unser leben wehret siebenzig Jar, wens
hoch kompl, so sinds achtzig jar. ps. ',Ki, lü ; denn der nacitste
verwandte dieser redensarl scheint das vollere und persOnlicIie hoch
ans bret kommen zu sein, wo dann die bedeutung von hoch
unten 2, e eingreift :
er denkt nicht wie er komm hoch an das bret Tür allen,
und könne k^nigeu und bcrren wolgefalhin. Uriiz 1, 154 ;
kürzer auch hoch dran kommen :
es kritzlet selber mich im sinn,
das ich so hoch drau kummen bin (als kunzltr).
.Mlkmer Qeuchm. 9ü5 Scheible.
unter bret th. 2, sp. 374 ist die redensarl anders bezogen, ferner
einem etwas hoch anrechnen, nach der lobenden wie der tadelnden
seite hin: Engländer und Franzosen rechnen es sich einander
hoch an, wenn sie einige lebende sprachen gelernt haben.
Klinger 11,106; hoch schätzen, wo das verbum bestimmt auf
zatdenverfuiltnisse hinweist, und das glmhbedeutende hoch achten :
(wie wenn du fragest) einen kanfiiiann, wie hoch er deine
wahr, gegen seine achten wolle? Syr. 37,12; als ich seine
gaben wirklich sehr hoch schützte. Göthe 26,252; achtel euch
uiilernander einer den andern höher, denn sich selbs. l'hil.
2. 3 ; auch tuiammengerückt geschrieben : es ist mir nicht ein-
gefallen üie hochzuachten, geschweige zu lieben. Kabknek
3,206;
«s stehe wer da wil hoch an des glücke» spitzen,
ich xchitze den für hoch, der kau hier unten kilzeo,
da keine holTart ist. Opitz 1, 158.
ebenso von einem eine hübe meinung haben ; mein oukel bat
rintn »o buhen begriff von ihrem cifer. Gotter 3,27; er hat
einen zu hohen begriff »on Beineni werth. (Iöthe 57, 13.
e) OKcA die suprrluiive fvrmel aufs höchste, zum höchsten
id mu 4kniicher antrJiauunq erwachten: wenn wir um fünf uhr
aufs kOckMe iililil ..l.cti i'.«i-^cii sind; ttu ist der ganze pru-
cesz zum henker. J. E. Schlegel 2, 76 ; zu was sind sie (die
galgen) auch nütze? zu nichts, als aufs höchste, dasz unser
einer, wenn er vorbei geht, die äugen zublinzt. Lessing l,3ü5;
alle ihre übrigen regeln können, aufs höchste, nichts als ein
schulmäsziges gewäsche hervorbringen. 5, 70 ; und was wagen
wir? zum höchsten unser leben. Göthe 8,268. vgl. höchstens.
d) der hohe norden geht wol von der hohen zaiil der breite-
grade aus, unter welchen die zu ihm gehörigen länder liegen :
alsobald that sich als erwünschte Vermittlerin die schöne kunst
(des schrittschuhlaufens) hervor, welche die ersten raschen
wintertage zu verherrlichen und neues leben in das erstarrte
zu bringen im hohen norden erfunden worden. Göthe 22,100;
daher adverbial: da diese elenden (die Eskimos) als bärtige
fremdlinge von den unbärtigen Amerikanern hoch hinauf-
gedrängt sind. Heruer zur philos. 5, 6.
e) hoch stelU allgemeiner, bei eigenschaßen, thaten, besitz, in
groszer manigfaltigkeit, wo es wert, gute, hervorragen des »ub-
stanlivbegriffes hervorhebt, auch bei personen, die sich durch der-
artige eigenschaßen auszeichnen: Albrecht Dürer, ein hoher
köpf. AcRicoLA sprichw. no. 379, auslegung; hocher redner, alti-
loquus, vulg. ein trostiger reder. voc. ine. Iheut. k2'; das ist
der unterschied zwischen hohen und niedrigen gemüthern.
Weise politischer redner iib ; das sind hohe gemüther, welche
allezeit etwas sonderliches haben wollen. 316 ; in jedem edeln
herzen brennt ein ewiger durst nach einem edlern, im schönen
nach einem schönern; es will sein ideal auszer sich in körper-
licher gegenwart . . erblicken, um es leichler zu erstreben,
weil der hohe mensch nur an einem hohen reift, wie mau
diamanten nur an diamanten glänzend macht. J. Paul Tit. 1,7 .
du warfst die hülle von dir,
die mit der körperweit dich hoben geist verband.
Kamler 2, 40;
den hohen mann, . . .
den göttei'gieicben Agamemnon. Göthe 9, 4;
sie,
das hohe kind, wird euren plan vereitein. 286;
treffliche personen von hohen silten. 28, 254 ; er begegnet ihm
mit hoher achtung;
vil baben durch natürlich art . . .
inn bober tugent vil volbracht. Schwajlzs.xj)£RC Ibti';
zu hober tugendt stundt ir sinn. 157';
ihn, der hohe tugendthaten übte. Höltt 62 Uatm ;
habt der väter ihr gedacht,
manche hohe that besungen,
aus der vorzeil dämmerungen. Uhlano ijed. 5;
und hin ich nicht geboren
zu hohem heldeutbum. 70;
göttinnen . . . sind eine gute art von frauen,
ihr hober stolz sitzt iu der miene nur. Wielamu 10,173;
die hohe schönheil, die ewig iu mir stralel. J. Paul Hesp. 1,61 ;
nun glaub ich wohl, wie inirs in sinnen steht,
dasz eure l'reuodin hohe Schönheit tragt.
UuLANU ijed. 424;
also prangt die natur in hoher, voller erscheinuug.
Götuk 1, 328 ;
weil gott
mit reicher Schönheit ihren leib geschmückt.
mit hohen wundergaben sie gesegnet.
ScuiLi.KH /M/i(//'raii, prulml 2. aujlr.;
eine poesie (wie die französische), welche alles grosze, die
vulkane der leidenschaften, die hohen formen des herzens
und des geistos, höchstens zu schaugerichlcn ausgcharken,
auf spiegelplatten aufträgt. J.Paul vorsch. d. asth. 3,20; (der
kolossalkopf des Anlinous) ist von . . groszer und hoher kunst.
Winkelmann 6,303; die hohe schöne ruhe mischt sich darin
(in der eJegie) so schön mit der leidenschaftlichen färbe des
augenblicks. Schiller an Göthe 248; uinh der hohen liebe
willen, so er hie an Christo sihel. Lutuer 6,357*; sage ich
euch hohen und groszen dank. Schupi'IUs 424 ; mit hohem
dank ein ding aufneinmen, uvguo uriimo aliguul accipere Maaler
230*; für diese hohe gnad will ich deinen schatten ehreu.
ScHui'i'ius 792 : da die bürger zu Jerusalem in höchster sicher-
heil lebten. 186; dasz die iielrurier . . ienen hohen frieden
geUOliSeU. WiNkELMANN 3, 171 ;
auch ihr, der Staaten friedliche warbier, habt
ein hohes recht an unscrn gonngrlten
gos&Mgon. IUhlkr 1, W;
groszer und höher werk (als die iibrrgal>e des augsburgisrhen
bekenntnisset) . . isl nicht geschehen von der upuslel zeit an.
ScHUPPiUt 842;
was ihr begehrt (Her riUtr$ehl<iq) ist eine hohe siehe,
die nur ein tiidrlluner bitten sutl. Uhi.ano l.uHiri'j 72;
1597
HOCH
HOCH
1598
die äuszere luft ist in hohem grade dephlogistisirt. Hf.bder
zur phü. 5, 6 ; in hohem grade wunderbar erscheint uns alles
beim ersten hinabschauen vom Brocken. H.Heine 1,78; glück-
lich ist dein loos, auch nur einen gerettet zu haben ; du
findest hohen lohn in deiner that. Klinger 5,23;
o frau das wer mein höchste lab.
wan ir neur hie mit Worten mir
ganz treu vergecht nach meiner gir. fastn. xp. 130,20;
ohne wein und witz und freude,
was ist da der höchste schmaus? Gökisgk 1, 142;
eine hohe fahrt, eine väte, wichtige:
gerne gönnen wir die schnellste reise,
gern die hohe fahrt dir; güterfülle
wartet drüben in den weiten deiner.
GöTHE 2, 75 (Seefahrt) ;
wie mhd. ; sit si der höhen verte beten nu gegert. Hih. 356, 1 ;
hier gelangt ein wohldenkender geschäfts- und hofmann durch
mancherlei trübsale zu hohen ehren. Göthe 24,223;
der mir so höher eren gan,
got mCieje im ere meren. Walthkr 18, 23 ;
das höchste gut. Kant 7,317;
das leben ist der guter höchstes nicht,
der übel grösztes aber ist die schuld.
Schiller braut r. Messina, schlus: ;
so kenn ich in Europa keinen forsten,
dem ich mein höchstes kleinod, meine freiheit,
mit minderra Widerwillen opfern würde. M. Stuart 2, 2;
komm du hervor, du bringer bittrer schmerzen,
mein theures kleinod jetzt, mein höchster schätz. 7e//4, 3.
f) hoch, «/» bezug auf icillen und macht, kann durch stark,
gewaltig umschrieben werden: der du dein volk aus Egj-pten-
land gefüret hast, mit starker band, mit groszer macht, und
hoher gewalt. Baruch 2, 11. bildlich und an die sinnliche be-
deutung des adjectivs angelehnt: mit einem hohen arm (tiern
ßoaxiovos vxfrr;).ov) füret er sie aus dem selbigen (Egypten).
apostelgesch. 13, 17 ;
so manches jähr bewahrt mich hier verborgen
ein hoher wille, dem ich mich ergebe. Göthe 9, 3.
g) in bezug auf Schicksal, strafen, schmerz, schmach, Zwietracht,
wo es das schwere, drückende bezeichnen will: das ist bei hoher
strafe verboten ; bei höchster strafe gebieten, supremo sup-
plicio sancire Yttiscn 1,457'; höhers und kümerlichers herzen-
leid mag einem auf erden nicht zustahn. Garg. 214'; mit
hohen schmerzen sprach sie dieses stumme nein. J. Paul
Titan 3,81;
und kam so hoch derselbig span,
das auch die Franciscaner han
sich in die vierzehen sect getrent.
FisCHAHT dicht. 1,148,611 Kurz;
schände, wenn ich was versagte,
hohe schände war es mir! Büiker 3*;
(das lei'len) das ein hohes Schicksal uns auflegt. Götbi40,328;
in hoher noth sein; in hoher noth stecken; hohe noth, ingens
urgens necessüas Frisch 1,45"';
da zeigte mir gott, zu dem ich rief,
in der höchsten, schrecklichen noth,
aus der tiefe ragend ein felseDrilT. Schiller tauch«-;
auch: ach eile, weil die noth ietzt in dem höchsten ist,
weil du mein einge hülf und starker beistand bist.
Flehi;«g 20;
mhd. der küneginne riebe
ir ougen fuogten höhen pin,
dö si gesach den Anschevin. Parz. 23, 23;
die eitern waren um das kind in hoher angst ; die höchste
sorge haben; hohe brüche, delicta majora Frisch 1,457'; davon
hab ich ihn kaum noch durch meine höciiste erniedrigung
abgebracht. Schiller kab. u. liebe 3,2. — Der Superlativ Sub-
stantiv: einen aufs höchste treiben, zur Verzweiflung:
wie scharf und schnell sein zahn das feine gifl
mir in das blut geQöszt, wie er das lieber
nur mehr und mehr erhitzt — du denkst es nicht!
gelassen, kalt, hat er mich ans^ehalten,
aufs höchste mich getrieben. Göthe 9, 192.
h) in bezug auf krankheit bezeichnet man mit dem Substantiv
gebratuhten Superlativ das höchste die epüepsie : das höchste.
med. maulaffe 307;
der alte bekam vor ärger das höchste, und blau
ward er. Z. \Veii?<er der 24. febr.
t) hoch tn bezug auf pflicht und eid:
inn meiner kindbeit on verstand,
kam ich inn dieses closters band,
desz pdicht und regel fcharpf und hoch.
ScHWARzgoiiiie 140';
einen hohen eid schwören; einen hohen schwur leisten;
und nimmt in Heinrichs lande
der bürger hohen eid zum frühen unterpfande.
J. E. Schlegel 4, 14.
entsprechend steht hoch adverbial: fieng . . an zu brüllen wie
ein ochs und zu wiehern wie ein pferd, dasz . . einer hoch
geschworen hätte, es wären rosse und rinder vorhanden.
Simpl. 1,271 Kurz; da sie aber hoch und tewr schwuren, sie
wüsten nicht wo er were. 2 Macc. 14, 32 ; hoch und theur sich
verschwörend, er wolte mich nach Amsterdam ins Zuchthaus
thun. Simpl. 1,431 Kurz; hoch und theuer schwur er, von
dem golde nichts angerührt zu haben. Göthe 15,198;
mit hoch gethanem eid. B. Ri?«gwald I. warA. 146.
ähnlich: gesatz hoch und theür geholten, bei verlurst leibs
und guts, oder beim eid gebotten, sacratae leges Maaler 226' ;
hoch reden, betheuern : wolt sich nichts underwinden, dann
mit ains rats wissen und willen, das redet er als hoch als
ers reden mocht. d. städtechr. 5, 203, 18. in einem Sprichworte,
mit seinem gegensatze verbunden : hoch schweren zeigt an tiefe
lügen. Luther 4, 365".
k) hoch, in bezug auf die erkenntnis, forschung, wissen, wo es
Wichtigkeit und eindringen zeichnet, übrigens das bild tief ebenso
berechtigt ist und häufig angewendet wird: das . . verstand und
hohe Weisheit bei dir funden sei. Dan. 5,14; Daniel aber
übertraf die fürsten und landvögte alle, denn es war ein
hoher geist in im. 6, 3 ; es stehet einem narren nicht wol
an, von hohen dingen reden, spr. Sal. 17, 7 ; wie aber das
zugangen sei, das gott also rüget von allen seinen werken,
ist freilich eine hohe frage. Luther 4,15'; darumb ists hoch
geredt und mus hoher verstand hie sein {^tiefer sinn darin
liegen' würden wir jetzt sagen), das gottes gnade und wahr-
heil, oder seine gute und trew walte über uns, und oblige.
5, 135' ;
so kann mein geist den hohen rath
des Opfers Jesu nicht ergründen. Gellert 2, 147.
Als prädicatives adjectir: darumb bekenne ich das ich hab un-
weislich geredt, das mir zu hoch ist und nicht verstehe.
Hiob 42, 3 ; wandele nicht in groszen dingen, die mir zu hoch
sind. ps. 131, 1 ; solchs erkentnis ist mir zu wunderlich und
zu hoch, ich kans nicht begreifen. 139,6; das der könig
foddert (kenntnis eines Iraumes) ist zu hoch. Dan. 2,11; wie
sollen wir denn die zwei zusamen fügen , das die schriff
zeuget . . das gott on unterlas schaffet und wirkt, bis an den
jüngsten tag, und hie Moses dagegen sagt, er habe geruget
am siebenden tage von allen werken ? ich habe sorge, es sei
höher denn maus geben künd für den gemeinen man. Luther
4,15*; die frag ist mir viel zu hoch. Schuppics 75;
nein, das ist mir zu hoch ! jetzt klagen sie mich an,
und sagten nur vorhin, sie hättens selbst getban !
Göthe 7, 83.
/) hoch tn bezug auf die sinne, gehör, gesicht, gervch.
a) ein hoher ton , ein durch schnellere Schallschwingungen
hervorgebrachter, im gegensatz zum tiefen ton: das hohe a; die
hohe Stimmlage ; daher hoch singen ; hoch blasen ;
doch zumeist, bald hoch bald tiefe,
blus er dieses : 'Heinrich schliefe'.
Freiligratb ges. dicht. 4, 11 (in einem
komischen gedichte) ;
hoch hinauf können, mit der stimme; ein lied zu hoch neh-
men, zu hoch anstimmen ; so in der trunkenen lilanei bei an-
stimmung des bohnenliedes : man sagt — 'nems nicht zu lioch,
bruder'. man sagt — 'ist noch zu hoch '. Garg. 92'. itber-
tragen: da ich zum ersten das ablas angreif, und alle weit
die äugen aufsperrete, und sich lies dünken, es were zu hoch
angehaben. Luther 5,53'; ein Instrument steht hoch, hat eine
hohe tonlaqe ; hoch spannen, die saiten, dasz sie hoch klingen,
tendere chordas ad acutum tonum Frisch 1,458'; auch bildlich,
im Sprichwort: wenn man die saite zu hoch spannt, so reiszt
sie. SiMROC« sprichw. 469;
nach disen lieden sang ich dö
einen leich mit noteji hö
und ouch mit snellen noten gar. frauend. 422, 14;
und enge] stehen da
wie die kapellenmeister
das grosz allelujah
mit uns auf hohen «eigen (violinen im gegensatt tn riolen),
auf lauten und pandor
lu machen, nichts sol schweigen
im hast, diskant, tenor. Rist himml. lied. 5, 334.
1599
HOCH
hoch entwickelt hier gern auch den sinn laut: und prediget fast
inn dem höchsten ton, wie Muntrer zu Alstadt und hernach
zu Mülhausen. Alberus widder Witzeln G3*; hoch pfeifen ist
niclit allezeit lieblich zu hOren. Lehmann 39;
der Jupiter Tragt nichts darnoch,
wann sie (lUe frösclie) schon schreien noch so hoch.
E. Alberus 22';
da flog der han . . .
auf die haui^zthür, und sang so hoch. 164';
her domine, lieber here mein,
nu müsset ir hoge Mngen {könnt laut aingen, vor frcmlr).
lliLDEBRAMD volkH. 2ä3, 31 ;
sing dises licd, so du hast
gestern früe von uns empfangen,
und thu in hoher slimb anfangen.
i. Atrer -m' (1981,21 Keller);
hört wie die braune kuh im neclisten thale bri'illt,
dasi ihre rauhe stimm hoch über fehl erschöllt. Opitz 1,155;
ich bins ja, der recht geist- und muth- und eivcrs voll
dich in dem wüsten thal der weit ausrufen sol,
und dich mit hoher stimm in aller obren nennen !
A. Grtpuius 1698 2, 393 ;
gar stolz die scliäferin blicket,
sie ruft mit hohem schall. Uhland <jed. 229;
vergl. mhd. ir (der rögel) sanc was so mislich,
hoch unde nidere. Iwein 617.
aber auch die bedeutung begeistert, von begeisterung gehoben trUl
nicht selten hervor:
hoch klingt das lied vom braven mann,
wie orgelton und glockenklang. Bürger 36';
in königlicher Weisheit unterwiesen,
von kriegestugend gleich erhitzt,
sind beide bolier hymnen werth. Ramler 1,71;
provinzen hatten sie mit wachem blick beschirmet,
in hohes saitenspiel begeisterung gestürraet.
GOTIER 1, 91 (137) ;
und selbst das instrument, das beyeistnie lirnc hervorbringt, wird
mit demselben epitheton bezeichnet:
so tönt oft zur silbernen laut und am hohen klavlere
ihre bezaubernde stimme.
Zacharü vier stufen des weibl. alters (1757) 13.
ß) hohe färben, die besonders frisch und scharf ins äuge
fallen : eine hohe färbe, color floridus, mit hohen färben mahlen,
coloribus hilaribus pingcre Steinbxch 1,764; die hohen und
starken färben hieszen hei den Römern saluri, und die flauen
färben und von nieürigerm tone diluti. Winkelmann 5,193;
eine höhere färbe. Mathes. Sar. 79*;
die blumen, die mit gelb und blau
und roth die flur bemalen,
und unterm bellen morgunthau
in höbern färben straleu. J. M. Miller gedickte 14 ;
anmuth und hoheit eröffnen die lippen,
in den böhesten purpur getaucht. Zacuariä vier stufen 12.
y) auch vom durchdringenden geruch gilt hoch:
es dampfte die küche
hoben geruch, von braten, pasteten und kräftigen brühen.
ZacuariX Wurner in d. holte (1757) s. 15;
vergl.:
hierauf bot sich der rücken des rehbocks, welchen ein förstcr
vom blockshcrge gesandt; er bezeugte die fernere berkunft
durch den erhöhten geruch. Voss 2,228 (Idyll. 13,185).
8) dasz endlich auch hoher geschmack, wofür wir jetzt das
fremdworl pikant brauchen, in anwendung gewesen, beweist eine
bildliche irent/un^ Lessincs: ich entsage daher gleich anfangs
allen verbindlichen Wendungen, sowie aller Ironie, womit sie
ihrer anlworl einen so hohen geschmack zu geben bedacht
gewesen. 11,51«.
m) hoch in bczug auf dut empfindung, bezeichnet das hinaus-
ragen über das gewöhnliche, alltägliche; so schon mhd. in der so
häufig gebrauchten Verbindung bfther muot:
lougen minne diu ist guol,
kl kun geben hAben rauot. minnes. friihl. 3, 13;
vil »ilbergesrbirr und rote» gold
ward den i-idgcnoKKen zö sold,
darzii fin guldln »ttntel,
vier liiindcrt und zwenzjg büchsen gut
machten inen buhen mut. Lilieficrum iiufV«/. 2, so, 14 ;
lanzt um hohen muthc* trinken. L'ulanii gcd. 12;
der iich(kn«le der diener trug hohe« gemüth. Küruih 32';
buber sinn, hoher drang:
Rom war nie bexiier auf, «I« wie die hohen linnon
ein niedrig!) dach bewohnt. Upiti 1, IXi;
du hstt irar einen hohen sinn. Uötat 1, IVO;
HOCH 1600
bei gott! der graf trug hohen sinn,
«loch höher und himmlischer, wahrlich! schlug
das herz, das der bauer im kittel trug. Bürger 37';
es wallt ein pilger hohen dranges,
er wallt zur selgen gottesstadt. Uulamö ged. 210;
in sehr anschauliclmn bilde:
hoch und hehr zu jeder frist,
wie die sonn am himmel ist,
heiszt ers (der sängcr sein heri) vor den cdeln werden.
Bürger 75'.
in ähnlichen Verbindungen: hohe cmplindungeii, von freund-
schafl, von veracliluiig der well. Kant 7,381; wolllest du
nicht . . unser gefülil nach deinem höhern gefühlc spannen.
Fr. Möller 1,9; seine liebe war höher oder seltener. J. Paul
TU. 1,6;
(dasz du) jetzt der höchsten freundschaft die stunden weihst.
Rahler I, 115;
du gabst mir schwingen hoher begeisterung! Stolberg 1,13;
dem ich das hohe sehnen gab. Uhland gcd. 210;
er ist von hoher wonne trunken, rfos.
«) in gleichem sinne Substantiv das holie: alles hohe und
schöne im menschlichen leben ;
sie singen von allem süszcn, was mcnscbeiibrust duichbebt,
sie singen von allem hohen, was menschenherz erbebt.
Uulamu ged. 391.
o) der mensch den solche empfindungen durchziehen, fiihlt sich
hoch gehüben, hebt sich hoch; weh euch, wenn das gefühl
euch nicht höher wirft! Schiller Fiesko 1,1;
die ewigen gefühle
beben mich, hoch und hehr,
aus irdischem gewühle. Götue 1, 98.
eine fügung der altern spräche ist jetzt ungewöhnlich geworden :
der anne wird viel öfter und herzlicher lachen und frölich
sein {als der reiche) . . und ist aller angst zu hoch. BurscnKV
kanzl. 469.
p) in manchen Verbindungen geht hoch mehr auf duszerliches
und kann etwa durch stolz, präclUig, hochtrabend umschrieben
werden, namentlich wenn es der rede gilt: ampuüari hoher und
stolzer worl brauchen Dief. 637'; und ein solcher gebraucht
sich itzund hoher worl. Aimon bog. i ;
verzeih, ich kann nicht hohe wortc machen, . . .
mein pathos brachte dich gewisz zum lachen. Götue 12,22;
oder dem ganzen gebühren jemandes: hastu genarret und zu
hoch gefaren und böses fürgehabl, so leg die band aufs maul.
spr. Sal. 30, 32, vgl. hochfahrend und hoffart ;
sagen : Galcnus (nls Vertreter der medicin') uns reichlich nerl,
Justiniauus hoch her fehrt (die rrchtsgetehrtheü ist vornehm).
B. Waldls Esop 2, 21, 50 ;
warlich ich musz derer lachen,
die so breit und hoch sich machen.
LooAU 3, 178, 27 ('groszsprecher') ;
mit jemand in einem hoben tone reden ; er brauchte gegen
mich einen ziemlich hohen ton.
q) in ettier groszen anzahl adverbialer ßgungen ist die sinn-
liche bedeutung von hoch so verblaszt, dasz es nicht mehr ww
das adverbiale stark, sehr bedeutet, mit welckem letztern es auch
einmal tautologisch veibunden ist:
liebst du mich noch so hoch und sehr,
wie du mir sonst geschworen. Göthk 1, 217;
das verdrusz nun den von Argun und nam die wort so hoch
verübel. d. städtechron. 5,201,29; und David der könig frewet
sich auch hoch, l chron. ;«), 9 ; w iewol über diese nicht gar
hoch zu klagen ist. «c(,s7i. i»//. 13, 6; da sie den stern sahen,
vMirden sie hoch erfrcwot. Matth.i, U); denn sie hörelen das
sie mit zungen redeten und golt buch preiseten. apostelgcsch.
10, 40 ; weiwol ablas zu lösen nicht geboten ist, jedoch ist
er denen, so es bedürfen, hoch zu rahten. Luther 1,15*; es
ist hoch gnug golt versucht. 3,85'; darauf sich das jüdische
Volk hoch verlies, iw'; (hat) manchmal den füisten hoch er-
sucht. 410' ; {wir sollen) gott . . für unsere feinde bitten, so
hoch wir können, das sie golt je nicht lasse fallen in solche
angst, so hoch sult uns ir jamer erbarmen. 4,37*; das gott
sicli seiner so hoch annimpt. so*; ilzt warnet er in so hoch.
dat.; zwar Kolrhe fragi-ii bekümmern mich niclit hoch. .102';
sie verachten gott und den Türken zu hmh. 13«'; denn ich
fürchte nichts so hoch, denn das nicht der teufe! iiinh euch
biile, und eurli von ('hrislu reisze. (i, 357' ; wenn ein Jude
sich SU buch demütiget , du» er hetcii wii. ;>, 102' ; es ist
1601
HOCH
HOCH
1602
darbei hoch zu gedenken , dasz keine irrung , falsch oder
betrug dahinter sei. buch d. liebe 22l'; so den Darison so
hoch als sich selbst liebet. Amadis 416 ; dasz unniüglich, dasz
sie ihn höher lieben köndt. 402; diese wort bedachten und
erwägen die andren herren gar hoch. Wickbam roUw. 161, 6
Kurz; die erkändtnusz der sprachen, wie hoch sie einem
prediger von nöten sei. Kibchhof wendunm., von.; stilieten
unsere mägen, dessen ich dann trefflich hoch vonnöthen hatte.
Simpl. l, 416 Kurz ; so dorfte er sich auch meiner nicht hoch
annehmen, dann er hatte mit ihm selbst zu thun. sieh durch-
zubringen. 397 ; euer ehre . . die mir doch so hoch befohlen
worden zu beobachten. 3, 13 ; welches mir denn hoch küra-
inerhch zu gemüthe gestiegen. Schwei.mche^ 3,302; dasz er
sich über das verlorne vieh so hoch betrübt und bekümmert
habe. Schcppios 158 ; {Christus) der so hoch und inniglich für
uns gebeten hat. 390; da er sich denn, wegen der darinnen
(in dem handbrieflein) gebrauchten kürze so hoch zu ent-
schuldigen nicht gehabt. Bctschky kansl. 65; o himmell strafst
du mich so hoch! Lenz 1,91; still! dasz kein mann uns
belausche, wie hoch wir uns mit dem abfall seiner fürtreff-
lichkeit brüsten. Scbiller Fiesko 1, 1 ;
das seinen vater hoch vertrosz. Theuerd. 104, 82 ;
das mich so hoch betrübt. Schwarze?iberg 151* ;
all sOndt und lasten hoch verpeüt. 154*;
sein lob ist hoch zu melden.
KöRSKR histor. tolksl. 223 ;
bei fürsten, potentaten . . .
wirt sein lob hoch erkandt. 217 ;
es müht sich mancher hoch, zu sitzen oben au.
LoGAU 1, 184, 73 ;
Deutsche mühen sich jetzt hoch, deutsch zu reden fein und rein :
wer von herzen redet deutsch, wird der beste Deutsche sein.
2, 162, 13 ;
das Perseus doch
so unvertrewlich handlet,
mich nicht in stein verwandlet,
die ich es wünsch so hoch !
L. v. ScHWCFFis mirant. flöUein 24, 11 ;
die braut holt er jetzt ab zu Imisee,
und diese nacht wird hoch geschwelgt zu Küsznacht.
Schiller Teil 4, 3 ;
ein Schattenbild ist hoch willkommen. Göthe 3, 126."
rgl. hierzu eine anzahl unten folgender adjeäivischer composita,
deren begriff durch vorgesetztes hoch verstärkt ir/rrf, und die
zum ausdruck des Superlativen grades gewöhnlich höchst- als
erstes composüionsglied zeigen {s. an alphabetischer stelle), trenn
auch die gewöhnliche superlativbildung niciU ganz ausgeschlossen
ist (vergl. z. b. hochbegabtest unter hochbegabt). — Im com-
parativ, besser, sorgfältiger: solches . . hub er höher auf als
mancher die orientalische perlen. Simpl. 1,223 Kurz; ausführ-
licher: grosze not zwingt mich, hoher hie zu schreiben von
Ludwico dem kaiser, will ich anders, dasz die nachkomend
liistori ire Ordnung liab. d. städtechr. 3. 125, 4. im Superlativ
höchst : ich werde solches mit ehestem werkstellig zu machen
mich höchst bemühen. Bctschet kanzl. 107 ; bis endlich Nero
höchst verursachet worden den kindlichen respect hin- und
abezulegen. Schcppics 529; {der pöbel der) das neue höchst
verabscheut, das ihn aus seinem gleise leiten will. Göthe
8, 3" ; was Albert . . gesprochen war Werthem höchst zu-
wider gewesen. 16,149; im sinne der zeit, die ein solches
erscheinen höchst begünstigte. 26, 145 ; für mich war der Um-
gang mit Lavatern höchst wichtig und lehrreich. 269;
doch jetzo bitt ich, hoch und höchst,
für diesesmal mich zu entlassen. Göthb 12, 74.
in der altern spräche auch aufs höchste, zum höchsten (cer-
schieden von oben III, 1, e sp. 1596): diser irthumb ist zürn
höchsten dem evangelio entgegen. MEi.A.tcHTHO.t im corp. doctr.
Christ. (1560) i. 34; dessen ich dann zum höchsten erschrack.
Schweiniche» 1,280; zum höchsten bitten. 288; bedankte mich
vor alles mir erzeigte gute zum höchsten. Simpl. 2,304 Kurz;
da die erste weit den erzvater Noa aufs höchste verachtete.
ScHtppiLS 186; darauf der schuster aufs höchst lachend, auf-
geschrien. 709. noch jetzt Itäufig er war aufs höchste über-
rascht, aufs höchste erschrocken.
r) bei verben des auffassens und empfindens hebt hoch nicht
selten ein stark nach der Übeln seile hervor {vgl. oben g). etwas
lioch empfinden = übel, schmerzlich empfinden: können wir
uns allhier leicht einbilden, dasz ihr liebe zuhörer bei euch
Selbsten anklagen und hoch empfinden werdet der Agrippae
desz Neronis mutter grausamen todt, den er ihr anthun lassen.
IV. II.
ScHi'PPics 527; sie müssen den trockenen empfang meiner
tante nicht so hoch aufnehmen. Schiller neffe als onkel 2.4;
Eduard empfand . . die hindemisse sehr hoch, die man ihm
in den weg legte. Göthe 17, 145 ; erklärte ich ihnen ernst-
lich die unart und Unschicklichkeit ihres betragens. . . diesz
nahmen sie etwas hoch auf. 57,5; und ob ers gleich nicht
fordert, fühlt ers doch, und fühlt es hoch, dasz du sorg-
fältig dich vor ihm verwahrst. 33;
Tasso. ich bin als ein verbrechen angesehn,
und, was mein herz auch sagt, ich bin gefangen.
Alphons. du nimmst es höher, Tasso, als ich selbst.
Göthe 9, 165.
2) hoch, hervortretend in bezug auf rang und würde {zum
theil an oben 1, e sp. 1596 anrührend) :
ging die hohe Maria, unwissend der eigenen würde,
die ihr die mischuld gab. Klopstock 3, 195;
der hohe, dem wir heut ims neigen (Hölderlin).
Freiligratb ges. dicht. 4, 60 ;
zürnend sprach sie und hoch, die einzige, würdiges wesens.
GöiHE 40,353.
a) auf geburt und stand zielend: ein mann von hoher ab-
stammung, von hoher geburt ; hohe und höchste herrschaften,
ici'e schon mhd. höhe herren. Berthold 34, 32 ; das sich bücken
musz alle höhe der menschen und demütigen was hohe leute
sind. Jes. 2, 17 ; sintemal ich so schlechten nutzen von meiner
hohen geburt zu hoffen. Simpl. 3, 51 ; davon ihr hohes haus
wenig ehr haben konte. 65; dieweil sie ihn allbereit an ein
fast hohes haus zu verheurathen versprochen. 66; in seiner
hohen familie. Wielasd 19, 334 ; welch einen schönen som-
meraufenthalt würden höchste und hohe personen finden.
Göthe 43,336; mit beifall und gnade seiner höchsten gönner.
26, 258 ; der hohe adel {gegenüber dem niedern) ;
(eine lochter) diu zuht unde schoene,
höhe geburt unde jugent, . . .
güete und wise rede hat. /wein 6465 ;
got gnisz den wirt von hoher art. fasln, sp. 97, 4 ;
je höher einer ist vom stände. Flebisg 502,
vgl. hochgeboren, im devoten stile wird hoch in diesem sinne
viel verwendet : der diamantfeste knoten, der die hohen alliirten
zusammen verbindet. Pasquini staatspbantasien {l69',) -216 ; etwas
von hoher band bekommen ; von hoher band, e lUeris vel per
manum vel de manu magni riri. Frisch 1,457'; selbst in hoher
person, ipse praesens, das.; femer hohen orts, höchsten orts
{bei hofe); an höchster stelle {beim ßrsten); es ist hohen orts
übel vermerkt worden ;
der edel ritter hoch genent (Zriny).
KöRSER hisfor. volksl. 223.
selbst in misbildungen, auf deren ernsthaflen gebrauch ein deutsches
Wörterbuch nur mit bedauern hinweisen kann, wie hochderselbe,
höchstdcrselbe, allerhöchstderselbe : gnädigste frau I von Bock
war so glücklich, höchstdenenselben das Strumpfband zu über-
reichen. Schiller kab. u. liebe 3,2; Tiece sagt einmal scherz-
haß: damit sie der leser, oder ein edles publikum so ent-
gegennehmen, dasz höchst es die geschichte selbst um so
annehmlicher oder verständlicher finden, und sein vergnügen
daran sich herausstellen möchte, nor. kränz 4, 3. vergl. auch
unten hochangeboren, hochermeldef, hochselig, höchstselig «. a.
b) auch Substantiv heiszt es die hohen, proceres, nobiles:
es ist der fluch der hohen, dasz die niedern
sich ihres offnen ohrs bemächtigen.
Schiller braut r. Metsina 487;
da ist ein brief ; er musz von jemand hohem sein,
das Siegel ist sehr grosz, und das papier ist fein.
GÖTHE 7, 56.
von den göttem:
haben uns die ewig hohen
eine spräche doch vergönnt! Schiu.br klage d. Cere*.
c) hoch, auf den rang weisend: ich achte, ich sei nicht
weniger, denn die hohen apostcl sind. 2 Cor. 11,5; mein
klügster, liebster und trewesler rat, der nach dem könig der
höhest ist. stücke in Esther 1,3; der hohe priesler, oß in Hn
wort (hoherpriester) zusammtngeschriehen, obschon beide bestand-
Iheile ihre gesonderte declination behalten ; erhebt er eine blosze
figur zu einem hohem wesen. Lessing «,442; die hohe offi-
cier. Simpl. 3, Ah Kurz; beides, hohe und nidere Soldaten. 46;
bei hohen und niedern officiern. 88; je höher der officier,
je gröszer das verbrechen. Pistorios Ihes. par. 4, 81 ; hohe
beamte; herren von hohem ränge; der hohe rath eines Staates ;
seit der hohe gott der lieder
musit in liebesschmerz erbleichen. Uhland ged. 266.
101
1603
HOCH
HOCH
1604
Auch hier bei tilulaturen : die hohe uhrigkeit ; die hübe Ver-
sammlung; das hohe haus der abgeordneten; das hohe mini-
slerium; um die aufmerksamkeit des hohen Senats nicht ohne
noth ... zu ermüden. Wieland 20,264;
mein hoher herr, hier lieg ich dir zu füszen.
H. V. Kleist häthchen 4, 2.
d) m diesem sinne gilt hoch auch von dingen; von festen:
die hüben feste der Christenheit; in den böhesten festen.
pers. reisebeschr. 3, 1 ; hohe tage, die tage der charwochc. Frisch
1,457*; der hohe mittwoch {miltuoch nach pßnqsten). diu.; hohe
zeit, feslzeit (vgl. unten hochzeit) ; so diu z'it ie hoeber unde
heiliger ist, so diu sünde ie grocjer und swjErer ist, die man
dran heget. Berthold 128,30;
bedenkt den hohen tag (das christfesi), der alle weit erfreut.
A. Grtphius 1C98 1,39;
erinnre dich, mein geist, erfreut
des hohen tags der nerrlichkeit. Gellbrt 2, 116;
ein schmuck! mit dem könnt eine edelfrau
am höchsten feiertags gebn. Göthk 12, 143 ;
einmal an einem hohen feste
beeilten sich die frommen gaste,
zur heiigen messe hinzuwallen. Uhland ged. 420.
roM dingen des cultus : der hohe altar {gegen den nebenaltar) ;
und üb man sie auch schon mit gülden tüchern unter den
hoben altar begrübe. Luther 1,283'; eine hohe (f'eierliclie)
messe, von schulen und stiften: höhere schulen im gegensatz
zu niederen; die höheren lehranstalten eines Staates; ein
bühes Stift, eccksia catliedralis. Frisch 1,457*; hoher wohnsitz,
ton einer residenz:
so sang Urania, die voll entzücken
jüngsthin zu Friedrichs hohem wohnsitz kam. Bamler 1,27.
hocbe schul, universüas, gimnasium, hocbe schul der fechter,
gimnasium, est scola, ubi docetur rilus et consuetudo gentilium
bellatorum dimicatorum. vor. ine. theut. k2'; der jung Ffauser
hat zu Tübingen uf der hochen schul studiert und den gra-
dum magisterii annemen wellen. Zimm. chron. 4, 118, 25. auch
in freierem sinne: das Zuchthaus ist oft die hohe schule der
Verbrecher; und selbst als titcl von lehrmilteln : die hohe schule
des Violinspiels heiszl ein notenheft mit stufenweise erschwerten
geigenstücken ; von einem der auf einer hoben schule gebildet ist:
wä diu nalür verirret ist,
wa; schikt da höher pl'alTen list? edelslein 99, 74;
und von einem der an solcher lehrt :
er hiiTt vil höher meister lesen,
ein tör muoj er doch iemer wesen. 99,77.
von rechten und instüutionen : die hohe gerichtsbarkeit im gegen-
satz 2ur niedern, die bestimmte schwere fälle nicht aburtheilen
kann; die hohe jagd, das recht so einer hat das edlere wildpret
zu jagen. Frisch 1,45"', und darum wieder hoch wildpret, ferae
ad venationem majorem relatae. das.; die freiheit in religions-
sachen ist der stände höchstes regale. Pistorius thes. par.
5,2; die höhere Schreibart, der höhere stil, gegenüber dem
niedern, dem lat. genus dicendi sublime und tenue nachgebildet ;
ein lied im höheren ton; das hohe lied Salomonis, wo das
adjectiv in der bedeutung an oben III, l,e sp. 1596 anrührt; und
daher wieder: wenn der hohe lyrische, oder epische dichter
spräche und kritik, als Sklavinnen, an seinen triumphwagen
fesselt. Gotter 1, vii ; die höhere mathematik , und viele
andre kenntnisse, die nicht zum gemeinen gebrauche, also
auch nicht fürs volk dienen. Herder zur phil. 6,43; die pflicht
des geistlichen, sittlich im täglichen sinne, religiös im höheren,
auf die menschen zu wirken. Göthe 26,262;
aber die andacht leiht höheres leben dem stein.
Schiller spazierffam) v. 70.
hohe karten, Spielkarten, im gegensatz zu niedern, die weniger
gellung haben; hohe metalle, edle; hoher weg, hohe sirasze,
die heerstrasje, landstrasze, gegen den bloszen Verbindungsweg.
MoNE urgeseh. des bad. landes 1, 148^. (mit lahlreichen belegen
am dem 13. — 16. jahrh.).
e) eine reihe von hierher fallenden fügungen zeigen hoch als
prddieativet adjectiv oder als adverb: du bist hoch kommen,
mein non, durch grosze sieg. 1 Mos. 40,9; als einer, der durch
dm drgen hoch zu kommen oder zu Nierben gedenkt. Stmjil.
1,434 Kurz; der berr ixt gros zu Zion, und hoch iibi-r alle
»ftlkcr. pt. M, 2; er lies in hoch her fareii auf rrdi-ii (r/a/MAm
einen hohen rang), h Mos. 32, 13 {verschieden mn hoch fahren
^.1600); dl« könige IphzI er Kitzen auf dem throne iinerdar,
dM «i« hoch bleiben. Hiob 3«, 7 ;
(wir trhrn) ((pwali inn ponzhi^it nchweben hoch,
dl tuffünt ghai weil hindnn nach. Sr.HW*iixKfi«Kiic l.'>7' ;
was hoch ist unter den menschen, das ist ein grewel für
gott. Luc. 16, 15, und hieran angeschlossen : was der weit
hoch ist, das ist vor gott ein greüwel. Frane wellb. 39"; eine
hoch gestellte person. auch freier: einen hoch stellen, in
seiner achtung: du hast mich sehr hoch gestellt, dasz du
damals so köstliche gefühle und gesinnungen vor mir aus-
sprachst. Bettine briefe 1,273; ebenso einen hoch halten, in
ehren halten {vergl. aber hierzu oben 111,1,6 sp. 159,'>): warum
ich dich so herzlich liebe und so hoch halte. Simpl. l, 417
Kurz; von dingen, und so dasz verbum und adverb zusammen-
gerückt geschrieben werden : einen ring, welchen er .sehr hoch-
hielt. ScHUPPiüs 226; das sie {die falsche lehre) die weit nil
allein werd annemen, sonder loben, bochhaben und machen.
kriegsb. d. fr. 127 ; ähnlich hochzielon bei Fischart hoch schätzen:
werden ir die süsze diser holdseligen büchlein . . fülen und
hocbzilen. Garg.22'; hoch ziehen, ebenso:
ein reicher sinn und gabenreicher geist,
dem obenal) der gute fug verliehen,
des herren lob in reimen hoch zu ziehen. Opitz 2,26;
einen hoch empfangen, wie es holten jyersonen zukommt: und
ist er gar hoch empfangen worden. Reiszner Jerus. 2,111";
sich hoch ballen, von seinem ramje einen hohen begriff haben:
dan weil sich Straszburg hoch thet halten,
als wan sies römisch reich verwalten,
sich auch für hoch und gwaltig schezen,
man must ein kaz aufs kelig sezen (sin einsihiiihleni).
Stöbsrs Msnlia 1858, 71.
zu höherem geboren, berufen sein : es geht mir auch wie
jenem Schulmeister, da er mist auszführet, und ein stimm
vom bimmel hört, Achaci, Achaci lasz dein klopfen sein, du
bist zu höherem berufen. Garg. 151"; hoch wollen oder hoch
hinaus wollen, einen hohen rang erstreben: sie wollen lioch
hinaus, sie wollen gott gleich sein. Schcppiüs 649 ; auch sonst
verwegene plane ttnd gedanken haben: der ehrliche Kodrich.
der so erfahren und mäszig ist, nicht zu hoch will, und
doch nichts fallen läszt. Göthe 8, 228. doppehinnig und mit
der eigentlichen bedeutung von hoch spielend: kurz, der major
sähe, dasz er mit aller gewalt höher wollte : (das hängen
pantomimisch anzeigend) er brachte ihn also auf guten weg.
Lessing 1, 546; es hoch bringen, eine hohe rangstufe erklimmen :
Dörfflinger hat es hoch gebracht, vom Schneider zum gencral:
dann auch in anderni sinne: die entsagung bringt niemand so
hoch, als ein geplagter ebemann. Rabener 1,206; hoch laufen,
auf hohe ziele steuern:
wolan ffir solches gutt, für so viel hohe gaben
was werde gegentbeils ich zu vergelten haben?
mein wesen lauft nicht hoch, an vieler dinge stat
nemmt meinen gutten sinn, und denket für die that
nimmt gott das lierze selbst. Tscherwing (1642) 28;
hoch leben, auf hohem fusze leben, als vornehmer;
nun lebt ich hoch. Bürger 107".
ß der wünschende ruf er lebe hoch! oder gekürzt nur hoch!
hat zwar tieferen sinn, als die lelztangefültrle gleiclte fügung, be-
tont aber doch auch das fröhliche, brausende eines festlichen lebens,
wie es durch unpersOnlirlies hoch hergeben {oben sp. llOl) aus-
gedrückt u-ird: man trinkt auch wohl unter freiem bimmel
gesundheitcn, und das wörtlein hoch ! läszt sich oft besser
als die Waldhörner hören. Gottsched t-crnfm/I. tadl. 1, 79;
vival, herr könig, hoch! und abermal hoch! Göthe 8,170;
hoch lebe unsre kaiserin! Holtei Chr. Lammfell 11;
drum lobe das gelobte land,
das uns den wem erzog;
der Winzer, der ihn pflanzt und band,
der Winzer lebe hoch! Höltt 190 Halm;
lebe hoch, wer leben scbaOTt! (iöTHi 1, 135;
dafür: leben jetzt im hoben ton
redlich« gesellen ! 1.3<);
glAscr klirrten, lioder schallten,
die cbnmpaRiier-pfropfen knallten
dreimal hoch das hauptquartier !
l'HKILIUNATH gi'S. äulll. 3, ."W ;
ungut aber: hoch! dem groszeu Kginunt hoch! und ahermal
hoch! Göthe h, 174 ; vijl. das subst. hoch.
g) dir sufKrlaliv der h("ichsle wird, nach dem Vorbild der
bibeltprache, gern auf gott gewendet: und er war ein pricster
gottes des höhesten. 1 Mos. 14, 18; und gedachten, das gott ir
bort ist, und gott der höhest ir erbiser ist. ;w. 78,35; wer
unter dem schirm des höhesten sitzt, und unter dem schatten
des nlliiicchligeii bleibt. 91, 1 ; der heilige geist wird über
dich kotneii, und die kraft des höhesten wird dich ul»er-
srhntlrn. Luc. 1,35; gott den allerhöheiiten. ScnupPiuR 809;
1605 HOCH — HOCH ANGELEGEN
der reine wille nur des höchsten ist allein
das muster und die art der dinge so hier leben.
Opitz 1, ä44;
dein thron, o höchster, höchst erhöhet. Weckuerii« 25 ;
des höchsten wort gern zu erfüllen. Gkllert 2, 144.
HOCH, n. 1) die höhe:
ich bin zwar auch ein theil und denen beigesiellet
die ihres geistes hoch zusammen hat gesellet
XU treffen einen bund, zu würken tapfre frucht.
LocAU 2, 56, 13.
2) nach dem adj. Loch (lU, 2,/) irird mit dem subst. Loch
kurz auch der ruf er lebe hoch bezeichnet, neben lebehoch
(s. d.) : man brachte ihm ein donnerndes hoch ;
diesen sei ein hoch gebracht. Götuk 1, 136.
HOCH, f. ßr höhe, s. d.
HOCH, interj. auf der jagd: der (Jäger), so sein gesellen
mit der stimm berufen wil, sol schreien also : hoch da. der
antwort geben wil, schreit mit langer stimm, also : hoch da.
das gegengeschrei beschicht doppelt, also : hoch da, hoch da.
weidw. 1, 3'. 4*. auch als hetzruf der hunde gegen den hirsch.
4'. 5*. vergl. unter ho 1, sp. 15S6.
HOCHACHTBAR, adj. sehr zu achten : er ist ein hochacht-
barer mann, in der altem spräche als titel: hochachtbar am-
plissimus Frisch 1, 45S'. dazu hochachtbarkeit, f
HOCHACHTUNG, f 1) achtung in hohem grade (vgl. hoch
achten sp. 1595 und hohe achtung sp. 1596) : hochachtung, reve-
rentia, honor, admiratio, magna de re opinio Steisbach 1, 6 ;
discurse von hochachtung und Verachtung der medlcorum.
unmird. doctor 524; das nenne ich tugend, seinem stände
gemäsz leben, und sich die hochachtung der weit erwerben.
Gellert 3, 2SG; einen seiner hochachtung versichern, häufig
am schlusz von briefen; alle hochachtung, hen- doctor; sie
haben nur vergessen, dasz vater und tochter nicht ganz das-
selbe sind. Fbe^tag handschrift 2, 30 ; es heiszt hochachtung
für, vor, gegen einen oder etwas haben: ich hege alle hoch-
achtung für die Verdienste des Thomasius. H.acedorn 1, 112,
anm.; ich habe vor ihrem kräftigen und reinen empfinden
eine recht innerliche hochachtung. Fbeytag handschr. 2, 53.
2) früher auch die würde des amles: hochachtung, so einer
von redlicher thaat überkonunen hatt, der stand oder Ver-
waltung und das ansähen einer oberkeit, dignitas, maiestas.
Maaler 226*.
HOCHACHTL'iNGSVOLL, adj. und adv.: hochachtungsvoll
und ergeben häufig als versiclierung bei briefsciäüssen.
HOCHACHTLNGSWLRDIG, adj.: mit unserm hochachtungs-
wUrdigen Wolfen, meinem ehemaligen lehren Hagedorn 1,92,
anmerkung.
HOCHACKER, m. acker, der hoch, auf einer anhöhe liegt;
auch altes, ehemaliges ackerbeet, wie man sie hie und da in
Wäldern, und nicht selten mit tausendjährigen eichen überwachsen,
findet. ScHM. 1, 1042 Fromm.
HOCHADELICH, adj. was dem hohen adel eigen oder gemäsz
ist: hoch- et groszadelich, spiendidiore genere natus, antiqua
nobüitate iUustris, excelso stemmate ortus. Stieler 21; da tritt
herein die übergnädige dame von S. mit ihrem herrn gemahl
und wohlausgebrüteten gänslein tochter, . . machen en pas-
sant ihre hergebrachten, bochadeligen äugen und naslöcher.
GöTHE 16, 103 ;
mein schönster trägt hoben und züchtieen muth,
und speiet in euer hochadliches blut. BüacER 35'.
HOCHALM, f: es war herrlich unter den tahnen und
flehten der hochalme. Bettixe briefe 2, 149.
HOCHALPE, f., plur. hochalpen, die höchsten berge der alpen.
HOCH.ALT, adj. : die alexandrinischen nachahmer gingen
sogar, wo sie aus Überbleibseln neu sticken und nähen woll-
ten, in alte, hochalle zeilen. Herder zur litt. 10, 305.
HOCHALTAR, m. der hauplaltar einer kirche.
H0CIL\MT, n. die feierliche nusse vor dem hocIuJtar: mir
ists als dufte der Weihrauch des hochamtes aus diesem buche.
H. Hei!«e 6, 111.
HOCHANGEBORE.N, in devotem stile {vergl. hoch sp. 1602):
die hochangebohrne gute des fürslen. Bra.ndt bericht vom leben
Taubmanns s. 5S.
HOCHANGEHORIG, ebenso: e. excell. und alle dero liebste
hoch-angehörige. Schüppids "89.
HOCHANGELEGEN, pari, sehr wichtig: sei nicht sicher bei
einer so gefährlichen und hochangelegenen sache, als das
sterben ist. Scbiver seelenseh. 1,23.
HOCHASSCmMlLLEND — HOCHBEGABT 1 606
HOCHANSCHWELLEND, part. :
rege war die Versammlung, wie hochanschwellende wogen
auf dem ikarischen meer. Bcrcer 196*.
HOCHANSEHNLICH, adj.: ihre, an groszer herren hOfen,
hochansehnliche verwandten. Schlppils 501 ; gräfliche und
hochansehnliche guter. 26; bitte aber uns noch etliche Stünd-
chen ihrer hochansehnlichen gesellscüaft groszgünstig ge-
nieszen zu lassen, unwürd. doct. 525v in der titulatur: dero
königl. mayt. in Schweden hochansehnlichen general-majeur.
ScHUPPiLS SOS; die akademie bittet sich . . von allen hoch-
und wohlansehnlichen mitgliedern des Senats . . aufraerksam-
keit aus. Wielamd 20,260;
er (der schlemmer) musz bereits sein hochansehnlich
leben
dem koch nicht anvertraun, nur ärzten untergeben.
Hagedok!« 1, 23.
iü/ür die form hochansehlich : hochansehliche leute. Butschit
Patm. 711 ; di hochansehliche fürbitt bei dem christkindlein.
kanzl. 311.
HOCHÄTZKLNST, /". erhöhU monier in der lithograpkie.
HOCHALF, adv.:
du glaubst nicht, frau, wie gedrängt ist
hochauf boden und fach von unendlicher fülle des segens.
Voss 2. 46 ;
und die lercbe steigt im singen
hochauf aus dem duftgen thal. Uhlaüo ged. 52.
HOCHALFGLÜHEND, part. : endlich wandte er sich, hoch-
aufglühend, gegen das fenster. J. Paul uns. löge 3, 30.
HOCHAUFHIN, adv. in sublime. Maaler 226*.
HOCHAUFRAGEND, part. :
meine grosze
bochaufragende bürg. Bcsger 223* ;
gleich hochaufragenden tannen. 228*;
hin zu der hochaufragenden mauer des groszen Herakles.
231»;
tragend in mächtiger band die hochaufragende lanze.
PiRKER Tunis. 3, 153.
HOCHAUFSCHNELLEND, part. :
(die rosse zeigten) die hochaufschnellenden hufe.
Stolberg 3, 311.
HOCHAUFSCHWINGEND, part.:
letzt betraten sie gegen einander die grenzen des kampfraums,
nochaufscbwingeud die speere, voll ingrimms gegen einander.
Borger 210*.
HOCHAUFTOSEND, part. :
und gieng schweigend am ufer des hochauftosenden meers fori.
Borger 1S5».
HOCHÄUGIG, adj. : des stolzen Clavigo, der sich nie öffent-
lich sehen liesz, ohne eine herrliche, hochäugige Spanierin
im triumph aufzuführen. Götbe 10, 100. vgl. die äugen hoch
tragen ßtr stolz sein sp. 1593.
HOCHB.ALG, m., plur. hochbälge, ßr hoden: {gestoszene
rohrblätter) vertreiben die hitzige geschwulst der hochbelg
oder hoden. Tabebxaem. 674; lindert die hitzige geschwulst
des männlichen glieds und der hochbälg. 12SS. — Der ein-
fache jAural die belg für tesliculi bei Dief. nov. gloss. 363*.
H0CHB.\UM, m. in die höhe ragender bäum:
die sunu durch hocbbeim er^litzert.
WicKRAX pilger T2, hl. 70.
HOCHBAUTE, f über der erde in die höhe gehende baute.
H0CHBE.\MT. adj. mit hohem amte versehen: ein hoch-
bcamter nuiiin. Bltschky Patm. 32.
HOCHBECHER, »i. becher mit hohem fusze: trank so viel
hochbecher ausz, als viel seiner bulschaft nam buchstaben
innhielt. Garg. 91*.
HOCHBED.XCHTIG, adj.: wüszte ich auszer der heiligen
Schrift nicht viel bücher, die diesen (den fabeln Asops) über-
legen sein »olten, so man nutz, kunst und Weisheit, und
nicht hochbedechtig geschrei wolt ansehen. Luther 5, 268*,
geschrei, das aus hoher bedenklichkeit hervorgeht.
HOCHBEDENKLICH, adj. : das komme ihm hochbedenklich
für. Ayrer proc. 2, 10.
HOCHBEDEUTEND, part..- diese hochbedeutende formel
(von gottes gnaden). Klinger 11,225; jeder muszte in den
Zügen Liszts den Stempel einer hochbedeutenden geistigen
potenz erkennen, niederrhein. musikzeitung 1S66 s. 347.
HOCHBEFEHLEND, part.: ja, ja! ihre anbeter, welche
bald ihre hochbefehlenden ehemänner sein werden. Lessixc
1,4U2.
HOCHBEGABT, pari. : was dörfen sie sich dann also grob
an irem vatterland vergessen, welchs beutigs tags so hoch-
101*
1607 HOCHBEGEISTERT — HOCHBEPACKT
HOCHBEPFRÜNDET — HOCHBEWEGLICH 1 608
begabt und an klugem verstand und künstlicher erfindung
allen andern nationen vorzihet? Fiscuart ehezuclubüchl. 404
Scheihle ; ein hochbegabtes gemüthe. pers. rosenth. 1,27; einer
so hochbegabten person kund- und freundschaft zu erwerben.
BuTSCHEY kanzl. 43;
sie ist die hochbegabteste von allen.
Schiller juiujfruu, prolog 2. auftr.
HOCHBEGEISTERT, part. von hoher begeisterung ergriffen.
Klinger 3,172. 5,321; hochbegeisterte complimente. Chr.
Weise pdü. redner (1684) 334;
ja, günstig war die stunde ihm,
der gott war hochbegeistert. H. Heine 18, 264.
HOCHBEGLÜCKT, a.^..-
ich bringe, hochbeglückter, dir die tochter.
Schiller Iphig. 2, 3;
jene hochbeglückten damen,
wie sie schön gefeiert worden ! Uhland ged. 267.
HOCHBEGNADET, pari. : das hochbegnadete haus zu Sach-
sen. Mathes-. Sar. SS", ebenso hochbegnadigt.
HOCHBEtJREIST, part. sehr alt; hier von der zeit, längst
vergangen :
er {der ruhige geisl') schaut, wenn mich ein falscher freund
betreuget,
sich um, nach treu, der hochbegreiszten zeit.
A. Grtrhics 1698 2, 152.
HOCHBEGRÜSZÜNG, f.:
den herrn erfragend fürstlicher hochbegrüszung halb.
GöTHE 41, 209.
HOCHBEHERZT, part. fisyaki^vco^ :
aber dem hochbeherzten Odysseus wars nicht beschieden,
Zeus gewaltigen söhn mit scharfem erze zu tödten.
BORGER 229».
HOCHBEINIG, adj. hohe beine habend:
hochbeinigt watet im wasser (der storch). E. v. Kleist 2, 37.
hochbeinige jähre, theure jähre, in welchen die erwerbung des
Unterhalts mühsam ist, Um gemeinen leben' (Adelung) ; so ist es
auch im folgenden gemeint:
ja, jungmans, löeft et mi vorwahr! et sunt hochbeende jaren,
et let sik nu so licht nich mehr mit schönen junfern paren.
Lauremberg 13'J, 17 Luppenb.
HOCHBEKÜMMERLICH, adj.: wider solchen hochbekümer-
lichen engsligen anblick haben wir keinen andern . . trost.
Crectziger bei Llther 8, 194'.
HOCHBEKÜMMERT, part.: die hochbekümmerten eitern.
HOCHBELEIDIGT, part. sehr beleidigt: er stellte sich durch
diese äuszcrung hochbeleidigt, in der altern spräche aber von
hohem leide betroffen:
wolt euch über die statt erbarmen,
und erkennen dasz wir armen
hochheleidigten unterthan
für uns kein schult haben daran.
J. Äther 237' (1182, 14 Keller).
HOCHBELESEN, part. : der hochbelesene Henricus Smelius.
Sieg fr. v. Undenberg 1,44.
HOCHBELIEBIG, adj.: dessen hochbeliebig- und sehr wil-
kommenes srciben. Bütschky kanzl. 84.
HOCHBELIEBT, part. im 17. jahrh. für sehr geliebt: die
hochbeliblen eitelkeilcn der weit. Bütschky Palm. 280; die
von meinen hochbelibten eitern an mir gewandte unkostungs-
geldcr. kanzl. 274 ;
mein gott, wenn «oll es doch geschehen,
dasz ich mag endlich wieder sehen
das hoclibeliebte Vaterland
und meinen wehrten Unsterstrand (ufer der Unsirul).
NEUiiAS.K lustwäldcben 50.
HOCHBELOBT, part. :
Hans Löter liegt allhier, ein knab ohn allen tadel,
ein hoch-belohter prcisz der meiszni.sclien von adel.
Fleming 137 ;
ja, das wir weizen haben,
auch zahm und wildes vich, dein süiizos obst dazu,
0 hochbelobter herbst, das alles schalTcst du.
Rist l'arn. 787.
HOCHBEMÜHT, pari.:
der feind verzehrt uns ganz und gar
das hochbemiihte leben. Rist bimmt. tied. 2, 86.
HOCHBENAMT, part. mit hohem, vortrefflichem namen oder
ruf versehen : woledler, geulrenger, hoclibenainler lierr. anrede
in einem briefe bei BuTscnKY kanzl. s. li. 12 ;
Rubelle, die ich pnag m<-lir als mich nfllint zu liehen,
Huhetlü, von gesinit und nitten hoorli-licnuliml. Fleminc 09.
HOCHBEPACKT, part.: bold darauf fuhr der hocbbcpackle
wagen . . vor dem gastbaute vor. Göthe ih, 238.
HOCHBEPFRÜNDET, päd.: hochbepfründete prülaten.
Beckers weltgesch. 12,62.
HOCHBERÄMT, part. in hohem grade besudelt (vyl. beräraen
//iei7 1,1486); fcei Luther einmal witzig, im hinblick auf ähnlich
klingendes hochberühmt: da solche hochberemple und wol
beschiessen Universität (Ingolstadt) in verdampt hat. 2, 44l'.
HOCHRERÜF, m.;
weltseele komm uns zu durchdringen !
dann mit dem weltgeist selbst zu ringen
wird unsrer kräfte hochberuf. Gotub 3, 89.
HOCHBERÜHMT, adj. celeberrimus, clarissimus. Stieler 1637 :
den hüchberhüinlen ritter, harr Amadis ausz Frankreich.
Amadis 262.
HOCHBESCHÄMT, part. in hohe schände gebracht:
ach herr, lasz dich mein leidt erbarmen!
bring mein unschuldt als einer armen
hochbeschembten frauen an tag.
J. Atrbr 264' (1323, 3 Keller).
HOCHBESCHLAGEN, part. von wüdpret und kühen hoch-
trächtig, bald gebärend: schon früher hat sie sich von dem
stiere getrennt, mit welchem sie vorher wochenlang zusam-
men lebte, und dafür sich andern hochbeschlagenen kühen
angeschlossen. Brehm illustr. Ihierleben 2,650.
HOCHBESCHNEIT, part. ayävptfoe:
doch bald fahr ich hinan zum bocbbeschneiten Olympos.
liÖRGER 191*.
HOCHBESCHWERLICH, adj.: in diesen letzten hochbe-
schwerlichen Zeiten findet man sehr vil bekümmerte herzen.
Bütschky Patmos 169;
ein hochbeschwerlicher verlust. J. v. Schwarzenbbrg 149".
HOCHBESELIGT, part. :
hochbeseligt durch verheiszung. Tieck 2, 30.
HOCHBESINNLICH, adj. : unangesehen das etliche von der
universitet ir hochbesinnlich bedenken betten. Garg. 150'.
HOCHBESITZ, ni. groszer, gewaltiger besitz:
mein hochbesitz er ist nicht rein. Götub 41,302.
HOCHBESONNEN, part. von holten sinnen, groszem verstände:
got grusz euch, wirt, gar hoch besunnen ! fastn. sp. 562,4.
HOCHBESTALLT, part. mit einer hohen bestallung versehen :
wie sehnt Servil sich nach berufsbeschwerden,
beträchtlicher und hochbestallt zu werden! Hagedorn 1,71.
HOCHBESTANDEN, part. :
den hochbestandnen föhrenwald
pflanzt ich in juugen tagen. Götur 3, 244.
HOCHBESTRAFT, part.: das hochbestrafle lasier des foll-
saufens. Bütschky Palm. 109.
HOCHBETAGT, part.:
wie noch aus grauer zeit
hochbetagte lischer wissen. J. F. Kind gedickte.
HOCHBETRAUERLICH, adj.: hochbelraurliches unglück,
malum sanguinolentis lacrtfmis deploranduni. Stieler 2305.
HOCIIBETRAUERT, part. von hoher trauer heimgesucht: die
wittwc ging als eine hochbetraurte frau, nach landes gcwohii-
heit verhüllet und mit schwachen trittcn. Scriver seelensch.
2, 332. — Der heuligen spräche würde eine bochbelrauerte frau
eine sein, u>n die man hohe trauer empfindet.
HOCHBETRAüT, part. mit einem wichtigen amte betraut;
früher bei tUulaturen : seiner fürstlichen gnaden huchbctrauter
rentmeistcr;
die cammcr (im reiche der thiere) n&hrt aus weiser buld
zehn hochhctrautc bfiren,
den anlauf jeder allen schuld
gebictrisch abzuwehren. Hagedorn 3, 50.
HOCHBETRÜBT, pari.: ich l.cvhclc dir auch, o du gc-
trewer gott, meinen lieben allen hochbelrübten valcr, und
meine hcrzliebc alle hochbeliülile mutler. H. Jül. v. Braun-
schweig s. 123; klagelied eines hnchhcirUhten und unglük-
seligcn menschen. Neumark lustwäldch. 20; in solchem hoch-
helrübten jähr. ]>ers. roseuthal 3, 10 ;
KÜ» frcililiche (.'«Hlaiiken
den liochboiKihtcn srolen,
die sich mit «chwcrmuih quAlen.
i'. Gerhard no. 13, 13;
dich (Hymen) rufen iungn wiiwen an
im liochbutrühleii Kclilcicr. Hamler 1,69.
HOCHBEWEGLICii, adj.: er hat nunmehr der Christen
glaulten aus hochbewcgiicbon Ursachen angenuiniiicfi. Ataki
proc. 2, 10.
1609 HOCHBEWÖLBT — HOCHDEUTSCH
HOCHBEWÖLBT, part.: am hochbewöliten Olympus. Fr.
MGllER 2,214.
HOCHBLÄSTIG, adj. hoch aufgeblasen, sehr hochmütig : allen
zorn der hochblästigen prälaten. Zwingli 1, SO.
HOCHBLAU, adj. kräftig blau: feine hochblaue bergasche,
tine dunklere arl des bergblaus. Jacobsson 5, 190'.
HOCHBLÜHEND, part. :
die schminkeieicben wangeo
hochblühend von caxmin.
Zachariä hinterlass. schripen (1781) s. 26.
HOCHBOOTSMANN, m. ein schiffsbeatnter, der neben dem
schiffet und dem ober- und untersteuermann das commando auf
einem schi/f über die matrosen führt, und takelung nebst vorral
des Schiffs besorgt. Jacobsson 2,268".
HOCHBORT, HJ. n. schi/f mit einem hohen bort, das nur
segel führt, im gegensati der niederborte, die segel und rüder
zugleich führen. Jacobssos 2,268". seit alten Zeiten aber be-
zeichnet man am Rhein mit dem wart ein fährschiff: dicti domini
sibi de gratia et curialitate pemiiserunt, ut ipse dominus
Heinricus habeat in Utenheim naTiculam parvam, dictam hoch-
bort, in qua nauta ducere possit non carrucas sed tantum-
modo quatuor personas cum quatuor equis. Mose Zeitschrift
9,407 (von 1297); sollent sie stellen ein hochebart an den
Rine, dem hubener über zu helfen, neisth. 4, 532 (von 1571) ;
vergl. auch Liliescros volksl. 1,20". auch hochbortschiff: de
koment zwene noge {naclien) oder hochportschiffe (an die
Rheinbrücke bei Straszburg). d. städtechron. 9, 6S9, 15.
HOCHBRANDENJD, part.:
oftmals fodert die Elb, in des herbstnachtsturmes begleitung,
mit hochl)raadender flut zornig ihr alles gebiet. Voss 3, 121"
HOCHBRAUSEND, part. inprjris:
so weiten räum durchspringt mit einem sprung
das göttliche hochbrausende gespann. Bcrger 167*.
HOCHBRINGUNG, f : die fortpflanz- und hochbringung
(einer spräche). Bctschrt kanzl. 174.
HOCHBRUST, f. hohe, gewölbte brüst:
gesinnung
tragend in der zotigen hochbrust.
U. Hei!<b 17, 102 {Atta Troll 24).
HOCHBRÜSTIG, adj.: hochbrüslig, der ein grosze, weite
oder breite und starke brüst hat, pectorosus. Maaler SO';
Heinrich Kleist hatte dennoch eben so viel courage wie seine
hochbrüstigen, wohigeschnürten kollegen (officiere). H.Heine
1,209.
HOCHBURG, f: in dem schlosz, so oberhalb der statt
lag und Acropolis, das ist hochburg hiesz. anm. tceiszh. lustg.
741 ; ferner sind unten die Athener und Rhodier vorgestellt,
auf zwei hochburgen. GOthe 39, 4S ;
nahe der Stadt, auf felsen, erhob sich die thürmende hochburg.
Pthker Tunis. 2, ISS.
HOCHBCRGERSTAND, m. vornehmerer bürgerstand : bei dem
hochbttrgerstande lehrte er die kinder tanzen und beim adel
die hunde. J. Pacl flegelj. 4, 22.
HOCHBUSIG, adj. einen hohen busen habend: eine hoch-
busige dirne.
HOCHBUSZE, f. busze die einem hochgerichtsherrn zu erkennen
zusteht: item wo iemandts buszfellig, wer die hochbuszen zu
setzen, zu entsetzen, zu heben und nachzulassen hab? ant-
wurten die scheffen, solichs haben beide hochgerichtsherrn zu
thun ingemeine. tcets/A. 3, 754 (untere Saar von 1560); lx schil-
linck der müntzen zu hoebusz. 2, 245 (Obermosel 15. jahrh.).
HOCHDENKEND, part. : der feuereifer, die zerschmetternde
kraft des hochdenkenden Verfassers. Heyne briefe an Midier 95.
HOCHDERO, im devoten stiie des 17. 18. jahrh. für dero
(Iheil 2, sp. 1021).
HOCHDERSELBE, ebenso für derselbe, im plur. majest.
hochdieseiben, dativ hochdenselben, hochdenenselben :
nun, berr baron, glück zu, in den bewuszten orden
sind hochdieseiben auf und angenommen worden.
KoTZEBCE dram. sp. 2, 172.
HOCHDEUTSCH, adj. Germaniae superioris.
1) zunächst hat das wort und das dazu gehörige Substantiv
Hochdeutschland eine rein geographische bedeutung und ist in
dieser seit dem 15. jahrh. nachweislich gäng und gäbe: Hoch-
teutschlant, !^orica, Teutonia, hochteutscher leutonus, noricus.
voc. ine. Iheut. k2'; im gegensatz zu Niederdeutschland: nun
ganz Germania wirdt in zwei theil getheilt, das zum gebürg
hinzu gegen mittag wird das ober hoch Teutschland, das
HOCHDEUTSCH
1610
ander . . das nider Teutschland geheiszen. . . Hoch Teutsch-
land hat alles in sich, was jhenseithalb der Thonaw und
Rhein ligt, von dem flusz Magano. Fbask weUb. (1567) 4l';
graven, freien, herrn, ritter und edelknecht, von hochen und
nidern teutschen landen, aus (^allia, Italia. Zimmer, chron.
1,78,21. Hochdeutschland umfaszt das alte gebiet der Franken,
Baiern und Alemannen : das aber die Franken so alt in Hoch-
teutschland sind, kan man klerlich beweisen ausz Strabone . .
diser Strabo setzet die Franken klar neben die Vindelicos,
das ist, neben Beyern, daran sie noch zum theil rüren. Frank
German. chron. (153S) bl. 85" ; mitler zeit sind die Alemani die
hochteutschen, da itz sind Schwaben, Schweitz und Beyern,
also ward Teutschland erstlich nach der Zerstörung der rö-
mischen monarchi in zwei teil geteilt, in Älemanos und
Frankos, aber die Franken sind zur zeit Pipini . . . herrn
worden über die Älemanos, darumb haben darnach die Franken
ir reich also getheilt, Hochteutschland haben sie genent Oster-
reich, und das Niderland und Gallien Westerreich. So', dem
entsprechend ist der Schwerpunkt des reiches in den hochdeutschen
landen, die wd ßr das deutsclie reich genannt werden : Otto der
grosz und erst imperator und augustus in hochteutschen
landen gesessen, ein herzog ausz Sachsen, deutsche städtechr.
3, 67, 16. im 16. jahrh. sind Hochdeutschland für heutiges Süd-
dieulschland, hochdeutsch ßr süddeutsch häufige Wörter: wie ich
auch weisz das in Hochteutschland vil loblicher stedt sind,
die yhren christlichen predigern und schuldienern ausz eigen
gutern ihre besoldung geben. Melanchihos anriclU. der lat.
schul (Bonn 1543) b4"; hat er inen ain gelegne herberg da-
selbst bei aim gebornen Hochdeutschen von Frankfurt am
Main . . bestell. Zimm. ehr. l, 474, 23 ; was die ketzermeister inn
Hochteutschland mit gewaltsamkeit nicht vermögen. Fischart
bienk. (1581) 192*. im 17. jahrh. wird sowol Böhmen als Jsieder-
sachsen in gegensatz gebracht : solche vermächtnusz hinderlägten
wir . . . eine zu Prag hinter den senat, und die ander in
meines manns heimath in Hochteutschland, so damals noch
in seinem besten flor stunde und von dem kriegswesen das
geringste nicht erlitten (vorher ist co« der schlackt bei Lutter
die rede). Simpl. 3, 57 Kurz. sonU ist ein gegensatz gegen die
allgemeine bezeichnung Niederland hervortretend: nachdem die
iezemempten historici und andere mer nit Hochteutschen,
sonder Franzosen oder Niderlender gewesen (die geschicht-
schreiber des ersten kreuzzuges). Zimmer, chron. 1,79,2, es wird
hier das letztere wort «n» heutigen sinne genommen; doch hat
niederländisch noch einen mehr flüssigen begriff und steht auch
ßr das was wir heute niederdeutsch nennen: (das narrenschiff)
upp dat nye uth dem hochdutzschen in sassche efte neder-
lendesche sprake . . gesellet, narrenschiff s. 205' Zamcke.
2) hochdeutsche spräche wird allgemein von den oberdeutschen
dialekten gesagt, ohne den fest abgegrenzten begriff einer altge-
meinen Schriftsprache, c^schon diese sich später bildet, so unter-
scheidet Adam Petri ini Basler nachdrucke des neuen testaments
1523 Luthers und unser hochteutsch : so ich gemerkt hab, das
nicht yederman verston mag etliche Wörter im yetzt gründ-
lichen verteutschte neuwen testament, . . hab ich lassen die
selbigen auf unser hoch teutsch auszlegen. s. die stelle bei
Fromm. 6, 41. auch später noch : derselbig (Fläming), nachdem
er guet hochdeutsch, auch allerlai sprachen kundt. Zimmer,
chron. 3,318,33; herr (sagt ein Danziger), ich höre an der
sprach, dasz ihr ein hochteutscher seit, aus was für einer
Stadt seid ihr? Schuppiüs 251; weisz oft die helfte nicht was
die leute reden, ob es rothwelsch, hoch- oder niderteutsch.
Simpl. 4,463 Kurz.
3) neben diesem allgemeinem sinne (no. 2) aber scheint hoch-
deutsch auch auf die gemeine kanzleisprache gewendet worden zu
sein, wie sie namentlich seit den letzten decennien des Ib. jahrh.
durch Nürnberger und Augsburger drucke zu allgemeinerer Ver-
wendung und ansehen gekommen war. so braucht das wort gegen
1470 ein Westfale, der ein niederländisches gedieht in diese von
ihm nicht gut gehandhabte spräche übersetzte:
der hubschte fürst in al Teutschlant
mich seer of ein zit bot ermaent,
febetlcn auch durch grosi begyrt,
as ich dis buch ym transferjTt
usz flemscber sprach dv ist halb jutsch (jütisch),
in disse sprach als ist hochiuLsch. Mone anzeiger 4, 165.
auch franz. le hault alcmant : que Tunstal, angloys, qui en
avoil amplement escript, confessa que vrayement, en com-
paratson de luy, il n'y entendoit que le hault alemant. Ra-
belais Garg. buch l, cap. 23, «as Fiscbart anders wendet : dann
1611
HOCHDEUTSCH— HOCHDRUCK
Tunstal der Engelläiider, welcher weillüulig davon gesthriben,
selber ibin den preisz gab und bekandt , das er iuu ver-
gleichung seiner, weniger darinn als inn knifwendischer, fri-
sischer, und aller brittanniseber wallischer sprach verstand.
Garg. 175*. die Verdienste Lütuers um die ausbitdung dieser
gemeineti kanzleisprache als allgemein deutsche schriflsprache lieszen
schon im m.jahrh. die, damals noch nicht unbestrittene, meinung
entstehen, als ob die kursächsischen landstriche heimat und lierd
dieser spräche seien : sunt qui tractui circa Lipsiani elegantioris
sernionis (quo Lutherus etiam libros suüs condideril) primas
deferant: alii potius Augustanis, alii Basiliensiuin linguam
magna ex parte probant. Gesner vorrede zu Ma.^ler 4'; eine
meinung die bekanntlich im 17. und IS. jalirh. altgemein wurde :
dasz sie {chur fürstliche durchlauchl zu Sachsen) ein berrscber
über solche stUdte und festungen sein, worinneu die hocb-
leutsche spräche glücklich geboren, glücklicher ei-zogen, und
aufs glücklichste ausgezieret und gescbniücket worden, auch
noch täglich einen erneuerten und mehr lieblichen glänz
euipHlhet ; ich meine das prächtige Dreszden , das heilige
Wittenberg, und das süszeste aller städle, Leipzig. Stieler
tn der tvidmung seines Wörterbuchs; sie redeten so feines hoch-
teutsch, als ob sie geborne Sachsen waren, insel Felsenburg
1, 98 ; und der im jähre 1782 Wielanü in einer längern abhand-
lutig : über die frage was ist hochdeutsch? {werke, a. supple-
mentband s. 298-366) entgegen trat, hochdeutsch in diesem sinne
ward nun bezeichnung der vornehmern einlieitlichen schriß-
sprache jej/enüfeer den buntschillernden, manigfachen dialekten,
indem man hoch in der bedeutung vornehm (sp. 1602) empfand:
das jetzt in Schriften gebräuchliche teutsche, welches man
in ansehen der pöbelsprach, hochteutsch nennet. Frisch vor-
rede 2"; wie denn im jähre 1578 zu Basel ein buch erschien in
dem hoch in gleichem sinne auf das Ilaliänisclie bezogen ward:
D. Federmaun, sechs triumpb Fr. Petrarchs, aus höchster
italiänisch-tuscanischer sprach . . in teutsche vers gebracht.
so hochdeutsch wie Schriftdeutsch bei Fleming :
Rohm ist nun Rohm gewesen.
das edle Latieii wird boochdcutsch itzt gelesen.
das volli, das mit der laust sonst alle Völker trutzt,
sieht uuu erst, wie viel mehr die macht der zungen nutzt.
s. 94;
die schöneii Pierinnen,
die nun duicb Opitzen auch hochteutsch reden können. 150.
im gegensatz dazu steht niederdeutsch wie niedriges, dialektisches
deutsch, im munde des Dürings Neumark : so misz mir nicht
bei . . als wenn ichs versehen, und ein niederteutsches wort
unter das hochteutsch gemenget, lustwdldchen, vorrede, und
so endlich hochdeutsch ironisch, von vornehmerer ausdrucks-
weise, in bezug auf ein fremdwort: mancher wirft den spiel-
leuten, oder hochteutsch zu reden den herrn instrumentisten
einen thaler auf. Chr. Weise erzn. 320 (cap. 33).
4) um die Zweideutigkeit von hochdeutsch (no. 2 und 3) zu
vermeiden, hat wie es scheint, zuerst Bödiker für die dialekte des
höher gelegenen theiles von Deutschland die gesamlbezeichnung
oberdeutsch gefunden : ich theile die teutsche spräche, dasz
ich itzt von der altleutschen und auch niederländischen nichts
sage, inner Teutschland ab : l. in die niederteutsche, 2. ober-
teutsche, und 3. hochteutsche. grundsätze der teutschen spräche
{zuerst 1690, hier nach der ausg. von 1746 s. 350) ; die hoch-
teutsche Sprache ist keine inundart t'ines einigen volks oder
einer nation der teutschen, sondern aus allen durch lleis der
gelehrten zu solcher zierde erwachsen, und in ganz Teutsch-
land im schreiben der gelehrten wie auch im reden vieler
vornehmer leute üblich. 391. Frisch nimmt die neue bezeich-
nung auf, deren bedeutung er in seinem wörterbuche angibt : die
bücher so im oberteutschen dialect ehmal geschrieben sind . .
darunter sind die meisten die schweizerischen alten Chro-
niken . . und die wenigem die oberrheinischen, schwäbischen,
bayerischen, oesterreichischen, etc. vorrede 3*. Adelung hat
dieses wart zur allgemeinen geltung gebracht.
HOCHDEIJTSCHLAM), n. s. unter hochdeutsch no. 1.
liOCHÜHÄLLICH, aäj. sehr bedrohend (s. dräulich th. 2, 1347):
nil seinen und der seinen bochdrewiichen aufgeblasen er-
tichtcn Worten. Luther 1,340*.
HOCüDiU.NGE.ND, part. : du weist, mein golt, dasz ich aus
horhdringender notii zu dir komme. Scriver seelensch. 2,35«.
liOCHDhL'CK, m. l) erhöhter druck, der druck den eine
dampfmaichme auiM, wenn ihre tpannung eine atmosphäre
ubertteigt.
U) in der lUhoi/Taphie , die erhöhte manier. $. kucbtttzkunit.
HOCHDRUCKMASCHINE — HOCHEBHABEN 1612
HüCHDRUCKMASClUiNE, f: die auPänge der dampf-
maschine gehen bis in die mitte des vorigen Jahrhunderts
zurück ; beim beginne des unseren werden die ersten zur an-
wendung gekommenen hochdruckmaschinen gebaut in Amerika,
England und Würtemberg. Honecger allgem. cuiturgescli. der
neuesten zeit 1, 80.
HOCHEBENE, f hoch über dem meeresspiegel gelegene grosze
ebene, hochplateau. Cannabich geographie (1825) s. 565.
HOCHEDEL, adj. sehr edel: romane voll hohen gefübis,
erhabner gesinnungen, hochedler Charaktere. Klincer 12,297.
als tüelwort, ursprünglich epithel des ad»ls:
höchedel man, du schäm dich valscher tücke.
minnes. 2, 222' Hagen ;
dann höherer bürgerlicher kreise : die doctores, professores und
reclores, auf denen hohen schulen, und andere welche ihnen
im ränge nichts nachgeben, heiszen billig hochedler herr {in
der anrede eines briefes). SEHiKtiuER reclUschreib. i. 158; endlich,
bevor es völlig veraltete, für den geringern bürgei'stand angewendet,
auch als abstraclum ew. hochedeln: e. hochedeln gestrengen.
Scuuppius 467 ; ew. hochedeln belieben sich darein zu finden.
KoTZEBUE dram. sp. 2, 328.
HOCHEDELGEBOKEN, part., im 17. jaltrh. titel für höhere
beamle. Scuuppius 18. 785; später ßr geringe bürger. item,
wann das wort edel an sich selbsten nichts anders als hoch-
schätzbarlicbe lugenden bedeute, warum es dann, wann es
zwischen hochgeborn (welches wort einen fürslen oder grafen
anzeige) gesetzt werde, solchen fürstlichen titul verringere?
Simpl. 1, 95 Kurz.
HOCHEHHEND, part. anstatt hoch zu ehrend: dieweil ich
mein hochehrende frau aus ihrer gefährlichkeil errettete.
Simpl. 3, 76 Kurz.
HOCHEHllWÜUÜIG, adj. bezeichnung höherer geistlicher per-
sonen in titel und anrede, dazu das abstractum ew. hochehr-
würden.
HOCHEMPÖRT, pari.:
denn wie kann, wie soll ichs zähmen,
dieses hochempörte herz? Rdrgsr 42'.
HOCHENTSPRUNGEN, part. :
{(ihnenruhm), dessen hochentsprungner quell,
durch die Zeiten, thatenhell,
rauschend llosz iu edlem Schimmer. Stolbkrc 1,244.
HOCHENTZÜCKEN, n. ;
dann verwandle sich in hochentzücken
alle deine herzbeklommenheit! Uühcer 101*;
seht wie wir im hochentziicken
uns mit gohlnca ketten schmücken. Göthk 41, 159.
HOCHENTZÜNDLICH, adj.: nach einer so hochentzünd-
lichen krankheit. Göthe 31, 107.
HOCHERBOREN, purt. von holur geburt : hocherborne fürslen.
.4imo;» bog. o ij. s. hochgeboren.
HOCHERFAHREN, part. : der hocherfahrne leibarzt. Göthe
31,90; hocherfahrner herr doclor {in einer dedication). Kant
8, 3;
war Oalchas nicht ein hochcrfalirner zedier
und, halb berauscht, ein hehl im prophezein ?
IIaukduhn 3, 43 ;
ihr (der hocke) hocherfahnier langer barl
hegt auch kein haar gemeiner art. 51.
HOCHERFREUT, part.:
ich will dein thun je mehr und mehr
aus hucherlrculer suelen
vor deinem volk und aller weit
SU lang ich leb erzählen, t*. Gkruard uu. 40, 18.
HüCHERHABEN, part. sehr erhaben:
ach wo bleibt das edle laub
dieser hocherhuhuen eichen? Rist Parn. 688;
in bezug auf stand: ich liabc gesagt, dasz die barmherzigkeit
eine eigenschaft der hocherhabenen sei. pers. baumgart. 2, I ;
der hocherhabne stund kann nur in dem cnlzürken,
dem er zum millel dient, die menschen zu beglücken.
IIaukdurm I, 37 ;
ich würde mich rürwahr nicht niiK'rKieheii.
mit ihrer hucherhahnen mnjestat ((<i'r aonne)
lü hniderllch und truuli<:h uintugehcn,
wie mau noch wühl mit dir (dein mumle) sich unterütelil.
llÜReKil 55'.
in bezug auf Worte:
URU musi nicht olleieli wa» hui-hcrhubnei sagen.
lUucooRN 1, 83.
1613 HOCHERLAUCHT — HOCHFAHRT
HOCHERLAUCHT, adj. sehr erlaucht, rg/. erlaucht (A. 3,892:
{wir) genieszen kaum der hocherlauchten sonne,
da kämpft sogleich verworrene bestrebung
bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung.
GÖTHE 3, 21.
als tUel: glaub mir, keine hocherlauchte (frau) wird dich für
deine gottlosigkeit bezahlen. H. Heine 1,301; im spott:
siecher mann! hast keinen leib,
keine seel, du blödes weib!
drum, du hocherlauchtes paar,
paszt zur hochzeit auf ein haar
dir das Sprüchlein : mann und weib
eine seele und ein leib ! Lenaü Faust 74.
HOCHERLEBT, pari, bejahrt. Werth. ded. 1, 225 : im heutigen
evangelio tritt ein heiliges hocherlebtes paar auf den plan.
Otho 79.
HOCHERLEüCHTET, pari, sehr erleuchtet, in bezug auf den
geist : so sich defect und mängel darinn (in der apotheke) be-
finden, solche durch dero hocherleuchte scienz . . zu corri-
giren. &mji. 4,56 Kitrz;
sein hocherleuchteter papa
pflag ihn oft selbst zu wiegen. Hagedorn» 3,112.
HOCHERMELDET, part. im unterthdnigen stile von einer
bereits genannten hohen herrschaß: hochermelte ihre fürst),
gnaden. Weckherlin dedic. zu den geistl. gedicIUen ; gleichwie
nun Herzbruder von hochermelten grafen eine angenehme
wieder-antwort . . erhielt. Simpl. 2, 16 Kurz.
HOCHFAHREN, n. stobes,- anmaszendes betragen (vergl. die
Verbindung hoch fahren unter hoch sp. 1600): beseitiget jetzt
allen übermuth und anmasziiches hochfahren, aber fragt euch
demüthig und wohlgemuth . . . Göthe 43,2S7.
HOCHFAHREND, part. .• geschenke werden gebracht, groszer
prunk damit getrieben, und doch werden sie bald hochfah-
rend verschmäht, bald darum jüdisch gemarktet. Göthe 6,202;
Johann Grand, bis dahin probst von Roeskilde, königliches
bluts, hochfahrend. Dahlmanx dän. gesch. 1,426. in .<!ubstan-
tivem gebrauche: auch eins der verrufenen alltäglichen worte,
die von jenen hochfahrenden gebraudit werden. Tieck noi'.-
kranz 4,197.
HOCHFAHRENHEIT, f. hochfahrendes icesen : so wenig eure
hochfahrenheit auch dem warnenden freunde glauben und
seine liebe und hülfe annehmen will. Tieck nor. -/rrans 2, SSO.
HOCHFÄHRLICH, adj., zu stolzem, hoffärtigen tcesen geneigt :
dasselbe mädchen, welches dir am tag zuvor so hochfährlich
vorkam, illustr. zeilung no. 1607 vom 18. aprü 1874 s. 290', als
ein Salzburger localausdruck.
HOCHFAHRT, f stolzes, triumphierendes gebahren (vgl. hoch
fahren sp. 1600. 1603), die ältere form für später assimiliertes hoffart
(s. d.) : die hofferligen meinet er hie (ps. 94, 2) nicht alleine,
die im herzen hochmütig sind, sondern die mit verfolgen und
verfüren (denn er beide tvTannen und ketzer damit meinet)
überhand genomen haben, und obligen, als betten sie schön
gewonnen, und die fromen gedempft, welchs auch die art ist
des Worts, hoffart oder hochfart, das es heiszt, die hoch
faren, und oben schweben. Lother 3,302*. anmaszendes icesen,
itbermut, wie mhd. :
der kan mit übermüete wol hdchverte pflegen. Kib. 55,2;
dise verbergung der hochfart ist so vil sorglicher und ver-
färlicher, so vil sy under der gestalt der hailigkeit betrügt.
Keisersberg siben hauptsünden (1510) cc3'; nun wie kum ich
aus dyszer gaistlichen hochfart, sprichest du? cc4'; und füret
sie (der teufel Adam und Eva) abwegs von der gehorsam gottes
zur teufeis folg, vom abbruch zum frasz, von der demut zur
hochfahrt. Nas mdereinwarnung 12' ; damit bewegt ich sie zur
hochfart. Ayrer proc. l, 7 ;
ein demütig frow ist eren wert
und würdig, das sie werd geerd,
aber welch hochfart nvmbt für hend
deren hochfart ist oucfi ganz on end,
die will ouch allzyt vornen dran,
das Djeman mit if gstellen kan.
Braut narrensch. 92, 73.
spielend mit der eigentlichen sinnlichen bedeutung des Wortes:
als Lucifer für gar zu hoch,
da fuhr er ab ins höllenloch :
was gar zu hoch wird umgekahrt,
und hochfahrt wird zur niederfahrt.
LoGAU 2, 89, 54 (Überschrift ' hoffart,
hochfahrt ').
früher auch nur leben mit pracht, aufwand: hetten verzert wol
9 hundert guldin aun (ohne) nütz, wann ir hochfart was gro;;
HOCHFAHRT — HOCHFLUG
1614
und ir gut was ciain. d. städtechron. 4,38,20; darnach ver-
hüten die purger . . allen wucher und üppig hochfart. 63, 18.
im mhd. hatte höchvart auch die bedeutung hochherziges icesen,
edler stolr:
sin muot stuont hoch, doch jämers vol.
die bßde schanze ich nennen sol.
höchvart riet sin manheit,
jämer lert in herzenleit. Parz. 320, 3.
HOCHFAHRT, adj. stolzes gebahrens : es hat auch die geisz
etwas hochfarts in iren (sich) : dann wo sy under den schaafen
gadt, schämpt sy sich binden naher zu reisen, sonder ist alle
zeit zu forderst. Forer tläerb. 58' ;
wer hochfart ist, und dut sich loben,
und sitzen will allein vast oben.
Brakt narrensch. 92«.
mhd. hochverte :
doch hat der künec Günther vil manegcn höhferten man.
iSib. 53, 4 in B.
HOCHFÄHRTIG, adj. stolzes, anmaszendes «esen habend, später
hoffärtig (s. d.), mhd. höchvertec : die müssen al unterligen,
ellieh im guten, die sich demütig mit busze bessern, etlich
mit übel, die sich hochfertig verstocken und verherten. Luther
1,90*; denn da werden menschen sein, die vil von inen selbs
halten, geizig, hochmütig, hochfartig, lesterer. 2,123"; eine
hochfertige schmähe fraw. Fischart ehz. 22.
HOCHFÄRRIG, adj. von lebhafter färbe (vergl. hohe färben
sp. 1599): einem edlen hochferbigen turkisz gleich. Thcrneiszer
magna alcht/m. (1575) 45 ; kam ich zu etlichen schönen feldern
und wyszmädern, welche mit so vilen hochfärbigen blumen
geziert gewesen, dasz mirs . . Apelles nicht besser . . hätte
vormalen können. Hörl v. Wätterstorf Bacchusia 204.
HOCHFEIERLICH, adj. und adv. :
bochfeierlich in amtsornaten
zieht er nunmehr mit zween prälaten (por den thron).
Voss 6, 243 ;
bochfeierlich scholl der segnende zuruf
auf die gewässer hinaus. Ptrker Tunis. 3, 331 ;
hochfeierlich wird die entscheidung sein. Dräseke glaube liehe
hoffnung 4.
HOCHFEST, n. hohes kirchliches fest:
von eim hochfest aufs ander reichend.
Fischart diclitungen 3, 385, 80 Kurz.
HOCHFESTLICH, adj. und adv.:
heut mit einander an gott, der das jähr hoch segnete, denkendi
wollen wir uns hochfestlich belustigen.
Voss 2, 70 (idyll. 4, 252).
HOCHFLÄCHE, f. : (die Apenninen bestehen) aus einem haupt-
rücken und vielen . . durch hochflächen mit ihm verbundenen
nebenketten. Schlosser weltgesch. 3, 129.
HOCHFLEISZIG, adj. sehr angelegen, mit dem subst. bitte ver-
bunden : mein ganz underthenigsle hochfleiszigste bitt. Amadis
146 ; mein hochQeisziges bitten. Bütschsy kanzl. 296. 315 ;
weil ieh in hab geweret eben
nur seiner hocbfleiszigen bit. H. Sachs 5, 362* ;
drumb ist unser hochfleiszig bitt,
eur heiligkeit beschwer sich nit.
J. Atrer 141' (707, 23 Keller).
adv. hochfleiszig bitten: (hab ich) ganz underthenig, hoch-
fleiszig bitten wollen. Amadis 48; hierumb bitten wir euch
alle hochfleiszig. 243.
HOCHFLIEGEND, part. gewöhnlich bildlich: will mir einer
vorwerfen, es seie meiner Ungeschicklichkeit schuld, dasz ich
solche sagen nicht verstehe, sie geheren nur für vilgefüderte
hochfliegende hirn. Rompler vorrede; die hochfliegendste, ab-
gezogenste und geistigste einbildungskraft. Wieland l, 145
(121); soll sich mein hochfliegender geist an den schnecken-
gang der materie ketten lassen ? Schiller räuber 2, 1 ; hoch-
fliegende plane;
dessen fernhin dämmerndes licht begeistrung
kaum erreicht, hochDiegend: den geist der geister!
betet ihn an! Voss 3, 162;
schon mhd. mit höchfliegenden gedenken wb. 3, 343'.
HOCHFLUG, m. i) hoher flug: hochflüge gereizter einbil-
dung. U. Hecner m(4kenkur 3, 17.
2) das zur hohen jagd gehörige geßitgel und das recht es zu
erlegen : hochflug, fischenzen und wildbann. J. MtiLLER 4, 17 ;
sie werden kommen, unsre schaf und rinder
zu zählen, unsre alpen abzumessen,
den hochflug und das hochgewilde bannen
in unsern freien Wäldern. Schiller Teil 2. 1.
1615 HOCirFLUTH — H0CHGEBLÜ5IT
HOCHFLUTH, f. hoch steigende fluth: der Rhein isl seit
einigen lagen bedeutend gestiegen und einige straszen der
unteren stadl sind durch die Lochflulh heimgesucht. Frankf.
Journal 1870, 9. iioi'. ; bildtich: unter der hocliflulh eines natio-
nalen fanalismus. preus:. jahrb. bd. 20 ä. 284.
HOCHFREIHEHRLICH, adj. im titel eines freiherm {vergl.
hochgräfiich):
wann der bräutigam kömmt von Scldorr, jenes berühmten
hochfreiherrlichen guts hochwohlehrwürdiger pastor.
Voss 1, 82 (Luise 2, 4il).
HOCHFÜHLEND, part..- als äuszerung eines trefflichen hocli-
fühlenden, sich selbst seine gegenstände schaffenden, uner-
schöpflichen geistes. Göthe 4G, 229.
HOCHFÜilSTLICH , adj. einem h(^wn fürsten gehörig oder
gemäsi: in einer vornehmen Stadt trieb einsmals ein baucr
einen . . esel bei einem hochfürstlichen hof vorbei. Cünlin
narrenwelt 2, ISO ;
nie hätt ich, bei meiner hochfurstUcheD ehr!
geglaubet, dasz so spottwohlfeil ich war. Bürger 67*.
seit dem ll.jahrh. im titel: euer hochfürstl. gnaden ritterliches
und hochfürstliches geniülh. Schuppils 810.
HOCHFUSZ, «I., dim. huchfüszchen, wein- oder brannlwein-
glas mit einem hohen fnsz unter dem kelche. am Oberrlicin.
HOCHFÜSZIG, adj. hohe füsze habend: die füsze (t/es p/"m/ex)
sollen nicht zu hoch sondern kurz und niedrig, nach der
Proportion des leibes sein, dann die hochfüszige seind zu
dem laufen und gehen gefährlich. Böcrler kriegsschule (1668)
5. 970.
HOCHGÄHNEN, verb. für hojanen (s. d.), Jahnen : die jungen
raben sperren den mund gen himmel auf, als hochgähnten
sie und schreien den lieben gott an. Hippel 2, 442.
HOCHGARN, n. hohes klebegarn zum fangen der feldhxihner.
KrCnitz 39,395.
HOCHGEACHTET, pari, in hoher achtung ; auch zu hoch-
geachl verkürzt: hochgeacht, ab dem sich alle wält verwun-
deret, conspicuus homo, clarus, spectabilis. Maaler 227* ; welcher
hochgeachter und weitberümpter ist, denn kein ander, so
leben mag. Amadis 307. als epithel im titel eines ratsherrn, wie
noch jetzt in Basel: nehmen sie sich in acht, was sie ant-
worten, hochgeachter herr ralhsherr! Wieland 19,327.
HOCHGEADELT, pari. : Seth und Sem sind unter den
menschen hochgeadelt. Reiszner Jertis. l,lil'.
HOCHGEBENEDEIT, part. :
die hochgebenedeite,
die den heiland uns gebar. Bürger 10';
zu des hochgebenedeiten (Christi) füszen.
Seüiie (1825) s. 648.
HOCHGEBIETEND, part.: meines Vaterlands hochgebie-
tenden Vätern. Schdppids 759 ; hochgebietendes fräulein. med.
maulaffe TAI ;
ja, und der Friedländer selbst, sieht er,
unser bauptmann und hocligebictender herr,
der jetzt alles vprmas; und Kann,
war erst nur ein schlichter edelmann.
ScHii.LF.R Wdllensieins tager, 7. avfir.
HOCHGEBILDE, n. franz. haut relief: als der freundliche
wirth ihn . . in ein geräumiges ziminer führte, das ringsumher
mit hoch- und nacbgeliilden, mit gröszercn und kleineren
figuren, husten und wohl auch einzelnen gliedern der schön-
sten gestalten geziert war. GOthe 23,27.
HOCHGEBILDET, part. von hoher bildung des geistes: ein
hochgebildeter mann.
HOCHGEBIRGE, n. hoch ansteigendes gebirge {im gegensatz
lu mittel- und Vorgebirge), .vhon mhd. höciigehirgc von den
Alpen (Lexer mhd. handwb. l, 1313): hochgcliirge, montana,
dicuntuT montes alti, projirie alpes. voc. iru. theiU. k 2' ; zu herbst
und Winter zitten, so die wasscr vallen und des hochgebirges
fliuzgüsina verloffenl, gewint sy {die insel lirichmau) zu obrosl
gen Cüstenz zu ainen trucknen grat. Okiiein c/ir. t. Aeir/ietiau
35,25. in der neuern seit ist das wort der gehobenen spraclie
eigen:
am hochgebirge Bchmoiz der scbnee. Borger .'t6' ;
e( war kein laut im hochgnhirg zu hören. Lenau neue yed. 9 ;
der reitet hat sich auch am quell« kiitil getrunken,
lieht nun im gronzen blick den horhgehirgH vfr!>iinken. 203 ;
der letzte, der Im bochgebijrg dem kühnen feind Ktch widersetzt.
I'i.aten 34.
H0CHGEBLI;MT, pan.:
o bochtt« «cbnn ob allem ((lant,
meiot hcnen bochgeblumbtar kram {anrede an eine geliebte).
fittln. tp. 120, 26.
HOCHGEBOREN — HOCHGEFÜHL 1616
HOCHGEBOREN, part. von hoher gehurt, mhd. höchgeborn,
früher von jedem dem höhern adel ungehörigen, vom kaiscr ab-
wärts, gesagt, jetzt, wo es überhaupt noch gebräuchlich ist, dem
titel gräßicher personen beigegeben: die stiftere des closters zu
Wciszenfclä die sind gewesl der edle und bochgeborne furstc
markgrafe Didrich mit seiner edlen frawen Helenen, chron.
des Ciarenklosters zu Weiszenfels in den neuen miltheil. des där.-
sächs. Vereins 11,384; der mich ein keiser hochgeboren reich
und incchtig hat lassen werden. A. v. Eyre 50'; so wil ich
den hochgeborncn und übermütigen künig in Assyrien sampt
seiner klugheit und stolze heim suchen. Züriciur bibel 1530
324' {vulg. visitabo super fructum magnifici cordis regis Assur,
Jes. 10, 12) ; der hogeborn fürst, marggraf Ernst von Baden.
WicRRAM rollw. 183,19 Kurz; man nennt die fürsten (durch-
lauchtige) hochgebohrne, dasz sie sich allezeit ihrer hohen
ankunft gemäsz bezeugen. Scriver seelensch. 1,340; mancher
ist höchgeborn und nit hoch erkorn. mancher hocherkorn
und nieder geborn. Neander sprichw.iZ; dem hoch- und wol-
gebornen grafen und herrn, hcrrn Christian, grafen zu Ranzau.
ScHUPPius 1 ; durchlcuchtigster, hochgeborner, gnädigster fürst
und herr. Weckherlin dedication zu den welti. gedickten ;
ir hochgebornen und durchleuchten (kaiser und könig ist an-
geredel)-
J. Atrer 271" (1354, 22 heiter),
bei GöTiiE in freierem sinne:
die perle, die der muschel entrann,
die schönste, hochgeboren. 5,234;
nun war uns himmlisch hochgebornen (den huris)
ein solch betragen ganz zuwider. 262.
HOCHGEBRLSTET, part., was hochbrüstig; bei Wikland
getrennt geschrieben :
so breit geschultert, hoch gebrüstet
lag Angulaffer da. 22, 112 (Oberon 3, 29).
in übertragener bedeutung, sehr sich in die brüst werfend:
wie sehr ihr vorspielscherz, den sie selbst ausgedacht,
den hochgebrüsteten professor klein gemacht.
Rist verm. ged. 5.
HOCHGEDACHT, pari, von schon erwähnten hoben personen :
hochgedachter herr legat. Luther 1,132'; hochgedachtcr herr
rcichscanzler. Schuppiüs 21 ;
und sing das lied, das man hat gemacht
zu lob dem keiser hochgedacht.
e. chiistenlicher zug wider den Türken C 4'.
HOCHGEDANKE, m.;
auch schau ich gern der menschen bände werk,
woher des meistens liochgedankc strahlt. Götue 13,268.
HOCHGEDEIHLICH, adj.: damit dero reiche und laude in
allem hochgedeihlichen Wohlstände erhalten werden. Bltschky
Palm., einführung s. 6.
IIOCHGEDICHT, n.:
Homerus singt sein hochgedicht. Schiller die weltweiten.
HOCHGEEHRT, part. : meine hochgeehrte frau landsmännin.
Simpl. 1,370 Kurz; wie meine hochgeehrten herren wissen.
Wieland 20,257.
HOCHGEFÄHRLICH, adj.: {der Nu) zielet .. das zu wasser
und land hochgefährliche thier den crocodil. Schupimus 409.
HOCHGEFIEDEKT, part. mit hoher feder versehen : carleil
des stutzerischen aufzugs der durchsichtigen, hücligelied<'rlen,
wolgesporl- und gestiefelten . . cavaliern. Opkl u. Comn s. 412.
neuerdings als botanischer ausdruck, in bczug auf federfOrmige
blätter: hochgeüederte palmen. kosmos 1, 12.
HOCIIGEFLOGEN, part.: eine horhgeflogcne einbildungs-
krafl. Klincer 0, 189.
HOCHGEFÜHL, n. erhebendes, iiber das alltägliche hinaus
ragendes gefübl {vgl. hoch jp. I5%): das hochgcfühl eines bc-
siuidern werths. Klincer 11,157; das hochgcfühl fjeheiiiier
liebesqual. MlsXls volksm. 79; nicht weniger siehl man die
lebendig vorstehenden, vorantrelenden geliildelen nieisler und
kentier, Kiopstock , Lessing, Gleini . . . von den neu aiif-
sprieszenden, im liochgefühl eigenen Vermögens, mit kraft-
voller selbstschUtzung und würdiger deinuth verehrt. Göthe
33,159;
mit der süstcn acbwArmerei
der bochBerOhle. Wieland 1H, 175;
die nacbtignil singt immnr neue lieder
dem hochgcruhl d«ii ihr entgegen quillt. GAtre 4, 126;
wenn vor dorn pl.ini, der um die In-rrin scliwebel,
dn» vi)lk »Ich Ihcili, in dnuiKiMidi'ni (;<nulile.
dann gleich um »i« wich neu zu üanimeln xtrebal,
atumm ernl und iiiaun«nd, dnnn im hocligcruhl«
nit lebenir den wiedcrhnll belebet. 13, ■i4.'>;
1617 HOCHGEGIPFELT — HOCHGELIEBT
und einer freuile hochgefühl entbrennet
und ein gedanke lebt in jeder brüst.
Schiller Jungfrau 4, 1 ;
solch ein schönes hochgefiihl. Platin 29.
HOCHGEGIPFELT, pari.: eilte unter den hochgegipfelten
eichbaum zu seiner lagerstatt. Musäls volksm. 2ö6.
HOCHGEHALST, part. : er glaubte öfters die hochgehalste
gestalt der kamele zu sehen. Wielaxd ...;
Achilleus hocbgehalsete rosse. Stolbkrg 12, 186;
Helene, die der hochgehalste schwan
gezeuget. Schiller Iphig., 3. zwüchenhandlung.
HOCHGEHÄÜFT, part. :
hochgehäurt zum dache
liegt das körn im fache. Voss 4, 146.
HOCHGEHERZT, part.:
ich habe nun erkannt die hochgeherzten Reuszeu,
ihr wesen aufgemerkt. Flkbing 626.
HOCHGEHOBEN, part.:
mit hochgehobnem speer, elf eilen lang,
trat er zum thor hinein. Borger 173*.
HOCHGEHÖRNT, part.:
gehundne rinder, hochgehörnten raub. Stolberc 14, 1^4.
HOCHGEIST, m. hoher, über das getiöhnlkhe ragender geist :
von Frankreich aus kam der hochgeist sowohl als die Spiegel-
fechterei des scholasticismus. Herdeb *. lUt. 18, 253.
HOCHGEISTIG, adj.: der hochherzige und hochgeistige.
Klinger 11, 136.
HOCHGEISTLICH, adj. in hohem grade dem geistlichen zu-
gewendet : wenig und ganz hochgeistliche menschen müssen das
sein, die in ehre und lob blos gelassen und gleich bleiben,
das sie sich derselbigen nicht annemen, gutdünken und ge-
fallen darin haben. Luther 1,233'; sol ich denn nu so schew
werden, umb der zarten, hochgeistlichen, tiefheiligen schwermer
willen, das ich auch meinen feind nicht nennen sol? 3,476'.
HOCHGEKEGELT, part. hohe kegel habend, vom pferde {vgl.
kegel 2, o theil 5, sp. 3S3) : die fessel . . soll weder zu lang
noch zu kurz sein, der erste fehler ist der kurzgekegelte,
und der zweite der hochgekegclte. J.\cobsso> 5, 533*.
HOCHGEKRÖNT, part.: unter den schutzüügeln solcher
hochgekrönten adler {des enhauses Ostreich). Butscusy Patm. 1&2 ;
einen hochgekrönten hirsch. Borger 151".
HOCHOELAHRT, part. alterthümlich und allerthümelud für
hochgelehrt, vgl. gelahrt: herr Schroderus, der hochgelahrte
mann. Schcppids 27 ; hochgelahrler herr doctor {in einer dedi-
cation vom j. 1747). Kamt 8, 3. 5; ich halte eine starke ahnung
davon, dasz ihnen meine hochgelahrte abhandlung über die
ideale langeweile machen würde. Wieland 6« Aferi 2, 103; wo
seid ihr her, hochgelahrter herr? Göthe 42,45;
lehret nun, ihr des gesetzes kenner,
weisheit-fromme, hocbgelahrte männer,
treuer mosleminen feste pflicht. 5,33;
herr doctor, das ist schön von euch,
dasz ihr uns heute nicht verschmäht,
und unter dieses volksgedräng,
als ein so hochgelahrter, geht. 12,55;
ihr flndet hier auf diesem leichenstein.
Alpin sei hochgelahrt gewesen. Gökinck 3, 2S4.
HOCHGELAHRTHEIT, f.: steiget herab von den gipfeln
eurer wolkigen hochgelahrtheit. Bürger 32l';
der hochgelahrtheit dunst berauscht mich nimmer.
KosEGARTKN tn Scliillers hören 1796, 10. st. s. 4.
HOCHGELEGEN, part.." hochgelegne gegne oder berg, ardua
terrarum. Maaler 227*.
HOCHGELEHRT, part. : herzog George, der hochgelerle man.
Lutber 6,24*; dem hochgelehrten herrn d. Conrad Gesner.
Forer fischb. 119';
mit weltweisen hochgelehrten. WECKBERLtn 115.
HOCHGELEHRTIGKEIT, f. hohe gelehrtheü; als tilel eines man-
nes: mugen auch solchs leugnen die geuche herzog Georgens
und seine hochgeiertigkeit selbs, das nicht so sei? Luther
6,24'.
HOCHGELEITE , n. das geleite auf der hauptstrasze eines
landes und die dafür zu erhebende abgäbe: erkhandt, dasz ein
herzog zu Lotiringen das hochgeleidt, so weit die landtstrasz
des bezirk« ghondt, allein zu heben habe. icetilA. 3,751 (r. 1558).
HOCHGELIEBT, part.: hochgeliebter und geehrter leserl
Sf.HlPPIUS 426;
IV. 11.
HOCHGELOBT — HOCHGERICHT 1618
dea hocbgeliebten beiden. Flemi!<g 138;
horch des hocbgeliebten todesstöhnen! Bürger 97';
der umsonst, umsonst durch lange jähre
seiner hocbgeliebten nachgeweint. 101*.
HOCHGELOBT, part. sehr gepriesen, mhd. höchgelobet: hoch-
gelobt, eines groszen lobs wärt, gloriosus, conspicuus valde.
Maaler 227" ; in dem vordert die römisch königlich majestat
den hochgelobten herzogen {von Sachsen) zu im. Wüw. ton
Schaumburg 106; die hochgelobte Jungfrau (Maria);
darum, o gott!
sei ewig hochgelobt von uns und ihm! Gleim 4,67;
das hochgelohte sacrament
wird deinen Jammer lindern. Borger 13'.
HOCHGEMARTERT, pari.: der einzige ausweg zur beruhi-
gung der hochgemarterten. ThI^iimel 6, 50.
HOCHGEMEIT, adj. von hoher Schönheit oder stattlichkeit, «n
Wort das aus dem mhd. bisweilen noch in dem altern nhd. nach-
klingt:
ein edle herzoginne,
ein rilter hochgemeit,
sie hatten einander von herzen lieb.
Uhukd tolksl. 190 (15.— 16. jahrh.).
HOCHGEMLTH, adj. von hohem miUe, hoher gesinnung beseelt,
nach dem mhd. höchgemuot erst im vorigen Jahrhundert wieder
in die dichtersprache aufgenommen:
die räche nimmt ein edler, stolzer geist
an seinem niedern feinde, hochgemuth
verachtet er des neides schmach — und schweigt.
Uerder zur litt. 4, 35;
trabt ein stolzer zug durchs blacbfeld,
glänzend, hochgemuth. L. Tieck ges. not. 10, 306 ;
jetzt bin ich hochgemuth,
cn
jetzt bin ich stark, jetzt führ icn selbst mein beer
gen Brandenburg und bin des siegs gewisz.
Uhland Ludwig 154.
HOCHGEMÜTZT, part.: ein himmellanger, hochgemützter
dudelsackpfeifer. Göthe 39, 153.
HOCHGENABELT, part.:
trugen die heime hinein, und die hochgenabelten schilde.
Odyssee 19, 33.
HOCHGENANT, part. noch wie das mhd. höchgeuant (ton
nenden wo^ii), von hoher kühnheit, mulvoll:
nu hört, ir herru all hochgenant, fastn. sp. 654, 27.
HOCHGENEIGT, part.: meinem insonders hochgeehrten
und. hochgeneigten herrn, vettern und paten. Schcppiüs 824;
die hochgeneigten anwesenden. Weise polit. redner (1684) 296 ;
in der anrede: woledle, grosz achtbare, hochgelahrle, hoch-
und wolweise, meine insonders hochgeehrte und hochgeneigte
herren und grosze patroni {an den rat der Stadt Hamburg). 619 ;
hochgeneigt sein einem, favere ac cupere alicui. Frisch l, 458*.
als adverb: hochgencigt verzeihen, pdü. maulaffe, vorr.
HOCHGENIAL, adj.: woher schöpft denn der hochgeniale
herr Alexander diese neue theorie? Tiece noo.-kranz 4,350.
HOCHGENUSZ, m.: das kunstreiche mädchen (eine tänzerin)
erscheint in allen dreien (bildern), und zwar im ersten, die
gaste eines begüterten manues zum hochgenusz des lebens
entzückend. Göthe 44,194;
(mein könig der) vollkommner vaterfreude hochgenusz
mit seinem knechte herzlich theilen wird. 9, 251 ;
freund, wehe dir, wenn du im hochgenusse
der Schönheit blind zu einem götterkusse
dich in des engeis arme wirfst. Seuhe ged. 26.
HOCHGEÖHRT, part. hohe obren habend ; im spiele mit hoch-
geehrt: insonders hochgeöhrter eselmännischer Hans Wurst.
Reinhold reime dich 1.
HOCHGEPLAGT, part.: den armen und an allen glied-
maszen hochgeplagten mann. Scbdppios 167.
HOCHGEPRIESEN, part.:
reichlich versorgte sein kind der hochgepriesene Altes.
BCRCER 234'.
HOCHGERICHT, n. 1) das recht auf handhabung der gerichts-
barkeit in allen vichtigen civilen und peinlichen Sachen. Haltads
930 ; auch der bezirk einer solchen hohen gerichtsbarkeit : item ob
auch andere hern nebent den hochgerichtshern einiche frei-
heit oder gerechtigkeit in diesem hochgeiicht haben, und wie
hoch oder grosz, nieder oder klein sie seien? antwurten die
scheffcn, sie haben darin nit hoher zu gepieten noch zu ver-
pieten den fünf schiMingh sich erstrecken thunt. reirfA. 3, 754 ;
were es sach, dasz zwoe arme zu schaffen betten in dem
102
1619 HOCHGERICHT — HOCHGESCHÄTZT
HOCHGESCHICHTET — HOCHGESPANNT 1620
hochgericht Schawenburgh. 761 ; abe ein miszdediger mensch
gefangen wurd im hochgericht des Sargauws. 2, 57.
2) das peinliche gericht: ein hochgerichte hegen. Haltaüs
930 ; die statte desselben : item das hogericht solle staen uff
Scharberck, da stoszenl der vier herren gericht des dorfs
zusamen, das plegent die vier herren gemeinlich zu machen.
weisth. 2,51. dann aucli statte, wo die peinlichen strafen voll-
streckt werden, richlstätte :
sieh da ! sieh da ! am hochgerichl
tanzt um des rades spitidel,
halb sichtbarlicb bei niondenlicbt
ein luftiges gesindel. Borger 15*;
die raben zieben kräcbzcnd zumal
nach dem bochgericbt, zu halten ihr mahl.
wen flechten sie auls rad zur stund?
Chaxisso tjedichte 202.
endlich der galgen: were dann sein hochgerichl bawfellig {so
sollen alle gerichtseingesessenen xu einem neuen helfen) . . so
soll der scholthes handt anschlagen, und das hochgerichl
heben ; kann er es nicht allein geheben, so soll er die nach-
pcrn ansprechen, die sollen ime helfen so lang, bisz das
hochgerichl in die lufl kommt, weisth. 2, 410 {von 1499) ; wie
man nun zum hochgerichl konipt, do ward der gefangen die
laiter hinauf gefuert. Zimm. ehron. 4, 296, 13 ; siehst du auch
das hochgericht dorl auf dem hügel? Schiller räuber 3,2.
3) hochgericht, ein jährlich nur ein oder einige male tneder-
kehrendes gericht zur entscheidung wichtiger fälle. Haltaüs 930.
4) hochgericht, bei Göthe in freiem sinne, unter anlehnung
an die bedeutung 1 :
(wir sphiuxe) sitzen vor den pyramiden,
zu der Völker hochgericht,
Überschwemmung, Krieg und frieden —
und verziehen kein gesiebt. 41, 124.
5) hochgericht beim vogelsleUer ein hoher bügel oder geschneide
zum fang von vögeln. Adelung.
HOCHGERICHTSBOTE, m. böte eines Hochgerichtes (l). weisth.
3,753.
HOCHGERICHTSDIENER, m. diencr eines Hochgerichts, das.
HOCHGERICHTSHERR, m.: die gemein herrn hochgerichls-
herrn, das sollen sie haben in genantem bezirk stock, galgen
und gericht. weisth. 3, "50.
HOCHGERICHTSLEUTE, jdur. beanüc, diener eines Hoch-
gerichts, weisth. 3, 753.
HOCHGERICHTSMEIER, m. Verwalter eines hocHgerichts. das.
HOCHGERÜHMT, part. : Hysirus ist von gutem wein hoch-
gerümpl. Frank weltb. 19*.
HOCHGESALBT, part.:
vornehmlich wollest du ((jolt) der hocbgesalbten krönen,
des baiigen Oberhaupts, des adlars, alzeit schonen,
dasz ihm von niemand nichts unbillichs widerfahr.
ROMPLER 161.
HOCHGESANG, m. lobgesang auf gott, von Klopstock nach
dem ahd. höchsang psaimus in einer ode verwendet {werke 1, 182.
378), aber auch schon früher in diesem sinne:
frisch auf, glück auf, o ihr bergleut all,
seid lustig, frölich allezeit,
lobet gott mit hocbgesang.
Köhler alte bergmannslieder 18;
vnd sonst: allgütiger, mein hocbgesang
fronloclte dir mein leben lang ! üörceh 12' ;
des weius erschaffer, ihm zum rühm
ertont der bochgesaug! Voss 4, 16i).
im itbrigen gehobener gesang, festgesang:
schall, o maigesang! erschalle,
Cytbereens bochgesang! Borger 3';
dir nur, glänzende najade,
deiner unie, deinem bade
weihte keiner hocbgesang? 27';
ein »cböner hocbgesang (nai.rjiov)
ward von den knaben der Acbäer laut
dem silberbogenspaniier angestiromi. 147' (Utas 1);
veniebmt ihr jener stimmen hochgesang (»iegeagesami aus der
Irrne). GoTUE 7, 322;
deutscher barden hocbgesang
tont im kreis der zedier. Kühner 1,199:
erwachsneu biet ich wurdigtüi liucliirviiantr. I'litkn 133.
HOCHGESÄULT, part.:
dasz rings der bocbges<>iiiti'ii niiirn
durchdaramerte gcwolb' er.xchallcn
von gott, der crd und bimmd schuf.
Vom 6, 21«.
HOCHGESCHÄTZT, part.: hoehge§ch«Ute freunde; er i»l
alt kUnsder buchgeschätcl.
HOCHGESCHICHTET, part. :
hochgeschichteten reichen ersatz. Platen 130.
HOCHGESCHMACK, m. köstlicher geschmack: dasz diese
würze des lebens {das vergnügen), in zu starken dosen ge-
nommen, demselben allen hochgeschmack und anmuth rauht.
MüsÄus volksm. 89;
erinnerung der schmerzen
ist dem erfreuten herzen
wie hochgeschmack beim süszen mahl.
OvKRBECK gcd. 98.
HOCHGESCHOREN, pari, l) mit äuszcrst geschorenem haare
versehen :
waj wildü Pölän böchbeschorn?
den Ungern waere daj vil zorn
der ir langem bare erkür
die höhen püläaiscben schür. Ilelbliny 3, 225.
meist auf die grosze tonsur der hohen geistlichkeit bezogen, deren
rang Hierdurch angedeutet wird:
swie höhe er waere bescborn,
er wart dö lülzel ü? erkom,
ej wajre abt od biscbof. Erec 6632.
dann überhaupt so viel wie vornehm, hochgestellt, das noch m
viel späterer zeit : sy wirt sichs auch nu desz hochgeschorenen
achten. Wirsung Co/Js<. cc3; für jähren, wie er so hoch noch
nicht geschoren war, kennete er mich, inlerim 338;
doch weisz ich nicht weisz oder weg,
dardurch er (köniq Pipin) uns noch unterleg,
er ist uns zstark und bochgescborn.
J. Ayrer 310* (1551, 24 Keller) ;
du neider bochgescborn. Schade handweiksl. 68.
2) technisch, von wolle und summet: nicht geschorene und
hochgeschorene teppiche auf sammetart. Göthe 43, 386.
HOCHGESCHOSSEN , part. : der hochgeschossene bäum.
Klinger 12, 111, hier büdlich von einem im slaate Hoch empor
gekommenen manne.
HOCHGESCHULTERT, part. ;
allein die Achaier
rückten zur mauer heran, mit hochgcschulterten Schilden.
BiJRGER 234*.
HOCHGESCHÜRZT, part. : als das pallctt begann, und die
hochgeschürzten schönen tänzerinnen ihre üppig graciösen
bewegungen zeigten. H.Heine 3,31;
hier war zu sehn Dianas wilde jagd,
ihr folgen hochgeschürzte nymphen, doggen. 18, 320.
HOCHGESCHWELLT, part. :
mit hocbgescbwellter brüst und äugen ohne thrane
schlingt sie den starken arm in liebevoller wuth
um Hüon her. Wieland 23, 22 (Oberen 7, 29) ;
aus seinen schwarzen Stirnenlocken droht
die hocbgeschwellte zornesader tod,
wie eine schlänge droht aus dunklem strauch.
Lenau fausl 116.
HOCHGESCHWOLLEN, pari.:
so wüthct nicht der hochgeschwollne bach,
der schäumend seinen dämm durchbrach.
Schiller zerstöi-ung von Trya 87.
in bezug auf empßndungen :
der Zwiespalt eurer hochgeschwollnen herzen.
Hicliaril III. 2, 2,
the broken rancour of your high-swolii hates ;
und deren träger:
fleuch, bocbgeschwollner erobrer!
Klopstock b, 66 (Hess. 11, 976).
HOCHGESEGNET, pari. :
zu des Rheins gestreckten bügeln,
hochgesegneten gebreitcii. Gotue 4, 165.
ßr hochschwanger: eine arme hochgesegnete frau fand ihren
mann unter den lodten. Hall, zeitung no. 17 ron 1868.
HOCHGESINNEN, n. hohe denkart, hohes trachten:
hier ward dein hochgesinneu
nach wünsche wol gehört, man lohte dein begipnan.
FLEHiriii 199.
HOCHGESINNT, ;xir(..' buchgcsinnte wcltgemUter trachten
immerdur höher. RuTiicHKv /*a/m. 703; ein hochgesinnter, edler
mann. KLiNutR 12, 146;
der fürst der hochgesinnten Abanter. BbRiiia 201';
fem von der hochgesinniMon gattin,
und den erzeugten. Ptrkkr rii»t.s. 2, 177.
HOCHGESPANNT, part. l) rm büd, von den hochgcspannlen
Saiten {tp. 1508) auf empfindungen Obcrtragrn (vgl. auch unten
hochgestimmt): die grunds&tze werden desto gefhbrlu'her bei
einem wie er, der mit den hochgespannten »aiien der unähu-
1621 HOCHGEST ALT — HOCHGEWALT
HOCHGEWTHRT — HOCHGÜLTIG 1 622
liebsten kräfte bezogen, leicht den ton eines jeden (menschen)
angab. J. Pacl Hesp. 2, 191 ; ich glaube nun einmal nicht . .
an solche erhabne tugendhelden , und weisz, dasz solche
hochgespannte leute für den gewöhnlichen gang des mensch-
lichen lebens ganz und gar nichts taugen. Klinger 7, S6 ;
träume und Schwärmereien hochgespannter philosophen. 12,
203; beide waren von schnellem urtheii, beide hochgespannt
in den forderuugen, die sie an sich selbst und an die men-
schen machten. Freytag handschr. l, 45 ; hochgespannte er-
wartungen.
2) technisch redet man von hochgespannten i&ca\ fen t» einem
kessel. s. Spannung.
HOCHGESTALT, f.:
Epim. 0 göttliches vermögen mir, erinnerung!
du bringst das hehre frische bild ganz wieder her.
Prom. die hochgestah aus altem dunkel Iritt auch mir.
GöTHK 40, 403 ;
ich zaudre noch, die kerzen auszuhlasen.
nun hör ich sie, wie leise sie auch gleitet,
mit gierigem blick die hochgestalt umschweir ich,
sie senkt" sich her, die Wohlgestalt ergreif ich.
das tngebuch str. 9.
HOCHGESTEIGERT, pari.: lange jähre erinnerte sich man-
cher freund, der uns dort (in Lauchstddt) besuchte, jener hoch-
gesteigerten kunstgenüsse. Göthe 31, 137.
HOCHGESTELLT, part. gesellsctuißlkh von hoher Stellung:
eine hochgestellte person ; hochgestellte männer. bei Schilleb
getrennt :
so hoch gestellt ist keiner auf der erde,
dasz ich mich selber neben ihm verachte.
W'allensteins tod 4, 8.
HOCHGESTIEFELT, part. von pferden, wenn das weisze
merkmal am fusze hoch ansteigt.
HOCHGESTIMMT, part. von instrumenten (vgl. sp. 1598):
frisch auf ihr bocbgestimte geigen. Rist Parn. 675.
danach in bezug auf empßndungen : ein hochgestimmter geist.
Klinger 8,66; in der menge der hochgestimmten frommen
sind auch wahre taienle. Tiem ges. nov. 1,113;
gewisz hat ihn Antonio gereizt,
den hochgestiramten kalt und fremd beleidigt. Göthe 9, 171.
HOCHGETÄUSCHT, part. :
seh ich, bei d6s tempels harmonieen,
ihr gesiebt von seelenandacbt glühen,
ach! so wähnt mein hocbgetäuscbter blick,
eine himmelsbraut in ihr zu schauen. Borger 116*.
HOCHGETHRONT, part.:
Here, die hochgethronte göttinn. Stolbrrc 12,56;
der hochgethronte Kronion. 211.
HOCHGETHÜRMT, part. mit hohem thurme versehen, auf
hohem thurme hausend oder befindlich:
ihm ist in der richtenden wage, die oft Verbrecher,
oft schon hocbgetbürrate bezwinger der Völker zu leicht fand,
eh er wurde, sein blut, zum gewissen tode, gewogen !
Klopstock 3, 163 (Hess. 4, 137) ;
wieder erscholis, heil dort den nahenden schiffen, und sechzig
zählte des Strandes wart von der hochgethürmten lateme.
Ptreer Tunis. 3, 34.
hoch vie ein thurm aufgebaut:
auf des Weltmeers hochgethürmten wogen. Seumb ged. 114;
wozu braucht meines Shakespeare hehr gebein
ein hochgethürmtes monument von stein?
Bode>stedt Shahesp. sonelte s, 9.
HOCHGETRAGEN, part. : hochgetragen, hochtragen, präch-
tig, fastosus, elatus, animus elatus Haaleb 227*. vgl. auch hoch-
tragend.
HOCHGETRIEBEN, part. : die hochgetriebene pracht (eines
gebäudes). Siegfr. v. Lindenberg 2, 32 ; es giebt bei der eng-
lischen nation mehr auszerordentliche und hoch getriebene
Charaktere, als bei der französischen. J. E. Schlegel 3, 264.
HOCHGETROST, adj.:
er träume fort und .schaue geistgen blicks
was euch die götter günstges zubereiten,
wir, wachend glücklich, zeugen eures glucks
und hochgetrost für ewge zeiten. Göthe 4, 23.
HOCHGECBT, part.: neben ihrem hochgclahrten, in allen
Wissenschaften hochgeühten hufmeister. Schuppiüs 788.
HOCHGEWÄLD, »». im forsttresen ein holz, das meist grosze
bäume hat. Jacobssos 6,89*.
HOCHGEVVALT, f:
hier leistet frisch und weislich dringende hochgewalt
erwünschten dienst. Götbr 40,418;
mit der hochgewalt des hungers. Pestalozzi 3 (1819), 160.
HOCHGEWEHRT, part. mU hoher uehr versehen, w(Abe festigt :
Magdenburg ist ain schöne statt,
ain hochgewertes haus. Uhla5D rolksl. 552 ;
in der niederdeutschen recension dieses liedes entspricht:
och Meideborch, holt di veste,
du wol gebuwede hus! 553.
HOCHGEWEIHT, part. mit hohen weihen versehen:
und dringe zu des gipfeis zinne,
zu der nur hochgeweihte nahn (an einen freimaurer).
Stolbkrc 1, 110.
voll hoher weihe:
bei dem hochgeweihten orte,
wo den herrn man niederliesz. Göthe 41, 341.
HOCHGEWEIHT, part. mit hofiem geweih versehen, vom hirsche:
als das frühlicht mehr und mehr zunahm, konnte der beob-
achtende sehen, wie der hochgeweihte in heiszer liebesbrunst,
mit gesenktem köpfe tief am boden hinsuchend, der frischen
fährte des voran gezogenen wildes folgte, gartenlaube 1866,
j. 670.
HOCHGEWICHT, n..-
wer ist hier so jung an jähren,
weltgeschicht und dicbtung fremde,
der verehrend nicht erkennte
solcher namen hochgewicht! Göthe 4,43 (Cid).
HOCHGEWILD, n. wild das zur hohen jagd (sp. 1603) gehurt;
6« Maaler 227' hochgwild, bergwild, ferae montanae : das herr
Wilhelm Werner . . . allen seinen underthonen und armen
leuten gemainlich an zehen pfundt verholten, kain bochge-
wildt zu schieszen. Zimmer, chron. 3, 22, 9 ;
kein hochgewild ich fahen kan. Uhlakd volksl. 481 ;
mag mir nit gbirn ein hochgwild schon
so Tasz ich mich beniegen
an hasenfleisch. das.;
sie werden kommen, unsre schaf und rinder
zu zählen, unsre alpen abzumessen,
den hoehOug und das hochgewilde bannen
in unsern freien Wäldern. Schiller Telt 2, 1 ;
als Amino gesprungen kam, der treffliche spürer
hochgewilds. Ptrker Tunis. 7, 737.
HOCHGEWINN, m.:
in dem schlechten waltet es (das niederträchtige)
sich zu hochgewinne. Göthe 5, 106;
Faust, die gegenwart allein — Hei. ist unser glück.
Faufl. schätz ist sie, hochgewinn, besitz und pfand. 41,218.
schon mhd. hochgewin:
we dir Tötl wä sümest du dich?
kum her und nim uns alle hin!
alhie lit din hochgewin. Mai u. Beäflor 150, 14.
HOCHGEWITTER, n. starkes, schweres gewitter: die beim
buch saszen und nach der gewohnheit der alten das gebet
bei einem bochgewitter aufschlugen. Pestalozzi 2, 326.
HOCHGEWÖLBE, n.:
doch der boden gegenwlrkend
schnellt ihn zu der luflgen höhe, und im zweiten dritten Sprunge
rührt er an das hochgewölh (eines hölitenraumes). Göthe 41,229.
HOCHGEWÜLBT, part.: ein hocbgewölheter groszer saal.
pers. reisebesckr. l, 17 ;
als sie hinein nun kamen zur hochgewölbeten wohnung.
Odyssee 1, 125.
HOCHGIPFELIG, adj. mit hohem gipfel versehen: der berg
ist hochgipfelicht, mons altissimo supercüio, Verruca tminentis-
sima extenditur. Stieler 636.
HOCHGLASTIG, adj. und adv. mit heller flamme:
ein sehr grausamer donnerstral
zundt an, die schiff hochglastig brunnen.
H. Sachs 5, 281'.
HOCHGRAF, m. aüus comes, i. e. secularis judicii alti praeses,
judicU provincialis et criminalis administrator. Haltaus 931.
HOCHGRÄFLICH, adj. in deroJer rede /^ür gräflich : euer hoch-
gräfliche gnaden, comes celsissime. Frisch 1,458'; das ganze
hochgräfliche haus.
HOCHGRIMM, m.:
(er, ein greis) lernt die Schimmer des ruhmes, lernt
der Fama donner, und des gefürchteteu
hochgrimmes hlitz, der ungewitter
kühlende regen mit füszen treten.
Herder zur litt. 12, 88.
HOCHGÜLTIG, adj. von hohem wert, kostbar, mhd. huchgültic
(Lexer wb. 1,1315): hocbgüllig, aeäimatus, aestumatissimus,
praeslantia cxcellens Stieler 6VJ; aber der vitrioI, so in den
102*
1623
HOCHHALS — HOCHKAMM
HOCHKANT — HÖCHLICH
1624
thermopyliscben clausen gefunden der aller edelst und hoch-
gultigst ist. TuuRNEiszER mag», alchym. 45.
HOCHHALS, m. luinie des kanwlparders oder der gira/fe wegen
ihres hohen halses: Jerhalben wird der hocLhals oder kanie-
lupardt hierher gestellet. Thuhneiszer beschreib, influent. Wir-
kungen 64.
HOCHHALTIING, f. nach buch halten oben sp. 1604: ihren
preis und hüchhaltung. Butschky kanzl. 681 ; nit als sie sagent
ausz füruemischeit und hochhaltung mein selbs. d. städtechr.
3, 33, 12.
HOCHHEBER, m. beseichnung eines pferdes, nach seiner
gangart. Garg. 176*.
HOCHHEILIG, adj. sacrosanctus : das hochheilige sacrament;
wenn ich an die hochheilige religion gedenke. Weise polit.
redner (16&4) 296;
deines males (des abendmahles)
hochbeiligs prand. Klopstoce 7, 161 ;
darob gesegnete ich die
hochheilige theologie
und schlug mich zu den laien. Sbumr ged. 132.
adverbial, in bezug auf ein versprechen : von jeher hielt ich ein
versprechen hochheilig. Götue 21, 2üO;
die ihre tiefen ^aunerein
dem volli mit gimpelhaften launen
hochheilig in die oiiren raunen. Seuke ged. 40.
HOCHHEIT, s. hoheit.
HOCHHEITER, adj.:
ins licht, das mit hochheiterm schein
durch seine kircbe strahlt und brennet.
A. Ghtphius 1698 2, 291.
HOCHHER, adv. von der höhe lier:
da im laufe das schiff mit der (lamme des donners
Zeus hochher ihm zerschmettert in dunkeler wüsle des meeres.
Odyssee 5, 132.
HOCHHERDONNERND, pari. v\pißosfurT]s :
der hochherdonnernde Zeus. Bürger 190'.
HOCHHERRAUSCHEND, part. :
der hochherrauschende waldstrom. Stolberg 12,10;
hochherrauschender wind. 20.
HOCHHERRLICH, adj. : unsere so hocbherrliche, reiche,
reine teutsche spräche. Schottel liauptspr. 144; ihr blick ist
hochherrlich. Götue 39,20;
der du
beschirmest Killa, die hocbherrliche. Bürger 142';
Zeus, hochherrlichster, gröszter, du wolkenverdunkler im äther!
199' ;
und du hättest dem söhn auch geschafft hochberrlichen nach-
ruhm. Uäysset! 24, 33.
HOCHHERRLICHKEIT, f. majestas: in kraft unser {des
kOnigs) hochherlicbkeit. Haltaus 932 {von 1305).
HOCHHERZIG, adj. l) hohen, stolzen Herzens, nach hoher ehre
trachlcnd : ein von der natur trefflich-begabter, aber dabei
hochherziger mann, stund immer nach gruszen dingen, und
die ihm vielleicht zu hoch waren. Brandt bericht vmn leben
Taubmünns 69.
2) hohen, edlen Herzens:
sie störmten gefühllos
auf die zitternde schaar und aufs hochherzige mädchen.
GüTUK 40,294;
er kann nicht
Jenes gelühl hochherziger freiheit
unter der priester gewalt stets b&ndigen. Voss 3,244;
ein hochherziger entschlusz.
HOCHHIN, adv.:
o «ei gegrüszt in deiner wunderbaren,
in deiner hochhin ziehndeii steriie schein!
Kreiligrath ges. dielt, i, 19.
HOCHHINSCHWEBENÜ, pari.:
HO schieszt ein hochhintchwebender adler
auf das feld herab aus dämmernden wölken. Bühcer 238*.
HOCHHOLZ, n. l) ein gehülz, das meist grosze bäume hat.
Jacobsson 6, s»', horhwald : {der wUdbunn (jeht) binder Vilwdl
byene durch das hi>chlMilze. weisth. 1, 4'.«h (lon 13;tH).
2) die abfallenden baumusle und der aßersciüag. Nkmnich.
HOCHHIHEH, m. erst» der huber («. d.), viear und sleuer-
empfanger des grundherrn. IIai.taus »32.
HOt'HHLiiilG, aäj. win hohem hübe, mü bedeutender hubhulie.
Veith bergwOrlerb. 277.
HOCHKAMM, m. kämm am ttuhle eines bortenwirkers, mehr
koch alt brrü und am höchsten thrile des Stuhles befestig!. Jai;oiis-
•ON 3,2C)>*.
HOCHKANT, m. bauiiolz, wie es beim hausban als balken
zwischen zwei Stockwerken auf die hohe kante gelegt werden kann
{vgl. th. 5,174): im Gieszener anzeiger vom Ih. febr. ls71 werden
offeriert beschlagene floszhölzer in allen dimensionen, sowie
auch hochkant.
HOCHKETTIG, adj. bei Webereien und teppichen, mit hoher
kette {theil 5, sp. 634, no. 5) versehen : hocbkeltige oder senk-
rechtkettige tapeten, deren kette auf dem stuhl senkrecht
oder vertikal angebracht sind. Jacobsson 2, 237'.
HOCHKLOPFENÜ, part. :
als deines vaters veränderten sinn
ich mit hochklopfendem herzen vernommen.
Kotzebub dram. Sji. 1,303.
HOCHKLÜFTIG, adj. in hohem grade zerklüßet :
ganz hochklüflige berg. Weckherli?* 306.
HOCHKOSTBAR, adj.: schöne, hocbkostbahre ziergürten.
Butschky Palm. 663.
HOCHKÖSTLICH, adj.:
verehren müsse man sein priesterthura,
und nehmen sein hochköstViches gesclienk. Bürger 142'.
HOCHKÜTIG, adj. vom pferde : die kölen oder kegel fangen
an wo das Schienbein aufhört, und gehen bisz auf den säum
oder huf hinab, die sollen niedrig und kurz bei einander und
nicht lang oder hocii sein . . je subtiler ein pferd, je höher
die köten oder kegeln seind, diese hochkötige pferd solle
man scheuen. Böckler kriegsschule 969.
HOCHKRAUT, n. anethum graveolens, dill. Nenn ich 1, 302.
Stieler 1031.
HOCHLAGE, f. hohe tage, z. b. eines Stückes land : man spricfU
in der forstwirt schaß von bochlage, tieflage, freilage, Irostlage.
HOCHLAND, n. hoch liegendes land, hochgebirgsland, im gegen-
satze zu bloszem hügelland oder zur ebene; in bezug auf die
innere Schweiz:
im hochland fiel der erste schusz.
Frbiligrath ijes. dicht. 3, l.'iO;
das schottische hochland;
oft vernahm sie (die slimtne des hiflhorns) mein ohr mit freuJeii
auf des hochlands bergigten beiden,
wenn die tobende jagd erscholl. Schiller Jlfuria Sliiart 3, 1;
mein herz ist im hochland, mein herz ist nicht hier!
mein herz ist im hochland, im waldgen revier!
Freiligrath ijes. dicitl. 2,110 (nacli Blrns).
in den marsclien ist hochland die am flusse selbst liegende höhere
marsch, welclie vom vioorwasser, das die hinter dem hochland
liegenden sietländer überschwemmt, nicht erreicht wird, es gibt
ein hochland und sietland Hadeln.
HOCHLÄNDER, m. bewohner eines Hochlandes: wie nun der
hocbländer das bolz seiner Wälder in hundert formen umzu-
bilden weisz, das eisen zu einem jeden gebrauch zu verman-
nichfaltigen. Göthe 15, 306.
HOCHLANDISCH, adj. dem Hochlande eigen oder gehörig:
ein mann in hochlündischer tracht; hochliindisches eisenerz,
minera ferri ochracea, eisenwürfel, eisenlinsen, eisenocHer, eisen-
nieren, bohnerz. Nkmnich.
HOCHLAIJTEND, part. alltsonus. Dasyp. 373*;
mein lieber Weidmann liastu nicht vernomen,
wo meine bochlautende Jagdhunde sind hinkommen?
ho ho ho mein lieher Weidmann
ich höre zu dieser stund
weder Jäger noch huchluuteiiden Jagdhund.
weidspr. l!>4 ix dm nttdrutfcli. wtild. 3, s. 142.
HOCHLAUTIG, adj. in gleicher Itedeutung: allisonus hucb-
lautig DiKF. not', gloss. lt>'.
HOCHLEITE, f. seile eines berges mit Waldung besetzt. Jacobs-
son 2, 599'.
HOCHLEICHTE, f mahn alceu. Nemnich 3,496.
HtiCHLICIL adv. in holier art; selten örtlich, in der bedeutung
von hoch I, 1 sp. 1591 :
wie kömmt es, dasz Jetzund die bAsen oben schweben?
wer höchlich fallen soll, den musi man hoch erheben.
l.ouAU I. 20, 90.
gewöhnlich nur in beziehung auf den grad : hocblicb, triilTen-
lii li, finiecipue Maai.kh 227'; die sacb trill'l dich hix blich .ui,
CS sladt dir vil daraiitf, fiennagna res tua ogilur. das. mU
Verben der empfindung und der auszetung dersellten, wo öfter,
aber durchaus nicht tmmer, ein unterschied von IukIi in der art
hervortritt, dasz das einfache adrerb den grad starker hervorhebt:
liale hix blich. Lutiikh 3,31*; prolestirct hörblich, dat.; be-
klagt i«ich höchlich. 32*; ich bin aber höchlich erfrewet in
dein herrn. Phil. 4,10; aber der könig dankt ihm höchlich.
biriik i:ti'; «iiuol mir höchlich miszfrlt, da><z i< h ml ein «u
1625
HÖCHLICH — HOCHMACHT
HOCHMÄCHTIG — HOCHMUTH
1626
gut und gewaltig pferd iiab, als ir. Amadis 4M; welches ihm
höchlich miszfalle. Simpl.3,ZS0 Kurz; bin also abermal höch-
lich geplaget worden. Scbweinichen 3,166; dieser zucker wird
heutiges tages höchlich gelobet. Tabernaeii. 342; der diesen
Spruch in seiner hauspostill höchlich gelobet. Schdppiüs 442 ;
ist von gott höchlich verboten. 299; ich habe dem lieben
gott für seine gnade höchlich zu danken, pers. rosentli. 3, 3 ;
worüber man sich höchlich verwundert. Boie in Merks briefs.
1, 65 ; da ich nun von der v^ahrheit dieser bemerkung höch-
lich überzeugt war. Wieland das. 1,2S2; sie lobte ihn darum
und war höchlich mit dem Vorschlag zufrieden. Göthe 17,247;
der arzt und der geistliche, über diese seltsame entdeckung
höchlich erstaunt. 19, 250 ; so musz ich es höchlich billigen.
22, 17 ; Nicolais beginnen höchlich zu schelten. 26, 232 ; auf
Campers antwort verlangt mich auch höchlich, in Merks briefs.
1, 445 ; jedes unserer gemeinsamen werke hat mich immer
höchlich erfreut, an Voigt 401 ; die drei kupferstiche waren
sehr willkommen, da ich den meister höchlich schätze, brief-
wechsel mit Zelter 3,232; habe dank für deinen langsam vor-
geschrittenen brief, mich erquickt höchlich jedes wort von
dir. 279;
0 seid doch, höchlich bitt ich drum,
seid dies mal nur nicht liurrig! Bürger 50';
ihr müszt die wackern leute kennen lernen,
die ich vor allen lieb' und höchlich achte. Tieck 3, 220.
im s^iperlativ : höchlichst beflissen. Kirchhof icendunm. 33'. —
Selten als Verstärkung zu adjectiven tretend: höchlich zornig
ward. Aimon bog. f ; der mann ist mir durch diese briefe von
neuem wieder höchlich lieb worden. Wieland in Merks briefs.
1, 302. bei Logad mit einem verbum des wertes verbunden [wor-
auf auch bei Maaler 227' hochlich, prachllich, sublaie, excelse,
hinweist) :
dasz nun auch die spräche herrscht, höchlich gilt und lieblich
schillt ^erschallt). 3, 105, 18.
Der adjedive gebrauch von höchlich, wie er im ahd. höhlich,
mhd. höchlich hervortritt:
so manec höchlicher pris. Wolfram Willeh. 462, 5,
ist noch bei Stieler bezeugt: eine höchliche bitte, obtestatio,
flagitatio, obsecratio humilis, rehemens, diligentissima. SOS.
HOCHLICHT, adj. altiusculus:
ein schön lang richtig gestrackte nasz,
die im nit ein wenig hochlecbt was.
TuuRNEfszER urchidox. 12.
t« bezug auf das gehör, in einer erweiterten nebenform : hoch-
lächtig glächter. risus tremulus Maaler 227".
HOCHLICHT, n. volles licht:
du irrest nicht : des mädchens flamme währet,
bis Lünens hochlicht zweimal wiederkehret,
dann sucht sie neuen Zeitvertreib. Seoe ged. 27.
HOCHLICHT, adj. clarissimus: Lucifer meinte {durch seinen
fall) hochlichte zu werden. Böhme Aurora {Stuttg. 1S35) *. 91.
HOCHLIEß, adj. : für welches hochlibes gedächtnis meiner
hocbg. fr. muhme dero bände in gedanken ich küsse. Bütschky
kanzl. 310.
HOCHLIED, n. AoAcs lied: Schillers hocblied {in beziehung
auf dessen lied an die freude). H. Heine 18, 174.
HOCHLÖBLICH, adj. hoch zu toben : das hochlöblich recht
zu verbannen. Helter v. Speir kriegsordn. 56; böse leut thun
oft hochlöbliche thaten. Lehmann 115. gern als adjectiv bei
titeln und ähnlichen phrasen: wenn wir an dein edelst hoch-
löblichst geschlecht, und an dich, desselben heubt und zierd
gedenken. Luther 1,101*; weiland, milder und hochlöblicher
gedächtnusz käiser Maximilian unser anherr. landfried zu
Worms 1521, eingang; meines gnedigsten herrn königs, hoch-
löblichster gedächtnusz. Amadis 42; eines so hochlöblichsten
fürsten söhn. 412; bei einer so hochlöblichen versamblung.
Weckherlin 857; unsere huchlöblichen theaterdirektionen.
H. Heine 1,199;
und ihr, o hochlöbliche rhäl,
wol wirdig solcher dignität. mückenkr. 1,413;
dieser hochlöbliche thewre mann. 501.
adverbial: dasz sigreich er mit mayestet und zier
geschmucket stehls hochlöblich triumlier.
Weckubrlin 83.
HOCHLOBWl'RDIG, adj.: dieser gewaltigen und hochlob-
wirdigen rede. Amadis 299.
HOCHLUST, f hohe tust:
und sieh, in langen Zügen der bochlust
sog ein jeglicher mann im beer die liebliche kühlung
ein, und jubelte laut. Ptrker Tunis. 8, 74.
HOCHMACHT, /. altitudo, potentia supertor. Stieler 1204.
HOCHMÄCHTIG, adj. hohe maclä habend: hochmächtige
kriegsfürsten ; auch bezüglich der leibesgestalt :
gewappnete ritter dazwischen
mit goldnem saitenspiel,
bochmächtige gestalten. Uhland ged. 40S.
HOCHMAHL, n. prächtiges, stattliches gastmahl: jedes jars
auf den tag, als die stat . . eingenomen soll worden sein,
ain hochmal zu halten. Zimm. chron. 1,198,31.
HOCHMANNHAFT, adj. frülier im tüel von ofßcteren : wol-
gebohmer, gestrenger und hochmannhafter herr. Rist Parn. 776.
HOCHMASTIG, adj. mit liohem moste versehen : hochmastige
schiffe ; bildlich :
hochmastige, vollbesegelte dichterwerke,
und dennoch gesunkene, schreckten mich. Klopstoce 2,42.
HOCHMAUL, n. brochus, bronchus. Maaler 227'.
HOCHMEER, n. .• das grosz hochmeer, so das ganz erdt-
rieb umbgibt, oreanus. das.
HOCHMEISTER, m. l) allgemein, hoher meister, einer wissen-
schaß: ein hochmeister von der schrift oder von rechte. Statut,
d. deutsch. Ordens bei Lexer wb. 1, 1316.
2) der oberste vorgesetzte eines geistlichen ritterordens :
dö wart mit gröjir zire
brüdir Karl von Trire
der drizende hömeistir (de« deutschen orden.<:). Jeroschin 24082 ;
der sibent (bürge ist) der hochmaister zu Preuszen.
fastn. sp. 766, 20 ;
hochmeister, der zwei noch übrigen hohen ritterorden, der
Malteser und teutschen ritter Oberhaupt. Frisch 1,45»'. auch
mit declinalion beider worttheile, und dennoch zusammengeschrieben :
den hohenmeister in Preuszen. Lctber 3, 139'.
3) jüdischer hochmeister, der geistliche Vorsteher der Juden im
deutschen reiche: haben wir . . denselben Israhel zu unserem
und des richs judischen hochmeister über alle und igliche
judische hohemeistere, Juden und Judinn in tutschen landen
genomen, empfangen und von besundern unsern gnaden ge-
setzt. Urkunde k. Ruprechts von 1407, im anzeiger ßr künde
deutscher vorzeit 1S5S s. 222.
HOCHMENSCH, m. : jetzo könnte man mir auch die be-
dingung abfordern, unter welcher der kindes-charakter, und
also der preis- oder hochmensch, in welchen jener auszu-
formen ist, gefunden werden kann. J. Padl Levana 1,43.
HOCHMENSCHLICH, adj. : noch einmal, hoff ich, werden
wir mit gemütlichkeit über das hochmenschliche alterthum
uns besprechen, und die leidigen zeitteufel der barbarei in
die wüste bannen. Voss wie ward Fr. Slolberg ein unfreier 72.
HOCHMESSE, f feierliche messe, hochamt. Frisch 1,458'.
eine noch der erklärung bedürfende, wie es scheint sprichwörtliche
redensart bei Luther : und wie lang leben wir, wenn wir lang
hie sind? es weret einen tanz zur hochmesse, darnach wird
es anders werden. 7, 49'.
In Arnstadt in Düringen wird noch täglich mit einer glocke der
liebfrauenkirche hochmesse gdäutet, obschon dieselbe mit der refor-
mation wegfiel, und die glocke selbst heis:4 danach die hömesse.
HOCHMIETER, m. in Ostpreuszen eine besondre ort ländlifher
arbeiter, welche von einem gutsbesitzer eine kleine wolinung mü etwas
land miticeise erhalten und dabei noch als Zuschlag zur miete ver-
pflichtet sind, ihrem mielsherrn unentgeltlich, besonders zur erntezeit,
auf erfordern zu arbeiten, der name vielleicht daher, weü sie im
Verhältnis zu den instleuten immerhin einen hohen mietzins zahlen.
HOCHMILD, adj.: wer verheizt auch heul in Hochteutsch-
land etliche fridsame teutsche fürsten und hochmilte fürslin-
nen mehr zur Verfolgung und greulichkeit, dann , . die ge-
nanten Jesuiter. Fischart bienk. 192'.
HOCHMÖGEND, adj. viel könnend, viel vermögend : mit hocb-
mögendem fleisz. Philanüer 1,235; durch ihren hochmögendeu
befehl. Chr. Weise ersn. 109. als titel : hochmögend, ein titel
der holländischen Staaten. Frisch 1,458'; sie haben recht,
hochmögende herren {die franz. nationalversammiung ist ange-
redet), sich so unerschrocken und eifrig gegen . . despotismus
zu erklären. Wieland 29, 219. Substantiv: bei dein höchst
interessanten . . . drama, welches ew. huchmögenden dem
übrigen Europa auf Unkosten ihrer nation zum besten zu
geben geruhen. 209; ich halte wahrhaftig meine gesellschafl
und meine verlorne zeit eben so theuer, wie ihro hoch-
mögenden dero pasteten und braten. Knigge umg. m. m. 2,180.
HOCHMOOR, n. bei den torfgräbem in Ostfriesland der morast,
wie ihn die natur geschaffen. Jacobsson 6, 89*.
HOCHMUTH, m., in der altern spräche auch hochmut, ho-
mut, in verschiedenen bedeutungen, die schon {mit ausnähme der
no. 3) im mhd. huchmuot {mhd. wb. 261') erscheinen.
1627
IlOCHMUTII — HOCHMUTHEN
HOCHMÜTHIG — HOCHNÄSIG
1628
1) gehobener mut {wie buher nuith sp. 1599) ; stolz, Selbst-
vertrauen : hocliinut, miit, slölze, spirUtts, anirni altissimi Maa-
LER 227';
die landschaft wol sich nicht sparen,
beweisen ihm hochmuth {im Tnrkcnzuge).
lIlLDEBRAND VOlk$l. 287,5 (16. /(l/ich.).
namentlich der freudig gehobene mut, freude: Lochinut, ein üher-
schwenkliche fröud, elatio animi, sublatio animi. das.;
ghät es dir hi in homiit wol,
dort wirstu ewigs jamers vol. Scuwarzenberg 135'.
2) am häufigsten aber Übermut, überhebunij, dünkelhaßer stolz:
hochmul und prachl, superbia et arrogantia Maaler 227' ; das
lasier des hochmuts entsitzen, arrogantiae crimen extimescere.
das.; hochmul treiben, arrogare, superbire, jaclitare. voc. ine.
theut. k2': das sie hochmul an inen geübt haben. 2 Mos. 18,11
{Variante das sie vermessen gewesen sind an yhn) ; wil des
hochmuts der stolzen ein ende machen, und die hotTarl der
gewaltigen demütigen. Jes. 13, 11 ; dein trotz und deines herzen
hochmul hat dich betrogen. Jcr. 49, IC; was hilft uns nu der
prachl? was bringt uns nu der reichthum sampt dem hoch-
mul? weish. Sal. b, S ; nu aber rhümet ir euch in ewrem hoch-
mul, aller solcher rhum ist böse. Jac. 4, 16 ; aber die falschen
demütigen wundert es, das ir ihre und erhöhung so lang
auszen bleibt, und ir heimlich, falsche hohmut, lesset sich
nicht benügen an seinem geringen wesen, denkt heimlich nur
höher und höher. Luther 1,484"; der leufel isl im hochmut,
das keiner dem andern weichen wil. 4,185'; und das isl der
rooabitisch hochmut, der mit unerhörter vermessenheit tbar
sagen, obs gleich Christus belulhen hat, das mus man nicht
achten. 6,320*; ein mädchen, welches sich durch ihren hoch-
muth alle zu feinden gemacht hatte. Rabener sal. 3,161;
kanst ausz andrer leut schweis und blut
treiben dein hofpracht und hochmut.
FiscHART dicill. 2, 247, 228 Kurz;
viel klagen hör ich oft erheben
vom hochmuth, den der grosze übt.
der groszen hochmuth wird sicti geben,
wenn unsre kriecherei sich gibt. Börgkr 79';
wie leute, die der hoclimuth quält,
nach (eriien inseln die aiiker lichten,
um nicht zu hause den acker zu baun. Göthe 45, 86;
weil gott
mit reicher Schönheit ihren leib geschmückt,
mit hohen wundergaben sie gesegnet
vor allen hirtenmädchen dieses tnals,
so nährt sie süudgen hochmuth in dem herzen,
und hochmuth ists, wodurch diu enget fielen.
Schiller Jungfrau, piotoij 3. uuftr.
sprichwörtlich: wenn hochmut aufgeht, so gehl das glück nieder.
ScHJTTEL 1127*; hochmuth konmil vor dem falle;
hochmuth
thul nimmer gut. Sihrock aprichw. s. 254;
hochmuth
kommt nicht von armut. das.
3) hochmuth, pflanzenname :
a) des dianlhus supetbus, sonst stolze nelke, prächtige nelke,
hohe federnelke. Nemnicii 2, 1405.
b) des delpliinium, rütersporn. s. bochmuthsblume.
e) der lychnis flos ruruli, kukuksblume, pcchnelke. NEMNicn 3,469.
HOCHMUTHEN, rerb. Irans, einen übermütig- frevelliaß be-
handeln : da ward Gandales eines ritters, so ihr (der Jungfrau)
mit dem schwerdt in der fausl nacheilet, gewar, . . rennt
gegen im zu, die frauw zu cnischülzen, sagende: ritter, was
bewegt euch, dise fraw also schendlich zu hochmulen ? Amadis
35; groszen verdriesz und \*iderwillen namc der Junker ah
dem, dasz er ircr so viel den könig Perion liochmuten und
trotzen sähe, derwcgen rufet er inen zu: verrütherische Jccker,
wer bewegt euch, dasz ir diesen mannlichen ritter also achel-
loiscb überfallet? 66;
von Cypern der könig mit seim gesind
sich vor unserer statt jetzt find,
der erst neulich umb mich thct freien.
meint er es mit kein andern treuen,
al( das er uns hochmuten will,
so acht ich sein« freieni nit vil.
i. Atreh 398* (2ÜO0, 35 KelUr) ;
und der zur zeit und unzelt gar su gern
huchmuthete und nccktn männiglich
der ihm In wurf kam.
Wikland 18,42 {Cnron der adlidie);
hruder, hörst du da
die ritter, die vermeinen ungcitrafi
uns hochzumuthen? 43.
üuch geradezu mitluindeln : dieweil sie im nil gehorchen wfillen,
bat er sie mit eini-m sli-iki'ii ilnil/it' frt'liiiriiniiilivl Amiiilti
131.' entehren, notzüchtigen : diese jungfraw zu rechen, welche
man srhmchlich gehochniüligt. 76.
HOCHMÜTHIG, adj., mhd. höchmüetec.
1) nach hochmuth 1, hochsinnig, voll stolzen Selbstvertrauens :
ich bin aber . . gegen dir und Ecken, bapst und ewrem häufen
auch dem teufel, mit gottes hülfe, in einem bestendigen,
hochmütigen, unerschrocknem geist. Luther 1,363*;
der grosze hochmüthige held,
der erbe vom thron der weit.
Hildebrand volksl. 422, 6 (18. Jahrh.).
von einem thiere:
so hat des herren pfert uns underwegs auch eben
mit fallen etlichmal ein zeichen fast gegeben (von jenes
naheni tuilc),
da es doch vor der zeit, wan iemand auf ihm ritt,
als wie Bukephalus, hochmüthig einher schritt.
itoapLER 137.
auch voll freudigen Vertrauens, freudig: nu sehet, welch ein
reicher, hochmütiger Irosl euch daraus erwechst. Luther
2,385'; als ein hirsch . . sein bildnis im wasser ansichtig
ward, beginnet er . . gar traurig zu werden, darumb weil er
so dünne und magere beine hatte, gleichwol aber, da er sein
schon grosz geweihe ersähe, begunte er wieder froh und
hochmüthig zu werden. Lokmans fab. 2.
2) am häufigsten im Übeln sinne {nach liochnmth 2) dünkel-
haft stolz, sich überhebend: hochnnitig, elattis, arrogans . . con-
tumax. roc. ine. theut. k2'; falsche denmt weis nimer, das sie
hohmülig ist, denn wo sie das wüszle, würde sie bald de-
mütig von dem ansehen der heszlichen anlügend. Luther
1, 4S4* ; schaw an die hohmütigen wo sie sind, und demütige
sie. Iliob 40, 6 ; da sich aber sein herz erhub, und er stolz
und hohmülig ward, ward er vom königlichen stuel gestoszen,
und verlor seine ehre. üan. 5, 20; es war aber ein hochmie-
tiger cenlclam {gentihwmo , edelmann), welcher vor hoffart
meint, der fackin {laslträger) sollt ihm v^eichen. Wickram
rollw. 58,1 Kurz; den köpf hochmüthiger weise emporbeben.
pers. rosenth. 8,29; eine hochmülbige rede, oratio superba Steih-
hach 2,91; adverbial: hochmüthig einher treten, arroganter
incedcre. das. ; deren redliche absiebten ich auf eine so hoch-
müthige und spröde art von mir gewiesen halte. Kahener
sat. 3, 154.
HOCHMÜTHIGKEIT, f hochmüthiyes benehmen: arrogantia
hochmuligkcit Dief. 50'; das sind freilich die bochmütbig-
keiten in dem probirten misch-verkebr, aber selbst in ihnen
liegt ein kern von Wahrheit und recht B. Goltz kneipen u.
kneipgenies s. 58.
HOCHMÜTHIGLICH, adv. : hochmütigklicb, ferocüer Maaler
227'; arroganter hochmutiglich Dief. 5u'; alle menschen auf
erden stölziglicb und bohmütiglicb verachten. Luther 8, 5^'.
HOCHMÜTHLER, m. veräclüliclie bezeichnung eines hodi-
müthigen :
in jenem leben sind wir gleich,
die stolzen schämen sich.
seht ihr ein Wölkchen über euch?
hocliinüthlcr, das bin ich ! (>lkim 4, 280.
HOCHMÜTHLICH, adv. wie bochmütbiglicb: orro^anffr hoch -
mutlicb Dief. 50'; der ander rhum und ailel, des sich die
Juden erbeben, und alle menschen stölzlich und huhmüllich
verachten, ist dieser, das sie die beschneitung von Abraham
her haben. Luther h, 53'.
HOCHMIJTHSBLUME, f. der rittersporn. Brockes 8,157. vgl.
hochmuth 3, b.
HOCHMIJTHSSAME, m.:
weil der in seiner brüst bekliebne hochmuthssaamen,
wie ctwnnn bilscnkraut, der sinnen krürte schwAcht.
(JÜMTIIKR 517.
HOCHMUTHSTEUFEL, »i..- unter dem ihor seiner Vater-
stadt fahrt der hochnmthteufel in ihn. J.Vkvi uns. löge 1,95.
HOCHMLTHSVOLL, adj.:
doch kinderl seid getrost und schreit mit mir zu goit! . . .
klagt ihm die reisxend angst, den hocbmuth-vollGn spult.
A. ÜRTPUius 169S 2. 17(1;
ihr hochmuihsvollen spÖlier. GCntukr 182.
HOCHNACKEN, m. name einer famüie der gallung gryllus,
heuschrerke, nach dem bau Hires thorax. Nemnich 3,81.
HOCHNÄSIG, -NASIG, adj. die nase hoch tragend, als seichen
den hixhmuts {sp. !5»3): mancheui hochnäsigen verüchler solcber
wahrhaften |iopularilät zum trotz, votksblatl für ttadt u. land
1m;7 I. 1107;
d.-i> war dela lettler Widerspruch 1 hochnäsig volk, dein maasz
Ui voll)
FutiLioBATa 00«. 4uAl. 3, lu7.
1 629 HOCHNISTELND — HOCHPREISLICH
HOCHPRIESTER — HOCHSCHÄDLICH 1630
HOCHNISTELND, |)art. ; der hoch-nistlende adler. Bdtschet
Patmos 717.
HOCHNÖTHIG, adj. in hohem grade nötig. ■ das wir in dieser
Sache die göttlich warheit und eitel heilsame, huchnötigste,
tröstlichste Unterricht der gewissen geleret haben. Lcther
6, 42o'; darzu gute kundschaft .. hochnöthig. Kihcohof milit.
disc. IST ; wie viele andere hochnöthige sachen. Micrälius alt.
Pomm. 1,10; eine hochnöthige sache. Chr. Weise reife geJ. 690;
hochnöthig, dasz wir seihst genauer acbtung geben,
wie diese pest Tei^eh. A. Gbipuils 169S 1, 37.
HOCHNOTHPEINLICH , adj. beiname des hahgeriehts {pein-
lichen gerichts):
kein armer Verbrecher fühlt mehr scbwulität,
der vor hochnotbpeinlichem halsgericht steht. Borger 66V
HOCHNOTHWENDIG, adj.: solche hochnohtwendige mau-
wer und festung. Kirchhof mtl. disc. 244.
HOCH.NüTZB.^RLICH, ade:
da wh-d er bald ohn heuchele!
was« aller Christen zustand sei,
hochnutzbabrlich unsz lehren.
RxsT sabb. seelenlmi 16.
HOCHOFEN, m. hoch aufgebauter ofen zum schmelzen von
erzen, auch hoher ofen, sp. 1591.
HOCHÖFNER, m. leiter, aufseher eines hochofens: die stelle \
eines hochöfners, der den betrieb zweier holzkohlen-hochöfen
und gieszerei zu leiten versteht, ist vacant. anzeige im Frank-
furter Journal vom i. dec. 1871.
HOCHORTIG, adj. nach der fügung hohen orts {sp. 1602)
gebildet: bis zur hochortigen entscheidung {entscheidung an
höherer stelle), artikel aus Wien im Frankf. Journal 1S57 vom
7. mai; diese hochortigen scrupel. S. Kappeb in der beilage zur
allg. zeilung ISM no. 63, s. 1017.
HOCHPäLäST, m. :
wer seid denn ihr, dasz ihr des königs hochpalast
mänadiscb wild, betrunknen gleich, umtoben dürft?
GÖTHE 41, 190.
H0CHPFL.\STER, n. Xi&öoTQonos : salzte sich auf den
richtstuel, an der stete, die da heiszt hohpflaster, auf ebreisch
aber gabbatha. loh. 19, 13.
HOCHPORTIG, adj. hoch gestiegen, wol ßr hochbortig, vgl.
bördig abundans /Aei/ 2,240: ein oel, welches gar heftig pur-
gierdt und fast füxbündig {ausgezeichnet) zu allerlei hochpor-
tigen und faulen schaden ist. Thcrseiszer beschreib, inßuent.
wirk. 123.
HOCHPRÄCHTIG, adj. und adv. wie prächtig, in unterschie-
denem sinne; vgl. brachtig, prächtig theil 2, 2S7.
1) sehr stolz, hochfahrend, in bezug auf betragen und worte:
sie {die hausfrau) sul vveisz, vernünftig und klug sein, . . nit
zornig und zänkisch, ein granöllin, nit hochbrachlig sich er-
spitzen, sonder sein lind, gütig, senftraütig, schämig, züchtig.
Frank sprichw. 2,205"; sind für all ander fisch hochprächtig,
stolz und unverschampt. Forer ßschb. 82"; hochprächtig ge-
schwätz, bullatae nugae Maaler 227* ; auf diese hochprechtige
wort des Münzers, haben sich die armen leute verlassen.
Luther 3, 134'.
2) kostbar geschmückt, prangend, in bezug aufkleidung : pracht-
huren . . die täglich neue kleider machen, sich bochprächtig
herfürspitzen. Fischart ehz. 542;
beklaidt und geschmueket bochbrechtig. H. Sachs 3,2,71'.
HOCHPRÄCHTISCH, adj. sehr prangend, sich sehr brüstend:
durch beiigen pracht und höflichkeit
und durch hocbpräcbtisch beiligkeit
führt in Versuchung er die leut.
FiscuART dicht. 2, 247, 204 Kurz.
HOCHPREISBAR, adj.: der hochpreisbahre gräfliche Stamm-
baum. Bütschky kanzl. 5*28.
HOCHPREISEN, terb. statt des riclUigen hoch preisen {spalte
1600), uird gern in ein wort zusammen gerückt: seine Verdienste
anerkennt, sie hochpreisl. Göthe 26, 271 ;
Susannen« keuscbbeit wird von allen hocbgepriesen.
IIagedoin 1, 96.
HOCHPREISIG, adj. in handelsberichten unserer zeüungen, in
hohem preise stehend, hohen preis habend.
HOCHPREISLICH, adj. hoch zu preisen: hochpreisliche that,
factum gloriosissimum Frisch 2,70*. im tuet von hohen c(Ale-
gien; nach .\deluag bekam dies prädicat z. b. die chur fürstlich
mainzische regicrung zu Erfurt; es musz untersucht werden,
schrie Strobylus, hochpreislicher herr archoni wohlweise
herrenl Wiela.id 19,190.
HOCHPRIESTER, »i. was hober priester (sp. 1602): Airti-
gonus Hircani bruder wolt hochpriester sein. Reiszser Jerus.
1,88*.
HOCHPÜNKT, ffi. hochgelegener punkl: dem liebhaber da-
gegen ist darum zu thun, durch das einzelne durchzukom-
men, und einen hochpunkt zu erreichen, von woher ihm eine
Übersicht . . gelingen könne. Göthe 5S, 101 ; Moses habe so
wenig behauptet, dasz Adam und Eva die ersten menschen
der erde gewesen, wie dasz von irgend einem hochpunkte
Asiens aus . . die thiere aller zonen . . sich . . an ihren
jetzigen aufenthalt begeben hätten. Weslermanns monalshefle
hd. 2, s. 49.
HOCHQUELL, m. im hochgebirge entspringender quell, davon
die hochquellen-wasserleitung von Wien, gartenlaube 1874 s. 213 ;
hochquellenproject, project dieser leUung. 214.
HOCHRAGEND, pari., von einer Stadt, einem wall:
(mannet die) dich, hochragende Dios, Karystos und Styra be-
saszen. Bürger 201';
ihm sank der treue gefährte,
Salm, auf Wiens hochragendem wall.
Ptrker Tunis. 3, 148 ;
von einem helmbusch:
und des heims hochragender fittig. 13S.
HOCHRAIN, m.: der hochrein, das erhebt erdtrich zwü-
schend zweien furhend {furchen), scamnum. Maaler 227*.
HOCHREICH, adj. sehr mächtig, sehr stark: darumb auf
erden unter allen fehrligkeiten kein fehrlicher ding ist, denn
ein hochreiche sinnige Vernunft, sonderlich, so sie feilt in
die geistlichen ding, die seel und gott antreffen. Lcther 1,92"
HOCHREIS, n., plur. hochreiser, dürre stangen um den
vogdherd, worauf sich die rögel setzen können; auch fuszreiser.
Jacobsson 2, 26S'. wahrscheinlich aus hockreiser verderbt, s. d.
HOCHRICHTER, m. inhaber der hohen gerichtsbarkeü : v. gn.
h. der herzog von Lothringen, der da hie ist ein Schirmherr,
der da hie ist ein halber hochricbter. weisth. 2, 49 ; erstlich
erkennen wir den . . hern Fridrichen pfalzgraven und chur-
fürsten vor unsern herrn und hochricbter. 5, 660.
HOCHROTH, adj. von einem intensiven, mehr dunkeln roth :
hochrothe kleider. Fb. M(-u.er 3, 356 ; hochroth das glas zu
färben. Jacobssox 6,89'; hochrolher lack. das. von der färbe
der Wangen in erregtem zustande: {Liane) sagte hochroth, mit
niedergesenktem blicke. J. Paul Titan 2,70; die hochrothe
Chariton machte auszüge aus Dians briefen. 3,44; trat der
Schweizer mit hochrothen wangen herein, und voller begei-
sterung erzählte er von dem erhabenen anblick. H. Heine
1, 104. — Als Substantiv :
nicht zu schamhaft säum an dem sonnenfeuster
aufzublübn, jungfräuliches sinaröslein ;
deines bochrotbs harrt und des balsamdufles
unsere herrin. Voss 3,229.
HOCHRÜCKE, HOCHRÜCKEN, m. l) das rückgrat: hoch-
ruck, spondalium, spina dorsi, vulg. ruckbein. roc. ine. theut.
k2'; Spina, hochrück, rückmeiszel, rückgrad. Albercs xl*;
abdomen, das schmalz darinn die niern ligen, dasz am hoch-
rück hengt. pp4'.
2) ein höcker, buckel, und der besilzer eines solchen ; so heiszt
exne sclineckenart, bulla gibbosa der hochrUcken, der buckel.
Nem.mcu 1,716; e6en50 hochrücken ein fisch, kurius indicus.
3, 280. vgl. hochiückig.
3) hochrücken, hofter gebirgsrücken : jene gewaltigen hoch-
rücken, die vom Montblanc aus zu beiden selten der Rhone
streichen. Tscncni thierl. der alpenweit (1856) 213.
HOCHRÜCKIG, adj. dorso eminentiore, exstantiore inter sca-
pulas. Frisch 2, 130'; hochrückicbt, gibbosus Stieler 1572.
HOCHRÜHMLICH, adj. und adv.: dieselben hochrhüm-
Hchste aposteln zu heiligen fürbittern gegen dem herrn zu
haben. Luther 3, 94'; dise hochrühmliche Zusammenkunft.
Weckuerlis 851 ; ihre angeborne hochrühiuliche humanität.
ScHUPPiDS 786;
fährt einer, der ihr (der lugend) dient, ausz di»er wält darroo,
so gibt sie ihm zur letz erst noch den grösten lohn,
dasz nämlich gute leüth hoch-rühmlich von ihm schreiben.
RoxpLER 122;
der kaiscr
sann bochrübmlichen kämpf, ihm funkelten heller die äugen
Ptrker Tunis. 7, 201.
HOCHSCHÄDLICH, adj.: der hochschädlichen wipperer
und kipperer als geld- land- und lentverderber lehrmeister.
ScuEiBLES fliegende Na«, j. 175; die bisherige bochschädliche
Spaltungen in den glaubenssachen. Simpl. 1,264 Kurz; hoch-
schädliche Unordnungen. Butscbky Palm. 262; die hocbschäd-
1631 HOCHSCHÄFTIG — HOCHSCHÜSZ
liehe weise, durch gunst, schwägerschaft würden und hohe
ämter m erlangen. 39S>; ein hochschädliches exempel der
nachfolge. 852;
das hochschädlichc licchi nun aber zu vermeiden, . . .
dazu wil zeigen ich dir einen schnellen pfadt.
D. V. D. Wkrder Ariost 3,68,5.
HOCHSCHÄFTIG, adj. mit hohem schaft versehen ; hochschäf-
tige Stiefel, in der weberei heiszcn hochscliäflige tapeten (frz.
hautelisse) solche, deren kette senkrecht aufgebäumt wird.
HOCHSCHÄTZBAK, adj. hoch zu schätzen: hoch- et grosz-
schatzbar, honoratissimus, venerandus. Stieler 1742.
H0CHSCH.\TZ1G, adj. hoch zu schätzen: ettiiche gepieten
grosz und hochschetzige dinge. Carlstadt v. d. sabbat Cij";
wann er ein solche froliche und hochschetzige hoffnung hat.
sermon vom stand der christglaubigen seeltn Aij"; dieweil nän
ir todt ein tewer hochschetzig und kostlich ding in den äugen
gotlis ist. A iij '.
HOCHSCHATZUNG, f. : eine geistreiche, in hochschätzung
Byrons mit uns verwandte freundin. Göthe 46, 227 ; diese
hochschätzung eines gefeierten Schriftstellers mag aufrichtig
gemeint sein, ist aber von der wahren achtung weit entfernt.
preusz. Jahrb. bd. 20, s. 271.
HOCHSCHAUER, m. cobilis anableps, ein ßsch in Surinam,
wegen der läge seiner äugen, die ihn nur in die höhe schauen
läszt. Nemsich 2, 1084.
HOCHSCHEIN, m. der erste lichtstrahl der sich morgens an
den spUzeri der berge oder thürvie zeigt, bildlich, in einer ober-
rheinischen redensart: er hat keinen hochschein von der sache,
auch nicht den anfang einer kenntnis.
HOCHSCHEINBARLICH, adv. in holtem grade scheinend, sehr
offenbar: ob sie schon ihre Verdienste hochschcinbarlich aus-
streichen. Bdtsciirt Palm. 252.
HOCHSCHEITELIG, adj. einen hohen scheitel habend:
nymfen, die rinfc's hochscbeitliche berge bewohnen.
Odyssee 6, 123.
HOCHSCHENKELIG, adj. hohe Schenkel habend: ein hoch-
schenkeliges pferd. Adelung.
HOCHSCHILDRAUPE, f. larva gibbo scutala. Nemnich.
HOCHSCHLAGEND, part. : ging er . . fort mit einer hoch-
schlagenden brüst, welche die nachtiarven der phanlasie und
die freundschaft und die liebe und die ganze Zukunft ver-
einigt aufregten. J. Paul Tit. 2, 100.
HOCHSCHNEIDIG, adj. mit hoher schneide versehen, hoch-
schneidiger grabstichel, beim kupferstecher ein solcher, dessen
karUe oder vordere bahn ziemlich spUzwinklicht ist, daher tief in
das metall eindringt und einen feinen strich beim stechen bildet.
Jacobssos 2,269*.
HOCHSCHOLLIG, adj. hohe schollen habend (frucUbaren
ackers):
zum hochschulligen gau tapferer Angeln trägt
dich das stäubende rad. Voss 3, 17.
HOCHSCHULE, f. hohe schule {vergl. unter hoch sp. 1603),
Universität: hochschule in Bologna. Haut pilgcrf lo, 3S; die
lehrer an hochschulen. Göthk 31, 152. im 16. jahrh. erscheint
dafür gern hobeschulc in einem wort, mit decliniertcn beiden
theilen: sie betten mehr ansgcricht daim alle kiappercr der
hohenschulen. Paracelsus opp. 1, 102t A ; frage nur hie alle
Sophisten aus allen hohenschulen, stiften, kiöstern, pfarrhen.
Lotheb 5,164'; speculationon unser professom auf römischen
hohenschulen. Fischart bienk. 150*.
HOCHSCHL'LER, m.: wie oft schickt ein hausvatler den
sobn auf die hohe schul, und entzeucht biszweilen zu hausz
ihme, dem weih und kindern, was er diesem verschwen-
derischen söhn in die academi schickt? und der neue hoch-
Rchfiler redt nichts als das jenige hoffartige plus ultra, mehr
Aber das. Schlppius "27. m freierer Verwendung: die hoch-
schüler und nacbschreihi-r der kanlischen und scbellingschen
schule. J. Paul Vorschule d. ästhet. 2, 20S.
HOCHSCHULISCH, adj. auf der hochschule befindlich odfr
lehrend: die lehr der bucbscbullscbcn orzt. Paracelsub opp.
I,253B.
HOCHSCHÜSZ, m. hochgerichteter schütz, i. b. emrs geschiUxet:
dieser schanze konnten die Franzosen wenig anbnben, bocb-
•chUtse waren sehr ungewisz und gingen meist drüber weg.
GöTBE 30,300 (j. 3^)1 der gegentati eine niedrig aiiknmmcndc
kogel). dem jdyer ttt boch<>cbu«z ein schütz der zu hoch geht,
und daher nur t. b. den rücken tinet angeschottenen wtldprels
Mrnft JAfoünidi 2, 2fiö*.
HOCHSCHWANGER — HOCHSINNLICH 1632
HOCHSCHWANGER, adj. in vorgerückter schwangerschaß be-
findlich. SciiwEiMciiEN 3,302: sein weih, die hochschwanger
war. GuiRSFELD bist, roseng. 837 ;
gleich wie ein hochschwangrer leib, der die herbe zeit erkannt
die ihm zu der arbeil ruft, schmachtet in der wehmiith band '
also beb ich! A. Grtpuius 1698 2,407.
HOCHSCHWANZ, m. name einer drosselart, des turdus plum-
beus, und einer Schnecke, murex trunculus. Nemnich.
HOCHSCHWELLEND, part..- träume einer glühenden jugend,
wo das bochgchwcllende herz zu gewagten Unternehmungen
laut schlägt. Klinger 1,274.
HOCHSCHWIMMEND, part. :
hochschwimmendes gewülk. Weckherlin 304.
HOCHSCHWUNG, m. schwung in grosze höhe, ein turnerischer
ausdruck: den bochschwung machen; vom arm des glück-
lichen valers mit bochschwung geschaukelt. Rbichenau aus
unsern vier wänden 1, 14,
HOCHSEESCHIFF, n. in der österreichischen marine ein schiff
das auf hoher see fährt, im gegensalz zu laguncnscbiffen, bin-
nenseeschiffen.
HOCHSEGLER, m. raia pustinaca altera, ein fisch aus der
galtung der rochen. Nemnich.
HUCHSEL, n. Untersatz den man einem bicnenkorbe gibt, um
den räum im korbe {durch erhöhung) zu vergröszern, wenn die
bienen herunter und voUgearbcitet haben. Jacobsson 2,269".
HOCHSELBST, in bezug auf hohe personcn statt des einfachen
selbst: der graf hochselbst. vgl. höchstselbst.
HOCHSELIG, adj. l) im titel verstorbener hoher personen:
was sie wider den könig mein herr vatter hocbseligster ge-
dechtnusz begangen. Amadis 416; doch darüber möchte ich
lachen, wenn sie die fürsten und herren nach dem tode hoch-
seelig nennet. Chr. Weise kl. leute 285.
2) sehr glücklich: die w eiber waren als hochselige aus den
betten gestiegen. J. Paul Tit. 2, 76.
HÖCHSELN, verb. mit einem höchsel versehen. Jacobsson
2, 269".
HOCHSINN, m. l) streben nach hohem rang, das hochhinaus-
wollen :
doch würde sie der erste platz beglücken :
dem hochsinn ist die zweite stelle pein. Göthk 9, 235.
2) sinn für hohes, edles, hervorragendes: es ist (die person)
eine Zusammensetzung von hochsinn und niederträchtigkeit.
Göthe 36, 4;
der Terzk) hochsinn, Theklas jugeiidlichl. 4, 59.
namentlich auch der wchrkräftige, tapfere sinn: stieg die per-
sische monarchie zu höchster macht und glückseligkeit, die
denn doch zuletzt an dem hochsinn einer benachbarten, klei-
nen, zerstückelten nation endlich sclieiterle. 6,27;
sprachs, und wandte den schritt voll bochsinns gegen die mauern.
BÜRGER 23-1' (llinf).
3) hochsinn, hohe bedeutung, hoher gehall {eines btiche.t): das
werk wird nicht ein wort von seinem hochsinn cinbüszen,
wenn auch, wie man fast glauben sollte, wenig werte darin
wahr sein sollten. Hippel 10, 65.
HOCHSINNIG, adj. und adv. t) nach hohem rang strebend,
hochfahrend : bochsinnig, arrogans, fastuosus Stiei.er 2032; der
fahe nur an ein rechts leben nach dem creut Christi, baide
wird er linden, das die ganz weit wider in ist . . da mus
sein gcstalt und wandel veralten und zu nicble werden,
sonderlich für den bocbsinnigcii und gnmucistlichen, die sich
allezeit unterstehen, dieselben gerechten zu meistern. Luther
t,2l';
von diesen trotzig herrischen gcinfiihern
sich mei.stnrn lassen, von der gnade leben
hochsiiinig eigenwilliger vnsallen.
Scmtttn Jungfrau 1,6.
2) voll hohen, cdeln Sinnes: denn zwischen den drei nien-
s( bell, welche jetzt die bochsinnig eingeleitete braiitwerbung
durchmachen sollten, war plötzlich die Unbefangenheit ver-
schwunden. Frkttag handsrhr. l,2.')5.
3) hiifie, urise gtdanken habend [vgl. hochsinn 3): des he-
fbüintesten hocbsinnigsten philosophi PIntarcbi. Fischart eks.,
titel.
II0CHSINNI(;KEIT, f faslut, ferocüas, sublalio onimi. Stii-
LKR 2032.
IIOt.'MSlNNLICH, adj. in holwm grade sinnlich antchaultch:
so begegnet un» in den herrii!:iiiis( licn atleitlifinirm derselbe
1633 HOCHSOMMER — HÖCHSTBESTEIERT
HÖCHSTDRIXGEND — HOCHSTRASZE 1634
gegenständ, freilich nicht in so hochsinnlicher sphäre, aber
dennoch sehr schätzenswerth. Göthe 39,53.
HOCHSOMMER, m. hoher sommer, zeit der kundstage, zu
welcher die hüze am grösten ist.
HOCHSPIEL, n. ein hazardspiel. in Österreich isi durch gesetz
vom '.juli 1857 verboten das hoch- nnd nnterspiel oder grad
und ungrad.
HÖCHST. HÖCHSTER, i. unter hoch.
HOCHSTAFFIERT, fart.:
der prunk der hochstafDrten kunst,
selbst die natur im feierkleide,
berauben nie sie {Selinden) meiner gunst,
denn sie beschämt an reizen beide. Bcrgeb IS*.
HOCHSTAMM, m. bäum mit hohem stamme; namentUch eine
hochgewachsene rosenart.
HOCHSTÄMMIG, adj. l) etnen hohen staitan habend, von
bäumen im gegensatz zu niederm gebüsck oder zu zvergbäumen
mit unentwickeüem stamme: hochstämmige bäume ragen über
junges dichtes gebüsch. Göthe 21, 73 ; der junge hochstäm-
mige birnbaum. Bettise briefe 2, 255; aus hochstämmigen
weiszblühenden rosenbüschen. Arhim kronenw. 1, 329 ; dann
die berglehne hinauf durch Unterholz in den schatten hoch-
stämmiger fichten. Fbeytac handschriß 1, 157 ; hochstämmige
Waldungen. Brebm iUustr. thierleb. 1,35; hochstämmige rosen,
linden u. dgl. werden oft von kunstgärtnern zum verkauf angezeigt.
2) bildlich von einem hoch urid stattlich getcachsenen menschen :
hier sah er . . der bejahrten, aber rothwangigen und hoch-
stämmigen fürstin . . ins freundliche gesiebt. J. Padl Tit. 1,152.
auch von thieren: hochstämmige rinder.
HOCHSTAMPFER, m. bezeichnung eines rosses nach seiner
gangart: ein harttraber, ein hochheber, ein hochstampfer, ein
sanftzeltner. Garg. 176*.
HOCHSTAND, m. hoher stand, hohe gesellsehaßsschicht : wie
anders löset der luius des hochstande» weniger die arbeit-
knoten als das lebens-gewebe selber auf! J. Padl friedenpr. "iO ; ,
der jetzige hochstand-luius. das.
Ein adjeetiv hochsstand bei äyreb :
niemandt Tveisz, wo sie her ist kommen
und ob sie hochsstand sei gebom. 91' (462, 8 Keller),
steht ungenau nur für die genitiwerbindung hohes Standes, die
sich sonst bei ihm findet:
eur majestat bedenk sich basz,
dasz keiserin ist hoebs standts gebom. 92* (467, 26).
HOCHSTAPELEI, f das verfahren als hochstapler.
HOCHSTAPELN, verb. als hochstapler handeln: ein kauf-
roann aus Schwerzens, welcher hochstapelte und seiner Ver-
haftung widerstand entgegensetzte, erhielt für das betteln
3 tage baft, für den widerstand 10 tage gefangnis. Frankf.
Journal vom 17. märz 1S71.
HOCHSTAPLER, m. gauner, der als ein vornehmer bettelt;
ein ursprünglich der gaunersprache ungehöriges wort (das einfache
stabuler als ausdruck der '■feldsprache' und in der bedeutung
brotsamnüer, bettkr verzeichnet schon Phü. Lugd. 4, 173), das aber
als spätere polizeiliche bezeichnung allgemeiner bekannt geworden
ist : unter dem polizeilichen namcn hochstappler versteht man
einen menschen, der entweder wirklich der gebildeten gesell-
schaft angehörend oder unter der behauptung ihr anzugehören,
wiederum nur die mitglieder dieser gesellschaft unter aller-
hand Vorspiegelungen in contribution setzt, publicist von i»5S
no. 27 ; die Berliner polizei hat einen hochstapler entlarvt,
der sich für einen von Rusziand vertriebenen armenischen
fürsten ausgab, dorfzeitung 1&55 no. 206.
HOCHSTAL'DIG, adj. hohe Stauden habend: die rüstige Sol-
datenfrau legte in einem hochstaudigen gärtlein früherbsen.
J. Pacl Tit. 1,64; er schritt durch ein langes hochslaudiges
rosenfeld, das die niederlassung und pQanzstadt von gras-
mücken und nachtigallen schien. 2,51.
HÖCHSTBEGEHRT, part.:
auf, meine leyr, iti bricht die zeit
der höcbstbegehrten fruchtbarkeit
mit aller macht und lust herfür,
Irau Ceres öffnet uns die thür. Rut Parn. 397.
HÖCHSTBEKÜMMERND, part.: dir .. dich um meine wol-
fahrt hüchst-bekümmerenden leser. Simj^. 2,266 Kurz.
HÖCHSTBELOBT, part. : unter deroselben durch alte weit
höchstbelobten königlichen herrschaften. Bctscbky Palm., etn-
führung s. 6.
HÖCHSTBESTEUERT, part. die höchsten steuern zahlend: die
höchstbesteuerten gnindbesitzer.
iV. u.
HÖCHSTDRINGEND, part.: ein höchstdringendes geschäft.
Rabener 3, IST.
HOCHSTEHEND, part. 1) im eigerMichen sinne, einen hohen
üandort habend:
die zu wecken
der hahn sein häszliches kikri
hochstehend jeden morgen schrie. Guni 3, 291.
2) einen hohen rang habend : eine hochstehende person ; die
hochstehende kunst.
HÖCHSTE.NS, adv. eine geniHvische fügung {für des höchsten)
m zwiefacher bedeutung.
1) im höchsten grade: dasz wir . . unsers häupts, den wir
jetzt auch höchstens bedürfen, beraubet sein. Luther briefe
2,662; nachdem sie nun die seltsamen figuren wohl betrachtet
und sich höchstens darüber gewundert hatten. Liscov 60 ;
einen höchstens betrügen, summe aliquem dec^re Steinbach
1,765;
dieses thun, das einzig schätzenswerthe . . .
lob ich höchstens : denn es zu belohnen
bin ich selbst nicht mächtig gnug. Göthe U, 263.
2) in beschränkenden fügungen, als gegensatz von mindestens,
um eine äuszerste zahl, einen äuszersten grad einzuführen : was
wagen wir? höchstens das leben; in zwei oder höchstens
drei tagen, biduo, aut ad summum triduo. Stei:«bacb 4,765;
könig. so schwach sind diese gründe ? fürchtet ihr
dabei zu wagen ? marqu. wenn ich zeit gewinne,
sie zu erschöpfen, sire — mein leben höchstens.
Schiller Kariös 3, 10;
denn wie er steht, ist er kein freier mann,
es waltet über ihm ein schwer gesetz,
das deine gnade höchstens lindern wird. Göths 9, 162.
HÖCHSTERHABEN, part., im Superlativ, der dufdwus unge-
wöhnlich ist:
jedoch es bats
der höchsterhabenste des beers gesebn. BCicbk 150*.
HÖCHSTERMELDET, part.: über den tod höchstermelter
ihrer glorwürdigsten königl. mayt. von Schweden. Wecsher-
UN 631.
HÖCHSTERSEHNT, part. : indem er schrieb ergriff ihn das
gefühl, sein höchstersehntes {seine gelieble) nahe sich, es werde
nun gleich gegenwärtig sein. Göthe 17, 386.
HÖCHSTFLEISZIG, adv.: sich höchstfleiszig bedanken.
BüTSCHKV kanzl. 90.
HÖCHSTGEDACHT, part., vgl. hochgedacht : über das hätten
höchstgedachte fürsten etliche legein voll forellen in die see
setzen lassen. Simpl. 2, 49 Kurz; als welcher sich nicht ent-
blödet . . an höchstgedachter prinzessinn ein crimen raptus,
zu deutsch: jungfernraub. auszuüben. Bürger 20'.
HÖCHSTGETHRONT, part., von gott: deijenige kan in seiner
hoheit nicht feste stehen, der den höchst-getröhnten hasset.
BcTSCHsT Palm. 777.
HÖCHSTHEILIG, adj.: das höchstheilige geheimnüsz der
dreieinigen gottheit. Bütschkt Palm. 36.
HOCHSTIFT, n. hohes geistliches stift: das hochstift Naum-
burg, davon hochstiftskirche, domkirche.
HÖCHSTLICH, adv. in höchstem masze : {ich habe mich) höchst-
lich beflissen. Weckherlix rorr. zu d. weltl. gedickten.
HÖCHSTLÖBLICH, adj., im Superlativ {rergl. oben höchst-
erhaben) : das hOchst-löblichsle erzhaus Oesterreich. Bctsehet
Patmos 37.
HÖCHSTMÖGLICH, adj. so hoch als möglich: durch viel-
jährige literarische Übung gewinnt er sich die höchstmög-
liche facilität der behandlung und des rortrags. Göthe 46,233.
HOCHSTOLZIEREND, part.:
weit her, von Hispaniens reichster prorinz.
war kommen ein nocbstolzirender prinz. Bcrcer 33';
jener verheerte die heilige Troia
für Laomedons, des hocbstolzirenden, unsinn. 229*.
HÖCHSTPERSÖNLICH, adj. : höchstpersönliche rechte {solche
die nicht auf erben übergehen). Hogo heut. röm. recht (1826) *. 149.
HOCHSTRÄFLICH, adj.: {irdische guter) die du ungetreuer
und h.vchsträflicher weise zusammen zu scharren gedenkst.
Stmpi. 2, 154 Kurz.
HOCHSTRAHL, m. hoher Wasserstrahl: sein {des brunnens)
sVt zoll im diirchmesser haltender hochstrahl, gartenlaube
1874, s. 215; bochstrahlbrunnen {Springbrunnen) daselbä.
HOCHSTRAHLIG, adj. einen hohen strahl gebend: hochslra-
licht flammeus Stieler 2187.
HOCHSTRASZE, /. heerstrasze, hauptstrasze eines landes oder
beiirkes: das wwt ia häufiger aus dem 13. — 16. jahrh. belegt bai
103
1635 HOCHSTRÄUSZ — HOCHTRABEND
HOCHTRABER — HOCHTRITT
1636
Mose urgesch. des bad. landes l, 148 ff.; der heutige weg er-
schien noch trauriger als der gestrige ; ermattete pferde waren
öfter gefallen und lagen mit umgestürzten wagen häufiger
neben der hochstrasze auf wiesen. Götbe 30, 142 {campagne
in Frankreich).
HOCHSTRÄUSZ, adj. sehr zum strausz, sur fehde geneigt
(j. strausE und sträuszen): herr Dicpolt war ein hochstreuszer
und unverträglicher herr. Zimm. chron. 1,359,31; da er sich
nit so gar hochstreusz gegen dem kunig und dem conne-
stabel Montmorenci erzaicht. 3, 418, 5.
HOCHSTREBEND, pari. :
dich, hochstrebeniler busen,
vom Schleier der sittsamen liebe bedeckt. Ramler 1, 58.
auch in bezug auf geistiges: hochstrebende gedanken, plane.
HÖCHSTSELIG, adj., tgl. oben hochselig 1: am montage
werde der höchstselige . . beigesetzt. J.Paul Tit. 2,45; am
probe- und Vorbildbegräbnisse des höchstseligcn. 75.
HÖCHSTVERGNÜGT, part:
so ahm ich höchstvergnügt berühmten männern nach.
Hagedorn 1, 17.
HÖCHSTVERDIENT, part.: der hochedelgeborne herr, herr
Dumbsbirn, fürstl. Sachsen-AIdenburgischer höchstverdienter
canzler. Schüppius 18. s- unter hochverdient.
HÖCHSTVERWILLIGT, part. von höchster stelle aus {sp. 1602)
rerwüligt: einmal sind schon di« wappen höchstvcrwilligte
uder brüderlich beliebte churakterzeichen der personen , fa-
niilien und länder. Herder z. lüt. 14, 162.
HOCHT.XNZ, m., erhabener tanz:
da tanzen
sie den feierlichsten hochtanz —
hochtanz, wo der strahl der gnade
das talent entbehrlich machte,
und vor Seligkeit die seele
aus der haut zu springen sucht! H. Heike 17,36.
HOCHTHAT, f., erhabene, edle ttiat:
in red und gesang und hochthat. Voss 3, 13.
HOCHTHEUER, adj. carissimus : der heilige und hochtheure
geruch steigt auf aus dem quellbrunn des heiligen gcistes.
J. BÜH.ME Aurora 97 ;
hier (in der laufe) wäscht uns sein hochteures blut
und macht uns heilig. P. Gerhard no. 3;j, 8.
hochtheurer eid, vgl. hoch und iheuer schwören oben sp. 1598 :
sich mit hochtheuren eidschwüren verlauten liesz, sie sei
ganz unschuldig. Sitnpl. 2, 306 Kurz.
HOCHTHUEREI, f. vornehmthuerei: die Sänger selbst gaben
sich den namen der barden, mit denen sie (knabenspiel !)
auch auszer der poesie genannt wurden, eine kindische hoch-
thuerei, die keinem, am wenigsten dem deutschen charakter
geziemet. Herder zur litt. 18, 137.
HOCHTHCRM, m.: die Vollendung des hochthurms von
St. Stephan in Wien, ülustr. zeitung vom 13. aug. 1864.
HOCHTON, m. der hohe oder hauptton eines Wortes auf dessen
bedeutendster silbe; gegensatz tiefton, tonlosigkeit.
HOCHTÖNEND, part. laut, kräftig tonend: da die spräche
der Griechen hochtönend war, und auszer langen und kurzen
auch hohe und niedrige accente hatte. Herder z. litt, l, 69 ;
damals schien mir das hochtönende meines enthusiasmus
die natürliche spräche meines herzens zu sein. ThOmmel 2, 100.
HOCHTRAB, m. hoher trab bei pferden (veryl. bochtraber) ;
übertragen von stolzem , hochfahrenden wesen , auch von einer
person die solches wesen zeigt: der hocbtrub Günterodt ver-
stund nicht wie er das deputat überantworten sollte. Schwei-
niCHEN 3,107; welches dem hocbtrab . .gebühret hätte. 110;
welches ich alles dem hochtrabe Günterodt zu danken. 124.
HOCHTRABEND, part. einen hohen trab einschlagend, über-
tragen von einen nach hohem rang strebenden : liekömmet nicht
. . der huchdrabende seine Schwung- federn , «ich aus dem
nidrigea zu erheben, und hoch ans bredt zu schwingen!
BoTSCBKT P<i/»i. 42; öfter aber von einem stolzen, hochfahrenden:
ein »ehr ansehnlicher und ziemlich hochlraJicnd scheinender
mann. FeUenb. i, 256. von übermüthigem, hochfahrenden wesen :
die aufführung des hochmüthigen ist steif und hochtrabend.
Kant 7, 431: ein hocbtrabendes gemülhe. pert. rosenthal 8,29;
mit dergleichen hochtrabenden dingen. Pterot, 1,»»; in recht
anschaulichem bitdf :
'" • ■ !pn meine feind
'I i ochtrabend «eind,
'-'■• iilnet iehen. Wiciiiirlin 120;
odei von ttnlifH und prangenden Worten: dan int ja eine hoclv-
Uabrndf rede, ichaubithne engl. u. fr. com. i. 152; keine pre-
digten gefallen ihnen besser, als die nach der weit sinn ein-
gerichtet sind, fein kraus und bunt, hochtrabend mit schönen
Sprüchen der heidnischen pocten und propheten ausge-
schmucket. Scriver seelenschatz (1684) 897 ; dasz man nach
beschaffenhcit der umstände weder zu hochtrabend, noch
auch zu niederträchtig schreibe. GIInther vorrede a3'; es
solle derselbe (bricf) nicht allzu hochtrabend, oder spitzig
herauskommen. Felsenb. 4, 264 ; es führe zwar . . der schulz
sehr starke hochtrabende worte, sei aber ein hase. J. Paul
flegelj. l,Z3; eben dieser vorzug erwarb ihm den hochtraben-
den zunahmen Hyperbolus ; denn von haus aus hiesz er
Hegesias. Wieland 19, 278.
HOCHTRABER, m. pferd welches einen schweren trab hat.
Nemnich.
HOCHTRABIG, adj. und adv. hochtrabende weise hcd>end:
machen sich fratzig genug, treten fein hochtrabig herein (etn-
her). wegkürzer 85.
HOCHTRÄCHTIG, adj. 1) nach hohem trachtend, hoch hinaus
wollend (gegensatz von niederträchtig) : das arm menschlich
geschlecht ist us dem fall Adams so stolz, eigennützig, hoch-
trächtig. ZwiNGLi 2,9; diese bien Oiegt nicht auf die hoch-
trächtige rittersporn. Abraham a s. Clara 1, 207 ;
wer wil Pertunda stolz, hoch-trächtig auch wol nennen?
er gibt genug an tag, er musz sie recht nicht kennen :
heist dieses denn wol stolz? sie bleibet unten an
und duldet über ihr so leichtlich jederman. Locau 1,33,17.
2) hochträchtig, von einem thiere, das bald junge wirft: eine
hochträchtige kuh.
HOCHTRAGEN, part. hochgetragen, von einem menschen der
von stolz erfüllt ist : hochtragen , hochfertig und stolz , elatus
et inflatus, gloriabundus, insolens, hochtragen gmüt, das nach
hohen und groszen dingen stellt, pectora sublimia. Maaler 227';
es ist kaum etwas das also hochtragen macht als die schöne
der frawen. A. v. Eybe 7*; doch ist disz volk gleichwol ein
hoflich, doch ein hochtragen volk gegen anderen nationen.
Frank weltb. 42'; bei gott hochtragener ritter, du wirst
jetzunder erkennen müssen, dasz du dich zu unglückseliger
stund understanden mich zu strafen und zu underweisen.
Amadis 280; ein edel und hochtragen gemüt erzeigend die
hund indem dasz sy nit angreifend die so sich gegen inen
demütigend. Forer Ihierb. 87'; etliche hochtragne mathema-
tici. Thurneiszer magna alchym. 14;
ein gleiszner sei hochtragen!
ich nab mit zöllners-hand
mein arme brüst zu schlagen. Rompler 174.
HOCHTRAGEND, part. 1) was das vorige hochtragen, stolz,
ehrgeizig, hochmfUig: wurdent {die Juden) also hochtragendes
mutcs, daj sü niemanne woltent vorgeben, und wer mit in
bette zu dunde, der künde kume mit in uberein kumuien.
d. städlechr. 8, 127, 8 (14. Jahrhundert) ; einem hochtragenden
hochmütigen menschen. Luther l, 3<<1'; Alhila . . dem sein
stolz zu den äugen hcrausz scliinc , und sein hochtragend
mächtigkeit auch in bewcgnus scins leibs erscheinen liesz.
S. Frank chroti. 157"; solt auch manche hochtragende frau,
ob sie schon irer bochfart bei fremden nicht masen könnte
doch wan ir man zugegen, sich einhallen. Fischart
ehez. 519; hochtragend unbenügig prächtig weih. 544; der
bischof war der eeren fro, dann er ein hochtragender herr
was, und fröwt in die hoffart. TscHuni 1,9; adieu weit!
dann du verführest jedermann : den ehrgeizigen verheiszest
du ehre, den unruhigen Veränderung, den hochtragenden
gnade hei fürslen. Simpl. 2, 111 Kurz, noch jetzt schurizerisch
{in Luzern, Zürich) hochtragend, stolz im du.<:zem. Staluf.r 2, 4.S.
2) wie hochlritchtig 2, bald iirbärend, von einem thiere.
HOCHTRAGENHEIT, f sublatio animi. Maaler 227*. daneben
hochtragne des groüts, dapferkeit, excelsitas animi, tlatio et
magnitudo animi. das.
HOCHTRAGKNLICH. adv. sublate, elate, pracbtlich. Maalkr
227' ; hochtrageniirh reden, sublate dicere. das.
HOCHTRAGLICHKKIT, f hochmut: und nachdem wir in
iren teinpel cingiengend . . haben sy (die Juden) au» alter
hochlraglichkcil beweget, unii den cingang versperret. Zürcher
bihrl l.'.3ü 682'.
JIOCHTREFFLICH, adj. sehr trefflich. Neanukr syU. loeut. IS.
HOCHTRITT, m. d<u hoch eitiher treten utui dte person di*
t'Achrs Ihut (vgl. oben bochtrab): dem bochd^idt (hochmütigen
narren). ScnwKinicHEN 3,9; dem huchtricdt (andtre Mschr.
biicbtrilt) KeMeln zum spolt beschabe. 3, 12.
1637 HOCHTKAPPEND — HOCHVERRATH
HOCBV ERRÄTHER — HOCHWALDUNG 1 638
HOCHTRAPPEND, part. : geschweig auf rcichstagen und
hoQSgern unsere sammethutige, seidenkappige, goldrappirige,
gelbringige, befederde, hochtrappende, elenbogensperrige . .
hoflfrätzlein und ha^ünkerlein. Garg. il'.
HOCHTRÖSTLICH, adj.:
seht wie so mancher ohn
hocbtröstiich ist zu nennen,
da wir ihn {Chrixiunt) flnden können
im nachtmahl, tauf und wohrt. Rist sabb. seelenlust 5.
HOCHTROTZEND, part. :
auf neun schiffen kam Heraliles starker und groszer
söhn, TIepolemos, mit hochtrotzenden Streitern aus Rhodos.
BOKGER 202'.
HOCHTRÜTZ, m. termei^ner trutz:
für idermans hoch-trutz. Melissls ps. M 5'.
HOCHTYRANN, »i..
so beschwören . . ihn des waldes hochtyrannen (den löwen)
frommer sinn und melodie. Götuk 15, 332.
HOCHVERDIENST, «. .•
dein hochrerdienst giebt dir den neuen stand.
Shakesp. die beiden Veroneser 5, 4 ;
plead a new state in thy unrivall'd merit.
HOCHVERDIENT, part. hohes verdienst habend: des gar für-
sichtigen und hochverdienten herren Ruprechts Haliers. d.
städtechr. 3, 33, 15; diejenigen {männer) welche man a, die
hochverdienten, oder b, die allverehrten und allgeliebten nennt.
Imxekmann Münchli. 2,172;
ein schätz, den man allein
dem hochverdienten gerne gönnen mag,
ein andrer, den man mit dem höchstverdienten
mit gutem willen niemals theilen wird. Göthe 9, 145.
HOCHVERECKT, part. sagt der jäger vom hirsche, wenn dessen
gevxih mit seinen Stangen und enden völlig geschoben und reif
ist. J.\COBSSON 2, 269".
HOCHVEREHRER, »n. .■
dir auch, Michaelis, groszer lehrer,
bringen feiernd deine hochverehrer
dieses bohre todtenopfer dar. Bqrcek 93*.
HOCHVEREHRÜNG, f.:
schmerz entpreszt vor Hades thor den schaaren
derer welchen sie (<<«> teeiseii) einst theuer waren,
keinen trostbegehrenden gesang.
nur der hochverehrung süsze schauer
füllen ihre herzen statt der trauer. Bijkcer 92';
ffrusz zur stunde, die bewegt
Lunas hochverehnuig regt! Göthe 41, 170-
HOCHVERFLUCHT, part. :
ein hochverflucbtes baupt. Tieck 2,31.
HOCHVERKLÄRT, part. :
nicht schäm ist gastfreundschaft der sänger,
die, am beljeniscfaen tage der freiheit,
zu hochverklärter menschlichkeil aufgestralt. Voss 3, 172.
HOCHVERLANGT, part. : hochverlangte geistliche musika-
lische stücke henorgeben (herausgeben). Rist Parn. 134';
0 freud und lust zu dieser frist,
darin der beiland Jesus Christ,
der hochverlangte wunderheld
gebohren ist ein mensch zur weit.
Rist .^a66. seelenlust 30.
HOCHVERLIERT, part. :
der hochverlieble gott (Jupiter) liesz seinen nectar stehn,
in lall er muste fort nach andrer weide gehn. FLsaiNC 153.
HOCHVERMüGLICH, adj. von hohem vermögen, groszem be-
sitz: indehm dergleichen hochvermögliche leute vergessen,
das sie dennoch nur menschen , asche und staub sein.
BcTSCHKY Palm. S37.
HOCHVER.MUTHLICH , adj. sehr zu vermuthen: vorab in
Geldern , auf welches land gemelter Herzog , wie hochver.
mutlich, vil ein mehrers aufsehen, dann auf andere gehabt,
berkht über Hossheimer einfall 1513 Cij'.
HOCHVERNÜNFTIG, adj.: durch hochvernünftige gründe
und unwidertreibliche argumenta. Simpl. l, 2&1 Kurz; wi der
herr als ein hochvernünftiger, selbst erfahren. Botsgoiy kanzl.
2S4. adverbial: hochvernünftig urtheilen, pro prudentia sua ju-
dicare Frisch 1, 45S'.
HOCHVERItATH, m. für den begriff der perduelho sdieiiU
das wort hochverrath im lo. Jahrhundert wie auch später noch
unbekannt (Carolina arl. 124. 127 wird wol die suche, aber nicht
das wert erwähiü), und erst etwa ende des 17. jalirh. gebildet:
hochverrath, crimen laesae majestatis, perduellio, der des hoch-
verraths schuldig, perdueUionis reus, einen auf den hochver-
rath anklagen, actionem perdueUionis alicui iiUendere Steixbacb
2, 224. seit der 2. hälfle des torigen jahrh. häufig in freier Ver-
wendung : es ist hochverrath an ihnen, mein wohlthäter, wenn
ich zaudre. Göthe 19, 11 ;
Kallisto liesz sich doch von einem gott besiegen ;
das milderte die scbnödigkeit der tbat :
doch einem hirten unterliegen,
wahrhaftig! diesz war hochverrath. Wieland 10, 143;
diesen hochverrath
an seiner menscbbeit sollte Posa sich
vergeben? Schiller Karlus 5,9;
dient denn gott ein mensch zum spiele,
wie des buben band der wurm? —
nimmermehr! dies nur zu wähuen
wäre hochverrath an ihm. Bürger 44' ;
stets handle fest nach männlichen gesetzen,
die du dir schriebst, und eines zu verletzen
sei hochverrath an der Vernunft. Seche (jeä. 26.
HOCHVERRÄTHER, m. der hochverrath begeht, aucli in
freier Verwendung: hochverräther an unserm vaterlande, an
uns selbst, und an unsern nachkommen zu werden. Klop-
STOCK 12, 204 ;
aber es sei auch kein fluch
gleich dem schrecklichen, der die hochverräther der menschheit,
welche das hehre gesetz übertraten, verflucht. 2, 144 ;
den hochverräthern der menschlichkeit. 6,23;
aber wenn einer auch wo zum hochverräther a.i ihr (der Schön-
heit) ward. 7, 345.
HOCHVERRÄTHERISCH, adj. : hochverrätherische plane.
HOCHVERSCHANZT, adj. :
so ja^te dich der tapfere husar
in deine hochverschanzte felsenburg. Gleik 4,65.
HOCHVERSTÄNDIG, adj. hohen verstand habend: es sihet
e. k. m. ungezweivelt wol, was für grosze fürsten in Deudsch-
land, was für commun, stedte, dazu wie viel hochverstendige
leute es mit mir halten. Luther 3, 2S&' ; mich gelüst warlich
der hochverstendigen bücher gar nicht. Alberüs widder Witzeln
J2'; dann er für einen gewaltigen ritter und fürsichtigen,
hochverstendigen mann gehalten w ar. Amadis S4 ; dasz sie . .
allerhand hochverständige und nachdenkliche reden von ih.
fürstl. durchl. hohen rühm führte, pers. reisebeschr. i, 16 ; der
gar hochverständige und weise Lockmann. pers. rosenth. 2, 15 ;
gelehrte und weise, welche mit ihrer lieblichen und hoch-
verständigen zunge . . die gemüther der menschen bewegen
können. 3, 27; sein hochverständiges bcirathen. Bctscukv
katizl. 257 ; der hochverständige, weislich geordnete Aristoteles.
Tieck nov. kränz 4, 350. adverbial: hiervon hat Verulamiui
hochverständig geurtheilet. Butschky Palm. 355.
HOCHWACHT, f : specula, eine warte oder ein hoher ort,
daraus man den feind ausspähet, schauthurn, wachthütte,
hüchwacht, lug ins land. Kiascn cornuc; in der Schweiz die
waclU auf hohen bergen , sowie das zu einem gewissen zeichen
angezündete wacldfeuer. J.\cobsso.\ 6, 90* (in der form hoch-
wache) ; auch der wachthabende selbst :
hochwachten stellet aus auf euren bergen.
dasz sich der bund zum bunde rasch versammle.
Schüler Telt 4, 2.
von einem thurm gedacht:
steigt auf die hocbwacbt, blast in euer hörn,
dasz es weitscbmetiernd in die berge schalle. 5, 1.
HOCHVVÄCHTER, «i. 1) der die hochwackt hält, auf einer
hochwacht sitzt. J. Paul Tit. l, 93.
2) haupt-, vornehmster Wächter: streifte bis an den puls,
diesen referenten und nachschlagenden hochwächter des
herzens. J. Paul palingen. 4, 63 ; kein kostbares weibliches
herz wird allda in Wäldern und feldern oder in zimmern ge-
sichert und gedeckt genug geglaubt, ohne eine ehrenwache
von hundert hoch- und uachwächtern mit schnarren, leb.
Fibels 107.
HOCHWALD , m. t«i/<i von alten , hochgewachsenen bäumen,
ohne Unterholz: es sol ein probst halben teil nemen, wa^
nuzzes und genieszes von den hochwälden und von den
hölzern und wälden, die gemeinewerk sint und heiszent, ge-
vallet. wcisth. 5, &4;
den bocbwald durch gehts ungehemmt.
Schmidt v. Werübuchkn alm. 17^^ i. 6b.
HOCHWALDIG, adj.:
auf gipfelfels bocbwaldiger Schlünde. Götuk 4, 100;
am bocbwaldigen see der alten Rhetbra. Voss 3, 35.
HOCHWALDL'.NG, f ausgedehnter hochwald. Jacübsson 6,90'.
103»
1639
HOCHWARTE — HOCHWOGIG
HOCHWARTE, f. hoch gelegene warte.
HOCHWASSER, n. wasser, das einen besonders hohen stand
hat und Überschwemmung drolU.
HOCH\N'EG , m. Iwuplweg, hauplstras:e eines landes oder be-
zirkes: uf dem howeg. Mone Urgeschichte des bad. /andes 11146
(i". 1511); howeg. 145 (v. 1341); der name zugleich mit rücksicht
auf die dammartige erhöhung des wegs:
aber aus dem gleise gedriingt, nach dem rande des hochwegs
irrte das knarrende rad -. es stürzt in den graben das luhi-werk.
GöTUE 40, 240,
daßr: bis zum damraweg, welchen sie ziehn. s. 233;
hochweg, crepido semitae, eminenlia viarum dtxtra sinistraque.
SchOnsledkr Nn 3*.
HOCHWEISE, adj. von hoher Weisheit: des hochweisen herrn
Niclas Grosz. d. städtechron. 3, 33, 17 ; dieser liefsinnig schrifl-
gelehrter und hochweise bischoff. Fischart bienk. 158" ; und
hielten den Jovem für hochweisz, dasz er der Europa so und
andern seinen bulschaflen also nach gehengl. Amadis 363 ;
ein sehr gelehrter und hochweiser mann. Oleariiis, vorrede
zu Lükmatis fabeln ; hochweise königc. Schuppius34; der hoch-
weiseste könig Salomo. 623;
doch ein hochweiser magistrat
besetzt das thor, und sperrt die Stadt. Lessing 1, 118.
HOCH WEISHEIT, f als titel von ratsmitgliedern : da von
diesen zwei wegen der letzte zugleich der bequemste und
der fähigkeit der hoch- und wohlweisheiten , mit denen er
es zu thun hatte, der angemessenste war. Wieland 20, 264.
HOCHWEISLICH, adv.: seitemal nun ihr kön. mayt. ganz
hochweislich hieran handelt. Amadis 323 ; euer käyserlichc
raajest. haben von zweien dingen gar hochweiszlich geredet.
SCHL'PPII'S 82.
HOCHWEISZ, adj. auszerordentlich weisz : als ich..warnam,
wie künstlich und schön die hochweise unter die liebliche
rosenfarb in ihrem . . angesicht gemengt und auszgetheilet
war. Simpl. 4,92 Kurz.
HOCHWELTVERSTÄNDIG , adj. in hohem grade die weit
kennend : dem hochweltverständigen Piatoni. Schuppius 522.
HOCHWERDIG, adj. = hochwürdig: die hochwerdigste
bischoffe. Alberüs widder Witzeln L3'.
HOCHWERTH, adj.: es scheinet, das die schrifl noch vil
hochwehrter zu achten (als die mündliche rede). Bütschky
Palm. 551 ; der hochwehrte heiland. 51 ; meine insonders
groszgünstige hochgeehrte herren und hochwerthe freunde.
Schuppius 129;
und gibst mit groszer gute
mir das hochwerthe piand
zu essen und zu trinken (im abendmahl).
P. Gerhard no. 34, " ;
s'o wünscht ich mir vorjetzt die rcgung abgeraahlet,
die über dir das lierz liochwerther elteru fülilt. Günther 517 ;
es ist, hoch-werthes haupt! die alte Schuldigkeit,
womit dir jetzt mein kiel ein jährlich opl'er Dringet.
659 (neujalnswunsoh eines sohncs an seinen vater).
HOCHWICHTIG, adj. : das unser widerwerligen (gegner) in
dieser hochwichtigen sachen oft gar nichts merken noch ver-
stehen. J. Jo.NAS bei LuTBER 6, 380' ; mich verlaugt sehnlichst
nacli einer Unterredung über einen mir hochwichtigen gegen-
ständ. iMMERMAN.f Müuchh. 2, 3S ;
disz hochwichtig und gut bedenken (einsehen)
thet ir der heilig geiüi gwisz sclienken.
J. Avher 126" (634, 28 Keller).
HOCHWICHTIGKEIT, /". ; ach, anlwort Galoar, verklügel
und beschönet meine thaten nicht also, dieweil nit allein mit
dem werk , sondern auch mit den gedaiikeu , ich solche
hochwichtigkeit und furtrclTlichkcit (solches lob und ansehen
wie Amadis) nicht anrüreu, viel weniger erlangen möchte.
Amadis 254.
HOCHWILD, n. wUd was zur hohen jagd (sp. 1603) gehört:
lier voraus, gloichsuiu ul« vortrab,
abenteuerliches hochwild,
hirsch und säuc, rudelweis. II. IIeinb 17, 07.
s. oben hochgcwild.
HOCHA^'ILÜPRET , n. hochwild: ein eclirher burger desz
Luffa zu Reinych hayt auch ninclil. alle wyldtpretii zu faygeii
(fahren), usEgeicbciden hocbwyltperth. weisth.1,-iri (Obemtoul,
V. 1477).
HOCHWIPFLIG. adj.: hohen wipfel habend:
bocbwipniche cyprritten. Platin 134.
HOCHWOGIG, adj. und adv.:
bochwogiK erhebt sich letn (dci Hhein$) itrom.
KLorsTocK 1, 109;
o wie tbünnt et empor! hochwogig
dooDcru Mm reUenfctiad ! 177.
HOCHWOHLEHRWÜRDIG — HOCHZEIT 1 640
HOCHWOHLEHRWÜRDIG, adj.: in tüeln Verstärkung des
einfachen ehrwürdig: ein hochwohlehrwürdiger mann. Rabener
2, 196.
HOCHWOHLGEBOREN, part. als epühet des adeU. bei
BtiRGER einmal von eigenschaßen, wie sie beim adel erscheinen:
und meiner jungen brüst
entstahlen zwei hochwohlgeborne diebe,
die löfTelei und ehrsucht, bald die liebe. 106*.
HOCH WOHLGELEHRT, part.: dem . . hochwolgelehrten
herrn Georg Philips Riesen, . . wolverordnetem predigen
Schuppius 685.
HOCHWÜCHSIG, adj. von hohem wuchs: die hochwüchsige
edeltanne. Schubert reise l, 377.
HOCHWÜRDE, /■. 1) Ao/ie würde: kein aufsehen weder e.
g. hochwird und achtbarkeit noch auf mein unwird zu haben.
Luther br. 2, 225; aussieht seiner (eines fürslen) künftigen
hochwürde. J. Paul Levana 2, 132.
2) ah titel einer geistlichen person : das ich mich unterwinden
thar, ein brief an ewrer hochwird (den erzbischof zu Mainz)
zu lichten. Luther l, 6'; gern in der neuern spräche im plural:
eur. hochwtirden (ein oberhofprediger). Seriander rechlschreiberei
164.
HOCHWÜRDIG, adj. und adv. «o« hoher würde, mhd. höch-
wirdec : welchen (berg) sy gar hochwürdig achten. Frank
wellb. 169'; ich begehre aufgelöset und bei Christo zu sein,
ist eines apostels hoehwürdige stimme. Rutschky Patm. 338 ;
wann ich zum h. hochwürdigen abendmal gangen. Schuppius
55 ; und schon viel früher: von dem hochwirdigen heiligtumb.
Tucher baumeisterb. 125, 26 ; als er krank lag und mit dem
hochwerdigen sacrament wardl providirt. Zimm. ehr. 4, 163, 10.
substantivisch : der katholische christ, wenn er in seinen tempel
tritt, sich mit Weihwasser besprengt und vor dem hochwür-
digen die kniee beugt. Göthe 52, 295 ;
hier ist kein priester, keine kirche, kein
hochwürdiges. Schiller M. Stuart 5, 7.
im titel einer geistlichen person : den hochwirdigen und durch-
leuchtigen fürslen . . bischoven zu Bamberg. Nürnb. poUz.-
ordn. 147 ; hochwirdigsler vater in gott (anrede an den erz-
bischof zu Mainz). Luther 1, 7' ;
so will ich mir bitten zum ehrlichen lohn,
l'ür meinen hochwürdigen herren pardon. BBkgkk 67'.
HOCHWÜRDIGKEIT, f: euwer künigklich hochwirdikeit
(anrede an den könig). d. städtechron. 1, 142, 29. 143, 16 (beide
male von 1388).
HOCHZANGE, f eine grosze zange mit einem breiten srJmabel
oder kneipen, womit grosze stücke beim hämmern gezüngelt, d. h.
gefaszt und regiert werden. Jacobsson 2, 269*.
HOCHZEIT, f, mhd. höchzit, hohe, festliche zeit, vgl. unUr
hoch sp. 1603.
1) von geistlichen festen, man unterschied vier hochzeiten i»i
jähr (weilinachten., ostern, pfingsten, allerheiligen. Schm. 1, 1044
Fromm.) :
die vier hochzit. Murnkh bei Scheible 8, 678 ;
oiier drei: zwischen dreien hochzeiten im jähr, nämlich ein-
mal zwischen weihenachten und fasznacht, das ander zwischen
Ostern und pfingsten, das dritl zwischen den zweien frauwen-
tagen in dem soinmer und in der ernt. «eiii/i. 5, 696 (f. 1476);
desgleichen gibt der vitzlumb den jungfrawen (nonnen eines
klosters) alle hochzyt ein wagen mit holz, weisth. l,i3H (Rheingau,
von 1521). auch fieiligen feste werden hochzeiten genannt. Schm.
a. a. 0.; die hochzeit sand Kathrein. urk. der Benedict. -ablei
Altenburg bei Lk.xer mhd. handwörterh. l, 1319. hochzril halten,
ein kirclunfcst mit bcgelwn : ob er schon ein gut gesell mit ist,
ein zechlirudiT, oder gerne schöne hauen sihet: wan er nur
darbei kein ketzer ist, das kan ihine nicht schaden: er be-
darf schlcchts des jahrs einmal heichten und hochzeit halten,
darinil |>assiert er für ein guten gttreueu ziigethanen der
I h. rö. kirchen. Fisciiart bienk. 232'.
2) auch von wellliclien festen .
d6 biet sin vnior Sig«inunt künden sinon man,
pr woidu h<)chgezito mit liehen Iriiiiidun hün. Nib. 38,3;
der könig und die königin cinpfiengen die rillor gar ehrlich
und mit gro.izeii frcuden, hielten inen grusz hüchzeil und
fest vier lag lang. b. d. liebe 280'; ein frauw sprach, daw .sie
und viel andere frawen auf einem grunzen fest «i s. Mar-
greten wcrcn gcwcnen, auf solche hoch/eii kam cm jungfrauw.
1641
HOCHZEIT
HOCHZEIT — HOCHZEITBALL
1642
2S9' ; als waa er etwa zu einer hochzeit oda* gastung gehen
solle. Sp£E g. t. 123;
der künig der bat im für ^enumeu,
der wil ain grosze hochzeit haben. fa$tn. *p. 761, 13.
drohend, in einer redensart auf die hochzeit kommen, auch
dabei sein wollen, vergl. in demselben sinne auf die kirchweih
kommen theil 5, $32 :
dardurch war dem sein gmüt bewege,
dacht ich wil hie auf dhocbzeit kommen.
grobian. (156») Jvj' (b. 2, cap. 8).
3) daher, von dem aufwand, der bei solchen festen geschieht,
pracht, glänz, herrlichkeit : zudem soltu wissen, dasz die könige
wegen der unterthanen sind, und nicht die unterthanen der
könige halber, und was ists nun mehr mit solcher hochzeit?
heute siehestu einen in vollem glück und groszer herrligkeit
sitzen, ... es kan sich zutragen, dasz nach wenig tagen die
erde das gehirn aus dem köpfe des, der wegen seines reich-
thumbs und herrligkeit viel wnnderns gehabt, verzehret, iters.
rosenthal 1,31;
(wir sehn yerne) dasz Zion sei erbaut,
und dasz mann gott allda in meiner hochzeit schaut.
FLEMiMe 23.
4) das fest was bei einer Vermählung ausgerichtet wird: im
dritten und letzten teile {des buchs) will ich ein frölich hoch-
zeit mit einem köstenlichen male und Wirtschaft machen als
dann gewonlich ist, so ein man ein weih genomen hat.
A. V. Eybe l"; anno dorn. 1400 und in dem 32 jar da was der
keltz winter . . und was so kalt, das man . . ein hohczeit auf
der Pegnicz het, und man tanczet darauf, und die hohczeit
was eines satlers. d. städlechron. l, 3S4, 21 ;
die ich noch nit, wie sich gebürt,
mit hochzeit hab zu hausz gefürt. U. Sachs 3, 1, 183' ;
und die vermählungsfeier, sowie die Vermählung selbst: hochzeit
der brutschaft, nuptie, connubium. voc. ine. theut. k2'; die
hochzeit, brautlauf, nuptiae. Maaler 227'; wenn du von jemand
geladen wirst zur hochzeit. Luc. 14, S; am dritten tage ward
eine hochzeit zu Cana. Joh. 2, l ; noch vor zwanzig jähren
hatten wir kaum zwei oder drei poeten, von denen, auszer
etwa an geburtstagen oder hochzeiten, kein mensch notiz
nahm. Wiela.nd 19, 269 ;
nicht in ein freudenbaus bist du getreten,
zu keiner hochzeit Gndest du die wände
geschmückt, der gaste haupt bekränzt.
Schiller PiccoL 3, 8 ;
vater, ihr hattet doch nicht einwendungen wider die hochzeit?
Voss 1, 199 (Luise 3, 747).
Es heiszt eine hochzeit machen, halten, bereiten, anrichten,
ausrichten: das die kinder Jambri eine grosze hochzeit an-
richten, und würden die braut holen von Nadabath mit groszer
pracht. 1 Macc. 9, 37 ; das himmelreich ist gleich einem könige
der seinem son hochzeit machte. Matth. 22,2; ihr werdet eine
stille kleine hochzeit machen. Göthe 10, 94 ; die hochzeit
wurde auf des oheims schlosz ausgerichtet. 19,333; beim hoch-
zeithalten weisz man nie, ob einen nicht der teufel nimmt.
J. GoTTHELF Uli d. knecht i. 256;
Grittus solte hochzeit machen, und es kam was andres drein,
dasx er ihm gevattern muste unversehens laden ein.
LoCAO 3, 79, 22 ;
als einst der löwe hochzeit machte,
kroch zu der neuen königinn
auch eine kleine natter bin. Hagedob!« 2, 136;
die hochzeit soll auch bald geschehn,
noch vor der erndte zeit. 3, 76 ;
ist das die hochzeit, die du mir bereitet?
Schiller Iphig. 2, 4.
silberne, goldene, diamantene hochzeit, das Jubelfest der ver-
7ndhlung nach 25, 50 oder 60 jähren. — In Sprichwörtern und
bildern: hochzeit macht alle satt, ist ein Sprichwort, es soll
bei euch zutreffen. Immehma:«'« Münchh. 3,10; eine hochzeit
macht die andre, frühe hochzeit, lange liebe, öftre hochzeit
hat nicht ehre, nach der hochzeit erkenut man des weibes
bosheit. es ist nicht jedermann auf die hochzeit geladen,
wer bittet den armen zur hochzeit?;
hochzeit haben
ist besser als todie begraben. Sihbock spr. 254.
eine schlackt wird einer hochzeit vergleichen :
gar nahe umb sant Martins tag
ward sieb ain hochzeit machen.
und wer den heirat gmachet bat,
lu Augspurg in der werden »tat,
die wil Ich euch hie nennen.
ÜHLANO tollul. 471 (von 1512);
also fleng man die hochzeit an,
drei singerin (es sind kanonen gemeint) die solten gan
dem brewtigam hofieren.
Hildebrand volksl. 93 (von 1521).
5) hochzeit, von der einsegnung einer geistlichen person, als
himmlische vermählungsfeier: darnach in dem selben sumere,
da wart das closter vollinbuwit, und da begunde man zuhaut
zu schickinde und zu bereitende alle dinc, waj man bedorfte
zu der hochzit der ynseinunge (einsegnung der jungen mark-
gräfin als nonne). chron. des Clarenkloslers su Weiszenfels, in
den neuen mittheil, des sächs.-dür. alterthumsvereins bd. 11 «. 391 ;
ain Statut der gaistlichen hochzeit halb (teegen der ersten messe
eines prieslers). Nürnb. polizeiordn. 84.
6) hochzeit, die bei einer vermählungsfeier betheiti^en, hock-
zeitleute : wollte die wirthin ein gespräch anfangen und sagte,
es sei heute auch schon eine hochzeit durchgefahren. . .
Vreneli wurde hochroth und zornig und sagte, es seien nicht
alles hochzeite, was heute auf der strasze sei. J. Gotthelf
Ulid. knecht (1870) s. 254; heute würden sie doch in ein wirths-
haus können, ohne für eine hochzeit gehalten zu werden. 266.
7) hochzeit, aussteuer, heiratsgut: einiger erheirathelen hoch-
zeit oder zubringenden brautschatzes wegen. Simpl. 3,294 Kurz.
8) hochzeit verhüllend ßr beischlaf, hochzeit haben, coire :
aufs erste möcht jemands fragen, was hat Mosen gelüstet,
das er uns daher schreibet, wie Adam bei seinem weihe ge-
legen sei? es ist daiumb geschehen, das man das lesen mus
in aller weit für jederman, wie die zwei hochzeit mit ein-
ander haben, das das gesetz wird angefangen. Lcther4, 32'.
in stärkeren Wendungen : man lasse denen edelleuten ihr wild-
pret, denen bauren ihre kirchweih, und denen hunden ihre
hochzeit, so bleibt man ungerauft. Pistorics Ihes. par. 3, 58 ;
fuszboden von marmor, in der mitte ein breites bell, wor-
auf die flöhe hochzeit halten, überall groszartiger schmutz^
H. Hei.ne 2,94.
9) hochzeit, im karlenspiel:
der könig und der oberknecht
kein hochzeit machen die ist recht,
wann sie von zweien färben sind.
BiBK doppehpiler 113.
10) hochzeit, eine abgäbe, welche gewöhnlich zu gewissen fesl-
zeiten an die lehensherren entrichtet werden muszte. Scbm. 1, 1044
Fromm.
U) eine hochzeit gemacht haben nennt der setzer, wenn er
aus versehen ein wort, zeile oder stelle doppelt gesetzt hat. Ja-
cobsso:» 6, 90*.
12) verlauf der form, der vocal des ersten compositionstheiles
wird noch im 17. jahrh. lang gegeben, wie die Schreibung bei
Fleming beweist: der musen hoochzeitwünsche. s. 89; jetzt,
und sicher schon seit langer zeit, ist er kurz, die mundarten
verwischen die beiden worttheile durch zusammenziehung : Schweiz.
hocbsig Stalder 2,48, hochzig, hostig Tobler 277*; schwäb.
haochzig Fromm. 3, 107, 32 ; im fränkisch-hennebergischen hochzig,
in Nürnberg hduchzet 2,275,12; sonst /ränA-«fA hachset 6,468;
düringisch hochzg, in Obersachsen höchst, mit dem plural hüchste.
— Bemerkt musz werden , wie hochzeit zuweilen neutrales ge-
schlecht bekommt {nach analogie von fest): es hat sich genäheret die
österlich zyt, und dg fest der hochzyt der osteren, uff welches
hochzyt er solt und wolt gon gen Hierusalem. wenn es was . .
geholten im gesatz den mannen, das sye drey mol im jor sich
solten antworten und stellen gen Hierusalem. nammlich zu
osteren, zu pfingsten, und zu den loubertagen am herbst, und
die zwey hochzyt der pOngsten und der loubertag liesz man
etwenn noch, denen die ferr dar betten, das sye doheimen
hüben, aber d; hochzyt dj liesz man nyemants noch. Kei-
sersberg ;)os/. 1,79'; dem hochzeit dienlich, nuptialis .Maaleb
227*, der sonst vom femininen geschleclit nicht abweicht.
HOCHZEITAN'GABE, f. angäbe eines brautpaares beim pfarrer
wann sie getraut zu werden wünschen: ein freund hat mir ge-
schrieben, dasz ihm letzthin an einem samstag zwei paare
zur hochzeitangabe gekommen seien, beide braute hoch-
schwanger und alle viere voll branntwein. J. Gotthelf LH
d. knecht (1870) s. 298.
HOCHZEITAPFEL, m. der weisze paradiesapfel. Nemsich.
HOCHZEITBAD, n. bad des brduligams mit einigen seiner
freunde und der braut mit einigen ihres geschlechls vor der hochzeit.
die braut schenkte dem brdutigam in dasselbe tüeher zum reinigen,
vgl. ScHMiD schwäb. wb. 2S2.
HOCHZEITBALL, m. ball, tanz zur feter einer Vermählung:
die neuvermählte, an ihrem hochzeitballe, tilel eines gedichts
bei Gotter 1,338(211).
1643 HOCHZEITBECHER — HÜCHZEITFACKEL
HOCHZEITBECHER, m. als geschenk bei einer Vermählung:
80 sieht man auf einem emaillirten hochzeitbecher, wie sich
die brautieute . . die band reichen, christl. kunstblalt 1867 s. 128
HOCHZEITBETT, n. ; lief drunten, bereiten sie unser hoch
zeitbelt ! Fr. Müller 3, 384 ;
goll Hymen, der du dir zum thron
das hochzeitbett erkohren! Ramlkr 1,69;
vollbracht, vollbracht ist unser lauf,
das hochzeitbette thut sich auf! Bdhgkr 15' (Lenore).
HOCHZEITBIER , n. das auf einer hochzeü vorgesetzt wird :
ein kalt- und saurer rausch von ihrem hochzeitbiere.
GÖMTIIKR 401.
HOCHZEITBITTER, m. mann der zu der fcicr einer Ver-
mählung einladet: die hochzeilbilter, nuisicanten, aufwärter,
und andere, deren dienste man sich bei hochzeiten gebrauchet.
der Stadt Leipzig Ordnungen (l'Ol) s. 475; weil sich nun der
hochzeitbitter mit einem bunten hulbande gleich eiustellete.
Chr. Weise kl. leute 375; als ein junger bursche, der hoch-
zeitbitter, langsam . . gegen das haus zu geschritten kam,
dessen verlegene miene mit seinem putze und mit dem lustigen
husche von gewisz fünfzig farbigen bändern am hüte wenig
nbercinslimmte. Immermann Münchh. 3,10;
wenn die leulc noch im trauren am begräbnishause stehn,
heist sie wol der hochzeitbitter schon zur freudenmahlzeit gehn.
Chr. Weise ciiriose yedankcn von
deulsclien versen 45 ;
schon gieng, mit manchem bunten band
um hut, der hochzeitbitter
im dorf herum. Holt» 3ü Jlalm ;
ein hochzeitbilter zog der lenz
den wald entlang und sce. 1'laten 17.
HOCHZEITBITTERIN, f.: der hochzeitbitterin sol man über
fünf bisz sechs groschen von jedem tische . . nicht bezaiilen.
der Stadt Leipzig ordnuntjcn (1701) 475.
HOCHZEITBITTERSTRAUSZ, m.:
sie brach mit zitternd hastger band
mir gnug zum hochzeitbitterstrausze.
J. Fk. Kind gedickte.
HOCHZEITBRAUCH, «i., plur. hochzeitbräuche, brauche bei
lermählungsfesten. s. hocbzeilgebrauch.
HOCHZEITBRIEF, «i. darin man jemand zur hochzeü lädt,
literae invitatoriae ad nuptias. Frisch 1, 459".
HOCHZEITCARMEN, n.: dieser brief wird ihnen einmal so
lieb sein als ein hochzeitcannen. Rauener c, 53.
HOCHZEITCHOR, m.:
vor woniie trunken riuT ich dann,
viel lauter als die huchzeitcliöre . . . Iiökingk 1,128.
HOCHZEITEN, verb. hochzeü machen, vemiäldung feiern : dein
gemahl hochzcitet mit einem andern. MusÄus 4, ül.
HOCHZEITER, m. : sponsus, breutgam, hochzeiter. GoLii
unomast. (1582) 108; ich will dich zum hochzeiter macheu.
Schiller raub. 5, 1 ; er sieht aus wie ein hochzeiter. Hippel
4, 360. der plural von einem hochzeüspaare : ob wol di ver-
langte gleichheit der hochzeitere selten fulständig zu finden,
so wird doch ihr chestand so vil fridlicher und gesegneter
sein, so vil gleichartiger si sich vereinbahren mögen und
können. Bltscuky kanzl. 575. In Baiern lieiszt hochzeiter auch
der geistliche, der daran ist seine erste viesse zu lesen (vgl. oben
huchzeit 5) ; sowie die ledige mannspirson , welche ein kind,
männliclien geschlechts, zu grabe trägt. Schm. 1, 1045 Fromm.
HOCHZEITEREI, f. das freien, der brautstand: was soll
i(h machen? meine hochzeilhcrei, meine huEfnung, meine ein-
bildungen und alles, worauf ich ges|iannet, war dahin. Simpl.
3,67 Kurz.
HOCHZEITERIN, f. braut: gleichsam als ob sie seine hoch-
zcitenin oder liebste gewesen wiire. Simpl. 2, 160 Kurz; als
Taubmann seinen hochzeiltag in Iteuden vollbracht, und des
:ibends zu bell gehen wolle, seine Jungfrau huchzeiterinn aber
in das bell zu steigen lang verzöge. Bhanut beridU vom leben
Taubmannt s. 40 ; seine hochzcilerin. pol. sluckf. 260;
iiiii liinr KiücLen, die jederzeit
■■in huchzciti-riii tugeriiNnm
bctraclit uii ihrem breutigam.
W. Spancknbirc fanißrifffv Cv'.
In haiem heiszt hucbzeiterin auch eine frauentjjersun, die zur nonne
iingeweihl wird (vgl. oben hochzeil 5), sowie eine ledtge, die ein
Liud, weU/lirhen gischlechts, zu grabe tragt. ScuM. 1,1045 /•>(;»»»».
HÜCHZEITFACKEL, f: oder ich will eine hochzeiUacLel
lin, datiz ihre stadt an allen ecken leuchten soll.
1 1 k dram. tp. 2, 316;
meiner hochzcUrack«! iirond
■el von mir jetzt »elbii bvkungcn ! Liiiino 1,289;
wenn ilif hochzeltrackcl lodert. Gottm 1,129.
HOCHZEITFEIER — HOCHZEITHERR 1 644
HOCHZEITFEIER, f.:
da schon kammer und bette zur hochzeitreier geschmückt sind.
Voss 1, 131 (Luise 3, 106).
HOCHZEITFEST, n.:
dises hocbzeitrest zu halten. Weckubrlin 718;
so ward von den himmlischen
Theti.s hochzeitlest begangen.
Schiller Iphitj., 4. zwischenhandtung ;
brav, dasz ihr wackeren leute daran denkt, unserer Jungfrau
hochzeitfest, obgleich es unangekundigel einfiel,
durch die edle musik zu erfreuu. Voss 1,198 {Luise 3,736).
HOCHZEITFREUDE, f: wir wollen von andern dingen
sprechen, vom jungfernkranz, von maskenbällen, von last und
hochzeitlreudc. H.Heine 1,320;
eure süsze hochzeit-freuden
musz ich durch das absein meiden. Flebinc 392;
der zank, der götter selbst in bocbzeitfreuden stört.
Wieland 10, 165.
HOCHZEITGAST, m. conviva nuptialis. Friscu 1,459":
ihr frohen hochzeit-gäste. Fleming 170;
hier kommen zu dem feste
noch mehr der hochzeitgäste.
KoTZEBUE dram. sp. 1, 34.
HOCHZEITGEBRAUCH, m., plur. hochzeitgebräuche , ge-
brauche, wie sie ßir vcrmählungsfeierlichkeüen festgesetzt oder gang
und gäbe sind. s. hochzeilbrauch.
HOCHZEITGEBRÄUCHLICH, adj.: hochzeitgebreuchliche
ehrentage. Butschky kanzl. 593.
HOCHZEITGEDICHT, n.: Martini Opitii ander buch der
poetischen wälder, von hochzeitgedichten. Opitz 2, 56.
HOCHZEITGEIGE, f:
das gibt eine freud, ein jubilieren,
die hocbzeitgeigen werden gestimmt.
KoTZEBUE dram. sp. 1, 296.
HOCHZEITGEPRÄNGE, n.:
weg mit den Schalmeien und hocbzeitgepräng. Köbnbr 1,225.
HOCHZEITGESANG, m.:
wie lieblich erklang
der hochzeitgesang,
den zu der cither tanzlustigen tönen . . .
sang der Kamöuen
versammelter chor
auf Pelcus hochzeit und Thetis, der schönen !
Schiller Ipliig., 4. zwischcnhandLung.
HOCHZEITGESCHENK, n. geschenk wie es bei einer Vermäh-
lung von den ungehörigen und freunden der brautieute iibergeben
wird, in freierem sinne:
sieh Wilhelm, die mutter hast du wieder,
das ist ein herrliches hochzeitgescheuk.
KüTZEBUE dram. sp. 1, 312.
HOCHZEIT-, HOCHZEITSGESCHICHTE, f.: unerschöpflich
waren sie in hochzeilsgeschichten, welche jedoch sänunllich
darauf hinausliefen, dasz die und die (braut) dasselbe ange-
zogen habe, was nun auch die lochler vom oberhofe der
landessilte gemäsz zu tragen hatte. Immermann Münchh. 3,14.
HOCHZEITGESCHMEIDE, n. :
als Doris, diu freundliche schöne,
deu Vorzug der freiheit verlor,
und man ihr, nach langem gehönc,
den hiiszlichston ehschatz ei-kor:
da flohen diu gaukelnde freude,
das scherzen, der liebreiz, die huld ;
doch kamen im bochzeitgeschmoide
die treue, die pilicbt, die geduld. Hagkdorn 2, 88.
HOCHZEITGESCHMUCK, m. .•
iude koinuiendc nacht umschwebt mich dein lächelndes bildnis,
bald im huchzuitgesclimuck, von rolben handern uinOattert,
bald im schnitteniütcheii. Holty 41 Hatm.
HOCHZEIT-, HOCHZEITSGESELLSCHAFT, f bei einer Ver-
mahlung anwesend: nach dem hufe des biituligams, wo schon
die ganze hochzeitsgcsellschaft : münner, flauen, mUdchen,
junge bursche . . seiner warten. Immehmann Münchh. 3,30.
HOCHZEITGESICHT, n.: morgen soll hochzeil sein: sind
das hoclizeitge.sichler? Klinuer 1,44.
HOCHZEITGURTEL, m.:
wir alle «ilieii nun um dich her,
.Hiiigfit und wi-bi'ii, blau und Krau,
ilen hurhtciigurivl der artigsten Itau.
I'm. .Müllih 2, 3UU.
liOCHZKiTiiAUS, tt. domus nuptialts, nympharum. Fni!>cu
1,459*.
HOCHZEITHERR, m.: bei der ubrigkeil und denen aus
ihrem mittel verordneten bucbzeitberrn müssen sich dicjenig«
1645 HOCHZEITKERZE — HOCHZEITLICH
Personen, welche in den ehstand treten wollen, zuvorderst i
anmelden. Creidiüs 2, 196.
HOCHZEITRERZE. f. kerze die hei der vermäUungsfeier brennt:
sie wären denn nun zwei, doch zwei mit einem herzen,
und feilte (leliUe) wenig zeit zu ihren hochzeilkerzen.
A. Grtphics 1698 1,200:
es brennen schon die hochzeitlserzen (es ist alles zur hochzeil
bereit). Kotzbbuk dram. sp. 1, 29".
HOCHZEITKLEID, n..-
ein breutigam in meinem hoch»eitklaid. WiMHimLW 75.
HOCHZEITKNECHT, m. der festfreude sklavisch ergeben (vgl.
knecht th. 5 sp. 1396 c*en) : ist ainer gern ain hochzeitknecht,
in allen spilen und dänzen, so spricht er, Christus ist auch
auf die hochzeit gangen. S. Fr.\>ck.
HOCHZEITKOSTEN, pl. sttmtus ti«/rfia/es. Frisch 1,459'.
HOCHZEITKRANZ, m. kränz den die braut bei der hochzeit
trägt; auch für hochzeit selbst:
bald beginnet der tag des hochzeitkranzes, o Hannchen!
HöLlT 40 Halm;
ich glaube gar, dich plagen grillen?
das war doch zu früh, vor dem hochzeitkranz. Kör:<eh 3, 252.
HOCHZEITKRAUSE. HOCHZEITSKRAUSE, f. krause die
man zu einer hochzeit anlegt:
ich rausz mir auch nunmehr die hochzeitskrause borgen (jtagt
*ein mann). Wmsk komödienprobe s. 349.
HOCHZEITKUCHEN, m. placenta nuplialL^. Stieler 908.
HOCHZEITLADER, m. person der die einladungen zur hoch-
zeit und überhaupt die ceremonien des ganzen festes übertragen
sind. ScHM. 1, 1045 Fromm.
HOCHZEITLAGER, n. :
doch werd ich wohl thun, heute schon
mit ihr zu theilen das bochzeitlager.
KoTZKBOB dram. sp. i, 294.
HOCHZEITLEIER, f. lyra nuplialis. ThCmmel 2,376.
HOCHZEITLEUTE, plur. convivae nuptiales: wie können die
hocbzeitleute leide tragen, so lange der breutgam bei inen
ist? Matth. 9,15; ir müget die hocbzeitleute nicht zu fasten
treiben, so lange der breutgam bei inen ist. Luc. 5, 34 ; es
würden andere leute auch nach das recht haben, am samstag
herumzufahren; die strasze werde nicht blosz für hocbzeit-
leute sein. J. GoTTHELF Uli d. knecht (1S70) s. 2.M.
HOCHZEITLICH, adj., mhd. höchzitlich, nach hochzeit in
verschiedenem sinne.
l) auf eine hohe zeit, eine feslzeit bezüglich; so
a) namentlich in öitern quellen häufig in der Verbindung hoch-
zeitlicher tag, hochzeitliches fest: zum ersten soll ein jeder
kircber, so mit der mutterkirchen Eschweiler begäbet und
presentirt wird . . die kirch Eschweiler zu allen hochzeitlichen
tagen bedienen und verseben mit miszlesen, singen, predigen
und taufen zu ewigen tagen. veisUi. 2, 262 ; zu dem minsten
einest in dem jare sich alle in ein färb kleideten und zu
hochzeitlichen tagen mit einander in einer färb spazieren
ritten in der Stadt umb. Steinhöwel decam. 39S, 16; ir hon
gehört an demm groszen hochzeitlichen fest der empfengnisz
unser lieben frauwen von der ewigen göttlichen empfängnisz.
Keisersberc Afarie Aimei/art 14*; fasten, bychten, hocbzytlicbe
tag begon. Zwi!«gli l, 145 ;
Gloriose heis ich,
di hocbzsitlichen fest di beleut ich.
gluckeninscbrift von 1512, im am. des germ.
mus. 1864, f. 174;
auf heut an s. Petri stulfeür
hat man frommen Christen zu steür . . .
eingesetzt ein hochzeitlicbs fest,
welches einem jeden zulest,
das er sein sünd mit reü und klag
dem bapst persönlich beichten mag.
i. Atkk« 34l' (1744, 35 Keller).
hochzeitlich tisl, die man alle jar zu gewüsser zeit haltet,
solennia, festus dies Maaler 227* {der hochzeit in der allge-
meinen bedeutung fest sonA nicht verzeichnet), in freierem sinne
wie festlicher, freudiger tag, steht hochzeitlicher tag:
da.« ist ein hochzeitlicher tag,
gegrüszet seid o freunde mein. H. Sachs 5, 218*.
b) hochzeitlich, feülich, in bezug auf freude, pracht, kleidung,
bneirlung : das die Christen hochzeitlich freud und lenze
hilten. Albercs vidder Witzeln G ~* ; hochzeitliche rüslung,
prachtlicber zeug, pompa, hochzeitliche begangnusz und hal-
tung, eeltbratio, conceUbratio Maaler 227'; so ich waisz da;
HOCHZEITLICH — HOCHZEITSCHLEIER 1646
ich von hochzeitlicher speisz sol gesettet werden. Steishöwei
(1487) 54.
c) hochzeitlich, adverbial: und lasz uns disen tag hochzeit-
lichen begeen und in freuden leben. Steishöwel (1487) lll';
der tag aber an dem der sig erobert was, ward hochzeitlich
gehalten und von den Juden under die^al der heiligen tagen
gezelt. Züricher bibel 1530 618* {Judith 16, 13); auch lassen sich
alle weiber des lands nach ihrer mann abgang mit einer
groszen solennitet hochzeitlich verbrennen. Frank v:ellb. 220*.
2) hochzeitlich, auf eine Vermählung gehend oder bezüglich:
nupita/« hochzytlich DiEF. 385*; hochzeitlich, fonnufria/w, hoch-
zeitlich ftst, fast der heiligen ee, sacra socialia Maaler 227';
und sähe alda einen menschen, der hatte kein hochzeitlich
kleid an {äv&ootTiov ovx ivSeSvutvov svSvita yaftov).
Matth. 22, 11 ; zu hochzeitlichen und andern ehren und zier.
Mathes. Sar. 49' ; verflucht sei mein hochzeitliches bette und
seine freuden. Leisewitz Jul. v. Tarent act 5, sc. 6 ;
geliebter! kann er (der göttertrnnk) süszer sein,
als dieser hochzeitliche wein? Railer 1,92;
da, unterm klänge der pokale,
der gaste schwärm vom hochzeitlichen mahle
wegtaumelt. Gotter 1, 176 (114) ;
um der gespielin
ihr hochzeitlich gewand zu fertigen.
Voss 1, 132 (/.ttise 3, 120) ;
morgen wird erst bochieitlich geschmaust bei der gnädigen
gräfin. 197 (3, 733) ;
hast du
das hochzeitliche opfer für die Jungfrau
der göttin schon gebracht? Schiller Iphiq. 3,4;
mir ist nicht hochzeitlich zu muthe. Platin 199.
HOCHZEITLICHKEIT,/", festlichkeit, feierlichkeU : und werden
alle die ort, dahin die göttin kumpt, mit groszer hochzeitlig-
keit begangen. Mictll. Tac. 450'.
HOCHZEITLIED. n. ; hochzeitlied, thalassio, hochzeitlieder,
die man der braut und dem breutigam zu eeren singt, car-
mina socialia Maaler 227'; bald klingen die hochzeitlieder.
Kotzebce dram. sp. 2, 264.
HOCHZEITMAHL, n. ; Labao . . machte ein hochzeitmal.
iMos. 29,22;
die göttinnen dergleichen
mit ihrer gegenwart das hochzeitmahl bereichen.
Wkceherlis 718;
(da sich) die freüd in leid verkhert in deinem hausz und sal,
wie bei Pirithous und Perseus hochzeit-mal. Rompler 137;
ein hochzeitmahl giebst du doch auch? Schiller Iphig. 3,4.
HOCHZEITMETZIGUNG, f. metzelei bei einer hochzeit: ja
daher ist das bartholomeisch blutfest, . . die parisisch mord-
metten, und die verrhäterliche hochzeilmetzigung entstanden.
Fischart bienk. 192*.
HOCHZEIT.MUTTER, f die die hochzeit ausrichtende mutter
des bräutigams oder der braut, vergl. hochzeitvater.
HOCHZEITPAAR, n. braut- oder neu vermähltes paar : drin-
nen empfieng sie der ruf: 'das geht gut, da kommt noch
eins' — hochzeitpaar nämlich I J. GoiTHELr Uli d. knecht (1870)
s. 255.
HOCHZEITPRACHT, m., erst später f :
wil eine magd sein fraw, so darf sie viel nicht prangen :
sie wird zur hure nur, so ist die kirchenfahrt
und aller hochzeitpracbt erhalten und erspart.
LoGAU 1, 167, 16;
die braut zeucht ein in ihrem hAchzeitpracht.
geziert mit gold und seid und edlen steinen.
A. GRTPHirs 1698 2,426.
HOCHZEITREIEN, HOCHZEITREIGEN, m. tanz und tanz-
lied zur hochzeit:
dasz du wol ursach hast dich härzlich zu erfreuen,
so sing ich billich auch dir disen hochzeTi-reven.
RoarLER 154:
tanz uns den bochzeitreigen,
wenn wir zu bette steigen. Bcrcer 15' ;
hochzeilreihen Köbser 1,110; hochzeitsreigen:
bald wird der hochzeitsreigen getanzt. Voss 2, 34.
HOCHZEITSAAL, m.:
unsre hiitte sei unser hochzeitsaal. Götbb 45, 88.
HOCHZEITSCHIFFER, m. der ein fest zu schiffe besucht:
ihr . . mesz- und marktbesucher, hochzeitschiffer, aufhnspler,
gutverlämnierer. Garg. 17'.
HOCHZEITSCHLEIER, m. brautschleier :
dort würgt ein Jüngling seine braut ...
mit ihrem eignen hnchzeitt^chleier. IIackdor!« 1,8.
1647
HOCHZEITSCHMAÜS— HOCK
HOCKAUF — HOCKE
1648
HOCHZEITSCHMAUS, «i. .•
ich stau in unsenu dorf ein hübsches bräutchen aus, . . .
und sorge für den hochzeitschmaus :
darr ich zu diesem fest dich bitten? Wieland 18, 181;
viel glück zum hochzeitschmaus. Kotzebuk dram. sp. 2,302.
HOCHZEITSIEB, «. bildlich für das ehestandsexamen beim
Pfarrer :
lieber sag mir, bist nicht ins kaht
geTallen durch das hochzeitsib? Birk ehespiegel 106.
HOCHZEITSPASZ, ni., plur. bochzeitspäsze, neckereien, wie
sie bei hochzeitcn gegen das brautpaar veriü>t zu werden pflegen.
ScB«. 1, 1045 Fromm.
HOCHZEITSTUBE. f. stube in der eine hochzeil gefeiert wird:
den eintritt in die hochzeitstube, wo vielleicht die gröszten
und vornehmsten leute und gerichte des dorfs einander be-
gegneten, ein pfarrer, eine pfarrerin, ein subpräfektus und
eine braut. J. Paul uns. löge 3, 162.
HOCHZEITTAFEL, f. vermählungsschmaus : der tag des bei-
lagers kam herbei und Floramene gieng mit Armatim ihren
(ftir ihrem) reichen witber von der trauung zur hochzeittafel.
polü. stockf 319.
HOCHZEITTAG, m. tag der Vermählung. Tscherninc deutscher
ged. frühl. 302 ; der hochzeiltag, lempus conjugii Maaler 227' ;
der kaufmann, welcher ihren {der braut) putz liefert, leiht
die kröne {brautkrone) nur dar und nimmt sie nach dem
hochzeitstage wieder zurück. Ihmerhann Münclih. 3,15;
ist nun der pfarrer so weltlich,
dasz er den abend sogar vor dem hochzeittage die tochter
(ledelt zu belt und trompetet? Voss 1,196 (Luise 3,717);
der andre hochzeittag, der tag nach der Vermählung :
Balantes giebt sein weih vor 7000 aus,
der andre hochzeittag macht sieben nullen draus.
GÖNTHKR 465.
das mhd. brauclUe huchzit-tac noch in d^m allgemeinen sinne
festlag (Lexer mhd. wb. l, 1320).
HOCHZEITTANZ, m..
Tcrpsichore tanzt, in waffen, im schleier,
den heldentanz und hochzeittanz. Railer 1,6;
welch ein puz wohl morgen zum hochzeittanze hervorkommt!
Voss 1, 166 (Luise 3, 420).
HOCHZEITVATER, m. der die hochzeü ausrichtende vater des
bräuligams oder der braut.
HOCHZEIT VERSE, m. plur. zur feier einer Vermählung ge-
machte verse. Rabener 2, 202.
HOCHZEITWASSER, n. eine ort brannlwein. Jacobsson 6,90".
HOCHZEITWEIN, m. wein wie er zu einer hochzeü gereicht
wird :
und auch einn guten hochzeitwein,
gut wettr zum tanz musz auch dbei sein.
G. Mauricius comöd. v. graf Walter
(1606) B, 8'.
HOCHZEITWUNSCH, m. wünsch zu einer Vermählung: aus
allen winkeln, wo ein autor schwitzt, kriechen epische hoch-
zeilwünsche, epische todlenflüche, epische Wiegenlieder hervor.
Kabener 3, 6 ; öfler als überschriß zu gedickten Logaus, z. b.
1,34. 3,203,70.
HOCHZEIT-, HOCHZEITSZUG, m. feierlicher zug zur und
aus der kirche bei einer vtrmählung: Lisbeth, die im hoch-
zeilszuge nicht fehlen durfte. Imhermann Münchh. 3,28.
HOCHZUEHREND, in tüulaturen: hochzuehrender herr ratb,
hocbzuehrende frau. besser wäre die getrennte Schreibung.
HOCK, m. ein nicht gemeindeutsches wort, mit der allgemeinen
bedeutung des zusammen geschicfiteten ; vergl. unten hocke und
bocken.
1) schweizerisch ein häufe, besonders ein klümpchen aus vier
nüssen, äpfeln u. ähnl. bestehend, von denen drei neben einander
in einen kreis, das vierte stück obenauf gelegt wird. Staldkr 2,48.
2) reihe, kreis von leulen, die wie auf einem klümpchen sitzen ;
und sitz oder plätichen tum sitzen, Stalder das., Tobler 26u\
mit dem plural hock.
3) tn Tkol heiszt huck neben hocker ein häufe getreides oder
heuet auf dem felde; ein getreidehock besieht aus zehn garben,
sechs bocken bilden einen schober oder mandel. Fromm. 6, 152.
4) bei Frisch 1, 459* wird hock als volksausdruck sowoi für
hügel als ßr rücken aufgeführt.
b) hock oder [lark heiszt in einem teeartenal oder teemagasin
der ort, wo die general- und partieularmayitzine verschlossen sind
und «0 die schiffe des princtpals gebaut werden ; in einem schiffe
.itt et ein mit breiern verschlagenes behdUnis, zwischen zwei ver-
itckiH, worin das vieh verwahrt wird, welches di» 'afficure zu
ihrer protition einschiffen lotsen. Jacobsson u, 704*.
HOCKAUF, m. alp, der den leuten aufhockt. Wücre sagen der
mittlem Werra l, 47. vergl. aufhocker theü i, 670, auch unten
den Pflanzennamen huckaufdiemagd.
HOCKAUGE, n. .• hockauge, dicilur de eo qui alterius mortem
expeäat, ut in ejus locum succedat, substilulus, observator, aemulus.
Stieler 67 ; ein erzlaurer, corycaeus vaferrimus, dicilur etiam
ein hockauge, proditor. 1090. es sclieinl dieser bildliche ausdruck
das äuge schildern zu wollen, wie es gleichsam immer an einer
stelle hockend auf etwas ganz bestimmtes lauert.
HOCK-, HOCKE-, HOCKENRLATT, ruscus hypoglossum,
zäpfleinkraut. Nemnich 4,1188. Hohbebg 1,237'. vergl. unter
aufenblatl th. l, 636 und oben bauch zäpflein im halse, hauch-
blatt sp. 569. 570.
HOCKE, f l) gelreide- oder heuhau fen; vornehmlich ein
liaufen garben die zum trocknen auf dem felde zusammengestellt
werden, die. unten folgenden belege sind norddeutscher heimat,
gern aber ist das wort auch in poetischer spräche gebrauclU : korn-
hocke, zehn paar zusammengestellter garben auf dem felde.
Nesselmann litt. wb. 527"; mandel, eine hocke von fünfzehn
garben. Voss 2,337;
ja! sehet, wie die sensen blitzen, wie ämsig hier die binder
binden, . . .
wie künstlich sie des segens hüeel, die hocken, überall erhöhn,
und wie sie, in so schöner orJnung, in solchen langen reihen
stehn,
als wie das schönste perspectiv. BroSkes 6, 93 ;
der garben meng und hocken Zierlichkeit. 122;
viel segens-schwangere alleen
von zierlich nufgethürmten hocken,
von gersien, habern, und von rocken, das.;
(die garben) die stellt sie denn in hocken hin. 7,228;
man sieht von gersten, weizen, rocken
die hohen, grosz- und schweren hocken,
gleich kleinen bergen, aufgethürmt. 332;
wenn so ein leid in hocken steht. Claudius 5, 140;
und in hocken und in garben
liegt das herrliche getraide. Caldcron von Guts 5,227 ;
weizen, gerst und rocken
stand in langen hocken. Voss 4, 146;
liebe sonn, uns schienst du trocken
unser körn in scbwad und hocken ! 5, 168.
nebenform ist hucke {s. d.), wie zu der unter 2 folgenden be-
deutung: das heu wird mit forken oder gabeln in heuhaufeo
oder in hucken geschäufet. Comenius sprachenthür v. Docemius
§ 418. der Süden Deutschlands kennt das wort unter anderem
geschlechte, vgl. oben hock 3 ; der hocken, hocker, das höcker-
lein, der häufe heues, getreides auf dem felde. Schm. 1, 1050
Fromm.; doch auch bei norddeutschen schriftstellem erscheint das
wort als masc. : wo ein viertel vom reinen ertrag der felder,
bisweilen sogar der halbe hocken, . . an den regenten er-
legt wird. NiEBiiHR leb. Nieb. l, 311. das th. 6, sp. 1565 auf-
geßhrle kocke, häufe, heuhau fe zeigt auffallende berührung mit
unserm worte; vgl. die a. a. o. gemachten ausftihrungen. s. auch
später hüchel.
2) allgemeinere bedeutung zeigt sich in hocke = bündel. fasci-
culus, auch ein bündel odei' teuer voll hoch auf einander gelegtes
essen von braten, kuchen und anderm, das nuin vm einer hoch-
zeü mit nach hause nimmt. Frisch 1,459'. dem entsprirlU wieder
das masc. hucken, hucke häufe Sachen, ißtting. bei Scpamh. 87'.
HOCKE, /. hockende Stellung ; die turns]>rache hat diesen aus-
druck für mehrere ihrer Übungen gebildet.
HOCKE, HOCKE, m. kleinverkäufer, vornehmlich von esz-
waaren; mhd. bücke, tn mitteldeutschen quellen hocke {mhd.
»6.1,698'. Lexer 1,1374): actionarius hocker, bock üief. lo*;
penesticus hocke, hock, hocker, hucker, hecker, hock Irr 422*;
niederdeutsch ist der vocal der Stammsilbe verlängert (hcike das.),
und diese ausspräche hat sich auch in mitteldeutschen gegenden
{schon früh, vgl. unten die stelle aus den fiordhauser yesetzen)
eingebürgert, so dasz Stikier und Fiiiscii nur hdke geben und
auch die unten aufjeführten mitteldeutschen schrißsteller, wenn
sie auch das worl nach der gewohtiheü der seit mit ck. schreiben,
doch wol von der volksmdszigen form mit langem voeal nicht ab-
gewichen sind, die von Haltaus 048 vorgetragene annähme, dass
hocke mit dem rerbum hocken ein» last tragen zusammenhange,
also den kleinen krdmer bezeichne, der das vom bauer gekauflt
und von ihm feil gebotene selbst auf dem rucken verträgt, hat
grosse Wahrscheinlichkeit, ouch 8ul kein hoke in der slat wich-
bilde adu tlurc kouffti, nach nyinaude koufcn lassen, huner,
eiger, potlern adir kesc, die sie vorl vorkuufen woiden.
tlatuten der Stadt fiurdhausen (15. jahrh.) in den neuen mttthei-
lungen des sächs.-dur. alterthumsvertins 6,2,79; gieng zu dem
1649
HOCKE — HOCKEN
HOCKEN
1650
hocken, der den hasen verkaufen solle. Siinpl. 1,351 Kurs;
die leute Wissens auf dem markte, was du für näscherei
kaufst, wenn sich der herr nicht müste bestehlen lassen,
so würden die hocken nicht so viel geld markten. Chb. Weise
liebesalliance 19 ; es soll auch kein hocke noch gast des markt-
tags kaufen, dieweü der wisch aufgesteckt ist, noch kein
hocke bei dea bauern sitzen, bei des raths strafe, der sladt
Leipzig Ordnungen (1701) s. 292; trödler und hocken. Tiece ges.
nov. 3, 122 ;
so lasz die krämer nicht mein lied zu düten nehmen,
noch meine reime sich bei niedern bocken schämen.
Zaciuriä 1, 22 ;
jeder kleiner knabe, der schiffer, der höke, der bettler
drängt sich. Götm 1, 361. ^
HOCKE, f. kleinrerkduferin, höckerin, pencstica. DiEF. 422,
vgl. unten höckin.
HOCKE, f. mantel, Überwurf, s. hoike.
HÖCKEL, VI. das bündel. im Fuldaischen. Vilmar 173.
HOCKELN, HÜCKELN, rerb. l) frequenlatirbildung des fol-
genden, intransitiv kauern. Stalder 2, 49; transitiv auf dem
rücken tragen, neben buckeln (Schm. 1, 1050 Fromm.), wie hucken
neben hocken geht: viele leute hatten das gespenst hockein
müssen. Auerbach dorfgesch. 1, 340. vergl. auch huckeln und
aufhuckein theil l, sp. 672.
2) nach hock 1 sp. 1647 höckeln mü nässen spielen, ein spiel
der kinder, wo eine geu-isse anzahl ron nuszhOckcn aufgestellt irnrf,
die man mit einer grüszern nusz umzuwerfen sucht. Stalder
2,4S; schon bei .Maaler: höcklen, oder mit nussen kurzweilen,
ludere nucibus. 227*.
HOCKEN, rer6. gebückt sitzen und gebückt tragen, ein mit
seiner ebenso häufig gebräuchlichen nebenform hucken (s. d.) seit
dem H.jahrh. bezeugtes, seit dem 16. jahrh. vielfach erscheinendes
wort, als nächster verwandter desselben ist anzusehen das sp. 572
aufgeführte hauchen kauern, das vielleicht eintiuxl ein starkes
verbum gewesen ist (ahd. hüchan wie süfan, lüchan), und über
mehr als den oberdeutschen dialcct verbreitet, wenn das im alt-
nordischen verwaist stehende particip hokinn bowed, bent (Yic-
FUSSON 27S', mix hokra , to go bent, crouch, ebenda) auf ein
verbum hüka zurückgeht, hocken, hucken stellt sich als intensiv-
bildung zu dem erwähnten hauchen wie ducken zu mhd. diubeo
und nhd. tauchen, vgl. theU 2, 1491.
hocken bedeutet
1) in gebückter Stellung, zusammengekrümmt weilen, kattem,
ton menschen und Ihieren : hocken, als ein henn ob den hün-
linen. Maaler 227'; etlich (a/fen) auf der erden hocktend,
die andern aber klebeten an den bäumen. Forer thierb. 2';
sie setzte sich neckisch auf ein bänkeben, das sie kaum noch
trug . . . pfui, übers hocken! rief sie, sprang auf und lief
mit dem lustigen bruder voran. Gotbe 21, 141 ; während sie
absenker von ihren lieblingsnelken machte, da hockte sie am
boden, und hielt die pflanzen in der band. BEin^iE tageb. '0 ;
der soufilör, der in seinem seitenhöhlchen und dachskessel..
hockt. J. Paul jubeis. 55; neben ihm hockte auch ein pol-
nischer wolf. H. Heise 12, 124 ;
auch das unter Mariae rock
der münchisch baulen wohn und bock.
FiscBART iliclit. 1,247,4546 Kurs;
von der gekrümmten läge eines kranken, gichtbrüchigen:
ich hugke, ich ge crump unde schieb.
Germ. 7, 4SS (anfang 15. jahrh.) ;
stet aur und werft hin die krucken !
ir schält nimer also jemerlich hucken,
ir schult nu laufen und springen, fastn. sp. 603, 19 ;
0 lieber goti, wie lang! wie lang willst du verstokken!
ilu »trufertt sünd mit sünd, und laszt uns krüppel bokkeo,
bisz dasz wir kümmerlich, wie fruhlings-eisz, vergehn.
ROIPLER 35.
ron einem schlechten sitzen bei tisch : o du hockst wol zu tisch.
Garg. 97*.
2) auch mit mehr abgeblaszter grundbedcutung sitzen mü der
ncbenvorstellung des unbequemen, sitzend weilen, entweder erwar-
tend oder mit eifer etwas betreibend: hocken, warten, sitzen,
obsidere, desidere Maaler 227' ; unfal hocket uns vor der thür,
CS ist uns Unglück auf dem halsz, oder Unglück wirt uns
angon, und das bald, impendet nobts malum. das.; ein jeder
theil satzte sich, wohin er konte, Hoffart oben an die decke,
Verschwendung an des Juli seile, der Geilz in des Avari
herz, und ich hockte und behalf mich auf dem narrenkistlein,
weil Demuth nicht vorhanden war, denselbigen platz ein-
zunehmen. Simpl. 2,143 Aur:; ich kletterte .. an einem ast
oder zeigen hinauf., da hockte ich nun in der hohe. 3,433;
(er) ist im unterirdischen gang im sperrwasser gefangen und
aufgefischt worden, seitdem musz er hier hocken. .\rmm
kronenw. 1,402; die mädel so allein auf deinem zinimer hocken
zu lassen. Fr. Müller 2, 60 ; v.iT möchten . . uns, wenn es
anginge, ein haus hinter dem ofen bauen, und warm drin
hocken. H. Heine 3, 11 ; ein gelehrter hockt über seinen
büchem ; des studirens und tag und nacht über den büchcrn
zu hocken, war ich schon vorlängst müd worden. Simpliciss.
(1713) 2,29;
disz (krönunq zum dicliter) kan die schönen gaister lokken,
die sonst unnutzlich schier nur ob sich selber hokken,
wan niemand ihrer achtt ; sie stekken da und dort
durch armut undertruckt und können niergend fort.
RoapLER 161;
ihr yater bockt in dem stübchen und flicht
aus eggen warme panioffeln.
Voss musenitm. von 179S s. 197 ;
andere hocken zu haus und brüten hinter dem ofen.
GöTHE 40, 260 ;
hocken bleiben, nicht vom flecke kommen ; in der schule hocken
bleiben. Kehrei.n 190; der verlag (vom Götz ron Berl.) hört
Mercken, der ist aber in Petersburg, ich schicke mich nicht
zum buchhändler, ich fürchte es bleibt hocken. Göthe und
Werther s. 174. in der derben spräche des wirtshauslebens :
wenn ein miszlaut hörbar war, so galt er der stubeninagd,
die sie da im trocknen hocken lasse, dasz es keine art habe.
J. GoTTUELF schuldenb. 5. in Tirol einen in der brühe, im
butter, auf dem mist hocken lassen, in der Verlegenheit lassen.
Fromm. 6, 152.
3) hocken, m'U entsprechenden beisätzen, ein enges beisammen-
sein betonend: man bäte nicht mehr für die seelecken (seelchen),
die im fegfeur übereinander hocken. Fischabt bienk. 5*; ich
habe gar zu schlecht geschrieben, kein buchstabe steht ge-
rade, sie hocken einer auf den andern, als ob sie junge
hecken wollten. Lessi.ng 1,295 ; und wir rechtgläubigen Christen
hocken da in einem einzigen himmel auf einander wie die
kaninchen. 13,220; mir ist heute so tanzerlich zu inuthe . .
ich könnte fast von einem stern auf den andern springen,
und wol darüber weg, da sie einander so nahe hocken.
J. Paul leb. Fibels 108 ; die frau accise-einnehmerin, die frau
inspektorin und die frau infibulationsräthin hocken beisam-
men. H. Heuse 3, 34 ; er . . hockt mir immer auf dem hals,
obstat importuna praesenlia, haeret ad latus. Serz 70'.
4) hocken, sich auf einen kauernd niederlassen, niederkauern:
und umb daj so wirt funden meuger list,
wie ainer den andern truck
und uff in mit recht oder unrecht buk.
Mo!«E schausp. d. mittelatl. 1,313 (rom H.jh.);
und mir war, als hockt unfreundliche last auf die schuller
Voss 2, 206 Odylt. 12. 122) ;
es darf sich einer wenig bücken,
so bockt mit einem leichten sprung
der teufel gleich dem teufel auf dem rücken.
GöTBE 4, 353.
schweizerisch einem auf das maul hocken, es ihm stopfen : (eine
magd findet) dasz man ihn gar nicht gschweigen könne und
es sie düeche (gut dünke), wenn sie ihm nur auf das maul
hocken dürfe. J. Gotthelf schuldenb. 3t ; 'höre ich euch noch
einmal, so hocke ich euch kehrum auf das maul, dasz ihr
das reden auf acht tage vergeszt, zählt darauf.' die drohung
wirkte, einen zwei und einen halben centner schweren wirth
auf dem munde haben , ist allerdings ein gewichtig heft-
pOaster. Uli der pächter (1S70) s. 21S.
5) auch reflexiv, sich niederlassen, niederkauern : vom hügel
kommen nun seine kinder. die erwachsnen schleppen die
kleinsten, und die mittlem kriechen auf allen vieren nach
und hocken sich um den traurenden vatcr. Fr. Müller 1,116.
6) hocken, transitiv, in gebiukter Stellung eine last zum tragen
aufnehmen oder tragen: hucken, auf dem rücken tragen,
bajulare, vectare dorso. Frisch 1,459' als worl der vulgärsprache ;
einer hockte den mantelsack auf den rücken. Gütbe 16,2S5;
einen sack körn in die mühle hocken.
7) getreide hocken, in hocken (sp. 1648) setzen.
HOCKEN, HOCKEN, rer6. höckergeschäße, kleinverkauf he-
treiben; bei Frisch hoken, in kleinen verkaufen, insbesondere
eszwaare. 463*; aushükcn oder aushökern, als ein hock er
verkaufen, minutim rendere altquid. 463'; rheinisch hocken rolte
eszwaaren auf öffentlichem platze verkaufen. Kehrein 199; es
hokt mancher, und hat mehr gelt als ein groszer kaufmann,
multi minutim nundinantur, qui facultatibus ipsos magnarios
vincunt. Stieleb 849;
104
1651
HOCKEN — HÜCKERICHT
HOCkERlCllT — HOCKERN
1652
weist du (iasz deine mutier
den pfeller rieb und hockte mit der butter?
Heinmold reime liich (1673) s. 5.
HOCKEN, rerb. hangen : in einem geslräucii kann ein wan-
dersinann nicht wühl lurtkoinmcn, bleihet bald hie, bald dort
hocken, es ritzt ihn ein düinslrauch. Scriver seclenscli. 1,75.
der bedeulung nach beriüirl sich dieses hucken mit haken 3,
sp. 181; auch die form steht nicht fern, wenn man berücksichtigt
dasz ö für umgelauletes e stehen kann. sp. 747 f$< ein hecken
für hängen aufgeführt und als druckfehler für henken vermutet
vorden ; es ist aber möglich, dasz dieses wort mit dem hier auf-
geführten in der nächsten beziehung steht.
HÖCKENER, m. höcker, kleinverkdufer : vendipertts hückener
DiEF. 61ü' ; hückener Lexer wb. 1, 1374 aus Zeitzer Satzungen.
HÖCKENERIN, f : vendipera hokeneryn Dief. 610'.
HÖCKENFR.\IJ, f: eine höckenfrau, sitzend in der fülle
eines wohlversorgten gemilskranis ... sie ist eben im handel
mit einer stattlichen bürgersfrau begrififen. Göthe 31, 220.
HOCKE.NWEIB, n.: das sind auch leutchen, die . . den
allerkostbarsten glauben in ein hockenweib verwandeln, die
zehn wurf für einen heller gibt. Fr. MCller 2, 24.
HOCKER, m. l) der da hockt; in compositen wie Stuben-
hocker, Ofenhocker, der müszig hockende, faulenzer; so in
Tirol. Fromm. 6, 152.
2) der garben in hocken legt; auch die hocke selbst hciszt so,
s. daselbst.
HOCKER , HÖCKER , m. kleinrerkäufer, nach alter nieder-
deutscher und späterer milleldeutscher ausspräche hoker, hOkcr :
inslitor hocker, nd. hoker Dief. 362' ; penesticus hocker, hucker,
hecker, nd. hoker 422'; bei Stieler S40 die formen hökcr,
hoker und hucker ; man findet {auf sächsischen dürfern) . . .
einige höker, die mit tbeer, thran, wagenstricken und schwefel-
hölzern handeln. Moser phant. 1, 197 ; welcher höcker erstand
das übrige {von maculatur)'! J. Paül leben Fibels 8.
HOCKER, HÖCKER, m. auswuchs desrückens, bücket; jüngere
form des ahd. hofar, hovar gibbm (Gr.\ff 4, 838), ags. hofer
(Leo gloss. 42), das sich im mhd. als hover fortsetzt, une es auch
nhd. als hofer, hüfer {s. d.) noch dauert, aber auch in die seit
dem 13. jahrh. nachweisbare vornehmlich schweizerische form lioger
(s. d.) umschlägt, dieser zunächst steht die form hoker gibber
Dief. 262' {aus oberdeutschen glossnren der ersten jähre des 15.
jahrh.), spdler erst erscheint die Schreibung hocker : hocker gibber
roc. ine. theut. k3*; der bauch wird voran hin gehen und
der hocker binden nach. Fischart groszm. 40 ; gleich einem
höckrichten, der seinen hocker oder bockel, die last, so er
auf dem rücken traget, nimmer siebet. Schcppius 406. sprich-
wOrlluh : unsern hocker wollen wir nicht wissen, non vidcmus
manticae quod in tergo est. Stieler 808. die umgelautele form
höcker: sie füren ir gut auf der füllen rücke, und Ire schetze
auf der kamel höcker. Jes. 30,6; hat die ausschlieszliche herschaß
in der heutigen Schriftsprache:
ein zwerg . . mit einem spitzen höcker. Platen 325.
böcker ist auch auf die Unebenheiten des erdreiches übertragen
worden: ich wil für dir her gehen, und die höcker eben
machen. Jes, 45,2; s. unten höckcricht. der anatom redet
ferner von einem ellbogenliöcker, armhöcker, armbug, ayxoip;
auswuchs an einem steine: an der seile (des Beireisschen dia-
manten) bemerkte man einen schwachen böcker, einen nieren-
förmigen auswuchs. Göthe 31, 233.
HOCKERCHEN , n. kleiner höcker; kleine Unebenheit , hier
bildlich des stils:
ich gehatze zwar der edcin feile fleisz,
doch wird ein höckerchen nicht meiner lust gleich sehailen.
DIrger 104*.
HOCKEREI, f replatus, nixus in altiorem locum. Stieler
80t»; unsere stuben- und canzlei-hockereicn. Göthe 27,116.
HOCKEREI, HOCKEREI, f klcinverkauf, kleinhandcl rorzng-
lieh mä eszieaaren ; auch {nach dem oben gesagten) hökerei :
bökerei treiben nundinari minuttis Stieler S4!i. ferner die so
verkauften ettwaaren : nymant sal ouch synen kotif, esz sie an
fisHcbwerke, pottirn adir andir hnckerie, itteigen adir bncn.
äalute* der üadt tiordhausen in den neuen mittheil. des snchs.-
Atr. «erMU 6, 3, 79 ; {alte weiber) die ilpfel, nüssc, kraut, klisc
and andere böckercicn feil hatten. Cur. NVeise erzn. 3>7.
HOCKERGESTALTET, part. t«m kamele:
d«» hAckerK«Malictun ladthierit
wolle fchinnte von au«zen du» zeit «•■!» notier und rvKun.
l'THKen Tunit. 0, .TIO.
HOCKERICHT, adj. mit einem hOckrr vrrxehen, ungut auch
höckerig geuhrieben. neben der mhd. form hovercbl gibbosus,
die schon im ahd. bovaroht vorhanden, erscheinen die Jüngern
formen hogereht und hokereht (Lexer mW. wb. 1, 1320) loiii
als jüngste auch hockericht, hogkericht gibbosus Dief. 262' {vgl.
oben unter höcker), die wir in der verderbung hackericht sp. 105
bereits vorführten.
Das wort ist bezogen
1) auf menschen und thiere: der an einem fus oder band
gebrec^ilicb ist, oder hockericht ist. 3 Mos. 2t, 20; gleich einem
höckrichten. Schuppius 406 ; ein gesellschaftsspicl führt den namen
des hökkericbten boffemanns {hofmanns). VVesenigk spiclsieben
(1702) 16;
du gleichest dem Aesop; doch dein verstand ist klein,
der kern der bucklichten räumt dir gewisz nicht ein,
so dumm als hockericht, und dennoch stolz zu sein.
iUciiPOR^ 1, 04:
schielend war er und liihm am anderen fusz. und die schultern
höckerig. Iliix 2, 218.
bei Keisersberg hochrecht: einer bat ein krum angesiebt,
der ander ist hochrecht, lain oder runzlecht. bilg. 220*.
2) auf dinge, die Unebenheiten zeigen: Streusand, womit ich
die schriftzüge etwas unleserlich und höckerig gemacht. J. Paul
Siebenk. l, xiv. technisch : hockericht mineral, das bald grOszere,
bald kleinere, bald stumpfe und scfuirfe erhöhungen und tertie^
fangen hat; höckriges blatt nennt der gärlner das blalt, welclies
mit einem dertjcstalt häufigen marke ausgestopß ist, dasz es auf
beiden seilen erhöht wird. Jacobsso.n 6, 90' ; böckcrigt , wird
beim kupferstccher von der Wirkung der einschnitte ins kupfer
gesagt, welche mit einer zitternden band gezogen sind, das zittern
mag nun von einer Schwachheit, oder von der kunst herrühren.
2,269"; der höckerige niond, luna gibba Frisch 1,459'; sein
eignes höckeriges gesiebt. J. Faul Tit. 2,105;
wiewol sie (die nasr) ist högricht und krumb.
H. Sachs 3, 3, 15';
namentlich oft auf das erdreich: alle tal sollen erhöhet werden,
und alle berge und liügel sollen genidrigt werden, und was
ungleich ist, sol eben, und was hockericht ist, sol schlecht
werden. Jes. 40, 4 ; ich wil die finsternis für inen her zum
liecht machen, und das hockericht zur eben. 42,16; an orten,
wo gar kein pflaster und die gegend hockericht ist. Moser
patr. phant. 3, 156 ;
rauhe furchen, weisz von reif, öde höckcrichte Auren.
Haceoork 2, 14;
fortwandelnd den höckrichten weg des gebirges.
Odyssfi- 17, 201.
bildlich: der . . menschliche verstand verwirft zuletzt die vielen
Unterscheidungen, die ihm nur mühe und den «cg seiner
erkenntnis hockericht machen. Moser rcrm. sehr. 2, 122 ; weil
sie den einfachen natürlichen geschmack im putz und silten
dem böckerichlen parfümierten stadtgeschmack vorzog. Miller
Siegw. 1,85; wcgzukonimeu über das höckerige, kalte leben.
J. Paul Tit. 3, 173 ; eine höckerige (ungleiche) Schreibart. Adelung.
HÖCKERIG, m. name einer pflanze, cynometra, auch hunds-
scham, hundsschwamm. Nemmcü 2, 1343.
H()CKERIN, f kleinverkä uferin: hökerinn, s(üsamenlaria,
scrutaria Stieler 849. s. auch höckin.
HÖCKERKANARIE, f. eine schneckenart , slrombus urceus.
Nemmcu 4, 1388.
H()CKERKORALLE, f madrepora porites, eine korallenart.
Ne.mnic».
HÖCKERLANGLICH, adj. langgestreckt und mit höckcrn ver-
sehen; von einem gebirgsrücken :
dort, da Garumna geht
und da der Apennin ganz hockerlcnglich steht.
ScuoTTEL lamenl. German
HÖCKERLUMP, m. eine fischart: der bcllische höckeriump,
cycl<n>terus lumpus. Nicmmic.h 2,1337.
HOCKERMl'SKELN , m. plur. anconaei musculi, die vier
muskeln, die sich in den ellbogenhücker cinschlirszen, uml zur
aufdehnnng des cllbogens dienen. .Nemiiich I,2S>*.
HÖCKERN, verh. oß eine kauernde Stellung annehmen, frt-
quentativ :u hocken 4 (j/j. 1650): die kinder höckcrn auf tlem
nopha hiTUiii ; im <',i>llingischen hökern wiederholt oder gern
hocken, außiorken Schaum. si\ hier auch so viel wie roire, lasci-
vire: die liiinde hökrrn auf einander herum.
HÖ("KEHN, rerb. kleinrerkauf treiben, auch hökrrn, bei Frisch
t,4ft.V aushökern {neben aushöken), erhökern, verhökern: was
ist der krüiner dagegen, der mit kaffee und zucker börkerl,
oder mit inttuüefnllen, puppen und Schwärmern haii.oirt? Möjf.r
patr. phant. 1,30; reiche -«peknlanlen . . (die) ganze »iraMco
1653
HÖCKEROCHS — KODE
HODENADERN — HOF
1654
bauen, worin sie die häuser einzeln wieder rerhökern.
H. Hf.i^e 3, 20.
HÖCKEROCHS. m. bos bison. Nemxich 1, W3.
HÖCKERSCHWAN, m. eine schicanart: nicht den sing-
schwan. . . sondern den körperlich schöneren gewöhnlichen
höckerschwan. Rcsz in d. freien natur s. 170.
HÖCKERWAARE, f. «aare vie sie von hOckern feil geboten
wird.
HÖCSERWEIB, f: man darf ihn nur an seine trauen
muhmen, die hückerweiber erinnern. Kotzebce dram. spiele
2,329;
das publicum, das alte höckerweib. Plate;« 261.
EÖCKiy, f kleinrerkäuferin: ein geschworne höckin. Frankf.
ref. 1, 45 § 17 ;
in blättern, die die käse-höckin kennt.
Rei!<hold reime dich (1673), torrede.
HÖCKLER. m. tvie höcker, kleinrerkäufer : wir felschen nicht
gottes wort, den lautern zahr {tropfen) und rebrechten wein,
wie die höckler oder pfragner. Mathes. Sar. 122*.
HOCKLING, m. ein entwöhntes kalb : ein kleins stälchen für
kälber, hockling oder junge külin, die man erst neulich der
milch entzogen hat. Sebiz feldbau 29.
HOCKREISER. «. plur. reiser vor einer rogelhütte, vorauf die
zu fangenden rOgel sielt niederlassen, hocken; auch antrittreiser,
fuszreiser, laszreiser, verderbt hackreiser, vgl. sp. 107.
HODDEL, HüDDEL, m. bei Luther in der bedeutitng lumpen:
sondern auch, wo etwa ein stankhart inen aus dem bauch
entfüre, oder ire stinkende füsze und schuch uns für heil-
tumb zu küssen geben, wie sie mit der todten gebeine und
unQetigen hoddeln zuvor gethan haben. 6, 324*. bildlich, von
einem menschen : ja es ist kein hirtenbub so gering der von
einem frembden herrn ein krum wort lide, allein gottes
diener, der sol und mus jedermanns höddel sein, und alles
von jederman leiden. 8, lOS". es ist der nächste verwandte des
sp. 109 aufgeffihrten hadel, haddel, tgl. dazu die etymologischen
ausführungen unter hader sp. 112.
HODE, HODEN, »i., auch f., tediculus. ahd. gewährt in der
pluralform hodon, hodun dunes, testiculi, einmal auch als baodun
(Graff 4, SOö), trotz der letzteren form aber beweist die ursprüng-
liche kürze des stammvocals die friesische form hothan (Richt-
HOfEX S27') die nach der spräche des denkmals in der sie er-
scheint, unmöglich wäre, wenn langer vocal in der äammsilbe
vorläge; mhd. hode: testiculus, testis hodo, hode, mit dem
deminutiv bedlin Dief. öSl'; e/i-s/icu/are hoden auszhawen 21l';
verenda hodin nov. ghss. 379* ; die hoden, eins manns zeug,
testis, tcsliculus Maaler 227'; hempflig hoden, oder einer faust
grosz, testiculi pugülares. das.; wir die gnossen süllent och
dem gotzhuse ze Lucern . . ein osterlam, d? hörn und bar
und hoden heg. ifet5</i. 4,377 ( 14. jaM.); weinrauten über die
hoden oder klOsz gelegt, vertreibet die geschwulst derselben.
Tabebsaem. 400; die hoden ausschneiden, castrare, evirare
Frisch 1,459'; auch die theile der schaam haben ihre be-
sondere Schönheit, unter den hoden ist allezeit der linke
gröszcr. \Vi:«KEtMANji 4,229. sprichwörtlich: ich habe gute
hoffnung zu dem handei und da man folgen wird, wollen
wir den hock recht an die hoden greifen. Moritz t. Sachse?(
an den markgraf Hans von Küstrin 13. aug. 1551, in Raumers
Aistor. taschenb. 1S57 s. 132: es geht fein von statten, besser
als bech von hosen, und filzläus von hoden. Garg. 13S*.
/« Pflanzennamen erscheint das wort mehrfach, vergl. bocks-
hoden, bockshödlein, hahnenhoden. pfaffenhoden.
HODE, f. schütz, hut, ein niederdeutsches, von Moser in »einen
schrißen oft gebrauchtes wort: andere aber, die auf den grün-
den eines Schutzheiligen oder schutzherrn saszen, waren auch
an dessen schütz gebunden, und man nannte sie nothfreie.
ein solcher schütz heiszt bei uns hode oder hut, anderwärts
aber hye, hege oder pflege, osnabr. gcsch. l, 70 ; die biester-
freiheil zwingt die leute zur hode, und hode redet wider den
leibeigenthum. patr. phant. 3, 143.
HODE, f?: arca plaustraria ein hode Dief. 45*, meint den
brettemen kästen eines last- oder botenwagens, vielleicht auch
diesen selbst, das wort, das in verwandtschaß zu dem sp. 572 f.
aufgeftthrten haudern und den daselbst genannten formen zu
stehen scheint, wird gestützt und weiter beleuchtet durch eine reihe [
oberdeutscher verbal- und subslantirbildungen : hodel- oder hudcl-
wagen, wagen dessen kiefe oben mit ketten zusammengeraitelt
werden, verschieden vom U-iterwagen. Schm. 1, 1054 Fromm.; I
hodel, hödel handlet, kleinhändler mit getreide. das. mit dem ■
verbum hödeln kleinhandel treiben; auch schweizerisch hodeln,
hudeln, mä getreide, besonders mit dinket kaudem, handeln.
Stalder2,49, mi/ bodler, kornhudler getrcidehdndler, körn Jude;
bei Maaler 227*, der hodler, fürköufer, der körn und der-
gleichen auf theüre binder sich halt, der redlich mit dem
judenspiesz ficht, dardanarius, frumentarius, fmmentator, sili-
ginarius; dazu hodelros saumpferd Leier wOrterb. 1, 1320 {aus
Justingers Berner chronik). vielleicht ist für die bildung aller
dieser worte der ka^nwagen eines herumfahrenden hausierers der
ausgangspunkt gewesen.
HOÜENADERN, f plur. cremasteres. Dastp.
HODENBALG, m. tunicae testiculorum, hodensack. Maaleb 227*.
HODENBRUCH, m. bruch mit eintretung des darmes in den
hodensack: bodenbruch, gschwulst der hoden, ramex, hemia
Maaler 227*;
dasx gegicbt, den rysenden stein, die malzy,
der hodenbruch, und dir wee am zumpel sy,
du frouwenschänder, verfluechter lotter! fufln. fp. 865,13.
HODENBRCCHIG, adj. ramicosus, herniosus Maaler: er ist
hodenbrüchig bisz ann hals, er heiszt ein man, aber der
nam ist an im verlorn. S. Frank sprichw. 1. 2S".
HODENGESCHWULST, f. : wider die hodengeschwulst netze
ein leinin tüchlein in diesem wasser und legs warm über die
klösz. Tabebxaem. 1247.
HODENKERN, m. Highmori corpus, ein weiszer, ungefähr
einen halben zoll langer kOrper am obern theile jeder teslikel, der
den aus den hoden abgesonderten samen aufnimmt und in die
nebenhoden führt. Nemxich 3, 149.
HODENKORIANDER, «i. coriandrum testiculatum , kleiner
koriander. Nexmch 2, 1122, ron der form des Samens.
HODENKRAUT, n. orchh, knabenkraut. Neji.mch 4, 779.
HODENLOS, adj. eviralus. Maaler 227*:
der bodenlos man darf keiner das maul smirn.
fustn. Sil. 222, 16.
HODENMÄNNLEIN, n. als liebkosung: was?., mein kleins
hodenmäniin, ich glaub du hast in die kannen geguck?
Garg. 137'.
HODENSACK, m. tesliculamen, testicularium. voc. ine. tlieut.
k2'; ovaretis hodensag Dief. 403"; hodensack scrotum Dastp.;
der hodensack eines widers, scrotum rerrecinum Maaler 227*.
in einer betheuerung: botz hodensack I Garg. 22S*. das diminutiv
als liebkosungswort : mein Jungs mäniin, mein liebs hoden-
secklin , wa führt man uns hin ? 134* ; du liebes hoden-
secklin. 250*.
HODENSCHNEIDER, m. casiralor suum rel orium. Frisch
1,459'; bei Maaler 227* aber lithotomus, der stein- oder bruch-
schneider; alle länder durcbtriegen die doctor und hoden-
schneider. Paracels. 1,165SC;
ein würfelmacber one bein,
ein hodeasctineider one stein {ist wider natürliche art).
B. Waldis Esop 4, 93, 56.
HODENSTEIN, f7i. enorchis, wegen der gleichlwit. Frisch 1,459'.
HODEN WIDDER, m. unverschnittenes männliches schaf. schwei-
zerisch. Stalder 2, 49.
HODEPFENNIG, wi. abgäbe ßr die hode, den schütz, auch
hodeschilling. Moser patr. phant. 2, 30.
HODIG, adj. hoden habend, unverschnitten, von zuchttiiieren :
hodiger ochs, taurus, bos non castratits. voc. ine. theut. k 2' ;
hodiger eher, rerr«, pijrcus non castratus, hodiges schaff oder
lam, aries vulg. wider, k 3*. in Baiern mit umlaut hödig : der
hödige stier, das hüdige rosz, ein hodiger jxriiog. Schm.
1, 1054 Fromm.
HODLER. m. s. unter hode oben.
HODRIHEIN, interj.: hodrihein, hinnacht nimmer heim.
Garg. 100*.
HODROSS, m. ross das hoden hat, Hengst. Scbx. 1,1054 Fromm.
HOF, m. area, villa, aula. im gothischen ist das wort nicht
überliefert, sonst zeigen es die alten dialekte in ungeänderter form,
der altnordische als neulr. die ursprüngliche bedeutung von bof,
die durch vergleichung mit griech. icrj:ios garten, lat. campus,
litt, kampas winket, ecke, gegend (Fick 347) vermittelt wird, tiitt
noch Üieilweise zu tage.
hof bezeichnet nämlich
1) garten, grasland, nutzland, so alid. hof hortus Graff 4,S2S;
namentlich aber im niederdeutschen : ortus hof, hoff (nf6en garde,
bongarl) Dief. 402*; noch jetzt hof der umzäunte garten; man
unterscheidet bämhof, kälhof, plantenhof. Schambach S3'; hoff,
garten, auch jeder befriedigte platz am liause, na'n hof faren
sagen die Hamburger ßr nach dem garten auszer der Stadt fahren,
104*
1655
HOF
HOF
1G5G
ScbGtzb 2, 144 ; bof, tri den sächsischen und Kestfdlischen ht-
tirken Hessens, der garten, pflanzenliof kraulgarlen, grashof,
grasgarten. Vilmar 1"2; ebenso niederländisch hof hortiis, viii-
darium, liofkeu hortulus Kilian ; vgl. auch das kölnisclie boflf-
kamyn, hüffkuym gartenkümmel Dief. 104*; die sogenannten
höfe (in Wülsten und llattorf) sind hier meist mit wohn-
stellen und gebäuden nicht versehen, sondern bestehen nur
aus länderei. Stlve wesen u. verf. 43.
2) für das hochdeutsche gebiet hol sich statt dieser bedeutung
die eines eingefriedigten, von gebättden begrenzten wirtschaftsplatzes
an einem hause ergeben, und hof und garten sind streng ge-
schiedene begriffe, während die enge Zusammengehörigkeit von haus
und bof durch eine entsprechende alliltcrierende formet betont
K-ird, ßr die sp. 641 zahlreiche beispiele gegeben sind :
und donnerte durch hof und haus
und weckte seine leute. Bürger 53';
lief in einem bausz, cavaedium, area in aedibus urbanis Maa-
I.ER 229"; kamen in eins mans haus zu ßahurim, der hatte
einen brunnen in seinem hofe. 2 Sam. 1', IS; trat in den hof
am hause des königes. Esther 5, 1 ; kam . . zu mir für den
hof des gefengnis. Jer. 32,8; salzte man mich im hof mit
verbundenen äugen in eine zugemachte gutsche. Simpl. 1,31«
Kurz; zwei linden, die mit ihren ausgebreiteten ästen den
kleinen platz vor der kirchc bedecken, der ringsum mit bauer-
höfcn, scheuern und höfen eingeschlossen ist. Göthe 16,16;
dasz auf der andern seile des hauses um einen geräumigen
hof Ställe und scbeunen liefen. Imhermann Münchh. 1,148;
halb schlaftrunken fuhr er aus den federn und an das fenslcr,
sah aber . . unten im hofe eine dunkle gestall. 2, 38.
3) hof heiszt nun auch jedes grundstück, in dem dieser wirt-
schaßsplatz einen bedeutenden umfang einnimmt, dadurch zu-
gleich auf die bedeutung der haushaltttng hinweisend, manchmal
ist mit hof in diesem sinne haus eng verbunden, um wohnung
und Wirtschaft in einer formet zu nennen: einen von haus
und hof jagen, aiiquem a fundo dejicerc. Stieler 844; wicwol
ich nicht bin gesinnel gewesen, den friedliebenden leser mit
dieser leichtfertigen rcuter pursch (schaar) in meines knäns
hausz und hof zu führen, weil es sclilim genug darinn her-
gehen wird. Simpl. 1,20 Kurz; venjl. auch die sp. 641 ange-
fülirten sprichwörtlichen reden; öfter allein stehend gilt hof
a) für ein gröszercs bauerngut: was innrent dien muren
und dien vorgenanten zilen lit, das ist ein friger hof des
gotzhus ze Engelberg, weislh. 1,3 {i\ jahrh.) \ zwar des geraden
wegs in meines knäns hof zu eileten. Simpl. 1,19 Kurs; West-
phalen bestund aus einzelnen höfen, deren jeder seinen eigen-
tiiümlicben und freien besitzer hatte, mehrere solche höfe
machten eine bauerschaft aus, die gewöhnlich den namen
des ältesten und vornehmsten hofes führte. Kindi-inger bei
Imhermasn 3/ünc/i/i. 1,145; da sie {banern) von Jugend auf in
dem glauben erzogen waren, dasz derjenige, der seinen hof
mit einer neuen pflicht belüde, ewig auf demselben spuken
gehen müszle. Moser palr. phant. 2, 353. in Baiern war ein
solches bauerngut von einer gewissen grüsze ein ganzer hof, und
man pflegte danach kleinere als halbe, viertel, achtel «. s. w.
böfe zu taxieren. Schm. 1, 1058 Fromm.
b) ßr ein landgul, im gegens'itz zu der städtischen wohnung
eines besitzers: dasz unter andern bei Jerusalem ein lustiger
stattlicher hoff oder fuhrwerk (vorwerk) gewesen, so lletlan
genennet, welcher wegen seiner herrlichen gärten und darinne
geleiteten brunnen über die maszen lustig und fruchtbar ge-
wesen. Scnuppius 99; sie war schön und reich, und hatte
viel gcsinds, und höfe vol ochsen und schafe. JudUh 8,0;
da kam Jhesus mit inen zu eim hofe, der hics Getbsemane.
Mallh. 2G, 30. vgl. auch Iflinhof, meierhof.
c) auch für ein slddliscbes gebäude mit ausgedehnten wirt-
schnftsräumlichkeilen, für eine grosze haushaltung berechnet: in
JfTUsalem stund ein groszcr verschlossner hof, Marcus nen-
net den bof auch aulam. Keiszner Jerus. 1, 29'; patrizier-
•ir^rhlechler haben einen hof »» der stadt, ein Heichensteiner,
I !i ;"r,ieiner, Kbeinacher hof zu Basel; vgl. auch die composita
iiuirliuf, pfarrhof, bischufsbof; curtis hof eines prelatcn
Dief. IM'; femer gasthof für ein grüszeres gasthaus; doch wird
auch einfache» hof mit entsprechendem örtlichen beisatz im letz-
teren sinne gebraucht: der prcH»zi«rhe hof; der hairische hof;
Drendfier bof, Stuttgarter liof. dieser zusatz, jetzt willkürlich
ftWdUt, gab früher die heimnt des besitzers an.
d) für einen adlichen huf, dir besüzung eines grundherrn, auf
itr Jugleich mlliche rechte, gericldtburkeil u. dltnl. ruhi-n, n-rgl.
edelhof: ich kam sehr jung auf den hof und ward mit dem
gnädigen fräulein erzogen. Lessinc 1,530; und die zu einem
solclien hofe gehörigen zinspfticiüigen bauern : so ging der vater
der Sylika nach hause, um seiner frauen die meinung des
hofes bekannt zu machen {die bauern waren vorher zu einer
beratung zusammen getreten). Moser pliant. 2, 358 ; der gehegte
hof, die zur spräche versammelten derartigen bauern; vor ge-
hegtem hofe. 4, 109.
e) endlich auch ßr die residenz eines vom hohen adel, eines
ßrsten, künigs, in der altern spräche, vgl. Schneller 1,1058/".
Fromm.;
der künic hAt Ä wo! vernomen,
da; in sincn hof was koraen
BarlAäm, der guote. liiirl. 191,20;
müssen kemerer sein im hofe des königes zu Babel. Jes.
39, 7 ; die da geschickt werea zu dienen in des königs hofe.
Dan. 1,4.
4) hof, von einetn andern eingefriedeten platze, so
a) um eine kirche: umme hof gähn, in der procession. Frisch
1, 459' (aus Rchlmajers braunschw. kirclunhislorie) ; vgl. freilbof
theil 4', sp. 123, und kirchhof the'd 5,818/".; in der bd)elsprache :
des hofs am hause des berrn, . . des schatzs am hause goltes.
Ichron. 29,12; machten inen laubhütten .. in den höfen am
hause gottcs. JSeh. 8, 16.
b) freier platz in einer staJt, zum spazieren: hof oder platz
darauf man spaziert, ambulacrum Maalev^ 229' ; auch sonst platz
vor öffentlichen gebäuden, schlossern, z. b. wo ein turniir abge-
halten wird, vgl. unten 5; daher noch später in einer redensart:
in welchem kämpf der siger den hof behält (den platz be-
hauptet). Forer lischb. 123'.
5) hof, die in einem hofe befindlichen oder da zusammen-
kommenden personcn, eine gesellscliaft. Schm. 1,1059 Fromm.;
hoff congrcgatio aUquorum. voc. ine. Iheul. k 3" ; so zu fröhlichem
beisammcnscin : umblaufen als ain garnwind da zu dem tanz,
da zu den höfen, da man den kolben gibt (ball spielt). Kei-
sersbeug geisll. spinn, (granatapfel) Pl'; der abl zu st. Gallen
hat ein hof und panket gehalten. Stumpf bei Frisch 1,459';
will denn ewer volk so bald von hof (aus einer hochzeitge-
sellschaft) scheiden? Wickram rollw. 172,13 Kurz; die gesell-
scliaft die zu einem turnier zusammenkommt, und das turnier
selbst: item in dem jar als man zall 1416 jar da was ain so
groszer hoff hie, als nie kainer weder vor noch nach ward :
. . die fürsten und ir ritter und knecht stachen all in hochen
zeugen und waren frölich. d. städtechron. 5,74,15. vgl. auch
turnierhof, stcchhof, schützenhof.
C) da die gerichtsbarkeit an einem adlichen oder fürstlichen
hofe haftet, so heiszt auch das zu ausübung derselben bestellte
cotlegium hof: curia hof, dinghof Dief. 124'; so ordnen, setzen
und wollen wir, dasz die assessorn binfüro mit sonderlicher
commlssion von unserm kaiserlichen hoff (dem cammergerichte)
oder sonst unbelästigt sein sollen, cammergerichtsordnung von
1521, ///. 25, § 4. vijl. amthof, apellhof, dinghof, gericbtshof.
7) häufig, auch in der neuern spräche ist hof der hoftialt eines
fürsten und die gesamtheit der dazu gehörigen personen : wann
ein bof sol wolbestellet sein, so musz ein herr haben 1. leute,
die für die religion sorgen. 2. leute, die das juslitienwesen
wol bestellen. 3. leute, die den krieg verstehen, und das
land beschützen können. 4. leute, die eine gute bauszhaltung
anstellen können, das sind die vier räder, darauf ein herr
seine wolfahrl füret. Scnuppius 26; groszer herreu höfe. s. 2.
auch hier treten feste Wendungen auf
a) ein herr beruft, verkündet, versammelt den hof, :k ge-
scMften oder vergnügen: donoch bette l'hilippus einen gros/.en
hof zu Menlze : do koment vil fürslen und herren hin. deut-
sche städtechron. 4, 443, 22 ;
ml dlz gcscliolien was ulsö,
einen liof gi-liöi im- (ärr könig) d6,
Aai beidiu tirliu und arme gar
von sinem luiidc ka'int>a dar. Part. 303,0;
der kciscr hiesz weit nusi cnpitcii,
wer «ich do t(roscr rrouil woll iiiton,
wer IVolicIi woll «ein, dor sult kumen,
gol lict Im alls 5Pin truren ticiiuinRii ;
und llos ein holT aust sclircieii und jnhen.
HoKiKBLLT in den laxin. tp. It4s;
Nobel, der kftniff, vcruammelt den hof; und «oine va«allei»
eilen KcrufiMi lu'rliei mit groszeni gfprftnttf. Gothi 4U, 5,
nac/t Niilii>l, do koiiiiink van nllcn dorcii,
lii'jl hof. undo liH den üikrciena
»in lullt dorcli overal.
dar quemen velo lieren mit grotem •cnal.
neinrcka fuchs 10;
1657
HOP
HOF
1658
freier: sie {die glocken) seind unser kirchtrommeten , daoiit j
unser herr gott zu hoff blaszt. Garg. 153'.
hof halten, die personen des hofes in der residenz um sich
versammeln, vgl. hofhält;
als noch verkannt und sehr gering
unser herr auf der erde ging . . .
liebt er sicli gar über die maszeu
seinen hof lu hallen auf der straszen. Göthe 13, 119;
es wird ein hof: sich begab uf ein zeit, das ein hof soll
werden, und L'lenspiegel wolt dar reiten, llenspiegel s. 110,
HO. 75 ; den hof vollbringen, die pflichten des hofhaltes bis zu
ende ßhren, irabren:
herr {könig), laszt hie von disen dingen !
ir sült euren hof eerlich volbringen. fasln, sp. 662,29;
den hof vermeiden, sich des hofes enthalten:
Relneke Fuchs der schelm, der viel begangenen frerels
halben des hofs sich enthielt. 40,5;
einem den hof abschlagen, ihm den aufenthaU daselbst ver-
vehren : ein diener spricht zu einem bischof schlahen inen {schlagt
ihnen, den bettelmönchen) den hof ab und laszen {lasst) in
verbieten, im ganzen bislum zu stunzlen und termenieren.
Schade sat. und pasqu. 3, 16S, S.
b) bei hofe, zu Lofe, nach hofe, vom hofe : wie ein yeder
vermag, also reut er auf sein eigen kosten dem künig zu
hof und zu feld in krieg. Frank iceltb. ISS'; hat derohalben
alle . . priester und pfaffen lassen vor sich kommen, und
sie Selbsten zu hoff examinirt und ihnen fragen vorgelegt.
ZissGREF apophlh. 1,5; die groszen herren zu hoffe, pers.
rosenth. 1,45; ihm ein trompeter zugegeben wird, der ihn
wider sicher nach hausz geleitet, und seiner frauen sagt,
was für grosze gnaden ihrem herzliebsten bei hofe begegnet
sei. ScHCPPiLs 26; wie aller ohrten dieses lasier {die Ver-
leumdung) im schwänge ist, also kau es auch zu hofe und
von desselben zugethanen nicht gesondert werden, wer zu
hofe ist, wandelt in garn und slrikken. Bctschkt Patm. 111;
sobald er in London angelangt , eilt er nach hofe. Lessing
7, 2S1 ; der vornehme herr vom hofe machte unterdessen
vergebliche versuche sich herabzulassen. Imjiebxakn Münchh.
3,53;
dö leiter an sich sin gewant,
ze hove huop er sich zehaut,
uud gie vür sinen herren hin. Bari. 189, 8 •
ist iemant komen her,
der da wisse neue mär,
oder wie es zu hoff sei nune? fasln, tp. 417, 14.
in Sprichwörtern : lang zu hoff, lang zu hell. Agr. spr. (1560)
lü2'; lang bei hofe, lang bei hüll. Göthe 26,323; zu hof
gibt mann vil händ und wenig herzen. Agr. spr. 16"'; Al-
bertus, erzbischoff zu Meintz und churfürst, halt disz wort
inn stetem brauch, wann er seine diener lang stehen sähe,
sagt er: setz dich nider, bein gibt mann nit zu hof. 16S',
bei ZiNEGREF apophth. 1, 3 in der fassung dann man gibt die
bein nicht von hoff, wie futter und mahl, mit beziehung
darauf dasz der herr ßr die bedürfnisse der hofhaltspersonen
sorgt; als Petrus zu hof kam, ward er ein schalk. Scbottel
1113'; es gehet zu wie in könig Artus hofe. 1139'; gnädiger
herr, ungnädiger hof. Il4l'; Hansz Schenk hat gnade zu
hof. das.; man rufet den esel nicht eher zu hof, er solle
dann sacke tragen. Pistorius/A«. pur. 3, 94 mü der erkldrung:
schlechte leute kommen nicht eher nach hof, als wenn man
ihrer nöthig hat; zu hof kan man sich wohl wärmen, aber
auch verbrennen. 5, 60 ; der neid wird zu hof gebohren, in
clöstern erhalten, im spittal aber begraben. 71, 7S ;
so lang zu hoff, so lang zu bei. U. Sachs 3,1,152';
alte diener, hund und pferd,
sind bei hof in einem werth. Pistorics 1, 47 ;
eins gen hof schenken, etwas hingehen lassen, nachlassen, knüpft
icol an den brauch an, dasz die unlerthanen der gegenden in
denen ein herr hof hielt, freiwillige gaben zum unterhalte des-
selben spendeten : so einer ein baunwirdig laster begangen het,
so lieszen sy es im ausz gnaden nach, gaben einen pacem,
und schenkten ihm je eins gen hoff, wie man spricht.
S. Fkaü» ehron. 522*.
c) in verschiedenen fügungen ist die persönliche bedeutung
des Wortes recht scharf ausgeprägt, hof = hofleule, hofpersonal :
desz hofs höchstes kunst-stück ist, sich wol verborgen halten,
das was man seie, man nicht wisse. Schuppids 561 ; der um-
sonst sich herablassende, welcher auszerlich die fassung des
bufes behielt. Imxerjias.'« MühcMi. 3,53; seit jener Unter-
redung über römische kaiser hatte sich der fürst durch einige
tage seinem hofe entzogen. Frevtag handschr. 3, &5 ;
gegen dir geirew,
und gegen jederman aufrichtig,
und lu des hofs betrug untüchtig. Wecxbeslu« 114;
des eiteln hofs stolz, witz und raht. 115;
nicht ohne viel gespötte
und achselzuckerei des hofes und der Stadt.
Wiei.a;«d 18, 140 ;
jetzt wurde, nach des hofes brauch,
sein husen plötzlich lau;
er sasz nicht mehr, am schlebenstrauch,
mit Röschen auf der au. Höltt 15 ttalm ;
der mann mit einem (lammenstem
blickt grosz aus seinem strahlenscheine'
mit duust des hofs herab auf kleine. Secmb ged. 40.
hof begreift auch den fürsten mit seinem hofpersonal: vergebens
werden die höfe von seilen der Stadt an die Vorschriften
der . . goldnen bulle erinnert. Göthe 24, 292. endlich be-
zeichnet es das hofleben : ohne mich um das zweideutige gluck
des hofs zu bemühen. Rabexer sat. 3,21$;
und wer den hof nicht roch, ist ihm ein schuft«
Seuxe ged. 41.
8) einzelne Wendungen aus dem gebiete oben no. 7 sind in
freieren gebrauch übergegangen : eine schöne versammelt einen
hof von anbetern um sich, sie wird dabei gleichsam als fürslin
gedacht; dasz Ninon de l'Enclos durch die anmuth, feinkeit
und lebhaftigkeit ihres geisles beständig einen kleinen , aus-
erlesenen hof um sich her versammelte. Beckers weltgesch.
9, 354. gern iM die fügung den hof machen, eigentlich hofdienst
verrichten , sein amt als hofmann seinem fürsten gegenüber ver-
sehen: da {bei der kaiserkrünung) die gesandten, um ihren
hof zu machen wieder hereintraten. Göthe 24, 32S, in freiem
sinne verwendet: geistliche, die dem herrn des himmels den
hof machen. Kaxt 10,328; den jüngling, wie er mehreren
schönen, besonders in gedichten, den hof macht. Göthe
6, 192 ; der gewandte hofmann steht vor uns, eben als wenn
er uns den hof machte. 21,116; ein frauenzimmer , dem er
von fern den hof gemacht sei in ihn aufs äuszerste verliebt.
25, 264 ; selbst sich den hof machen : Julia, sie werden mich
zerstreaen, madam ! (auf und ab, sich den hof machend.) wenn
sie das können, madam. Schiuler Fiesko 2, l.
9) hof, übertragen, von farbigen ringen um verschiedene gegen-
stände.
a) um sonne oder mond: man .. siht den regenpogen und des
mühen und des sunnen hof. Megenberg 74, 34 ; hof um die
sonne oder mond, halo, solis vel lunae corona Stieler S44;
gestern abend sah ich den neuen mond,
ein hof war um ihn her. Uerder ;. IUI. 8, 269.
bildlich : er hingegen , ein sogenannter starker mann in ge-
nialischem verstände, eine sonne , aber umzogen von einem
immerwährenden ring oder hof toII stürme. J. Paul biogr.
belust. 1, 51.
b) um leuchtende punkte überhaupt: hier finden wir den
Übergang zu den höfen, die wir um leuchtende punkte auf
eine oder die andre weise zu sehen pflegen . . . man kann
die höfe in subjeclive und objective eintheiien. Götue 52, 54 ;
ein licht musz mäszig leuchten, nicht blenden, wenn es einen
hof im äuge erregen soll. 55.
c) hof, areola papülae, kreis um die brustwarze. Nemnich.
d) hof, bläulidier ring um die äugen bei gescliwächten oder
verlebten menschen: einen hof um die äugen haben.
10) hof, in der heraldik, der blätterartige sierrat um mandie
Schilde.
11) in Baiern ist hof ein viehstall auf den alpen, auch der
theil einer alpenhiäle, in welchem sich das vieh aufhält, in der
Schweiz ist hof der platz nächst um die sennhütte zum melken
der kühe. Stalder 2, 49. in Appenzell ferner die stelle , wo
kehricht, mist, überhaupt unral gesammelt und aufgehäuft wird,
meist ein breUerverschlag. Tobler 274*. in Kärnten dagegen
derjenitte räum im stallgebäude , wo die zunächst nötige äreu u.
s. w. sich befindet. Leser 143. im Salzburgischen auch ein ge-
treidemasz. Schm. 1, 1(69 Fromm.
12) dasz der ursprünglich kurze stammrocal des wortes, der
jetzt höchstens noch in einigen theikn fiurddeutschlands so ge-
blieben, im allgemeinen aber verlängert ist, doch noch lange seine
ehemalige kürze aucJt in Süd- und ilitteldeutscIJand bewahrte,
daßr zkugt die Schreibung mit ff, die durch das 17. und bis ins
18. jalirh. ziemlich gewöhnlich ist, und sowol bei dem einfachen
Worte, wie bei den unten foljjenden ableitungen und composiien
1659
HOF ABENTEUER — HOFBAU
HOFBAUAMT — HOFBURSCH
1660
auftritt, von den letzteren., soweit namentlich deren zweiter theü
consonantisch anhebt, zeigen manche nie im vihd., so auch in
der nhd. spräche noch vielfach die form hofe-, bei der das
schlieszende e cäs resl des alten stammsrhlusses vom Substantiv
anzusehen if' dieselben sind an alphabetischer stelle besonders
aufgeführt.
HOFABENTEUER, n. abenteuer an einem fürstlichen hofe:
welche . . die hof- und stadlabenteuer als gleichgültig vor-
übergehend, sugar manchmal als unterhaltend betrachteten.
GüTBE 31, 129.
HOFACKER, m. zu einem bauern- oder henenhofe gehöriger
acker.
HOFADEL, m. adel der an einem fürstlichen hofe lebt. Dahl-
MANN gesch. d. franz. revol. 166; der dieiistadcl, auf den der
hofadel mit Verachtung herabsah. Beckkrs ueltgesch. 12, 61.
HOFAM.MANN , m. richter über einen edel- oder lelicnhof.
s. das folgende uort.
HOFAMT, n. 1) amt ßr die rechtsangelegenheüen eines oder
mehrerer edel- oder lehnhöfe: item alle hofgüter im gericht
zuo Tablatt gelegen sind leben von dem hofanit zuo sanl
Gallen, und licht ains berren von sant Gallen hofamman
dieselben guter so dick das zuo schulden kompt, und zuo
üben gebürt. weisth. 1,224 [von I47l).
2) amt an einem fürstlichen hofe: abgestufte Lofümter mit
bestimmten auszeicbnungen. Schlossers weltgesch. 4, 4C4 ;
wer hat d.is hofamt bei der königin?
wen traf der rang, sie heule zu bedienen?
Schiller Karlas 1, C.
HOFANTWORT, f. wie man sie bei hofe gibt, zweideutige
hinhaltende anlwort : dieses ist Eulenspiegels kunst , und ist
sehr gemein in gericblen und in boffantworten. Melancutuon
im corp. doclr. christ. (1560) 522.
HOFAPOSTEL, m. : ob schon die reichen und grosze herrn
fallen und ihrer digniteten und empter entsetzt werden , so
helfen ihnen doch . . . gute freund und bofaposteln , und
werden also weder beschedigt noch bekehrt. Albertinus
schaw- u. lummelpl. 300.
HOFARBEIT, f. arbeit ßr einen hof, z. b. einen kloäerhof.
Germ. 9, 194 (aus Tegernsee , 16. jahrh.) ; hofarbeit nennt der
konditor eine künstliche Verzierung der zuckerwaare, womit die
tafel vornehmer herren besonders bei feierlichkeile n ausgeschmücld
wird. Jacoesso.n 2, 26(1". bairisch, die arbeit mit dem vich in
der Wirtschaft, im gegensatz des nähens, Strickens und anderer
stubenarbcilen. Schm. I, 1059 Fromm.
HOFART, f. art, brauch an fürstlichen höfen : die personen
des comitats wurden nach fürstl. hof-arth mit unterschied-
lichen äinptern und titeln beleget, pcrs. reisebeschr. 2,1; bof-
art, mos aulicus, auf bofart mit einem trinken, sine praejudicio
honoris et juris sui compotori respondere aul piopinare. Stikler
5S (vergl. hofrecht no. 3) ; sie war zart gebaut, von mittlerer
grösze; ein herzliches natürliches betragen war durch well-
und bofart noch gefälliger geworden. Göthe 25, 196. sprich-
wörtlich: gold auf den hosen und keins darin, ist bofart.
SiMBOCK sprichw. j. 255;
als ihr die rede vernommen, versetztet ihr: sage, wer hat dich
so nach hoiart theilen gelehrt? 40, IM,
nach: Reinke, we l£rde di dclen also,
so rechte hoveschliken? Ucineke Fuchs 5471.
HOFARZT , m. : welchen der groszfürst zu seinem boff-
und Icib-arzt berufen, pers. rei.^ebeschr. 1,2.
HOFAL'GEN, n. plur. wie sie an fürstlichen höfen begegnen:
so begriff er nicht, wie er . . aus diesem italiänischen feuer
und aus diesen schnellen hofaugen ein verweintes blondinen-
gesicht machen können. J. Paul Hesp. 2, 135. träger solcher
äugen : sie hatte bisher in seinen äugen ein sehnen gefun-
den , dns schönere reize suchte als die übrigen hofaugen.
uns. löge 3,23.
HOFBACKER, m. pislor aulicus. Stieler 7B.
HOFBALL, m. der an einem fürstlirhen hufe gegebene ball:
wenn sie sich noch des hoflialls entsinnen . . worauf man
den ersten englisclien tanzte. Schiller kab. u. liebe 3, 2.
HOFBAR, adj. dem hufe gemds:, höfisch, vgl. Schm. 1,1062
fVomill. / in erweiterter form :
do kamen nach mir geriten her
twu frau'-n, diu waren horficper
•0 gewand und an geberden, fantn. xp. WM,
HOFBAU, m. inbegriff der gründe, dcker und wieun welche
zu einem uhliat, befreüen tüx oder edelhof gehören. Scan. 1, lO&V
fromm.
HOFBAUAMT, n. bauamt eines ßrsllichen hofes.
HOFBAUER, m. vUlicus. Stieler 104. daselbst bofbeuerin,
villica.
HOFBEAMTER, m. der ein amt an einem ßrstlichen oder
auch edelhofe bekleidet; minister aulicus Stieler 53.
HOFBECHER, m. 1) als Irinkgcschirr : da risz und schält
man den wein ausz polten, ausz pinten, ausz kelchen, napfen,
gonen, kellen, hofbechern. Garg. 83'; aus den schwarzen,
schnmlzigcn hofbechern zu trinken. 46\
2) als masz, wol nach einer an einen edelhof zu leistenden
abgäbe: nimm baber-mehl einen hofbecher voll. Hohberc
2, ISO'.
HOFBEDIENT, pari, einen dienst an einem hofe habend:
wilst dich in ein hofbedientes junges mägdlein verlieben.
BuTsciiKV hd. kanzl. 580. jetzt nur noch in substatitivem ge-
brauch {vgl. hofbeamter) : ein hofl)edienler.
HOFBEDIENUNG, f {nach bedienung 2 und 3, th. 1, sp.
1232) amt, dienst an einem fürstlichen oder adlichen hofe, und
gcsammtheit der dienerschaft daselbst.
HOFBEFREIT , part. unter dem schütze des hofes {eines re-
gierenden herrn) von gewissen bürgerlichen Verbindlichkeiten be-
freit, hand werker , welche ihr gewerbe unter dem schütze eines
hofes treiben, ohne zünftig zu sein , werden bofbefreite hand-
werker genannt. Adelung.
HOFBESCHEII), «j. wie man ihn bei hofe gibt:
die red brecht mich um Icib und leben,
wenn mein hofnung nit wer dabei,
das die red nur ein hol'bscheit sei,
die sich biszweiien oft verendern.
J. Atrer 402' (2023, 11 Keller),
vgl. hofantwort.
HOFBESUCHER, m. besucher eines fürstlichen hofes: seine
{des Gargantua) geheime freund und bofbesucher. Garg. ni'.
HOFBIER, fi. cerevisia aulica. Stieler 146.
HOFBISZLEIN , n. biszlein, wie man es zu hofe erhält, hier
bildlich für das, was bei einem hofdienst ah fallt, kleiner gewinn
aus einer hoßedienung: o Fortuna, wie wol bistu denjenigen
gewogen , die du ernehrst ohn die hofbiszlein (olm dasz sie
hofdiener zu sein brauchen), eniß. kom. 2, Hh3'.
HOFBLUME, f primula veris. Nemnich 4, 1060.
HOFBODEN, m.: die hoflcute, die immer auf dem bof-
boden . . mit gebognen knieen am festesten zu stehen glauben.
.1. Paul Levana 2, 110.
HOFBRAUCH, m. consuetudo aulica. Frisch 1, 400'.
HOFBRIEF, m. conlract der über ein erbgut errichtet worden
ist. Frisch das.
HOFBROT, n. brot {bestimmter form und grösze) wie es auf
der tafel eines fürstlichen hoftialts aufliegt: hoffbrot . . dicilur
panis qui dalur in curiis domino. voc. ine. theut. K3'; hofbrod
panis caslrensis Trochüs Po"; (als) der prinz eben über der
tafel, meinten die aufwartcr, er {ein gelehrter) were da, uinb
ein Stück essens zu bettclcn, langten ihm derowcgen ein hoff-
brot und was fleisches darzu. Zinkgref apopidh. 2,65;
nam für hungersnot
in seinen buseu fünf bolbrudi.
II. Sachs 4, 3, 6"'.
dim. bofbrötlein auf des königs tische. 1,425*.
HOFBUBE, m. junger diener eines fürstlichen hofes: do fing
der vorbenant burggraf Friderich und sein sun Johannes aber
etwas newes wider die burger an, vNann sie verbeugten iren
hofljuben, das sie herab von iier bürg in alle gaszen litfen
und vil Unzucht und mutwillens triben. d. städtechr. 3,165,2;
ja vatter, sagte dieser {junge sperling), . . wenn aber die stal-
jungcn bebritzen machen, und ihr maschen und schlingen ins
Stroh binden, da bleibt auch manchrr bebenken. wo hastu
das gesehen, sagt der alte? zu hof bcin roszbuben. o mein
söhn, hollmben, böse hüben. Scnippius S37. s. hufebube.
HOFBliCH, n. buch worin die zu einem hofe gehörigen zins-
pflichtigen und ihre Icislungen rerzcichnrt werden, auch ein buch,
in dem die diener des fürstlichen hofes eingetragen sind.
HOFBURG, f bürg in der der hoftialt eines ßrsten liefind-
lich ist. jetzt noch von der residenz des katsers von 0.<Jreich zu
Wien, davon das liofliurglbeater.
HOFBURSCH, f hofgem-lhchaft, gcsamtheit der hfiftinge {vgl.
bursch t/i.2, 547): die holTliiirsrh begcrte von einem prediger
dasz er weil es fasznadit were, die predig kurz machen
woltc. ZisiOREF apoplith. 2, 71 ; wann nun einer ausz der
huffliursrh sich mit fluchen versündiget. ALBRrrnT fturh-AHC
bl ; uuf diese weise wird mancher fruiniiier mann «um hörn-
1661
HOFBURSCUE — HOFDING
HOFDIRNE — HOFEJAHR
1662
I
träger gemacht und unter Actäons hofbarsch gerechnet, gefl.
finken S4 ; ihre zwo töchter aber waren . . beides , bei der
hofburscb und den kriegsofficieren, wol bekandt. Simpl. 3, 26
Kur:, s. hofebursch.
HOFBURSCHE, m. glied der hoßursch (vgl. unter bursch th.
2, 54S): an manchem ort bleibet die hurerei ungestraft, auf
dasz die eheweiber säugammen bekommen können . . da
höret man wol unter den frauen diese gottlose rede , was
machen doch die Schreiber, was machen doch die hoff-
bursche , . . dasz man nicht eine amme bekommen kann.
SCHÜPPICS 512.
HOFBCTT.NER, m. rietor aulicus. Stieler 106.
HOFCAPELLE, f. 1) capdk, kleineres ßr den g<Atesdienst
bestimmles gebäude auf einem adtichen oder fürstlichen hofe.
2) musikcapelle eines fürsten : das concert der hofcapelle
war besucht ; hofcapelle, die hofmusici. Frisch 1, 460'.
HOFCAVALIER, m. edelmann aus dem hoßalle oder gefolge
eines fürsten; hofcavallier, nobilis aulae. Frisch 1, 460'.
HÖFCHEN, n. kleiner hof; so kleiner hof eines liauses: ein
hübsches zimmer, das aus dem engsten höfchen, wie aus
einer feueresse, doch bei sehr hohen fcnstern genügsames
hcht erhielt. Göthe 30, 146. kleiner hof eines fürsten: der
nicht begreifen konnte , dasz alle fürsten des reichs nicht
im Stande sein sollten, ihm brodt zu geben, er war schon
an mehreren höfgen abgewiesen worden, an Knebel 53;
er kam an einen hof (ein höfclien wollt ich sagen).
GOTIKR 1, 199.
rgl. höflein und hüfel.
HOFCREATUR, f ßr hofmjnn , höfling mit verächtlichem
nebensinne: vileicht können die aus nichts geschaffene hoff-
creaturen wider zu nichts gemacht werden. , Butscuky Palm.
369.
HOFDAME, /". 1) dame an einem ßrstlichen hofe.
2) die perl fliege, hemerobius perla. Campe.
HOFDÄNK, m. dank von einem fürstlichen hofe: loqui ad
gratiam, den hoffdank verdienen. Apherdi.\m tyrocinium (1581)
». IS. danach He.nisch 697.
HOFDEGEN, m. zierlicher degen, tcie man ihn bei hofe trägt,
galanleriedegen. Jaco^ssos 2, 269'.
HOFDEUTSCH, n. .- Jon. \. Schwarze.nbergs spruch der
kummertrost ist auf dem titel {teutsch Cicero 1534 156") ange-
geben als: alles in gleich gesilble reümen, auf frängkisch
hoffleütsch gesetzt, auf dem haupttitel rückseite heiszt es : alles
in hoffränkisch teütsch gebracht und beschriben. er meint
damit die gemeine kanzleisprache, deren ausbildung zufrühest auf
fränkische höfe und reichsstädle fällt.
HOFDICHTER, m. ton einem ßrstlichen hofe besoldet, vgl.
hofpoet.
HOFDIENER, m. l) diener an einem ßrstlichen hofe: hoff-
diener, aulicus Dasyp.; het er . . über alle fürsten seine
hofdieaer zu obrist zu tisch gesetzt. Wilm. v. Schaumburg 17;
ein ehrgeiziger capellan liesze bei diesem keiser durch dessen
gemahlin Hildegard und die hoffdiener urab ein bistumb . ,
anhalten. Zi.nrgref apophth. l, U; als nubn die deutsche ge-
sandten von den griechischen hoffdienern veranlaszt wurden,
das sie desz keisers kleider und prachl recht betrachten . .
sollen. 40. jelU versteht man unter hofdiener mehr einen ge-
ringen diener des hofes.
2) ein bauer, Kelcher zu hofdiensten, frohndiensten verbunden
ist. in der mark Brandenburg. Adelung.
HOFDIENERSCHAFT, f.: die bevölkerung zerfiel in zwei
theile : solche die ihrer eignen Überzeugung, und solche die
den befehlen der hofdienerschaft folgten. yrenzboteH2b.jakrg.
S. 374.
HOFDIENST, m. l) dienst an einem ßrstlichen Iwfe, als
glied eines hofstaals.
2) dienst ßr einen edelkof (vgl. hof 3,d sp. 1656), frohndienst:
mutter und tochter wuszten damals noch nicht was wir jetzt
wissen, dasz ein kusz (es ist ton dem kusz eines bauermäddiens
an ihren adlichen grundherrn die rede) aus pflicht gegeben,
niemals so strenge als ein andrer hofdienst gefordert werde.
Moser po/r. pAan^. 2, 353 ; ein baur der hofdiensle Ihun musz.
Frisch 1, 4fiO*. bildlich einem hufdienste Ihun, ßr einen etieas
umsonst arbeiten.
3) obscün : er verhiesz ir 100 goldgulden , wenn sie im
einen hufdienst thete und seines willens lebete. Katzipobcs
f.d.
HOFDING, H. forum aulicum, hofyericht. Fmscb 1,460*.
HOFDIRNE, f. aufwdrterin an einem hofe: hoffdirn maid
oder jung frauw, cliencula aut clientula. voc. ine. tlieut. k3'.
HOFDOCKE, /. in bezug auf aufgeputzte, vornehm scheinende
Jungfrauen: die beide hoffdocken. Laz. de Tormes. S3. vergl.
docke 2. th. 2, 1210.
HOFDRESCHER, m. drescher auf einem edelhofe.
HOFDRUSCH, «i. das dreschen auf einem edelhofe: den hof-
drusch verrichten, zu hofe dreschen. Adelung.
HOFEÄMT, fi. ungewöhnlich für hofamt. ein gesellschaflsspiel
ßhrte den namen der hoffe-ämter. Wesenigk böse spidsieben
(1702) s. 17.
HOFEBLBE, m. ßr hofbube: und ist David als eine rose
unter den dornen, unter solchen gottlosen hofebuben gewest.
Lütuer 3, 297'.
HOFEBURSCH, f. was hofbursch :
kein herr der solle mich sehn bei dem wagen gehn,
und mit der hofepurscb vor seine tafel stehn.
Opitz 1, 140;
des todes hofebursch, die teürmer:
bei hofe frist man küchejungen: in diesem finstren loch
frisl jetzt desz todes holebursche, wol gar den guten koch.
LoGAU 3, 240, 124 (grabsdtrift eines kochs).
HOFEBUTTER, f: (holsteinische butter) welche von den
groszen meyerhöfen in die lande kömmt : daher man sie mit
einem eigenen namen hofebutter nennt. J-^vcobssox 5, 319'.
HOFEDONNER, m.: in diesem treffen der natürliche luft- |
und hüfedonner vielmals über ein, das . . auch dieses hofe-
wetter seine beste wohlthäter zum öftern erschlägt. Bctschry
Palm. 745 ; hofedonner, bei Logaü überschriß zu folgendem :
donner der vom horebimmel wird herab geschickt,
trifft zuvor, eh als man merkt, dasz er bat geblickt.
2, 233, 141.
HOFEEHRE, /. .' ja die hofeehre, wirde, gewalt und höhe
weiten sie gern haben , aber die hofemühe wollen sie nicht
mit einem finger anrüren. Luther 6, 162'.
HOFEFALSCHHEIT, /. falschheU bei hofe. Logaü 3,51,71
überschr.
HOFEFLIEGE, /. ; hofefliege als überschr. eines epigramms:
groszen harren wehret man Sommerszeit die fliegen :
die am meisten an sich ziehn, bleiben aber liegen.
LoGAU 2, 127, 41.
HOFEFOLGE, f folge bei hofe. Logau 2, 109, 51 überschr.
HOFEFÖRDERUNG, f. förderung wie sU bei hofe staltfindet.
hofefüderung Logaü 2, 160, 4 überschr.
HOFEFREü.ND, m.: hofefreunde als überschr. von folgendem:
wer schenke, becker, koch bei hofe hat zur gunst,
iszt mehr, als der sich nehrt von einem sack voll kunst.
Logau 3, ISl, 44.
HOFEGACL, m. gaul eines ßrstlichen hofes; in einem bilde:
hofegau] und hofemaul (hofmaulesel) ist gut zu sein , aber
bofesel zu sein, ist mühe und arbeit, unlust und uberdrus,
gleichwol , wo bofesel (zu ergänzen : nichts) thet, so würde
hofegaul und hofemaul nicht so überQüssig fressen, saufen,
niüszig gehen und spielen. Luther 6, 162'.
HOFEGEDÄCHTNIS, n. wie man es bei hofe hat. Logaü
2, 96, 94 überschr.
HOFEGESINDE, n.: David . . rhümet nicht allein, das er
selbs sei nicht hoffertig gewest gegen seinen unterthanen . .
sondern hab es auch seinem hofegesinde nicht gestattet.
Luther 6, I60'. s. hofgesinde.
HOFEGICHT, f.:
falschheit ist die hofegicht,
arzt und arzuei heilt sie nicht. Logau 3, 51, 71.
HOFEGLIEDER, n. fJur. als überschr. zu folgendem:
was dient bei hoff am meisten ; der köpf? nicht gar, die zunge :
was dient bei hoff am treusten; das herz? o nein, die lunge.
Logau 3, 77, 9.
HOFEGUNST, f gunst bei hofe. Logau 2,217,38;
wer hoTegunst geneust, und nimmt laback in brauch,
dem bleibt zum mei:^ten asch, und was er neust ist rauch.
2, 111,65.
HOFEHIM.MEL , m. ßrstlicher hof einem himmel verglichen,
s. die stelle unter hofedonner.
HOFEHRE, /■. ehre wie man sie bei hofe geniest, vgl. oben
hofeehre.
HOFEJAHR, n.
einen monat nur hat das horejahr,
weil nur der april da im brauche war.
Logau 2, 183, 28.
1663
HÖFEL — HOFEMAUL
HOFEMEISTER— IIÖFEREI
1664
HÖFEL, m. für licfel, hclirl, Sauerteig (sp. 720): so in Kärnten.
Lexer 143; wiszt ir nicht, das ein wenig höfelen den ganzen
teip verseüret? Frank trimkenli. biij.
HÖFEL , m. nebenform zu hobel runcina, vergl. die sp. 1587
aufgeführten formen : einer (der bauleule) liegt eine ziinmer-
iixt und Schnur, der ander eine Steinaxt und meiszcl, der
dritte ein bcil und böfel, der vierdte ein hainer und zangen.
Luther 4, 244*.
HÖFEL, n. dim. su bof, kleine gesellschafl, krdnzchen. Schm.
1,1059: die weiber heischen immer mit zu allen höflen, dj
der misl deslcr beider ausz dem hoff komm. Frank lasier der
trunkenh. g l.
HOFELÄGER, n. für hoflager:
die liebsten sind heim horelägcr
die realer, säufer und die Jäger. Logxu 2, 136, 90.
HOFELEBEN, n. leben bei hofe : hofeleben, scwicben. Luther
6, 163' ;
ei man inu.sz dem hofeleben
für den andren fürzug geben. Logau 1, 28, no. 96 ;
das hofeJeben ist ein rechtes hofl'eleben ;
denn da verspricht man gunst, und unguns't wird gegeben.
no. 97.
vgl. hofleben.
HOFELEUTE, pl. leule bei hofe: angeneme hofeleute. Lo-
CAu 2, 136, !to. vgl. hofleute.
HOFELIED, H. höfisches, hofgemäszes lied:
do redt der beste dicnestmann:
mein herr Moringer fiet die ieb (gewohnheil),
dasz kein gast auf seiner bürg entschlief,
er sung dan vor ein hovelied. Uhland rolksl. 780.
vergl. boflicd. bei Logau ein lied wie man es bei hofe hört.
2, 7, 23 überschr.
HÖFELIEREN, vcrb., wie das folgende höfeln, aber mil vor-
nehmer, fremder endung (vgl. unten hofieren).
1) wie höfeln 1, in gesellscliaflen sein oder solche geben :
derbalben will du zu friden sein, so lerne solche lose leuth
mit Iren bossen verachten, und thu dich ganz und gar der
gastereien ab, denn darmit würst du kein lob, ehre nocli
rhum erjagen . . denn das für kein ehre, sonder schand bei
allen geleerten gehalten wiirdt, das einer zu erlangen aus
solchem höfelieren vermeinet. Petrarch. 17*.
2) wie höfeln 2, den hof machen, schmeicheln: dasz des
glirapfs so viel und das höfelieren so gemein worden, das/.
man es schier nicht mehr achten und wider recht zu reden
anfangen will. Opel und Cohn 373.
HÖFELN, verb., nach hof in verschiedenen bedeutungen.
1) die öltest nachweisbare nach hof 5, in gesellschaß sein, eine
fröhliche gesellschaß mitmachen. Schm. 1, 1061 Fromm, mit zahl-
reichen belegen aus der altern spräche : hüflen, convivare, opipare,
comesari. voc. ine. theut. k3'; wie vil huren machet der wein,
wie vil ehebrüch rieht das höflen , zechen , bankatiern an.
S. Fbank trunkenh. CA* ;
ich nim mich umb den adel an,
dem Wirt solch grosz mue aufgetan
mit hol'eln, tanzen, rennen, stechen,
mit ruckenpiegeo und sper zubrechen.
fastn. sp. 380, 7 ;
{i'ine frau die) nicht höfelt stets und neue tracht
wil haben und sein grosz geacht. Matbesii ucconomia.
2) neuer, höflichkeiten erweisen, aufmerksam sein gegen jemand
schmeicheln (vgl. hof h sp. 1H5S): sie wurde von vielen wegen
ihrer Schönheit gehöfclt. Harsdühfer tust. u. hofrr. gesch. Wi;
wenn die junker den betticrn im dorf böfelcn, so hcH golt
den bauero. Pestalozzi Lienh. u. Gertr. 1,46;
ach mit welchen honigreden
höfelt er ihr als sponsier!
Langbein »clirificn 2, 49 ;
mancher TeriAndcIt mit wcibem sein leben,
höfelt und üchmachtet und h&rniet sich krank. 2, 175;
er (rin hund) h/llelt ihm mil muncheni »prung,
als wären sie bekannt. 2, 103.
3) auch hofgemisz, nach hofart sich betragen :
»ei »Ift» auch eifernd, ungefAMcbt,
du «oliti von T<Mii und Mann !
nicht Kchluii Reholelt, noch gowalscht
mil li'ickiitclier tofntia! Voss 5,46,
HOKKLN, HÖFELN, rerb. ßr hobeln, vgl. sp. 15k;i.
HOFEMANN, m. aulicut, für hofmann: Selnecrer erzilhll
von einem hofemann , der in groszein ansehen bei «einem
herrn gewesen. ScmvEM teelensch. i, 144.
HOFEMAUL, m. mauUsel eines hofet. t. die stelle unter hofc-
gauL
HOFEMEISTER, m. für hofraeister: einem fürstlichen
kinde werden nicht allein diencr und aufwärter, sondern zu-
vörderst ein hofemcisler zugegeben. Scriver seetensch. 1, 39.
HOFEMEISTERN, verb. /Jir hofmeistern: andere aber, wel-
che nicht verstehen was hie gesagt wird, haben nicht ur-
sach, nach fleischlichem sinn und witz, solche dinge zu hofe-
meistern. Scriver seeleusch. 1, 409.
HOFE.MODE, /". mode wie sie bei hofe herschl: hofemoten
LoGAU 2, 222, 71, überschr.
HOFEMCHE, f mülic die man am hofe hat. Ldtbeb 6, 162*.
s. die stelle unter hofeehre.
HÖFEN, verb., mhd. Iiovcn,
1) intrans. hof halten : herzog Ott hofet zu Landshnt. Ludwig
hofl'et zu Schwebischen Werd. Schm. 1, 1060. 1061 Fromm.
2) transitiv in einen hof aufnehmen , unterkunß geweliren.
sieh eine anzahl belege unter hausen H, sp. 660. hier auch die
umgelatitete form höfen, höven. Luther 1,461*. 2,430*.
HÖFENF.R, m. l) in Westfalen, ein ho/höritjer unterthan.
2) frei Moser hofbesitzer : das meer war über hundert jähre
stille, dadurch wurden die höfener sicher und verlernlen
die teicharbeit, phant. 1, 329 (kurze geschichtc der bauerhöfe).
vgl. aber hüfener.
HOFErFARRER, m.:
Dokius war hol'epfarrcr, wünschte zu dem neuen jähre
kaiser, königen und fürsten, wem auch sonst zu wüntschen wäre,
disz und das. Logau 3, 95, 98.
HOFEQUELL, m.:
wem bei hofe gnade fehlt,
seh, dasz er zum freunde zehll
den, der das daselbst geneust
was ausz hofe-quällen fleust.
Logau 2, 160, 4.
HOFEB, m. erhebunq des rückens, auswvchs, buchet; die alte,
jetzt durch höckcr verdrängle form des Wortes, die in ober-
deutschen quellen bis ins 16. jahrh. dauert; vergl. unter höcker
sp. 1651: hofer, gibbus Ai.b. Ttl'; gibbus ein hofer oder huft.
fiERSDORF fcldb. d. wiindarzn. 97; hoffer Philand. 2,143; in
mitten ein hofer habende , als eins keininelsthiers ruck.
Frank weltb. 168* , harr, ha.^t das glück, es wechset dir noch
wol ein kröpf oder hofer. sprichw. (1541) 1, 50'; Venus und
Cuptdo werden blind gemalet, daiumb dasz sie die ihrn
blenden, alle Vernunft hinncmen, dasz der narr der narrin
nachlauft, als sei sonst niemand auf erden . . schlicht (schielt)
sie, sie liebäugelt ihm. hat sie cinn hofer, es steht ir das
bögbälslin wol an. Agr. spr. (1560) 6l';
wer häslich i?syn Lucrecia,
sie wer geschmähet nicht also,
hett Djna kröpf und hofer ghan,
Sychem hett sie gelossin gan.
Urajit narrensch. 26, 51.
HOFERBE, m. der einen bauernhof erbt: Alban penosz
harmlos die ehre des hoferben. Auerbach dorfgesch. 4. 138.
HOFERECHT, n. für bofrecht (s.d.), in mehrfachem sinne,
recht und brauch bei hofe: und ich weis nicht viel hoferecht,
aber gleichwol hab icbs erfaren , wie herzog Friderich den
lügenern so wunderlich feind war. Luther 6,16-1; für sein
hoferecht etwas sagen, mit so viel recht der meinungsäuszerung,
als man sich in gesellschaß nimmt, also namentlich mit betonung
der höflichen foi-m bei einer behauf^ung, die uwh eine Widerlegung
zuldszt: für mein hoferecht sage ich, das auch meines dünken
Lucas und Paulus stark auf diese meinung huiten. 3, 4!ts*;
ich sage für mein Imferecht, des Müntzers aufrhürische liücher
hab ich gelesen, aber mich dünkt, dieses meuchlers buch sei
weit drüber. 5,308*, hoferecht, ein s/iinrfcAen, serendJe; diesen
al)end habe ich unvermerkt der Jungfrau mit trommeten und
kesseldroinmel ein huferecht machen lassen, neben andern
instrumenten. Schweinichen 3,276; iiabe abends durch die
Stadtpfeifer der Jungfrau ein hoferecht machen lassen, das.,
(Hana) qiuicket auch ihr hoferecht.
froachmnit, \ liij*.
HOFERECiEL, f. reget für das tvrhallen bei hofe: die hitfe-
regul, die ein fürneinner teulsrher reirhsfürst einem von
adel in »ein .statinnburh geRciiriehen. WKSENtr.ii spiekieben 76.
HOFERFAHRUNi; , f. crfahrung die man am hofe erwirbt.
TmOnmel 2, 3(M).
HOFEREI, f. renlrhllich für das hofmaclien (vrrgl. hof 8 sp:
1658) •
hinweg der grosien stndt genOhl.
ihr stnrreii niiihl, Ihr !<lumni<'« opicl,
ball, mntkonid nrid gntikclcl,
tind pntiik und !<i'i,it iiixl linferel! Vom B, 190.
1665
HOFERICHT — IIOFET
HOFETREUE — HOFFART
1666
HOFERICHT, HOFERIG, adj. einen hOcker habend: gibbosus
hofericht, lioferich Dief. 262'; bei inen (in priester Johannes
hnd) sind grosze hoferechte ochsen, löwen, elephanten. Frank
wellb. 1%' ; wundcrbarliche menscben, boferig, einäugig. 23"';
coxa ist ein grosz markecht bein an beiden enden, die
oberest rondigkeit ist genant das gewerb . . und ist ein
wenig hofferecht gegen dem uszcren teiJ. Gersdorf feldb. d.
u;undar:n. (152S) 15.
HOFERMEL, m. ermel eines liofUeides: es will im nicht
schmacken ausz den schwarzen schmutzigen hofbechern zu
trinken, welche die bofleut biszweilen für piszkacheln brau-
chen . . . item die schmutzigen bofermel und kleberig brüst
an statt der tischtüchlein. Gary. 4b'.
HOFESAAT, f. Saatfeld, (lur eines bauernhofes; in Nkder-
deutschland gebräuchlicher ausdrucJi: so haben nur unter be-
sonders begünstigenden Verhältnissen grosze hofesaaten bei
den gutem gebildet werden können. Stute verf. der land-
gi'tn. S3.
HOFESARBEIT, f. arbeit, dienst an einem ßrstlichen hofe:
herr N. N. der sein leben
als secretarius zu diensten hat ergeben
dem fürsten zu Stettin in dessen kauzelei,
doch macht er sich hernach von boresarbeit frei.
Rist Parn. 632.
HOFESCHLCSSEL, m. ah überschr. zu folgendem:
Schlüssel die bei hofe schliszeu, schliszen auf und nimmer zu,
dann das geben und das nemen hat bei hoTe keiue mit.
LoGAU 2, 154, 77.
HOFESEL, m. esel eines Hofes. Luther 6, 162'. s. die stelle
unter bofegaul.
HOFESERBE, m. erbe eines bäuerlichen hofes: hiervon (von
bau und besserung) weisz man bei der erbesbesetzung mit
leibeigenen nichts ; alles was dieselben in den hof verwenden,
kömmt dem hofe, oder dem hofeserben , oder wenn dieser
fehlt, dem gutsherrn ohne alle erstattung zu gute. Moser
phant. 4,326.
HOFESGENOSSEN, m. plur. genossen die unter einem edel-
hofe stehen, leibeigene desselben : ihr männer vom hofe , fieng
hierauf der beredete redemeier seine rode gegen die ver-
sammelten hofesgenossen an. Moser patr. phant. 2, 355.
HOFESGRUNDSTÜCK , n. das zu einem bauern- oder edel-
hofe gehört: ein theil der hoEesgrundstücke, z. b. die wiesen
oder das ackerland. Stüve wesen und rerf 252.
HOFESKRIEGER, m. krieger eines ßrstenhofes:
und wie hat er (der Cid) dir gedienet?
hätt er es getban, wie jene
hofeskrieger, die dir schmeicheln . .
jetzt noch war er dir gar theuer.
Herdek o, 159 (Cid 44).
HOFESLEUTE, plur. leute, unterthanen eines edelhofes. volksbl.
f. Stadt u. land 1867 s. 1126.
HOFESMANN , m. mann , unterthan eines edelhofes. Moser
patr. phant. 4, 109.
HOFESSE.N , n. essen , malzeit , wie es an einem ßrstlichen
hofe gereicht wird: diener bringt der kungin das hoffessen.
trag. Joh. Qiij; das hoflcbcn, hofessen hat ihm völlig den
garaus gemacht. Güthe an frau v. Stein 3, 71. sprichwörtlich
ein hofässen schicken, de mensa mittere. Maaler 229', gleich-
sam wie der hof dem diener, der nicht selbst haushaltung ßhrt,
aus der hoßüche geben läszt.
HOFESTOLZ , m. : hofestolz und hoffart hciszt auf grie-
chisch tyrannis. Luther 6, 160'.
HOFP^SUPPE, f. suppe wie sie bei hofe gereicht wird: wenn
der reicheste und mechtigslc keiser einen armen bcttler
hiesze bitten, was er nur begeren möchte, und bereit were
gros keiserlich geschenk zu geben, und der narr nicht mehr
denn eine hofesuppen bettelte. Luther 4, 417*.
HOFESVERBANl), m. verband mehrerer bauern- oder edel-
höfe unter einander: wenn dem hofesverbande wieder ein be-
stimmte» princip untergelegt wird, und das kann kein anderes
sein, als dasjenige der landwirthschaftlichcn zweckniäszigkeil.
StCve wes. u. verf. 221.
HOFET, m. das gescilschaften geben, besuch von gesellschaften
(hof flo. 5 sp. 1656), eine bildung wie heuet sp. 12S6 und
zahlreiche andere, vornehmlich ahd. substantiva, die gramm.
2,252 ff. und 99S aiifjezählt sind (lergl. auch Weinholü alem.
gramm. § 247 s. 20«» f.), läszt sich aus dem mehrfach erschei-
nenden diminutivum folgern : hoffutcl , convivium , opiparium,
contubemium. voc. ine. Iheut. kn*;
IV. II.
sunst machen wir parätl,
alLj wa man Irowen leibt {ladet),
hies ctwan ain hofetl,
mm heist es ain panket.
fl. bl. vom füririts der well, 16. Jahrh.
dazu das verbum hofeteln, gesellschaften geben oder besuchen;
die hofetlerin, frau die gern in solchen gesellschaften ist: gute
hofetlerin, böse ehefraw. Schm. 1, 1061 Fromm.
HOFETREUE, f. treue wie sie an einem ßrstlichen hofe ge-
übt wird. LoGAü 2, 222, 6S überschr.
HÖFEVERFASSUNG, f Verfassung der bauernhöfe, Ordnung
ihrer einthcilung. Stlve wes. u. verf. 12.
HOFEWEISE, f weise, brauch bei hofe: denn man auch
zu hofe solche weise hat zu reden, das ein fürst oder herr,
gnedig sei, diesem oder dem, grosze gnade erzeige, etc. und
recht fast so viel ist, als strafe, wie die hofeweise auch ist,
ich wil das recht gehen lassen, item, wiltu gnade oder recht?
LCTUER 6, 13S'.
HOFFAHNE, /". fakne unter der ein ßrsl seinen nächsten
hoßalt versammelt: häupt- oder hofffahn ist die fahne, do-
runter desz fürsten hoff- und landtjunkern oder ritterschaft,
von ihm lehn tragend , gehören, ist allezeit gröszer und
schöner, dann der andern fahnen eine, auch dorinn desz
fürsten oder feldherrn wapen und anders mit goldt und
Silber aufs scheinlichst gemahlet und zugericht. Kirchdof
mil. diso. 85; was under der häupt- oder hofffahnen reitet.
126. bei FiscHART nach dem alten geschleclit von fahne nocA
masc. : hui anneu, bui annen , lerma, lerma, ir hofleut, sagt
der teufel, ritt er auf der sau, hie zum hoffannen I Garg. 96'.
HOFFARBE, f. färbe eines fürsten, die er die personen seines
hoßalts tragen läszt. über diese färbe handelt Wacrernagels
aufsatz über die färben- und blumensprache des mittelalters, kl.
Schriften 1, 144; Schriftsteller des 16. und 17. jahrh. brauchen
das wort gern in freierem sinne, so S. Fra.nk, mit bezug
darauf, dasz die hoffarbe auch als abzeichen am ermel getragen
ward: wir sind all kinder des zorns, von natur, und füren
dise hüflarb . . all im ermel , also das alle weit an einer
Stangen wol wasser tregt. guldin arch (153S) 102*; bei andern:
dieser {arzt) nennet die krankheiten desz tods furirer, und
die grawe haar sein panner und liberei, oder hofiTarbe.
Zl.NSGREF apoplUh. 1, 274 ;
des adels hof-farb und gemärk
ist weiszheit und behärztes leben. Rospler 85;
die hoffarbe der Christen, von gott gegeben : 'und die weit has-
set sie', da stehet unser titel, und die rechte hoffarbe der
Christen, so wir tragen auf erden. Luther 6, 194* ; was goU
ordnet, dem hengt er genieinlich das creuz als sein zeichen
oder boffarb an. E. Albeküs ehbüchl. D 4';
von dieser christen-wey (weihf) bist du ein christ genennet,
trägst gottes hor-farb an, daraus mair dich erkennet.
RoxPLER 26;
es ist ein übles ding, dasz wir uns Christen näunen,
und tragen doch die färb, daran man uns soll kännen,
die hof-l'drb (Christus kreuz) so ungern allzeit an,
ilasz auch der börzog selbs uns kaum bereden kan.
mit willigem geraüth in solcher zu erscheinen. 150;
ist nun das adle kreuz die hof-farb, die gott liebet. 151.
hoffarbe, als zeichen der zugehörigkeü und unterthänigkeit, steht
auch für den letzteren begriff: sie {die liebkosenden hoffreunde)
loben und bestätigen alle das jenige, so sie billich solti-n
helfen vriderrathen und abstellen ; bestärken sie (ihre Herren)
mit einer scheinbaren hoff-farbe. Butschky Patmos s. 6. —
hoffarbröckleiu, röcklcin in der färbe des Herrn, lirree. Gary. 57'.
HOFFAKT, HOFFAHRT, f spdlere assimilierte und im viJial
der ersten silbe gekürzte form ßr das ältere hochfahrt sp. 1613;
im 14. und 15. Jahrhundert zwar schon auftauchend , aber doch
erst seit dem 16. zur Herrschaft gekommen, superbia hoffart
Dief. 566' neben dem niederd. superbire hovart driven ; noch
Maaler 226* verzeichnet iioffurt als ungewölmlichere form neben
hochfart, während sie umgekehrt bei Luther die gewölmliche
ist. eigen erscheint der Umschlag ins männliche genus (der liof-
fai l wie der pracht , der stolz) bei nord- und mitteldeutschen
Schriftstellern des M. jahrh. : die künige, so ihr haupt aus
eitelem hoffart cmpohr beben, pers. baumg. 4, 13 ;
CS war bei ihme nicht der hofTari eingerissen.
M. Kehpe iiuesis Iriumphnm;
der sie so voll liofTarts machet. FtiiatNC 468;
sie ist dem hoffart ungewogen,
sie ist der wollust spinnenfeind.
Nevmark tuitwäldch. 85;
105
1667
HOFFART — HOFFÄRTIG
HÜFFÄRTIGEN— HOFFEN
1668
der indes gegen das gewöhnliche uxibüche selten ist: ir lere ist
eitel Sünde, und verharren in irer hoffart. ps. 59,13; und
wil des Luhmuts der stolzen ein ende machen, und die hof-
fart der gewaltigen demütigen. Jes. 13,11; hoffart las weder
in deinem herzen noch in deinen worten herrschen. Tobias
4, 14 ; zog flugs gen Antiochia mit einem solchen stolz und
hoffart, das er gedacht, er wolt nu die erden machen, das
man darauf schiffte, wie auf dem meer. 2 Macc. 5, 21 ; was
ich geschrieben habe, das ist nicht insolenz oder hoffart,
sondern es ist die Wahrheit. Sculppiüs 7S8; es war ein solche
hoffart bei dem kerle, als wann er ein herr über ganz Per-
sien und Macedonien wäre. 812;
(männi-r und tcribfi) schmücken und sclimirn sich unter äugen,
gehn rausher und lan sicli dann schawen,
so treten sie stolz und hoch herein,
fallen mitten in das netz hinein
der boflart. Römolt chrisll. xpiel C6';
mir ist ja noch sc wol
als dem der wanst zerschwüllt, dicweil er hoffart voll.
LocAU 1, 168, 19,;
den Christus in der haiid {das ciucifix),
die hoffart und die weltlust in dem herzen.
Schiller M. Stuart 1, 1 ;
sprichwörtlich: hofart und geck kennet sich nicht. Schottel
1120*; waH hofart eine kunst were , so were dieser längst
doctor. 112l'; armer leute hoffart wehrt nicht lang. 112G';
hofart, zorn, grimm, argwöhn, richten nichts gutes an. 1142';
hoffahrt musz iiolh leiden, und der spasz denn auch. Göthb
25,353; holfahrt will noth leiden. Freytag handschr. 2,336;
als demuth weint und hoffart laclit,
da ward der Schweitzer hund gemacht.
PisTomus ihes. par. 10, 72 ■
noch mit anklang an die mhd. bedeutung von huchvart als hoch-
herziges wesen, tgpferkeit {vgl. sp. 1614): als er (ein obrister)
gefragt wurd, wann hoffart ein ehr sei? antwortet er: wann
die fahnen im fcld fliegen. Zinkgref apophth. l, 200.
Üie bedeutung äuszere pracht, aufwand, an die eine bibelstelle
anriihrt: aus iren edlen kleinoten, damit sie hoffart trieben.
lies. ", 20, und die anderwärts deutlich hervorlrUi : pompa, hof-
fart DiEF. 446' ; der bischof war der eeren fro, . . und fröwt
in die hoffart. Tschüdi l, 9, wie sie noch heute in Basel ge-
bräuchlich ist, verläuft zur bedeutung schmuck, putz: ich hab
einen mann nach meinem wünsch, er kauft mir alle hoffart.
Abele künsll. unordn. 1, 94.
HOFFARTIEREN, verb. hoffart, aufwand treiben : verschwen-
den, vernaschen, verhoffartieren. Roth hausmnlter-ABC C4'.
HOFFÄRTIG, adj. und adv. stolzes und anmaszendes wesen
habend, für früheres hochfährlig sp. 1614: arrogans hoffertig
DiEF. 50'; superbire hoffertick syn, nd. hoverdich wesen 566';
su/ierbus hoffertig das.; der hoffährtige ist ein stolzer, der
zugleich eitel ist. Kant 7, 431 ; es ist nicht nöthig, dasz ein
hüffiirlhiger zugleich hochmüthig sei, d. i. sich eine über-
trieben falsche Vorstellung von seinen Vorzügen mache, son-
dern er kann vielleicht sich nicht höher schätzen , als er
werth ist, er hat aber nur einen falschen geschmack, diesen
werlh äuszerlich geltend zu machen, das.; gotles verechler,
freveler, hoffertig, rhumredig. Rom. 1,30; so bald Siivius
widerumb im sattel sasze, wurde er auf einmal so hoffärtig.
ScBUPPius 247 ; nach hoffärtiger herrn manicr. das. ; als Jacob
Hochstraes wider Reuchlin geschrieben hatte, da wurde er
endlich hoffärtig , und wolle nicht mehr Jacob Hochstraes,
sondern Jacohus de alta platea heiszen. 604 ; hoßartige mincn.
Happel acad. rom. t. 7 ; mit hoffartigen weilgedankcn. Cur.
Weise kl. leute 162; gott widersteht den hoffartigen. Sihrock
jpricAw. 2.')6 {nach l. I'elr. h,hj ; kein hoffärtiger thier, denn so
eine magd frau wird. das. von thieren: {der hahn) schlaget
seine flügel hoffärtig von einander, krähet und froloket über
sdneu erhaltenen sieg. Lokmans fab. 36; und selbst von dingen,
wenn eine gewisu personification hinzutritt: wie hoffärtig sauset
da« wilde mer! BuiscukY Palm. 511. hoffärtig kann in der
(lltern spräche auch nur auf das äuszere außreten, pracht, schmuck
zielen: pomjKaut ineetsut ein hoffartig gezoh, var. hoffcrtigs
g/ttuüch^ binden nach gangen mit knechten o. megden. Dief.
44«'; und haben also nicht allein solch groszc wunder gottes,
ftondern auch dazu solchen heiligen iiainen und herrliche
ehre, denn ev iHt ein überaus hoffertige und prechlige ehre,
wenn sich ein mensch thar gotles rhUmen. Luther 5,216';
Alexander hat mit verheiraten zwei teil der ganzen well, nein-
lich Asiam und Europam zusameu bracht, welrhs er doch
mit der aller boOertigislen brücken nit zuwegea bringen kund.
E. Alberds ehbüchl. D2'; ein hoffärtiger vogel {der papagei).
pers. rosenth. 5, 13.
HOFFÄRTIGEN, veib. hoffart treiben: suj)erbire hoflertigen.
Dief. 566'.
HOFFÄRTIGLICH, adv. : arroganter hofferticliche >if6en hof-
fertlich Dief. 50'.
HOFFARTLOS, adj.: ihre hoffarllose wellentfernung. Dya
fia Sore 2,81.
HOFFARTS-, HOFFARTTEUFEL, «i. die hoffart unter dem
bilde eines den menschen dazu antreibenden tcufcis : wider den
hüffahrtsleufel ist der tilel einer 1563 erschienenen schriß von
Joachim Westphal; dem hoffart- und geiztcufel wehren.
BuTscHKY Palm. 173.
HOFFE, f hoffnung, eine in den nördlichen deutschen dia-
lecten zufrühest vorkommende bildung, allniederfränk. und ags.
tö-hopa, niederl. engl, hopc, die auch ins miltvlävulsche (Lex er
mhd. handw. 1, 1322) und vereinzelt bis ins hwlidcutsche hinüber
geht :
0 we, hoffe und gedingcn ! Lader 466.
HOFFEIERLICHKEIT, f feierlichkeit bei hofe. bldller für litt.
Unterhaltung 1810 s. 246.
HOFFEL, HÖFFEL, m. nebenform für hobel. vgl. die sp. 1587
aufgezählten formen: denn ob mein lieber riiilippus inen wol
nieisleriich hat geantwortet , hat er sie doch zu scnft ange-
rürt, und mit dem leichten hüffel überlaufen. Luther 1, 548".
auch als bezeichnung eines menschen, nach der sp. 1589 gegebenen
redensart grob hobeln:
nu hört, ir zwen groben ginloffel,
wie seit ir doch die groben hoffei,
das einer des andern also remt
und euch vor den leulen nit schemt?
fastn. sp. 222, 18;
sonder allein der unnütz pöTcl
der grobe und lose höffel. H. Sachs 4, 2, 40'.
HÖFFEL, m. für hebel, hefel Sauerteig {sp. 720): nimb
hftffel oder sawert<'ig. Seuter rossarzn. 357.
HOFFEL, m. nebenform für hofer, hofel, buckel {sp. 1603);
hier von den rückschalen der hcbse : nim dann dy hotTel oder
dy ruckschalen und füll sy wol und stürz einen andern
hoffei darüber, küchenmeisterei Ä iiij.
HOFFELEBEN , n. leben auf hoffnung; im Wortspiele mit
hofeleben (s. sp. 1662) bei Logau 1,2^.
HÖFFELN, verb. für hobeln, s. .</>. 1589.
HOFFEN, verb. sperare. das verbum, den alten (Verdeutschen
dialecten unbekannt, ist zu frühest in dem ags. (/es 0. — 10. jalnh.
als hopian nachzuweisen, dasz es gleichzeitig auch in den cnn-
tinentalen niederdeutschen dialecten vorhanden sei, läszt sich nach
dem mehrmals in den allniederfränkischen psalmen vorkommenden
nahe verwanten Substantive tö-hopa hoffnung vermuten, später
zeigt sich ein miltelniederl. hopen, mnd. hopen, hoppen (77ico-
philus 1, 530 lloffm., Hölsciier nd. geistliche lieder s. 77), engl.
hope hdußg, und dringt in die amjrenzenden Sprachgebiete vor,
sowol nach norden ins schwed. als hoppas, ddn. haabe (im alt-
nordischen fehlt es), als auch nach süden in das oberdeutsche,
durch das mitteldeutsche hindurch, in welchem letzteren gebiete es
seit dem 13. jahrh. viel häufiger als im oberdeutschen erscheint,
wo sich das einheimische gedingcn lange Mit; doch kann auch
hier schon für das ende des 13. jh. das durchdringen von hoffen
angenommen werden, da es Konrau von WCrzburg braucht;
andere haben hoffen und gedingcn taulologisch verbunden:
ich hoffe und gedingo
dni mir n\i gelinge,
nu ich iuch liero bringe.
//iiu;)f>- teilfchr. 11, -491, 71.
Zur ermittclung der sinnlichen grundbedeutvng ron hoffen dnrf
das ags. hoppan, niederd. hoppen, ahd. hupfan, mhd. hupfen
und hüpfen neben buliben und huppen wol ah nächst verwant
herangezogen werden. Übertragung von bezrichnungen des auf-
springens auf gemfüserregumj findet auch sonst statt {vergi ent-
setzen </(. 3, 621, erschrecken 970), und ein bairi.ichcs .iiiflioffcn,
verboffen über ein ding, davon überrascht, darüber stutzig wer-
den, auffahren (Schm. 1, 1063 Fromm), schwM.<!rh \erbiiffl, un-
vermutet, unerwartet, erschreckt (Schmid 2^3), ebenso in der
Jägersprache ein hirsch Irnfft , vcrhoBt sieht sich um , .stutzt
(Ai)Ei.u?(c), kann nicht anders als im engsten zusammenhange
mit liüpfen aufgefaszt werden , aus der bedeutung des in die
hiihe springens ergibt sich die des überrascht auffahrrns; anders
htit das niederdeutsche Sprachgebiet die alle sinnliche Ittdeutunq
giwendet, ihr iit das hochspringen das bild für das ungeduldige
1669
HOFFEN
HOFFEN
1670
spähen, erwjrUn, ausschauen gewesen, woraus der stnn sperare,
wie er uns in dem uorte seit alter zeit erscheint, sehr natürlich
sich abblaszt.
Bedeutung und gebrauch.
1) die allijemeine bedeutung etwas erwarten, warten erscheint
noch manchmal: venn man sichs am wenigsten hofft, ligt der
fisch in reusen. Lehmann 1,221; ich befürchte mich, wenn
er {der blinde ehemann meiner tochter) sein gesicht wieder be-
kähui, möchte er ob der heszlichkeit meiner tochter er-
schrecken , und sie zu verlassen bewogen werden , welches,
weil er blind ist, nicht leicht zu hoffen, pers. rosenth. 2,37;
wer andre leule schmebt
hat oftmals über hoffen,
wies in gemein den Spöttern geht,
sich selber recht getrolTen. Neuhabk lustw. 46.
auch warten, lauern :
dachten, den fuchs feindlich zu strigeln,
mit zweien dicken, groszen prügeln,
und fleiszig nach dem fuchs zu hoffen.
B. Waidis Esop 4,99,441;
auf jemand warten :
komm, schürze, spring und schwinge dich!
die hochzeitgäste Jioffen ;
die kammer steht uns offen. Bcrger 14\
2) gewohnlich ist die bedeutung auf etwas künftiges ange-
nehmes warten, dasselbe erwarten, in verschiedener construäion.
a) häufig in der altern spräche mit gen. der erwarteten sache:
mild, ich hoffe des, da; min reht iht si so guot,
da; si mir schiere ein tu liebe; ende git
der grölen swxre, so si des nu duoket zit.
minnes. 1,321* Hagen.
nhd. Daniel cap. 9 hat inen angezeigt ir ende, das sie (die
. Juden) keiner Tcrsamlung mehr hoffen dürfen. Luther 5,4";
da ist nicht viel rufens zu gott gewesen, sondern eitel ver-
zweiveln am leben, und ist nicht wunder, wer solt des
lebens in solchem fall hoffen, so er im tiefen meer . . ver-
schlungen und versunken war? 3,213*; das wir eines andern
lebens hoffen. 6, 209' ; der tag ist nahe, des wir hoffen, und
den sie fürchten müssen. S, 7*; die so irden herrn fürchtet,
hoffet des besten von im. Sgr. 2, 8 ; denn sie haben Jacob
getröstet , und erlösunge verheiszen , der sie gewis hoffen
sollen. 49,12; die hoffnung aber, die man sihet, ist nicht
hoffnung, denn wie kan man des hoffen, das man sihet?
Rom. 8,24; wir aber warten im geist . . der gerechtigkeit
der man hoffen mus. Gal. 5, 5 ; so werde ich des ärgsten
warten, und des bessern hoffen. Bctschkt Patm. 3S5;
hoffet deiner gute. Msusscs ps. R 4' ;
und nodi bei Arndt:
denn olympisch wird der tag ersteben,
dessen wir hoffen. ged. (1840) 161.
b) statt dessen mit der präposition in und dem acc: in dich
habe ich gehoffet mein gott. Luther l, 26' {ps. 38, 17, später
verändert in ich harre herr auf dich) ; es ist nütz umb die
uszerlichen ding, si vermögend nütz zur säligkeit : hoffe nie-
man darin. Zwiynn ton dem tauf al'; es ist etwann gewest,
dasz die fürsten in das regiment nnd das volk in die fürsten
hat hoffen mögen. Petr. lOl' ;
und würt doch (derjenige) funden ungesehen!,
der hofft in gott bisz an das endt. Schwarzekbeic 140*;
(Dorirf) allain inn gott den herren hofft. 153';
wer in den menschen hofft zu weit,
würt in der scbrifl vermaledeit. 158'.
anders bei Göthe ein temporales in: warum hofft der mensch
nur in die nähe, da musz er bandeln und sich helfen, in
die ferne soll er hoffen nnd gott vertranen. 23, 194.
c) gewöhnlicher mU der präp. auf und dem acc, und hier
wird, wenn auf personen bezüglich , wie bei der vorigen ßgung,
ein festes zuwarten auf eine künftige fördernde handlung oder
ein sdches verhalten ausgedrückt : mein gott ich hoffe auf dich,
las mich nicht zu schänden werden, ps. 25, 2; wenn wir allein
in diesem leben auf Christum hoffen. Luther 6,209'; wenn
ich gleich derjenige selbst nicht bin, auf welchen unser volk
hoffet. BCbcer I3d'; der auf seinen herrn hoffet und harret.
Petr. lOl';
und alle weh furcht ihren herrn,
und hoff auf ihn, und dien im gern. Gkllert 2,146;
soll ich, o gott! noch länger leben:
so wirst du, was mir gut ist, geben ;
du giebsts, ich hoff auf dich. s. 151 ;
hofft auf den herrn!
er hilft uns gern ;
seid fröhlich, ihr gerechten! s. 208;
auch in bezug auf dinge drückt hoffen vertrauen auf dwas künf-
tiges vorwärts helfendes aus: ich hoffe aber dar auf das du
so gnedig bist. ps. 13, 6 ; das sie nicht gleubten an gott, und
hoffeten nicht auf seine hülfe. 78,22; die dich fürchten,
sehen mich und firewen sich, denn ich hoffe auf deine wort.
119,74; weh denen, die hin ab ziehen in Eg)T)ten umb
hülfe, und verlassen sich auf rosse, und hoffen anf wagen.
Jes. 31, 1 ; itzt auch auf den künftigen sieg und hülfe , die
ihnen der herr schicken würde, hoffen. 2 Maec. 15, 8 ;
merk ob du weiszlich hoffen bist
auf glück das ni gerathen ist. ScHWARzs^BBRe 120',
zu hoffen bist, woßr jetzt höchstens hoffend bist verständlich
wäre, iä auf eine bemerkung bei haben sp. 65 zu verweisen;
so hoff ich denn mit festem muth
auf gottes gnad und Christi blut. Gellkrt 2, 191 ;
ich hoff auf seine (gottes) gnade, sir, und hoffe
auf strenges recht ron meinen irdschen richtern.
Schiller }I. Stuart l, 2.
In andern Wendungen tritt auch der begriff der Zuversicht und
des Vertrauens zurück und nur das warten auf etwas künftiges
und erwünschtes auf: ich hoffe auf baldige antwort ; wir hoffen
auf sein kommen; sie hoffe anfs liecht. Hiob 3.9; muste
dero wegen verbleiben und auf eine ungewisse erlösung
hoffen. Simpl. I,394 Kuri;
die gunst, worauf umsonst die stolze Schönheit hofft.
Wibla:«o 10, 139 ;
hoff ich bei dir auf gegenliebe,
fühlloser tauber marmorstein? Rahlbr 2, 19.
dichterisch auch von etwas unbelebtem gesagt:
nur die Stoffe seh ich gethürmt, aus welchen das leben
keimet, der rohe basalt hofft auf die bildende band.
Schiller Spaziergang r. 17S.
d) hoffen zu einem, ist selten und nur in Verbindung mit
weiteren constructionen gebräuchlich : wir hoffen aber zu golt,
das der herr . . werde sich unser bald erbarmen. 2 Macc. 2,11 ;
ich hoffe nichts von ihm. ich hoffe zu gott:
er werd ihn retten. Klopstock 9, 14 ;
er wird dir,
hoff es freudi? zu xhm, du seine mutter, erscheinen !
5, 300:
ich hofft es zu dir! 6,293.
e) statt der Verbindung von hoffen mit dem genitiv {oben a)
tritt die mit dem accusativ zunächst bei allgemeinen begriffs-
bezeichnungen auf: der böse hat nichts zu hoffen, spr. Sal.
24, 20 ; sterben sie aber baide, so haben sie doch nichts zu
hoffen, weish. 3, 18 ; es ist aber der glaube eine gewisse Zu-
versicht des, das man hoffet. Hebr. ii, i ; etwas hoffen, ha-
bere aliquid in spe. Maaler -229";
sie (die liebe) hofft und glaubt und duldet alles.
Gbllert 2, 144 (nach 1. Cor. 13, 7) ;
hoffe das beste! s. 158;
laszt mich wissen,
was ich zu fürchten, was zu hoffen habe.
Schiller Stuart 1, 2 ;
bei gott, du wirst, ich hoffs, noch viele jähre
auf ihrem grabe wandeln. 2, 3;
freund, hoffe nichts und fürchte nichts auf erden
mit leidenschafl. Secxe ged. 27;
dann aber auch bei speciellen begriffen , allerdings mehr in poe-
tischer spräche: so du hoffest die Zukunft deines fürsten.
Petr. 101";
fehnricb Stolzer der küne mann,
setzt mit den doppelsoldem nach
und hoffet gar gewonnen sach. froschmeus. Yj 4 ;
die für dmng, zwan?, pein und schmacb
endlich mehr kaum kunien giben,
hoffen luft und mehr gemach. Logau 2, 245;
hier stund ein glückstopf offen,
und reizte manche Taust, den reichsten grif zu hoffen.
GÖTreiR 508;
ich hoff ein ewig leben. Gellert 2, 191 ;
der Jüngling hofft des greise» ziel. 221 ;
die gnaden alle der himmel,
ja die ganze flille der wonne, die selige fülle
aller deiner erbarmungen hoff ich nun!
Klopstoce 5, 253 ;
ersetzt kann mein geraahl mir werden;
kinder zu hoffen erlaubt mein alter. Railer 1, 116;
1671
HOFFEN
HOFFEN — HÖFFLICHKEIT
1672
von dem die künjein
in ihrem unglürk rettiing holfl.
Schiller Stuart 2, 8;
und selbst mä dem acr. der person:
such (wes/trinrf) sie, und sag ihr das in ihre leisen ohren :
dort ist er, der dich wünscht, du göttliche gestalt:
dort Ist er, der dich hodt. Flkmimg (ii6.
tn rrveiterter consiruction : auch dich hofft er halbwegs zu
eiuein kühnen komplott. Schiller Fiesko 1,3;
sie (die sonne) bofTt ich nach der trübe doppelt schön.
ÜÖTHK 1, 4 ;
im passiv: eine zu hoffende besserung; als ob ich . . der
bannherzigkeil goltcs vor meine hoffende erlösung bisz in
mein ende danken wolle. Simpl. 1,394 Kurz; die gehoffle
antwort lief ein ; die lange gehofflen gaste sind angekommen.
Auch : etwas von einem hoffen ; ich hoffe das beste von
seinem einOusse ;
ich seh, als im gesiclit, was andre von dir hoffen.
I'.ANITZ 61.
/) hoffen «11/ zu und einem inßnUiv : wenn ir leihet , von
denen ir hoffet zu nemen. Luc. fi, 34 ; der würde ihres ge-
schlechls (dessen Verehrer er allezeit zu bleiben hofft) zu
nahe zu treten. Wieland 12,53;
ich hoff sie zu erwerben frei.
H. Sachs 3 (1588), 2, CS»;
wie hofft ich ihr den ersten grusz zu bringen !
GÖTUE 1, 4;
hofTt (spricht sie) nicht durcli läugiien zu entgniin.
WlELAND 10, 143;
und hoffe noch, das äuszerstc zu hindern.
Schiller il. Stuart 2, 8.
<;) es folgt ein abhängiger salz mit dasz eingeleitet : ich hoffe
schon, das der ewige euch helfen wird. Bar. 4,22; wiewol
ich hoffe, das es sol besser mit mir werden. 2 Macc. 9,22;
wie ich endlich warte und hoffe , das ich in keinerlei stück
zu schänden werde. Phil. 1, 20 ; wir hoffen , dasz seine ge-
sundheit sich bessere ;
sie holTi, dasz deine nihmbpficrge Jugend
williährger sein wird als mein starres aller.
Schiller AI. Stuart 2, 7.
h) auch ohne dasz wird ein abhängiger salz angefügt: wir
hoffeien es soll friede werden. 1er. 14, 10 ; ich hoffe, er werde
mirs wol widergeben. 2 Macc. ",11; ich hoffe ich wolle et-
liche zeit bei euch bleiben. 1 Cor. 16.7; ich hoff er werde
dir frisch und gsiind wider heimkommen, spera itlum tibi
salvum affulurum. Maaleii 229'; in allerthümelnder Schreibart:
hoffende , ew. liebden werden sich durch die nähere läge
bewegen lassen , eine excursion nach Eisenach zu machen.
Wieland bei Merck 2, 101 ;
ich holTe stark,
es sei ihm schon bestellt der sarg.
Opel u. Cobn 103,39;
ich hoffe,
der herzog wird in keinem stücke weichen.
Schiller HccoI. 1,1;
ich holT, es ist noch alles herzustellen. 2, 7.
t) hoffen endlich absolut gesetzt : das neme ich zu herzen,
darumb hoffe ich noch, klaget. 3, 21 ; wie wir hoffetcn. 2 Cor.
s, 5; so lang ich lebe, hoffe ich auch, dum spiro, spcro. Stie-
I.ER 846; wie gehoffet, so getroffen. Otmo 626; hoffen konnte
sie nicht, und wünschen durfte sie nicht. Güthe 17, 195;
hast aber leut funden, daran du dich henkst und schwankst
hin und her, wartest, harrest und hoffest. I'elr. 08';
Maria hofft!
kehr ich mit leerem trost zu ihr zunick?
Schiller ,M. Stuart 2, 8;
doch, holT ich recht? bin ich zu schnell vielleicht?
Wikla)«d 17, 237 (IdriK 4, 49).
alt einfügung in tAtzr : ich will dich, wie ich hoffe, bald
sehen, le , ut spero, propediem videbo. Steinbach 1,768; das
wird, hoffe ich, unterbleiben ;
HO ist deines fOrtten funst
mir nicht, holTe, gar umm*on*l.
i>. FLcai?<(; 414 (352, 42 l^ppenb.).
Im partirip : man tagt neuerdingt eine hdffenile frau, eine frau
die guter hnffnung itl. — Der infiniliv sieht Knbslanlirvirh : diircii
■tille sein und hoffen würdet ir !«tnrk «ein. Jet. :io, 15; hoffen
idl nicht haben, tpet non ett res. Stikikk s46 ; ich erblicke,
wa« ich im allgemeinen gedacht und gehofft, nunmehr im
Ciiueloeo und gar manche» über JeitLvn und hoffen. GOtiik
55,326; hoffen und harren macht manchen zum narren (vgl.
unter harren .ip. 496);
wofern mein hoffen
(mit ItiCall) mich dieszmalil nicht betriigt.
WiKLAND 17,238 {Idris 4,51);
0, zarte Sehnsucht, süszes hoffen.
Schiller glocke v. 74 ;
jetzt ist sie dn, die kalte schreckenshand,
r die in mein rröhlich hoffen schaudernd greift.
Wiitleiisl. tod 3, 2 ;
dem alten manne, den am grabesrand
kein irdisch hoffen mehr verführen kann.
M. Stuart 2, 3 :
herr, so umnachtetem gemüth
kein hoffen mehr auf erden blüht.
Lenau Famt 38;
gieng die liebe ohne hoffen
traurig durch den grünen wald. neue ged. 130.
3) aus dem hoffen, dasz etwas übles nicht eintreten werde,
ist in lässiger redeweise geworden nicht hoffen , dasz etwas
böses einlreten werde, eine weise die schon Frisch 1, 46l' als
einen misbrauch bezeichnet, die sich aber seit Jahrhunderten fest
eingebürgert hat : ich will nicht hoffen, dasz ein ehrlicher kärl
sein werde, der dir dieses werde übel auszdeuten. Schuppius
264 ; ob ich gleich nicht hoffe , dasz durch diesen umstand
dasjenige, was ich liefere, in ansehung der gute gelitten
haben soll. Heilmann vorrede zur fd)ers. des Thucydides (1760)
s. 1 ; dasz sich etwas schlimmeres (hinter der krankheU) ver-
steckt halten sollte , will ich nicht hoffen. Engel Lorenz
Stark cap. 16; ich will doch nicht hoffen, dasz ihr mit ein-
ander komplimentirt? Lessing 1,3.56; ich hoffe nicht, dasz
er darüber ungehalten werden wird. 12,34;
icli will nicht hoffen, dasz man ohne mich
vollziehen wird, was nur der mutter ziemt.
Schiller Jpliig. 3, 4 ;
ich hoff nicht dasz ihr geizig seid. Göthe 12, 141.
4) in Baiern heiszt hoffen auch sonst besorgen, fürclUen: ich
hoff dasz mir der Inn mein liSuslein auch noch mitnimmt,
Worte eines Imianwohners bei Schm. 1, 1063 Fromm, ob dieser
gebrauch an das zu eingang erwähnte gleichfalls bairische auf-
hoffen, verhoffen stutzen anlehnt, oder an die oben unter no. 3
aufgeführten fugungen des schriftlichen hoffen , soll hier nicht
entschieden werden.
HOFFENTLICH, adj. und adv. was zu hoffen ist; mhd. hof-
fenlich neben hoffllch (Lexer «'6. 1,1322), das später einge-
tretene t ist nicht zeichen eines participii prdsentis, sondern hat
(wie der gleiche laut in flehentlich, allenthalben u. ähnl.) keinen
etymologischen wert, die adjcct irische Verwendung, dit mhd. statt
hat, findet sich in der neuern spräche nur noch selten : in guten
stunden hoffeiitlicher friedensrulie. Götiie briefe an I'oi^t 275;
gewöhnlich ist es nur adverb: hoffentlich, «/ spero, ut spes est.
Frisch 1,461'; ich will dich hoffentlich bald sehen, le ut
spero, propediem videbo. Steinbach 1, 76S; hoffentlich werden
sie mich kennen. Schiller kab.u. liebe 1,2; wo doch hoffent-
lich deine ehre nichts einwenden wird? 1.7;
es wird ihr hoffentlich nicht schaden.
GÖTHK 12, 1S4.
HOFFER m. ein hoffender: ich habe sie (meine freunde)
durch meine hoffnung des guten erfolgs zum hoffen gebracht,
sie waren desto eher dazu zu bringen, je bekannter es ihnen
ist, dasz ich sonst eben kein gro.szer hoffer bin. Klupstock
12, 421 ;
du kennst mich, Chalkol. ich bin gar kein hoffer. 9, 14.
HOFFER, HOFFERICHT, bttrJcel, bHcklirht, s. hofer, hi.fe-
ricbt.
HOFFEST, n. fest an einem ffirsllichen hofe.
HOFFESTLICHKEIT, /". fesIlicMeU bei hofe. morgenblatt 1>>40
s. tU9.
HOFFESTSPIEL, n..-
die kathoUchen majestülen
spanKcher koiii^'iiiiu-ii schmückten
sich damit (mit pcrtrii) bei lioffestsnielen.
n. lliiNR 18, 1U2.
HOFFLICH, adj. uns su hoffen ist, mhd. hoffitch: so i«t
es hofflirh und wol zu vermuten. 1'aracelscs npp. 1,520 A.
hoffnung gewährend: kein Inisilirher bdlTlicher mitlel. Lutiikh
br. 2, 3;ir>. hiifllich in der spräche der bergleule , von hoff-
nun gerregender liescliaffenheil , erz, nutzbare mineralien verspre-
rhend : höfflichcs geliirKc, hnfflicher gang. Vkith bergwOrlerb.i'X
HOFKI.ICHKKIT, hoffnung tjebende l>e%chaffcnheit , einn ge-
bildet imIci ganges, beryntännitch. Vkitm bergwi/rterb. 274.
1G73
HOF*FNUNG
HOFFNUNG
1674
HOFFNUNG, f. spes; mhd. hoffenunge, tconeben eine be-
rechtigtere form hoffung, dem niederd. hopinge, hoppinge
(DiEF. 540' unter sperantia) entsprechend, nur vereinzelt erscheint
(Lexer mhd. icb. l, 1322). das wort drückt aus
1) nach hoffen 1 {sp. 1669) erwarlung, hinsieht auf etwas
künftiges: wenn nicht die hoffnung entweder zur guten be-
lohnuDg oder strafe einen im zäum hielte, pers. rosenth. 1, 32.
auch das streben nach etwas künftigem, zu erlangendem:
es lebt kein mensch so frei auf erden,
dasz er nicht auch (gewiser masz)
in hoffnung steck ohn underlasz
mit leibes- und gemüths-beschwehrden.
begürden plagen mann und weih ;
letz kommt die forcht, ietz kommt Terlangen.
ROXPLBR 41.
erwartung, rechtlicfier ansprach an ein schon vorhandenes ding:
dieselbige zankmeister haben meine Tormünder, einfältige
leut, einmal weisz nit mit was groszgeschwätziger hoffnung
eingefüllet, ein mayerhof gehöre mir zli, nit allein von erb-
schaftgerechligkeit, sondern vermüg des testaments, welches
mein vater . . gemachet habe. Schuppics 769;
darumb so gib dich heut zu ruh I
hast ein redliche hoCTnung du,
so bring sie an morgen bei tag!
J. Atrbr fastn. sp. 3' (2350, 21 Kelter).
2) gewöhnlich nach hoffen 2, sp. 1669, aussieht vnd erwar-
tung von etwas förderndem und angenehmem; mhd. noch ein
nur landschaftlicher ausdruck: äne die selben tugent kan nie-
man behalten werden , und heijet gedinge eteswä und etes-
wä heijet e; hoffenunge, eteswä heilet ei Zuversicht, e^ heijet
in latine spes. Br. Bebthold 546, 17. nhd. allgemein : nu aber
bleibt glaube, hoffnung, liebe, diese drei, aber die Hebe ist
die gröszest unter inen, l Cor. 13, 13; die hoffnung der
heuchler wird verloren sein. Hiob 8,13; seine hof&iung ist
ein spinnweb. 14; züchtige deinen son weil hoffnung da ist.
sprichw. 19, IS; seines herzen gedanken sind wie asschen,
und sein hoffnung geringer denn erden, weish. Sal. 15, 10 ;
hoffnung aber leszt nieht zu schänden werden. Rom. 5, 5 ;
weilen weiter zu kommen, die leut weder mit begierd, noch
hoffnung aufgemuntert werden. Schcppils 766;
wenn die hoffnung nicht war,
so lebt ich nicht mehr. voli-M.;
wir sind nun göttlichen geschlechts,
durch dich des hiramels erben,
diesz ist die hoffnung deines knechts.
Gellert 2, 206.
Eine reihe fester rerbindungen erscheinen.
a) die ältere spräche fügt zu hoffnung gern den genitiv des
gehofflen: das ist gar ein gros ding, im leiden nicht hülfe
suchen von irgend einem menschen oder creaturen, sondern
. . in gottes hoffnunge demütig der hülfe warten. Luther
3, 26"; war alle hoffnung unsers ilebens dahin, ap. gesch.
27,20; in der hoffnung des ewigen lebens. TU. 1,2; todt-
sieche menschen, daran kein hoffnung eins lebens meer ist.
Frank weltb. I9i'; wir hetten in summa gleichsam alle hoff-
nung des lebens von uns geworfen. 225"; weil die meinung
desz üherflusz unter den grösten Ursachen der armut ist,
und ausz hoffnung der gegenwertigen die rechte hülf ver-
absäumt worden. Schuppics 766. auch noch in der neuern
spräche: wo ihn nicht hoffnung der beute unter ihre fahnen
lockte. Schiller 880 ; aussieht auf glanzende beförderung und
hoffnung der beute lockten . . abentcurer. 913;
das mädcben selbst,
mit welcher er mich körnt, mit deren hoffnung
er gern mir zu bezahlen schiene, was
ich nicht umsonst für sie gcthan soll haben.
Lessiso 2,312.
l) gewöhnlicher ist jetzt hoffnung auf einen oder etwas, was
auch schon früher erscheint: das deine hoffnung sei auf den
herrn. sprichw. 22, 19 ; hofnung auf eines andern hülfe.
ScHOTTEL 1133'; hoffnung auf gewinn; er hat hoffnung auf
eine reiche erbschaft; dafür auch hoffnung zu einem oder
etwas: h:.be die hoffnung zu gott. ap. gesch. 24,15; die na-
türliche liehe zum leljen und die hoffnung zur Verlängerung
desselben, pers. rosenth. 6, 1 ; hoffnung zur dienstharkeit {dienst-
uilligkeil). 1,3t; die goldmacher, welche alle das ihre umb
hoffnung zu demselben (gotde) drauf gehen lassen. Lokmans
{ab. 20;
er schlummert keine nacht,
als bis man ihm zum falkcii hoffnung macht.
ÜACEDOR!« 2, 175.
andere pigungen: wenn du einen sihest, der sich weise
dünket, da ist an eim narren mehr hoffnung denn an im.
sprichw. 26,12; ich sprach, mein vermögen ist dahin, und
meine hoffnung am herrn. klagel. 3, 18. mit accusativ : werde
angeklagt über der hoffnung an die verheiszunge. apostelgesch.
26, 6 i und stehet unser hoffnung feste für euch. 2 Cor. 1, 7 ;
er macht sich von dem mägtchen gewisse hoffnung, spe certa
puellae inducüur. Steixbach 1, 768 ;
sölchs hy (hier) ain jder frummer merk,
inn gott darmit sein hoffnung sterk.
SCHWARZESBERC 107".
mit inßnitiv durch zu vermittelt: in hoffnung, den Nürnbergern
. . auf die kirchweich zu kummen. S. Frank chron. 1536 1,254';
die hoffnung, die du nährst, dein Schicksal zu bezähmen.
WiKLAXD 17, 2SS (Idris 5, 61);
die hoffnung, sie so bald zu finden, war sehr klein.
313 (5, 107).
mit abhängigem sotze: die hoffnung, dasz er rechtzeitig ein-
treffen werde; wir durften auch dies mädchen mit der ge-
gründeten hoffnung entlassen, dasz es auf dem guten wege
beharren werde, evangel. kirchenzeüung 1866 s. 748 ;
ei! so steht die hoffnung fest,
dasz der finstre weg der todten
mich zu dir gelangen läszt. Ca:iiz 175.
c) es heiszt hoffnung haben, behalten, gehen, machen,
nähren: ein jglicher der solche hoffnung hat zu im, der
reiniget sich, l loh. 3, 3 ; die wir . . halfen an der angeboten
hoffnung. Hebr. 6, 19 ; zum allgemeinen beifall . . konnte sich
ein Charakter, wie der seinige, niemals hoffnung machen.
ScmLLER 764; nährte die stille hoffnung, sie bald wieder zu
sehen. Göthe 25,351; der (kranke) fürst gebe wieder hoff-
nung der genesung. J. Paul TU. 4, 190 ;
von Pinabel red ich, der unser edle dam
hie in den bittern tod zu bringen hoffnung nahm.
D. V. D. Werder .\riost 3. 4, 8 ,
für sie, die schmeichelnd jedem hoffnun? gibt,
weiht sich die Jugend dem. gewissen todr
Schiller Maria Stuart 2, 3 ;
so lang sie lebt, die ihrem schwärmereifer
den Torwand leiht und ihre hoffnung nährt. 2, 5.
man setzt, stellt seine hoffnung auf einen oder etwas: wol
dem, der seine hoffnung setzt auf den herrn. ps. 40,5; das
sie setzten auf gott ihre hoffnung. 78,7; setzet ewer hoff-
nung ganz auf die gnade, die euch angeboten wird, l Petr.
1, 13 ; wol dem . . des hoffnung auf dem herrn seinem gott
stehet, ps. 146, 5 ; in hoffnung stehen : der bei nachtzeiten
seine begierige netze auszbreitet, stehet in hoffnung, dasz er
heut oder morgen etwas fangen werde, pers. baumgart. 2, 18 ;
man ist Ton hoffnung trunken:
der schon, von hoffnung trunken,
des oceans gebieter ist. Raxler 1, 74;
die hoffnung verlieren, schwinden lassen, aufgeben, rauben;
die hoffnung vergeht, erlischt; die hoffnung ist ihm in den
brunnen gefallen, spes occidit. Frisch I,46l'; wer vor zwanzig
Jahren nicht hübsch, vor dreiszig jähren nicht stark, vor
vierzig jähren nicht witzig, und vor fünfzig jähren nicht reich
wird, bei dem ist alle hoffnung verloren. Steinbach l, 7G9.
in der altern spräche eine hoffnung fürchten, fttr dieselbe fürchten,
glauben dasz sie vergehe: dise haben mit stätem krieg und
niderlag, so sy mit den Messenern hetten, alle hoffnung
schier der nachkummen geforcht und den undergang all yres
Tolks gesorgt. Frank weltb. 85'.
d) man redet von einer schönen, sichern, unsichem, be-
gründeten, geringen, eiteln, fehlgeschlagenen, falschen, leeren
hoffnung; sind sie doch gewisser hoffnung, das sie nimer
mehr sterben, weish. 3, 4 ; darf eine einzige fehlgeschlagene
hoffnung uns gegen die weit so unversöhnlich machen? Les-
siNC 2,181;
oft sproszt ein junges reis mit gniner hoffnung aus.
piUil. stockf. 148;
hat falsche hoffnung mich gewiegt?
Wiela:<d 17, 238 (Idris 4, 51) ;
mein äuge wendet sich
der ersten schönen hoffuung wieder zu.
Schiller Maria Stuart 2. S ;
ein junger prinz nur stand noch zwischen ihm
und seiner stolzen hoffnung.
ticmcinwi 1. auft., v. 100;
früher auch gute hoffnung im allgemeinen sinne: ein gute huff-
niing haben, esse spe bona^ guter hoffnung, confidens Maaler
1675
HOFFNUNG
229"; sie sollen guter hoffnnng sein, das du wollest busze
für die Sünde anncmen. tf«.s7(. 12, 19 ; ich bin guter hoffnnng,
ich wöil . . inen beiden, chur- und fürsten die haar zusamen
binden, sich mit ainnnder zu verainigen. Schehti.in fcrir/e 38;
das Vorgebirge guter hotTnung. der gegcnsaiz böse bofl'nung:
niclit holTe, wer des drachen zäbnn sät,
erCreuliches zu crnlen. jeile iintliat
irä^l ihren pi^tneii racheengcl sclion,
die böse lioiriiung, unter ihrem herzen.
ScHiLLKR Waltimsteinx loii 1, 7.
jetzt ist gute hoffnung geirOlinUrh nur noch auf schwangere frauen
bezogen: wenn ich nur, sagte Philine . ., keine frau mehr
guter hoffnung sehen sollte I Göthe 19,4; junge frauen . .
die sich guter hoffnung befanden. 21,24; doch wird Sara
zuletzt guter hoffnnng und bringt einen söhn. 24,211; mit
anklang an die allgemeine hedeutung : {ich musz hoffen) dasz
Eduard sich wieder nüiiern werde, wie kann es auch wohl
anders sein, da sie mich guter hoffnung linden, versteh ich
sie recht? fiel Mittler ein — vollkommen, versetzte Char-
lotte — tausendmal gesegnet sei mir diese nachrichl! rief
er . . mehr als tausend wortc wirkt eine solche gute hoff-
nung, die fürwahr die beste hoffnung ist die wir haben
können. 17, 192.
e) ein mensch von hoffnung, einer der zur hoffnung berech-
tigt, auf dessen kitnßige entfallung man hofft: sein drittheil
an der beute . . verschenkt er an Waisenkinder oder läszl
damit arme jungen von hoffnung studieren. Schiller raub. 2,3.
/) f'u der allem spräche ist häufig der genitiv der hoffnung,
spe : hab ich allen flcis angewand, dasselbige (buch) zn über-
kommen, der bofnung es möchte mich dieser meiner arbeit
vielleicht entschlagen. Flschart bienk. (*; unangesehen desz
Schreiens, so der könig Garinter, der hoffnung ine abwendig
zu machen, thaf. Atnadis 15; also hab ich letzlich etlich zu
mir zu gast geladen, der hoffnung, sie dahin zu bewegen . .
Ayrer proc. 3, 1 ; betete für dich, . . der hoffnung, du wür-
dest mich dessen widerumb geniesen lassen. Phil. Lugd. 3,251.
dafür in hoffnung: man hielt mehr als man versprochen
hatte, in hoffnung, die blauen {eine parlei) würden sich nicht
geduldig genug miszhandeln lassen, um keine gclegenheil zu
gröszern miszhandlungen zu geben. Wieland 7, 107 (92) ; cin-
zelnheiten, die ich wie im finge wegfing und sie niederlegti
in hoffnung, dasz sie sich einmal irgendwo lebendig oa-
schlieszen würden. Göthe 55, 326.
g) etwas auf hoffnung machen : der da pflüget, sol auf
bofTnung pflügen, und der da dreschet, sol auf hoffnung
dreschen. 1 Cor. 9,10; die ir auf hoffnunge gefangen ligt.
Sacharja 9, 12 ; etwas auf hoffnung kaufen, vergl. unten hoff-
nungsbau, hoffnungskauf.
h) der plur. des worles ist häufig im gebrauche, wenn mehrere
unter sich verbundene und aus einer grundstimmung ßieszende
eruartungen bezeichnet werden sollen: nnvveise leute betriegen
sich selbs mit törichten hoffnungcn. Sir. 34, 1 ; ein lügen-
iiaftes zusagen , wodurch unsern liebsten hoffuungen und
wünschen geschmeichelt wird. Göthe 53,129; schmeichelst
du meinem wahn. meinen hoffnungen. 17, 171 ;
dasz ein orake) mich zu hoCTnungcn verpflichtet.
WiELAKD 17, 293 {Idris 5, 71) ;
wie weit ist diese königin gebracht,
die mit so stolzen holTnnngen begann.
Schiller Maria .Stuart 2,4;
«0 stürzen meine liolTnungen. 2, 8 ;
was sind holTnungcn, was sind entwürfe,
die der menxch, der vergängliche liautV
braut V. Stcxünn, v. 19(p2.
f) penonipcation der hoffnung tritt mehr oder weniger deutlich
üßer auf:
e« reixten (wann? vielieiclil zu unsern zciicn.)
ilie hoffnung und die furcht durchs land. Hauedorü 2,130;
die hoffnung führt ihn ins leben ein,
■ie umflattert den fröhlichnn knahen.
ScHiLLRR die lialfnung.
SO wenn die iioffnimg mit rerhen oder ndjerliren ivrsehen wird,
die sonst thdiigkeit oder eigrnsrhußen des menschen zeichnen :
die hoffnung regt sich, wird wach, tiluscbl, betrügt, lügt
um; feurige, rasche hoffnung;
■o hat die hoffnung denn, die wir so lang ecnfihrct,
uo» nicht getauArhi? Wiklaid 17, 12.) (Iitrin J, (W);
da wird in mir die liofTiiinig wach, oli idi
si« jeut noch retten konniü und b«*Kji(cn.
ÜCHiLLU Maria Sluarl i, b j
nOFFNUNGGEREND — TIOFFNUNGSGRtN 1 676
bruder! ach in ewig tiefer pause
feiern alle deine hoffnungen.
elegie auf den lad eines jüngling<<;
ob seine rasche hoffnung eigenmächtig
sich diesen kühnen schritt erlaubt, dun Kinlon 4, 9.
3) hoffnung, die pcrson oder d»r gegenständ, auf die man
hofß: meine seele harret nur auf gott, denn er ist meine
hotTnung. ps. 62,0; an dem berrn, der ihrer veter hoffnung
ist. 1er. 50,7; welches ist Christus in euch, der da ist die
hoffnung der herrligkeit. Col. l, 27 ; denn wer ist unser hoff-
nung oder freude, oder krön des rbums? seid nicht auch irs
für unserin herrn Jhcsu Christo, zu seiner zukunft? 1 Thess.
2,9; aber die äugen der gottlosen werden verschmachten,
und werden nicht entrinnen mügen, denn ire hoffnung (icaj
sie hoffen) wird irer seelen feilen, llid) 11, 2ü;
wenn ich die gottcs-äcker seh,
und alles könnte lesen,
was der, auf dessen gruft ich geh,
in seinem sinn gewesen,
was eingescharrt für hoffnung hier {liegt). Camiiz 44 ;
hier kann ich schaaf und rind in den hegrünten auen,
die Scheunen voller frucht, das leid voll hoffnung, schauen.
HS;
0 Trojas hoffnung {Hektar), die uns nie betrogen,
0 du, nach dem das herz geschmachtet hat!
ScHiLLKR Zerstörung von Troja 49.
HOFFNUNGGEBEND, pari.: durch ihre froslvollcn hoff-
nunggebenden Worte wieder ermutbigt. Göthe 17, 394. besser
nicht verbunden geschrieben.
HOFFNUNGGLÄNZEND, part.:
'friede der seele
sprach aus der himmelsmilde des hoffnungglänzenden auges.
SONNEIHBERG.
HOFFNUNGSANKER, m. :
er zweifelt, ob auch noch der hoffnungsanker raich,
indem er solchen wirft. Hohplkr 72 (itürmische scbiff-fahrt
nuin.ichliclten lebens).
HOFFNUNGSAUGE, n. ;
des himraels hoffnungsauge blaut, du kommst zurück!
REcKEBT ges. gvd. 1, 394.
HOFFNUNGSBAU, vi. ein grubcnbau, welcher in der hoffnung
gelrieben wird, nutzbare mineralien aufzufinden; auch ein bau,
mittels dessen nutzbare mineralien schon gewonnen werden, aber
noch nicht in solcher menge, dasz di» kosten gedeckt sind. Veith
bergwörlerb. 274.
HOFFNUNGSCHÖPFEND, part. würde besser unreihunden
gegeben: der zuruf der boffnungschöpfcnden Bömer. Becker
weltgesch. 2, 359.
HOFFNUNGSDUNST, m. :
durch hoffnungsdunst, der sie betrogen. Brockrs 3, 575.
HOFFNUNGSFADEN, m. : den schwachen hoffnungsfaden
durchschneiden. Dahlmann gesch. d. franz. rei\ 3S8.
HOFFNUNGSFREUDIG, adj.
HOFFNUNGSFREUDIGKEIT, f : die abreise Goethes nach
der Universität Leipzig, welcher er mit aller neugicrde und
hoffnungsfrcudigkcit der jngcnd zueilte, morgenbl. IMG s. 123b'.
HOFFNUNGSFRUCHT, /. ;
ach lasz vor deinem angesichte
voll glaubens- liebes- hoffiiuiigsfmchte
dann meiner seeten bäum hestehn. Brockis 1,479.
HOFFNUNGSFÜLLE, ,.;
in hoffnungsfüllc ihr huscn steigt,
ihr Wesen ist so ahndovolf,
weisz nicht was sie sich wünschen soll. Göthi 13, 130.
HOFFNUNGSFROH, adj. und adv.:
steht hoffnungsfroh nach dir allein
mein streben und mein leben. F«. Möller 3, 166.
HOFFNUNGSGARRE, f:
so harrt die rciiibste holfnutigsgarbe
dem schnittortag der bessern weit. Körker 1, 271.
HOFFNUNGSGESTIRN, n. ; so schien auch jedem zuhürer,
wenigstens in dem augcnblick, ein hoffnuiigsgesijrn zu leucblcu.
Göthe 31, 223.
HOFFNUNGSGLÜCK, «..-
im thale gnlnot hoffnungsgluck. (iöTHE 12, 52.
HOFFNUNGSGIJITM, f:
ncli gott! last doch hei zelten,
mich von dem diriMt der morschen eitrlkriten
voll RUsier holfniiii)(sKlutli enirerneii! Krocik* 3,GG3.
HOFFNUNGSGRÜN, n..- vielleicht haben die bisherigen
Qquiuokiiulslürme um da» vatcriaud wie einen frUhliug uuf-
1 677 HOFFNUNGSGRUND — HOFFNUNGSTROST
HOFFNUNGSVOLL — HOFGENOSSE 1678
gedeckt, mancher schnee ist geschmolzen und wir sehen das
Lüffnung-grün des theuern bodens. J. Pacl friedenpred. s. 30.
HOf FNUNGSGRU.ND, m.: so wäie {bei der alchymie) z. b.
jene höchst bedeutende Wirkung der farbennatnr, die Stei-
gerung, am ersten zu bemessen und, wenn auch nur irrig,
als huffnungsgruud der geheimnisvollen arbek anzusehen
gewesen. Güthe 53, 132.
HOFFiNCNGSHAFEN, m.:
was ward uns für ein trost zu ilieil?
wo liegt der hcrtTuaugshafen ? Fb. ML'lleb 3, 123.
HOFFNÜNGSKäUF, m. kauf von Sachen, die noch nicht vor-
handen sind, aber doch gewis gehofft weiden, tcenn auch über
ihre künftige menge nichts sicheres bestimmt werden kann, so
sind der kauf des getreides auf dem halnte, der wolle rw der
schür, eines fischziiges vor auslauf der dazu bestimmten fahneuge
u. lihnl. büffnungskäufe.
HOFFNUNGSLEER , adj. leer an hoffnung, ohne hoffnung.
GöKisGg 1, 211; in finstern, hoffnungslecren , stürmischen
Zeiten, allg. Hl. zeit. 1S43 no. 147 *. 563.
HOFFNL.NGSLICHT, n.:
hoffnungslicht
schon ourchhricht
kerkernacht. Fb. Mdllbr 3, 251.
HOFFNUNGSLOS, adj. ohne hoffnung, keine hoffnung habend:
ganz hoffnungslos, und zitternd wie das laub.
Weckhbrli!« 167;
hoffnungslos
weicht der mensch der göttersiärke.
Schiller gtocke r. 207.
keine hoffnung gewährend: der kranke liegt hoffnungslos dar-
nieder ;
bofnunglose pein. WeckSeiilis 7.^4;
gerichlsralli. so schnell versagst du dir und mir die hoffnung?
Eugenie. das boffnungsiose kündet schnell sich an !
GöTHB 9, 350:
noch verscbmacbt ich nicht
in femer wüste hoffnungslosen räumen. 356 ;
{der Sturm) bringt dort ein hoffnungsloses schiff zum Strand.
Götter 1, 416.
HOFFNUNGSLUST, f.:
ist hoffnuDgslust zu freudigen entwürfen,
entschlussen, rascher that sogleich gefunden ! Göthe 3, 26.
HOFFNUNGSMILD, adj.:
hoffnungsmilde schmerzensträume. Lknau Faust 96.
HOFFNUNGSMORGENRÖTHE , f : hornungsmorgenröthe
glänzt in ihrem glühenden äuge. Sturz 1,90.
HOFFNUNGSÖL, n.; nährst du noch vielleicht geheime
liebesflammen mit dem hoffnungsül? Mcsäus volksm. 3S3.
HOFFNUNGSQUÄL, f:
auf ihn {lesm) hofft alle well, er macht es zimlich lange,
ph er disz werk fing an. es ward den alten bange,
es war ihr höchster wünsch, dasz der doch kam eiumahl,
der ihre seelen hielt in stäter hoffnungsqual. P. Flerinc 3.
HOFFNUNGSREICH, adj. :
dort (am Strand der Elbe) hab ich oft, in längstvergrünien
jähren,
mich hingelegt
und hoffnungsreich, in sorgen unerfahren,
der freien ruh um ihren Strand gepflegt. H.4geoor:< 3, 63.
HOFFNUNGSSCHIFF, n. poetice pro spe dubia, anxia et an-
iipUi sumitur. Stieler 1791.
HOFFNUNGS-, HOFFNUNGSCHIMMER, »i.;
in meine dunkle zelle dringt
kein Sonnenstrahl, kein hoffnungscbimmer. H. Hjuhk 18,291.
HOFF.NUNGSSPIEL , n.: wenn zwei personen, die sich
jung gekannt hatten, alt zusammen kommen, so müssen tau-
send gefühle entstehen, eines der unangenehmsten mag sein,
tlasz sie nun sich in so manchem betrogen linden, was sie bei
ihren hoffnungsspielen ehemals als gewisz berechnet hatten.
Lichtenberg 1 {1M4), 179.
HOFFNCNGSSTAB, m.;
was ist das grab?
ein boffnuiig»iab,
dasz, wenn dies leben aus,
wir ziehn ins Vaterhaus
in jene well.
Peter voUuihüml. aus öslerr. üMe^ien 1,310.
HOFFNUNGSTROST, m. :
sei mir boffnungstrost im leide,
du, nun als ein engel schon. Göthb 4, 15S.
HOFFNUNGSVOLL, adj. voUer hoffnung.
1) eine fülle von hoffnung habend, von personen und perso-
nificationen :
so blieb die schaar dabei halb furcht- halb hoffnungsvoll.
GÜ.NTUER 512;
wenn pbanlasie sich sonst, mit kühnem üug.
und hoDnungsvoll zum ewigen erweitert. Göthe 12, 40 ;
mit der präp. auf:
nicht hoffnungsvoll auf sieg. Klopstocx 10, 36.
2) eine fülle von hoffnung andern gewährend, von personen:
gesellschaft wie man wünschen kann,
wahrhaftig lauter braute !
und Junggesellen, mann für mann,
die hoffnungsvollsten leute. Göihe 12, 226.
rort dingen : hoffnungsvolle felder. Kli.nger 4, 156 ;
du sähest oft an hoffnungsvollen bäumen,
um rind und stamm, das moos zu häutig keimen.
Uagedorn 1, 69;
hoffnungsvolle frische pflanzen, die der frost noch nicht verletzt.
2, 14 ;
alles was zu thun und zu besorgen war, blieb nicht blos
hoffnungsvolle mühe wie bisher, sondern ward zum heitern
genusse. Götbe 17,304; es zeigte sich an der andern seitc
durch Schluchten und waldrücken eine ferne, schöne und
hoffnungsvolle aussieht. 19,35; und neue, in der ferne ein-
tretende berge machten die aussieht noch hoffnungsvoller,
indem sie nur wie eine sanfte beschränkung hereintraten.
daselbst.
HOFFNUNGSWAHN, m.;
ich sah ihn an, und ward vom guten willen,
vom boffnungswabn des herzens übereilt :
der sei ein mensch, der menschlich ansehn trägt.
Götue 9, 194.
HOFFNüNGSZYNTIFEL, m. spes rerum obscura. Stieler 2660.
HOFFNUNGTRUNKEN, adj.: in der hoffnung -trunknen
jahrzeit, im frühling. J. Paul leben Fibels s. 13.
HOFFOLGE, f Verbindlichkeit einem ßrstlichen hofe in gewissen
fallen zu folgen, auch die Verbindlichkeit dem aufyebote eines
edelhofes für gewisse arbeiten, als unterthan desselben, folge zu
leisten.
HOFFRÄTZLEIN, «i. als schelte für einen jungen ungezo-
genen menschen aus dem ßrstlichen hofgesinde (vgl. fratz tiu 4',
sp. 6S) : fotzenbehelmte hoffrälzlein. Garg. 47'.
HOFFRÄULEIN, «. fräulein an einem ßrstlichen hofe. auch
als fem. {vgl. fräulein theil 4', sp. SS/l): diese ist eine so im
gleichen geist verdorbene und verschrobene hoffräulein. Pesta-
lozzi 3, 161.
HOFFREUND, m.: die neu-eingeschlichenen liebkosenden
hoffreunde, welche die süsze luft des hofelebens anwehet.
BuTscHKY Palm. 5.
HOFGANG, m. durchfall {das stete gehen auf den hof, wo
die abtritte sich befinden, vgl. hofieren) : auch hat der hoffgangk
dies jähr im herbste zimlich bei uns grassiret. Lisch meklenb.
jaJirb. 17,203.
HOFGARTEN, m. garten eines ßrstlichen hofes: es war eben
in der allee des hofgartens zu Düsseldorf. H. HEI^E 1,25t.
HOFGÄRTNER, m. gärtner eines ßirsttichen hofes: ein dort
angestellter, auf nutzung angewiesener hofgärtner. Götbe 31,33.
HOFGAST, m. canis, parasitus aulicus. Stieler 614.
HOFGEDINGE, w. gerielitsverfahren auf einem hofe.
HOFGEFLÜGEL, n. geflügel was sich, wie hühner, enten,
tauben u. a., auf einem wirtscJiaflshofe außnlt: dagegen die
taube, als hofgeüügel, niemals sich auf bäume setzt. Hannov.
mag. 1S44, s. 310.
HOFGEISTLICHER, m. geistlicher an einem ßtrstlichen hofe.
HOFGENOSSE, m. l) genösse eines ßtrstlichen hofes: Thttni-
mels Wilhelmine . . . erwarb sich groszen beifall, vielleicht
auch mit deswegen, weil der Verfasser, ein edelmann und
hofgenosse, die eigne ciasse nicht eben schonend behandelte.
GöTUE 26, 198 ;
ein armer edelmann hat schon das ziel
von seinem besten wünsch erreicht, wenn ihn
ein edler fürst zu seinem hofgenossen
erwählen will und ihn der dürftigkeit
mit milder band eatziehl. 9, 225.
2) der zur gcnosseuschaft der hofbesitzer gehörige: item und
rieht man des ersten umb erb und umb aigen an allen jar-
gerichteu, darnach wittwen und waisen, darnach den frowen,
darnach den gesten, und denn den hoffgenossen. «eisth.l,l^
(st. GaUen von 1469).
1679 HOFGEPRÄNGE — HOFGESINDE
3) auch genvsse eines wirtschaßsliofes ; so vom geftiiyel: ain
nächsten morgin weckte den professor ein lauter gesang der
getlügelton hofgeuussen. Fbevtai; handschr. l, 126.
HOFGEPRÄNGE, n. : endlich glaubt er, dasz das hof-
gepräng nur eine leere theatcrpracht ist. Sturz t, 38.
HOFGERÄTE, »i. apparatus aiilae. Frisch 1,460'.
HOFGEREITE, f. area ad usum pracdü ac domus parata.
Haltaüs wo.
HOFGERICHT, i». l) von einem künigliclien oder ßrsllirhen hofe
eintjesetztcs gerichl, das im namen eines solchen hofcf die yericIUs-
barkcit ausiibt ; mlid. hovegerihle (Lexek tvb. 1, 13(iü): consi-
storium hofpericht, cammergericht. Alberus dict. rr4'; in disen
brief besigelt nii"t unsers hofgerihtz insigel. urk. kaiser Ludwigs
des Baicrn von 1332 im anz. des germ. mus. 1S65 s. 273 ; als
weilunt kaiser Cuiiradt, der dritt des namens . . der stall
Rutwcil das hofgericht und gerichtzwang über mertails pro-
vinzen und lender deutscher nation zugestellt. Zimm. cltron.
3,522,17; als die jüden vil schelmenhäiidel zu Rolwei! mit
den armen leuten haben, kam audi einsmal einer an das
hofgericht. Frey garleng. 82'. im groszherzogthum Hessen lieiszl
der höchste gericIUshof jeder der beiden provinzen diesseits des
Rheins {Oberhessen und Starkenburg) hofgericht. — Im scherze,
von einem gasthofe:
sein appellucioii hat man eingeschrieben
an das hofgericht zum plobeii sterii,
do wil er euch sein des rechten gern, fasltu sp. 102,6.
2) hofgericht, in Medcrsachsen auch ein flur- und feldgcrichl.
HOFGERINGE, n. die grenzen eines bauernhofs. Frisch 1,460'.
HOFGESCHICHTE, u. geschiciUc wie sie sich an einem fürst-
lichen hofe zuträgt:
er liürzte
mir die zeit mit hofgeschiuhlen. H. Heine 17,94.
HOFGESCHIEI), adj. gescheit ivie an einem hofe (geschied
hat hier nocii den vocalstand des mhd. geschide) : dasz sie uns
viel zu geschickt und hofgeschied sein, und je zu zelten
einen teufel mahlen. Baumgärtnek bei Melanchthon 2, 373
Brctschiu'ider. vgl. unten hofschlau.
HOFGESCHMEISZ, «. veräclülich für die genossen eines fürst-
lichen hofes: verdammt, über das hofgeschineiszl so viel worte,
so viel lügen! Lessinc 2,164; wenn sich nur das liofge-
schraeisz nicht unter gebildete menschen eindrängen wollte.
TiECs 10,69.
HOFGESCHÖPF, n.: zu hofe fmdet man oft solche hoff-
geschöpfe, weiche aus staub und aschen zu gefäszen der
ehren gemacht werden. Butsciiky Patm. 252.
HOFGESCHWÄTZ, n.: und hat ihn nicht das blosze hof-
geschwätz von mailresse wüthig gemacht. Klinceh theut. 2,205.
HOFGESELLE, m. einn von den genossen eines fürstlichen
hopialU: dl» nun solicher mutwill (von Seiten des burggräßichen
hofes) vorausz des nachts beschach, wurden die burger be-
wegt und lingen an ein maur umb den berg zu bawen . . .
es waren auf die zeit die burggrafen nit zu haus; als sie
kamen, da mochten die hofl'gesellen in die stat nit mer komen.
d. städtechroM. 3, 165, 10 ; etlicb Voitlender, die Wilwolts hoff-
gesellen und mit im bekent waren. Wilw. v. Schaumb. 68.
HOFGESESSEN, part. mit einem hofe angesessen, gutsbesitzer :
in einem lande, wo auszer den ursprünglichen iiofpesessenen
höchstens etwa ein leibzüchler vorhanden ist. Moser patr.
;Ww«t. 2, 3; zur iandesvertheidigung war., jeder Iiofgesessene
unterthan verbunden. 3, 95.
HOFGESICHT, n. gesicJit wie es an einem fürsllichen hofe
erscheint, und träger eines solchen : ich bin meiner rolhen nase
los und habe nun ein wahres hofgcsicht. Klincer //leul. 3, 168;
sein fall macht alle horgesichtur,
lie seine.s hlickN consi l.iu«chten, acheu. Tuümhkl 2, 362.
HOFGESINDE, n. i) grsnmlheil der dienstthuenden eirtes fürst-
lichen hofes, hoßeute, mhd. hoveges'inde: Herodes mit seinem
hdfgesinde. Luc. 23, 11; grüsz dein hofgesind. Canj. 'iw' : wie
man an des papsls geistlichem hfiffgesind, und bei der car-
diiitil und bischof tafeln täglich sehen mag. bienk. IWi'; der
[htifmeister) klagte auf ein zeit, dasz da» bofTgcsindl so vil
wein trinke. Zi>KGREFr apophth. 2,26;
dann gitnzllrheri man gar keinen find
der au« d<-ni ili-ydi-llMirgcr hoHgcitiiid
gcheiligcl wrrd.
SoLTAiJ 460 {Ti'hrllen vater unter t. 1621);
{kbniqin). well ich nirht lOtteni war.
mit eurer mnic*tat um dlemi lr<!ih<'ii
Vor meinem hurgoindo mich zu »iroitcn.
Schiller A«>
HOFGESINDE - HOFHALTUNG 1680
i^t deine muttcr .so edle dam,
wie du berühnist, mein kind,
so hat .sie wohl ein schlosz lustsam
und stattlich hol'gcsind ? Uuland ged. 336 ;
blanke ritter, schmucke Trauen,
horgcsiiide, festlich blinkend. H. Heink 15, 59.
bildlich : die weit ist des teufeis reich, blut und fleisch ist
ir boffgesinde. Luther 3,426*.
2) hofgesindc, auch die niedere dienerschaft auf einem edel-
männischen hofe, knechte und mägde eines bauernhofes.
HOFGESINDE, wi. dienstmann eines hofes, glied des hof-
gesindes, mhd. hovegesinde :
ich tct an diu kleidcr geswind.
e; sprach: nun bistu hofgesind. Altswert 81,30;
ich lob di weit und ire kind,
und schreib mich stät« ir hofgesind.
SCUWARZEI«BERC 12.V.
HOFGESINDEL, n. verächtlich ßr die leute an einem fnrsl-
lichen hofe: in diesen schmucklosen sälen verschweigt kein
entmarktes hofgesindel die schwcisze der uutcrlhanen. Kuse-
GARTEN.
HOFGEVÖGEL, «. was hofgeflügel :
muthig schwingt der adler sich
der sonne zu, er läszt im hohlen ast
den tagescheuen kauz und uhu schrein,
sieht auf den gil'tgesclnvollnen welschen hahii.
und buntes hol^gevogcl nicht herab. Stolrerü 3, 3.
HOFGEWAND, n. hofliberci. Frisch 1, 460'.
HOFGEWEHR, n. ausriistung eines bäuerliclu;n hofes mit
schi[f und geschirr, gutsinventarium : der fall da ihm (dem erh-
pächter) sein hofgewohr gepfändet würde. Moser palr. phaul.
1, 151 ; es scheinet weiter hart zu sein, dem gutsherrn die
pflicht aufzulegen, dafür sorgen zu sollen, dasz auf seinem
schätzbaren bufe jedesmal ein hofgewehr, so wie es das ge-
meine beste erfordert und bestimmet, vorhanden sei. 3, 279.
HOFGEWEND, n. grenze des zu einem bauerhofe gehörigen
landes :
(wir wollen uns treffen) bei nachbar Kuntzen hoffgewend.
A. Grtphius 1698 1, 740.
HOFGEWÜHL, «..•
dasz icli, vom hof- und stadtgcwühle
nicht irr in meinem text gemacht,
stets meine roll im stillen spiele. Gökimgk 1,76.
HOFGLÜCK, n. glück wie man es an einem fürstlichen hofe
genieszt: wegen seiner beilern vernünftigen tugend im hof-
glück und im leiden. Stürz 1, 132.
HOFGNADE, f gnade die man an einem fürstlichen hofe
erfährt: daher kömmt es, das oft die in der hofgnadc ge-
bohrcn, in der Ungnade sterben müssen. Butschry /Wm. 6S9;
um sich eine stufe der liofgnade zu erwerben, zeigte sich
eine schöne gelegenheit. Heyne briefe an J. v. Midier 14;'..
HOFGRAF, m. coines p(datinus caesareus. Haltaus 935.
HOFGRENZE, f: haus- und hofgrenze, ßnes qui singulas
domos ac villas ab aliis vicinis separant. Stieleb 694.
HOFGUNST, /". gunst eines fürstlichen hofes. vgl. hofegunst.
HOFGCT, n. erbzinsgut, emphyleusis Frisch 1, 460', von einem
adlichen hofe in erbjmcht gegeben, auch ein gut, das zu einem,
fürstlichen hofe gehört.
HOFHAHN, m. hahn auf einem wirtschaßshofe.
HOFHALT, «I. das hof ballen [sp. 1657) eines fürsten und
die hierzu gehörigen personen und gegenstände: in Cobleiiz war
der hofhalt der ausgewanderten königsbnlder. Dahi.xann gesrh.
d. franz. revül. i[i\ so trug er seine ansprücbe. sein ungliick,
seinen irrenden hoilialt durch ganz Europa. (;ERviNtJs gesrh.
des 19. jahrh. 1,14; der hofmarsrhall soll das Inventar des
hofhalts in gutem stand erhalten, litteraturbl. zum morgrnblatl
1846 no. 67, bei bisprechung des buches von v. Mai.ortie : baiul-
bucli zur eiiirichlung und lülnung eines Imlhalls.
HOFHALTEN, verb. einen hofhalt haben oder führen:
und wnn ein könig oder gast
in einem Klalllirhcn palhist
hoDialtct oder sun.sl einkiliret. WicKHKRLIK 547.
HOFHALTl'NG, f das hof hallen eines fOrsUn, der ort des-
sellten und dir gesnmiheil der dazu gehörigen personen : zur speise
für sich (Snlomo) und »eine hofhaltung. Srnuppiiis 101 ; dasz
ich kommen sei an den hof desz löblichen kftysers Theodosii.
von welchem di<' geschichtschreiber sagen, dasz sein kiljser-
liches hoflager nu-lir einem stillen, ordentlichen klosteilebrn.
nln einer hnfballung gleich gewesen sei. 4tU ; welcher in seiner
' buinialtung ÜberHilssiger (verschwenderisrher) ist, der soll in
1 6S l HOFÜ AND WERKER — HOFJEREN
HOFIEREN
1682
der stallmeislerei gespäriger sein. 7S9; (einevi caialier teerden
empfohlen) besuchungen viler hofflialtungen. Bctschky P'tlin. 6S5.
HOFHÄNDWERKER, m. handtcerker der ßr einen lürstenhof
arbeitel, auch der unter dem schütze eines solchen arbeitet, oline
zünftig zu sein {vgl. liofbefreit).
HOFHAUS, n. wohnhaus eines ßrsten innerhalb seines hofes,
der theil seiner residenz, der ihm persönlich bestimmt ist:
für das königliche hoffhausz. II. Sachs 3, 2, 234\
HOFHAUSLER, m. tagelöhner der ein zu einem edelhofe ge-
höriges kleines haus betcohnt und dafür zu diensten verpflichtet ist.
HOFHERR, m. herr eines edelhofes.
HOFHERRLICHKEIT, f.: unter allen bildenden künstcn ist
das münzengepräge am wenigsten freies kunstwerk. landes-
herrschaftlicbes boheitszeichen, denkmal einer begebenbeit,
veranlasztes sjinbol — also der büfherrlicbkeit, der gescbicbte,
des bedeutenden wegen, dazu ists. Hebder zur litt. 14, 195.
HOFHIEB, ffi. schneiden des yetreides, das von den unter-
thanen eines edelhofes ßr den letzteren als fiohnarbeit verrichtet
werden musz.
HOFHÖRIG, adj. einem adluhen hofe gehörig, in unterthanen-
verhältnis zu ihm stehend : was aber hofhöriger man uszwendig
den geliebten sitzt, und ir sundrig brot essend, der yegliger
sol des jars den vögten geben zway >iertal roggen und ain
vasnacbtbun für all dienst, weisth. 1,106; hofbörig iQt. das.;
daj umb boffbörigi guter nieman urtail sprechen sol, denn
der in den hoff geüüire. 108 ; ze disen dryn gedingen sol
ein amptman schaffen, da; den gotshusliuten und den, die
von im belehent, und allen den, die dahin hofhörig und zu
Iren tagen komen sint, dar gebotten werd. 4, 4S3 (Schwarz-
tcald, von 1413) ; es gibt jetzt in unserm stifte noch mehrere
arten von freien leuten, worunter die sogenannten haus-
genossen die ersten sein mögen, welche anderwärts hofhörige,
oder auch hohes- und klobsleute genannt werden ... da sie
von ihrem hofe einen gutsherrn erkennen, so können sie
nicht als wehren, sondern nur als leute betrachtet werden,
die aus einer besondern Verpflichtung dienen. Moser osn.
gesch. 1, 66 ; amier wärt s wird aber bei dem letzteren Schriftsteller
hofhörig und leibeigen nicht unterschieden : so hat man die
geschichte uusrer bauerhöfe, und mit derselben zugleich die
art und weise, wie freie eigenthümer ganz natürlicher weise
zu leibeignen und hofhörigen pächtern herunter sinken können.
patr.phant.i,ääO; in dem erbrechte, was der leibeigene oder
hofhörige an dem hofe hat. 3, 2S0 ; uns arme hofhörige leute.
2,356.
HOFHUND, m. canis domesticus, haushund, hirtenhund, bauern-
hund; canis laniarius, metzgerhund, kettenhund. Nemmch 1,814.
817. in der spräche des gemeinen lebens überhaupt ein hund, der
zur bewachung eines mrtschaßshofes dient; in einem bilde: das
gebeil des knurrischen hofhundes gewissen. Göthe 42,66.
HOFHURE, /■., franz. courlisane: ein junger mensch, welcher
ien hofhure besucht hatte und nun wieder heraus gehen wollte.
piAit. stockf 313.
HOFIEREN, verb., mhd. Lovieren und hofieren, ein seit dem
13. jahrh. mit fremder endung aus hof gebildetes verbum {cergl.
i. Grihm kl. Schriften 1, 357), verschiedener bedeutung.
l) einem hofieren, allgemein einem dienste leisten ivie sie bei
einem hof (no. 5 und 7, sp. 1656) verlangt werden, aufwarten,
sich um einen bemithen : die alle vor dem essen und der tafeln
musten sl6n und hofieren. Rozmital im mlid. wb. 1, 701* ; diese
fastnatht würde mir sonst vieleicht nicht freudenreich gnug
sein, ich hette denn solche mechtige, hochgeborne, gelerte
larven und narren, die mir hoffirten, weis inen auch . . kein
ander trankgelt zu geben, denn das ich bitte, Sie woltens
nur mehr machen. Luther 3, 33l';
wü (wie) man hovgren sacb
de stalten iud inanege lüde,
de dem keiser iiid der brüde
dieostes plagen zö der zil.
Dkkthüld V. HoLU Crane 2278;
wir wollen im gar hübsch hofieren.
ScHMEiZL verlorn, tulin 18';
ob wir eim klotz wollen hofieren. Froschmdus. i\ 4.
in einem Substantiv aesetzten Infinitiv :
ihr thron ist nun ihr (der ßrsien) höhn, Verachtung ihr hofieren
(= der hiifdienst dt-n man ihnen leiitet).
Weckhsu.1» 255 (nach ps. 107, 40).
im späten mhd. vom dienst gegen goU:
guot gcsanc daj ist bi got so schoen,
guot gesanc dringt durch die bimel trnrn.
guot gesanc daj ist ein edeistein, damit man got hofiere.
RxciMBO» in den minnes. 3, 300* Hagen.
IV. II.
2) die bedeutung gebt über in die: sich einem Iwflich, zuvor-
kommend, dienstbereit zeigen, einem schmeicheln {vgl. oben höfe-
licren und höfeln): die dir itzt hofieren, werden dich ver-
achten, sie weiden dir nach dem leben trachten. Jer. 4, 30 ;
wenn den leuten etwas angelegen war, oder wollen den
tyrannen hofieren, gaben sie den steinen und holz solchen
namen, der doch denselbigen nicht gebürt. weish. 14, 21 ; aber
da der könig im {dem David) feind ward ... da wolte ein
jglicher dem könige hofiern, und das beste an Davids ver-
derben thuen. LcTHER 3, 29S' ; ich bin ein schaf, und bleibe
ein schaf, das ich . . mich so füren und leiten lasse, solchen
Junkern zu hofieren, und nicht viel mehr meinein sinn folge.
333" ; das ich solche frewde im himel, und lust meines herrn
soll hindern, und dir mit deinen teufein in der helle . . .
hofieren? 395*; schelten die herin, auf das sie den pübel
kützeln, und den bauwem hofiren. 5, 15l'; gleich wie der
grosze heilige phariseus Luce 18 für groszer trunkenheit eraus
koket, und speiet über den anuen zölner, that im so herz-
lich sanft, das er gott hoffirt, und danket, das er allein
frum, und ander leute böse waren. 35ö'; desgleichen lieset
man in den legenden, das etliche stocknarren wollen den
beiden hofirn in einem spiel, und der Christen spotten mit
der taufe. 6, lOO' ; beständig zum hofieren in bereitschaft stehn,
wenn sie {die ausländer) nur das maul aufthun. Klopstock
12,86 in bezug auf die Deutschen; venneinen mit glatten worten
mir zn hofiren. Mcsius volksm. 469; wer hat ihr {der natur)
die vollmacht gegeben, jenem dieses zu verleihen und mir
vorzuenthalten? konnte ihr jemand darum hofieren, eh er
entstund? oder sie beleidigen, eh er selbst wurde? Schiller
Täuber l, l ;
dasz man ihm {dem papst) so hofieren thut,
das wird er nehmen wol in hut.
Opel u. Cohh 103,63;
sie werden grausahm schreien
und gahr zu späht bereuen,
dasz sie dem satan so hofBert.
Risi himt. lied. 5, 2>6.
auch schmeicheln in bezug auf die sinne: die schleckküche
hofieren dem mund und appetit. Rvff spieg. der gesundh. hei
Frisch 1, 46o'; keine arzenei brauchen, die nicht dem ge-
schmack hofiert, das.; und obscön:
das ich sein esel (vgl. ih. 3, 1147 no. 6) han pein oren gnumen . .
noch kund ich im als wol nie hofliern,
das er in freuden wolt erwachen
und wolt ainsz auf der geigen machen, fasln, sp. 326, IS.
3) namentlich auch um eine frau sich bemühen, um sie werben,
ihr den hof machen : {Adam) hatte ein newe braut und einig
fleisch und blut, dem wolt er hoffiren und gefallen, da regt
sicli das blut also daher, ei es wird nicht so grosze not
haben, gott kan ich imerdar dienen, itzt mus ich meiner
lieben Heva zu gefallen sein. Luther 4, 4M';
ich hah einer dirn lang gehoffiert,
die ist so schön gepersoniert,
das sie mir ganz ins herz ward kumen.
fasln. >y. 703, 15 i
ein munich hat
ein maidleiu fein
von ganzen herzen hold,
das sein kein gnad doch haben wold
wie lang er im hoffiret. meistert, fol. 23, no. 251 ;
du bist ein weih, ihr haszt keinen der euch hofirt. Göthb
8,129;
(hauplmann tu L^onoren). der pater euch ja holiren thut?
13, 70.
4) SU durch künste und Unterhaltung, der frau zu ehren be-
werkstelligt ; z. b. turnieren :
und aus der tannen machen wol
spiesz, die man zum stechen nutzen sol,
domit man stechen tut und turniren
und hübschen frauen mit hofieren, fastn. sp. 556,10;
wir wollen dafür stechen und turniem
und wollen der edeln künigin hofiern. 661, 26.
singen, Ständchen bringen : seinem bulen mit gesang hofieren,
ad Urnen amicae cantare Maaler 229';
ich kan tenor, dritt stim, discant
so guot, als man sie nie fant,
da mit ich schönen frauen hofier, fasln, sp. 362,3;
wenn ich meinem puln sol hofiern und singen,
:o wil es nimcr als wol als vor cliogeu,
das macht, das öl hot mir verderbt di stim. 630,25;
lasi mir sie an ein fenster ston,
in der nacht bei hellem mon,
so wil ich ir hoffiereD schon. JIirner lulh. narr 3961 ;
ihr singen und hofiren, schmachten, klagen. Tieck 2, 111.
106
1683
HOFIEREN
HOFIEREN
1684
so namentlich von einer lollslimmiijcn nachlmusik.
so sie der göuchin dunt hofyercn
mil seitenspvel, mit plifen, sjngen.
ÜHAit-t' narrenscli. 62, 15 ('von nachtes hofyercn');
mein tochler! mir doch sag,
wer heut die nacht auT der gassen
hat so hofQm und singen lassen.
J. Atrer 412* (2074, 14 Keller) ;
{niemand findet) Studenten die iiicbt lieber vagicren, gassi-n-
Uawicren und hoffieren dann studieren. Fischart groszm. o\ ;
so dunli ich midi ein stolze dicrn
und hör die kiiaben gern lioliern,
mit singen und mit seitenspil. fasln, sp. 519, 25.
s) so geht hofieren in den sinn musik machen-, tnuticiercn
über: liingegen werden andere gar viel befunden, die in d<T
barpfen, leiren, das ist, in boüren gewallige künsllcr sein.
ScHüPPius 742 ; man mus dem tcufel das crciiz ins angcsicbt
scblaben, und nicht viel pfeifen noch hofircn. Lütheii 6,4*;
darzu kuiit si hurpTeu und geiguii
und ander seitenspil
auf dem mer hub sie an zhotieren,
ieilerman da wunder nara. Uhland volksl. 787^
als er (.liion) am lieblichsten hofiert,
in seinen besten kleidern ziert,
nam er sein liarpfen aiiT den rucken,
und tbet sich oben abher hucken,
mit seinem spiel und süszen gsaug
hinab ins wilde meer da sprang.
IJ. VValdis Ks»/) 2, 30, 79.
von dem gewerbmäszigen musicieren, aufspielen : vier spielieut,
die mit Schalmeien lieblich boffieiten. kinciiHOF uendunm. 4'U' ;
wie wiliu den Sachen thnn
mit der tochter Fridel Milchschluut
die dich stet (kosli'l) manches pTunt
mit hofiren auf der sackpfeil'cn? fast», sp. 513, 1;
Eljsa, solt er pfophetieren,
muszt im der spilman vor hofieren.
Akbr. Ulaarer vcrmantiiKj zum (jcsiiug atr. 2 ;
ein geiger saql herrlcin weil ich euch hab hoffirl,
mir der versprochen lohn gebürt.
Atrer fastn. sp. 100" (2840, 12 Keller).
so auch vom blasen eines spottliedes auf den eine bclayerung auf-
hebenden feind:
'zig hin, zig hin mit deiner beut,
ich halt dich hat der schimpf gereut',
lies man dem feind hoflieren.
HiLUEBHAND volkd. 245.
von der nachtigall die als musicant hingestellt wird:
(der pfiiu spricht zum Jupiter)
dargegcn hast die nachtigal
von mir und andern vögeln all
mit einer hellen stimm geziert,
den Icuten sie des nachts hofiert.
D. Waluis i:sop 1, 06, 14.
6) bildlich tmd mit humor wird von geschiilzen gesagt sie
hofieren, spielen zim kämpfe auf, der sonst auch einer hochzeit,
etnetn fest verglichen wird:
sie hflbend an zu schieszen,
der plalzgraf im {Franz von Sickiiuien) hofieren liesz.
Uhlahd vulksl. 403 ;
also tieng man die hochzeit an (die einnähme von Doornick),
«irei singerin (kunvncii) die selten gan
dem brcwtigam hofic^ren. Uiluebrako volksl. 03.
7) hofieren wird weiter gewendet auf das hofgemäsze, der
höheren gesellschaß angemessene verhalten im allgemeinen, wie es
steh in Unterhaltung, gang, kleidung n. ahnl. kund gibt:
(die frau spriclil) das ich mich so hnbschlich kan zircn
mit singen und tanzen und hofircn. fastn. sp. 103, 24 ;
ironisch sagt Bbant:
ettlich die dOnt also hofieren,
da« sie (hi-i lafel) das brot vast wol beschmieren,
mit scliniutzgen (friiiiini) honden, pfeffer bry,
do mit es wol gcsalbct »y. nurrensch. HO', 147.
speciell in beiug auf den aufwand tm sehmausen und putz; so
iiwderldndifch: hosireu, epulari, comessari, agitare conviria,
sphndide et taute vivere aulico tnure , neben hovcn und hof
honden. Kii !*.'< ; vergl. in Vorarlberg liofierig, schmaus in dem
von einem neuvermählten jmare bezogenen hause. Fhojim. 4,321.
hd. was sind aber die fürstcn? sie sind nichts denn lyran-
sttt>, . . unser blut und srhwcis vcribnn sie mit hofflcrcn,
mit onniltzein prarht, mit huren und hüben. Mo.ntzrii bei
LoTn» 3, 12'.^; der drille son ton der andern frawen, ikti
aiit tauzeu, springen und boficreo umbgangen, bal sein daluiu
auf gute tage, lust, und freudc gesalzt. 4, 30'; euch Schwär-
mern, die ihr alle tage hofiert, alle tage /u gaste seid, musz
freilich ein solches leben tod dünken. Lessing 12,247; daher
prangen überhaupt : sie {die vernunß) wolt gern mit irem leiden,
wie mit allen andern werken, hofieren. MtisTztR bei Luther
5, 315' ;
ich urlail iimb sein prankiorn
und ümb sein groszs hofiern. fastn. ap. 786, 11.
tanzen, vortanxen: hofieren, den tanz füren, jrracsuüare Maa-
ler 229';
Egkereich, hebt mit leiren an!
wir wellen uns frischlich ziern
und gen einander holfiern. fasln, sp. 455,20;
auch von Ihieren:
als nun die (abgerichielen) allen lang hofieren,
thet sich der gestc frcud vermehren,
warf er (ein ijasi) die nusz in die rappausz :
da war ir tanz und spielen ausz.
B. Waluis Esop 2, 22, 25 ;
da thäl er (Hans Sachs) einen narren spüren (wahrnehmen),
mit bocks- und alTensprüng hofircn. Götue 13, 129.
8) transilives hofieren: also hofiert IJicnspiegel die braut
mit dem jungen hengst, mit schonen Sprüngen (er läszt der
braut zu ehren den hengst galoppieren). Ulensp. s. 99 «o. 07 ; in
Baiern einen mit hrandwein, hier u. s. w. hofieren, Uin trac-
ticren. Schm. 1, 1061 fromm.
y) der euphc7nismus hofieren für cacarc, seit dem 15. jahrh.
nachweisbar, lehnt gewis an hof 2, sp. 1655, den offenen wirl-
schaftsrautn an einem hause an, als die stalte wo auch der dänger
aufbewahrt wird (vgl. auch oben hofgang): sie {die eitern) haben
dir pappen ingestrichen, dein windlen usz geweschen, die du
beschissen hast, geabenlluirt, es heiszt ielz gehoffierl, du
werest in deinem wSst verdorben. Keisersbekc emeis 0 3* ;
ao. 1301 . . ward kaiser Carl ein söhn geboren und zu saut
Sebalt getauft wurden, der soll in der tauf gehoffiret haben.
Ai«r;(&. chron. bei Schm. 1,1002 Fromm.; fürwar hie were es
zeit, das man solchen tapfren kriegsbelten in die scheiiiei-.
hofieret. Luther 1,3*4*; i.\/, ich mich zu tod hofiert, wie
Arius. Aluerus widder Witzeln M6'; auf das beuslein holiercn
gchn. Katziporus Lo'; dasz . . . der röin. bieneiiküiiij; imb
macht in seinen eignen honig zu hofficren. Fischaht bienk.
48'; ich red nicht in träcbler, und hofier auch nicht in die
sip {lue siebe), groszm. 15; in der nacht ward er gar krank
und hoffiert in das belh. Tn. Pi.ater 154; dann sie koiilcns
machen wie der teufel, von welilieni man zu sagen pllcfl,
dasz er zugleich laufe und {s. v.) hofire, und doch nichts am
wege versäume. Sitnpl. 1,167 Kurz; es ist ein böser \og(l,
der ihm sellwit in sein ncst hofieret. ScnoTTia 112^'; wer
sich in dem hart grasen lasset, dem hofiret man zuletzt gar
auf das maul. Pistokius thes. par. 3,9; wer in die stubcn
hofiert, und wer es binausz trägt, hat gleichen dank. I0,4fi,
s. 1008; das kind, so in die stubc hofiert, ist gemeiniglich
das liebste, s. 1009; hab ichs dan schmecken künncn, dasz
ihm die Leipziger in sein astrologisch-prophetisches perspectiv
hofieren werdn. ScnwAUE (infen/". Bs'; mit dem kleinsten, so
noch in die windel hofirt , liest er im Virgil. I'i.ate> 260.
transitiv: gold hofiern. Simpl. 2 (1713) 504;
dasz er hin auf den mist ging liofirn.
fasln, sp. 222, 15 ;
wenn man mir in mein werksladi srlioi^zi,
der dreck mit dem wasser hinOeuszt.
so man euch In die ewr hofiert, . . .
bleibt drinn ligen derselbig dreck.
n. Waldis lliop 4. 38, 51 :
der weit (ein Spanier i*t gemeint) in deiner kammer wird
zu eine.); sau, so da hofllcrt,
in seinem bett es stinkt von schweisz. Opel m. Coun 404,58;
allein, wer so viel fri.^zt, der musz,
mit gunst! auch viel hofiren. Körgkr 27';
die kinder hofiren in die stuben. Göthk 13,67.
bildlich, als zeiciwn von Verachtung:
was die blscholT und cardlnal
zu Trident rtecrciiren :
das thnn die ketzrr allzumal
^ar scliimpflirli cludircn,
ja, thcils wolln gar hoflirrcn drein.
Soltau volksl. 465 {vun 1622).
10) das verbum ist, so weit es nicht dinlcctisch noch lebt {no. 8),
der modernen spräche fremd geworden {wie denn fchvn Stikie«
846 vor seinem gebrauche tu der hohem Schreibart abrät), höchstens
in der bedeutung i» noch allgemein verstanden, wo neuere schriß-
1 geller et in andern bedeulumjen brauchen, gcfdiichl ts in aUtr-
1685
HOFIERER — HÖFISCH
HÖFISCH — HOFKATZE
1686
thümelnder Sprechweise oder um ein alles trort wieder aufzu-
frischen. vielleicIU ist es in der unter 7 tniigetheilten stelle aus
Lessing eine mundartliche reminiscen:.
HOFIERER, m. nach dem verbum kofieren in me)treren be-
deutungen bezeugt.
1) nach hofieren 2 höfischer Schmeichler, so bei Stieler 846
(s. unten no. 6), bei Klopstock : ein mäcenat gab wider einen
seiner hofierer eine klage ein, dasz ihm dieser auf eine ehren-
rührige weise stolz beigemessen habe ; und der hofierer hatte
doch weiter nichts gethan, als in einem langen abschnitte
von der edlen ehrbegierde eine nicht \iel küi-zere anwendung
auf den inäcenaten gemacht. 12, 56.
2) nach hofieren 3, verliebter, ein hofmacher: darumb haijent
die hofierer der minnen göttin Venus. Megenbebg 62, 18 ;
Werber oder hofyrer. cariante zu 226, 12, vgl. s. 525.
3) nach hofieren 6 am ende spielmann, musikant: (nachdem
zur kenntnis gelangt ist) das den gesellen, die ye zu Zeiten
von ainicher prawt und lawtmerung (verlobung) wegen nachts
mit den staltpfeifern iren freunden hoffiereu, mitsambt den-
selben hofierern vor oder nach volpringiing des hoffierens
köstliche mal gegeben worden seiudt. !^ürnb. poliz.-ordn. 75 ;
einicher hofirer oder spilman. 91; so musz ein pfleger alle
jähr bestellen zu unsers herrn leichnams tage hofirer, die
vor dem sacrament hofiren . . . und derselbigen hofirer sollen
sein: einer auf der lauten, einer mit dem portativ, und einer
mit der quintern. anz. des germ. mus. 1SC5 sp. 67 (von 1442) ;
mit den fechtern, Springern, hoffirern und andern behenden
leuten. A. v. Evbe bb' ; also nam er sich an (gab er vor) er
were ein hofierer, dann er auch meislergesang kundt. Wickra«
rollw. 35,22;
sambt eim hofirer, das wir tanzen. II. Sachs 3, 1, 19S*.
4) nach hofieren 7 am ende tänzer, vortänzer: hofierer, der
Tor anderen anhin tanzet, choragus, vortänzer, schicker, praesul
Maaler 229* ; wo sind nun die in den federen, in krenzen,
die hoffierer an tanzen, und die uff der gassen mutwilHg
sind. EiTERLis chron. der eidgen. (1507) 26'.
5) auch allgemeiner, der da prangt, aufwand macht: zu der
unter hofieren 7 sp. 16S3 gegebenen stelle Lctbers 4, 39" steht am
rande Jubal ein hofierer.
6) Stieler S46 verzeichnet das tport unter andern bedeutungen
auch nach der von hofieren 9: hofirer, venerator, cultor, para-
situs. sed et conquiniscentem et cacantem vocabulo modesto notare
solet.
HOFIERUNG, /". reneratio, observanlia, eiiüus, honor, Studium,
it. blanditiae, suaritas, urbanüas, et haut raro ipsa exoneratio
ventris. Stieles 846.
HUFIG, adj. l) zu einem hofe (edelhofe) gehörig, ihm ver-
pflichtet: da die dingelutc, ader anders genant die hofigen
lüde, pflegen gericht zu besitzen und zu halten. ip«s/A. 3, 4S6
(Wettcrau v. 1441); also nu die hoifigen menner nidergesessen
waren mit dem schultheiszen . . und dasselbe hoifige gerichte
bestalt und geheget wa; als recht ist. 5,307 (das. von 1443);
item wart gefragt, so eime soliche hoifige gute ufersterbin
und an ine komen, in wa; zite he soliche gute emphaen und
hoifig werden solle, ebenda.
2) im Berner oberlande ist höfig so viel icie höflich, wolgesütet.
Stalder 2, 50.
HÖFISCH, adj., mhd. hövesch, l) tr je höfig 1 zu einem hofe
gehörig; einem frohnhofe angehörend: ein ieglicher hovischer
mann (mann des domprobsteilichen frohnhofes zu Frankfurt),
weisth. 6,750; ein probst oder sein geschworner Schultheis
mag vor den schepfen allen oder eintheils in seinem hove
zu hovischen leuten empfangen und uffnemen igliche frome
leute. 751; solch ungepottcn ding oder hovisch gericht. 753
(und noch oft in diesem weisthume). einem fürstenhofe ange-
hörend: (die bulle Clemens VII) zeigt auch an, was die höfi-
schen zu Rom, und frembden zu thun schuldig sind, den
ablas des jubeljars zu erlangen. Luther 3,92';
der herzöge was selber mete uf der fart,
und sin bruder der bastart
und mancbir hobischir man. Liiiemcro!« volksl. 2,86'.
einem ßrstenhofe eigen, an Um üblich: also soll ein kluger
hoffinann thun, den höffischen verheiszungen zwar glauben,
aller mit forcht und Vorsichtigkeit. Zinkgref apophth. 1,2S4;
nun hört sie nichts mehr von ihm, als höchstens berichte
seiner höfischen freuden. J. Paul Ilesp. 3, 99 ;
du findest mehr behagen
an höfischem gerauscb. Wcelamd 18, 198.
2) höfisch auf das feine und zierliche in erscheinung, betragen
und reden, wie es an einem ßrstenhofe erfordert wird, bezogen :
höfische, den unterschied der stände mit sorgfältiger pünct-
lichkeit bezeichnende phrasen, welche von der höflichkeit,
die auch sich gleich achtenden nothwendig ist, ganz unter-
schieden sind. Ka:<t 5, 270 ; die französische nation ist höf-
lich, wenn es gleich jetzt auszer der mode gekommen ist,
höfisch zu sein. 10,352; keineswegs hab ich sie zwischen
diese geweiszten wände in diese höchst unedle Umgebung
berufen; ein so schlechter hausrath fordert nicht auf, sich
höfisch zu unterhallen. Göthe 22,116;
geh im fürstenparke nicht spazieren,
wo sich büsch und bäume böflscb zieren.
Ri:csERT 39S;
da tanzt die schöne herzogia,
sie lacht laut auf beständig;
ihr tänzer ist ein schlanker fant,
gar höfisch und behendig. H. Heine 18, 30.
3) auch mit tadelndem beisinne, mit betonung des kalten,
lidigen, oder auch schmeichelnden des höfischen Verhaltens: der
höfische mentor halle keinen begriff davon, dasz man einem
jungen fürslen die ausübung aller lugenden . . . unter der
gestalt von Verbindlichkeiten vorstellen müsse, deren for-
derunjen eben so dringend als unverletzlich sind. Wiela.nd
7, 11 ; sie ist durchaus höfisch und liebt niemand, als aus
eigennutz. Tieck 12, 324 ;
nie durch höfisches lob zu entweihn
die heilige dichikunst. Klopstock 2, 11 ;
deutlich seh ich nun
die ganze kunst des böfiscben gewebes!
mich will Antonio von hinnen treiben,
mid will nicht scheinen dasz er mich vertreihl.
GoiHE 9, 216.
vergl. hübsch.
HOFJAGD, f. }agd, ßr einen ßräen und die glieder seines
hoflialls veranstaltet.
HOFJAGER, m. jäger eines ßrsllichen hofes, venator aulieus.
Frisch 1, 460'.
HOFJAGERMEISTER, m. hölierer jagdbeamter eines ßtrst-
lichen hofes.
HOFJOCH, n. leben an einerti ßrsllichen hofe unter dem
bilde eines jochs:
daher dan kan das hofjoch
keinem weisen lang gefallen. Weckherlik 563,
HOFJÜDE, m. Jude welcher einem hofe in handelsangelegen-
heilen fortwährende diensle leistet; inglHchen ein Jude welcher
unter dem unmittelbaren schütze eines hofes steht. Adeldsg.
HOFJUNGE, m. der an einem ßrsllichen hofe dient. Klingeb
3, 292.
HOFJCNGER, m. höriger eines edel- oder lehnhofes: ein
rechter hofjünger und ein gotshausmann des gotshaus in der
Reichenauw. weisth. 1,250; ein hoijüDger, der in den kellhof
zu Wcllhausen gehört, ebenda; und noch oft in diesem weis-
thume.
HOFJLNGERGELD, n. geldgefdlle, das unter die hofjüngerj
die einem lehnhofe unlerlhänigen genossen vertheilt wird: mein
vater hat viele jähre das hofjflngergeld bekommen, a. mann
im Tockenb. 6.
HOFJUNGFER, /*. rirgo aulica. Stieler 547: keine hof-
jungfer, die es nicht heimlich schmerzele, dasz sich ein so . .
schönes licht (Joseph) aus ihren äugen so urplötzlich ver-
loren. Zesen Assenat (1679) 15; das. 16 die vollere form hof-
jungfrau.
HOFJUNKER, m. nobüis aulieus. Frisch 1,460*, älter hof-
junkherre: sol man in ze jar ainen rock geben als andern
hofljunkherren. weisth. 4,420 (Thurgau, von 1521); — tralte
seiner hofjunkern einer hinzu. Zinegref apophlh. 2,79; als
wenn ich ein vollständiger hofj unker gewesen. Schwein icben
1,73; da werden die hofjunkern gefragt haben. . Schlppius 14.
bei Steinbach 1,817 hofejunker, nobüis aulieus, purpuratus.
HOFKAMMER, f gericIUs- oder Verwaltungsbehörde eines ßrsl-
lichen hofes (vgl. kammer theil 5,113.114).
HOFKAMP, m. kamp, stück feld zu einem bauerhofe, edelhofe
oder scldosse gehörig, in Westfalen. Wilhelm Snuthen garten au
dem hoffkampe gelegen, pachtbrief d. d. Elverfeld 7. sept. 1546.
HOFKANZELLEI, /. grammatophylacium aulicum. Sheler 929.
HOFKANZLER, m. aulae canceHnrius. das.
HOFKATZE, f. höfling, mit verüclUlichem beisinne: was die
hofkatzen darzu geredl. Zimmer, chron. 3, 400, 2 ; der canzler
gas darneben, half zu dem allen, wie dann die hofkatzeu
lOß*
1687
HOFKELLER — HOFLAKAI
HOFLASTER — HÖFLICH
1688
solchs im geprauch, lechlet darzu, und gefiel im alles wol.
4, 39, 6.
HOFKELLER, m. keller ßr den bedarf eines ßrstlichen hofes.
der Vorsteher desselben heiszt der Lofkellormeister.
HOFKIND, n. l) eddknabe oder Jungfrau an einem fürst-
lichen hofe {vgl. kind 11, 3, p, Iheil 5 s/». 711):
(Insz linder allnn holTkinden
der voririt wurde mein, fastn. sp. 411, 21.
2) nach kind 11, 7, a, theil 5, 717, der auf einem lehnhofe
geborene uiUerlhan, durch geburl dort eingesessen: man sol auch
dieselben dingen (gerichlslage) iewcders vor sime zil alile tage
anvohen zuo gebietende den liofekinden. und wolem hofe-
kinde das gebot in denselben . . verkündet wart, der sol bi
sime eide . . gehorsam sin zuo dem ding zuo kummende.
weislh. 5, 3S5 {Elsasz von 1349).
3) in Westfalen, das kind einer hoßOrigen person.
HOFKIUCHE, /". kirche ßr den gebrauch eines ßrsten und
seines hofes. davon der hofkirchner, bescidieszer und Verwalter
einer solchen kirche.
HOFKLEID, n. stalUiches kleid, tvic es an einem ßirsÜichen
hofe getragen wird, niM. hovekicit : pfahgraf OUheinrich bei Rhein
gewährt seinem apothcker jährlich zway liofclaid wie anderm
unserm hofgesind. urk. v. 1551 im anzeiger f. künde deutscher
Vorzeit, jahrg.li'i, sp. 152; Ludwig XVI von Frankreich ward
zu einer zeit, wo fast alle fürsten den soldatenrock trugen,
nur in hofkleidern sichtbar. Beckers wellgesch. 12,73;
das er auch holTkleider het gemacht.
n. Sachs 3, 3, 70'.
HOFKLUGHEIT, f : ein jeder cavallier qualifirirt sich in
der höfligkeit und hoff-klughcit am besten durch besuchungen
viler hoflialtungen. Dctschky Palm. 6S5.
HOFKNECHT, m. knecht der auf einem herrenhofe dient;
auch hoßöriger knecht: der waibel sol alle hochzit ze hof
{auf dem bischopichen hofe) essen, und soll man im darzu alli
hochzit geben zwölf brot und zem jar aincn rok als andern
hofknechten, weislh. 4,420 {Thurgau von 1521).
HOFKOCH, m. coquus aulicus. Stieleii looo.
HOFKÖMG, m.: Gustav III {von Schweden) wurde nicht
vülksfürsl, sondern hof- und heerkönig. BClaü neue jahrb.
IMG, 10. heß s. 371.
HOFKKEIS, m.: wie die bestimmwürter . . eilen und fliegen
müssen, um ihren hofkreis schnell um das grundwort als
ihren fürsten zu ziehen. J. Paul über die deutschen doppelwörter
s. 75. im plur. die hofkreiäc, die um einen fiirstltchcn hof sich
gruppierenden gesellschaßskreise.
HOFKRIEGSRATH, m. in Wien ein kaüerliches colleg für die
(berste Verwaltung des kriegswesens.
HOFKLCHE, f culina aulica. Stieler 1001 : seiner mutter . .
eine halbe hofküche in der lasche zuzutragen {delicatessen aus
einer hoßüche). J. Paul leb. Fibels s. 58.
HOFKL'.NST, f. kunst wie sie an einem fürstlichen hofe geübt
irtrd; leiden und danken ist die beste bofkunst. Simrock
sprichw. s. 335; mit dem nebensinn der lisl, intriguc: sie haben,
dünkt mich, der biegsamen iiofkunst den ganzen Präsidenten
zu danken. Schiller kab. u. liebe 3, 1 ;
czaar Feodor^ ein jfingling scliwaclicr kraft
und blöden gelsts, liesz .seinen obersten
Stallmeister walten, Moris Godunow,
der mit verschlagner hotkiinsi ilin beherrschte.
th'inctiiiiii, 1. ititfz., V. 93.
HOFKLTSCHE, f. kutsche die an einem fürstlichen hofe in
gebrauch ist.
HOFKLTSCHER, m. kulscher an einem ßrstlichen hofe: im
groszherzogl. hessischen regierungsblalt no. 4 vom ;. 1872 vird ein
hofstallbeiknccht zum hofkutschrr ernannt.
H()FLA(]ER, n. sedet principis cum famulilio suo extra aulam.
Frisch 1,400'; aber auch gewöhnlicher die feste residenz eines
fursten, {>ft Steimrach 1,1011 hofehiger, scdes regiii ; dasz mein
herr i. f. g. in dcro Imllager wolle besuchen. Schweimchen
1, :<M) ; an den hof de^z löblichen käysers Theodosii, von
welchem die gcschichlsrhreiber sagen, dasz sein kiiyserlichea
hollager racbr einem Rtillen, ordenllirhen kloslerleben, al»
einer hofbaltung gleich gewesen «ei. ScntPPius 4(;i ; halle er
den Euripides unter sehr vurlheilbaflcn hedingungcn ver-
mocht . . nach Peila an ücin hoflager zu kommen. Wibianu
1», .133.
HOFLAKAL m. lakai an einem ßrstlichen hofe:
«nndl ihr no m.Tnrliri hUlPi doiu
durch »<•!!■'■ '.-■II .L ...•-. II...,, .| ii'lm.
HOFLASTER, n. lasier une es an fürstlichen Iwfen zu treffen:
Tacilus hat die hufelaster zwar entworfen, aber nicht gehil-
lichet, wie Machiavellus. Butschky Palm. 496.
HOFLEBEN, n.' vita aulica. Frisch 1,460' {vergl. oben hofe-
leben): die ritter und edlen, die dem hoffleben umb inüszig-
ganps willen nachziehen. Zinkgrek apophlh. 1,8; weiter sagt
er (!\abius) vom hoffleben, es sei gleich einer hadstuben, da
die, so darin sein, heiausz, und die hicausz sein, hieneia
eilen, item, wer die freiheit liebe, hab ein abschcnen vor
dem hoffleben, s. 275 ; das hoflebcn, bofessen bat ihm völlig
den garaus gemacht. Götiie an frau v. Stein 3, 71 ;
glick zu, du hof und du hoflebcn,
da wenig trauben und vil rebcn. Wkiikhrrlin 834."
HOFLECKER, m. Schmarotzer am hofe, mhd. hovelccker
(Lexer wb. 1,1362): als denn groszen lierren geschieht von
den hoficckern, die sie loben, auf mein eid herr ir haben im
recht gethon, so went {glauU) er denn es sei also. Keisers-
«erc Sünden d. munds 3l'. auch höfischer feinscitmecker : das
fleisch desz fisches wirt allein von den reichen und hoff-
leckern begert. Forer fischb. 42*.
HOFLEHEN, n. fcudum guardiae, gnstaldiae, in curte, quando
dominus aliquem de feudo co paclo investit, ut in aula sua ahquo
muiicre fungatur. Stieler 1126.
HOFLeHHE, f. lehre für das verhalten an einem ffirstUchen
hofe: einem guten bekannten, der an einem holl kommen
solle, gab er diese hofflehr auf. Zinkgref apophlh. 1.2S4.
HOFLEHRER, m. lehrer un einem fürstlichen hofe : vielleicht
ist Karl XII seinen hofleulen und hoflehrern gar zu früh
entsprungen. Klinger II, 317.
HOFLEIBLEIN, n. kleines brot für die fürstliche tafel (vergl.
oben hofbrol) : hoflaiblein oder röcklein backen. Hohrerg
2, lOO'.
HÖFLEIN , n. kleiner hof, in allen bedeutungen von hof
{sp. 1654^".): höflein, areola, viltula, praediolum, impluvium
Frisch 1,460'; höfle, areola domus, atriolum, böfle im haus,
zwüschend zweien mauren, andron Ma.sler 227*; niunentlich
auch gesellschaß, unterhallungskränzchen : hanlwerksknechl, die
. . . alle höfflein, schenk, kindpolt etc. auszwarten. d. städlc-
chron. 3, 142, 22. s. höfel.
HOFLEUTE, plur. 1) nach hof 3,rf, sp. 1056, liofhörige, einem
edelhofe unterthänige leule ; man sol och die hoflült zuo Ror-
schach mit dhainem frömbdcn aniptman wbcrsetzen. urkth.
1, 234 {von 1469) ; zwei brüder von Geusau versprechen als sültnc
eines Vergehens der Stadt Halle: zehin gewapinthe rüstiger und
wolerz€ugtcr boffelüthc uff ir kost und zerung und unsir
ebintbur und schaden zu yrein werbe und behuf vir wochin
zu dinste (2:1« senden), uik. von 1455 bei Drevhaupt Saalkreis
2, 302.
2) spielleulc, musikanten : der chünig macht ein gro? Wirt-
schaft . . so chomen auch dahin holliiut von manigen landen
mit allerlai saiteuspil und pfiffen und crzaigten ir chunst da
vor den gesten. quelle />cj Sciim. 1, 1002 yVomm. die bedeutung
geht hier von der allgemeinen: aufwärler, dicner bei hofe {vgl.
hofieren 1) aus, und hat sich mit rficksichl auf huiierer 3
sp. 16S5 spezialisiert.
3) gewöhnlich {nach hof 7 sp. 16:)6) Umgebung, höhere diener
eines fürstlichen hoßialts, mhd. hoveliule : hofleule, miniUirium
aulae, famulitium aulicum Frisch 1, 460*; gleichwie wir durch
viel trühsal ins reich goltes müssen, also fahren viel hofleut
durch viel irrsal ins teufcis reich. Opel «. Cohn 373; die
leutc, mit denen ich umgeben war, iiatlen keine ahiiung von
Wissenschaften; es waren deutsche holleute, und diese klasse
hatte damals nicht die mindeste cultur. Güthb 19,275; dasz
doch unsere hofleule auch das gemeine höfliche nicht immer
beobachten mögen, an Voigt 214 ; wo macht mehr al.< hier (in
Deutschland) das corps der hofleule eine ganz eigene gatlung
aus? Knicce umg. «1. menschen 1,10;
diu tioirieut (ich wcisz ihr nntur)
dfukon auf leiicn ((. lutic) «uppon nur. Gn.Ri'siis 22.
I. hofinann.
Höflich, adj. und adv., auf hofgrmäste veitt, nach art
eines furstlirhen hofes, mhd. noch oline umlaut liovclicli, was
auch in »/xJicrn nhd. quellen nocli nachklingt: liolisch vel -lieh
cumlis, curialiter. voc. ine. theut. k 3*.
1) in allgemeiner Itcdrutung: unter den Völkern, die nach
höflichen rechlen regiret werden, wiiltel sie {die herschsucM)
mit »chlatigen-tilicheii. Rltschhv /Wm. 0'>.%; es sihef der hof
etoes potciitatiii . J:i \i'isi:iiui und gfitchtigkeil zu i.ihtc
1689
HÖFLICH
HÖFLICH— HÖFLICHKEIT
1690
sitzen , dem hellen firmanient ähnlich , wenn es mit dem
strahl der sonnen seiner untertahnin, der erde, alle ange-
nehme beförderungen tuht . . . der prinz, als das giildne herz
und leben eines so höflichen stats-himmels, leuchtet in seiner
majestätischen klarheit . . . 730.
2) auf das äuszere ansehen gewendet, stattlich, ansehnlich, vie
schon mhd. hoveliche kraft, hoveliche schar Lexer wb. 1, 1362 ;
so die kleidung betonend: bischof Gebhard war ein höflicher
her, trug gar schöne kleider an. . . . graf Babo liesz seine
32 söhn anthun so höflich und hübsch es immer sein kunt.
AvEXTis bei Schm. 1,1062 Fromm.; schiceiz. hofelig schmuck
gekleidet. Stalder 2,49. auch in bezug auf anderes: mit \il
andern hoflichen essen, kucitenmeisterei a2 {vgl. dazu Lessisc
11.322); das sein czwey essen gar hoflich von vischen ge-
geben. a3; mach es von hoflichen varben, das stet wol czu
gesiebte. a5.
3) häufiger aber auf warte, untcrhaltungskünsle, sitten, betragen
bezogen, wie sie einem hofe gemdsz sind, also fein, gesittet, artig :
aulicus hofflich o. züchtig Dief. 6l'; facetia ein hofelich ge-
swetz i schimpfrede. 222'; darumb was Jacob mit höflichen
Worten redet . . . das redet Mose schlecht und einfeltig.
Mathes. Sar. 2'; ich red alihie nit von schimpflichen höf-
lichen bossen und fahlen. Kirchhof wendunm. 227'; neben
diesem haben Eumolphus, Museus, Orpheus, Homerus, He-
siodus und andere, als die ersten väter der weiszheit, wie
sie Plato nennet, und alier guten Ordnung, die bäurischen
und fast viehischen menschen zu einem höffliehern und bes-
sern leben angewiesen. Opitz poeterei 3; machet 16 schöner
fabel, die voller weiszheit, guter lehre, und höflicher ver-
mahnuog sein. Schuppids 82S;
die poetrey,
darinu an tag zu geben frei
mannicbes höfliches gedieht. II. Sachs 4, 1, 124'.
ron einem menschen, welcher sich durch derartiges auszeichnet:
facetus ein kluger o. hofifelicher reder Dief. 222';
dö nam ich der ritler war
und markte ir geverte gar.
si wären hovelich und gemeit. Helmbrecht 921 ;
so können die Amsterdamer Achilles und Polytena . . fas-
dem Seneca, und Terentio dem höflichsten under allen lateit
nischen scribenten, an die Seite gesetzt werden. Opitz (1624)
an den Icser A* ; indem ich dieses {von Hiobs geschtcüren) sag
und noch mehr davon zu sagen hätte, werdet ihr vielleicht
einen eckel empfinden, . . und denken, solche rede gehören
ins hospital . . gesunden und höflichen leuten aber solle man
damit nicht molest sein, darum brech ich ab. Schuppics 167;
denn artiich ist geziert dein leib,
hölTlich bistu von sitten,
züchtig dein zung, feins mcgdlein jung.
Ambraser liederb. no. 227, 43.
höflich adrerbialiseh : höflich wol und geschicklich reden, facete
et commode dicfre. Maaler 229* ; drunib da unser Jotbam sich
bei wilden und groben leuten auch wolle hören lassen, denket
er auf ein werkliche fabuln, darinn er Mosis, Josue, und
seines lieben vatters Gideons treue dienst und unzehtiche
wolthat, höflich in den dreien fruchtbarn bSumen widerholet.
Schüppius 833;
der buchsbom sprach : ich bin so fin,
usz mir macht man die krenzclin
und treit mich raeache schöne jungfrow
gar höflich zu dem tanze. Uhland vulksl. 30;
dein lachen steht dir höülich an.
Ambniser liederb. no. 227, 36 ;
und welcher gleich nit danzen will,
der hört doch höflich singen. Garg. 8S*;
die Junkern giengen seichte,
sie waren nicht weit her, und zu erreichen leichte,
wanns hüriich wo gieng zu, so klang ein reuterslied,
der grüne tannenbaum und dann tter linde-schmicd.
LocAO 2, 13.
in den sinn leise, bescheiden übergreifend, wie noch jetzt schireiz.
hüfeli, hofelig, höfeli, was dann auch zu nicht ganz, kaum,
mittelmdszig verläuft. Stalder 2,49. Tobleb 271*:
ear thät die tbüra Tein haoOi auT,
schleicht d'steaga nauf, man haerta nit tappa.
iChtcäb. lieä grijen 1033, bei Fbohi. 4,88,11.
4) aus dieser bedeutung {no. 3) hat sich seit langer zeit schon
die heule noch einzig gebliebene ron höflich herausgebildet, die
nur noch auf das feine, artige verhalten gegen andere, im Um-
gang und gespräch mit ihnen, zielt; schon im 15. jahrh. liegt
in urbanus hoflich Üief. 629' dieser Übergang des Sinnes an-
gedeutet: bedankte sich der burger ganz höflich. Zinkgbef
apophth. 2, bü ; {als er ilim) gern sein unvernüglichkeit hofflich
zu verstehen geben wolle, s. 92; gar zu höflich sein wird
grobheit. Schottel 1142* ; er war ein feiner stattlicher mann ;
höflich und abgeschliffen, wie ein mann, der mit mancherlei
arten von crdensöhneu umzugehen gelernt hat, zu sein pflegt.
WiELA.ND 10, 31 ; die Abderiteu hattens gar zu gern, wenn
man fein höflich mit ihnen sprach. 3'2S; einer von ihnen
sagte zu mir: 'aber herr Klotz ist doch immer so höflieb
gegen sie gewesen, sogar seine recension der antiquarischen
briefe ist noch so höflich I' noch so höflich? der bauemstolz
selbst hätte sie nicht gröber und plumper abfassen können.
Lessi!«c 8, 208 ; Moltr. eine ehre ist der andern werth. wenn
jemand auf dieser halbinsel eine gurgel für* eucii überzählig
hat, befehlt I und ich schneide sie ab, unentgeltlich, t'iesko.
eine höfliche bestiel sie will sich mit fremder leule gurgeln
bedanken. Schiller Fiesko 1, 9 {später in höllische bcstie
geändert); höfliche worte vermögen viel und kosten doch
wenig. SixROCK sprichw. s. 256 ;
selbst seine Yastola scheint ihn mit höflich kalten
formalitäten mehr zu scheuchen als zu halten.
Wiela:(d 18,204;
das alte Sprichwort ist nicht hohl :
mit groben leutcu bönich sein,
lieiszt wusser gieszen auf einen stein :
der stein wird nicht durch wasser weich,
der laur nicht mild durch höflicbkeit. s. 374 ;
sei höflich, man bedient dich schlecht,
den grobian zur noth. Göthe 1, 148 ;
ein mann in seinen besten Jahren,
verbindlich und höflich und weiterfahren.
U. Hei:«b 15, 151.
5) aus dem hofgemäszen hat sich in der früheren spräche auch
die bedeutung des gewandten, geschickten, klugen entwickelt: da
{nach einer treffenden antwort des Äsop) gedacht der magister
wol, dasz Esopus ein höffliger und geschickter mann were.
E. älbercs 3' ; dieser wird schamlosz, . . yhener wirt hofflich
und naszweisz, dasz er vor groszer weiszbait zum narren wirt.
S. Frank laster f ij ;
und rat den jungen meiden auch,
wo sie sehen ein jungen gauch,
der wol gelt und gelis wert hab,
das sie dem höflich straifen ab. fastn. sp. 390, 23.
selbst von einer manuellen fertigkeit: es sy denn das einer so
hüfflich mit einer vedersnur [angel) sy, das er 4n als {(Ane
alles) kerder und feimen vischen könne, weisth. l, 156 {Ein-
siedeln 15. jahrh.).
6) höflich in der spräche der bergleute, aus hofflich verderbt,
s. d. sp. 1672 :
ich weisz das höflichste berkwerk,
ist fündig überreich. Ubla:<d volksl. 893.
HtlFLICHKEIT, f, nach höflich m verschiedenem sinne.
1) nach höflich 2, ansehnliclikeit, höfische pracht, luxus. hof-
ligkeit, pracht und herrligkcit in kleideren und malzeiteu.
laulitia. .Maaleb 2-29';
durch heiigen pracht und höflicbkeit
und durch hocoprächtisch beiligkeit
führt in Versuchung er die leut.
FiscBART dicht. 2, 247, 203 Kurz.
2) nach höflich 3, höfische art des aesens, feine bUdung, hoher
anstand : höflicbkeit curialitas. voc. ine. Iheut. k 3' ; facetia hoff-
lichkeit, höfflicheit, hofflicheit 1 manierlicheit. Dief. 222'; urba-
nitas hoflicheit in sitten etc. 629'; bofligkeit, zucht, urbanitas,
condecentia. .Maaler 229* ; dises letst India ist mit aller reich-
thumb und hoflicheit des volks das fürtreffenlichst vor den
andern. Fra.vk wellb. 191* {wenn hier niclU die bedeutung 1
gemeint ist);
umb sie seind nu vil junefrawen,
welcher schön und höflicbkeit
nimmet leichtlicb die freifaeit
denen welche sie anscbawen. Wkckhebli!« 349;
von höflichkeii hast du geberden. 372.
3) jet^, nach höflich 4, das feine, artige des leesens, sofern
es im umgange und gespräch mit andern sich zeigt; schon bei
Maaler 22</ bofligkeit, scharj)fe, stattliche kurzweilige reden,
sales. liegt der Übergang in diese bedeutung angedeutet: dasz eins
bauten höflicbkeit und curtesia nicht eher gesehen werd, als
wann er ein bescbeiszea oder sonst ein gewinn von einem
1691
HÖFLICHKEIT — HÖFLING
HÖFLINGSHERZ — HOFMANN
1692
haben will. Opki. ii. Cohn 374 (von 1621); auch, liebt ihn (den
schleichenden süszen kompUmentierton) der Verfasser überhaupt
nicht, der mehr das lob der bescheidenheif, als der hüflich-
keit sucht, die hescheidenheit richtet sich genau nach dem
Verdienste, das sie vor sich hat ; sie giebt jedem, was jedem
gebühret, aber die schlaue höflichkeit giebt allem alles, um
von allen alles wieder zu erhallen. Lessing 8,2; die allen
kannten das ding nicht, was wir höflichkcil nennen, ihre
Urbanität war von ihr eben so weit, als von der grobheit
entfernt, ebenda; er war aus dem königlichen liause, und
mich wunderte deswegen seine artigkeil etwas mehr, da liöf-
lichkeit in der regel bei uns nicht mit zu den ausgezeich-
neten lugenden der iiausoffizianten der groszen gehört. Seume
spazierg. 1,130; in der bibliothek bewirthete man mich, als
einen Leipziger, aus höflichkeit mit den actis eruditorum.
2,23; höflichkeit ist nicht Schuldigkeit, höflichkeit ziert den
mann und kostet nichts. Simkock sprichw. 256;
höflichkeit und treue
bringt nimmer reue, ebenda.
4) auch die äuszerunr;en solches höflichen u'esens : einem eine
höflichkeit erweisen ; icii hatte indesz der frau pfarrcr meine
höflichkeit gemacht {sie zur ankunfl begrüszt). Götiie 16,43;
eine höflichkeit ist der andern werth. Simrock spi-ichu: 256;
von den übrigen herren habe ich viel höflichkeil erhallen,
aber nichts zu essen. Seume spaziert]. 1,39; auch im phiral:
er hat mir viele höflichkeilen erzeigt.
5) nach höflich 5, Idugheil, gewandllwü: (f 50/;) berühmt, beide
seiner guten schwenk und höffligkeit halben. E. Ai.berüs 14'.
6) höflichkeit, in der spräche der bergleule, hoffnung enegcude
beschaffenheil eines erzganges. Veith bergwOrterb. 274. i'y/. höf-
lich 6 wnrf hötriich.
HÖFLICHKEITSBESUCH, m. besuch aus hüßichkeit. Gotter
3, 54.
HÖFLICHKEITSBEZEÜGÜNG, f. Kunger 10, 100.
HÖFLICHKEITSFORMEL, f.
HÖFLICHKEITSWORT, n.: übrigens tadle ich auch nicht
ein gutgemeintes höflichkeitswort. Knigge umg. m. m. 1,63.
HOFLIED, H. lied von höfischer art {im gegensalz zum gasscn-
hatier, Volkslied) : kam der hofmaister und sprach dem Moringer
zu, den er doch nit kant: wolan, bilger, es ist der sit, das
ain ieder frembder ain hoflied singen soll. Zimmer, chron.
1,2S9, 30;
und ge die gassen auf und ab,
zu fröden singend deinem lieb
sunderleich da? hofelied. rimj 12», 18;
die freuen begunden auch zu singen
ein hoflied von der neuen lieb,
was sie wer und warauf sie blieb, fastn. sp. 1409.
vgl. hofelied.
HOFLIN? von der gangart eines pferdes: den pasz gähn, den
mittelpasz, den trosz, den tritt, den schrill, den trab, den
trott, hüflin, den zeller, den klop, den Ireckenarl, den
tamolin, den eselslrill, den treischlag. den stapf. Garg. 132*.
Höfling, m. l) gUed eines fürstlichen hofhatles: auiicus
hüveling, hovelinck Dief. 61*; reyen der höflinge. A. Gryphiüs
lüOs 1,42 {daßr reyen der hofeleule. s. 6); so pllegle auch
Goethe im tone einer humorislischen ironie dasjenige zu
sagen, was er, der staatsminisler und höfling, nicht unum-
wunden auszusprechen wagte. H. Heise 6, 147.
2) der die lebensart eines solchen hat : ach, der kerl (prediger)
bat mich ja mit seinem calcchismus wolgebrüct, ich habe
vermeinet, er sei ein höfling und ein eslatsmann, allein ich
sehe, dasz er auch ein pedant ist. Schuppius 504.
3) jetzt meist mit tadelndem nebensinne und mit hervorhebung
der eigenschaßen des egoismus, der glätte, list : um von einem
to schlauen hOflinge nicht unvermerkt ausgckundschaflel zu
werden. Wielakd 3, 11 ; der moralist des prinzen Isfandiar
war, wie es scheint, ein zu guter höfling, um ein guter sillen-
lebrer zu sein. 7,13; dasz er, als er dem sultan seinen be-
richt erstattete, nicht daran denken konnte, die aus seinen
augcD funkelnde freude hinter einem nebel von angenom-
menem gram zu verbergen, wie ein besserer höfling, als er,
zu thun nicht vergessen halle, h, 402; von hOflingen erzogene
forsten. Ki-incKh 12, Is. sprichwörtlich : wann die wolfshaut ist
abgezogen, Meht der höfling ganz nackend. LEnMAiti« 28;
wo nicht die rromme reue fleucht,
durch wolluit, Islxclie WRinheit, louie «rhmeicheleUn
des honiDg« wrpi^rgrheurhl. Hamlkii 1, 52;
<te« b^ning« btlies herz. Gontii 1, 113;
freiheit! der hfifling kennt den gedanken nicht,
der Sklave. Stolberc 1, 18;
ein niedcrträchtger bube,
ein höfling musz es .sein, ein Spanier.
Schiller Wullcnxieins tod 2, 6.
4) höfling, lito. Haltaus 937, hofgehöriijer, leibeigener.
HÖFLINGSHERZ, n..-
für welcher golheil thron
sich die höflinghcrzen neigen. WECKBERLni 561.
HüFLINGSSCHAR, f. :
die höfling.-ischaar im kreise verlernet jeden spott.
Uhland ged. 391.
HOFLINGSTAND, m.:
und er sehnte .sich ekel zu höfliugstand und des mundkochs
mischungen heim. Voss Luise 1, 71,
der spätem redaction; fnVier:
und er sehnte sich ekel zur kost der französischen koche
und zum gezier der höflinge heim.
HOFLIST, /". .• wenn er diesen tugendhaften scribenten
{Tacilus) zu dem ende lisel, das er die hof- und tjTannenlist
lerne erkennen. Rutschey Palm. 496.
HOFLIVEREI, f. color et ornamentum vcstium famulÜH aulici.
Frisch l, 460'. jetzt in der form hoflivrec.
HOFLOHN, «I. remuneratio aulica, i.e. ingratUudo. Stieier
1175.
HOFLl'FT, /■. laß wie sie hei liofe irelit, bildlich für die Stim-
mung und anschauung der hofkreise: wie ist ihnen gestern die
kalte hofluft bekommen? Rauener 6,113; in diesem ange-
sehenen, wohlcingerichteten hause {des ministers graf Stadion)
wehte ihn zuerst die weit- und hofluft an. Göthe 32,236;
{er erwog) wie . . die hofluft leibeigen mache, so wie nur der
poetische himmel-aether frei. J. Paul Tit. 3, 16.
HOFLUST, f. : Ferhabad {die reside7iz) lag . . höchst günstig
zu jagd- und hoflnst. Göthe 0, 198.
HOFLllSTBARKEIT, f ThMmkl 3, 294.
HOFMÄDCHEN, n. auf einem edelhofe dienendes mädciten:
derma leinst ein geschicktes hofmädchen, denn der tifel kain-
merjungfer war zu der zeit noch nicht üblich, daraus {aus
der dirne) zu erziehen. Moser palr. phant. 2, 353.
HOFMAGD, /■. auf einem edelhofe dienende, oder hofhörige
magd.
HOFMAHL, n. mahl, Speisung an einem ßrstenliofe : die hof-
raäler an der herren höfen. Garg.AO';
für blanke majestät, und weiter iiicht-s, verbluten,
wer das für grosz, für schön und rührend hält, der irrt.
denn das ist hundemuth, der eingepeit.scht mit nahen,
und eingefüttert mit des hofmahls brocken wird.
BiJRGER 102".
HOF.M ANGEL, m. plur. aulica viiia. Stieler 1230.
HOFMANIER, f. mos aulicorum. Frisch 1,460*;
den Schäferknecht glaub ich allhier zu spüren ;
vom prinzen nichts und nichts von hofmanioren.
GöiUK 41, 85.
HOFMANN, Hl. l) mann der einen hof bebaut, als eigen oder
im unterlhunenverhdltnisse : colonus hofeman, accola freint acker-
man 1 hoveinan. Voc. Vrat. ms. 15. jahih.; colonus hülinan,
holTman Dief. 133'; hoßiöriger mann: wer im gericht zuo
Tablatt sitzt, und darinn verschint uiianspr«chig mit dem
rechten ain jar sechs wochen und dry tag, den sol man
daniienthin halten für ainen bofmann und gotzhuszmann.
u'cisth. 1,224 {st. Gallen 1471); wenn ain hofman ain hofguot
ainein der nit ain hofman ist, ze koufent gilt, denselben
kouf mag ain hofman in syben nechlen nach dem und er
offen wirll, versprechen. 1,233 (tlorschach, von 1469).
2) Oberaufseher, Verwalter eines groszen landgutes : villicus, ein
Schaffner auf einem meycrhofT, hulTinann. Golii onom«].«/. (I5S2)
49 ; ritlicus, epistutes, ein vogt, meyer oder holTinann. diel, lat.-
germ. {Frankf lüio) 399.
3) geuvhnlicb diener an einem ßirstlichen hofe, glied rinn
färstliihtn hofhaltes : bofmann, hofdiener, <it//ifi« Maalkr 229*;
an dises grösten königes {guttes) hofe gros sein und etwas
gellen, beslehcl in gehorsam leisten imd nach des herren
willen leben . . so ein götilicher hoffinann war könig David.
BuTSCRKT Palm. 777;
•ich bloss im folde wagen,
Ist eben nicht genuK. du knn«!, wer wirTl was ein?
so gut uU fcldlicrr utelin, und auch uin hufinnnii sein;
da« ii.i; (In leigom dich so Krosi im cuhlnelte,
als auf der nicgi'ihahn. tiÜNTHsa 730.
dn«z ein hofniann gleich sei einem rerhenpfcnnlng, der gilt
Luid vir! jiald wenig liald gnr nichls. UruL u. Cuun 373, r^
1 693 HOFMÄMCHEN — HOFMEISTER
H0F>IE1STER — HOFMIENE
1694
hierzu: das mertails aulici den rechenpfeningen zu yergleichen.
Zimmer, chron. 4, 358, 2. Mit hcrrorhebung der gefälligen Um-
gangsformen eines hofmanns: der herzog von Liegnilz ist ein
hofmann {sagt der kaiser, sein betragen rithmend). Schweixiches
2,56; jedermann drängte sich herbei, den Tortrefflichen forsten
zu sehen, und jedermann bewunderte seine leutseligkeit und
herablassung, jedermann erstaunte in dem beiden und heer-
führer zugleich den geHilligsten hofmann zu erblicken. Göthe
IS, 2S2; der gewandte hofmann steht vor uns. 21, lt6. von
einem ^ritlerlieher. mönch' heiszl es: was seit unser bruder Jan
bei solchem fest thun, als nur sich herunib werfen, sich
-tummeln, da eym die recht, dem andern die link nemen, hie
rwen zu gleich umbfangen, dort dreien danken : und seinen
hoffman recht ausz zulassen und zu erzeigen. Garg. 240". andere
fügungen betonen andere eigenschaflen eines solclien : der Jung-
frau niutter hatte ihr gewehret sie sollte ihr herz auf mich
nicht setzen, denn ich wäre ein hofmann und werde sie be-
trügen. ScHWEisicHEX 1,376; tentigo, der hofnian in der fud.
ScHV. 1,1060 Fromm.; dasz der teufel der beste hofmann
seie. Opel u. Coh>j 372. vgl. hofleute.
HOFMÄNNCHEiN, n. ; lernen sie, nachplauderndes hof-
männchen {die Orsina zu Marinclli). Lessi.ng 2, 165.
HOFMÄIS'NEREI, f : den abfall des sonst lobenden lehrers
für eine hofmännerei- ansehend, die gleich einem barbier-
messer sich vor- und rückwärts beugt. J. Pacl flegelj. 1,77.
HOFM.\NMSCH , adj. und adv. nach art eines hofmannes,
einem hofmann gemäsz: wüer ritten gahr hofmannisch hinaus
{mit hofmännischer pracht, er sagt es ironisch). Kiecbels reisen
196 ; wovon ich dir aber aus hofmännischer discretion nichts
weiters sagen will. Wieland i« Merks bricfs. 1, 291 ; gab ihm
mit hofmännischer ausführlichkeit den bestimmtem bericht.
J. Paul TU. 4. 46.
HOFMAN.NSBESCHEIDENHEIT, /". ; mit hofmanns-beschei-
denheit? die erlaubt sich einen lach wenn ihr roth werdet.
GöTUE 42,68.
HOF.MÄRE, /■. geschichte vom hofe, mhd. hovemare (Leier
ic6. 1,1363): wenn nun die oberherrn in die städte kommen,
da sind die obersten die ersten bei den herren, bringen hof-
märe, und beklaffen die armut, das ire eigene bosheit ver-
borgen bleibet. Waissel chronik (1559) 154*.
HOFM.\RK, f. curtimurchia, apud Bararos vi vocis est parva
regio, ad curtem alicuius domini pertinens, villis aliquot et fami-
liis constans. Haltaus 937, vgl. Schm. 1, 1060 ; auch die Juris-
diction eines solchen bezirks : darauf hat der richter in {Leonhart
Keiser in Baiern) gefenglich angenomen. da ist er behalten
worden nach irer hoffinark gebrauch an den dritten tag,
darnach überantwortet für die hoffmaik in das landgericht
Scherding. Lutheb 3, 410'.
HOFMARSCH.\LL , m. marschatl an einem ßrstlichen hofe:
an herrn hofmarschall von Kalb. Schiller ka':. u. liebe 3, 6.
HOFMÄSZIG, adj. und adv. einem fitrstUchen hofe gemäsz:
sie werden hofmäszig {par courtoisie) gnädige herren genenut.
Kaxt 5, 38S; um seine kleider hofmäszig zu erhalten. Abmm
2, 2S9.
HOFM.VTTE. /". tciese die zu einem edelhofe gehört, als name
einer bestimmten iciese in einer grenzbeschreibung weisth. 1, 38
{Zürich von 146S).
HOF.M.M ER, /■. mauer die einen hof einschlieszt. im folgenden
nach hof 2 sp. 1655: zum fenster gehts hinaus und über die
hofmaucr auf die strasze. Riehl culturgesch. nov. 365.
HOFMEDICUS, m. hofarzt.
HOFMEIER, m. oberster Verwalter eines landgutes; hofmeyer
oder leeman {lehenmann), actor. Maaler 229* ; so sol der hof-
meiger den hubera gebieten, veisth. 4,40 {Elsasz, von 1420).
HOFMEISTER, m. l) oberaufseher über einen hof ein land-
oder riltergut, mhd. hovemcister oberknedit (Lexer tri. 1,1361):
gleichwie die knechte eines ernsthaften, getreuen und ver-
ständigen nieiers oder hofmeisters, der sie täglich zur arbeit
anweise, und dabei im zäum halte, bedürfen, öcon. lex. (1731)
1049; verdorbene bauern geben gute hof- und schirrmeister
ah. PiSTORius thes. par. 5, 13.
2) häufiger aufseher über den liofhalt eines ßrsten : {Karl der
kühne hatte am hofe) vier hofmaister, dem iedlichen des jars
vier tausend gülden zu sold gebürten. Wilw. v. Schäumt. 17;
dem Pütiphar, des Pharao kenicrcr und hofemeister. 1 Mos.
37,36; Ahisar war hoffuieister (frei Sa/omo), Adoniram der son
Abda war renlmeistt-r. \ kön. 4,6; an einem fürstlichen hoff
wurden etliche kostbare aufzüg gehalten, ein bäurlin wolle
auch hinein tringen zu sehen, der hoffmeister wolle ihn nicht
ein lassen. Zi.vkgref apophth. 2,%; biszhero bin ich eines
fürsten fürgeber oder spenditor gewesen . . wann ich nicht
einem jeden habe können den Schlund einfüllen, verklagte
er mich alsobald vor dem hofmeister. Scbcppius 738; herrn
Christoph Vitzthumb von Eckstätt, churfürsti. sächsischem
hochansehnlichem rath und hofmeister. 7S5;
(köniij .irlhavs spricht) hoTuaister, mein )iber knecbt,
Hs uns die spangeu und sag uns recht . . fislii. sp. 667, 11 ;
frau Venus hat einen hofmeister, durch den sw die einladung
zu ihr ergehen Idszt. Genge.nbacb gouchmat 91. 100.
3) in vornehmeren Musern ist hofmeister der erste unter der
häuslichen dienerschap, der namentlich dem gesamten uirtschaßs-
wesen vorsteht; vgl. haushofmeister. — In Basel wird für jede
gröszere hochzeit ein hofmeister aus den freunden des brdutüjams
ernannt, dem die besorgung dessen obliegt, was zur bewirtung
gehört.
4) hofmeister, aufseher und bewahrer des gesindes und der
kinder des hauses: wer gewalt übet im gericht, der ist eben
als ein hofemeister, der eine jungfraw schendet. die er be-
waren sol. Sir. 20, 4. dann auch erzieher der kinder : euer
hochedl. excell. sind hiebevor zu Marpurg eine geraume zeit
in meinem hausz ausz und eingangen, und haben neben
ihrem hocbgelahrten, in allen Wissenschaften hochgeübten
hofmeister, dem unvergleichlichen Reinhardt, täglich mit mir
conversiret. Scnüppas 7S8; diejenigen, welche sich, unter
dem titel hofmeister und informatoren, der Unterweisung der
kinder in familien unterziehen. Raben er sat. 3,13; sein hof-
meister, zu thätig, ein gelehrter, zu unlenksam, ein weitmann
zu sein. Göthe 42,67. in weiterem sinne: niemand kann mehr
für uns sorgen; wir müssen unsre eigenen freunde sein,
unsre eigenen hofmeister. 17, 167 ; das Schicksal . . ist ein
vornehmer, aber theurer ho&neister. IS, 192.
5) hofmeister, an einigen orten, wie am hofgerichte in Preuszen,
der Vorsitzende hofrichter. Adelung.
6) auf kriegs- und groszen kauffahrteischiffen heiszt hofmeister
der kajütenverwalter, welcher für das essen und die andern be-
darf nisse der kajütc zu sorgen liat.
HOFMEISTEREI, f. amt eines hofmeisters {läer in der bedeu~
tung 2) : nu glück zur hofmeisterei. Fb. M(^ller 3, 11.
HOFMEISTERLN, f frau des hofmeisters {no. 1) und haui4
der mägde auf einem landgtUe, meierei oder Vorwerke, üconom.
lex. (1731) 1049.
HOFMEISTERISCH, adj. nach art eines hofmeisUrs (hier in
der bedeutung 4): hofmeisterische strenge. Rabener werke 6,10.
HOFMEISTERN, verb. den hofmeister, erzieher bei einem
spielen; in tratisüiver ßgung, mit dem nebetisinne tadeln, mangel-
haßes an eineni rügen : denn sonst gebührte mir i. f. g. nicht
zu hofmeistern. ScnwEi.McnEN 1,125; ich wüszte wohl dasz
ich i. f. gnaden nichts zu hofmeistern hätte. 309; sein werk
ohne Ursache zu hofmeistern. Felsenburg, i. rorr.; seine filo-
sofen waren keine leute, die (wie Plato) sich heraus genom-
men hätten, ihn hofmeistern und lehren zu wollen, wie er
zuerst sich selbst, und dann seinen Staat regieren müsse.
Wieland 2,379(324); Biribinker war es zu sehr gewohnt, von
den damen, denen er in die bände fiel, gehofmeistert zu
werden, als dasz er sich durch einen verweis hätte klein-
mütbig machen lassen sollen. 12,227 (211); sie hat einen Starr-
kopf, einen dunkel und eine zunge! das hofmeistert, das
schmält, das hechelt durch, das verläumdet, von früh bis in
die nacht ! Götter Jeannette 2, 13 ; ein würdiger mann, der,
ohne mich eben zu hofmeistern, auf meine jugend groszen
einflusz gehabt hat. Göthe 21,214. — einen ungehofmeistert
lassen: mit Vermeidung ich sollte ihn {den herzog) ungehof-
meistert lassen. Schweimchen 1,124; ei vater, lasz du mich
ungehofmeistert. Chr. Weise erzn. 227.
HOFMEISTERSTELLE, f. l) stelle eines oberaufsehers über
ein landgut.
2) erzieherstelle : er wird in kurzem eine einträgliche hof-
meisterstelle bekommen. Rabener werke 4, 52.
HOF.METZGER, m. melzger der fleisch an eine hofhaltung
zu liefern hat. auch rerliehener titel. in der neuesten zeit aucli
wi: güterschlächter, zerstückeler von landgütem ßr den einzel-
verkauf.
HOF.METZGEREI, f. güterschlächterei : ein gesetz gegen die
hofnielzgerei. Weserzeitung 1853 no. 2958.
HOFMIENE, f miene wie sie an ßtrstlichen höfen gebräuchlich
ist: eine ungewohnte hofmieue. Rabener werke 6,107.
1695
HOFMUSIKANT — IlOFRATH
HOFMUSIKANT, m. musicus aulicus. Stieler 1313.
HOFNACHRICHT, f. nachriclU von einem ßrstlichen hcfe:
die Lofnachrichten geben sie in einem zieinlicb trockenen
zeitungsslyle. Rabener werke 6, 123.
HOFNARR, m. morio. Maaler 229*: zum andern wird auch
nicht gedacht wer kurzweiliger ruht oder hofnarr gewesen
sei bei Salumous hufslatt. Schuppius 42.
HüFNER, «I. rgl. oben höfener, ferner hübner und hufner.
HOFORDEK, /. imperium curiae. Stieler 1401.
HOFORDNL'NG, f. Ordnung wie sie an einein fürstlichen hofe
bestem ist: ehrcnspiegel einer wolbestelllen hofordnung. Schup-
pius 26 ; auch rücksiclUlich einzelner dinge daselbst : das der herzog
und etliche seine geheime rälh ain newe hoffordnung gemacht
mit fucterung, und mindert etlichen das fuler uf die pferd.
Zimm. chron. 2, 296, 37.
HOFORNAT, m.:
liesi sie {die königin) sich ihrenlhofornat
durch eine traute zore bringen. Borger 109*.
HOFPAAR, n. bratUpaar an einem ßrstlichen hofe: Ottilie
wollte sich der beiden noch als des schönsten hofpaares
erinnern. Göthe 17, 79.
HOFl'ARTEI, f. die die interessen eines fürstlichen hofes ver-
tritt: (bei den) gewaltsamen schritten, wozu ihn {den könig)
die hofjtartei vermochte. Wieland 29, 194.
HOFPALKER, ni. paukensclUdger bei hofe, hofmusikant. J.Paul
flegelj. 1,77.
HOFPFALZ, f: wenn der hof bei üblem weiter oder bei
den bösen launen des kaisers in träger langeweilc schmach-
tete, so wurde graf Ulrich berufen, den geist des miszmuths
zu verscheuchen und fröhlichkeil und scherz in die kaiser-
liche hofpl'alz wieder einzuführen. Mlsäüs volksm. 541.
HOFPFALZGRAF, m.: kaiserlicher raajestät hofpfalzgiaf.
Rist Parn. 411.
. HOFPFAHRER, m. a concionibus aulicis. Stieler 1405.
HOFPFL'HL, m. fürstlicher hof und das leben dort unter dem
bilde eines pfuhls: o komm nur, Klotilde, rief er glühend,
der hüfpfulil wird mir dann ein italiänischer keller, ein blii-
menparterre. J. Paul Hesp. 2, Ol.
HOFPFLND, n. pfund von einer bestimmten schwere, wie es
an einem gewissen hofe gebräuchlich ist: 2 putteren, die 7"hofl'-
pfuiid haben, kochbücläein aus Tegernsee, Germ. 9,205.
HOFPOET, m. hofdichter.
HOFPOSSE.N, m. possen wie er bei hofe gemacht wird : graff
Christof von Werdenberg wolt herr Hans Jacoben . . ein hof-
bossen machen. Zimm. chron. 3, 214, 31 ;
wer beisen, hetzen und jagen l<an,
sich nimbt umb fressen und saufu an,
kan ein guten hofpossen sagen (der ist bei hof geehrt).
i. Avrkr fastn. sp. 50* (2590, 6 Keller),
vgl. hofscherz.
HOFPRACHT, ««., später f., höfische pracht, aufwand wie an
einem fürslenhofe : die prälaturen möchten dadurch etwas ge-
schwächt, oder sonst ihrem dienst und hofpracht entzogen
werden. Buceb bei Melanguthon 3,776 Bretschncider ;
banst ausz andrer leut schwcis und blut
treiben dein hofpracht und hochmut.
Fischart dicht. 2, 247, 228 Kurt;
doch sag ich euch, war Salomo
in seinem grösztcn ruhrae
und in der bofpi'aciit nicht so schön,
ui» eben diese blunie. Günther 45.
HOFPREUIGER, »n. prediger an einem fürstlichen hofe : was
unterwcilens ein canzler nicht wil sagen, und was ein hof-
prndiger nicht darf oder sich erkühnt zu sagen, das sagt ein
narr. Schuppius 42.
HOFPSALM, »I. nennt Schuppius 830. 845 den 101. psalm
den Lltheh (6, l^ö//*.) auf die hofverhäUnisse ausgelegt hat.
HOFR.XNKE, m. plur. ranke wie sie bei hofe gesponnen werden.
HOFRATH, m. a consilüs aulicis. Stieleii 1517: discr herr
Andre von ('Onritz ist . . an des römischen kunigs Ferdinandi
hof kuininiMi lind daselbs etliche jur als ein hofralh blii)en.
Zimiaer. chron. 3,268,23; doctor Seiden, keiser Curoli des
fflnflen fUrnempslcr ductur und lioferhat. Neander vom sei
ab$lerben Cj'.
HOFHATIi, m. collegium der hofrälhc: kaiserlicher hofraht,
Mum aulicum caetareum SrieLü« 1518 ; weit grOszere ur-
biiitc IT {der kaiser) sein eignet geriebt, seiaen eignen
bofrath aut/ubildcn. Güthr 26. 120.
IIOFHÄTIIIN — IIOFREDE
HOFRÄTHIN, f gattin eines hofraths:
1696
die liebe musz sein platonisch,
der diirrc liofrath sprach,
die liofralhin lächelt ironisch,
und dennoch seufzet sie : ach !
H. Heink 15,114.
HOFRAUM, m. räum den ein wirtschaftshof einnimmt : wenn
mir das haus über den köpf zu brennen anfängt, so packen
meine leute gelassen ein und auf, und wir fahren zu hof-
raum und sladl hinaus. Göthe 17,320.
HOFRAUTE, /". artemisia abrotanum, stabwurz. Nemnich 1,166;
auch ruta graveolens, die raute. 4, 11S9.
HOFRECHT, ». neben hoferecht {sp. 1664), in verschiedenen
bedcutungen.
1) recht unter dem die hofhörigen und dienstmannen stehen,
auch die hiermil rerbundciien abgaben. Haltaus 938. 939 ; in dem
kirchspiele, worin ich wohne, sind zwanzig höfe, so unter
hofrecht stehen, zu kaufen, und der hofcsherr hat seine cin-
willigung dazu erthcilet. der richter hat sie schon dreimal
ausgeboten, und es findet sich kein kiiufer, der sich ins hof-
recht begeben w'ill. Moser patr. phant. 3, 2S2 ; besetzung zu
landrechte, besetzung zu hofrechte, besetzung zu ritterrechte.
294.
2) auch der gerichtshof, der über solches recht entscheidet. Lexer
mhd. wb. 1, 1365.
3) recht und brauch wie er an fürstlichen höfen besteht, mhd.
liovereht {mhd. wb. 2, 1, 624'). dasz dieser brauch im 16. jahrh.
zum tlieil kein feiner war, dafür zeugen manche stellen: der
ander entblöszt sich gar, und macht mit sehicr schand den
gesten . . ein gelecbter, diser macht ein hoffrecht, das die
hund auffressen. S. F'ranr trunkenlieit (1531) D'; {ärzle in
Indien) machen im abzug (vom kranken) wider ein hofrecht
mit ihrem gepölder und schculzlichen gebärden, weltb. 206';
währe7id andere wieder die hüflichkeil dort betonen; so in der
füyung für sein hofrecht sagen (rgl. oben sp. 1604 unter hofe-
recht): und sage das für mein hofrecht frei. Luther 1,304';
ich zwar für mein hofrecht, danke inen von ganzein herzen.
3,89'; jemandem etwas auf bofrccht erlauben, ihm eine un-
gewöhnliche und sonst uneilaubte saclie auf einige zeit rerstatten.
Adelung; etwas geschieht auf bofrecht, ohne dasz etwas schiim-
vies dabei gedacht werden darf: zu dem das sie (die tochter)
graf Wolf ein gute zeit bei inie gehapt . . so hals doch nichts
gölten, und ist alles uf bofrecht beschehen. Zimmer, chron.
3, 236, 19 ; was dann graf Wolf . . für ain lerman in dieser
freundtschaft angericht und wie es gangen, das lasz ich
iezmals bleiben, ist alles uf bofrecht und nur uf die mon-
stranz zugangen, man hals für guet gehapt, und ist, ob gott
will, nit mehr war. 5üS, 5 ; nach hofrecht, wore aulico, mit
einem also umgehen, und sich doch vorbehalten, was man
sonst mit ihm auszumachen hat. F'risch 1,461"; scd plerum-
que bibunt litigantes, saufen' auf hofrecht mit einander, salva
injuriarum actione. Gumpelzhaimeii de exercitOs academirorum
434 ; auf hofrecht (/r»«Ae»). Carg. 99*. vgl. hierzu unter hofarl
*/). 1659.
4) bofrecht, musik, Ständchen, vergl. hofieren sp. 1682 und
ScuM. 1, 1060 Fromm.;
do mu8Z man im dann hofTrecht machan.
IIrant narrensch. 62, 23 ;
wenn bei der nacht ich schlafen ihn,
da komnuMi die baueriibursch herzu,
und spielen mir ein hofrcchl fein
vor inoiiieni kaminerfenslerleiii.
rolkslivä bei Wkisz aus d. vutksU'ben i. 23.
büdlich, in bizug auf prügcl :
denn bot der fuhrmann solchs bedacht,
(lern fuchs ein besser holi'LM'ht trUKuht
luit dem negel auf seinen nicken.
II. Waldis Hsiip 4, 73, '.ifi.
abgcblaszier bedetUtt bofrecht auch nur lust, vergnügen: aiius
cum ludil, morti delitias facit. wann ein alt weih danzt, so
macht sie dem tod ein hoffrecht. S. Frank sprichw. 1,65*.
HOFRECHTLEIN, n. dim. zu dem vorigen in der / •' ■ l
zu ende, spdszchen, Unterhaltung:
wil in ein lins holTrechtly inarlien,
das »j der kiu'zwyl nnis.Heiid luchoii. trag. Jo/i. ^'v(J.
HOFREUE, f: und ist bei allen naiionen und lungen die
grOsI weikbeil aller weisen inii bolche hofred und abgekürzte
Sprichwörter, so die Griechen upophtheginata, paroeinia.H, die
Lalinrr dicieriu und proverbiu nennen .. eingelegt. Acr. sjt.
tonede; anbang dcc hoffredvn anderer Völker des» altern
1697
HOFREITE — HOFSCHALK
UOFSCUATZMEISTER — HOFSCHBANZE 1698
gröszera Teütsclilandts. Ziskcref apophth. 2, 104. tergl. hof-
spruch.
HOFREITE, f. 1) kofraum, der für virischaftszwecke dienende
freie räum eines herrenhofes oder landgutes: hofraithe wird auf
einem wohl sngebaulen herrenhof der räum genennet, darauf
alle diejenigen gebäude mit ihren zugehörigen theilen, welche
zu einer vollständigen landwirthschaft vornemlich nölhig, . .
zu finden, öcon. kx. (l'3l) 1051 ; die bauren nennen . . ihren
mit einem zäun eingefaszten platz beim hause die hofreut.
Fbisch 2,113'; hessisch hofreidc (in und um Wolpiagcn hofe-
reise) Vilmab 173; bair. und frank, hofrait , huffreth Scum.
2, 172 Fromm. ; hofreit , hofrait , hofriet , hofgereit , area ad
usum praedii ac domus parata. Haltais 940 ; was obendig der
strasze leit von hewsern und hofreit, weisth. 3, 524 (Franken
von 13S0) ; daj Fritz Schaufel . . pawen soll ein hofreit und
hause hie zwischen und sant Jacobstag, der schirst kümt.
d. städtechr. 1, 212, 13 {urk. von 1352) ; man sei auch nyniant
pfenden, der sein holcz in sein hofrait gepracht hat. 30, 17.
auch abgcijrenzter bauplatz eines gutes: were es sach, das cmet
queme gen Aseha und weit da bawen, so sol ime der schult-
heisz ein hofrid lihen für 4 heller; und wer es, das kein
hofrid vorhanden were, so sol man grifen in die hofe oder
in die hübe und sol im ein hofrid lihen. veisth. 6, 41 [Franken
von 1460, weiierhin auch hofstel genannt); platz um eine kirche:
welcher in dem gotzhus ze Ittingen und in der hofraitin, als
denn dasselb gotzhus begriffen, gefräfelt . . hat. 5,110 (Thurgau
ron 1420).
2) hofreite, das inrentar eines solchen wirlschaßsplatzes : nach
den gesetzen sollten die bauern, deren wehr gelegt ward,
nebst ihrer ganzen familie wenigstens- mit voller freiheit und
mit ihrer ganzen lebendigen hofraid ausziehen, welche oft
einen ganz beträchtlichen werth ausmachte, da es Vollbauern
gab, die wohl zwölf pferde, zehn bis zwölf kühe, einige
ochsen und dazu schweine, schafe und geflügel auf ihrem
hofe hegten. Arndt leben 92.
3) hofreite endlich auch das gut, der hof selbst: curiis hoff-
reyt, closterhofe, hub Diek. iw'; ein behausung, hoffrailh
oder dergleichen bewohnlich gut. Frankf. ref. 2, 3, § 19 ; also
zu Zeiten auch grafen und freiherren, ritter und edelknecht..
hofrait do betten {im Voigtland), d. stddtechron. 3, 45, 2.
HOFRICHTER, m. richter oder präsident eines hofgerichtes :
acomentator hovericliter Dief. nov. gloss. 7* ; hofrichler, praeses
curiae provincialis Stieler 1556.
HOFROLLE, f. Verzeichnis der zu einem hofe gehörigen leib-
eigenen oder hopiörigen personen und ihrer grundstücke, und dann
die gesamtheü dieser selbst: die zu einer hofrolle, oder zu
einem freigericht gehörigen gründe. Moser patr. phant. 3, 292.
HOFROTTE, /". aulae faclio. Stieler 1619.
HOFRÜSTU.NG, /■. ; hofrüstung, hoher pracht, apparatus
aulicus. Maaler 229'.
HOFSAAL, m. saal ßr die hoßeute: also hat ein cavalier
von der ritterstuben oder hofsaal hinunter geschrjen. Cosli»
narrenweit 2, ISO.
HOFSACHE, f. dachtraufe, dann auch ßr haus, hof selbst
gebraucht {vergl. duchtraufe theil 2,670): {ein gut das) an der
Berlin von Bemen haws und hofsach gelegen ist und stoszt
ainhalb an die strasz . . und anderhalb an der Bezin von
Beuren hofsach. d. stddtechron. 4,316 {urk. von 1392); hus und
hofsach gelegen bi dem Berlach zu Augspurg. 5, 145 (r. 1427).
das u'ort ist entstellung des mhd. obese, vgl. Leser icb. 1, 1366.
HOFSACHE, f: hofsachen, negolia aulica. Stieler 1655.
HOFSÄSSE, HJ., mild, hovesjeje, der auf einem hofe ange-
sessen ist: und sol der herre und der aple herli.,hen und
erberlichen empfangen werden von den hoffsessen dej hoffes
zue ihnen, und der selbe hoffsesse sol behalten die zoümc
uud die setfei .. daj sie nit verloren werdent. ueistli. l,no;
die dryg omen wyngelts, die denselben hoffsessen von der
Altenburg zugehorend ierlich, die sollen den hofsessea . .
gegeben werden. Moxe zeilschr. 3,286 {von 1492).
HOFSCHAFT, /". treiben bei hofe: mit solcherlei lieb- und
hofschaften (irje bei Canitz und Besser geschildert werden). Göthe
45, 2s2.
HOFSCHALK, m. schalk am hofe, listiger oder neckischer
hößing: so baldt das die andern hofschelk vom adcl ver-
merkt, haben sie uiu gar übelschmcckendt, stinkendt wasser
zubereiten . . lassen. Zimm. chron. 2, 502, l ; die ander hoff-
scbelk haben dise reden uszgepracbt. 3, 503, 3- das mhd.
hoveschalc luitle nur den stnn hofdiener.
IV. u.
HOFSCHATZMEISTER, t«. schatzmeistir eines ßrstlichen
hofes.
HOFSCHAÜßÜHNE , f. Schaubühne eines fürstlichen hofes:
die aufsieht über die neue hofschaubülme zu übernehmen.
Wielasd 19, 333.
HOFSCHAUM, m. gesellschaß eines ßrstlichen hofes unter dem
bilde des schaums: iu Frankreich stand sonst viel hofschaum
auf dem beweglichen volk. J. Pacl herbstblum. 3, 241.
HOFSCHAUSPIEL , n. .• dieser könig Archelaus war auf
den einfall gekommen ein eignes hofschauspiel zu haben.
WiELAXD 19,332.
HOFSCHAUSPIELER, m. am Iheater eines ßrstlichen hofes
angestellt.
HOFSCHENK, m. schenk an einem fürstlichen hofe. H. Heixe
1,246.
HOFSCHERZ, m. facetiae polüissimae, ludibria aulica. Stie-
ler 17C2.
HOFSCHLÄCHTER, m. Schlächter für einen ßrstlichen hof;
auch als titel. dann auch zerslückeler von geschlossenen land-
gütern, ein spottender ausdruck der neuzeit. vergl. auch güter-
schlächter, hofmetzger.
HOFSCIILÄCHTEREI , f: der gesetzentwurf zur Verhin-
derung übereilter güterzerslückelung, oder wie man es hier {in
Berlin) nennt, der hofschlächterei. ^yeserzeitung 1S53, no. 2931.
HOFSCHLANGE, f cduber aulicus, eine südamerikanische
Schlangenart. Nem.mch.
HOFSCHLAU, adj. scidau nach ort eines hOßinjs: der hof-
schlaue Walter. Schiller kab. u. liebe 2, 1.
HOFSCHMEICHLER, m.: wehe dir könig Herodes. dasz
du deinen gottlosen hofschmeichlern glauben gibst. Reiszner
Jerus. 2, 91* ; disz waren seine {des Gargantua) hofschmeichler,
seine aufwarter, wie die mäusz des Biogenis Schmarotzer,
die ihm aufwarteten weil er etwas hat. Garg. 131' ;
es habens die hoCTschineichler tban. H. Sachs 3, i, 152:.
HOFSCHNACK, m. lustigmacher bei hofe: kennet ihr doch
Morohu, den alten hofschuacken. engl. kom. 2, LI 6.
HOFSCHNEIDER, m. Schneider ßr einen hof, z. b. einen
klosterhof: hoffschneider kumbt an die hofarbeit nach pfingstcn
oder so die tiecher geschorn seint, ante coxp. Christi. Germ.
9, 194 {aus Tegernsee, 16. jahrh.) ; ßtr einen fürstlichen hof: hof-
schneider, sarcinalor aulicus Stieler 1900; befahle dem hof-
schneider er solle den pagen und laqueien nur einen schub-
sack in die hosen machen. Schcppics 31 ; als tUel, der auch
in andern Verhältnissen scherzhaß angewendet wird: von meister
Jacobs der Studenten hofschneiders frau. gefl. finken 13.
HOFSCHMTT, m. schnitt der kleidung an einem ßtrstlichen
hofe:
ist es (ilie form eines mantels) eiu neur hofschuit,
so taugt er keiner kaiserin nit. fasln, sp. 671, 17.
HOFSCHÖFFE, m. gerichtsbeisitzer aus dem stände der unter-
tltanen eines adlichen hofes: vor ganzem gericht der hofscheffen
und laudtscheffen. wersfA. 2, 1S9 {Hundsrück, ron 1506); die 14
gerichtsscheffen, die man nent die hofscheffen, darzu auch
die 14 landtscheffen. 190.
HOFSCHRANZ, -SCHRANZE, m. verächüiche bezeichnung
eines höheren hoßedienten mit hervorhebung des kriechenden und
schmeichelnden, das wort ist seit dem 16. jahrh. gebräuchlich
{das einfache schranz und schranze älter), die starke form selten
{genitiv des hofschranzes Happel acad. vom. 95), gewöhnlich die
schwache: wie wir auch noch jtzt in heirenhöfen sehen, . .
das die hofeschrauzen und finanzer, wenn sie nur sehen, was
den fürsten und herrn gefeilt, und hoffnung da ist, etwas
zu erschnappen, thun und reden sie getrost, was sie dünkt
es gefalle. Luther 3,297*; Saul und alle seine hofeschranzen.
29S'; der bischoff zu Mentz mit seinen hofeschranzen. 515'; und
ist auch ein grosze eiferung unter denselben hofscbranzen.
.MicYLL. Tacü. 442'; trib er sein gespai nach der jungen hof-
scbranzen an. Zimm. ehr. 3, 233, 5 ; Lazarus von Schwendi . .
pilegte zu sagen: der Studenten und gelehrten freundschaft
entspring ausz ehrliebigkcit. der hofscbranzen ausz zutrinken,
und der kaufleut ausz nulzbarkeit. Zixkcbef apophth. 1,1S7;
die herren vom adel {sollen sein) tapfer und mannhaft, nicht
aber aufgeblasen und hoffärtig. die hoffschranzen nicht fuchs-
schwänzer und trunkenbolde. Schcppics 539; ein hofschranze,
der gut tanzt, ein nachtessen wohl anzuordnen weisz, und
ein überwindendes talent hat sich bei den weibem in gunst
zu setzen. Wielaxd 2, 292 (249) ; verkriechst dich zum ersten
107
1 699 UOFSCURANZENBLUT — HOFSPEISE
HOFSrERLING — HOFSTATT
1700
hofschranzen eines eigensinnigen neidischen pfaffen (des bischofs
von Bamberg). Göthe 8, 30 ; alle das, womit die bofscliraazen
ihn von seinem volke geschieden haben. 10, S7 ;
manch hofschranz suchte zwar sofort
das kiiifTchcn zu vereiteln. IIürger 26*.
mit weiblichcin gescIdeclUe : was plaudert nicht eine hofschranze!
und hülle ich ihn doch nur plaudern lassen! Lessinc 3, 180.
H0FSCHR.\NZENBLL1T, n. : dasz noch kein tropfen hof-
schranzenblut in meinen ädern lauit. Boue in Merks briefs.
1, 173.
HOFSCHRANZISCH, adj. und adv. nach art eines hofschranzen.
GuMPELziiAiHER de excrcU. acad. 95.
HOFSCHRIFTSTELLEH, m.: denn der Homer Tacilus ist
in gewissem sinne ein hofschriftstcllcr, mittelpunkt seiner
erzüblung sind die Charaktere der kaiser . . Fhevtag hand-
schriß 3, 47.
HOFSCHULE, f. schule eines fwstliclien hofes: das Zeitalter
Ludwigs des frommen lehrt, was die hofschuie die Carl er-
richtet, gutes gestiftet. PnuTz museum 1^66 5. 711. in freierem
sinne, Unterricht wie man bei hofe sich zu veihalten : Tacitus,
welcher gerühmet wird ein lehrer der fiusten, professor der
hoff-schule, ein fürst und fahnfühper aller geschichlschreiber.
BuTSCiiKY Palm. «l.
HOFSCHCLER, »1. besucher einer hofschuie: hofschüler und
edelknaben. Rommel 6, 454. 455.
HOFSCHURKE, m. : günstlinge und übrige hofschurken des
königs. Dahimaxk gesch. d. franz. revol. 367.
HOFSCHUSTER, wi. schusler für einen hof, z. b. einen kloster-
hof: nach Jacobi stet der hoffschuester an sein werk. Genn.
9, 195 {Tcgernsee, 16. jalirh.). für einen fiirstlichcn hof, sulor
aulicus Stiei.er 1938.
HOFSCHWAMM, m. im bilde für einen bösen hofdiener:
biszweilen findet man einen {fürslen), der druckt ein hoEf-
schwam ausz, der viel wasser in sich gezogen, und henkt
ihn an die sonne, wicAsverus seinem untreuen Haman thate.
SciiLPPiLS 833.
HOFSCHWÄTZER, wi. ." den langweiligen hofschwätzer Ein-
hard. Pbutz museum 1SG6 s. 711.
HOFSEELE, f: eine von den weiblichen hv-Iicelen {damen
des hofes). J. Paul anh. zum Tit. 1, 74.
HOFSEITE, f 1) scüe eines gebäudcs nach dem hofraume:
die besten zimmer dieses hauses liegen auf der hofseite.
2) seile auf der sich die personcn eines fürstlichen hofes hallen ;
it'iH local: auf der einen seile (standen) die faniilien des hofes,
auf der andern die Stadt .. . die haronesz machte nach kühler
bi-grüszung eine gehaltene handbewegung, durch welche Ilse
an das ende der hofseite . . gcslellt wurde. Fueytac haudschr.
2,403. in freierem sinne: der vornehmsten prälalen, die immer
auf die hofseite hinken. Wielanü 29,197.
HOFSITTE, f., früher m., höfische, feine sitle:
mein frau die kan sicli schon aurpQanzcn
mit neuem siten und mit tanzen :
so kan sie auch allen hof^iitcn wol. fastn. $p. 104,19;
ich bin auch ein frau wolcetan.
nii wil icli niicli geiuigen lan
auch au dem alten holsitcu. 106,29;
du gcschn-urst schon, wir kundcu nit
tanzen noch der hofsit. 581, 2 ;
eines bloszen adcpten , wie graf Brühl einer war, welcher
noch übenein durch hofsitte und hofton eingeengt wurde.
H. Laube das norddeutsche tlieater (1872) s. 22.
HOFSITTLICH, adv. höfischer, feiner sUte gemäss: sage also
bofsitlich, das meine giöstc angelegcuheit ist, mit der Iaht
zu beglaulten, das . . BtJTSCHkY kanzl. 325.
HOFSITZ, m. residentia. Stieler 2037.
HOFSKLAVEREI, f.: fürslen- sive hofsklaverei, splendida
aulae $ervitu$ Stielek 1830; das. 1829 auch hofsklave, manci-
pium palatinum, fürstenskluvc.
HOFSONNE, /■. gunst eines hopialtenden ßrsten, unter dem
bilde einer sonne: so sehr sicIi dieser auch in den strahlen
dor . . bofwiine gcliel. menmren des rittcrs v. Laug 1, 2s.
HOFSPASZMACHER, m. : der bofspaszinacher um hofe der
Chrislina von Schweden. Göki.fCR 1, 101,anm. 1; willkommen
bofspaHZDiacher! Fn. MCli.ei 2,9.
HOFSPEISE , f in Obersachsm die rszuaaren, welche eine
ailicht Killte nach dem dreitzigstcu tage nach ihres ehegatten lodt
ton dem hofe oder dessen gute mit sich nimmt; auch mustbeil.
▲OKLON«.
HOFSPERLING, »«. haussperling. Nemnich.
HOFSPRACHE, f l) der versammlungstag der hopwrigen
leute im stifte Osnabrück. Moser fMtr. phant. 2,352; eilte der
alte zum meierhofe, und erhielt sogleich von dem redemeier,
dasz eine bofsprache angesaget wurde. 355. sie ist auch mit,
Vergnügungen verbunden: wenn sie jährlich auf der bofsprache,
welche die berrschaft damals noch mit ihrer gegenwart zu
beehren pflegte, tanzte. 352.
2) die spräche eines fürstlichen hofes: wie man der franzö-
sischen spräche niemals den vorzug streitig muchen wird,
als ausgebildete hol- und Weltsprache sich immer mehr aus-
und fortbildend zu wirken. Götue 23,264; da die haagsche
bofsprache {die spräche des hofes im Haag) französisch ist.
Signale für die music. weit, jahrg. 1866 s. hl3.
HOFSPRUCH, m. höfischer, kluger spruch: Sprichwörter,
schöne, weise, herrliche clugieden, und hoffspiüch. S. Frank
sprichw. (1341) bd. 1, tilel. vgl. hofrede.
HOFSTAAT, m. ursprünglich, nach der allen bereits vor dem
16. Jahrhundert ausgebildeten bedeutumj von Staat = lat. Status
die ^ Ordnung eines hoßialls, geordneter zustand desselben : (die
zchenden sollen) allhero zu unserm holsiatt in die kastkellcrei
...verschafft (werden). Würtemb. zehcndordnung 1650 s. 53; als
churfürst Fridrich der vierdlc den hoffslaateu einziehen, und
den kosten ringeren wolle. Zinugrek ü/(0/;W/». 1,331; auch zu
dem hofstaat eines deutschen kaiscrs gehörte ein solches
gericht, das ihn, bei seinen zügcn durch das reich, immer
begleitele. Götue 26, 124. auch in emjerm sinne, nur auf die
personen die zu einem hofhalte gehören, angewendet: der fürst
wohnte mit seinem ganzen hofstaate der feierlichkeit bei ;
und hier auch freier gebraucht: so peitschte Luciane den lebens-
rausch im geselligen Strudel immer vor sich her. ihr hof-
staat vermehrte sich laglich, . . weil ihr treiben so manchen
anregte. 17,242; einer von ihrem hofstaat hatte stets eine
börse. das. Verwechselung mit dem unten folgenden, ganf deut-
schen Worte bofslall komml vor, z. b. wenn von dem ktztereu
hofstaat das geschlecht annimtnt:
es hatte Sulimanu die Leyen, agas, hassen,
der ganzen hofstaat zug, in scIincUera ritt verlassen.
Hageuorn 2, 11.
s. weiter unter hofslatt.
HOFSTADT, f residenzsladt : die fürstl. hofsladt Weinmar.
neuspross. palmb. 424 ; Tefflis, andere königliche bofstadt in
Armenien. A. Ghypuius 1698 1, 179.
HOFSTATT, /". 1) mhd. hovcstat, ahd. bovastat, die statte
worauf ein baucrn-, adlicher oder fürstlicher hof errichtet werden
soll oder auch errichtet ist, sowie die darauf stehenden gebäude
selbst: area hofstat üief. 46'; curlis hofslat 164'; hoffstal,
arca, spacium teire quod udscribitur curie. voc. ine. theul. k3';
bisz er . . im himmel irgends ein hoffslatt mag kaufen, darauf
er ein pallasl der verdinsten und guter werk kan zimmern
und bauen, bicnk. 167*. selbst der bauplatz für eine ganze sladt :
Elia ist nicht auf der hofstatt da Jerusalem gestanden, ge-
bawi. Reiszner Jenij. 2, 162'; und die wüste statte, worauf ehe-
mals ein gehöft stand, vgl. Sciim. 1, 1060 /Vomm..' «las die leere
Yvüsle hofeslat deste gröszer werde. Luther 3,250'. ferner die
Scheunentenne: area hofslat 1 sciurenlennc Dief. not'. i//o5s. 33';
auch ein bestimmtes flächenmasz. Le-XER mhd. handwörterb. 1,1369.
2.) hofstatt ist umdeulung des halbfremden, bereUs im 17. jh.
belegten hofstaat (s. d.), und bedeutet die hopialtun'j eines fürsten
xind die dazu gehörigen personen; der gang der umdeutung er-
scheint deutlich, wenn hofstatt zunächst den ort einer solchen
hofhaltung bezeichnet: als sie nun in eine fürstliche hofstalt
in Teutscblandl, die den ruf des vilen zulrinkens halle, an-
kamen. ZiNKGHEF apophthegm. 2, 53; glünzel alles an einer
königlichen hofstat. Butschky /'ü/m. 730 ; ich weisz aber dasz
allerband huchversliindige cavallier, und andere gelahrte und
curiuse leut ausz allerlei platzen, bei e. bocbgr. excell. buff-
stat pflegen sich zu samlen. Scnurpius 2;
eilt er von seiiiur herrschcrinn
den augcublick zur hofstatt hin. IUgidorh 2,87;
das wachs davon zu unserer bofstadt anhero zu liefern.
veiordnung von 1719 bei Moser ;w/r. i)hanl. 3,164;
dort wird er jagen, hauu, gettüte ballen,
»ich eine hoututt gründen . . .
und kun, ein grusier koiiig sein.
ScuiLLER Wallenitein* tod 1, ';
eure hofsiott lit
der liti der raiiuie, lagi mnn, und der markt,
wo alles schüno luusi den itapel halten. Jungfrau S, 3;
1701
HOFSTÄTTE— HOFSUPPE
HOFTAFEL — HOFVERSTAND
1702
hofstatt halten, trie hof halten:
ich aber lobe mir das ländliche vergnügen,
das, fern von deiner groszen weit,
auf frischen blumen hofstatt hält.
Klaver Sch»idt poel. bnefe 55.
dann tcesen, art, rerlauf der hofhaltung : der {künig ron Frank-
reich) sei vor einem Tornehmen closter vorüber geritten, habe
gedacht, das closter könne sehr dienlich seia zu der könig-
lichen hofstatt. ScHCPPiüs 95; wann mancher fürst oder graf
in Oberdeutschland das holz, welches ihm gestolen wird . .
zu Hamburg hätte, er könte seine ganze hofstatt davon halten.
s. 101. endlich triit die persönliche bedeutung scharf hervor : ist
er {der könig) mit seiner ganzen hofstatt, diese wunderlcnthe
zu schauen, vor den berg gekommen, pers. rosenth. 1,6; (der
churßtrst) kömpl mit seiner churfürstlichen gemahlin und kin-
dern, mit seiner ganzen hochansehnlichen hofstatt in die
kirche. Schcppics IS2; auf den platz vor dem schlosz in
gegenwart der ganzen hofstatt. geß. finken 227 ;
für deine hofTstat, berr, ist dein pallast von eisz.
Weckherlis 222 0'*- 104).
HOFSTÄTTE, 7-, trie hofstatt 1, die statte worauf ein hof
oder eine gebäulichkeit sieht oder stand: eine hoffstette in der
Stadt Halle am kommarkte gelegen, da vor etlichen jähren
eine capelle s. Lamperti gestanden, urk. ron 1522 bei Dret-
HAüPT Saalkr. 1, 940 ; statte eines virtschaftshofes : aus der ferne
klang der schritt des Wächters, der die hofstätte umkreiste.
Freitag handschr. 1, 108.
HOFSTÄTTEL, n. curtile, parvus locus, parva area. Halt-
AUS 942.
HOFSTÄTTER, m. in Österreich ein kossat. Jacobssox 6,9l';
ihre guter und häuser (in gewissen dörfern) werden in ganze,
halbe und viertelhöfc, oder in mayerbauern, zwirössler, hof-
stätter und kleinhäusler eingetheilt. Hohbebg 2, 10*.
HOFSTAUB, m. staub eines fürstlichen hofes: gebe uns der
himmel den genusz davon und stäube allen akten- und hof-
staub um uns weg. Güthe an frau v. Stein 1, 2S7.
HOFSTECHBAHN, f stechbahn an einem ßrstlichen Hofe:
es verging kein tag, wo nicht die hofstechbahn mit einigen
wohlgerüsteten rittern besetzt war. McsÄcs rolksm. "6.
HOFSTIMME, f. feine stimme, icie sie an einem ßrslUchen
hofe gehört icird: darauf lunannte sie ihren alten weinenden
vater, der vor der hofslimme seiner tochter erschrack und
nicht wüste, ob er mit seiner bäurischen spräche ihre obren
beleidigen dürfte. TbCmmel WUhelmine (lTft4) 28.
HOFSTOLZ, m. ; sie (die ßrstin) allein am hofe schien
den barschen jüngling, dessen stolze offenheil so oft gegen
den verdeckten hofstolz und besonders gegen den offnen des
fürsten anrennte, mild und recht zu nehmen. J. Padl Tit.
3, 185.
HOFSTREICH, m. streich wie er an einem ßrstlichen hofe
verübt uird : ein fein entworfener, glücklich ausgeführter hof-
slreich. Klinger 3, 129 ; indem er das ganze als einen lustigen
hofstreich ansah, den man in gefolg meiner unarten habe
ausgehen lassen, imi mich zu kränken und zu beschämen.
GOtbe 48, 185.
HOFSTUBE, f. Stube eines ßrstenhofes ßir die hofleute:
für die hofTstub lauf ich behendt.
Weller ZOjäbr. krieg ft4 (ron 1620);
disen zwen bofstubenstänkern (hofleuten). Garg. 134*. im fol-
genden scheint die formel hofstuben machen obseönes zu ver-
hüllen :
du sok mit in (den fraven) schimpfen und lachen,
vil mit in hofstuben machen, teufels netz 2164.
HOFSTÜCK, m. stück, sugehOr eines ßrstlichen hofes; ver-
ächtlich von einer person : ich sah wohl ein, dasz ich auf diesem
wege so ein hofstück werden würde, das man nicht mehr
entbehren will, weil man sich zu sehr daran gewöhnt hat.
Kli^ger 9,215.
HOFSUPPE, /". (neben hofesuppe, s. d.), suppe icie sie bei
hofe gereicht wird, entweder mit herrorhebung des gut bereiteten:
hofsuppe, jus adipatum, seu adipale Stieler lü87; oder des
reichlich gespendeten: brief und hoffsuppen sind zu hoff wol-
feiler dann ein baurn juppen. S. Fbam sprichw. 1, Sl'. als
redensart: der hofsuppe nachreiten, bei hofe gegen das essen,
vmsonst dienen : herzog Erich . . hell einen allen diener, der
lang der hofsuppen nachgeritten, auf gnad gedienet. Kirchhof
vendunm, 40'; die hofsuppe deuen aber heiszt bei H. S.acbs
dende suppe verzehren, wie sie von hofe weg an arme gereicht
wird, daher sich ärmlich behelfen:
die hofsuppen musz ich wol dewen,
und musz die berenklawen saugen,
meins elends kan ich nicht rerlaugen. 2, 4, 5*.
HOFTAFEL, f. l) accubatio aulica. Stieler 190 ; (der fremde)
wird gelegentlich zu kleiner hoftafel eingeladen. Frettag hand-
schriß 2,306.
2) hoftafel, Judicium curiae in Bohemia. Haltaus 943 (von
14S4).
HOFTAG, m. tag an dem man zu hofe gehl; nach den ver-
schiedenen bedeutungen von hof verschieden: zum dienste an
einen edelhof, frohfitag; zur Schlichtung eines rechtshandels an
einen gerichlshof, rechtstag; endlich auch zur dienstleistung an
einen fürstlichen hof.
HOFTANZ, m. tanz nach hüßscher art: weit von dannen ir
hofdänz. Garg. S3" ;
trompeten und pauken erklangen,
und den hoflanz führte man auf mit guten manieren.
GÖTHE 40, 113,
nach: men danzedc den hofdanz bi manneren,
mit trumpen unde mit schalmeiden.
lieinecke fuchs 3286.
bei M.aaler ist hoftanz ein reihentanz: hoftanz, ein brandle,
orbis sallatorius 230% vgl. dazu branle th. 2, 304 ; in N'elsidlebs
newgeordnel künsll. lautenbuche (^ürmberg 1536) ein tan: in vier-
theiligem tact: hie folget der recht artlich hofftanz im abzug.
theil 1, bl. t3'; ein geringer hoStanz. vi*.
HOFTÄ.NZLEIN, kleiner hoflanz, mhd. hovetenzel:
da; wir treten
aber ein hovetänzel nach der gigen. Neidbart 40, 24;
in Necsidlers lautenbuche ßthrt ein mtisikstick in vierOieiligem
tact die Überschrift: ein guls hoftenzlein für ein schuler. th.l,
bl. e2".
HOFTAUBE, f. columba domestica. Nehxich.
HOFTEIDING, n. placitum curiae, Judicium curiae provin-
cialis in Austria. HaltaüS 943.
HOFTEUFEL, m.:
der listig hofteufel ich bin. H. Sachs 3, 1, 97*.
HOFTHEOLOG, m. : nachdem unter Louis XIV durch Bos-
suet und die übrigen hoflbeologen die lehre vom göttlichen
recht proclamirt worden war. Frantz krüik aller parteien 36.
HOFTHOR, n. thor das zu einem wirtschapsliofe führt: waren
wh- . . eben im begriff unsern gegen das hofthor gerichteten
wagen zu besteigen. Göthe 30, 133.
HOFTHCR, f. janua cohortis, sice areae. Frisch 1, 461".
HOFTON, m. ton, art und weise des ausdrucks und Umgangs,
wie er bei hofe herscht : der Inhalt der gedichte der truuba-
dours war theils allegorisch, und auf die damalige pracht
und feierlichkeit des hoftons gestimmt. Esche."»bcbg entwarf
einer theorie u. literalur der schönen wissenschaßen (l7S9) s. 67;
es gehörte nun ordentlich mit zum hofton, dem admiral mit
ehrfurcht zu begegnen. Beckers weltyesch. 8, 135. man sagt
auf hofton mit einem leben, stehen, trenn bei tiefgreifenden
differenzen die form des begegnens eine unladelhaß höfliche ist.
vgl. nach hofrecht umgehen, auf hofrechl trinken oben sp. 1696.
HOFTRAUER, f Irauer um einen verdorbenen, die ein fürst-
licher hof ßr seine glieder anordnet.
HOFTRAUFE, f implurium. Stieler 2329.
HOFTROMPETER, m. tubicen aulicus. Stieler 2340.
HOFTRUCKS, m. bezeichnung eines langsamen, trägen men-
schen aus der hofdienerscliaft, vgl. druckser theil 2, 1451 :
für die hoffstub lauf ich behendt,
und seh, wo die hofftnickse bleiben.
, Weller 30;n/ir. krieg M (ron 1620).
HOFTUGEND, f: vertraute geheimnüsse verschweigen
ist eine königliche aussteuer, die nothwendige hofflugend.
BCTSCBET PatmM 114.
HOFUHR, f uhr auf einem wirischaflshofe : die hofubr schlug.
Frettag handschr. i, 112.
HOFUMGEBÜNG, f. die einen fürsten umgebenden diener und
minister. Göthe 33, 131.
HOFVERHÄLTMSSE, n. plur. Verhältnisse eines ßrstlichen
hofes: die hof- und kriegsverhältnisse. Göthe 6,79; prun-
kende hofverhällnisse. Gztyiyvs gesch. d. deutscJi. dichlung l,9Z.
HOFVERSTAND, m., in der formel haus- und hofverstand,
verstand wie er ßir haus und hof ausreicht, gemeiner verstand:
eine klare, plane darslellnng seiner (des nachdrucks) unrecbV*
107*
1703
IIOFVERWALTER — HOFWERK
HOF WERKLEUTE — HOFZWANG 1 704
maszigkeit für den gemeinen gesunden haus- und hofverstand.
J. Paul herbstblumine 3, 109.
IIOFVERWALTER, in. Verwalter eines wirlschaßshofes : ge-
schäftig eilte der hofvcrwalter um die otTenen scheuern.
Freytac handschr. 1. 112.
HOFVERWANDTER, m. einem fürstlichen Itofc zum erscheinen
und persönlichen dienst tcrp/lichtel : heut bin ich wieder ein
hofverwandtcr, sehe aber meine beste noch vor tische. Göthe
an fr au v. Stein 1, 372.
HOFVOGT, m. vogt über die zu einem Itofe gehöriyen unler-
thanen.
HOFVOLK, n. volk oder menschen an einem ßrstlichen hofe.
Klinger 10, 101 ; seine (Molieres) genialen posscn werden einer
Lcrahlassung zum gassenvolke angedichtet, anstatt dasz man
hesser manche rcgelniäszigen hi;;tspiele einer herablassung
zum hofToIke zuschriebe. J. Paul vorsch. d. ästliet. 1, 197 ;
ich wnis das
und noch mer ctzwns,
das das tiofrolk nit cnknn
den neuen trit, den wir lian. fastn. sp. 397, 6.
HOF WA GEN, m. wagen ßr den gebrauch eines ßrsilichen
hofes. bildlich: damit er ihn vielleicht noch besuchen könnte,
eh er an die deichscl des hof- und slaatswagcns gescl)irrl
(j« hofdienste getreten) wäre. J. Padl Hcsp. l, 127.
HOFWART, f7i. hüter eines wirtschaßshofes. so wird der
hopiund in alten quellen genannt, mhd. bovewart (Lkxer wb.
1,1370); der rittcr schalt das Windspiel: du böser hofwart.
Bechstein mährch. 49.
HOFWARTER, m. aufseher eines wirtschaßshofes, hofmeister:
oder das einer grosze und herrliche mcycreicn wöll haben,
der iren {ihrer) mit bauwen nicht auszzuwartcn vermag : er
wöll dann vileicht alles zu meiner jungherrn (ironisch), der
hofwarter, bedingtlcuten und gültbawren genad setzen. Sebiz
feldbau 26.
HOFWEHR, /. wie hofgewehr sp. 1650 die ausrüstung eines
bäuerlichen hofes mil schiff und geschirr, gutsinventar : die bauern
von Neuenkirchen (klagen), sie hätten nicht genug ausstat-
tung mit saat-, brot- und trinkclkorn und übriger hofwehr.
schreiben von 1763 bei BAtHSTARR die univ. Greifswald vor 100
und vor 50 jähren (lS66) s. 25 ; bei erlüschung eines contracls
sollte man die grundstückc . . an freie Icute vergeben, damit
vermögende sich ein eigenthum an der hofwehr verschaffen
können, anstatt dasz die universitflt in der hofwehr ihrer
60-70 bauern ein groszcs und sich schlecht verzinsendes
kapital stehen bat. commissionsbericht v. 1771, ebenda s. 34.
HOFWEHRUNG, /"., wie hofwehr, gerate zum ackerbau, so
viel ein bauer dessen von seinem kerrn bekommt. Friscu l,46l'.
HOFWEIB, n. l) ein hopiöriges weib.
i) mit etwas grobem ausdruck, auch ein an einem fürstlichen
hofe lebendes weib: wie könnten sie ihren Friedanot auch
anders, als durch cntfernung, vor den hofweibern schirmen,
welche auf ihn eindringen müssen von seinen drei grazicn
angelockt, dasz er nämlich zugleich ein fürst, ein kind und
ein knabe ist. J. Paul Levana 2, 129. dim. hofweibchcn : was
kann denn ans dem kleinen wesen (einem vielgereisten kinde)
werden? ein hofmünnchen oder hofweibchcn ohne hof, kühl,
hell, fein, matt, satt, sUsz und schön. 3, 6t.
HOFWEISE, f hofische art des betragens: mit . . artlichen
züchtigen gcbcrden und hofweisz. Frank weltb. lOS'; die vollen
zapfen . . die solch narrenthäding für ein hofweisz und wol-
»landl hallen, laster d, trunkcnh. VC; wuszten, dasz er gar
Tiel hofweisz unter groszen herren und frauwcn üben kundtc.
b. d. liebe 290* ; was hofweise treilicn heiszc. Petrach. 46* am
rande, im texte eine längere auseinandersctzung darüber;
was bofweiii, bist du untcrrictit (du wrisi, wie du (Uch bei hofe
tu benehmen hast). II. Sachs 3, 2, 23.*)'.
MpCUivh: das ist eine schöne hofweis c (eine schlechte hopich-
keii). Frisch 1,461'.
HOFWELT, f well, leule eines fürstlichen hnfes: bekannt
rnit der hof- und staatswolt. Götiie 24,115.
HOFWERK, n. kistung mitiVlrisdier dienstpflicht von teilen
der hofunterthänigen Irule an den hofherrn. Haltauh 943; dann
kriegtdienst überhauj4 : (die gebrUder von Geunau stellen dem rate
XU Halle zehn mann zum kriegsdienst auf vier wochen) und
wann uns der gnanic rath »on Halle ehir uszlaufung der vir
wücbin Urlaub gibt . . Süllin wir den von Halle gnurh gclhan,
und zu vorderin deinstc und hoffwerk unvorpflichlil syen.
DiETHAcrr Saalkreis 3,303 (r. I4&&); kritg$dientt« Umende mann-
schaß. Haitaus 944; in unsen dagen wart in dussen landen
tu Sassen nue (nie) gebort noch vernomen dat so grot menlik
volk van geringen hovewerk so verstrawet worde. d. slädteehr.
7, 254, 17, vgl. 390, 16.
HOFWERKLEUTE, plur. werkleute eines ßrstenhofes; in der
folgenden stelle von einem maurer und einem Zimmermann:
gnedigcr fürst, ich bring bereit
eur fürstlich gnaden hofwerkleut.
i. Atrkr 121' (612, 17 Keller).
HOFWESEN, n. hofhalt: Lundcrs, da der kttnig von Engel-
lant sein hofwesen het. Wilw. v. Schaumb. 90; leben, art, zu-
stand des hofes: doctor Luther, . . wenn er zumal vom regiment
und hofwesen geredet. Sciiurpius 845 ; abschaffung der misz-
bräuche, welche das hof- und bcamtcnwesen durchdrungen
hatten. Becker wcllgesch. 11,117; schenkte er den fortschritten
der Wissenschaft die aufmcrksamkeit, welche vormals das hof-
und Staatswesen in anspruch genommen hatten. 425.
HOFWIESE, /". wiese an einem fürstlichen hofe:
unden auf unser grün tioffwicsen (xoli ein lurnier qehnUrn
werden). H. Sachs 3,2,235'.
HOFWIND, m. : manche, wann sie auf das weite mer der
statsgeschäften gebracht, und ihnen die segel eines gar zu
günstigen hoff- und ehrenwindes an- und aufgespannet werden.
BuTscHKv Palm. 6S8 ; der ehrsüchtige lecker, welchen der hof-
wind allbercit aufgeblasen und wie eine kröte geschwcllet
hatte. polU. stockf 56.
IIOFWORT, n. höfisches wort, höfische, vcrbindliclie rede •
ein fromme fraw sol haben gbcrd,
ir ougen schlagen zu der erd
und nit holfwort mit yedcrman
trj'hcn, und yeden gätnen an. Bratit narrenfch. 32, 27 ;
schöne hofworte (der hößinge, die anders sagen als sie denken).
BüTSCiiKY Palm. 446.
HOFWUNDE, f wunde die das hoßeben schlägt: schöne
kunst und nichts als kunst war für die fürstin die Passaucr
kunst gegen hof- und lebenswnndcn. J. Paul Tit. 3, 187.
HOFZAÜN, m. zäun um ein gchöß.
HOFZEIT, /". zeit die man an einem ßtrstenhofe verlebt hat:
sie waren . . genaue freunde aus früher hofzcit her. Göthe
17,104; zeit zu der vran bei hofe sein musz: frau von Stael
trat einen abend vor der bofzeit bei mir ein. 31, 173.
HOFZINS, «J. zins der an einen lehenhof zu entrichten ist :
(der Schaffner des klosters von st. .Alban soll) under bloszem
himel sitzen und also ein zit warten der zinslttten und die
hofzins do ufnemcn. weisth. 1,305 (Basel von 14S6); sol der
meyger und die huber einem probst die hoffzins richten und
antwurlen. 4, 40 (Elsasz, von 1420).
HOFZIRKEL, m. zirkel der an einem hofe lebenden höheren
gesellschaß, s. hofkreis.
HOFZORN, m. .• wo er (der die schuhe bestellt) nicht möchte
bisz an den morgen heilen, wülle er (der schuster) einen hof-
zorn wagen, und ein paar schuch, so er seinem eignen weib
gemacht . . holen. KiRcnnoF wendunm. 427*. es ist als bild
für einen groszen zorn gebraucht, wie ihn hohe herrschaßen zu
äuszern pflegen.
HOFZüCHT, f wolgezogcnheit, wie sie bei hofe gilt, mhd.
hovezuht: und das (unmäszige trinken) ist laider ein hoff-
zucht und adclichc that worden. S. Frank laster der trunken-
heit c2';
ach, ir groszen vorhciten strüt;!ol,
ir kunt der hofzucht all gar lützcl. faün. sp. 221,26;
des fursten weib irs auch wol gunt,
wan sie lil hübscher holTzncht Mint.
RoSENHLt'T äiis. s. 1143;
ob sie schon ein miszbrurh hnnt
do mil die holTziicIit würt geschaut.
Krajit uiirrrnfch. 110*, 6;
(ein armer mann) darf nit aller holTzucht pflegen. 209;
(tront«c/i) dir ober Isis ein hoHtuchl swnr,
wen dir voll fcdorn hangt das har.
SciimiiT ijrob. (l.Miü) a3' (6. 1, cap. 1);
denn es mcrklirhcn schndvn bringt,
so m.nn lüp hlnsit im leih verzwinpt, . . .
und wirst scliwiiili, krnnk, nnd ungehewr,
so itolit dich hofzucht viel zu thowr.
a «• (b. 1. cap. i) ;
musz ich dich hofzucht lehren?
dnrffit du vom kränz der ehren
ein l&uhicin nur begehren? Urlakd ged. 2:>''
HOFZWANG, m. 1) zwang welchen das hoßeben auflegt: des
langweiligen bufzwangs müde. Klinof.r 5,140; ich hmgweilc
mich und andere in dem hofzwang. Armin 2, 33C.
1705
IlOGER — HÖHE
HÖHE
1706
2) das recht du dienstpflichtigen unterthanen zu leistung der
hof- und frohndienste anzuhalten. Adelung, rgl. bauernzwang.
HO GER, m. 1) hvcker, buckel, vergl. über die entslehung der
form sp. 1651: gibber hoger, hocUer Dief. 262'; der hoger,
buckel, tiiber, gibbus, Struma. Maaleb 230* mit dem dim. bögcrle
tubercuhim 2"2S* ; noch jetzt schireiz, hoger Stalder 2, 50 ; den
hoger oder rucken. Forer fischb. 136'; und noch unlängst in
nolhind ergangen, d; ein arm hogerig oder buckelecht weiblin,
unser 1. frauen zu Henkelem sehr andächtig besucht , ihr
Opfer gethan, darnach zu hausz gangen, und iren hoger und
buckel dahinden gelassen hat. bienk. 141'; er wäre gleich
einem bucklichten, der sein hoger nicht sehen könfc und
denselbigen doch hätte. Q. Pegecs kunstquell. 3. 104. in der
form hogger : ein' schädliches miszgewächs, welches durch die
bürde der vielen lästerungen, damit es seinen rücken beladen,
zweifelsohne eine art vom hogger zuwege gebracht. RicnET
der Patriot, 3. jähr (1729) 5. 433.
Bei Boxer ist hoger ein bucklichter {rgl. unten högerling):
vil schier beschac.h,
da; der zolner einen sacli
hogrecht iif die bru^ge |än.
er nie; in balde stille stan,
und sprach : ein phenning seit du ^eben !
da geriet der hoger wider streben,
der zolner sach den hoger an :
einen kropb sach er in hän. edelst. 76, 24.
2) hoger heiszt auch der härenkrebs, Cancer squdla. Nehnich
1, S04. der hier gleichfalls angeführte name hegerling {cergl.
sp. 7S3) kann trol aus högerling entstellt sein.
HOGERFALK, m. ßr hegerfalk, rgl. sp. 153. 154: der hoger-
falk ist nicht grosz von leib, aber desto beherzter. Hobberg
2, 6.>4'.
HÖGERLING, m. ein bucklichter: wie solts wunder sein,
das etwann grosze henen zwerg und högerling zu erben
haben, so doch jener könig den zwerg auf seiner frawen
fand, und jener herr seinen moren. Garg. 29*.
HÖGRICHT, adj. buckticlU: gibbosus hogericht, hogkericht,
hogerechtig Dief. 262'; hogerächtig, der ein hoger hat, gibbus,
gibbosus, incurrus humeris Maaler 230'; dieser (fisch) ist durch
den rücken minder hogcrecht. Forer fischb. 90*; Esopus der
weise mann ward verkauft als ein ungeschickter mensch,
bögrecht, bogenruckecht. Agr. spr. (1560) 29; des hogerigen
hofmanns {ein gesellschaßsspiel). Garg. 166*; krümbt sich zu-
samen wie ein hogeriger ige). 2.30*; von einem durch alter
gekrümmten: es kriegt der pfafif, der mönch, der alt hoggert
greise sampt seinem son. kriegsb.d.fr.lS; von mehl das durch
feuchligkeit knoten hat:
fürwar, heck, mich genzlich gedeucht,
es sei das meli! so grausam leicht
oder gar patzet und so höaret.
J. Airer f.istn. sp. 87' (2779, 30 Keller).
HÖH, interj. ßr ho sp. 15S6: höh! hop! da zeigt schon an
der thüre mein mops mir auf Zwei fQszen sein talent zum
tanz. KoTZEBCE dram. sp. 8, 149.
HÖHE, f. aUiludo.
ahd. bühi, mhd. hoehe; die ältere spraclie seigt, mit scharfer
gutluralis, vorüber auf sp. 1591 zu vergleichen, die neben form
höche und ohne umlaut auch hoch ßr hoche: {eine bahre) die
hett nach der läng 14 ein und nach der hoch 4 eleu, deutsche
slädtechron. 5, 22, Is ; sy (die gemsen) woncnd in . . die höche
der gebirgen. Forer thierb. 63*; grosze männer, welche in
schlipferige höche der höfe und gemeiner Sachen gesetzt sein.
ScHCPPics 765;
kain pbantasey soll haben statt
zu ^ninden gottes haimligkait.
ir dief und hoch ist ungesait. Scbwarze^derg 155'.
der alemannische erweiterte plural hOhincn steht zu häufigen
andern gleich gebildeten, die bei Weinhold alem. gramm. s. 442
§ 407 aufgezählt verden: auf den hühincn und spitzen der
berge. Sebiz feldb. 41 ; so vil altär, capellen und höhinen (hat
die rOm. kirche) an allen enden . . aufgericbt. Fiscuart bienk.
55* (bei Mabnix 47* aber: altaren en capellen of alle hoogbe
plaetsen . . opgericbt). Htm zur seile geht ein singular höhia
höhe:
je mehr
ein berg sich in die höhin strecket. WECKBiRLn 491.
dem entgegen steht der Sprachgebrauch Lcthebs, der neben höhen
auch den plural höhe rervendet: die höhe der berge sind auch
sein. fw. 95,4; sie baweten inen auch höhe, l kOn. 14,23.
übrigens hat ein plural ron höhe gewöhnlich nur in den bedeu-
tungen unten 1, e, f, g statt, doch vergl. auch unter 3.
höhe und hoheit, roii einem und demselben grundbegriffe aus-
gehend (rergl. die ausführungen unter heit sp. 920), haben sich,
nicht ohne einiges schwanken in der älteren spräche, jetzt so
geschieden, dasz uns höhe das hoch sein und dann das hoch-
liegende in eigentlichem und übertragenem sinne überhaupt, hoheit
dagegen diese beiden begriffe übertragen und mit der nebenbedeu-
tung des würderollen und erhabenen bezeichnet.
Bedeutung ron höhe.
1) nach hoch I sp. 1591 in örtlichem sinne, ansteigung über
einen punkt der ebene.
a) der bäum, das haus hat eine beträchtliche höhe; hohe
eines ufers ; höhe des Wasserstandes eines flusses ; der ist
wohl thoricht, den nach ihren (der bäume) fruchten gelüstet,
und aber ihre höhe nit ermessen thut. Ziskgref apophth.
1,415; es stund ein bawm mitten im lande, . . seine höhe
reichet bis in bimel. Dan. 4, 8. mit maszbeslimmungen : ein
l)erg von tausend fusz höhe ; drei hundert eilen sei die lenge,
fünfzig eilen die weile, und dreiszig eilen die höhe (der arche).
1 Mos. 6, 15 ; die lenge des hofes sol hundert eilen sein, . .
die höhe fünf eilen. 2 Mos. 27, 17 ; wir baweten die mauren,
und fügten sie ganz aneinander, bis an die halbe höhe. ?ieh.
4, 6 ; das fünf schuch in der höhe hat, oder fünf schuch
hoch, altus pedes quinque. Maaler 22S'.
b) mit Verben der bewegung: einer klimmt, klettert, steigt
in die höhe; steigt er (der felsen) senkrecht in die höhe.
Göthe 27,16; mülter hoben ihre kinder in die höhe; hebet
ewer äugen in die höhe. Jes. 40, 26 ; den dolchen in die höhe
haben, alte extollere pugionem. Maaler 228*; er bebt seinen
arm in die höhe ; hub ich das linke bein samt dem schenke!
in alle höhe auf (so hoch ich immer konnte). Simpl. 1, 104 Äi<rr;
einen stein in die höhe werfen ; wer den stein in die höhe
wirft, dem feilet er auf den köpf. S/r. 27, 28; wenn du denn
gleich in die höhe fürest, wie ein adeler. Obadja 4; das feuer
lodert in die höhe, bildlich : er war recht nahe daran, sein
wie von einem gewitterschlag auf einmal in die höhe bren-
nendes wesen auch so zu zeigen. J. Paul 7»/. 3,24; der kranke
richtete sich mühsam in die höhe ; soll ich denn nur immex
die höhe erkriechen? Göthe 16,199;
beide theile
stehn in eile
schon als knechte
völlig fertig in die höbe! Göthe 1, 240.
c) tVi einer anzahl beispiele betont höhe nicht sowol die ganze
strecke der ansteigung, als vielmehr den endpunct derselben : hohe
eins tiu-ns, arx, est summäas turris, hohe eins gebeu. pinna-
culum, rulg. fürst, voe.inc.theut. k2'; auf der höhe des wegcs
sah man ein schlosz liegen ; als der sein grab in der höhe
hawen lest, und als der seine wonung in den felsen machen
lest. Jes. 22, 16; Deugel der adeler aus deinem befeih so hoch,
das er sein nehst (nest) in der höhe macht? Ifiob 39. 21 ; die
Sternen droben in der höhe. 22, 12 : (wölken die) eine zeit lang
in der höhe schwebend verweilten. Götbe 51,216.
d) so wird golt in der höhe iro/incnJ gedacht: er schawet
von seiner heiligen höhe, und der herr sibct vom bimel auf
erden, ps. 102,20; der herr ist erhaben, denn er wonet in
der höhe. Jes. 33, 5 ; ehre sei gott in der höhe. Luc. 2, 14 ;
er (Christus) ist aufgefaren in die höhe. Eph. 4,8;
der aufgang aus der höh herab
hat uns besucht (Chrixlns).
Selnecceh pscUmen (1587) 421.
e) »n der bibel werden soicol gott als auch gOtzen sinnbildlich
höhen, statten ihrer Verehrung, errichtet : das volk opferte noch
auf den höhen. 1 kön. 3,2; da bawete Salomo eine höhe
Charaos dem grewel der Moabitcr. 11,7; sie baweten .inen
auch höhe, seulen und haine auf allen hohen bügeln. 14,23;
er lies komen alle priester aus den stedtcn Juda, und ver-
unreinigt die höhen, da die priester reucherten . . und brach
ab die höhen in den thoren, die in der thür des thors waren.
2 kön. 23, 8 ; verbrand die höhe, und macht sie zu staub. 15 ;
sie haben dem Baal höhen gebawet, ire kinder zu verbrennen,
dem Baal zu brandopfem. Jer. 19,5.
/) höhe ist der gipfel eines berges oder bergrückens, der höchste
punkt eines gebirgszuges : und machten sich des morgens früe
auf, und zogen auf die höhe des gebirgs. 4 Mos. 14,39; oben
auf der höhe dieses felsen. rieht. 6, 26 ; unter diesen worlen
und gedanken war er auf die höhe des berges gekommen,
1707
HÖHE
HÖHE— HOHEIT
1708
und sah an dessen abhang ... ein wunderliches gehüude
liegen. Göthe 20,6; nun ist endlich die höhe erreicht, die
höhe des gebirgs. 21,9; wenn er {der weg) .. seit Beuedict-
beuern herauf, von höhe zu höhe stieg. 27, 16 ;
indem man, seines heers la schonen,
von sichrer höh weit um sich hlickt. RAHtKR 1, 49.
übertragen: auf phantastischen höhen. J.Paul Tit. 3,23; die
literarischen höhen, kl. bücherschau 1, 69. vergl. bergeshöhe,
berghöbe, felsenhöhe.
g) verschieden hiervon ist höhe, neben anhöhc, eine kleinere,
sanftere erhebung des erdreicJis, hüqel: ich wil wasserflüsse auf
den höhen offenen, und brunnen mitten auf den felden. Jes.
41,18;
in dieser zeit lebt einst auf Latmos höhn
ein junger hirt. Wiela:«d 10, 136;
auf hügeln und höhn, in huschen und hecken
übten ein fröhliches lied die neuermunterten vögcl.
GÖTHK 40, 5.
oft in der gegenidterstellung Ihal und höhen:
alleemeine ruh
herrscht weit umher im thal und aur den höhen.
WiELAr«D 10, 152 ;
es wurde nacht, ein düstrer flor
bedeckte thal und höhn. IIöltt 16 Halm;
0 thäler weit-, o höhen,
o schöner grüner wald !
EicHEMDORFF laugenickts (1826) 239.
tiefen und höben :
die schönen sind fürwahr geplagt
in tiefen und auf höhen. Gotter 1, 87 (58).
eine Urkunde der grafen von Nassau von 1360 nennt den ganzen
Taunus die höhe: unser graveschaft und herschaft hie diesyt
der höhe, veislh. 1,5S6 anm.; vgl. die Stadtbezeichnung Homburg
vor der höhe.
höhe hier auch in ,'reierem sinne: der Unterleib hat zwei
zarte einwöibungen, bis wo die höhen der freuden sich heben.
Heinse Ardingh. 2,278.
h) die höhe des meers, vergl. hohes meer sp. 1592: für
seinem verstand erhebt sich die höhe des meers. i/io& 26,12;
fare auf die höbe, und werfet ewre netze aus, das ir einen
zug thut. Luc. 5,4.
«) höhe, technisch: höhe der gliedcr, in der baukunst das
masz der tlieile in den gesimsen der sdulenordnungen, in der-
selben Proportion; höbe eines fasses heiszl dem büttcher die
chorde des bogens, den die daubc vorstellt; höhe eines bataiilons
odcfr eskadrons, die länge der reihen desselben. Jacobssün 6,92'
(vgl. hoch 1,6 sp. 1593); höhe in der seefahrt, die erhebung des
Polarsterns über den horizont oder die entfernung des orls vom
aequator. Eggers kriegslex. 1,1203; höiie in der astronomie, die
zahl der grade in einem vertikalcirkel vom horizont an gerechnet
bis in die mitte des körpcrs, von dessen ort die rede ist. maihem.
lex. (1747) 1,660; die maierei nennt höhen die an einem land-
schafta- oder anderm bildt stark hervortretenden parlien: ein
bemooster fcls, ein Wasserfall hält meinen blick so lange
gefesselt, ich kann ihn auswendig ; seine höhen und tiefen,
seine lichter und schatten, seine färben, halbfarbcn und
wiederscheine, alles stellt sich mir im gciste dar. Göthe
16,212; vgl. hierzu das verbum höhen 1 am ende.
2) höhe von der zeit {nach hoch II sp. 1594) ist selten; nach
dem hohen tage kann man von der höhe des tages reden;
höhe des alters ; für die höhe seiner jähre ist er noch recht
rüfitig; auch höbe der Schwangerschaft.
3) höhe in bezug auf den grad (buch III sp. 1595 f.), bei
fireit-, icert- und rangvirhältnissen : die preise der lebcnsmittel
haben eine bedeutende höbe erreicht; die höhe seiner for-
dening schreckte mich ab ; höhe, ein gewisser grad der dunkel-
lifU bei dem blau des tmaltenglases und dessen zubereilnng.
Jacobssom 2, 27ü'; höhe des lasters, der Sittenverderbnis;
höhe der gesinnung, des geistcs ; eine leichtigkcit, höhe des
geisles, sicberhcil, die entzücken. Göthe an frau v. Stein 3,48;
(Christus) zeigt allen, denen es um eine gewisse höhe im
lehren und leben zu tbun ist, was sie von der well zu er-
warten haben, werke 22,25;
befcligend war ihre nfihe,
und alle herzen wurden weit;
doch eine würdr, eine hi<hn
eotfrmte die vettraulirhkr^ii.
ScaiLLKR mddchrn nin drr frrniile.
gignuata hohe und tiefe der menschlichen Sittlichkeit: ruhige
ftwhaltaog eines eifenen, niTenllichen chrbankbriKb^ 't/i ent-
weder eine fast unmenschliche tiefe, oder eine übermensch-
liche höhe voraus. J. Paul nachddmmer. s. 78. plural höhen
und liefen der menschlichen brüst:
aber, sie schärfer und schärfer zu prüfen,
wählet der kenner der höhen und liefen
tust und entsetzen und grimmige pein. Gütiik 1, 252.
Verbindungen mit verben lassen hier die sinnlichere örtliche be-
dcutnng des Substantivs (oben t) noch recht lebhaft durchscheinen :
die nolh hatte eine furchtbare höhe erreicht; das laster ist
zu bedenklicher höhe emporgewachsen ; modephrasen sind jetzt
auf der höbe der zeit, der bildung stehen ; diese tcmpelstille
des naturclls, dies ewige thronen auf der höhe der dinge
{seitens der königin). Auerbach auf der höhe 1,325;
du gabst mir schwingen hoher begeistening!
gefühl des wahren, liebe des schönen, du!
du lehrst mich neue höhen finden,
welche das äuge der kunst nicht spähet.
Stolberg 1, 13.
höhe in bezug auf rang und stand : die höhe seiner gehurt
schützte ihn vor gerichtlicher Verfolgung; ein bruder aber
der nidrig ist, rhüme sich seiner höhe, und der da reich ist,
rbüme sich seiner nidrigkcit. Jac. 1,9; die höhe eines men-
schen hoch achten, proceritatem hominis magnifacere Steinbach
1, 705. auch hier mit verben die dem subst. eine bedeutende sinn-
liche anschaulichkeit verleihen: der rhuni der gottlosen stehet
nicht lang . . . wenn gleich seine höhe in den himel reichet.
Hiob 20,6; das sich bücken mus alle höbe der menschen,
und demütigen was hohe Icute sind. Jes. 2,17; da mit wir
verstören die anscblege, und alle höhe, die sich erhebet
wider das erl.enlnis gottes. 2 Cor. 10, 5.
4) den grad beschldgt auch eine seit dem 16. jahrh. geteöhn-
liche ironische redcnsart das ist die rechte höhe!: sihe da,
sihc da, das ist die rechte höbe, mägdchen, was sol das
bedeuten, was macbestu hier bei einem jungen gesellen?
engl, komöd. 1, Bb8; das ist auch anzeigung eines tapfern
fürsten, wann seine diener wol mundiret sind, wo aber die
Junkern geben, haben kragen und bembdcr an wie die Schorn-
steinfeger, die federn sind nicht ausz den haaren gckenimet,
...das ist die rechte höhe. Sciiupimus 107; wer am meisten
über die regierung schimpft, oder wider die physiognomik
eifert und dergleichen, bruder I das ist die rechte höhe!
Schiller raub. 2,3; frau. da sieht maus ja sonnenklar, wie
es ihm pur um ihre schöne scele zu tbun ist. Miller, das
ist die rechte höhe! auf den sack schlagt man, den esel
meint man. kab. u. liebe 1, 1 ; Clavigo. sie will nichts von mir
hören. Carlos, das ist die rechte höhe. Göthe 10,82; zu
hause sitzt der fürst und macht einen operationsplan ; das
ist die rechte höhe! 42,111;
sih dnr, das ist die rechte höhn,
magdchen, wie sol ich das verslehn?
atnantes amentcs E8;
'das dächt ich nimmermehr, sie ihun ja so bescheiden,
und werden roth und weisz, wenn sie ein küssgen leiden',
das ist die rechte höh, das Ist der klare kern,
ich will ein schelme sein, sie habeiis herzlich gern.
I'ICA!«DRR 2, 295;
das wäre mir die rechte höhe,
da zu befehlen, wo ich nichts verstehe! Göths 41,263.
HOHEIT, f. celsitudo, altüudo.
1) ein im mhd. erst spät als hochheit (Lexer üb. 1, 1316)
auftauchendes wort: altituilo hockeit Dief. 26'; celsitudo hoch-
ki'it, hocheit Itl', das sich auch im altern nhd. bis ins 11. jh.
als hochheit fortsetzt und erst spater allgemein die heutige form
annimmt {belege im folgenden), eine nebenform hochheitigkeit
in der bedeutung hochmut, stolz, erscheint bei Keisersberc:
wenn wir opferen sollen, und wir denn nit hoch gmig geacht
sindt, so schicken wir ein andern für uns zu opferen, so
wir nit »int myn gnad junker und gnod frowe, so ist es nit
recht . . . von diser holTart und hochheitigkeit hüten <lch.
bilg. 23*; eine bedeutung die auch spUer der ein fachen form inne-
wohnt: also hat Cyrus die babylonisch hochbeit und huffart
auszgetilgt. Rkisz^kh Jerus. 2,30'.
2) gewöhnlicher Mt hoheit, auf die sociale Stellung betagen,
in der hedeutun^i hoher rang, würde, erhabene steltung verwendet:
sein (des papsts) hochhcit und würde ist so grosz, dass «ie
kein zung auszsprerhcn noch kcins menschen verstand be-
greifen kan. KiscHART bienk. 134*; die grflszie weisheil und
geschirklichkeit sei glauben, dasz allein ehrbarkeil und tugrnd
zur hochheit und reputalion, und hingegei) lat>ter und un-
tu^-ciid /um f;ill und vcr;nhtung befilrd'- ■ *''■' ■< ''■'•'< 377;
1709
HOHEIT
HOUEITBLICKEND — HÖHENBESTIiDIÜNG 1710
die hochheit seines amples. peis. rosenth. 4, 12 ; es sol auch
ein regenl immer zu seine majestüt und hochheit wol und
genau in acht haben. Schcppius 556; diese (die brillen) sind
in Spanien so sehr eingeführet, dasz ich mir sagen lassen,
man könnte an deroselben unterschiedlichen grösze auch die
hohcit der personen von einander unterscheiden, reise durch
Spanien bei Hagedorn 2, 4S anm. spiichuürllich hoheit dunkt
sich gern zu hoch. Otho 65;
grosz ist des golds und der bochheit gewalt.
Weckuerlis 751 ;
schon stürzen die altäre,
von hoheit, ehr und gh~ick, von der gewalt der beere,
dem arm des vorurtheils, des lasters und der iist
vergebens unterstützt, der beide würd ein Christ.
Gellkri 2, 46 ;
alle boheit der erde {ist ihm)
sonder berzlicbe liebe, staub. Uöltt 06 Ualm;
verdienst
ums Vaterland wiegt bobeit und geburt,
gescheuke blinden Zufalls, auf. üotter 2, 146;
ich warf ihm deinen handscbuh bin und sprach,
du wolltest deiner hoheit dich begeben
und als ein ritter kämpfen um dein reich.
SCBU.LER Jungfrau 1, 5 ;
in angestammter hoheit machtbesitze. Röckert 136.
zuweilen bezeichnet hoheit die bevorzugte sociale Stellung so, dasz
die macht mehr betont ist, das erhabene, die trürde zurücktritt:
vergieb dem ekeln stolz, der gern nichts wagen möchte,
als was ihm rühm und Bern die alte hoheit brächte.
LESS1M6 3, 336 ;
was kann das lasier nicht erzwingen,
wenn es die hoheit unterstützt i
Gellert bei Aoelcnc ;
vie andererseits auch die blosze rangschätzung henorgehoben wird:
die sibeu anipeln zeigten an die hochheit desz sibenden tags
bei den Juden. Reiszxer Jfr«j. 2, 140' (vgl. hierzu hoch 111,2, d
sp. 1603). — hoheit, auch von der erhabenheil gottes:
macht, rubm und hoheit immerdar
dem, der da ist und der da war! Gellert 2, 116;
gebaszt in deiner niedrigkeit
warst du ein ziel des spottes
und zeigtest doch zu gleicher zeit
an dir die hoheit gottes. 205.
3) hoheit bezeichnung der person, die eilte hohe würde ein-
nimmt, namentlich der herscher; früher allgemeiner als titel ver-
wendet: die Schmach, die unserer keiserlichen hocheit durch
euch aufgeladen. Zisegref apopluh. 1,14; Wiela.nd läszt im
goldenen Spiegel den sultan mit hoheit angeredet werden: ilu-e
hoheit befehlen also. 7, 6 ; ihre hoheit erinnern sich ohne
zweifei noch. 102 (S7); wenn ihre hoheit dicsz im ernste
meinen. 197 (169). jetzt hat sich der titel auf prinzen königlicher
Häuser und regierende herzöge fixiert: deijenige . . der glück und
gelegenheit hat das vorzimmer des groszherzogs von Olden-
burg hoheit im schlösse neben dessen cabinet zu betreten.
Güthe 39,209.
4) hoheit, die mit der hervorragenden Stellung verbundenen
rechte, namentlich die regalien, sowie die hohe gerichtsbarkeU.
Haltaüs 945; kaiserliche hoheit, die macht so der kaiser ßr
sich hat, als posten, universitäien aufzurichten, in den ßrsten-
stand zu erheben, u. s. w. Fbisch 1, 457' ; ferner das gebiet, wo
dieselben ausgeübt iccrden, herschaftsgebiet : die baich (bach)
scheidt drei herrn nochheit, dem herrn von Prüm, Gerhard-
stein und Jiayll, und kunten wohl die drei herrn alda an
einem tisch sitzen, doch ieder auf seiner hochheit, weisth.
2,529 anm.; daselbst ... ein stein gestanden, darauf drei
heiTcn ncmblich der churfürst von Collen, der hertzoch van
Giulich und der gräff von Blankenheim sitzen sollen, und
jeder uf seiner hocheit. 6>)2.
5) erst später ist hoheit auf die innere würde, den geistigen
adel bezogen worden: hoheit des gemüts, altitudo animi Stie-
ler 808; jal mein freund, sagte sie lächelnd mit ihrer ruhigen,
sanften, unbeschreiblichen hoheit. Göthe 20,195; (Voltaire hat)
eine leichtigkeit, höhe des geistes und Sicherheit, die ent-
zücken, — ich sage, höhe des geistes, nicht hoheit. an frau
v. Stein 3,4S; Johanna unterbricht ihn, mit klarheit und hoheit
ihn aiischauend. Schiller Jungfrau 1,10; die milde und un-
bewusztc, unzerstörbare hoheit, womit sie ihr Unglück trug.
0. Ludwig zwischen himmel u. erde (1856) s. 226;
schön ist der mutter
liebliche hoheit
zwischen der söhne feuriger krafl.
Schiller braut v. Messina v. 263 ;
bei Gellebt noch mit bezug auf die bedeutung 2:
dasz das vollkommenste glück in einem reinen gewissen,
die wahre hoheit im herzen besteht.
2, 72 ((/n den grafen von Brülil).
HOHEITBLICKE.XD, adj.:
ihm antwortete drauf die hoheitblickende Ilere (ßoähiis ^orvta).
Voss Ilius 4, 50 u. ö.
HOHEITLICH, adj. der hoheit (no. 2) geindsz: hoheitliche
rechte.
HOHEITSPFAHL, wi. pfähl als zeichen der hoheü (no. 4). in
freian sinne, von dem stock eines Schulmeisters: bring ich bei
der männlichen (schuljugend) meinen hoheitpfahl an ort und
stelle. J. Paul herbstblum. 3, 145.
HOHEITSPFLALME, f. eine pflaumenari, franz. prunt d'aUesse.
HOHEITSRECHT, n. recht das aus der höchsten landesherr-
lichen gewalt her/lieszt (vgl. hoheit 4). auch in freierem sinne:
(das christenthum) welches doch eben durch Wiederherstellung
des göttlichen ebenbildes im menschen ihm diese hoheits-
rechte gab, die er jetzt auszuüben beansprucht. Feastz krüik
alier parteien s. 23«.
HOHEITSSCHULTHEISZ, m. früher in standesherrlichen be-
zirken, in welchen ßr einen ort die standesherschaß den schull-
heisz als oberste ortsbehörde ernannte, der vom staale ernannti
schultheisz, der namentlich die steuern einzunehmen hatte.
HOHEITSWAH.X, m. wahn einer erhabenen Stellung:
für ihn eutDieben
aus meinem busen mulh und stolz und bobeitswahn (worie
der sich auf die knie werfenden Elektro).
GoiTER 2, 115 (162).
HOHELIED, n. zusammengerückt wird öfters geschrieben ßr
das hohe lied (sp. 1603) ; auch in den obliquen casus des hoheo-
licdes, dem hohenliede.
HOHELOHE, adv. : die bölifunken (des dreiszigjährigen
krieges) haben von dar-aus (Böhmen) rings umher angezündl,
dasz gleich das ganze Teutschland hohelohe gebrunnen
RoMPLEB vorrede ij\
HÖHEN, verb., ahd. hohjan, mhd. hcehen, hoch machen, ein
im nhd. zu gunsten von erhöhen seltener gewordenes verbum.
Es bezeichnet
l) hoch machen, in örtlichem sinne: die insul .. bucht und
spitzt sich in irer lengi in dem mittel in eines büchels (bühels)
weise. Gallüs Oueix ehr. von Reichenau 25, 22 ;
Ossa zu höhn auf Olympos gedachten sie, aber auf Ossa
Peliou, rege von wal'd , um hinauf in den himmel zu steigen.
See 11, 315.
bildlich: weil er damit länger und rüstiger am neuen baue
(Üeutschlandi) helfen und höhen kann. J. Paul nachdämm,
s. 70. technisch, in der maierei (vgl. hierzu höhe 1, t sp. 1707) :
sechs gemählde auf goldgrund. die lichter in den gewäadern
mit gold gehöht. Götbe 39,274; bei den hohen lichtem (do»
glasmalereien) ist der grund scharf weggenommen, die übrige
haUung aber mit kleinen strichlein hervorgebracht, wie man
auf einem dunklen grund mit kreide höhen würde. 43,133.
2) hoch machen, dem grad nach; steigern, kräftigen, von
empfinduugen und ihrem ausdruck:r
die Vögel höhen ihren sang. Höltt 145 Halm,
in einer sehr freien nachbildung -eines Uedes des Schenken von
Limpurc, wo es heiszl:
diu vogellin hoDhent ir gesanc. minncs. 1, 133* Hagen;
er treibt mein rad und schüret mein feuer gut
und singet so hell : das höhet mir den muth.
Uhl^ihd ged. 349;
bezüglich des ranges:
ich darf mich so nicht höhen. - v. Birke;« Guelfis 248.
HOHE.NASTER, m. scherzhafte bezeichnung des apfelweins:
hochenaster, achasea, est succus de pomis et piris expressus,
pomacium. voc. ine. theut. k2'; darausz (aus fruchten) sie Ire
hohenaster und köstliche öpfel- und birnmöst geschlagen.
Mathes. Sar. 9'; noch jetzt in der Wetlerau Hohenastheimer,
vielleicht mit anspielung an den Ortsnamen Astheim, wie z. b. ein
dorf bei Trebur heiszt.
HOHE.NAU, /■. auch hocbenau, das hauptscMff bei einem
schiffzug, d. h. bei mehrern schiffen, die in Verbindung mit ein-
ander mittels Pferden stromaufwärts gezogen werden (auf der
Donau) ; auch ein ganzer solcher schiffzug. davon das verbum
hohenauen, hochenauen. Scim. 1, 1042-1044 Fromm.
HÖHENBESTIM.MUNG, f.: die höhenbcslimmung der berge
auf dem inonde. Bba.ndes astronomie 2, 18.
1711 HÖHENINSTUUMENT — HOHERR
HOHESCHULE — HOHL
1712
HÖHENINSTRIJME.NT, n. ein instrument, höhen der berge
und ihre basis ohne viesskette zu finden. Jacobsson C, 92'.
HÖHENKARTE, f. die die höhenverhältnissc veranschaulicht:
im jähre 1S65 erschien :. b. eine böbenkurte der würtember-
giscben staalseisenbabnen.
HÖHENKLIMA, u. klima der höher gelegenen gegenden : seine
beobacbtung bat zuerst die botaniker auf den verändernden
einflusz aufmerksam gemacbt, welcben das böbenklima auf
die Pflanzenwelt übt. Weslermanns monatshcße 1. hd. s. 52.
HÜHEN.MARKE, f. eine die höhe eines punlUcs bezeichnende
marke: fünfundfunfzig böbeuinarken wurden auf dieser strecke
eingesetzt, deren angaben innerbalb einer febiergränze von
3-4 zoll genau sind, ausländ 40. Jahrgang s. 1006.
HÜHE.NMESSER , m. instrument behufs livhenmessung ; bei
den Schiffern instrument, um die höhe eines Sternes zu messen.
Jacobsson 2,270*.
HÜHENMESSLNG, f. messung einer höhe, bei J. Paul wird
dieses sonst rein technische tcort freier gebraucht : ihr rubendcs
nur in fromme rübrung eingesenktes äuge, das nicht einmal
auf die nabern frommen scbünbeiten zur böbenmcssung der
taillc fiel. Hesp. 3, 1S7 ; kann der mcnscb mit den unzähligen
wogen der liebe böbenmessungen anstellen und auf diejenige
zeigen, die am meisten stieg? Tit. 2, 156.
HÖHENIMLOT, m. pilot, der die schiffe auf das hohe meer
führt, zum untersdiiede von einem küstcnpilot und bootsmann.
Jacobsson 2,270*.
HÖHENPLNKT, HÖHEPUNKT, m. der punkt der die bedeu-
tendste höhe von irgend etwas bezeichnet: man siebt aus der
ferne nur einzelne böbenpunkte des gebirgszuges ; auch bild-
lich: der böbepunkt seiner enfwickelung ist beschritten; so
verwirft Sieyes die reine deraokratie und giebt der reprä-
sentativen Verfassung den vorzug, läszt auch die kröne ohne
bedenken den böbepunct der pyraniide bilden. Dablnann
franz. revol. 1C5.
HÖHENRAUCH, HOHERAUCH, m. haarrauch, vgl. über dies
wort die bemerkung oben sp. 35, und beiraucb unter liei sp. 794 :
briefe des berrn Michael Torcia an den berrn professor
Toaldo zu Padua von dem höbenraucb des vergangenen jabres
zu Neapel und in Calabrien. teulscher Merkur 17S4 2, 3 ; wie
ich weiter binab kam, konnte ich deutlich bemerken, dasz
alle dünste die aus dem Botzner tbal . . aufsteigen, nach
den böbern mitternächtigen gegenden zu zogen, sie nicht ver-
deckten, aber in eine art böberaucb einhüllten. GOthe 27,53;
es war ein ganz reiner binimel, kein wölkeben, nur am
borizont eine art böberaucb. 164 ; die luft hatte alle feucb-
tigkeit in sieb aufgenommen, es entstand daher bei Sonnen-
aufgang eine art von böberaucb. 51, 211 ; die vollkommen
wolkenlose atmosphäre liesz, wenn auch durch einigen böbe-
raucb, die ganze gegend bis an ihre letzten gränzen über-
schauen. 60, 141 ; wir haben hier eine art von böberaucb, der
sich an den gebirgen schön zeigt, an frau v. Stein 3, 167.
HÖHENUNTERSCHIED, ni. .• dem golfstrom aber weist das
Ton norden andrängende kalte wasser und der böbenunter-
schied des meerbodens ein ziemlich bedeutendes bett an.
Spiller die wellschöpfung s. 80.
HÖHENZUG, m. .• böhenzüge von kalkgebirgen ; seine ab-
siebt ist, auf feldwegen den reisenden zuvorzukommen, welche
auf schlechter strasze manchen böhenzug zu überwinden
baben. Daiilmann gesch. d. franz. revol. 376.
HOHEPRIESTER, wi. zusammengerückt geschrieben für der
hohe priester, vgl. bohelied, bobescbule und oben sp. t602.
HOHEPRIESTERLICH, adj.: wie Spener liesz er sich zur
«larkung im letzten kämpfe das bohepricsterlicbc gebet vor-
lesen, evang. kirchenzeilung I8<j6 s. 707.
HÖHER, m. einer der höht, erhöhl, heringshöber heiszen in
Rostock die zum aufhöhen {vollpacken) der heringsfdsser befugten
arbciler.
H()HERN, verb. hither machen, mhd. hcebern : in dem jar
und in der zeit ward . . die statmauer daseli>en geböcbert.
d. tlidtechron. 5, 10t, 6;
wer hochrart triht, d(?n nydert got,
dcmQl er allzyi ^eUoUttex, hat.
llii*!»T narren*ch. 92, 124 ;
absolut, den preis steigern : nachdem er aber der stut pau-
roeistcr dringen und bucherti wolt. Tucokb baumeiüerh. !H,2i.
HOHERR, m. hoher, oberster grundhen : ob tach wcre, dasz
der bnbtberr ein {einen) nit »clber richten wuld. so kiiII be
den menschen bollcn und Ucbcrn dem hoberra. weisth. 1, 530
{Prüm, von 1537); damit sie dem hohem sein gericht nit er-
scbmehen noch erstenken noch schwecbcn. 531 {von 1565);
sollen den bochern bitten, dasz er inen lasz richten, ebenda.
HOHESCHULE, f. zusammengerückt für hohe schule, vergl.
unter bocbschule sp. 1631 : in der bobenscbule. Luther 3, 2So' ;
Bononia . . da ein berubmpte boheschul ist. Kihcuuof uend-
unmut 125*;
hie einer auf der hobcnschul
will doctor oder canzler werden. Wkckhkrlin 574.
HÖHESINN, m. : bei erblickung des schloszberges hatte der
knabe, bei frischem und lebendigem höhesinn, den vater be-
wogen, diesen gipfel von jenseits zu ersteigen. Götiie 45,262.
HOIIESPRIESTERGEVVAND, n. .•
auf einmal entfiel mir
schwindend mein hohcspriestergewand, wie asch auf die erde.
Klopstock 3, 160 (Hess. 4, 75).
HOHL, adj. cavus. ein goth. bul-s wird nur nach bezeugten
en(jen verwandten, buljan hidlen, buleins hüllung, bulundi höhle
vorausgesetzt; altengl. hole, neuengl. hollow; fries. hol, aün.
bol-r, dän. buul; alid. mhd. hol; mitteldeutsch auch die neben-
form bal:
item rat was ist das : es ist hat
und liecht gen tal {die liasctnusz). fasln, sp. 1458.
bobl, wie hüllen {s. d.) haben engsten bezug zum verbum hehlen,
mhd. beln {sp. 786) und den dort aufgeführten Wortbildungen.
bobl bedeutet
1) im innern leer oder unausgefüUt, in bezug auf dinge die
man sich sonst aus einem slück bestehend, massiv oder auch an-
gefüllt denken kann: {die säulc) war vier (inger dicke, und
inwendig hol. Jer. 52, 21 ; die tauben so da nisten in den
holen löchern. 48, 28 ; solt in {den allar) also von brettern
machen, da: er inwendig hol sei. 2 Mus. 27,8; eine bohle
kugel; unterwegs erzeblete ich ihrer etlichen, dasz ich ver-
meint hätte, das centrum der erden wäre inwendig hol, in
welchem holen tbeil die pigmei wie in einem kranrad herum
liefen und also die ganze erdkugel herum trilleten. Simpi.
2,76 Kurz; bobler Würfel, hohle bäume;
liebhabcr sucht er oH in jedem hohlen bauni.
Kotzebub dram. sp. 2, 175;
hoble Zähne ; hoble bippen, hoble hippiein, ein dünnes, hohles
gebäck, vgl. s/). 1552. 1554 ; ein hohler bcrg, berghöhle: etleicheu
{see) babent irn ursprinch in dem gröjen holn geperg, daj
kalt und velsik ist, wann da entsleujt sich der wüjjrig dunst
in wajjers tropfen. Mecenberg 102, 27 ; da; . . allermaist in
bolem gepirge vil erdischer dünst gesament werdent. 107,27;
wo etwa ... der widerball aus den holen bergen schallet.
weish. Sal. 17, 19 ;
er macht sich zu ihr zu, und hiesi sie mit ihm kommen,
hinauf, da er den fels und holen berg vernommen.
D. V. D. Werder Arioft 2, 72, 6;
hoble fasser; in allen landen sind bohle fässer und kübel.
SiMRocK sprichw. 258 ; hohle fässer klingen am weitesten ; das
publicum, besonders das weibliche, liebt solche hoble gefäsze
{von nichtssagenden gedickten ist die rede), um sein biszchen
herz und geisl darein spenden zu können. Götbe an Schiller
476; eine bohle nusz, die keinen kern hat; öfter als bdd des
nicIUiyen: es ist schade, dasz sie mit hohlen nüssen um hohle
nüsse spielen. Göthe 18,283; aber die tragödie miisz über
die natur gehen, oder ich gebe nicht eine bohle nuss darum.
Wieland 19, 2S2. — So berührt sich hohl mit dem begriff leer,
des inhalts beraubt:
trinket und schlinget, der krug wird nicht hell !
wie mag das zugehn! schaut, bloilit er doch voll.
A. Grtpiiius 1698 1, 635;
ich sollte aufstehn mit dem schöpfungswort
und in die hohlen Ift^er menschen sammeln.
Schiller Wnllrnftrins toil 3, 13.
im gemeinen leiten redet man von eineni bohlen niagen, der
mageii ist ihm hohl, bei gro.^zem humjer.
2) hohl, leer, nicJUig, in (xler zu dem nicIUs ist, in mancherlei
uindungen: ein hohler köpf, in dem keine gednnken sind {vgl.
bohlkopf); zwei miiarbcitern des vorigen literarischen an-
zeigers, welche ich als hohle köpfe ... zu kennen glaubte.
J. Paul kben Füxls 4;
mir war» ccbundcn vor der »tirn
und hohl im innersten grhirn. Göthi 3,31
verschieden ist der hohlu schadet eines gerippes und itt du bt-
deutung 1 fallend, doch in antpielunyen mit dieser (2) zusamnun-
gebrucht :
a»HrU\ nur, euer irhAdt'l, curi! alMte
Ul nicht m«hr worlh als jene hellten dort? 41, 101.
1713
HOHL
HOHL
1714
ein hohles herz, das kein mitgfßhl hat'
allein das herz, an das er schlägt, ist hobl,
Schach Lolo ist nicht zu hewegeu. Wielasd 10, 349.
ein hohler geist, ein phnntom: do greif sü uf ein holen geist
(als sie ihren mann :u greifen «ähnle), v. d. Hages heldenb.
1, cxx;
gleich gespenstern, stumm und hohl und hager,
zieht in schwarzem todtenpompe dort
ein gewimmel nach dem leichenlager.
ScBiLLEB 1 (leichenphantasie) ;
(der bekenner der remirhlung) sehe dann zu, ob er den an-
büik geliebler edler oder weiser menschen, als zweckloser
stundenlanger lufterschcinungen, als hohler dünner schatten,
die dem lichte nachflattern und im lichte sogleich zcrflieszen
und die ohne spur und weg und ziel nach einem kurzen
schwanken hinaus in die alte nacht verrinnen, ob er diesen
anblick ertragen könnte. J. Paul Kamp. 67. hohl in bezug
auf gesinnungen, anschauungcn und deren ausdruck: Wieder-
geburt aus dumpfer dunmiheit , hohler narrheit , schalem
glauben. Armm schaub. 2,211; dasz \nr eine falsche hohle
meinung los sind. Göthe 59, 135; eine leere, hohle natur
wird sich wenigstens einen äuszern schein zu geben wissen.
22,45; so war ich in traurigster einsamkeit befangen, meine
tagebücher melden nichts von jener zeit ; die weiszen blätter
deuten auf den hohlen zustand. 31, 195 ;
eitles niühn.
sich zu rergegenwärtgen fernceschiedenes,
uuwicderherstellbares! hohle leidge quäl! 40,411;
da sprach er . . vom einzigen glück des hohlen lebeus, von
der liebe. J. Pacl Tit. 2. 243 ; (dieser roman) ist ein neuer
beweis, wie weit diese dilettanterei wenigstens in dem mecha-
nischen und in der hohlen form kommen kann. Schilleb an
Gvlhe 77S; Hageniannische und Hagemeistersche stücke, ob-
gleich hohl, doch für den augenblick theilnahme erregend.
Göthe 31, 20 ; wie hohl übrigens das ganze stück sei, würde
sich bei der ersten Vorstellung deutlich zeigen. 33, 217 ; in
substantiver Stellung: das hohle, das falsche einer tlieorie.
51.13; hohle worte, schon im lo.jahrh.: nach solichen holen,
gifitragenden worten. d. städtechr. 3,\3X9; beides sind hohle
worte, die dem denkenden gar nichts sagen. Götue 50, 197 ;
und diese (die wache) treibt ein hohles wort des herrscbers,
nicht ihr gemüth. S, 298; mit schlechtem dank und hohlen
redensarten der schule. 31, 17 ; zu hohlen und nichtigen pro-
saischen und poetischen phrasen. 50, 1S7 ; so ist denn auch . .
Venedig mir kein bloszes wort mehr, kein hohler name. 27, 97 ;
es waren . . bekannte Sprüche, reime, ausdrücke und Wen-
dungen, die ich hundertmal gehört und als an hohlen klängen
mich geärgert hatte. 23, 1S6;
nun (spricht der voge!) seh ich wohl,
das alte Sprichwort ist nicht hohl. Wielasd IS, 373.
die hohle nacht, die das geßhl der leere gibt : nur hinter dem
hause schlich sich, aber ungesehen, die grosze hohle nacht
aus Osten heran. J. Fall flegelj. 1, 116 ;
bis sie zuletzt des orcus hohle nacht umfängt. Göthe 41, 190.
die ältere spraclie hatte zu hohl in diesem sinne einen abhängigen
gcnitiv geßgt:
manec mensch ist süejer worte vol.
des herze doch inne ist trluwen hol. lleiiner &670.
das befjegnel noch im 16. jaJtrh., später nicht mehr:
sunst bistu aller künsten hol.
ScuADB sat. N. pasqu. 3, 119, 3.
3) hohl, von tönen, die nie aus einem hohlen räume klingen:
eine hohle stimm, rox quasi e cavema sonans; sonus obscurior
quasi ex inßmo specu redditus Frisch 1, 461'; darnach die
stimmen dester diefer und höler lauten. Micyil. Tue. 43!»';
die meisten (kranken) überfiel ein holer schlucken. Heilman
Thucyd. 236; die dicken eulen schrien ihr hohles klaggeheul
von bäum zu bäum. Bronn er fischerged. (I7s7) 27; wie hohl
der schlag vom gewölbten münster herunter tönti Fr. MJ^ller
2. 151 ; auch unser hohles winmiern in eins geschmolzen.
ScHiLLEti kabale u. liebe 4,4; in hohles beben hinabgefallen
(beben mit hohler stimme). Fiesko 5, 13 ; ich kann hohl reden
wie aus dem grabe. Kotzebue dram. sp. 3,141; leere fässer
klingen hohl. Simrock sprichw. s. 119;
e^ wa-net niangcr singen wol,
des stimme hert ist unde hol,
und brieschet als der escl tuet. Bomeii edelsl. 82, 52 ;
der glocken ängstlich hohler schlag (grab<jelduif).
D. Stoppk l'amats 131 ;
rv II.
mntter! mutter! spricht sie bohle norte:
so miszgönut ihr mir die schöne nacht! Göthe 1,24S;
wie der stimmen hohles brausen
aus der tiefe tönt empor! Kör:<er 1, 125.
so giU hohl auch von den dumpfen tönen des rauschenden wassers:
rollt eure krausen silbenvellen
mit hohlem murmeln durch das bunte veilchenthal,
ihr Wiesenbäche und ihr quellen.
Meliude ist nicht mehr!
HöLTT 48 Halm (elegie einex fcliäfers);
und stille wirds über dem wasserschluud,
in der tiefe nur brauset es hohl. Schiller laudier.
die hohle see irjrd theUs hierher, Iheils auf die folgende bcdeu-
tung ton hohl (no. 4) bezogen:
wohin noch wirlt uns dieser tolle stürm?
das wogt und brandet wie die hohle see.
Uhlasd Lu-iifii; &1 ;
den ganzen tag ging der wind ziemlich stark und gut; aber
gegen abend legte er sich, und die see ward hohl. Seche
spaziergnug 1, 140.
hohle Wälder können tom geschrei der jagenden widerhallende,
oder auch solche sein, deren baumkronen sich icölben, so dasz
man hinein wie in eine höhlung blickt (vgl. unten uiäer höhle 1):
der sonnen schwester (Diana) hetzt durch alle hohle wälder
und jagt pusch ausz pusch ein. Flexing 65.
4) hohl vertritt auch die bedeutung concavus, einwärts geboten,
muldenförmig vertieft; so in einer anzald technischer ausdrücke:
hohl geschliffene gläser, hohl geschliffene klingen ; hohl ge-
gossene arbeit, beim gelbgieszer der gusz nach einem modeil,
das vorher auf der linken seite hohl getrieben ist. Jacobsson
2,273; hohles blatt, concarum folium, das in der mitte ein-
yetieß ist; auch sonst: vela concava, hohle scegel. Kirsch
cornuc.; der bruder redner sasz unten zwischen alten schat-
tigen bäumen, und vor ihm hatten sie an einem bügel in
hohler rundung sitze mit rasen nach einander in der höhe
rückwärts angelegi , und so saszen sie übereinander, und
hörten zu. Hei.nse .irdingh. 1,57; hiesz ihn den hohlen weg
einher reiten. Götz v. Bebl. 64; wo die rauher em-en herm,
in einem hohlen wege, angefallen hatten. Lessüsg 1,306, vgl.
hohlweg ;
durch diese hoble gasse musz er kommen.
Schiller Teil 4, 3.
t'on körjjertheilen : der hohle fusz. gegensatz des jdattfuszes;
nu tanze eht hin, min süejel !
so hol, so suial so wurden nie kein vüejel.
minnes. 2, 93* Hagen ;
die hohle (einwärts gekrümmte) band ; wasser aus der bohlen
band trinken; die holen hend, als wenn man etwas darein
wil nenunen, palmae cavae Maaler 230';
ach ! die wachtet ist todt, Naidens wachtet,
die so gern in Naideus hohler band sasz. Raxlir I.IS.
als zeichen der begehrlichkeit : ach, da (beim kammergericht)
macht alles hohle pfötchen. Göthe 8, 77 ; — hohle äugen,
bei kummcr und not:
manch Seladonchcn wurde durch ihrer äugen macht
aus einem zweiten Narciss in dreimal tag "und nacht
so leicht wie ein seul'zer, und bohler von äugen und grüner
als eine dirne, der Hymen das warten zu lange gemacht.
Wielano 4, 127 (ji. Amadis 6, 11) ;
blickt drauf den ehnrergesznen mann,
den schauer überscbleicht,
dreimal mit bohlen äugen an,
und wimmert, und entweicht. Höltt 17 Halm;
dalier der hohle blick :
sie (die Erinnyen) horchen auf, es schaut ihr hohler blick
mit der begier des adlers um sich her. Göthe 9,4$;
hohle Wangen:
das haar schneeweisz,
die wancen so hohl,
bald, bald lebwohl. Lesaü neue gril. 174;
hohl von tiefgehenden wunden: von holen schaden, die holl
seindt einer spannen oder noch tiefer. WtRz wundarzn. 40;
hohl von Pferdehufen : die huefe sollen hoch und nicht hohl
sein, auch nicht schmahl wie an den eseln, sondern fein
breit und rund, weilen in den holen schmahlen höfen gern
der kern und das leben schwindet, und seind den horn-
klüften geneigt. Böckler kriegs.Khule 969; ro« den flanken:
dasz das pferd hohle flanken habe, wenn der räum zwischen
der letzten ribbe und dem hüftbeine hobl ist. Jacobsson 5,559'.
HOHL, n. höhle, loch, Vertiefung, ahd. mhd. ags. hol : man
siht auch oft, als ob in den himel ein tiefe; gröje; hol g^.
Mecemserg 74,26; zeuht er (<ier /urjc//) mit seinen naslöchern
lOS
1715
HOHL — HÖHLE
HÖHLE
1716
slangen auj den hölrn uud ij^jet die. 129,20; etleich sprechent,
das der fulis üii selber nOiuiner kain hol grab, aber der
dahs grebl alliu hülr, d4 die fühs inne wonent. 163, 19 ; {ein
drache) den verpannl sant Silvester der bapst in sein bol,
das er nimmer her für kom. d. stddlechr. 4,291,3; da kund
man sant Ulrichs grab lang nie vinden. am leisten vand
man zwai hui üb ainander. 303, 25 ; das grusze drusen und
hüler werden. Mathes. Sar. 157'; (ein elennlhier, das sich) in
die höler und schrofen versteckt. Foreb tltierb. 4ü' ; hiatus
aul discessio terrae, ein ingefallen hüll der erden. Cuvtkaeus
(1594) cap. 8, ip. 37; derselbe hcrr hat die jungfraw verkund-
schaft in einem hole, darein sie sich von furcht wegen vor
ihm hatte verborgen, buch d. liebe 2S5';
hält ich mein naisch also getödt,
so wöll ich frei und ungenöt
yetz ziehen bei euch inn ain hol.
J. V. SCUWARZKMBERC 151 ;
hohler, leerer räum im allgemeinen:
Thraso meint : zu Amors possen
sei er viel zu viel verdrusseu,
lade lieb in ein pistol,
schiesze sie ins weite hol ;
wann er dieses fürgenunimen,
sei sie selten wieder kunimen. Locau 3, 62, 26.
Höhlung an körperlheilen : vola das hol in der band oder under
dem fusz. Alb. Cc4"; stelle den spiesz unter das hol des
rechten fusz. v. Wallhausen der soldat zu fusz ABC s. 22 ; leck
mir das hol ! Andreas Tharaeus weiberspieyel (eine comüdie 162s).
HOHLADER, f. vena cava.
HOHLAST, m. cecropia, trompctenbaum, kanonenbaum, wegen
seines hohlen hohes. Nemnich 2, 926.
HOHLAUGE, n. hohles äuge, und träger eines solchen :
eilt euch ihr liehchen zu verstecken,
dort wo die alten schachtein stchn,
hier im bebräunten pergamcn,
in Staubgen schcrben alter töpfc,
dem bohlaug jener todtenköp/e. Göthe 41, 94.
HOHLÄUGIG, adj. mit eingefallenen äugen-, reduclos habens
oculorum orbes. Frisch 1,461'; hohläugigl. Klincer //le«^. 2,200.
HOHLBÄCKIG, adj. liolUe backen habend, vgl. hohlwangig.
HOHLBACKSTELN, n. .• hohlbacksteine für leichte Scheide-
wände und gewölbe, desgleichen für ziinnicr- und slalldecken,
angeboten im Frankfurter Journal no. 69 von 1869.
HOHLB.^U, «1. die gewölbe unter der erde oder unter einem
walle bei häusern und festungen. Jacubsson 2, 272*.
HOHLBEERE, f name der himbeere, wie der mauWecrc.
Nemnich; bei Albehus Gg4' der plur. holbirn, stengelbirn,
mora dumi.
HOHLBOHRER, m. bohrer der hohl und nicht wie eine schraube
gestaltet ist. Frisch 1, 461*.
HOHLBUNZEN, m. bunzen, der eine hohle grübe in sich
enthält. Jacobsson 6, 93*.
HOHLDECKER, m.-^anomia reticularis, eine art bohrmuscheln.
ISENfilCB 1, 326.
HOHLDEICHSEL, f krumme deichsei oder krummhaue, deren
klinge nach der breite gehöhlt ist, und womit man einen nach der
rundung holden körper im innern bearbeitet. Jacobsson 2, 272'.
HÜHLDOCKE, f. docke oder spindel bei drechslern {vijl. th. 2
sp. 1211), um feilte zu drechselnde arbeiten einzuspannen.
UOHLDO.N.NERND, part. :
hobldonnerad stürzt die felskluTt in den schoosz
des dumpfen Hades dich.
A. W. Schlegel im musenalm. 179S s. 70.
HOHLE, f. in altern quellen, namentlich mUteldeutsrhen, so
viel wie höhle (t. das. unter 1 und 2) : caverna hole rieben hüle
DiKT. lOS*:
tnkd. ich hftD ü( einer hole wit
geieben ralken vllegen. Haupts teitschr. 5,2'.)ü, 80H;
später von bOhle geschieden, und selten geworden; in der bfdeu-
tung hohlheit, höhlung: die hole meines stabs. Simpl. 3, 'is A'ur:.
in büringen und Obersachsen ist hohle aber die länglich laufende
muhöhlung des erdrriciu, holUweg, schlucht: die hohlu liinler
DreMnbof ist in den glinnnerschiefer eingeschnitten. Göthe
61,86; ebenso bairisch: die hf)\, höhle und hotägasse. Senn. 1,10S3
Fromm.; Schweiz, hole, hohle, hohlueg; jede einsenkung des
bodens, sie sei lanq oder kurz, schmal oder breit, eingeschlossen
oder zum Iheil offen. Stai.der 3, 61.
HÖHLE, f. carerna, sjielunca, ahd. holt, mhd. büle, eine
form die auch im altern nhd. noch nachklingt: wie ein lOuw
in »einer bülc. ReitzNERirru«. 2, 132*; »u das wciblin anhebt
zu leichcn, so vorschlieft es sich in ein hüle. Forer fischb. 9* ;
vgl. weitere belege unten verstreut;
in d' hüle han ich ouch kein lust,
wil mich recht wyter bhelTen sust. fraij. Joh. Diij;
plur. hülincn, später höline: die brüdcr zu sant Gallen woll-
tent entrinnen, . . . fluchend derselben nacht zertrcnt und
zerstört uf die velsen, bcrg, bülincn und ainödinen. Gallus
Oheim c/jron. t;. /?etc/ienou 120, 17; fliehen sie in grosze gruben
und höline under der erden. S. Frani weltb. 226"; welcher
wieder zu den siilgularformen hiilen, hülin in Verbindung steht :
concavitas hulin Dief. 13t>'; ward ich einer einsamen und
finstern hiilen gcwar. Kirchhof it't'nrfuHm. 202*; kompt in die-
selbige hiilen dieser low. 203' ;
ia wie ein low, unwillig schier
In eine hölin sich vcrbirgct. Wecxherlin 37 ;
in diser hölin frei
von kaltem wind und schnec. 783.
höhle bezeichnet
1) aushölUung, verliefung im allgemeinen: concavitas bule,
hulin, hole (neben holigkeit, holheil) Dief. 13s'; ire (der elenn-
thicre) haar sind alle hol : vvicwol herr Geszncr . . in haaren
kein hölin gefunden. Forer thierb. 40*; noi'h bei Göthe von
der höhlung eines bechers, die auch voriwr so genannt wird:
hier ist ein saf't, der eilig trunken macht.
mit brauner fluth erfüllt er deine höhle. 12, 44;
hohlweg: und entlieh in die glanicn, felscn und holen oder
enge weg getrieben. Fhossp. inW/sfc. 3, 142* (sonst hohle, s.d.);
Schlupfwinkel, abgelegener, verborgener ort: daj sü von sime
angesiht fluhent und sich wider in ir hüle leilenl. d. städte-
cliron. 8,52, 27; bei Fleming wird ein dichter wald höhle genannt,
jedenfalls mit rücksicht darauf, dasz man in Um wie in eine
dunkle höhlung hineinblickt:
erbarme du dich meiner quahlcn,
du dicker wüster hain,
dem Titans allerhellste strahlen
doch geben keinen schein.
wie dunkel hier ist deine schwarze hole,
so Unstcr auch ist meine kranke sccle. 48G.
von den eintufungen an körpcrilwilen und aushöhlungen in solchen,
vergl. achsel-, äugen-, bauch-, brüst-, mund-, nasen-, ohrcn-
höhlc M. d/»i/. (und im bilde auch fensterhöhle thcil 3, 1524) ;
Maaler unterscheidet hole am körjter von hüle spelunca: hole
under der nchs da das haar studl, alarum vallis, die hole
eines gschwars, sinus ulceris, die hole oder tiefe im aug,
recessus in oculo, die hole des munds, die liefe, oris recessus,
oris inanitas, die höly in dein huQ'bein acetabula 228* (gegen
hüle oder grub under dein erdlrich, antrum, hüle und läger
der wilden thicrcm, luslrum, hülinen und klüft da sich die
thicr erhaltend, cubilia 23l')- "uc/t der ganze leib wird als
höhle gedacht:
Prometheus hatte zwar aus seiner weiszheit starke
dem menschen, welchen er vor ohne goist gemacht,
des feuers edlen schein vom hiiumel eingebracht,
durch nütze dichcrei in seines leibcs hole,
die erstlich dunkel war. Uimtz 1, 53 ;
disz ist der letzte hauch, in dem die fromme seele
aus ihrem niielhausc, desi keuschen lethes hohle
iu ihr recht vatcriaiid, den hoben himmel reist.
Fleming 132.
2) um häufigsten ist höhle ein ausgehöhlter gröszerer räum iiw
innern der erde: antrum hole, hole, hule , hüle Dief. 39*;
caverna hiilc, hüle 108*; sfwcus liüli, hule 515'; im mhii. noch
selten gegen liolil (sp. 1714) und mit diesem wechselnd:
die (rii-sf>ri) lägen in der hülu
und waren alle zoriies vol
und iltcn balde vür dal hol. vinjinul 505, 3,
später ist das neutrum hohl zu tjunsten von liölile untergegangen :
Lot . . bleib also in einer hole mit seinen beiden töchlern.
\ Mos. 19,30; das wilde Ihier gehet in die hüle. Utob 37,8;
darnach begrub Abraham Sara sein weih, in der hole des
ackcrs, die zwifach'isl. i Mos. 23,10. bildlich: da die blitze
(k'r leidensrhafl über sein ganzes leben fuhren und das ge-
birge der zukunfl und die höhlen der vcigaiigeiibeil heleuch
tcten. J. I'aül Td. 2,212;
nl« ein fuchii »eiii jungen enoch
vor lenem liurg iir einem loch,
ein Kleineii füchKilin wnit grhn «pirien
blnauii Int veldl vor jener hiilen.
lt. Walims /.i<)/> 1.49,4;
ein beiller kani IXir cine'mOlen,
lag vor eim bvig bei einer bülen. 4,47,2;
1717
HÖHLE — HüHLENTE>n>EL
HÖBLE>THIER — HOHLHirPELN 1718
ich denk, ir häuscr sind kein hülen,
darinn löwen und baren wülen.
FiscuART dicht. 2, 42, 1503 Kurz ;
es daucht si, das sie die stimm fül,
als wann ein wind bliesz in ein hüI. 189, 370 ;
ja, Vögel haben auch begrifTen,
näster zubauen, drein zu schliefen,
und der vierfüsig grose häuf
hat gworfen schanz und hülen auf. 3, 263, 56 ;
roszfliegen, die in den rönnen
und in der erden höln woneu. mückenkr. 1,738;
ein stilles schattenTolles thal
führt ihn der höhle zu, wo sich die iirmfen baden.
WuLAJiD 10, 159;
keine höhle,
kein buscb, kein sumpf verbirget mich. Ravler 2, 12;
in höhlen wohnt der draehen alte brut. Götbe 1, 177.
als verächtliche beseichnung eines schlechten icohnkauses: sie
schwur, eine solche höhle nicht zu betreten . . . vater. hörst
du? eine höhle! das soll man mir nicht zum zweitenmale
sagen, morgen musz das dach herunter! ich will die höhle
schon luftig machen. 11, 2S3;
da macht ich mich, mit donnerstimme,
noch endlich aus der höhle fort. 1, 212.
3) bei den bergleuten heiszt höhle, auch hole und hülle ein
kästen von bestit/imten dimensionen {ursprünglich aus gehölüten
baumstämmen), in icelchtm das erz auf die hüllen geschafft wurde.
Veitb bergu-Orterb. 274.
4) auch anderweit technisch: hölin oder hole löcher in den
aufgerichten hölzeren oder haspeln, darein man die end der
wallböumen stoszt, das sy darinnen umbgangind, chelonaria,
chelonia Maaler 22S\
HÜHLEGRUFT, f:
in Cyperns rauhen höhle-?rüften,
Tom meergott nicht verschüttet,
vom seismos nicht zerrüttet. Göthe 41, 173.
HOHLEISEN, n. eisernes instrument zum hMmachen eines
dinges: holeisen, caestrum, quo ebur cavalur Stieler 373. bei
Fischart als inärument zum schaben des Glarner kräulerkdses:
stunden derMegen da vil krautige, kütreckige, graszgrüne
schabziger, sambt den holeisen und hobeln ausz Schweizer-
land (dann dise gefüln ihm besser dann die reibeisen zun
muscatnussen, und die rubeneisen für faul megd). Garg. 55'.
HÖHLE.N, verb. hohl machen, ein seltenes wart, häufiger in
aushöhlen (l, SSS), wte auch mhd. das einfache holn, hüln gegen
erholn, erhüln kaum bezeugt ist: cavare holen, helen, halen
DiEF. 107'; holen, auszhölen, holmachen excatare, incavare,
concavare, cavare, effodere Maaler 22»'; wörtlicher widerstand
. . . presse und höhle die Ike idee nur noch tiefer und fester
in sein gehirn. J. Pacl komet 2, 152 ;
wie den marmor selbst der tropfen folge höhlt.
GÖTHS 13, 277 ;
cavernatus: gheholet, i. perforatus. Dief. nor. p/oss. 81*. in der
neuern spräche zeigt aber das part. gehöhlt mehr die bedeutung
höhlen form habend:
wie wenn schaaren der bienen daherziebn, dichtes gewimmeis,
aus dem gehöbleten fels in beständigem schwärm sich erneuernd.
llias 2, SS ;
ihn erschlug der arge kyklop dann
in der gehöbleten klullt. Udyssee 2, 20.
HÖHLENB.\R, m. ursus spelaeus, vorweltliclies thier.
HÖHLENBRÜTER, m. vogel der in höhlen brfUet.
HüHLENFORSCHER, m.: wir krochen ins freie, wie höhlen-
fürscher auf dem bauche in die schimmernden höhlentempel.
J. Paul Nep.-kirche 147.
HUHLENFUND, m. fund der in höhlen gemacht wird; in
neuester zeit namentlich in bezug auf die entdeckung vorweUliclier
thierüberreste in höhlen: einzelne moderne entdeckungen, be-
sonders die höhlenfunde und die pfahlbauten. Kritzler huma-
nität und christentkum 2, 90.
HÖHLENGANG, m.: ein gewirre ton höhlengängen. Schlos-
ser weltg. 1, 173.
HÖHLENG.VST, m.: eben waren mittags kirche und gruft
— vielleicht weil man dem neuen sterbenden hühlengast räum
vorbereitete — offen gelassen. J. Paul Tüan 5, im.
HÖHLENKLOSTER, n. kloster das in höhlen angele^ ist:
die hostienbückcrei des berühmten höhlenklosters zu Kiew.
preusz. Jahrb. bd. 20 s. 300.
HÖFlLENSCfiNECKE, f cavatica Cochlea. Stieler 1897.
HÖHLENTEMPEL, m. höhle einem tempel verglichen, i. Paul
^cp.-kirche 147. s. die stelle unter höhlcnforscher.
HÖHLENTHIER, n. thier das in höhlen lebt : wie die meisten
andern hühlenthiere hat das ziesel sehr kurze obren. Brebx
illustr. thierl. 2,84.
HÖHLENVOLL, adj. : an der einen seile war ein hoher
höhlenvoller berg. Göthe 34, 286.
HOHLER, m. name des holunders; s. das.
HÖHLER, m. hohlmacher; vgl. aushöhler.
HOHLERN, HÖHLERN, verb. frequentativbüdung zu höhlen,
hohl machen: cavare holern Dief. 107'; höler die kern au? in
und leg lauter honig in diu grübel. Megesberc 320, 5 ; steter
tropf hohlert den stein. Schottel 1122'; schneidet citronen
nach der länge entzwei, höhlert das mark, wie auch das
weisze, alles genau heraus. Hohberc 3, 3, 99*. daßr di; form
holdem mit eingeschobenem d : da sie kain ander potschaft in
die stat haben mochten, holderten sie drei buchsenstein,
darein schuhen sie die brief. WUw. v. Schaumb. 23; daj man
die laib und ander prot innen auszholdert. d. städtechron.
2, 335, 15. vgl. die formen holen, holern, hölern, hülern neben
hölschen, hulgen und höldern, alle einer bedeutung, bei Schm.
1,10S3 Fromm., und aushöhlern theil 1,888.
HOHLFEILE, f. feile bei den goldschmieden, um hohle oder
verließe Sachen damit auszufeilen.
HOHLFLÖTE, f ein offenes flötenwerk unter den orgelregistern.
der name vom hohlen klänge. Jacobssox 2,272'. auch hohlpfeife.
HOHLFÜSZIG, adj. dicuntur equi, quorum altior est ungula
et insignis cavitas pedis. Stieler 590.
HOHLGANG, m., plur. hohlgänge, die bei einer feäung unter
den bollwerken., halbmonden und allen auszenwerken gegrabenen
ginge.
HOHLGERINNE, n. eine art gefluder bei den bergmaschinen,
aus einem trog oder krippe in einem bäum ausgehauen bestehend.
HOHLGESCHIRR, n. beim zinngieszer die gefäsze, welche nicht
im ganzen gegossen werden können, sondern aus mehreren theilen
zusammen gesetzt werden müssen.
HOHLGESCHLIFFEN, part. concav geschliffen : hohlgeschlif-
fene klinge, lamina ensis incavata Frisch 1,461*; hohlgeschlif-
fene gläser. Jacobssox 2, 273'.
HOHLGESCHWÄR, n.: holgeschwär bei dem aug, argema.
Maaler 230'.
HOHLGLAS, n., plur. hohlgläser, vitra concavata. Frisch
l, 462*.
HOHLGüSZ, n. gegossene waare, die hohl ist.
HOHLHEIDE, f. genista tincloria et germanica. Nemjtich.
HOHLHEIT, f hohlsein und holde stelle: concaritas holheit
Dief. 138';
wo hohlheit ist, es (das licht) aufzufangen,
da fährts mit ungestüm hinein. Claudius 6, 73.
gern m der neuern spräche nach hohl 2 sp. 1712 : die hohlheit
des herzens; die innere hohlheit dieses menschen;
verkannt wird seel und geist des regiments,
und seht! so viele Griechenzelte hohl
stehn auf dem feld, so viel parteien-bohlheit.
Shaksji. Troilus u. Cress. 1, 3;
how many Grecian tents do stand
hollow upon this pl'ain, so many hollow factions.
HOHLHERING, m. hering der weder rogen noch mäch bä
sich hat.
HOHLHIPPE, /". hohle htppe, dünner, oblatförmiger und zu-
sammengerollter kuchen. s. die nachweise unfer hippe sp. 1552 ;
holohippen, holehippen in einer anwetsung sie zu backen bei
HouBERG 1,232'. dieselben wurden öffentlich feil geboten von hohl-
hippenbuben oder hohihippern, hippenverkdufern (vgl. hippen-
bube spalte 1553), die, von ihren käufern verächtlich behandelt,
auch ihrerseits in dem rufe besonderer schmähsucht banden, da
hiernach hohlhipper mit zurücktreten seiner eigentlichen bedeu-
tung bald einen schmäher, lästerer bezeichnete, so bildete sich
hierzu ein verbum hohlhippen lästern, mit aushohlhippen (theil
1, 888) und dem frequentaliv hohlhippeln, von dem hohihippern
nur nebenform ist : wie hat er den heiligsten vater den bapst,
die heiligen väter und uns wirdige herren auszgeholhipt, wie
ein holhipbub. H. Sachs rter dialoge s. 2, 12.
HOHLHIPPEISEN, n. eisen zum backen von hohlhippen: item
ain holahipeisen {unter dem küchengeschirr bei ausstattung einer
königin). fönt. rer. austr. 1,1,355 (16. jahrh.); in den runden
groszen flachen holobippeneisen gebachen. Hobberg 1,232'.
HOHLHIPPELN, rer6. schmähen, lästern, spoUen {s. oben unter
bohlhippe):
das du mich nun zum andern mal
boblhipelsi. ilAT.iiccras Harnnfnimea 4,3;
108*
1719
HOHUIIPPEN— HOHLKEHLE
nOHLKEHLEN — HOHLRICHTUNG 1720
und rhümest dich doch, du wollest leiden als ein goftes
priestcr mein holhippellen, wclchs ich von dir nu drei mal
eilidden und geschwiegen. Lctheu 1,361'; es het das hol-
hipeln uhcr diesen mann noch eine weile gewehret, waim
nit ellithe Schergen gelaufen gekommen. /'/<»/. L«^(/. 3, 297. —
In Düringen und im osterlande ist der volksauadiucli holmiepeln
aufziehen, rcrspollen, gewis nur eine umdeulitng von hohlhippcin
mit anlehnung an höhn, und es fragt sich, ob nicht auch in
dem schriftiwsdrucke hohnecken, hohnnecken {s. d.), sowie in
hohnäffen eine ähnliche solche umdculung vorliegt, rgl. die form
holhimpfcn unter dem folgenden tvoite.
HOHLHIFFEN, verb., wie das vorige, lästern, schmähen, spoHen :
(unter pfnrrer) kan nichts dan das er schendt und schmecht,
bolbipt uns auf der canzel aus. Wittel zclclypia (1571) DU';
der gar mutwillig schmecht und sehend
all wäre lerer, die man kent
und meint darffir, das leren heis
holhiepcn auf des tcufels weis.
FiscBART dicht. 1, 224, 3G28 Kurz;
die wirdtin wolt im ein haller nicht nach lassen, sonder hol-
heupt in gut ding darzu aus und ward nur seiner dapfcr
spotten. WiccnASi roHw. 143, 26 Kurz, in der entstetlung liul-
himpfen :
was alle andere gut lohn,
müssen sie holhimpfen darohen.
Zeter spt'culuni virluliim et tilionim 14.
HOHLIIIPFER, m. ursprimglich hausierender Verkäufer von
hahlhipivn (s. d. und hippenjnnge), der bei seinem gesclulft einer
schlechten behandlung ausgesclzt war: ich darf euch schellen
wie die holliipper. Paracelscs opp. 1, 202B, der aber seiner-
.v-iis dies vergntt, datier das wort in der bedcutuiig schmähcr,
lästerer seit dem IG. Jahrhundert gewöhnlich ist: wer iederman
schrepfen wil, der leid auch dasz man im schrepf. holbipper
sollen sich mit dreck lassen beschütten. Fhank spr. 2,112';
welchen doct. Peneer . . ein scurram, das ist ein carlhüu-
serischen lotlerbuben und holliiepcr nennet. Fischart bienk.
194*.
HOHLIIIPPERN, verb., wie hohlhippeln, schmähen, lästern :
die Spötter so dich hier bei den obren, dort bei den bahren
zupfen und rupfen, zucken und rücken und iKtblbüppcrn nach
alles herzens lust. Heiniiold reime dich (1G73) 178.
HOHLHIPFISCH, adj. schmähsücluig, lästeilich : mit langem
gezcnk und holhippischen schelten auszzurichten. Rein, fuchs
(15S3) 27; verwundcr mich selbst, dasz ich als ein alt man,
auch sonst mit anderm thun gnug beladen, mich mit dieser
unfruchtbarn holbippischer arbeil beladen bab. Paul Baciimann
auf Luthers Verantwortung {Dresden 1533), am sciäusz.
HOHLHiPPLER, m. vericäufer von hohlen hipplcin, liippcn-
junge: solchs soll der Pomer billich bedacht haben, und
die unschuldigen nicht so leichtfertig wie ein holhipeler ge-
schmehet und gelestert haben. Amshork wider Pomern (1551) C 4 ;
lästerer, verspotter: da bcdarfs hinfurl keines hocks, keines
liolbiplers, keines lollerbubens. LurnEti 1,547'; weil man aber
gottes wort und gebot so gar verecbtiich hell, als bette es
irgend ein holhiplcr peredt. 4,39S'; welche possen {satirische
bildwerke im münstcr zu Straszburg) ein liolbjplcr daselbst . .
zu Schmach der catholischcn gedcut und trucken lassen.
Nas uidereinuarnung s. ISO; darum ordnen wir, dasz jeder
lebrer des göttlichen worts den predigistubl unnöthiger weise
nicht zu einer hollhippcler schule machen solle, ciderstddlische
jwli^eiordnung (1591) Iheil 1, artikcl 5, § 5 (in Eccers magazin
b, 100/:).
HOHLHn'PLEREI, f.: kurze antworl auf des larvenbiscboiTs
zu Sydon holbiplerci, damit er seinen anlichrislischen cate-
ciiismum vertedigen will, lilel einer scliriß v. Flacius Ii.i.vricus.
HOHLIG , adj. hohlen habend, voll höhlen : die sollen be-
Achen, ob es {das land) si.'i eben oder uneben, grübig, bergig,
hClig, wässerig, höllzig, süniplig oder niössig. Fro.vsp. kriegsb.
1. 132*. — Enccilerle form: cavernotut holcciilig, lücherlich
FiiiKii;» bei DiF.F. 10*>*.
IKHiLKAKKEN, m. tehicbekarren mit einem kästen alt gefdsz.
vgl. holilwagen.
IKiHLKKilLE, f. ein glied der baukunst, das in seiner breite
und tiefe nach cimm halben zirkel oder nach einem quaJranten
autgehöhll itt. hei den timhlem heiszt jede nach einem zirkel-
bogen autgthühlle rinne einer vcikihlung oder etnn grsimsct $o.
j,., .■-...« V 271"; vgl. kcble .'», ü Ihid U, tp.Zi'i: ttriget, cana-
<i >')) bolkclen. Jumu» nom. 1577 155*; holkiil, lang
gl iien an eim ding, wie an ellichen »edlen und
stüden, canaliculus columnarum, sirta, striatirra Maaik» 230';
sol meister Hans Herbst dj werk {altarwerk) uff dj best und
kosllichest fassen, nämlich den tabernackel ganz vergulden
brünieren und von dem besten gold, und sollen die hol-
kiil cn bluw sin, desglicben die bild im tabernackel mit ir
kleidung alle verguldel, och die pfiler, und söllent die hol-
kclen bluw sin. anz. d. gcrm. mus. iSCG, 272. 273 {Basel v. 151S).
die tischlcr brauchen zur fertigung von hohlkchlen einen hohl-
kehlhobel, die drechslcr einen hohlkelilstahl.
HOHLKEHLEN, verb. mit hahlkehlcn versehen: ein flaches
portal mit gesims und ausgemachten pilaslern oder pfeilern
geholkellet. Sandrart acadenüc 1675 1. 15.
HOHLKEHLICHT, adj. mit hohlkchlen ausgestaltet: die
schlangenkürbs sein lange krumme holkeelichle gurken.
Tabernaem. SGö; eine alcmannisch-bairischc form bohlkejet {in
der auf dort übliclu: weise der guttural ausgefallen) ersclteint in der
nasalierten form hoblkcblcnt: ein Stengel mit seinen nebendt-
schossen, die der lenge nach bolkelendt seindt. Tmurneiszer
beschreib, influent. wirk. (1578) 3.
HOHLKIRSCHE, f prunus padus, vogelkirschbaum und seine
frucht. Neumch 4,1074; auch rhamnus frangula, faulbaum und
seine frucht. 1146.
HOHLKLINGE, f degenklinrjc, die unter der angcl statt der
kanlc eine ausgcschlifjfene hohlkchle hat; auch schilfklinge. Ja-
conssoN 2, 274".
HOHLKOPF. »1. hohler, innen leerer köpf: der eiserne hohl-
kopf {ein folterinslrutuenl für neger, deren köpf in jenen gesteckt
wird). J. Paul llesp. 2,226; nach hohl 2 sp. 1712 köpf oline
denken und träger eines solchen: dieser aufgeblasene bolil-
kopf, der unter dem vorigen minister alles machte. Schiller
parasU 1, 1.
HOHLKÖPFIG, adj. einen hohlkopf habend : ein hohlköpfiger
mensch.
HOHLKÖPFIGKEIT, f: so kann er mit hülfe eines ge-
schickten und discretcn secrelärs seine hohlköpfigkeit lange
vcrliergen. Sciui.ler parasil 1, 2.
HOHLKH.\ilE, f. picus martius, der .ichwarzsjwcht. Nemnich
4, 9G3. mhd. erscheint holichrä als Übersetzung von parva parra
DiEF. 414'; para, parra ist ein vogclnamc (ein unglückvogel
411*), vielleicht ist hoblkrähe nur aus dem geschrei eines vogels
entnommen und umgedeutet.
HOHLKÜATZE, /'. ein instrument der sackzieher bei den Tyrotcr
hütlenwirken, aus einem krumm gebogenen bleche, dessen äuszere
enden einen halbkrcis bilden, beziehend, sich für ihre last den
weg zu bahnen. Jacodsson G, 93'.
HOHLKIIEISEL, «i. inwendig hohler kreiset, brummkreisel.
HOHLKREPPE, f in Baiern ein sehr tiefer fahrweg , der
schon seit langer zeit nicht mehr befahren worden, wie auch eine
durch frühere anschireintnuugrn entstandene feld Vertiefung, deren
grund- und seilcnwändc mit ijeslrduch bewachsen sind. v. TbCngen
waidm. pract. 103. zu krep])e stellt sich das bair. die greppen,
graben vom wassrr ausgespidt, der dabei zum fahrweg dient,
hohlweg. Sciim. 1,1006 Fromm.; hohlkrej)pe ist also ungenaue
Schreibung für holilgroppe.
HOilLKUGEL, f hohle mit pulver gefüllte kanonenkugel.
HOHLLALCH, hj. allium fistulosum. Nenmch 1, Ibl,
HOHLLEISTE, f. hohlkchle bei tischlern.
HOHLMASZ, n. das meszgefdsz, Itesonders ein trockenmasz.
HOHLMEISZEL, m. mekzel dessen schneide eine austiMung
hat, im gegensatz zum flachmeiszel {theit 3, 1700).
HOHLMÜ.NZE, /". alte nur einseitig geprägte münze von concaver
form, bracteat: hohlniilnzeu, nummi bracteati Frisch 1,462';
einen aufsatz über die liohlinün/.en, regenbogcn-schüssclclien
genannt , theil ich den freunden solcher curiosilUtcn mit.
GöTlIK 32, 127.
HOHLOHR, m. 1) hezeichnung einer hundeart, nach der form
ihrer obren. Sciim. 1. I0S3 Fromm.
2) eine schncckenarl, haliotis Midae. Nemnich 3, 103.
liOHLPFEIFE, f. eine ort von Orgelpfeifen, s. hohinöic
HOHLI'FEIFER, «i. eine art kanarienvOg^l, nach der ort ihra
pfeifcns. s. hohlroller.
HOHLPFENNING, m. was holilmdnzc.
IIOlU.yriNTE, f hohlpfeife di- nur drei töne hat; dim.
hoblquinllein {von l'/j Ion). JAConssoN 2,274*.
IlOHLItAUM, ni. holder, seiklüßeter räum, namentlich in ge-
birgizngen.
HOilLRICHTUNG, f. $tri«^ura in eolumnis, strigi.,
1,412'.
17-21
HOIILRIXG — HOHLWANGIG
HOHLW-EG — HOILN
172-2
KOHLRI.NG, m. runder metallener kränz, vorauf die schusseln
gestellt werden, um das tischtuch rein zu hallen, schiisselring.
Jacübsson- 4, 69*.
HOHLRÜHRE, f. beim drecMer ein eisernes tcerkzeug oder
dreheisen in gestall eines lü(fels, icomit das holz aus dem groben
abgedreht tcird. Jacobsson 2, 274*.
HOHLRÖHRIG, adj. : falls der erbprinz Luigi, der letzte
hüblrührige scLusz und fecliser des Hohenflieszer inannstam-
mes, verdorrte. J. Pacl Tit. 1, 76.
HOHLROLLER, m. eine art kanarientögel mit eigenthitm-
licliem schlage. Harzer rogelhdndler preisen in zeituntjen hohl-
pfeifer, holilroller und nachtigallenschläger an.
HOHLRUND, adj. concave. Ro.nüeao 315.
HOHLSCHN.\BEL, m. cancroma cochlearia, löffler, eine Süd-
amerika niscite vogelart. Nemsicb 1, S06.
HOHLSEITE, f. : wie eine geschlossene mnschel aus zwei
bohlseiten zusammengesetzt. Freytag handschr. 2, 427.
HOHLSIEGEL , n. ein sieget, in welches name oder figurcn
eingegraben werden, zum gebrauch bei Siegellack oder oblaten.
unterschieden ist das schwarzsiegel (s. d.).
HOHLSPIEGEL, m. Spiegel dessen fläche hohlgeschli,fen, ein-
gebogen ist. Jacobssox 2, 274*. bildlich : dem pöbel, diesem
staarmatz . . diesem hohlspiegel des geriichtcs. H. v. Kleist
1,24; der krieg ist nur der vergröszerndc hohlspiegel der
wunden, die wir so leicht machen {einzelnen zufügen). J. Paüi.
friedenpr. 1.
HOHLSPCLEN, verb. spiüend unterhöhlen : die wogen, . . die
unser ufer hohlspülen. J. Pacl Tit. 1, 18.
HOHLSTÄHLER, ffi. drelieisen der horndrechsler zum ver-
fertigen kugelförmiger sachen. Jacobssox 2, 274*.
H0HLST.\MPFEH, m. Werkzeug der hutmacher, mit welchem die
schnür hinubgestoszen wird, wenn man den hut anformt, ebenda.
HOHLSTEIN, m. hohlziegel.
H0HLT.\UBE, f. columba oenas, wilde taube, auch bergtaube,
blochtaube. Nesnich 2,1133; palumbi, siltestres columbae sunt,
waidtauben, hülltauben, Apherdiam tyrocinium (läSl) 146.
HOHLTON, m. .• wer die nuszschalen leerer worfe aus der
Philosophie wegkehret, nicht etwa der schule allein, dem
verstände der nation selbst leistet er damit dienste; denn
alle diese hohltönc kommen früher oder später durch Um-
gang in die gemeine rede. Herder *. ////. 18, ISl.
HOHLTÜNEND. ftart. : ein schaler, gefühlloser, hohltöncn-
der, abgeschmackter Schwätzer. Wieland sal. des Horaz 1.262.
HOHLTREPPE, f Wendeltreppe deren Spindel ein holder dicker
Pfeiler ist.
HOHLLNDER, s. holunder.
HÖHLUNG, HÖHLUNG, f 1) hohler räum, aushöhlung:
holung des fusz, succellc^ concavilas pedis. voc. ine. theul. k 3* ;
ihre kleider liegen ganz nahe am fleische, und nur in den
hohlungen legen sich falten. Wineeljians 5,49; fallen die
sich dahin senken, wo eine hohlung ist. das.; dergifichen
laibe (brol), dieszmal in ihren inneren hohlungen hoch pome-
ranzenfarbig anzusehen. Göthe 30, 94 ; diese {quarztheile) . .
nehmen nach und nach in der masse dergestalt überhand,
dasz sie einander berühren und hohlungen zwischen sich
lassen. 51, 23 ; hohlung nennt der kammacher den untern starken
tlieU eines elephantenzahns, der hohl und daher unbrauchbar ist.
J.-.coBsso> 2,274'. mit umlaul: die untern gewölbe . . sind
an handwerker vermiethet, und es sieht lustig aus, diese
hohlungen wieder belebt zu sehen. Göthe 27,61;
des trinkers pllicht . . .
auf 6inen lug die höhluog auszuleeren (des hechers).
12, 44.
2) wie der wind durch die luftlöcher pfeift I wie der regen
auf das kupferne dach schlägt! welche huhhing! welche |
feuchtigkeit hier! Lessisg 2, 5.')7. Ai>r scheint hohlung das !
hohle pfeifen des windes bezeichnen zu sollen.
HOHLWA.\RE, f heiszen auf glashütten krüge, flaschen, gläser
u. dergl. Jacobsson 6, 93*.
HOHLWAGEN, in. .■ currus arcarins, ein liolwagen. Trochüs
04*. den bergleuten ist unmeiillich holilwagen ein wagen mit 1
lawem kosten, worauf die erze zu den hüllen geftdirl werden.
Jacobssos 2, 274*. vgl. liohlkarren. |
HOHLWANGIG, adj. holde wangen h(d>end, als zeichen des
liUmmers und der sorge:
nun suctit er, ein bleicher hohlwangiger Werther, ■
in Wäldern und feldero die einsamsten 6rter. Üörgbr 66^. '
v(jl. b"hlhackig. '
HOHLWEG, m. ria profunda, cava, derexa, excavata. Stie-
ler 2455: der ausgefahrne hohlweg aufwärts am berge her
nöthigte uns auszusteigen. Götbe 30,5;
bemmcten nicht hohlweg und verschneiete giünde die durchfahrt,
sicherlich kämen sie beide, das fest mit dem vater fu feiern.
Voss 2, 270 ;
sogar durch prediger und sogar auf höhere stände wäre
religiöser einfliisz und einige lösung der herzenstarrsucht
möglich, wenn jene aus ihren alten hohlwegen heraussteigen
wollten, auf frische höhen. J. Paul dämmer. s. 145.
HOHLWEIDE, f salix caprea, die saalweide. Nemsich 4, 1199.
HOHLWERK, »i. hohle holzarbeiten, gefdsze: da; holz, davon
man macliet legiln, kuphin, unde bodiche unde aller leige
holwerk. Höfer älteste urk. s. 42 {Erfurt, von 12S9); 6« de»
maurem ein nach alter art mit hohlziegcln statt mit flachziegeln
bedecktes dach, im gegensatz des flachwerks. Jacobssox 2, 274*. —
Im mhd. heiszt holwerc auch eine that in einer höhle vollbracht
{vgl. oben hohl 5^.1714 und hohle 5p. 1715):
ist da; du wilt in disen berc
würken als holwerc
da;; du dich lägest dar in,
hästu danne seihen sin,
da; du mir bringst den valken guot,
so mahl du werden wol gemiiot (satjl kaiser Friedrich
zu einem zum tude rcrurlheitlen Verbrecher),
tlduplx zcilsclir. 5, 291, ^4.
HOHLWTRZ, /■. aristolochia, Osterluzei: aristolochia holwurz
DiEF. 4S'; auch dän. huulurt, huulrod, scÄjred. hallrot, holländ.
holwortel. eine andere pflanze, fumaria bulbosa, knolliger erd-
rauch, heiszt auch runde hohlwurz, runde hohlwurzel. Nesjsich.
H0HLZ.\HN, m. 1) hohler zahn ; bei den pferden heiszen die
mittelzähne auch vorschieber, hohlzähne. Nemsich 3,322.
2) Pflanzenname : gelber bohlzahn, galeopsis galeobdolon, gelbe
hanfnessel; kleiner hohlzahn, galeopsis ladanum, rothe hanf-
nessel. Nemxich 3, 14.
HOHLZIEGEL, m. imbrex, tegula concava Frisch 1,462*:
tncurrus later hol ziegel Albercs y3'; die fenster waren von
papicr, und der stubcnofcn von gebachenen steinen uail hol-
zigcln zusammen geslicket. Simpl. 3, 360 Kurz.
HOHLZIEGELMUSCHEL, /. chama gigas, die riesenmuschel.
N'EMMcn 2, 996.
HOHLZIFFER, /". null: nur mit dem cbrirtenthum wandelt
und hebt sich die wahre gcsitlung der Völker, die jüdische
Wirksamkeit verliert sich wie eine hohlziffer auf der Zeittafel
der menschlichen bildung. Hexbici im hannoc. magazin 1S46
S. 4-23.
HOHLZIRREL, m. ein doppelter zirkel mit auswärtsgebogenen
ßszen, womit man aushOhlungen, z. b. den durchmesser in der
höhle einer hohlen kugel miszl. Jacobsson 2, 275*.
HOHMEIER, m. in Düringen, auf einem landgute, der oberste
der knechte, Vorsteher der knechte, was schtceizerisch meisterknccht.
HOH.N, m. contumelia; catiilalio, ludibrium. ahd. und mhd.
nicht bezeugt, daßr im ahd. ein fem. höna bei Otfrid, häufiger
ein fem. honida; im mhd. ebenso hone, hiBue und luende.
zufrühest ist das masc. hön im mitteldeutschen des 14. jahrh. auf-
gefunden :
zubrochin ist mit valle
dinis houhtis cröne,
gedigin ist zu hone
Uin rüm, din ere und al din pris. Jsroschiü 2.1973;
später wird es auch in oberdeutschen quellen häufig. — Die ur-
sprüngliche bedeutung des Wortes erniedrigung, schmach {vgl. auch
unten das adj. höhn) weist auf eine zu gründe liegende sinn-
liche Vorstellung enticcder des zu boden liegens oder auch des
serstückeltseins hin; doch sind die beziehuugen von höhn zu
Wörtern der urverwandten spräche noch nicht klar, und nur zwei-
felnd kann griech. ^eir, reiben, abschaben, kratzen und sanskr.
kshud stampfen, zerstampfen herangezogen «erden.
höhn bezeichnet
l) erniedrigung, schmach, schände die einem widerfährt: ver-
stund wol, das dem knccht der hon, so ime widerfaren,
übel verdros. Wilw. v. Schaumb. 67; las den höhn über dich
gehen, wo du in der sachen pefeilet hast. Sir. 4. 30 {ne^l
ri;s ajtaiSeiaias aov t>T^(i:Tr^i)'i septwig.) ; da kompt ver-
achtunge, und schmach mit hone. spr. Sal. 1*>, 3; die götzen-
macher müssen alle sampl mit schänden und höhn bestehen.
Jes. 45,16; das du tragen müssest deine schände und höhn,
für alles das du gelhan hast. lies 16,54; disz mein bfichlein
ist allein von girier kurzweil wegen an tag gehen, . . nic-
mandts zu sclimacb, hon oder spott, W'ickram ro^ic. 3, 20 Kurt;
1723
HOHN
HOHN — HOHNECKEN
1724
als ewer haupt ....
die reind bald ihren wohn (teahn) und pracht in höhn und rew,
die freind ihr leid in l'rewd zu verkehren gelehret.
Weckherlin 650;
o haupt voll Mut und wunden,
voll schmerz und voller höhn ! P. Gerhard 22, 1 ;
sieh her! sieh her! mit Jammer und höhn
trag ich dafür nun den schmerzlichen lohn
an meinem zerschlagenen leibe! Uürcer til';
ZU höhne werden, ru schänden werden;
Ilerodes lobte sehr, er furchte seiner crono,
beginge kindermord. die list ward doch zu höhne,
gott lallt durch säbel nicht, das kind neucht bei der nacht.
P. Fleming s. 4.
2) in gewissen Verbindungen gehl das worl auch auf die person,
der Schmach widerfährt, höhn = gegenständ der schmach: dar-
umb hab ich die fiirsten des hciligthums entheiliget, und
habe Jacob zum bann gemacht, und Israel zum höhn. Jes.
43, 28 ; m der Verbindung spolt und höhn : d-u machest uns
zur schmach unsern nachbarn, zum spot und höhn, denen
die umb uns her sind. ps. 44,14; sie sollen zum fluch, zum
wunder, zum höhn und zum spol unter allen Völkern werden.
Jer. 29, 8 ; sind zu schänden und spot und höhn worden
den frembden. Tob. 3,4; schmach und höhn: und soll eine
schmach , höhn , exempel und wunder sein allen beiden.
Hes. 5,15.
3) höhn, die schmach, die einer gegen andere ausübt: dann
sie ihrem keim (keinem) den hon Ihun wollen, wie keiser
Henrich der vogler den hunischen Ungarn , das sie ihne
schäbige .. hünd sollen für triinit auferlegt haben. Garg.llh';
ja, wenn wirs jetzundt rechnen wollen,
so hat der bapsi viel gröszern hon
und mehr Schadens der well getbon,
denn der Symon, so Troja zsiörl.
B. Waldis Esop 4, 83, 31 ;
ungewöhnlich einen höhn geben:
nicht drumb, dasz einen sie mehr als den andern liebt,
nein : allen beiden sie gleich einen höhn dran giebt.
D. V. D. Werder Ariost 12, 24, 4;
non ch'ella
piu caro avesse Tun che Taltro amante ;
anzi di par fu a'lor disii ribella;
(als kaiser Friedrich) dem pabst Alexander . . defl linken Steg-
reif hielte, und der pabst dieses vor ein (einen) höhn . .
hallen thele-. Zijckgref apopJdh. 1,30;
da ward er {Xerxesi) so ergrimmet sehr,
das er liesz gciselen das mer,
und wurf kälten drein, es zu stillen,
und es zu fässeln nach seim willen.
aber was half in dieser hon?
so vil als nichts : er (loch davon.
Fischart dicht. 2, 180 Kurz {glückh. schiff 11).
4) die neuere spräche verbindet mit höhn den begriff der über-
mütig spottenden Verachtung, dieser begriff war früher am verbum
höhnen soir«; an höhnlich (s. d.) als am Substantiv ausgebildet.
ScHOTTEL 1337 gibt zu höhn nur die bedeutung pudor, contu-
melia, honte, Stieler 847 neben diesen auch sanna, irrisio, ludi-
brium, ludificatio, cavilla; ich habe des dingcs meinen lion,
nihili, nauci habeo hanc rem, explosione dignum haec aeslimo,
wer den schaden hat, bekommt den hon dazu, ludibrii haut
expers, mala quem fortuna fatigat. das. auch schon früher kommt
das eine oder andere vereinzelte beispiel dieser bedeutung vor:
wegcu etlicher teutschcr liedlin und pasquill, so ihm zu höhn
weren gemacht worden. Zi.nkcref apoplUh. 1,83; aber erst seil
dem vorigen Jahrhundert ist dieselbe zur herschenden geworden :
mit einem höhn treiben, ludibrio aliquem Imbere. Steinbach
1,')>0; bohn für lohn, stank für dank. Sihrock sprichw. 258;
wie die gattin, ihn zu retten,
sich ingitete, ihn fest umschlang, gefahr und höhn
nicht achtend. Gotter 2, 123 ;
Tlirkla. ich fürchte keineit menschen zürnen mehr.
,\>ufcr. den höhn der weit! de» tadeln arge zunge!
Schiller Wallfnitcins taii 4. 11:
%agt mir! was meint er mit dem göckelhahn,
den der feldherr nicht krähen hOren kann?
es war wohl uur so gesagt ihm zum scliinipf und IiuIiih-V
Wnllcnnleins laijer, 9. auftr. ;
ihr spottet, slr. — zur hlrte fiigt ihr noch
den biileni höhn. M. Stuart 1, 1.
in den fetten formein hübn sprechen, reden, singen:
alt voo jähren, frisch von lasteni, Ist die well bei unsern tagen,
fütgl d»4 alter zu begehVen, alten aber höhn zu sagen.
LoUAU 3, 41, 10;
weit, an dieser iheuern stelle (am grabe der geliebten),
Sprech ich deinen Ireuden höhn. Gotter 1, 104;
ich rauller spreche dir mehr als die Schwestern höhn.
2, 116;
so kannt ich dich ! es sprach dein ton
in wenig worten viel ;
der franzensitte sprach er höhn
und in mein herz gefühl. J. M. Miller ged. 41 ;
und in der königlichen halle
sein (dw Galliers) erster sänger höhn uns sang.
GÖEINGK 1, 258 ;
an spröden, die mir höhn gesprochen,
hat mich noch allezeit ihr eignes herz gerochen (worie
Amors). Wisland 10, 14ü;
rede, mftdcben, nicht dem starken höhn!
Schiller nielanchoUe an Laura ;
höhn lachen, liLcheln (vgl. auch unten hohnlachen, schon mhd.,
hohnlächeln an alphabetischer stelle), zischen, vgl. unten bohn-
gezisch:
sie lächeln bittern höhn
auf unsrer majeslai enlheiligle ruiuen. Gotter 2,430;
die mit heiszem liebesgeize
deinem kuss entgegenflohn,
zischen dem erloschnen reize,
lachen deinem winter höhn. Schillsr an Minna;
einem zum höhne, ihm zu spott, trotz seiner:
ja, es sind die bunten mohne,
die sich nachbarlich erstrecken,
und, dem kriegesgott zum höhne,
felder sireilweis freundlich decken. Göthe 5, 16.
5) eigenlhümlich erscheint bei Göeijjgk höhn in der bedeutung
Übermut, überhebung zunächst an oben no. 3 und das unten fol-
gende adj. höhn angeschlossen :
lasz du dem Brillen seinen wahn und höhn,
dasz er der erst geborne söhn
der freiheit sei, wir aber sclaven. 3, 154.
HÖHN, adj. ein nicht üfcer das 16. jahrh. hinausgehender nach-
klang des mild, hane, ahd. höni, in zwei bedetäungen.
1) aus der ursprünglichen passiven bedeutung niedrig, gering,
verachtet (auch im golh. hauns, ags. bean) hcU sich der sinn
schlimm, schändlich herausgebildet, mehrfach bei Fiscuart er-
scheinend :
in dem hausz, spricht man, slehts nicht wol . . .
wann die henn kräht über den hanen. . . .
also wie viel mehr musz es hön
in einem regimeiii dann stehn,
welchs gröszer ist und sorgenvoll,
wann die henn will die hanen lühren. dicht. 3,79 Kurz;
aine erwischet ainsmal zwen,
zerknitschi sie auf dem korb ganz hön. 2, 37, 1304;
gering von aussehen, häszlich:
fornen schön und lieb geslalt als frawen,
und binden hön und dib mit kinwen. Giirj;. 18';
gering an verstand, unklug:
der nachgibt on lang widersiehn.
{halt ich) für kluger und den andern hön. dicht. 3,293.
2) wie im mhd. auch in activem sinne srhmdhsüchlig, zornig,
böse: hön sein, übel zefriden sein, irasci. Maaler 22s'; hön
über einen sein, rauch besträlen, inclamare aliquem. das. ;
noch jetzt Schweiz, liöh, zornig, böse, unwUlig (mit dem subst.
die höhne wie bei Maaler) Tobler272'; was ist dir jelz ge-
schehen ? bistu hön ? Garg. 94' ;
losz wittern in (goii), lasz machen schön,
dann ob du jocli darmnh bist hön,
so gschicht es doch nit dester ee.
Brant narrensch. 28, 18 ;
doctor Mumar ist yetz hön.
M. Mamuel 415 GrUnii/en.
in Nürnberg einem hön thun, ilim nrdrusz macJten, ihn ver-
drieszen. Sern«. 1, 1119 Fromm.
HOIINAFKKN, verb. höhnen, verspotten: lleng ich an .. dii-
Icute die bei mir vorüber giengen, zu hohnälTen und aus
ziizisrben. Hesse 1,49. vgl. hoblhippeln sp. 1718.
HOHiNHILI), n. .' ganz wie ich jetzt endige, .. einsam, ver-
kannt, verlassen von allen königeii und fiirsten, ein bobii-
bild ehemaliger herrlichkeit! H. Heine 4,277.
HüHNKCKF.N, verb. höhnen, verspotten, zuerst von Stiki.hi
aufgeführt: honecken, irridere, naso susprndere, tub-tannari.
jcdernian honeckt «iardlier, res luditur trrisione hominum. :tri».
neben honcclieln, albis denlibus aliquem ridere, subsannare, äi».Wi
Itter imdne u. t. w. 848; eine form die sich als höhnet kein,
verhohneckeln mit den bedeutungen aushiihnen und rerhun:en,
verunstalten auch bairisch ßndcl (Srnn. I. llPt Fromm.) ; so haben
1725
HÖILNEISEÄ — HÖHNEN
HÖHNEN
1726
sie angefangen, die Teutschen mit ihren eleganliis auszu-
bonecken und zu versputlen. Reimmans hisloria littcraria 2
(Halle i'M) 4. bl; das ganze publikum zu hühnekken! (Scuclz)
almanach d. belleirisleii für 17S2 s. -15 ;
weniger scheu hohnecken die mägdelein , nennen galan dich.
Voss ....
in der schreibuny hohnnecken : dann soll das donnenvetter
dem in die cingeweide fahren, der mich noch ferner hohn-
necken oder verachten will. Imjiebman.n Müncfüi. 4, 29. — Schon
Stieler und danach Fbisch (l, 215') betrachten das wort als ein
compositum von höhn und ecken und ziehen ausecken (theil
1, &49) heran, das zuerst ermessen, erwägen, dann bekritteln, tadeln
Iwis2t. allein es fragt sich, ob wir in hohnecken, was jetzt rück-
sichllich seines zweiten theiles sogar mit necken zusammengebracht
wird, nicht eine seil dem 17. jahrh. erscheinende Verstümmelung
und umdeutung des nicht mehr verstandenen huhlhippeln zu
erblicken haben; vgl. die ^wischen formen bei diesem worte, sp. 171S.
HÖHNEISE.X, n. schundeisen, wol dem sinne nach dasselbe
wie mhd. lastcrblech (Kenner üJöO. 91S6); ursprünglich ist das
anhängen des höhneisens als strafe für einen Verbrecher zu denken,
den man dadurch vor dem volk kenntlich macht, später ist nur
die abyeblaszte redensart geblieben (wie einem etwas anhängen
1, 36S) :
ein jeder achte seiner Sterke
bei seiner eigen that und werke, . . .
vermesz sich nicht mehr, denn er kan,
sonst hengt man ims böneiscn au.
B. Waldis Lsup 1,03,20;
wer thet des wegs hingabn,
so wardts zwar keim von im geschenkt,
dem ers höneisen nit auheukt. 4, 3S, Iti.
vgl. auch kleniperlein 4, theil 5, 1143.
HOHNELN, terb. leise höhnen:
das vorurtheil der losen zeit,
die höbneiud ihren gift in lächeln hüllt. Stolbebc 3,24.
HÖHNEN, verb., mhd. hcenen, ahd. honjan, in verschiedenen
bedeutungen.
l) gering, niedrig, verächtlich machen {vgl. oben das adj. höhn
in ursprünglichem sinne):
dö wolte got Ermrichen hoenen. rabenschtachl 562,
im folgenden verse:
des muoste Ermricb geligen under;
namentlich auch durch worte, schelten, schmähen : conlumeliari
hone (für honen) Dief. 148*;
daj ich die getiuret hän
und mit lobe gekroenet,
diu mich wider hcenct. Waltheh 40, 25 ;
eine bedeutung die nlid. noch bis ins 18. jahrh. vorkommt: wen
hastu gehöhnet und gelestert? -2 kön. 19,22; du hast den
herrn durch deine boten gehöuet. 23; v*er des dürftigen
spottet, der honet (Ttaoo^ret septuag.) desselben schepfer.
spr. Sal. 17, 5 ; etliche aber griffen seine knechte, höneten
(ViSoiaav) und tödten sie. Malth. 22, 6 ; sie aber steupten den-
selbigen auch, und höneten in (ot 8e y.axslvov Seioavxas
xai aTiuaoavTse). Luc. 20, 11, der Basler nachdruck der Über-
setzung des neuen lest, zäldt höhnen unter die der erklärung
bedürfligen Wörter und erläutert es durch spotten, schmähen,
sehenden (Fromm. 6,43*), wie auch Dasvp. und Maaler das
wort nicht verzeichnen;
denn wer gedecht
zu leben schlecht,
gantz frumb und grecht . . .
der wirdt durchecht
und gar gescbwecht,
gehont und gschmecht. U. Waldis 4,96,133;
der neid der auch das beste höhnet. Picasder 2, 419 ;
sagt, wer ist schimpflicher gehöhnt,
der held von dem ein Sch(önaich) dichtet,
der dichter den ein G(oitsched) krönt V Lessi.-^o 1, 34.
auch bei Wieland, docA nach dessen eigener erklärung in nach-
ahmung der spräche des 16. jahrh. :
gehöhnt auf ewig
und aller ehren bar war ich geblieben,
hält euer muth die schmach mir nicht vergaumt.
18, 51, vergl. datu torrede s. 9;
in den sinn beflecken, verunehren übergreifend:
vor wehmuth brach ihm herz und blick,
doch schlang er stolz den ström zurück,
um nicht durch vatertbranen *
den ritlersinu zu höhnen. Bürger 54^
2) unpersönliches es höhnt mich, es kränkt mich:
das höhnt den gsellen ; er war nit faul,
mit einer baudt warf umb den gaul,
und sprach : gott geh dem hund den ritt !
B. Waldis Esup 4, 59, 3.1 ;
langweilig wurde mir in mancherlei betracht
mein bandwerk nun ; auch höhnte mich sein name.
BÜRGER 107* ;
auch mit dativ, es höhnt mir:
und wolt mir nit denselben (mörser) leihen,
solt euch etwas zu pfände setzen,
wiewol mirs hont und thet mich letzen,
jedoch kundt ich sein nit entbern.
B. Waldis Esop 4, 27, 44.
3) höhnen, auch an die bedeutung 1 anknüpfend, in sdiaden
bringen, zum untergange ßhren, vgl. niederl. hoonen, fraudarc,
defraudare, fallere, decipere Kilian ; Schweiz, verhöhnen, rer-
derben, zu gründe richten. Stalder 2, 50 ;
man sagt vil von dem zwang
der reizenden Sirenen,
wie sie die schifT-leuth honen
mit lieblichem gesang.
ScHSÖFFis tniraiU. flöllein (1682) 51, 18;
auch in minder scharfer bedeutung, unterdrücken, an etwas ge-
dcüüichcm hindern :
und Phoebus, dem ich sonst kein gutes wori geschenkel,
mir, der ich reimen will, es wiederum gedenket,
so dasz er, eh ich ihn durch busz und reu versöhnt,
mich fast drei wochen her, trotz aller müh gehöhnt.
GÜNTHER 748.
4) höhnen, übermütig und viit veracldung spotten, ist xwa
schon seit alters bezeugt : ahd. gahönjan illudere (neben der viel
häufigem bedeutung l) Graff 4, 691, vgl. auch verhöhnen und
aushöhnen (l, 887) ; nhd. es ist ein hochtrabend volk (die
Franken), welches über andere nationen sich erhebt, ja sie'
auch honet und verspottet. Frank weltb. 50"; hat aber doch
erst in der neueren spräche sich recht entfaltet: honen, irridere,
exagitare, ludificare, deludere, subsannare Stieleb 847, und steht
entweder
a) absolut:
der nichts dann höhn und spotten kann.
E. ÄLBERCS 78';
man lasse neid und pöbel höhnen. Günther 217 ;
mädchen mit stolzen
höhnenden sinnen. Götue 12,52;
nicht schämet euch zu singen,
ob dunkel höhnt und grollt! Voss 5,210;
das höhnende wort, dasz sieben tage hingereicht hätten, die
monaichie . . umzustürzen. Becker wellgesch. 14, 389. der in-
finitiv substantivisch :
als man mit myrrhenessig ihn
in höchster wehmuth tränkt,
mit dem Elias fort heiszt ziehn,
und mit viel höhnen kränkt. A. Grtphils 1698 2,233.
b) mit accusativ der person : einen hiuderrücks honen, sub-
sannare aliquem a tergo. Stieler 848; soll ich in einem sol-
chen alter gehont werden, me hoc aetalis ludificaii? 847;
disz that die weiszheit, die nunmehr
die frechen tadicr höhnte. Gc.mher 30;
und höhnen sie uns heute, leicht mags sein
es reut sie morgen. Wiela^d 18, 43;
ha! wie will ich dann dich höhnen!
höhnen? gott bewahre mich! Schiller an Minna;
ihn (den gpfanijenen) ih betrachten, sammelt um und um
die wilde Jugend sich aus Ilium ;
wetteifernd höhnt mit herbem spotte
den eingebrachten fang die rachbegiei^e rotte.
Zerstörung ton Trvja 11.
c) mit accusativ der sache:
man mutzt an ihnen (frauen) stets auch alles haarklein auf,
ja wüszten sie einmal auch unscru lebenslauf ....
was meinst du? wie sie dir die sitten höhnen selten.
Güntb£r 487;
ich spiel auf meinem baberrohr
to manch herzbrechend lied dir vor,
und du, und du,
du lachst dazu,
und höhnest meine pein! Wiela:«d 26,214;
soll ich verehren was du höhnst?
Schiller Karlos 5, 4.
d) auch mit dem genitiv der person (wie spotten) und der
Sache teiKLincER: er glaubte, ich höhnte seiner. 1,57; höhnt
des ewigen! 3,27; der grausame höhnt meiner. 5,343; dasz
er meines allers höhnt. 2,303; sein herz höhnte des enl-
1727
HÖHNEN — HOHNGEZISCH
HÖHNISCH
1728
Schlusses. 3, 190 ; vielleicht auch bei Hagedorn, wenn höhnen
MI der folgenden stelle nicht absolut steht:
Iris tändelt, scherzt und singet,
hölint uud lacht der leidenschal't. 3, 57.
5) höhnen mit accusativ der sachc heiszl auch (uie spotten)
eine sacJie nicIU achten, über sie hinweif sehen, ihr trotzen; die
beispiele reichen niclU über das vorige Jahrhundert hinauf:
lächelt, muntre schönen,
un.«ern ernst zu hoüneii. IIackuokh 3, 90;
die göttin steht au ihren spicsz gelehnt,
und sieht, mit einem hlick der ihren kummer höhnt,
im ganzen kreise nichts als l'euerrothe wangen.
WiELANi) 10, 143;
wcibcrlist höhnt scblosz und riegel. Gottüh 1, 2G2 ;
soll
der ftevler deine nachsieht höhnen? oder
höhnst du die meinige ? 2, 208 ;
durch eine unbegreifliche Verbindung der ereignisse, welche
allen menschlichen Scharfsinn höhnte. Fhevtag /lanrfic/ir. 1,189.
HÖHNEN, verb. heulen wie ein wolf oder hund, ahd. honun,
bönen ululare (Grakk 5, 753), iiihd. hoenen und hünen Scum.
1, 1120 Fromm.; honen oder huelen, ullularc. vuc. ine. Iheut.
k3'; ululare honen, hüen (für honen), hüenen Dief. 025'; hon
(lies honen) not', gloss. 3S4'. es ist wie heuuen (sp. 1291) und
die dort aufgeführten neben formen wol iiicIUs als ein laiUma-
kndes wort und luit mit dem vorigen höhnen nichts zu Ihun.
HÖHNER, m. sannio, scurra, subsannio, nasutus, irrisor.
SnELER 848:
trau ihm nicht,
dem höhncr der religion, o jüngling!
Heuueh z. litt. 9, 165.
HÖHNEREI, f cavillatio, ludibrium. Steinbach 1, 780 : (das
epigramm soll mehr in anderem) bestehen, als spötlicher hönerei
und aufruck anderer leute laster und gebrechen. Opitz poe-
terei 24 ; hönerei, spotl und betrug. Wesenigk spielsieben (1702)
69 ; in einem buche, in welchem der persifflirende ton so
herrschet, dasz den meisten lesern auch das, was guter ge-
sunder verstand darinn ist, nichts als posse und höhnerci zu
sein scheint. Lessing 7,370; doch alle diese höhnerei prallt
auf mich selbst zurück. 10, 87 ; aus erbaulichem phrasen-
scbwall fällt er in niedrige, grimassirende höhnerei herab.
Stbal'Sz die halben und die ganzen 37 ;
wer durch den kummei'zahn ihm mark und saft verzehrt,
hat nur den feinden zeug zur höhiierei gewehrt.
lloKFiiANNswALiiAü venii. gcd. 8:
nein; selbst ihr lächeln nicht! ich liah es ja
wohl schöner noch an abcrwitz, an tand,
an höhnerci, an Schmeichler und an buhier,
verschwenden sehn ! Lessimu 2, 334.
im plur. höhnereien : konnte er alle die bitlern höhnercien
vorausdenken, womit ihn zu hause der vater, und auszer dem
hause die vielen familien verfolgen würden. Engel 12, 43.
HÖHNERIN, f foemina cavillans, subsannans. Stielek 848.
HOHNGELACH, n.:
brich die ketten,
und stürm dich los mit lautem hohngelacb. Tuck 3, 343.
HOHNGELÄCHTEH, n., vergl. oben die forma höhn lachen
(sp. 1724) und unten hohnlachen :
doch läszt der gleiszner bald sein hohngelächter schallen,
wenn sein altar versinkt, und seine gotzen lallen.
Haueoohm 1, 55 ;
8ol! de« verbuhlten paares hohngelächter
dein grablicd werden.? Gotter 2, 508 ;
wenn mit hohngelächter
des rechtes rechtliche verächter
der tugend kaum den götterwerth vcrzeihn.
Seuiie ijcd. 48;
der gegucriu iriumph und hohngelächter.
ScuiLLER ilavia Stuart 4, 4.
HOHNGESANG, m. .' hör ich nicht in der ferne hobnge-
•aoge jetzt? Fr. MCUER 2,211.
HOHNGESCHREI, n.;
i\;m »ie, trotz dem hohngeschreie,
trotz der holTniinK Untergang . . .
mir gehalten lieb und treue. KüiiueR 73*.
HOH.NGESPKÄCH, n. ; einem platten köpfe, der ein huhn-
grupritcb bei Göschen darüber (idter Campet Verdeutschungen)
drucken lie»z. J. Pacl vortch. der itth. 2, 205.
HOHNCEZISCH, n. :
vor %ir\ni'.n bangen obren saunt
das hohngpziich der höllc. Stoi.HRü 1, IUI;
deiner feinde hobogcziach. 14, 104.
HÖHNISCH, adj. und adv. 1) mit schmäh verbunden,
schmählich (vergl. höhn 1 sp. 1722) : das ist der, welchen wir
etwa iur ein spott hatten, und für ein hönisch beispiel
(tiä 7iaoaßo).i]v oi'eiSia/wi septuag.). weish. Sal. 5, 3 ; doch
es liff mit dem guten stümper gar höhnisch ah. Cur. Weise
Id. leute 203.
2) nach höhn 3, schmach anthuend, einen andern durch uorte
erniedrigend: verstummen müssen falsche meuler, die da reden
wider den gerechten, steiff, stolz und hönisch. ps. 31,19
(ivv7i£QT](fapict y.ai i^ovSsvcöoet septuag., eine Variante hofler-
tiklich und verechtlich) ; so scherzet ein höhnischer prinz.
Cur. Weise comöd. 21 ; der hiischer war etwas höhnisch und
begehrele er solle seiner wege gehen, kl. leute 221 ; waren
die letzlern schon mit worten und geberden gegen Solanden
hönisch mit dem vorsatz ihn zu schimpfen, polil. slockf 2S0.
eine redensart: ist der berr auch hünisch? faccl. facet. 133
wird von Stiei.er 848 erklärt: fumumne vendilarc edodus es?;
seid ihr noch so höllisch, dasz ich euch sagen soll, was ihr
zuvor wol wisset? S. v. Rikkln Marg. 201. einige beispiele
rühren schon ganz an die heutige hcdeutnng des worles : dariimb
das du . . über das huid Israel von ganzem herzen so hönisch
dich gefrewet liast. lies. 25, 0 (ini/^aoaa ix yvjc^s oov ini
i7]v yijp Tov 'lü(iaT;?. sepluag.);
wie hönisch man mir spricht,
wie harten schimpf mau wider mich darf regen.
Opitz psalmcu ». 129;
als Christus eben in dieser woch, da er über die Stadt Jeru-
salem geweinet, ist gecreuziget worden, weiden die phariscor
und schriflgelahrte, welche gehört hallen, was Christus der
Stadt Jerusalem für einen erbUrmlichcn Untergang verkün-
diget hatte, sich ohne zweifei hönisch darüber gemacht, und
gesagt haben: der arme Jesus von Nazareth ist kein poli-
ticus. Scuüppius 185.
3) bei einer formel einen höhnisch hallen tritt thcils mehr
der begriff der Schmähung und erniedrigenden behandlung, thcils
schon der bloszen Verhöhnung hervor; das erstere frei Sciiuprics :
als neulich der schifler Jan von Amsterdam kam, verehrele
uns die schönen holländischen käse und die zweibacken, und
wolle freundschaft mit dir machen, da hieltest du ihn so
hünisch, dasz mich seiner jainmerle : aber als Menelaus . .
kam mit seinen schönen gelben haaren, da thätest du, ul>
ob du dein herz mit ihm l heilen und ihn ausz liebe fressen
wollen, was bildest du dir ein, dasz du schiffer Jan also
verachtest? 4S3; das letzlere bei andern: er hält den Pyrrhus
höhnisch, als solle er sprechen: du magst dich wol eines
andern berühmen. Opitz 1,2C2; in der ausgegangenen Pegnitz-
schäferei werden dergleichen deutsche Franzosen hönisch
gehalten, daraus wir dieses nur zum e.xempel anziehen wollen
(folgt eine Verspottung der sprachmengerei). E. Hanman.n anmerk.
zu Opitz' poelerei 123; deinetwegen (sagte er, mich hönisch zu
hallen) wirt die morgenröthe nit schamroht werden. S.v. Birken
04//. lorbeerh. 1; l'ürtrcflliche nymfel es beliebet euch, meine
persou also hönisch zu hallen, weil ihr eine amaznnin seil.
Margenis 32; wer aus eigner nachlä».<igkeit in schimpf ge-
setzt wird, der mag höhnisch gehalten werden. Cur. Weise
kl. leute Gl.
4) nach und nach verschwindet bei höhnisch (wie 6eim subst.
höhn) der begriff der schmach und schände, und der begriff des
bösen Spottes kommt auf, der in der hculiiicn spräche ausschliesz-
lich wallet : ein höhnischer mensch, homo cavillator, ein höh-
nisches frauenzimmer, cavillalrix Steinuacii 1,780; höhnische
Worte, höhnische blicke, ein höhnisclies naserüinpfen ; hölli-
sche briefe, litterac aculeatae Stieler 848; indem sie einen
höhnischen Seitenblick auf die schöne mit den groszen aiigeii
warf. Wieland 1», 41>; ihr hlick ist höhnisch. Kutzehue (frd»i.
spiele 2, 201 ;
ob CS {(In* (jlOcIt) noch .'io stürmisch thu,
singt mein geisi bei »tilUir ruh
docli ein hunisch lied dazu. IiÜntiier 214;
hu, dachte der kiii.oer, 7iir );|jif-klii'lu<n stunde !
uud grÜ!*zie das pfalfleiii mit holiiüsrhein munde.
ÜiJHbKR 00*.
atlvcrbial: einem höhnisch begegnen, aliquem aceto perfundere
Stein BACH 1, "80;
wie huhnisch sollen «Io de* blinden horhrouih« lachen!
GÜNTHim 488.
ungcwiihnlich ist die formel hOhnivch auf etwas sein, es höhnen,
venipotten :
1729
HOHNLACH — HÖHNLICU
HÖHNLICH1;E1T — HOIA
1730
^Eumnlp) von schreiberischer eitelkeit,
wie er vermeinte, ganz befreit,
uuil höhnisch auf den stolz, der schriftverfasser blendet.
doch sein Verleger kömmt, sein Tryphon, der ihn rührt,
ihm lust und feder schärft, ihn schmeichlerisch verführt.
er wagt ein neues werk, er grübelt tag und nacht,
und schreibet um den rühm, den er zuvor belacht.
Hacedorm 3, lOS.
HOHNLACH, m. das hohnlachen: baarfiisz, ohne mantel,
vur der kircblhür, jdermann zum hohnlach stehen. Mestwert
ftuchspiegel (1674) 88.
HOHNLACHE, f. eben das: vielleicht reizt auch wohl ein-
mal die erzgeneralfelddummheit . . die hohnlache zum aus-
bruche. oder die Unverschämtheit zu einem geiszelhiebe . . .
aber oft wird das nicht kommen, denn ich bin fast zu sehr
schon an die ernste stille Verachtung dessen gewöhnt, welches
die hohnlache, oder die geiszel verdient. BCrgeh 184'; die
dünkelhafte Überweisheit erregt ebenfalls nur affecte«, in
welchen man sich wohl fühlt: Verachtung, spott und hohn-
lache. 351".
HOHNLÄCHELN, verb. die formel höhn lächeln sp. 1723
zusainmengerücki :
'die Schuldverschreibung lautet an die todten',
bohnlächelte die weit. Scuiller renignation.
gewöhnlich im subslantio gesetzten inßniliv oder im pari, praes.:
er sagte diesz mit einem diunm - naseweisen hohnlächeln.
Wieland 19,314;
die geiszel, die eiust Rom empfand,
hohnläcbelnd über euch zu scnwingen. Gotter 1, 447 ;
gebahnt ist dir der we»
zum thron, besteig ihn, ohne sie, und blicke,
hohniächelud, auf der thörin stolz herab ! 2, 149.
HOHNLACHEN, verb. zusammengerüc/Ues höhn lachen (spalte
1723): lesset die weit wol honlachcn und spotten, sihet ir
zu, wie lang sie lachen kan. Luther 4,116'; welche mein
land eingenomen haben, mit freuden von ganzem herzen,
und mit hohnlachen. Hes. 36, 5 ; sie aber vermeinte, dieses
huhnlachen sei ein zeichen der erworbenen affection. polit.
stockf. 90;
auf hohen felsen stehen sie,
in ihrem adlernest,
hohnlachend; brüder, sehet sie,
sie träumen siegesfest. Gleix 4, 23.
hohnlachen kann als eigentliches compositum beliandeÜ und z. b.
gebildet werden er hohnlachte (neben lachte höhn, s. oben
höhn 3 SJ5. 1723); diesz schon mhd.:
der wirt hönlachte,
swie im sin herze krachte. Meier Uelmbr. 1775 ;
vgl. dazu unten hohnreden.
HOHNLACHER, m.: an sieben und siebzig grösztentheils
ausrufern wurden 'die vieleu stimmen' durch den hohnlacher
gerügt. Klopstock 12, 27S, vgl. 279 ; in der gelehrtenrepublik ein
eigens bei-teUtvr beamter zum aufschlagen des hohngeldcliters.
HÖHNLICH, adj. und adv., wie höhnisch.
1) schmählich, schändlich, wie a)id. honlich, infamis, foedus,
ridendus, dedecor (Jraff 4, 689 ; honlich inglorius sumerl. 10, 42 ;
6t'« Maaler auf ein häszliches äuszere bezogen: honlich, hon-
lich sähende, torce, torvus, hönlichs angesichts, vultuosus 22$'.
2) Mufiger in activem sinne, zornig, Schmähungen redend, über'
iniitig schmähend (vgl. auch höhn ip. 1724): contumelia honlich
spräche Dief. 14S"; haben sich allenthalben also mutwillig
und trotzig gestellet . . und haben gottes zorn gleich aufs
aller hönlichst trotz geboten. Luther 3, 145' ; er sol mit inen
helfen gott lestern, und seine geschepf höhnlich verachten.
8, 50';
des kundt das thierlin (ein kaninchen) nicht vergessen ;
dorft im (dem adlei) nicht höhnlich widersprechen,
gedacht sich doch an im zu rechen.
B. Waldis Esop 3, 7. 15.
fiton früh greift höhnlich in den sinn unseres höhnisch, ver-
höhnend über:
swa; mans geflShet und gebat,
swes mans tKpnlich an geschre,
^i beliben üf dem veld nibt me {ritter, die nicht luv-
niereu wollten), frauendieiisl 502, 1 ;
dö si hattin da^ erhört,
vil honlich si sin lachten. Jeroscuim 3609;
dieselben feinde, die mich honlich und spötlich lobeten.
Luther 3, is' ; Isaac wird auch viel leute gehabt haben, die
nichts von im gehalten, und in gar honlich verspottet haben.
4, 144' ; darauf hat ehr mich bonlich widerumb gefragt. Carl-
IV. 11.
STADT tcider bruder Johan aij'; dann ich hab auch oft höhn-
lich gnug vom bapsthumb geredt. Alberus widder WUzeln Lö';
belacht gar höhnlich einen stawber (Jagdhund),
drumb das er seinem berren war
in allen sacben ghorsam gar. B. Waldis Esop 2, 71, 2.
HÖHNLICHKEIT, /. torvUas. Maaler 22S'.
HOHNMÜTH, m. übermütiges gebahren, schmähliche behand-
lung : wie mich die im dorf nun gesehen und allen hohnmut
angethan hatten. H. Stadex h (i).
HOHNREDE, f. höhnende rede: diesem thaten die schmeh-
worle und hohnreden wehe. pers. rosenth. 2, IS ; der mann
giebt ihr ihre hohnreden zuiück. Gervi.nus gesch. d. deutschen
dichtung 1, 28.
HOHNREDEN, verb. höhnende «orte sagen: es hat eiumahl
ein ruchloses volk eines dervsisches heiligkeit und frömmig-
keit angefeindet, mit schimpflichen verdriesziichen Worten
gehohnredet. pers. rosenth. 2, 34.
HOHNSPRACHE , /". schmährede : contumelia honsprache
Dief. 148*; mit hoinspraichen verunrocht. Fromsans 2,439'
(kölnisch, 15. jalirh.).
HOHNSPRECHE, adj. schmähend, ein mhd. hunspraeche »or-
aussetzend: dieser artikel ist wider die christliche kirche die
braut Christi honsprech und ketzerisch, urtheil der Pariser
tlieol. bei Lcther 1, 54l'.
HOHNSPRECHEN, verb. : conhtmeliari hoensprecben, bon-
spreken, bonspraken Dief. 148*.
HOHNSPRECHEND, part. : die dogmatische spreche eines
hohnsprechenden vernünfllers auf den ton der bescheidenheit
herabstiminen. Kant 2, 478.
HOHNSPRECHER, m.
HOHNSPRECHIG, adj.: conlumeliosus honspreekich, hon-
sprekelich Dief. 14s*.
HOHNSPRECHUNG, f.: gewisz, wenn das nicht bohn-
sprecbung dessen ist, was kirche und Versöhnung mit ihr
sein soll, was wäre es denn? Herder in den eiinnerungen
aus seinem leben 2, 151.
HÖHNUNG, /". das schmähen, verhöhnen : conluvielia honunge,
honinge Dief. 148' ; höhnung, cavillatio Steixbach l, 780 ; das
sye die hönung und belachung jts vatlers mit dem todt yrs
mans gedacht zu rechen. Frank chron. 1631 160*; freudenfeier
ist höhnung des leidenden. Relchli.x gesch. v. Italien 2, 1, 5S ;
die unglückseligen darf man nicht sehr vexiren,
sie nehmens gar zu leicht vor eine höbnung an,
wie man die blut-scbwehr nicht mit kützeln darf berühren,
. da es doch frische haut gar wohl vertragen kann.
Wiede«a:hm gefamjenschaften, juti s. 20.
HOHNVOLL, adj.: eher dürfte das gegentheil geschehen,
dasz er bohnvoUer noch sein haupt erhebt gegen eine theo-
logie, die solche waffen ihm entgegen hält. Protestant, kirchen-
zeitung 1867 s. 779.
HOHNVVORT, n. :
tbut mich mit vil honworten fatzen. H. Sachs 4, 3, 33*.
HÖHNZELN, verb., iterfüiv von höhnen, kleinlicJi schmälten
oder spotten: welcher under yne beiden eyner den andern zu
zorne reisze, hontzel, spei oder schelle oder fluche und die
rachtunge überfare. Frankfurter urk. vom jähre 1481 in Tuohas
oberhof s. 403. im Nassauisclien bohnseln (Kehbein 186), das
die bedeutung von hänseln angenommen Iml, aber der (^slam-
mung nach nicht mit Htm gemischt werden darf. vgl. hänseln
sp. 4C4.
HOHO, interj. s. unter ho sp. 1587.
HÜHUNG, f. erhöhung : des (verrenkens) zaichen seind au
etlichen enden ungemainliche böbung (plur.). Hier. Rrad!«-
SCHWEIG Chirurg. (l539) 107 ;
auch was sein (Saturni) fal und höchung war.
THCBitsiszES archidoxa (1575) 9;
Luna so sj sich erzeigt
bei eim planeten in seim haus,
fall, hocuung, im gang oder draus, sl.
HOIA, interj. in aufmunterndem sinne: hoya, fraw .Melibea,
hör, hör wunder. WiRStJ.NG Calixstus (1520) Q 8* ; oder als aus-
druck der freude: er brett einen braten und settiget sich,
wermet sich auch, und spricht, hoia, ich bin wann worden,
ich sehe meinen lust am fewr. Jes. 44, 16 ;
hoia, hoia, das ist ein guter sinn! fastn. sp. 818, 9;
vgl. heia sp. 737. — Der jägerschrei hoiacbtaa seheint tn seiner
ersten silbe die interjeclion, in den letzten den durch die partikel
ä verstärläen imperativ des mhd. äbten Verfolger, zu enthalten:
sollen sie (bei der Verfolgung eines hirsches) . . iren hunden
109
1731
HOIE — HOKUSPOKUS
HOKUSPOKUS
1732
lieblich zusprechen und hoiachtaa schreien. Sebiz feldb. 586;
daßr die verkürzte form hoichta 568; hoichta, ju, ju, den
gatter zu, dasz auszUieg kein kuh. Garg. S4'.
HOIE, f. Schlägel, ramme, für heie sp. St2: mit handscblä-
geln und nicht mit hoyen. Scim. 1, 1021 Fromm, (daselbst die
nebenfonn hoyer) ; hoja oder stöszel, fistuca. teulsch-lat. wörter-
büchlein (Sümberg 1703) 109.
HOIIIO, interj.:
hoibo ! hoiho ! da kommt der wind !
die segel auf! sie Qattern und schwelln! II. IIei!«k 15,237.
IIOIKE, f. mantelartiger Überwurf; zufrühest der französischen
Iracht eigen, und hier gegen die mitle des 14. jahrh. als Iheil der
weiblichen, später auch der männlichen kleidung crsclwineud, unter
dem namen heuque, huque, hucque, müteUat. huca, später fiber
die Niederlande nach Deutschland eingeführt, wo das klcidungs-
slücii sich unter verschiedenen formen lanye hält : lange hoicken,
die waren geknauft fornen nieder bis auf die füsz. fast. Limb.
18; pa//»um hoyke Dikf. 407"; toga heucke, heuck, hoyke 586';
niederländ. huycke toga, pallium Kilian ; bei Maaler 227' der
hockelen, ein güttung eins leibmcks, saga, mit dem dim.
hocketle, sagalum; bair. hocke, f Schm. 1,1020 Fromm, im
17. jahrh. ist die niederl. huike ein einfacher mantelartiger Um-
hang über den köpf genommen (Weisz kostümkunde 2, 1026), und
wird von hier aus auch modetracht der niederdeutschen lande:
o hcuk und snei {ein liopfschmuck). du brave dracht, der proct-
möm' beste zierde!
wo stund et doch in Hamburg lo, als raau die noch recht licrde !
Laurehbkrg V. lAippt'ubeiy 150,49;
und haftet noch in den niederdeutsclicn Volkstrachten als liök,
huck, huike, heuke, heike. Fbomm. 5,520; auch im Sprichwort :
he dregt de heik up beide schulders. 6, 281 ; im Göttingischen
ist eine heikendreiersche eine die den mantel nach dem winde
dreht. Schambach 77*, wie niederl. huyck oft huyckskcn na den
wind hanghen, servire scenae, servire lempori. Kilian. in West-
falen ist hoike der mantel eines scluifers: der scliäfer selbst,
welcher seine haidschuucken weidet und trotz der somnier-
wäinne seinen weiszen mantel nicht abgelegt hat, den er selt-
samer weise mit demselben worte, wuniit ihn Schütten und
die Beduinen Afrikas nennen, haiken bezeichnet. L. ScuCcüing
die ritterbürlige (1846) 1,259.
HOJAH.NEN, HOJÄH.NEN, verb. gähnen, ein seU dem 15. jA.
nachzuweisendes lautmalendes wort: hiure hoianen Dief. 276' {aus
eitlem niederd. vocabular); oscüare huganen 402' (aus Trocuus);
mit nmdeutung : oscilatio das geimen u. hochgehncn. das.; noch
jetzt niederdeutsch weit verbreitet: higa;nen, hojiunen, höjänen
gähnend den mund weit öffnen Schambach 71* mU der neben-
form häjappen, höjappen; hujanen gähnen neben hoclijappen
Schütze 2, 147 ; ei«?/iio Fkomm. 3,284 und anderweit ; auch in der
sdtriftspraclie gebraucht: Hans hojanet. amantes amentes F2';
durch das öftere hujähneu und die schläfrigen augeu. Irr-
garten 114;
an des pallastes thor steht das hojanen wache,
ein widerliches weib, verdrieszlich wie ein drache ;
doch ht der eingang leicht: wer eingeführt will .^ein,
der gahut sie dreimal an, und sie läszt ihn herein.
Zacuariä 1, 206 ;
wer {wetclier scitnilter) hojahnt am schalt der sense.
Gkhstkkbehu i'ci'/n. sckr. 2, 221 ;
ulbst WiELA?iD bedient sich des wortes gern, obwol es sonst den
SQddeuitchen fremd ist: und wenn sie (theatei stücke) denn auch
bei der Cftern wiederhuhiung mitunter gähnen und hujahncn
machten dasz die kinnladcn hatten auseinander gehen mOgen.
19, 276 (243) ;
wiszt ihr was traurigers, im himmel oder hier . . .
als, unergetzt, bei langen frostigen scenen
mit »ang und ohne sang, einander anzugähnen?
auch hieltens die schönen des himmels nicht manchen abend
aus.
Tiel lieber, sprachen lio, bojabnen wir zu haus.
5, 266 IVLikl. Amor 5, 43);
um die göttin des bojabncns von sich abzuhalten, i^rselzuny
von Huraieiu sat. 2 (1749), 249.
HOHE, HOKE, m. kleinvcricäufer, s. Ijuckc, hncke sp. \MK
HOKEN, HdKEN, n-rb. kleinvnkauf tretben, vrnj. hucken
tp. Ki.y»/'., wo auch dir tätriiß-n ißieder der wortfamdie.
HOKJSI'OKCS, m. n. gaukelei.
1) das vurl Ultzl sich bis im 17. jahrh. zuriukverfolgen und
iCheiiU xuertt in England gebildet. 1634 erschien zu iMndon eine
$eknß: Hocuk Pocus junicir. thc anatomic of legerdemain ;
tfäter üu deutsche übertettt unter dem türl: Huru« l'ocui junior.
oder iMcbea-Bpicl-kuDit. aus üugiiscbcr sprach in die deul-
sehe übersetzt (o. o. 1667 in 12"). hiernach ist Hocus Pocus
als eigenname eines fertigen taschenspiclers genommen, und der
beiname junior weist darauf hin, dasz derselbe schon länger im
Umlauf gewesen sei. die nächsten veiwendungen des wortes im
deutschen wahren auch den character als eigennamcn durchaus:
es ist ein kunst, unterschiedliche spiel üben, wie der Juan
Pütage, oder Ockes Bockes der Amsterdamer zu machen
pHegte. ScHUPPius 708; kurzweilige und zuvor in trück nie
gesehene approbirte kahrtenkünste, zusammen gebracht vou
einem in viel künsten erfahrnen und also genannten meister
Hocus Pocus. titel eines büchleins (Künstburg 1667) ; und erst in
zweiter linie erscheint das wort als nomen appellativum, im sinne
von gaukelei, blenduerk: das hogges und pogges einer ver-
schraubteu oder zweii'elliaftigen rede. Abele gerichtsh. 1,317;
denket ein solcher sauberer schultheisz wohl, sie können
sich schon wieder erholen, und etwa auch eiu haitzlcn, oder
hockes bockes für sich machen, baurenst. lastcrpr. 18; dünn
auch als inlerjection, Schnelligkeit zu bezeicknen:
das musz nicht okes boks, wie aus der laschen gebn.
Rachel 8, 144.
«n einer komischen beschwörun gs formet :
hocus pocus schwarz und weisz,
fahre stracks auf mein geheisz
schuri muri aus den knabeu. Schcluiuffslii, 1, 5.
2) die bisherigen erkldrungsversuche des wortes haben theils auf
einen mö(jliclten zusammenliang mit ochse und bock als opfer-
thiercn hingewiesen, theils auch eine Verstümmelung der abend-
muhlsformel hoc est corpus meum darin gesucht, allein wenn
auch zur stütze dieser letzteren ansieht beigebracht werden könne,
dasz schon Fischart im bienkorbe die transstd)stantiation eine
brotvcrgaukelung nennt (h7") und über die fünf worte der abcnd-
mahlsformel (hoc enim est corpus meum) spottet: die fünf wort
haben ein kraft wie dj wort pfuat, dasz der teufel sprach,
da er monch machte. 82' ; Petrus von Alliaco . . pleibt fest
darbei, dasz die fünf wort das spil verrichten, und das brot
transsubstantiiren. 85', und dasz es hiernach nahe zu liegen
sclieint, wie protestantische spottlust heilige worte misbrauchte und
sie als formel für laschen spielcrkünste verwendete, so stefU dem
doch das erste auftauchen des wortes als eigenname entgegen,
der oben angeführte Hocus pocus junior mag auf eine wirkliche
persönlichkeit dieses (angenommenen) namens hinweisen, wie ja
die neigung der gaukler für hochtönende nutnen ohne sinn bekannt
ist; man erinnere sich, wie Hebel (2, 17) einen medizinschwindler
sich Schnauzius Rapunzius von Travalgar nenne» läszt. in dem
dcutsciten Hocus pocus junioi' s. 50 wird die höhctne, bei gauke-
Icien benutzte figur eines mätinchens neben bonus genius oder
nuntius invisibitis auch Hiccius doctius genannt; ebenso ein
klingender name ohne allen sinn.
3) die neuere spräche verwendet hokus pokus oder liokus-
pokus, zusammengerückt in einem worte geschrieben, Substantiv
als masculinicm: (ein politisches drama) Julius Cüsar, das der
t. durch seinen hokus pukus zum trauerspiel gemacht hat.
Mendelssohn bei Lessi.ng 13, 129; sie werden heute ihren
hokuspukus am ireisluhl machen. Ihmermann Münchh. 4,33;
häufiger als neutrum : o Bergmann ist ein ganz anderer zau-
lierer! . . Bergmann macht sein hocus pocus, und alle ge-
danken, alle einfalle, die wirklich da waren, sind weg!
Lessing 6,8; so läszt sich frcilidi darüber noch so ein diplo-
matisches hokus pokus maclien. Göthe an Schiller 841 ; wie
würde ich mich nur irgend mit recht einen physikus nennen
können, wenn ich niclit durcii die wunderbaren mittel, durch
die man das unmögliche möglich macht, so bequem wie ein
anderes hoku.s pokus. in iiänden hätte, werke 11,292; wenn
uns der Staat gegen eine billige regelmäszige abgäbe das
lehns-hokus-pokus erlassen, und uns mit nnsern gülern nacli
belieben zu schallen erlauben wollte. 20,146; wurden mit
niystilicatiunen und anderm hokus pokus theils aufgehalten,
theils bei scitc gebracht. 213; desto strenger hielt er auf
einige hauptpunkle, welche bisher durch ein geringeres hocus
pocus waren verschleiert gewesen. 22, 77 ; das ganze kunsl-
slück ist, dasz zu ultigen bedingungcn {bd einem exiiertmente)
noch ein paar hinzugefügt werden, wodurch das hokuspokus
sich noch mehr verwi(kell. r.o, 189;
wu« hvM ? «T will sich uutcrstehD,
und hier .sein ImkiLspokiis treiben? 12, 116;
■I« muKt al» nnt ein hokuspokus machen,
damit der saft dir wühl gedoitien kann. 129.
alt interjeäion: der graf. sie schien mir doch niedergeschlagen?
Florutn. bra ! das glaub ich. sobald m herein traten, bokus-
1733
HOL A — HOLD
HOLD
1734
pokus ward ein andres gesicht daraus, man hofte sie noch
zu rühren. Gotteb leannelte 3, 3.
HO LA, inierj. zum aufmerken auffordernd: hola herbei, zu
unserm prei. Garg. 192' ; hola , meine herrn , höret auf.
Amadis 35;
holal ruft er uns tu. WECKHE»Li«t 294;
hola, junger, geh und frage,
wo der beste trunk mag sein. Opitz 2, 207 ;
hola, junger, hole jene,
jene die du kennest wol. FLBxr!«G 426.
in der Verbindung: hola hola, ferg, hol. de ßde concub. bei
Zarnke univ. des miUelalters scheint die interjeäion deutlich an
Jas verbum holen angelehnt, s. hülla.
HOLBRET, HOLBllOT, m. name, theils ßr das Wasserhuhn,
theils für den kibüz, vergl. theil 1, 1439 {unter belche) und theil
5, 659 no. 6; holbrot fatcorde Ronde.m; 315; hoihret tringa
vanellus Nem}»icb ; schneehüner, holbrot und sonst ein ge-
schwader merchen und lerchen. Garg. 237* ; auch in der form
hoibruder (Nem.mch) :
der hoibruder und goldbenlein,
der mervogel und andre mehr, fianszköitig Aiij*.
holbrot als siliimpfname ßr menschen:
hierein komm kein heuchler, windhalsz und nollbruder,
kein bruder Rollus von Bruchfartzius,
kein lollhar, werdsack, holbrot, teulelsfuter. Garg. 279'.
HOLD, adj. benerolus; gralus. goth. hul|)S ; alts. ags. fries.
hold ; niederl. houd ; altnord. hoUr, dän. schwed. huld ; ahd.
mild, holt ; neben der gewöhnlichen nhd. form hold geht, wesent-
lich bei mitteldeutschen Schriftstellern des 16. 17. jahrh., und in
yrddicaliver Stellung, nicht unlidußg die form buld her, die ganz
dem subsl. huld yratia, dementia angeschlossen scheint, wie sich
wiederum umijekehrt ßr diese substanlivform auch hold findet,
s. unten: gott hat mich also gesetzt, das ich meiner mutter
liedli singen mus, mir und dir ist niemand huld, das ist
unser beider schuld. Luther 6,315*; die zahl vieler groszen
mäuner, die mir huld sein. Opitz poeterei vorrede l' ;
dasz Pallas nicht allein
sich •rühme nechst der schlacbt den büchern huld zu sein.
ijeäiclile 1, SS;
[dat weib) ehrt ihn (ihren mann), ie mehr er herrscht, und
hält gewisz darfür,
ie schärfer er sie hält, ie hulder sei er ihr. Flkhikg 72;
verleihe nur geduld,
du mein gerechter gott, und sei mir wieder huld.
Meumark tuslwätdchen 194.
comparativ hulder:
het warhait ich geschwi^en,
mir wären hulder vil. Lula:«d volksl. 918 (HirriEn);
selbst bei neueren: einer schrieb so satiris«;li über die weiber,
der in solchem alter . . sich nichts schOners, besseres, hul-
deres hätte denken sollen, als ein weib ? J. Paul grönl. proz.
1, III.
Für hold wird die sinnliche bedeutung geneigt, abwärts sich
neigend angenommen und es zu den auf sp. liiff. behandelten
Worten balde abhängende stelle, halden sich neigen, hälden etwas
neigen, ijestellt werden müssen, die alte spräche braucht darum
zunächst und zu häufigst das wort in bezug auf die Zuneigung
des herrn zu seinem untergebenen, in zweiter linie auf die neigung
dieses zu jenem, und die modernere freiere bedeutung, die uns
die alte sehr zurückgedrängt hat, ist dort nur wenig entwickelt.
hold bedeutet
1) zugeneigt, von treuer und freundlicher gesinnung; und zwar
a) bezüglich des herrn zum diener, gnädig, gewogen: goth.
gu[), hul[)S sijais ((jricch. l?.äad'r,ri fwt, vuly. propitius esto)
Ulis fravaurhtamifta. Luc. 18,13;
alts. thö sprak irou eft is herro angegin,
märi mahtig Krist, was imu an is möde hold.
Iletiiind 3100 ;
ngs. ac him (ist) bis drjhten td |)äs hold. Seefahrer 41 ;
mhd. so wil ich boten senden nach minen mägen
ich enbiute in holden willen. Gudiun 34.
nhd. nur noch selten, meist von der gesinnung goltes, des obersten
herrn, gegen die menschen, seine unterthanen : je höher du bist,
je mehr dich demütige, so wird dir der herr hold sein. Sir.
3,20;
ihr seid der väter haar, ihr häuft noch ihre schuld:
ihr teufclisches volk, solt euch denn gott sein huld?
KLBliriu 13;
vertilge meine schuld,
verbirge dich vor ihr, und sei mir wieder huld. 21 ;
ach bleib mir hold und gutes muths,
bis mich die ströme deines bluts
ganz rein gewaschen bahfn. I*. Oi«haiid 17, 4.
b) bezüglich des unterthanen zum herrn, treu ergeben (rergl.
hierzu das verbum huldigen):
alts. ne bist thu, quädun sia, thes kesures friund,
thinon hSrron hold, ef thu ina hinan lätii
sidön gisundan. Hetiand 5:361 ;
ags. ähte ic holdra }>y las
deörre dugude, \ie ]>ä deäd^ fornam {worle des liönigs).
Beövulf 487 ;
mhd. nu schowe. künic here, Volker ist dir holt:
er dient willeclichen din silber und din golt. üib. 1943, 1 :
nhd. si mochten ome mogelichen (»ach tennögen) sin gar holde
{die Schweizer, dem lierzog von ßun/iind, iioniscU).
LiLtE:<ciio:< mllisl. 2, 87, 36.
gewöhnlich in festen formein : diesem könig . . treu, hold und
gehorsamb sein. Schcppics 3S5; die clienten dagegen waren
verbunden dem schuzherm mit redlichem herzen hold und
gewärtig zu sein. Niebuhr 1, 361 ; der senat forderte, dasz sie
die majestät des römischen volks anerkennen und ihr hold
und gewärtig zu sein geloben sollten. 3,236;
für sie ist ihm sein volk getrew,
hold ist es ihm für sie. Wkckherli^t 426 ;
auch in freierem sinne:
sei stets der Wahrheit hold. Hagedorn 2, 73.
2) frühe heiszt hold auch freundlich, geneigt, liebend, ohne
bezug auf ein herren- oder dienerverhältnis : mnd. holt carus
DiEF. 104";
ags. is his eafora nu
heard her cumen, söhte holdne vine. Beövulf 376;
mild, holt wird ich in nimmer, die e; da hänt getan.
Aiü. 1052, 3 ;
und zwar ist das adjectiv gewendet auf personen wie auf ihr
denken und thun :
mhd. daj truoc min holder friede], dö ich in jungist sach.
iSib. 2309, 3 ;
dir enbiutet holden dienest der liebe herre min.
ISSO, 2 ;
auch nhd. :
umt mancher grobian nicht kegel, und fällt nicht gleich ein
holdes ja (ron der umworbenen achönenj.
GiJrtiBER 429;
dein vergnügen
blüht jetzo durch ein holdes ja.
so musz die keusche liebe siegen. 150;
es geht die sonne mir der schönsten gunst
auf einmal unter; seinen holden blick
entziehet mir der fürst. Göthk 9, 194.
in prädicaticer Stellung : ich bin hold, die liebe hat mich ge-
fangen, cepit nie amor. Maaler 230';
ach! da warst du so hold und schütztest ein trauriges leben,
das die verwegene flucht endlich dem knaben entrisz.
GÖTHB 1, 316.
häufig ist die formet einem oder etwas hold sein: einem hold
und günstig sein, bene reite aticui ex animo. Maaler 23o'; der
seinem vatterland hold ist, amans patriae, das.; (dasz) beide
golt und menschen im (Mose) hold waren. Sir. 45, 1 ; man
musz ihm hold sein! das ist wahr, er ist immer so freund-
lich, frei und offen. Göthe S, 193 ;
ich fröu mich doch der maere, daj ir mir sit so holt.
NU/. 156, 3 ;
und kumt her, mein liebe kint,
als lieb und holt ir ainander sint,
und pietet an ainander di beut, fasln, sp. 57S, t ;
kein welscher ist den teütschen hold.
Gemgi!<i8acb 21, 334;
wie du, war sie bequemen tagen,
der freundschaft und der freudc hold. Gotter 1,122;
und dieses ufer ward dir hold und freundlich,
das jedem fremden sonst voll grausens war.
GöTHB 9, 7 ;
eine dim des Schlosses ist mir hold.
SCBILLEE Teil 2, 2 ;
ihr habt heut viel tapferkeit bewiesen,
und hold war euch das glück. Shakesp. Lear 5, 3;
you have shown to-day your valiant strain,
and fortune led you well.
früher auch einen hold haben {vgl. unler haben sp. 64):
ich baisz ilans Narrolt
und hab des wirts raait holt, fastn. sp. 653, 12;
ich glaub sie hab mich herzlich holdt.
H. Sachs 3,2, 113';
der könig, sprach sie, hat dich hold,
für könig, keiser, fürsten und gold.
Ambras, tiederb. no, 225, 134;
die königin aus Frankreiche,
die hett die Teuischen sonder hold, das., v. 202 ;
109*
1735
HOLD
HOLD — HOLDE
1736
das macht, dasz wir euch haben hold,
ihr thut uns unser herz erfreuen.
J. Atrer 210' (1048, 28 KeUer).
man macht sich hold, lieb, beUebl:
nol Leratben, gut gerathen, niaclii den rath geehrt und hold.
LoGAU 2, 5, 10;
Aristea, du bist schön; allen leuten macht dich hold
zier am leibe, zucht im sinn, und im beute! eignes gold.
241, 191 ;
etwas thut liold, erweckt freundliche empfind ung :
Teuer glänze't raebr als gold,
doch verbrennt es sehr :
ob die Wollust uns thut hold,
doch verletzt sie mehr. 3, 1S3, CO.
3) die heute vorwiegende bedeulung von liold, freundlKli, lieb-
lich, anmutig in erscheinung oder empfindung, läszt sich u-ol vor
dem 17. jahrh. nicht nachweisen, obwol sie schon früher am com-
positum holdselig (s. d.) ausgebildet ist :
sie (die verstorbene) war an Schönheit reich,
an vielen gaben hold. Fleming 133;
mein (der wiilrn rose) herz ist holdes gold.
Harsdöhfer Nolhan u. Jotham (1659) 1, Hb 2';
diesz ahndt vielleicht dem holden kinde. Günther 1S4;
du holde braut! wirst hier gemeinet. 218;
täuschen mich die holden blicke (der schönen). 240 ;
(ich) wähle mir die holden strahlen,
womit die vollen rosen prahlen. 329;
der hlumen buntes beer,
der holden färben schmuck und prangen. Brockes 2,118;
seil dem vorigen jahrh. ungemein häufig: Ventis ist dem bild-
bauer nichts als die liebe ; er musz ihr also alle die sitt-
same verschämte Schönheit, alle die holden reize geben, die
uns an geliebten gegenständen entzücken. Lessixg 6,433; eine
Irohe herzliche betrachtung holder und erhabener naturscenen.
(iöTHE 23, 176 ; ihr holder busen bewegt sich auf eine gewalt-
same weise. 25, 279 ; gärten, terrassen . . überall freien aus-
gang nach der holden umgegend erlaubend. 48,42; {ich) hoffe
gut zu schlafen zu holdem erwachen, an Auguste Stolberg 130.
ironisch: ebensowenig wie ein mann seines weibes los wird,
wenn er einmal das glück gehabt hat, sich die holde be-
scherung aufzuladen. H.Heine 3,82;
der schönen nach der weit,
die unser lob erhält,
und, voller dankbarkcit,
uns holde mäulchen leiht. IIagedobh 2,83;
dir, mutter holder triebe,
0 freundschafl, dir zur ehre. 3, 80 ; '
dem vater holder kleinigkeiten (dein dichter Hagedorn).
Uz (1768) 2, 312 ;
sie bückte sich noch einmal hin, und sah . .
den holden scbläfer an. Wieland 10, 156;
die holde schöne, denkt einmal,
that aber arge thaten. IIoltt 2U Halm;
nimmer wich der seraph Unschuld, nimmer
von der holden schläl'urin zurück. 60;
ihr holder name wird aus jener felsenkluft . .
noch oft ertönen. 49;
holde, unschuldsvolle schäm. Gökingk 1, 121 ;
in einer laubc holden nacht. Gotter 1,228;
daheim, im holden Lacedämon. Kürcer 153';
holder friede,
süsze eintracht! Schiller glocke v. 322;
ich weisz nicht, was mir hier gefällt,
in dieser engen, kleinen weit
mit holdem zauberband mich halt? Götbi 1, 113;
von holder lebenskraft erfüllt, das. ;
auf, in der holden stunde
ttoszt an. 130;
ach, wer bringt nur eine stunde
jener holden zeit zuriick ! 63;
und der göttliche schlaf eilet gefällig voraus,
dieser holde geselle des reisenden. 314 ;
wie aus dem keim der bekanntschaft
nach und nach in uns holde gewohnheit entsprusi. 329;
wider meinen willen
zwingt mich dein holder niund. 9,47;
doch daxz das leben, das dich treibt,
immer bei holden kräften bleibt,
hab ich deinem Innern wesen
nahrung und bul.tam auserlesen, li, lüo,
wenn ich nun im holden baine
unter ineini>ii IrrMindrn wandle. 47,260;
reiche ti' Und des golden;
do< l> d' u holdes
•liihl' Vo.» .',. 2'.»;
uns' armen ineuschenkindern
ein holder ammenlaut. 210;
würzt unsern trank
mit holder red und chorgcsang. 257.
t;i prädicaltver Stellung :
war ich doch so hold wie jener
freund der licbesköniginn. Ucrgbr 5';
denkt euch ein roädchcn, das jczl hold,
jezt finster sich gestaltet. Götter 1, 89.
ndrerbial: sie hatte mein concept der poetischen cpistel vor
sich hin gezogen und las es halb laut, gar hold und an-
inuthig. GöTHE 24, 271 ;
küsstc mich so hold, so süsz. 1,22;
aber was leuchtet mir dort vom felsen glänzend herüber,
und erhellet den duft schäumender ströme so hold? 314;
nun vereinzelt schwellen sogleich unzählige keime,
hold in den muiterschoos schwellender fruchte gehüllt.
328;
der Suada mit hold einladenden lippen. Ramlea 1, 6.
4) Substantive Verwendung des adjeclivs in der zuletzt ange-
gebenen bedeulung:
komm herab, du schöne holde,
und verlasz dein stolzes schlosz !
.Schiller parai.it 4, 4 ;
0 was in tausend liebespracht
die holde, die ich meine, lacht! Bürger 37'
(die holde die ich meine überschrieben).
vgl. unten holdchen.
HOLD, f bei den schlesischen dichtem des 17. Jahrhunderts
für huld, s. d.:
0 werthcs edles pfand, o bürgin ihrer hold,
an dir ist umb und umh geringers nichts als gold (ein arm-
band ist gemeint). Opitz 2, 241;
ein könig bin ich so, mein haus ein königreich,
da weder hold noch gram mich roth macht oder bleich.
Logal' 1, 97;
dein (eines geistlichen) warnen, das so gut
setzt manchen aus gcfahr in gottes hold und gut. I,'i32, 6Ü;
dasz nun der fürst disz gold
schätzt werther als es wertb, rühm ich als höchste hold.
LouENSTKiN Agrippiiia 22, 38 ;
seht der prinzessin hold
wird ungefärbt bei den gefangnen stelin.
Hallmann TheudoricU s. 24 ;
bei LoCAü auch im reime auf schuld :
gottes gut ist immer new, immer alt ist unsre schuld,
neue rew verleih uns, herr, und beweis uns alte hold.
2, 35, 27,
«•0 auch der plural holde = gunstbezeigungen gebraucht wird:
der morgen, treuer freund, entdecket unsre schulden,
dadurch wir deine sind, für so viel reiche holden,
die uns dein abend gab.
1, 60, 42 (an einen freund, über gestrige bewirthung).
HOLDANLÄCHELND, pari.:
einen sessel ergrilT die holdanlächelnde Kyprit.
Ifias 3, 424.
HOLDAUFBLÜHEISD, part.:
als mutter der holdaufljlühenden kinder.
Ptrker Tunis. 8, 226.
HOLDCHEN, n. dim. von hold tn substantiver Verwendung
(x. oben):
fand mein holdchen
nicht daheim ;
musz das goldchen
drauszen sein. Götuk 1, 89.
vgl. frühlingsholdchen theil 4*, 304.
HOLDE, m. 1) nach hold 1, b der zu einem herrn im unter-
thanenvcrhältnisse stehende, diener, dieuslmann, Hintersasse, ahd.
holdü, mhd. iioldc (Lexed üb. l, 1325): colonus inajer o. Iiulden
DiEF. 133'; hat uns der pharrer darfur geben ein wisen, dy
der srnid sein hold iiin gehabt hat. urk. v. 1343 bei Haltaus
048; al.s ander mein holden und liindersUsse. Sciim. 1,1090
Fromm, (von 1464); ain ylleirher lanlman, der hiildeu ndcr
bindersessen auf dem laut hat. das. (von 1423). auch der sich
goll gelobt hat, wird holde, gutes holde ^enann^;
da); got geschuof AdAmen
unz uf Aurnhänien,
der shi irrste holdo
was. ALtRKCHT v. IltLiBRSTADT, lloupix tettichrifl
6,2S»,17 (nach 1 Mos. l.,7/f.);
baushold, an der Sahach, der bei einem andern sur miete irohnt.
ScHM. (I. a. 0.
2) gute holden heiszen die wolthdtigen hausgeisler (vgl. dagegen
unhold): penatet gutholden, guede holden, de guten holden,
1731
nOLDE — HOLDERSAFT
HOLDERSPROSZ — HOLDIN
1738
gutenbelde, nd. gode hollen Dief. 422'; penates wicht, gude
holden nov. gloss. 2ib' ; niederrhein. giithoulde hausgeist (15. jh.).
HOLDE, /■. 6« GöTHE als Übersetzung von grazie :
die grazien sind leider ausgeblieben,
und wem die gaben dieser holden fehlen,
der kann zwar" viel besitzen, vieles geben,
doch läszt sich nie an seinem busen nihn. 9, 140.
vgl. holdin.
HOLDE, f. mkttcohnung, am Inn und an der Salzach. Schm.
1, 1090 Fromm, vgl. das masc. holde 1 am ende.
HOLDE, f. für halde im bergmännischen sinne, vgl. sp. 221 .
no. 2:
(etliche bergkna/ypen) Stelen stüef, en und handstein . . .
verkaufents, nemeut was es gilt,
sprechent, ich hab es in der holden
aulgelesen, kratzt und zamen tolben (zufsammen geklauhl).
Thlr:<kiszer archidoxa (1575) 52.
HOLDEN, rerb. zu etilen geben (rgl. oben das adj. hold 1, b
sp. 1734): bei meinem eid, den ich gott imd unserm gnedig-
sten heim geholdet und geschworen habe. Reüter v. Speib
kriegsordn. 54.
HOLDER, m. sambucus, die gekürzte form von bolunder
(s. d.) : sambucus holder, hulder Dief. 509' ; sambucus bai^t ain
holjer oder ain holder in anderr däutsch. Megesberg 34«, 5;
wir Teutschen heiszens einen holder oder hohler, auch wol
bolunder, weil er inwendig mit einem schwammechten mark
auszgefüllet, gar leicht bohl gemacht werden kann. anm.
veiszh. lustg. 7ls; der bolder ist fein und grün wann er
blüet, und schmeckt (riecht) wol, wann er aber zeitig würt,
so stinkt er und bringt schwarze frucbt, und schwerzl man
mit. Keiseksberg brösaml. 90' ;
den edlen roszmarin, ginst, holder, nägelein. Rist Parn. 65.
bei Brockes fem. :
es hat ein ander grün ein maulbeer- und ein pdaum-,
ein birn-, ein nusz-, ein aplel-baum,
der Stachelbeerenbusch, die ho4der. 2, 121.
vergl. auch holler.
HOLDERBALM, m. sambucus : es möchten alle länder der
weit ihre arzneibäume rühmen, wie sie wollen ; so reichte
doch keiner hierinnen seinem (Deutschlands) an allen zäunen
und graben wachsenden holder-baume das wasser. Lohenstein
2,334".
HOLDERBEERE, f beere des holunderbaumes : wunderbsB-e
Wirkung der holderbeer. anm. veiszh. lustg. 721.
HOLDERBLUST, m. holunderblüthe. Müralt beschr. der pest
(Zürich 1721) s. 54.
HOLDERBLCTHE, f dasselbe, eselkönig 347; weisz, kraus,
wie holderblüth. Fr. MCller 1, 118.
HOLDERBROSZLEIN, n. zarter blülhensprosz des holunders
(vergl. brosz theil 2,399): so nemineu ein halb loht gedörrt
holderprüszlin. Paracelscs opp. l, t}S4 C.
HOLDERBLSCH, m. hdunderbusch :
ringet ringet reihe,
.•iind der kinder dreic,
sitzen auf dem holderbusch,
schreien alle husch husch husch, kinderlied.
HOLDERDKLSCHEL, m. kosende benennung einer geliebten
person. rgl. Schm. 1, 6S1 Fromm, und drüsserlein theil 2,1463:
mein liebe Grett, heb an und sing
das new liedla, ich künds auch gern,
vom holder drüscbel und morgen stem.
H. Sach.s 3 (1588) 3, 5*.
HOLD-ERGÖTZLICH, adj.: Edens holdergetzliche Huren.
Ff. .Mlller 1,92.
HOLDERKAüZ, m.: in einem flecken, Tornauw genannt,
ein meil vom läger, kompt ein hakenschütz mit seiner gesel-
schaft desz morgens ein holderkauzen zu stoszen, bekuckt und
besieht nach allem vortheil die haltslett. Kirchhof wendunm.
102' (1, 125 Oesterley). der sinn der redensart ist klar der: beute,
raub zu erlangen ; der eigentlichen bedeutung nach kann sie nicht
erklärt werden.
HOLDERLAUS, f aphis sambuci, eine blattlausart.
HOLDEKMUS, n. mus von holunderbeeren. kuchenmeisterei bj.
HOLltERM, adj. von holder: holderin jamfruceMs .Maaler 230 .
HüLDEKN, rerb. s. hohlem.
HOLDERROSE, /. riburnum opulus, schneeballen, wasser-
holunder, hirschholder. Nemnich 4, 1562.
HOLDEHSAFT, m. saß von holunderbeeren: h9tten die opfern-
den menschen nicht nur ihre antlilze, sondern gar die hilder
ihrer götter mit holdersafte gefärbt. Lo he.s st e« x /irm. 2,335'.
HOLDERSPROSZ, m. sprosz eines holunderbaums. holder-
sprossen nennt man auch die sommerjlecke. Ritdicer neuester
Zuwachs 2, S2.
HOLDERST.\B, m. stab vom hoiunderbaume : ein holderstab
mit gold auszgefüllet. anm. weiszh. lustg. 718.
HOLDERSTAUDE, /". holunderstrauch. ebenda 719; dasz ein
offner wäg sol gähn gegen der bolderstuden für Ana Wider-
mens husz. weistli. 1, 136 (Zürich von 1484).
HOLDERSTOCK, m. l) hiAunderstamm, mhd. holderstoc Lexer
trfc. 1,1326: band das pferd an einen starken holderstock.
Simpl. 1,294 Kurz; als redensart: so (mit solchen reden) könnte
man einen holderstock wirbelsinnig machen, geschweige eine
junge frau. J. Gotthelf schuldenb. s. 10.
2) schmeichelnamen für den geliebten oder die geliebte, die
anwendung des ausdrucks in diesem sinne beruht auf dem Wort-
spiele, dasz man den ersten theil des composilums auf hold düectus
bezieht, und den bäum als Sinnbild der liebe nimmt; ein teppich
in der mittelalterliehen Sammlung zu Basel aus dem 15. jahrh.
zeigt eine Jungfrau, die einem jüngltng gegenüberstehend auf einen
blühenden holunderbaum einen zweig mit 3 paaren verschlungener
bände impft, mit umschriß : ich inpfe hie in holder trüwe.
Wackernacei. kl. sehr. 1, 229. holderslock ßr liebster, liebste
darf irol wenigstens gegen ende des 15. jahrh. als volksmdszig an-
gesehen werden: was er redt und thut, das rieht er allein auf
gute schwenk und schimpfrede, damit er seinem holderstock
mit solchen scherzreden gefalle. Keisersberg narrensch. 43' ;
was sie anfangen und denken, so denken sie an iren holder-
stock und herzliebes Grelle. 9S'; doch bildet ich mir ein, er
möchte irgends . . zu einem holderstock gehen wollen (weil
er sich so geputzt hatte). Simpl. 4, 37 Kurz;
das hausz das sei doch allernechst,
da er mit seinem holderstock
oft spalten manchen dicken block,
lieb und leid williglich getbeilt,
manch liefe hauszwundea geheilt.
JoH. Val. .\ndreae das gut Irbrn t. 616.
es ist noch jetzt schwäbisch: so? man hat auch schon seinen
holderstock? das hält ich ihr nicht zugetraut! wer ist denn
der liebste? E. Murike rier erzählungen (1856) *. 51 ;
ey grüesz di mein heartzagar holdarstock.
alles Schwab, lied bei Fromm. 2,87.
früher auch in weiterem sinne: dann wj sie (die weit) liebt,
ist gottes grewel und leindschaft, wen sy aber als untüchtig
auszwirft, der ist gottes holderstock. S. Fbank ckron. 1531 98' ;
das seind die lieben kind, der weit holderstock, sprickw. 2,20*.
HOLDERSTÖCKLEIN, n. holunderzweig : ire (der Jungfrauen)
sfräuszlin je lenger je lieber, holderstöcklin, kränz. Garg. 122'.
HOLDER"STR.\UCH, m. : wann nun der holderstrauch sein
blüet auszspreitet. anm. wdszh. lustg. 718 ;
lieblich unterm blätterkranze
fleht, versteckt im holderstrauch,
mit der thräne perlenglaoze
der viole blaues aug. J. F. Kind gedickte.
HOLDERZWERGLEIN, n. stehaufchen in form einer kleinen
figur von holundermark: liesz ihn also hinab fallen, und ful
er hernach, beide auf die füsz wie die katzen und wie die
bleiene holderzwerglin. Gary. 253*.
HOLDGESCH.MÜCKT, part.: o holdgeschmückter knabe.
Fr. .Miller 2, 346.
HOLDGÖTTLN, f grazie (vgl. huldgötlin):
zeit (seil) dasz ich von euch bin, ihr liebsten Amstelinnen,
ihr Jungfern bei der .Mas, ihr andern holdgöttinnen.
Zesem aäriat. liosemund (1664) $. 9.
HOLDIG, adj. ßr einfaches hold no. 3 sp. 1735 :
mit dem süszen, holdgen mund. Tikck Sternb. 1,325.
HOLDIGKEIT, f:
denkst, empündest ihre holdigkcit. ebenda 1, 324.
HOLDIN, f. eine tibersetzung Zesens von grazie:
es tanzen um si (die lustinne , Venus) rüm di fräundüchen
holdinnen,
di ihre zobfen sein, di hold-süu-räuberiunen.
adrüil, liosemund t. 303,
mä der anmerkung auf ».326: di holdinnen] also nännen wihr
di drei grazien, ciiarites oder Charitinnen, das wort trird, wie-
wol selten, auch nach ihm gebraucht, in dem freieren sinne von
grazie, auf eine höchst anmutige, geliebte person bezogen :
holdinne (Christine von Schweden ist gemeint) lasz mich mahlen
nur deinen schatten ab, mein pinsel ist zu klein.
KiST l'arn. 227;
0 lerne meine holdioa sein ! Hacedosn 3, 94 ;
1739 nOLDLÄCHELND — HOLDSELIG
HOLDSELIG — HOLDSELIGKEIT 1740
gern bei Borger :
bei der süszen holdinn wohnet
«iennoch immerdar sein sinn. 45* ;
o lioldinn, kannst es glauben,
ivas dir mund und herz verspricht! ebenda;
schön, wie du, o hoidinn, blüht der garten,
den des dichters phantasie dir schalTt. 79';
werfe sich der ganzen weit gebieter
huldigend zu meinen ri'iszrn hin :
stolz verschmäh ich ihn und alle guter,
wenn ich nur des liebsten holdinn bin. 9"*.
HOLDLÄCHELND, part.:
dieser offene himmel
im holdiachelnden augesicht. Voss 3, 79.
HOLDNER, m. mietbetcohner. bnirisch. Schm. 1, 1090 Fromm,
vgl. das fem. holde mietuvhnung oben sp. 1737.
HOLDSAM, adj. amabilis, jucnndus, charus: ein holdsanier
mensch, hovio dulcis, graliosus, acceptabilis, feile carens Stie-
ler S52.
HOLDSAMLICH, adt'. amice, amabilüer, amanter: einen hold-
samlich begegnen, dare signa amoris, benecolentia aliquem pro-
sequi. ebenda.
HOLDSCHAFT, f (nach hold 2 sp. 1734), Zuneigung, freund-
liclikeit, freundscbaft, liebe, mlid. holtscliaft Lexer wb. 1,1328:
amatio holdschaft Dief. 2!»'; von holdschaft beleidiget oder
bekilnimert werden, uri amore D.\syp. ; lioldschaft oder fcind-
schaft zu machen. Paracei.sus opp. l, llcC; dasz s. mayt.
keiner (frau) . . holdtschaft trcgt. Amadis 21 ; dasz nimmer-
uielir sie einigem holdscliaft trüge. (U ; ward Baiais auch mit
liebe und holdtschaft gegen ihr entzündet. 295; all Sipp-
schaften, verwandschaften, vetlerschaften, . . gevatterschaften,
holdschaften. Garg. 65*; Pomana ein gütlin der fruchten, deren
ein ritler mit naimnen Verlumuus holtschaft trug. Wickram
pHq. V 3, bl. 76 ; wenn er dich widenmib, wie vor umb deine
holdtschaft bitten wirt, so sags im on weiter abschlagen zu.
Kirchhof wendunm. 299*; auch lieb- und holdschaft oft da-
durch zuwegen gebracht werde, anm. teeiszh. lustg. 275 ; ein
sonderlich merkzeichen der liebe und holdschaft. 63C;
umbTangs und halt sie denn ein weil,
das sie dir nicht entlliehen kan,
und zeig ir deine holdtschaft an.
grobian. (1568) C3' (6. 1, cap. 5);
alsbald ir holtschaft von ir heisch. C3^;
der nie kein lieb auf sie thet wenden,
trug ihr auch kein holtschaft und gunst.
i. Atrer 175' (871, 8 Keller).
holdschaft konnte durch zaubermiUcl erregt werden: holdschaft
trank oder speisze philtrum, latine amalorium Dasyp. ; darauf
musz uul das folgende bezogen werden:
ettlich tuond och zobri machen
mit wunderlichen saclicn . . .
si wend aim holdschaft ze es.scn geben
und brechend im ab sin jung leben.
leufeU netz 10452.
um Tuttlingen bedeutet holdschaft die sinnliche neigung, liebes-
rerh'iltnis sinnlicher ort. Kuhns zeitschr. 15, 264.
Holdselig, adj., verstilrktes hold, eine erst späte, mhd. noch
uuiit nachweisbare bildung, im Id.jahrh. auch in der assimilierten
furm hdlselig erscheinend (belege s. unten); es ist theils auf die
freundlifhkeü der gesinnung bezogen {s. hold 2 sp. 1734), theils,
und zwar früher als das einfache hold, auf die anmut der er-
tcheinung.
1) freundlich gesinnt, geneigt, gewogen : synen mitburgcrn ist
er lieh, den fremden holilzelig, niemand hessig, schwer noch
leidxam. N. v. Wti.e vorrede ',' ; so du grosze ding tust und
wenig redest, damit machcstu dich bollsciig allen menschen.
Keisersberc Sünden d. munds 75"; ins(mderhait gegen denen
••dien frawen imd jungkfrawen ist er ganz holsellig gewesen.
Zimm. chron. 2, 181, 7 ; ist »chenk Albrecht ein gar frftlicher,
hoUeiliger hcrr gewest. 3,140,2; ihe mehr er sie besähe, ihe
basz sie ime gefiele, und schöner sein bedauchte, auch das
»je ie hollselliger siih gegen ime erzaigte. 4, »09, 13; Saul
und Jonathan, lieplich und holdsälig in irem liilien, sind auch
am tod nil gesr beiden. Zitriclier bibel l.'.3ü i Sam. 1,23 [ebenso
Luther); ein boldseliger niensrh gibt gute wort und willige
gab. Lehhakm .'>; ein könig balle einen cüinnierliiig, welcher
far ein frommer lioldfeliger bescbeidrner mennch war. pers.
nuenlh. 1,27; seine rahischlitge sol er ihm {dem fürsten) mit
einer butdM-ligen, und doch demüttigeu freimütligkeit erteilen.
Vurscukt tttlm. «OO;
diewji ich sy holdsälig anredt, fastn. sp. 878, 29;
sy ist lioldsellig wie ein faust auf einem aug.
meisterg. MS. germ. Uerol. f. 23, iio. 11.
2) holdselig, freundlich in der erscheinung, wird bei Luther
zunächst in passivem sinne genommen, dem man hohl und freund-
lich ist: wir künnens nicht besser nennen, denn holdselig,
dem jederman hold und günstig ist. Luther 4, 179', von wo
der Übergang in die angegebene bedentung nahe liegt: du lielte
Maria, oder, du holdselige magd, niedliche jimgfrau, du zartes
weih und dergleichen (soll Luc. 1,28 übersetzt werden). 5,143";
wunderten sich der holdseligen wort (ini roTs ?.öyoie rr,;
'/(igiTos), die aus seinem munde giengen. Luc. 4, 22 ; du bist
der schönest unter den menschen kindcrn, holdselig sind
deine lippen. ps. 45,3; sie ist lieblich wie eine binde, und
holdselig wie ein rehe. spr. Sal. 5,19; boldseliger mensch,
lepidus homo Dasyp.; wie man sagt, hat der graf nacbmaln
bekennt, das ime kain schöner oder holseliger weibsbildt sein
tag nit zu sehen worden. Zimmer, chron. 1,31,36; sihe wol
reich ist die holdselig leutsch spraach wider die geltsüchtigen
geizwürm. Frs^k .tpricliw. 2, 112*; hui. flascbentrager, wie hast
so ein holdseligen rucken ? (er trägt die ßaschen auf dem
rücken). Garg. 87' (der trunkenen lilanei) ; deruw egen, holdselige
Solnnde, verzeihet mir. polit. stoekf 47; auf der holdseligen
insfl im herzen des paradieses. Kit. Müller 1,10; so hold-
selig (würden) ihre vvangen lächeln. Wieland 2, 36 ; wer hätte
gedacht, rief er, dasz so holdselige mädchen so misztrauisch
sein könnten! 10,42; sie hatte eine andere kleine fee oder
nymfe . . bei sich, das allerdrolligste holdseligste kleine ding,
das einer mit äugen sehen mag. 11,312; und hoffte, sein
holdseliges milchmädchen hier vielleicht wieder zu linden.
12,183; die graziöse wendung, mit der die holdselige zur
thür hinausschwebt. Tieck 3,18; eine boldselig erquickende
gestalt (warGöthe) ähnlich den ewigen göttern. H.Heine 6,99;
in dem holdtseligcn gesprech. 11. S.4Chs 5,75';
0 Basel, du holtselig statt,
die den Rein in der mitte hatt.
FiscuART glückh. schiff 491 ;
du tlieurer Messias,
könnt ich dich auch, holdselig in jener menschlichen Schönheit,
wie der serapli hier, sehn! Klopsiock 3, 34 (.Wess. 1,4%);
(.Maria) hoch, wie ihr lied, holdselig, wie Jesus, und geliebet
von dem söhne. s. 196 (4, 650) ;
geht einen söhn dem Daphnis,
des vaters holdseliges bild. Ramler 2, 11;
dazu sprach ihr holdseliger mund :
nimm hin li'ir die nuihe! der apfel ist dein.
UuRGSR 33*;
mich verbannt aus einer besessenen Jungfrau
von holdseliger bildung ein abessinischer bischof.
Voss 2, 258 (idyll. 15, 68).
ironisch: so bald sie die geringste Unrichtigkeit findet (bei
Zählung des Silberzeuges): so hält sie inne mit singen, und
zählt . . ist die sache richtig, so geht ihr holdseliges singen
wieder fort. Gellert 3, 157.
HOLDSELIGKEIT, f. 1) hoUseliges wesen: holdsäligkeit,
amabililas, affabililas, comitas, decor, festivitas, lepor, urbanita.t.
Maai.er 23ü' ; holdsäligkeit, lieblichkcit und giiadreiche ze
reden, vcniistas. ebenda; das sy weder gesalz, gericht, noch
einig holdtseligkeit gebrauchen. Franii weltb.'.n'; von schlafen,
spatzieren, jniigfrawendinst, reverenz, und anderer holtselig-
keit. grob. (I.MiS) BS" (Überschrift zu b. 1, cap. 5); wi nun aus
seinem munde alle holdseligkeit angehört wird, also kan auch
nichts anders als milde freundligkcit aus seiner feder flüszen.
Rutschky kauzl. 325; sie (Virgilia) ist ein ver.^bttmt sanflcs
weih, und in ihrer zarten holdseligkeit bildet sie den reinsicn
gegensalz zu ihrer scliwiegcr, der römischen wöllln Voliiiiiiiia.
H. Hkine 3,200;
du bist der nicnschpiikindcr schftnster,
von deinen lippen lleuszt holdseligkeit. Rahi.br 2.43;
sie dankt ihm mit holdseligkeit. Hückkrt 209.
im plur. duszerungen des freundlichen, holdseligen wesens : iiiiil
nun folgte eine herzensorleichtenmg, die mit allen biddselig-
keilen ehelii'her Vertraulichkeit gewürzt war. Enc.fi. Lorenz
Stark rnp. 15.
2 ) hiililsrlige fterson :
goll gscjjn dlrh, mfln holtsellgkrit.
mein bliitii iin<l mein hUourvr goriich !
J. Atrkr 33V (10»S, 12 Kelln);
den groliis, das ist den boldseligkeilen und anmutgoilin.
EllCHART ehi. 35.
1741
HOLDSELIGLICH — HOLEN
HOLEN
1742
HOLDSELIGLICH, adv. : holdsäligklich, affabilüer, amabüüer,
blande, fucete . . . Maaler 230'; sie lebten mit yederman . .
holtseligklich. Aimon bog. D ; er kust und uinbfing sie holdt-
säligklich. bog. Jij.
HOLEN, verh. offene, adducere, advocare.
ahd. alts. lialiin, liolun, altfnes. halia, mlid. haln, holn,
niederl. haalen ; engl, hule, ddn. hale, schwed. isl. hala ist nur
in der unten folgenden bedeulung 10 gebräuchlich, die urrer-
tcandtschaß des wertes mit yriech. vcaXsiv, lat. calare ist laugst
erkannt, Uir gemäsz bezeichnet es in der altern spräche noch ößcrs
rufen, herzurufen: shd. var inti halü thinan gomman {vade,
voca lirum tuum). Talian S", 5;
alts. et imu thao thes wirüig ne si,
tliat he thi gehörie, halö thi thär ötfrau tö
KÖdorö cumonö, eodi Iah imu is grimmun werk.
" * lleliand 32-29 ;
eine bedeutung, die bis auf heute durchklingt, Kenn das icort mit
belebten^ objecte sieht, siehe hernach 1.
holen heiszt allgemein zu sich kommen machen, an sich nehmen
oder ziehen, im gegensatze von bringen, das zvar manchmal an
holen rührt, dessen grundbedeutung aber nur bewegen und über-
liefern von einem orte zum andein schlechthin bezeichnet, wäh-
rend bei holen der eujene irille des subjects und eine vorgängige
beicegung an den ort wo das object sich befindet, verstanden wird.
holen steht
1) mU persönlichem object, jemanden kommen machen, zu sich
liehen oder führen:
mhd. er hiej sine bruodere varn, haln ir vater joch Ire barn.
genesU in den fundgruben 2, 70, 33 ;
er begunde mofeo raste über die fluot.
nu hol mich hie, verge, sprach der dcgen guol.
AJ6. 1490,2;
nhd. sendet einen unter euch hin, der ewrn bruder hole.
1 Mos. 42, 16 ; da holeten sie Sinison aus dem gefengnis. rieht.
10,25; wer wil hin ab in die tiefe faren? das ist nicht an-
ders, denn Christum von den todlen holen. Rom. 10, 7 ; ecce !
conveni, kommst du nicht, so hol ich dich. Pistobius thes.
far. 5,43; in der Verbindung holen lassen: da sandte er hin
und lies in {David) holen. 1 Sam. 16, 12 ; David sandte boten
hin und lies sie (Bathseba) holen. 2 Sam. 11,4; sand er hin
und lies holen seine freunde. Esth. 5, 10. — Man sagt sich
eine frau holen, heimführen, wie schon ahd. : thie thär thie
furläjanün halöt (gut dimissam duxerit). Tatian 29,2; die braut
heim holen.
2) im fluche : der teufel, der henker, die pest hole dich I :
der teufel soll dich lecken, der hol dich, der nem dich, der
zerrcisz dir das üdle, der hol dich in der senfte, so zer-
stoszst kein knie. Garg. 94'; skal my de tüfel balen, ik
schiele diki Simpl. 1,24 Kurz;
wer mich lobt in praesentia,
und schilt mich in absenlia,
den hole die pestilentia. Pistobics thes. par. 7, 22.
auch auszerhalb des flucbes: wer sich in herrn-diensten zu lod
arbeilet, den liohiel der teufel. 2, 31. in mildernden Umschrei-
bungen: ja, jal sagte Springinsfcidj hole mich dieser und
jener, wann du ein fShdein bekomst. Simpl. 1, 302 Kurz ; hohl
mich dieser und jener! ich nehme keinen advokaten an.
Lessisc 1,2SC; ich gesteh ihnen kein wort ein, wenn es
weiter käme ; nein, hohl mkh gott I nicht auf der folter I
WiELArtD 11,221.
3) reflcxices sich holen , wie jetzt sich erholen , ist mhd.
(Leier wb. 1, 1227), aber auch noch nhd. : das verpflanzte kraut
slirlwt manohmal nfi den äuszerlicben blallern, dasz nur das
herz-kölbleiu grün bleibet, doch holt sii hs endlich, und
wachset mit lusl daher. Scriveb seelcnsch. 1,406.
4) holen, mit sächlichem object, in manigfachen fiigungen, in
der bedeutung gehen und etwas herbeibringen : er aber lief zu
den rindern, und holet ein zart gut kalb. 1 Mos. 18,7; da
sie heimlich wasser holeten. Judith 7, 7 ; wer auf dem dach
isl, der steige nicht ernider etwas aus seinem hause zu holen,
und wer auf dem felde ist, der kere nicht umb, seine kleider
zu holen. .Vo/Z/i. 24, 17. IS ; da sie das kestlin im schilf sähe,
sand sie irc nurgd hin, und lies es holen. 2 Mos. 2,5; lies
von dannen holen die lade des bunds des herrn Zebaotli.
iSam. 4. 4; solchs (erklärende worte) hab ich mirssen so weit
holen, den teil Luce gewis zu machen. Lutber. 3, 49-1' ; {da)
wir uns in unser keiserlich gcmül gesetzt und fürgenounnen
haben . . unser keiserlich krön, wie sich gebürt, zu holen
und zu erlangen, reichslagsabsch. 1521 ; {ein postbote) der innner
bei der generalität ordre holen könne. Schlppils 107; um mir
raths zu holen beschlosz ich eine reise nach Wien zu machen.
Unterhaltungen atn häusl. herd (lSö4) 2,644;
hol wein, schenk ein,
wir wollen frölich sein. Garg. 86" ;
und murmelte : mein Kätchen,
hol eine kanne hier. Uöltt 9 Halm.
auch kommen und davon führen: {dächer) welche, dasz der
wind sie nicht buhle, mit steinen belastet sind. Stolberg
6, 306 ; fluchend (s. oben 2) : der henker hol es überhaupt,
dasz sie {die ellern) . . gerade dann verdoppelte foderungen
machen, wenn die kinder unmäszige befriedigt haben. J. Pacl
n. 1,107;
und wenn mein stündlein kommen nun,
der henker soll es holen ! Schiller rdubcr 4, 5.
5) athem, luft holen : ich mus reden, das ich ödem hole.
Hiob 32,20; und ist uns bange das wir kaum ödem holen.
Jes. 26, 18 ; dasz alle in der gröszten demuth vor so einem
erleuchteten kenner und erlauchten beschützer standen, und
kaum athem zu holen sich getrauten. Götue 18, 239 ; das sie
allerlei götzen der beiden für götter hallen, welcher äugen
nicht sehen, noch ire nasen luft holen, weish. 15,15;
kein athem schier mehr holen kundt.
mückenkr. 1, 130;
früher auch Seufzer holen:
dö holte der arme Heinrich
tiefen süfl von herzen
mit bitterlichen smerzen. a. Heinrich 376;
als dise anliquitet ward auszgelesen, holet Gurgelstrotza et
liehe tiefe seufzen darüber . . . darauf sagt bruder Onkapaunt:
ihr holls mächtig tief. Garg. 2S6* ; als der käiser hiervon
redete holte er einen tiefen seufzer. Scbcppics SS.
6) eine krankheil, den tod, wunden u. s.w. holen : schlechter
kriegspöfel, der nur den häufen mehret, und schlege holet.
Luther 4, 294' ; zu holen ist hier nichts als beulen. Göthe
S, 123; die wunden zu heilen, die sich ihr muth holen könnte.
ebenda; die unglückliche en>deckung von Lessings geheimer
spinozistischer Sinnesart durch Friedrich Jacobi, worüber
Mendelssohn in buchstäblichem sinne sich den tod holte.
60, 292 ; {wie er sich) vielleicht den tod hole vom trunke auf
den Zorn. J. Paul Tit. 1, 100 ; seine rothen äugen, die er ge-
wisz . . von keinen gröszern stacheln holte, als von insekten-
stacheln. biogr. belust. 1,182;
dasz wir, bis man sich niüd un uns gesebn,
in einem «eichen aulzug stehn
und uns den schnupteu hohlen sollen?
WiELASD 10, ISl (170) ;
das war also eine lehre, sagte Ilse, die ich mir geholt, in
Zukunft wollen wir vorsichtiger sein. Freitag luindschr. 1,313.
7) Worte, aussprüche «. s. w. holen, herbeibringen : ist alles
zuvor geredl, er holet es aber noch einmal wider, auf das
er etwas hinzu setze, und weiter beschreibe. Luther 4, 4l';
darauf gehet nu, das hie Sacharja die vorige predigt wider-
umb holet, wie Serubabel sol di\g gebew volfüren, und thut
hinzu das stück, wer ist der diese geringe tage verachtet?
263' {vgl. widerholcn) ; wie aber ein wort so das andre holte :
so kamen wir endlich auf die jetzt allgemein herrschende
Verfeinerung der begriffe. Mose« patr. phant. 3,244.
8) das object ist unterdrückt: sprach, hole mir ein wenig
wasser ... da sie aber bin gieng zu holen, rief er ir. 1 kvn.
17,11; schenk ein, wirtskuecht. gib, reich, hol, lang. Gari/. S3*;
der krieg bringt nichts, er holt. Hebel schatzkästl. 53;
steht if^endwo verpicht im keller
ein elirenwein, ein herzensschwelUr,
hiniib, und hol! Voss 4,240;
zum holen sind zwar oft die guten freunde da,
docli einen der was bringt, den hab ich noch zu sehen.
GoTHE 7, 49.
mit dem llteilungsgenitio ist holen verbunden : wer wil mir zu
trinken holen des wasscrs aus dem brun zu Bethlehem unter
dem Ihor? 2 Sam. 23, 15.
9) die allgemeinere bedeutung erlangen, erwerben, gewinnen,
die schon in no. 6 o6fn ansireifte, und die sonst atuh schärfer
hervortritt, wie in dem landläufigen : dabei ist nichts zu holen ;
weil ich aus ihrem eigenen nmnde wcisz, dasz sie meine ge-
ringe pcrson lieber haben, als mein groszes vermögen, bei
welcher ich sie denn lasse, so wenig auch an ihr zu holen
ist. J. VKOiflegelj. 1,6; wiewol es das höchste werk isl, gottes
wort predigen, und kein gröszer gottesdienst mag geschehen,
denn die seelen holen, und selig machen. Luther 3,267';
1743
HOLEN — HOLLA
HOLLAND — HÖLLE
1744
aber künftig wird man seine kinder selbst säugen, . . oder
mit dem zwanzigsten Jahre aufhüren müssen, kinder zu holen,
MO die weit den menscbcnkiadern nicht zu enge werden soll.
Moser patr. phant. 4,65;
die ianzknechte befunden to pralcii
he kao uns nicht einen munth betalen,
dar is kein gelt vor banden,
syne breve wyllen dar nicht vele balen,
wy wyllen blyven to lande.
iiiLDKBRAMD volksl. 117, 10 (iiiederdeutsch v. 1 j25) ;
hat ihre rechte ausbildung in der kaufmännischen spräche er-
fahren: 3350 harrel (ueizen) bullen 43 bis 41 fr. Weserzeituni)
1S53 no. 3054 ; buchweizen ab ostküste Schleswigs holte 56 Ihlr.
bancü. Hamburger bOrsenhulle 1S59.
10) holen, niedad. balen, haalen, in der schi/ffahrt, der länge
nach ziehen, wobei die bolsletUe alle zugleich dem lau oder seil
einen druck geben. Jacobsso.n 2, 19ö'; (ein schiff) ist hier auf
der rhede leck geworden und in den balen geholl. Weser-
zeüung 1859 no. 4S84. auch neutral, und hier wol nur vom inne-
halten eines courses : man fahre längs der nurdseite von Gozo . .
bis das leuer von st. EImo in sieht kommt, welches man
zuerst s. s. o. ^/4 o. peilen wird, alsdann hole man nach und
nach südwärts. Weserzeitung l!>53 no. 3057.
11) holen, bei den zuckersiedein, den zum erslairen in die
formen gebraclUen zucker das enlemal umriüiren.
HÜLKTER, /". vergl. halfler (sp. 227) und hulfter.
HOLHIPPELN, vergl. hohlhippeln.
HOLk , m. eine art laslschi/f mit ßacliem baden. Jacobsson
2,275*; ahd. holcho, rnfid. holche (mhd. üb. 1,703'); auch in
der form hülk neben hullick und holk:
sie betten eia bülk mit wein genommen.
.imbia:>. llcdcrb. no. 215,56;
sie glen^ herbrausen durch die wilde see,
den hollick wolle sie verslören. SO;
der Schiffer sprach zu dem siürman,
treib utnb das rüder zum sturbort an,
80 bleibt der bolk bei den winden. 83.
HOLRE? Luzernerklee : damals {im le. jahrh.) nannte man
in Deutschland die lucerne wälsche holken. Kkünitz 39, 595
anmerk.
HOLkRICHT, adj. ucu holpricht : was für elende holke-
richle aaderthalb zeileu, für die malende barmonie der grie-
chischen. Lessihc 5, 83.
HOLLA, interj. neben hola sp. 1733.
1) aufmutUernd oder zum aufmerken auffordernd: holla pro-
betur, das man sing! Garg. 48*; holla schenk ein, wirlsknccht.
83'; holla hieher zu trinken. 101"; holla frisch auf! 242*;
holla bub, zur trenk, schenk, senk, dasz ich mein gehenk zu
guter nacht schwenk. 248"; holla, holla, frischen wein her!
248'; holla, bindet die frawen ledig und losz. H. J. v. Braün-
scnwKiG 103 ; holla bauer, das vieh heraus. Lehmann 57 ;
boiia ! kommt berein, der koch laszt sagen,
dasz es zeit die speisen aufzutragen.
A. GKtFHius 1098 i, 043.
huila ruß man namentlich um gehört zu werden, wenn niemand
tu sehen ist: Schweizer. Roller, (hinler der scenc). holla ho!
holla ho! Scriixer rduber 2,3;
bolin! holla! ich hör euch kommen,
bub eure stimmen schon vernommen ! Fh. Möller 2, 141 ;
holla, holla! thu auf mein kind ! Uühgkr 14*.
2) zum hemmen und einhalten: da rufet keibkamp: holla
ir Stallbrüder, holla, büpschlich ihr jungherrn, hüpschlich,
was wolt ihr mit mir anfangen, ihr secht doch, ich bin nur
ein armer leufel. Garg. 228' ; holla, holla, Ihut gemach. II. J.
V. bRAiLtscHWEic 133; haltet einen (lies haltet ein ein) weinig mit
der Susanne, hoila, stehet stille. 135; hulla, gnädiger herr, hei
ihm Fedrillu ein, mit erlaubnis, woher konnten sie das wissen?
\ViELA.'«D 11,191; bollu, frau Zigeunerin,., ihr sagt mehr als
wir wissen wollen. 234; auch beim einlutUen und verbessern in
etgener rede: ich habe für diesem bei einem sclmeider, holla!
kieidermacher, aber nicht aus-gelernet. ped. schulf 83; ferrur
bi-im stutzen und mtslrauiKh werden: halt! (sagte der visUatin')
was habt ihr in euern tacken? der baucrsmann sagte halb
leiite und mit vertagter stiiiune: baber, und schaute mit einem
ängstlichen blick nach den plerden. der visilator meinte, er
blicke nach den itückeu, und dachte: hulla! Ueukl 3 (18&3)
Mite 9.
3} an die bedeutung 1 lehnt die redensarl un; damit holla,
damä fertig, genug: dannl a\i* und holla. Swgfr. v. I.indenb.
i, 41«; unter liebwcrtistrn elurn liekzcleii die zwei rviseiideo
handwerksbürscheln brav auszfeuchteln und damit holla! o
das wäre uns zum erstaunen gesund. Schwabk Unten f. a7'.
HOLLAND. «. der landsname, mhd. nd. Hollant aus altem
Hollland, mdtellat. H(jllandria, Hollandra neben Ilolsacia und
Hulutria (Uief. 279'), in sprichwörtlichen Wendungen: Holland
dolland. Frank last. d. IrunkenJi. 9 ; nun ist Holland in noth.
SixRocK sprichw. s. 258.
HOLLÄNDER, m. l) einuvhner Hollands : gieng hiemit durch
wie ein Holländer. Simpl. l, 144 Kurz. vgl. holländisch.
2) östlich von der Elbe der müchwirlschafler auf einem gute,
meist Pächter.
3) beim papiernüUler eine maschine, wodurch der halbe zeug
oder die zermalmten hadern oder lumpen völlig klein gerieben
werden. Jacobsson 2, 275*.
4) eine besondeie art windmüJUen mit drehbarem köpfe.
5) eine apfelsorte.
6) der fliegende Holländer, bei den Seefahrern ein gespenster-
schiff, das von einem holländischen kapitän geführt wird: den
fliegenden Holländer, den ewigen Juden des oceans. H. Heine
4, 132.
HOLLÄNDEREI, f ein wirtschaßsgut, bei dem die haujilsache
in Viehzucht und im wiesenwachse bestellt. Jacobsso.n 6,94*; der
mensch überhaupt sieht den mond für eine monatuhr, die
fixslcrne für sein Immobiliarvermögen an, und die Wandel-
sterne für seine beweglichen guter, . . . das pflanzenreich für
sein musztheil und das thierreich für seine Hulländerci.
J. Paul paling. 2, 12.
HOLLÄNDERHOLZ, n. groszes holz für den Schiffbau : unter
dem kiefernhülze giebt es sogenanntes Holländerholz zu sech-
zig, siebenzig, achtzig füszigen stammen, . . auch finden sich
darunter besonders solche, die wegen ihres festen, etwas
wimmerichten, aber vollkommenen Schaftes eben die recht
guten und groszen maslen geben. Heppe jagdlust (1784) 3,397.
HOLLÄNDERIN, /". Batava. Frisch 1,464'; das weih des flie-
genden Holländers, die frau fliegende Holländerin. H. Heine
4, 136.
HOLLÄNDERMAGD, f magd in einer Holländerei, vieh- und
milchwirlschaß.
HOLLÄNDISCH, adj. und adv. Batavus, Hollandicus, Hollan-
dice. Frisch 1,464*; (Hiram) zog ausz die städle zu besehen,
und sie gefielen ihm nicht, und sagte, was sind das für
Städte, mein bruder, die du mir gegeben hast? das isl fast
etwas unhöflich geredet und gehandelt von Hiram. es ist ein
recht holländisch complement, welches ein nachgeschmack
von einem pfeffersack von Tyro hat. Schuppius 91;
Jonas nach Thar.sis flüchtii;
hielt alles schon fiir richtig
hollandisch durclizugehn,
könnt aber nicht entweichen.
L. v. ScuMÜKFis miiant. Ilollcm (.i<J'-i ■• •>*•
HOLLANDSGÄNGER, HOLLANDGÄNGER, m. JViVdrr.wf/».'«
der nach Holland geht, um sich dort für landuiirtschaßliche oder
technische arbeiten zu verdingen: will ich alles, was wider die
Hollandsgäiiger aus diesem (dem osnabriwkischen) stifte ange-
fübret worden, zugestehen. .Moser patr. phant. 1,97. in freierem
sinne: während er selber nur der nmsikalische Hollandgängcr
und Grönlandfahrer bei fürslen war. J.Paul komet 1,6s;
naclirauscbt er (der tannenbaum) bohl ein lehewohl
dem Ilheiu, dem Hollandsgäuger.
Fhkilicratb ges. diclil. 3, 2ol.
HOLLANDS-, HOLLANDGEHEN, u. : wenn diesem schäd-
lichen Hollandgehen abhclfliche maasz gesetzet würde. Moser
patr. pluint. 1,95; erwerb durch Hullundsgehcn. StLve wes. u.
verf 73.
IKiLLRANk, f Ofenbank (s. unten hölle) : er aber erwiedertc
diese herzigen liebkosungen gar kalt und frostig, setzte seinen
korb ab und warf sich iniszmuthig auf die hüllbank. Musiis
volksm. 220.
HOLLHRENNEND, />ur(. .' sampt des gerechten gottes im
himmel unerlräglichen hollbrennendcn zorn. Scduppius 09*.
HdLLDACH, M. dach der höUt:
ilan wird der leichte bau (des schiffe») gen berg auf bald gc-
willirl.
bald ruili er in die klufl, stoül «chier duü liolldach ein.
KulPLBR 71.
HOLLE, f fuhrt Nuhnich als name für dir kuppe der hiihner
und enten auf: aber auch als name des stirrs.
IIOLI.E, f in/rrnum. goth. halja. alls. hellia, iz/s. hell, liyll,
uUn. bei, gen. hcljar; engl, hell, nicdnl. bei, diin. iielvcuc,
1745
HÖLLE
HÖLLE
1746
schwed. helvete ; ahd. hilla, mhd. helle, eine form, die auch im
16. jahrh. noch fast durchaus erscheinl (doch Fischart schreibt
schon votwiegend Lulle), und erst im 17. :u gunsten der heu-
ligen sich verliert, welche sich zur früheren verhäü wie zwiilf :a
altem zwelf, ergützen zu ergetzcn, scböpfer zu scüepfer u. a.,
veral. gramm. l^, iJO. die declination des wmies war noch mlid.
die starke, später, und namentlich im 16. jahrh. wird sie vor-
wiegend die schwache (gen. der helleu), bis äe in die naclilier
aufgekommene gemiscJite verläuft ; zeugnis der mittelalterlichen
wortfonn sind die compositen, in denen das erste glied noch als
böll-, bölle- ersclieint, s. an alphabet. stelle, eigenlliümlich ist
ein mehrfach erscheinende^- gen. helle», s. unten 1. dem deut-
schen lieidenthum bezeichnete, wie aus dem altnordischen noch
ersichtlich, das wort die person und den wohnsitz der todesgöttin
[Hei), und zwar mit vorwiegen der schon abgeblaszten Ortlichen
bedeutung, genau wie griecJi. uSr^s, dem i'tfilas, wo er es im
neuen testamenle fand, sein iialja entgegensetzte (und halja
gadrausjaza , i'coa aSov y.araßißaad'r^ar,. Luc. 10, 15; in
haljai ushafjands aitgöna seina , ev tm qSr; inäoa» zois
ofd-aXucva avrov. 16,23). dieses vorwiegen der örtlichen be-
deutung liesz bei der christlichen mission «n/tT allen deutschen
stammen das wort ßr die kirchliche Verwendung geeignet er-
sclieinea. dasz in ihm dieselbe würzet steckt icie im rerbum
hehlen {sp. 7S6) und seinen teiwandten, wird ziemlich allgemein
angenommen.
hölle bezeichnet:
1) den ort der quäl ßr die nach dem tode verdammten {vgl.
unten höllenpein).
a) sie wird gcdaclit, im gegensidz zu dem holten himmel, in
der erde, im viiUelpunkte derselben liegend: wijj, als daj herz
ze iiiitelst in dein tier ist, ulsü ist diu hell ze niitelst in
dem erlreich, also sprechen! die hailigen lerer. Megesberc
107, 1 1 ;
der ineusch auf dem ertrich lebt und gat,
die hell wie mau sagt iu mit drin stat.
Tui'RXEijZEB quinta essentia (1570) 16;
<*/* bau mit thüren, pforten : so ist doch die helle mein haus.
Hiob 17, 13 ; nu mus ich zur helle pforten faren. Jes. 3», 10 ;
auf diesen felsen wil ich Lawen meine gemeine, und die
pforten der hellen sollen sie nicht ubenveldigen. 3/a///i. 16, IS ;
habe die Schlüssel der helle und des tods. offenb. 1, IS ; oder
als grübe {vergl. höllengruhe, höllenloch, auch höUenschlund),
als stinkender pfuhl:
was geht der Scbtved mich ao? ich hasz ihn wie
den pfuhl der hölle. Schiller Wollenst, lad 3, 15;
als abgrund : {das: herzog George) in ubgrund der hellen feret.
Luther 6, 12';
des nimbt er zu der hell ciu stürz.
Brant na rrensch. 3S, 36.
daher mit entsprechenden beisäizen: wird brennen bis in die
untersten hell. S.Vos. 32, 22; wer in die helle hinunter feret,
kompt nicht wider er auf. Hiob 7,9; tiefer denn die helle.
11, S; hast meine seele errettet aus der liefen helle, ps. S6, 13;
der hülle grund:
du pöser logeuscblunt,
du niuost in der helle gi-und. fastn. sp. 507, 12;
si iQuos hie an diser stund
mit uns in der helle grund. 508, 14;
der stein lit in helles grünt,
den nie kein glock überschal. Uhlasd ro/fcs/. }>;
die innerste hölle:
das hellisch beer erschrack so fast,
dasz siclis für lauter furcht bekleckt,
und in die innerst hell versteckt, mückcnkr. 1,34.
sie wird als oil des feuers gezeichnet, wo pech und schwefel
brennen (vgl. höllenschwefel) : als er nu in der helle und in
der qua! war, hub er seine äugen auf, . . rief und sprach, . .
ich leide i>€in in dieser flammen. Luc. 16,23; nun eröffnet ihr
{geistlicJic) die tiainmeu eurer böllen, eurer fegefeuer. Guthe
20, 266 [Cä}er die deulsch-natiunale vorslellung einer wasserhüUc
vergl. Haupts zeilschr. 9, 175 /f.); daher die heisze hölle. der
hölle glut, der hölle flammen :
da mite lüst er die kristeoheit
von der heijen helle, minnes. frfihl. 30, 17 ;
gott bhüt euch vor der helle glflie. Uula:«o eolkal. 13;
kummend gar vyl inn helles glöt.
KoLROsz tftiet V. fünferlei betrachtnnssen D ij *;
domit wir alle
vor helles flammen, sicher syn allsammen. Füj';
IV. II.
ihr heulenden geister der feurigen hölle.
IIoFFMANJiswALDAU yelv. schäfev 90;
der höllen hrand
lösch ich mit dieser Duth. Brocuüs 2, 264.
daran angelehnt, sprichwörtlich einem die hölle heisz machen,
terriculis äußere (Serz 71*): wie man jtzt spricht, sie machen
uns die hellen heis, und den teufel schwarz. Lltueb 3,22»';
wir wollen ihnen die hölle heisz machen. Göthe S, 56 ; ich
mache ihr die hölle heisz. ich setze ihr tag und nacht zu.
14, 285 ;
dabei will ich die hölle heisz ihm machen,
dasz meine tocbter morgen sich vermählt.
Arkim schuttb. 1, 110;
auch einem die hölle rulh malen:
er malte seinen bauern
die hölle ziemlich rotb. Höltt 12 Halm ;
die hölle ist schwarz, finster:
ags. Satan ic j)spr secan ville : he is on ]);ere svearian helle
bäf't mit hringa gespanne. yenefis 761 ;
mhd. in der belle ist michel unrät.
.swer da heimüete hat,
die sunne scheinet nie so lieht,
der mäne bilfet in niebt,
noch der lichte Sterne, minnes. frahl. 2S, 20 ;
nhd. wan die sonne in die höll scheinet (raro vel nunquam).
ScbüTTEL 1125';
du must kein weibesbild nächst zu den göttern stellen ;
dein Opfer macht aus ihr ein bild der schwarzen hellen.
HoFFMASjiswALDAt gelr. Schäfer 31 ;
das ist schwarz,
schwarz wie die hölle! Schiller Wallenst. lud 2,2;
voll der quälenden teufel:
auch was der teufel in der hellen
dort nieden thut mit seinen gesellen.
B. VValdis Esop. 4, 46, 111;
ich schlinge
den arm um dich, auf meinen armen trag ich
durch eine teufelvolle bölle dichl
Schiller Karlos 2, 8 ;
0, du ausgeburt der hölle! Göthe 1,239.
Es heiszt zur hölle fahren, ziehen, gehen : auf das nicht . .
ich gleich werde denen, die iu die belle faren. ps. 2S, 1 ; wolt
für («/.•>) ein edelmann in die helle faren. Wickra» ro//if.
144,6 Kurz; als Verwünschung: geh du zur hölle I Kotzebce
dram. sp. 2, 264 ; geh in den neunten kreis der hölle! Schiller
Fiesko 5, 13;
wolauf, lieben gesellen (sftrichl der teufet)
und lat uns farn zu der helle ! fusln. sp. 509, IS ;
einen zur hülle schicken, Um in seinen Sünden, plötzlick, tvdten :
einen vorher zur höllen schicken, aliquem prius in acheiontcm
praemittere. Steisbach 1,77S;
und mein seel ab gen belle Jagen.
11. Sachs 3, 1, 73'';
in der hölle bleiben, lassen : sie ligeu in der helle wie schale,
der lod naget äe, . . in der helle müssen sie bleiben, ps.
49,15; du wirst meine seele nicht in der helle lassen. 16,10;
die hülle bauen, wie schon mhd. die helle buwen Lexer «b.
1,1232: liebe ehebei-zen, die friedlich miteinander gelebet,
trennel gott oft durch den lod, und läszt andere bei ein-
ander, welche, wie man sagt, die hölle mit einander b<-iucn.
ScRivEB seelensch. 2, 276 ; ich . . bedauretc den manu, der bei
dem maiigel der leilizucht die hölle mit seinen kindern bauen
inüszle. Moser pair. phunt. 3,143; in die hülle gepfarrl sein:
der reiche mann hat sich bei lebenszeil in die hüll gepfaiTel.
da ward er begraben, steht in der lateinbibel. Otuo 633. —
Sprichwörtei- : er ist ausz der hell kommen (ron einem böten
menschen). Agricola spr. 309'; eigen will brennt in die höll.
ScHüTTEL 1114*; bei den gottlosen bat man gewisse post in
die hülle. 114l'; «{uinquennellen (schutzbriefe der Schuldner auf
ßnf jähre) kommen aus der hüllen. Vistuhws thcs. par. \,-,2;
wer vor der hülle wohnt, iiuisz den teufel zu gevatler bitten,
in die hölle kommt man mit grüszerer mühe denn in den
himmel. in die hülle ist es überall gleich weit, in der hülle
gilt kein stimmensaimneln. wenn eine hülle ist, so steht
Rom darauf, wo ein ort auf der hölle steht, tritt man dem
teufel leicht auf den köpf. Simrocs sprichu: j. 258; der teufel
ist lodU die hölle gesäet mit ruhen : nun darf es sich erst
sündigen lassen. Interim 22 ; man sagt sonst in gemein, wcy
nahe bei hofe sei, der sei nahe l»ei der hüllen. Scruppils 111;
so lang zu hof, so lang zu heil.
H. Sachs 3, 1, 152'.
110
1747
HÖLLE
HÖLLE — HÖLLENANGST
1748
bei fluch und rcnriinsrhung : himmpl und hölle!; Spiegelfech-
terei der hölle: es ist mein weil)! Schiller Fiesko 5,12;
höll! teufel! meine frau! Göthk 7,66;
die hölle dank es euch,
ich habe, was mich reut, gethan.
ScHiLLKR Karlos 4, 10.
h) auch unter dem bilde einen thieres, namentlich eiiiea drachen,
wird die hölle vorgestellt (veryl. o/fenb. 20) : d;iher hat die lielle
die seele weit aufgespenet, und den rächen aiifgetiian on
alle inasze. Jes. 5, 14 ; aus dem tiefen rächen der hellen. .Sir.
51, 7 ; ich rief zu dem herrn in meiner angst, und er ant-
wortet mir, ich schrey aus dem bauche der hellen, und du
hftretesl meine stim. Jonas 2,3; der hellen in rächen stoszen.
Ldther 6, 272* ;
Zusehens wird der bär noch siebenraahl so grosz,
sperrt einen rächen auf, so präszlich wie die hölle.
WiELAND 22, 1,=>3 (Oberun 4, 14) ;
ob weit die menge der feinde sich dehnt,
oh weit der rächen der hölle gähnt, ßiey. hlalt von 1813.
2) hölle, die betcohner oder lierscher der hölle:
wenn Christus seine kirche schützt,
so mag die hölle wüten. Gellert 2,226;
(der ritter) kämpfte sie der ganzen hölle ab.
Wieland 22, 156 (Uheton 4, 20);
wie eine losgelaszne hölle tobt
der Sturm, die erde bebt. Schiller juwifrnn 5, 1 ;
und kam die hölle selber in die schranken. 3, 9.
daher, mit bezug auf die eigenscliaflen der höllenbeicohner : unver-
söhnliche I ... groll der hölle wohnt in ihrem busen! Gotter
3, 124 ; mü hinbliek auf die list der teufel :
(fla) verliesz dich gottes schild,
ergriffen dich der hölle schlingen !
Schiller Jungfrau 4, 1.
3) hölle, nicht in ausgeprägt jüdisch-christlichem sinne, sondern
den heidnischen begriff der Unterwelt ausdrückend : der vortreff-
liche sing-meister Orpheus, von deme die reimen-dichter
dichten, dasz er, auf seine künstliche leier sich verlassend, zu
den understen geislern der hölle gestiegen, umb seine liebe
verstorbene ehegemahlin darausz zu erlösen. Sctiuppius 779;
ausz irem (Circes) ralh für er (Utiss) gen hellen.
H. Sachs 2,2, 09^
dem dichterischen (tlinle) gleich, wo einst der gott der höllen
der blonden Ceres kind, das blumen las, geraubt.
Wiklaisd 17, 133 (/(/eis 3, 1);
reisz mich ... in der hölle nächtliches thor.
töne, Schwager, ins hörn,
raszie den schallenden trab,
dasz der orcus vernehme: wir kommen. Göthe 2,69;
durch rauch und qualm seh ich den matten schein
des todtenflusses mir zur hölle leuchten. 9,52,
vgl. höllenbach. schon in der allen spräche: hello .s^yj* Graff
4, S6S; slyx die helle Dif.f. 554*; orcus die helle 399'; wo auch
die nlttialionale Vorstellung des todtenreichs gelegentlich hcrvor-
briciü : Jacob spricht nach 1 Mos. 42, 3S
geschihet im iuweht unter wegen so muo; ich den lip irgeben,
sd muoj ich ieiner cholen [mich grämen), unze ich »ö vare ze
der helle.
i/enesix in den funiiip-uUen 2, 64, 44.
4) hölle, nacli der bedeutung 1 übertragen auf einen qualmllen
ort oder zustand: soll eint die höll im leib anzünden, (iarg. 57';
eine hölle von Übeln in einem noch so gesiltelen zustande.
Ka<it 4, 3ü2; wie sidl ich dir danken, dasz du mich aus dieser
hölle befreit hast (durch wecken aus einem, träume). Göthk
IH, (Kt; wer einmal in dieser hölle brannte (in der gual ge-
tdutchter Mie). i. I'aui, 7'««. 3, 174 ;
und rollt die äugen voller wiith,
die eine hölle blicken. Höltv 35 llntm ;
eiferxuchl, der liebe hölle! Gottir 1, 127;
rte »ind für mich verloren — o, in diesem
Kefnhl liefet boll» - hnlle liegt im andern,
lie zu br-Kiizen. Schiller hiirlu» i,f>;
tergl. eine anzahl der folgenden composita, wo hölle das abseheu-
lithf, griinliche mu7Mh<dlenangst , höllenblick, iiidlendiirst,
böllengetrank, höllenconcerl, hölleiiliirm «. «.). — Von einem
ätr hölle rergleu-hbaren heiszen orte: aiirii wohne ich noch auf
der erhnitiieii hölle (iii der hfüle des einxiedlers auf dem Vesur).
4. Palm. Tu. 4, if.n. rgl. iir,llengipfel.
5) jo eruheinl dm wort auch rielfofh ah Ortsname für eine
enge, vilde gegenä : ge^'-n morgen auf Cadaii zu rinnet der
Holzbarh durrh dir Hell^, welcher bei Damitz In die Eger
feilet. Mathes. Sar. 117*; wenn man von der lelzlen .. senn-
hülte nach der quelle (des Hinlerrheins) geht, erblickt man
auf dem jenseitigen rechten ufer eine wilde felsmasse, an
deren fusz der junge Rhein einen kleinen steilen fall macht,
diese gegend heiszt die Hölle. Bädeker Schweiz (1869) s. 367 ;
im Cristallinenthal bei I'erdatsch gibt es einen Höllenschlund, im
Illwnegehiel einen HöIIengraben, im Schwarzwald ein Hi)llenlhal,
bei Oherstorf in den Algäuer al^wn einen Hellenlobel, Helll(diel,
und vieles ähnliche, rergl. nachweisungen aus liiedeideutsrhland
bei Sciiamrach 78*; m Oberwesel mündet in das Rheinlhal ein
enger grund, die enge Helle genannt, ein Strudel im Hhein bei
Rlieinfelden heiszt der Höllenhaken ;
noch musten sie sieb weiter schicken
zu einem Strudel undor bücken,
welcher der drill ist inn dem Hein,
und »chrecklich liuit vom nameii sein,
dann er genant ist im hollhacken,
weil nach den scbilTen er thut zwacken.
Fischart tjluckh. sctiiff 429.
6) hölle, der enge räum hinter dem ofen zwischen diesem und
der wand; zufrühest aus dem jähre 1488 nachgeteiesen bei Schm.
1, 1080 Fromm.; es ist vielleicIU nichts als eine volkswilzige xd}er-
tragung der bedeutung 1 auf einen engen und lieLszen räum :
der ander lag noch hinder dem ofen in der hell und mochl
vor faulkeil nit anfslon. VVickram rollw.:\^,'Ui Kurz ; gibt anl-
\v(ul mit heischer stimme, wie (ainzlin aus der hellen. Khode
weiher.<!piegel (l.'>86) Fij'. rgl. hierzu unter Knnz //». 5, .«;/). 2752;
in die hölle oder hinter den ofen liesz er einen Schinken
und knackwurst mahlen, polit. colica IM; der sammele bell/,
und das rolhe mänielchen und piret machen keinen doclor,
sondern die innere Wissenschaft und fundament der erlernten
medicin, wie öfters hat mancher vermeinter doctor promotns
hinter der helle stehen und zuhören müssen, was ein recht-
schaffener candidatns medicinae vorgebracht, unw. doct. 429,
hier ist hinler der helle stehen in derselben bildlichen weise
angewendet, wie sonst sich vor einem, vor "eines wissen ver-
stecken müssen, rolksmäszig ist dies hölle auch jetzt nmh weit
verbreitet, in Kärntlien der freie räum hinter dem ofen, wo ge-
wöhnlich die IwlzsiMne getrocknet und außewahrl werden. Lexer
143, vgl. Sr.iiM. a.a.O.; s. auch höllbank. eine form hil wird
wol dasselbe sein sollen, doch rührt dieselbe meikwürdig an an
das niederd. hille, bretterverschlag, oben sjt. 1331 :
ich lig dahainien in der hil
und sauge oft die klo. l'HLA!«n rnlkst. 722.
7) hölle, ein räum unter dem tische der .Schneider, in wrlrhen
der darauf sitzende die beine steckt; nach der volksmeinung sollen
hierein die Schneider von den ihnen anveitrauten Stoffen das mög-
liche verschwinden lassen:
kein Schneider kleidet
so viele nackte,
wenn er auch liöllcn
aus höllen packte. Göthe qcd. (Ilrntpet.': au.':<j.) 3,20."i.
s) hölle, ein räum im rorderscinjf , zur aupiewahrung von
allcrluind suchen. Jacorsson 6, 98' ;
IJIisse, geh zum scliiff ans nieer,
lieft (las schilt' an den anker siat,
all eurt! wehr und schill'^erntb
verbergt in die hellen hinein. 11. Sachs 3,2,2""'.
9) j'n den liiUlenwerken beim treibhnd der dem gebldse gcgen-
fiber befindliche räum, unter dem treibehut, wo der stärk.<te yrad
der hitze ist, wenn getrieben wird. Jacobssün 2,277*. auch die
nebenseite einer malzdarre neben dem hitzofen.
10) hölle, ein kartenspiel, bei dem mehrere grösz^re, und in
der mitte ein kleinerer kreis mit kteitle auf den liscJi gezogen
werden, welcher letztere auch die IWdIc /iei4:<. SchCtze 2,150.
Iltil.I.KNAB, adv.:
ilasz meine phanlasei, voll kraft,
M'rnichlei weiten, wellen schalfl,
und holleiiiih und liiininelan
sich senkvn iiiid i-rlii>hen kann. Dünger 12';
schon bei Opitz, aber hier als zwei warte gedruckt:
ein thell (ilrr menxrltfn) das nllegflt sich zum erie lu venlummen,
und höllen oh in gelin ; da lesen sin zunammen
das Rold. 1, 54,
bergleute sind gemeint, die in die erde steigen, in deren mUtrl-
puukl die holte liegt, vgl. Iiölle I, a.
HlH.LKNANtiST, f. angst vor der hölle: wenn und hellen
angsl und lodes g«tahr bedrengel. Mathes. Sar. 43*. angsl
wie tnan iie tu der hölle empfindet: sie hatten in höllennngst
genensen. Göthk 28, 220.
HÖLLKNANGST, aäj.: e« iM, et wird ihm höllenangM.
1749 HÖLLENBACH — HÖLLENBRAND
HÖLLENBACH, f».;
flieh, wenn du willst, zum schwai-zen höllenbach,
ich folge dir ins reich der schatten nach.
WiKLASD 17,29 (Idris 1,34).
HÜLLENBAHN, f.:
die breite höllenbahn. aus einem kirchenUede.
HÖLLENBANDE, n. plur.: der teiifel bat diejenigen mit
hüllenbanden bestrickt. Bütschsy Palm. 194.
HÖLLENBANG, adj.:
acht höllenbange monde sind es schon,
dasz von der hohen schule mich der könig
zurückberief, . . .
acht höllenbange monde. Roderich,
dasz dieses feur in meinem busen wüthet.
Schiller Karlus 1, 2.
HÖLLENBESEN, »?i. schelte ßr ein böses tceib; der zweite
theil des compositums steht vol in dei- bedeiäung zuddnde {vgl.
besem l, theil 1, 1614), der erste theil hebt das bösartige hervor:
zum Unglück schritt ich gar in die ehe mit einer . . Wie-
nerin, . . einem wahren höllenbesen. J. Paul TU. 2, 94 ; du
müsztest denn gar an einen höUbesen gerathen sein. Clau-
dius 3, 17.
HÖLLENBLICK, in.:
Verbannung, tod, entwürdigung umschlleszen
mich fest und ängsten mich emander zu.
und wie ich mich von einem schaudernd wende,
so grinst das andre mir, mit hölleublick. Götue 9, 372.
HÖLLENBRAND, HÖLLBRAND, m. einer der in der hölle
brennen tcird, das hüllenfeuer speist, groszer bösetcicld (vgl. unten
hüllenscheit), bereits mhd. hellebrant; so du von ttetlichen
Sünden ein hellebrant worden bist. d. myst. 1, 27S, 32; nhd.
das herzog George, sampl seinen belfern, . . in abgrund der
hellen feret, daselbs in ewiger glut, als ein hellebrand, zu
brennen. Luther 6,12'; also kans denn geschehen, das, wer
auf der oberkeit seilen erschlagen wird, ein rechter marterer
für gott sei, . . wideruinb, was auf der bawren seilen umb-
kompt, ein ewiger hellebrand ist. 3,125'; was fürchtet ihr
denn die hellenbrände, euere feinde, briefe 5, SOO ; Grickel
(Agricola) als ein unbusfertiger hellenbrand. Alberus iw» 6051-
lisken B2'; die gottlosen und ungetauften teufeis schlacken
und hellenbrende. Mathes. Sar. 114* {ausgäbe von VoM hell-
brende); obwol der leib . . eine Zeitlang in der erde ligen
bleibet und verfaulet, so wird er doch am jüngsten tag wieder
aufstehen und nach dem letzten urtheil mit der seele ein
ewiger höllenbrand sein müssen. Simpl. 2, 116 Kurz ; disz liebe
schöne kind, das ihr jetzt herzet und küsset, das ihr euer
engelchen und seelichen nennet, kann ein gottes und men-
schen feind und greuel, ein atheist, ein mörder, ehbrecher,
dieb, und kurz zu sagen ein höllenbrand werden. Scriver
seelensch. (l6S4) 124; unterdessen trösteten sich die unschul-
digen an dem untergange dieser höllenbrände. colica 33S; bei
dem begräbnisse dieses höllenbrandes. Felsenb. 1, 219 ; der ver-
zweifelte höllenbrand. 2,9; 0 ich racker allzumal, und ver-
flucht-bekannter alter höllenbrand I J. Paul uns. löge 1,121;
das erdreich überdrüssig ist,
zu tragen solche hellenorend. E. Albkrus kirchenlifd
u. JesusbüMein (1608) B6';
der alte Kunz war, bis ans grab,
ein rechter höllenbrand :
er pflügte seinem nachbar ab.
und stahl ihm vieles land. IIölty 1S7 llutm;
auf Hildebiand, spdlern papst Gregor VII, ist eine seit dem 16.
jaitrh. bezeugte reimspielende Verbindung bezogen, wie man auch
seit dieser zeit, aber zu unreclU, die Hildebrandsgriflfe mit ihm
in Verbindung braclUe {sp. 1322): Hildenbrand, höllenbrand.
Pistorils lltes. par. 4,55;
der erzböswicht bapst Hildeprandt
erregt grosz krieg in teütschem landt . . .
noch kundt der helbrand feiren nicht,
des kaisers son er auch anrieht,
sein vater zu verjagen. Körser hisl. votitsl. 183. 184.
mä höllenbrand tcirrf selbst der teufel gemeint : wie viel gröszer
Sünde, schand und schaden ist es, wenn das edle bilde
gottes . . vom rechten hellebrand, dem leidigen teufel, ange-
steckt, verbrandt, zerstöret und verwüstet wird. Suevus trewe
varnuug ßr der leidigen verzweifelung {Görlitz ISse) Fij; um
sich pathetischer auszudrücken, würden sie mich einen höllen-
brand, einen eingefleischten teufel genannt haben. Lessing
1,390;
was uns beschert dein milde band,
das iiehm uns gern der hellenbrand {der teufel).
\ü. Alibrl's kirchenlied.
HÖLLENBRÄNDISCH — HÖLLENFINSTER 1 750
HÖLLENBRÄNDISCH, adj. und adv.: sie fangen es mit
einem worte zu teufelmäszig an, zu satanisch, zu höllenbrän-
disch. Tiecr 1ü, 119.
HÖLLENBRAUCH, vi.:
ilepfiislopheles (:u den salanen). was duckt und zuckt ihr? ist
\ das höllenbrauch? Götuk 41,327.
HÖLLENBRECHER, «i. der selbst die IwUe bricht, ironisclte
bezeichnung eines kriegshelden : solche mechtige eisenfresser und
hellenbrecher. Lutbeb 3,490'.
HÖLLENBRODEN, wi. höllischer brodem:
sieh, da flammt, da zieht der böse!
aus dem boden
dampfet rings ein böllen-broden. Göthe 1, 236.
HÖLLENBRUDEL, wi. dasselbe: vnr entwanden uns diesem
höUenbrudel {auf dem Vesuv). Göthe 28, 67.
HÖLLENBRUT, f.:
bosheit und hadersucht,
ämsig spähend den zwist, hämische rachbegier.
groll und gieriger ^eiz, vater des feilen Spruchs:
ha, wie tobet die höllenbrut! Stolberg 1,8;
es flimmt und flammt rund um ihn her
mit grüner, blauer, rother glutb ;
es wallt um ihn ein feuermeer;
darinnen wimmelt höllenbrut. Bürger 71';
für solche halbe höllenbrut (Mephistopheles unter dei- ge-
stalt ei'ie.i thieres)
ist Salomonis Schlüssel gut. Göthe 12, 67.
HÖLLENBUBU, m. für teufel: o hol sie der schwarze
höllenbiibu! (Scbink) marioneltentlteat. (1778) s. 52. — bubu ist
sonst eine interjection, gebraucht um kinder ßrchten zu machen.
HÖLLENBUCH, n.;
Satans fioger schreibe
ihn in sein böllenbuch. Thchiel 6, 53.
HÖLLENDE, n. Jacobsson 6, 98' ßr hellende, s. oben sp. 971.
HÖLLENDRACHE, m. l) draco infemalis. Stei.nbach 1,286,
vergl. oben hölle 1,6;
so hielt er wie der höllendrache
am fusz des gottesbauses wache.
Schiller kämpf mit d. drachen r. 187.
2) ein in die haut sich einbohrender fadenförmiger wurm, furia
infernalis. Nemmch 2, 16S3.
HÖLLENDURST, m. dursl wie man ihn in der hölle em-
pfindet, groszer quälender durst:
wann uns ein höllendurst die zunge.
die bittern geifer schäumet, plagt. Broceks 4,295;
auch in freierem sinne, quälende gier:
des geizes höllendurst. Hagbdor:« 2, 74.
HÖLLENEIFER, m. :
hölleneifer
gibt zum letzten streich ihm kraft. Herder Cid 55;
in seiner französ. vorläge steht: il lui vint alors un courage
d'enfer.
HÖLLENFACKELSCHEIN, m. :
bei mord und höllenfackelschein
soll unser hochzeitslager sein. Fr. Möller 1,208.
HÖLLENFAHRT, /". fahrt, gang in die hölle : Christi höllen-
fahrt; aber auc/» Fausts leben, thaten und höllenfahrt. bildlich:
wer sich nicht, mit dem erhabenen Kant zu reden, den weg
zur Vergötterung durch die höllenfahrt der Selbsterkenntnis
gebahnt hat. Klinger 12,257. fahrt in die unterweit: die ver-
gleichung der homeiischen, virgilischen und pulygnütischen
höllenfahrten. Göthe 44, 130.
HÖLLENFEUER, n.:
{icli habe) verdient das höllenfewr.
ScHNÜFFis miraiil. ftödein 27, 19 ;
und wünscht den todten bösewicht
ins tiefste höllenfeur. Hölty 187 Halm :
ein überteufliscb element! (ist die tiebe)
weit spitziger als höllenfeuer! Göthe 41,329.
bildlictt: noch ist es zeit, Tertullia,
diesz höllenfeuer {der eifersuchi) auszugieszen.
GÖKIMGK 1, 86.
Im mhd. war hellefiur nidd nur appellaliv, sondern auch eigen-
nume, so eines falirenden Sängers:
von Wirzeburc meister Cuonrät,
der besten singer einer, . . .
der ilelleviur der ander si,
der Unverzagte, so ist ir dri. minnes. 3,65' Hagen;
vergl. die lieder desselben ebenda 33.
HÖLLENFINSTER, adj. :
in höllenfinstrer nacht. Shukyi. k. I.eur 3, 7 ;
in hell-black night.
110*
1 751 HÖLLENFLIIS2 — IIÖLLENGOTT
HÖLLENGRIIBE — IK^LLENKIND 1 752
HOLLENFLLSZ, rw. flus: der unlerwell, Slyr. bei J. Paul
gtrii in freierem gebrauche: reiszend iimszl«' der liitllpiifliisz
sein, der ein so festes leben wegrisz. TU. 5, IGl ; [sein sehnen
war) dieses wesen, das so ofl gelillen, . . durch die tiefen
kalten hrillenfliisse des lebens miichtig zu tragen. 2. B7 ; der
höllenflusz des zorns. 3, \SI ; weil der sinn und die hand-
habe des Schmerzes, das körperliche gefühl, uns in jedem
liauptpunkte die quelle eines höllenflusses werden kann.
vorscli.d.iislh. \, 121; mit reiszenden hüllenflüssen der leiden-
schaften. leb. Fibels vorrede s. v.
HÜLLEN FHL CHT, f.:
des liochniuths sant, . . .
aus welchem scheuszlichen verilnmnuen sameri
des eigennutzes l)lüth und höllcnl'riichtc kamen.
Rrockks 2, 20«.
HÖLLEN FUCHS, m. «/.< sriielte ßr einen bösartig -lliligen
tnetisehen :
der untlankhare höllenfuchs! H. v. Kleist 2, 172.
HÖLLENFLRST, wi. fftrsl der hOUe, teufel: höHcnfürsl.
Lucifer Stieler 5Sj.
H(>LLENGEBILD, w. .• ob ihm sein famulus, das höllen-
geliild, dann zur hülfe sein wird. L. Tieck <jes. nor. (i, 237.
H(»LLENGEFn.DE, h. :
.sieh! in des liimniels tiöhii ist seligkeil; tief in des ahgrunds
höllengcrdden ist (|ii;il. I^yrkf.r '/'hmi*. 1,2S0.
HÜLLENGEIEll, m. in einem fluche:
all meine hübschen kleineu {sind geliUltel). saglest du alle?
0 höllengeicr! alle? Shakcsp. Mnclieih 4,3;
all my pretty ones?
did you say, all? o, heli-kite! all?
HtlLLENGEIST. «i. hüllischer yeisl, teufel, mhd. hcllegeist: es
ist eine gefärliche sache, mit gelde umgehen, und fanget der
liiillengeist die meisten seien mit güldenen nezzen. Bütschky
/'(lim OS 113;
sieh, spricht der höllengeist, auf diesem pialz
liegt em geschenk für dich, der schätz. Hagedorn 2, 71 :
{die he.ve) rief, wenns ihr gclallig war,
ein rudel höllengeister. IIölty 20 Halm;
0 lasz von jener stunde
sich höllengeister nächtlich unterhalten ! Göthk !), 2!) ;
hochmulh ists, wodurch die enget fielen,
woran der höllengeist den menschen laszt.
Schiller jtmijirun, prolof] 2. uuflr.
Iiöllengeister, die bösen löste:
hAllengeister, die bei tage schlieren,
spornen rascher der begierde laul. lii;RGKR 99*.
HÖLLENGEJ.\LCHZE, n.: übenu höllengejauchze schwe-
bend. Vti. Müller 2, 1S&.
HÖLLENGENIE, n.: Mephislopheles, das höllengenie, lacht.
Fr. MtLLER 2, 10.
HtlLLENGEIUCHT, »i. gerichl fd)er die lodlen in der unler-
vell. Wieland 19,64. s. die stelle unter höllenrichterlich.
HtlLLE.NGESCHMACK, m. sapw graveolcns, virosus, infer-
nnlis. Stieler ls7l.
höllengf:slndel, «. .•
sind diese geschöpl'e
eure kinder? sie scheinen rürwahr ein liüllengesindel.
ÜÖTBE 40,202.
Hi)LLENGF:TKÄNKE, «..• that ich] wohl klug, dasz ich noch
gnlle zu dem höllengclränke mischte? Thümmel 0,242.
HttLLENGll'FEL, m. vom Vesuv {vergl. hölle 4 zu ende):
dieses milten im paradies aufgethünnten höllengipfels. Göthe
2«», 6S.
H(ILLENGL.\NZ, m. höllischer (jlanz: mit so tiefer ehr-
erbietnng, als mir schwerlich je ein könig durch den hölleii-
yhm. seiner zeughflnscr abnöthigen wird. ThL'mmel .'», tos.
HliLLENtiLlTH, f. glut der hölle, mhd. helleglnot :
■0 «ol sie ewiglich breiiiieii in der hcllcngliii.
fuxlH. sp. 029, 23;
ruht, muht, bbermiiht,
bringt manchen In die höllenglut. Schottrl J143';
aber ofl vleicbt deine wuht
einer rechten hrtllen-gluht. llRniM s l,:!MO;
liebend, voller küinmi-riiiKHe,
«laüz iliT Kiinienidcn »chaar,
ilin um ihn gelaeiTt wnr,
nicht in li'itleiiKnuh ihn risto,
bot Kic sich zum «cbirme dar. ntiantR 7.V.
iturh glut wie in der holte, furcJitbare hüze: An ufeii wirft eine
bidb-nglutti auM.
HOLLK.N(;OTT, m. gUl der hülle, teufel, mJtä. Iii-iiegol :
bei allen büllcngüurrn 1 KuIkkr 4, IXt.
kcilenfou, Pi$, liulo. Stiele* «80.
HtiLLENGRLBE, /". .• eine abscheuliche, finstere hüllen-
grube, darinnen hasz, feindschaft, neid . . hausen. Bitschkv
Putmos 73t.
H()LLF]NGRlJND, m. grund der hülle: herebus hellgrunt
DiEF. 275'; hellegrunt nov. gloss. 202*.
HÖLLENHAIJS, »i. hülle als haus gedacht: du muszt mit mir
ins höllenliaus. das volksschauspiel t'ausl , lierausg. von Engel
(ts74) s.u.
HÖLLENHEER, n. beer der hülle, teufel:
sei getrost, das höllcnheer
wird dir schaden nimmermehr. P. Gerhard no. 49, 3.
HÖLLENHEISZ, HÖLLHEISZ, adj., hei.sz wie die hülle, bild-
lich von eifer, eid : ein barfttszermüncli, der war seines hell-
lieiszen eifers halben in predigten sehr beschrien. Wiszbad.
wisenbr. 2, 164 ;
der erbpflichl eisern joch, ein böllenheiszer eid,
wirkt, knechtisch, treu und pllicht, doch keine zftnlichkeit.
Hagedorn 1, 36.
HÖLLENHITZE, /". ignis Gehennae. Stieler 822. auch eine
unerträgliche, iwinigende hitze.
HÖLLENHUH.N, n. höllisches, gespenstisches huhn:
da krähte das andere höllenhtihn,
die gräblein tliaten sich alle zu.
viilksticil «HS (/ein kuhländchen
bei Wackerkacei, */. schriflen 2, 405,
vgl. dazu ebenda anvierl;. 10 und Kürler in Pfeiffers Germania 11
Seite 92.
HOLLENHl'ND, m. 1) leufH unter der Vorstellung eines hundes:
Gorjo huob dia hant üf: geb("it er uper den hellehunl.
.Müllknuoff u. Scherer denkm. ivii,&9;
wäfen, herre, wäfcn,
über des hellehundes list,
da j er uns so geva>rec ist ! Gregnr. 163 ;
das pös alt weih spricht zu dem teufel Sathanas :
wisse, du pöser hcllchund. /Visin. ,«;>. 505, 0 ;
bringe sie {die seele) zu diesen stunden
von den bösen bellehunden
und bringe sie in die Seligkeit. 952,9, vgl. 951,20;
schaw, wie mit tiefem Schlund,
und aufgesperrtem rächen,
den garausz mir zu machen,
dort siebt der böllen-hund.
ScHNÜFFis mirnnt. ßötlein 21,4;
als Schimpfwort ßr einen büsewicht : willst mich die leut ver-
giften machen ? meinst ich liab kein gewissen, du In'tllen-
hund? H.L.Wagner kindermörderin 10;
steh, höllcnhund! Schiller Macbeth 5,12;
turn, hell-hound, turn !
2) ein hüULscIier, gespenstischer hund: Lucifet: auf mein feuer-
rosz dann, und die nenangekoininenen seelen mit meinen
schwarzen höUenhundcn wi«; die basen gchet/t. Kr. MCli.er
2,26;
iach fahren tausend böllenhundc,
laut angehetzt, empor vom Schlünde. Hürcer 71'.
schimpfend von einem gewöhnlichen hunde:
er wedelt, wenn den andacbtbund
gebctb und wink und kiiss bclehen !
er wedelt! o der bnllenhund.
der Unschuld ärgernis zu gehen! Hagedoii!« 2,27.
3) fier Cerberus: er habe die pforien der liölle erbrochen,
den weg ans dem reiche der schatten zurück gefunden, und
schleppe, über sie Iriuiuphirend, mit stolzer faust den höllen-
hund durch die sliidte Grieclionlands zur schau. Lessinc
4,227. bildlich: welcher drei strittigkeiten hat. der richte
zwo, wenn er kan. zu n'cbt, das ist mein raht. aber ich
rahtele auch disz, dasz er den drillen zu eiid brilcbte, damit
dieser höllhund kein köpf niclit habe. ScHüepiis 77t. höllen-
liund, cerlierus, heiszl auch ein gestirn im nördlichen thcile des
himmels. mathemnl. le.r. I (1747) 294.
HoLLENJAGER, m.: Iiellenjitgrr. Satttanas, venatur animn-
rum, r/(M etiam seeleiijäger dicUur. Stiei.ER S75.
HOLLENKIMl, n. kind der hiille, des trufeh, ein mensrh der
in des teufeis gewall ist, mhd. hellekint. l'ttiLANnKiis seefitles
ftiieht, in dem er die seelen in der hülle schildert, heiszl hidlen-
kiiider; der scbulratb Indi erboszet die geballte faust in du*
lüfte und sogie, mit ilir in diese hauend: du höllenkind!
du rittiberbauptinann und llilmsiin! J. I'all Sieltrnk. t, i:i2.
auch teufel seUmt :
nii kompi her ann holze und tut fBldcn. . . .
alle meine lii'hr b<<lleliint,
die mit mir In «1er belle «Im {ruft l.urifei). fnsln. «p. 901,5.
1753 HÖLLE>^KLEEBL ATT — IlÖLLENNOTH
HÖLLENKLEEBLATT, n. ton den Eumeniden. Gotter 3,3ii2.
HÖLLENKLL'FT, f.:
wenn Satans schwärm in höllenklüfle
sie (die aposlel) scheuchen, samt dem priesiergräul.
Voss 4,4.
HÖLLENKONZERT, n. abscheulicltes, gräszlkhes konzeH (sieh
hülle 4 a. e.) : kaum saszen die buben auf der bank. als sie
auf ihren instnimenten ein höllenkonzert anfingen. Schweichei.
Jura und Genfcrsee s. 115. rgl. höllenmusik.
HÖLLENKRAFT, f. höllische, teuflische krafl:
durch argwöhn war noch nie die eintracht unterbrochen :
doch endlich trennte sie der bosheit höllenkraft.
Hagedor?! 2, 44.
HuLLENKÜCHLEIN, n. s. hüllkiichlein.
HÖLLENLÄRM, »i. abscheulicher lärm (hülle 4 a. c): das war
den kindern recht und der höllenlärm ging weiter. Freytag
handschrifl 3.226.
HÖLLENLEHRE, f.:
wenn der mensch sich noch der armen
will erbarmen,
suchts der hungrige geiz zu hindern
durch die schwarze höllen-lehr:
haltl du wirst dein gut Termindern. Brockks 1, 95.
HÖLLENLOCH, n. hölle unter der Vorstellung eines loches
oder einer grübe:
und feilt zu letst zu boden doch
zu Luciler inns hellenloch. Brast narren*c/i. 92, SS;
als Lucifer fuhr gar zu hoch,
da fuhr er ab ins höllenloch. Logaü 2, 89, 54 ;
drum bleib ein weinig (iceni'y) stehen,
wir wollen erst das höllenloch,
den Schwefelpfuhl, des satans joch
mit rechtem ernst betrachten. Rist html. lied. 5,270.
<i«c/j loch das von der hölle (im mittelpunkt dir erde) zur Ober-
fläche aufgerissen ist: initlen in der stat zu Ronie det sich
die erde uf und wart ein gros hellenloch do : us dem loche
ging für, rouch und böser gesmag . . do frogetent die Römer
iren apgot, was sQ tun soltenf, das dis schadeber loch und
für zerginge, d. städtechr. 8, 323, 7 ; donoch wart eine kirche
gebuwen an die selbe stat in sant Anthonien ere, die heiszet
noch hütes tages die kirche bi dem hellenloche. 324, 2.
endlich, im gemeinen leben, loch wie das der hölle, abscheuliches
loch: von einer ganz schleclUen vohnung sagt man das ist ja
ein höllenloch.
HÖLLEN LOHE, f. höllische glulh:
und wol dem I der also
noch hie gestrafet wird, damit die höilenloh
nicht ewig an ihm straf. Rompler 77.
HÖLLENLUCHS, «i. tückischer teufel unter dem bilde eines
luchses :
wie im eisen der fuchs,
zagt ein aller höllenluchs. Göthe 12, 67.
HÖLLENLLGE, f.:
in deine zahne schleudr ich den verratli,
werf dir ins herz zuriick die höllenlüge.
Shakesp. Lfnr ö, 3 ;
back do I toss these treason.« to thy head.
wiih the hell-hated He o'erwhelm iny hearl.
HÖLLENMACHT, f. :
bald nach des berren himmelfart
der Lucifer sich kümmert hart,
das ihm sein finster höllenmacht
zerstört het Chnsti helle macht.
FiscBART dicht. 2, 242, ü A'iir:.-
wollt dich auch wecken
höllenmacht. Fr. Müller.
HÖLLENMANTEL, m.: ist zu einem doctor Faustus ge-
worden, der mein armes kind durchaus auf seinem höllen-
mantel nach Bielstein tragen will. Frevtac handschr. 3,236.
HÖLLENMARTER, f.: die furcht hat pcin. das ist, sie
ntacht dem herzen angst und wehe, das es nicht weis, wo
es bkiben sol, und ist ein rechte hellenmarter. Lcther 6,62";
hundert vorwürfe zeigten sich ihr, aber auch hundert höUen-
martern. Rabeser trerie 2,121. vgl. höllenplage, höUenschmerz.
HOLLENMASCHLNE, f. maschiue, bestimmt um eine furchtbare
explodon zu bewirken und dam mit Sprenggeschossen angefüllt.
HÖLCENMUSIK, f. : Tarlinis teufelssonate war äolsharfen-
gesäusel gegeu diese höllenmusik. Riehl culturgesch. nov. 25t.
HÖLLENNACHT, f. nacht, finsternis der hülle: falsch und
untreu wie höllennachl. Fr. .Müller i, 190.
HÖLLENNOTH, f. nolh die in der hcMe herschl, mhd. hellennt :
nur ewig, ewig, schreiet
die grausabm höllennoht. Rist himl. lied. 5,294;
HÖLLENORT — HÖLLENREICH
1754
auch nolh wie in der hölle, grosze nolh: mit denen {gedürmen)
der mensch, er überschnüre sie mit ordenbändern oder trag-
riemen, allemal seine höllennoth hat. J. Pacl uns. löge 1,79.
HÖLLENORT, m. locus inferni, gehenua. abyssus. Stieler 1395;
da ihm schon band und fusz erstarrten,
schien ihm der ehmals schöne garten
ein höllenort, ein ort der pein. Lichtwer /Vi//. 2.1.
HÖLLENPEIN, f. pein in der hülle, mlid. Uelle-pine:
will du nu ersterben
und die hellenpeiu ewiglich erwerben, fnxln. sji. 929, 36 ;
der armen sünderiu, die da notdürltig ist
in der hellenpein zu dieser frist. 951, 14;
gehet hin zur hellenpein. Rist himl. lied. 4, 265 :
als dasz du dort, frei von der höllenpein,
dereinst raögst ewig selig sein. Brockes 2, 264.
jwin wie in der hölle, ungeheure pein :
sein ganzes herz dahin zu geben,
und, götter, so verachtet sein !
das untergräbt das innre leben,
das ist die tiefste höllenpein. Göthe 57, 129;
er hört ihr ängstlich schrein, will nach — o höllenpein I
und kann nicht ! Wiela:«d 22, 132 (Oberon 3, 63).
HÖLLENPEINIGER, m. tortor infemalis. Stieler 1423.
HÖLLENPFORTE, f. pforte der hölle (vgl. unter hölle l.a),
mhd. helle-porte, hellephorte Lexer 1,1236: wie maus malet,
das er {Christus) mit der fahn hinunter feret, die hellepforten
zubricht und zustöret. Luther 6,77'. in freier Verwendung:
er lachte, aber die ministerin machte selber den flammen,
die er noch wollte herausschlagen lassen, die höllenpfoite zu.
J. Paol tu. 3,71.
HÖLLENPFUHL, n». hölle unter der Vorstellung eines pfuhles.
Rist himl. lied. 5,280;
der du von gifl und galie recht gesprudelt
und uus verflucht zum tiefsten höllenpfuhle. Uhlasd oed. I3S.
HÖLLENPL.\GE, f. plage wie in der hölle. ungeheure plage.
GÖKI.NGK 3, 86.
HÖLLENPOSSEN, m. plur.:
trotzen kann ich deinen geistern,
deinen dunkeln höllenpossen. H. Heise 18, 22.3.
HÖLLEN POTZM ARTER, eigentlich ein fluchender attsntf (vgl.
hölle 1, a am ende) ; in der folgenden stelle in substantirer Ver-
wendung und in einem leortspiel mit hellebarte: diese nante man
wammesklopfer, weil sie den picquenirern mit ihren prügeln
und helienpotzmarter den rucken so wol als den köpf abzu-
fegen . . pflegten. Simpl. 1, 56 Kurz.
HÖLLENQU.\L, f. crriciatus infemalis. Stieler 14s7 :
was ich mir gelobt
in jenes augenblickes höllen^ualen,
ist eine heilee schuld, ich will sie zahlen.
Schiller l'rU 4, 3.
HÖLLENRÄCHEN, HÖLLRACHEN, m. rochen der hölle (vgl.
oben hölle 1,6): darumb alle klöster als des teufeis hell-
rachen, zu fliehen und zu verfluchen sind. Lcther 6, 178' ;
der gräuliche hölleniachen thut sich linksauf. Göthe 41,324;
gntt der uns vom höllen-rachen
gab das mittel los zu machen. Logau 1,139,100;
der ganze horizont in einen höllenraehen
verwandelt, lauter glulh. Wiklajid 23,16 (Ob. 7,19);
und wie aus offnem höllenraehen
speit es verderben zündend aus.
Schiller glocke r. S4S.
als Schimpfwort ßr einen mensclien : darumb heiszt man die
Wucherer recht und billig Schinder, stulreubcr und helle-
rachen. Palm schimpf 87'.
HÖLLENRAUM, m.;
und schwarz au« dem weiszen schäum
klafft hinunter ein gähnender spalt,
grundlos, als gicngs in den höllenraiim.
Schiller lanrier.
HÖLLENREICH, n. gebiet der hollf, die vom teufel regierte
holte, mhd. helleriche :
er (der levfet) wirft zu Christi fusz
sein bölienreich und rousz
seihst in des siegers band
ergeben fusz und band. P. Gerhard n». 27, ?•.
auch in freiet er Verwendung, gebiet wie das der hölle:
auch pulvergänse haben sie gegraben,
und üoer einem' höllenreiche steht
die bange »ladt, gewärtig jede stunde,
dasz es mit donners krachen sich entzünde.
Schiller yMny/"rn«, prolog 3. auflr.;
1755 HÖLLENREISE — HÖLLENSTEIN
HÖLLENSTRAFE — HÖLLENWÜRM 1756
i^ebiet der Unterwelt :
$0 haben mich die göuer ausersehn
zum boten einer thai, die ich so gern
ins klanglos-dumpfe höllenreich der nacht
verbergen möchte? Göthr 9,46.
HÖLLENREISE, f. Her ad inferos. Stiei.er 1590.
HÜLLENRICHTER, m. richter über die todten in dertuUerueU:
ob er schon seinen ernst nicht von dem höllenrichter,
noch fürstenstoli von seinem nachbar borgt. TuÜMaKL 2, 35 ;
die göttingischcn gelehrten anzeigen sind gute hüllen- und
himinelrichtcr des mathematikers, reisebeschreihers u. s. w.
J. Paul kom. anh. z. TU. 1, 94.
HÖLLENRICHTERLICH, adj.: die runzligen beisilzer des
hüllengerichts, Minos, Äakus und Rbadumanthus, in ihrem
höllenrichterlicben ornat. Wiei.anü 19,64.
HÖLLENRIEGEL, m. s. hüllriegel.
HÖLLENRUF, tn. ruf zuvi kommen in die hülle:
vergessen sollt ich ihn? dies wäre todessünde,'
verdiente höllenruf!
Karschin in l'oss musenalm. von 1798 s. 7".
HÖLLENSASSE, m. mancipium SaHianae. Stieler 2038.
HÖLLENSCHAR. /". infemalium congregalio. das. 2048.
HÖLLENSCHEIT, n.:
ich verfluchtes hellenscheid. B. Ringwald tr. Eck. G3\
vergl. höllcnlirand.
HÖLLENSCHLUND, m., mlid. helle-slunl:
über nie erforschte gründe,
über dunkle höilenschh'inde
leitet schwankend uns der steg. Köbner 1, 115.
HÖLLENSCHLUSZ, hj. Iiöllische, grausenhaße, verderbliche
scMuszfolgerung :
es glänzt des himmels schein
selbst in dem hölienschlusz, den du anitzt gemacht.
Brockes 1, 443 ;
will mich des hochmuths bnit mit demuth-lan'en schrecken, . . .
und durch den hölienschlusz, Verzweiflung mir envecken :
'was bist, was weiszt du doch? nichts, daraus folget klar,
dasz deine seele nie was göttlichs ist, noch war'. 5, IbO.
HÖLLENSCHMAUCH, m. infernalis vapor. Stieleb 1253.
HÖLLENSCHMERZ, m. höUischer, ungeheurer schmerz {vergl.
hülle 4): Siegfried liegt im zeit in hüllenschinerzen. Fk. Müller
3, 231 ;
aufgerissen seine feuenvunde !
durch die seele höllenschmerz !
Scuillkr leicheiiphanlitnie ;
und droht sogar — o höllenschmerz I
recht oft an dich zu schreiben.
GöKiNGK bei, BÜRGER 39*.
HÖLLENSCHMID, m. Vulcan:
vom Vulcano, meim hellenschmid.
FiscuART äicIU. 2, 257, 589 Kurt.
HÖLLENSCHWEFEL, m. :
soll die glulh denn ewig,
vorsätzlich angefacht, mit hollenschwefcl
gen&hrt, mir iiuf der seele marternd brennen? Göthb 9,52;
nun wanstge schuften mit den feuerbacken!
ihr glüht so recht vom hollenschwefel feist (jk ilen dirkleufeln
ijesaijt)- 41, 3'25.
HÖLLENSEE, f. see in der unlerwell; bei Opitz «., u-iv ineer:
der dicke wüste wald war sonn und mondes hiosz,
da« schrecklich hölleusee grundlos ohn rauschen flosz.
iculsclie poem. (Hi'ii) 81.
HÖLLENSOHN, m.:
triigst du einen feuernamen auch
wie nur ein höllcnsohn. Shakesp. Mnchelli 5,7;
ihough thou call'st ttiysclf a hotter name,
than any is in hell.
HÖLLENSPOTT, m. spolt vun einem aus der hülle:
höllenspott!
er listen unsem herrlichen gott! Görui 13, OG.
HÖLLF.NSTEI.N, m. tUzmütel aus salf teter sau rem siUier in fesler
form, hei IIThneh handlungs-les. (IVn) sp. b'.Kt hüllidcher stein,
l'ipis iiifernatu: uhgleiih gegen das ende der iieiinng {einer
i^euhwulsl) das immer fortdauernde l)f|u|i|M-n mit li<illenslein
und andern ützendeii dingen liüeiiHt \erdrie»zli( he aussicliteii
auf jeden neuen tag gehen inuszte. üöthe V>, I9:i. bildluh:
der kalte hrt|len»tein de» »cliuudert» zog sein herz znsaiimieii.
J.Faul Tu. 2,100;
wirnn lauter lu((<^nd unleriochl,
und bouhcii hiibri auf mnrht und nn«ehn pocht, . . .
dann li>-b>T. kukt Falk, dann beizt;
init «itriul und hollenitciul Sivai grd. 37.
HÖLLE.NSTRAFE, f: diesz (dasz man sich vor dem lode
fürchtet) küminl von den groben vorurtheilen her, welche die
christliche dogmalik eingeführt bat, von ewigen büllenstraien
. . . Fr. Nicolai in Gükings leben iksselben s. 151.
HÖLLENSTRASZE, f via ad Orcum ducens. Stieler 2190.
HÖLLENSTROM, m. hüllischer slrom: weil man sieb unbe-
sorgter den reiszenden paradiesllüssen der entwürfe als den
zurückgebenden büllenstrümen der fehlschlagungen übergibt.
J. Paul leb. Fihels 100.
HÖLLENSTUFE, /". ; es sein drei stufen der Sünden: das
gelüsten, die einwilligung in solche lust, und das vollbringen
. . und sein dieses die rechten böllenstufcn. Butschky Patm. 250.
HÖLLENSTÜRMER, wj..- dasz man noch des allen herr-
lichen Luthers, dieses büUcnstürmers vormaliger hiniinel-
stürmer, . . gedenkt. J. Paul Katzenbergers badereise 3, 70.
HÖLLENSTÜRZER, m. : die zelotae, die conscientiae tor-
tores, . . und böllenstürzer, wie sie Venator nennet, interim 551.
HÖLLENTHOR, «. .' so künd ich auch (in bezug auf Christi
hüllenfahrt) meisterlich allegorias draus machen, und deuten,
was fahne und stab oder tuch, und hellethor lieisze. Lltiiek
0,77";
lang strecket sich der hals hervor,
und gräsziich wie ein höllenthor,
als schnappt es gierig nach der beute,
eröffnet sich des racheus weile.
Schiller kämpf mit d. drachen v. 110;
bildlich: mit berzklopfen faszte der graf den tbürklopfer am
binimel- oder böllenthore seiner zukunft an (eines hauses, in
dem sich seine zukunß entscheiden sollte). J. Pall Tit. 2, 5.
HÖLLENTHÜR, f porlae inferorum. Stieler 2294.
HÖLLENTRANK, «».;
wollen euch dazu schenken den helletrank,
das ist Schwefel und pech,
das sollet ihr haben zu ewer zech, fasln. .<ip. 937, 31 ;
und geus ihr zu dem hals hinein
den faulen und stinkenden hellenlrank! 939, C;
fraw bepstin, den hellenlrank säur und nicht süsza
trinket! 29.
HÖLLENUNGEHEUER, n.:
doch wie das grosze höllenungeheuer
den Zorn gestillt, die herzen ruhig sieht.
Griks Tassos befr. Jeru-i. 9, 1.
HÖLLENVVÄRTS, adv. ad tartara. Stieler 2439.
HÖLLENWEG, wj. weg zur hülle. Logal 3,46,43 fU)erschrift.
HÖLLENWEH, n. cruciatus infernalis. Stieler 2458:
woher entstellt nun gogentheils, an so viel orten, in der eh,
auch bei nicht unvernünftigen, das gleichsam irdsche höllenweh,
das fast die meisten unter sich nicht anders sind als hund und
katzen? Brockks U, 569;
im plur. :
in diesen höllenwebn
der Verzweiflung. Bürger 44'.
HÖLLENWERMUTH, f :
dein mund wird lauter gall
und höllenwermuth schmecken. Rist /um/, lied. 5, 2S8.
IIÖLLENWICIIT, m. der teufel:
der schlaue höllenwichl. Wiklamd 1><, 98.
IlÖLLENWINKEL, m. der hülle ähnliclter u-inkel:
dorthin vcrstöszt man mich! in ^enes laiid,
als höllenwinkel mir von kindheit auf
in grauenvollen Zügen dargestellt. Göthk 9, 340.
IIÖLLENWIRKLICHKEIT, f:
so mitten aus des himmels schönsten träumen
in diese böllenwirklichkeit. Körner 2,81;
denn bis zu dieser hölleiiwirkliclikeit
wagt kcinPR rociischeii trauinbild .sich hinunter. 297.
IIÖLLENWIRTII, m. teufel: die schwarzen büllenwirthe.
ZiNt.KHLE kinder- u. haustndrchen 107.
HÖLLENWUNDE, f :
wenn von eines miWlchous weiclicni munde
dir der liehe sanft gelispel i|ullll,
biihr f.'i pliittlii'h eine liiHlenwunde
in der wollu.«! msenliild ! Schiller kimleiiniürderiH.
IKH.LENWURM, m. I) der teufel unter der rarslrlhing eines
drachen (vgl. auch böllendiacbe):
bnider Lutz . . . bringt über dreiozig inhrc
bereliH, dein höllenwurin und .«einem tlelscli /u iniu.
in dieiier feNenklufl iiU wie in .iviner bahre
ein traurig leben hin. Wikland 18, "ii.
2) ein in die haut su-h bi>lirendi>r uumi, furia infernufu, auch
külleiidruclie. Nkmmcu.
1757 HÖLLENWUTII — HÖLLHAFEN
HÖLLENWUTH, f. l) höllische, ungeheure u-ut.
2) bei RoMPLER furie:
die hölle-wiihiPti koniraen,
Alekto stost den braiid dieT in das sündi? herz,
Tisitone die rast, und wachet das der schmerz
noch viel mal pröszer wird, Megära reizt die schlanpen . . .
zu scharpfen Stichen an. 12;
als .sich disz läster-bild (ein riese) mit prüllendem geschrei,
wie fast ein' höllen-wuth, urplätziich h.it ci-zeiget? 104.
HÖLLE.NWÜTHERICH, m. der leufei:
auf lieber Christ, und welire dich,
ergreife bald die waffen,
damit der höllenwühterich
an dir nichts raüge schaffen. RtsT /um/, lieit. 4, 212.
HÖLLE.NZAHN, wi..' oft lacht er {ein feindseliger böser geltt)
um alle seine offnen höllenzähne herum, nur zuweilen knirscht
er sie bedeckt unter dem lippenfleisch. J. P.\cl Tit. 3, 114.
HÖLLENZ.\L"BER, m. höllischer, teuflUcher zauber :
ich weisz es nicht, durch welchen höllenzauber
ihr mich gerissen aus der Christenheit
und fest mich haltet in verhasztem bann.
Ubland gedickte 1C6.
HOLLENZELT, w. hülle unter der Vorstellung eines zeltes:
wie Satan ligt gebunden
im schwarzen höllenzelt. Rist sabb. seelenl. 11.
HÖLLENZOPF, in., plur. höllenzöpfe, auch fuchsschwänze,
nixhaare, ein besonderes gewächs in den Wasserrohren, tcelches
sich als ein geicirre ron den kleinsten fäserchen durch die röhren
ausbreitet, und selbige zidetzt icol rerstopfi. Nemmch. auch von
menschlichen witren haaren : denn seine haare wurden lauter
höllen-zöpf, die ihm umh die achseln herum hiengen wie
indianische schafschwänze. Simpi. (16S4) 3,S99.
HOLLENZWANG, m. tUel von zauberbüchem, um die geister
der hülle zur dienslbarkeit zu zwingen, seit dem 16. jh. bekannt
und mit dem numen des dr. Faust in Verbindung gebracht, vgl.
E«fGEL bibliolheca Faustiana (1S"4) 5.28 /f.; aber sagen sie mir
nur, was lesen sie denn da für ein buch?... solche krakel-
fiisze, solche fürchterliche Zickzacke, die kann ein mensch
lesen? wenn das nicht wenigstens Fausts höllenzwang ist...
Lessing 1,214; die dritte hauptquelle der Faustsage, die so-
genannten hftllenzwänge, sind geisterbeschwörungsbücher, die
. . . dem doktor Faust selbst zugeschrieben sind. H. Heine
7, 167 ; nur vor eins möchte ich euch warnen, nämlich vor
dem moniteur von 1793. das ist ein höllenzwang, den ihr
nicht an die kette legen könnt, und es sind beschwönings-
worle darin, die viel mächtiger sind, als gold und Hinten. 8, 3S.
HOLLER, m. sambucns, mhd. holer, vergl. holder sp. 1737
und holunder: holler sambucus voc. ine. theut. k3'; davon
hcdlerbaum, mhd. holerboum Hei.nr. v. Müglin bei Schröer
die dichtungen Heinrichs v. Müglin, sitzungsber. der Wiener acad.
bd.bö s. 47»; hollerbeere Hobberg 1, 23S'; sambucum hollerber
DiEF. 509' ; hoUerblühe Hohberg 1, 244" ; flores sambuci holer-
plüt Dief. 641* ; hol'.erbüchse, holunderröhre, in welcher ein
jnopf von flachs u. ähnl. durch einen andern mittels des luß-
drucks mit einem knall fortgetrieben wird, ähnlich hoUerspritze.
ScoM. 1, 10S4 Fromm.; hollerpfeife : hollerpfiefen, cmnena, sam-
buca, est instrumentum musicum. voc. ine. theut. k 3' ; vgl. dazu
holerblaser pfeifer Schm. a. a. o.
HOLLEREI, interj. in einem Martinsliede :
wollen wir nach gras gan,
hollerei o I
so singen uns die vögelein
oollerei !
in hoc solemni festo. Ubla^id rolksl. 573.
HÖLLFREI, ndj. frei von der hölle : gedanken sind zollfrei,
aber nicht höllfrei. Felher Sonderlinge 1,265.
HÖLLFüNKE, m. höllüicher funke: als nun der blutdurstige
Mars mit seinem uiort-schwert (so zu reden) den ersten zorn-
hiew in das böhmische pflaster gethan; wie ist es ergangen?
die höllfunken haben von daraus ringsumher angezündt, dasz
gleich das ganze Teutschland hohelohe gebrunnen. Rompler
forr. 2'.
HÖLLGRUNDSUPPE, f: ich hab noch nit. will auch noch
nit rüren die rechte heilgrundsuppen von den persönlichen
lästern. Luther adel deutscher nation Dij' {werke 1,297', wo
hellegrundsuppen gelesen wird).
HÖLLHAFEN, m. länglicher kessel zum wärmen und sieden
des im liauswesen benöthigten wassers, im ofen nach der hölle
zu {oben sp. 174>>) eingemauert. Sch*. l, loso Fromm.; mer soll
der stat haffner keinem kein hellhaffen noch roren einlegen
HÖLLHAKEN — HÖLLISCHHEIT 1758
{in dem ofen), es woll in dann einer oder eine selber zallen
von irem gelt. Tccher baumeislerb. 105, 5 ; in eim hellhafen.
Garg. 41";
wenn im das arsloch wer zu gewachsen,
so scholt es (ein nrinpipulver) imsz als weit ausz etzen,
das man ainn beiihafen wol drein möcht setzen.
fasln, sp. 768, 19.
HÖLLHÄKEN, m., vergl. unter hölle 5 sp. 1747. 1748.
HÖLLHEISZ, HÖLLHUND, s. unter höllenheisz, höllenhund.
HÖLLIGKEIT, /". in einem litel, wortspielend mit heiligkeit:
päbstlich hölligkeit.
Fischart ermanung an die bundbäpsller r. 69.
HÖLLISCH, adj. und adv. infernalis, mhd. hellisch, hellesch:
hellisch Erebeus .Maai.er 218".
\) der hölle zugehörig, in ilir befindlich, aus ihr kommend:
iz, ist dir bejzir da; vorlerbe eine; diner gelide, wan da; din
licham gancz pi' in das hellische für {feuer). Behaims erang.
buch. Matth. 5,29; ir schlangen, ir Ottern gezichte, wie wolt
ir der hellischen verdamnis entrinnen? Luther Matth. 23.33;
warumb soll denn der nicht ehre verdienen, der die helli-
schen feinde erkündet, und die Christen erweckt und beruft?
werke 1,202'; es were nicht wunder, das pott vom hiniel
schwevel und hellisch fewr regenet. und Rom in abgrund
versenkt. 295'; lasset euwern grimmigen zorn fallen, welchen
euch die hellischen gölter zugefügt haben, buch d. liebe 20S* ;
hellisch weib, furia, die hellischen, inferi M.ialer 218'; die
Schilderung des höllischen reiches bei Milton. Kant 7, SSO ;
got beliüt uns vor den hellischen Dämmen !
fiislH. x]i. 678, 6 ;
auch sol sie (die arme seele) werden sali
von dem hellischen stänke. 938, 32;
das hellisch beer erschrack so fast,
dasz sicbs für lauter furcht hekleckt,
und in die innerst hell versteckt, mückenkr. 1,32;
es stank in ihrem reviere
är^er als höllisches pech. Götbe 40, 199;
strauchelt der gute, und fällt der gerechte,
dann jubilieren die höllischen mächte.
Schiller ilacheih 1, 1.
bei Luther der Superlativ hellischt {fTir höllischst) als spottlitel
des papstes: der hellischt vater selbs leret. 8,8'. vgl. hölliscb-
heit.
2) der halle gemäsz, teuflisch, von menschen, deren characler,
streben, denken, thaten: welchs nicht anders denn teufelisch
und hellisch irrthuin were. Luther 1,292"; hal noch meinen
bruder erschlagen? blutdürstiger! höllischer! Fr. MCller
3,418; höllischer betrug! Kotzebue rfrawi. sp. 2, 219 ; höllische
Schurken ! Göthe 8, 98 ; dasz du noch solche höllische kunst-
griffe brauchst, um meine marter zu schärfen. 20, 93. ästhe-
tisch, in bezug auf maier, die scheuszliches und abstoszendes pro-
ducieren :
so verwirret mit dumpf willkürlich verwebten gestalten,
höllisch und trübe gesinnt, Breughel den schwankenden blick.
GöTHK 1, 360;
auch die nialer aus der höllischen schule schätzt man nach
verdienst. J. Paul grünl. proc. 1, 47.
3) das höllische feuer hiesz früher eine krankheit: so ist e;
(kresse) guot für den nagenden siehtum, der ze latein ignis
persicus hai?t und haijent in elleich laien da;^ hellisch feur.
Megenberg 410, 14; dann ein sehr zerstörendes spreng- oder
Zündpulver: das letzte dieser geheimnisse erinnert mich an
das höllische feuer, welches in dem vorigen kriege der könig
von Preuszen zu haben geglaubt ward. Lessinc 11,238.
4) höllisch, verstärkend, mit dem nebenbegriff des abstoszenden :
hier ist eine höllische hitze; das riecht ja hier höllisch übel;
ein höllischer gestank; nd. hellsehen warm, auch hellsehen
klAk {klug);
's ist höllisch schwül. Görus 13,84;
da kanns höllisch was geben. Holtei Lammfell 84; vgl. schon
bei Stieler 2490 hellenweit wben himmelweit als ausdruck für
enorme entfemungen.
HÖLLISCHFROH, adj.:
so sieht das weih, mit höllisch frohem lächeln
des galten Scheiterhaufen giühn. Gotter 1, 425.
HÖLLISCHHEIT, f als spolltüel des papstes {vgl. höllisch 1
am ende): allcrhellischter vater, weil es gleich viel ist, was
vor, oder im, oder nach dem concilio beschlossen ist, oder
wird, so wollen wir eben so mehr (on alle concilia) ewer
hellischeit gleuben und anbeten. Lother 8,209*.
1759
HÜLLKLCHEN— nöLLRAUNE
HÖLLUIEGEL — HOLPEKH
1760
HULLhlCHJtN, HÜLLENKLCHEN, m. im simtc von extra-
flisclienken, xportdn : sie {die milglicder <i« sUidtrab) brachten
iler flau gefatterin hundert dukateii und ein verguldetcs
kandt, war ein guter hellkuchen aus des von Neuhaus güll.
LcüwiG cluuiiik von Brunn 'b; so haben auch die herreu
hiirgenneisler neltenst dem lierrn sihiilllieisxen. inuner so
einen sclilanipanip, und hülleukucheu mit neben bei zu ver-
schlucken, oder auf den pump zu saufen, baurenst. Imtetjrr. 31 ;
tu nick slon sy dy arm gemein
iln nmb, ol' das für gee allein
yr -.vil und nutzuii^, dy sv brucLen,
iijs wan nicu yu gibt dy lielkuchcn
und spriclit einer also iu yn
'sc, nim x guldou vor dyu stya' (slimme, bei iiHÜileu).
MoNK nnzcigrr 3,292 (lö. j(Juh.) ;
lielkuoclieii und liantsalbvii vor gericlit,
dar mit man eiin armen sein recht znpricht.
fasln. Kp. 294, 5.
5. das foigemie.
HOLLKÜCHLEIN, »i. pliir. küddein, naschwirk, ursprfmglich
u'ol wie sie in der liölle liinler dem ofen aujhewahrl sind, um,
durch die wärme frisch und zart erhidten, jeweilen ein heimliches
miscJuielüst zu befriedigen, oder einem Iwsuche schnell vorgesetzt
oder auch kindern als leckerLissen zugesteckt zu werden ; in diesem
sinne icenigsletis scheint das wort im G arg. vorzukommen: meister
Janot von Uraccamodo, auf cesarnisdi besclioren, von guten
sorbonistcnharen. bekleidet auf die alt vveisz mit seinem
lyripipi und achsellinich : und den niagcii wo! anlidolirt und
eingeweihet mit hollenküchlin ansz dem höllhaien inn der
fägisch und pfaffentüsch. 151"; der warlich seiner mutler nicht
an den fersen gewachsen ist, das man ihm also die hollcn-
küchlein verbitterte. 47'. sie werden wie die krapfen in fett
gebacken, datier in einer stelle, wo freilich beziehung zu hülle
infernum gesuclU ist:
da sach ich das ganz hellisch feucr, . . .
da hört ich die hellkücblein schnalzen.
H. Sachs 1, 359".
Der name dieses gebäckes konnte leiclu ßtr einen kleinen neben-
vortlwU. etwas beiläufig gutes, das einem erzeigt wird, verwendet
werden; so heiszt es in einer' sl. Blasier handschriß von 1440:
libenlius accipiunt propinas schmuchaies, hellküclilin. Mo.ne
sduusp. des mdlelaUers 2,110; der sinn eines ungerechten vor-
Ihcüs, bcstechungsmütels entstand hieraus um so leichter, als das
wwt erlaubte sowol an hehlen aJs auch an iiülle infernum
{s. oben die stelle aus H.Sachs) zu denlien ; dabei ist die ur-
sprüngliche Vorstellung eines backwerks in der antvendung nur
selten verwischt : die täglichen hellküchliu gegen ihrem obern.
l'ARACtLs. cliir. Schrift. 367 C ; denn sobald ein Teutscher in
Italien den epiciuismum gelernet hat und verdewet das helle-
küchlein, so ist er viel erger und tückischer denn ein wähl
iwdlscliei). LuTHEK tischr. 432'; da werden die Juristen leicli
voll den schenken und lielküchlein. 11. Sachs rfwl 50, 29, vgl.
dazu die bemcrkungen höiiLtRs ä. 105-107 ; in vir wcge wird
des menschen verstand verkehret ; besonders durch di helb^-
küchlein, oder ungcrechle geschenke. BurscriKV kanzl. 045;
solches gibt ihnen (den beamten) auch per se stattlich geld zu
zehlen, und ein extra-ordinari eliam oder gutes fettes kraut-
iutter und höllküchlein in die kuchen. baurenst. laslerpr. 10;
der reichen tliu ich mich erbarmen,
di tragen mir lielküchleiu zu. H. Sachs 2,2, 'Mi*;
si'buw (las du niemiui dise woclien
iiiil eim belkuchlciii habsl gustuclicii. 2,2,37';
das mir ein weil durch iist und renk
se.r vil hclküchcl, gab und schenk
in meinen beute) hat getragen. 3, 3, 7S* ;
die bellküchlein, die er venert,
die haben im den bauch beschwert.
I*. HeiiucN SiisaHiie 5,5;
er (ein rnth) bekumrol auch daffir (fiir seine fürspraclte)
vil scliinir.
dif bellkürblein rrist er gnr gern,
die im iiucb nern aiiüz dem leib bchwerii
durch zippcrlcin odr wascersucht.
J. Arie» fnttn. »;>. 50* (2.VJI, 14 Kftter).
tlÖLI^LKIDiü, adj. in der hölle leid habend: erschein ich
Helial, ein armer hellleidiger geint. Avri:« pror. t, 10.
IIOLLPUTZ, H0U.BI:TZK, m. hidlischer grist, vergl. bulzr
llieil 2, 5SS:
bat uns dann der höllpuiz
mit die«i'ui i-Kel beschlsxiMi? oelköiuij '.iZ\.
II^ILI.HAI .NK, m. vielleicht nur umdeiUunq von nlraune, Iheil
1,240, et tfemuhnt aber an agi. lielrAna hollitcher unlwld, bel-
IcrAue pijthonma Uhkih sprachtdul: 2,33; vgl. auch ahd. hrlli-
rftna und hellirün necromanlia Gbajk 2,525; SritLüR 1537 gibt
hellcrnu und liellerann, runa infcrnalis, i. c. foemina et sacer-
dotissa cum inferis cummcrcia liabcns: es habe alter nun der
leufel und seine hellraunen oder drullen dem cobalt, oder
der cobalt den zcnherin den namon geiien, so ist der cobalt
ein giftig und schedlich metall, es halle silbcr oder nicht.
.Math ES. Sar. lOit'.
HÖLLUIEGEL, HOLLE.NRIEGEL, m. rwyel der hölk, d. i.
der teufel, der den rückwcii aus der hölle wehrt, mhd. Iiellerigel
(wb. 2, 1, 702") : «liier teufelnamen erscheint Hellrigel fastn. sp.
445,32. als bezeichnung eines bösen, teuflischen weibes: hcll-
riegel, vectis infernalis, objectaculum tartari, ita /x-r convUium
appeUanl vetulam deformem et rixosam. Stieler 1572: zu dem
sind etliche vvyber von arl und nalnr halb rössj und hell-
rigel, nur mannlicher dann wybischer arl. RCkk trostbiiclüe hs ;
bei . . dem büsen licUriegel (meinei- frau). Frey garteng. 41;
bedenke, was du dir für ein crenz aufladest, wann du nnbe-
dachtsamer vveisz hinein plunibesl, und einen bösen hell-
liegel zum weihe bekommest. CriEiuits 1,391; o du höUeu-
riegell ist das der dank? ('. F. Weisze kom. opern 2,243;
ei du hellrigel und Lucifer!
ei das dein sei dem teufel wer! (der ehcnumn zur fti/p/ilmn).
fusln. sp. 2M, 22.
HÖLLRIEGLERISCH, adv. me ein teufel, teufelmäszig : dero-
wegen fieuge ich an, mich mit gänsz-sciimalz, liiuszsalbc und
andern haaiferbcnden unguenten also lleiszig zu beschmiren,
dasz ich in kurzer zeit so höll-riglcrisch aussähe, als wann ich
milteii in Aegyplen gebohren worden wäre. Simpl. 3, 134 Ami;.
HÜLLSLl*PE, /'. hüllisclw suppe, bild für ein greuliches durch-
einander: es ist (bei der sündftul) ein gros grewlich abnemcn
gewesen, von so viel heiligen vetern, die on zweivel wol
gelebt und regiert haben, was sol denn jlzt in der hell-
suppen werden? Luther 4,43'; wer ist davon gebessert, das so
viel heiligen zu Rom ligen in der hellsuppen, da kein goltcs
wort, sondern eitel teufeis lere und sein reich ist? 158'.
HÖLLTEL'FEL, m.: summa der höllteufel steckt in allen
ketzern. J. Nas der warnungsengel 16S.
HOLLL.NKE, r». für halunke s;i. 305: dasz ich nicht wie ein
anderer hollnnke und bernhänter wieder nach hause komme.
ScuocH stud. leben M iij ; was wollt ihr di'iiii, ihr holinnkeu,
ihr slraszenräuber? Tieck 14,267.
HÜLLVERSTÖRER, m. von Ütristus :
wilkomm ! höhl und schlangentreller,
höllvcrstöhrer, todesgii't. Kompler 29;
und ist kein arzl, der (der ^eete) helfen kan,
als nur der liail-reich höllvcrstöhrer. 40.
HOLM, m. hügel, ein aus dem niederdeiüschen in die Schrift-
sprache gekommenes wart, <igs. en/jl. holm, altnord. holinr, tat.
columeii, culmen (Fick 349. 729); in der siebenbürgisch-sdch-
sischen mundart Inmmi kleiner hügel. From». 4, 194. es bezeichnet
1) aus dem wasser aufragende landerhöhung , insel. Fiiiscii
1,403';
aber es freute sich Karl der schreienden wnsseoögel
über dem holm, und des becht«, der beginnzi vom abend oui-
porspruiig. Voss 1,U8 (Luise l,5ti9),
mit der erkldrung des Wortes auf s. 221 : lioiin, kleine insel,
auch halbiu'^cl und werder.
2) in den nordischen seestddliti der plalx wo die schi/fe gebatU
werden, schilTsholiu. Jacoiisson 2, 277".
HOI-M im bergwerk, s. hulbc.
HOL.MItlE.\K,V- «'f helmbieue (.y*. 978), die drolme. Neumch
1, 375.
HOLüPS, interj. freudensprünge zu malen : ich sang und
sprang heute holops wüiirend meiner arbeit, ob.schou es Kunol
eine traurige arheil war. a. m. im Tockenb. TM.
liOLPKR, »I. t) eiH sliisi, den man auf eiuetn ratüien weg
im fiiliren beliommt, auch holperer. Frisch l,4(i3'.
i) die unebenlteit des erdreichs, die solchen slusz rcrur$acäl:
waH vcrscliiügls, wann auf einem nch(ig<Mi wege gleich cllicke
holpern und steine sind? Menantks allem, ort. s. 7(J.
HOLl'tK, als ad), bei Stieler, asjier, sotber, inaetjualis,
saansiu: ein holpeier weg, via affiera, holpere slirn, fivn.<>
rvgottt KM.
IIOLI'F^RN, veib. im gehen anslomen, .«/iJ/ktii, stolfiernä laufen ,
wol nur ein Uulmulendes wort, wie auch -«Ittlpern, srliweiteri.srh
gUl ähnlich hillpen hinken und /.itipen, httiper clauäicanf und
liilper. Stm.iik« 2. »>I. Tom er 2T»'; in Ituringeu und dem oslei-
lunde holpern itolptmä gehen ntl>en horpriii, wie fiU «(ol|>ei'u
1761
HOLPERN — liOLTERPÜLTER
HOLUNDER — HOLÜNDERWELN
1762
doli storpeln gesagt «cw-rf, rergl. auch bolkericht, und holler-
polter. holpern begegnet bereits im späten mhd. in einem un-
lichten Hede Seidharts als holpcln :
l'nslich holpelt e; {das kind) da abe. xLiii, 13 Uaupl,
wo eine handschrift hilpelt, die beste hoppelt liest, seil dem
16. jatirh. häufiger: ich holper, impingo, offendo, stolper. Alb.
aa3*; holpern. tUubare, vaciUare, quati, conculi, hdsUure, offen-
dere, cespitare. gressu rtutare Stieler Sö3; holperen, stolperen,
tUubare, racillare Scbottel 133S; in Tirol holpern, stolpern,
stoszeti, mit holpe. dummes, unbehdfenes tceib. Fromm, ü, 153,
woran wieder pfähisches und nürnbergisches holpel (masc.) grober
ungeschickter mensch, holpeln. einen heruniholpehi ihn hertim-
stoszen, hudeln (Schm. 1.1095 Fromm.) steht. Es begegnet:
1) in persönlicher fügung, und auf das gehen und fahren be-
zogen :
mit starrem fusze
kommt er g-ebolpert.
einher gestolpert. Göthe 41, 143;
von einem fuhrwerke : da kommt der wagen hergeholperl ;
seäut von einem kollernden buche: lieszen den Virgil fallen,
dasz er vor ihnen den berg hinunter holperte. Miller Siegw.
1, 1&4.
2) auf das sprechen bezogen : wenn die guten leute nur erst
wollten reden lernen I dieses stoszcn und holpern und stol-
pern und drücken und quetschen der consonauten, das sie
wie ein pfahlwerk vor der iuftröhre stehen haben, hindert
jede gute intention und ihr eigenes gefiihl. Zelter in Göthes
u. Zelters briefwechsel 2, 164.
3) unpersönliches holpern:
spuile dich, Krouos!
fort den rasselnden trottl
bergab gleitet der weg . . .
frisch, holpert es gleich,
über stock und steine den trott
rasch ins leben hinein!
GöTUE 2, 6S (an Schwager Kronos).
4) reflexiv: das land holpert sich an vielen orten, regio
pluribus in locis saxis exasperatur. Stieler 853.
HOLPERH.\FT, adj. asper, salebrosus, confragosus, oslreatus,
hispidus, scaber. Stieler ebenda, neben holpericht.
HOLPERPFLOCK, m. kleiner, in die erde gesteckter pflock,
der den weg uneben macht:
wie holperpflöcke pflanzest deine verse du.
auf dasz du selbst im rausche drüber stolperest. Platk«( 300.
HOLPRICHT, HOLPERICHT, adj. uneben, das gleichmäszige
gehen oder faliren hindernd, ursprünglich nur vom wege : salebrae,
holpericht, rawer weg Alb. g4*; ain holperichter weg, via
salebrosa, holperichte örter, loca confragosa Steisbach 1, '7S ;
wurden (die steine) nach und nach theils ans nothwendigkeit,
thcils aus muthwillen in die geleise geworfen und da ist nun
der weg freilich ein biszchen holperig geworden. Göthe 15,34;
hatte nunmehr seine freude daran, wenn er {auf dem kirch-
hofe) . . statt der holprigen grabstättcn einen schönen. Itunten
teppich vor sich sah. IT, 201 ; nun wurde die gescllschaft
durch einen holperichten weg zwischen zwei mauern in das
alle hintere schlosz gezogen. 1>, 253; nun muszte man über
geackerte stellen und holprichle pfade . . wandern. 21, 142.
von Versen: sie weisz den venvorrensten, holprichsten, dunkel-
sten vers, mit einer leichtigkeit, einer präcision zu sagen.
Lessi.ng 7,21; tagelang konnte sich Gotter mit der Verbes-
serung einer noch nicht correcten, oder holprichten stelle
(seiner gedichte) tragen. Gotters leben, in dessen werken 3, xlvi ;
der schülerhaft holprichte versbau. Platkn 2S0. ;
HOLST, »I. Hex aquifolium. vgl. hülst.
HOLTERPOLTER, HOLTERDH'OLTER, ifiterj. fdH.rstürzende
eile malend; der letzte theil des reimwortes ist deutlich an pol-
tern angelehnt, der erste theil scheint, bis auf den wurzelaus-
lautenden dental, an das auch lautmalende rerbum holpern sich
anzulehnen: hoher die polter, inordinate, mirtim. commistim,
confuse, confusim. lurbide, lurbate, lumultuose Stieler 1464;
es gehet alles hoUer die polter über einander her, omnia
sursum deorsum feruntur, confunduntur. das. ; besonders mittel-
und niederdeutsch ; tri letzterem als hulter de bulter (brem. wb.),
hulter de pulter über hals und köpf Fromm. 2, 22S; assimiliert
hullerdebuller Rldiger neuest. Zuwachs 2, S2; es gehet alles
holder die polder. Filiüor Emulinde s. 32 ; wie es (das mädchen)
aber holler polter durch dicke und dünne laufen muszte, um
dein bösen manne zu entkommen. Moser pittr. phant. 4, 37 ;
berr Peter Fix hatte für den tag mit beschickung seines bauses
IV. II.
und emballage seines reisebündleins, so holterdiepolter er
auch das alles betrieb, beide bände voll zu schaffen. Siegfr.
V. Lindenb. 2. 3 ; am letzten abend des Jahres wird er (der
Weihnachtsbaum) der plündemng preisgegeben und holterpolter
hinausgethan. Reichenac aus unsem vier wänden 2,15«; auch
oberdeutsch: hoher die polter kam izt mein hochgedacbler
hcrr raths- und bauberr mit entbranntem gesiebt. Weübrlix
Chronologen bd. 10, no. 3 (1781) 5. 335 (dialog zwisclien einem
Schwaben und Schweizer) ; bairisch holterpolter bunt über eck
Schm. 1,1102 fromm.; in der form bulter puller :
ein gehörnter schwarzer mann
kommt oft hulter pulter. Voss 4, 75.
älmliche reimworte sind heuster die peuster (sp. 1294), boUribul
(theil 2,234), holländ. hol over bol.
HOLUNDER, ni. sambitcus; ahd. holantar, boluntar, holaudir,
mhd. holunter, holenter, bolnder, verkürzt holder und bollcr
(s.d.); deutlich an hohl rarus angelehnt, <^schon die ganze bil-
dung des Wortes noch niclit ins klare gestellt ist, namentlich darf
die natur der letzten silbe, ob, icie angenommen wird, wirklich
verdunkelter rest eines uralten lern bäum, also compositionsglied,
oder blosze ableitungssilbe, noch niclit als atisgemacht gelten, die
betonung war früher hölunder, u»id noch die Schreibung hoh-
luiider des vorigen Jahrhunderts neben hollunder (öcon. lex. 1054)
deutet diKse betonung an, die auch in mitteldeutschen mundarlen
z.b. der düringischen und mekzniscben, bis jetzt haftet: in der
Schriftsprache ist der ton auf die zweite sUbe gesciwben (holünder,
wie man, auch seit dem vorii/en Jahrhundert lebendig statt des
alten lebendig betont), der holünder ist namentlich als lieilkräf-
tiger bäum geschätzt (vgl. unter holderbaum sp. 1737) : vor hol-
lunder soll man den hut abziehen, und vor wacbbolder die
knie beugen. Simrock sprichw. s. 25S; es kömmt bei den ge-
setzen auf die zeichen an und auf den luond . . wie beim
holünder. schneidet man diesen im abgänden mond, kocht
ihn und trinkt darab. so wirkt er nitsig (nach unten hin),
schneidet man ihn im wachsenden mond, treibt er obsig (nach
oben hin). J. Gotthelf schiddenb. 14. — spanischer holünder,
türkischer holünder, springa vulgaris. Nesxich 4, 1414.
HOLUNDERRAUM. m. sambucus. Trochus K2'.
HOLUNDERREERE, f : er hatte gelesen, dasz jene leute
zu so hohen jähren gekommen, weil sie neben einer diät
von milch, brot und «alz fleiszig holiunderbeeren gegessen.
Riehl culturgesch. nor. 400.
HOLUNDERRLLTHE. f blute des holunderbaums. auch bkäe-
zeit des hi^unders: in der bolnnderhlülhc ist man schlafsöcbtig.
HOLUNDERRUSCH, m. :
holnnderbüscbe ragen,
um ihre gnifl, empor. Höltt 13 Hatii .
HOLUNDERKNÖPFLEIN, m. knospen des "wlundei k. öconom.
lex. (173J) 1055.
HOLUNDERL.\URE, f :
erbebe dich (maientnfichen), mit allem süsz n rauh \
nach jener dämmernden hollunderlaube! B rger 4 .
HOLUNDERLAUS, f aphis sambuci. Nemmch.
HOLUNDERM.\NNCHEN, n. stehaufchen von h- lundei nark :
dasz sich der kegel oder das hollundermännch* n mit dem
bleifusz durch keine gewalt auf den köpf stellen lä;».l. K/ üxe
comoedia humana xiv.
HOLUNDERMARK, b. mark in den zweigen des ho'undeis.
HOLUNDERMUS. n. mus aus holunderbeeren gekocht
HOLUNDERSAFT, m. soft aus holunderbeeren: ihri'i hnU
Inudersaft kochte sie seihst. Moser ;xi/r. phant. 1, 125.
HOLUNDERSALAT, m. acetarium sambuci. Stieler 1676.
vgl. bolundersprosz.
HOLUNDERSCHWAMM, m. peziza auricula, agaricus auri-
culae forma. Nemmch 4, Olli.
HOLl NDERSPROSZ, m. blattsprossen des holunders: die im
frühlinge im monat .Marlio ausschlagende junge bollunder-
sprossen werden zur seihen zeit gesammelt und unter den
Spinat gekocht, oder aber . . . stall eines salats gegessen,
öfon. lex. 10.54.
HOLUNDERSTAMM, m. stamm des holunderbaums.
HOLUNDERSTAUDE, /". sambucus. Stieler 2126.
HOLUNDERSTRAUCH, m. sambucus:
am bäcbleiu, beim hollunderstraucli. Göthe 13, 130;
dort der hollundcrstrauch verbirgt mich ihm.
Schiller Teil 4, 3.
HOLU.NDERWEIN, m. riHiim floribus sambuä conditum.
Stieler 2477.
m
1763
HOLÜNKE — HOLZ
HOLZ
1764
HOLUNKE, m. ffir lialunke, s. sf. 305: bisz dip heucliler
und Schmeichler, die holunkeri in den stubcndnnken ausz
den käfichen herauszschlicfen. FrscHART groszm. 34.
HOLÜNKEN, verb. für hainnkcn, schmähen, nchellen. rergl.
sp. 305 am ende: hergegen einen vorliefflichon und wohiuali-
ficirten menschen, wann er etwan ohne hulrücken in ge-
danken einmal vor sie vorbei gegangen, hohinken sie {die
franenzimmer) dergestalt aus, als wann er erst von siinhirten,
gleich dem rerloreneu söhne, nach hause gekommen, medic.
maulaffe (1694) 404.
HOLWANGER, m. achselträger, verräler, ein der eigentlichen
bedeutung nach dunkles trort, in dem angegebenen sinne schon
im späten mittelaller gebraticht {mhd. wb. 3,502*. Sciim. 4,110,
mit dem ivrbum liohvangcn, einen hegünsligen, da das gegenlheil
geschehen sollte): transfuga holwanger Dief. 593'; schändliche
zulütlerei, mit der etlich holwanger und jaherrn die armen
zum verderben treiben. S.Frank ... 35; holwanger, feder-
klauber. heuchler, jaherrn, orenkrawer, gleiszner. 36; der
herr ist ein rechter hoHwanger und heeder achseltrager, bald
will er den connnissarium liebkosen, bald aber den commis-
sarium aufhenken. Abele kiinsll. unordn. 3,2S6.
HOLWANGEKEI, f.: wegen dieses geübten schelmenstücks
und schädlicher hollwangcrei öffentlich verklagen sollten.
Abele kitnsll. unordn. 4, 304.
HOLWANGERISCH, adj. : ich gedachte, steckt solche holl-
wangerische Schalkhaftigkeit in einem fleisch- oder vielmehr
beinhackcr. Abele kiinsll. unordn. 3, 338. in der form holl-
wankerisch gerichtshändel 2, 305.
HOLWANGISCH, adj. falsch, hinterlistig: nit , . . dasz ich
wöll sein ein holwangischer zuschmeicher. deutsche städiechr.
3, 33, 13.
HOLZ, n. lignum; alts. ags. fries. altnord. niedcrd. holt,
niederl. hont, ahd. mhd. holz, im gothi.ichcn nicht bezeugt, als
nächster verwandter dieses uralten gemeindeutschen woiies .ftellt
sich, icie MiKLOSicH lex. palaeoslov. 287' beibringt, altslav. klada
Irabs, nsl. klada truncus, arbor in silva, und da hier die ror-
slellung des abgehauenen, gefällten entschieden heirorlrill, das wort
auch als eine pasäre bildung genommen werden kann, so darf
«ol bei ermiitelung der ursprünglichen bedeutung sanskr. krnAti
er tödtet, <,«rn;\ti macht nieder, griech. y.ei^fo schneide ab, heran-
gezogen und holt, holz eigentlich als der niedergeschlagene, zu
feuerung und bau verwendete Imumstamm bezeichnet werden.
Uns bezeichnet das wort
l) holz als malerie.
o) eichenes, buchenes, lannencs, kiefernes u. s. w. holz;
brennholz, bauholz ; holz in stammen, scheiten, (löszen ; (ein)
fuder holz. Nürnb. poliz. 30Z ; ein klotz, ein stück holz; eichein
und linlcin hfilzer. weislh.G, 109; was ist holz vom weinstock
fnr anderm holz, oder ein reben für anderm holz im waldc?
Hes. 15,2; junges, altes, grünes, dürres, glattes, krummes,
knorriges, gesundes, faules, wurmstichiges holz: so man das
Ihut am grünen holz, was wil am dürren werden? Luc. 23,31;
als das kruni und estig holz ist. weish. Sal. 13,13; er achtet
eisen wie stro und erz wie faul holz. Hiob 41,18; überlliis-
sige feuchligkeil der erden, der bäume, der faulen hölzer
und anderer faulen dingen. Tabernaem. 1520; sie dürfen mir
kein wurmloch ins holz konnnen lassen, oder ich srhmiile.
MßsE« pair.phant. 1, 137; das holz {der sarge) war Hisi nlicrall
noch gesund. LtcnTENBERC 5 (1803) 151 ;
nehmet holz vom flchtenstaramc,
doch recht trocken laszt es sein.
ScatLLKR olocln' V. 21.
M heisit steif wie holz: so steif wie holz, als wenn kein
leben in ihm wäre! GOthe 14, 1«0; s\mchwörtlich : alle krumme
hrdzer sind quaat zu richten. Sciiottel IIM'; je knmmier
das holz, je besser die krücke. Simrock sprichw. ISS ; alt holz
brennt besser als junges, alt holz gibt gut feiier. grünes
holz, grosze hilze. 259 ; scherzhaft kaltes holz, prfigel, wie un-
gebrannte aschc {vgl. h(*lzen):
Tehll dlra im mngen od«r ilärmen,
wll din bei kaltem holz wo) wermen.
II. WaLdi« Knnp 4, 10, 10«.
dM bolz Wichst, wird genill, gewchlagen, gehauen, geschunden,
aife$ehäU (ej ensol anch dehnine?, bnrgers kneht knine holz
iner »cbynten norh kaine lo davon verkaufen. Piürnb. poliz.-
ardn. 303), gespalten, gesägt, gehackt, gezinnucrl ; dürr Imlz
wtrd gelf»en, gehrnnnl: holz und iingHUk wachHeii ftlier narhi.
LtMMANN M; Abraham .. Kpaltel holz zum brandopfer. l Moi.
22,3; holz zimmern, zu machen allerlei künstlich erbeit.
2 Mos. 35, 33 ; die ihn drob fiinden halten, da er holz las.
4 Mos. 15, 33 ; holz samlen, lignari. Dasyp. ; dürr holz beygen,
aridum cotnponere lignum. Maaler 230', vgl. unten holzbeige ;
wenn jemand mit seinen neheslen in den wald gienge, holz
zu hawen, und holet mit der liand die a\l aus, das holz
abzuhawen. 5 Mos. 10, 5; der weg ist eine wohlgemachle
Chaussee, um das {gefällte) holz aus dem gebirgc bequemer
in das land herunter zu bringen. (Jötiie 16, 227 ;
(wiril) die scliarfe axt zur band ccnommen,
und holz im hain gelallt bis in die dunkle nachi.
VViKLAND 23, 95 (Ol)cron 8, 40);
wenn nimcr holz da ist, so verlescht das fewr. spiichw. Sal.
26,20; wie die kolcn ein glut und holz ein fewr, also rieht
ein zenkischer man haddcr an. 21; sprichwörtlich: hilft holz
zum feur tragen {schürt die Zwietracht). Schotte!, 11 18'; da
hat sich was mäkeln lassen; da hat sich was fischen lassen!
da hast du noch holz obendrein zugetragen ! Schiller kab.
u. liebe 2, 4 ; auf einem holz hacken, ihn schlecht behandeln :
zu hofe fällt keiner liärler, als der in des henn »mgnade
fällt; da wil iedermann holz auf ihm hauen. Butschkv /"(ilm.
302; das, wann er {in Ungnade) fällt, iderman holz auf ihm
hacken wil. hochd. kanzl. 279. technisch ein bäum hat zu viel
holz (Frisch 1, 464'), schieszt, wächst ins bolz, leenn er im
Verhältnis zu den fruchten zuviel neue zweige treibt; auch in
freierem sinne: eine überreife, ins holz gewachsene Schöpfung.
TiECK 20,209; holz legen, beim gärlner abgeschnittene ranken in
die erde legen, damit sie zweige bekommen. Frisch 1.464".
holz in der Verwendung beim bau tmd im kunslhanduerk :
und bereiten zu holz und steine zu bawen das haus, l kön.
5, 18; ich habe aus allen meinen kreften geschickt zum hause
gottes gold zu güldenem, silber zu silberm, erz zu ehernem,
eisen zu eisenein, holz zu hnlzenem gerete. 1 chron. 30, 2 ;
der könig Salomo lies im eine senfte machen von holz aus
Libanon, hohel. 3, 9 ; allerlei gefes von kestlichem holz, offenb.
18,12; holz schnitzen. — vgl. unten no. 3 und holzbau, holz-
bude, holzgefäsz, holzschnitt «. o. composita.
b) der ptur. hölzer, holzarten : es waren vorhin nie gesehen
solche hölzer im lande Juda. 2 chron. 9, 11 ; die nutzbaren
fluchtbäume rodete er aus, und pflanzte ausländische hölzer
an ihre stelle. Musäus 4, 71.
c) das letzte beispiel zeigt den Übergang des Wortes in die be-
deutung bäum, der mehrfach deutlich sich vollzogen hat:
all frücht zu essen hab eewalt,
vom holz des wissen dicli enthalt {vom bäum der cHtennlnif).
SCHWARZKNBKRG 99';
er lehnte seine feuchten wangen
ans grüne holz (.4j)o//o an den lorbecrbauml.
HöiTt 4 finlm.
auch in andern, mehr technUchen Verbindungen: todtes holz
nennt der forstet die nadelbäume, weil sie aus den stücken, stam-
men oder wurzeln nicht wieder ausschlagen, im gegensatze zu
lebendigem holze, laubholze; der ort liegt zwischen frucht-
baren, mehr oder weniger steilen, zum theil mit holz be-
wachsenen bügeln. GöTHE 43, 142, rgl. h(dzbewachsen. holz
«11/ näherem beisatze als bäum- oder auch strauchname : weiszes
holz, bignonia leucoxylon, lulpenbaum, auch melaleuca leuca-
dendra, der kajaputbaum ; ewiges holz, pislacia lentiscus, der
maslirbaum; heiliges holz, lebensholz, blatterholz, pocken-
holz, guajacum sanrtum, rcn//. dazu unten holzkur, und die
ScHM. 1,1104/". Fromm, beii/ebrachte redensart ins holz legen:
solche kranke und dürftige, die sich am stein schneiden,
oder wohl gar in holz legen lassen müssen, aus e. lest, von
l.')16, was auf die holzkur gedeutet wird; s. auch unten holzhaus;
grünes holz, gelbes holz, laurus rhlororylon ; stinkendes holz,
cnssia ocridentalis : wildes hol/., iienbia linctoria, färbeginsler,
auch s]}arlium .vrtijwr/Mni, pf)iemkriiul.
d) mit ii'uksirhl auf seinen wert und seinen innem gchall wird
der mensch dem holze i'erglichen : er ist aus gulein holze; ein
grobes holz, ein ungeschickter mensch, truncus, stijtes, bomo
qui ligno similis er quo mm fiel Merrurius. Frisch 1,4('>4'; denn
ich bin auch . . desz hollz desz ihr jetzt seit (iwi glrichetn
stände). KiRcMHor urndunm. 1.S7'; ich bin so gut vom adel
nU ihr, imd eben so wol desz holzcs, da lunn die bischoff
auszschnilzell. Zimkcrkf apophlh. 1, 327 ; es war unmöglich aus
diesem pndien liolz einen iloctor oder lieenlialen zu sehnilitrn.
Scnui'Pit's vn2 ; je höflicher du mit einem schlechten kerl und
groben holz iiniligehesl. prrs. rosenih. •«, s7; {da adtirhe) in
ihrem herzen die bürgerlichen wenig oder gar nichts arbtrlcn.
1765
HOLZ
HOLZ— HOLZAPFEL
1766
weil sie in den ungegründeten gedanken stünden, sie wärtn
aus einem ganz andern holze gewachsen, ehe eines mannes 49;
kan man uicht galant betrügen,
nennt man uns ein grobes noiz. Gdnthek S3.
2) holz, eine mit waldbäumen und slräuchern didit bestandene
fläche, H-ald, wie franz. bois: schon ahd. saltus holz, pergä, ze
holz indrinnen Silvas requirere Gbaff 4, 931 ; mhd.
Dii fiten si beide
nd holz nii beide,
unz da; si der lac verlie. Erec 3107 ;
solde ich mit iu ze holze gän,
mich sta>che lihte ein dorn, mianes. 2, 172' Hagen;
nhd. hohe hölzer, tiefe, iceit umfangene wälder {gegensatz zu
»orhöizern). Ocon. lex. (l"3l) 1160; reit also dem weg nach,
hisz ich kam ausz dem holz. d. slädtechron. 5, 107, 27 ; unsere
herrschaft haben inen die hölzer alle allein geeignet. Luther
3,112'; darnach hat er wollen einen andern bekandten weg
durchs holz reiten. 3S5'; gehen gar sicher durch wälder,
hölzer, durch ort so vor den mördern nicht sicher. Schcppiüs
697; ein holz zu besichtigen. Schweisichen 3, ISS;
'ijauf dasz ich recht mit ihnen (rfen nymphen) frölich sei,
such ihren Sammelplatz ich in dem holz hierbei.
A. Grtphics 1698 t, 704 ;
der berg war hoch, mit biisch und holz bedeckt,
und im gesträuch der krumme pfad versteckt.
WiBLASD 10, 169 ;
da ritt in seines zornes wuth
der grar ins nahe bolz.
Schiller gang nach d. eisenliammer ;
und die blümlein blühn im bolze. Rcckebt 40.
sprichwörtlich : das holz musz pfleglich gehalten w erden. Pisto-
Rics thes. par. 5, 64 ;
welcher kriegt aus fürwitz und stolz,
derselb jagt in seim eigen holz (richtet sich selbst tu grund).
Kirchhof wcndunm. 34'.
Feste Verbindungen sind gen, ins holz, zu holz gehen, laufen,
fliehen, fahren:
e; was bie vor unbillich, da; nu mengiu tuot,
da; si ze bolze liefen reijen, sam die knaben.
ininnes. 2, 77' Hagen ;
ir müssen zu holz gon, und müssen mir weiszes lindenholz
holen. Eulensp. no. 30 s. 42; oß mit der bedeulung des davon
geliens, weg gehens, vgl. th. 3, sp. 1253 : sie luffen auch, als man
da;5 stetlein anliesz mit stürm, gen holcz und vermochten die
haubtleut sie nit an stürm zu bringen, d. städtechr. 2, 67, 15 ;
es geschieht aber oft eh ein monat hinkorapt . . das ye eins
wolt das ander were ein wolf, und lief zu holz. Fraxk sprichw.
2, 6S'; einem ein röhr zuverderbcn, dasz er alles wildbret
damit zu holz scheust {dasz es durch den schusz nur versciteuehi,
nicht getroffen wird). Simpl. 2, 186 Kurz; nocli iii aller frische der
bedeutung :
ein spieszhirscb, dem die nahe jagd
die scblanken laufte zittern macht,
flieht schnell zu holz und thut sich nieder. Hagedors 2, 29.
ein holz wird gerodet, geschlagen, gehauen: die wäld und
hölzer {siivae lucique), so abgehawen seind, wider erstatten.
RiHEL Li$ius 42S; die meisten hölzer sind privatbesitzungen,
werden unter aufsieht geschlagen und so ins land gefahren.
GöTHE 16,232.
3) holz, das aus dem holze gefertigte, aus dem holze geschnit-
tene {vgl. oben l,a am ende) in dem verschiedensten sinne, vom
pflock, stock oder knappet bis zum künslliclteii gerate; so in der
bibel, ein stock: schlcgt er in aber mit einem holz (damit
jemand mag tod geschlagen werden). 4.Vos. 35, 18; ein schiff:
geschichts, das die menschen ir leben auch so geringem holz
vertrawen, und behalten werden im schiff, damit sie durch
die meerwellen faren. weish. Sal. 14, 5; hölzerne schreibtafel :
nim dir ein holz, und schreibe dar auf. Hes. 37, 15; das kreuz:
der gott unser veter hat Jhesum auferweckt, welchen ir er-
würget habt, und an das holz gehangen, apostelgesch. 5,30;
welcher unser Sünde seihs geopfert hat, an seinem leibe,
auf dem holz. 1 /Wr. 2, 24 ;
die ecirige gerechtigkeit zu sühnen,
starb an dem bolze gotte» söhn. Schillir Karlos 5, 10 ;
sonst der galgen : wurden an einem inslrument von 3 hölzern
gezüchtigel (gehängt). Happel acad. rom. 32;
da bete er {ein mann) einen galgen üf gerihtet.
der künec sprach : guoter man, warumbe biatu da; getan,
da; du diu hölzer ül rihles? minnes. 3, 5* //aj^cn;
daran anschlieszend, im galgenhumof holz in die erde ziehen,
den galgen beschweren: {die diebe) werden .. in die eisen ge-
liffert, oder auch wol holz in die erden zu ziehen, an die
hälsz, bis die hörner wachsen, gebunden. Kirchhof milit.
disc. 120 ; in einer Verwünschung {vergl. hölzlein) : f uhrmann.
wahrhaftig es ist das erstemal, dasz mich ein so vornehmer
herr lieber freund geheiszen hat. Lauer, danks ihm ein spitz
holz I GöTHE 42, 4 ; holz daran man trähet, mymphur. Dasvp. ;
gehölt holz, wie ein schiff gemachet, naustibulum. ebenda;
grosz holz mit einem eisen köpf und handhaben zu beiden
seilen, da man weg mit pJlestert, oder pfal nnt in die erden
treibt, ftstuca. ebenda; höher pfälile, balken: wo hülzerne oder
auch steinerne brücken, so etwa mürb oder sonslen schad-
haft, . . musz man dieselbige unterstützen, und mit starken
hölzern belegen. Böckler kriegsschule (l66S) s. 565; holz her!
rufen, die zimmerleute, wenn sie sich balken zureichen; hölzer
im keller, alias lagerhölzer, canterii dolus subjecti. Stieler 853 ;
im bergwerk:
da man die schachten stracks mit hölzern unterbawt. '
D. V. D. Werder .Ariost 11, 3S, 11.
loses holz, beim fensterkreuz, der den rerticalen pfosten durch-
schneidende titeil. hölzer heiszen beim schuster im groben aus-
geschnittene hülzerne absätze zu frauenzimmerschuhen, die nach
dem jedesmaligen schuh ausgebildet und mit teder überzogen werden.
Jacobssos 2,278"; holz do mit man die ochsen brickelt, ;u(/«m.
voc. ine. theul. k 3' ; holz dar in die thur get oder henkt, postis.
ebenda.
Von feineren geraten : holz die steine des damen- oder Schach-
brettes :
der meint, der fjrrtag sy erdacht
das kleiner arbeit gott nit acht
als das mans holz im spielbrät schlag
und karten sitzt ein ganzen tag.
Bra:<t narrensch. 95,26;
holz, schaß der lanze und lante selbst:
manch bolz sy auf ein ander zubrachen. Tlieuerd. 103, 18 ;
die tasten der orgel:
der Amsterdamer Assaph (mrisler Joh. Petersen) hat
den Schulzen seine kunst gelehret,
der so die hölzer schlug und trat,
dasz alle weit ihn schier verehret. Rist Pani. 423.
die harfe :
doch scheint das schnarrende bolz von Orfeus geist beseelet,
so bald sich Rezias gesaug mit ihm vermählet.
Wiela:«d 23, 100 (Uberon 8. 49).
endlicJi holz, die kegel beim kegelspiel: wir schreiben uns . .
wie viel holz jeder gemacht. J. Paul flegelj. (1804) 1,234;
neun musen stell ich mir, so wie neun kegel, vor.
man wirft, und trilTt doch holz : es sei viel oder wenig.
Hagedorn 1, 62;
schieb ich bolz, da wird gejubelt!
dreie ! fünfe ! sechse ! neune ! Götbx 47, 267.
vergl. auch holz im namen von geraten, rollbolz, glättebolz,
mangholz, kerbhoiz, ferner bürstenholz {theil 2,552); holz am
Spiegel, der spiegelrahmen.
4} holz, obscön, wie sonst ruthe :
ich pin ain starker wittwen (lies wittwer) stolz,
und han noch unten ain gut vol holz,
da mit ich ain Trauen woi wil strafen, fasln, sp. 733,8.
5) holz, eine bestimmte quantitäl holzes; auch ein block h<Az
von bestimmter grüsze. in Baiern. Schm. 1, 1103.
HOLZABGABE, f. abgäbe, Überlassung von holz: in gegenden,
wo man nur holzfeuerung hat, wird theils durch leseholz,
theils durch holzabgabe ... zu sorgen sein. StCve wesen u.
verf. 249.
HOLZACkER, m. umzduntes stück land mit holjwuchs: wo
bolzackcren gelegen sind, die sich selbs bezünen müessen.
weislh. 1,213 {st. Gallen 1495).
HOLZAMT, fi. anü, aufsichtsbehOrde über ein hob oder watd.
Frisch 1, 464'.
HOLZANEMONE, /". anemone sylveäris.
HOLZANPFLANZLNG, f
HOLZANSTRICH, »i. anstrich des hdzes mit färbe. Jacobsson
6, lOO'.
HOLZANZUCHT, f: Vermehrung eigner holzanzucbt. SttivE
wesen u. verf 127.
HOLZAPFEL, m. pyrus malus sylvestris; mhd. hulzapfel,
6e« Mecenberg 329,26 auch t»» sing, bolzöpfel ; macianum holz-
apfel DiEF. 311' ; als herbe und schlechte speise in vielen sprich-
wörtlichen redensarten verrufen : beschwernus ist wie ein rauch
111*
1 767 HOLZAPFELBAUM— HOLZBERICHT
IlOLZBEWACHSEN — HOLZBÖCKISCII 1768
in äugen, wie ein hulzapfel in zühnen. I.kiimann 9:^; man hat
ihm holziijtfel angericht (ihm verdrusz gemacht). (»5; eitern essen
oft holzäpfel, davon den kindern die zühn stumpf werden,
l*»; er hat holzäpfel gcsseu (sieht sauer). Schottel 112«'; tliue
als wenn du in einen sauren holzapful aus dem Westerwalde
gehissen hättest, reime dich 164 ;
und soll zwei jar eitel liolzöDfel essen,
die man den Schweinen het nirgeraesseii.
/«s/ii. xp. .•«)S,,20;
langt die pasteten, bringt die Oadcii,
wolt ihr gest zu holzöpt'eln laden?
•irobuniHs (1508) F ij " (li. 2, cnp. l) ;
in einem spoUvers auf die Hessen heiszt es:
wann schleen und holzäprcl nicht gerathcn,
so haben sie weder zu sieden noch zu braten.
zimmerwninui''iiiuchr B "'. Simrock
spricliie. 24S ;
ich hahe doch so viel Vernunft, dasz ich weisz, dasz holz-
äpfel keine (|uitlcn sind. WiELANn II, ISs.
HOLZAI'KELB.^l M, m. pomus maciauus. roc.inc.lheul.ki'.
HOLZAHBEITEH, m. jeder handwerker, dir holz zu geiälen
verarbeitet. Jacobsson 2, 27"'.
HOLZ.\nT, f.: die natiirgeschichte der häume und holz-
arlen. Campe kinderschrißen IS, ST.
HOLZASBEST, m. amianthus lignosus, eine asbeslart.
HOLZASCHE, f. asche von holz.
HOLZAST, m., plur. holzäste oder hauptäsle, die (jrösle»
und stärksten äste eines baumes.
HOLZAUFSEHER, m. aufseher über den holzhestand eines
toaldes.
HOLZ.VLFSETZER, m. eine vereidete person in wdUern, die
das geschlagene brennliolz in klaßern, häufen u. s. w. nach dem
masz setzt. Jacobsso.v 2, 277'.
HOLZALGE, n. ein nicht fruchtbringendes äuge vom allen
hdz der reben oder anderer ziivige.
HOLZALSTEH, f. afrikanische und amerikanische auster, die
an den zweigen und wurzeln der am ufer stehenden manglebdumc
gefunden wird.
HOLZAXT, /". ajct zum schlagen und spalten des brennholzes:
zwar anfangs will es ihm nicht gleich nach wünsch gelingen,
die holzaxt statt des ritterschwerts zu schwingen.
Wieland 2:{, 95 {Uberon 8, 42) ;
Sprichwort : er stirbt nicht, man schlägt ihn dann mit der
holzaxt zu todt, il ne mouna jamais, si on ne Ic tue. DijEz 40.
HOLZBAHN, f Irames, conrullis, anfractus. Stieler 82.
HOLZBALKEN, m. hölzerner balken an gebäuden, thitren,
fen Stern.
HOLZBALSAM, m. das holz des balsambaumes ron .Mekka.
NtMMcn 1, -253.
HOLZBAU, adj. ßr das abholzen, iwlzschlugen geeignet : holz-
l»ar machen heiszt eine blüsze im walde wieder mit holz anfliegen
lassen, so dasz sie zu seiner zeit wieder abgetrieben werden kann.
Jacobsson 2, 27''.
HOLZBAU, m. 1) errichlung eines gebdtides aus holz, und so
errichtetes gebäude selbst . das haus war nur ein holzhati ; der
scandinavische holzhau.
2) anbau einer holzung, eines waldes. ücon. lex. (17.31) lOGl.
HOLZBAL'EH, m. bauer der haujAsächiich waldwirtschnß treibt :
einen hebel, den etwan ein holzbauer ligcn lassen. Simpl.
2, IßS.
HOLZBEAKBEITL'NG, f: eine reihe anderer maschinen..
deren man sich in gröszcrn elablissements für die verschie-
denen zwecke der holzbcarbeilung bedient, der arbeiterfreund
186S t. u.
HOLZBFDAKK. m. bedarf an holz, namentlich brennliolz.
HOLZBEKBE, f prnnus fiadus, schwarze vogvlkirsche und ihi
bäum.
HOLZßEIGE, f., un amas de bois, un Imber, strues ligno-
rum, ptjra, rogut. diel. (Genf HVVt) 17i). vgl. Iieige theil i, lll'l.
HOLZBEIL, n. beit zum spalten des holzes: liiuft noch ein
iianer daher, der bat ein holzheihel. GOtz v. IL Mi.
HOI.ZBEIN, n. bein von holz, Stelzbein: der slaal lasse doch
einmal den iimern menschen sich die lehendigen glicdmaszcn
«elher zuhilden, eh er ihm spiller die nölhigen h<dzheine . .
aii«i hieiii'l. J. I'all freiheil bucht. 10&. auch träger eines solchen,
und hier ron Stikikr mit männlichrm ijeschlecht verzeichnet: der
h(d/:liein, lignio jiede innilent. 124.
HOLZBEBI' MT • '•ih.her berirht uh'> •■„..■ M-,,»» J*-
COBSHOX 0, In .'
HOLZBEWACHSEN, pari.: in einiger entfernung gegen Süd-
ost hohe holzbewachsene berge. Göthe 43,142;
tief in einem holzbewachsnen thale. Wielakd 18,49.
HOLZBIENE, /'. apis violacea.
HOLZBILDUNG, f: (es wurde) ein eigenes botanisches
mnseum eingerichtet und darin . . anlange einer zusanimen-
slellung von Sämereien, nicht weniger heispiele dessen, was
sich auf hülzbiidung bezog, angelegt. Götue 32, HC.
HOLZBINHER, m. im ludlischen salzwerke an arbeiler, welcher
das zum sieden nötige holz, röhr odei- stroh in wellen oder bfindel
bindet. .Iacobsso.n 2, 27s*.
HOLZBIRNBAUM, jh. pirus silvestris. Fniscn 1,464'.
HOLZBIRNE, f wilde, im walde wachsende birne {gegensalz
zur gartenbirne), inlid. hoizbir: an jeder blnmen erscheinet
auch die frucht anzusehen als die kleine wilde holzbiren.
Tabeknaem. S62; gestern gings Instig zu, da schössen die
ehrenveslen, gestrengen, wie ein holzhirn auf einander zu.
engl. kom. 2 IM.
HOLZBLÄTTCHEN, n. blällchen aus holz: mit einer be-
stimmten anzahl verschiedenartig ausgeschnittener holzblätt-
chen. H. Heink U, 137.
HOLZBLUME, f die anemone: blaue holzblume anemone
hepalica, wcisze holzhlunic anemone ncmorosa. Nemmcii 1,290.297.
HOLZBOCK, m. l) wilder bock, waldbork: holzhock, f«peo-
lus, cajier silvestris. ror. ine. theul. k 3", in andern vocabularien
rehliock oder Steinbock, vgl. Dief. 9s'. in Düringen heiszt es
von einem besonders gesunden und ertragiingsfäliigen menschen
er ist gesund, derb wie ein holzbock.
2) holzbock, ein gestcll (vergl. bock 10, theil 2,204) mit ge-
kreuzten beinen, zum sägen des holzes. Jacobsson 2, 278*. auch
ein gesteil im kamin , zum draußegen des brennenden holzes,
brandhock, feuerbock.
3) holzbock, Schimpfwort ßr menschen, mit besonderer heto-
nung des steifen, störrischen, knfipß wol ehei- an die bedeutung 2
als an die erste an; so ron weibern : es seindt (viele weibei)
holzböck, wilde unlläler, den kein gflt wort ausz dem numd
geht. S. Fhank sprichw. 2,201*; die slörrigeu holzböcke und
ungeratene unholden, welche hie weder man noch kindern
haben gut gethan. V. Roth hmismiUler ABC ke'; von männern:
ein holzbock zum manne, hocc. 1, 181' ; weil ihn (einen pre-
diger) bedünkle, es hätten sich an seiner person etliche
saturnische holzböcke geärgert, die da vermeinelen, geist-
liche sollen nur innner säur sehen. Simpl. l, 122 A'«r:; ein
holzhock, der stets ein catonianisches gesichle machet, die-
net zu keinem politico. Bltschkv Palm. 860; gott eilet mit
einem bedrängten und betrübten eheweib manchmalen aus
der weit und läszt dem holzbock das nachsehen und die zu
späte reue. Scriver seelensch. 2, 2S2 ; das ist immer ein ganz
ander leben, wenn die französische ein(|nartiernug hier auf
dem platz ihr brod imd fleisch ausgetheilt kriegt, als wenn
die prenszische oder hessische holzböcke einrücken. Bettine
briefe 1, ix ; dem genie in der iniisik steht der gelehrte in
der musik allemal als ein holzbock gegenüber. 2, 28.''>;
du iinvei'standtner grober holzbock. H. Sachs 3, 3, S4*;
Holzböck t« einem f ist nachtsspiele als eigennantc eines bauern
unter andern liezcichnenden :
Mault'ranlt, l.fillars und Lniisniisloch.
Langbals, Scblutmock \inil Kuestrlck,
llulzpock und Lnllzapr, iiiorket mich. 3^10, 11.
4) holzböck, ein käfer, ccrambyx, auch bockkafer (wegen seiner
fiildhörner, die den hörnern eines .v/finWA-.s ahnein), dessen larven
im holze iJire nalirung finden : der weiche holzküfer, leplura,
mit cerambyx nahe verwandt. Nemmch 3, 378.
.')) holzbock, acarns reduvius, eine in gestriluchen lebende
milbe, die thieren lästii) wird. .Nem.mcii 1,19; holzliock, re(/iVi«i.v.
waldhcinz. Ai.b. \x3'; redivius ein holzbock, ein wnrmlin das
den thieren an der haut kläbel, und das blilt ausz sauget
onablässig, bis d{ gestirbl. I)as\p. ; holzhock, hundslausz,
plaget die Intiid und die ochsen, rediviiu, rtcin«.«. Maai.er 2:>o'.
HOLZRtiCKKUEI, /. (ii«f/i holzhock 3), slomiich4S Ittnehmen:
sündigen hingegen etliche mttnner mit holzhöckerei und tv-
runnei. i'iiiLAMintit 2,367. ,
HOLZBOCKET, adj. ^ir holzbockicht, steif wie ein holzbock :
wenn er nicht mit ihnen s( herzen kann, da licisl es gleich :
es i<t ein iKil/bockeii-r manu. Creidiis 2, 2r>4.
HOLZBÖCKISCII. <idj. (nach holzhock 3), steif, üünisch wie
ein holzböck: duer irawen mürrische, htdzbuckische, freinbde
wrim {tptitt) tnnrhrt ihre xurht und «chnme unMchrinbar.
1769
HOLZBODEN — HOLZEN
HOLZEN
1770
Fischart eA;. 36 ; als mich aber auch diejenige, die sich um
das frauenzimmer umthun konten, meiner holzbricki sehen ait
und ungeschickligkeit halber anstachen. Shnpl. 1,291 Kurz; da
gab sie mir ein kusz bis ins maul hinein und sagte : mein
herr, warum erzeiget ihr euch gegen mir su holzböckisch und
unfreundlich? franz. kriegssimplic. 2,297.
HOLZBODEN, m. l) dachboden zur aufbeicahrung des hohes.
2) erdboden, der für Wildungen sich vorzüglich eignet.
HOLZBOHRER, m. l) bohrer dessen spitze nur einmal getflfüit
ist; zum bohren des holzes, nicht härteren mnteriales. 2) name
det insecten, phalaena cossus, und teredo naralis. Nehsich.
HOLZBRA.NE, /". vorholz, das Unterholz am rande eines tcaldes;
auch hnlzbrame. s. brane (/(. 2. und brame 2, ebenda sp. 293.
HOLZBRAUN, adj. braun wie holz:
holzbraunes äpfelein,
wie bitter ist dein kern. Meihkrt 197.
HOLZBL'DE, f. bretterbude : eine kleine holzbude war näm-
lich in der mitte {des amphUheaters) emchtei. H. Heine 2, 107.
HOLZBLNDEL, n. bündel von geschlagenem oder gelesenem
dünnen holz: weil sie in den wald gegangen wären und holz-
biindel holeten. Felsenb. 3, 366.
HÖLZCHEN, n. dim. zu holz in allen seinen bedeutungen,
namentlich auch in der bedeutung 2: vor der stadl befand sich
ein höizchen, das als vergnügiingsort viel besucht ward.
HOLZCULTUR, f. p/lege eines valdes in bezug auf seinen
holzbestand.
HOLZDEICH, m. deich, welcher am fusze mU holz bekleidet
ist. Jacobsson 2, 27S*.
HOLZDIEB, wi. 1) rfieft der holz, vornemlich im walde, stiehlt.
2) auch name von j^alaena eosstu, holzbokrer. Nemsich 4,924.
HOLZDIEBSTAHL, m.
HOLZDING, n. gericht über Waldfrevel. Haltaüs 952: czum
ersten hayn die menner von Eiben . . gesaget und gewjset
umb das hoiltzdyngk. weisth. 3,321 {yiedersachsen von 1440).
HOLZDRAM, m. holzbalken {vgl. dram th. 2, i;ö2): holzdräme
und laden {legt man über die gruben, in denen man getreide
nufhebl). Hohberg 2, 59*.
HOLZDRECHSLER, m. dreclisler der in holz arbeitet {gegen-
über dem bein-. hörn-, bernsteindrechsler).
HOLZDREHER, m. hdzdrechsler.
HOLZEINSCHL.VGER, wj, der die holzhaufen in gehöriger
masze setzen läszt, holzaufsetzer. Frisch 1, 464'.
HÖLZEL, s. hölzlein.
HOLZEN, verb. l) hdz schlagen, im walde holz holen, mhd.
holzen (Lexer wb. 1, l:i30) : luinor ich ghe bolzen. Alb. JJ2';
holzen, zu holz faxen oder gon holz ze füren, lignari, male-
riari Maaler 230'; lieszen zu Zeiten ain tag oder 2 in der
Wochen . . iedennan holczen, wer wolt, in dem newen wald.
d. st'ldtechron. 2. 327, 3 ;
die ait esklingt, da blinkt schon jedes beil,
die eiche fällt, und jeder holzt sein iheil. Göthb 3,244;
f » der form holzen :
gerne wil ich bei dir pflügen,
gern auf harten ^erstenstroh,
liebstes kiiid Karille liegen,
gerne dreschen, holzen: wo
ich bei dir nur möge leben
und zur zeit ein küszgen geben.
ScuwiECER ijfhnrnischle Venux 172.
2) technisch, in transitiver ßigung: einen deich holzen oder
beholzen, Um m'U holz bekleiden; beim b<icker den ofen holzen
oder beholzen, ihn mit holz versehen. Apeluxc.
3) holzen, bei den Jägern, auf einen bäum springen oder klet-
tern, vom fuchs, marder und eichhorn. ebenda.
4) holzen, in der burschikosen spräche, pritgeln.
HOLZEN, HOLZERN, adj. ligneus; ahd. Iiolzin bei Notker
(Graff 4, 932), inlul. dagegen vorwiegend liülzin {neben holzin
Lexer mhd. wb. l, 13S2), was auf ahd. hiilzin hinweist, das
wort steht, bei allmähliclun- formverdnderung, in eigentlichem und
in übertragenem sinne.
l) in eigentlichem, aus holz gefertigt.
n) die mhd. form klingt in hiilzen oJer oltne umlaut geschrie-
benem hulzen, noch bis ins 17. jahrh. nach: hulzin lineus, est
lüiiiuod factum de ligno. voc. ine. theut. k4'; lege ez, uf einen
hiilzinen rost. buch v. g. sp. 4; henket sich mit den hindern
füszen an einen hiilzin nngel. Steinhöwel(1487)6S'; der hiilzeu
weinstock bedeul Christum. Luther 3,142'; {da) Jeremias eine
hülzen kellen am halse trug. 4,27.3'; denn wir sind ja, gott
lub, so grob nicht, das wir gleulifii «hI.t -iMtfi'ii, ,\:,< ,•< Icit».
lich so zugegangen sei {bei der hüllenfahrt) mit euszerlichem
gepreng, oder hülzen fahnen, und tuch, oder das die helle
ein hülzen oder eisern gebew sei. 6, 77' ; alles hülzen gefesz.
i Mos. 31,20; holz zu hülzenem gerete. Ichron. 30,2; bawen
bülzin stell und thürn. Frank weltb. i' ; wasser in einer bülzin
Schüssel. Aimott bog. Z; eine hülzene fläschen. Pauli schimpf
135' ; mit einem bock oder dolchen in einer hülzen scheiden
umbgürtet. Kirchhof wendunm. 150'; und also rausz man auf
den palmtag ein hülzinen esel, inil laufenden phariseern und
pfaffen ninds umbgeben, umbher schleppen. Fischart bienk.
149' ; zu der zeit, . . da die kelch hülzin und die priester
guldin waren. 171' ; wollen die frösch den hülzinen ploch
nicht, so will ich den stocken über sie schicken. Ziskcref
apophthegm. 1, 73 ;
so kumbt man zA der bicht zfi zjt,
wann man die hülzen taQen lüt [zur charwoche).
Bra^t narrensch. 110', 91 ;
ein könig auf eim hülzen ross.
Atrer 294« (1470, 22 Keller) ;
hülzes für hülzenes : geht gar wunderlich daher, hat ein hülzes
Schwert. 454' (22S2, 21).
6) daneben, vorzüglich im 16. jahrh., schon vielfach holzen :
ligneus holzen Dief. 329' {mitteldeutsch, 15. jahrh.) ; steinen oder
holzen kirchen. Luther 1, I9l'; steinen und hülzene bew
{gebdude). Schade sat. u. pasqu. 2, 36, 32 ; ob die ampel for
den hölzenen götzen brennen. 3, 282, 2 ; hiilzin bild, Signum
ligneum. Maaler 22s'; ein hölzius röszlein. Th. Platter 19.
sprichwörtlich: hölzin oder küpferin gell {geringe.<t, schlechtes),
hölzin seelmesz. Frank sprichw. 2,65*;
den liebsten bulen, den ich hab,
der ligt beim wirt im keller:
er hat ein hölzins röcklin an,
und heiszt der moscatteller. Garg. S5';
in der .\chiver langem weiber-kriege
bair ietzlicli noch ein hölznes pferd zum siege.
LoGAü 1, 159, 82.
noch Frisch führt die form hülzen ne6en hölzern als gleich-
berechtigt an.
c) unter eintritt des pluralen r der Substantiven mutterform
entsteht die form hülzern (irte beinern, steinern, gläsern, flei-
schern ßr beinen, steinen, glasen. Heischen) schon früh:
ligneus hulzern Dief. 329' (15. jahrh., mitteldeutsch); hulzeni
pfulfe {pfithl, in der badestube). Micbelsen Mainzer hof i\ ;
öfters bei Lcther neben hülzen : es sind mancherlei rosen, als
silbern, gülden, lüchern, papiren, steinern, hülzern. 3, 47l';
kein eisern noch hülzern creiiz. 6, S' ; in hülzern und stei-
nern gefeszen. 2 Mos. 7, 9 ; eine hülzerne seule in einem könig-
lichen saal. Baruch 6, 58 ; manchen eisznen und hulzern nagel
verschlagen. Pauli schimpf 165" ; von einem hülzern Johannes.
Kirchhof wendM/im. 314'; dasz schier nützer wer es würd ein
hülzern stock an ire statt gestellet. 154'; warf ein hülzern
liechtstock in der kammern ober sich. 403'.
d) die heute in der schrißsprache ausschtieszlich herschende
nebenform hölzern irirrf hiei- aus dem 17. jahrh. nachgewiesen,
ist aber wol auch schon im 16. vorhanden gewesen :
als bald nirapt Jupiter ihm gold zu seinem throne, . .
Mercur umb seinen stab, der vor nur hölzern war.
Opitz 1, 55 ;
hölzerne nägel ; hölzerne kisten ; hölzerne häuser, säulen ;
das hölzerne (trojanische) pferd. Lessing 6,405;
eingeschlummert, matt vor alter
sasz auf seinem bulzem stuhle
Cid, der feldherr. Herder Cid 62;
an diesem tone vermulhe ich, dasz er einer jener leule war,
die inwendig im leibe grau angestrichen sind und hölzerne
gedänne haben. H. Heine It, 142.
e) manchmal wechseln die formen dicht hintereinander: auf
ein hölzin geschirr gehört ein hülzener deckel. Lehmann lt>ö;
warn holzen kelch und gülden pfalTen,
die man nit tadlen kiindt noch strafen,
jetzt aber habens kelch von goldt
und sein dem geiz daneben holdt,
und sein die pfatTen jetzt gar hülzen,
und gar viel gröber denn die rülzen.
R. Waldis Exnp 4, S.3, J3. 17.
2) das hölzerne gelächler hiesz früher die strohfiedel, eine
art holzharmonika : das hülzene gelächler, baculi in Stramine
jncentes symphoniaci Frisch 1,562'; des Ions ungefchrlich wie
ein hilzes gelechier. Winkelfelder 339;
hülzen gelechier und drommeten,
Schalmeien, lleiten.
Schade siil. u. patqu. 2, 233, 1366.
1771
HOLZEN — HOLZFEILE
HOLZFEIMEN — HOLZGELD
1772
3) hölzern in übertragenem sinne.
a) steif, von dem benehmen eines menschen, nicht geschmeidig :
sie werden so einen hölzernen Peter nicht zum rathshcrren
machen. Chr. Weise erzn. 4uO; (wir) verachten einen andern
also genannten hölzernen Peter, kl. leule 336; sie linden ihn
ohne zweifei ein wenig steif und hölzern. Lessing 1, 573 ;
Uvnofern) die nicht wie stumme götzen
sind in die kirche nur, nicht an den tisch, zu .setzen,
und die man billich heist ein hölzern Trauenbild,
das nur zum schauen taug, und nicht zum brauchen gilt.
LOCAL 2, 13;
pfui, schäme dich; so hölzern bist du nie,
so unertr&glich langsam nie gewesen.
ScHiLLSR Karlof- 2, 7 ;
von seinem fühlen und denken, ohne schwung: und dann der
trockne alllagsmensch, der kalte, hölzerne Franz, und wie die
titelchen alle heiszcn mögen, die euch der conirast zwischen
ihm und mir mocht eingegeben halten. Schiller rauher l, l ;
reisen, die immer das hölzerne ans den menschen nehmen,
wie die Versetzungen das holzige aus den kohlrüben. J. Paüi.
flegelj. (1804) 1,235; das hölzerne herz im mcnschcnklotz. 7/cs;).
1,104;
hölzern ist sonst sein verstand. Logai' 3, 170,90;
m he:ug auf die äuszcrungen dieses füldens, in rede und kunst :
ich weis nicht, es klingt im deutschen alles so hölzern, man
kann in dieser wendischen spräche gar keinen charmanten
gedanken anbringen. Gelleht 3, 280 ; gewisse kalte allerwelt-
schreiber geben uns musivischc oder hölzerne gcmäldc, welche
man leicht kopirt, indem man sie blos der länge nach ver-
doppelt und durchschneidet. J. Paul vorsch. d. ästk. 3,28; die
hölzerne nichtigkeit der romantischen kunst. H. Heine 6,127.
b) liölzern, von einer klanglosen slimtne: polterte Barthle . .
mit lauter, hölzerner stimme. Felder sondert. 1,3; selbst vom
gescJimack: hölzerner geschmack, sapor insiindtis. Stieler 855.
c) als bild für geringes, nichtiges: hölzin oder küpferin gelt,
hölzin seelmesz. S. Fraxk sprichw. 2,65'; Salomc bittet für
ihre söhne, einen soll er zum groszcanzler, den andern zum
vice re machen, o der närrischen bilt ! o der hölzernen an-
schlug! Otho 1350.
HOLZER, m. lignarius. Dief. 329"; liolzer oder holzman,
lignarius, dicitur opifex ligni aut inhabilalor ligni. voc. ine.
tlieut. k3'.
HOLZERDE, f erde aus verwestem holze.
HÖLZERMESSER, m. messer der Schuhmacher zum schneiden
der hölzer oder absätze.
HÖLZERNAGEL, m. nagel zum befestigen solcher absätze.
HÖLZER.NHEIT, f. nach hölzern 1,a: die (von Wolf über-
setzten) hundert verse der Odyssee litten an hülzernheit,
Schwerfälligkeit. Berliner jahrb. 1846 no. 119 s. 1017; in den
eckigen krümmungen seines (Paganinis) leibes lag eine schauer-
liche hölzernheil. H. Hkink 4,223.
HÖLZEKRAND, h». ein stück leder oder zeug, womit die höher
oder hölzernen absdlze der frauenzimmerschiüie überzogen werden.
Jacobssok 2, 278*.
HOLZERSPARLNG, f.
HOLZESSENZ, f essenz aus heiikrdßigcn hölzern. Jacodsson
6, 104'.
HOLZESSIG, m. essig der durch trockenes destillieren vegeta-
bilischer Stoffe gewonnen wird, dazu liolzessigofen, ofen behufs
derartiger deslillalifm. Jacobsson 2, 27S'.
HOLZELLE, f. strLc sihestris.
HOLZFAHRT, f liguatio. Stieler 4U4; doch soll sie, die
hoffrau, jedes jahrs zwo holzfahrlcn iiacber Wetzflar in meines
ordens hausz daselbst zu thun verpflichtet und schuldig sein.
Lex N EP lundsiedelrecht 2,118 (von 1C29).
HOLZFÄLLER, m.: die axt des hoizfailcrs. Frevtac verl.
hnndschriß 1.57.
HOLZFARB, adj. von der färbe des hohes:
die rCiuri (möttclmkamie) ctchenTarb und holzCnrli.
FiKciiART iiicUt. I, I.'i3, 790 Kurt.
HOLZFARBE, f. färbe des hohes, oder auch einer bestimmten
bolzart. ferner die färbe die man aus irgend ciunn firhhn!:!'
nhüt. JaC(ibhso.'< 6, 104'.
HOLZFASER, f fater des hulzes.
HOLZFASSL.NG, /. .' die hulzfasHuiig (des kanztl- und Mn-
ttuhls). J. Paul vorsch. d. däh. 2, 117.
HOLZFAILE, f. faulwrrden des holzes: holzfeüic caries
Maaler rto'.
IIOLZFEILE, f. feile, um holt damit zu feilen, ratpel.
HOLZFEIME.N, «». kunstgerecht aufgesetzter holzhaufen. in
Sacli.'ien. niederd. hollfimme, fem. schober, aus splUterholz zu-
samnicngt'lcgl. Scham räch 270*.
HOLZFERGER, m. : holzfergker, holzflölzer zii einem bauw,
materiarius. Maaler ZW'.
HOLZFERTIG, adj.: hidzfertiger, holzreicher, gerichteter
meiler heiszt bei den kühlem ein nieder, dessen erforderliches holz
bereits gehörig gelegt und aufgericldet ist, so dasz er nur noch
bedeckt werden darf Jacobsson 2, 279*.
HOLZFEUER, n. feuer aus holz entzündet und nut holx unter-
halten.
HOLZFEUERUNG, f feuerung mit holz, im gegensatz zur
kohlenfeuerung (theil 5, 1587) : in gegenden wo man nur liolz-
feuerung hat. StCve wes. u. verf. 24«.
HOLZFIGUR, /'. aus holz geschnitzte figur : er gritf zum
Schnitzmesser und machte allerlei drollige holzfiguren. Riehl
culturgesch. nov. 313.
HOLZFLIEGE, /". musca ligniperda, beerfliege. Stieler 510.
HOLZFLOSZ, »I. veibundene, einen flusz hinab geleitete (ije-
flöszte) baumstämme, holländ. houtvlot. dafür holzflotz, plur.
holzflötze: die holzllotzhendler bei ihrn holzmarklen. Garg. Ihü'.
HOLZFLÖSZE , f eine anslalt, woiturrh holz weiter geflöszt
oder gescha/Jl wird. Jacobsson 2, 279*.
HOLZFLOSZER, m. der höh flöszt. im 15. ;//. holzvlölzer
Lexer mhd. wb. 1,1332.
HOLZFLÖTE, f. flöte von holz (im gegensatz zur metallflüte).
I« der orgel ein hölzernes flötenwerk.
HOLZFORST, in. und f wald, forst, eine lautolo<iisilw com-
posäiou: ob auch jemands der holzforst ohne erlaubnusz der
Obrigkeit des liauses Lauenstein zu nahe graben oder zeunen
inügc. weisth. 4, 649 ; soll es alsdann dem liolzforste zuge-
wachsen sein. das.
HOLZFÖRSTER, m. försler, aufsehei- über den bloszen wald
(nicht auch zugleich das wild); holzforster, cuslos nemorum
Maaler 230'.
HOLZFRAU, f dryade:
bei dieser eichen thet man schawen
und hören, die meng der holzTrawen
die man da hört pusten und lachen. If. Sachs 4, 3, 112*.
HOLZFRESSER, m. der holz friszt. 1) im gemeinen leben
von einem ofen, zu dessen heizung viel holz gebraurlU wird: er
ist ein holzfresser.
2) namc eines das schiffhoh anfressenden wurmes, leredo na-
valis, schifl'tvurm, bohrwurm.
HOLZFREVEL, m. frevel im walde, hohdiebstald.
HOLZFREVLER, m.
HOLZFROHNE , f frohndiensle bei schlagen und fortführen
des hohes.
HOLZFUHRE, /". führe zutn fortschaffen oder herbcißhren des
geschlagenen hohes.
HOLZFIHRER, m. materiarius. Maaler 230*.
HOLZFÜRST, »». .• brieve an Assaph den holzfürsten des
königes (tTnaroXi}!' ejii ^aaf fvXaxa roi> naoaSeiaou oi
tan rot ßaodsl septuag.), das er mir holz gebe zu balkeii
der pl'orten am pallasl. Neh. 2, 8.
HÖLZGARTEN, m. sammlunysiüatz des holzcs, vorzüglich des
geflöszten brenn- und Scheitholzes nalie an floszbaren wassern.
Jacobsson G, 105*.
HOLZGEBÄUDE, »i. .• das alte schwarze wunderliche Indz-
gebäudc (eine müJde). Göthe 17,81; ein ernstes hidzgebäude
nach ältester art und construction. mit säulen von baiun-
stämnien, und kaum gekanteten gebälkeii und gesinisen. 40,373.
HOLZGEBER, m. beumter, der das im walde gesriäagene hui:
verabreicht, die erneute (ungedruckte) Carber markurdnung von
1657 enthält einen eid <ler holzgeber.
HOLZGEBUNI), n. hohbiindel :
eilt, M-tzt (Ion boUsiusz uul. bringt pcch, bringt holzgobüud'T.'
A. GüTPHiut 1008 1, 107.
HOLZGEDING, n. u-as holzding.
HOLZGEFALLE, »t. gefalle, cinkünfle an holz oder auch aus
eineni walde.
HOLZGEIST, m. flüchtiges deslillat aus dem holze, das swh
in der rt>lien hohmture findet. Kahmarscii 2. 275.
IHlLZGELANtiE, u. ein zum anbau des holzet bestmmlet
(Hier mit höh hewarhseues gelange. AiiKLIinc.
H0L/<;KLI), »I. geld, ahjabe aut dem holze: ej schoi ain
iedich Inirger verlonungeii (rersteuern) snringell, Ti.Thrgell.
kummo4t, rflhengell, liolzgidl. Sürnb. pol. 16. auch geld, erlu^
aus rerkaupem holze; emllieh geld das zum halzeinkauf he>timmt nl.
1773
HOLZGERECHT — HOLZHASE
HOLZHAU — HOLZKOPF
1774
HOLZGERECHT, aiij. kentnis des hoizicescns habend, forst-
gerecht: der lebrpursch imisz ferner bei deu holzanweisungen,
dein abposten und holztaxirungen fleiszig mit zugegen sein und
auf alles was dabei vorgehet, genaue achtung geben; denn
dadurch wird er bolzgerecht. Heppe jagdlust 1 (lTs3) 31.
HOLZGERECHTIGKEIT, f. gercchtigkcU über einen wald.
HOLZGERICHT, n. gericht über Waldfrevel.
HOLZGESCHMTTE.N, pari, aus heiz gescImiUen : in einer
reinlichen holzgeschuittenen schale. Fr. Müller l. 59 ; in hoh-
schnilt attsgefüiirt : ich sah Jacksons holzgeschnillene blattet
beinahe vollständig ziun erstenmal. Göthe 32, 147 ; die holz-
geschnittenen bildet des todes in Hünigets vetdeutschung von
Geilets nattenscbiff. Wacker>agel kl. sehrift. 2.372.
HOLZGESCHMTZT, part. aus holz geschnitzt: wo auf blät-
tetn und holzgeschnitzten schusseln sie ein ländlich nacht-
iiiahl etwartet. Fr. Müller 1. 5S; auch wie holzgeschnitten, in
holzschnitl oder holzschnitlartig ausgeßthrt: hernach muszt ich
lachen Aber den holzgeschnitzten Egmont. Göthe S,19ö (rorÄ^r
wie du den holzschnitl und die beschteibung fandst); wie
seht unsere geschminkten puppenmahler verhaszt sind, mag
ich nicht declamiten . . . männlicher Albrecht Dürer, den die
neulinge anspöttcln, deine holzgeschnitzteste gestalt ist mir
willkommener. 39, 350.
HOLZGESCHÜTZ, fi. eine ort armbrust, scorpio. Frossp.
3, -232'.
HOLZGEWERBE, n. hohhandel: auszer Viehzucht ist holz-
gewetbe . . nabtun gszweig det einwohnet, v. Kobbe Bremen
und Verden 1,117.
HOLZGÖCKER, m. picus martitis, sch»!ar2specht. Nemkich
4,963.
HOLZGÖLLE, f. plattes fluszschi/f zum fortschaffen von holz.
Jacobssos 2,279"; auch holzjolle.
HOLZGRAF, m. comes silvae, grafio mareae sUreslris, judex
judicii quod conseirationem sUcarum procura! et causas Iraclat
silveslres. Haltacs 953 ; richter, oberster einer markgenosscnschafl
überhaupt: in dem falle, wo ein ehtlichet markgenosse nicht
von der Weisheit seines holzgrafen, . . sondern vgn dem ur-
theile seiner mitmärker abhängt. Moser patriot. phant. 1,301;
wenn det holzgraf mit seinen markgenossen es nicht dienlich
findet, die mark damit (mit anschaffung einer neuen feuerspritze)
zu beschweren. 3. 1>4.
HOLZGRAFSCHAFT, n. amt und bezirk eines holzgrafen.
Haltaus 953.
HOLZGRÄSEREI, /". grasnutzung in einem walde. öconom.
lex. S4S.
HOLZGRAl PEN, fplur. silbergraupen in holzältnlichem schiefer.
HOLZGRU.ND, m. gegend die zum wald bestimmt ist. Frisch
1, 464'.
HOLZGRLNDUNG, f. das grundieren des holzes, außragung
eines farbengrundes behufs weiterer bemalung. Jacobsson 2,279*.'.
HOLZGÜRTEL, m. landschaflliche zone, innerhalb deren noch
holz wächst: es bewohnt die höchst gelegenen stellen, höch-
stens bis zum holzgiirtel herab. Brehx illustr. titierl. 2,92.
HOLZHABER, m. abgäbe von haber ßr gewisse rechte in einem
gemeinde- oder herschaßlichen walde: darnach fragt der obg.
richter, was rechts die in dem walde haben, die holzhabern
und forsthabcrn geben. icets//i. 6. 109 ; sin zinskorn und hulz-
haffern liffern. 4,621.
HOLZHACKE, f holzaxt. Jacobsso.n 2, 279*.
HOLZHACKER, m. 1) der holzfäller: die holzhacker . .,
wenn si daj holz oder die paum hawcn wellent. Mecesberc
309, 9. jetzt mehr derjenige, der brennholz zu kleinen stücken
spaltet: dasz ich abends so müde wie ein bolzbacker bin.
E. KöxiG bei Lessing 13, 2S5.
2) sitta europaea, der blauspecht. Neh.mch 4, 1310.
HOLZHACKERSPAN, m. spnn wie er beim holzhacke» ab-
fällt : hat . . ein kurzen holzbackerspan in bänden. J. Ayrer
377' (1S)90, 1 Keller).
HOLZHAFT, adj. liolzarlig: das übtig gebliebene holzhafte
(einer pflanze). Göthe 55, 120.
HOLZHÄHER, m. coracias garruUi, mandelkrdlie, birkenhäher.
HOLZHAKEN, m. haken der zimmerletUe sum befestigen des
Imuhdzes beim beschlagen.
HOLZHANDEL, m. handel mit bau- oder brennhoh. Frisch
1,464".
HOLZHÄNDLER, m. händler mit solchem. Simpl. 2. Ihi Kurz.
HOLZHäNDLLNG, f handlung. handelsgeschdß mit holz.
HOLZUASE, m. hase der im «aide lebt, gegensatz zu feldhase.
HOLZHAU, m. oH in einem walde wo holz geschlagen wird.
Jacobssox 2, 279' ; holzhauw , ein Ott da man holz hauwt,
lignatio. Maaler 230*. vgl. hau 4 sp. 562.
HOLZHALER, m. holzfäller : bringen exte . . wie die holz-
hewet. Jer. 46, 22 ; man beneidete die jaget, kohlet und holz-
hauet, leute, die iht betuf in diesen glücklichen wohnplätzen
festhielt. Göthe 19,36; holzhauer und betgleute. 21,57.
HOLZHAUERWERKZEUG, n. Beckers weügesch. 2,367.
HOLZHAUFE, m. häufe aus geschlagenem oder gespaltenem
hdz: bolzhaufen. slrues, cumulus lignorum. voc. ine. theut. ks'.
HOLZHAUS, »I. 1) aus holz erbautes haus. 2) haus zur auf-
bewahrung von holz : holzhaus ligmle Dasyp. ;
zu letzt fandt man die armen gecken
in einem alten holzhausz stecken.
.grobianus (t'raukf. 156S} W (6. 2, tu/). 8).
3) haus, spital in dem die hdzkiir gegen syjMlis angewendet
ward. Seil». 1, 1104 {von 1519 und 1620).
HOLZHEFT, n. hölzernes heft : messet und gabel mit bolzheft.
HOLZHEIE, f hdzsehlägel.
HOLZHERR, m. ratsherr der beim hallischen salzwerke über
das hdzwesen gesetz-t ist.
HOLZHOF, fw. hof zur aufhemüming von holz, vorzüglich
name ßir ein städtisches gebäude, das zur aufbewahrung der
städtischen holzvorräte und ähnlicher dinge dient; in Liipzig und
andern orten.
HOLZHUHN, n. l) picus martius, schwarzspechi. Nemmch
4, 963. 2) huhn als zins ßr waldnutzung. s. das folgende.
HOLZHÜHNERZLNS, m. zins an kühnem ßr waldntazung.
Haltacs 953.
HOLZHÜTTE, f lignarium. Stieler 869.
HOLZICHT, adj. holzartig, holzähnlich: holzächtig, herl wie
holz, dem holz geleich, lignosus. Maaler 230*; johanneskraut
hat ein hatte holzechte wurzel. Tabernaeäost. 1249; cytisus,
ein klein holzechte staud mit dtei und drei bletteren von
klee und gelben blumen. Egesolfs Virgil 1597 312*; die so
genannte spteng- odet sptingwutzel, welche ich von beiden
obengedachten companen verehrt kriegte, sähe sehr hulzecht
ausz. Simpl. 4, 134 Kurz ; bölzichte ruben, rapa dura, nervosa.
Stieler SK. holzbewaclisen :
so gleich erfrischet sich das holzigte revier.
0^'ERBECK Virgii." hirtengeä. (1750) 125.
HOLZIG, adj. von hdz oder holzartig: ir werk folgen inen
nach, wenn das fewet utteilet ire wetk und vetbtendt den
alle wetk die holzig, hewisch odet stiipelich sein. Carlstadt
sermon vom standt der christglaub, seelen Bij*.
HOLZKÄFER, m. cerambyx und leptura. vgl. holzbock.
HOLZKAMMER, /". kammer zur aufbewahrung von hdz. bild-
lich von einer holzreichen gegend: und sind die gebitge umhet
die holzkainmet von dem pays de Vaud. Göthe 16,231.
IlOLZKASTEN, m. kästen zur außewahmng von gespaltenem
brennholz. in der kiuhe oder im zimmer.
HOLZKAUF, m. kauf von hdz : auf den holzkauf gehen.
HOLZKÄUFER, m.
HOLZKERN, m. das innerste des hdzes, vgl. ketn 3, a Ih. 5
sp. 595 :
ein wurm der do wechst in holzkeren.
UaupU zeilschr. 9, 106.
HOLZKIRCHE, f. aus hdz erbaute kirche: der blick des
ptofessots haftete an der alten holzkirche. Fbeytag ftand-
sckriß 1. 89.
HOLZKIRSCHE, f prunus avium, wilde kirsche.
HOLZKITT, m. kitt ßir holz, leim- wit haben in disen
landen . . unsete bolzkütten odet leime ausz den kölhen,
füszen und viehohten sieden . . müssen. Matbes. Sar. 57*.
HOLZKLAFTER, f klaßer bei der hdzmessung: die neue
Wicuet holzklafter. Zobels tageb. bei Schöpf tirol. id. M2.
HOLZKLOTZ, m. truncus. auch bildlich ßir einen unbehd-
fenen oder unförmlichen menschen : hab nie ein schönctes kind
gesehen, alle andern sind holzklötze dagegen. Armx kronenw.
1,24.
HOLZKNECHT, m. servus euratoris rei Hgnariae. Frisch i,4&t*.
HOLZKNOI'F, m. aus hdz gedrehter knöpf
IIOLZKNOPFM.\CHER, m. Jacobssos 2,279'.
HOLZKOHLE, f l) aus hdz geschwelte kohle. 2) auch stein-
und braunkohle werden so genannt. NEN.^iiCH.
HOLZKOI'F, m. l) köpf atts holz geschnitzt: eine tabaks-
pfeife mit einem hoizkopfe ; holzkopf, der hölzerne liaubenkopf
der ptüzmachervnnen.
1775
HOLZKRACUSE — HüLZLEIN
HOLZLEITE — UÜLZM ARK
1776
2) scheue ßr einen dummen menscJien : seid ihr litMin sliuiim
geworden, ilir bolzköpfe? Lenz 1,331; du briltischer holz-
k(i|tf. Gehstenbkbg Minona s. %.
HOLZKHACHSE, f. Scheltwort {vergl. kraclise theil 5,15124):
■lasz CS (üir) versaiKTt, es stinkenden und {linkenden hulz-
kraxen. Schwabe tintenf. 50.
H(>LZKHAHE, f. name dreier vöiicl : des picus marlius, schwarz-
spechl, holzhuhn ; coracias garrula, hdzhäher ; cmrus comix, nebel-
krähe.
IIOLZKL NST, f. scienlia lignortm. Frisch 1, 464' aus Chlebüs
haushucJi.
IIOLZKLH, f. kurgebraitch des Franzosenholzes: von einer
weihspersun . . die noch kaum der holz-cur entronnen. Simpl.
;t. 123 Kurz.
HOLZKIX, m. kux der ron den zechen detn lundcslwirn für
imenlijcllliche lieferung des hohes frei und olmc kosten verbaut
wird. Jacousson 2, 2Sü'.
IKILZLACh, m. und n. l) yummilack das noch an den ästen
befindlich ist, unterschieden von plaUlaek oder lack in kOrnern.
.Iacobsson 2, 2S0'.
2) lack für das lackieren des holzes.
HOLZL.\GE, f läge aufgeschichteten brennholzcs : als er . .
unter dem schaltiftcn (liederbaum neben der holzlagc sasz.
blälter für litter. Unterhaltung 1866 s. 753.
HOLZLAND, n. holzreiches land.
HOLZLAUS, f lermes pulsatorium, holzmade, holzwwm. IV em-
Pticii 4, 1432.
HOLZLEGE, f lignüe, holzhaus. Dasyp.
HOLZLEGER, m. custos lignorum et mensurac illorum pi-ae-
fwsilus. Frisch 1, 464' aus der Straszburger polizeiordnung von
l(i2s. im aiendorfsclien salzwcrk, der das Scheitholz in gleicher
masze lei^ und hütet, ^enda.
HOLZLEHEN, n. leiten in einem wald: der das holzleiien
hat. da; da< bisluom haigjel. weislh. 6,293 {Augsb. von 1316).
HOLZI.EIM, t». kirn für holz.
HOLZLEIN, n. dim. zu bolz in seinen verschiedenen bedeu-
tungen, mlid. bölzelin.
1) kleines stück holz:
nam {um ,?«;/i etwas si» merken) ein liolzil sän
und siieit ein zeichin dran. Jcroxcliin 4241.
häufig in spricJiwörtlichen Wendungen : bölzle s|tilzen , ^juien
spitzen, in kleinen Sachen vergäbens arbeiten, aranearum tclas
texere. Maai.er 22s'; aber auch als bild für etwas anfangen, ins
leben rufen: wenn er wüszt nur wo das hölzlein zu spitzen
wer. KiBciiiioF wendunm. 158"; ein spitz hölzli, eine spitze
redensart :
und gend (gebet) unsz allso spitze hölzli dran.
N. Manuel 350 Gritiieisen ;
dutnil steht wol in zusammenhange die Verwünschung: dasz ver-
Reh in) . . ein spitz bölzlin. Wickram rollw. 56 (= spitzhölzlin
77,16 Kurz), rergl. oben unter bolz sp. 1766; ein ursach von
(•im hölzlin schaben. Kirchhof wendunm. 52*; sich zu einem
hölzlein lachen, sonst sich krumm lachen : wenn dir enldeckcl
{wäre), wie artig ich und Sylvia von dieser sacbcii zu reden
pflegen, wenn wir alleine in der förderkannner sitzen und
mit einander arbeiten, du würdesl dich zu einem hölzlein
lachen. A. Gryphius 16ij*< l.%77 (die seugamme, aus dem ita-
lidniscben). hölzlein und hölzlein weit holen :
als halt gen hoT neu mär wirl liracht
(darauT sonst ninniant hat kein aclit,
xoiider iuder darrtir heilig sclieiiclil,
hrilzcl und pölzel zu holen weil),
bo beruft man mich vil armen mau.
Schaue shI. u. pusiiu. t, 14.'), 8;
wUl Kol dem zusammeiUiange nach so viel sagen, als sich in
schwierigen sadten malte gelten.
2) hölzlein, vom menschen (vgl. bolz sp. 1764): dnrund) las
deinen son gelrosl sludiren, und soll er auch dieweil nach
brot geben, so gibstu unserm bcrr goll ein leines hölzlin,
da er dir einem (lies einen) herrn aus schnitzen kan. Luther
■. i^r, 'in grobe* hölzli. Frey yarteng. cap. 4s;
»Uo, ir gruben hölzlin alle.
KU jemandl iitt, dum woIgpfHlIc
grob bewriüch, und unhöflich an, . .
der late di» buchlin wol geitalzen.
yriiuian A 1* (b, t, etnyitny).
«D hölzlein, ein hiAierner mensch, t. unten 4 den beleg aus
Zl^hGREF.
3) bolzlein, kUiner wtM: HDgl ir, c» wiJr aiii ander dorf
^„,,... 1... .i,.r,|, j,„ |,|;,j„ |,o|i|i„. ,/. tiadle^r. 5,301,16; ein
lustiges bölzlin mit anger bäumen und biumen wolgeziert.
STEnnöwEL (1487) !i.5'; wurden wir zween reiter bei einem
hölzlein gewahr. Götz v. Berl. 62;
als denn geli ich .sam on gefehr
aus dem liulzlein die straszeu lior.
H. Sachs 5,351*.
4) hölzlein, das aus liolz gefertigte, hier die hölzerne kanzel:
aber der mehrerlheil unser heuligen Iheologen meinen, so
bald sie aufs hölzel, das ist auf die canzel, ein hölzel nem-
lich aufs ander steigen, dörfen nur die andern und niemand,
auch die obrigkeit selbst nicht, ihnen lectimi geben. ZiXfcGREt
Schulbossen (t627) 103. hölzlein, in den .schmelzhütten, das brust-
holz, das mitten im ofen auf die sotäe gelegt wird, übers hölzlein
schmelzen, eine besondere art des schtnelzens mit benulzung dieses
brusthohes. Jacobsson 2, 28ü" ; die ander weisz zu schmelzen
heiszet ubern gang oder krunnneu ofen oder ubers hölzlein
gearbeil. Mathes. Sar. 148'.
HOLZLEITE, f mit holz bewacitsener bergubliang. oberdeutsch.
HOLZLEU, m. holzarbeÜer : lignarius bolzler {neben bolzer)
DlEF. 32!('.
HOLZLEKCHE, f alauda pratensis.
HOLZLESE, f das auflesen düncs holzes in den tvdldcrn van
seilen armer leutc. Frisch 1,464'.
HOLZLESEU, m. der dürres holz aufliest.
HOLZLESERJN, f
HOLZLEUTE, plur. l) leute die im holze arbeilen, holzhauer,
holzfällei- :
ein hnuT lioizleut . .
bäum in den walden föllei. Wbckhkblin 183;
weil die holzleut die arm und axi anfböben. 'S«.
2) leute die im holze leben, wilde männer aus dem waldc :
item satiri bolzleilt, die on beüser hin und her schweifen in
wälden. Frank wellb. 5'; ctllich wild bolzieüt. 131*; bei be-
schreibung einer fasnacht: da gehl man auf hohen stelzen mit
flügeln und langen schncbeln, wollen storken sein, und
scbeiszen hackmesserslil : da gibis wild holzleut, tragen ein
dreck auf ein küssen hernmb. Garg.bl'.
HOLZLiMMEL, m. grober Himmel, der gleichsam nur im walde
lebt: ich werd ja kain so grober bolzlimmel sein. Scrwabe
tintenf A 4*.
HOLZMACHER. f?j. der höh fällt: stehet auf und versuchet
den herrlichen saurbruun, den ihr und alle harz- und liolz-
uiacber hinfort in dieser wildnus meinetwegen (dtirch mich)
zugcnieszen haben werdet! Simpl. 2, s6 Kurz; vor etwa acht
Jahren waren in dem walde Miolzmacher' mit dem fällen einer
tanne beschiiftigt. Peter volksthüml. aus öslerr. Scliksien 2. .57
{das wort steht in anführungszeichen, um es als ein dort volh-
Ihiimliches lierrorzuheben). auch der holz klein macht, für den
brennbedarf spaltet.
HOLZMADE, f cossus, holzwurm. Frisch 1,464'; die larve
von termcs jmlsalonum. Nemmch.
HOLZ.MAGAZIN, u. ItaujAaußewahrungsorl des in den Wäldern
geschlagenen holzes. Jacobsson 6, 107*.
HOLZMAH!.,, n. : jagd- et holzmal, lapides quibus discernunlur
lermini venalium et juris lignandi. Stiei.er 1217.
HOLZMANGEL, m. lignorum ])enuria. F'risch 1. 465*.
HOLZMANGOLD, »i. pyrola rolundifolia, Wintergrün mit runtlen
blättern.
HOLZMANN. m. {vgl. olien bolzleute). t) der hoharbeiler.
holzhauer: holzer oder holzman, liynaiiiis, dicitur opifex ligm
aiit inliabilatur ligni {rgl. 2). roc. ine. Ilieut. k 3'. in Struszbury,
der holz auf den Rhein zitm verkaufen führt. Frisch t,46l".
2) der waldbeirohner, wilder mann: wie \on der babiloni-
schen verwüsten coniiision geweiszagt ist worden dasz die
teüfel und wilde holzinänner darein gegen einander laufen
und wider einander sclireien und willen. J. Nas der »amungs-
engel 185;
da^z du nl.ao hemeuchst (in einer hAretilinul),
l'orcht ich, du niüclii.si ein IiuIziiiiimii üciii.
II. Sachs 1. :>;I8'.
in ges^H-nstiwlier art gedacht: also siht man diu kindlen schreien
vor den witiden («m ein echo zu wecken), wan die wa-nent,
ain b(dzniau antvulrl in au; dem wald. Mkuknuehc 16,2».
llOLZ.MANNt'HEN, »i. l) kleiner holztnann, nanwntlich in
der Meutung 2.
2) iLijtline tnctereum, der kfllerhals, seiilelbasl. Nkn.mch 2,1375.
HOLZMAItK, f 1) marca lignaria, silva communis H herr-
ditarta cunsortilius, ifui i'ucaiUur marcani. Haltah«* '.».S4 ; a^ bei-
•piel (des verkenttens der gemtinänerfiUMHg) mag dienen, dasz
1777
HOLZMARKT — HOLZOPAL
die Lingensche holzordnung den ausdruck holzmark, der den
grund oder die gemeinde bezeichnet, auf das holzgericht an-
wendet, und so aus dem höliing einen holzmarkt macht.
Stüve vesen u. rerf. 142.
2) locus silcestris, silva, portio süvae ad lignandum concessae.
Haltais a. a. o.
HOLZ.M.^RhT, wi. öffentlicher verkauf des in wäldem geschla-
genen holzes, zeit vnd ort desselben: einen holzmarkt halten;
zum holzmarkt kummen wir nach der Stadt, namentlich der
platz einer sladt, auf «ekhem das hol: aufgefahren und feil ge-
hallen wird, und darum forldauernder name eines solchen pl(Uzes:
unde gieng daj fiur an üf dem hoizmerkete. Closeseb 76;
es ist die freüd in warheit klein,
inn wiDiers uächt also erfrören,
so sie der goucbin dönt hofyren,
mit scitenspTel, mit ntifen, singen,
am holzmar^t über die blöcher springen.
Braut narrensch. 62, 16.
HOLZM.\SER, /■- maser im holz, und dann das so gemaserU
holz selbst: erst führte derseibige weg gerade nach Pograd,
da denn die eisensleingruben abermals am wege beschaut und
sehr schöne niineralisirte holzmasern aufgefunden wurden.
GüTRE 51, l"l.
HOLZMAST, f mast die die schweine in hölzern und icdldern
finden. Jacobssü.n 2,2S0'.
HOLZ.MASZ, n. masz ßr geschlagenes holz, kla/ler, häufe,
slosz u. ähnl. Frisch 1, 465*.
HOLZMATTE, f wiese m oder bei einem ioalde: so sei die
holczmatte stan ze banne, uncz das amathöwe abkommet.
weisth. 4, 125 (Elsasz).
UOLZMAUS, f myoxus nitela, eichelmaus, grosze haselmaus.
Nemsich 3, 6SS.
HOLZMEHL, n. das aus dem holze kommende vurmmehl.
HOLZMEIER, m. .• Geiler in seinen predigten de arbore
bumaua nennt ihn (den tod) einen holzmeyer d. i. förster . .
und so, den wald aushauend, bilden ihn auch die holzschnitte
der deutschen ausgäbe dieses buches (Straszburg 1521) ab.
\V. Waceer>agel kleine sehr. 1, 361 anmerk. 190. vgl. mylh. 811.
HOLZMEISE, f. parus ater, waldmeise, kleine kohlmeise. Nem-
jiica 4, 866.
HOLZMEISTER, m. l) Zimmermann, faber lignarius. Frisch
1,465*. auch Koldaufseher : so hat der hulzmeister gefraget,
ob jemand in der mark hulz mnge hauwen ohne der marker
lauhe. weisth. l, 5S7 (rlieinisch, von 1423).
2) name eines hdzkdfers, cerambyi aedilis. Adelcsg.
HOLZMESSE, f messe für das holz, gröszerer holzmarkl : die
bolzmesse zu Naumburg an der Saale.
HOLZMESSER, m. vereidigte person zum messen des geschla-
genen holzes.
HOLZMIST, m. das als dünger gebrauchte laub der bäume.
Jacobsso."« 6, 10"'.
HOLZMÖRDER, m. epidendrum, eine den bäumen schädliche
Schmarotzerpflanze, holldnd. booniplaag.
HOLZMLCKE, f eine mückenart: die hoizmuck als fischköder.
Tegernseer anyel- und fisclibüchlein bei Ilaupi 14, 165.
HOLZ.MUTSCHEL, m. fringilla montana, hoUsperling, audi
hulzmitschel. Nem.mch 2, 1664.
HOLZMUTZE, f. so heiszt die beim preuszischen beere ein-
geführte Soldatenmütze ohne schirm: im kriegsministerium (zu
München) ist man zur zeit lebhaft mit der frage beschäftigt,
üb man die seit dem 1. august nach preuszischem muster
eingeführten sog. holzniützen nicht doch wieder mit einem
schinne versehen solle. Frankf joum. v. 27. aug. 1S73, hauptbl.
HOLZNAGEL, m. nagel von holz, auch nagel um die höl-
zernen absätze eines frauenzimmerschuhs zu befestigen. Jacobsson
2,2S0*.
HOLZNARR, m.: ein christlicher grafe so nu verschieden,
saget, er wolt lieber mit einer leibskrankbeit, dan mit der
jagtsucht beladen sein, da einer sein iebenlang mus ein holz-
narr bleiben, und von einem bäum zum andern reiten, wie
ein unsinnig mensch. C. Spa5cenberg jagleufel (1560) Q*.
HOLZNOTII. f. lignorum penuria, holzmangel.
HOLZNLTZU.NG, /. syltarum commoda. Stieler 1355.
HOLZORST, n. das wilde, ungebaute obst. Jacobsso."« 6,10S*.
HOLZOFEN, w». bei glashütten ein ofen, worin das zum glas-
ofen erforderliche holz, das sehr trocken sein musz, getrocknet
wird. Jacobsson 2, 2S0*.
HOLZOTAL, m. opalus liüioxylon, gestreifter opal. Nemkicb
4,771.
IV. u.
HOLZORDNUNG — HOLZSCHARRE 1778
HOLZORDNUNG, f. Ordnung über das zu schlagende und zu
verbrauchende holz : holz-ordnung vor die verordnete zum holz-
amt zu Halle, vom 9. august 1647. Houxdobf beschreibung des
salzwerks s. 191.
HOLZORT. m. ligniU. Stieleb 1395.
HOLZPANTOFFEL, m. pantoffel aus holz gefertigt.
UOLZPFERD, n. l) aus holz geschnitztes pferd, als Spielzeug:
der knabe mit seinem hoizpferd.
2) holzpferde, equi lignarii, ligna vectarites. Stieleb 1441.
3) schiff:
du hast den licbtenbaum zum ersten beiszen hauen,
hast unsern mutb gereizt ein holzprerdt auT zu bauen,
das segel hoch zu ziehn, zu reisen durch den wind,
wo mehr und todt von uns in gleicher weite sind.
Opitz 1, 108.
HOLZPFLANZüNG, /". Pflanzung eines waldes.
HOLZPLATTE, f. hölzerne platte auf der die figuren des
hcdzschnittes gefertigt werden : das verfahren, in holzpiatten ge-
schnittene bilder und selbst schriftteit mittels eiuer presse
zu vervielfältigen, war schon zu ende des 14. Jahrhunderts
bekannt. Frauke catechismus der buchdruckerkunst s. 3.
HOLZPREIS, »I. preis des geschlagenen holzes: ein theurer
bolzpreisz muntert die leute auf, Qeiszig zu pflanzen. Möseb
jkilr. phant. 3, 140.
HOLZRAND, m. rand eines gehölzes: ein leichtes raucb-
wülkchen, das am schwarzen holzrande dahinzog, gartenlaube
1S66, s. 670. auch hölzemer rand eines gerätes: eine metall-
platte mit einem holzrande umgeben.
HOLZRASPEL, f. raspel welcfieholz und andere weiche gegen-
stände, knoclten, hom, leder u. ähnl. abraspelt und glättet. Jacübs-
sos 2,2S0'.
HOLZRAUPE, f. phalaena cossut, larva lignicora. Nemhich
4,924.
HOLZRECHEN, m. pfahlwerk quer durch ein flöszwasser, zum
anhalten der geflöszten holzscheHe.
HOLZRECHNCNG, f. rtUio rei lignariae reddenda. Fhiscb
1,465*.
HOLZRECHT, n. recht an der benutzung eines waldes : holz-
recht, wann und waid. neues scliueizer. mus. 4, 196 ; darimib
hat da; gut, da die vorgenante vvis in gehört, holzrechL
weisth. 1,107. ein bestimmter antheil an einer solchen nutzung:
es ist ouch zu wissen, das zu einer hub gehört iiij fuder
holzrechtz und zu ainer schuposs zwai fuder holzrecht, ebenda,
auch abgäbe ßr die waldnutzung. Lexeb mhd. wb. 1, 1332.
. HO LZ RECHTLER, m. der ein gewisses recht auf die benutzung
eitles waldes hat. Adelcng.
HOLZREGISTER, «. Verzeichnis über die aus den Waldungen
entfallenden nutzungen. Jacobsso."« 6, 10»'.
HOLZREICH, adj. reich an schlagbarem holz: es ist ein holz-
reiches land. holzreicher meiler, vgl. oben unter holzferlig.
HOLZREISZER, m. l) ein arbeiter, der tannenholz zu schach-
teln «. 0^1«/. spänt oder reiszt: holzreiszer neben schachtel-
macher, siebmacher in Reckha:«ns techndogie (1777) s. xivi.
2) ein eisernes instrument zuvi zeichnen der geschonten bäume
eines waldes. Jacobsso!« 6, 10S\
HOLZREUSE, f. eine art fischreusen, mit denen in Baiern zu
fischen verboten war. Kubaisser jus piscat. bei Frisch l, 4C5".
HOLZRICHTER, m. l) Vorsitzender eines holzgericfäs, ober-
aufseher des zu diesem gehörigen reviers: der bolzrichter (in
den östlichen provinzen Hannovers) tritt nicht auf als ein haupt
der gemeinde, sondern er ist der herr eines geschlossenen
forstreviers, in dem die genossen berechtigt erscheinen. StCve
wes. u. verf. 116.
2) im Clevischen ein angestellter, der das holi nach gewissem
masz in häufen setzen läszt. Fbisch 1,465*.
HOLZRING, m. l) ring aus hdz. 2) der jährliche in ring-
form sich zeigende Zuwachs des holzes.
HOLZRUSZ, m. rusz aus holz: braune färbe aas holzrusz.
Jacobssox 5, 292* ; auch holzruszbraun genannt. 6, lO*»'.
HOLZRUTSCHE, f. ein abschüssiger pfad in den bcrgwäldern,
auf dem geschlagenes holz abgelassen wird.
HOLZSÄGE, f zum umsägen der bäunte.
HOLZSAGER, m. ligna serris caedens. Stieleb 1662.
HOLZS.AME. WI. same der geuächse, die eigentliches holz haben.
HOLZS.VMMLUNG, /". lignatio. Stieler 167S.
i UOLZSÄURE, f. säure aus holz gewonnen. Kabxarscb 2,275.
I HOLZSCHARE, f. cossus, leredo. Stieler 1700.
I HOLZSCIIARRE, f. scharre, krumm gebogenes messer, zm
t gewinnung des harzes in den wäldem.
112
1779
HOLZSCHE — HOLZSCHNEPFE
HOLZSCHNITT— HOLZSCHÜH
1780
HOLZSCHE, vgl. holzschub.
HOLZSCHEER, *. holzschreier.
HOLZSCHEIT, m. scheu von holz: holzscheid sollen neun
Tierlei eilen lang sein, bergw.-lex. 302*.
IIOLZSCHEITER, m. arbeiter der das hd: :u scheitern IheiU :
(ilir thut) wie ein fuler holzscliiter,
der allein die weciien (keilr) steckt,
Schlacht nit daruf, das holz nit kleckt.
Ui EcKSTKiit in ScUcibles klosler 8,877.
HOLZSCHIEBER, «i. 1) name von gewissen arbeUern auf
der schi/fsuerß zu Danzig: die holzschieber und Schiffsstauer.
Danziger aiiikel im frankf. Journal vom 28. attg. 1872.
2) bei den bäckern ein gerät mit einem langen vierkantigen
blatte, um das holz damit in den backofen zu schieben. Jacobsson
2,28t*.
HOLZSCHIFF, m. l) schi/f aus holz, im gegensatz zu den
neuern ])anzerschiffen : die marine, die fast durchaus noch
aus holzschiffen bestand.
2) schi/f zum verßthren von holz bestimmt: calonis, calilria
holzschif DiEF. 9l'; tiui'w liynaria holzschiff Frisch 1,4G5".
HOLZSCHLAG, m. das schlayen, fallen des hohes, das recht
dazu und der ort wo es geschieht: holzschlag, das recht holz
zu fallen, jus lignandi Frisch 1,466"; gleich der axl im holz-
schlagc. HuLTEi Chr. Lammfell ICft.
HOLZSCHLÄGEL, m. l) hölzerner schlägel zum eintreten
der eisenkeile beim spalten des brennholzes:
die schidachs und den holsschlegel. fa.iin. .<:p. 821,24;
mein nasen ist grurmbt wie ein holzsclilegel.
H. Sachs 3, 3, 15;
dein arm geben zwen trüscbelflegl
oder zwei helh an zwen hotzschlegl.
i. Atber fasln, sp. 74' (2708, 24 Keller).
spricliu-ürllich : wer glück hat, dem kälbert der holzscblägel ;
einem mit dem holzscblügel winken, «n grober, nicIU miszu-
verslehender weise: Sepp, dem man sonst doch nicht mit holz-
schlägcln zu winken brauchte, hiitte von rechtswegen schon
lange merken sollen, wie viel es geschlagen habe. Felder
sondert. 1,71; ja, fraueli . . etwas recht musz ich dir geben,
dasz du dich wehrst, man sieht daraus . . dasz deine nase
kein bolzschlägel ist. J. Gottheif schuldenb. 8.
2) bolzschlägel bei den kupfer schmieden ein hölzerner Hammer,
womit die kessel gerichtet werden. Jacobsson 2, 281".
HOLZSCHLÄGELN, vcrb. mit dem holzschlägel scidagen : holz-
scblegelet den wecken (keil) dapfer drein. Carg. 79'.
HOLZSCHLÄGEH, ni. l) der holz fallt oder es zu brennholz
spaltet: die küchin lieng mit dem holzschläger unten im hole
bändel an. Chr. Weise comöd., vorrede; er war ein holz-
schläger und verdiente ein geringes tngelohn. Arnim 1, 24U.
2) holzschläger, beim deichbau an der see arbeüer, welcher
pfähle vor den seedeichen einschlagt. Jacobsson 2, 281*.
HOLZSCHLAGUNG, f das vor secdeiclien eingeschlagene pfahl-
«erk.
HOLZSCHLEIFE, f. glatte abschüssige balm in einem berg-
walde, das oben gespaltene holz in dcis thal zu befördern.
HOLZSCHLEI'PEND, part.: bolzschleppende weiber begeg-
neten uns. GoTHE 43, 1<J4.
HOLZSCHLITTEN, m. schlitlen zur befürderung des gespal-
tenen liolzes vom berge ins thal.
HOLZSCHNEiDEKLNST, f. kunst des holzschneidens (s. das.
no. 2).
HOLZSCHNEIDEN, n. l) das zerschneiden von baumslämmen.
2) das einschneiden von bildern und seiclien in eine Holzplatte
behufs des abdruckes.
HOLZSCHNEIUEK, m. 1) arbeüer der aus grosien blocken
breiter, bohlen, kreuiholz und anderes bauholz scimeidel; auch
breltschncidcr. Jacoikson 1, 297*.
2) kiinstUr, der in Holzplatten bilder und zeichen behufs des
abdruckes schneidet.
HOLZSCHNEIDEREI, f. nach bolzschneider 2: auszerdem
besteben in Bornheim noch eine backsteinfabrik, eine bicr-
brauerei , verschiedene bolzschneidereien. frankfurter Journal
wm 3. fior. 1872.
HOLZSCHNEIDERGERÜST, n. gerüst zum tertehueiden von
baumttammen zu bauholz. Jacobsson 2,281*.
HOLZSCHNKIUEBSAGF^, f. grosse sehrotsage zum zerschneiden
von baumstammen ; auch brettsage.
HOLZSCHNEPFE, f. seohpox rutticola, Waldschnepfe, busch-
uhtitpfe. Nr.« nick 4, 1265.
HOLZSCHNITT, m. l) Holzplatte mil eingcschnütenen figuren
oder zeichen behufs des abdrucks; ein wort, das erst viel später
als die betreffende kunst aufkommt, und wie es scheint zuerst
von Frisch, dem zusammenhange nach als neues, erwähnt wird :
schnitt in holz, geschnittene figuren, scidptura fiyurarum in
ligni su])erßcie, holz-schnitt. 2, 216*, wo es noch die Handlung des
holzschneidens selbst bezeichnet, während es sonst auf das producl
bezogen ist: die schraffuren der bolzschnitte und drucker-
stöckc. GöTHE 25,132.
2) abdruck einer solchen Holzplatte: ein buch mit vielen holz-
schnittcn ; die eingedruckten bildnüsse, ob sie zwar nur bolz-
schnitte sind. DREYnAUPT Saalcreys 1 (1755) vorr. a2'.
HOLZSCHNITT-, HOLZSCHNITTSART, f art eines Holz-
schnitts («0.2); von derbem, kräßig umrissenem gesagt: (ein
Volkslied, gedicIUet) in der holzschnittsart, so gut als man es
nur wünschen kann. Göthe 33, 202. *. bolzschnittmanier.
HOLZSCHNITTARTIG, adj. : von dem rciterhaften, holz-
schnittartigen die allerbeste sorle (das Volkslied vom Linden-
sclmicd). GiJTHE 33, 189.
HOLZSCHNITTER, m. was bolzschneider l, sp. 1779: bolz-
schnitter finden dauernde beschäftigung in der Frankfurter
Waggonfabrik in Bockenheim, anzeige im Frankfurier Journal
vom 11. febr. 1S72.
HOLZSCHNITTFIGUR, f: man halte . . den neckischen
einfall ausgeführt, anstatt der personennamen, kleine holz-
schnittfiguren zwischen den dialog zu setzen. Götbe 26,325.
HOLZSCHNITTHEILIGER, m.: hier ist die englische Lotte,
sie führt den namen wie mancher bolzschnittheiliger. Götbe
an frau v. Stein 2, 308.
HOLZSCHNITTMANIER, f vgl. holzschnittart.
HOLZSCHNITZER, m. künsller der büdwerke aus Holz feitigl.
HOLZSCHNITZEREI, f bildwerk aus Holz geschnüzt.
HOLZSCHOPF, VI. schöpf für außewahrung des brenn- oder
andern Holzes, oberdeutsch, vgl. holzschuppen.
HOLZSCHRAGEN, m. strues ligni, ein gewisses holzmasz.
Frisch 1,465*.
HOLZSCHRAUBE, f schraube die in das holz ohne eiserne
mutier geschraubt werden kann. Jacobsson 2, 282*.
HOLZSCHREIBER, m. Schreiber in einem holzamte. Frisch
1,465*.
HOLZSCHREIBETAG, m. festgesetzter tag an dem diejenigen
sich bei einem forstbeamten einschreiben lassen miissen, die holz
aus Waldungen haben wollen. Jacobsson 8, 132*.
HOLZSCHREIER, m. corvus glandarius, häher. der nusz-
hähcr, corvus caryocataclcs , heiszt der türkische holzschreier.
Nemnich 2, 1243. 1237.
HOLZSCHRüTER, m. lucanus eervus, der Hirschkäfer. Ne»-
NICH 3, 457.
HOLZSCHUH, m. schuh aus Holz verfertigt: calopodium bolz-
schuoch, holdschuch Dief. 91*; calopes bolscbou, boUsch6,
holezschu, bolczschuech nor. gloss. 68* ; verstanden sind theUs
übcrschulie, die wesentlich nur aus hölzernen sohlen bestanden:
holzscbuch, solcn, calopodium Dasyp. ;
do (in den kirchi-n) ist ein klappern und ein schwätzen,
do mflsz man richten usz all saclien
und schnjp, schnap, mit den holzschuh machen.
Bkant narrmscli. 44, 10 ;
in einem Sprichworte, womit eine drohung luriickgewiesen wird:
hastu ein schwerdt, so bub ich einn degen. kanstu regnen,
so kan ich auf holzscbuhcn gehn. Acr. spr. (1560) 218*; —
Iheils schuhe an iloszen füszen zu tragen: castugnetten-rhythinus
der kiuder mit holzschuhen. Göthe 43, 190; so auch namentlich
seitens eines gewissen mönchsordens (vgl. unten hol/schnlier 2):
du soll heiißfn Franri»cus lag.
darzö ein gruiie kutten trag!
trag holzsoiiAch ! luii ciin strick dich gürti
das heiszt ein geistlich leben grürt.
ScuAUt sal. 2, 271, 4 (der hurfiutermünck
tchen ijebol) ;
fltlioh han bolifchuch an den füszen,
meinen, lanct Peter müs auTschlieszen,
wenn er sie höret Iraplen weit.
KiscHAHT dicht. 1, l.Sö, 891 Kuis.
auch in der yekiinten form bolzscben oder lioltscheD, die »och
jetzt niederdeutsch ist (ScuCtze 2, 152) :
(ich, ein münch) trug hellsehen und zerschnitien ichurh.
kein hosen, nur fin Ivinc brurh. H. Wali^is Ki>u|< 4,69,05.
die redensari auf hulzschuhrn gehen auf deutliches, nicht mis-
tuvtrstehendet sprechen und darleyung bezogen:
1781 HOLZSCHUHBAUM — HOLZSTÄTTE
und meint (Johann yasut) es seien bei uns kein,
die im entgegen dürfen gehn,
und seinem geschrei widerstehn,
das doch so grob auf holtsschen gebt,
das ein jeder bawer verstbet.
G. N16RWCS V. Nasen esel D'.
HOLZSCHUHBÄUM , m. nyssa aquatica, ein amerikanischer
bdum. Nemnich.
HOLZSCHUHER, m. 1) Itolzschukmacher : calopifex holU-
schoer, hulcz-scher Dief. 91' ; eolopifex hülczschuher ü. laisler
(leislenmacher) nov. gioss. 6S*.
2) holzschulüräger, und in diesem sinne namenilich auf eine
secte Franiiskanermütuhe bezogen:,
nun, dise sect (die Uinnriten) hat einen nammen,
und stimmet doch nicht recht zusammen,
dann sie noch zanken und sich schlagen,
was Franz für schüch bab angetragen.
der ein möncb ein holzscbüber ist,
zu disem streit gar wol gerüst.
der ander schuch von leder treit,
und ist zu schwach schier in dem streit;
aber ein vortheil hat er doch,
er kan viel gringer (leichter) laufen noch
dann der holzschüher mit dem bolz.
FlscHART dicht. 1, 115, 576 £urz;
die holzschucher und die barfüszer. 136, 117;
es ist ein heiliger gestrenger orden oder münche, es seien
cartheuser, barfüszer, hoIzscbucLer, oder benedicliner, sie
müssen sich Schemen gegen den türkischen müucheo. Lotbeb
5, 259*.
HOLZSCflUHMACHER, m. : holzschuchmacher calopifex voc.
ine. theut. k3'; niederd. holschenmaker Dief. 9l'.
HOLZSCHUPPEN, m. schuppen für aufbeuiqjirung von holz,
in ^orddeutschland. vgl. holzschopf.
HOLZSCHüSTER, m. hAzschuhmaclier : calopifex holzschuster
Dief. 91'.
HOLZSCHWARZ, n. bet den fdrbern das durch farhhOlzer
enteile schwarz.
HOLZSCHWU.ND, m. das verschwinden von holz: nach be-
leuchtung des in früheren jähren so merkwürdig starken holz-
und kohlenschwunds aus dem magazine. Frankfurter Journal
l!>69 no. 69, 2. beilage.
HOLZSIEB, n. sieb, dessen boden von höliernen schienen oder
sprügeln geicirkl ist. Jacobsso:» 2, 2s2'.
HOLZSPALTER, m. der holz für den brennbedarf klein spaltet.
HOLZSPAN, »». span der bei bearbeüung des holzes abfällt.
HOLZSPARKLNST, f kunst holz zu sparen (beim Iteizen) :
ein weibsparkunst erQnden, wie jene (icet^er) die holzsparkunst.
Garg. 106*.
HOLZSPAROFEN, m. ofen der mit »eniger holx ah ein andrer
hitze gibt. Jacobsson 2,283'.
HOLZSPERLIN'G, m. fringiUa montana, feldsperling. NEiinicH
2,1664.
HOLZSPINDEL, f Spindel von holz, audt name einer schnecken-
art, murex lignarius. Nex.nicb 3,642.
HOLZSPINNE, /■. phalangium opilio. das. 4, 927.
HOLZSPLITTER, m. splUler der sich vom holze löst.
HOLZSPREISZE, m. holzsplitter. oberdeutsch, auch in der
form holzspriesze, die sich an die hessische form spriesz splilter
(ViLHAB 394) ansdtlieszt : oft wirdt auch ein finger gelämbt
mit dem glasz, eisen, stich oder holzsprüssen. Würz pract.
d. timndarzn. 16S. vgl. spreisze und spriesze.
HOLZSPREISZLING, m. kleiner hcAzspliUer: darnach so zer-
stuszt man gemelte rinden fast wol, und weschet dasselb
gestoszen in einem flieszenten wasser, so flötzt das wasser
die kleine bolzspreisziing hinweg, imd bleibet das übrig zähe
bei einander. Beci kräuterb. 845.
HOLZSPREIZE, f holzlalle zwischen zwei Wandungen gespannt
und sie auseinander haltend : die pianinos haben eigentlich statt
des bodens holzspreizen parallel von oben nach unten, kunst
des clavierstimmens s. 6.
HOLZSTAB. m. stob von holz.
HOLZSTÄBCHEN, n. ; ein käfig von bülzstäbcben zusam-
mengesetzt.
HOLZSTALL, m. stall zur außewahrung von hdz: holzstall
lignale Steihbach 2, 657 ; statt Tassos gefängnis (in Ferrara)
zeigen sie einen holzstall, oder kohlengewOlbe, wo er gewisz
nicht aufbewahrt worden ist. GOtub 27, 158.
UOLZSTANGE, f Stange von holz.
UOLZSTÄTTE, /. statte wo geschlagenes holz lagert, holzplatz :
lassen sie es (die hallischen talzsieder) . . auf die ihnen von
HOLZSTELN — HOLZTRANK
1782
rathe zum gebrauch eingeräumte holzstetten vorn Claus-thore,
fuhren, hoch auf einander schlagen oder legen. Hcmdorf
beschreib, des salzwerks zu Halle (1749) s. 75.
HOLZSTEIN, m. lilhoxylon, versteinertes holz. Ne>:<ich.
HOLZSTICH, m. eine besondere art der holzschneidekunst, die
die manier des kupfersiechen s auf die holzplatte überträgt, und
das so erzeugte bild: dem ersten bände ist ein kärtchen mit
farbendruck beigegeben, welches wir, so gut es durch den holz-
stich geschehen konnte, wiederholt haben, ausländ 40. jahrg.
1. S66.
HOLZSTOCK, m. l) stock oder klotz zum zerkleinern des holzes:
holzstock spensiva, est truneus seu cippus super quo ligna secatitur.
voe. ine. theul. k3'. als schelle für einen alten steifen mann:
dasz ich mein zeit zubringen solt
mit dir alten holzstock!
J. Atbbr falm. sp. 155' (3100, 23 Keller).
2) holzpUüte für die herstellung eines holzschnitlbildes : indem
er die neun bilder Mantegnas, auf eben so viel blättern, mit
holzstOcken, in bedeutender grösze nachgebildet . . hat. Gütuk
39, 148.
HOLZSTÖCKLING, m. pyrus malus sylvestris, der wilde apfel-
baum. Nemxich 4, 1098.
HOLZSTOSZ, m. ligni ämes. Stieler 2181: was geschieht
nun, wenn der regelmüszige holzstosz (eines köhlers) dicht
und doch luftig geschichtet worden ? *nun denn ! man zündet
ihn an'. Güthe 21,54; der so lange geschichtete tmd rau-
chende holzstosz. 33,139;
schlage, flamme, durch den holzstosz bin!
SCU11.LKK kiiiitesmörderin.
namentlich auch der scheiterhaufe zum verbrennen von menschen :
sol der so hohe tag . . .
den holzstosz auf der bürg voll menschen-beiner finden?
sol leicbenschwerer stank vor unsern Weihrauch gehn?
A. GsTPUtcs 169ii 1, 40 ;
mit welcher stirne, musz
ich fragen, schrieben sie das bluturtbeil
der hunderttausend schwachen seelen, die
den holzstosz für nichts schlimmeres bestiegen?
ScuiLLSB Karlos 5, 10 ;
sah er den tapfern Menelaus
durch deinen pfeil auf den betrübten holzstosz
gestreckt. Bcrckr 157*.
HOLZSTRÄNLING, m. pyrus malus sylvestris, der wilde apfel-
baum. Nemnich 4, 1098.
HOLZSTÜCK, n. stück holz, durch spalten oder sdyen erzielt:
der ofen ward mit dicken holzstücken geheizt.
HOLZSTÜCKCHEN , n. .• auf dem boden lagen zernagte
holzstückchen, an denen der todtenwurm sein werk bereits
gethan. Fbettac liandschr. 3, 131.
HOLZSTUHL, m. stuhl der statt einet geflochtenen oder ge-
polsterten Sitzes nur einen solchen von breit hat.
HOLZTAFEL, /". tafel von holz.
HOLZTAG, VI. tag in der woche, an welchem man holz aus
dem walde holen darf Frisch 1, 465*. auch lag, an welchem
seitens eines forstamtes holz angewiesen wird. Adelung.
HOLZTAUBE, f columba oenas und columba palumbus, auch
als blaue holztaube und grosze holztaube unterschieden. Nen-
51CB 2,1133; holztuben, palumbus, est columba silveslris. voc.
ine. tfieut. ks".
HOLZTAUBENpRAÜ, adj. eine der grauen Schattierfarben,
die die färber der wolle und seide zu geben wissen. Jacübsson
2, 283'.
HOLZTÄUBLING, m. agaricus cyanoxanthus, eine schwammart.
Nemnich 1,107.
HOLZTAXE, /*. Schätzung des holzes nach cubis^em Inhalt
und «erth. Jacobsso^ 6, 111*.
HOLZTELLER, m. teller von holz gedreht oder geschnitzt.
HOLZTHEIL, m. l) tlieü, antheil an einer holzung. 2) aus
holziger malerie bestehender theil: die holztheile einer pllanze.
HOLZTHEILÜNG, f wie holztheil 1: (sie) hätten theils
hülztheilungen und theils gewisse läudereien für ihre mühe.
Urkunde von 1745 in Groteks gesch. von üortheim s. 179.
HOLZTRAGE, f. trage zum fortschaffen des brennholzes. min.
lex. (1743) 302*.
HOLZTRÄGER, m. der holz Iterzu schafft: holztrager, calo,
est porlator lignorum. voc. ine. tlieul. k3*.
HOLZTRÄGERIN, f: holzlrägerinnen stiegen (den berg)
herauf. GOtue 43, 195.
HOLZTRANK, m. trank aus of/ieinelUn holzarlen bereitet, vgl
bolzkur.
112*
1783
HOLZTRAUBE — HOLZ^^TDEL
H0LZ\M:G — HOLZVVElß
1784
HOLZTRAUBE, f. (los labruscae; aenanthe., ein kraut. Frisch
1, 465'.
HOLZTREPPE, f. treppe von holz, im gegensal: zur stein-
treppe, eisentreppe.
HOLZTRICHTER, m. trichler aus holz gefertigt.
HOLZTRIEB, m. holziger trieb oder scJiosz einer pflanze: in
laubknöpfen, holztrieben und ranken. J. Paul Titan 1,80;
{menschen, welche) den geist für einen almoscnsaminier des
leibes, das herz für eine bintspritze und nnsere scele für
einen neuen holztrich des körpers {ansehen). Hesp. 1,83.
HOLZTRIFT, f. 1) recht in einem waUe das vieh zu iceiden.
Frisch 1.465'.
2) in Königsberg i. Pr. heiszen holztriftcn die flösze, welche
aus LUtauen und dem innem des landes dort ankommen, und
fotcol schiff- und stob-, als bau- und brennholz liefern. Jacobsson
2, 2S3'.
HOLZTROG, m. ans holz rerfertigter trog.
HOLZÜHR, f. ganz aus holz verfertigte Schwarzwdlder uhr.
HOLZUNG, f. 1) das holzen, holzsammeln, mhd. holzunge
(Lexer wb. 1,1332): lignatio holzsainmking, hulzung Kirsch
cornucopiae.
2) Waldung, holz, silva: lenkten wir etwas auszcr dem wege
narh einer holzung. Plesse 3, 68. auch eine mit waldbdumen
bewachsene gcgend. Nemsich.
3) holzung, holzwand, eine verpfählte ufereinfassung, das ab-
spülen bei einem deiche zu verhüten. Jacobsson 2, 283'.
HOLZVEILCHEN, n. viola hirta. Nemnicii 4, 1568.
HOLZVERKAUF, m.: neben dem holzverkauf treiben sie
die Viehzucht. Göthe 16, 232.
HOLZVERSCHALUNG, f das verschalen einer wand oder eines
daches mit holz, und das so hergestellte selbst.
HOLZVERSCHRÄNKT, part. :
schon geht der wald in flammen auf,
sie züngeln leckend spitz hinauf,
zum holzverschränkten deckenband,
uns droht ein allgemeiner hrand. Göthe 41, 60.
HOLZVERSCHVVENDUNG, f: das haus ist mit groszer holz-
verschwendung gebaut; holzverschwendung im winter treiben
{mit heizen).
HOLZVERSTEINERUNG, f: holzversleinerungen, lignum
petrefactum. Nemmich.
HOLZVERWALTER, m. Verwalter des geschlagenen und zum
verkaufe bestimmten holzes; auch Vorsteher eines landesherrlichen
holzhandels oder holzhofes. Adelung.
HOLZVOGEL, m. der pßngstvogel, oriolus galbula.
HOLZVOGT, m. cuslos sylvae in certis locis Marchiae. Frisch
1, 465'.
HOLZWAARE, f. l) hölzerne waare, theils geschirr, theils
Spielzeug: er handelt mit holzwaaren.
2) holzwaare, in Westfalen die nutzungen aus dem holze einer
holzmark. Adei.dnc.
HOLZWAARENHÄNDLER, m. händler mü hölzerner waare.
HOLZWACHS, m. was an holz zuwächst, holz oder walii mit
rücksicht auf den nutzungswert :
die Weinberg liegen oben strachs
haurens weisz und schöne holzwachs
samht einem grosen ackerbau
hat alhie lUiser liebe (iau.
J. Atrer 353" (1770,7 Keller).
HOLZWAGEN, m. womit man holz fahrt, plaustrum, sarracum.
Frisch 1,465*: holzwagen, peloricum, est currus lignorum. voc.
inc.lheut. k3'; marktplatz für holz- und fruchtwagcn {in Jena).
(ioTRE 32. 145.
HOLZWALDREBE, /: dematis flammula, brennende ttaldrebe,
brennwurzel. Nehjuch 2,1063.
HOI-ZWAM), f von holz errichtete wand, im gegensalz lur
steinwand, lehmwand, ziegelwand, beim Wasserbau ist Imlzwaiul
das was bolzung {t. dat. no. 3).
IIOLZWANZE, f cimex tilvearis.
HOLZWART, m. custos lilcae: unter personen zi'ini weid-
wf-rk und pfpii gehörig werden aufgezählt forslknetht, wild-
'. jägerknecht, hSgerbijben oder bundshäben.
ii<>i./.i> \l»irt(, m. cuslos tilvae inferior. Frisch 1, 4«5*. (tu$
der fi(mtmerMfhen holzorduung.
HOL/W AKTS, adv. dem hau oder vaUe tu: bolzwerts
Bore. 1, I»*.
HOLZWEDEL, m. teit, in der das holt am voriheHhaftestm
tu fallen ist, auch holzwndrl, holzwadel ; narh Auki.unc «w-
tiigikh in Hiedertachte» üblich, wedel ist plenüuntum, «ii« zeü
des Vollmondes (Grimm mythol. 674) ; man glaubte dasz holz, vor-
züglich brennholz, am besten im wachsenden monde zu fällen sei
{öcon. lex. 1059); vgl. bei Mecenoerg: dar umb prüefent die
holzhacker an daj wädel und da; new des mftnen, wenn si
da; holz oder die paum hawen wellent. 309, 10.
HOLZWEG , m. weg der zu wirtscliaftszwecken in ein holz
gemacht ist und nicht der Verbindung zweier orte unter einander
dient: daj der holzweg von Uwisen untz gen Moria offen sol
sin, wäner uszer den güttern geniainlicii geben ist. weisth.
1,108; ein holzweg, da sie endlich keine strasze vor sich
behielten. Chr. Weise kl. leule 166; allvveg ist es kein holz-
weg, auf dem wir sind (spricht der lenker eines gefährts), und
selb ist gut, da helfe ich zufahren, bis wir zu jemanden
kommen oder zu häusern, wo wir vernehmen können, wo
wir eigentlich sind. J. Gotthelf schuldenb. 2S4. bildlich: er
wuszte alle holzwege, hohlwege, diebsgänge und kürzere fusz-
steige in diesem liebegarten ordentlich auswendig. J. Paul
Titan 3, 192.
Der gegensatz des holzwegs zur geraden und rechten strasze
scheint in häufigen sprichwörtlichen redcnsarten wieder, die den
holzweg ah weg des irrthums, als falsche bahn hinstellen:
mhd. dar an (auf dem wege der lugend) sich manger verschriet,
der einen noizwec geriet :
der dünket in der beste;
dar nach so vindt er ronen (umgestürzte stamme) und este,
die von den boumcn sint ger^ret;
swelch tumber da niht wider keret,
daj spriche ich wol in sinen hulden,
der muoj vil unrede dulden. Haupts zeitschr. 8, 580, 1034.
nhd. auf dem holzwege sein, in irrthum, auf den holzweg
kommen, gerateten; das Christus sei nicht allein anfenglich
der weg, sondern der rechte gewisse weg, und allein end-
lich der weg bleibe, daran man sich imer halten mus, und
nicht verfüren lassen die holzweg, so uns abweisen etwas
anders zu suchen, neben Christo. Luther 7,60'; man findl
under tausent nicht einen, der dem rechten weg nachlrachtet,
sonder sie gehn all dem holzweg nach und eilen heftig bisz
sie zu der hellen kommen. Keisersb. narrensch. 377'; wenn
fromme seelen, welche der üppigen wellfreuden ganz gewohnt
gewesen, sich derselben enlschlagcn, so kommt iiirein fleisch
die stille einsamkeit verdrieszlich vor, es verlanget immer
seine alte holzwege wieder zu gehen. Scriver iee/efisr/i. i,875;
die well wil doch der wege keinen recht, sondern imerdar den
holzweg gehen. Luther 6,54*; das mangelt unsern Schwer-
inern, das sie meinen, wenn sie in ire hohe geistliche ge-
danken faren, so haben sie es troffen, und sehen nicht, wie
sie on wort des holzweges faren, lassen sich eitel irrewische
verfüren. 17l'; daher kömpls auch, wenn man solchs ver-
wirft {die guten werke), und dawider leret . . das jederman
schreiet: wolan, so wollen wir keine gute werk thun, und
faren flugs des holzwegs. 4,457'; sie {die herzöge zu Sachsen)
haben solchs gethan, und wol thun müssen, als patroneu
des Stifts {Naumburg), die kirchen des slifts, bei dein heiligen
evangelio und erkandlen warheit zu erhalten, als rechte imi-
bischove in solchem fall, da ein capilel den holzweg wil.
8, 10' ; da sie leren oder wehnen, das wir durch unser werk
oder erfüllung des gesetzs, so wir thun, für golt gt-reclil
werden, und weisen uns den holzweg zu vertrauen. (>, 4U!t';
dazu haben wir auch diese warnuiig. das falsche prupheleu
konicn werden, und grosze zeicheu thun, aber alle des holz-
wegs abfüren, von Christo auf ander ding. 5,456'; des teu-
feis rath, das er uns frey, durch so vil coiunienlarien, scri-
bcnten, dichter und buchschreiber, so täglich new auf die
ban kommen, wider von der schriftc auf menschen diciit,
glosz und coniinent, sein alten holzweg abfüren will. S. Frank
guldin arch vorr. bl. ij'; der teufel . . will uns immer von
der rechten ban auf seine irr- und holzwege füren. Mathesius
hislur. von Jesu Clirislo 1, ««'. holzwege suchen, krumme wege,
winkflzüge: der salan sucht immerdar winkelhidzer und Itei-
rcde, holzwege wider gotles Ordnung. LtriiKU ttschr. ;il2'.
IIOLZWEIH, n. l) wildes oder ges/n-nstiges im holze lebendes
weib {rgl. iiben holzmann 2): ahd. holzwlb /<i»ii<i (Jkakf 1,653;
Ir schreien grad wie ein hulzweib. UnLAN» rolksl. 149;
vgl. mythol. 403. 451 ; das iiolzweiblein, auf dem bairischen »aide
der name eines gewissen waldgespensles. Scim. I, 1lü4 Fromm.
2) auch holzleserin im valde: geht richtig davon {aus einem
gehi'tlz), so knllblillig, als wenn er ein alles liol/.weib gefundiii
hallp, und nicht seine jugendknineradin, den ausbund von
•chOnbcil. Hkysi nuvelUn 4 (1873) 179.
1785
HOLZ WEIDE — HONETTITÄT
HONIG
1786
HOLZWEIDE, f. pascua in silvis, weide im gehölz. Frisch
1, 465'.
HOLZWELLE, f. l) walzenförmiger kvrper von holz: ein
rad, das um eine holzwelle sich dreht.
2) walzenfürmiger bündel von dünnem asltcerk als brennhoU:
dürre holzweilen. Kirchhof disc. mit. 44 ; alle die darvon {von
der kirche) abweichen, müssen wie die dörresten holzwellen
in der hellischen flamm verprant werden, bienk. lü'.
HOLZWENDEL, f. der kellerwurm : die holzwentel, ein esel,
ist ein thierle mit vil füszen, grauw und eselfarb, an feuchten
orten under steinen oder holz, oniscus. Maaler 230"; holz-
wendel, une chenille, oniscus. dict. [Genf 1695) 176.
HOLZWERK, n. aus holz bereitetes, balken und breiter: nach-
dem {bei aufriclUung eines gerüstes) des holzwcrks auf dem
markt ein nacht also eins teils musz ligen bleiben. Tücher
baumeisterb. 127, 21 ; wo klümsen in holzwerk waren, das ver-
stopften sie mit werk, lumpen und bech. b. d. liebe 21'/ ; die
flamme . . hatte schon das holzwerk des bodens und eine
leichte treppe gefaszt. Göthe 19,219; holzwerk, an einem bau,
materia. Frisch 1, 465' ; vgl. ahd. carpentarius wagenäre 1. holz-
wercman Haupts zeüsclir. 3, 470'.
HOLZWESE.N, n. res lignaria. das.
HOLZWESPE, f. sirex, schwanzwespe. N'ejimch 4, 1307.
HOLZWURM , m. i) ein im holze sich ausbildender und
lebender uurm, lennes pulsatorium, auch die larve von cerambyx
(.Nemnich): theredo hai^t in kriechisch ain holzwurm .. der
wurm wechst in den hölzern, diu man ze unrehter zeit ab-
hawet. Megenberg 309,2; holzwurm teredo, est vermis corro-
dens ligna, qui comedil semper et nunquam bibit. voc. ine. Iheut.
k3'; es wird unterschieden holzwurm, maden so in den höl-
zern under den rinden wachsend, cossus, und holzwurm der
das holz durchfriszt, thryps. teredo Maaler 230' ; anderwärts
tritt solcher unterschied zurück: cossus .i. teredo holtworm Dief.
154* (niederdeutsch).
2) holzwurm, phryganea, wassermoUe, deren larve sich cylin-
drische gehäuse von holzspliUerchen schafft. Nemmch 4,954.
3) holzwurm bei pferden : euszerliche würm (in der haut des
Pferdes), man nennet sie wolfwürm, holzwurm, reitende, aus-
beiszende, aaswerfende, siegende würm. Pinter pferdschatz 410.
HOLZWLRMLEIN, n. .■ cossis ein klein holzwürmlein Kirsch
cornuc.; holzwürmlin Luther 3,442'.
HOLZWURZ , f aristolochia. Frisch 1 465' ; agatieia holtz-
burtz Dief. 17'; holzwurz brenn zu aschen. Seuter ross-
arznei 253.
HOLZWURZEL', f was holzwurz (oslerluzei): holzwurzel
(unter den pflanzen des märz) Sch.xcrr 157.
HOLZZEH.NTE, m der zehnte der vom holze in einer waldung
yeyeben wird.
HOLZZEICHEN, n. zeichen, womä die zu verkaufenden bäume
gezeichnet werden. Frisch 1,465'.
HOLZZEIT, /". zeit des holzfdllens; im frühjahr. min. lex.
(1743) 302'.
HOLZZETTEL, m. zeugnis eines bergschreibers, wie viel holz
eine zeche benötigt sei. min. lex. 302'.
HOLZZIN.N, n. eine art zinnerz. Jacobssojc 6, lU'.
HOLZZUCHT, f. Zucht und pflege des hohes in einem walde
zu nutzungszwerken. ullg. anzeiger der deutschen 1844, no. 230,
5. 29S5.
HOLZZWANG, m. sedum telrphium, feite kenne. Nemnich
4, 1573.
HO.MBEERE, f ßr himbeere, s. sp. 1332.
HO.NETT, adj. im l". jahrh. aus dem französischen (honnfte)
herübergenommen, im sinne von achtbar, anständig: in den kata-
logen findet man wohl lauter honnete namen. Göthe 17, ISO;
will ich denn honett handeln? wer bezahlt mir das? Kotzeble
dram. sp. 2, 330. meist nur in bezug auf rang oder äuszerlichen
anstand gebraucht: mißte ich mich, wenn ich galans haben
wolle, an die bedienten von der prinzlichen bände halten ;
nicht ein einziger honetter mensch sähe auf mich. span. Ro-
binson 3 (1736) s. 61 ; (er musle) eines honetten mords — eines
duells wegen entfliehen. Lessing I,32S; es schickt sich für
honette mädcben nicht, wenns später in die nacht dauert.
Fr. MCUER 2,113; man hielt ihn für nichts besseres, als für
ein stück honetten gauners. Immermann Münchh. l, 167.
HONETTITÄT, f ehrbarkeit, anständigkeit : honette jung-
fern! weisz her einmahl die finger, musz doch sehn, wo
diese honettetät auf einmabl gewachsen. Fr. MCller 2, 114 ;
in s«inem (Terrassons) Selbos sind treffliebe stellen, aus-
sprüche reiner Vernunft und honnetetät. Herder zur IUI.
17,118; was man ehmals Wahrheit, würde des gelehrten,
honettilät und dergleichen nannte. Tieck nov. kränz 4, 23S.
HONIG, m. und n. mel. der Gothe übersetzt griech. ftih
Marc. 1, 6 mit mili{) : alle späteren dialekte haben gleichmäszig
das heutige wort, ßr das sich in den urverwandten sprachen
nichts übereinstimmendes findet : altnord. hunang. schwed. honing,
dän. honning; ags. hunig, engl, honey; cdtnfr. honog, aus.
honeg, hanig, niederl. honigh (Kilian), honing; althochd. honac,
honec, honic und honang, mhd. honec, honic, doch erscheint
auch nasaliertes honing mel noch spät (Dief. 354'), und hung
neben honig bei Maaler 2.30'' kann sich daran anlehnen; auch
umgelautete formen zeigen sich, hünic und hönic (Lexer 1,1334),
welche letztere sich lange hält: es werden viel häring ausz See-
land kommen, viel hönig ausz der Eifel. Fischart groszm.
129; das hönig. Otho 4; ein groszen last hönig und wax.
ScHCPPics 736; ausz dem hönig meth kochen, ebenda;
so leck ich lieber hönig denn wagenschmier.
fustn. sp. 736. 18 ;
die (wespen) fliegen für der bienen hausz,
und fressen ihn das höng herausz. C. .A.lberus 109.
das neutrale geschlecht trf das frühest bezeugte und herscht auch
im nhd. noch lange, so bei Luther: was kan sie (die rose)
dazu, das ir süszes honig der spinnen zu gift wird? 6,316*;
das er das honig von des lewen asz genomen hatte, richter
14, 9 ; seine speise aber war heuschrecken und wild honig.
Matth.3,1; und später: die immen machen ein gutes nutzlichs
honig darvon. a. weiszh. lustg. 727 ; um in ermangelung des
corsischen honigs, unser gemeines honig mit zerquetschten
bu.\baumblättern oder blülhen abzureiben. Lessing S, 127.
das männliche geschlecht erscheint bei Keisersberg: der honig.
.Vari> Itimelfart lü*, manche schrißsteUer schwanken zwischen ihm
und jenem : der oder das honig, mel. Maaler 230* ; das honig.
Hohberg 3,2,289' und den honig. 290*;
da schwärmen hummeln um den strauch, ein frisches bonig
auszustechen. Gcnther 429;
dem Periander schmeckt der honig von der brüst,
die ihm Melissa reicht, noch süszer als von bienen. 1064;'
eil verschmähet ihr so den honig, den mancher begehret?
GöTHS 40,23;
sparet das bonig für andre. 3S.
heute darf das neutrale geschlecht in der schrißsprache als völlig
veraltet gelten.
Von der bereitung des honigs durch die bienen werden bilder
genommen: mit denen (epicitrischen schrißen) wir aber ümb-
gehen müssen wie bienen, welche ihr honig aus den gesun-
den blumen saugen, und die giftigen kräuter stehen lassen.
Opitz poeterei 11; aus nichtswürdigen blumen . . das schönste
honig saugen. Messe 3, vorrede, der honig als bild für süszes,
angenehmes in manigfachem gebrauch (veryl. eine anzahl der
folgenden compositen) : dein wort ist meinem mund süszer.,
denn honig. ps. 119,103; deine lippen, meine braut, sind wie
triefender honigseim, honig und milch ist unter deiner zungen.
hohel. 4,11;
dan der Griech an weiszheit sehr grosz,
von dessen zung der honig flosz. Weckheilik 375;
doch musz ich etwas davon sammeln, als ein süszes honig,
unsere seelen mit trost zu erquicken. Scriveh seelensch. 1,510;
um bei ihr den kuss zu suchen, dem das verbot und die
entbebrung wieder den honig gab. J. Paul Tit. 3, 167 ; der
junge honig der liebe. 5, 16t ; nur aber war er unter solchem
honig (einer so angenehmen beschäßigung) erstickt, leb. Fü).ii'i;
fraw, wo man ewem namen nent,
der suszt til pasz in dem herzen mein,
den regent es eitel honig dar ein.
Rose:ibli't in den fastn. sp. 1 143 ;
ach der weiber freundligkeit
ist das honig dieser zeit,
süszer kan auf erden
über sie nichts werden. Rist Parn. 470.
ein anmutiges land ist in der bibelsprache ein land, darinnen
milch und honig fleuszt. 2 Mos. 3,8, und oß; das gott selbs
ein erdtrich hat geheiszen mit honig und milch flieszende.
Frane weltb. 142';
0 land, durch welches milch und mildes honig rinnt!
A. GuTFHiis 169» 2, 22.
Spriehwürtlieh : der böse geist hat ein verleckert maul, frist
gern das allerbest, das niedlichst, das auszerweltest, wie der
beer das bonig. Luther 1,495*; schmierte ihm derowegea
1787
HONIG — HONIGBIER
HONIGBIRNE — HONIGFLÜSZ
1788
honig ins maul, und gab ihm galle zu trinken ; denn es war
nichts dahinter. Scuweimciien 1,104; dasz sie (die zauberer
bei der Passauer kunsl) das h. crouzzeichen so oft und viel-
fältig hiei'zu iniszbraucbcn, geschieht zu keinem andern ende,
uls dasz es bei den einfältigen das honig sei, damit man
den kindern den ranft an einem geschirr bestreicht, auf dasz
mau ihnen den bittern trank vor die würm dardurch desto
füglicher beibringen könne. Sünpl. 4,187 Kurz; das maul mit
hünig beschmieren. Sciiottel 1115'; ich besorge, wir gewin-
nen auch als vil ere au diser erbeit als der honig im sprach-
hause {abtritt) sucht. Schade sat. u. pasqu. 2, 257, 10 ; honig
im munde, gulle im herzen, honig im «lund, schermcsser
in der band, kein honig ohne gift. wer honig will , musz
der bieuen sumsen leiden, wer honig lecken will, musz der
bienen Stachel nicht scheuen, der honig ist nicht weit vom
Stachel, theurer honig, den man aus dornen musz lecken,
honig essen ist gesund, zuviel macht speien (vergl. spr. Sal.
25, IC), wer viel honig schleckt , nmsz viel wermut fressen,
mit einem lötfei honig fängt man mehr fliegen als mit einem
fasz voll essig. honig ist der mucken lod. wer sich zu
honig macht, den bcnascben die fliegen, es ist zu gewinnen,
wie honig von wcspcn. Sihbock sprichw. $.260;
nicht schlaue ranke sind sein (des preuszüschen volkes) witz,
es trägt nicht honig uuC der zung, und gall im herzen.
Rahler 2, 32 ;
handelt einer mit honig, er leckt hisweilen die linger.
GoTBS 40, 131 {Reineke fuchs S ; nicht im
nicäeräeuticlien original).
Man unterscheidtt weiszen und gelben honig; gezeidelten und
geseimten bonig (Ocon. lex. 106'); zuckerhonig, jungfernhonig;
geläutertes honig, tnel liqualum, quod nuUam habet spurcitiem.
Fbisch 1,465*; gesponnener honig, ausgelassener honig, der sich
fadenförmig zieht: andere {neapolüanische knaben) suchen einen
kleinen gewinn, indem sie obst, gesponneneu honig, kuchen
und zuckerwaare einkaufen. Götbe 28, 260. in Oberhessen be-
zeichnet honig nicht nur den eigentlichen honig, sondern auch
das aus baumfrüclUcn gekochte ntus (compoll). Vilmar 174.
HONIG , adj. aus honigig gekürzt (vergl. unten honigt aus
honigicht) : dasz er honige worte zum tröste ihren obren
zusandte. t>om k. Artus u. von dem ritler Wieduwilt (l7SG) s. 108.
HOMG.VPFEL, m. eine apfelsorle, süszapfel, melimelum.
Fbisch 1,465*. auch ein südamerikanischer und indischer bäum,
annona squamosa, und seine fruclit. Nemmcu 1,317.
HONIGAUSBHUCH, m. das einsammeln der honigsdieiben aus
den Stöcken der waldbienen. Jacoüsson 6, 112'.
HOMGBACH, m.;
und wenn ich nun lang genung
hier aus Mara trinken müssen,
ach, so lasz den letzten trunk
mir zur sanften nih genieszen,
dasz ich dort in Canaan
honigbäcbc trinken kann.
B. ScuaoLCK lied: 'o du herre Zebaoth\
HONIGBÄR, m. ursus arclos.
HOMGBAU, m. die kunst den honig von den bienen zu
gewinnen.
HONIGBAL'ER, ro. der den honigbau betreibt: mellifex, honig-
bauer Kirsch cornuc. auch ein bauer, der neben seiner land-
wirlschaß bienen hält.
HONIGBALM, m. melianthus. Frisch 1,465*.
HONIGBEHALTEB, m. im kclclie von blumen ein behdlter,
der den honigsaß enthalt (vgl. boniggefäsz 2, huuiggrube, honig-
keich). bildlich: sie hatten jene heitere uiibcfangenheit der
kinder, der künstler und der südlichen Völker, die nur den
bunigbebäller der minute ausnascht. J. 1'i.iL TU. l, 17.
HONIGBEHALTMS, n. was honigkelch. Jacobsso.n 6,112*.
HONIGBESCMMIEHT, part. : dasz er (der pabsl) den ketzern
schmeicheln will, und mit honigbeschmirten wortea licb bei
inen einkaufen, bienk. 170*.
HONIGBEL'LE, was honiggeschwuist («. unten): von den
bonigkpeulen. Zkcbenourfek gebreclicn der rosz (1571) 2,21.
HONIGBIENE, f l) apit mellifica, die gewöhnliche bient.
Nkm.'<ich 1,375.
2) tn einem bienentlock die kleinen arbeüibienen , gegenüber
dröhnen und weiser. Jacoh<(sun 2, 2>s3*.
HONIGBIEB, n. bter mü houiy bereitet: ^enn der biicbuf
jährlich seine kircben besuchte: so musztc ihm Jedes kirch-
•piel . . zwanzig eimer (silulas) metb, zwanzig eimcr honig-
bier, und ebeu »u viel ander bier dJtrbringen. MOtu patr.
fhant. 3, Mi.
HONIGBIRNE, f pirum melleum, musteum. Stieler 167.
HONIGBLASE, f der magen der bierun. Nem.nich.
HONIGBLUME, f. l) im allgemeinen jede blume, aus der
dit bienen honig gewinnen. Frisch 1, 465*.
2) im besondern mclissa ofßcinalis. Nemnicu 3, 543; melissen-
kraut heiszt auch honigblum. Tabernaehont. 738 ;
das laub an dieser bonigbluhme, gleicht völlig einer helleparten.
Brockbs 8, 245.
3) auch melianthus, weil seine blitten viel honigsaß enthalten.
Nemnich 3, 541.
HOMGBLÜMCHEN, n. gnaphalium arenarium. Neknich 3,61.
HONIGBLÜTE, f honigsaß enthaltende blute, übertragen:
wenn schon überhaupt die weiche duftende honigblüte der
Jungfrau im treibkasten des ehebetles zu einem winter- und
lagerobste zeiligt, das erst später so weich wird. J. Paul
vorsch. der äslh. 3, 143.
HONIGBROCKEN, m. plur. favorum reliquiae. Stieler 231.
HONIGBUSSARÜ, m. falco upivorus. Nemnich.
HONIGDACHS, m. vieles mellivorus. das.
HONIGDICK, adj. dick wie honig: die honigdicken extrakte
{von früclUen). J. Paul Tit. 2, 123.
HONIGDORN, m. gleditsia triacanthos, ein amerikanischer
bäum. Nemnich 3, 53. derselbe heiszt auch honigerbse.
HONIGDRÜSE, f. nectarifera glandula, theil der blumenbldtter,
welcher den honigsaß absondert. Nemnich 3,711.
HONIGERBSE, f s. honigdorn.
HONIGERNTE, f das einsammeln des honigs aus den stocken
der gartenbienen. Jacobsson 6,112*; honigernde, mellatio Stie-
ler 19.
HONIGESSIG, m. ein aus honigwasser durch gährung berei-
teter essig. Jacobsson 6,112*: stosz es zu einem pulver und
gibs mit dem sauren bonigessig, aceto mulso. Tabernaem. 392.
bildlich: ohne dasz der bonigessig zurückgewünschter freuden
über seinen gaumen lief. J. Paul Hesp. 3, 50.
HONIGFARB, adj. von der färbe des honigs: melleus honig-
farb DiEF. 354'; des kaisers sündl {das sühnlcin des kaisers
der bienen) ist zehant {sobald es aus dem ei schließ) hongvar.
Megenberg 294, 9.
HONIGFARBE, f color mellinus, melleus. Stieler 433. honig-
farben auch die ungißigen saßfarben, die in den tusMästen der
kinder liegen.
HONIGFARBEN, adj. von der färbe des honigs; auch honig-
farbig.
HONIGFASZ , n. • mellarium honigfasz, niederd. honichvat
DiEK. 354*. vgl. honiggeschirr.
HONIGFLADEN, m. n. l) die mit honig angefüllte Scheibe in
einem bienenstocke. Jacobsson 2,284*: nimb honigfladen, wie
mans von den bienen ausznimbl. Seuter rossarzn. 307 ; also
ist die fleischliche sündcnlust die hauptkwälle aller laster,
und die tödtliche gift, so aus der bienen süsz-belibten honig-
fladen auswächst. Butschky Palm. 432. Stieler 494 schreibt
hiefür nur honigflad, favus mellitus, nach der allen form von
vlade, aber mit unbereclitigtem formunterschied von dem folgenden,
schon früh ist die Jungfrau Maria einem honigfladen verglichen :
wis gegrüe^et, honeges vlade !
Slariengrüsze in Haupts zeiischr. 8, 2S0, 145.
2) mit honig bestrichener oder im teig versetzter fladen : honig-
fladen, panis melle ülilus, sive mellitus Stielgr 494; du glaubst
nicht, wie süsz das lieben ist; sUszer als honigfladen. Fr.
MtlLLER 1, 126.
HONIGFLECKEN, m. honigfarbene flecken auf der haut; auch
solthe auf marderbälgen. Adelung.
Hü.NIGFLIEGE, f musca mellina. NEM.ticu"
HONIGFLIESZEND, part. metlifluus. Dief. 354'. vielfach über-
tragen : mellifluens, der eine honigQieszende rede hat, wohl be-
redt. Kirsch corn.; die bonigflieszende begird deiner schöne.
Spek g. t. 272; in deinen (Jesu) süszen und bonigflieszendeo
wunden. Schufpius 4üO.
HONIGFLÜG, m. .- bis . . die biene bald wieder ihren bunig-
flug zur erde beginnt. Fr. MCller 1,22.
HONIGFLÜSZ, m. flusz ton honig, reichlicht ergieszung du
honigs: melUftuvius bongllusz Dikf. 354*; bildlich:
■I« wann mit hunigOüMen
und andrem lüiien oms die lippen idei iiunnern) sich ergAaten,
ao luckt, io acbmuliell «r (der fucluitchwiintrr) , tbul wie \ur
teileu that
der Buai dtm draifuai ber tu Delphis lauicht auf rath.
Liti,AU i, 217.
1789 HOMGFLÜSSIG — HONIGKÜKÜK
HONIGKUSS — HOMGPROBE
1790
HONIGFLCSSIG, adj.: mellifluus honigQussig, hünigflassig,
iiiederd. honichvlotig Dief. 354';
die höngflüssigen spün (hriiste) z\i suchen.
H. FoLZ in den fastn. sp. 1304.
HOMGFRUCHT, f. honigsüsze frucht:
wem ich dieses beets durtende meloae,
dieses feigenbaums bonigfi-üchte scnoae? IUxler 1, &S;
mir wächst vom süsresien der triebe
nie hoDigfrucht zur tust heran.
denn ach! mir mangelt gegenliebe,
die 6ine nur gewähren kann. Borger Vi'.
HONIGGABEL , f. gabel um die abgeladen honigscheiben in
den bienenstöcken heraus zu heben.
HOMGGEBEIZT, pari. : ir feine verzuckerte gallen und
pillulen, und honiggebeizte spinnen. Garg. 17*.
HONIGGEFÄSZ, n. l) gefäsz um honig darin aufzubewahren,
tcie honigfasz.
2) honiggefäsz, nedarium, der theil an der blume, der den
honig entweder absondert oder nur zur außewahrung desselben
bestimmt ist. Nejcmch 3, 710. bildlich: die tausend honig-
gefäsze schöner gedanken. J. Pacl Hesp. 3, 83 ; lieber wollt
ich die seele doch in das feinste honiggefäsz der sinnen, in
die äugen verlegen als ins unempfindlichere g«hirn. 4, 9.
HOMGGEHRE, f. die mit honig angeßlUe scheibe eines bienen-
stocks. Jacobsson 2, 284'.
HO.NIGGELB, adj. melleus. Stieler 595.
HOMGGELD, n. zins. abgäbe vom honigbau : und soll auch
jeder zeidler von seinem gut geben sein honiggeld uns und
dem reich, weisth. 3, 611 (liürnberg von 1350).
HONIGGELDER, m. bauer der honigqülde gibt. Frisch 1,465*.
HONIGGERUCH, m. odor mellüus. Stieler 1531.
HONIGGESCHIRR, n. mellarium. Maaler 230*, zur auf-
bewahruny von honig.
HONIGGESCHMACK, m. sapor melleus. Stieles 1871.
HONIGGESCHWULST, f. meliceris, geschwulst mit eUer, der
honigfarbe hat. Frisch 1, 465*.
HONIGGESTELL, n. mellarium. Maaler 230*.
HONIGGEWIRKE, n. die wabe in den bienenstöcken: wer
nicht das sparrwerk und zellenwerk des menschenherzens
kennt, den nimmt es wunder, dasz Viktors freundschaft gegen
Klotilde ein ganzes honiggewirke von liebe für Joachime in
seine zellen eintrug. J. Pacl Hesp. 2,211.
HOxNIGGOLD, n. :
kommt Fatime dann, die holde,
tochter, gattin sonder lehle,
englisch allerreinste seele
in dem leib von honiggolde. Göthr 5, 256.
HONIGGRAS, n. holcus, eine gattung gräser mit mehrern arten.
ISemmch 3, 166.
HONIGGRUBE, f. nectarium. Nemmch. rgl. honigkelch.
HONIGGULDE, f. sins an honig. Frisch 1,465'.
HONIGHAFEN, m. honigtopf: die importune hummeln, die
umb mich wie umb einen fetten honighafen, der keinen deckel
hat, herumb schwermten. Simpi. 3, 36 Kurz.
HONIGHALTER, m. nectarium. Neh:«ich. vergl. honigbe-
hälter.
HONIGHA.NDEL, m. handel mit honig. jACOBsso.f 6,113*.
HONIGKELCH, m. nectarium, der honigbehälter in bluten.
Nemnich; wenn der frühling glühte und alle seine honig-
kelche öffnete. J. Pacl Tit. 2,86; ich habe oft leute . . um
die besten und vornehmsten weiber gaukeln und aus dem
honigkelch ihrer herzen saugen . . sehen. Hesp. 2,28.
HONIGKELLER, m. cella mellaria. Stieler 915.
HONIGKIRSCHE, /". eine kirschenarl, zuckerkirsche.
HONIGKLEE, m. trifolium melilotus, gemeiner Steinklee. Neü-
sicH 4, 1478. kleiner gelber honigklee ist latus corniculatus,
der wilde Steinklee. 3, 447.
HONIGKRUG, m. zur aufbewahrung von honig: dasz sönlein
war schon so wol gerahten, dasz es ihm den honigkrug zer-
brach. Garg. 225*.
HONIGKUCHEN, m. l) die mit honig gefüllte wabe in einem
bienenstocke (auch honig fladen, honigscheibe). Jacobsso!« 2,284*.
2) mit honig gebackener kuchen, Pfefferkuchen, lebkuchen. Frisch
1,465*;
wie man bonigkuchen bacht.
GciPKLZHAiHtR gymn. de extrc. acad. 406.
HONIGKÜCHLER, m. der honigk-uchen bäckt, pfeffer küchler.
auch honigkuchenbacker. Jacobsso:» 2,284*.
HONIGKUKUK, m. eueulus indicator, ein afrikanischer die
bienennester aufsuchender vogel. Nbvnich 2, 1300.
HONIGKUSS, m. honigsiiszer kuss:
deiner lippen honigkuss. Kosegarte5 poen. 1,318.
HONIGLEBEN, n. leben, nahrung vom honig: der bär ...
hebt die obren und erinnert sich von neuem des honiglebens.
Fr. .Müller 1, 23.
HONIGLECKER, m. l) der honig ledd, gustator mellis.
Stieler 1105.
2) name eir^es Schmetterlings, phalaena mellonella: in den
bienenstöcken wohnt phalaena tinea mellonella, erst eine
weisze raupe mit 14 füszen, riehwurm, motte, auch schabe,
genannt, die sich in den grau- und purpurgeflügelten honig-
lecker verwandelt. Voss zu Virg. georg. 4, 243.
HONIGLEIM, m. leim zum vergolden, der aus honig, leim-
wasser und etwas essig bereitet wird. Jacobssos 2, 284*.
HONIGLESE, f das einsammeln des honigs aus den bluten
seitens der bienen; mellatio Frisch 1,465*.
HONIGLEUTE, plur. die bienen:
machte draus (Venus von den Itüssen des Ädonis] die
honigleute,
dasz sie geben süsze beute,
dasz sie aber auch daneben
einen scharfen Stachel geben. Locad 3, 100.
HONIGLIPPE, f l) süsze lippe (im reden oder küssen) : war«
nur eine büste des allvaters (Homer), vor die er euch in-
zwischen stellte, euch deutete auf der hohen stirne würdige
runzeln, auf den tiefen blick, auf das schweben der honig-
lippe. Göthe 33, 14 ; lasz michs heute noch einmal von deinen
honiglippen vernehmen. Fr. MCller 1, 10.
2) honiglippe heiszt auch das unterste blalt an den bluten der
Orchideen, das meist eine abweichende gedalt hat und honig ab-
sondert.
HONIG.MACHER, m. mellarius. Kirsch cornuc, von einem
honigbauer (sp. 1787). auch von bienen : pordutz lag der bien-
stock auf dem boden, welches die honigmacher dermaszea
erzörnte, dasz sie . . armeeweis mit ihren stacheln gleichsam
wie mit eingelegten tanzen darauf losz (auf das pferd) flogen.
Simpl. 3, 427 Kurz. s. das folgende.
HONIGMACHERIN, f die biene:
biszweilen leert er ausz den honigmacherinnen
ihr wachsiim königreich, das sie mit klugen sinnen
sehr artlich aufgebaut. Opitz 1, 155;
wie die honigmacherinnen
ausz viel blumen saugen künnen
ihren süszen nectar-saft. Logao 1, 6, 12.
HONIGMEISTERIN, f biene:
schlagt eure Werkstatt auf in dieser linden hier,
die hohl ist von natur, ihr honigmeisterinnen.
P. Flsii;«g 656 ;
wie die honigmeisterinnen.
wie das wollen-träger-volk, was sie samlen, samlen künnen
ihnen selbst nicht. Logad 2, 48, 70.
HONIGMO.NAT, m. l) monat in dem die bienen honig ein-
sammeln. Campe.
2) bildlich, von der ersten zeit der ehe, flitterwochen (auch
franz. la lune du miel. Voltaire Zadig cap. 3) : was macht
herr Nicolai? als bräutigam hat er nicht zeit meine briefe
zu lesen, ich will den honigmonat vorbeigehen lassen, ehe
ich ihm schreibe. Lessisg 12,146; nach den verrauschten
honigmonaten ihres ehestandes. Moser pa/r.pAan/. 3,38. auch
auf anderes übertragen: das (niederländische) ministerium ge-
nieszt noch seine honigmonate. Frankf Journal 1868 no. 182,
1. beilage.
HONIGMOND, m. wie honigmonat: junge gatten, die . . .
mit nicht genügsamen gutem versehen , in diese zustände
sich einlassen, mögen ja sich keine honigmonde versprechen.
Göthe 48,63.
HONIGMOTTE, f f^aiaena soäeUa. Neulich 3, 925, eine den
bienenkörben schädliche motte.
HONIGÖL, n. oleum mellis. Frisch 1,465*.
HONIGPFEIFE, f honiqzelle. Neji!»ich.
HONIGPLÄTZCHEN, n. pldtzchen oder küchelchen von honigteiq
gebacken: steckte ihm den mund >olI honigplätzcben. Wielasd
13,21; so werden sie euch den mund mit honigplätzcben
füllen. 22;
so wie milde pädagogen
die kleinen Zöglinge durch bonigpläzcben
lum abc rerftinren.
äers. übers, v. Horateni Satiren (1794) 1, 12,
HONIGPROBE, f eine Untersuchung ob der honig verfdltchl
sei. Jacobsso?) 6, 113*
1791 HONIGRASZ — HONIGSCHLUMMER
HONIGSCHMETTERLING — UONIGT 1 792
HONIGRASZ, «1. honigwabc, oberdeutsch. Jacobsson 6, 2S4* :
favus honigrasz, honigraszc, honigraszcn, honiprosz Dief. 268';
trieffender hongrasz, destillans favus Melbkr bei Scim. 2, 138
Fromm.; ein honigrosz. Keisersberg bei Frisch 1,465'. vgl.
rasz und uuten honigrnse. Fischart hat
HONIGRATH, «i. dem niederländischen honiglirato, honigh-
rote, honighratcl (Kilian) gemäsz, nur im geschlechl abweichend:
aber darin sind sie {die fHipsllichen unter dem bilde von bienen)
den andern (bienen) ungleich, dasz sie keinen neuen honig-
ralit können machen, sondern nuisz zuvor von gewissen apo-
leckern . . bereit werden, und machen den hohnigraht also.
bienk.UO*; sie abtreibt wie die immen die horlitz, oder weffzen
vom waben und honigrat. Garg. 245'; gieidiwol über der
immen stich aus verlrusz den honigraht, welcheu er alibereit
inn der band hiil, hinwcgwurfe. ehz. 415.
HONIGREDE, f. süsze, wollautende rede (vgl. sp. 1786): honig-
rede, «w zuckerrede, oratio mellita, verba dulcia Stieleh 1540;
und dessen mund mit üherflusz
köDt eine honigred auszgieszen. Wkckherlin 453;
der Suada ^leicii am munde,
der honigrede spricht. Bcrcer 7'.
HONIGREICH, adj. mellosus. Frisch 1,465*; immen- sive
bienenreicbes land, eliam honigreich, apibus et melle abundans.
Stieler 1582; durch die honigreiche flora der Insel. J. Paul
Titan 1, 17 ;
wollt ihr wissen, holde bienen,
die ihr süsze beute liebt,
wo es mehr, als hier im griinen,
honigreiche blumen gibt. Bürgsr 83*.
HONIGROHR, n. das Zuckerrohr, canna mellis, mhd. honig-
roere (Lexer 1, 1334) : es ist gewachsen bei einem honigror
ein santror. Cvrill 37;
das kristallene mark,
von den hydaspischen nymphen dem bonigrohre entnommen.
Kahler 1, 24.
HONIGROSE, f. oder m., t)e?dcr6/ aus honigrasz, honigwabe:
die schütlein anzusehen wie die bienenhäuszlein in den honig-
rosen. Tabernaemokt. 553.
HONIGSACK, m. honigbehdlter der bienen. Shakcsp. Sommer-
nacht slr. 3, 1.
HONIGSAFT, m. meüigo, syrupus mellitus. Stieler 1663.
auch der saß den die bienen aus den blumen saugen und woraus
sie den honig bereiten.
HONIGSAM , HONIGSAME , m. verderbung von honigseim,
s.d.: favus honigsam, honigsame Dief. 228'; von deme jeder-
zeit als von einem triefenden honigsamen die . . . wort des
lebens abgeflossen seind. Spee g. t. 770;
auch ist des honigsams und andre süszigkeit
der lieblichkeit
des freudenreichen worts mit nichten zu vergleichen.
Wkckherlin 77.
(. auch honigsaum.
HONIGSÄMER, m. verkaufet von honigseim:
der bauern ungezählte scbaar. die obstverkäurer, honigsämer.
ItROCKES 8, 29'J.
HONIGSAMMLUNG, f mellatio, vindcmia mcllis. Maaler 231'.
HONIGSATT, adj. satt in bczug auf honig:.
houigtatt mach ich euch heute. Götue 40,24.
HONIGSAllER, adj.: der Verfasser . . arbeitete . . noch
neun jähre lang in seiner satyrischen cssigfabrik (losen- und
honigessig lieferte aus ihr die auswahl aus des teufeis pa-
pieren), bis er endlich im dezeinber 1790 durch das noch etwas
honigsaucre leben des schulmeistcrlein Wuz den seligen über-
tritt in die unsichtbare löge nahm. J. Paul uns. löge 1, xxxi.
HONIGSALGENI), p'^rt. :
bonigaaugende bienen. nCcKERT 350.
HONIGSAUGER, m. trochilus, der colibri. Nemnich 4,1405.
HONIGSAUM, m. verderbung aus bunigseim {vgl. oben hunig-
sam): favus honigsaum, hunigseume Dief. 22s'; brenn hunig-
saum ausz zu wasscr. Seuter rosscurxn. 126; niinb leinsainen,
honigsaum . . . 433.
HONIGSCHEIBE, f favus, honigwabe: nimmt zu wie eine
bonigscbeibe. Heikse an Gleim 1,427;
m(M(cn wir freilich
honigscbeiben renehren, die «ind wohl immer zu haben.
GOTUi 40, 23.
HONIGSCHIMMEL, m. ein orlblich veiszcs pferd.
HOMGSniLEt KKR, m. mcllis linctor. Stiele» 1830.
HONIGSCHLUMMER, m. fislifoior Z:T,oi:
w«nn nun deinen äugen der honli(*chlumiii<-r «Di«chwlnd«t.
Stolikrc 11,42 (lliai 'i.ii).
HONIGSCHMETTERLING, m. papüio argus, auf honigblumen
sich aufhaltend.
HOMGSCHNITT, «i. l) das ausschneiden des honigs, honig-
emte : wo solche bienen bauen, da bat der tcufcl einen
reichen honigschnitt, haurenst. lasterpr. 2fi.
2) schnitt, abgeschnittenes s/iicA brol mit honig bestriclicn:
Doris bracht ihm honigschnidte. Logau 3,8,18.
HOMGSCHNITTE, f wie honigscbnilt 2: die kinder be-
kamen honigschnitten.
HONIGSCHUPPE, /". an den llitten die honigdrüse, nedarium.
HONIGSCHWER, adj. schwer von lu>nig: so von allen ecken
und herzen bereichert und gf'fiillt, brach denn Nikolaus honig-
schwer nach Liebenau auf. J. Paul komel 3, 31 ;
genicsz den honigscliwcren thau des sclilummers.
Sliiiksii. Jul. 1'ä.tar 2, 1 ;
enjoy ihe honey-heavy dew of slumber.
HONIGSEIM, m. der ungeläuterle honig, wie er als zdhßieszende
masse in den honigscheiben vorhanden ist, auch die honigscheibe
selbst, mhd. honigseim, honigsein (Lexer 1,1334): favus honig-
seim, liunigseim, honichseme Dief. 228'; honigseim, /«ühs, ein
stück des von den bienen verfertigten gebdudes, worin das honig
ist. Frisch 1, 465' ; recket seinen stab aus, . . und dunkel mit
der spitzen in den honigseim. 1 Sam. 14, 27 ; und sie legten
im für ein stück vom gebraten fisch und honigseims. Luc.
24, 42 ; isz des süszen honigseims, er ist lieblich. Fk. Müller
1,61;
kein mensch vermag so, wie die kleine bien,
aus blumen honigseim zu zichn. Brockes 2, 47.
Oß als bild für liebliches, anmalendes: die rede des freund-
lichen sind honigseim, trösten die seele und erfrischen die
gebeine. spr. Sal. 16, 24 ; deine lippen, meine braut, sind wie
triefender honigseim. hohcl. 4,11;
bringen in den rath geklärtes honigseim.
A. Gktpuils 16'J8 1,889;
durch ein so dich vergnügendes, als ehrerhiviiges bcmühn,
bist du geschickt, aus honigbluhmen der andacht honigseim
zu ziehn. Brockes 8,245;
war ich es nicht, der aus der liebe kciche
dir honigseim drei sommer eingeschenkt? Gökingk 1,90;
bald träufelt auf Hymens geliedcr
der liebe honigseim. Kotzebue dram. sp. 2, 264 ;
dann will ich honigseim ohn allen kummer
zum hochzeitlied dir singen. Bcckert 142.
HONIGSPEISE, /■.;
die unverdroszne bienenschar
zeucht hin und her, sucht hier und dar
ihr edle honigspeise. P. Gerhard 103, 6,
HONIGSTADT, f vom bienenkorbe:
geschäftiger
als die bürger der honigstadt. Oterbkce ged. 90.
IIONIGSTEIN, m. melitites , ein grauer stein in den berg-
werken, welcher zu pulver zerstoszen einen weiszen süszen saß
gibt. Frisch 1, 465*.
HONIGSTIMME, /". vox mellea, dulciloqua. Stieler 2167:
eh aus unserm munde die honigstimm er gehöret.
Odyssee 12, 187.
HONIGSTOCK, m. bienenstock: uns und allen und jeden
dienstbaren bienen an dem groszen honigslocke der weit.
TnÜMMEL 6,427.
HONIGSUPPE, f: ist noch übrig der actus, dasz die weiber
die braut fangen (bei der hochzeit) . . viel müh und verstand
kosteis, bisz man die braut dem jungen gesiiid abpracticiret.
da bekommen dann weiber und nulimer die hoiiig- oder braul-
siippe. bnurenst. lasterpr. tS5.
IIONIGSUSZ, adj. süsz «n«' honig, mhd. honecsüeje: aiii
honigsüe/, füuht (flu-isigkeü). Mkcenberg 375, 16; honigsüsz
mellitus Maaler 231*; ein honigsilszer schlaf. Logau t, 147.40
itberschr. ; honigsüszc lippen. Gökingk 2,109; eine honigsüszere
form. Platf.n 132.
HONIGSÜSZIGKEIT, f mellis dulcfdo. Stielbr 2243:
nur flürhilgf miiiiiien wahret
der wohlluKt honigsuszigkell. BCrcir 110'.
HONIGSÜSZSAM, adj. gleich süsz wie honig: und was desz
lieblichen honigsUssamen dings und fürgcbens mehr ist. Airer
;?rof . 2, . . .
HONIGT, adj. honigreich, mit honig versehen: an booiglem
wein Rolls euch nicht fehlen, v. Stein Dido 11;
sliuelt biiiaui, ihr blenon, ihr kinder dm honiglen (Hlhllngs.
IUroir tur Im. 10, 81.
1793 HONIGTAFEL — HONIGVÖGELEIN
honigt gekürzt aus hunigicht (eine bildung wie steinicht, hol-
zicht aus stein, holz ti. ähnl.); vergl. meUeus honelhtig Dief.
354', für honechtig, tcas mit ähnlicher kürzung aus honigechtig
entstanden ist, und oben honig adj. aus honigig.
HONIGTAFEL, f. honigscheibe, honigicabe. Jacobssoü 2, 284*.
HOMGTÄUBLLNG, m. agaricus russ(^, ein eszbarer sckwamvi.
Nehnicb 1, 115.
HOMGTEIG, m. teig ton honig und mehl, zum backen von
Pfefferkuchen. Jacobssox 2, 284\
HOMGTHAÜ, m. n. eine süsze klebrige flüssigkett aufpflanzen,
die ihnen verderblich ist und von blattläuscn herrührt, nach altem
glauben aber vom himmel fällt:
bi sente Jöhanais tac
des baptistin dort gelac
in Galliä ein honiclow,
der daj getreide so durchzow,
swer sin iu den munt genam,
da; der hongis smac voruam. Jeroschin 12S6;
honigtau, das ausz dem himmel auf die prophetische und
apostolische bäum fall, bienk. 240*; so oft ein hagel in der
luft, ein honigthau oder ein beer von mausen bessere zeiten
{ßr einen kornuntcherer) verkündigte. Moser patr. phant. 2,54;
so wenn die rosen liegen
auf die die sonnen fallt, sieht man die bienen (liegen,
die vor der honigthau auf iedem blat erquickt !
A. Grtphius 169S 1,246;
kleiner schritt und hoher sprung
durch honigthau und dufte! Göthb 12,225.
bildlich: auf deine hiimnlische bescheidenheit war der honig-
thau des beifalls .. zerstörend gefallen! J. 1'aül uns. löge 3,7;
{ein Sturm) der keine biene vom honigthau der ehre wirft.
Kampanerth. IS; den bienen gleich, die . . auf der rose der
Schönheit nur den honigthau des nutzens suchten. Katzenb.
bader. 3, 63 ;
den süszen honigthaw
gibt desz mündleins rosenaw. Logau 1,160,85;
mir liebt eioe hübsch, eine zart, eine junge . . .
ausz derer lefTzen ich honigthaw sauge. 2, 126, 34.
HOMGTHUM, n. honigreieh: der liebe honigthum. Logac
2, 48, 74 überschriß.
HONIGTON, m. süszer ton:
mit honigtönen lockt der mund,
doch gälte birgt des berzens gnind.
J. M. Miller in Voss mutenalm. 1789 s. 147.
HONIGTOPF, m. topf worin honig bewahrt wird: honigtopf
Ma mellaria Stieler 2295; {eine fliege, die) Ton einem honig-
topfe weggetrieben wird. H.Heine 1,1S2; so ein bürschchen,
das geld hat, ist gerade wie ein honigtopf für die wespen.
J. GoTTBELF Uli d. kneclit 68.
HONIGTRAGEND, port.; eine honigtiagende biene. Lokmans
fab. 24.
HONIGTKÄGERIN, /. biene:
da kömmt, in dir {back) zu baden,
mit süszem raub beladen,
die honigträgerin. J. G. Jacobi 2, 205.
HO.MGTRANK, m. aus honig bereiteter trank, süsier trank,
mhd. honectranc (Lexeb 1,1335): bonichtrank, melüiles Stkin-
BACH 2,875; die speis der götter und hönigtrank. ScBUPPiuä 773.
HONIGTROPFEN, m. tropfen von honig, süszer tropfen : die
honigtropfen der freuden. J. Paul Tu. 3, 205.
HONIGTROST, m. dulce lecamen. Stieler 2343.
HONIGTRU.NKEN, part.: die biene, .. die . . honigtrunken
taumelte. J. Paul Hesp. 3, 194 ; (Obstbäume) die sich jetzt über
meinen wagen ihre mit bluten -guirlanden umwundnen arme
reichen, und die auf jedem arm eine neugeborne well voll
singender, voll honigtrunkner kinder tragen, biogr. bei. 1,21.
HONIGUMSPONNEN, part.:
üb sie den groll dir zähme mit honigumsponnener Sanftmut.
Plate:! 125.
HONIGVOGEL, m. von honigsaß sich nährender rogel, kolibri.
vgl. bonigsauger.
HONIGVÖGELEIN, n. dU bUne:
ihr honigrögelein, die ihr von den violeo
und rosen abgemeit den wunderstisien saft.
Opitz 2, 217 ;
dariim kommen her geflogen
auch die bonig-vögelein,
bis dasz sie sich satt gesogen,
lieben sie da aus und ein.
GöRiffG liebet-mayen-blühmlein (1654) 125;
HONIGVOLL — HOPF
1794
ein bonigvögluin. weich und zart,
ist leichte tinnenliebe. Büii«s* 101*.
IV. II.
HONIGVOLL. adj. toll honigs. Göii>gs 1,269.
HONIGWABE, /. l) die mit honig geßllU Scheibe eines
bienenstocks, mhd. honecw.ibe und honecwap (Leier 1,1335):
letztere neutrale form noch bei Keisersberg: ir wissen wol,
was ein honigwab ist. im bynkorb inwendig, do machent
die bynen ein hüszlin, das do ist wachs, und hat vil kleiner
löchlin, dorin steckt das honig, das heiszet ein honigwab.
postUl 3, 7* ; ward süsz gemacht die speisz mit dem honig-
waben. das.; in der neuern spräche fem.: die honigwabe der
liebe. J. Pacl Siebenk. 2, 121 :
könnt ich, Zufriedenheit, an deinen honigwaben^
mich immer letzen, immer freunl Göki:<gk 1, 151;
laben
mit süszen fruchten oder bonigwaben. Platbti 2$6.
2) honigwabe, boletus favus, ein in China wachender schwamm.
Nemnich 1,634.
HONIGWAFFEL, f waffel mit honig bestrichen, dimin. neutr.
ein solches honigswäffelin. Garg. 77*.
HONIGWASSER, n. mischung von honig und wasser, zur
bereüuny von met. Jacobsson 6, 113*.
HONIG WEI.N, m. olvog fislifocov :
mit nichten, theurc mutter, reiche mir
jetzt honigwein! Borger 172' (//ios).
HONIGWEINBEERE, f. eine sorte trauben mit runden, gelblich-
grünen, honigsüszen beeren.
HONIGWEISER, m. cuculus indicator. Nem.mch 2,1300. vgl.
honigkukuk.
HONIGWERK, n. was honiggewirke (s. oben) : nimb honig-
werk, wie maus ausz den körben nimbt. Seuter rossarzn. 265;
nimb ein honigwerk mit wachs und allem. 369.
HONIGWICKE, f. lathyrus pratensis, vogelwicke, zaunwicke.
Nemnicb 3, 313.
•HONIGWOCHE, /. bildlich ßr eine angenehme kurze zeit
(vgl. auch honigmonat, honigzeit): wallet nur hin, ihr hübschen
Schmetterlinge, und genieszet die honigwoche des kleinen
seins. J. Paul flegelj. 3, 58 ; weil wir die flitter- und honig-
wochen vor der ehe abthaten. 4, 58.
HONIGWORT, n. süszes wort : sagte (sie) mir aber mit einer
schüchternen gebrochnen stimme die honigworte. Heinsk
Ardingh. l, 84.
HONIGVVÖRTCHEN, n.: da setzte es tausend und hunder-
terlei verliebte gespräche, da eiferten wir in die wette, ein-
ander in honigwörtchen zu übertreffen, a. m. im Tockenb. 75 ;
doch wirst du künftig, ohne leid,
sie {die braul) auf den bänden tragen,
und immer, nach veruienst, wie heut,
ihr honigwörtchen sagen. Borger 17'.
HONIGZEHNTE, m. der zehnte der vom honig entrichtet wird.
HONIGZEIT, n. süsze zeit [vgl. honigwoche) : die gebnrts-
stunde seiner honig- und flitterzeit. J. Pacl.
HONIGZELLE, f. in den honigscheiben befindliche und für
den honig bestimmte zelle. Jacobsson 2, 284*.
HONIGZEUG, m. blumensaß, aus dem die bienen honig be-
reiten, melligo. Maaler 231*.
HONIGZINS, m. zins in hotiig oder ton dem erbauten honig.
HONORABEL, adj. nach dem latein. honorabilis, ehrenwert,
anständig: besonders aber zog sich der bergmann auf die
honorabelste arl aus diesem streite. Götbe 18, 148.
HONORAR, n. ehrensold: honorar für Unterricht; der bucli-
händler zahlt ein honorar für die schrift. früher noch mU
laleinisclier endung : ein honorarium für gütigen unterriebt.
Lessing 3, 443.
HONORATIOREN, plur. die höheren schichten eines bürger-
liclten gemeinwesens in geselischaßliclter bezivhung. honoratio-
rinnen die weiblichen glieder desselben. J. Padl uns. löge 3,11.
HONORIERE.N, verb. ehren: er glaubte, er werde in der
gesellschaft nicht genug honoriert, der kaufmann honoriert
einen Wechsel, nenn er ihn acceptiert und zahlt. HCbners hand-
lungskx. (1722) 901 ; Seefahrer honorieren eine klippe, weichen
ihr aus. auch einen ehrensold zahlen : die arbeit wurde gut
honoriert.
HONORIERUNG, f l) bezahlung eines ehrensoldes. 2) an-
nähme und Zahlung eines wechseis. Jacobsso.n 6, 114*.
HONORIG , adj. ein erst neu aufgekommenes wori, im sinne
von anständig, ehrenhaß in seinen bexiehungen zu andern: er
ist ein honoriger mensch ; er bat sich honorig benommen.
HOP, interj. s. hopp.
HOPF, m. am Inn und der Salzach die feste su'^stanz der
gesäuerten milch nach abseihung der molken. Senn, i.iui Fromm.
in
1795
HOPFAHO — HOPFEN
HOPFENANLAGE — HOPFENKORB 1796
vitlltkht lehnt hieran die bezeichnung hopfe an, die nach Adelung
ältere Soldaten den neu angeworbenen aus Verachtung gaben ; man
rriieht nicht ob allgemeiner oder nur in bestimmten gegenden ; viel-
leicht gehört aber atich dieses hopfe zu hopfen springen {s. unten).
HOPFAHO, interj,: hopfaho. sind die unfläter do. Garg.f,'*.
HOPFE, HOPFEN, t». humulus. im ahd. nicht vor dem
11. — 12. jahrh. nachgeiciesen : hppfo vüiscella, hophe humulus
Graff 4,^32; mit mitteldeiäschem consonanlenstande vitecella Loppo
Germ. 9, 23 ; mhd. hopfe, mlat. hupa Dief. 2'52' ; nieder/, hoppc,
hoppe-kniyd (Kilian), niederd. und müteld. hoppe, hoppcn ;
humulus happen Dief. 546'; der rauch und stank darvon
(vom spieszglanz) verderbet laub, grasz, hoppen und gelreide.
Mathes. Sar. 99*. AU näc-hster verwandter des Wortes erscheint
lUis ahd. hiafo, hiufo tribulus, hiufaltar rubus, tribiilus (Graff
4, 836), alts. hiopo dornstrauch, es scheint beiden Worten nur die
cUlgemeine Vorstellung eines rankengewächse^ zu gründe zu liegen,
und rfai griech. xvtttü) xe'xvfa sich ducken , sowie das latei-
nische ciibare, cumbere, die auf eine würzet mit schwankendem
conson antischen schlusz weisen (kup und kul)), können zeigen,
wie diese Vorstellung aus dem begriffe des liegenden , am boden
geduckten sich entwickelte.
Wie früh der hopfen für die bicrbereitung verwendet wird, ist
nicht zu ermittein, das mittelilter braucht ihn auch für den meth :
nim denne ein halpme;5igen hafen , unde tuo in halp vol
hopphen unde ein hantvol salbey , unde siede daj mit der
wirr (des methes). Haupts zeitschr. 5, 12 ; hopfen humulus, est
quaedam herba pro cervisia et pro pLHoribus in aliquibus partibus.
voe. ine. theut. ks'; aus hopfen macht man hier. Seuiz feldb.
262 ; das bier ward im hause gebraut , das malz selbst ge-
macht, und der hopfen daheim besser gezogen, als er von
Braunschweig eingeführt wird. MJ^ser patr. phant. 1, 125; hopfe
ist eine herrliche sache vor einen hauswirth, nicht nur zuui
bierbrauen , sondern auch zum handel , wo er damit recht
umzuspringen weisz. öcon. lex. 1072. Sprichwort, an die bicr-
bereitung anlehnend: es ist doch hopf und malz an ihm ver-
loren. Ebnst gemütsergelzliclikeiten 595;
da man schrieb den edel und vcst,
da stund die sach am allerbest,
da man schriebe hochgebohrn,
da war hopfn und malz verlohrn.
PiSTORius Ihes. par. 8, 94 ;
denn oft ist malz und hopfen,
an so viel armen tropfen,
so viel verkebiten thoren,
und alle müh verloren. Göthb 11, 134;
doch mäoner sind ganz unverbesserlich geboren,
an ihnen ist der hopfen wie das malz verloren.
Kotzebub dram. «/). 2, lö3.
Man unterscheidet den wilden hopfen , auch rasenhopfen,
waldbopfen , hcckhopfen, dornhopfen vom zahmen hopfen,
gartenhopfcn, fcldhopfen. der taube hopfen ist der männliche,
zapfenhopfen der weibliche, fruclU tragende hopfen (Nemnich
3, IM. 184). man baut, zieht den hopfen ; vlichtet der hopphe
über den zun, swer die worzeln in deme hofe hdt, der
grife deme z&ne s6 he ntste niiige, und zihe den hopphen.
Saduentp. 2, 52, 1 ; der hopfen schöpft, blüht. Jacorssok 4, 36' ;
den hopfen lähmen heiszt die ranken unter der erde zerschneiden,
um den hupfen noch an den Stangen stellen zu lassen. 6,115';
den hopfen stängeln , depangere palos ad singulos cauliculos
lupult. Stieler 85" ; hopfen Hocken , abstringere fiores lupuli.
dat.; hopfen abbrechen, hopfen bialten. Frisch 1,460*. Hopfen-
ähnliche gewdchse führen diesen namen: spanischer hopfen,
origanum creticum (4,7S6); unsrer lieben frauen hopfen, trifo-
lium agrarium, gelber wiesenklee (1476).
HOFFEN , verb. mit hopfen verseilen : hier dasz nit stark
gchopfet ist. Pabacelsüs cliir. sehr. 43 C; da der kaplan gern
die konUturen des Schicksals . . . mit etwas versauerte und
bopfte. J. Padl //<fip. 2,81. auch in uingelauleter form: höpfcn,
hüpfen das bier. Schm. 1,1141 fVfmini.; hopfen, den hopfen ins
hier thun. FRISCH 1, 406*. vgl. unten hOpfncn.
HOPFEN, verb. nebenform zu hupfen, httpfen (». d. und vgl.
auch hoppen):
da« loch dir dein got nit maf^ TerstonTcn,
dein baupt muots dir Ober ein swertklingen hopfen.
fattn. f/<. 297, 21 ;
er fiel den rechten fu*z entzwei,
auf den linken da hoprt er hnira.
Ambra$. lieii&rl. 259,66 «. 878;
Zniliiü li;ilt iiiihi. vorn lirliten,
Pl-- "•
\\>u. ,pf. LocAU I, 22, 70.
HOPFENANLAGE, f.: hopfenanlagen nach neuestem System
an drahtseilen. der arbeiterfreund 1868 s. 141.
HOPFENARBEIT, f: in denen vom corbeyischen abte
Adaiard im jähre 822 ertheilten Statuten werden die mütter
des Stifts von der hopfenarbeit befreit. Jacobsson 6, 114*.
HOPFENART, f.: unter den böhmischen hopfenarten ist
besonders der vorzüglich und berühmt, der im Saazer kreise
gebaut wird. Scbedel waarenlexicon (1834) l,r)64*.
HOPFENBAU, m. lupuli cultura. Stieler 103:
pfleget eures hopfenbaiis
Ferner unverdrossen. Fört<stf.in liei Götbe 45,242.
HOPFENRAUER, m. der sich mü hopfenbau befaszt.
HOPFENBAÜM, m. carpinus ostrya, die üaliänisclu: hagebuche.
Nemnich 2, 897.
HOPFENBERG, m. ein abhängig gelegener hopfengarten. öcon.
lex. (1731) 1076; hopfberg Mainzer hof 40.
HOPFENRIRNE, f eine abart der Mibirne. Nemnich.
HOPFENBITTER, adj. bitter wie von hopfen: das bier ist
hopfenbitter. auch als subst. n.: das bitter dieses bieres ist
kein hopfenbitter.
HOPFENBLATTER, m. der den hopfen blauet: hopfenblaler,
operae, quae lupuli globulos carpunt. Serz 7l'.
HOPFENBLUME, f. blüle des hopfens: die hopfenbiuomen.
Mecenberg 404,23.
HOPFENBLÜTHE, f. flores lupuli, squamalus fruäus, sive
folia semen teqentia. Frisch 1,406*.
HOPFENBRAME, /■. hopfenranke: hopfenbramen caule; lu/rnZt
Stieler 246. vgl. brame theil 2, 2fl3.
HOPFENBRUDER, m. zechgeselle, biergeselle, der an diebstaM
und gewinn theil nimmt, nach Frisch 1,466*, der aus BCntings
braunschw. chronik dazu beibringt: das gut auf dem beraubten
wagen, wurde unter die iiopfenbriider und gute gesellen aus-
getheilet. dasselbe wort ist wol Fischahts lioppenbrüder: was
bemühet und bemüdet d.inn ihr ungeweihcte reuterkerles und
hoppenbrüder lang euwer giiul. Garg. 207'.
HOPFENBUCHE, f. carpinus ostrya. s. oben hopfenbaum.
HOPFENCLLTUR, /". anbau und pßege des hopfens.
HOPFENDARRE, f. darre für den hopfen.
HOPFENDOLDE, f erste sprosse des hopfens. Frisch 1,466*.
aus CoLbRus hausbuch.
HÖPFENER, m. s. höpfner.
HOPFENERNTE, f messis bryonia, lupuli saliäarii. Stieler 19.
HOPFENEULE, /. phalaena humuli, ein dem hopfen schäd-
licher nacht falter. Nemnich 4,925.
HOPFENFÄCHSER, m. junge hopfenwurzel, zur foripflanzung
des hopfens in die erde geschlagen, bei Frisch 1, 466* (atu
CoLERüs luiusbuch) hopfeufäscr. vgl. f^chscr theil ?, 1225.
HOPFENFALTER, m. papilio C album. Nemnich.
HOPFENFELD, n. lupuletum. Stieler m.
HOPFENFLACHS, m. flachs aus hopfenranken gewonnen, xu
groben sacken und kilteln vencendet. Jacobsson 6, 114*.
HOPFENGARTEN, m. garten in dem hopfen erbaut wird.
öcon. lex. (1731) 1076; hopfgarlen Mainzer hof 30.
HOPFENGÄRTNER, m. besorger eines hopfengarlens. Frisch
1, 466*.
HOPFENHAINBUCHE, carpinus ostrya, hopfenbaum, hopfen-
burhe.
HOPFENHANDEL, m. handel mit hopfen.
HOPFENHÄNDLER, m.
HOPFENHAUPT, n. die rundliche bhmendecke des hopfens.
HOPFENHEFE, f die erste hefe, die das gährende bier sum
spundloche ausslöszt und die viel hopfen bei sich führt. Adelung.
HOPFENHELMKRALT, n. sculellaria lupulina, eine art des
helmkrautes. Nemnich.
HOPFENKAMMER, f kammer eines brauhauses, worin der
zum lirauen nüthige hopfen rerualirt wird. öcon. lex. 1076.
HOPFENKASTEN, m. kästen zur außewahrung des hopfens.
daselbst.
HOPFENKEIM, m. keim des hopfens, der im friütjahr aus
der Wurzel lum'or sproszt. dim. hopfenkeimchen.
IIOPFENKLEE, m. trifolium flore lupuli, eine art Idee die
icie hopfen blülit. Frisch 1,466*.
HOPFENKLETTE, f arclium lappa, die gemeine kleUe. Nm-
RICH 1,422.
HOPFENKOCHER, m. lupularius, coäor florum lupuli, hopfen-
sieder. Stieler h.s".
HOPFENKORB, m. beim Inerbrauen ein korb, wvrm der gt-
kochte hopfen xunlek bleibt. Frisch 1,406*.
1797 HOPFENKÜHN -- HOPFENTRANK
HOPFENKÜHN, m. hopfenkeim, hopfenspargel. Nemsich. ,
HOPFENLäND, n. 1) land auf dem köpfen gebaut wird,
hopfenfeid. 2) land in dem der köpfen vorzüglich gedeiht:
Böhmeu und Baiern sind liopfenländer.
HOPFENLUZERNE, f. medicago lupulina, gelber mesenklee.
Nejinich 3, 526.
HOPFENMARKT, m. markt ßr hopfeneinkauf und -verkauf.
HOPFENMEHL, n. der gelbe, biUere, starkriechende staub unter
den kelch'ildttern des hopfens, welcher zugleich den samen üier-
lieht. Nemmcb 3, 1S4.
HOPFENNACHTVOGEL, m. pltalaena humuli, bopfeneule.
HOPFENÖL, n. öl aus den hopfenbliUen.
HOPFENPFÄHL, m. pfähl an detii der köpfen sielt aufrankt,
hopfenstange.
HOPFENPFANNE, f cortina pro coquendo lupulo. Stieler 1433.
HOPFENPFLANZE, f hopfen.
HOPFENPFLLCKER, m. arbeUer der den hopfen pflückt:
man soll denselben (köpfen) durch das gesinde oder beson-
dere hopfenpflücker fein bald von den reben abpflücken lassen.
ücon. lex. 1075.
HOPFEN RANKE, /". sarmentum, braehium lupuli, palmes.
Fbisch 1, 460'.
HOPFENRANKENGARN, n. gam das aus hopfenranken be-
reitet wird. J.\coBSSON 6, 115*.
HOPFENREBE, f das holz der hopfenpflanze:
ich main das ein hopfenreben
am lengsten wachs ia kurzer zeit
für alles das do wachseu geit. fastn. sp. 1454.
HOPFENREICH, adj. reich an hopfen: ein hopfenreickes
bier, cerevisia lupulo affcdim medicata. Stieleb 15S2.
HOPFENREIHE, f series plantati lupuli. Friscb 1,466*.
HOPFENS.\CK, m. saccus lupuli. Stieler 16öS: dasz man
ihnen ganze kräuter- und hupfensäcke voll satyrischer ge-
wächse auflade. J. Pacl biogr. belust. l, 107.
HOPFENSALAT, m. salat aus jungen hopfenkeimchen, ücon.
lex. 1077.
HOPFENSCHEFFEL, m. scheffel über den der Hopfen gemessen
wird. ücon. lex. 1077. 2157.
HOPFENSCHIM.MEL, m. mucor erysiphe, blätlersdümmel.
Neünich.
HOPFENSEIDE, f. cuscata europaea, eine den hopfen um-
schlingende Schmarotzerpflanze. Nemnicb 2, 1330.
HOPFENSEIGE, HOPFENSEIHE, f korb zum durchseihen
des hopfens : colistrum hopfenseich Dief. 131* ; qualus hopseye,
hoppenseige, hoppensei 477' ; hopfenseige qualus ad separandum
lupulum Frisch 1,466*; hopfenseihe Adelü.'^g.
HOPFENSEIHER, m. dasselbe.
HOPFENSEIL, n. hopfenranke. Nemmcb 3, 1&4.
HOPFENSIEDER, m. was hopfenkocher [sp. 1796).
HOPFENSORTE, f bestimmte art des hopfens, i. b. böhmischer,
bairischer, elsässer : die guten hopfensorten erzielten hohe preise.
vgl. hopfenart.
HOPFENSPARGEL, m. hopfenkeim, wie spargel eszbar und
zubereitet, öcon. lex. 1077.
HOPFENSPINNER, m. phalaena humulL Nemsich. vergl.
hopfeneule, hopfennachtvogel.
HOPFENSPROSSEN, m. plur. hopfenkeime, öcon. lex. 1077.
HOPFENSTANGE, f Stange an der der hopfen sich empor-
rankt: e; sol auch niemant kein hopfestangen weder stoj;en
noch hawen auj beden weiden. Aümt. polizeiordn. 300; item
ein guten wagen voll hopfenstangen. Le.-^nep lands. 2, 159
(v. 1565). die ungeheuer langen sptesze der landskneckte werden
hopfenstangen genannt:
die fuszknecht wart der Behem belangen,
sie gaben yn der hopreaatangen,
dasz sie noch wyter gerten fliebea.
LiLiEüCBON volksl. 2, 54S, 164 ;
lange und dürre personen werden hopfenslangen verglichen: wie
sahen die geister der lehrgebäude aus? sie waren lang und
dürr wie hopfenstangen. Klüpstoci 12, 3S4.
HOPFENSTALB , m. hopfenmehl: durch anwendung des
hupfenstaubes (für die bierberettung). Scbedel uaarenlex. (18^4)
1,565*.
HOPFENSTICHEL, m. stange mü einem xugespitzttn eisernen
kijllen oder schuh an dem untern ende, die löcher zu den hopfen-
stangen damit in die erde zu stoszen. Jacobssox 2, 2^5*.
HOPFENTRANK, m. trank aus hopfen gekocH (hopfen gut
als blutreinitjendes mittel, öcon. lex. 1072): hupa hopfentrank,
nd. hoppedrauk üief. 252*.
HOPFENWASSER — HOPPE
1798
HOPFENVVASSER, n. wasser worin man hopfen zum bier-
brauen siedet: (die gerste zum brauen) iu gesottenem bopfen-
wasser . . wässeren lassen. Sebiz feW). 4M; mit hefel oder
bier oder hopfwasser. kiichenm. ciij.
HOPFEINZUNSLER, m. phalaena rostralis. Nenmch.
HOPFICHT, adj. lupulosus. Stieler 857.
HuPFNEN, verb. wie hopfen, hopfen, beim bierbrauen hopfen
zusetzen : das höpfnen. Hobberg 2, S2'.
HOPFNER, m. l) ein mann der sich mit bau und Verwen-
dung des hopfens beschdßigt: höpfener, hopfengärtner Frisch
1, 466* (aus CoLERCS hausbuch) ; höpfner, kopfenkodier, hopfen-
sieder StiEler 857 ; dafür auch höpfer Bavaria 3, 2. 969.
2) höpfner oder hipperlinge sind ansehnliche hopfenhdupler,
unter deren schuppen einige grüne rankenbldtter, reütenKeise oder
auf andere art untermengt sind. Jacobsson 6, 115*.
HOPFUNG, f. das hinzutkun des hopfens beim bierbrauen,
auch in der form höpfung. Hohberg 2, 82*.'.
HOPHE, HOPHEl, n. verächtliche bezeichnung eines geringen
hob und gutes: fränL hopphe, hoppehe , hoppetih^, dimtn.
hopphilein Sch«. 1,1140 Fromm.; meiszniscb hophe, hophechen;
mark, hopphei, hoppheiken. Dan.neil 85; sein ganzes hopp-
höhe. WccBE sagen der Werra l, 91 ; wenn uns der grosze kerl
nur nicht einmal mit all unserm hophey davon läuft. Abnih
1, 57 ; heb frau , Ruthe kömmt die treppe herauf, er will
gewisz sehen, ob die gerichtlichen hundsfütter unser hopheh-
chen ganz aufgeschrieben haben. Weiszk kom. opern 2, 222.
Das uort ist nichts anders als die interjection hopp hei in sub-
stantiver Verwendung, die zunächst ein ausdruck des lustigen,
leichten emporsprinyens, sonst als Substantiv auch verwendet wird
in der bedeutung lustiges fest, lustige gesellschaß (Schütze 2, 162.
Brem. uörterb. 2, 655) , länn , getümmel (Froxjiasx 5, 148 aus
Fallersleben), und selbst fehler, miszlingen (hoppheu, hopphe ia
diesem sinne im Lippeschen und Ravensbergschen 6,212). die oben-
angegebene bedeutung denkt an die leichte habe, die ein luäiges
tanzen durch die well nicht hindert.
HOPP, HOP, 1) ititerj. zur bezeichnung lustigen springens
oder trabens, an das verbum hoppea anlehnend:
ich brings herm ... da,
siugt darzu hop hey sa sa.
Harlequins twchzeit- u. kindtaufenschmausz 49;
und hurre burre, hop hop hop!
giengs l'ort in sauseudem galopp. Borges 14';
vgl. unten hops und hopsasa, bei Fr. Müller als interjection
des rufes: (dunkler wald, nacht). Carl allein im finstern.
Carl: hopp! hopp! im wald: hopp! Carl: hast noch nichts,
feuer oder licht erblickt? 3,236; vgl. hupp aU jägerruf Scbm.
1,1141 Fromm.
2) als subst. in der bedeutung springender, Ubhafler tanz {wgl.
auch unten hoppeltanz):
so rennet nun alles in Tollem galopp
und kürt sich im saale sein plätzchen;
zum drehen und walzen und lustigem hopp
erkieset sich jeder ein schätzeben. Göthb 1, 197.
3) tn der Verbindung hopp sein, mit seinem vermögen tu
ende sein, bankerot sein, auch todt sein, so hessisch. Yilmab 174 ;
nassauisch hupp sein und hopp sein. Kebrein 205. hier erin-
nert hopp an das leichte auf- und wegküpfen, wie in ähnlichem
bilde studentisch eine Verbindung aufgeflogen, zu ende gegangen
ist. vgl. auch hoppas und hops.
HOPPAS, 1) interj. ein springen oder auch stolpern bezeich-
nend: entweder sagt (beim fallen eines kindes) trocken, fest,
ruhig: es thut nichts; oder sagt noch viel besser ein lustiges
altes dakapo-wort, z. b. hoppas ! J. Padl Levana l, 130.
2) masc. der Sprung, satz über ein hindemis: der benker!
das war mir ein hoppas! unser Junker hat den teufei im
leibe mit reiten. Siegfr. v. Lindenb. 1, 61 ; zugleich warfen sie
(seine gnaden) ihren gaul links und hielten nach zehn oder
zwölf hoppassen vor der Ihür ihres lektoris ordinarii still.
3,85.
3) hoppas gehen, fort, zum teufei gehen: ich setzte einen
thaler: husch, war er weg! noch einen, auch der gieng
hoppas! der deutsche Gilblas 190.
HOPPASSEN, verb. einen Sprung oder sat: thun :
nun war nur aocb die Trage, wer
voran hoppassen sollte (:urn (rnster hinunter). LA!«eBUN.
HOPPE, /*. erhöhung, anschwellung, zunächst an hocke, hucke
aufhäufung, bündel rührend, deren Verkleinerungsform huckei
auch tubercuium bedeutet: bair. die hoppen, pocke, blatter auf
der haut, finne im gesicht. Sch«. 1,1140 Fromm.; die zaichen
113*
1799
HOPPELN — HOPPERN
IlOPPEVOGEL — HOPSEN
1800
diser krankheit seind, das dem ross die ädern auflaufen,
und erzeigen sieb am hindern ort des leibs hoppen oder
peülzel. Seüter rossarzn. 60.
HOPPELN, verb. iterativ tu hoppen, kicAt springen: hoppelen
saltare Stieler S56 {vgl. hoppern); hoppeln (neben hoppen und
hoppern) sich auf und nieder bewegen, wie ein schlechter reiter
auf trottendem pferde. Seim. 1,1140 Fromm.; Schweiz, hoppeln,
possenhafte sprünge machen, in die höhe springen, auch ge-
bräuchlich vom aufprallen eines wagens. Stalder 2,54. beiden
Jägern heiszt hoppeln , wenn der hose sich langsam fortbewegt.
V. Thisgen weidm. pract. 300.
HOPPELPOPPEL, m. eine reimende, zunächst an die verben
hoppeln und poppein (bobbeln, babbeln Iheü 2,198) sich an-
schlieszende Wortverbindung, die allgemein elwc^ bewegliches, un-
ruhiges bezeichnet; J. Paul hat sie auf das herz angewendet, doch
in der rede eines gespreizten metischen und nicht ohne jenes
wort erklärend hinzuzusetzen: nun können sie vor feinheit
nichts mehr vorbringen, und wenn sie toll würden, ich für
meine person setze vieles in den hoppelpoppel oder das herz.
flegelj. 2, 39. sonst bezeichnet man mit hoppelpoppel ein gewisses
getränk, dessen bereitnng durch anhallendes schlagen und rühren
geschieht; so rheinisch: hoppelpoppel, getränk, das aus rhum,
eiern und zucker besteht. REnREi.N nachtr. 25; 'dal gel von't ei'
zerschlagen mit zucker und rum vermischt wird unter dem
namen hoppelpoppel genommen, 'um de bost smidig tö
maken'. Schiller zum mecklenb. thier- und kräuterbuch 3,17.
J. Kerner hielt sache und namen für russisch: hopelpobel war
ein getränk von thee, eigelb und kirschengeist, acht russischer
art, wie wahrscheinlich auch der name. bilderbuch s. 222.
HOPPELTANZ, m. ein tanz mit hüpfenden bewegungen:
erfunden newe bünd, newe dänz, newe sprün.g, newe passa
repassa, newe hoppeltänz. Garg. 193*. als bild ßr wirres
treiben : ein man meinet in der ehe zu finden lust . . so fahet
dann der hoppeldanz an, und fahen an zu zanken, zu kriegen.
J. Pauli 39. es scheint hoppeltänz (wofür hoppendanz tripudium
bei Maaler 231*) die umdeulttng des alleren, bei Neithart als
bauerntanz öfter erwähnten hoppaldei, dessen erste silbe deutlich
an hoppen anlehnt, während aldei dunkel ist (vgl. Haupts ausg.
5. 1S6 u. BENECKE-.MtiLLER 1,22*), Und wofür auch eine andere,
mit unserm worte gleichwertige umdcutung hoppalrei, hüppelreie
auftaucht; vgl. Schm. 1, 1140 Fromm.
HOPPEN, verb. springen, hüpfen; dem consonantenslande nach
würde man die form ßr nur nieder- und mitteldeutsch, neben
oberdeutschem hupfen, hüpfen halten, wenn sie nicht gerade vor-
zugsweise auch in alemannischen gegenden, seit alter zeit, begeg-
nete und dadurch den gedanken an directe ableitung von der
interjection hopp (sp. 179S) nahe legte: hoppen saltare, redlich
umbhin hoppen plaudere choreas pcdibus Maaler 231" ;
gsundlieit im namen Jesu Christ
emplieng der lam zur selben frist
und hoppet vor im (Pclrua) im tcmpel.
U. EcKSTEi!» concit hei Scheible 8, 724 ;
wie tUKh heute Schweiz, hoppen Stalder 2,54, und wieder niederd.
saltare huppen, springhen Dief. not', p/oii. 325'; hoppen, saltare
Stieleb (556; vgl. niederl. hoppen, hobben ia/«>e, saltare Kilian
und engl, hopping das tanzen, hüpfen, hopsen, das aufags. hoppan
hüpfen sich stützt, auch von den bewegungen der schlangen, krölen
und fröscbe gesagt: reperr huppen, hoppen, sliiigen Dief. 493*.
t«ryi. hopper, hopzger, huppin.
HOPPEÜ, HÜPPEK, m. der frosch, ein sowol ober- wie nieder-
deutsches landschaftliches wort: Schweiz, hopper Stalder 2,54;
iiiederd. rana hopper, huppcr DitF. 4S3*; an der Dicmel höpper
175; im fürstenthum Lippe heiszt hOppcr 50wo{ /rotcA o/s
;/er. Fronm. 6,212.
lluPPERLING, m. : dem herrn ist ein höpperling Über die
leber gelaufen, dasz er gar so erschrecklich thut. Chr. Weise
id>erß. gedanken 2, 226. nach dem nächst verwandten hopper,
hfipper kann der frosch oder auch der grashüpfer gemeint sein;
tnn.i ,.,r.i ton einem unmutigen nur gesagt, es sei Uim eine
li leber gelaufen.
t . N, verb. iterativ zu hoppen, hüpfen; landschaftlich
in tmchiedetUT autbilduug der bcdentuny mehrfach verbreitet :
hftpprrn saltare Stiele* H50 mit fortiioppern und »ich zer-
' ri, membra ad modos movere, terram yide pulsare ; tirvhsch
1 hüpfen, sich auf und nieder bewegen. Fromm. 6,154;
1 ftiAi>frn, das uien'-fi hopprrl iliier den
2S1, mü hoppcrig, holjierig ebendas., wozu
>' "■ •■ ■ :v wagen auf brückhülzern
fährt 1,477' zunächst stellt (vergl. oben hoppeln); das Schweiz,
dim. hüpperlen ii'irrf von hindern gebraucht, die hüpfend einher
trif^ln. Stalder 2. 54. anders aber ist das ebenda verzeichnete
hoppern, frösche fangen, nämlich denominativ zu hopper frosch,
s. oben.
HOPrEVOGEL, m. name des Wiedehopfs, von seinem rufe
hupupup, rgl. Wackernacel voces variae animantium i. 38:
wonn der hoppevogel schreit,
ist der tag nicht mehr weil. EicHKWDORFr 1, 48.
HdPPlN, f die krüte; auch verächtliche bezeichnung einer
Weibsperson. Schm. 1, 1140 Fromm.
HOPPOHAN, interj.:
hoppo hnn das ist mein wSsen,
ich l<nn dir nit vyl fiider lasen.
I'. Gewgenbach in den fastn. $p. 1036,18.
HOPPTANZ, m. hüpfender tanz; in der folgenden stelle auf
zappelnde bewegungen bezogen: zum glücke halt er nun . . .
eine reizende italienische süngerin^etroffen , welche gerade
an den hopptänzcn seiner glieder und worte besondern ge-
fallen fand. J. Paul komet l, 2.
HOPS, 1) interj., eine springende bewegung malend:
über deine partenheciien
sprüog ich, nops ! mit einem sprung.
GöKiNGK licdcr ziriirr lieb. (1779) 54.
in Baiern interjection der Überraschung. Schm. 1,1142 Fromm.
2) als subst. masc. der sprung: mit einem hops hoch in die
luft springend. Acerbach dorfgesch. l, 252. in Baiern der hops
die betrunkenheit. Schm. 1,1142 Fromm.; s. das folgende.
3) die Verbindung hops sein bedeutet wcq, verloren sein; in
Düringen er ist hops, todt oder auch fertig in bczug auf ver-
mCnjen und Stellung, bankerott; ä/inWcA er geht hops ; meisznisch
das gcld ist hops, in Baiern hops sein , berauscht , närrisch,
schwanger sein. Schm. o. a. o.; Schweiz, hopps, ein bischen be-
trunken oder verwirrt. Stalder 2, 54. im Elsasz gilt jo hops I
oder ]o hopsa I jo hopsameiell als verneinende redensart. Fromm.
3, t4. vergl. hopp sein oben sp. 1798.
HOPSA, interj. einen sprung bezeichnend, erweiterte form von
hops; so in freude, lustigkeit: hopsa, victoria, vivat! Lknz
1,127; aber auch als ausdruck der Überraschung beim stolpern.
Kehrein 201 (vergl. oben hoppas); oder überhaupt beim eintritt
von etwas plötzlichem: jung sind wir und hoppsal haben wir
uns vergallopiert. J. C. Bock geschwind eh es jemand erfährt,
1. aufz. 1. auftr.
Die verlängerte form hopsasa, ein munteres davonreiten malend:
drauf ritt der ritter hop sa sa !
und strich sein härtchen trnllaia. ItÖRGER 29';
sonst interjection der lauten, springenden frOhlicIikeit. Schm. 1, 1 142
Fromm.; hörst drauszen lärmen? hopsasa! Fr. MCller 2,94.
selbst wie ein eigenname gebraucht, herr hopsasa, wol in der
bedeutung wie sonst Springinsfeld:
denn wenn man den professor (Gollsched) nähme,
und thät ihn in eine schul, so käme
der so gelehrte herr hopsasa
kaum zu sitzen in terzia.
Rost leulelsep. in d. n. herl. mmuitschr.
1S05, 13. 40.
HOPSEN , verb. hüpfen , springen , der form nach (es wäre
eigentlich iiopszen zu schreiben, une denn in dem folgenden
hopzger frosch diese dentalstufe noch vertreten ist), iterativ zu
hoppen, wie ags. Iioppetan hüpfen lehrt, das landschaftlich weit
reichende wort wird in altern Wörterbüchern übergangen, erst die
idiotika der neuzeit verzeichnen es: kftrntnisch iiopsen hüpfen,
springen, dann auch eine art knrtenspiel. Lexer 143; bairisch
hopsen, hupsen, hapsen, springen (mit einem belege aus dem
15. jahrh. in der letzteren form), dann auch hüpfend tanzen,
ferner hops oder hopsasa rufen, und endlich auch ein gewisses
kartenspiel spielen. SciiM. 1, 1142 Fromm., zu welcher letzteren
bedeutung das schwäbische hopsen 'ein kartenspiel, welches auch
rnthen heiszt, verhopsen verspielen, sein vermögen mit spielen
durclibringen' (Schhid 2ai) stimmt; im nassautschen linpsen
tanzen. Kkiirein 201 ; im henneberysclien lioppsen hupfen Fiidmm.
3,131; in 7>u/imoH-.W(iArfn hupsen Aö;)/c'n 5, 4f>5, in Siebenbürgen
hapsen 0, lü8, auf Helgoland hopsken 3, 2h u. a. die sehnft-
spräche nimmt das wort nur schiuhtern auf:
ei (da§ tiulitein) hopit drauT (nuf dem pferd) hin und her.
HbcKKiiT lUb;
tn hesug auf einen Vortrag: indem viele unserer jungen schau-
(ipieler einen stoizeudcn hopsenden vurtiag annehmrn, wo-
durch »ie eben unverglUndlich werden. Götue u. Zelter brief-
«. c/mW 1 , 152.
1801
HOPSER — HORBEL
HORCHANGST — HORCHEN
1802
HOPSER, m. l) einer der hopst: in Düringtn und Schlesien
iä Stoppelhopser ein spollname des bauern; bei Oke:» heissen
hopser die dickschndbler unter den vögeln.
2) ein munterer, hüpfender tanz. Aderbach dorfgesch. 1, 102.
Kehrein 201.
3) auch nur ein sprung in die höhe : wo andere kleine leute
vielleicht auch ?or innerer lust ein hopserchen machen würden.
Reichenac aus unsern vier u-änden 1, 19.
HOPZGER, VI. der frosck, ue:en seines hopsens; die von
Nem.mch 4,1120 aufgeführte form hopzer aus Maaleb berulit auf
einem Usefehler, es steht dort 144' frosch, frösch, hoptzger rana,
und ebenso das fröschle, hoptzgerle ranuncula 144" ; rana, ein
frosch, hoptzger Dasyp. ; doch beschränkt sich das wort nicht auf
das alemannische Sprachgebiet:
die (leibguardey) fürt Marcon ein tapfer man,
ein hübscher hoptzger wolgethan.
frii'ChmeuseJer Xs' (3, 2, 6).
HÖR, n. koth, schmuz, ein nachklang des ahd. horu, horo,
mhd. hör, gen. horwes , der nur in die anfange der neueren
schrißsprache hinüber reicht, theils in der form hör, theils auch,
mit verhärteter labialis, als horb, harb, und selbst mit Umsetzung
derselben in die gutturalis, als tiorch : lulum hör, horch, hare
DiEF. 340*; 6« ScH». 1,1157 Fromm, die formen hör, horwe,
horh, harb mit mehrfachen belegen; es so! menglichen das
her, das vor seinem huse und gesäsze iiff dem pflaster ligt.
allweg wenn des not beschicht , an ainen huffen schüffein.
d. städtechron. 5, 146 anm. 3 {Augsburg 15. jahrh.) ; do sprachen
sy zu im. wie seind dir deine äugen aufgethan. antwurt der
mensch der do heist Jesus der macht ein horb und be-
streichet mir meine äugen. Spiegel menschl. behaltnusse 1492 72".
vgl. auch oben haargans, haarigel, haarschnepfe.
HÖR, /. hora: hiut frü zwüschen fünf und sechs hören,
d. städ/ecAr. 5, 359, 30 ; umb sechs hör auf den abend. Ldtber
3.401'; bis umb 10 hör in die nacht. 5,26'; zwisschen zehen
und eiif hör im mittag. Spalatix das. 5,33'; zwisschen sechs
und sieben bor auf den abend. 35*. vergl. unter uhr.
HÖR, f l) das hören : seine complimente . . sind wechsel-
briefe auf sieht, auf hör. Hippef. 10,35.
2) das aufhören , vergl. unten hören : {dasz er uns nachzu-
stellen) nit ru noch hör haben wirdet. d. städtechron. 5, 322
anm. 3.
3) in Westfalen, von hofhörigen gutem die lehenwaare: um
die belehnung ansuchen und die hör bezahlen. Adelung. —
vgl. höre.
HÖRA, vergl. unter hören.
HORB, s. bor.
HÖRBANK, f. bank der hörer in einem unterrichtsraume :
eine solche schulenge (wie in Padua) denkt man sich nicht,
ob man gleich als Studiosus deutscher akademien auf den
hörbänken auch manches leiden müssen. Göthe 27, 90.
HÖRBAR, adj. und adv. gehört zu werden geeignet, ein von
Frisch noch nicht verzeichnetes uort, das seit der 2. hälfte des
vorigen jahrh. häufig begegnet: die Vereinigung wilikührlicher,
auf einander folgender, hörbarer zeichen, mit natürlichen,
auf einander folgenden hörbaren zeichen. Lessing 11,152; es
war sein unglück, dasz die zunächst ihn umgebenden und
hörbarsten stimmen die partei seiner leidenschaft nahmen.
Schiller 901;
harmonieen, den zarteren seelen nur hörbar.
Klopstock 3, "205 (>/f>s. 4, 816) ;
du zitterst ja so heftig, und dein herz
klopft hörbar an dem meinen.
Schiller Wallensteins tod 4, 14;
die blüthenlrunknen h'ifle schwinden, schwellen,
und hörbar rieseln alle lebensqueilen. Lk!<au Faust 95.
HÖRBARKEIT, f.
HÖRBEEHE, f: mit himbeerkraut, welches, sampt seiner
frucht von vielen hörbeer genant wird. Tourneiszer von
Kassem 306. es mag dieser name nur eine entslellung sein von
haarbeere, icte die himbeere auch heiszt (vgl. sp. 24).
HÖRBEGIERIG, adj. : aures bibulae begierig zu hören, hör-
begierig. ScBELLER lat.-deutschcs lex. {r,h3) 1, 346.
HORBEL , f 1) das gemeine Wasserhuhn , fulica atra. Nem-
NirH 2, 1679. dasz dieses ohne sueifel alte wort im ersten theile
mit bor hA, pluhl zusammenhängt, und auf den liebUngsaufenl-
hali des rogels im sumpfe hinweist, ist klar; eine einfache ab-
leilung von hör ist es, wenn man die glosse fulica horbollein
1 swartzduther Dief. 250' in belracht zieht, wol niciit, da deren
letzter be^tandtheil wieder offenbar mit einem andern namen des
Vogels belchine, bellhenne (das.) zusammenhängt, wahrscheinlich
ist also horbel aus hor-belchine oder etwas ähnlichem verkürzt.
2) in Franken heiszt horbel ein schlag, slosz an den köpf.
ScHM. 1,1159 Fromm.; im Osterlande und Meiszen eine maul-
schelle. ob zwischen den bedeulungen 1 und 2 irgend welcher
Zusammenhang bestehe, kann nicht gesagt werden.
HORCHANGST, f. angst die man im horchen nach etwas
empfindet: in steter horchangst vor einem zweiten marsch-
befehle. J. Pacl Siebenk. 3, 8.
HÖRCHELN , verb. röcheln , schwer und dumpf atmen , wie
röcheln ein lautmalendes wort: im Hennebergischen hörcheln
und härcheln. Fromm. 3, 132 ; schwäb. hörcheln und hürcheln.
ScnM. 1, 1159 Fromm. ; den jungen kindern, die mit dem hör-
cheln und herzgesperr beladen seindt. Tabernaemont. 364.
s. auch hercheln sp. 1073 und unten das zweite horchen.
HORCHEN, verb. auscultare; eine iteratirbildung zu ahd.
hörjan, hörran, goth. hausjan hören, die zuerst bei Williram
sich nachweisen läszt: dine friunt hörechent des. 77,19; dine
friunta hörechent gerno dtner stimmo. 27 ; und im mhd. mit
verkürztem stammrocal als horchen bezeugt ist (Lexer 1, 133S):
auscultare horchen Dief. 62'; niederd. auscultare, obedire hören
borken, underdenich sin nov. gloss. 44"; eine form, die dem
ags. hearcnian, engl, hearken horchen nahe steht, während sie
mit dem gleichbedeutenden engl, hark sich deckt; niederl. herken,
harken auscultare Riliav. Maaler führt wol gehorchen auf,
nicht aber das einfache horchen , das im alemannischen durch
losen ersetzt wird, irte denn auch Dasyp. horchen aures arrigere,
auscultare, animadverlere noch durch losen glossiert, jedenfalls
weil jenes, aus irgend einer schrißqueUe herüber genommen, im
Elsasz nicht ohne weiteres verständlich war; ebenso fehlt bei
Schmeller horchen, während losen, lasen in dessen bedeutung
stelit (l, 1515 Fromm.).
horchen drückt aus
1) angestrengt oder aufmerksam das gehör worauf richten,
lauschen; und wird gesetzt
a) absolut: kucket zu irem (der Weisheit) fenster hinein,
und horcht an der thür. Sir. 14, 24 ; er schleget die äugen
nider, und horchet mit schalksohren. 19,24; als aber Petrus
an die thür klopfet des Ihores , trat erfur eine inagd zu
horchen, ap.gesch. 12,13; alles war still, hörte, horchte. Göthe
15, 327 ; die mutler jedoch, mit heilerem gesiebt, übergebogen
horchend, liesz nicht die mindeste unruhe bemerken. 330;
oft
'durchfliegt sein rühm, vermischt mit harfenklang, den baio
und jeder wipfel horcht. Uöltt 45 Halm ;
nur schweiget und horchet wie mäuslein. Götbk 1,227;
in Verbindung mü personification des <^es:
doch werf ich einen blick auf dich, vernimmt
mein horchend ohr ein wort von deiner lippe,
so wird ein neuer tag um mich herum. 9, 133.
bei den bergleulen heiszt horchen aufmerken wenn die uhr schlägt,
oder ob ein bergbeamter ankommt. Jacobsson 2. 2>t5'.
b) so steht gern der imperativ horch ! in der alten spräche auch
horchal: horcha, welchen (irein), lieb, trinkst am liebsten?
Corp. SS'; hört hört ihr herd säu, wie die hinder posaun so
schön zu häufen aufplaset, zu jedem ock und tritt und trott
ein fürzlein, horcha. 137';
und auszen, horch! gings trap trap trap,
als wie von rosaeshufen. Bcrcer 14";
horch — die glockeo hallen dumpf zusammen.
Schiller kindesmörderia ;
horch, der küster beiert. Voss 4, 176.
c) mit dativ der person oder der saclie, gern in gehobener oder
poetischer spräche: unser freund . . horcht« gern den beleb
renden Worten seines wirthes. Göthe 23, 27 ;
es horchen
ihm die bemerkungen deiner freunde,
ihm horcht entzückt die feinere Schäferin. Klopstock 1, 15;
was horchest du unter dem weitverbreiteten Qugel der nacht
dem fernen sterbenden wiederhaile des bardengesangs? 23S;
ach, dann wall ich am grabe, dem ich so nah war, und weine
meinen jammer. mir horcht die «chauernJe loile.sstille.
3, 205 ;
ja, sobn, die ahnuDff, deren leiser stimme
du oft in deinem innera horchtest, tnigt dich nicht.'
WiKLAHD 26, 1S3 ;
das rebengrün,
wo du horchtest der nachiigall. Höltt 93 Halm;
da horch ich oft. im mondenelanz,
der grillen nachtgesaoge. 179;
1803
HORCHEN
HORCHEN — HORDE
1804
es saszen die Griechen''
nach der sitte schweigend umher, dem könige horchend.
Stolberg 12, 246 ;
so sprich! du siehst, ich horche deinen werten. Götbb9, 91;
mit wie leichtem herzensregen
horchet ihr der glocke nicht,
die mit zwölf bedachtgcn schlagen
ruh und Sicherheit verspricht! l'J, 230;
ich horche vergebens
ihrer nimm in der fern, und ihrem kommenden Tuszlritt.
Voss 1, 151.
d) horchen auf einen oder etwas: auf solche worte horchte
Börne mit beiden obren. Heine 12,14,-
(ijlücklich) dasz ich kein dienstbar ohr
um weg verkaufte pdicht darf recken hoch empor,
und horchen auf befehl. Logao 1, 168, 19;
(eins lamm) nahm aus unserm becher trank,
horcht auf locken und gesang. Voss 5,251;
die bedeulung des lauschens schlägt hierbei in die des warlens um:
von churfiirst von Brandenburg,
auf (ein hulT nicht umher horch,
thut dich verlaufenen plafTen nicht lieben.
Soltau 444 (ron 1583).
e) horchen mü abhängigem salze : da giong Bagoa bin ein, . .
und horchet, ob er sich regen wolte. Judith 14, 13 ; ich dächte,
wir gingen sachte diese dunkle allee hinauf und horchten
immer im geben , ob wir nicht irgend etwas kommen oder
lispeln hören. . . ganz recht, geh nur voraus und horche,
ob der weg sicher ist. Götiie 14,225;
ich sinn und horche,
ob nicht zu irgend einer frohen flucht
die götter rath und wege zubereiten. 9,28;
er horcht, was geredet wird, sermones atlendii. Steindach
1, 787.
ß horchen mit accusativ, durch horchen vernehmen^ aufnehmen,
nur in freierer poetischer spräche : hier . . lauschte ich oft von
des vaters lippen auf die thaten der edlen Griechen! horchte
liebe zum Vaterland in das junge herz! Klincer 2,146;
so sangen die parcen ;
es horcht der verbannte
in nächtlichen höhlen •
der alte die lieder. Göthb 9, 79;
6« Klopstock ein gerne geborchter fusz, dessen trilte man
gern vernimmt:
deckt, heilige stunden, decket mit eurer nacht
den stillen eingang, dasz ihn kein sterblicher
betrete, winkt selbst meiner freunde
gerne gehorchten, geliebten fusz weg. 1, 55.
2) der begriff drs aufmerksam zuhörens geht über in den des
beobachlens, beaufsichtigens, acht habens:
ämter haben sorgen,
und hurten müssen hüten und horchen.
Simpl. 1 (1713) $. 8;
wann hie (in Nürnberg) gesessen warent vil freiherren graven
und edel, die da kaiserlichem hoff verbunden warent, und
horchten auf das laut. d. stddtechron. 3. 68, 1.
3) andrerseits aber auch in den des befolgens, horchen rtihrt
an gehorchen, oder ist ihm in einigen stellen geradezu gleich:
wan Herödes vorchle Jöhannem . . und ime borchinde tot
her vile. Behaims evang.-buch, Marc. 6,20; doch seit ir all in
irer {der ratsherrn zu Nürnberg) ungnad, wcrdt veracbt, lialit
ganz keinen gewalt und müst auf sie horchen, d. städtechron.
3,132,18; in der poetischen spräche vorzüglich der neueren, mit
dem dativ der person oder sache {vgl. dtcn l, c) :
da macht die angst und grosze forcht,
du jederman dem schilTlierrn horcht.
U. Waldis Etop 4, 13, 32 ;
so weit des adlers augcn sehen,
horcht die naiur vom isop bis zur ceder
nur dir (di-m zufnilr). Tuiümil 3, 24 ;
viele Jünglinge horchen deinen befehlen. Stolbirg 11,99;
und wenn euch, ihr kinder, mit treuem gesiebt
ein vater, ein lehrer, ein aldcrman spricnt,
10 horchet und folget ihm pünktlich ! GOtub 1,228;
ruf ich, da will mir keiner horchen. 4,312;
horcht den befehlen, folget sogleich. 10, 255.
4) horchen, mit einem niedrijen nebensinne, unberechtigt
lauuhtn (r^i. behorchen 1,1342): es ist ein Unvernunft, einem
an den tbür horchen , ein vernünftiger hielt es für eine
■cbmacb. Sir. 21, 2C; die tbrinen eines armen m9drhcns . .
deren zutraulichkeil ihnen gelcgenbcit gab zu borchen. (jOrut
14,345; 'ich habe an der Ihüre gehorcht, sie bat sich ganz
dem abbe entdeckt*, unverschämter! sagte Lothario, wer
heiszt dich horchen. 20, 306 ;
ah! dasz ich meine Schwester
nicht horchen lassen! Lessinc 2,284;
ich will doch horchen, stchts gleich nicht fein. Kotzibub.
5) borchen, in dem mehr abgeblaszten sinne zu erfahren streben,
aufmerkend erforschen {vgl. aushorchen): ich horchte an dem
iühnbedientcn, der sich mir, jedoch nur langsam und auf
eine kluge weise, näherte. Götiie 16,213; Wilhelm horchte
oft ins publicum, und nur selten kam ihm eine stimme ent-
gegen, wie er sie zu hören wünschte, ja öfters vernahm er,
was ihn betrübte oder verdrosz. 19, 230.
HORCHEN, verb.: horchen der bälge, im hültenwerk, wenn
die luft aus ihnen nur stoszweise in den ofen geblasen wird.
Jacobsson 6, 115*. kaum zu dem eben aufgeführten borchen
gehörig, eher wol zu hörcbcln sp. 1S02, welches letzlere als iterativ-
bildung zu ihm gefaszt werden kann.
HORCHER, m. l) der da horcht, aufmerksam zuhört {vergl.
horchen 1) : wer von den . . quälen und plagen {unter einem
despotischen treiben) eine beschreibung machen wollte, der . .
würde den borcher auf einen punkt des . . schaudervollen,
leer-erhabenen treiben. Klincer 11,81;
allwiszbegieri^e horcher, hörer
versammeln sich um ihn zu häuf. Göthe 41, 96.
2) nach horchen 4, der unberechtigt lauschende, spion: der
horcher an der wand hört seine eigne schand. Sprichwort bei
Frisch 1,466';
sie wissen, dasz ich ihn
iT)it meinen horchern rings umgeben habe ;
vom kleinsten schritt erhalt ich Wissenschaft.
Schiller Piccol. 1, 3.
3) horcher, das ohr eines esels: ich nahm ein stücklein
feuerschwamin und steckts dem langohr in den borcher.
MüsXus kinderkl. 19.
HORCHERIN, f. die da horclU, lauscherin. Klincer 5,166;
schachern wird mit dir
schon meine Schwester (das der horcherinn). Lbssinc 2,273.
HORCHEROHR, n. ohr des horchcrs:
bis hin zur Temse, bis zu dem Rhodan hin
erschallts, und schaaren trinken, im dichten drang,
mit horcherohr, zu neuer einsiclit,
all die belehrung, wovon du triefest. Klopstock 2, 56.
HORCHHÄUSCHEN, HORCHHÄUSEL, n. eine kleine hütte,
in welcher gegen ende der schicht ein bergjunge auf das schlagen
der uhr acht gab. Veith bergwörtcrb. 275.
HORCHSAM, adj. und c^v. zum aufmerken, horchen gescliickt
oder geneigt , aufmerksam ; ein , wie es scheint , erst im letzten
viertel des vorigen jalirhunderts alterthümehid gebildetes oder aus
einer mundart in die Schriftsprache verpflanztes wort, es laszt
sich zuerst {doch vgl. auch unten horchsamkeit) bei Fr. MCller
nachweisen: der horcbsame Veit entsetzte sich ob der schauer-
lichen mähr, erzdhlungen 88 ; und fast gleichzeitig Öfters bei
MusÄus: morgen um das erste babnengeschrei sei wach und
horchsain. volksmährchen (1788) 2,69; wenn ihre melodische
band dem horchsamen ritter die weichsten ukkurde ins herz
zu lautcnieren gedachte, ausgäbe von 1842 s. 216 ; und die be-
redte laute ermangelte nicht seine frohen cinplindungen in
das horcbsame ohr der schönen bluinenfreundin über das
enge gäszchen hinüber zu muduliren. 5.446;
auch ein najadchen, schlank und zart,
spielt horchsam im bassin verstecken, kinderkl. b5;
einmal auch bei Göthe :
(wo) dem lügenfürsten du ein horchsam ohr geliehn. 41,294.
HORCHSAMKEIT, f.: im hirseben . . leichtigkeit, horch-
samkeit, stille, sanftmUtbige Unschuld. Lavatsk pkysiogn.
fragm. (1775) 2, 21.
HORDE, f. 1) flechlwerk von reisig oder Stäben, und der mit
einem solchen umschlossene räum, neben der mhd. form burl.
plar. hürtc, aus der sich unser bürde, plur. bürden entHnckelt
hat (s. d.), erscheint, namentlich mitteldeutsch und niederdeutsch,
auch hurt, bort, horte crates Dikf. 155*, niederl. bdori " '''<
noi'. gloss. lls', dem sich ein untermoselsches hoerle uns
womit der rost zum verbrennen eines Verbrechers gemcf^
itcin weiset man in diesem reich {zu Crövc) an dem hohe
geriebt acht gerirbl, das ein ist der strank, das ander das
ratt , das drill die kulc, das vierte der style, das fünft die
hoerle . . weitlh. 2, 378. die mitteldeutsche form hordc neben
der oberdeutichen iiürde hat sich zunächst nur in der technischen
1805
HORDE — HORDENWILDER
HÖRE — HÖREN
1806
Sprache erhalten, bei icdlarbeiiem, brauern, in tabaksmanufacturen,
KO es ein viereckiges ßechtwerk ton reisem oder draht, ähnlich
einem tischblatt, bezeichnet. Jacobsson 2, 2S5'. 6,115*. 6« den
Schäfern heiszt horde das reisiggeflecht, das den räum auf dem
die Schafe nachts bewahrt werden, einhegt: mit leimen getünchte
horden von schilf. Heiljiass Thucyd.269; wenn ich dich nun
in meine horden einnähme, sage mir doch, wer sollte als-
denn meine armen schafe gegen dich (den tro//) beschützen ?
Lessikg 1, 161 ;
ein hirte liesz auf erüner beiden
ein tausend und acnt schaafe weiden,
bisz . . grauer abend es war worden,
da führte er sie in zwölf borden.
Seru;«der recittschreiberei (1739) *. 465 ;
die triften wurden leer, man sah die dichten häufen
mit blökendem gescbrei nach ihren horden laufen.
Rost schäferged. 92 ;
die schafe liefen fort und blieben in den feldern
bei fremden horden stebn. daselbst;
so vergnügt ist nicht das scbäfcben,
wenn es aus den borden eilt.
EscHE!<BüRC Luka* II. Männchen 34.
2) horde, schaar, umherstreifender häufe, vird von Weigasd
1, 703 als ein ganz anderes wort von asiatischem Ursprünge (vgl.
russ. orda, pers. orda kriegsheer, lager) genommen, mit erst-
maligem vorkommen um 1768. allein die belege reichen weiter
hinauf, der hervorgang dieser bedeutung aus der vorigen Idszt
sich ebenso gut denken, als ein fremdländischer Ursprung: horden,
also heiszen die lagerstätte derer Tartarn . . item von weiden
oder anderen Stäben geflochtene quadrat länglichte lager,
darauf das malz getreuget wird; ingleichen kleine wände von
dinnen Stäben, oder sonst gemacht, deren sich die schäfer
bei dem pferchen bedienen. Nehring histor.-polU. lexicon (1736)
564, diese stelle kann den Übergang zeigen;
lasz ihn (ilen Vulcan) sammt seinen horden
nur hämmern tapfer drauf.
Ko!<GEHL Innocenl. (1683) 69;
(Friedrich ist) den pbalangen
Eui'opens nicht, auch nicht der wuth
der borden Asiens bezwinglich. Rajq.eh 1,54 (r. 1762).
das Kort erscheint aber erst seit dem ende des vorigen jahrh., in
m der gewähltem spräche, häufiger: Hagar flieht, um bei an-
dern horden einen bessern zustand zu finden. Göthe 24,210;
(greuel) so jene scheuszlichen horden dermaleinst in diesen
Auren verübet. Holtei Lammfell 1S7. auch in allgemeinerem
sinne, der an die nomaden anknüpß: losung und feldgeschrei,
woran sich die glieder unserer kleinen academischen horde
zu erkennen und zu erquicken pflegten. Götbe 26, 57 ; von
einer schaar wölfe:
es kracht der schnee, schnell sind die grauen horden.
Le!«ad neue ged. 61.
horden , phalanges , die familien z. b. der papüionen , phalänen.
Nemnich 4, 926.
HORDENDRAHT, m. draht der zu mah- oder darrhorden
gebraucht wird. Jacobsso.n 2, 2S5'.
HORDENGESTELL, n. yeslell, worauf in den tabaksmanu-
faäuren die horden zur trocknung des tabaks ruhen. Jacobsso»
6, 115'.
HORDENGRUPPE, f. gruppe von nomadisierenden v(Jks-
äämmen oder familien: eine ganz ähnliche bewandlnis wie
mit den Crens hat es mit der hordengruppe, welcher unser
Verfasser den namen Guck oder Coco ertheill. ausländ iO. jahrg.
s. S70.
HORDEN'NAME, m. name eines nomadisierenden volksdammes.
daselbst.
HORDENRAHMEN, m. rahmen, in den die horden in den
tabaksmanufacturen eingespannt werden. Jacobsson 6, 115*.
HORDENSCHLAG, m. das aufschlagen von horden: so heiszt
es, wenn die schafe über nacht im felde bleiben, und ihre lager
auf dem zu düngenden acker innerhalb einer Versicherung haben.
Jacobssos 6, 115'.
HORDENSPRACHE, f spräche nomadisierender horden: wenn
sich nur reisende finden, die der hordcnsprache mächtig.
ausländ 40. jahrg. s. 872.
HORDEN WILDER, m. wilder einer nomadisierenden horde:
bordenwilde, heilige und weise
nennen Zevs dich, Jorab oder gott.
SiiMs ged. (1804) (. 1,
noch: . . . ador'd,
bj Saint, by savage and bj sage
Jehorah, iort, or lord. Pope the vnktertal prafer.
HÖRE, f. was zu etwas gehört, einschlusz, umfang, in kirch-
höre, s. tfieil 5, S20. s. auch hör.
HOREMONAT, m. ßr december: im wolfmonat, . . heilig-
monat, höremonat, jahrsendemonat und letstmonat Fiscbart
groszm. 121. es ist, mit bezug auf hören = außören (s. hören
unten) umdeutung aus dem niederl. horemaent, horenmaent,
»05 wahrscheinlich kothmonat heiszen soll {nach altem horo, vgl.
o6en bor, horb 5p. l SOI): \Vei:<hold monalnamen 45.
HÖREN, verb. audire.
l. Formelles.
1) das wort geht über alle deutsche dialekte: qoth. bausjan;
altsächs. hörian ; ags. hyran , engl, hear ; fries. hera ; nieder-
deutsch niederländ. hören; altnord. heyra; sehwed. höra, dän.
h6re; ahd. hurran {ßr höijan), hi'jran. mhd. beeren, prät.
hörte, eine rückumlautende form die bis ins nhd. reicht:
berr biscbof, nu gebt antwort,
wann ir die dag habt wol gebort, fastn. sp. 643,5;
do schlug si auf der lauten
gar freudenreiche wort,
die beiden sprachen all überlaute:
si hetens besser nie gebort. Ublahd tolksl. 788;
als nun Ruggier . . .
auch nunmehr innen ward, dasz sie bereit sich fort
und weg begeben hat, und daiz sie ihn nicht hört.
D. V. D. Werder Ariost 11. 13, 4;
es werte wenig noch, dasz er am dicksten ort
des Waldes einen lerm und grosz getümmel bort. 11, 15, 8.
Das unumgelautete präsentische boren, mitteldeutsch, aber auch
oberdeutsch bezeugt: audire hören, hörn neben hören Dief. 60*;
hören audire voc. ine. theut. ks';
do si zesamine chömen,
er bat si ime hören, fundgruben 2, 53, 29 ;
darf vielleiclU mit der Schweiz, interj. bor, äill, zur besänftigung
einer uilden kuh oder eines wilden äieres gebraucht (Stalder
2, 54) in bezug gebracht werden , eine interjection die sich der
bedeutung unten II, 10 anschlieszen würde : da schrie es neben
ihm auf: uy, du donner! bor du kuh! J. Gottb elf scAu/Jen-
bauer 283.
Die Zusammenstellung des worles mit grieeh. axovsiv aus
axovaetv wird von den meinen etymologen vertreten, kann aber
nicht als sicher gelten.
2) wie bei haben sp. 74 näher ausgeführt, steht in Verbindung
mit jenem hilfsverbum statt des part. präteriti gehört oß der
Infinitiv hören, wenn ein anderer Infinitiv vorhergeht oder fdgt.
ich- habe rufen hören, s/aW ich habe rufen gehört; wir haben
in hören sagen, Jbesus von Nazareth wird diese stete zu-
stören. ap. gesch. 6, 14 ; ich habe erzehlen hören, pers. rosenth.
1, 4 ; mir träumete, ich hätte dich hören predigen. 4, 12 ; ich
habe beides wol nennen hören. Kli.ngeb 7,64;
doch hab immer sagen hören, dasz
geberdenspäber und geschicbtenträger
des Übels mehr auf dieser weit gethan,
als gift und dolcb in mörders band nicht konnten.
ScaiLLER Karlos 1, 1 ;
eitle fügung, die auch der alten spräche nicht unbekannt ist:
ich hän des jehen beeren. Gudr. 637, 3;
ir habt ej ofte beeren sagen, rabenschlacht 98, 4,
vgl. dazu die von Martin weiter beigebrachten beispiele, heldenb.
2, 329. aber das particip gehört in diesem falle, obgleich es uns
hart klingt, wird doch auch von guten Schriftstellern gesetzt : von
der ertödtung der Sinnlichkeit, wovon er ehmals den Plato
zu Athen sehr schöne dinge sagen gehört hatte. Wielakd
1,88 (73); ich habe davon reden gehört. Klinger 7,57; ich
habe degen blinken gesehen und kugeln um mich surren
gehört. ScBiLLER räuber 3, 2 ; wechselnd mit dem Infinitiv : frei-
lich hat er lauten hören : nur zusammenschlagen hat er nicht
gehört. Lessing 11,527. ist das hilfsverbum unterdrückt, so
sieht gewöhnlich das particip: diejenigen, welche den Virgilius
behaupten gehört , die erde sei rund und auch auf der an-
dern halbkugel bewohnt. Wiela:«d 6, 295 (264); Bolingbroke ..
gedenkt mit beifall eines gelehrten , den man einst . . gott
auch dafür danken gehört, dasz er die weit mit lexicons-
roacbern verseben habe. Lessing 6, 7.
3) der Infinitiv einmal In passivem sinne: eine rede, ob sie
schon lieblich, .. und würdig ist zu hören, pers. rosenth. 4,6.
II. Bedeutung.
t) hören, den sinn des gehörs haben, durchs gehör wahr-
nehmen können: er hört nicht, er ist taub; da selbs wirstu
dienen den göltern, die menschen bende werk sind, holz
1807
HÖREN
HÖREN
1808
und stein , die weder sehen noch üören. 5 Mos. 4, 2»; ich
aber luus sein wie ein tauber, und nicht hören, ps. 38,14;
der das ühre gepflanzt bat, soll der nicht hören? 94,9; sie
haben obren und hören nicht, sie haben nasen und riechen
nicht. 115,6; seine obren sind nicht dicke worden, das er
nicht höire. Jes. 59,1; wer obren hat zu hören. Matlh. ll , ib ;
die tauben macht er hörend. Marc. 7, 3" ; gut , leise , fein,
übel, schlecht, schwer, hart, grob hören ; du hörst übel, ich
inusz dich einmal zum bade führen. Simrück sprkhw. 261 ; nit
wol hören, auribus parum audire M aaler 22S';
die einTnlt kann nicht sehen;
ihr lachen nicht die tbaler und die höhen,
sie hört auch grob, und in der melodie
der oachiigali erschallt kein ton Tür sie. Hagedorn 1,62.
in yroszer Verwirrung oder tcildem treiben vergclil einem hören
und sehen; ich weisz nicht wie mir geschah, mir vergieng
hören und sehen. Götue 24,95; die postillons fuhren dasz
einem sehen und hören verging. 27,32;
und wagen auf wagen mit allem geräth,
dasz einem so hören und sehen vergeht. 1, 1% ;
und in den salen, aur den biinken,
vergeht mirs hören, sehn und denken. 12, 94.
die bibelsprache belebt gern das oftr, indem sie ihm, statt dem
menschen, das hören zuschreibt : äugen die da sehen, und obren
die da horeten. 5 Mos. 29, 4 ; ein hörend ohr, und sehend
äuge. spr. Sal. 20,12; denn dieses volles herz ist verslockt,
und ire obren hören übel. Matth. 13,15; selig sind cwer äugen,
das sie sehen, und ewr obren, das sie hören. 16.
2) hören, durchs gehör wahrnehmen, etwas mit dem ohr ver-
nehmen; in verschiedenen Verbindungen.
a) mit sächlichem object, eine stimme, ein wort, gesang,
musik U.S.W, hören: alles, was wir fühlen, sehen, hören,
schmecken und riechen. Wieland 9,283; ich hörete deine
stimme im garten, und furchte mich, i Mos. 3,10; ich hab
der kinder Israel murren gehöret. 2 Mos. 16, 12 ; das ir die
posaunen höret. Jos. 6, 5 ; das man kein hamer noch heil,
noch irgend ein eisen gezeug im bawen hörete. ikön. 6,7;
wenn sein donner gehört wird. Hiob 37, 4 ; der wind bleset
wo er wil , und du hörest sein sausen wol. Joh. 3, 8 ; ich
merkte wol, dasz disz lob von den gedachten patribus mit
unwilligen obren gehöret wurde. Simpl. 3,384 Kurz; ich will
nicht länger . . . ihnen eine nachricht vorenthalten, die sie
vielleicht schon lange zu hören gewünscht haben. Gellert
4,410; Tellh. ihr familienname? bed. den habe ich noch nicht
gehört. Lessikc 1, 521 ;
sechs schritte fehlten noch zum markte,
so hörte sie ein blind geschrei. Günther 162;
die Sterbeglocke schallt mirs, nächtlich
hör ich ihr schallen. lIöLTt 79 Halm;
doch hörten sie kein Sterbenswort. Götbb 47, 85 ;
das klimpern hör ich
doch gar zu gerne. 10, 232 ;
selbü ein schweigen hören, weil durch das ohr auch die ab-
wetenheü ein yeräuscfies wahrgenommen wird:
ich hör ein groszes schweigen (heim wMtsitigen),
das krenzlein will mir bleiben. Uuland volksl. 11.
Mit unbestimmtem object: das hör ich; du hast es gehört;
aber etliche lose leute sprachen, was solt uns dieser helfen?
. . . aber er that, als höret ers nicht, l Sam. lO, 27 ; das letzte
höre ich gern. Gellert 3,149; ich lese ja laut, recht laut. ..
hätte er das nicht hören können? 152; was höre ich? Les-
Sinc 1,581.599;
giaubstu, dasz für ihrem tode, wie man schreibt, die schwanen
singen?
ja, wo du mir «inen möchtest, der es selbst gehöret, bringen.
LoüAU 2, ill, «6;
tauherin. sah sie dich auch? Alcindor. sie schlier, ihr hört
es ja. Lkssinc 113;
die lampe losch, der herd verglomm,
zu hören ist nichts, zu sehn. Götuk 47, 85.
d$eae$ objecl wird durch einen abhängigen tatz näher bestimmt:
0 wenn sies nur hätten hören sollen, wie er dem himmcl
dankt, da« er ihn aus der gefungenschafl errettet hat!
GeLLBtT 4,413.
*) fMJier hiets et auch bQcber hören, mit bexug auf ihr vor-
lUutf 9ergl. n^iä.
als wir dln bnoch hdren schribun.
U. V. UiLK «riiui«n0i(;cn 138;
itoch bei Mdbnbr:
(die drucker) lond myn ernstlich bücher lygcn, . . .
und sprechen das mans (man Mi-) hör nit gern.
Scheibles kloster 8, lUfl;
daher: streben wider den glauben, welcher allein die -gnade
gülles erlanget, on alle werk, wie gehört ist (er hat das eine
seile vorher tiachgewiesen). Luther 3,400': wie oben am 73. blatt
gehört. Fisciiabt bienk. lu'; gehörler maszen. Gützv. B. 56;
ob nun zwar, gehörter maszen, der abcrglaubc der menschen
damals gros gewesen. Butscukv kanzl. 763. man sagte auch
rechnung hören: die rechnung hören, oder rechnen von gälts
wägen, rationem argentariam putare. M aaler 228'; nun laszt
unsern herren frei kommen, rechnung zu hören, wan er wil.
bienk. 148*.
c) mit acc. der person, einen hören, der durch irgend welchen
ton seine anwesenhcit kund gibt : er ist weder zu hören, noch
zu sehen; wir zaudern, ich höre ihn schon. Lessing 1,599;
auf einen hohen altan trat,
davon ihn jedermann hören kundt. mückenkr. 1,453;
ein bild der deinen, das in deiner seelc
noch nicht verloschen, sollte mehr vermögen,
als die ich sehn, und greifen kann, und hören,
die meinen? Lkssinc 2, 261;
Sal. nun so rede !
CS hört uns keine secle. Nath. möcht auch doch
die ganze weit uns hören! 275;
ich will heut nacht zum schlosz von Villa Bella
mich heimlich schleichen, will versuchen ob
Lucinde mich am l'enster hören wird ;
und hört sie mich, erhört sie mich wohl auch,
und laszt mich ein. Götue 10,219;
gleich hör ich einen auf dem gange. 12,92;
ich hör meinen schätz,
den hammur er schwinget. Uulanu <jed. 31.
d) das object wird durch ein adjecliv oder particip näher be-
stimmt: ich höre ihn schon nahe (höre, dasz er nahe ist).
Klinger 1,452;
wir sorgten alle für das edle kind !
ich freue mich, sie mir verwandt zu hören. Göthe 9,254;
ich hörte mich gerichtet. Shakesp. Lear 2, 3 ;
I heard myself proclaim'd.
e) hören, mit einem inßnüiv verbunden (vergl. unten hören-
sagen): und ganz Israel höret sagen, Saul hat der phiiister
lager geschlagen. 1 Sam. 13, 4 ; wer . . . höret fluchen, und
sagets nicht an, der hasset sein leben, spr. Sal. 29,24; ich
höre gar nicht gern von dem sterben reden. Gellert 3,204;
ich habe nie fürchterlicher fluchen hören, als sie lachen.
Lessing 1, 578. dieser infinitiv kann seinerseits wieder einen
objedsaccusativ nach sich ziehen:
von küener recken striten mugct ir au wunder beeren sagen.
Mb. 1,4;
nhd. wir hören sonderbare nachrichten verkündigen ; er hörte
so manches erzählen, was ihm nicht gefiel ; Büfl'on hörte ich
mit groszer Verehrung nennen. Götue 25, 66 ;
so hört und sieht man dich beneiden. Göntubr 278.
f) hören mit wirklichem acc. cum inf.:
mhd. ich hörto ein wajjer diesen. Waltbbr 8, 28 ;
nhd. das . . . man auch nicht ein vieh schreien höret. Jer.
9,10; ich höret die flügcl rausschen, wie groszc wasser. Hes.
1,24; wir haben ihn gehöret lestcrwort reden wider Mose
und wider gott. ap. gesch. 6, tl ; ich hab nit ein einigs dingle
darvon hören reden, ne tenuissimam quidem anditionem de ea
re accepi. Maaler 228'; als ich die arme (pauperes) überall
höre angeklagt werden, dasz sie das allmusen schändlich vcr-
thun. ScnuHPiüs 749; wenn man sie reden und schmähen hört,
so sollte man glauben, sie hätten keine religion. Gellert
3,208; sie kommt, ich höre sie leise herschleicbcn. Stcrz
3,242;
wie angenehm wird sie erschrecken,
wenn sio mich reden hört! Gfi.lkrt 3, 132;
ich hör ihn schreien ! er ist da !
ich hör ihn koichenl jetzt ergreift er mich! KAatK* 2, 13;
ich höre nun die leisen tritlo rauschen. Göthk 9, 24t ;
ich hör« deren
und walTen klingen. 10, 235 ;
die frauen haben ein gerAusch der wnlTeD,
ein ächzen tönen hören. ^.
g) slaU des acc. e. inf. steht ein abhängiger tatx: ich hörte,
das sie sagten, laüzt unn gen Dothnn gehen. 1 Mos. 37,17;
(i/rr werdet) hOren, wie man die drumeten blasen wird. Ja,
1809
HÖREN
HÖREN
1810
18,3; man höret, das ire rosse bereit schnauben zu Dan.
Jer. 8,16; ich höre, wie mich viel schelten. 20,10; hören
sie denn nicht, dasz alles erdichtet ist? Lessing 1,69S; er
lauschte an der thüre und hörte dasz sie von ihm sprachen;
daneben hörte ich, man solle reden wie mau schreibt. Göthe
25,58;
sie . . hörten nicht, wenn deine Schwestern schlugen,
0 nacbligall! Höltt 57 Halm.
h) in getvisscn rerbindungen fehlt auch das object ganz: dasz
man meines hörens wenig von politik redet. Niebühr leben
Hieb. 1, 1S2; hören sie? sie klingelt. Lessinc 1,585;
'mein Adelstan ! ich armes Llut!'
er sah und hörte nicht. Uölti 15 Halm.
i) reflexiv, sich hören : er hört sich selbst gern ; er hört
sich gern reden ; das äuge sihot sich nimcr sat , und das
ohr höret sich niraer sat. pred. Sal. 1,8. — Anders ist etwas
hört sich, mit bestimmendem beisatze, wird gehört :
eine hohe nobiesse bedien ich heut mit der flöte,
die, wie ganz Wien mir bezeugt, völlig wie geige sich hört.
xeiiien in icliillcrs musenalm. 1797 s. 271.
k) die Verbindung hören lassen, machen dasz etwas gehört
uird, ist manigfach: ir solt kein fcldgeschrei machen, noch
ewT stimme hören lassen. Jos. C, lü ; vom himel hat er dich
seine stimme hören lassen. 5 Mos. 4, 36 ; mit unterdrücktem
object : sie sprachen zu im, gib dein relzel auf, las uns hören.
rieht. 14,13;
Carlos, mir bleibt
noch manches Zeugnis. Pedro, lasz mich hören. Götue 10,269.
auch mit abhängigem salze: lasz hören, was du aufgesetzt hast.
dafür hören machen :
sein hohe tapferkeit, rath, that und grosze sacheo,
(wann ihr das ohr verleibt) will ich euch hören machen.
D. V. D. Werder Ariost 1, 4, 6.
verschieden ist hören lassen, nicht hindern, dasz etwas gehört
werde: wann du in deiner Verwirrung auch ihn das hättest
hören lassen I Lessi.^g 2,136.
l) namentlich auch reflexiv, sich hören lassen: rufet nicht
die Weisheit, und die klugheit lesst sich hören? öffentlich
am wege und an den siraszen stehet sie. sp: Sal. 8, 1 ; die
dordeltaube lesst sich hören in unserm lande, hohel. 2, 12 ;
gehe hinauf auf den Libanon und schrey, und las dich hören
zu Basan. Jer. 22, 20 ; da mein seliger mann die zeitlicbktit
verlassen sollte: so hat er {der lodtenwumi) sich drei tage
zuvor hören lassen. Geliert 3, lüO;
0 thor! läszt Zevs sich zornig hören,
wird dich der nahe pfeii nun lehren,
ob ich dem stürm zu viel erlaubt? Gellert 1, 75.
auch vom außrelen eines sdngers, virtuosen : die Sängerin hat
sich öffentlich hören lassen ; heute abend läszt sich ein be-
rühmter geigenspieler hören.
m) prägnant: das läszt sich hören, gleichsam wird gut, als
etwas gutes gehört, wöbet hören schon in die folgende bedeutung
hinüberspielt: mutter (die gleichfalls von zeit zu zeit auf den
gesang gemerkt), wie meinst du alter! ich dächte das liesze
sich hören. Göthe 11,2S3; auch in bezug auf gründe und dar-
legungen : das läszt sich hören, daran ist etwas wahres ;
bum ! sagte der kaiser, der grund läszt sich hören.
liÖRCER 67';
Fauft. allein ich will. Me}>h. das läszt sich hören!
Göthe 12,89;
Pedro. ich gebe treu und wort,
dasz ich, was ich verspreche, pünktlich halte.
liiisco. das läszt sich hören; nur hier ist der platz
zu der Verhandlung nicht. 10,265.
3) hören, in stärkerer bedeutung, mit aufmerksamkeit hören,
auf etwas gehörtes acftten, anhören ; wieder in manchen ßgungen.
a) absolut: rede herr, denn dein knecht höret. 1 Sam. 3,9;
sei ruhig und höre weiter. Schiller raufe. 2, l ; um seine auf-
merksamkeit recht hervorzuheben, heiszt es scherzhaft: ich höre
mit beiden obren, wie entgegengesetzt, um Zerstreuung auszu-
drücken, er hülle nur mit halbem ohr ; alles war still, hörte,
horchte. Götue 15, 3'.:7 ;
Saih. du hörst doch, sultan?
Sal. ich hör, ich höre ! Lessinc 2, 278 ;
sag an, was du verlangst. Ich höre gern. Götue 10,268;
im imperativ höre!: höre Israel, der herr unser gott, ist ein
einiger herr. 5 .Vcw. 6,4; hör o himniel und los auf o erdt-
rich: dann der herre redu Zürcher btbel 1530 320* {Jes. 1,2);
IV. II.
höre nur, Paul ; dem wirthe hier müssen wir einen possen
spielen. Lessisg 1,525; hören sie nur kurz. 582; hör sie
doch, luein schönes kindl wie gefällt ihr der spasz? 549;
mit anklingen an die bedeutung 1 {die auch sonst hervortritt:
wer regiren wil , der musz hören tind nicht hören , sehen
und nicht sehen. Agh. spr. 174') : hör und schweig. Schottel
1125';
hör und sei nicht taub.
aber langsam glaub. Simbock sprich«. 261 ;
verstärkte alte form höra : aber höra , hieher zu trinken , zu
trinken her. Garg. 247* ;
wil andern das gefallen nii,
so sprich, hörah, das ist mein sit.
grobianus (1568) Biiij* (6. 1, cap. 4).
b) mit sächlichem object: herr neige deine ehren und höre,
thu deine äugen auf, und sihe, und höre die worl Sanherib.
2 kön. 19,16; gott höre mein gebet, ps. 54,2; er hörte die
stimme der leidenschaften, um den befehl der religion nicht
zu hören. Gellert 4, 301 ; höre viel und rede wenig. Sijirock
sprichu: 261 ; zurückweisend sagt man : ich will nichts hören I ;
sie will von den zehntausend thalern gar nichts hören. Gellert
3,163.
c) so namentlich auch in festen Verbindungen : einen Vortrag
hören ; eine predigt hören ; Vorlesungen hören ; er hört eine
Vorlesung bei professor N., oder mit knappem ausdrucke er
hört bei professor N. ; da sollte ich denn philosophie, rechts-
geschichte und Institutionen und noch einiges andere hören.
Göthe 25, 51 ; beichte hören ; {die frau) hört ihn selbs beicht.
Garg. 72*.
d) mit persönlichem object: wenn sie zu mir schreien, wil
ich sie nicht hören. Jer. 11, 11; mein herr konig, höre mich.
37,20; höret ewren vater Israel. lA/os. 49, 2; höre den armen
gerne, und antworte im freundlich und sanft. Sir. 4, 8 ; sün-
diget aber dein bruder an dir, so gehe hin und strafe in . .
höret er dich, so hastu deinen bruder gewonnen. Matth.
18,15; welche euch nicht aufnemen, noch hören, da gehet
von dannen heraus. Marc. 6, 11 ; warum hörst du solche leute?
cur his hominibus aures praebes? Stei.xbach 1,7S2; fassen sie
sich doch, und hören sie mich. Lessing 1,596; doch er darf
mich ja niu" hören. 597 ;
il. höre mich, mutter. C. mutter, höre mich!
Schiller braut ton Hess. v. 394.
einen redner, einen Torleser hören ; dieser prediger wird
gerne gehört ; Agrippa aber sprach zu Festo, ich möchte den
menschen auch gerne hören , er aber sprach , morgen soltu
in hören, ap. gesch. 25, 22.
e) statt des aecusativs ein genitiv; diese im mhd. nachgewie-
sene fügung {mhd. wb. 1, 711*. Leser 1, 1339) kommt auch nhd.
noch vor:
wenn ihn (den mann) jäher muth empört,
er nicht mehr des freimdes hört. Stolbbkg 1, 30.
/) es folgt ein abhängiger satz : er sprach zu inen , höret,
lieben, was mir doch getreumet hat. l Mos. 37, 6 ; hören sie,
mein fräulein, was ich fest beschlossen habe. Lessinc 1,579;
nu hör was ich dich hie wil leren. Gemce;(bacu 137, 390}
höre, wie zu lust und tbaten
altklug sie rathen I Göthe 12, 83.
g) häufig auf jemand oder etwas hören:
ach ja! kind knecht und magd, die stehen und verstarren,
die Schweine sehn empor, küh, kälber, ochsen, farren
und alles federvieh, hört mit venvuudern drauf,
wie ihre kluge frau gibt einen guten kauf
am Zuwachs edler wort. Locac 2, 71 ;
bei ratschlagen oder befehlen : sihe und höre vieiszig auf alles
was ich dir «agen wil. Ues. 44, 5 ; {ein vater), welcher nicht
mehr weis , wie er seinen kindern helfen soll , die auf ihn
nicht hören wollen. Kabener sat. 4,340;
hör Uli (das) was dir thät sagen got.
Ge»genbacu 62, 320;
aber auch bei der benennung eines hausthieres, das von aller
menschlichen rede nur den klang seines namens beachtet: der
hund hört auf den namen Waldmann.
h) nach etwas hören, aufmerksam das gehör wMn ridUen :
es kompt die zeit, spricht der herr herr, das ich einen hunger
ins land schicken werde, nicht einen hunger nach brot, . .
sondern nach dem wort des herrn zu hören. Arnos 8, 11 ; er
hörte nach der thüre. aber es blieb drauszen still.
4) dieses hören = anhören steht namentlich häufi'j auch in
der gerKhlUclien spräche tu bezug auf den richter, mit daliv der
114
1811
HÖREN
HÖREN — HÖRENSAGEN
1812
fxrson, oder, nie in der neueren spräche gewöhnlich, mü accusativ:
clagen si ouch zu male, da; stfil an deme richtfire, wilchenie
bcr er hören wolle. Sachsensp. l,Gl, 2; keine person soll ir
im gericht ansehen, sondern soll den klemen hören wie den
groszen. 5 Mos. 1,17; sie . . . verdammen mich, ohne mich
gehört zu haben. Gellert 3,213; wer sich an ihren richter-
sluhl wendet, . . . wird gehört. Gotter 3, 64 ; wer nicht recht-
mäszig gehört ist, wird nicht rechtmässig verdammt. Sihrock
sprichw. 261 ;
eines mannes rede ist keine rede,
man musz sie hören alle beede.
auch mit sächlichem object, ein Zeugnis, eine klage, verthei-
digung hören;
ich sprich das man darnach auch wol
des mannes zeuknus auch hören sol.
fastn. sp. 542. 24.
in freierem sinne, wenn jemand einen Schiedsspruch abyeben,
ein urüieä sich bilden soll: wenn ich diesen höre, so hat er
recht , höre ich jenen , so hat der auch recht ; aber wenn
man seine nichtfreunde in Prag und Wien hörte, wäre er
ein . . geck. Seüme spazierg. 415.
5) aus der bedcutung des anhörens flieszt die des fdgens,
gekorchens, das verbum sieht theils absolut: wer nicht hören
will, musz fühlen ;
die schreckenstat^e die ein reich erfährt,
wo jeglicher befiehlt und keiner hört. Göthk 4, 49;
theils mit dativ: noch hat er (der pudel) keinen bissen brod
aus meiner band bekommen; und doch bin ich der einzige,
dem er hiJrt, und der ihn anrühren darf. Lessing 1, 520 ;
es hört don Florisel der Helena befehlen. Logau 2, 13;
thcüi mit accusativ: die kinder sollen den vater hören, liberi
obsequium parenlibus debent. Stieler S5" ; verlogene kinder, die
nicht hören wollen des herrn gesetz. Jes. 30, ;> ;
den die säw vor hörten nicht,
wann er sie staJI-ein getrieben,
der hat fürsten jetzt vernicht. Locau 2, 244.
6) dann auch die des zugehörens, eigen seins, sich tchickens,
in der allen spräche liäufig: al seczen da die liVe manger
bände ding zö, daj dar zö nicht en höret. Sachsensp. 1, 22, 4 ;
swer in deme hosten gerichte vervestet ist, der ist in alle
den gerichten vervestet, die in da; gerichte hören. 3,24,1;
16 Samen btrrt nicht arm und rieh. Boner cdelst. 77,48;
da; troestet mich, da beeret ouch geloube zuo.
Walihkh 66, 12.
auch der altern nlid. spräche noch geläufig, doch selten bis in
unsere zeiten reichend: es höret viel in ein haus. Luther br.
2, 600 ; so hört es {das almosen) armen leuteu und nit euch
(den pfaffen). Schade sat. u. pasqu. 2,141,33; wo hört er zu
hause? MusÄus physiogn. reisen 4,99; der verlag (vom Götz)
hört Mercken, der ist aber in Petersburg. Göthe u. Werther 174;
und asz in (den kuchen) mehr denn halber auf,
und sprach: ein guter trunk hört drauf.
B. Waldis Esop 4,'19, 80;
ach vetter, das sein dorechte wort,
und huren nit an dises ort. Murner lulh. narr 4541;
nicht jedes gleich ein handwerk heiszt,
was einen kleidet oder speiszt,
•ondcrn was einen ehrt und nehrt,
dasselb eins bandwerks naraen hört (schickt sicii zum
namen eine« hanäwerkn).
FiscBART grostm. 63 ;
«uch hörend nit in rottes reich,
die mit hörej befieckend sich.
K. Wü!«LiCH d(i$ himmelifche Hierutalem
(1.S84) sir. 24.
7) bOren , mÜ betonderer betonung der Wirkung des hörtns,
hörend entnehmen ^ vernehmen, erfahren; in verscfiiedenen Ver-
bindungen.
a) mit einem sächlichen accusativ, meist nur allgemeiner art:
und Sara sprach, . . wer es boren wird (dasz ich schwanger
sei), der wird mein lachen, i Mos. 21,6; Delus also ist eine
Stadt? das iil das erste, was ich höre. Lessing 3,438; komm
nur, du soiUt dein wunder hören! 1,525; ich hörte so was,
wenn ich mich nicht irre, tchüri beute Vormittage. 575 ; waH
ich nicht höre! ... also auch schelmen erkennen gcsetze
r ' hiung? lasz mich doch von der untersten hören.
ko 1,9; ich habe die gettchidile gehört, kann
-.. ...,., ..„ Iit glauben; ich habs vom vater gehört, e patre
audiebam Maai er 2%*; etwan dreimahl de» Jahres daher wn»
hOren, indr rix Irr in anno audire nuntium. Stküibach l,""»!.
das object wird durch ein adjectiv oder particip näher bestimmt,
so dasz die oben 2, c belegte eonstruclion auch hier auftritt : bei
dem Dante hören wir die geschichte als geschehen. Lessing
12, 192 ;
ich höre Orleans bedroht, ich fliege
herbei aus der entlegnen Kormandie.
Schiller Jungfrau 1, 1.
statt des objects ein adverb der art: verabschiedet sind sie? so
höre ich. Lessing 1, 575.
b) häufig von (d. h. über) etwas oder einem hören: wenn
du hörest von irgend einer stad, . . so soltu fleiszig suchen,
forschen und fragen. 5 Mos. 13, 12 ; die haupticute böreten von
irein .sieg und groszen tbaten. i Macc. 5,56; ein weih hatte
von im gehört, welcher töchleilin einen unsaubern geist hallo,
und sie kam. Jtfarc. 7, 25 ; eher von eines anderen Unglücke
hören, als er selber, prius de alicujus malis audire, quam ipse.
Steinbach 1, 782 ; du sollst ein ander mal mehr davon hören.
Schiller raub. 2, 1 ; der prinz Heraklius musz ja wohl von
dem major Tcllheim gehört haben. Lessing 1,524; nach allem,
was wir von ihm hören, musz es ihm übel gehn. 536; ich
will von Justen nichts hören. 550;
0 herr doctor, seit ir der man,
von dem ich lang gehöret han. H. Sachs 1, 466*.
c) mit abhängigem satze: ich höre es sei in Egypten ge-
treide veil. 1 Mos. 42, 2 ; da üalak börete , das Blleam kam,
zgch er aus im entgegen. 4Afoi. 22, 36; ich hab gehöret, das
du schafscherer hast. 1 Sam. 25, 7 ; er höret , wie ehrliche
thaleu sie gethan wider die Gallos. 1 Macc. 8, 2 ; ein . . pfaff
stall nach einer gCiten reichen pfarr, dann er bort, wie sy
so vil inkommens bette. Wick ram roW». 56, 5 Äurj; wenn du
nun von mir hörst: dasz die Marloffin, heute ganz früh,
selbst bei mir gewesen ist? Lessing 1,554; der mann, der
mich ietzt mit allen reichthiimern verweigert, wird mich der
ganzen weit streitig machen, sobald er hört, dasz ich un-
glücklich und verlassen bin. 564; ich fliege herzu, und höre,
dasz der graf Appiani verwundet worden. 2, 171 ; durchstrich
flüchtig den markt, um zu hören, was kauf und lauf sei.
Gotthelf Uli der knecht (ISTO) 82;
will hören, ob Ichs recht gemacht. Lbssing 2,274;
in Zwischensätzen: er ist, wie ich höre, glücklich zurück-
gekehrt.
8) hören betont aber auch das vermögen des folgerns aus etwas
gehörtem, es heiszt hörend schlieszen, merken ; in der Verbindung
aus etwas hören, vgl. auch heraus hören sp. 1035: ich hörte
aus seiner art zu reden nunmehr sehr wohl, dasz er ein
edelniüthiges herz hatte. Gellert 4, 408 ;
Quadruncus sticht gemein gelehrte männer an ;
ausz diesem hör ich uul, dasz er gewisz nichts kan.
LoGAO 2, 100, 1.
auch in anderer fügung: ich höre es schon, sie sind ein in-
differentist. Gellert 3, 176.
9) eigen ist hören in folgendem :
ich will, sprach Grimbart, allezeit,
herr könig. euch bedieneu :
der fuchs hört übel weit und breit,
doch wil ich midi erkühnen,
hin zu ihm gehn mit einem brief.
Reinecke fuchs (Rostock 1652) 107.
ist übel berufen; gewis nur nachahmung des lat. male audire,
griech. xaxcüi axovetv.
10) hören = aufhören ist seinem entstehen und seiner fort-
dauer nach bereits Ih. 1,670.67t besprochen, es ist noch batrisch
(ScH». 1,1155 Fromm.), schwäbisch (Schmid $86), vorarlbergisch
(Fromm. 2, 5U9) und allgemein Schweiz. (Staluer 2,54. Tobler
274', vergl. auch oben unter 1,1 *p. 1806):
ulT hören (auf aufhören) sei ein ieder geritt,
so der schimpf am besten ist. Murner lulh. narr 05;
u lieber narrenbcschwerer, höre,
durch got nit iiIüo hert beschwere. 260.
HÖRENSAGEN, n. Verbindung der infinitive hören und sagen
{vgl. hören 11, 2, e sp. iSüS), ih substantivem gebrauch und meist
nur in festen von prapositionen eingeleiteten formein ; erst in
neueren quellen als rtn ttor< geschrieben: das man von hören
sagen oder von lesen oder vuu gröszer incislerschafl der
Hchrift meinet, man wisse gar vil. theol. deutsch cap. 41 i. 172
I'feiffer; was mann hört, ist nicht so gewisz, als das mann
»ihet. und wenn einer sagt, er habs von hören sagen, so
stell er« in einen zwrifd , und wil es nicht für eine ganz«
warhril narh«ngen. Agr »/>r. S7*; ich hah es nicht von hören
sagen {hnhe es selbst angesehen). KiRcnnor mU. diic. thb; nicht
1813 HÖRENSVMIRTH — HÖRERSCHAFT
HÖRFEHLER — HORIZONT
1814
Ton hören sagen , sondern aus der erfahrung reden. Roth
hatismüUer ABC B"'; hören sagen ist halb gelogen, ex relatu
referre fere mentiri est. Stieler 857 ; wer bewundert ihn {Cäsar)
nicht? und wem ist diese bewunderung unbekannt, zu der
man nun so durchs hörensagen konunt? Klopstock 12, 2öS;
ob der gegenständ seines vorurtheils die hochachtung auch
wirklich verdiene, die er auf hörensagen demselben gewidmet
hatje. WiELAXD 9, 293 (260) ; auf hörensagen ehrt ich die har-
monie der massen , die reinheit der formen , war ein abge-
sagter feind der verworrenen willkürlichkeiten gothischer Ver-
zierungen. GöTBE 39,344; und nun soll ich nicht ergrimmen,
heiliger Erv\in, wenn der deutsche kunstgelehrte, auf hören-
sagen neidischer nachbam, seinen vorzug verkennt, dein werk
mit dem unverstandenen worte gothisch verkleinert. 347 ; vom
hörensagen kommen die lügen ins land. vom hörensagen leugt
man viel. Simrock sprichtc. s. 261 ;
andre, die mir hier und dar nur vom hören-sagen fluchen,
werden so vernünnig sein, und es besser untersuchen,
eh sie einen mensc)i verdammen . . . GBiitbkr 865;
zwar wer den Pindus nur vom hören-sagen kennt. 1066;
vom hörensagen und wiedersagen
ward mancher schon aufs maul geschlagen.
Simrock sprichw. s. 261.
auch englisch I speak on hearsay, nach dem gerüclit. tgl. auch
unten hörsage, hörsagen.
HÖRENSAVERTH, adj. : eine hörenswerthe rede. pers. rosen-
thal 4, 6.
HÖRER, m. l) suhörer (nach hören II, 3), mhd. hoeraere
Leteb 1,133S: der hörer göttlicher rede. 4 Mos. 24,4; seid
aber theter des worts, und nicht hörer allein. Jac. l, 22 ; hörer
und zuloser, audUor Maaler 228" ; andächtige und rechtschaf-
fene hörer des wortes gottes. Schcppics 639; wenn dieses
amt {eines Vorlesers) leicht zu sein scheint, so versichre ich
dich, dasz ich nicht leicht zu befriedigen bin, und dasz du
kenner zu hörern haben wirst. Wielasd 1,86; hat er nicht
schon den himmlischen hörern den namen Amalia vorge-
sungen auf der seraphischen harfe, und die himmlischen
hörer lispelten leise ihn nach? Schiller raub. 2,2; hier hielt
er mit himmlischer musik die hörer der lüfte gefangen. 4,4;
je ferner sie {die sich antwortenden sänger) also von einander
sind, desto reizender kann das lied werden : wenn der hörer
alsdann zwischen beiden steht, so ist er am rechten flecke.
GöTHE 27,132;
seine hörer zu bewegen,
sprach er wie ein Cicero. Hagedor:« 2. 32 ;
0 du (Hora:), mein freund, mein groszer lehrer,
verzeih, dasz ich, dein alter hörer
und dein bewundrer, dennoch dir
einmahl zu widersprechen wage. Gökingk 2, 107;'
des beifalls lang gehemmte tust
befreit jetzt aller hörer brüst,
so wie der ritter diesz gesprochen.
ScHiLLKR kämpf mit rf. drachen t. 254;
wenn es (das wort) nicht aus der seele dringt,
und mit urkräfiigem behagen
die herzen aller hörer zwingt. Göihe 12, 36.
bezogen auf die academischen zuhOrer, Studenten : heute abend
feiern die hörer der medicin an der Wiener Universität ein
solennes fest. Frankf. joum. vom 17. märz 1871 ;
prinzen und grafen sind hier von den übrigen hörem gesondert.
Schiller 1,340 Kur: (xen. no. 188: •hörsäle auf
gewissen unirersitäten^).
auch nach hören II, 4 anhörer und richler von klagen und be-
schwerdcn: so versprechen wir ... ine des zu aller tzit jt
rechter hörre {fitr hörerc) und wehre zu sin. Lesnep lands.
2, 104 {von 1 176).
2) im bairischen Sprachgebiete hörer ein lässiger, träger mensch.
ScBM. 1,1155; kärntnisch hörar armer tropf. Lexer 144; tirolisch
hörer, armer bedauerlicher mensch. Fromm. 6, 154. vol zunächst
an hören = außüren, ablassen {oben sp. 1812) anlehnend.
HÖRERIN, f zuhürerin: nachdem ich . . meine erzählung
vollendet, . . sah ich meine hörerinnen . . von meiner selt-
samen darstellung aufs äuszerste verzaubert. Götue 26,5;
ein mädchen, . . meiner lieder hörerin. Klopstock 1,50;
so klagte die hörerin Jesus (Magdale). 5, 123;
und die hörerin hört entzückt nach der stimme Benonis. 185.
HÖRERKREIS, m. *reis von xuhörern: er hielt einen Vor-
trag vor einem gewählten hörerkreise.
HÖRERSCHAFT, f gesamtheü der zuhörer: {auf einem bilde,
unter Jungfrauen, links ein jünglimj mit der flöte), auf ihn sind
viele blicke gerichtet, wohl die hälfte der hörerinnen scheint
ihm zu vertrauen, von ihm angezogen zu sein, aber an der
andern seile hat sich ein faun unter die njinphen gemischt,
er zeigt eine vielrohrige pfeife . . . auch mag er sich wohl
die hülfte der hörerschaft gewonnen haben. Göthe 39, 193 ;
gleich jenem tragiker, der nur einen zuhörer zum vorlesen
seines trauerspiels fand, und ausrief: dieser einzige sei ihm
eine glänzendere hörerschaft als das ganze volk von Athen.
RiEHL culturqesch. nor. 244.
HÖRFEHLER, m. fehler der beim hören gemacht wird: den
sprachgelehrten ist es längst bekannt, dasz bei Verbesserung
alter manuscripte manchmal bemerkt wird, dasz solche dictirt
worden und dasz man daher auf hörfehler, woraus die Schreib-
fehler entstanden, aufmerksam zu sein Ursache habe. Götbk
45,158 {mit der Überschuß: hör-, schreib- und druckfebler).
HÖRG.ANG, m. anditorius meatus, sonst gehörgang : der hör-
gang ist so eng, dasz man kaum den kleinen finger hinein-
stecken kann. Brebm illusir. thierleb. 2,868.
HÖRGEFÄLLIGKEIT, f.: minister und kabineträthe habe
genug . . . seine {des ßrsten) hörgefalligkeit in anspruch zu
nehmen. J. Paul dämmer. 99.
HÖRIG, adj. 1) unterthänig, eigen; eigentlich nur zu einem
gute gehörig, vom herm desselben abhängig {vergl. hören 11,6
sp. ISll), und in diesem sinne scheint das wort seine rechte heiniat
im niedern Deutschland gehabt zu luiben, oberdeutsch ist vielmehr
gehoerec, aJid. gahorig, subjectus, obediens. Graff 4, 1008 : daj
ich dir hold pin, N. demo piscophe, . . kahorig enti kahengig.
Mt;LLE>H0FF u. ScBERER s. ISO; auch hofhörig, vgl. oben sp. 16S1.
die friesischen gesetze verwenden die formet heroch and hanzoch
häufig, RicHTHOFEx Sil'. Das wort kann nicht über das 14. 15.
jahrh. nachgewiesen werden (Grimm rechtsalt. 310), ist aber von
neueren allgemein für das Verhältnis der loseren, sich dem stände
der freiheit nähernden knechtschaß im allen Deutschland ver-
wendet: der grenzstein, woran sich der hörige mann (litus
oder lito) von dem eigentlichen leibeignen (homine proprio)
scheidet. Moser patr. phant. 3, 179 {der aufsatz handelt '■von dem
wichtigen unterschiede zwischen der hörigkeit und knechtschaß');
hörige oder leibeigne leute bedurften aber so wenig eines
Schutzes, als sie anfangs in einer kriegsrolle stehen konnten.
osn. gesch. 3, 81 ; der hörige den sein herr am festläge zur
arbeit zwingt, soll frei sein. Dahlmax:« ddn. gesch. 1,164;
patronus und matrona sind bausvater und hausmutter, für
kind und gesinde, und ihre hörigen, die dienten ; denn diese
Übersetzung ist buchstäblich {nämlich von cluere). Niebubr
1,359.
2) hörig schweizerisch wie fertig, zu ende, unpersönlich ge-
braucht: es ist hörig. Tobler 274'; hörig genug Stalder2,55.
vergl. hören II, 10 sp. 1812.
HÖRIGKEIT, f. nach hörig 1 : die rechte der deutschen
hörigkeit. Moser jAant. 3, 180 ; der unterschied zwischen der
hörigkeit und der knechtschaft. ebenda; als das band der
hörigkeit . . sich gelöst hatte. Niebcbr 1,455. niederdeutsch
hoirichgheit aus einer Jülichschen urk. von 1437 bei Haltads 957.
HORIZONT, m. gesichtskreis , dem griech. ö^i^tov entlehnt,
nicht vor dem 17. Jahrhundert : endkreis, finito\; alias horizont
Stieler 946;
madam stand unbeweglich da,
als, fern am horizonte,
sie die geschwoUnen segel sah. Höltt 30 Halm;
am fernen horizonte
erscheint wie ein nebelbild
die Stadt mit ihren thürmen. H. Heine.
bildlich: euer Schönheit, welche weit, weit über den horizont
der Vollkommenheit gestiegen. Schcppics 550;
sein trüber sinn erzeugt nur wölken, die,
ach! meinen horizont so oft verfinstern. Göthe 9,251.
frühe schon auf den geistigen gesichtskreis gewendet: ich war ein
knab von 15 jähren, als ich auf Universitäten kam, und nichts
hörte als von darapti und fclapton, von dem collegio conn-
imbricensi, von dem Ruvio, von dem Suaretz. es stiegen
diese logische beiden ein wenig über meinen horizont. Schcp-
pios 816; die bestimmung des horizonles unserer erkennt-
nisse, unter welchem die angemessenheit der grösze der
erkenntnisse mit den fähigkeiten und zwecken des subjectes
zu verstehen ist. Kant 1,36.^; sobald sie {ideen) aber ganz
über ihren horizont waren. Göthe 18,169; den horizont meiner
geistigen wünsche. 25, ISS.
Beim maier heiszt horizont der theil des gemäldes, wo die
erde, wie in der natur, anfängt, unsern äugen die fernere weite
dft himmels zu verbergen. Jacobssos 2, 285' ; bei den bergleulen
lU*
1815
HORIZONTAL — HÖRN
HÖRN
1816
die etage, sohle, und auch die gesamtheit der in und beziehungs-
weise über einer sMe befindlichen grubenbaue. Vkitii hergicürler-
buch 2:5.
HORIZONTAL, adj., wagrecbt, wassergleich, mit dem schein-
baren oder wahren horizont des orles parallel laufend. Jacobsson
6, 115*. davon Zusammensetzungen wie horizontallläche (Bürger
134*). horizontallinie, horizonlalplan, horizontalwage «. a.
HÖRKRAFT, m. kraß, vermögen zu hören: im alter schwinden
vielfach hör- und Sehkraft.
HÖRKREIS, «1. kreis des gehörs, soweit rings die fdhigkeit zu
hören gehl: so weit mein eigener hörkreis reichte. Campe
vorrede zum wörterb. l,iv; bei Göthe für hürerkreis: wobei
(bei erzählung von mdrchen vor kindern) icjj den groszen vor-
theil hatte, dasz kein glied meines hörkreises mich etwa
zudringlich gefragt halte, was denn wohl daran für Wahrheit
oder dichlung zu halten sein möchte. 26, 2h0.
HÜRKL'NST, f kunst zu hören : Walt, der Vults murrsinn
blos seiner unkünsllerischen hörkuust zuschrieb. J. Paul
ftegelj. 2,89.
HORLE, f bremse, hummel: asilus horle l. hummil. voc.
Vratisl. manusc. sec. 15; horle, honiyl Dief. nov. gloss. 37';
sonst auch asilus herle Dief. 54*. der name uol wegen des
summenden /luges, vgl. unten hurr unrf hurliburli ; auch horlitze.
HORLEI'IJTZE, f für schlag oder stosz: thut dir es weh!
wie wird dir denn , wenn ich dir so eine horleputze im
nacken gebe? (schlägt ihn). Chr. Weise unvergnügle seele 99.
HÖRLICH, adj. audiens, percipiens, cognoscens auditu, auritus,
neben hörend Stieler 858, der auch das compos. scharfhörlich
gleichbedeutend mü wolhörend gibt, sonst aber ist hörlich hörbar,
wie aus der folgenden adverbialform hörlichen hervorgehl: dasz
alle ihre red schier köstbarlicher geacht wurden, denn hett
es gott selbs hörlichen gesagt. Fronsperger kriegsb. 1, 174'.
HORLING, m. hOrer, der zu hören hat: wiegt hingegen {beim
Unterricht) die thatsache vor, so sinkt wort oder name unter;
daher ich oft bemerkte, dasz knaben oder hörlinge gerade
desto schwerer die heldennamen alter griech-römischen ge-
schichte behielten , je feuriger und umfassender diese ihnen
in die seele gespiegell wurde. J. Paul Levana 3, 123.
HORLITZE, HÖRLITZE, f l) die hornisse, vespa crabro.
Nemnicb gibt horlitze und horatzel, nach Kehrein 201 ist die
letzlere form coblenzisch ; crabro hornausz, horlitze Golii ono-
masticon (1582) 305; und wie kompts dann, dasz man .. sie
{die mönclte) abtreibt wie die immen die horlitz, oder weffzen
vom waben und honigrat. Garg. 245".
2) horlitze, hürlitze auch cornus mascula, vgl. sp. 1112 unter
herlitze. der name ist auch weiter zu horlske verstümmelt.
RCdiger neuester Zuwachs 2,85.
HÖRLOS, adj. oime gehör : hörlosz werden, die gehörd ver-
lieren, umbs gehörd kommen, obsurdescere Maaler 228'; ge-
schieht in wie den glocken, die jederman zu der predig
rufen, und sie selbs höilosz auszer der kirchcn bleiben.
Acricüla spr. 351';
der durchaus Ist worden hürlos. Meiissus ptalm. Q5'.
HÖRN, n. curnu; goth. haürn, sonst gleichmäszig in der form
hörn über alle germanische dialckle verbreitet; das geschlecht ist
gewöhnlich das neutrale, nur ags. und fries. männlich, eigen-
Ihumlich findet sich aber auch im nhd. der hörn, s. unten no. 12.
— hörn, dem lat. cornu, und griech. xe'^as urverwandt, be-
zeichnet
1) das hörn an der »/trne der sehafe, liegen, rindcr und ähn-
licher thiere, als ein nur einfach gekrümmter oder gewundener
ragender auswuehs; der gegliederte an den hirscharten wird als
geweih unterschieden, doch nicht durchaus, vergl. hirscbhorn 1
tp. \XT: ein dier heilet autula, da; . . . bebet vil wassiu
(scharfe) boren unde vile langiu, unde alle die zuoge, die imu
widerstänt ao slneiTio loufte, die segut e; abu mit dcro wasst
sinero home. MOllbkuuff u. ScHEhta no. 81,9; einen fulen
ochsea mit offgeracbten bornern, weisth. i,4y*i (v. 1338); sabe
öoeo wider binder im, in den hecken mit seinen hörnern
haageo. l Mos. 22,13; ein farr, der hOrner und klawen hat.
p*. M, 32; ein groszer roter drach, dir hatte .«ieben heubtcr
und zcben hörner. u/fenb. 12, 'i; »-in starker stier zersplitterte
mit seinen Lurneru, indem er »ich durch die niedrige stall-
thflre drängte, die obere pfoste. Lehirc 1, U3;
Dm;.
die ..<.
1. 31
da droben im gbirg die wilden ziegen,
wenn ich eine bcin hörnern thu kriegen,
fass mit dem maul ihre vollen zitzen. Göthe 13,80;
wenn der csel hörnrr bette, das ist, wcre ich fürst zu Sachsen
d. Carlstadt sollte nicht vertrieben sein. Lcther 3, 105'.
2) auch der teufel wird mü hörnern versehen gedacht, was nur
eine abschwächung seiner Vorstellung in bocksgeslall ist, vgl. Grimm
mythol. 946. 947:
wann wir (trufel) uns schon erzeigten greulich
mit klogcn {klauen), hörnern gar abscheulich.
Fischart dicht. 2, 243, 5C Kurz;
auch die cultur, die alle weit beleckt,
hat auf den teufel sich erstreckt;
das nordische phantom ist nun nicht mehr zu schauen-
wo siehst du hörner, schweif und klauen? Göthe 12, 127.
3) auswüchse von hornähnlicher form an kopßheilen bei menschen
und thieren heiszen hörn : so ein krankhafter fleischiger auswuehs
an der menschlichen stirne, schweizerisch. Tobler 274*; auch eine
beule. Stalder 2,55; der hornartige theil über der nase des nas-
horns; der zahn des Narwals, monndon monoreros, vgl. Nemnich
3,595; beim pferde eine vom Stirnbeine ausgehende erhebung ; bei
verschiedenen fischen eine hornfürmige Verlängerung am köpfe,
vgl. hornfisch. endlich bei insekten die aus dem köpfe hervor-
ragenden fitliler, vgl. die ausführliche darlegung unter fühlhorn
theil 4*, 418.
4j hörn, der träger von hörnern, das mit einem hörn oder mit
hörnern versehene Ihier selbst; vgl. einhorn, nashorn; krumm-
horn, eine kuh mit krummen hörnern, theil 5, 2464 ; vgl. englisch
shorthorn, ein mit kurzen hörnern versehener rindviehschlag ;
und es gilt hörn synekdochisch geradezu für rind:
ein boden voll körner,
ein stall voll hörner.
Wolfs zeitschr. 3,410. Froh«. 6,517;
herr Ulrich hats vernommen : er ruft im erimmen zorn :
in eure Stadt soll kommen kein huf (pferil) und auch kein hom.
IJhlasd ijed. 363.
5) sprichwörtliche redensarten lehnen sich an hörn m der be-
deutung 1 an.
a) man faszt einen stier bei den hörnern, wirft ihm das seil
über die hörner, um ihn zu fesseln und wehrlos zu machen;
daher: weil die worte so gut waren, liesz ich mir wieder
das seil an die hörner werfen. Schweinichen 3, 105;'nachbar
thuls nicht, lasset euch nicht das seil über die hörner werfen.
Scriver Seelen seh. 2, 3b2; bis ihm eine unbesonnene den strick
über die hörner wirft. Lessing 7, 153 ; aber diese ehrlichen
männer müssen nur andern ehrlichen männern nicht auch
den strick um die hörner werfen wollen, mit welchem sie
an die krippe gebunden sind. 10, 136;
man hat mim strick an dhörner bracht. H. Sachs 1, 517»;
gott gibt einen ochsen, aber nicht bei den hörnern. Schottel
1119*. — einen stier bei den hörnern packen heiszt auch gerade
und ohne Umschweife auf ein ziel, ein vorhaben in der rede los-
gehen.
b) man bietet die hörner, wie der zum kämpfe bereue stier;
die hörner gegen eim keeren und bieten zestüchen, rornua
obvertere alirui Maaler 22S'; vgl. schweizerisch enn ofs hörn neh,
mit einem fechten, einen sticheln, auf das körn nehmen. Tobler
274*; hörn gewinnen, mutig werden: ein iel lieber verzagter
der gewan do hörn an der stirn und gabent in das spil
gewunnen. d. städtechron.3,H2,2l; man setzt die hörner auf,
rüstet sich zu widersprach und streit: weil sie {die gottlosen) ire
hörner aufgesetzt haben, und wider Christum nicht aufhören
zu toben. Lltuer 4,357*; {hofleute) betten in {den churfürsten
von Sachsen) gern geregirl, so setzt er doch seine hörner auf,
und lies keinem gut noch recht sein, der im raten wolt.
fi, 140*; auch mutvoll, übermüthig machen:
nun will Ich in als (nllr>) li>id ergeiien,
die hftrniT dem esel aufsetzen,
und will im jucken .sein ohrn,
das er inriut kudreck sei ücbmtli wom.
H. Sachs 2, 4, 30*.
vgl. aufsetzen J, th. l, jp. 736.
r) einem die hörner schaben , ihn am kämpfe hindern, wie
man dem stier das stoszen verwehrt, dadurch das: man ihm seine
hörner weich srhal'l : aber es sollen im die liörner geschabt
werden, da er nicht wirt aufhören. Llthfh tischrtd. 277*.
d) in wildem trrilien stöszt, liiufl, rennt mau sich die hörnrr
ab: wenn sie . . die hörner abgeworfen haben, werden sie
tichitn vr)n sich sellwten geschmeidig. .Srnor« s/urf. leb. K ;
wenn sie die hörner etwas würden abgelaufen haben. Chr.
Weis« ersn, 150; er müsse erst ein wenig in der «eli die
1817
HÖRN
HÖRN
1818
liörner abgelaufen haben, eh er an eine fraii denke. Schhöder
dram. werke l, 201 ; er {der junge graf) soll da dem schwä-
bischen bunde dienen , und die tollen hörner sich ablaufen.
Arnim kronenw. 1, 407 ;
Tielleicht wenn er die hörner nu
bas ablauft, wird er noch gut thu. Wiitbl Zelotypia E4';
ein ältlicher Student,
der sich bereits schon längst die hörner abgerennt.
Rost cenn. ged. (1769) s. 67.
e) etwas auf die eigenen hörner nehmen, eine last, arbeit:
es ist auch in der that besonders , mit einem stolzen ich
anzufangen, und alsdann die musen anzurufen, nachdem man
schon alles auf die eignen hörner genommen hat. Lessing
3, 316 ; damit ich jedoch (bei einer kritischen bcmerkung) nicht
scheinen möge, alles auf meine eigene hörner zu nehmen.
8,486; was kann mich aber in aller weit bewegen, eine solche
last auf meine hörner zu nehmen? MüsEn patr. phant. 2,95;
es sind nur leute, die andern etwas auf die hörner geben,
und selbst nichts tragen wollen. 71.
6) Umschreibung für das anlhun einer ehelichen unbill ist
einem hörner setzen, difse redensart scheint die unverstandene
erinnerung an eine im miltelalter rerbreitele, auch poetisch dar-
gestellte erzählung zu enthalten, nach welcher der Zauberer Virgilius
SU Rom ein erzbild gefertigt habe, das jeder wegen untreue an-
geklagten frau , die ihm die finger zum schwüre in den mund
legte, dieselben abbisz; die untreue der frau selbst aber ward an-
gezeigt, indem ihrem manne ein hom aus der slirne wuchs:
Filius ein erzine; bilde gemachet hat
mit sinre kunst al da ze Röme in der stat:
daj bilde da; trelp wunders Til mit zornberät.
swer üf dem bild meineide swuor, e; bei; ira abe die vinger,
swelch frouwe ir e zebraeh, als balde e; was geschehen,
wie schier da; an irs mannes stirne wart ersehen!
im wuchs ein born, des wil ich in der wärheit jehen.
Kolmarer meisterl. no. 55, 14 ;
Germania 4, 237 ist aus dem 14. jahrh. eine andere poetische
bearbeitung derselben sage mitgetheilc :
die keiserin des nicht enlie;, si prach ir wiplich £re.
mit einem ritter da; geschacb:
alsä zehant man an dem keiser wachsen sach
ü; sinem houbt ein hom, das muot in sÄre. v. ITff.
es scheint auch an die erwähnte erzählung anzuklingen, wenn es
von falschen liebenden heiszt:
ich gunde in innecliche wol ^
"* da; si mit einem hörne
an ir tinnen vorne
bekumbert iemer müesteo wesen.
MoNK anzeiger 4,320 (13. jahrh.).
nur entartung des ursprünglichen viag es sein, wenn später statt
eines horns deren ein paar, oder wol ein geweih erscheint {vergl.
unter kröne Iheil 5,2378):
wer Irden mag das man in göich,
oder man in die schQch im seicb,
oder setzt hörner uff die oren,
der hat ein reigen mit den doren.
narrenschiff von Zamcke s. 34 nole;
wann ihn dann jemands vexirte , dasz er mit der zeit wohl
hörner kriegen dörfte. Simpl. 3,34 Kurz; als Mars den Vul-
canus mit hörnern kröhnete. polit. stockf 300 ; Liebetraut, nun,
gnädige frau, was verdien ich? Adelheid, hörner von deinem
weihe, denn nach dem zu rechnen, habt ihr schon manches
nachbars ehrliches hausweib aus ihrer pflicht hinausgeschwatzt.
GüTHE 8, 59;
vorweilen mahlet man den göttern hörner an,
die giebt dir ilzt dein weib. A. Grtpuius 1698 2,475;
was dame sei, und denn was dama, wird verspüret,
das jene hörner macht, und diese hörner führet.
LocAU 1, 2t ;
ein Junker, der nach Junkersbrauch
dem kutscber Ruhbart hörner setzte. Borger 102\
vielleicht hiervon leitet sich hörn als zeichen eines nur albernen
menschen :
ist es nicht eines blöden bims j
und eines hasenkopfs merkzeichen,
der wohl wehrt eines langen horns,
und gar nicht wehrt mit uns zu zechen? Weciheriin 534; !
born, bairisch, scheltbenennung für eine junge {unerfahrene) person
des andern geschlecläs im sinne von tardi ingenii oder eigensinnig.
ScHM. 1, 1164 Fromm. i
7) die bibelsprache braucht das hörn als symbol der üärke: \
der herr wird . . macht geben seinem könige, und erhöhen
das hurn seines gesalbten. 1 Sam. 2, 10 ; mein herz ist frölich
in dem heiru, mein hom ist erbüLel in dem heim, t-, i;
er hat alle hörn Israel in seinem grimmigen zorn zubrechen.
klagel. Jer. 2, 3 ; er hat den feind über dir erfrewet , und
deiner Widersacher hörn erhöhet, v. 17 ; zur selbigen zeit vril
ich das hörn des hauses Israel wachsen lassen. Hes. 29, 21 ;
und danach bei dichtem, die ron der bibelsprache beeinfluszt sind :
auch jener hohes hom,
gewalt, heerzug und zorn,
ist nu dahin, zerschlagen und vernichtet.
Weckherli^ 81 ;
und dein schwert mit gerechtem zorn
wird deiner hässer stolzes hora
zerbrechend gar vernichten. 84.
8) namentlich wird gntt und der Messias hörn des heils
genannt: gott ist mein bort, auf den ich trawe, mein schilt
und born meines heils. 2 Sam. 22, 3 ; hat uns aufgericht ein
hörn des heils, in dem hause seines dieners David. Luc. 1,69;
(den herrn) der unsre freiheit nicht hat länger aufgeschoben,
und uns ein hom des heils in Davids haus gemacht.
A. Grtphics 169S 2. 437 ;
dich, 0 hörn meines hails, ruf ich an in gefahr
>VKCEHERLin 59.
mit beziehung auf die bedeutung 9, d unten : dises {das comu
copiae) ist ein ertichtetes hörn, Christus ist ein wahres hörn
des heils. Bctschkt kanzl. 601.
9) dos born, innerlich hohl, wird als gerät gebraucht: fülle
dein born mit öle. 1 Sam. 16, 1 ; (goldtinte zu machen) thue
das gold aus dem glas, und thue" das in ain boren, kochbuch
in Haupts zeitschr. 9, 369, vgl dazu dintenhorn theil 2 sp. 1182,
und als gerät in hornform dann auch von metall nachgebildet.
So namentlich
a) hörn, blashorn {vergl. golh. |)uthaürn):
so da; himilisca hörn kiblütit wirdit. Muspitli 73;
ich schell mein born ins jamertal. Udlaj^d volkst. 481 ;
und wenn man des halljars hörn blesel. Jos. 6, 5 ; man bläst,
stöszt, tutet ins hörn, namentlich als signal ptr eine drohende
gefahr, oder zum sammeln :
ee einer tüten mocht ein hom (signal geben konnte).
hett ich sie baide sant verlorn, fastn. sp. 544, 10;
0, dasz ich durch die ganze natur das hörn des aufruhrs
blasen könnte, luft, erde und meer wider das hyänengezücht
ins treffen zu führen ! Schiller raub. 1, 2 ; ein nachtwächter
(tritt auf und stöszt ins hörn), feuo-! feuer! H. v. Kleist
Käthchen von Heilbronn 3,7;
steigt auf die hochwacht, blast in euer hom,
dasz es weitschmetternd in die berge schalle. Teil 5, 1 ;
da schallt mit scharfem stosze das wächterhorn vom thurm :
wohlauf, wohlauf, ihr scbläferl das hora verkündet stürm.
Uhland ged. 361.
im Orchester werden die hörner nach dem ton unterschieden, in
dem sie stehen : c-horn, d-horn u. s. w. ; ein allegro aus dem
e-moll, mit der nehmlichen inslrumentenbesetzung des vorher-
gehenden, nur dasz e-hörner mit g-hörnern verschiedentlich
abwechseln. Lessing 7, 123. man unterscheidet von dem gewöhn-
lichen Waldhorn das klappenhorn , ventilhorn , das englische
born, eine Iwboenart; vergl. auch alpborn, Jagdhorn, posthorn
u. dhnl.
b) sprichwörtlich in ein hörn, aus einem hörne blasen, das
nämliclie wollen, übereinstimmen {vgl. auch blasen th. 2 sp. 68) :
er blaset mit Theophilo ausz einem born : man musz den
Ihon änderen, alam. technol. interim 267 ; sie blasen nicht mit
ihnen ausz einem born. 556; regen und wind würden mit
hitze und kälte in ein hom blasen. Butscbky Patmos 661 ;
jedoch, da alle meine Widersacher . . . fast immer einerlei
liedlein mir vorgeleiert haben , so bin ich . . beinahe keck
genug, zu glauben, dasz auch er in das nämliche hörn ge-
blasen habe. Bürger 175'; aber wenn sie nicht das übel
ärger machen wollen, müssen sie jetzt in mein hörn blasen
{bestätigen was ich gesagt habe). F. Lewald Stella 5.152;
Rom, das vorhin zu rasen
gewohnt war, lernt numehr in andre hörner blasen,
die wöllin wird zum lamm. Lobknsteim Cleopatra 34,30.
f) hom , Irinkhorn , ist schon altgermanisch : amplitudo cor-
nuum {des urs) et ligura et species multum a nostrorum
bouin cornibus differt. haec studiose conquisita ab labris
argentu circumdudunt atque in amplissimis epulis pro poculis
utuntur. Caesar bell. Galt. 6,28; später namentlich im altnor-
dischen bezeugt, vgl. Vigflsson 279*; die mitnachlische Völker
hielten die lioiner vom wilden ochsen so hoch, dasz niemand
ausz denselben als allein die vorneuibst herren trinken dOrfea.
1819
HÖRN
HÖRN
1820
IM. Lugd.i,U6; und danach ins neuhochdeutsche übernommen:
ein volles hörn, jüngling! Klopstock 9, IS'J; dn schollen die
Inaiillieder, die hörner gingen herum. 192; bringt ihm ein
volles hörn, noch cinsl bringt mir auch eins, trink I 256;
auf erhöhter stelle (in der feslhüttc eines sängerfesles), wo die
lu preisen und festgeschenken bestimmten schaalen und
börner in gold und Silber leuchteten. G. Keller leute von
Seldiryla 4, IM.
rf) hörn, fruchthorn, füllhorn, vergl. theil 4*, 5p. 274.517, uo
auch ein beleg aus Scbottel für einfaches hörn;
schon seht ihr den triefenden herbst mit leerem fruchthorn ent-
Aveichei). Kahler 1. 12;
was dem glfibenden stralil Afrikas boden ge'biert.
was Arabien kocht, nas die äuszeiste Thule bereitet,
hoch mit erlreiiendem gut füllt Amalthea das hörn.
Schiller fpaz^ergang v. 120;
und mit dem bang ersehnten körne
und mit den lang entbehrten wein
brir(,- uns dies jalir in seinem hörne
das alte gute recht herein! L'bland ged. 97;
hast du aus deiner fülle hörn
etwa gleich Hatto, jenem allen,
zu melil und brot das theure körn
dem mund des Volkes vorenthalten?
Frkilicratu dicht. 3, 104.
10) hörn, als kopfschmuck , entuedcr aus wirklichen hörnern
bestehend, oder solchen aus mclall nachgebildet, so auf den helmen
des mitlelalters :
eins bockes houbet schöne stuont
mit eimc gehürne guldin
uf dem riliclicn helme sin.
K. V. WBrzbürc turnei 185 Barisch;
»in heim was mit rwein hörnen
gezieret wol in fursten wis,
diu lübten beide silbergris
und heten schöne sich gebogen. 48S.
als kopfpull der frauen, und hier uol von haaren und bdndern
nachgebildet {vergl. auch hörnermütze): meldet er, dasz die
frawen, die also hörner und geschew auf iren häuptern
trügen, dem teufe! nicht ungleich, der auch solcher niasz
gehörnet werc. buch d. liebe 289'; da tritt dann frau Venus
herein, mit vsohl aufgchulztcm köpfe, mit aufgelegten huschen,
mit auf der seilen aufgebundenen hörnen, mit gelben braunen
blauen grünen schwarzen weiszen baarQecbten. Phil. Lugd.
5, 2S: ;
wicklen vil budlen in die zöpf,
grosz hörner machen ufT die köpf,
als ob es wer ein groszer stier.
Urant iiaiiciisch. vorrede 120, tgl. datu i. 300'.
die bi^rner des Bacchus waren keine natürliche hörner, wie
sie es an den fautien und satyren waren, sie waren ein
stirnschmuck, den er aufsetzen und ablegen konnte. Lessing
6,431.
11) hörn gehl auf den stoff des hnrnes, icie er namentlich zur
Verarbeitung seitens der handuerker dient : der drechsler arbeitet
in hörn und in bolz; eine pfcifenspilze von hörn; biicher-
einband von hörn ; messcr mit einem griffe von hörn ; Intern
. . mit fcnslern von glas oder hörn . . versehen, öcon. lex. 1367.
12) hörn, hciszt so auch die hornartige enlarlung der mensch-
lichen haut, namentlich an händcn und füszen: hörn an bänden
bekommt man von schwerer hondarheit;
die aber in banden tragen hörn,
leind in ziiclit und keuscbheit geborn,
trinken wass«r, essen schlecht speisz,
arbeiten gern darzu mit flcisz.
AtRKB fdstii. sp. 50" (2587, 25 Keller).
horn ist ferner derartig hartes am lliierischen kOrper, z. b. die
masse uoraus die schale der schildkrOte, die schuppen des kroko-
dtls, der Schnabel des rogcis besieht; ebenso der huf an säuge-
thieren: horn wird auch der iluszerstc theil an dem fusze
eine.« pferdes, escls oder mnulthicres genennet, v»e!cher sonst
der huf heiszct. Ocon. lex. Iü78. hier braucht Skdiz horn als
masc.: so inen {den rindern) ir horn entweders gespalten
oder gescbifert ist, soll man inen daselbs zuvor mit Wein-
essig . . bücn , . . oder man ni;ig im die fessel , oder die
geicicb unten am fusz damit . . schtnieren, solchs erweicht
und crmiliert den horn, und nimpl die schrunden hinweg.
feldb. 130; so sie {die schafe) von wegen erweicbung dest
borni . . hinken oder nicht wol gebn mögen, so soltu inen
den born an der spitze, der am meisten verlirbl, abschnei-
den. 142.
horn, krankkeü am pferde : et geschieht oft datz dem pferd
das fleisch auf dem ruclieti, so ddMibst vermehrt genesen,
hart wird, als ein horn, von wegen dise krankbeit auch das
horn genendt v^ird. Seutkr rossarzn. 417.
13) liorn, uegen ähnlichkcit mit der hornmasse, der hornstein,
petrosilex. Jacorsson C, lis'.
14) hörner des mondes, cornua lunae, die spitzen des mondes
im ersten und letzten viertel: vergl. lat.
tertia jam lunae se cornua lumloe complent.
Vinj. aen. 3, 645 ;
mhd. das diu mininne chrump wirt unde chleine,
also si an daj niu gät,
unde iewederen halben ein horn hat.
DiEMER ilettlsche <jcd. des 11. u. Xi. jh., 341,2.1;
nhd. der bleiche monde hat eilfmal erst abgenommen,
und neue börner kriegt. Opitz 1,31;
wenn . . Cynihie dreimal mit vollem angesichte
und wider noch dreimal mit neu enistecktem lichte
(nicht länger bin ich frist), der horner namm erhöht.
A. (iRTPHiLS 1G98 1, 249.
15) schweizerisch horn ein spitziger fels auf einem hochgebirge.
Stalder 2,55; horn beiszen sie hier (im ßerner oier/and) den
höchsten gipfel eines felsens, der meist mit schnee und eis
bedeckt ist und in einer seltsamen borngestalt oft in die
luft steht. GöTHE an frau von Stein 1,255. dann auch ein
vorgehrge, eine landspüze, die gegen das wasser abfällt oder sicli
weil ins wasser hineinzieht: sunst sind vil andere hörner und
Jandspitzen an beiden obern und undern see, die aber gemein-
lich mit Zunamen underscheiden werdend, als Rommiszhorn,
Nunnenhorn, Argenhorn. Stumpf 2,68'. in anderm sinne bei
Wieland:
nun eilie sie, beim ersten morgcnroth
dem berge zu, den ihr der geist beschrieb,
fand den erwünschten bach, und ging so lange
mit froher liucht an seinen hörnern fort,
bis sich die klippe zeigte, wo er sprudelnd
aus einer ritze quoll, supptem. 2, 191,
er scheint hier das felsig-zackige ufer des baclies zu meinen.
16) überhaupt bezeichnet horn etwas von horndhnlicher form,
in der manigfachsten weise.
a) biblisch hörner des ailars, hornförmige ecken desselben:
börner sollu auf seinen vier ecken machen, und soll in mit
erz überziehen. 2 Mos. 27,2; er macht auch den reuchaltar
von foern holz .. zwo eilen hoch, mit seinen hörnern. 37,25;
gieng hin und fasset die hörner des aitars. ikün. 1,50; bis
an die ort oder ecken, die da des aitars hömer heiszen.
Luther 5, 69*.
b) die seitlichen enden einer leier:
kan bei der leier wohnen,
die vormahls wild und wald beweget und gerührt,
itzt desz gestirnes schar mit ihren hörnern ziebrt.
Opitz 3,314.
f) andere hornförmige theile an geraten und gegenständen; so
hörner eines amhoses, spitzen an der seile, um darauf rühren
von melall zu bilden. Jacobsson 2,286'; horn jede spitze des
sperrhorns der schmiede; im bergbau der äuszere und obere theil
über dem knie des haspelhorns am göpel; an den Salzpfannen
jede ecke: jedes horn oder ecke der pfannc. Hondorf beschreib,
des salzwerks zu Halle 59; in der baukunst die verschnittene ecke
der platte eines kapitäls; bei den holzarbeitern die beiden zapfen
am handsägengestcll, worin das sägenblatt befestigt ist und gestellt
werden kann; börner die sterien des pfluges, die obren an einem
rammhockc ; börner des kummets die zwei krummen, oben etwas
breiten, unten aber schmäler und geschweiflen stücke holz. Jacobsson
6, 117*. auch ein gewisses horn förmiges gebdck heiszt horn. Frisch
1,468'; hörner am segel, die duszersten zipfel der segei 40S';
hörner, die arme des kreuzes ; cornu horn i arm des cruces
UiKF. 152'; endlich em theil der fesseln eines gefangenen: stark
geknebelt wurd« er {ein rduber) beute hier eingeliefert und
mit kellen und hörnern bel.islet. Frankf Journal 1868 no. 23'J.
(/) born, wahrscheinlich auch der schröpfkopf. vgl. Senn. 1,1164
Fromm, und unten hörnlcin.
e) börner, die flügel eines kriegsheeres :
nii-in linkci hiro rerstiesz l'ompejens ganze macht.
l.oHifiSTKiN Ctropalia 8,245;
ulf Cnstiut geschlagen
von inciiK'Tii ) ri- ward, da macht Augii»! ticb krank
und ilriiiu« srhjiig sein hurn. 2'iO.
bei MtcKNRKHC bezeichnet horn das ende eines halbkreiset: {ein
regenliogen) der het ainen volkoinenn halben krai;, und het
niii born gegen niillem tag und da; ander gegen norden oder
gegen der bimeUpiiz gekiVl. »s, lt.
f\ mederdeutfch horn, hörn ecke, winkel, biege, namenlltch
auch cm uinkel in dem taale ftgtn der Ihüre Übfr^ vitrsaal.
1821
HÖRN — HORNBAND
Schütze 2, 162. vergl. engl, corner vinkel, ecke, cornerhoase
eckhaus.
g) hörn, der aus dem hom der thiere verferligle bogen, vgl.
hörnerkrachen.
17) der plural von hörn lautet in der alten spräche theils hörn,
theils horner, hörner, hürner (Leier 1,1340), formen, von denen
die mittelste sich im nhd. fast ausschlieszlich festgesetzt hat; der
plural hom ist neben hörner noch jetzt bairisch. Schm. 1, 1164
Fromm., in der Schriftsprache aber nur in altern quellen manch-
mal noch gefunden: mit aufgebunden hörnen. Phü. Lugd. 5,2S7
(s. die stelle oben lO). trenn in der bedeutung U ein plural
gefunden utrd {im sinne von hornarten), so ist er in der neuern
spräche die hörne. Weigand syn. wörterb. 3, 1139.
HÖRN, m. monatnamen; groszer hörn Januar, kleiner hörn
februar, in Mitteldeutschland: der Januar führt in Anhalt-
Dessau bisweilen noch den namen der grosze hörn , der
februar der kleine hörn. Fiedler volksreime 99; der kleine
hörn, so nennet der gemeine mann (in Haue) den februar
in gegensatz des Januars als des groszen. Mdiger neuester
Zuwachs 2, 85 ; ebenso im Meininger oberlande. ScHLEicnER volks-
thüml. atis Sonneberg 82 ;
hier wurd ein arm und dort ein bein
mir in der scblacht zerschlagen;
und bats der feldscher gleich geflickt,
mit jedem !;ro$zen tiorue drückt
das flickwerk mich verteufelt. Seuis ged. 131 ;
als neutr. : das kleiue boru spricht zum groszen hörn :
bätt ich die macht wie du,
lissz ich erfrieren das kalb in der kuh.
SiHROCK spricbw. 261.
Der Zusammenhang dieses monatnamens hörn mit dem vorigen
hörn cornu uird angenommen und von dem hornharten froste
hergeleitet, vgl. Weishold monatnamen s. 46. s. auch horner,
horuung.
HÖR.N , bei den schreinern auch für hirn 8, sp. 1557. über
hörn sägen, vgl. Schjj. l, 1163. 1164 Fromm.
HORNACH, m. eine art fahr zeuge :
falleen, fast, kragk, nawen, park,
iel, weidliug, hornacb, rennschiff stark.
Brakt uairenscli. vorr. 16,
vergl. dazu s. 297*. hornacb steht icol für horn-nach und be-
zeichnet ein schiff, dessen schnabel vom in gestalt eines hornes in
die höhe ragt.
HORNACHAT, t?i. ei» achat von wachsgelber färbe.
HORNAFFE, m. l) eine art gebäck, in gestalt zweier anein-
andergeßgter hörner, anderswo in bretzelgestalt. der name, dem
eigentlichen sinne nach dunkel, ist alt: artocopus hornaffe, hornaf,
hornaph, harnaff, harnof Dief. 51'; coliphium hornaffe 131'. es
ist mitteldeutsch, besonders düringisch (ixcoBSSom 2,286'), »neüinücA,
schlesisch (artocopus kreppel i hornoff. voc. vratisl. 1422) ; hessisch
(ViL)iA£ 175), und scheint ehemals auch tiefer nach Süden bekannt
gewesen zu sein, Schm. 1, 41 und 1164 Fromm, hat weitere belege
aus der altern spräche; Frisch 1,469' führt auch die formen
hornap und hornäpgen an, die nicht niederdeutsch zu sän
brauchen, da Stieler 776 der hornab sive hornaff species spira-
rum mense Februarii Erfurti coctarum gibt, bei welcher erklärung
übrigens sogar bezug auf hörn, hornung = februar genommen
lu sein scheint. — Anderswo heiszt diesz gebäck hörnchen oder
hörn, s. d.
2) hornaffe, triangulum, ein zwickel zwischen den fenster-
scheiben. Frisch 1,469' aus Frischlins nomencl. gemeint sind
die kleinen glasstücken, die bei zusammengesetzten fenstem zwischen
den runden mit blei umgebenen butzenscheiben eingesetzt werden;
in diesem sinne schweizerisch der hornaff. Tobler 274'; ein
gemeine scheuben {sollen die glaser einsetzen) umb iij pfenning,
ein gemeine waldscbeuben, ij pfenning. und sollen der kleinen
hornaffen vier, aber der groszen zwo, deszgleichen vier haften,
und denn zwo halbe scheuben für ein ganze gerechnet v*erden.
Heidelberger handwerksordnung 1579 B2'.
HOR.NA.MBOS, hj. ambos mit hörnern (s. hörn 16, c).
HOR.NARBEIT, f. arbeit in hörn, gerät aus hom gearbeitet:
überhaupt musz man den Chinesen vor allen andern nationen
in der hornarbeit den preisz zugestehn. Jacobssox 5, 341*.
HORNARBEITER, m. künstier oder handwerker, der gerät von
hom verfertigt.
HORNARTIG, adj. von art oder aussehen des homes: eine
hornartige masse ; hornarliges Silbererz. Jacobsson 6, 117'.
HORNAUS, 5. bornisse.
HORNBAND, m. büchereinband von pergament, welches durch
cv\ besonderes verfahren Itart wie hom gemacht wird. Jacobsson
HORNBASZ — HORNDÖSCHEN 1822
2, 2S6'; dann auch das so gebundene buch selbst: sie hob einen
hornband de.s Sanchez in die höhe. ThCmmel 3,552.
HORNBASZ, m., dim. HORNBÄSZLEIN, h. in der orgel ein
register von zwei ton, welches wie ein hörn klingt. Jacobssox
2, 286'. das pedal kennt einen nachthornbasz. 3, HS*.
HORNBAUM , m. carpinus betulus, die hagebuche. Nemmcb
2, 895. auch ceratonia siliqua, der Johannisbrotbaum heiszt horn-
baum, bocksbornbauni. 948.
HORNBEIZE, f beize um unansehnlichem hom eine bessere
färbe zu geben.
HORN'BEREITER, m. homarbeüer:
hieraus (aus den hörnern des Steinbocks) hatte der hornbereiter
den bogen verfertigt. BSrger 213'.
HORNBERG, m. hornstein, feuerstein, wegen des homartigen
aussehens auf dem brücke. Jacobssos 2, 28S'.
HORNBESCHÄDIGUNG, f schaden am hufe eines pferdes:
die beschädigungen des fessels entstehen, wenn sich ein pferd
selbst tritt, oder von einem andern pferde getreten wird, sie
theilen sich in die einfache , in die halbe und in die ganze
hombeschädigung. . . die ganze hornbeschädigung dringet bis
auf das hörn ein. Jacobssos 5, 534'.
HOR.NBESCHWINGT, adj. mit schwingen von hörn versehen,
vom käfer gesagt, in bezug auf seine flügelschalen :
der hornbeschwingie käfer. Shakesp. ilr.cb. 3, 2:
the shard-borue beetle.
HOR.NBEWEHRT, adj. mit hörnern als wehr versehen:
so ragt er auf mit hombewehrtem haupte.
Gries Tussok befr. Jerus. 4, 6.
HORIS'BLASEN, n. das blasen eines homes, als signal: nachts
mit einer brennenden fackeln, neben dem hornblasen ver-
melden. Kirchhof discipl. milit. 36.
HORNBLÄSER, m. cornicen, buccinatoi-. .Maaler 231' ; bucci-
nator hornbloser Dief. 83'; in einem fastnachtsspiele von dreien
bösen weü)en heiszt ein teufet Hornplaser und Hornplas. fastn.
sp. 493, 5. 8. jetzt wird die umgelautete form hornbläser twr-
gezogen.
HORNBLATT, n. ceratophyüum, gehörntes blatt, eine pflanzen-
gattung. Nem.mcb 2, 948.
HORNBLEI, n. plumbum corneum, Verbindung des bieis mit
der säure des kochsalzes. Jacobsson 6, 117*.
HORNBLENDE, f. talcun^ corneum, eine grobbkUterige steinart.
HORNBOCK, m. bock mit hörnern, als schimpficort für einen
hahnrei {vgl. hörn 6) : hahnrei, hornbock, actäonsbruder. gefl.
finken 234 ; du hahnrei, du hornbock. 235.
HORNBRET, n. brett für die ecken oder hörner einer Salz-
pfanne (born 16, c sp. 1820): setzen (die satzsieder) mehrentheils
vorne auf die eine ecke der pfannen ein bret (das hornbret
genannt), dasz die kalte luft nicht in die pfanne schlage.
Hosdürf beschreib, des satzwerks zu Halle (1749) 59.
HORNBRILLE, f. brille mit einer einfassung von hörn.
HORNBL'CHE, /. carpinus betulus.
HÖRNCHEN, B. corniculum, nach den verschiedenen bedeu-
tungen von hörn.
1) kleines hom an thieren : die hörnchen eines jungen bockes;
auch kleine fuhlhörner (hom 3): die feinen hörnchen, die die
Schnecke hervorstreckt; im plur. auch hörnerchen:
bald sind die köpfchea (der fliegen) platt, bald sind sie lang,
bald rund,
es zieren selbige bald kleine schwarze zöpfe,
bald hörnercben, die eingekerbt und bunt. Brocees 4, 202.
2) kleines gerät von hörn form; so ein kleines hörrohr: ich
habe, wenn die Witterung kalt wird, einen flusz auf dem
rechten obre, der aber gottlob! su arg nicht ist, dasz ich,
wie mein nachbar, ein hörnchen mit mir herumtragen müszte.
ESGEL 12,216.
3) ein gebäck in form eines kleinen hornes. in der Wetterau.
Kehreis 201; auch in Düringen, Sachsen u.a.
4) nach dem misverstandenen eichhorn, eichhörnchen (vergl.
theil 3,81) haben neuere die ganze gattung hörnchen genannt:
als edelste, weil klügste nager haben wir die hörnchen
(sciurinae) anzusehen. Brebx Hluslr. Ihierl. 2, 62.
HORNDECKE, f decke von hom: einen ganz neuen einband
von gebetbüchern. . . das innere buch ist blosz kartonnirt
und hängt in zwei horndecken , welche halbrund über dem
rücken schlieszen. der arbeiterfreund 1867 s. 164.
HORNDÖSCHEN, n. ; ihrerseits hatte die mutter das päck-
lein frischen Schnupftabak schon geöffnet und . . ihr kleines
horadöschen damit gefüllt. G. Keller leute v. Seldu-yla 4, 239.
1S23
HORNDOSE — HÖRNEREULE
HÖRNERFORM — HORNERZ
1824
HOHNDOSE, f. schnupßabaksdose von hörn.
llOKNDHECHSLtH, m. der in hörn drechselt. Friscb 1,469'.
HOKNDHEHER, «». horndrechslir.
HOUNDL'MM, adj. dumm wie ein hornvieh (vgl. auch schaf-
dunmi): das Iciilscüe honiduimiie puhlikuin. Wielanü j;i Mercks
briefs. 1,402; inzwischen iiuiszte einer, der mir nacbsali, wenn
er nicht horndunini war, zugleich bemerken . . J. 1'aui. lU.
nachl. 4, 87 j warum sind denn al)cr unsere Icute so horn-
duinm gewe£en? Sculeiermacher an Bekker, preusz. Jahrbücher
29, 574.
HÖHNELSPFENNIG, m. Pfennig mit darauf geprägtem jäger-
horn : in dem neuen gesprdch vom jetzigen unerträglichen gelt-
aufsteigen 1C2I {gehallen von verschiedenen miinzsorten) sagt der
dreyhelier oder hörnelspfenning :
ic)i hab mich init ineim jagcrhorn
auch schier ausz teuuchein laad verUhrn.
WsLLER Ziijähr, kneg 146.
tgl. auch hurngroschen.
HORISE.N, HÖRNEN, verb. mit hörnern versehen; nach hörn
sp. 1817 einen hörnen, zum hahnrei machen, vergl. das particip
gehörnt; auch als strafe (hörn 16, c sp. 1820): ferner wird im
reichsabschiede von 1427 verboten, gar keine frauen mit zur
armce zu bringen, in dem vom jähr 1431 aber wird dieses
auf die gemeinen frauen eingeschränkt, wer dergleichen mil-
drächle, heiszl es, soll gehörncl werden. Mösek pAa«/. 1,359.
HORNE.N, HÜR.NE.N, verb. das hörn blasen, gcih. haürnjan,
mhd. hürnen, eine form die auch uhd. noch fortdauert: ze naiit,
alse nien die dirle (dritte stunde) gehürnet bette, d. städtechr.
9,754,13; men hurnde auch keinen Judenbios den ganzen
winler {es wurde in Straszburg jede nacht zweimal den Juden
zum schimpf gebl'jsen). 852,16; es waren hasen in einem wald,
die horten den Jäger hürnen; do erschraken sy. Keisersberg
hdslein (1510) Ccl"; als. . auf der sirasze die geiszeln knallten
und der kubhirl hürnte. Hebel 2 (1853) 101. sonst schweizer.
hörnen auf dem hörne blasen , auch übertragen auf kinder die
weinend ein starkes geschrci erheben Stalder 2, 55, welches letztere
anderwärts trompeten genannt wird ; hessisch hiJrnen : der hirle
hörnt {zum austreiben des viehes). Vilmar 175; ebenso wesler-
wäldisch hürnen: wann der Wächter zehn hörnte {die zehnte
nachlsiunde durch hornruf verkündigte). Keiirei-n 201.
HÖRNEN, HÜRNEN, UÖRNERN, adj. corneus; ahd. hurnin,
mhd. hürnin , hurnin und burnen. im nhd. geht die form
hürnen noch durch das 16. jahrh., wenigstens in den oberdeutschen
quellen: bürnin corneus, hürnin und bcrt wie hörn werden,
cornescere, bürniner scbnabel, corneum roslrum Maaler 232*;
Octavius hat das thier mit einer hürnen iiascn , naszhorn
genannt, in seinem triumpb cingefürt. Reiszner Jerus. i, 1H' ;
alle sein prerdi zurichten lies,
die waren aus der kefer art
mit hürnen parsen (ruslungsslücken) wol verwart.
mückenkr. 1, 326.
die form bornin, mitteldeutsch schon früh nachgewiesen (Lexer
mhd. wb. 1, 1397), ist als hörnen und hörnen später gebiauchlich :
die verschämt hornin hurnstirn.
FiscuAHT dicht. 2, 263, 856 Kurz ;
hörnin Stiele« 776; bornen corneus Ffliscn 1,469'; eine hor-
nene scbnupftobacksdose. J. G. J acübi werke { 1770) 1,31; hörnen,
mü einer hornliuut versehen: den börnenen Siegfried. Swgfr.
t. Lindenb. 1 (1790), 85. daneben seil dem 17. jahrh. hörnern,
was jetzt die überhand gewonnen hat {vergl. zur entstehung der-
selben bei hölzern sp. 1770) : da er zuvor gclban , als ob er
den hörneren Seyfried fressen wolle. Schuppius 264;
maocber meinet, dasz er tapfer als ein hörnern Scvrried sei.
LoCAU 3, lis2, 51 ;
hörnerner bogen , corneus arcus Stieler 776 ; eine hörnerne
messer.scbale, manubrium cuUri corneum Steinuach 1,788.
HORNER, m. der februar ; in der Scliwei: und im tiroltschen
Sarnlhal. Weinhold monatnamen 45. vgl. hurnuiig.
HORNER, HORNER, m. l) j« der Schwel: einer der sich mü
gälten und uhünmachen der hörner an kulien befaszl. Tobler 275*.
2) hornblttser: italienische citarislen, schweizerische alpeu-
hörncr. Fischart groszm. 88.
HÖRNERARTIG, adj.: eine mächtige perr(kke scblosz die
stirne ein, zu beiden seilen mit gruszen hörnerartigen wultteo.
RiENL cuüurijesch. nov. 236.
HORNERRAL'.M , m. cornut mascula, kornelkirKhenbaum.
Neii.'«ich 2, vii:.
UOrCSLRELLE, f. Uru rtui. vgl. boriicuie.
HORNERFORM, f. : eine andere . . antilopenarl . . ist der
gazellc gleichfalls sishr ähnlich , aber durch die hörnerform
und den schwarzen nasenlleck spezifisch verschieden. Wesler-
manns monatsheflc 2. bd., s. 58.
HOR.NERKLANG, «». klang der geblasenen hörner.
HÖRNERKLEE, m, medicago sativa, luxernerklee. Nemnicb
3.527.
HüRNERKRACHEN , n. das krachen der aus hörnern ver-
fertigten bogen:
da klang waffengctön und mit der Täuste wuth
hornerUrachen vermischt. Stolberc 14, 119,
nach rö^iov näxayos. Sophokl. Track. 517.
HORNERKRANKIIEIT, f eine krankheü der bienen; vergl.
hörnler 2.
HÖRNERKRONE, f.:
i'appus sagt : er sei die sonn, und fraw Zizn sei der mon :
wann der mon nicht stets ist voll, macht er eine hörncrkron.
LooAU 1, 212, 86.
HÖRNERMOHN, m. chelidonium glaucium, gelber gehörnter
mohn. NEMNicn 2, 1009.
HÖRNERMOOS, n. corallina comiculata, eine koralline, deren
gliedcr in zwei hörnerähnliche äste getheilt sind. Nem.mch 2,1216.
HÖRNER.MÜTZE , f eine von schwarzem sammet verfertigte
und mit vier hohen hörnern umgebene zobel- oder mardermiüze,
so von ehrbaren matronen getragen wurde. Jacobsson 6, 117*.
sie gehörte der Nürnberger tracht des 17. Jahrhunderts an.
HÖRNEHRAUFE, /". larva cornuta, raupe mit hörnern am
kopftheile.
HÖRNERSCHALL, m. hörnerklang:
mit horridoh und hussasa,
und klifT und klalT und hörnerschall,
verl'olgis (das wild) der wilde schwärm auch da.
Borger 71*;
mit hörnerschall und lustgesang,
als ging es froh zur jagd. 112'.
HÖRNERSCHMUCK, m. nach hörn sp. 1817 : er . . habe eine
glückliche nacht als ehcmann zugebracht, darauf habe ihn
seine frau des andern morgens, als er in der probe gewesen,
nach Standesgebühr mit einem hörnerschmuck beehrt. Göthe
19, 30.
HÖRNERSCHORF, m. anlhoceros, ein aßermoos, nach der
gestalt der männlichen fruchttheile. Nem.nicb 1, 338.
HÖRNERSCHOTE, f bunias cornuta, eine scholenpflanze der
Levante.
HÖRNERSCHWAMM , m. clavaria, nach der gestalt dieser
schwammart.
HÖRNERSPITZIG, adj. mit spUzen hörnern versehen:
wenn des mondes schein
nicht wolte höckerig und hörnerspltzig sein.
ScuoTTEL tamcnlalio.
HÖRNERSTEINE, m. plur. korallinische undderhörner, keratiten.
Nemnich 2,947.
HÖRNERSTREIT, w..-
{wir wollen) sehn der lammer fröhlichkeit
und junger stiere hornerslrcit. ISürcer 47'.
HÖRNERTEUFEL, m. gehörnter teufet (vgl. hörn sp. 1816):
die hund« von camaraden ! mich mit diesem unthier so allein
zu lassen ! er hängt wie ein hürnerteufel an mir. Fr. MCllbr
2,67.
HÖRNERTRÄGER, m. der hörner an der sttrne trägt; im
eigentlichen sinne bei HA6ED0Rt«, auf den bock bezogen, doch mit
neckischem seilenbltck auf die folgende bedeulung:
es halte sich zu ihm (dem fuclis) der Ziegenbock gesellt,
der dumm und sicher war, wie viele hurnertrnger.
llAbKDORn 2, 20;
sonst nach boro sp. 1817 l>e:ogen auf einen betrogenen ehcmann,
liahnrei :
aller hörncnrägcr
ihr vater bt Vulcan. Opitz 1, 9t ;
das Ist mir hcrilich lieb, mein schätz,
erwiederte der huriiertruger. IIackdorn 3,92,
auf einen hörnerlrägcr ist die Überschrift lu .'
der lieb \%i nichts zu schner. pflegt Cornigcr tu sagen;
druiu in Ihm auch nicht cell» er, au« licbo hömer tragen.
Loch 1, 37, 3(>.
HÖRNERTRUTZIG, adj. durch höiner trutzig:
0 ttörncrtruuif eckecbt tum {der mit dem tiergeh/imii'n jnutifr-'
hüte bckltflrte koi>f).
Kiscuart duhl. 2, 269, 1088 hui:
HORNERZ, n. argentum corneum. Nemnicu 1,452. vgl. unter
bornfarb, und hurusilbcr.
1825
HORNEULE— HORNHAUT
HORNHÄUTIG — HORNIGELN
1826
HORNEULE, f. eule mit groszen empoi stehenden oliren : {die
eulen) werden in zwei familien eingelheilt, nämlich in geohrte
eulen (ohreulen, horneulen, auritae - . .) und in ungeohrte
eulen (glattköpfige , ungehörnte eulen , käuzlein). Nem:(ich
4, 1373. strix bubo, der uliu, heiszt die grosze horneule ; ^ruc
olus die Lorneule oder hörneieule schlechthin.
HORNl ADEN, m. hornartiger faden : der leib {eines thieres)
ist- voUkomiuen nackt , mit ausnähme einiger wenigen haare
oder besser groben horufäden. Brehm illustr. thierl. 2, S64.
HORNFARB, adj. von der färbe des hornes: aufm Maiienberg
ist hornfarb silber gebrochen. Mathes. Sar. 2S'.
HORNFARBE, f. färbe des horns: hornfarb corneus color
Maaleb 231*. auch färbe womit das hörn gebeizt wird. Jacobsson
6, in'.
HORNFARBEN, HORNFARBIG, adj. von der färbe des horns.
HORNFEILE, f eine hohraspel, womit der grubschmid den
Huf des Pferdes beim beschlagen feilt.
HORNFELS, m. was hornberg und hornblende.
HORNFESSEL, f rietnen, woran der jäyer das hißhorn trägt.
Fbisch 1,469'.
HORNFEST, adj. von der festigkeit des hornes, ein ausdruck
des forstwesens in bezug auf bäume: das birnbaumen holz ist
hornfest und kleinjährig verwachsen. Fleming t. jäger 76;
{der birnbaum) hat ein hornfestes holz, welches kleinjährig
erwachset. Göcühälsen nolab. venat. 176; das holz an der
sommerseite, im guten gemäszigt feuchten grund erwachsen,
ist öfters bornfeste, kleinjährig und sehr dauerhaft. Heppe
jagdlusl 1784 3, 46S.
HORNFISCH, m. name mehrerer fischarten nach ilirem korn-
artig verlängerten vorderkopfe : ostracion cornutus, auch seestier.
Nemmch 4, S06; syngnaihus acus, meernadel, nadelfisch. 1411;
xiphids, Schwertfisch. 15S4 ; balistes. 1, 573.
HORNFLÖTZ, n. flötz oder schiebt kalksteins von hornartiger
färbe. Jacobsson 2, 2>>7'.
HORNFORM, f forvi eines hornes.
HORNFÖRMIG, adj. coniiformis. Nehmch 2, 1224.
HORNFLSZ, HJ. cornipes. Stieler 590.
HORNFÜSZIG, adj. was hufe hat, cornipes. Frisch 1,469":
hornfüszy, was hürnin schule hat, als die geiszen, cornipes.
Maaler 231'.
HÖRN GESICHT, n. gesicht mit hörnern; vom monde:
komm, Lune, säume iiiclil,
die ganze weh, die SL-hläft. ich wache dich zu loben,
strohm-lurstiim, jäeer-frau, nacht-auge, horngesicht,
berab; itzt Tang ich an das süsze lobgedicbt.
P. Fleii-sc 632.
HORNGESTANK, m. gestank wie von angebranntem hörn:
er pichts {der satan das gehörnte jef^uiterhüllcin) auf alle
eck und spalten,
auf das es mög sein unflat blialten. . . .
er feurls so sehr, das etlich hörnlein
tieugen zu zeigen an ein zörnlein,
eaben von sich solch lionigestank,
aasz die halb weit darvon ward krank.
FiscHART dicht. 2, 267, 999 Kurt.
HORNGESTEl.N, n. petrosilex, hornstein. Jacobsso.x 6,117*.
HORNGEWÄCHS, n. ; die gattung gorgonia begreift alle
diejenigen seeproducte in sich, welche bei den autoren bald
litophyta (steinpflanzen), bald lithoxyla (Steinhölzer), bald
keratophyta (horngewächse) genannt werden. Nemmch 3,69.
HORNGLASERZ, n. hornfarbujCs glaserz ; oft dasselbe was
hornerz.
HORNGOLD, n. eine legierung, da auf die mark 91/2 karat
yold, das übrige am gewichte abei silber und kupfer ist. Jacübssor
2, 287'.
HORNGROSCHEN, m. ein düringischer yruschen, im wappen
mit zwei oben gebogenen hörnern. Frisch 1, 46ü'. vgl. hörnels-
pfennig.
HORKHANS, m. Schimpfname für einen betrogenen ehemann,
hahnrei. gefl. finken 211. vergl. hörn sp. 1817.
HORNHART, adj. hart wie hörn: eine hornharte haut;
honibert, hert wie hurn, corneolus Maai.er 231*.
HORNHASPEL, m. ein mit einem horu, einer vorstehenden
handhabe versehener haspel, um berge und erz damit aus der
grübe zu haspeln. Jacobsso.n 2, 2S7*.
HORNHAUT, f hornartige haut; namentlich auch Cornea, eine
haut im äuge: die äuszcre haut des auges, die dickste und
stärkste augenhaut, . . besteht aus zwei theilen a) trans-
parens, die eigentliche hornhaut, die vordere, durchsichtige,
runde hornhaut; und b) opaca s. sclerolica, die hintere,
IV. u.
undurchsichtige, dunkle, harte, gröszere hornhaut. Nemmcu
2, 1224.
HORNHÄUTIG, adj. mit einer hornhaut versehen: entblöszt
am riesen eine so tödtliche stelle als an dem durch drachen-
blut hornhäutigea Siegfried (im Nibelungen-lied) die kleine
verwundbare war. J. Paul dämmertingen 62.
HORNHECHT, m. l) esox betone rostro subulato. Nexnich.
2) auch ein hecht, der in den beiden ersten monaten des Jahres
laicht, ebenda, vgl. hörn für januar und februar oben sp. 1S20,
und bornungshecht.
HORNICHT, adj. mit einem hörn oder mit hörnern versäien,
alui. hornaht, hornoht cornutus, cotniger (Gbaff 4, 1038), mlid.
hoinebt (Lexer 1,1342): cornutus hornecht Dief. nov. gloss.
115'; eerastes hornecht, hornicht slange gloss. 113'; gehörnte
sive hörnichte hirsche, cornigen cervi, hürnichte schlänge,
eerastes, hörnichter komet, ceratias, cometa cornutus Stieler
776; was du . . aus deinem hürnichten köpf spinnest. Lcther
1, 361' {an den bocJc zu Leipzig), von ranken unter dem bilde
eitus stüszigen bocks: haben .. uns also mit einem horuichten
und stutzigen rank und syllogismo angetastet und überfallen.
144'. vgl. hornig, und hörnricht.
HÜRNICKE, f Crataegus torminalis, eisenbeere, darmbeere.
Nemmch 2, 1271.
HORNICKEL, m. schelte für ein böses weib: heuszlicher hor-
nickel. gefl. finken 211. ob an die stechende und sausende hor-
nisse gedacht ist? vgl. wegen dei form unter hornisse 7. eine
Zerlegung des wortes in hor-nickel {schmutznickel) wäre wol zu
gewagt.
HORNIG, m. hornisse, s. unter diesem warte 8.
HORNIG, HÖRNIG, aij. jünger ßr hornicht, 5. oben :
vernähet drein (ins jesuiterhüilein) die hoffart geistlich,
durch die nadel der herschung fleischlich, . .
so wirds ein hober borniger
und ein holTertig zorniger. Fiscbart dicht. 2,248,261 A°ui^,-
welche die natur zu schafifen gemacht, die sollen nit hornig
wie bock abgerichtet werden. Lehsans 1,556;
sprang, als flöhe vor ihm ein kizlein hörniger gemsen,
an das ufer hinab. F. L. Siolberg die insel (1788) 155,48.
schwartig oder hornig nennt der weiszgerber das leder, wenn es
nach dem gerben hart ist. Jacobsso.»» 4, 78'.
HORNIGEL, m. medicago interlexta, igelklee, verworrener
schneikenklee. Nemnich 3, 526.
HORNIGELN , verb. ein landschaftliches oberdeutsches wort,
von wechselnder form und verschiedener bedeutung.
1) hornigein, prickeln, jucken, vor kälte; bair. hurnigeln,
von den exlremitälen des leibes, als fingern, Ohrläppchen, zehen,
vor kälte jucken und brennen {auch urigeln, ainigeln, nigeln,
igeln). ScHM. l, 1165 Fromm.; in Tirol hurnöglen, urneglen,
vom prickeln der nägel vor kälte, umgedeutet fuirnöglen. Fromm.
5,337; schwäbisch hornigein, hurnigeln, hurnielen, empfindlich
in den fingerspitzen frieren. Schsiiü 2S7 {auch in der bedeutung 2);
da war dem patienten nit änderst, wie einem ist, der, wann
in im winter heftig frewrt, in ein gäbe wärme kommet, dar-
von ihm die bände, alsz man sagt, hornägeln. WCrtz pract.
d. wundarzn. 3S1.
2) hornigein, äark hageln, schneien und regnen; im aleman-
nischen Sprachgebiete: schweizerisch hornela stark schneien und
weltern. Tobleb 275'; schwäb. hornigein, hurnigeln, hurnielen,
hageln des winters, schneien und regnen; auch schurnigeln.
ScBMiD a. a. 0.; im Sund(]au und im badischen oberlande es hur-
niglet, hagelt, in Straszburg es hoinisselt; ein fögelin, ein
distelzwiglin, oder was es ist, dj selb lidet lieber hunger
und durst , kelte und frost, sehne und regen im winter, so
es hürenyglet, und dg es frei sei, weder dz, es gefangen sei
in der kefig, und zu essen und zu trinken hab. Keisersberg
postUl 2,22*.
3) schweizerisch ist horuigern auch ein spiel, bei dem ein klotz
oder eine sciwibe in hochfiiegendem bogen geschleudert und vom
gegentheüe abzufangen gesucht wird. Stalüer 2, 56. Tobler 275/".;
eine Variante desselben heiszt hornussen. Stalder a. a. 0., und
hurnussen: das hurnusscn ist nämlich eine arl bailspiel,
welches im frübjahr und herbst im kanton Bern auf wiesen
und ackern, wo nichts zu verderben ist, gespielt wird. . .
die spielenden theilen sich in zwei parteieu , der eine hat
den hurnusz zu schlagen, der andere in aufzufangen, der
hurnusz ist eine kleine scheibe von nicht zwei zoll im durch-
messer. J. Gotthelf Uli der knecht 37. bei Fischart unter
spielen, die inns feld gehörten zu iiben, auch hurnausz. Garg.
115
1827
HORNISSE
HORNISSE— HORNISSENBIRNE
1828
171*, der sonst das verbum hurnauszcn im sinne von sausen,
schwärmen irauclU: Wenden, Sciaven, Rügen, Walen, die
undereinander gehurnauszet, gewalet, gewandelt und gewendet
haben. 27' ; (als) sie . . mit büchsstralen zu im lierausz prasz-
leten, tonnerlen und hurnauszten. 233* ; tck auch bei Stalder
2, 56 hornäszen im sinne von heftig und laut mit worlen streiten
verzeichnet wird.
Wie die formen hornigein und liornisseln, hornussen neben
einander laufen, so ist wol auch kein zucifcl, dasz das verbum
mit dem unten folgenden namen der hon. sse, die auch hornig
heiszl, zusammenhängt, ob in directer ableitnng davon, oder laut-
malend mit dem worte sich eng berührend, zunächst scheint das
verbum den sausenden , schwirrenden klang zu malen , wie er
ähnlich beim fluge der honiisse ertönt, und in der bedeutung 3
tritt das noch ganz offen hervor, indem man die scbeibe, die den
hauptbestandtheil des Spieles bildet, in ihrem fluge mit jenem thier
vergleicht, in den bedeutungen l und 2 ist aber wol mehr der
stich des thieres zur verglcichung heranzuziehen.
HORNISSE, f. vespa crabro, in manigfach wechselnden formen
auftretend.
1) dem ahd. und mhd. masc. hornuj, ags. hyrnet, entspricht
auch noch nhd. horiiusz, hurnusz, hürnusz: crabro hurnusz,
hornuz, hornus Ditr. 154'; der hurrnusz, crabro Maaler 233';
von hurnussen und bremen. Pinter pferdschatz 421;
die wesp, hürnusz und bihn. Weckherlin 766.
2) häufiger aber ist die form hornaus, hurnaus, der diphlhong
der zweiten silbe setzt voraus, dasz man früher auch hornüj
gesprochen habe: crabro ein hurnausz Dasvp. ; crabro hornausz,
horsseln. Apberuiani Tyrocinium (15S1) 151 ; crabro, hornausz,
hörlitze. Golii onomast. (15S2) 305; bair. der hurnausz. Schm.
1, 1165 fromm. ; schrecklich von den bremen, hurnausz, wefzen
geplaget werden. Fischart groszm. 132; brunipt ein basz wie
ein hurnausz inn eim stiffel. Garg. 227'; plur. hurnauszen:
die hurnauszen hurrnen die bienen aus. 245" ; den haben
tausend hurnauszen mit einem schwärm herausz farende zu
todt gestochen. S. Fra.nk chron. 2%' ; neben der vorher an-
gegebenen form : hurnauszen reizen , in ein hurnussen näst
stächen, das ist ein unrüwigen menschen reizen, crabrones
irritare. Maaler 233'. in compositen : hurnausenstürmig und
bramenschwirmig. Garg. 82*; damals . . pflegt das volk hur-
nau?;;eu weisz, legionisch und belzeiibubbisch, dürmisch und
stürmisch zusammen zu kommen. 15ü'.
3) auch umgelautet in letzter silbe, hornäus, hurnäus : crabro
horneüsz Dief. 154' ; die fliegen , weffzen und hurneyszen.
Steisböwel (14S7) ss'; ist gut wider allerlei thier, so da
stechen, als da sind die hurnausz und dergleichen. Taber-
.>AEM0STANüs kräuterb. 847.
4) mit Schwächung des vocals der letzten silbe schon ahd. hornij,
hurni; (Graff 4, 1039), auch mhd. hornij, harnij : scarabei, die
sint rül als die hornij, si sint aber klainer wan die websen.
Megenberg 292,36; si (die bienen, acc.) laidigent {schädigen)
auch von nätör die websen und di« harnij. 291, 35 ; crabro
hurnisz, hurnis, hornisz Dief. a.a.O.; verbreitert hornüsch:
von dem hornüsch und einer bynen. B. Waldis Esop 3, S5
uberschr.; umgelautet hörnis: das in hart beiszct oder stiehl,
als ein hörnis oder wurm. Lütoer 3,246*; so wil er aber ein
anders haben, so kriegt er denn bumeln für fliegen, und zu
letzt hörnissen für bumeln. 321*.
5) auf dieser form beruht die heute allein schriftgemäsze lior-
nisse, wobei das männliche geschleckt in das weibliche sich ändert,
und die hauptbetonung wenigstens jetzt meist auf die zweite silbe
geruckt ist (hornisse). wie friüi beides statt hat, ist nicht zu
sagen, die alte betonung h6riiisse noch bei Scdiller :
und unterwegs begegnet ihm liti schwärm
von homtssen, die fallen auf .sein russ,
da»z e« für marter lodt zu boden sinkt. Tctt 4,3.
der plur. hornis.sen, den Lctiikr häufig braucht {vergl. auch
oben 2 den plur. hurnauszen) scheint schon weiblichem hornisz,
bornisse anzugehören : ich wil horni^isen für dir her senden.
1 JVoi. 2.1, 28 ; da zu wird der hvrr dein gutt bornissen unter
sie senden, bi^ umbhracht werde, was uberig iM. b Mos. ',20;
und sandte homissen für euch her. Jos. 24, 12 ; sandtest für
dir her deine vordraber, ncmlich, dein beer, die homissen,
auf das sie die selbigen mit der weile uinbbrechlen. weish.
Sal. 12,7. die Wörterbücher seit dem 17. jahrh. verzeichnen das
mrt nur noch alt weiblich: die burnis crabro Sciiuttel 13:)9;
die br.rni^, hornü», crcAro Stiei.er 776; die borneisz Fm.icH
1,499*; die hurnisz Adelung; die bornisse, erabro, oettrum
Steinbach 1,788; hornisz, ist ein fliegendes Ungeziefer . . .
wenn ein mensch von einer hornisse gestochen ist. soll man
etliche fliegen fangen und auf dem stich zerdrücken, öcon.
lex. 1079; die wuth . . einer zur räche gereizten hornisse.
Wieland 3, 126(105). Sprichwörtlich bornissen im köpfe haben,
böse sein; was stellet er manchmabl nicht mit allerlei künsten
an, wann er recht aufgeräumet ist? ist ihm aber eine hor-
nisse im köpf, mag sich einer hüten, wann das weller ein-
schlaget, ped. schulf 74. bergmännisch homissen auslassen,
Unfug treiben. Veith bergwörterbuch 275; hornussen auslassen,
ist so viel, als wenn die bergjungen unfug treiben, bergwerks-
lex. 303*. s. unter 6.
6) gekürzte form zu hornisz, hornisse ist hornse, hörnse,
männlich oder weiblich: crabro hörnsen , hürmscn Dief. 154';
und dem (Midas) man sein hornsen auf der hornstadt bat
ausgelassen (vergl. oben 5 und bornslatt), wie dieser brauch
noch heuliges lags bei dem bergwerk geblieben und die gugcln
von bergkappen an die kauen genagelt werden. Mathes. Sar.
13*; das verdrosz den abgott Apollo, der schuff seinem richler
(Midas) zwei eselsohren , die trüge er ein lange zeit unter
seiner bergkhaub oder bergkap verborgen, bisz ihm sein diener
den hornsen ausziiesz und bracht sein thorheil in die gruben.
14*; aber gleichwol ist Salomon ein kluger und glückseliger
bergman, ob er schon in fremde zechen eingefaren und seine
weiber im den hornsen haben auszgelassen. 22' ;
die biene, fliege, muck, und wespen, hornsen, hummeln.
WlEDEMANW Jut. 23;
noch jetzt rheinisch der hermes, hornisse, wespe. Kehrein 194.
niederdeutsch entspricht, da das s dieses wortes auf früheres j
zurückgeht, hörnte bei Frisch 1,409* aus Chytraeüs.
7) verschiedene erweiterte formen : crabro hurnüssel, hurnesscl,
hornessel Dief. a.a.O.; fand er ungevarlich einen hurneiszel,
das ist einen gar groszen wefl"zen. Steinhöwel (1487) 65*;
im köpf so stechen in die egein,
die hurneuszl, die bundsmuckn und grillen.
H. Sachs 4, 3, 9' ;
wenn der groszc hurneiszel nit
als ein mitler werd machen frid (twischen mucken und
ameisen). müclienkr. 1,609;
der groszen rosskäfer oder hürnisseln eine. Kibcbhof wend'
unmul 256*;
zu dem hornüschel kam ein byn.
B. Waldis Esop 3, 85, 1 ;
wer kann der flamme befehlen, dasz sie nicht auch durch
die gesegneten saaten wüthe, wenn sie das genist der hor-
nissel zerstören soll? Schiller raub. 2,3; rheinisch die hor-
nessel; hornissel Kehrein 201.
8) auch formen mit gutturatis in der zweiten silbe: crabro
hornig, horning Dief. a.a.O.; horneche, hornech nov. gloss.
117*; noch niederdeutsch hornekc, hornke Aonuwe Scuamb. 86';
bork Schütze 2, 164. eine forni bomigel (die sich zu hornig
verhielte wie hornissel zu horni.sz) wäre vorauszusetzen (vergl.
bornigeln zu ende), kann aber nicht belegt werden, doch s. hor-
nickel sp. is26.
!)) endlich formen mit 1 statt n, manigfach wechselnd : crabro
horlitz Dief. a. a. o.; von dem barli^. crabro haijt ain harlij
oder ain liarnij. Megenberg 300,12; hörlitze Nemnich; hur-
lassen in Kärnthen Lexer 146. niederländisch ist horsel, crabro,
tabaiius, asilus, oestrttm Kilian ; vergl. auch deutsches horssel
oben unter 2.
10) hurneuscl in foigendem: item wie man (dtm doctor Luther)
meldet, dasz etliche hurneuscl grosze klöstergüler an sich
gezogen und bofschranzen damit begnadet hätten. Scruppids
830 (aus .Mathesius). (>l> hierbei dir hornisse als bild für einen
groszen bösewidtt gebraucht ist, steht dahin, vgl. oben hornickel.
11) m(/ii faszt hornisse gewöhnlich als ableilung zu hörn
(i/rumm. 2, 223), und denkt sich den namen zusammenhangend
mit dem summenden tone beim fluge des thieres, den man für
einen hornahnltrhrn nimmt (WACkKiiNAGEL, voces var. nntm. 71).
aber urnn aiuh mhd. dicjen vom hörne wie vn» der hornisse
gebraucht wird:
der hornus »ol diejen. twein 'iW.
so ist doch, da als kern des wortes neben hörn- auch iiorl- und
bor»- gellt, u<ihrscheinlicher, dnsz dasselbe ein lautmalendes und
erst später tu hom in beziehung gebiailitcs grbilde sei. so ist
kymrüch chwyrnu schnarchen, schnarren lautmalend und chwyr-
nores hornisse aufs engste damit zusammenhängend.
IIORMSSENRIRNE, f pt/rus poUvileria, lojeronenbime ,
mitpelbirne, mehlbirne. Nemnicb 4, IIOO.
1829 HORNISSENNEST — HÖRNLEIN
HORNLEISTE — HORNRICHTER
1830
HORMSSENNEST, n. nest der hornissen : in ein hurnussen
näst stächen, das ist, ein unrüwigen menschen reizen, cra-
brones irritare Maaler 233'; wolle er nicht in ein hirnisennest
stören, polit. hofmädgen 69.
HORMSSENSCHWARM, m.
HORNISSENSTICH, m.
HORNIST, m. hornbläser in einer viusikiapelle.
HÖRN JAGD, f. jagd, wobei die hunde durch blasen auf hOmern
tum suchen ermunleii tcerden. Jacobssos 2, 2S7'.
HORNJAGEN, n. dasselbe. Adelii.-hg.
KORNKÄFER, m. lucanus cervus, hirschkäfer. Nemmch 3,437.
HOR.NKAMM, m. kämm aus hörn verfertigt.
HORNKERN, m. am pferdehuf der innere theil, das mark
des homes; bei den hörnern das inttere, der keim aus dem sie
wachsen, rergl. kern theil 5, sp. 596: kamen uns drei unge-
heure hornkerne {vom stier) zu statten, weiche schon vor
mehreren jähren, im kies der lim, bei Meliingen gefunden
worden. Göthe 55, 291 ; nun krümmen sie (die hOrner des ur-
stiers) sich einwärts und laufen in einer solchen Stellung aus,
dasz, wenn man auf die hornkerne sich die hornschale denkt,
die als sechs zoll länger anzunehmen ist, sie in solcher rich-
tung wieder bis gegen die wurzel der hornkerne gelangen
würden. 297; die äuszere hornschale . . erst den noch kleinen
hornkem verdeckend. 299.
HÖRN KIRSCHE, f comus mascula, komelkirschenbaum und
seine frucht. vgl. hörnerbaum.
HORNKLEE, m. latus corniculatus , gehörnter Schotenklee.
Nesi.mcb 3, 447.
HORNKLUFT, f. krankhafte spaltenbildung im Hufe der pferde,
esel oder des rindviehs: die hornkluft ist ein spalt, von dem
haar bisz zum eisen, um die gegend der wand, nemlich dasz
der huf von oben bisz unten inwendig der wand als am
schwächsten ort aufspringt. Hohbebg 3,2,224'; item die ring
an hüfen feilen sie {betrügerische rosstäuscher) glatt hinweg und
bestreichen die hornklüfle mit wachs oder pech. 2, 173' ; {die
hohen schmalen hufe) seind den hornklüften geneigt. Böckler
kriegsschule 969 ; eine gute rote salb zu machen zu gespallnen
füszen, hornklüften. Seüter rossarzn. 220.
HORNKLtFTIG. adj. : ob das pferd nicht vollhüfig, horn-
klüftig, floszgallicht oder bockbeinicht sei. Hoüberc 2, 173'.
HORNKOBALT, m. eine schwarze, sehr harte und mit stahl
feuerscidagende koballart. Jacobssok 5, 189'.
HORNKORALLE, f. plur. hornkorallen, gorgonia, seestauden
mit hornartigem stamm. Nem.mch 3, 69. vgl. horngewächs.
HORNKRAUT, n. cerastium, wegen der homförmigen Samen-
kapsel. Nem.^icu 2,945.
HORNKUCHEN, m. kuchen in hornform, hornaffe (s. d.).
HORNKÜM.MEL, m. delphinium consolida, ritlersporn. Nemmich
2, 13S7. auch hypecoum procumbens, lappenblume, schotenkümmel.
3, 197.
HORNLATERNE, f aus hörn verfertigt : hornlaterne, laterna
Cornea Stieler 1121 ; die hornlaternen . . sind eine der vor-
nehmsten Verzierungen in den chinesischen gemächern, wo sie
die stelle unserer krön- und armleuchter vertreten. Jacobsson
5, 341'.
HORNLEI.M, m. leim der aus den lederabgängen der lohgerber,
pergamentmachcr und weiszgerber gemacht wird, und der seines
ansehens und seiner Steifigkeit wegen diesen namen erhalten hat, im
gegensatz des fischleims oder der hausenblase. Jacobsson 2,287".
eigen cerimonia hornleym, hornsalbe Dief. 114'; der ghssator
hat an xe^a^, an cera oder an cervus gedacht, vergl. cerimmia
zalve van hertes {hirsches) hörn nor. gloss. 86'.
HÖR.NLEIN, n. corniculum. Steinbach 1,788; comiculum
hörnlin Dastp., wie hörnchen sp. 1S22.
1) kleines hörn an thieren.
2) kleines hörn zum blasen: es seind nicht alle Jäger, die
hörnlein führen. Scbottel 1128';
auch leit ein schul bei der smelzhutten;
da musz man in ein bomlein tutten,
so zeucht man auf und lest in ein. fastn. sp. 357,27.
3) Weiner hornförmiger gegenständ, so das * vierhornige und
viereckichte' hütlein der Jesuiten:
0 hörolein, aller hom ein trutz,
0 hütlein, vor dem man sich hüt.
FiscHAni dicht. 2, 268, 1020 Jfur: ;
auch ein schröpßopf: hörnle ansetzen , schräpfen , admovere
cucurbitulam Maaler 228*; hornförmiges oder aus einem hom
gefertigtes gerät zum saugen: han also durch ein hürenlin, wie
im land der bruch ist, wen man die kind entwent, mieszen
kiemilch sugen. Platter 4.
4) hörnlein, eine krankheit der pferde: es begibt sich auch,
dasz beiderseits an diesem oder jenem fusz bei oder an der
Wurzel der huf zween knolln oder beulen eines halben eyes
grosz, mit den spitzen in die höhe gerichtet, erwachsen:
welche etliche dieweil sie das lebendige desz fuszes hart
zusammen zwingen oder eng einziehen, den zwang nennen,
etliche aber die hörnlin, dieweil sie sich den hörnern etlicher
thier vergleichen. Uffenbach neues rossbuch (1603) 2, 270.
5) hörnlein , zweifelhörnlein wurden von den alten bienen-
vätem die an den enden der waben herrorstelienden bauchigen
Zellen genannt, bei deren dasein die fortdauer eines schwarmes
immer als sehr zweifelhaft angesehen wurde. Scbm. 1,1164 Fromm.
HORNLEISTE, f leiste die in eine nulhe eingeschoben wird,
um das werfen eines bretes zu verhindern; vgl. hirnleiste sp. 1561.
HÖRNLER, m. l) der hornkdfer, hirschkäfer, huanus cervus.
2) hörnler lieiszen die bienen, wenn der auf ihren köpf ge-
fallene blumenstaub zu kleinen biischeln wäcftst. man pflegt diese
krankheit hörnerkrankheit oder büschelkrankheit zu nennen.
Nemnich.
3) hörnler, ein bienenschwarm , dessen waben an den enden
hervorstehende bauchige zeUen zeigen {vgl. hörnlein 5). Schmeller
1, 1164 Fromm, auch in der form hörndler, die auch ßr l
überliefert ist.
HORNLERCHE, f. blennius cornutus, ein fisch des indischen
meeres. Nemnich 1, 622.
HORNMACHER, m. 1) ehemals ein besonderer handwerker in
Tiürnberg, der lalernen von hörn verfertigte; auch hornlaternen-
macher. Jacobsson 6, 117'.
2) hornmacher, hahnreimaeher, subagitator alienae uxoris, fundi
alieni arator. Stieler 1193.
HORNMEHL, n. mehlartiger abfall von gedrechseltem oder
sonst verarbeitetem hörn: 400 centner h<irnmehl sind zu ver-
kaufen. Frankfurter journ. vom 3. nov. 1S72, 3. beilage.
HORN.MESSER. »i. ein groszes messer, womit der kammacher
das gepreszte hom behaut.
HORNMOHN, m. chelidonium glaucium, hörnermohn.
HORNNASE. f rhinoceros. Nehnich.
HORNNEIFE, m. bei DCrer die volute eines kapitells: dise
lini ist zu brauchen zu den blettern under ein hornneifen
under ein captel. underweisung der messung (l525) Cij'; under
andern ist sie {die schneckenlinie) zu einem horneifen an ein
capitel nützlich. A iij *. zu neife, welches eine krümmung aus-
drücken musz, liesze sich etwa vergleichen Schweiz, nifen, nyffen
die nase rümpfen Stalder 2, 238.
HORNOCHSE . »/»., gehörnter ochse, auch Schimpfwort ßr
i'inen dummen menschen.
HORNPATELLE, f. palella pellucida, eine schneckenart. Nem-
NicH 4,878.
HORNPFORTE, f : nein, das dachte ich doch nicht, dasz
dieszmal die hornpforte aufgehen würde. Klopstock gramm.
gespr. 146. bildlich, vom hervorkommen einer waltren Vorstellung,
mit bezug auf:
denn es sind zwo pforten der luftigen traumgebilde :
diese von ell'enbein, und jene aus hörne verfertigt,
welche nun gehn aus der pforle geschliffenes elfenbeines,
solche täuschen den geist durch wahrheitlose verkOndung.
aber die aus des hornes geglätteter pforte herausgehn,
Wirklichkeit deuten sie au, wenn der sterblichen einer sie
schauet. O'/ussee 19, 562/f.
HORNPLATTE, f aus hom gepreszte platte.
HORNPOGGE, f coltus quadricornis. ein fisch. Nemnicb.
HORNPOMERA.N'ZE, f eine art pomeranzen mit homförmigen
hückem.
HORNPRESSE, /". presse um das hom zwischen eisernen platten
gerade zu pressen.
HORNQUECKSILBER, n. quecksUbererz, worin das quecksilber
mit Vitriol- und Salzsäure verbunden ist. Jacobsson 7,10*.
HORNRASPEL, f raspel um hom damit zu raspeln.
HORNRAliCHBllCHE, f carpinus betulus, hagebuehe. so im
Hohenlohischen wegen ihrer rauhen blälter. Neun ich 2, 895. vgl.
hornbuche.
HÖRNRICHT, adj. hörnerartig, hörnerähnlich: weil . . ihr
{der Fenns) gestirne eben so wie der monde ab und zunehme,
wenn es der erden am weitesten entfernet, voll und am
grösten , bei näherung der erden aber hörnricht und am
kleinsten wäre. Lohenstein Armin, t, 320*.
HORNRICHTER, m. ein kammacher, welcher die oehsenhürner
gerade richtet und pres:t. Jacobsson 2.288': der mensch . .
115^
1831
HORNROSE — HORNSTEIN
HORNSTIRN— HORNWERK
1832
hatte als liorndrechsler da (in Piümberg) gearbeitet . . und
lange als sogenannter hornricbter und weibergeselle, weil er
nun nicht mehr ineister werden konnte, klauen für die kam-
macher zugerichtet. J. Paul palingenes. l, 34.
HORNROSE, f. rosa canina, hundsrose, gemeine wilde rose.
Nemmch 4,1169.
HORNSALBE, f. salbe für die hufe der rosse uiid anderer
huftliiere. ücon. lex. lOSO. vgl. auch unter hornloin.
HORNSAME, m. ceratospermum , eine krijptogamisehe pflanze
tnil hornförmigem samen. Nemnich 2,949.
HORSs.VTZ , »?J. schnüre am hiflhorn der Jäger, von bocks-
oder hammelhaaren gepochten , neijst einem grünen schleifbande.
Frisch 1,469*.
HORNSCHADEN, m. schaden an dem hufe eines thieres:
allerlei horn>;cli8den und hufmiingei. iJcon. lex. lOSO.
HORNSCHALE, f. der äuszere theil eines hornes, der den
hornkern umschlieszt. (Iöthe 55,297. $. die stelle unter hornkern.
HORNSCHALLLNG, f. stosz ins jägerhorn. Frisch 1,469'.
hornschällung. Becher 47. älter hornschellung, s.d. und horn-
scheilen.
HORNSCHEIBE, f. scheibe von harn gefertigt, zu laternen
u. ähnl. verwendet.
HORNSCHEIN, m. der schein oder neitmond im hornung,
februar. Adelung.
HORNSCHELLEN, verb. ins harn blasen (zur jagd): und sol
nieman in disen zilen {grenzen} hornschellcn noch gewilt vellen.
ueisth. 1,4 (Zürich, U. jahrh.).
HORNSCHELLUNG, /". slosz ins jägerhorn : als dann kompt
der leidhund mit groszer begird und hochlautend : wird im
sein theil (vom hirsch), im jagerrecht von dem jager gereicht,
mit lauteren schönen weidsprüchen , von hellem halsz und
hornschellung, bou, hon, hou. Sebiz feldb. 5C8.
HORNSCHIEFER, m. petrosilex schistosus, schiefriger hornstein.
Nemmch 4, 916.
HORNSCHLANGE, f schlänge mit einem hörne: cerastes horn-
slang DiEF. 113'; hornscblange, gehörnte schlänge, cerastes,
alias krön- sive gekrönte schlänge Stieler 1&55. auch eine
Schneckenart, serpula lumbricalis. Nemnich 4, 12S7.
HORNSCHLAPPE, f kopßedeckung mit hörnern; vom jesuiler-
hüilein :
drumb ist den schneidern keine schäm,
(lasz sie disz hütlein mit sein laiteo
lür ihr grösl meisierstuck heut halten,
weils doch die leulcl (uls erlindei) säur kam an,
ehe sie vollbracht die hornschlapp han.
FiscuART iliclit. 2, 2C3. 820 Kurz.
HORNSCHNABEL , m. schnabel von hom , und träger eines
solchen; daher name des nashm-nvogels , buceros rhinoceros, und
einer schlanqe, boa hipuale (.Nemnich 1,C29).
HORNSCHNECKE, f buccinum, auch trompctenschnccke.
HORNSCHROT, m. n. abschnitt eines hornes, woraus durch
Spaltung die hornplatten gewonnen werden. Jacobsson 2, 2SS'.
HORNSCHRdTER, m. lucanus cervus, hirschkäfer.
HORNSCHUH, m. schuh von hom, huf: die einhurer be-
sitzen ein gewisses taslgefüh! in ihren füszen trotz des horii-
schuhes. Bbehk illustr. thierl. l, xxiii.
HORNSE, s. hornisse.
HORNSILBEH, n. argentum corneum.
HORNSOHLE, f die untere fläche eines hufes.
HORNSPALTE, f. was hornkluft: so ein rosz hornspall
hat : nimm rockenkorn, send das in wasser, biods heisz auf
die hornspall, das weichet das hörn und zeucht es wieder
zusammen. Tabernaemont. &(i9.
HORNSPALTIG, adj. hornspalten habend.
HORNSPAN, m., plur. bornspäiie, die abgänge beim befeilen
und schaben des hörnt; ein dünyemillel. Jacobsson 2, 2Ss'.
HOHNSPiTZE, f die tpilze eines rinder- oder andern horns,
die der drechtler zu einer pfeifenspilze verarbeitet, das.
HORNSTATT, f der räum über einem schacht oder einer
ifTube, worauf der haspel sieht; genannt nach den hnspelhörnern,
die einen grötzeren platz zum umdrehen beanspruchen, es ist
der ort, wo die bergleule mit einander plaudern. Frisch l,4üü*:
damit ihr nun euch «olches zu sinne füren und in ewern
kawen und hornstelen darvon reden .. könnet. Picakuer S,43I.
HÜRNSTÄTTER , m. hatpehieher auf einer hurnstaU. VsiTi
btrgwvrttrb. 276.
HORNSTAFDE, f. hornkoralk.
HORNSTEIN, m. i) wn mekrtren ^einarlen: petrosilex, silex
c«rn€iUf alt nmuMner liornstein und «rliirfrigrr hornsleiu vor-
kommend. iNemnich 4,916; auch silex pyromachus, feuerstein.
1296; bornstein, silex M aaler 23l' ; was ein sehr gemeiner
hornstein bei einem sehr echten üarmslädter stähle thul.
Carl August an Merck (1S5:?) s. 257. bei den bergleuten in wei-
terem sinne: hornstein ist eine schwarze, weisze, rölhlicbe
und von allerhand couleurcn strenge bergart, worauf bisz-
weilen siiber angeflogen ist, und welche bei reichballigen
geschicken brechen, bergwerkslex. (1793) 303'.
2) hornstein im salzweik: dasz sie (die salzwirker) auf den
herd unter jedes hörn oder ecke der planne ein stücke Ziegel-
stein (die horn-steine genant) legen. Hondorf besclireib. des
salzwerks zu Halle 59.
HORNSTIRN, /". hornbewehrle slirn :
0 hornstirn, o hurnstirn,
o hörncrlrutzig eckechl hirn (in 6/'s«!; auf das jesuilnhiillein).
FiscHART äiclit. 2,269,1087 Kurz.
HORNSTOSZ, m. stosz, rasches blasen in ein hörn: mit einem
hornslosz den feind ankimdigen.
HORNSTÖSZIG, adj. mit den hörnern stoszend. Frisch 1,469';
hornstöszig, geil, pelukus Maaler 231'.
HORNTELLINE, f. tellina cornea, eine muschelart. Nemhich
4, 1426.
HORNTHIER, n. gehörntes thier:
sei du (jesuiicrhiillein) das hornthier, welches schallt
dasz man anbett der besiy krall.
FiscHAHT fliclit. 2, 269, 1007 Aiirr.
HORNTRAGER, m. träger eines hornes, horntrager, der hörn
tregt, corniger Maaler 231*.
1) nach hom sp. 1817 hahnrei. Happel acad. roman 43. vgl.
hörn er trager.
2) horntrager, ein vogel, palamedea cormda, brasilianischer
kranich. Nemnich 4, 834.
HORNCBEND, part. das hom fleiszig brauchend, d. h. zum
angriffe schnell, ein biki vom stier hergenommen (rergl. born
sp. 1S16): Gurgcllangewang, als ein junger horniibender ritler,
ward über d;is ganz beer feldoberster. Garg. 204'.
HORNUNG, ni. februar, wie amjenovtmen wird, eine patro-
nymische bildung zu hörn januar (groszer und kleiner honi
vgl. sp. 1820), doch findet sich auch der grosze und der kleini'
hornung für januar und febrwir. Peti:r volkslhüml. aus östnr.
Schlesien 1,391.392. schon ahd. hornimg, hornnngmünoth, mbd.
hornunc, jetzt in süddeutschen muudarten noch lebend, in der
Schweiz ofßciell für fcbiuar auch in der schrißsprache verwendet,
vergl. die ausführliehen nachweise bei Grimm geseh. der deutsclien
Sprache s.hlfgde. Weiniiold monatnamen 4h fg.
HORNUNGSBLUME, f galanlhus nivalis, Schneeglöckchen:
hyacinthen und narcissen,
hornungshliimen mancher ahrt. Rist Parn. 376;
es kann doch die meerawybel ja
kein rose bringen eben,
noch auch ein hornungbluin allda
mit ciscul'arb umbgeben. m. weis:h. luslg. 685;
Jim. hornungsblümchen Nemnich 3,1t.
HÜRNUNGSIIECHT, m. ein herlit der in den beiden eyslen
monaten des jahres laicht ; nur/i frübbecbt, hornhecht Nemmich.
hornungskälte, /•..•
bei dieser rauhen horiuingskalt. Neuhark lustwäldch. 121.
HORNUNGSNARCISSE, f. narcissus pseudonarcissus , gelbe
narcisse. Nemnich 3, 703.
HORNVIEH, n. altes hürnerlragende vieh; speciell das rind-
vieh: auch hornvieh zog . . . weg, wahrscbeiulicb geforderte
weggenoinmeue heerden. GOthe 30,136;
schwerhinwandelndcs liornvicb. Oiiysxee 1,92;
heerden vielleicht von hornvirh oder von wollvieh. 12, 399.
HORNVIFIIRREMSK. f. oestrus bovis.
HOltNVOGEL, wi. burems. vgl. iiorn.xrhnabcl.
HORNWACHSE, f flechse : eine nniskcl oder tieiscblappen
liicill sich in drei partlieicn ; anfang und ende heiszen ge-
meiniglich luunwüchse oder llechse. Fr. MTilkr 3, 31. ti/wr
wüchse vgl. unter liaarwachs sp.'M; liorii- ist wegen der horn-
artuirn luirle vnrgettetzt.
HORNWARZK, f. eine hornartige warze am untern innern
theile des arms der pferde ; auch knstanie, kesle, vergl. theil 5
sp. 627. Kporn oder runde Inirnwarze heiist eine kleine hatte
würze am unteriheile des km'ifhrh. Nemnich.
HORNWERK, n. auszenwerk einer festung, aus zwei hallten
bullwrrken und einem zwisihentialle zusammengcsetzl, frz. uuvrage
d corne : hnniwerk werden gcniriniglicb fiii die corliite oder
auch tilr du- bollwiTke gelcget. UöckLtB Am-' «<Wii-/.' :io.
1833
HORNWICKE — HORST
HORST — HORST\\'EISE
1834
HORNWICKE, f. lotus eorniculatus, hornklee. Ne)i:«icb 3,447.
HORNWURM, m. ein. ßstelhaßer schaden am hufe des pferdes
bei der kröne; auch kronwurm, kronfistel ; vgl. th. 3, sp. 23S8.
tn der allen spräche aber hiesz hornwurm cerasles, die horn-
schlange. Dief. 113'.
HORNZ.\NGE, f. eine zange, Komil der kamtnachei die horn-
schrole gerade biegt. Jacobsso:* 2, 2SS'.
HORRES .MORRES, von Schuppics ßr unversländiiche schriß-
Züge gebrauclä: wann er mir hernach, als er widerumb im
sattel sasze, ein schreiben beantworten wolle, so must es der
secrelarius concipiren, und es war viel, wann er mit solchen
litern, die man nicht recht lesen konte, nach hoffärliger
herren manier etwas darunter kratzte, welches so viel be-
deuten solte, euer wol affectionirter Sjivius. ich lachte über
das horres morres. 24".
HORRIDOH, ein jagdgeschrei, zur Verfolgung aufmunternd :
rischrasch quer übern kreuzweg gings,
mit horridoli und hussasa. Bcrcer 7ü".
HÖRROHR, n. uerkzeug in form einer rühre oder eines ge-
wundenen horns, um schwachem gehöre aufzuhelfen. J.\cobsson
2, 2S9* ; der zorn mit seinem Sprachrohr und hörrohr, sprach
und hörte alles zu stark. J. Pacl TU. 5, 61.
HÖRS.\AL, m. saal ßr das anhören eines Vortrags, besonders
eines akademischen, bei Frisch 1,467" noch hörstube, auditorium.
aber bald nachher gebräuchlich: wenn er es nun gar, indem
er in allen gesellschaften der falschen Weisheit die larve
abrisz, dahin brächte, dasz ihre hörsäle, ich will nicht sagen
leer, doch minder voll würden. Lessisg 11,28 (ro» 1750); die
aufsätze, mit deren ausarbeitung ich mir die zeit vertreibe,
in meinern hörsahle vorzulesen. Wikland i,S6; ein seraph
ündet auch in unsern kollcgien und hörsälen keine geschäfte,
sondern nur spiele. J. Paul uns. löge 3, 124 ;
bis in den hörsaal war der neid ab neid gekommen.
Rosi verm. ged. (1769) s. 10;
als solltet ihr in den hörsaal hinein,
als stünden grau leibüal'iig vor euch da
pbysik und metaphysika ! Gothe 12, 141.
auch wie sonst auditorium , die im hörsaal versammelten : fünf
acte freilich , welche nur für den philosophen oder einen
ausgesuchten hörsaal genügsame fülle haben. Göthe 46, 143.
HÖRSÄGE, f das sagen vom hören, gerücht, vgl. unter hören
sp. 1S08: sintemal ich allbereit die hürsage, dasz die see keine
forellen leide, am mineralischen geschmack des wassers waar
zu sein befunden. Simpl. 2, 54 Kurz.
HÖRSAGEN', n. dasselbe: da; nieman von ime selben ge-
dohle noch von horsagenden, da; so groszes sterben ie do
gewere. d. slädteckron. 8,120,16; item, welher och kuntschaft
über den andren sagen will vor recht, der sol sagen., was
im von der sacb ze wissen si und uf in bezügt sie, och
darli und mit gewesen, das gesehen und gehört hab, dann
man sol nieman da; sin ahkennen uf hörsagen , sonder sol
man es wissen, ueisth. 5, 152 {st. Gallen von 1466); ausz dem
auditu, bericht oder hersagen. Thcrneiszer beschreib, inßuent.
wirk, vorrede s. 1; er, als ein Soldat, wurde etlicbmal von
einem kriegenden theil zum andern gefangen und dannenhero
bei beeden armeen entweder persöhnlich oder durch hör-
sagen bekandt. Simpl. 4,227 Kurz; von hürsagen leugt man
gerne. Pistoriüs Ihes. par. 8, &5.
HORSELEICHE, f eiche die aus stammloden emporgetiachsen
ist. Nemmcu, mit der nebenform horseneiche. bei Dief. 210'
horseleiche esculus, woneben bageiche.
HORST, »n. Strauchwerk; nesl der raubvögel. dem alten ober-
deutschen masc. und fem. hurst gegenüber, das manigfach im
nhd. noch fortlebt {s. an aiphabet, stelle), findet sich ein ebenso
zu-iegeschlechtiges meist mitteldeutsches und niederdeutsches, doch
auch bis nach Augsburg (im sinne von gebüsch, wald Schmid 28S)
reichendes borst, schon früh in Ortsnamen (Graff 4. 1042), das
theils dialektisch und in der technischen spräche haßet, theils sich
[in den bedeutungen 2 und 3) bürgerrecht in der gewählten spräche
errungen hat.
1) mit dem sp. 49S aufgeßihrten harst eng verwandt, entwickelt
hörst aus der allgemeinen Vorstellung reiswerk, gestrüpp heraus
mancherlei bedeutungen : niederl. horsciit, hörst, virgultum, sylva
humiles tanlum frulices proferens, frutetum, fruteetum, senticetum
KiLiAK ; mitteldeutsch und niederdeutsch eine bewachsene anhöhe
über niedrigerem sumpßande , rcrgl. Llrben im der Germania
8,371; borst, ein im moorland liegender erhabener platz oiler
hügel, der auch in nassen jähren trocken bleibt. Jacobsson 2, 2S9*,
vgl. ScHAHB.ACB Sö' : host, eine bewaclisene kleine erhi^iung im
sumpfe, vermöge welcher man denselben passieren kann, indeni
man von der einen auf die andere springt; horsl coUiculus, a
quibusdam virgultum hörst dicitur. Alberls RR 4*; '■ollis ein
hörst Tbochcs J2', also bewachsene anhölie im allgemeinen, w'e
im Reineke fuchs:
dat he alles ^udes nicht hadde mer,
dan alleine eme kleine worst
in eineme winier up einer hörst, v. 76, tgl. 258.
dann kleiner wald : hörst, ein buschiger oder waldiger ort. Ffitscn
1,469'; {wir gewahren) seitwärts in dem winkel einer thal-
schlucht . . . einen hochwald alter eichen, obgleich zurück-
gedrängt beinahe zu einer bloszen baumgruppe oder wie der
forstmaftn es benennet, zu einem horste u.s.w. Adoi.f Mi^ller
in der Didaskalia vom 5. august 1S71 ; endlidi aucli eir, bloszer
büsrhel sumpfgras oder im wasser stehendes röhr. Friscb a.a.O.;
nach ScHAMBACH auch büschel kartoffeln, vilsbohnen, erdbeeren,
wismulh u.a.; sogar eine mit getreide bewachsene kleinere fläche,
in allen diesen bedeutungen ist das wort der allgemeinen schriß-
sprache unbekannt geblieben.
2) hörst , das von reisern gebaute nesl eines gröszeren raub-
oder stoszvogels, schnnt als jäyerausdruck zufrühest nur in ost-
müteldeutsclien gegenden heimiscli zu sein: hörst ist ein ter-
minus, so nur bei den raub- und stoszvögeln, dergleichen
adler, habichte, falken u. s. f. gebraucht wird , und ein nest
bedeutet, öcon. lex. {Leipzig 1731) 10S2; bei Göchbause:» sowol
als masc, wie als fem.: (dasz der schuhu) einen ganzen haasen
in seinen fangen heben, und in der luft zu seinem hörst fort-
tragen kan. noiab. venat. (Weimar 1741, zuerst I7t0) 144; seine
borst hat er {der adler) in denen wäldern an einsamen und
düstern örtern. 143; ihre (der neuntödter) borst und brut ist
auf heckichten oder dornichten Sträuchen. 152 ; sonderlich
ist zu merken, dasz sie (die elstern) ihre nester oder horsten
oben mit geniste zuwölben. 15S; und ist seil der zweiten hälfte
des vorigen Jahrhunderts als masc. in der allgemeinen schriß-
sprache gebräuchlich: wenn der adler . . in gesellschaft eines
Weibchens um den gipfel, dem er seinen hörst und seine
jungen anvertrauet hat , grosze kreise in sanfter eintracht
zieht. GöTHE 16,199; Flamin hatte eine grosze männliche ge-
stalt, seine ineinander und zurückgedrängte schmale stirn
war der hörst des muths. J. Pacl He.^. 3, 154 ; stand er wie
ein Sturmvogel mit aufgeblättertem gefieder auf dem blühenden
hörst {einer hohen garte nterrasse). Tit. 1,13;
• und ward bei rings verhegiem könig<forste
mir nie ein wild mit stauiicliera geweih, . . .
ein vogel kaum, mit hungrigem geschrei
hintaumelnd um die dürren klippenhorste. UHLA^D ged. 430;
nur zuweilen kreischt verspätet ein vom hörst verirrter geier.
Freiligkatb dicht. 1, 153.
3) übertragen auf eine hoch gelegene menschliche wohnung,
namentlich eine ritlerburg {vgl. felsennest):
was sitzet ihr daheim in euren horsten. Röccert 125;
es ragt, umkrönt von tbürmen, empor aus dunklem forst
ein steiler, luftger felsen, das ist der raubherrn borst.
Chamisso [lfd. 229.
4) obersächsisch heiszt borst auch ein häufen sand oder erde,
den besonders das wasser zusammengeßihrt hat. Adelusg ; bei
den mannsfeldischen bergleuten ist es eine scharfe, unregelmäsziye
biegung eines flötzes nach oben oder unten, kleiner sattel oder
kleine mulde. Veitb bergwörterb. 270.
HORSTEN, verb. einen hörst bauen oder haben, eigentlich {nach
borst 2) und freier: sie (die mäusegeier) horsten auf die arth,
wie andere raubvögel. GöcniiACSEX no/. ce«. 149; {der kdkrabe)
hurstet auf die höchsten tannen und andere bäume. 156;
denn sie {die doMen) auch gerne beisammen horsten oder
nisten. 157; der sonnenadler, der auf den steilsten klippen
horstet. Fr.MCller 1,25; ein prächtiger eichenwald, in welchem
tausende von ackerraben ihren horstenden wohnsitz zu haben
pflegten. Arndt leb. 6; der fischreiher horstet auf den gipfeln
der höchsten bäume, v. Tiiüxge.n waidm. pract. 223;
in Stämmen und im laubgebüsch zu horsten.
Griks Tassos befr. Jerus. 13, II;
ein durchsichtiges Wäldchen von goldgrünen birken stieg in
hohem gras drüben den nördlichen berg hinan , auf dessen
kuppet fünf hohe tannen als ruinen einer gestürzten walduog
horsteten. J. Paul Hesp. 1,242.
H(»RSTUBE, f auditorium. Frisch 1,467*. vgl. hörsaal.
HORSTWEISE, adv. nach der weise eines kleinen waldes
(vgl. Iiorsl l) : das gruppen- oder horstweise vorkommen {von
eichen). Adolf MCli.er in der Didaskalia vom 5. aug. 1S71.
1835
HORT
HORT — HOSCHA
1836
HORT, m. schall, goth. huzd; alls. hord; ags. hord, engl.
Loard ; altnord. hodd ; ahd. hört ; überall neutruni, diif männ-
liche geschlecht zeigt sich erst, aber auch ohne schwanken, im mhd.
hört, im worte liegt der begri/f des bewachens, hfüens, es ist
mit lat. custos, custodia, curare für cusare aufs engste verwandt,
vergl. Grimm mylhol. 922. Es bezeichnet
1) aufgeltdufte kostbarkeiten, gesammelter schätz, vorzüglich mhd.:
da; (land) b'iei Mblunge, da er den gröjea hört besä;.
Kib. 453, 4 ;
dö si den hört behielten in Gunthdres lant
und sich diu iiüniginne des alles underwant,
kamere unde turne sin wurden vol getragen. 1065, 1 ;
vielleicht auch spüter {wenn in der folgenden stelle nicht die be-
deutung 4 schon anzunehmen ist):
.uff myn libry ich mvch vertan,
von büchern hab ich groszen hört. Brant narrenxch. 1,5;
kaum aber noch hie und da in diesem sinne im 16. jahrh.: sie
bebalt das wort, ain ander den hört. S. Frank paradoxa 61 ;
doch mundartlich im bairisciten als hourt und heurt bis jetzt
erhalten. Schm. 1, 1170 Fromm, in der neuern Schriftsprache ist
es wieder aufgefrischt worden {in dieser wie in der bedeutung 6,
5. unten):
ihr seid der schätze würdigste custoden,
ihr l(ennt den weiten wohlverwahrten bort,
und wenn man gräbt, so seis auf euer wort.
GöTHK 41,68;
so birgt der Weisheit süszen hört
in seiner hrusi der morsche greis. Lknad neue ged. 98;
für deutsches recht, ffir deutsches wort,
für deutsche sitt und art,
für jeden heiigen deutschen bort,
hurrah! zur kriegesfahrt!
Freiligrath dichlungen 4, 67 ;
wo dein herz wohnt, da liegt dein hört. Simrock sprichw. 247.
2) der oder die geliebte ward mit bort angeredet, wie sonst
mit schätz:
ich puolt umb eine eins wol zwir,
die pot mir doch die süesten wort,
meint ie, ich wer ir höchster hört, fasln, sp. 340,26;
gib her dein haut, du edler hört!
ich pin mit dir hie und dort. 620,8;
freu dich, libster bort, fundgr. 1,334,5;
der knab erfrewet sich der wort,
er sprach mein allerhöchste bort,
mit weiszen armen er sie urablieng!
Ambraier liederh. no. 155, 32 ;
Lord Ton einem weih, ein auszerwälte schöne fraw, lectissima
foemina. Maaler 231* ; mein der allerliebst und höchst freund,
mein hord, mein trost und laben, animae meae pars. das.
3) bort, etwas erlesenes, kostbares, im mhd. zu einem vorher-
gehenden genitiv begri/fsteigernd gesetzt, vgl. gramm. 4, "25 :
minne ist aller tugende ein bort. Waltber 14,8;
ungezieret sint min wort;
doch hänt si kluoger sinnen bort. Boseh epilog 14;
darauf fuszt noch Mdrners
mit schriben treib er groszen hört
und kundt doch reden nit ein wort, geuchm. Xij,
schrieb auserlestn, geuählt. vgl. auch unten hortreich.
4) gewöhnlich aber ist im 15., 16. Jahrhundert hört zu einer
bezeichnung dessen wes man sich tröstet, worauf man sich ter-
läszt oder stützt, abgeblaszt: der rächt hord under dem volk,
/los delibalus populi Maalfr 231"; L. Quinlius Cincinatus der
einzige bort. Kihi;i. Livius 130;
die warheit ist nur unser bort.
Mi'RNBR Schelmenzunft 8*;
sQchstu in gelt den hosten bort,
»0 glaybsiu wenig Christi wort. .Schwarzewbkrc 145*.
in dieser bedeutung kannte und benutzte für die bibeläberselzung
LoTBER das wort, bezogen auf galt: bort hab ich verdeudscht
{pi. 62, 3), da aur ehreisch stehet zur, welches heiszt einen
feU, denn bort heiszen wir, darauf wir uns verlassen, und
uns sein trösten. 3.297'; goll ist mein hurt, auf den ich
trawe. 2Sam. 22, 3; es hat der gott Israel zu mir gesprochen,
der bort Israel hat geredt. 23,3; wo ist ein gott, on der
herr? oder ein bort, on unser gott? p*. 18,32; mein gott ist
der bort meiner Zuversicht. 04, 22 ; jauchzen dem hört unser*
beil«. 95, 1 ; danach gab Aiberls bort mit petra, fortis, servalor,
und ward es auch sonst gebraucht, selbst zur zeit des 17. und
bis iiu 18. jahrh. hinein, wo es auszerhalb der bibelsprache ver-
altet war: das diser wäre Messias ... der seeicn bort uod
beilaod sei. Matrks. Sar. i*-.
du heiliges licht, edler bort,
las uns leuchten des lebens wort. Luther 8,360';
mein bort, mein trost, mein aufenthalt.
G. Wickram irr reuend bilgrr e 2, bl. 6 ;
sie suchten ihres herzcns bort (Jcsum).
P. Gerhard no. 29, 11 ;
indessen gib, dasz ich, o wahre seelenspeis,
mich von der faulen weit und ihrer lusi abreisz,
und bald zu dir, mein bort, mit adlersflügeln schwinge.
A. GrtI'UIIs I6"j8 2, 424;
gott ist mein horti Gkllirt 2, 152;
herr unser bort,
lasz uns diesz wort! 153.
in schwungvoller rede wird hört selbst auf die weltliche geliebte
gewendet :
o meiner schien siiszer hört,
ich tra^ zu dir in meinem herzen
mehr lieb dau augenblick ein jähr. Weckhbrlin 409;
der lieb wahrer bort und port. 587,
wenn hier nicht ein nachklang des gebrauchs 2 vorliegt.
5) wie viele alte Wörter, erfahrt hört in dieser bedeutung (4)
erneuerung in der 2. hälfle des 18. jahrh., indem es zugleich
seiner ausschlieszlich religiösen Verwendung enthoben und in dem
allgemeinen sinne schütz, schirm, sowol auf personen wie seihst
auf dinge bezogen wird:
Ajas der held, der gewaltige bort der Achaier. lUus 3,229;
der für seine hausaltäre
kämpfend sank, ein schirm und bort. Schiller sipQesfeit ;
ich redete vom vergangnen, verlornen, und glaubte, die zweige
sproszten schon wieder, ohi und sie finden, dasz sie neuer-
dings abgehauen , dasz neuerdings kein schalten und kein
hört darunter ist. Göthf an frau v. Stein 1,124 {von 1777);
entzwei und gebiete! tüchtig wort:
verein und leite! bessrer bort, werke 2, 262.
HORTREICH, adj. eigetUlich reich an schätzen, daher ver-
stärktes reich, wie liort {no. 3) t» der alten spräche begri/fs-
steigernd steht: hordreich, gar reich, praedives, perdives. Maaler
231'; hordreicher acker, der erneert, almus ager. das.
HORTSCHIFF, n. franz. vaisseau de convoi, kriegsschiff das
kauffarteischiffe schirmend geleitet, gewöhnlicher deutsch geleits-
scbiff:
wer ohne bortschiff fuhr, wie ich,
was wunder! wenn der gleich
die segel willig vor euch strich ! Göei^gk 2, 26 ;
allein, ein bortschiff widersteht
euch räubern, selbst nur schwach. 27.
HÖRUNG, /". audientia, auditus, perceptio, das hören. Stikler
858; horung, audientia, vulg. verhorung voc. ine. theut. k3';
aus lesung der heiligen Schriften oder hörung der predigten.
Simpl. 3, 97 Kurz.
HÖRWEITE, /■. entfernung in der man noch etwas bestimmtes
hört: auf hörweite nahe kommen; nachdem wir der übrigen
gesellschaft auszer hörweite gekommen waren, theilte ich
ihm mein geheimnis mit; geeignete mittel, . . die . . bald
eine wesentliche besserung und gleichzeitig eine Zunahme der
hörweite erzielen lieszen. gartenlauhe 1867 s. 6S2.
HÖRWILLIG, adj. : hör- et lernwillig, docilis, diclo audiens,
quod etiam est gehorsamwillig. Stieler 2538.
HÖRZEUGE, m. ohrenzeuge, testis auritus. das. 2015.
HOSCH.\ , interj. des anrufs, zum aufmerken auffordernd;
der spräche des 10. und 17. Jahrhunderts angehörend, mit riner
vollem form hoscliau, die entstehung aus ho und dem imperativ
schau wahrscheinlich macht: hoschaw, hoschaw, wer ist hie, ist
niemand hie, will dan niemand hörn. Alberus widder Witzeln
k8'; sonst ist nur \\osc\id gebrducläich : hoscha, vocantis, heusl
Maai.fr 231*; boscba, wer weiter kan, der sing fortan.
Garg. 89';
hoscha, ir kriegsziüt! M. Manuel 379 Grünrisrn ;
hoscha, hosriia. wo bist Leo. H. Sachs 3, 2, 179>;
hoscha, hoscha. frembder man. 3,3,28';
hoscha !
ist Diemanis da, der furliar gang? trag. Joh. ilviij ;
hoscha! . .
wer Ibuoi mir uff, wer iasii mich in? Nj;
hoicha ihr kinder alle vier
kompl aus dem haus bieher zu mir,
Dkdekind ;in;iM((i convertus acl 5, sc. 7 ;
hoscha macht rilendi auf die Ibür! sc. 9;
hoscha, hoscha, ihr kriegtleit, wiitl
i. Atrer 2«6* (1478. 17 Keltei):
botcha, hoscha, herr wirt! knraht rein!
42t' (Jt4Ü. 24)
1837
HOSCHE — HOSE
HOSE
1838
als hoscha ho: hoscha ho, sind wir alle de? Gorj. 84*; Hans
(klopfet an) holla! hoscha! ho! pedant. schulfuchs 273;
hem, hoscha, ho! Weckhkblis 527.
hoscha auch als inlerjection der ermunterung : hop hop he !
evax, idem quod heisa, et juch hoscha! Stieleb 856; hoscha
laetae mentis ! Garg. 49' ; hoscha wann wollen wir frölich
sein. 87'; im kehrreim eines liedes:
es soll sich ein schäfer weiden
juch hei! hoscha bo dei ! Uklatid volksl. 700;
ein baurenlöchterlein woll gersten aufbinden,
da stachen sie die dislei inn die flnger,
boschoho he ha, wol inn die finget. Garij. 6-V.
HOSCHE , f. l) in Obersachsen ein von brellern zusammen-
geschlagener schlauch oder eine röhre, um malz oder getreide ton
den böden hinabzulassen. Jacobssoji 2,289*.
2) hoschen bei den Schuhmachern verschiedene stücke altes
leder, die so geschnitten und gebogen sind, das: sie auf das blatt
des leisten passen und unter das Oberleder gelegt werden können,
dienlich den leisten zu vergröszern, um dem schuh seine erforder-
liche weite nach dem mas: 3u geben, ebenda.
HÖSCHELN, rerb. singultire, auch höschezen. Stieler 7v2, mit
hösche\, singultus; 6e« Hobberc hötschetschen: das schluchzen
oder hötschetschen vertreibt ein schluck essig. 1, 374*. vgl.
besehen sp. 1266. 1267.
HOSCHEN, verb. im ^ürnbergschen auf dem eise gleiten ; auch
ausgleiten, straucheln. Schji. 1,1185 Fromm.; sonst auch u>ie
huschen, leise hervor- oder hinwegkommen:
so wil ich den span heimlich lassen (aus dein ermel)
herfür hoseben auf mein hendt. H. Sachs 2, 4, 22;
herr abt, last ewren zorn hoschen. 3, 3, 61".
HÖSCHEN, n. plur. d.i. hös-chen, kleine hosen; als bein-
bedeckung: der knabe hat die ersten höschen an;
mit deutschbeit sich zu zieren itzt
bat jeder sein armes wamms zerschlitzt, . .
sie schonen sogar der böseben nicht. Götuk 13,55;
bei den bienen die wachsblättchen an den hinter füszen :
wir (hienen), die wir in den warmen tagen
die höschen in die Zeilen tragen. Gellbrt 1, 258.
beim flachs die röhrenförmigen häutchen um die würzet: einige
sehen auch darnach, üb er {der flachs beim rösten) die höszgen
fallen lasse, welches so viel ist, als, wenn das häutlein an
der Wurzel sich linde mit den fingern abstreifen lasset öcon.
lex. (1731) 2044 ; höschen beim Schuhmacher ein stück kalbleder,
welches im kleinen dem Oberleder gleicht und den mittlem theil
der sohle bedeckt, damit sich der schuh desto leichter aus- und
anziehen lasse. Adelung.
HOSE, f, meist plur. hosen, femoralia.
1) vom ahd. pruoh, mhd. bruoch unterschieden, welches die
um die schamthdle gehende, nach ort unserer schwimmhosen ver-
fertigte und kürzer oder länger zum Oberschenkel hinabreichende
betnbekleidung bezeichnet, drückt hose allgemein die bedeckung
des Unterschenkels aus, und findet sich, diese bedeutung mehrfach
einengend und näher bestimmend, durch die germanischen, roma-
nischen und keltischen sprachen : ahd. hose caliga, hosun catigae
Gbaff 4,1049; caliga bosa, calcei scuohi, ficones hososcuoha
Schlettstädter glossen in Haupts zeitschr. 5, 363' ; mhd. hose ; ags.
hosa catigae, engl, hose; altn. bosa ein weit hinaufreichender
Urumpf, vgl. Möbios altn. gloss. 201. Vigfcssos 280", bryn-hosa
beinsctiienen das. 85*; üal. uosa, gamaschen, usatto Stiefel, alt-
sptin. liuesa gamasche, altportvg. osa, provenz. oza , aUfranz.
hosa, heuse, mittell. hosa, osa ocrea caliga, vgl. Diez wörterb.
d.roman.spr. 1,436; comisch hos ocrea, welsch hosan, hossan,
plur. hossaneu braccae Ebel »n Kunx «. ScnLEicHERs beitragen
zur vergl. Sprachforschung 2, 175. dasz hier enllehnung von Seiten
einer spräche aus einer andern stattgefunden hat, ist gewis, aber
die frage wer hat entlehnt, kann nicht leiclU beantwortet werden,
am unwahrscheinlichsten das deutsche, wenn man erwägt, dasz
.jedenfalls dem warte der allgemeine begriff des röhrenförmigen
innewohnt, der in den bedeutungen 11, o, b, c unten noch sehr
deutlwh hervortritt, und gewöhnlich auf die hülle des Unter-
schenkels gewendet ist.
2) auch die ältere nhd. spräche kennt hose nur als eine art
hoch hinaufgehenden strumpf, von zeug oder leder: caliga ledrein
hoj 0. stifel DiEF. 90'; hosa huuse, osa i. ocrea lederhosz 281*;
tibiale hosen 582' ; hose caliga, est vestis pedibus apta. voc. ine.
(Aeul. k3'; hosz oder kriegszsti fei ca/i<;o Uasvp.; hostn, caligae,
pedalia, testimenta pedalia .Maaler 231' ; ex tela cotifeclae caligae
[ gestrickt hosen Albercs c l" ; ton der brach genau unter-
I schieden : ein ascetischer mönch
I trug holtscben und zerschnitten »chuch
kein hosen, nur ein leine brucb.
B. Waldis Esop 4,69,%;
sie bscblossen auch mit gmeinem rath,
wenn sie zsamen giengen ins bad,
so bhieltens an hosen und scbucb,
so dorften sie sunst keiner brucb. 90, 45.
es wird als anstoszerregend betrachtet, wenn einer ohne hosen
(d.h. nur in der bruch) einher geht, vgl. Schm. 1,1 ISi» das gebot
der Bamberger badeordnung von 1481, dasz dieselben sonn- und
feiertags gehost und nicht mit ploszen peinen und on schwe
sich zeigen sollen; hüben, die kein hosen tragen, landstreicher,
bummler. OsESBBt^ccES rechtsalt. aus d. Schweiz 1, 68; so spricht
derselbige scheffen zu den andern : ihr scheffen , steht der
man {der einen eid leisten soll), wie er stahn soll? hat er
dann keine hosen an , so mosz er hosen anthon , ehe ihn
der schefiFen zu dem eidt geleidt ; hat er dan hosen ahn, so
steth er rieht, weisth. 3, 779 (rheinisch, von 1456 h. 1573).
Als eine art strumpf ist die hose aber auch weibertracht (vgl.
auch unten unter hosenbendel): das die flöh den weibern fast
über die knie steigen und weder schuh noch hosenbendel
vor umb erlaubnusz fragen. Fischart groszm. 31 ; so ein fraw
oder magd ihre hosen losbindet auf der straszen und sie ver-
Icuret den hosenbendel, das ist ein zeichen, dasz ihr mann
oder freier ihr nicht getrew ist. der allen weiber philosophei
(1612) nr. 11 (cf. zeitschr. f. mylh. 3,310; die rockenphilosophic
hat dasselbe, setzt aber ßr hosenbendel Strumpfband) ; und noch
später im 17. jahrh., wenigstens als redensart: wenn wir die
partheien in den langen hosen (die weiber) auf unserer seile
haben , so wird es mit den männern und mit dem richter
selber heiszen cuschi. Chr. Weise comöd. 308.
3) seitdem nach und nach, hauptsächlich seit dem 15. jahrh.,
bruch und hosen in ein kleidungsstück vereini'J worden sind,
ist der erstere ausdruck absterbend (vgl. theil 2, 41l), hose be-
zeichnet schon im 15., allgemein seit dem 16. jahrh. was heute,
mundarten bewaltren aber noch die erinnerung an die ehemalige
bedeutung: in Westfalen heiszen hosen strumpfe: ebenso holsteinisch
hase strumpf Schütze 2, 108 ; helgoläudisch licesen , strumpfe
(wo brök nofA die weite schifferhose bezeichnet). Fromm. 3,30*;
Km Koblenz hossen strumpfe Jacübsson 6, 120' ; in Baiem hosen
die hohle bekleidung blos ßr den untern theil des beines, vom
knie abwärts bis zum knöchel. Schm. 1, 1180 Fromm., ebenso in
Tirol hos wollener beinstrumpf Fromm. 6, 154 ; vgl. unten hosen-
lapperin, hosenstricker.
4) hose, in gewählter spräche gern vermieden und durch bein-
kleid ersetzt, und zwar schon zu Frischs zeüen (l,470'), ist selten
collectiver singular ; man hört im gemeinen leben der Schneider
macht mir eine hose ; zu einer gelbledernen hose, die er für
den mond hielt. H.Heine 1,96; gewöhnlich wird der plur. hosen,
oder mit bezug auf die entstehung des kleidungsstfickes aus zwei
Strümpfen, ein paar hosen gebraucht: (ein kind) welches dann
dort in seinen ersten hosen herum lief. Simpl. 2,26 ifur;;
als sie mir auch hosen und wambst angezogen. 3, 14 ; war
(ein weib spricht) im übrigen mit hosen und einem dünnen
daffeten röcklein darüber also versehen, dasz ich all augcn-
blick schrittling sitzen und einen jungen reuterskerl präsen-
tiren konnte. 34; mit seinen erbsengelben hosen über den
dürren lenden und den hoch hinauf reichenden ledernen
kamaschen. Immermann Münchh. 1,133;
nebst einem halben schock
zerriszner blauer hosen. Höltt 10 Halm;
0 bätt ich ein wämmslein,
und hosen und hut! Götue S, 189.
besonders schmuck erscheinen die roten hosen : (Unterhändler,
die) hochzeitcn anrichten, damit sie ein brautstück und ein
par rother hosen verdienen. Puilandeb (1644) 314;
trat einher wie ein edelman,
het ein par rotber hosen an. B. Walbis Esop 4,94, 158.
Man redet von engen, weiten hosen, pumphosen, pluderhosen ;
kurzen, langen hosen, kniehosen, ganzhosen ; somraerhosen,
winlerhosen, unterschieden nach der dicke des Stoffes ; oberhosen,
Unterhosen, letzlere auch von frauen getragen, u. dhnl.; hosen
werden gemacht , gebletzt , geQickt ; hosen läppen interpolare
ealigas Stieler 1070; vergl. hosenlapper; hosen sitzen gut,
schlecht :
ihr habt da einen :>aubern spitzen
am kragen, und wie euch die hosen sitzen!
ScHiLLE* Wattenst. lager, 6. auftr.
1839
HOSE
HOSE — HÖSELN
1840
5) spriehnüitliches und redensarten.
u) dus weit an hosen trägt man immer oben. Lehmann 103;
nimbt einer ein weil», der zeucht Unglücks hosen an. 15»;
man siehls an den hosen, wo das bein entzwei ist. Simiiocr
sprkhw. 26t; wer subtil ist, dem eiilfallcn die hosen. 262;
von den ersten hosen an, von früher kindheit an: alle Schwach-
heiten, dummheiten, welciie er von den ersten hosen an ge-
Diacht. J. GoTTiiELK Uli d. pdchter 'im-, sich mit hosen decken,
sich behetfen, so gut es eben geht: wer sich behelfen nuisz, der
hat nit vil iibrigs, als da sich ainer im winter mit hosen
deckt. Reuchi.in augensp. 14';
nu hört, wie wo) er schmaiciien kan (sich schmeichelnd heraus-
reden)
mit sr^iner künlKi» wul gettian!
er deckt sich mit hosen, als er schol. fm^tn. sp. 658, 26;
uns das folgende bild eigentlich sagen uill, ist nicht klar:
hün zun teufel mit denen wüsten losen {bitlilrriiinen)l
die aim gueten gesellen an die staiig henken die hosen.
Ziinm. chron. 2, 123, 15.
//) von zwei gteichartlijcn lieiszt es sie sind zwei hosen eines
luclies, oder spdter, ueiin nach dem hosenpaar gezählt wird, vier
hosen eines luchs: ich nimm es für eins, procurator und
advocat. es seind zwo hosen eins luchs. Keisersberg Marie
kimelfart 2';
zwo hosen gemacht von einem thuch.
N. Manuel 421 Grünciscn;
desz sind wir zwo hosen eins tuchs.
II. Sachs 4,3,43»;
vier hosen eins luchs, hurn und bfiben ein gespan. S. Frank
ipr/cAit'. 2, 131' ; eines wie das ander: vier hosen eines luchs.
Fhilander 1,43; rüstet ich mich aufs beste aus mit .. einem
knechl und einer magd, die mit mir vier hosen eines luchs
war. Simpl. 3, 17.2 Kurz; es wai- halt gaul als gurr, vier hosen
eins tuchs. 220.
c) seil dem 17. jatu-h. wird mU dem stand der geflickten
hosen der ehestand bezeichnet: in den stand der geflickten
husen kommen, pers. roscnth. 6,5 überschriß; haiien nun solche
grosze leut sich nicht geschewet, geflickte kleider zu tragen,
ei so müssen wir uns fürwar nit über sie dünken , sonder-
lich junge leulh, wann sie in den stand der geflickten hosen
zusammentretten , da ihut wol von uöthcn, dasz sie etwas
ersparen. Creidius 1,233;
wenn man das jawort gelten solte,
und in den kummervollen stand
geflickter hosen treten wolle.
AiARANtHES proben der pocsie (1710) s. 333.
d) die hosen, obschon in modißcirrter form auch ein Ihcil
der weiblichen garderobe (vgl. unter-, schlafTiosen), doch ei'jenl-
liche manneslrachl : sie {die herzogin von Angoutcme) ist der
einzige bourbonische sprösziing, der hosen zu tragen ver-
diente. Grabbe Napoleon s. 123; zum symbol der herschaft in
der ehe genommen: Margaretha wolle die hosen und das
regiment im hausz haben, das wolle Cornelius auch haben.
Cornelius wolle die hosen und das regiment im hause nicht
fahren lassen. Sciiupfius 326; sagte mein hochzeiter zu mir:
ja! liebste, ihr wisl, dasz jederman darvor gehalten und
geglaubt, ihr ballet bei euers vorigen roanns lebzeiten die
hosen getragen , welches ihme dann bei ehrlichen gesell-
scbaften zu nicht geringerer beschimpfung nachgeredet worden.
Simpl. 3, 3S Kurz; ich antwortete: mein liebster! . . so hab
ich auch niemalcn in sinn genommen , euere hosen zu prU-
tendirn. ebenda; etliche vexirlen ihn, dasz er den rock, seine
frau aber die hosen anhiille. geß. ßnken 70; ich halle es
damit, dasz sich ein mann männlich halle und ihm die hosen
nicht nehmen lasse. 85 ; wie viele schlaflose nachte würde
mir die bewahrung und bewachung meiner hosen zuziehen,
wollte ich sie nicht . . meiner IVauen preisz geben und mithin
meiner Oberherrschaft gänzliches recht verlieren. avantür.2,6i;
ein frisches rundes mtigdchen, welche gute hofl'nung macht,
dasz sie ihren künftigen eheherrn wird ohne husen herum-
laufen lassen. Habeneb bru-fe 2ttS ; dasz er eigentlich sein
Icblag nie ein mann gewesen, die mutier die husen angehabt
habe. J. (iorriiELr Uli d. pächtrr s. 296,
f) verschiedtn ist die hosen gewinnen, erster oder sieijer in
etnem weltkampfe sein, hergenommen davon dasz bei weltschieszen
und wdlk'impfen alt siegeipreit ein paar houn geüi/let waren
(ScHii. 1, \l^\ Fromm.):
der trtt suT Bubachcr ilalge,
der halt diu hosen gewunnen.
HiLUBBaAnD I
i.,.<. ii ii«M 1Ö34J.
/) zum ausdruck der mutlosigkeil : (war) ihm das herz ganz
in die hosen gesunken. Harnisch 217; ja nun wil mir das
herze gar in die hosen lallen. A. (iRyphius 169S 1,724; diesem
war das herz ohnedem schon in die iiosen gefallen. Pierot
2, 154 ; das mädel kann, gott verzeih mir, einem Louis qua-
torze selber das herz in die hosen fallen machen. Lenz l,2ss;
weil er keinen muth habe, sondern allezeit das herz in den
hosen. J. GoTTiiELF Uli d. pächter 128, es ist derbe ausfUkrung
des unter herz l,6,g sp. 1219 aufgcfiihrten bildes; fähret vrtr
furcht aus den hosen. A. Gryphius 16% 1,763. derber ist das
folgende bild der angst: o wie stinken hie dem teufel die
hosen, wie fület er so wol, d/, er solchs schuldig sei, und
thuts so ungcrne. Luther 3, 344" ; ich wolt das alle papislen
auf einem häufen iiiüsslen . . hierauf antworten, wie sollen
inen die hosen stinken , und ir folgerkunsl so rot werden.
530* ; da inen das gefeilel, und der churfürsl zu Sachsen der
aller erste erschein, hilf gotl, wie begunslen inen die hosen
zu stinken. 5, 273* ; dasz der Böhm . . vor angst in die hosen
gel ha n hätte. Simpl. 3,217 Kurz;
eh dasz er hin gen Schwabach kam,
hell er in die husen geschissen.
Soltau vidksl. 129 (von 1140j.
dieselbe Wirkung hat auch trunkenhcU, heftiges lachen : (es fressen)
die sew was sie (die trunkenen) in die hosen haben Ihon,
pfey dich schand. S.Frank lastcr der trunkcnheil (1531) E4';
ich wird vor lachen in dhosen schTszen. fasln. .■<p. 861, 15.
6) hose für den träger der hose, den mann:
bei manchen bücken sich die husen vor den hauben.
GÜNTHER 468 ;
herein, was hosen sein,
weiber sollen drauszen bleiben !
ZiNCKRLE kiiidcr- ii. hausmärch. 119;
die französischen Soldaten werden nach üaer beinkleidung die
rothen hosen genannt.
7) hose, übertragen, bei thieren,
o) bei Pferden, der mil gröberen haaren besetzte Unterschenkel.
b) bei vögeln die starke beficderuny des Unterschenkels: die
lieine (von spizaelos tyrannus) sind hoch und sehr stark, adler-
artig, dicht mit federn bedeckt, am Unterschenkel bemerkt
man sogenannte hosen. Brehm bilder u. skizzen (Uamb. 1S65)
s. 39. vgl. hosichl.
c) bei den biencn: wenn aber si zuo werk kernt, so sam-
nent si pluomen an ir fücj, als ob si hosen haben gewunnen.
Megenberg 289,22. vgl. höscben und höslein.
8) hose, bei pflanzen,
o) die oberste noch verschlossene blattscheidc einiijer gräscr,
z.b. der gerste, auch hülse, schoszkiel. Nemnich. vergl. univn
hosenwoche.
b) hosen sind unhölzer an den schneidreben des weinslocks,
welche weggebrochen werden müssen, das.
9) hose, an geraten,
a) der untere erweiterte theil des stiefeis, an pump- und saug-
werken.
b) beim Orgelbauer der fusz an der mentchenslimmc , der dis
trompetenmund stück nebst der kritcke einschlieszi. Jacobsson 2,2S'.t'.
10) hose, die wirbelnde und trichterförmige bewegung des windes
oder des wassers, vgl. vsindhose, Wasserhose;
der wind zieht seine Iiosen an,
die weiszen Wasserhosen ! II. Heim 15, 137.
U) hose, ein röluen förmiges Iwlzernes oder metallenes gefasz,
scheint auf Obersachsen beschränkt.
tt) zum wasserholen oder -schöpfen: hose auf den salzuerken
soviel als eine gelte, um damit zu schöpfen, uvnn sie einen
stiel hat, so heistt sie eine schaufelhose. Jacobsson 2, 280*. so
namentlich in Halle a.S.: neben dem Ständer sah man auch
die hosen, die Wasserhosen, hölzerne, oben olfene fäszclirii
mit (]uerbolzer!i über der oirnting, in denen von den niJigdrn
das Wasser aus den bruiiiien oder :ius dem flussc in die küche
gelragen wird. (i. üesekiel Schellen-.SIorilz (1869) 1,51.
b) hose, ein Iwlzernes gefäsi, in das Untier eingedrückt uvd
wir biirger werden uns schneiden lassen wie bulter aus dn
hose, und muesz aus dem topfe. Chr. Wkise /ujfrer/nrr 51; ah
man: zwei hosen bulter, sieben mandel kilse. ali$. com. 35'.
r) liiise, kupfernes oder blechenes, langes und tiefes gefan
zum hrrbetbrm ,en der kolilcn in die kiiche. rgl. kohlenhuse.
HOSKt.M, verb. sich md hosen versehen, von den bienen gesagt,
wenn sie brol oder wachsmrhl eintragen (rgl. hOscheii und hu>«
7,c): die bieneu höseln. Aueli;m.. srhuetz. dagegen bOselen,
1841
HOSEN — HOSENKNOPF
HOSENKOCH — HOSENSEÜFZER
1842
bei den hosen nehmen, packen im rittgkampfe oder sonst. Staldeb
2,57.
HOSEN, verb. 1) hosen anlegen: caligoTe hosen neben hosen
anlegen Dief. 90';
ein teil {der biene») die fasten in ir kröpflein
der alier süsten dawes tröpflein,
ir peiolein sie mit plümlein hoseten.
FoLZ in den fasln. .</>. 1304;
daher sich zum fortgehn rüsten :
lieber mit seiner allen koset,
denn das er sieb zu wandern boset.
{rofchmniseler 2, 4, 5 (Ji ij '}.
2) ein anderes hosen bei Stieleb 863: hosen, hinhosen,
negligere, relinquere, susque deque habere, er host so hin, trahit,
maralur rem, wozu ein schweizerisches subst. böseler, unent-
schieden und nicht fest außretender mann stimmt: wenn es
schon zuweilen Vreneli dünkte, Uli sollte auf festeren füszen
stehen, so war er doch ein mann, und nicht so ein züt'.el,
ein fösel und höseler. J. Gottbelf Uli d. pächter IST.
HOSENBAND, n. l) band zur befestigung der hosen: wann
er zweierlei hosenband hat. tceisth. l, 797 : 1639 it/r<i t« Ulm
den gemeinen handtcerksteuten das tragen von gülden und silberin
spitzen an hosenbändern verboten. Adrian mittheilungen 316;
bei tceibem, zur befestigung der unter- oder schlafhosen :
etlich die hosenband luck binden;
wilt du {ein ßok aprichl) dich dan dazwischen finden,
so ziben si denselben zu
und fangen dich in guter ruh. Fischabt dicht. 3,30,1049;
der orden des blauen hosenbandes in Engelland , ordo peri-
scelidis Frisch 1,470*. j. hosenbendcl.
2) hosenband, auch Strumpfband, eine fischart, syngnallius
periscelis. Nemxich 4, 1412.
HOSENBANDORDEN , m. englisch order of the garter; ein
im 14. jahrh. gestifteter rüternrden.
HOSENBEIN, n. der das bein bedeckende theü der hose.
HOSENBENDEL , m. binde zum befestigen der hosen {oder
der beinstrümpfe , nacA hose 2) : die hosenbendel , genualia,
fasciae Maaler 231* ; liga hoesenbendel Dief. 329' ; sie (frauen)
trugen weisz scharlachen hosen, die giengen gerad drei finger
breit über die knie : die hosenbendel waren eben der färb,
deren die armband und händschuch, und bunden sie kreuz-
weis oben unter dem knie. Fischar,t Garg. 251' ; bind den
rechten hosenbendel steifer auf dann den linken, groszm. 86 ;
unter den knien herum, allwo man dazumal die hosenbändel
zu binden pflegte (an ofßciershosen). Simpl. 3, 13t Kurz.
HOSENBLETZER, ni. hosenßicker: sarcinator, flicker, hosen-
hletzer Golii onOTJ. (1582) 207 ; hosenplätzer sarcinator Maater
231*; ettliche hümpler und alt hosen pletzer. F. Genge.n-
bach 186.
HOSENBOMPER, m. crepitus ventrU. Stieler 212.
HOSENBU.ND, m. der breite streif zeug oben >an den hosen.
HOSENBLSZER, m. femoralium refector. Stieler 261.
HOSENBUTTER, f. butter die man in hölzerne fäszchen ein-
zudrücken pflegt {vgl. hose 11,6). Jacobssom 6,119'.
HOSENFLICKER, m. caligarum interpolator. Stieler 517 :
gleichwie die unverscbempte Nas,
der nur ein bosenQicker was.
Fischart dicht. 1, 172, 1560 Kurz.
hosenflicker nennen die jäger scherzhaft ein angehendes oder vier-
jähriges schteein, weil es wegen seiner geschwi>tdi(ikeit und herz-
haßigkeit den beinen am gefährlichsten ist. Jacübsso:« 2, 259*.
HOSENGERUCH, m. pedor. Stieler 1530.
HOSENGESÄSZ, n. der theil der hosen der das gesdsz bedeckt:
die hembder leilachen und hosengesäsz mit wasser darin
werrauth gesotten ist, bestrichen {Schutzmittel wider insecten).
Tabernaemont. 12.
HOSENHAFTE.N, m. plur. haßen oder haken an den hosen,
woran ehemals die hosenträger befestigt wurden. Frisch 1, 470'.
HOSENHALFTER, m. hosenträger. Jacobsson 2, 289*. vergl.
halfter 2, sp. 226.
HOSENHEBE, f hosenträger; vornehmluh im östlichen Mittel-
deutschland. RCdigeb neuester Zuwachs 2, 86.
HOSENJAUCHZER, -JUCHZER, m. .• hosenjauchser crepüus
tentris Corvinls (1060) im regiMer; hosenjuchzer Stieler 901.
HOSENKACKERLING, m.: ich bin von den Freundsinseln,
der grosze hosenkackerling, epops maximus poljcacaromer-
dicus. Göthe 14. 101 {die vOgel).
HOSENKLAPPE, f hosenlatz, s. d.
HOSENKNOPF, m. knöpf zur befestigung der hosen, glans
hraccarum. Stiele« 998;
IV. II.
die schiele Tbestylis hat äugen in dem köpfe,
so hat ein luchs sie nicht.
glaubt ihr, sie sieht euch ins gesicht,
so sieht sie nach dem hosenknopfe. Ltssine 1, 30.
HOSENKOCH. m. eine schimpfliche benennung, die die schneidet
ihren pfuschern geben. Jacobsson 2, 289*.
HOSENKREUZ, n. der die beine verbindende obere und hintere
theü der hosen.
HOSENLADEN, m. hosenlatz. romehmlich oberdeutsch, schwei-
zerisch. ToBLER 276'.
HOSENLAPPER. m. sarcinator. Stieler 1070. bei Fischart
hosenlepper: hosenlepper, schuhslepper. gro5im.48; Nas hosen-
lepper, lügenstepper, sarlor inter doctores, anser inter olores.
dicht. 1. 130 Kurz, randglosse.
HOSENLAPPERIN , f: hosen- iite strümpflapperin, sarn-
natrix. Stieler 1070.
HOSENLATZ, m.: hosenlatz, hosenklappe torn an den
hosen, tegmenlum fissurae femoralium Frisch 1,47o'; sie meinen,
dasz ihr todos los diabolos in dervorbnich, wie die Schweitzer
in dem hosenlatz, traget. A. Gryphics 1698 1, 762; eine mutter
überreicht ihrem auf reisen gehenden söhne drei nadeln : die dritte
zeige an, seinen hosenlatz fleiszig damit zuzustechen, das ist,
er sollte sich ja nicht an die huren hangen, kurzweil. Stock-
fisch (1724) 5.42.
HOSE.NLUMP, m. Schimpfwort für einen der in serlumplen
hosen einher geht : darauf wollen wir die luderteufel und hosen-
lump'en immer lassen dahin gehen, so lange es weret. Mcs-
cüLts hosenleufel D' ; hessisch hoselümper für einen abgerissenen
jun(,en, auch für den lumpensammler. Vilmar 175.
HOSENMACHER , m. braccarius. Stieler 863 ; caligarius
hosenmacher Dief. 90'.
HOSENNESTEL , m. nestel sur befestigung der hosen : liga
hosennestel, hosencstel, hosnestel Dief. 329* ; ligamen hosen-
nistel das.; wer yhn gab ein stuck von einem Spiegel oder
ein hoszennestel, dem gaben sy gold darfür. Frank weltb. 220*.
HOSE.NQU.\RTIERER, m. hosenbereiter, von Fischart ge-
braucht: der tcufel mahl oder schreib disen fundschwangern
kleidfuhrierern und hosenquatierern {so) ein formularbuch
von kleidern für. Garg. 157'. auch sonst werden furierer und
quartierer zusammen und in einem sinne genannt, vgl. tA. 4*, 752.
HOSENSACK, m. lasche in den hosen : schiebsack, sive hosen-
sack funda Stieler 1658 ; besagtes instrument , welches ich
gemeiniglich neben einem perspectiv im hosensack trug. Simpl.
1,246 Kurz; diese münze, die ringe und kleinodien steckte
ich in meine hosensäcke, stiffeln, hosen und pistolhulftern.
296; da er aber sähe, dasz sowol in meinen hosensäcken
als in den halftern pistolen Stacken. 3, 42 ; ich küssete sie
einmal, und sie füUete mir alle beide hosensäcke voll zucker-
näscherei. A. Gryphics 1698 1, 811 ;
doch als ich unten mich besah,
potz element! wie ward mir da!
ich hatte keine hosen !
der mutb steckt nicht im hosensack,
dacht ich. Blvmaikr 2, 30 {aeneide 2).
Sprichwörtlich: so wil ich . . meine feder und mein maul nicht
in hosensack stecken, sondern mit gottes hülf sehen, dasz
ich ihnen allein manns genug sei. Schlppils 271 ; dasz ich
mein maul nicht in hosensack gestecket habe, werden mir
e. hochrahts deputirte zeugnisz geben. 636. in Mittel- und
yorddeutschland ist jetzt dafür hosentasche allein üblich.
HOSENSCHEISZER, m. maculans, conspurcans caligas. Stie-
ler 1758; entweder als derbe bezeichnung eines kleinen knaben,
wie bei Frisch 1,470*, wie das dim. das Jung hosenscheiszerlin.
Garg. 112*, oder für einen alten mann : ein alter hosenscheiszer,
senex defloccatus, tremulus Steinbach 2,420; auch Schimpfwort
für einen mutlosen, ängstlichen, nach hose 5, f.
HOSENSCHLEICHER, m. creptus ventris. Stieler 1833.
HOSE.NSCHLITZ, m. der schlitz an den hosen : als er eins-
mals auf dem markt mit einem guten freunde redete, flöge
ihm eine taube zum hosenschlitze aus. u;iir. doct. 522.
HOSENSCHNEIDER, »«. Schneider der vorzüglich hosen ver-
fertigt.
HOSENSCHROTER, m. hosenschneider {vgl. Schröter): seinem
alten hosenschröler. Rode T. Jones 3, 156.
HOSE.NSEICHER, m. caligas urina humcctans. Stiel» 1998.
HOSENSENKEL, m. senket zur befestigung der hosen : es war
ihm so noth, dasz er vor der thür schon den hosensenkei
gelöset, polit. maulaffe 19.
HOSENSEUFZER, m. crepUus ventris. Stieler 2013.
116
1843
UOSENSTRICKER — HOSSEN
HOST — HOTT
1844
HOSE.NSTRICKER, tn. slricker langer beinstnmpfe (vergl.
hose 2) : hosenstricker ist noch au vielen orten so viel als
strumpfstiicker, Ubialium lexlor. FniscH l,47ü'; mein valer ist
sonst ein hosenstricker gewesen , und wann ich schweren
solte, so hätte er die strumpfe, die ihr da anhaht, gestricket.
ped. schul fuchs 242;
dann sonst war er (ein bürget) ein husenstricker.
Fischart dicht. 2, 153, 702.
HOSENSTRUMPF, m. beinstrumpf : die hosenslrümpf libiale
Haaler 231^
HOSENSTÜRMER, m.; wettete einsmahl mit einem für-
nehmen herrn, er wolte einen groszea hoscnstürmcr in ihrer
königl. mayest. gegenwart streichen lassen. Leyennalzs lustiger
correspotidenzgeist (l(j6S) s. 130.
HOSENTASCHE, f. sacculus in latcribits femoraliutn, hosen-
sack Frisch 1,470': der Engländer steckt die hünde in die
hosenlaschen, sieht ruhig zu. Holtei Lammfell I8ö.
HOSENTEUFEL, m. leufel der die mcnschea zur ausschreüung
in der hosenlracht verführt; tilel eines buchcs von Musculus
(s. quellenverz. zum 1. bände).
HOSENTRÄGER, »i. plur. über die schultern gehende boHen,
an denen die hosen gctraijen werden.
HOSENTUCH, n. tuch zu hosen : hosentuch, pannus de quo
ßunt calige. voc. ine. theul. ka'; eine faule cntschuldigung ist
so viel nutz als Adams feigenblutter zu hosentuch. Leu-
MANN 204;
da bieng ein rote» hostuch bei (ids iirris lieim kegelscbicben).
H. Sacus 1, 530' ;
Adams erstes hosentuch waren bläller von den feigen.
LoGAü 3, 30, 40.
HOSENVVIND, m. crepüus venlris. Stieleb 2464.
HOSENWOCHE, HOSEVVOCHE, f.: die funftzehnde woche
nach Weihnachten nennen sie die hosewoche, darumb, das
irem vorgeben nach die gerste, so in dieser wochen geseet
wird, geineinlich mit den ühren in den schoszbalgen, wie in
hosen, stecken bleibet. Martin GRussEit anleilung zu der land-
u-irtschaft (Görlitz 1590).
HOSICHT, adj. 1) mil hosen versehen, nocA hose 7,6; hosicht
sagt man von tauben und anderem geflügel, das federn an den
unterfüszen hat. Frisch 1, 470*.
2) anders bei Stielek, als adv.: hosicht tarde, lente, cunc-
tanter, ein hoser, Icnlulus, cunclator, tnorator u. s. w. 863. vgl.
hosen 2 oben sp. 1841.
HÖSLEIN, n. kleine hose, in den verschiedenen bedeulumjen
des eben genantUen ivurtes: der erweit abt soI . . die lobenipter
ander der infel, mit ringen, hendschuchcn, daimatic und
höszlin singen. Oheims ehr. v. Reichenau 135, 21 ; als Ueiduny
eines federspiels:
lancvesjel, würrel und hoselin
da; wären diu kleit sin. Haupts zeitschr. 1, 341, 9;
höslein, die linsen förmioen anhänge an den hinlerbeinen der
arbeüsbienen. Jacousson 2,2i9', vgl. hf^schen.
HOSPITAL , 11. au* lat. hospitale frühe übernommen , denn
schon ahd. begegnet hospitaihfts und liospilaröhüs ;)<ocft;um Graff
4, 1055, mhd. hospiläl , doch wird das gekürzte spital , spitlel
(». d.) in gewöhnlicher rede bei weitem vorgezogen : hospitale
hospitael, hospital Dief. 2SI'; es ist theils ein pflegehaus für
alter, armut und gebrechlichlwä, Ifieils ein krankcnhaus durunter
verstanden : von anstellung reputirlicher hospitälcn, darin ein
redlicher cavallier seinen unterhalt haben könne, wann er in
Unglück komme. Schuppius 82 ; haben wir nicht schöne hospi-
lalia bauen lassen? 88; denen armen leuten in den hospitalen
verehre ich eine goldwage. (>U8; er neige seine obren zu dem
wcisenhausz und andern hospilalien. ü<>9; hospiläl für alle
leute, geronlocomium Frisch 1,470'. der plural wird jetzt ge-
wöhnlich hospilaler gebildet.
HOSPITALMEISTER, m. provisor xenodochii, inßrmarius, in
den klöttem. Frisch 1,470*.
HOSPITALPFLEGKR, m. praefectui ]4ochü. das.
HOSPITALSCHIFF, n. schiff bei einer floUe, das die kranken
und verwundeten fiüirt. Jacobssün 2, 'IS'/.
HOSI'ITALVEHWALTEH, m. praefectus ptochü.
MO;^l'ITALVOhSTEHER, m. dasselbe.
HOSSEN, verb. schultern, sich stark bewegen, ein butn.yihei
und schwibischei wort, mhd. hopsen schnell laufen LtvtR wb.
1,1345; bairisch hossen gchn, laufen, kmhicm, aus dem haust
griUltt titugeken, ausier dem hause herum gehen, hausieren^
iptaktm teke» Scbm. l, llSl Fromm.; die kugel rennt hosieo,
sagt der keyelspieler, wenn sie von der bahn abspringt. 1182; in
7iro/ hossen rütteln, stark in bewegung setzen mil dabei verbun-
deneni gelOse, z. b. der wagen hossl, der vater hossl das kind
auf den knien. Fromm. G, 155; tn Kärnten hossen schaukeln,
namentlich auf den knien, wobei hoss! hoss! gerufen wird.
Leier 144; t« Schwaben hossen wiegen, schaukeln, hin und
Iter, auf und ab bewegen Schmid 288. H. Sachs braucht das
wort von der erschütlerung beini lachen (wofür sonst hotzeln,
s. unten):
des laclit man mein, das man thut hossen. 1,542';
ir wert lachen, das ir niüst hossen. 3, 1, 238';
jelx lacli wir all sein das wir hossen. 3, 2, 32'.
In anderm sinne: es will nicht hossen. hossen heiszt ge-
leiten , weichen , fort gehen, was nun nicht fort will , und
da kein glück bei ist, das kann nicht hossen, es stehet und
will nil fort. Acricola sprichw. 1537 no. 620. in dieser bedeu-
tung, wofür aber sonst hollen (s. d.) gebraucht wird, würde das
wort zunächst mit hessisch huscheln eilfertig, ungenau arbeilen,
huschelig, hosselig, unordentlich, huschel, hosscl eine unordent-
liche fraucnsperson (Vii.mar 180) sich berühren.
HOST, antreibender fuhrmannsruf:
zwo her an, groniiiiuun und pleszlein (jtferdenamen),
hotic host sunder und zwuder herein,
fclblein, preinilein, streichet zu. fasiii. sp. 248, 4.
HOSTIE, f nach lat. hostia: hostia hostie Dief. 281*, auch
ostcy ScuM. 1,1180 Fromm.; die hoslie nehmen, das abcnd-
mahl nehmen;
sagen sie
dem priuzen, dasz er denken soll des eides,
den wir in jenen schwärmerischen tagen
auf die getheilie hoslie geschworen.
Schiller Karlos 4, 21 ;
und inüszt ich auch die königiu durchbohren,
ich hab es auf die hoslie geschworen. M. Üluarl 3, 6;
auch diese sühne, die wir jetzt vollbracbl,
wünscht er zu heilgeu ; sein begehren ist,
dasz wir auf unsern buud die hostie nehmen.
UuLAND Ludwig 124.
IIOSTIENBACKER, m.
HOSTIENEISEN, »i. oblaleneisen. Jacobsson 6, 120*.
HOTT, HOTTA, HOTTE, zuruf an thiere, meist fuhrmanns-
wort.
1) im allgemein treibenden, sclwuchenden sinne:
die naclitigal, die nacbtigal,
die sasz auf einer stunden,
siu sang der braut den 'hott vom zäun!'
sie dacht sie selber zbrautcn.
UuLANU vulkst. 42 (voijelhociiziit) ;
und dann rein ermunternder zuruf an zuyvieh : wenn ein roller
etwan ein pferd hat und spricht Heinzliii holla, hilsla Heinzlin,
CS kcrt sich nit daran. Keisersuerg sünd. d. munds 35'; nun
holla Rläszle hcijuni, dasz man noch ferner kum. Fischart
gruszm. Ol ; hotia schimmele schelmele I Carg. 134 ;
nun, weils denn so ist, holt! mein gäulcbiMi. grad nach hau.«!
WlBLAHD 18, 130.
2) häufiger zuruf nach rechts zu gelten ; vielleicht hat sich dieser
sinn aus dem vorigen nur herausgebildet wed bei dem Zweigespann
der zuruf holt an das haupipferd, das rechts gehende saltelpferd
am meisten gerichtet wurde: hott lechls, schwudc, links, bei
deu fuhileulen. Rüdiger neuester zuw. 2, MS; rufen sie holla,
so gehls wüst. Garg. 213'; sind wort, so die ackerleule in
brauch haben: fornen dran, ist bot fornen, auf die rechte
band. Puii.ander 2, .104; die herrcn inüssens einnehmen wie
sie es atisgeben, rufen sie holt so gehls suder. Lehmann 87;
wenn ich holte schrie, lenkten sie wüste. Thlmmki. :.. iii2;
da lenkt sich all mein leben, hott!
leicht, wie mein »attclpferd !
K. Schmidt im Leipziger mu.u-iidini '
bei aufzäldung ton fuhrmannsrufcn :
wer mit pferdcn roden wil,
darl den Amadis nicht viel;
huttc, dtoh,
l.schwuid und o !
wor OS kan mit ftisz. hand. ininid,
kau der spräche meidiMi griind.
LocAU 1, 125, 'Mi {die fuhrmannsspracht) i
als kehrrtim in einem spoltliede auf bauern :
die bauern von lanct Pölton,
darxu dio gante gmcin,
wUiie! noita ho!
de ritten out ein hucliicil,
Ir kßinor bllb duheiin,
wUilo 1 holla bo bo ! ühi.aiip voUuL 661.
1845
HOTTE — HOTTEN
HOTTEN — HOTZELN
1846
3) daJier ah adverb der richiung: wie ein wagen, so in der |
nacht feret, und nach gedunken gehen mus, oft nicht weis, i
wohin, und wenn er meinet, er wolle holhin faren, so ist |
er schwothin gefaren. Lcther 6, 13S'; das auf dem rechten |
wege nichts bleiben wil. es wil entweder hotte oder schwode j
hinaus, wie die kollern und tollern geule thun. 157'; ein |
ungleich paar ochsen , die ackern sollen, da einer hott, der
ander har gehet, die werden nimmermehr keine starke forch
machen. Creidics 1,476; einer will hol, der ander wüst oder
haar. Würhsaam wurmland 38;
einer lauft hotie hin,
der ander zwutte nach seinem sin,
der dritt gradaus. Etkhisc 2, 48 ;
hotta tibi deilram, sed dat tibi westa sinistram. interim 513.
vgl auch hotto und hotten.
HOTTE, /. 1) ein gefäsz auf dem rücicen zu tragen; theils
von hol:, eine bültc: hotte, ein langes hölzernes gefäsz, eine
biitte so man auf dem rücken trägt Jacobssox 2,289*; schicäbisch
hotte butte Schmid 282; rheinisch hotte eine art bütle die an
riemen auf dem rücken getragen unrd Kedreix 202 ; theils von
weidengejlecht, so in der Schweiz: hutte, ein derartiger rücken-
korb, auch als masz für trockene fruchte gebraucht. Stalder 2, 67.
die mnzer tragen in der hotte die trauben zur kelter, daher:
item zum eilflen mal fragt der schnltes den schöffen , wie
dick der gemein man . . soll und verpflichtig sei burgkwerk
gen Hornbach in dem jähr zu thun?. . antwortt der schöffen,
das der benant man soll solches in dem jähr thun dreimal
mit der hauwen und mit der hotten, weisth. 5, 6ft7 (rheinisch,
von 1476), d. h. zu den zeiten wenn der wein behauen und wenn
er gelesen wird.
2) hotte, buttermilch oder quark, im öälichen Mitteldeutschland
und niederdeutsch: serum secundarium hotte 1 bottermilch Dief.
530" {aus Teochus) ; 'seruncula hotte das. {niederd. vocab. von
1420) ; battudo hott , hotte 70' ; battudo , balducta hotte nov.
gloss. 50' {aus niederdeutschen vocabularien) ; hotte , die geron-
nene und dann aufgewärmte milch, woraus käse gemacht wird.
ScHAMBACH SC' ; niederländisch hotte t. matten, lac coagulatum
KiLiA5 ; in der zeilung Deutschland vom 10. sept. 1S65 zeigt ein
käsefabrikant aus Vogelsberg bei Weimar an: ich mache hier-
durch bekannt, dasz ich gut aufgetretene und ausgepreszte
käsehotten (käsematz) kaufe.
3) in ^iederhessen sind hotten, schwinghotten die wolligen
ßachsabfäUe, welche sich bei dem schwingen des flachses bilden.
VlLHAR 176.
4) hotte, »n Bünden ein leitseil. Stat.der 2, 57.
Die bedeutungen 1-3 sind wol nicMs anders als Vereinzelungen
der allgemeinen zu gründe liegenden Vorstellung des schaukelns
und Schwingens, die in einer reihe von hierher gehörigen land-
schaftlichen Wörtern deutlich zu tage tritt: in der bernischen
kindersprache heiszt hottel die kutsche und die Schaukel, hottern
schütteln, rütteln auf und ah (SrALnER 2,57): schwäbisch hottern
tieften hotschein und hotschen zittern (Schmid 282) ; kärntnisdi
hottein herumschweifen , lüdcrlich sein (Lexer 144) ; im nas-
sauischen hetszt hottern, wenn maulwürfe und grosze mause
im fortkriechen fast auf der Oberfläche das Imd durchwühlen
(Keiirein 202), vergl. unten hotten; seibat auf schwankende
gemütsbewegungen ist der begriff übertragen: hotterig unwillig,
launisch Stalder 2, 523. speciell die bedeutung oben 2 berührt
hessisches hottein und {selten) hotten, den scheidungsprocess der
milch bezeichnend, wenn sie zusammenläuft, d. h. käswasser und
käsestoff sich scheiden. Vilnar 176; im göltingischen hölteln, zu
hotte werden, gerinnen, sauer werden Schambach 86'; hoUänd.
hotten coagulare, coalrre, coalescere, concrescere Kilian. — hotte
leitseil {oben 4) geht wol direct auf das holten vorwärts treiben
der fuhrmannsspracite zurück.
HOTTEIAHLM, interj.:
hotteiabum, nun sin^ herumb,
bisz es auch an mich kuro. Garg. 87*.
HOTTEN, rer6. vorwärts treiben oder vorwärts gehen.
1) es ist ein fuhrmnnnswort, zur oben behandelten interjeclion
hott gehörig; entweder transitiv, gehen machen diepferde. Stai.der
2, 57 :
so mücht man auch wol unser spotten,
wenH wir das plint ros mfisten hotten, /a»*». >p. 788,22;
häufiger intransitiv, vorwärts kommen (Stalder das.): hielt es
härter, als bei einem fuhrmann, der mit geruiielem gespann
auf der ebne wol fortkommen , am berg aber nicht hotten
kann. Simpl. 1, 102 Kurz, bildlich : aber es wolle mit dem
römischen reich nun forthin nimmer weder hotten noch
schwoden. Mathes. Sar. 87', vgl. dazu oben hott 2 und 3;
wil es nicht schwudn, so musi es holin.
RiSKHART eiszleb. chrixtl. ntter F3.
2) nun auch auszerhalb der fuhrmannssprache und unpersön-
lich, vorwärts gehen, gedeihen, anschlagen : wenn nun das bösz
gewissen innen würt, das es an got zu einem scbelmen
worden ist, . . so will es vil hofierens mit gott anfahen,
dasz es sich wider zuflick, aber es will nit hotten. S. Frask
paradoxa 65'; sonder allein, wann wir zu bezalung unserer
schulden unser äuszersts und bestes . . gelhan, oder nit gnug-
same bürgschaft zu finden , und dasz es gar nicht hotten
will: so sagt unser liebe muter die h. kirch, dasz Christus
herfür musz, ut suppleat nostros defeclus. Fischart bienk.
101'; und dasz man dan auch fürgeben wil, dasz alle junge
und kleine sacramenllin under dem sacrament der busz be-
griffen seien . . das will auch nicht wol hotten. 166" ; so will
es doch nicht hotten. Philander 2,226;
aber, ach gott, es will nit hotten,
die bawren lassen sich nit spotten.
Fischart diclit. 1,9 Kurz (nachlrab 231);
thet mich zu den gauklem gsellen,
da es mir auch nicht hotten wollen.
Mangold markschiff (15%) E iiij.
auch in anderer fügung: als er aber die hosen herabstreifte,
wollen solche nicht hotten. Simpl. 3, 131 Kurz ; aber da es
wider an das ufsetzen galt, wolt die kunst nicht mehr hotten.
wiszbad. wisenbrünnl. 2, 156.
3) persönliches hotten, vorwärts geJien, wie noch jetzt schwäbisch
einen weg wandeln (Schmid 2S2):
do sy ('lie bauem) aber nit anders wollen,
musztend wir oucb nahin hotten,
und erretten vätterlich erb. rychstag 855 Seh.;
(der) auf einer merrhen (mähre) dahin drottet
und über ein wiesen hin hottet. IL Sachs 2, 4, 74' ;
wan dan kein mensch, der nicht wil mii-hin-hotten,
kan redlich sein ohn sorgen, angst, gefahr. WEcrueBLüt 43.
4) der Zusammenhang von hotten nii7 holteln und die grund-
bedeutung des rüitelns und schaukelns wird durch das bei dem
letzteren warte aufgeführte klar, im Niederdeutschen hat hotten
nefccn der bedeutung 2 auch die schleudern , schaukeln , uiegen.
Schambach S6'. vgl. auch hotze, hotzeln und holzen.
HOTTEPFERDLEI.N , n. schon lange in der kindersprache:
{einen brief) darinn er auch der vögelein, pölzlein und kleinen
hottepferdlein väterlich gedenket. Mathes. Sar. 53'; wie sie
auch vorzeiten ire meszstebe oder rulen und die kinder ire
hottepferdlein von solchen glatten, leichten und holen röhren
macheten. 104'; könig Agesilaus, da er mit seinen kindern
auf den stecken und hülzenen hollepferdleinen spielende
herum reit, katechism. 112.
HOTTO, ruf der kinder um ein pferd anzutreiben : da saszt
ihr mir im schoosz und rieft hotto ! und ich lief fort, euch
den hottogaul zu holen. Schiller räuber 4, 3.
HOTTOSTAN, »». name eines tanzes. in einem Neithartsliede
heiszt es:
do pfif er ir den firlefanz
wol nach der dörfer Sitten.
do tanzten sie den hottostan. Uhland rolksl. 648.
der name des tanzes, da er ein bäurischer ist, scheint herge-
nommen von dem zuruf hotlesla, der sonst dem Zugvieh gilt,
vgl. unter hott sp. 1S44.
HOTTICHT, n. lumpenpack, lumpiges gesindel; in verstär-
kender Zusammensetzung : das ärgste lumpenhotligt. causenm.ii.
es ist jedenfalls mit dem von Vilmar ISO als vorzugsweise nieder-
hessisch verzeichneten hultich, holtich, butch, masc, Schimpfwort
fitr einen arm.vligen, lumpigen, bettcllisiften menschen, auch in
dem verschärfenden compositum lausehottich, lausehutch, aufs
engste verwandt, das sicii seinerseits wieder mit hudel berührt,
s. dort.
HOTZE, /*. wiege, cunae, eunabulum, ineunabulum Stieler
8G3. holze hotsche Lexer 1, 1345 {aus Rothes düring. cJtrwiik).
vgl. unter holzein.
TIOTZEL, f getrocknete birne, s. hulzel.
nOTZELN, verb. schrumpfen, s. bulzcln.
HOTZELN, verb. rütteln, schüitern. der büdung nach iterativ
zu dem unten folgenden ziemlich gleichbedeutenden hotzen , ist
es nächster verwandter zu holteln und hotten {oben sp. 1845),
und mit seiner sippc durch Ober- und wenigstens das östliche
Mitteldeutschland Ins nach fiiederdeutsciüand verbreitet, mit etwas
116*
1847
HOTZELN — HOTZENBLOTZ
HOUP — HU
1848
vechselnder dentalis: schweizerisch hotzeln, hotzern, riUleln und
ijeriiUeÜ icerden mit hutzel, hutzle schaukel Stalder 2,58; es
hat mich gehotzelt, ich mustc lachen, dasz der bauch mir
schüUerte. das.; bei Maaler 231* hotzicn und sich gar er-
schütteu vun lachen , concuti cachinno , hotzlen , einen stosz
gäben, succtüere; hotzeln, secouer, elre secoue Ronüeau 317;
scliwäbisch hotschein , hantschein , hutsclieln ziUern vor frosl
ScHMiD 282; bair. hotzeln und, in der allem spräche hützern,
rütteln, schütteln Scim. 1,1195 Fromm.; ßr Hessen, Ditringen,
Obersachsen deutet der ganghare name der wiege holze, holz
(Vii.MAR 1"6. Adelung) auf die exislenz des worles, vergl. cuna
hocze DiEF. 162' und oscUlum, ludus minoris hoczelreyde Dief.
nov. gtoss. 274*, scuta huczelreyte 333' {aus müleldeulschen roca-
bularen des ib.jatirh.); niederdeutsch holze, hötze «'tei/e Scham-
BAca 86'; vergl. auch hossen sp. 1S43. die ältere Schriftsprache
hat das wort nur mdszig verwendet namentlich in zwei bedeu-
tungen :
1) schaukeln, wiegen, wie vian kindern thul: (die mi'Uter)
lehren sie {die söhne) dem vatler . . auf den beinen hotzeln,
'also reuten die bauren'. Garg. 68*; dann die arzet rhieten
nacii verscheinung der zeit, das man alszbald das kind an-
fangen soll zu tragen, zu hotzelen, zu blotzelen. in"; und
ward ein solcher vater ein solchen sons hoch erfrewet : halset
und küsst in, rätschelt in, pfetzelt in, kützelt in, hotzell in.
136' ; wann das kindt weinet und nicht mehr dasz hotzlen,
umbhintragen und aufheben erleiden kan. WCrz pract. der
wundarzn. (1612) 489; auch buckeln, auf den schullern tragen:
sie sind mit bänden und iuszen binangekrochen, dann lieszen
sie sich hotzlen auf den achseln. Frisch 1,471* {aus Hedions
kirchenhistorie).
2) schultern, vor lachen: der kaiser nam die zwen heller
und fieng an zu lachen dasz er hotzlet. Pauli schimpf i' ;
lachen dasz wir hotzlen. Philander 2,437; Simplicius aber.,
fing an zu lachen, dasz er hotzelte. Simpl. 3, 160 Kurz; hier
hätte man sehen sollen, wie sich die herren zerlacht haben,
dasz sie gehotzelt und die hosen halten müssen, geß. fink.231.
3) Fischart braucht hotzeln auch in der viehr verblaszten
bedetttung bewegen, sich bewegen: der bauch {musz) den füszen
nicht zu schwer und untrüglich werden, ihn hernach zu
hotzeln. Garp. 113*; darumb holzelt der ein hernider, das der
ander aufbotzel wider {bei complimenten). 45*.
HOTZE.N, verb., wie hotzeln.
1) sich auf und nieder bewegen, hüpfen, so schweizerisch
(Stalder 2, 58), mü hotz, hutz, antauf, salz zum schnellen auf-
stehen, springen, auch einzelner sprang, und mü hützen, rütteln,
zusammenrütteln , dann auch auffahren; in diesem sinne auch
bei Paracelsüs : folgt darausz mächtiger iiTsal , in welchem
schmierben, rauchen, waschen, schwitzen, holzen, ätzen ein-
gefürt worden, chir. schriß. 323 B, von dem herumrülteln eines
kranken; rennen :
do mit so sach man Cbnoczen
gen Triefuasen hoczen. ring 8', 41;
unruhig hin und her rücken : nit wais ich , wie es gangen,
oder was sie für ain warme ader befonden , sie (eine Jung-
frau) ist dem edelman in der schosz (auf dem schosze) über
sich gesprungen und gehotzet. Zimmer, chron. 1,440,1; tn
obscünem sinne bei Schm. 1,1195 Fromm, aufgeführt (aus dem
\b.jahrh.); von dem schultern beim lachen: Moyses lachet, dasz
er botzet. Ayrer proc. 2,3; mittel- und niederdeutsch holzen
wiegen. Schambach 86*; einiiotzen , quietum aliquem reddeie,
proprie motando et demukendo Stieler 863. ab davon, doch
auf üne grundvorstellung aurückfülirend steht das kärntnische
holzen, houlzen, trage sein, sich bald da bald dort niederlassen,
langsam arbeiten, mü der nebenform hotseben, houtschen, und
mü hotiche, hotze, hütsche, houtze lästige, träge, langsame
person. Lexeb 144. das schwäbische hotzen auf dem rücken
tragen, schleppen, scheint (doch vgl. hotzeln 1 a. e.) nur deno-
minativ zu hutze , das zwar oben in der bedeutung wiege auf-
geführt ward, leiclU aber auch, u-ie das verwandle holte {sp. 1845)
den korb bezeichnet haben kann; über die berührung beider be-
griffe und der worte dafür vergl. auch unter kötze 3, a. b tlieü
5,1904.
HOTZK.NBLOTZ, m. name eines gewürzten gerichtes, geringer
ali pfr ff erbruhe : (du sprichst) wie thel ich im daM ich etwa«
an Hat des pfeffers tiet . . Ihu du aimt und mach ain hotzcii-
blotz oder ain züsenlin . . wie macht man ainen holzenblotzT
wenn dir ain kaltes hünlin überbleibt, so scbiieidcHt du e»
Iq ain fcbüs«el, und tcbneideit rodecbl (rellig) oder rutunde 1
zwibcll dar an, und essich darüber, und machest es under-
ainander, das haiszet dann ain bolzenblotz oder zusenlin,
den mach für den pfeffer. Keisersberg hos im pf. isu e 6'
(1510 Ff 4').
HOUP, interjed. des anrufens : Treufreund, still ich hör
ihn wieder, houp! Hoffegut (antwortend), houp ! Göthe 14,79.
Hl), interj. in mehrfacher Verwendung.
1) ein brummen bezeichnend: darumb soll du nil allwcg
über sy (deine zöglintjc) brummen als ein brummender ber
und ymermeder machen bu hu. Keisersberg has im pf. Cc8'.
2) jämmerliches heulen wiedergebend :
M. hü, hü! es wird mir noch, bü hü! das herz zersprengen.
E. was gibts denn? AI. u liu hu, ich soll heut abend hängen!
GöTUK 13, 32.
3) das gefühl des schüttelnden frostes malend: wenn er (der
vogel, eine eulenarl) schreit, sö schreit er zitternt hu hu hu,
als ob in friese oder er zandklaffe vor froschl. Megenberg
224,15; 0 schu, schu , kalt, kalt, o weh! hu, hu, hu, wie
friert mich so sehr, der verirrte soldat 80; huh! wie das eis-
kalt durch meine ädern schauert! Schiller kab. u. liebe 5,7;
hu! üeberfrost! wie schüttelst du mein haupt!
GoKiNCK lied. zweier tieb. (1779) 82;
0 weh! in den bu.seu hinab laufls (das wasser)\
hu ! wie kalt ! Voss 2, 104 ;
dann liesz er still das buschig-e fleckchen,
und zitterte, und sagte : liu ! Freiligratu dicht. 3, 85.
norwegisch hututu , interjecliou des frierens. Asbjörnsen norske
folkenventyr s. 202.
4) am gewöhnlichsten schauder, plötzlich packendes entsetzen
ausdrückend: und als sy in das haus kam, sprach sie zu
den andern dirnen huw was ubergroszeu Übels. Stei.nbowel
(1555) bl.l; bu, er ist heisz! Klinger theater 4,116;
hu, wenn ich dessen gedenke mit grausen,
so überlauft mich eine gansehaut.
KoTZEBUB dram. sp. 1,309,
hu! ich erschrak! Voss 2,99;
nie kam mir damals in dem sinn,
ihr (cnnordcleii) könntet wieder auferstehen!
hu — ob ihrs könnt! Freiligratu diclil. 3,65.
gern mehrfach gesetzt: hu hu hu du böses weib! A. v. Ekbe
liautus 102'; ein bajonetstich? hu! hu! Kotzebdb dram. sp.
3,201;
ha sieh! ha sieh! im au|;enblick.
huhu! ein graszlich wunder! Bürger 15*;
hu hu! despotenbudelei!
gott wahre mich vor sciaverei. 20';
das grausen weht, das weiter saust,
und aus der erd empor, huhu !
fahrt eine schwarte rieseiifaust. 71';
hu hu! weh, web, oh mitte der nacht! Platin 264.
5) auch das komische entsetzen bezeichnend: Franiiska. berr
Wachtmeister! VV'«ner (mürrwc/i). geh sie ! /■ranz, hu! was sind
das für männer! Lessing 1,597;
hu hu! mit welchem feuerblicke
die scheimin dort mir lieblich winkt!
KoTZEBUE drum. s;>. 1,30;
selbst nur komisches erstaunen: hu! würde ein stolzer alge-
braist murmeln, ihr mein freund ein philosoph? laszt ein-
mal sehen. Lessing 11,28.
6) hu, lielz- uttd jagdruf: er spottete des wilden Jägers
und schrie: huhu, huhu, kliffklaff, kliffklaff! und hetzte die
bunde noch mehr an. Grimh deutsche sagen no. 173; hurra!
hu s;^ sa! hinten drein, camaraden! Fr. Müller 2,112;
da höret maa: juch schweio! bu sau! hu sfiuleiu! schreien.
Upbl w. Coun 279, 71.
geschrei eines tobenden mordlusligen :
hie mit schray er hfi liA
und ward wider uiisyiiuig als ee.
Vinblkh blHine d. t»g. hei Havpl 9,93.
vgl. Iiussa.
HU, m. in der redensart in einem hu, sofort, augenblicklich:
ich wiszt im wol in einem iiu zi'i hellen. Wickram rotlw.
116,25 A'urz. vgl. hui.
HU, «1. strix bubu, wegen seines geschieis (vergl. oben hu
no. 3): ahd. hun bulm (Iraff 4, s30 ; bubo huwo , iiuo, huw,
hue, hüw, hw, haw Uief.82'; slnjr wff I huw .S.Vi* ; der sperber
mit meiner arl, das keuzlin, der huw . . sol eurli unrein sein.
Züricher btbel 1580 98'; man soll ein spttriing iieiiimen, um/
inte die llügel oder füszlin hart zusammen binden, und also
densciliigen lassen schreien, so tliegen andere vOgel zu, und
wCileo iine belfeu, daou sie meinen nicht anders, dann ein
1849
HÜ — IltBEL
HÜBEL — HÜBEN
185Ö
I
hu oder ein kauz habe ine irgend« gefangen. Sebu /eW*. 611.
vgl. hub und huhu.
HÜ, interj. eines schluchzenden:
Esth. so sag mir was du willt, uud hör nur auf zu weinen!
liard. hü hü! es hälls mein herz, hü hü! es hälts nicht aus.
GöTHS 13, 32,
s. die fortsetzung dieser verse unter hu 2.
HÜ, in der fuhrmannssprache, antreibender zuruf: hü, Schim-
mel ! in Düringen auch hüa ! hü und hi Tobleb 27>>'. auch
zuruf an das Zugvieh, linkt zu gehen [gegensatz zu hott), tgl.
hi sp. 1305.
HLß, m. 1) die handlung des hebens : der den köbel . . .
mit vielversprechendem hub anseUI. Lichtenberg erklärung
von Hogarths kupfern (Stuttg. ls6S) 1,273; das ausheben, wählen:
hub, eleclio, segregatio, electio, ein hub aus der herde, oves
electibiles ex grege Stieler S05. meist in der technischen spräche:
hebung, sire hub der pferde, moüis crurum glomeralio Stieler
das. ; hub bei den l ergmaschinen das masz, nie hoch der kolben
in einer kolbenröhre am kunstgezeuge in die höhe steigt, vas man
an der stange in der obersten röhre beim ausgusz messen kann;
es ist auch zugleich das masz des vassers, Kelches ein kunst-
gezvug oder saugverk mit einem hub ausgieszt {tergl. auch kol-
benhub unter kolbe ~,b, theü 5, spalte 1606 f.). im hiUtenwerk
heiszt hub dte hebung oder das hochsteigen der puchstdmpel im
puchwerk und andern maschinen, uv hebarme und stämpel vor-
handen sind, die in die höhe gehen müssen; auch der halbe
Umlauf eines Wasserrades, bei den zünßen war der hub die
gerechtigkeü der u-itwe eines verstorbenen meisters, sieh aus den
sämtlichen Werkstätten iltrer zunß den geschicktesten gesellen aus-
zuheben, der in ihrer werkstätte meisterstelle vertreten sdite. der
bergmann nennt dem schusz den gehörigen hub geben, wenn
er bei dem bohren des gesteins, welches man mit schieszpulver
sprengen will, den bohrer etwas schief nach dem einbruch, der
schon im gestein vorhanden ist, und nicht in das ganze gestein
setzt. Jacobssos 2, 2b9'. 290*.
2) auch das gehobene, was ausgehoben wird, waffenfähige mann-
schaft: binnen vier und zwanzig stunden ist der hub eid-
genossischer mannschaft unter den vtaffen. Stolberg 6, 124.
was abgehoben wird, abhub, schlechtes Überbleibsel; bildlich {vgl.
abhub theü 1,5S): diesz (eine künstlerschitle) ist gar der hub,
durchlaucht I J. Paul komet 3, 139. was empor gehoben ist, gip,el:
ich habe die ehre den inonsieur Wüstemann zu kennen, und
bin mehrmal mit ihm in gesellschaft gewesen — das ist der
hub aller leichtfertigkeit. C. F. Weisze kinderfreund 5, 89.
HUB, f. ein schweizerisches wort, lange Öffnung oder Vertiefung
unter der erde, in welcher den u-inter durch sich murmelthiere
aufhalten. Stalder 2, 5S ; auch eine gegrabene Vertiefung : die
arbeiten {am Gotihardtunnel) sind energischer angepackt , die
rainirer dringen von hüben und drüben in den berg, haben
sich schon eine tiefe hub herausgewühlt, neue Zürcher zeitung
1*)72 wo. 50S.
HUB, f dialektische form von haube, in der bedeutung 5, vgl.
oben sp. 565 : das end des Schwanzes heiszt balanum , die
hub, capellus, preputium. Geesdohf feldb. d. wundarznei 15 ;
balanum, preputium, capellus ist die hub, oder das end der
inansruten. %.
HUB, «1. strix bubo. Nemsich. vgl. auch oben unter hu.
HUBE, /. s. hufe.
HUBEL, m. trog in den zinnhütten, worin beim schmelzen der
zinnstein mit schlacken beschickt wird. Jacobsso.n 2,290*. vergl.
unten bübeltrog.
HUBEL, m. die alte und jetzt noch ober- und theils mittel-
deutsche form für hügel : alts. huvil, liuvel ; mhd. hübel ; collis
hobel , hubbel , hübel , büebel , mit vocalverbreiterung auch
hewtTel und mü tenuis hoppel Dief. 132', welche form itn hessi-
schen hüppel , hoppel fortlebt (Vilnar 179) ; der selbige see
adder das w asser gyng um eynen groszen berg, an dem
berge hjng eyn grosz hofvel, dor uff lag eyne schöne borg,
der hofvel wasz . . gar genowe an dem berge, altd. blätter
1,133 (aus einer Leipziger handschr. des Ib. jahrh.); die Thonaw
aber die entspringt aus dem berg Abnoba auf einem hübe!
oder reyn. Micvll. Tacit. 43S' ; an demselbigen hübel , der
sehr hoch zu steigen ist. Thcrkeiszer magn. alchym. 1,118;
es wachset auf dünen hübein und rechen. Tabebnaeu. 516.
auch ßr erhöhung von fleischtheilen : die fleischichten hübel an
dem gaum sind hoch erhaben. Zechenoorfer 1,28. bei den
Jägern heiszt huhel die kleine höhe von erde, welche zuischen den
klauen bleibt m der hirschfährte. Frisch 1, 471* aus Flemungs
teutschem jäger (Göchhausen not. ver. 24 nennt sie hüglein).
das wort ist jetzt noch bairisch {wo es nicht nur eine anhöhe,
sondern auch die beule, und in der redensart he henkt de hübe!
auch den köpf bedeutet. Sch». 1, 1039 Fromm.); östreichisch
(Castelli 169), kärntnisch (Lexer 145), und namentlich längs
dem Rheine bekannt (Fromm. 2, 552. 3, 47 ; hübel, hüwel, hüw-
wel, hiwwel, hüppel, hippel, heppel, hoppel, böppel, huppel
Kehbein 203), geht auch durch Westfalen und Hessen, und findet
sich in Schlesien wieder (Weinhold 37'); hübel pro hügel yrumus,
umbo Steinbach 1, 7S9 als landschaftlich; auch in Obersachsen
wenigstens in der bedeutung einer geschwulst oder eines wulstes:
hübel, tuber, hübeigen an einer höhne, tuberculum fabae.
Hederich 1334, hier von hügel unterschieden; nied^^rl. hovel,
heuvel collis, monticulus, clivus Kilian. s. hügel.
HÜBEL, m. hobel, s. sp. 15S7.
HÜBELBEERE, /". vaccinium oxycoccos, moosbeere, kranich-
beere. Nemmch.
HÜBELER, m. lädier, schmäher, vergl. hübein: dasz nicht
grobe hübeler, ausschwätzer und wascher darüber {über das
buch) kommen. Schweisichex l, 13.
HÜBELICHT, adj. mit hügeln versehen, voüer hügel; in der
erweiterten form hübelechtig: sollen ein erdreich erwählen,
das hübelechtig und bergechtig seie. Tabernaem. 659; — mit
buckeln versehen : hübelicht, tuberosus, hübelichte Stirn tuberosa
frons Hedebicb 1334 ; in dem hublichten bein am ohr. Thübs-
EiszEB magna alchym. 2, 97.
HUBELN, verb. schelten, strafen; es ist landschaßiche neben-
form zu hobeln in der bedeutung 4, vgl. sp. 15S9. 1590; schwäb.
hüblen, buhlen, an den haaren schütteln, ausschelten Schmid 2»»;
dann ir band all beid furz gelan,
darum soll man ücb hüblen.
N. Manckl 442 Grüneixen.
HÜBELTROG, m. setztrog, ein ausgehauener groszer trog an
dem Zinnschmelzofen, mit einem haupt an einem orte, an dem an-
dern aber offen, zum vermischen des zinnsteins mit den schlacken,
min. lex. (1743) 304*. es berührt sich hier hübel der bedeulunq
nach weniger mit hübel collis, tuber, als vielmehr mit dem sp. 15S»
aufgeführten hobel, höbel decke, decket, vgl. auch oben hubel.
HÜBEN, adv. auf dieser seile, zusammengezogen aus hie üben.
das einfache üben, das sich zu über verhält, wie oben zu der
mundartlichen präposition ober, trjrd von Frisch 2, 398* als
alemannisch bezeichnet, die Zusammensetzung daüben, drüben ist
zufrühest von Steinbach 2,8S6 aufgeführt; später erst scheint die
nur nachgebildete form hüben aufgekommen zu sein. Stalder
2, 58 gibt hüben und drüben als bündnerisch, es ist aber ebenso
düringisch: höben und hebben im gegensatze von droben, drebben
Fromm. 3,54s. 549, koburgisch: hühm M/id dübra 2, 137, und beim
Pfälzer Fr. .MCller begegnen, so viel ersiclttlicA , die ersten bei-
spiele des gebrauchs in der Schriftsprache: wären wir denn nicht
hüben in Elysium? 2,284; die beine hüben und drüben im
sattel. 125; wenig später wird das wort von Götbe sehr bevor-
zugt, entweder in der verstärkenden Verbindung hier hüben : es
habe die nacht über von der capelle dergesMJt gestöhnt und
gebrummt, dasz felsen und häuser hier hüben hätten erzittern
mögen. 23, 57 ; oder gewöhnlich in Zusammenstellung mit dem
gegensatz drüben {s. manche beispiele theil 2, 143S. 1439) : da war
der neuerrichtete Springbrunnen mit zwei groszen kufen rechts
und links, in welche der doppeladler auf dem Ständer, weiszen
wein hüben und rolhen wein drüben aus seinen zwei schnä-
beln ausgieszen sollte. 24,315; wie sonderbar müszte mir
Jena erscheinen, wenn ich sie drüben nicht anträfe? ich
freue mich nunmehr auf diesen aufenthall, da ich sonst,
wenn ich sie hüben (hier in Weimar) hätte lassen müssen,
nur zwiespältig mit mir selbst gewesen wäre, an Schiller 386;
wohin? wohin? die breite schwoll;
des Wassers ist hüben und drüben voll, werke 2, 38 ;
schon hüben und drüben sind berge versunken. 4, 201 ;
und wie ich das liolTe, so kommt mir die menge,
nimmt hüben und drüben mich derb ins gedrange. 322.
nicht so häufig bei andern Schriftstellern : herr, wir sind über
den bergen hüben . . . wenn sie drüben sind , befehlen sie
in Frankreich, wie sie wollen. Schiller 1083 ; wie ein schäu-
mender drache mit aufgesperrtem rächen braust er hüben
und drüben. Bettine briefe 2,63; weil die streitenden viel-
leicht nur hüben und drüben ein syslem gellend machen
: wollten. TiECK ges. nov. 1,5;
I rill voran durch grüne ■waldung,
durch die sanften thale hüben, werke 1,3};
1851
HUBER — HÜBSCH
HÜBSCH
1852
hüben ich, du drüben. Rückert 340;
vom gedanken bis zur that
schlug ich dreist die briicke ;
hüben .steh ich, und kein pfad
(ührl mich je turückc! Fkeiligrath (UcIiI. 2, 113.
HL'BER, VI. nebenform zu hofer Intckel, Iwcker, sp. 16&4, am
Mittehhein: gibber liuber Dief. 202* {aus dem vor., ex quo von
1472) ; huber, gibber, gibbus, tuber, xvfös der ein hubcr hat.
Ai.BERDs dict. Ssij {neben hofer, gibbus, huber Tt l').
HÜBER, m. 6e.<fi7rfr eines halben hofs oder einer Itufe. bairisch,
neben Iiübner und hübler. ScnM. 1,1039 Fromm.; ehässiseh
huber und hucber. iceislh. 1,CS5; fränkisch hüber: wir die
hüber gemeinlich des hubgerichls zu Hünerscher. ireisth. i,'T,
{von 1566); und hoeber: so sollen die boeber Ire frucht, die
binnen der hoben West {wächst), daselbst und nirgenl anders
malen, veisth. l, 608 {von 150'). vgl. hüfner.
HUBERDE, f.: der {Prometheus) kond usz huberden oder
Ictt schön und rninneclich pestalt der menschen formieren.
Spiegel der naren rhetoric (1493) e l'.
HUBERRECHT, n. recht der huber: frcihcilen und huebcr-
recht desz dinkhoffs zue Güllweiller. u-eisth. A,hb. s. hubrecht.
HÜBERSCHAFT, f. gesamthcü der huber und ihre Zusammen-
kunft: zu Gemünden ist ein huberscbaft jarlich.? uf trinitatis
under der linden, weislh. 2. 169. vgl. hubschaft.
HÜBGELD , n. zins von einem erblehcngvte. Haltaus 9C0.
s. hubpfennig, hubzins.
HUBGERICHT, n. ein aus hubern zusammengesetztes, über
rechtsverhäUnisse von gruud und boden aburtheilendes gericht :
wir die hüber gemeinlich des hubgerichts zu Hünerscher.
veisth. 1,797 {fränkisch, von 1566);
jetzt dachten unsre freien männer nicht
an hub- und hainpericht und markpeiling.
wo raan um esch und holztheil spräche lialt. Uhland Ernst 64.
dazu hubgerichtsherr. hubgerichlstag weislh. a. a. o.
HURGUT, n. erblehengut: alda sollen ersflichen die hueber
durch den meyern bei ihrem aidt gefragt werden , ob kein
buobguet ohn empfangen versetzt oder verendert seye. weislh.
4, 55 {elsässisch) ; ein haupthuobgutt. s. 29 {von 157S).
HüBHAUS, fi. haus in dem der meister der huber wohnt:
mit sambt dem ungelt jarlich in das huebhaus zu Wien ver-
raiten {zahlen), urk. Max. 17t.
HüBHOF, m. hof eines hubers: swenne die huober bedorfent
uffen ir huophöve bolzes. weisth.4,2M {Elsasz, i^.jahrh.); sol
man sine {des vogtes) ros stellen uf den huopbof, und der
dar ufTe gesejjen ist, der sol ime truckenen stal und ge-
rumete cripfe geben, das.
HUBHOLZ, n. holz was zu einem erblehngule gehört: ouch sol
nyemand das buhholz verkoufen und die hoffalmend nieszen
dann die huber. weisth. 4, 33 {Elsasz, von 1420).
HÜBIG, adj. hüben enthiltend: hubige guter, vgl. hufig.
HÜBIG, adj. einen hub in sich schlieszend oder betreffend, in
der bergmannssprache und in den Zusammensetzungen gering-,
hoch-, vollhübig. Veith bergwörterb. 277.
HÜBMANN. m. huber, besitzer einer {dem erbherrn zinspflich-
tigen) hufe: huhnian. feodnlis voc. von 1419 bei Scni«. l,1040Fr(wnf??.
HÜBMEISTER, m. aufscher über die {zinspflichtigen) huber:
wil mir der hubmeister den macherinn . . . nit geben, urk.
A/ox. S6; die becden ungelter {zu st. Pulten) sollen dem hueb-
meister zu Wien gelobt und gesworn . . sein. 171.
HCBNER, m. vergl. unter hüfner.
HUBPFENNIG, m. hubgeld. Haltaos 960.
HUBRECH J, n. was den hubern rechtlich gebührt: und sol
ouch geben den hubem zu huprehte ein vierteil vvines. weisth.
1,677 {Unlerehasz) ; auch abgäbe die die huher zahlen müssen:
so Til der erben seinl, die ein hauptguet zu teilen halten,
die alle sollen einen träger und hubrechl geben. 685; und
von den minercn und den meren und winzins roI ein huop-
recbt sin 18 pf. 5,424 {ebendaher, von 1472); wer sin huprecht
in eime monade . . sinnig ist zuo geben, das.
HI'BRICHTFH, m. vorsilzer und beiiitzer des hubgerichts: uf
dornstag nach Michaelis anno 21 (1424) haben die hubrichler
n«z beveih mins gn. h. von Htrsou mit willen und gunsl
aller bubner bi im eitlen den hubspruch erofoeL «viit/i. <t,3l2
{Schwallen).
HÜBSCH, adj. elegant, pulchellut.
I) das zu hof gehörige adjrcliv hat »ich bereits im mhd. {ßr
die altere spräche entgehen lielei/e) in zwei formen gespulten:
h'ivesrh {rt/l. bAriHch tp. Ifls:,) und hiivescb, hiibesrli. letztere
form ntclU avtsrhttesjluh, aber doch vorwiegend dem sCiden Deutsch-
lands zufallend, und in der bedeutung von der erstem ursjmtng-
lich nicht geschieden : beide lehnen sich vornehmlich an hof 7
sp. 1056 an {curius hubessche Dief. 163'), und betonen das zier-
liche, feine, wie es einem hofholte gemäsz ist, in ansehen und
betragen, letzteres bei Konrad von Würzburc selbst in bezug auf
einen hund:
ein hübescher hunt. der .ipilte gegen »Inem herren schöne,
wan er sprang ür in unde bal in süejer stimme döne.
3'.I4, U.6 Bailich.
2) hübesch, hübsch gehl zunäclist auf die, hofessilte ken-
nende und übende, dann überhaupt gebildete, fein gesittete person:
honestus hübsche, hübsch, hubs, huhisch, hovesch Dief. 280";
urbanus hubische, hobiscb, hübsch, hibsch, hibs, hübsch nach
der stet sytien 629';
er wa."« des rate."! brücke.
und sanc vil wol von minnen . . .
er was hübesch und dar zuo wis. a. Heinrich 74;
muoter, ich wil iuch vertreten (heim tarne).
Pin hobescher man hat mich geiieten ;
der kürzet uns die wile lanc. ISciitliart von Haupt L, 23;
suraliche bijent ab der sniten
n.ich gar gebiurischen siten
und stö^ents in die sehüj^el wider:
dise unzuht länt die hübschen nider. Haupts ttschr. 7,175,39
ein weibspild, ein hübsche person,
der all ir liendel wol an stan. [a.itn. sp. 265, 20.
hübsch steht dann auch mehr euphemistisch : amasia hupsch wyb.
bupsch weih Dief. 28'; amasius hübsch man nor. gloss. 19';
rgl. unten hübscherin, hübschkind, hübschweib, franz. cour-
tisane; wiederum abei- auch dem sinne nach verließ, gebildet,
geustreich : nu hän ich kurz begriffen , wie der mensch der
ganzen werk sei geleich, dar umb haijt er in kriechischer
sprach microcosmus, daj ist als vil gesprochen als die ciain
werlt. dar umb sprcchent hübsch leut : ich sach alle werlt
in ainem rock. Mecenberc 4, 9. — selbst von gott, in der be-
deutung wolwoUend, mild, gnädig: o herr mein gott, schöpfer,
erlöser und mein behalter, aller almerhtigster, aller weisester,
aller bester, ganz hüb.sch, süsz und barmherzig. Keisersbehc
eschenqrüdel bo'.
3) liübsch von gebaliren, handlungen und reden solcher per-
sonen : was du ungeschafens und wüstes findest an deinen
Sitten soltu strafen, was hübsch ist soltu behalten und noch
hübscher machen. Keisersberc «rr/j sc/ia/" 50'; die natürlichen
meister haben in irer schul und ubung furgenummen und
gedispuliert ein hübsche gemeine frag. A. v. Eyde i'orr. ; was
aber hübscher wort die frawe geprauchet, so sie unrecht und
wider iren man gelhan hat und .sich entschuldigen wil. 31* ;
solch hübsche rede der frauen liesz Dionisius der wülriih
ungestraft, wer wolt auch nit preisen die hübsche rede und
gescheidikeit. das.; welche {hebräische spräche) seer ein gött-
liche freundliche sprach ist, gibt der sachen feine namen.
das lusl ist, hat die hübschsten schönsten worl der liebe
und crkentnis. LurnER 4,114'; hüpsche und angenäme lieb-
liche .Sitten, die weit furträfTend gleich wie dj gold under
anderem metall, mores nnrei Maaler 232";
nichts edlers mag .sein auf erden,
daii ein reinsz wcip mit hübschen geperden,
die ganz mit tugenden ist gezirt. laxtn. .<;>. 2C0, 31 ;
ich kund auch hübsche siten wol. 105,6;
und ob iemant kem, der nach uns wurd fragen.
so sprecht, ir wiszi nicht hulisch von uns zu sarr ""v U.
adverbial :
wann ich euch oft v»r hab sehen tanzen,"
das ir so hübsch kund umher schwänzen. 716, 25.
4) die , neuere spräche bewahrt noch m anig fache iü>erreste dieser
sittlichen bedeutung von Iiübsch.
a) iiübsch von personen, wolgezogen, freundlieh, so in Paiem
Senn. 1,1040 Fromm.; in Ih'iringen und OI)ersachsen nicht nur
artig, gesittet, sondern auch von guter bürgerlicher Stellung, er
ist hübscher leute kiiid, stannnt aus einer angesehenen fimilie ;
Amalia. aber warum vcrlicur;ttlii-l ihr sie nicht {der bauer die
tochter)1 Thomas, ji! es ist auch im weike. ich habe titirn
bUlischen kerl für sie. t'iiii. F. Wki«ze kam. op. (1777) :t. IT';
Lieschen, alier Peter dauert mich {dasz er mich nicht Lnr^ifn
soll) . . die herren sind wid hübscher, sie können auch liüb-
«cher reden, aber es ist mir doch als glaubt ich Pelern mehr.
154; hübsche Idirger. Stiiiinc 1,1; oft ward Eutin .. durch-
mustert, wie andere hübsche leule so hübsch wohnten, die
rflthe, die prediger, der kaufmann, der bierbraiier, der berker.
Voss liriefe 2. «<t ; Umgang iiiil bübsriien leuten. 75; da ich
den Jüngern bruder {Wilhelm (Irimm) bei »einer durchreise
1853
HCBSCH
HÜBSCH
1854
hier kennen gelernt und ihn als einen ganz hübschen in
diesem fache ganz fleiszigen mann gefunden. Guthe briefe an
Voigt s. 290; wie man siehl, beschranken sich die beispiele auf
die trauliclie rede.
b) vom betragen, namentlich in der formet hübsch thun, zuvor-
kommend, artig, herzgcinnnend behandeln; so vom liebhaber gegen
das mädchen: es war ein Unglück für mich und sie, dasz
ich von ihr weggehen muszte, grade, da sie ihr gemüth auf
mich richtete und die andern abhielt, welche hübsch gegen
sie thaten. Freitag Imndschr. 2, 4iy ; aach von einer erzieherin
gegen die kinder : wenn ich ja wieder heirathen würde, müste
ich eine haben, die mit den kindern hübsch thäte und dabei
die wirthschaft wohl verstünde. GCnther 99". — Auch in
andern Wendungen der spräche des yemeinen lebens: er hat ein
hübsches betragen; er hat sich ganz hübsch benommen; es
war hübsch von ihm, dasz er das that ; es ist nicht hübsch,
praeter decorum, flagitium, turpe est. Stieler 809. in der Schweiz
heiszt hübsch sein zu gevatter stehen. Stalder 2, 58.
c) häufig ist hübsch in adverbialer Stellung und in dem sinne
gezwmend, wie sich schickt, doch oft so dasz die bedeulung nicht
mehr in toller schärfe gefühlt wird; ungefähr wie das adv. fein
(th. 3, 1455) üeht, mit dem hübsch auch verwechselt werden kann :
es war ein bal en masque vergangenen freitag . . aber ich
sähe ihn nicht, ging hübsch nach bett. Elis. Charl. v. Orlea.ns
(li6') 438; man musz , auch in der gelehrten weit , hübsch
leben und leben lassen. Lessi.ng 9,22%; es war doch gut in
der weit, wenn jeder so an seinem platzchen blieb, leben
lernte, und hübsch um sich bebaute. Klinger theater 4, 274 ;
hättest du alter esel den bullen hübsch bullen sein lassen,
so könntest du nun auch hübsch in heiler haut schlafen.
Siegfried v. Lindenb. 3, ST ; anstatt hübsch frisch zu rudern,
lassen sie den kahn treiben. Göthe 11, 95 ; nenn er sich aber
endlich entdecken müszte, so solle er hübsch artig und galant
sein. Ib, 305 ; hegte mein vater eine neue Sorgfalt, dasz auch
Jas englische hübsch in der reihe der übrigen Sprachbeschäf-
tigungen bliebe. 24, 195 ; gott erhalte uns alle hübsch gesund.
briefw. mit Zelter 416;
wer sind iie dann, niaüam? ich lebe so hübsch stille;
nach fremden frag ich nicht. Cao:<>GK 1, 7 ;
doch fahre hübsch in einer reihe fort.
was soll das sein? du bist bald hier bald dort ! Göthk 11, 141;
ihr alten herrn, wa:> macht ihr hier am ende?
ich lobt euch, wenn ich euch hübsch in der mitte Tände.
12, 212 ;
mit guusten, berr kai:>er, das laszt nur hübsch bleiben.
BCRGIIB t>7V
in der spräche des gemeinen lebens lujrt man mit knappem aus-
druck: da bittet man hübsch um Verzeihung (d.h. wer hübsch,
geziemend verfährt der handelt so) ; da klatscht man hübsch, rief
ein arbeiter in Leipzig einem kulscher nach, der rücksichtslos auf
die leute losfuhr.
d) auch ironisch wtrd hübsch so gesetzt; in Baieni das wirst
du auch hübsch kriegen (d. h. nicht) u. ähnliches Schm. 1, 1140
Fromm.; also ritten sie mit einander in Paris hinein, und
zwar das bäuerlein hübsch auf der rechten seile des köni^s.
Hebel 3 (1S53) 21; vergl. schon in der altern spraclie:
gedacht die stad zu stürmen,
gar hübsch er da eutpfungeu ward,
von mauren und von tbürmen.
Uii.OEBKi.>D volksl. 243 (von 1547)-
5) schon früh ist hübsch auch auf das zierliche aussehen einer
person oder ihrer kleidung und ausrüstung bezogen worden, eine
bedeulung die jetzt die herschende ist. pulcher hübsch, hibsch
i suberlich DiEF. 471'; j?uk7(«T hübesch, hübsch nov.gloss.30S*;
hübsch cenustus (neben urbanus) voc. ine. theut. k4'; hübsch
schon suber und wolgcstalt, formosus, huhsch machen, pexare,
redimire, venustare. das.; hüpsch schön angesicht, forma bona
Haalek 231*; do sach Lutziier, das er der schönesle und
der hybeste engel was under den engein allen: dovon viel
er in Übermut, d. städtechr.$,233,T; hienoch gebar eine judin
gar einen hübeschen kuaben genant Moyses. 260, 26 ; also
kuste ime eine hübesche frowe sine hant; do viel er in
grosze bekoruuge und glust gegen der frowen. 9,523,9; ist
das (eine Jungfrau ist vorher geschildert) nit ain hübsche, so
waisz ich nit wj hübsch ist. Keiseksberc schiff d. pen. 54* ;
eine hüpsche Jungfrau. Luther tischt. 402'; Lea hatte ein blöde
gesiebt, Raliel war hübsch und schön (Pa/'ri?. Se fji> xalrj
r<^ etSet, y.ai oi^aia rfj ö^ei aiföS^a sepluag). 1 Mos.
29,17; Joseph war schön und hübsch von angesicht. 39,6; ,
am lau lügt er allweg, das im die hüpschte metz audu- !
ziehen ward. WiCkRAM rollw. 62,21 Kurz; bedunken nicht einem
jeden äffen seine jtmgen die hipscheste? AVeckherli.n torr.
zu d. weltl. ged.; wer vor zwanzig jähren nicht hüpsch, vor
dreiszig jähren nicht stark . . wird, an dem ist alle hofnung
verlohren. Scuottel 1133'; ist die Jungfrau hübsch und schön,
sie ist von bösem sinn. 1144';
darzu bin ich hübsch und geran,
meius gleichen mau nicht uudeu kaa. foitn. sp. 103, 25;
manches sieht stats den Spiegel au,
sieht doch uüt hübsches darin stan.
Brant narrensch. 60, 30 ;
ein hipscbes angesicht. Wcckuerli.m 29S;
gott grüsze dich, hübsche, du feine !
von herzen gefallest du mir!
volkilieU 'nichts sciwners kann uns erfreun' ,
und bei den grillen der hübschen frauea
muszt du immer vergnüglich schauen. Goiue 2, 296 ;
das milchmädcheu da ist ein hübsches ding. 13,30.
sehr gewöhnlich ein hübsches mädchen, ein hübscher mann,
die frau ist noch immer hübsch, sprichwörtlich hübsche leute
haben auch gern hübsche kleidung. in bezug auf den anzug
und körperliche haltung: on dise schuw wer ir gang nit hübsch,
sunder krum, irrig und verfariich. Keisersberg bilg. 91*;
ich trag gern au ein hübsches kleiu fastn. sp. 519, 23.
adverbial: sich hübsch kleiden; und so die kommen sind,
hast du gebadet, hast dich ausgestrichen und auf das hüp-
schest aufgemutzt. Züriclier bibel (1530) 397.
6) einen ganz allgemeinen begriff hat weiter hübsch heraus-
gebildet, insofern es das, was angenehm auf die sinne wirkt,
schlechthin bezeichnet, wir sagen hübsches weiter, das uns eine
angenehme empfindung weckt , eine hübsche musik , die uns
gefällig ins ohr gelit; ein hubscher anblick; auf dem ball bei
N. war es hübsch ; der valer erzählte eine hübsche geschichte,
«. ähnl., selbst von ideen : ein hübscher eiufall, ein hübscher
gedanke; aus dem begriff angenehm sogar in den passend ver-
laufend: das ist eine hübsche gelegenheit; wir haben jetzt
gerade hübsche zeit, dieser gebrauch hat sich ebenfalls schon
in der dllern spräche entwickelt: Vicencius schribet in sime
buche genant speculuin historiale, eine hübesche rede von
der urstende. <i. stä^ttechr. 9, 501, 12 ; der herr . . hatte wachsen
lassen allerlei hübsche bewme (vorher: allerlei bewme lustig
anzusehen und gut zu essen). Luther 4,17'; das man nicht
nach werken richten sol, und nur sich hüten für hübschen
gleiszenden werken , denn je hübscher, je fehrlicher es ist.
34" ; ' getäfelt mit hübschen grünen zweigen, briefe 4, 8 ; mit
einer hübschen schminke anstreichen, tischr. 402' ; ein hüpsche
seel wil auch ein schönen leib haben. Frank spr. 1, 14l';
darnach fährst du in hübschen wagen, oder es geht dir ein
hübscher diener nach. Cur. F. Weisze kom. op. (1777) 3,15s;
noch schwebt ihnen das hübsche frohe leben vor, das sie
diese tage her dort gesehen. Götbe 23, 188 ; das vierte ist noch
ein ganz hübsches , vernünftiges gebietendes gebot. 17, 401 ;
der geist des gebirges . . wuszte wohl, dasz so ein dichter-
mensch viel hübsches wiedererzählen kann, und er liesz mich
diesen morgen seinen Harz sehen, v*ie ihn gewisz nicht jeder
sah, H. Uei>£ 1, 68 ;
das in einem halben jar
nie hübscher welter wart für war
denn es hiunacht ist gesin. Uioctel. 2628;
dort in der alten vätter hoch,
davon ein hüpsch bistori such. Scuwakzekberc 155';
uf einen sambstag das geschach
das mau ein hübsch scuermuizei sach
nicht weit von Weideubrugke.
Uu.OKBRA>D tolksl. 252,27 (i'on 1519j;
(man sah) die andern mucken eiubertrabeu
auf grillen, die im traben brungteu,
vor aiiilem plerden preis erlanRten.
nach diesem hübschen zeug salie man
die dapiru bremcn ziehen au. mUckcn!.i. 1, ^21;
dann regneten die mäulchen;
auf ihren rotheu mund ;
ein hübsches, festes siege!
für ihren ebebund ! Höltt 12 Halm ,-
nicht, dasz es was hübsches sei,
einen freund zu küssen. Göthb 1, 151 ;
willst du dir ein hübsch leben zimmern. 2,300;
an sant .\ffran tag . . ritten der von Augspurg Söldner hie
ausz. der was sicher ain so zierlicher, wol bezeugter zeu^.
das4 es hüpsch ze sehen was. d. städtechr. 5, 40, 22 ; der hulf
und die geselschaft was hübsch anzusehen. Aimon bog. d ;
wenu dii" ctwau ain anmutiger gedank cinfelt, so laufest du
1855
HÜBSCH — HÜBSCHEN
HÜBSCHERIN — HÜBSCHLICH
1856
im nach (wie einem Schmetterling) . . und machest dir es zu
tausent malen hüpsclier im köpf dann es an im selbs ist.
Keisfrsberg geistl. spinn, (granalapfel) N4'; das werk das am
scheinbarlichsten, hübschten , und besten ist, verdampt er,
das ander lobet er. Luther 4,34*. adverbial: freilich mag
sichs . . hübscher in einer schönen kutsche zu markte fahren
lassen, als auf einem korbwagen. C. F. Weisze kom. op. (17"7)
3,157; K. wo ist Fiesko? V. ertrunken! Z. antwortet die
hölle oder das tollhaus? V. erlrünkl, wenn das hübscher
lautet. Schiller Fiesko 5,17; und er setzte hübsch ausein-
ander, weshalb dieser vcrlust so sehr zu bedauern sei. Frevtag
kandschr. 1, 117 ; hörte einige ihrer lieder, die sie mit der zither,
ihrem lieblingsinstrumente , gar hübsch begleiten. H. Heine
1,33; bei den Chinesen gar ist es eine ordentliche lust zuzu-
sehen, wie sie . . die geliebten gräber gar hübsch zu ver-
zieren wissen. 44.
7) hübsch auch ironisch: das wird eine hübsche gcschichle
werden ; du hast mich da in eine hübsche Verlegenheit ge-
bracht ; er wird euch gar hübsch seinen zorn fühlen lassen ;
aber eine hübsche suppe wird da für den beiden nicht blos,
sondern auch für den lebensbeschreiber eingebrockt. J. Paul
uns. löge 2, 175.
8) hübsch geht endlich auch auf das der quantität nach nicht
als sehr grosz, aber als angenehm auffallende: Bartli Kinder-
knecht hat unerlaubt ein hüpsche eich us dem bannwald
genommen, urk. von 1557 bei Hotz Zürcher urkundenb. 1,84;
das falkenbergischc haus hebe sich seit einigen jähren und
thue hübsche kapitalien aus. J.Paul uns. löge 2,175;
das beste gut im dorf ist sein,
von allen bösen schulden rein :
er hat hübsch feld und wiesewachs.
Chr. f. Weisze kom. upcrn (1777) 3,179;
mein vater hinterliesz ein hübsch vermögen,
ein bauschen und ein gartchen vor der Stadt. Göthe 12,162;
madame Hahn war eine gute frau, ruhig, gleichmiiszig, mit
einer hübschen kleinen anläge zur beleibtheit. Freytag hand-
schnß 1, 191. vgl. unten hübscht.
HÜBSCH, adj. aus hübisch, zur gemeinschaß der huber, hüfner
gehörig : zu dem hübschen gutte (gute), weisth. 3, 742 {fränkisch,
10» 14S9); were da hübsche gutt habe, viel oder wenig, das.
(Keiler unten hubgut genannt).
HUBSCHAFT, f. die gcsamtheit der huher: im fahl einem
ein urthel vor gericht müssfallen wurde, hat er dieseibigc für
den dinkhoff zu appelieren, . . nach demselbigen für die ge-
meine huobschaft. ueisth. 4, 54 (Elsasz, von 1661).
HÜBSCHE, f. seltener für hübschheit, 5. unten.
1) glänz, würde der duszern Stellung: hüpsche diynUas Üasvp. ;
die hübsche des herren ist crhöcht über die steinen. Keisers-
BERG Sünden d. munds 86.
2) Schönheit, anmut der form: hüpsche, pulcliriludo, forma,
lenustas, species u. s. w. Dasvp. ; die hübsche nimpt ab nach
hinfal der jaren, fit minor annis forma. Maaler 232'; dyn
hübsche macht dich unflelig. Cyrill 39"; die natur verwun-
dert sich ab der natürlichen hübsch. 79'; von der lybiichen
hübsche, das.; die heilige schrift ist als ein spiegel, . . da
mügen wir unszere ungeschaffne und hübsche erkennen.
KtisERSBERC irrig scliaf 50"; die gütliche zierde und hübsche.
bilg. 91'; von der hübsche einer solchen gnadenrichen selc
verwunderen sich sunn und mon, wenn ire hübsche mag nil
verglicht werden mit diser sele. das.; solche ob beschrybne
meinung diendl als mer zu underschyd dann zu gestalt der
hübsche. DL'her vier büclier meiischl. proporl. Qiij'; veibunden
mit dem gleichbedeutenden schöne: solche sorg pflegen sie auf
ire schöne oder hüpsche zu wenden. Micyll. Tacit. 449'; es
gab ir auch gott darüber eine schöne und hüpsche. Zürcher
btbel 1530 615' (Judith 10,4; cui etiam dominus contulU splen-
dorem tulg.); uinb seiner hüpsche und schöne wegen. Amadis
3% ; man sol der hüpsche und schöne nit vertrauwen , »lon
credendum colort. Maaleh 232*. — I^och jetzt schweizerisch : dann
kam ihm wieder vor, dasz man am ende von der hübschi
nicht leben könne. J. Gotthklf Uli d. knechl (ih7u) s.'h; ich
sagte: schon mit manchen vornehmen herren hülle ich ge-
redel, gehör hätte mir jeder gegeben, abgehen werde ihm
nichts an seiner hübsche, wenn er schon ein paar worte
höre. Uli d. pdchter $. 78. vgl. hübsc hie.
HÜBSCHEN, rer6. l) hübsch machen: wir scchen das die
zierung und das aufmutzen die frawcn hüpscht und das alter
jünger und die jungen noch jünger scheinen macht. Wirsuhc
Calixstus (l520) R ij *. in Düringen Iteiszt sich anhübschen lier-
liche kleidung anlegen: ich musz mich erst anhübschen; die
frau hat sich einmal angehübscht !
2) hübschen, hfibsch, nett, schön uvrden. in der Schweiz.
Stalder 2, 58.
HÜBSCHERIN, f buhlerin, kebsweib. Frisch 1,477' aus Schillert
gloss. ; hübscherin, hübslerin Schm. I,tl40 Fromm., vgl. oben
hübscli 2, und hcubscherin sp. 1277 ; mhd. hübcschxrinne Lexer
1, 1373.
HÜBSCHHEIT, f. nach den verschiedenen bedeutungen von
hübsch.
1) nach hübsch 3, feines, gesittetes betragen, feinlieit des be-
nchmens, uie mhd. hübescheil Lexer 1,1.367: /lones/as hubsch-
heit, hiibsheit Dief. 280"; urbanitas hobischeit, hubischeit 629';
da (auf dem concil von Constanz) soviel büpschhait, klueghail
und sovil wunders da beschechen ist, dasz ain inentsch vor-
mals oder nach nie gehört noch gesehen hat. d. städtechron.
5,66,14; verdeckte wort werden oft zu belriegen , oft zu
schimpfe und hübscheit geiedt. A. v. Eybe 84'; da war einer
under inen, der die andern all ubertraff in person und klei-
dung, in hübschheil. Pauli schimpf 40' ;
der ding ich nit gelernet han,
wie man sich nach huhscheit sol koren, fnitn. tp. 105,4;
nu hört mein hübscheit von mir jungen !
ich han in dorfen getanzt und gesprungen.
darzuo truib ich solch gcradigkuit,
das mir holt warn alle rockenmait. 343, 17 ;
wer CS hint aller pest macht
mit hübschait und mit singen,
mit tanzen und mit springen,
des sol diser spiegel sein. 451, 16;
ich wil es auf mein warhait jehen,
ich hab kain hübschhait da von euch gesehen. 671, 24.
auch auf die liebeskünste gewendet (vgl. unter hübsch 2, sp. 1852):
tanzen, stechen und spatiern
und des nachts auf der gassen hofiern,
und was man von der hübschhait sagt,
dasselb mir alles mishagt,
und das Ist alles an mir derloschen,
wenn ich hab unten ausz getroschen. fasln, sp. 720, 18.
dann aber in tieferer bedeutung wohollen, milde, gnade, von goll
(hübsch 2 a. e., 5p. 1852): die gütikeit gots, in deren er allen
mönschen vvol will . . des gleichen sein barniherzikeil, süszi-
kcit, hübscheit. Keisersberc eschengrüdel bti*.
2) nach hübsch 5 , Schönheit , zierliches duszrre : pulcliriludo
hupscheit, hupschkeit Dief. 471'; das im Welschland kein
statt sei an hübscheit offner gemeiner gepew der stat gleich.
.S. Frank chron. 2l'; von einer heszlicben alten frawen sagt
er (Geiler von Keisersberg), sie hab alle slück der hübschheil
an ir, nur das sie versetzt , und an den unrechten orten
stünden, als das roth in den äugen, das schwarz an den zänen.
ZiNKGREF apophth. 1,222; hilbscbheit eines gartens, amoenüas
horti, hübschheit des gesiehts, honor frontis Stieler 809 ;
wur hübscheit im, und synem kinü
wünschet, der sucht ursach zii sünd.
wer Helena tut gwssen schon,
l'arisz het sie in Kriechen gelon. Bramt narrenacli. 26,45.
seit dem 17. Jahrhundert ist das wort erloschen, zum schaden der
spräche, der nun ein Substantiv lu hübsch entgehl.
HÜBSCHIGKEIT, f uilor, elegantia, dccor, venustas, formo-
sitas, dignitas. Stieler 809.
HÜBSCHKIND, n. uneheliches kind (vergl. unter hübsch 2
sp. tS52), srhweizerisrh : liübsclikind, bankert, kebskind Stalder
2, .58. Tom er 26!i'; dannenher bei inen der miszbrauch ein-
wuchs, dasz zwüschend eckindern und hüpschkindern oder
haslarden wenig undersrheids gehallcn ward. Stumpf I,20ü'.
HÜBSCHLICH, adj. und adv. in hübscher art ; hubschlich,
fiicete, urbane, venusle, pexe. voc. ine. theul. k 4*.
1) nach hübsch 3, artig, klug, fein, der guten gesellschaß
angemessen, von reden, benehmen, leibeskünsten, putz: hübsch-
li< h , fein wnl , pulchrr, eleganter, roncinne Maai.kr 232*; du
hast hübsrhiich oder wysziich geredl , dixli pulchrr. das. , er
kund aber pii n sieden, dasz die slil nil nasz wurden (tpnch-
U'örlltch) und tieng ainiiuil in ainem rat an zu reden g:ir
hübschhch, als er wnl kund. d. städtechron. 5,73,8;
daf ich mich so bnbscblich kan tiren
mit Ringen und tanzen unil hollren. fiisln. fp. 103,23;
wenn ich tliu über das pflnsier traben,
«0 mir die Iriiiien nach lu Meheii liabon.
und rrnurii nil ; wer 1*1 der,
der so hubschlich lelt daher? 362, >;
1 857 HCBSCHLICH — HÜBSCHT WETTER
hüb^chlich sagen uod frölich singen
und mit den juukirauen tanzen und springen. 737, 13;
lasset mich nu bald umbwenden,
mein lied hipscbüch zu vollenden. Weckherli» 377.'
!) daraus enttnckelt sich die bedeutung artig, ruhig, gemach,
die im schweizerischeri hübsclieli, sanß, bescheiden im thun und
lassen, sachte (Stalder 2, öS) noch haßet: er [Uli) schosz das
Werkzeug herum, als ob alles drauf müszle an einem tage,
und die thiere brüllle er an, dasz es dem meister in alle
glieder kam ; allein er hielt ruhig an sich, sagte ein einziges
mal : nume (nur) hübscheli I J. Gottdelf Uli d. kriecht J. 5 ; —
hüpschlich, sittlich, sensim, lente, suavUer, senftlich, faulklich.
Mäaler 232' ; hüpschlich anruren, permukere, hübschlich gon,
fnsz für fusz, gradu modice ire. das. ; musz man . . hübschlich
mit umbgehn. Pauli schimpf 20* ; hübschlich und gemach thun.
124'; fahrt hüpschlich, ihr gesellen. Fischart bienk. 4ä'; da
rufet Keibkamp: holla ir stallbrüder, holla, hüpschlich ihr
jungherm, hüpschlich, was wolt ir mit mir anfangen, ihr
secht doch, ich bin nur ein armer teufel. Garj. 22s';
aber lug far büpscblich und gemacb.
Jrphthes {Strastb. bei Rihel) Diij».
in bezug auf essen und trinken : das ander das ein esel an
im hett do wir im ouch glich sint, das ist er trinkt gar
hübschlich und verzwunzen. es ist kum etn thier, das also
züchtjglichen verzwunzen und hübschlich trinkt under allen
thieren als der esel, wie ein grob thier er doch susz {sonst)
ist. Keisersberg bilg. 128'; welcher ochs langsam und hüpsch-
lich iszt, derselb pleibet allwegen in einer stärke. M. Sebiz
feldb. 124.
3) hübschlich gehl über in den sinn leise, heimlich: wasser,
das da stillschweigend und hübschlich eindringet in das schif.
Keisersberg schiff d. pen. 20';
und als der touw ein dürre ouw
hüpscblicb begüszt, das grasz dünn dann sprüszt
uff abgemäyter wiesen. Leo Jod der 72. psalm;
ruckten wir das bett hübschlich von der thür. F. Platter
141 ; schlich er hüpschlich ausz dem sessel (in dem er gesessen
halte) und satzt sich wider under die thür an sein altes örtlin.
WicKBAM rollw. 186,21 Kurz; die thür hübschlich aufthun, on
alles geiren, aperire placide forem. Maaler 232"; gar still und
hüpschlich widerumb keeren, quietissime se recipere. das.
4) hübschlich auch in bösem sinne, heimlich, hintcrlislig Scbh.
1,1040 Fromm, {beispiete aus Avestis):
noch künDeu wir ainen list,
das der aller poss ist:
mit hübschliciien Sachen
künden wir zu treiben und auch machen,
das die knecht die maid swachen. fastn. sp. 495, 18.
HCBSCHLICHEN, adv. fein, zierlich: und besteck es bubsch-
lichen, das stet wol. kuchenmeist. avij.
HCBSCHLICHT, udj. ein wenig hfibsch: hüpschlächt venu-
stulus Maaler 232".
HUBSCHÜFFE, m. beisitzer des hubgerichts: da der veste
Junker Dietterich von Erlenbach, . . Schultheis daselbs, mit
den erbarn hubscheffen . . oiTentlich zu gericht gesessen was.
«eislh. 3,741 (fränkisch, von i4S9).
HÜBSCHT, adj. ßr und neben hübsch, in elsässischen quellen :
so wir doch alle ding wollen hübscht haben und wol geziert,
und uns selber versumen. Keisersberg bilg. 91'; des verwun-
dert sich der liebhaber der sele, das sie also gar hübscht ist,
und spricht zu ir also canticorum am sibenden wie hübscht
ist din gang in den schuhen. 91*; dise schuw der lugenden
i!o von du seist, sint nit gar hübszte zierungen, sie sollen
mich wol mer verwüsten weder hübsch machen, das.; gienge
strack . . in den anderen breiten hübschten gebahnten weg.
PlIILANOER 1 (1642) 2b6.
HCBSCHTE, /". für hübsche: sie wellen alle ir ding hübsch
haben, aber nach der hübschte der sele frogen sie nit vil.
Keisersberg bilg. 91*; fraw myn, dein clarheit ubcrlengt und
übertrifft alle hübste riiser weit. Marie himelfart 17'.
HÜBSCHTLICH, adv. für hübschlich, fein, zierlich:
solt ich . . hübstlich mit ir scherzen, teufeis netz 5254.
HCBSCHTWETTER, HLBSTWETTER, n. hübsches uettcr:
auf der weit haltet man dafür, hübstwetter seie ein dieb, und
es ist auch warbafftig also, nach dem Sprichwort : screnum et
amici sunt fures temporis ; dann hübstwetter und gute gesell-
schaft die stehlen einem die theurc zeit hinweg. Philander
1,377.
IV. 11.
HUBSCHWEIN — HUCKE
1858
HüBSCHVVEIN, n. schwein als zins der huber: so sol eins
bischofs püeger vor an dem abend ze Laufen sin, . . und
sond ouch denn die hüber iri swin da han, der sind fünf
hubswin. iceisth. l, 104 {Zürich, 15. jahrh.) ■ so soll ain keiler
von Loufen kiesen das erst hübswin und da; best. das.
HUBSPRüCH, m. sprach des hiü>gerichls. iceisth. 6,812. s. die
stelle unter hubrichter.
HLBWEIN, m. wein der bei der einsetzung eines hubers ge-
trunken itird: den hubern ein viertel wins. wer ouch sach,
das ein buber zu dem hubwin kerne, der nit doby und mit
gesin were, do man den huber gesetzet hctte, der sol als
wol recht darzu haben, aeislh. 4, 33 {Elsasz, von 1420). auch
icd nein, den du huber bei den gericlitssitzungen trinken ; vergl.
die huober haben auch jedes jähr, so geding ist, von dem
hof einen omcn edeln weins. 5,402.
HUBZINS, frt. zins den der huber von seinem gute entrichtet :
wer anderthalb nitr. habern gibt zue hubzinsz. tceisth. 2, 151
{aus Creuznach). vgl. hubgeld, hubpfennig.
EUCH, m. salmo hucho. Nemmcu 4,1207; buchen unter den
eszbaren fischen Hohberg 2,465'. 466'. vgl. beuch 5p. 1277, und
hauchforelle sp. 572 ; der buch , eine ail von forellen , trutla
piscinaria Steinbacb 1, 789.
HUCH, m. der zapfen itn halse, vgl. hauch sp. 569.
HCCH , interj. : eine spielte die zilhcr, und , so wahr ich
ehrlich bin , sang ein deutsches lied dazu, buch ! da ging
mir das herz auf. Sturz 2, 410.
HÜCHEL, m. in Oberliessen und der grafschaß Ziegenhain ein
kaufe von ijetreidetjarbeu, welche alsbald nach dem schnitt gebunden
und zum dürrwerden und nachreifen im freien felde zusammen-
gestellt werden. Viluab 176. das wort gehurt ^ wie gleichbedeu-
tendes hocke sp. 1648 zu hocken , so zu hessischem buchen,
zusammensinken, kauern, und wie für das letzlere sonst schriß-
deutsch hauchen steht, so brauchen hessische quellen für hücbel
auch heuchel. a. a. o.
HüCüEN, m.?: funiculus sehn o. buchen Taocbcs bei Dief.
252'. aus der Helyoldnder mundart wird bei Froxx. 3, 32* ein
bück angel uut>r fischereigeräten beigebracht, welches, wenn es
auf die angelschnur gienge, sich mä dem aufgeführten werte am
nächsten berühren würde.
HL'CHT, /". verein mehrerer stämmchen oder schüszlinge auf oder
aus einer würzet, stände, mit dem verbum buchten, buchten,
solche schöszlinge treiben, ein westphalisches wort (Fromm. 6,212),
von Freiligrath als masc. und in der Zusammensetzung scherben-
hncht {stände in einem blumentopfe) aufs hochd. übertragen:
da krönt sie (die erica) brunn und relsenschlucht —
0, möge dieser scherbenbucht
an alles das dich mahnen!
aiclituittjen 3,140 Cnteiner frau mm geburtstage,
mit einer erica.')
HUCK, m. l) hervorragender hügel, bery; hessisch. Vilmar 177;
den 28. januarii kriegen wir einen huck landes ins gesiebt.
H. Staden aiij. ; vergl. hock 4 sp. 1647 und unten hug.
2) aucA ecke, uinkel: im westmärkischen und tergischen hut,
Winkel, innere seile der ecke Fhumm. 5,360; holstein. buk und
hurck. Scuütze 2, 177 ; dasz sie auf dem huck oder ecke des
Weigats etliche 100 solche rauhe und unförmlich geschnitzte
bilder gesalzt gefunden, pers. reisebeschr. 3, 3. vgl. unten hucke
fem. no. 4.
HUCK, m. neben buch und hauch, der zapfen im halse:
das zäpflein (giugulio) kan entzündet und lasiret werden, . .
alsdann spricht man der huck ist niedergefallen. Wlrtz
wundarzn. 34. auch niederdeutsch buk, bök: de hük is mek
eschurret oder runder eschurret (gefallen). Sckaxbacb 87';
hamburgisch de hük is em dälschaten. ScuCtze 2, 177.
HUCK , m. uhu , eine niederdeutsche und mitteldeutsche , in
älteren quellen belegbare form neben dem oberdeutschen hu, huhu,
huw (s. d.) : bubo huck , huc , huic Dief. 83*. nor. gloss. 60'
(aus niederdeutschen vocabularien); md. bubo huc Pfeiffers Germ.
9, 20 (glossen zu Heinrici summaiium).
HL'CKAUFDIE.M.\GU, name der syringa vulgaris; vgl. hucken.
HUCKE, f. nebi-nform zu hocke sp. 164S.
1) häufen getreide oder heu : das heu wird . . in heuhaufen
oder in hucken gehäufet. Comenius sprachenthür von Oocemius
§ 418; hucke, so viel an gras oder heu, als die grasmdgde an
einigen orten , wo keine körbe gebräuchlich sind, in einem grat-
tuclte oder in einem strick zusammen binden, auf einmal auf-
hucken und auf dem rücken nach hause tragen können. Jacobssoh
6, 120', mü den einigen orten sind wol die düringischen und ober-
sächsischen gegenden gemeint, wo das wort in dieser bedeutung lebt.
117
1859
HUCKE — HUCKEN
HUCKEPACK — HUDEL
1860
2) hucke, die auf dem rücken getragene Insl tm allgemeinen,
ontix, sareina, et rernm saretarum congeriex: liucken tragen,
onera stixlinere, sarcina premi. Stikler SO!», in der redensart
einem die hucke voll hauen, schlagen (AnKiuNc), die wieder
düringisch und obersäclisKch ist, u-ird sclierzltaß verhüllend das
rückenhündel statt des riickens selbst genannt.
3) hucke, irol zunäehst das büudel des hansierers (vgl. unter
dem masr. hocke sp. \MS) und dann der luiusierkram selbst, klein-
rerkauf: und soll man 1 pfd. schmalz gehen an der wag umh
9 dn. und ausz der huck umh 10 dn. d. slädleclir. 5,257,19;
ich kauf vast ausz der hucke,
dnrinn piht man mir icur. Uhland volksl. ~il.
4) hucke, im leasserbau, hervorstehende ecke eines deiehes oder
Vorlandes (Jacobsson 0, l2o'), deckt sich mit dem masc. huck 2,
s. oben.
HÜCKE, f. tnantel, pallium Frisch I, 47l'. vgl. hocke und
hoike sp. 1731.
Hl'CKEL, m. kleine erhöhung, soicd im nrge , als auf der
haut, geschtcuhl; düringüch, und oß formrihnß mit buckel
(theil 2, s;j. 4S5) verbunden: ein weg voll huckcl und buckel.
vgl. huck liügel oben, und unten hucklicht.
HUCKELEI, f: von einem sich erbrechenden säufer heiszl es:
dasselbig schütt er bund und krau«
(mit züchten) haufenwels heraus,
und slehiit in solcher huckeici,
als wrr ihm hals und bauch entzwei.
I'.. Ki^cwAi-ii (nul. warb. 05.
rfa.< tcort hangt uol nicht viit dem folgenden rerbum zusammen,
sondern ist eher ein tonmalendes, indem es dem eigenthümlichcn
latite. der das erbrechen begleitet, nachgebildet ist.
BUCKELN, verh. nebenform zu hockein sp. IMO.
1) bairüch, auf den rücken setzen. Schm. 1, 1050 Fromm.,
ebenso hessüch huckeln, hockein, aufbuckeln, auf den rücken
setzen und auf demselben tragen, vorzugsweise gebräuchlich von
dieser arl des tragens, icclchc für kinder in anuendung kommt.
ViLMAR 17«; aucn düringi.ich, ober.mchsisch.
2) huckeln, hückeln , mit nüssen spielen; niederd. hückeln,
häufchen machen, ein bekanntes kartenspiel, mlmentlich der kinder.
Schambach 87'.
3) huckeln, 'hugkeln' neben Imgken und hugknen, hiikern,
Ueinverkauf treiben, bairuich. Schm. 1, 10.">0 Fromm, vgl. iiucke 3.
HüCKELOCH, n. bei den kühlem ein loch in einem garen
meiler, das zwar dann und wann noch etwas raucht, dessen rauch
aber nicht blau, sondern weüz i.st. Jacobssos 2, 290'.
HUCKEN, vrrb. namenllirh in ober- und müleldeutsclien mund-
arten neben hocken .tp. Iöi9 gebrauclä, so schweizerisch. Fromm.
6, 410 (aus dem canton Rem) ; bairisch. Schm. 1, 1040 Fromm.,
in Kdmthen. Le.xer 14Ö; in Tirol. Fromm. 6, ir)2, und anderswo,
auch in Düringen bekannt, und bis ins niederdeutsche reichend
(Schambach 87'). daher auch bis auf die Jetztzeit in der schriß-
sprache verwendet, wenn auch nicht so lidufig als hocken.
1) hucken, kauern : die ganze fasten durch, so hucken ire
vermummte bilder hinder den blauen umhängen. Fischart
bienk. 140";
da fand ich ^rosz liluppcn
der Schelmen über einaiiiJt-r micken.
Murnkr fchvtmpnzunft 4*.
2) sitzen, sitzen bleiben, veripeilen: under dem schein des
almöszens bleiben wirauf unsern alten gütern hucken. S.Frank
ehron. 1.WI 404"; sich wunderte, dasz ich noch strenue hier
hucke. Hermes Sophicns reise 3, 141 ; willst du ewig zu hause
hucken? Le5z I, ns.
3) sich hucken, sich niederkauern :
eh sich «in langer bückt.
M» hat »Ich ein kurzer gehuckt. Knttiporus ES";
da hat nun, der bei jeder kunst gern spuckt.
hier unten auch der wiiz sich biii^inhuckt. IIückk.rt Kt:
ein nachtgeipt , der sich einem «anderer auf die schullern
blickt. WiEi.AND H, 20.1. 06 QHch der oljen oufgefnbrle nnnie der
sijrimia vulgaris, hucknufdieniagd. als eine imper'iliihildung mü
vuUriciU obseOnem sinne hierher gehöre, kann nicht entschieden
werden.
4) hiickm, trannlh, in gelHicktfr ftellung eine last zum tragen
aufnehmen oder tragen : der biir huckle sie (die frdulein) auf
seinen rücken. Felsenburg 4. 4.13 ; auch einem andern auf den
rüeken legen:
irovchwinde duck dich! roaufl dich bfick« i, :
ich huck dira auf den starken rOcken. )i»tiiic tl, ;^o>.
fUXKEN, rerfc. liCfkern, kleinrerkauf treiben, bairiseh. rergl.
unter hiirkoln 3.
HUCKEPACK, adr., namentlich in der Verbindung huckepack
tragen , auf dem rücken, dieses seit dem vorigen juhrh. nach-
gewiesene, nieder- und mUteldeutsche wort hat in seinem zweiten
theile mit dem längst ausgestorbenen allen back rücken, wte
ScHAMBACH s;' will, nichts zu thun , sondern an pack fascis,
.sarcina anlehnend, will es an den bnndel des hansierers erinnern,
den dieser huckend trägt: ich will dich huckep.ii k tmc^n, «■•
schwer du bist. Arnim schaubfihnc 1,30;
indessen trug ich meinen .«ack
ganz unverleizel huckepack
ilurcli nacht und graus und flammen. Blumavkr 2,3.'»;
(hl (Christoph aller Passer trag
atit ilcincni rücken huckepack
mich hin jetzt zu Kvandern. 200;
jedes Weibchen ziehet
mit ihrem männchen, schwer im sack,
so wahr ich lebe! huckepack. Börgkr 26".
.ScHAMRACfl a. a. 0. gibt die formet encn upn huckeback nömen.
einen den rücken besteigen lassen, besonders von kindern die man
auf dem. rücken trägt.
HUCKER , m. kleinverkdufcr, vcrgl. unter hücker sp. Uijl :
etlich zünft . . das waren die pccken, bierschenken, . . und
die hucken und maurcr. d. städlechr.ö,ll%2i; melzler, fragner,
höcker, hucker. Fisch art groszm. 49.
HUCKERIN, f kleinverkäuferin : es war ein hdckin, oder
ein huckerinn, die hei ein kleine kram, netrc zeilung von 1541,
Germanüi 20, 6S.
HÜCKER.N, verb. frequenlaliv zu hucken, vgl. höckern sp. 1652:
über einander her gehückert als wie ungeduldige .«schafe. Rein-
hold reime dich (I673) 165. in Oberhessen hehzt transitives hiickern
einhüllen und wärmen: die glucke huckerl ihre hinkcl; hucker
dich recht ins bell. Vii.mar 17S.
HUCKERSCHEIT, m.: Iiucke.rscheile nennt der kühler scheite
holz, welche auf die fuszscheilc gelegt werden, damit hiedurrh der
zug der luß in den meiier befördert nird. Jacopsson 2, 2flo".
HIK^KLICHT. tidj. mit einem huckcl oder mä huckeln ver-
sehen; düringisch ein hucklichter weg; das brct ist nicht glatt,
sondern hucklicht; bei H.Sachs hucklet for» rfer mwocftscnr h
leibesgcstalt :
so bucklet,
so hdckricht, kroptet und so bucklet. 5,242*;
dasz sie ir lehenlang ward bucklet,
hinkend nul' beiden seilen, buckelt. 3Sl*.
HUCKNEN. ref/>. höckern, kleinverkauf treilien ; bairisch. vgl.
oben unter huckeln 3.
HUCKSTEIN, m., plnr. hucksleine, belemnitae, zapfensteine,
Versteinerungen von kegel- oder zapfenfürmiger geMalt. Nemmch
1,5S7.
HUDEL, m. 1) lumpen, läppen, zerfetztes stück zeug: zu frühest
als huder belegt (s. unten), in einem niederländischen glossar des
14. jahrh. als hudc exuviac Ducf. 221" außretend, später ößer
und aus verschiedenen namentlich oberdeutschen landschaßen be-
zeugt: panniculus, ein hudel, lumpe, fetzen Dasvp.; die hudlen,
biisz alt platz, von thuch, assumenta Maaler 231"; (triy.oi,
lacer pannus vel lacera vestis. Alberus ; liüddel rhacus. das. :
hudel, panniculamentum, peniculus Stiei.er «04 ; bei Schottei.
als fem.: hudel, lump, lap. verlegen ding, panniculamentum,
haillon 133«; er sie {die kleinode) in alte zerrisziie hudlen
bände, ßorc. ( 1580) 1. .'»s"; lasz dich benügen. wenn du so vll
hudlen hast, das du dich bedecken imd erwärmen magst.
Keisersberc, siben haupisünd 1510 ee3*; denn wie der augen-
schein weiset, . . so ist die perti(|uenhaube von allen huleln
und läppen zusammengeflickt. Snlinde 211 ; sprichwörtlich sich
aus den hudlen schütten {aus der nrmnt). I'etr.fj';
gnn in bAszen hudlen und l'atzen.
>. .Ma"<i:ki. 3.'i" Grüneiten.
als verächtlicher ausdrurk für kleidung: ob er (der pilger) über-
laden würt mit cleidung. ob im vatler und lunller oder die
geswyster zu vil hudlen an den hals biengen. Keisebsrerc
l)ilg. 111'. bildlich für den hinsiechenden leib: du spri'list, ich
bin nit alt, ich bin aber krank und vol weeiagen, ich hin
an allen enden zi'i hudlen zerfallen, die arzt haben tegjirh
an mir zu blelzen {flicken}. 73*. aber auch als kleines stück
zeug: schenken derselbigen {majestät) hieuiit zehen guMiu
giild zu ainer vererung in discm hudeliii verknüpft, Zmmi-r
f/)ron. 3, 431, 0; zum kopfpiilz, wenn auch viellrirht mit rerarhl
liebem netten sinnr : redimieulum, villa huil'-In Hin iss '•
wickicn vll hudlen in ilir rrtpf.
gioxt bOmer machen iifT die kofi
lla*!«T n'irri'i'iii. •' •
1861
HUDEL — HUDELEI
HUDELLAUFEN — HUDELN
1862
als zeug zur attsßUung der spitzen an den schuhen :
den lullet man die spitzen syu,
Til hudeln mäi^z mau dar in sioszen. 95, 10.
Ji'tzt bezeichnet Schweiz, hudel kindswindel, lap])en, lumpen von lein-
ivand. Stald. 2,59; die jungen kinder läszt sie barfusz laufen
und in armen büdelen halb erfiieren. J.Gotthelf errü/i/. 4, 2s2,
schtcäb. budel, lumpen, tucliplelz, hadcr. Schmid 2S9; bair. budel
ScHM. 1, 1055 Fromm., im Untei-Jnnthale (masc. «. fem.) lumpen,
tappen, zerfetztes kleidungsstück. Fromm. 3, 197 ; im Fuldaischen
ein kleineies stück lach zi'i bestimmtem gebrauche, Iröckelhuidcl,
handtuch, waschbuidel, uaschtuch, abputztuch, knephuidel, knüpf-
tuch, von frauenspersoiien unt den köpf gewunden ; in Oberhessen
banderbodel handtuch; in Schmalkalden budel nur zerrissenes
kleidungsstück, lumpen ; im Hersfeldischen und Schwarzcnfelsischen
hoddel, bull der mit lumpen umwickelte backofen feger. YiLii.\R
177; im östlichen MUteldeulschland seJieint das uort wenig oder
nicht bekannt (doch vgl. die bildliche bedeutung unten 4, die von
einem Obersachsen und einem Schlesier gewährt mrd), eben so wie
t» den niederdeutschen gegcnden. vgl. auch buder.
2) budel, die puppe, die von stücken zeug verfertigt vird:
oder als wann ein gaukler sein band in einer puppen oder
budein bat, damit lliul, was und wie er will, so bald er
;iber die band darausz zeucbt, so ligt es da, on leben, wesen.
S. Fr.\nk guldin arch (153S) bl. 39'.
3) budel , Schimpfwort ßr einen nichtswerten menschen (wie
lump , schweizerisch lappi u. dlini), noch jetzt schweizerisch viel
fiebraucht, als bottel lump, mensch von üblem duszern auch
kärntnisch (Lexer 144), früher weiter verbreitet: der büdel bat
nocb nicbt guvig gesobneiket {herujngeschnüffdt). Keisebsberg
s;>i«nenn (151ü) b«'; in der Zimmersciwn chronik Spottname einer
schlechten dirne: der ist etlicbe jar darvor binder ein durnen
{dirne) im dorf kommen, wie manicbem gueten gesellen mer
bescbücht, genant der budel. 4,150,35; vgl. alle tabern waren
voll budein und buben. d. städtechr. 3, 14C, 9, wo eine hand-
schiifl buren und buben liest;
sprich, du liast noch nicht bscheidt gethon.
ehe ich dir diesen trunk nach liesz,
ich wolt eh das ich hudel hiesz.
ijrubiauus D 7' (/;. 1, cap. 7);
hudle dauren mich nicbt. J. Gotthelf schuldenb. 15; nuu ist
es aber merkwürdig, wie die budelkrankbcit eine ansteckende
ist, die budcin am maiktorle macben budein auf dem lande,
und ein budel steckt andere an. 96; wenn Uli ein budel sei.
Uli d. knecht 19; wenn sie einem solchen verflucbten budel
und lump ihre tocbter geben würden. 242.
4) budel, bildlich, nugae Heüerico 1333 und danach Stein-
üACH der budel, res objecto, nugae 1,789. vgl. budelung.
5) die zugehünijkeit des wortes zu bader tind seiner sippe ist
sp. 112 erwähnt, der begriff des zwistes, wie er bei bader neben
der bedeutung lumpen, fetzen hervortritt, ist bei budel nicht sehr
ausgebildet, fehlt aber doch nicht ganz, so namentlich niclit, wenn
ein zänkisches weib eine budel genannt wird:
Tullia aber, die hö.sz hudi,
kan vil hochl'art, gschwetz ttnd gschnudi.
J. Atkkb 54' (2s7, 30 Kelter) ;
rergl. auch unten budelei.
HL'DEL, m. bäum oder unterläge auf einem wagen, wenn man
ohne leitern fährt, obersächsisch. Auellnc. Jacoussun 2,290*.
wol kaum ein worl mit dem vorhergehenden.
HUDELAHZT, m. lumpenarzt (nach budel 3): der andern
gemein budelarzten gescbweig icb. 1'aracei.sl's r/i/r. sc/jr. 255 A.
HL'ÜELBÜBE, m. lumpenbube : nun redeten die beiden erst
von lumpenwaare und budelbuben, so komme mau dran,
wenn man leule von der gasse nehme. J. Gottuelf Uli der
Pächter 132.
HUDELEI, f. 1) lumpichtes, liederliches wesen: budelei üi
quod non est sine sordibus Schottel 133S; budelei parsimonia
rusltcana, fnigalitas inculta, illiberalitas et tenacitas Stieler S04;
namentlich liederliches arbeiten: womit er (Apelles) nicbt die
eilftirlige budelei gelobet, sondern zu erkennen geben wollen,
dasz ein allzugroszer fleisz und viel zu geschäftige niübe bis-
weilen aucb schädlich seie. Sanurakt academie (t«75) 2,31.
2) schereiei, plage, vexieren: budelei, exugiiatio, diiexatio,
molestia Stieler Sü4 ; auf der lauten schlagen allerlei sudelei
etlicben zum lobe, und allerlei budelei eliicben zum tadel.
Klopstock 12,59;
was, spricht er, schiert mich wohl die grillenräugerei?
was nützt der ganze kram gelehrter hudelei? GuNiHtR 574;
je weniger ich von der weit
und ihrer hudelei erfahren. Goki:«c( 1,214-
hu hu! dcspotenhudelei!
gott wahre mich vor sciaverei. BSrger 20' ;
vgl. auch lobbudelei, eigentlich das plagen mit lob. s. budein.
HUDELLAUFEN, «. vermummtes laufen zur fasnachtszeU ; m
Tirol. ScHM. 1, 1055 Fromm.
HUDELLUMP, -LUMPE, m. xcie baderlump sp. 115.
1) lumpe, fetzen: hudellumpen, panniculamenta , pannkuli
Stieler S04.
2) vgl. baderlump 2, der mit lumpen handelt, lumpensammler :
(der kleine Gargantua) forcbt den kemmetfeger, den budelump,
und den mann mit dem sack. Garg. 129* ; daßr auch bude-
lumper. ^ros;>?i. 49; auch der in lumpen einhergeht, und hier als
kehireipi von schelmenliedeni :
ei da.« man im lang ein gläselein,
ein grosz gläselein,
darausz er schiesz sein nachbaur Jäckelein,
Hans Jackel Guttuch hudelump! Gary. 92';
es ist ein sehne gefallen,
es giengen drei gut gesellen,
Jörg Nissell, Sig Michel, hudelumn! Hans Jackel,
spazieren umb das hausz, hudelumpe:
denn es ist noch nicht zeit,
0 lempe !
der weg der ist verschneit. 92'.
HUDELMANN , «i. lumpenmann, liederlicher mann, ein vor-
zugsweise in der Verbindung budelmanns gesinde im 16. und
17. jahrh. oft vorkommendes wort, welches wie ein vom volksuitz
erfundener eigennamc aussieht (vergl. xtber solche erfindungen
Wackernagel kl. schri/len 3,97/^.): d^ budelvolk, leichtfertig
unnütz leüt, faex civitatis, budelmanns gsind. Maaler 23l';
ein volk , überall zusammengelesen , budelmanns gesinde.
Ll'ther tischr. 33l'; dazumal (unter Claudius) war es dabin
kommen, das kein frommer man im keisertbumb platz bell,
und zum regiment vor disem budelmans gesind tauget. Framk
G'erw. chron. (153S) 20"; der ander schwärm aller wai- nicbt
daim ein trüwlosz, glaubbrücbig, budelmans gesind, verbüt-
schieit buch (1559) 219' ; ein fubrmann bracht budelmanns ge-
sindt gefüret, die zu einem papyrer auf die fasznacbt geladen
waren, wie sieb denn die lumpenleut zusamen ballen. Katzi-
porus o 1* ; (geistliche beschweren sich) dasz sie müssen Soldaten
werben und auszmundiren helfen, viel uewe rüstwägen schaffen,
allerlei budelmans gesinde zu sieb in die clöister nenieu und
ihnen unterhalt versebaffen. Pliil. Lugd. 3, 121 ;
es ist gar losz budelmans gsindl. H. Sachs 3, 1, 167* ;
das lose budelmans gosind.
ß. Walüis päpstt. reich Qq iij ' ;
das ist recht budelmanns gesind,
das langsam schalTt und trinkt geschwind.
Leumaio 2,42 (iloFF]iA>>s spenden 1,71).
andeie seltenere Verbindungen: sieb auf müsiggang, faulkeit,
kurzweil und budelmans leben zu legen. Fischart ehz. 497 ;
der ist budelmanns art , der meint, jeder soll seines feinds
feind sein. Leuma.n.n 1,29; schwäb. budelmanns waare, schieclites
gcsindel. Schmid 289.
HUDELN, verb. in zwei hauptbedeutungen, ähnlich denen, die
das verwandte subst. bader und das verbum hadern (sp. 109 ff.
l\' /f.) entfaltet haben, nur so dasz bei budcin beide manigfach
sich bcrüliren, namentlich wenn die zweite (des zankens, Streitens)
durch die miltelvoisetllung des schlecht, verächtlich behandelns
(unten no. 2,J)) an die erste anknüpß.
budein sagt aus
l) aussehen und art eines fetzens odtr lumjiens haben.
a) intransitiv, im eigentlichen sintie: schweizerisch budein,
schlollern, bammeln, reiszcn; es budell alles an ihm, was man
UM thm sieht, ist lunifiig. Stai.der 2,59; wann einen der schlag
gerührt , ist alles weich und lodlecbt , die bul lumlet und
lapet: so hudlet alles um einen den die sQnde lutnlecbt
gemacht bat, es ist keine dapferkeit da. Keisersuerg post. bei
Friscu 1,471'; auth jxrsönlich, einher budein, in lumpen ge-
kleidet gehen : in den gros/en langen lumpeuboseu wie die
monslra einher buedlen. Zimmer, chron. 2, 520, 31. — bildlich,
vom schlechten weiter, es hudlet, schneit und windet durch ein-
ander. Stalüer a. a. o.
b) nach dir moraliscJten bedeutung von budel (oben no. 3),
wie ein nichtsuviter mensch verfahren ; schweizerisch er budelt
nur, führt nur eine schlechte Icbensweise. Staluer 2, 59 ; in der
Umgebung dis Fgtrlandes, reflexiv er liudelt sich, eiveisl sich
schmutzig, indisoet beim s/i<7e. Fromm. 6, 172. so umhei-
schueifen, bummeln: (wenn) diejenigen von knechten oder
trossz, so diesem regiment zuständig, vorbin hudeln oder
auszer der Ordnung laufen wollen. Kirchuof milit. disc. 110;
117*
1863
HUDELN
HUDELPACK — HÜDERN
1864
gestattet (der hurenweibel) von denselben keinem . . . hinvor
under oder neben die iinecht zu hudeln , bisz so lang der
hauff kommen ist auf halben weg. 115; nun giebt es aber
an allen orten leule , die nichts glücklicher macht als eine
gelegenheit zum faulenzen und hiuleln. J. (Gottheit schuUlen-
bauet 94; — kärntnisch liudcln , nbcmit und scldcclil handeln,
arbeiten Lexer 145; ebenso bairisch. Sciim. 1,1055 Fromm.; der
reiche wie der arme handwerker wird hudeln. H.\man\ 1,31;
die arbeit geschwind weghudeln, als handtcerkerausdruck. Frisch
1,471*;
weil sie ir meszstrudcln
selbst nicht rerstehn, was sie da hudeln.
Fischart dicht. 3, Gl, ICO Kurz.
selbst von eiligem gelreibe: nun in dem hin und widerlaufen
imd hudlen warden sie ainandern so unbekannt, das kaine
mehr grundtlichen wissen mocht, welches die herzogin oder
wer aine oder die ander wer. Zimmer, chron. 1,510,17.
f) transitiv, etwas von einander hudeln, :e(Tm:en, zerfetzen :
ich sagte darauf zu ihr, es wäre gleichwohl scliad, dasz sie
diese Schriften {ein manuscript) so von einander hudelte ;
wann sie noch bei einander wären , so wolle ich ihr gern
etwas darvor verehren. Simpl. 4,209 Kurz; niederdeutsch:
wiliu mi de wundel hudeln in stücl<en?
Laubembeug 2, 168 Lnppenb.
2) budelD, zanken, plagen, scheren.
a) von einem ernstlichen herumschlagen : der waltbruder Malt-
gisz . . hat sich sein lebenlniig nie so dapper wie ein wapner
mit allem seini pilgerstab wider die Zarrazenen gehalten, als
hie unser bruder Jan wider die Pieroscholler mit seiner kreuz-
stangen: hei der soll aht zu Fulda werden, der künt mit
den bischoflichen von Hildesheim auf dem tag nmb die Session
herum hudlen. Garg. 207*. rerijl. auch aushudeln theil 1, SSO ;
kompt sein weib auch darzu, hudelt ihn übel ausz, reiszt es
ihm ausz den bänden, a. weiszh. lustg. 407.
b) einen hudeln, plagen, quälen, scheren, schlecht behandeln,
ist in gegensatz zu den bisher angeführten bedentungen, in der
schrißsprache sehr verbreitet, auch bei Schriftstellern norddeutscher
heimal, aber erst aus der neuern spräche zu belegen: hudelen,
contemnere, contemplim instare, daidaijner, niespiiser Schottel
1338; hudeln, vexare. Hindere, contemnere, conlemlim instare,
vellicare Stiei.er 804; hudeln, nugari Hederich 1333; hudeln,
vexare, exagüare Frisch l,47i'; bairisch einen hudeln, orfer m
der reimenden Verbindung hudeln und pudeln, achtlos und zu-
gleich hart behandeln, quälen. Schm. 1, 1055 Fromm.; der (richter)
hudelt sie nach seinem gefallen. Chr. Weise kl. leute 202;
sich durch ceremonien . . . geduldig hudeln lassen. Kant
10, 146 ; fiel gar einer, so ward er mit losem muthw illen
gehudelt. Stolberc 8, 353 ; hudeln den armen schelm , den
sie nicht fürchten. Schiller räuber 1,2; die bauern wie das
vieh hudeln. Acerbach dorfgesch. 1, 131 ;
vier scenen haben mich Tünf wochen schon gehudelt.
GÜNTHER 1097;
doch dasz stets eingedenk er sei,
die Treiheit sei ein goldner schätz,
so hudelt man ihn erst, hen- spatz. Borger 20';
alles andre tbäten sie ilijrannen und lioifey) budein und
schänden,
den Soldaten trugen sie auf den banden.
Schiller yVnlleiisl. lagfr, 11. anftr.;
und wenn so einen denn die liebe weidlich hudelt.
GöTUE 7,44;
wie iontt ton einem übel: der schwären hudelt mich über die
maszen, ulcus vehemenlissime me urit et cruciat. Stihler S04.
oß in der fügung einen ungebudelt lassen, ungehudell bleiben :
ich nebst einigen andern blieb ungehudell. Felsenintrg 1,89;
anderer leutc angefangene arbeit aber ungebudelt lassen. 3,
vorrede; wenn wir nur mit einem scbille ungehudell von
Amsterdam hinweg kämen. 3,5; laszt mich mit euren possen
ungebudelt. J. E. Schlegel 2, 5<); meinen freund ügul soll er
ungebudelt lassen. NVieland 6,62(59); dasz . . sie mich mit
solchen schulpnssen ferner ungebudelt lassen sollen. Lessino
10,225.
r) «ich* hudeln mit etwas, $tch mit elwat plagen, quälen,
teheren: ich mag mich mit keinem kleinen buche hudeln,
sondern ich wil gleich aus diesem groszen buche lesen lernen.
FfUenb. 2,404; das subjcct bat sich von den ersten acade-
mi*cben jähren an mit bofmcistern hudeln mOssen. Hauann
3,1«;
wer «ich mit erobcn filzen hud<<li,
tum lohn wird mit undank bo«udelt. I.khmaiiii 1,22;
sich um etwas budein, scheren, bekümmern: was hudelst du
dich drüm, quid tu haec moraris? non laborandum est tibi ea
de re. Stieler 804; ach die grafen hudeln sich nicht viel um
drittehalb groschenstücke. Chr. Weise comöd. 299 ; so werden
wir uns viel drum hudeln ob wir solche hungerleidcr kriegen
oder nicht. 310; wollen uns wenig darum hudeln und stets
antworten. J. Prätorius Suluvnalia (lf.fi3) 130; was hudelt ihr
euch um das stück. Felseiib. 2, 435.
d) sich iiudeln auch sich scheren im sinne von fortgelien {vgl.
forlbudeln 2, theil 4', 20): hudel dich fort apagesis Hederich
1333 ; hudelt euch von einander. Chr. Weise comöd. 47.
HUDELPACK, n. lumpcnpack: weil ihr . . ein hudel- und
schelmenpack seid, alt und jung. J. GuTTHEi.r Uli d. pdchler
S. 134.
HUDELSACK, m. als Schimpfwort für ein lüderlicbes mädchen:
ir sindt wol X oilcr mer,
dy sinl pci deiner tachier gelegen . . .
so wildu mir den liudelsack
aller erst fassen auf jneincn nack. fastn. sp. 992, 12;
mucsz ich dein hudelsarjt sein? 16.
HUDELTAG, m. tag des lumpens, faulenzens: wo nun der
inarkttag für einen menschen zum hudellag wird, da kann
man sicher annehmen, dasz ihm auch der sonntag ein hudel-
tag ist. bekanntlich hat aber jeder hudellag einen ganzen, oder
wenigstens halben blauen montag. J. Gottiielf schuldcnb. 95.
HUDELUNG, f. res nullius momenti, nugae {vergl. hudel 4,
xp. 1861 ; fxirsimonia ruslicana, vexatio, exagitalio. Frisch 1,471'.
HIIDELVOLK, n. lumpenvolk: hudelvolk, leichtfertig unnütz
leül, faex civitatis Maaler231''; hudelvolk, faex civitatis, sordes
urbis Schottel 1338.
HUDELWEHK, n.: lumpen- siVe budelwerk, opera ingloria,
rudia, iqnobilia, iirila. Stieler 2557.
HUDELWINKEL, m. abditorium i. locus occultus. Dief. 2'
{aus einem vocabular des 15. jahrh.).
HUDELWiSCH, wi. .• hudel-, sive schuh- et reibewisch,
abslersorium, peniculus linteus. Stieler 2563.
HUDELWOCHE, /". woche des lumpens, faulenzens: nicht zu
vergessen ist, dasz der, welcher vier hudeltage bat, nach
dem gesetz der mnjoriläl, welciie bekanntlich die minorität
friszt, alsbald zu hudelwocben kömmt und naturgemäsz selbst
zum hudel wird. J. Gotthelf schuldenb. 95.
HUDEK, m. nebenform zu hudel sp. 1860, «« dem compositum
huderwat, zerlumpte ktcidung bereits mhd. bezeuifl (Ben.-Müller
3,777'), jetzt nur noch landscluftlich : huder neben hudel lumpen,
haderlump Schm. 1, 1055 Fromm, {uns Schönsleder) : huder,
dim. hüderle, hader, schlechtes tuch, kärntnisch. Le.\er 145; in
Ulm lieiszcn huder die allen kieidungsstiieke, Hausgeräte u. dergl.,
ivas die im Hospitale verstorbenen dürftigen Hinteilussen. Sciimid
289. in Bünden linder auch lumpiger inen.tch. Stalder 2,5'.i.
HUDER, m. glechoma hederacea, gundeircbe ; in niederdeutschen
gegendcn auch huderich. es i.<st eine entstellung aus liedera.
Schiller zum mekicnb. thier- u. kräuterb. 1,22'.
HUDERUUTZ, m. efne in lumpen gehüUte schreckgeslall,
srheuclie, vgl. unter butze tlwil 2, 589 : w er nun ein huderbulz
will sein, der verschwer den wein, (r'arc;. 94'; es weren nichts
als buderbutzen, grindpfutzcn. 232'.
HUDERN, vcrb. landschaßliche nebenform zu hudeln: bairisch
hudern in eile und obenhin verriclilen ; etwas überhudern, ver-
hudern. Scum. 1,1055 Fromm., mit dei interjection liudri-hudri!
über hals und köpf, tUter stock und stein ; in Kärnihen hudern
übereilt und schlecht arbeiten , derbndern verwickeln , reririrren,
zerzausen. An (einen) lindern oder derbndern ihn üM behan-
deln , schelten ; si' hudern , sich auftosen , in /Mm/ien zerfallen,
oder sich verwirren, verwickeln, mii hudri wudril uhrr hals und
köpf. Lexer 145 ; vgl. auch unten biidri. waHr.^rheinlich gehiirt
auch das bair. biidern jäten, das gras mU der würzet aus dem
arker ziehen und die daranhangende erde absduUleln, aiKhndern
filder vom unkraute reinigen (Scum. o. a. o.) hierher,
das fiilgrnde hiidcrn.
HUDEKN, rerh.: hudern wird die gewobnheil des gnn/cn
biihnergeschlei'hls gpnannl, «ich im saiid und staub zu baden,
lind heiszt auch bei den liennen der schöne beweis der mut-
lerliebe, wenn sie ihre jungen unter den lilligen sammeln,
v. Thais 1,20«. in der zweiten bedeutung wird das teort in der
furm hullerii aus Siederhessen {gleich oberhessi.<!rhem huckern,
s. </.) beigebracht: das huho hulterl die küihlein unter den
flügeln ; auch sich in." bell bullern oilir rinhuliern. Vilnar
180; vgl. iiu4dercn, frosteleo, fiigtUire, »chauderen Scuuttel
1865
HUDERN — HUDLER
HüDLEREI — HUF
1866
1338. ob die zuent angegibene bedeutung mit der zweiten fng
zusammenhängt, und ob irgendwie ein bairisches liudeln sitzen,
sich setzen (Schm. 1, 1055 Fromm.) in beziehung gesetzt werden
kann, steht dahin.
HUDERN, rerb. viehern, ein lautmalendes aort: bairisch
Schm. 1,1055 Fromm.; im Fuldaisdien liudeni, huidern, hud-
licrn , hultern , das wiehernde atmen der pferdc , auch trol das
wiehern selbst bezeichnend. Vilmar 17", uo auch hudergeisz,
huidergeisz als name der heerschnepfe gilt, wegen iJires tnehemden
rufes (ebenda) ; er hörte ein pferd hudern. Bindewald oler-
liess. sagenb. 34 ; hooder, wiehern, wiehernd lachen. Spiesz volks-
thüml. aus dem fränkisch-hennebergischen 15. vgl. das ebenfalls
lautmalende kudern Iheil 5, sp. 2530.
HUDLER, HUDELER, m. i) nach hudeln 1, mensch von
lumpigem duszern , verlumpter, herabgekommener kerl; seit dem
16. jahrh. weit verbreitet und gewöhnlicher als hudel in gleicher
bedeutung (no. 3, sp. 1S61) : hudler, leichtferliger mensch, scurra,
nequam Maaler 231*; hudler, ein nichts sollender kerl. Schottel
1338; hudeler, sordiJus, homo semissis, rilis, es ist ein loser
hudeler, nequam, nebulo, item callidus, astutus, furäfer est.
Stieler 804; hudler nugator Steijibach l, 759; ir noppen-
theurige hudler. Garg. 79*; die hudler so mich hergeschickt,
werden mir ihr verheiszen nicht halten. 153' ; wiewol wer ist
arm? sind wir doch reich hudler, wir haben zerrissen kleider.
163"; die hudeler (kriegsknechte sind gemeint) gaflften in an wie
ein kalb ein new thor, sperrten die gurgel schuwcit auf, und
streckten die zungen ausz spannenlang wie ein leithund, also
durstig waren sie. 229' ; ist das mein dank und lohn , das
ich dich kalen hudeler vor deinem schaden gewarnet habe?
H. J. V. Brau.nschw EiG 289 ; nun w irdt der fleischer, der hudeler,
der bube, noch manchen ehrlichen man betriegen. 7(i9; hiesz
er ihn ein alten partheyischen losen hudler. Ayber proc. 1,14;
ein loser hudler hat mir ein stück vom briefe gerissen. Chr.
Weise überfl. ged. 2,139; es verlohnt sich nicht, dasz man
des hudlers wegen so viel reden soll, freym. redner ö22 ; gehts
einmal zu felde, so schont das blei jene glüekskinder so
wenig, als dich armen hudler. a. mann im Tockenb. 122. auch
in halb scherzendem sinne: ihr kleine hudler {von einem kin-
dischen menschen zu den figuren eines holzschnüles gesagt), habt
ihr dann keine mäuler mehr? Simpl. 1,37 Kurz;
wolt ir denn als ein cleusner lehn?
ein hudler und ein lauser sein?
Dedbkind Christi, ritter K8*;
{icli sage) das ir flöh allsambt in gemein
verzagte lose hudler sein,
die sieb rühmen so groszer that
und keiner doch kein herz nii hat.
Fischart dicht. 2, 168, 1234 Kurz ;
aber sie soiln uns nicht bethören,
wir wissen, was die hudler schweren. 1,88,3382;
du schlimmer hudler, furchst dir nicht?
J. Atrkr 379' (1901. 16 Keller);
der hudler wolle nicht antworten noch verziehen,
mit diesem edlen raub begierig zu entfliehen.
D. V. D. Werder Ariost 12, 7, 1 ;
und weil von ihm nunmehr der könig woli erfahren,
wer doch der schlimme kerri und kahler hudler wer,
als der so wenig nahm in acht sein lob und ehr.
17,106,7;
speckhökers, klempeners,
fohrlüde, timmerkiiecht, scholappers, hudelers.
de süt men alle gähn mit sammitten upschlegen,
so balde se men wat tom brode hebt {;>'kregen.
Lavreiberg 2, "726 Lappenberg.
von einem lüderlichen arbeiter oder stiimper in seinem fache (rgl.
unter hudeln 1,/y): so wird hudler ein landsknecht genannt, der
bei dem schieszcn nach dem ziel immer schleclU und neben vorbei
geschossen hat. Kirchhof icendunm. 95'; der diebs-i;chneider . .
hat das gewand, das oben um den hals gehört und die brüste
bedecken solle, unten an dem rock stehen lassen, darum
schleift er so weit hinten hernach; man solle dem hudler
die bände abhauen, wenn er nicht besser schneidern kan.
Simpl. 1, 142 Äurz; wir müssen die hudler nicht für künstler
ausrufen. Matthesojt kleine gencralhaszschule 33.
2) nach hudeln 2, b, der da quält, peinigt : den hudler musz
man wieder hudeln, bei Stieler heiszt so der geizige und der
komwuclierer : ein hudler etiam exponitur parcus, ararus, cumi-
niseetor, item annonae ftagellator, dardanarius. 804.
3) hudler, eine aus Italien stammende vorzügliche abänderung
des gemeinen weinstocks, aus zwei Sorten bestehend, wovon die
eine weisze, die andere schwarze beeren trägt. Nemnich.
HÜDLEREI, f. Schererei, büswiltige neckerei: dasz ich mich
endlich in dem schlosz mit allerlei hudlereien hervor tbate.
Jucundiss. 58.
HUDLERIN, f. mulier levis armaturae^ abjecUu condUionis et
famae. Stieler 804.
HUDLERSGESINDE, n. fex populL ebenda.
HUDLICHT, adj. und adr. lumpicld: budlacbtig, übel be-
kleidet, pannosus Maaler 231* ; hudelicht, laceratus Scbottel
1338; er het nit vil an, iergens ein hudlechten rock vol lochen
Keisersberg bilg. 67'; auch in moralischem sinne, despectus,
inglorius, frivolus, hudelichtes volk sive hudelvolk, fex, sordes
civitatis Stieler 804.
HUDRI, inlerj., vergl. hudern sp. 1864: da muszien wir über
hügel von todten und verwundeten stolpern, alsdann gings,
hudri, hudri, mit den panduren die Weinberge hinunter,
sprungweise über eine mauer nach der andern herab, in die
ebene, a. mann im Tockenb. 150.
HUEULE, /■. uhu. Katziporus. g2*. vgl. oben hu sp. 1848.
HUF, CT. 1) ungula, ahd. mhd. huof, in alemannischen quellen
auch huob, vgl. unten hufeisen, hufschlag; alts. ags. höf, engl.
hoof, niederl. hoef; altnord. hofr, schwed. hof, dän. hov; bei
Frisch 1,472' auch neutral das huf, bei Steixbach weiblich
die hufe, ungula 1,790; tn der Stammsilbe übereinstimmend mit
dem allslavischen kopato, kopyto ungula, ottItJ, n«öen kopati
axä^reiv fodere, nsl. kopiti castrare, vergl. Miklosich lex.
palaeoslav. 302. hueff, caba est ungula equi. roc. ine. tltettt. k4';
hfiiT, roszhüff, klauw, ungula Maaler 233"; der alte plural war
hüfe, wie im mhd. hüeve : seiner rossen hüffe sind wie felsen
geacht. Jes. 5, 2S ; die hueffe (eines reitpferdes) sollen hoch und
nicht hohl sein, auch nicht schmahl wie an den eseln, son-
dern fein breit und rund, weilen in den holen schmahlen
hüffen gerne der kern und das leben schwindet. Böckler
kriegsschule 969; jetzt in der Schriftsprache nur hufe, wie schon
Stieler 863 ausschlieszlich verzeichnet. Man unterscheidet gespal-
tene und ungespaltene, volle, platte, tiefe, hohe, harte hufe;
den huf auswirken, das huf aushohlen, um das hufeisen an-
zuschlagen. Frisch 1, 472' ; sie (die band) w ird mit ringen wie
ein huf beschlagen. J. Paul ; das ross stampft mit den hufen ;
das mächtige ross, einen stolzen weg verfolgend, kann sich
um die ameisenhäuilein nicht bekümmern, die es unter seinen
hufen zerstampft. Holtei Lammfell 10;
hier lieg ich
mit meinen kindern — lasz die armen waisen
von deines pferdes huf zertreten werden !
.Schiller Teil 4, 3;
um das feuer auf der erde,
vor den hufen seiner pferde
liegt das östreichsche piket. Freiliürath diclit. 1,45;
alle, die das sandmeer schon verschlungea,
deren sturmverwehte asche heut vielleicht an unsern zuogen
klebte, deren mürbe schädel unsrer rosse huf zertreten. 154 ;
schallt ein huf recht dreist metallen. 3, 56.
vergl. auch ross-, pferde-, esels-, kamel-huf.
2) der teufel wird mit pferdefusz gedacht (vgl. Grinx mt/th. 946)
und sein huf ausdrücklich erwähnt:
und ob der teufel reagirt
mit huf und hörn und alledem.
Freiligr4TH dicktungen 3, 171;
daher: ist nicht Dorinde ^on gesiebt
ein engel? ohne zweifei.
allein ihr plumper tusz? der hindert nicht.
sie ist ein engel von gesicht,
von huf ein teufel. Lessing 1, 5.
3) hufe für die huftraijcnden thiere :
ich führe dieses beer von hunderttausend hufen . . .
zurück, 0 könig, vor dein schlosz. Freiligrath dicM. 1, 89.
4) huf, die hufspur: einem in die hufe traben, eines fusz-
slapfen nachfolgen, aufsieht auf ihn haben, und wo er auf un-
riclUigem weg, dasselbe bestrafen. Frisch 1, 472' als sprichwürtiiche
redensart aus Matbesids : tyranncn leiden doch nicht, das ists
licd vom ende , das inen ir arzt , prophet oder beichtvatter
inasz und Ordnung stellen und inen in die büß draben wollen.
S'jr. 11*; drabt ir mit solchen »orten weidlich in die hufe
denselben abend. Luther tisckr. 335".
5) huf, im Meisznischen die hornhaut an den bänden, die sich
durch harte arbeit bildet, callus; ich habe rechten huf in den
bänden sagt ein arbeiter.
6) huf, beim fleischer das erste stück fleisch, welches von der
hinlerkcule des rindes gehauen wird, und sich unten am schosze
anhängt. Jacobsson 6, 120*. wol kaum hierher gehörig, sondern
eher für hub {sp. 1849) stehend.
1867
HUF — HUFE
HUFEFOSZER— HUFEN
1868
HUF, «I. in bi'huf, vergl. lltcil 1, sp. 1343.
HUF, interj. zuruf an diis ztnjvieh, zurück zu gelten und den
wagen zuriukzuschivben. Fmscii 1,472' ah vorzüglich fränkisch;
auch hessisch. Vilhar 177, lull' ziniick I ; heniiebcrgisch fränkisch
Löfl und liüf zeröck! Fhojjm. 5, 4öü; hair. hüf, liuif, Lüf!
SciiM. 1,1063 Fromm.; in Tirol und Schwaben aber h,xaV. Fromm.
3, 110. «, 233. vgl. Imfen.
HUFBEIN, n. l) der grösle von den zwei knochen im hufe,
aiiih kleiner fusz, löffel genannt. Nemnich. 2) .<i. liiilllx-iii.
HUFBESCHLAG, m. l) das beschlagen der hufe: an land-
uirtschaßlichen anstallen wird eine voilcsung über den buf-
bescblag gehalten.
2) das uomit die hufe beschlagen werden: die biifbescbliige
aber an des pferdes fiiszen waren von feinem silber, daliero
man sie aucb keine bufeisen nennen kan. Simpl. 2, 133 Kurz.
HUFE, f ein landmasz. ahd. buoba, nihd. buobe, alts.
liöva, dem ags. und ultnord. fehlend, gothisch nicht nachgewiesen ;
im altern nhd. liube. daneben begegnen die formen mit innerm
V oder f in mülel- und niederdeutschen quellen seil dem Ib. jalirh.
häufig: mansus bove , buyf, bauf, bull', boef, bufe , luievc
u. ähnl. DiEF. 347'. noch im 17. utid beginnenden 18. jahrh.
gehen für die schripsprache die formen Imbe und bui'e neben
einander, die wOrterbiicher führen beide als (/leichberechtigt au/
(hübe und hufe mansus Schottel 133S. Stieler 724. Stei.n-
BACU 1,789), Frisch 1,471* bevorzugt bereits die seither allein
geschriebene form bufe, der gegenüber bube nur den mundarten,
namentlich den westmitteldeutschen, geblichen ist.
Dasz bube, bufe in Zusammenhang mit baben stehe, ist längst
bekannt; nur wird nicht sowol der begriff des besitzes, als der
des umfassens und Zusammenhängens (vergl. babeii 1,1, sp. 50)
fiir die eigentlicJie bedeulungsbestimmung von bufe heranzuziehen
sein , so dasz das wurt zunächst nur ein zusammenhängendes,
einheitliches stück land bezeichnen soll, als nächster verwandter
darf ein golhisches eben so auf baban zurückführendes veibum
ga-buban angesehen werden, das durch .sein Verbalsubstantiv ga-
bübains in dem übertragenen sinne iyy.Qt'txEia , continentia,
castüas Gal. 5, 23 bezeugt, und von der bedeutung des zusammen-
halls im allgemeinen auf die innere, sittliche geschlossenheil ge-
wendet ist. formell, weniger detn sinne nach steht eben so nahe
ags. bc-bolian brauclwn , dürftig sein, nhd. bebuhen und be-
bufen, vgl. theil 1, sp. 1343.
bufe bezeichnet
1) ein gemessenes und gehegtes landstück in flur oder wald,
dessen ijrösze schwankt, vgl. die angaben bei Grim.m rechtsalt. 530
und bei Frisch l,47l', dreiszig oder vierzig morgen, anderswo
ßnfzehn oder zwanzig (Schm. 1,1039 Fromm.) werden genannt;
mansus ein bulT lands von XII iucbarlen Dikf. 347"; bueb
mansus, huba idem, est possessio agrorum, vel juger. voc. ine.
Iheul. k4', hier ist bufe und jucbart gleichgestellt, wie noch bei
Kirsch comuc: jugerum . . . ein morgen oder buf landes;
also das die ersle scblaclit , die Jonathan und sein waffen-
treger tbet, war bei zwenzig man, bei nahe in halber huffen
ackers, die ein jocb treibet, i Sam. 14,14;
auszer dem Hof cisireckt ein garten ^ich, nahe der pforte,
eine bul ins gevierl, und rings uiiilänlt ihn die niauer.
Odyssee 7, 113;
weil an Eurupus groszeni besten
ihm mehr liegt als an ein paar hulen landes,
die Oe.stieich mehr bat oder weniger. Schiller Piccut. 1,4;
sprichwörtlich :
heute mein,
roorpen dein.
»o tlieilei man die hüben. Sihrock spricliw. s. 249.
2) das von einem colon bewohnte ackerland , stehe es in ab-
hängigkeil von einem herrenhufe, oder sei es unabhängig (Grium
reclüsalt. &35. 53«), das ackergut : unser herre bat zwölf bube,
der giltel iecliche Ane vier nun sehillinge. wcisth. i,\04{Elsasz,
15. jahrh.); wan ein hubner die herren oder den vogl iiil
hczall und uf den hüben wonet, soll man inen (ihn) pfenden.
iSO (fränkisch, von 1402); nach StCvk wesen und verf umfaszl
du hufe 8lel8 die 3 hliicke, die wohiislatt (aiea, woid, wehr,
«ohlslällc, curia, turlis, hof, easa, nolbsirll,), ,lus ackeiinasz
im felde, und den ideellen iheil der genieinheil in «:il.l mu.i
weide. 1.24. vgl. auch hauplhufe .t/j. til7.
8) bufe, in freierem sinne, bndz, landbesitz :
wa« «precbl ihr nochharV diencr niii,
••••r »oljtr, meioi ihr, euer nein?
:■'■■■■ , i'.-iiori /ii meinen buOn. liMi.
auf seiner bufe sitzen , leben : der brief wird dich immer
mit einem sehr seltenen manne bekannt machen ; mit einem
Vasallen namlicb, der zufrieden auf seiner bufe sitzt. THtJMMEi.
4,419; ihm, der auf seiner bule ganz ruhig gesessen. Göthe
23, 2i(i; Junker Siegfried, . . . der auf seiner bufe in gutem
wolstande lebte. Musaus volksm. A'^'i; noib und mangel treiben
die nuinner von ihrer bufe in die weite. Piturz museunt I8ü6
s. 712.
HUFEFÜSZEIl, wi. mil behuften ßszen versehen:
wo der .schnelle huleniszer
scharrend eine quell ergic.>izi. v. Üikken ösit. lorb. 418.
HUFEISEN, n. i) eisen am hufe eines pferdes, eselsu.s.w.,
mhd. buofisen, huobisen , böbeisen {mhd. wb. 1,756'): buef-
eisen, batum, babatum. voc. ine. Iheut. k4*; auch unconecl von
einem hußcschlag aus anderem metall (vgl. unten bufbescblag 2):
die siibere hurei.scn
des Pcgasi. Wkckiiemlin Cöl;
wer ein bufeisen oder ein stück davon tindel , hat glück.
gestr. rockenphil. 2, no. 37 ; findet er ein bufeisen mit allen
nageln und nagelt es ob seiner bauslbüre, so verbrennt das
haus nicht. Wolfs zeilschr. 4, 48 («ms Schwaben) ; ein blinder
lindet aucb ein bufeisen. Lehmann 112; er könte ein bufeisen
verdauen. Dt!Ez 24; eines hufeisens willen verdirbt oft ein
pferd. SiMRocK spricliw. 262.
2) von einem gefallenen mädchen heiszt es bildlich, sie Iiabe
ein bufeisen verlojen {vergl. auch unter eisen theil 3, .s/). 3ü5):
sie hat ein bufeisen abgeworfen. Dt;Ez32; einer vexirte eine
dirne, so einem jungen gesellen zu nah gewesen und ein
kind von ihm gezielel, sprechend, sie biitle ihr ein bufeisen
von demselben abwerfen lassen, und das verloren. Dach
kurzw. zeilvertr. 304 ; ein nieusche, die vor wenig wocben ein
bufeisen abgeleget. polit. hofmädgen 2«. rheinisch einem die
bufeisen abreiszen, sterben. Kehrein 203.
3) bufeisen von gegenständen ähnlicher form:
a) in der kriegskunst eine art von runden schanzen , die um
die feldwerke gebaut werden. Jacobsson 2,291"; rundes oiler auch
ovales werk zur hedcckung der thore. 6, 121'.
b) in den glashütteu irdene röhren, durch welche die Öffnungen
des glasofens über dem hafen in etwas verengert werden , um
dadurch die hilze mehr oder weniger zusammen zu halten. 2 291'.
c) ej»ie erdzunge in einem ströme, die vorn breit und hinten
schmal ist, auch ochsenborn. ebenda.
d) in Smyrna eine gewme galtung weiszer und feinei- lein
wand, die aus Bengalen kommt, franz. fer de cheval. ebenda.
e) eine art gebackenes in der form eines hufeisens. 6, 121*.
/■) eine pflanze, hippocrepis. Nemnich.
HUFEISENBOGEN, m. in der architeklur : der bufeisenbugen
(an maurischen bauten), eine form, die ihre beiden schenke!
wieder zusamiiienkrüramt, also mehr als eine halfle des kreis-
bogens ausmacht. LtluKE abiisz der geschichte der baukunst (ISOI)
s. 115.
HUFEISENDOBN, m. spitzer eiserner dorn, womit die löiher
des hufeisens wieder geöffnet werden, wenn sie steh bei der ein-
richtung desselben verschlossen haben. Jacohsson 2, 291*.
liUFEISENFOBM, f: die tafel im Speisesaal war in huf-
eisenfoini erstellt.
JiUFEISENFüBMlG, adj.
HUFEISENKBAUT, «. hippocrepis (vgl. bufeisen 3./).
HUFEISE.NLEBCHE, f. alauda magna, ein anifiikanischer
vogel. dei- uame wegen des schwanen gürlels, womit seine brusl
gezeichnet ist.
HUFEISENNASE, f vesperlilio fnrum equinum, eine fledcr-
mausart. Nemnich 4, I5GI.
HUFEISENSTAB, m. schmaler geschmiedeter eisenstall, woraus
die hufrisen geschmiedet werden. Jacousson 2, 291*.
HUFEISENTHEI'I'E, /". eine art freilreppe, franz. escalier rn
fer d cheval. Jacobsson 6,121*. 5,592'.
HUFEISENVüGEL, tn. alauda magna, httfeiseninclie. Nemmi h
1,145.
HUFEN, irrt, nach dan fuhrmaunsruf bul oben (sp. Kd',)
rückwärts weichen: hessisch hiifeii, eiiihnfen, ziirückbufen, das
fuhrwerk zurürksrliiel>en , machen, dasz dasselbe zuuickgesi holten
wird, auch /igürlirh von dem angefangenen abstehen, die grlhanrn
schrille zurucklhun oder zuhuknehmcu, von etwas ablassen. ViI.mar
177; und so ähnlich in andern mundaiien, s. b. bair. huelen.
zurückgehen machen. Schm. 1,1063 Ftomm.; urslerwäld. houfe,
bull' mckwaits gvhen {das yesirht nach vorn) Schhiot 74; düring.
hulen, /uruckblifeii, riiiAicJr/i gehen, auch bildlich, ichwäbnch
1869
HUFEN— HüFIG
HUFLATTICH — HUFSCHLAG
1870
häufen, zuriitk gehen, zurück schieben: auch seine aussage än-
dern, von seinem versprechen abgehen. Schmid 265; da wird
{beim römischen carneval, von den tragen im corso gesagt) pehiift,
geschoben, gehohen, und indem einer huft, müssen alle hinter
ihm auch zurückweichen. Göthf, 29, 260.
HUFEN- in zusammeugeset:den icOrlern, s. auch unter hiib-.
HtFENER. m. s. hüfner.
HUFENGELO. n. abgäbe von einzelnen hufcn, hufcnstcucr.
Frisch 1. 472".
HUFENGERICHT, n. was hnbpericht.
HUFENGROSCHEN, »i. hufensteuer.
HUFENGUT, n. bauerngut, zu dem eine ganze hufe ackers
gehört, vgl. auch halhhflfner .«/). 204.
HUFENH.XBER, m. zinshaber von hufcn.
HUFENMEISTER, m. hubmei.fler.
HUFENPFENNIG, »j. hufensteuer.
HUFENRFCHT. n. recht des nrundherrn, nach dem tode eines
zinspflichtigen hüfners von dessen verlassenschaß zu fordern.
HUFENRICHTER, m. hubrichter. auch benennung eines dorf-
schulzen.
HUFENSCHOSZ. m. abgäbe von hufen.
HUFENSTEUER. f dasselbe: hufenzins. Frisch 1.472'.
HUFER, wi. thier mit huf, wendet die neuere nalurgesehichle
in den Zusammensetzungen ein-, viel-, Zweihufer an.
HÜTERN, vcrh. zusavimenschauern , sich klein machen, wol
eins mit bair. hüfeln, sich zusammenhüfeln. sich klein machen,
sich zusammen krümmen, um nicht gesehen zu werden: es kan
ihnen {den falken) auch nicht schaden, dasz man sie bis-
weilen im Winter unter dem freien himmel ein wenig frieren
lasse, jedoch sind auch etliche unter ihnen, wenn sie wohl
purgiret, und darnach sehr frieren sollen, so hüfern sie sich,
und wollen schier gar sterben. Becher jdgcrcabinet 93 {ausg.
von i77<» s. 926). vieisznisch sich zusammen hüfern. vor kälte in
sich kriechen, sich einhüfern im bett, .^ich fröstelnd eimrickeln.
HUFERSCHÜTTERUNG, f. fehler am hufe der pferde, vcnn
sich der knochen des kleinen fuszes vom hörne des hufes ablöst,
.to dasz der huf daselhst hohl wird.
HÜFF. 5. hüfte.
HUFFE, f ßr hiefe, hagebulte: hüEfen oder hagebutten.
Hohe ERG 3, 1,207*.
HÜFFEHALZ, adj. lahm in der hüfle, hinkend, mhd. in gleicher
form:
ein kicelingps smalz,
da;; ist den meiden guot, die do sin hüfTehalr.
ttnuplx zfilschr. 5, 14.
t» späteren geschichlsquellcn fülirt kaiser Heinrich II den namen
niederd. de hüfflialte. Frisch 1,472'; hoclid. huflialz. hufeholz,
vgl. ScHM. 1, 1063 Fromm. Giesebrecht gesch. d. d. kaiserreichs
2 (1960) .<t. .S99.
HUFFRICHT. adj. statt hofericht bucklicht sp. 1665 : Ludwig,
ein vatter des huffreten künings Caroli. geschwenk Bebelii n5.
HüFGALOPP. m.:
so deckte die Achner weiszer staub,
der unter ihnen, von dem huT^alopp
herum geschwenkter rosse los gewühlt,
empor zum firmament des himmels stieg. BSkckk 164*.
HUFGERASSEL, n..-
siehe , da scholl entlang die Wölbung des dröhnenden thonregs
hulgerassel. Ptrker Ttinit. 1,29;
neben hufesgerassel :
hufesgerassel erscholl ins geklirr de? ■wafT^ngeschmcides. 4.35.
HUFHAMMER, m. hammer zum einschlagen des hufeisens,
mhd. huofhamer : marcellus hufhamer Dief. 34<>' ; mittels seines
Wurfes werden grenzen bestimmt {vgl. hammer 2, a sp. 314) : so
fcrre einer mit eim huffhamcr under arme obendig und niede-
Mindig der brücken gewerfen maigk, das sie macht haben
mit eim hamen zu fischen. »rcii//j. 3, 472 {Wetterau, von 1453).
HUFHOLZ, n. geh^,lz, das zu einer hufe gehört: Felix Studer
von Oerlikon begärt us der stift huobholz etwas holzes ze
koufen. Hotz Zürcher urkundenb. 1, 132 {von 1565).
HüFIG. adj. einen huf habend, in den zu.iammensetzungen
einhufig {theü 3,205), zweihufig, vielhufig; vgl. auch erzhufig
3, 1090, ehemhufig 4s. — In Meiszen hufig schwielig {vgl. oben
huf 5): eine hufige band.
HUFIG, adj. eine hufe haltend: ein zwcihufiges, dreihufiges
gut. der alten spräche bezeichnete hubig gut tc<« hubgut (spulte
1S51) : were es, dasz einem ein hubigk guet von erb anfiel.
«wrfA. 5, 410 {Elsasz, 16. jo/wA.); als dick ouch ein huobig guot
von einer hant zuo der andern vcrendert wurt. 424 {von 1472).
HUFLATTICH, m. tu.^silago fnrfara, ungula eaballina. Neji-
MCH 4,1515; von der dhnlichkeit der hlättcr mit einem hufeisen.
ahd. huofleticha. mhd. huofleteche lapathum Dief. 31S' ; M.^aler
23.3' unterscheidet der hublattich, ein kraut, chamaeleuce von
der hnflattich, lussilago, bei Steisbach 1, 9S9 i.H chamaeleuce
brandlatlich. tu.^silago hnflattich, sonst bezeichnen aber beide
namen nur ^ein kratä.
HUFMANGEL, m. ungulae vitium. Stiei.er 1230.
HUFMESSER, n. mcsser zum beschaben der hufe beim beschlag:
abscidium hufmesser, hufemesser, höfmesscr Dief. 5" ; abscin-
dium hufmesser nov. gl. 4* ; huefscharh oder hufmesser, scaber,
vttlg. schnitmesscr voc. ine. theut. k4'.
HUFNAGEL, m. nagel zur befesligung der hufe. mhd. huof-
nagel: hufnagel, clarus solearius Stiei.er 1324; von dort wurde
die Umkehr beschlossen, weil es an hufnägeln fehlte, und
ein unbeschuhlcs ross in jenen felsenwirrsalen völlig un-
brauchbar sein musz. ausländ iO.jahrg. s. 1000. nach Adelung
ist hufnagel auch die bezeichnung eines alten Ungarweins, der
durch die länge der zeit alle süszigkeit eingebüszl hat.
HÜFNER, HÜFENER, m. besitzer einer hufe oder eines hufen-
gutes, als freier eigenthümer oder zinspflichtiger, neben der alten
form huber. mhd. huober {sp. IS51) ist die form huobencr,
huobner, die an hüfner zunächst rührt, gebräuchlich genug
(Lexer mÄrf. tr&. 1, 1.390): swelch burger sinen hubner andern
enden zc reht stellet denne hie zc Nüremberg. der ist dar-
umbe schuldig dem rihter und der stat zehen pfund haller.
yftrnb. poliz. ordn. 20; da gclopte und gchiej der vorgenant
herre der burcgrafe, da; er uns und ieclichem unserm bnrger
und allen unsern hübnern rihten sol. 2t ; haben die hub-
richter usz bevelh mins gn. h. von Hirsou mit willen und
gunst aller hubner bi irn eiden den hubspruch erofnet und
vor allen hubnem verlesen lassen, wei^th. 6, 3t2 {Schwaben, von
1424); bair. hüebner und huebner neben hueber. Schm. 1,1039
Fromm.; mit den hubenern und zinsmennern. Le!«^ep lands.
2. 421 (rori 1555). die neuere form ist hufner. hüfner : wenn
die schenke nur der Versammlungsort für rechtlich steurende
hüfener wäre, und der heuermann sich in der ferne halten
. . . würde? Moser patr. phant. 2, 6S; man spricht . . sonst
auf gütern von Versetzung der hufner. Niebihr leben ^iebuhrs
1, 391 ;
wann, da sie ('lic snnne) sich den fetten ackern zeiget,
der hulner singt, und auch sein vieh nicht schweifet!
Hagkdor:« 1, 70.
Das worl hüfener (sp. 1664) ist wol nach hüfner gebildet und der
unterschied in der bedeutung zwischen beiden scheint nicht immer
gewahrt: zu bemerken ist, dasz in Thedinghausen der acker-
mann höfner heiszt. der halbspänner pflugköther, und der
kothsasse handköther. Stüve wes. «. verf 21. vgl. ganzhüfner.
halbhüfner, vollhüfner.
HÜFNERDIENST, w». rfi>n.<;/ den ein zinspflichtiger hüfner
seinem grundherrn zu leisten hat: huffnerdienst bei Frisch
1, 472*.
HCFNERGERICHT, h. gericht über feld- und flursachen, von
hüfnem einer gemeinde gebildet, hubgericht. hubergericlit : hufner-
gericht Judicium mansionarium Haltaus 960.
HUFPLETSCHE, f. Mette: lasz . . grosze kielten oder Unf-
pletschenwurzen graben. Hohberc 1, 24;?'.
HUFSCHARBE, /". inslrtiment zum beschaben der hufe beim
beschlag: huefscharh scaber voc. ine. theut. k4*. vergl. unter
hufmesser.
HUFSCHLAG, m. in mehrem bedeutungen,
1) das aufschlagen der hufe seitens der ratse, das geräusch
derselben und die .^pur davon im boden:
da kommt das Schicksal — roh und kalt
laszt es des freundes zärtliche gestait
und wirft ihn unter den hufschlag seiner pferde.
Schiller Wnllrvsi. tmi 4, 12 ;
sein ohr vernahm entfernten hufschlag; sasz er auf seines die-
ners pferdt und folget des ritJers hufschlag nach. Amadis 235;
urab ein ur fand er den hilbschlag
und sin gesellen mit ir zal.
LlLIKJtCROT« volk.<l. I, 311, 50.
hufschlag, bei der Schiffahrt auf der Donau von Ungarn bis Ulm
der weg den die pferde neltmen , trenn dieselben die schiffe dem
Strom entgegen ziehen. Jacorssox 6, 122*.
2) das beschlagen der pferde, die eisen und die kosten dazu.
Frisch 1,472": auch auf sich und sein gcsindlein frei futter,
mahl und hufschlag. Schweimchen 2,69; ein gut rosz zu
schicken würde 40 11.. sattelzeug, hufschlag. Stangen und röhr
1871
HÜFSCHL AG — HÜFTE
, HÜFTE — HÜFTWEHE
1872
zum wenigsten 20 fl. kosten, verliandlungen der schles. fürsten
u. stände im j. 1619 s. 139. hufschlag von golde. Ernst histor.
btiderhaus 2 (1686) im register; die im texte s. sis entsprechende
stelle lautet : dieses pferd hatte an den füszen silberne huf-
eisen, mit güldenen nageln angcsclilagen.
HUFSCFILAG, m. die in ordentliche hufenslüeke abgetheilten
felder, im ijcgensat: zu den beiländern, den auszer jenen liegenden
ackern. Jacobssoi» 6, 12l\
HUFSCHMID, m. faber equarius. Stieleii 1879; babatarius
hufsmil, hufschmidl Dief. 64'.
HUFSTÄMPEL, m. ein spüzhammer der auf der einen seile
eine stumpfspUzc ßnne hat, mit welcher die lOcher in der falze
des hufeisens vorgestdmpel oder vorläufig durchgeschlagen werden.
Jacobsson 2,292'.
HÜFT, m. stosz ins jägerhorn. Adelünc. vgl. hief und hift
sp. 1309. 1321.
HÜFT, «. büfle.
HÜFTADER, f gröszere schenkelader, in zwei äste, die gröszere
und kleinere hüftader gelheilt. Frisch 1,473"; schlag dem rosse
die hüffader. Seuter rossarzn. 292.
HÜFTBEIN, n. ischium, os ischii, os coxae, os coxendicis,
einer von den drei ungenannten knocken, welche nebst dem kreuz-
bein und schwanzbein das heinbecken bilden. Nemnich 3, 255.
HÜFTBLATT, n. was Lüftbein. Ne.mnich:
warf Aineien damit (mit dem feUstiick) ans hüftblatt, da wo
der schenke!
in dem hüftgewerbe sich dreht. Borger 224*.
HÜFTDRÜSE, f lymphdrüse in der hüßgegend.
HÜFTE, f. coxa, coxendix, femur.
1) über die etymologischen bezüge s. unter häufe sp. 583; die
allgemeinere Vorstellung des emporragenden oder hervorstehenden
scheint auch noch durch, wenn das wort mit höcker gleichbedeu-
tend gebraucht wird: gibbus, ein hofer oder hufft. Gersdokf
feldb. d. wundarzn. (1528) s. 97.
2) hiifte bezeichnet am menschlichen kürpcr den zwischen den
letzten rippen und den Schenkeln befindlichen äuszeren etwas er-
habenen theü unter den weichen, der vom hüßbeine gebildet wird
(.Nemnich 3,255), aber auch die zunächst liegende schenkelparlie :
femur, die auswendige dicke an dem schenke!, die Lüfte
Kirsch cornucop., selbst nach Frisch 1,473' für lende gebraucht,
vgl. unten 2 a. e. und hüftlos. die ällest nachweisbare form ist
das goth. masc. hups, dem sich zunächst anschlieszt das ahd.
fem. huf, plur. huffi, mhd. huf, plur. hüffe (Lexer 1,1376),
formen, die auch im altern nhd. noch dauern: coxa, coxendix
ein huff am Schenkel Dasyp. ; die huff, femur Maaler 231',
gleich darauf die hufft am Schenkel, coxa, coxendix; mundart-
lich selbst bis jetzt sich hallen: huff hüfte, in Kärnthen Lexer
145; in siebenhürgisch-sächsischer mundart haff Fromm. 6,108;
und werft sie under euch und cebt in grosze pülTe,
slagt si paide auf die lende und auf die hüffe !
fnstn. sp. 490, 23.
daneben , mit angetretenem t , die form huft , plur. hüfte , vor
dem 15. jahrh., wie es scheint, nicht nachweisbar: coxa hufft,
coxendix hufft, diech, brat Dief. 154'; fernen hSß't, liifft (plur.)
1 lenden 229', es wird unterschieden fernen ein wybeshofl', wei-
beshufft von femur manszhuf, mannesbufft, manhufft 229'.';
beifuszkraut auf die linke huft des gebärenden weibes gelegt
. . . beifusz auf den leib unter den nabel bisz auf die hüfte
(plur.) und düchbein überlegen. Tabernaemont. krdulerb. 35;
wann man die wurzel zerstosze und mit einem schmeer auf
die huft lege, so benemme es die schmerzen derselbigen. 848;
in Tirol noch heule huft. Fromm. 6,155;
hier ringt ein kühnes paar, vermahlt den ernst dem spiele,
umwindet leib um ieiti, und scblioget huft um huft.
Hallkr schweizer, gcdichle (1768) s. 25.
Unsere heutige singularform liüfte gehl aus der allem, eben an-
gegebenen pluraJform zu hufl hervor, wie sich ganz gleich das
batruche huff (Schm. 1, 1063*), scliles. hüffe (Weinhold 37') aus
dem plural des allen h\if[ gebildet hat. hüfte erscheint im 16. jA.
bei Alberus mit wechselndem geschlecht (auch als masc, wie itn
gothischen) : incoxo ich sitz uf dem hüft. KK2', gleich darauf
femur die hüft; nur aU fem. bei Luther: lege deine band
unter meine hüfte und schwere mir. l Mos. 24,2; rürel er
Am gelenk seiner hüft an, und das gelenk .seiner hüft ward
über dem ringen mit im, verrenkt. 32,25; soll inen leinen
iiiderkleid machen, zu bedecken da» fleisch der schäm, von
den lenden bis un die Lüften. 2 Afoi. 2*», 42; gürtet es (das
s(hwrrt) unter sein kleid auf seine rechten hüft. rieht. 3, 16 ;
ein jglicber bat sein scbwcrt ao seiner büflen. holul. 3,8;
wie gehets denn zu, das ich alle mcnner sehe irc hendc auf
iren hüfteu haben, we weiber in kindsnöten. /er. 30, 6; dringt
aber noch im 17. jahrh. nicht allgemein durch, denn Schottel
1339 verzeichnet als cinziije form huft, femur; wogegen Stieler
wiederum nur Lüfte femur, femen, coxa gibt: auf die hüfte
schlagen, femur plangere, instar ulierum ejulantium, an der
Lüfte gelämet werden , coxam frangere , sich auf die hüfte
niederkaucheii, incoxare, ut cacantes solent. 816, nachher schwanken
die lexicographcn nicht mehr;
er eilt, des Schildes Zierde zu vertauschen,
und läszt ein griechisch schwert von seinen hüften rauseben.
Schiller Zerstörung von Troja v. 69 ;
und fasset sie, mit l'curig schlauen blicken,
wohl um_ die schlanke hülle frei,
zu sehn, "wie lest geschnürt sie sei. Götbk 12, 100;
das schwerl an der hüfie. Platkn 2.
hüfte, als sitz der zeugungskruft, wie sonst lende : und Gideon
hatte siebenzig söne, die aus seiner hüft koinen waren, denn
er Latte viel weiber. rieht. 8,30; vgl. hüftlos.
3) im ringkampfe hiesz ein stück die halbe huft: wenn er
(der gegner) sich aufriebt, so du in in dem hacken hast, so
nim das stuck das haiszt die halb Luft und ist ain rccLtz
kainpfstuck. seiapeum 5, 34 (aus einem xylograpliisclien ringbuche
des 15. jahrh.).
4) Lüfte , im Schiffsbau , derjenige theil der Verkleidung unter
der gallerie auf einem schiffe, welcher an den spiegel slöszt, und
dem schiff ein förmliches anselu:n gibt, franz. hanclie. Jacobssü.n
2, 292*.
HÜFTE, /". rosa canina, nebenform zu Liefe sp. 1309, bei
Nemnich 4,1168 in der pluralform Lüften, Liften, bagehüften,
habnehüften , hainhüften. in der bcdeutung hecke stellt eine
form huft: (dasz einer) IX bauren in eiiu leid, under einer
hufl fand stecken, die den köpf in die cid sietktcn, als soll
man sy nit sehen. S.Frank c/jroii. 246'; bull oder busch . . .
hufl oder hecke. Mechtild v. Hakenborn fuiuigrub der gaist-
lichen gnaden (1597) b. 2, cap. 20 (wo das lat. orig. riibus hat).
HÜFTENLAHM, adj. lahm, in den hüften.
HÜFTENSTÜCK, HÜFTSTÜCK, n. eins von den zwei stücken,
worin das hintcrvierlcl eines geschlachteen rindes gelheilt wird.
Jacobsson 2,292"; aber auch beim Schweine: die hüflenstücke
eines geschlachteten Schweines. Beckers weltgesch. 1,310.
HÜFTGEFLECHT, «. Verbindung der lymphgefäszc in der
hüßgegend.
HÜFTGELENK, n. gelenk in der küße:
hiermit (mit dem stein) traf er Äneias am hürtgelciik , wo des
schenkeis
bein in der hüfte sich dreht, das auch die planne genannt wird.
i/j./.v 5, 305.
HÜFTGEWERBE, n. dasselbe. Borger 224*. s. die stelU unter
hüftblatt.
HÜFTHORN, «. verderbt oder umgedeutet aus hifthorn spalte
1321, wol mÜ rücksu-IU darauf, dasz das hörn, an einem ricnun
getragen, in der gegend der hüfte herab Itängl: da war er
(Capriccio) der muntere spürhund, der in einer schallenden
Jagd, die das hüfthorn bis in die abgelegensten duiikelnsicn
Winkel der menschlichen keiintnisse ertönen laszt, das selt-
.samstc wild aufjagt. Lessing 6, 267. auch huftborn. Jacobsson
6, 122*.
HÜFTKNOCHEN, f«. hüßbein.
HÜFTKRÜMMüNG, f die obere begrenzimg des hüßbeins.
HÜFTLOCH, n. beim anatomen eine grosze Öffnung in der
obern gegend des hüßbeins.
HÜFTLOS, adj. elumbis. Frisch 1,473*, gleichbedeutend bei
ihm mit Icndenlos. vgl. hüfte 2 (i. e.
HÜFTMÄüSLEIN, n. niauWcin oder muskel, die bewegung der
hnße erregend. Adelung.
lUJFTMESSER, m. längeres messer, das in einer scheide an
der hitße (letraf/en wird.
111 !• TMIJSKEL, m. der die bewegung der hüfte verunatht.
HLFTI'FANNE, f acrtabulum, cotyle, auch im dim. hilft-
ptaiiiilein. Stieler 1433.
HÜFTSTÜCK, s. hüflenstück.
HÜFTSüCHT, /■. uchins: liiiU.siuht , poilagra , chiragra.
Tmuhneiszer probieruug der Itarnen 104. bei Maai er das bufl-
gsucht ischtas TM'; huffwee, huffgesücbt ischiaJtcus dolor, das.
HÜFTSÜCHTIG, adj.: hufUücLiig, der lendwee hat, ischia-
dicus Maaler 231'.
HtiFTWKHE, n. .' tsrhiat das buflwee oder gri«n D*(TP. ;
huffwce ijr/ii(2(/iruj dolor Maaieb2:ii*; diese würze! (rtirArurr)
1873
HUFZANGE — HÜGEL
pflastersweisz gebraucht, ist eine sondere arznei wider das
Luftweh. Sebiz feldbau 262.
HÜFZANGE, f. zange womit die alten ndgel aus Hufeisen und
huf gezogen werden. Jacobsson 2, 292".
HUFZWANG, IM. krankhaße enge an einem pferdehufe. öcon.
lex. (1731) lOSfe.
HUG, m. hügel, cap:
ihr njmreD dieses orts : steigt sicher auf den hug.
kommt her uud seht uns {auf dem schiffe) zu. Flehing 585,
Ko Lappe.nbebgs ausg. 479, 42, 6 ungut und ohne aulorität einer
ausgäbe in. bug (corderiheil des schi/fes) ändert, aber hug steht
zunächst zu mhd. houc, gen. houges und dem oben sp. 1858
behandelten huck.
HÜGEL, m. collis; ein ehemals nur landschaßliches , wie es
scheint vorzugsweise in Düringen und den östlich angrenzenden
yegenden einheimisches wort: tumulus hugel Dief. 601' [aus
Tbochüs), doch vgl. unten no. 4 auch die stelle aus Keisersbebg,
und Pfalz, hugel hügel, anhöhe Sch». 1,1069 Fromm.; von Llther
zuerst in die schrißspraclie eingefüJtrt (s. unten), in Petris Basler
nachdruck des neuen teslamenis (1523) als nicht ßr jedermann
verständlich durch gipfel, bühel erklärt (Fromm. 6,43'); die alte
ober- und theils mitteldeutsche form dafür war hübel, sp. 1S49.
dasz aber hügel nur eine veränderte form zu diesem hühel sei,
etwa wie hofer und hoger höcker ein wort sind (vgl. sp. 1651),
darf ßr geu-is nicht gelten, wenn man einerseits mhd. neutrales
houc, gen. houges hügel, und die diesen zunächst stehenden mittel-
deutschen masculinen formen huck (sp. 1S5S) und oben hug erwägt,
zu denen hügel als diminutive ableäung gefaszt «erden könnte.
hügel bedeutet
1) erderhöhung von mdszigem umfange, geringer als berg, in
der bibelsprache oß mit letzterem verbunden : denn werden sie
anfahen zu sagen zu den bergen, fallet über uns, und zu den
hageln, decket uns. Luc. 23,30; alle berge und hügel sollen
ernidriget werden. 3, 5 ; morgen will ich auf des hügels spitzen
stehen. 2 Mos. 17, 9 ; und richteten seulen auf, und haine auf
allen hohen bügeln, und unter allen grünen bewmen. 2 kön.
17,10; lobet den herrn auf erden, . . berge und alle hügel.
ps. 147,9; grüner hügel, collis vestitus, sandhügel, tumulus
arenae, wallhügel, aggeris propugnaculum. Stieler SOS; weg
der über einen hügel gehet, trames. S09 ; das bewog den ver-
storbenen grafen von M. seinen garten auf einem der hügel
anzulegen, die mit der schönsten mannichfaltigkeit sich kreu-
zen, und die lieblichsten thäler bilden. Göthe16,7; entfern-
tere hügel rechts ganz bedeckt von rebgeländern. 43,249; die
hügel verflachen sich, ihre sanften seilen und rücken sind
mit weinstöcken überdrängt. 251 ;
alle farbenpracht
der bunten hügel und der felder. Höltt 4S Haim;
entzückt bestieg der hin den hügel. Krktscuhanh 2, 113;
hügel und thal, wie sonst berg und thal:
der fürst ist dal sagt itiäler es den hügeln.
Schiller 1,23 Kurz;
wonne weht vom thal und hügel,
weht von Dur und wiesenplan. Borger 72'.
auch die letzte erhöhung eines berges heiszt hügel: und fureten
in auf einen hügel des berges, darauf ire stad gebawet war,
das sie in hin ah stürzeten. Luc. 4, 29 ; selbst ganz kleine erd-
aufwürfe werden so genannt, wo sich das wort mit häufe berührt;
vergL ameisenhügel, maulwurfsbügel.
2) die neuere diclder spräche braucht hügel gern ßr das auf-
ijewor/ene erdgrab, entweder in der Verbindung grabes hügel
(5. auch grabhügel):
wer pflanzt auf seines grabes hügel
die trauerweide Babylons? Rau.sr2, 95;
uJer allein:
man pflanzt ein kreuz, mit flitter^old
bekränzet, auf ihr grab ;
und auf den frischen hügel rollt
so manche thrän herab. Höltt IG Halm;
welch gemisch von grünen leichcnhügeln !
gelbe blümchen breiten
teppiche darüber, wilder wermuth
überragt die hügel. 49;
nun schläft, bei andern musensöbneo,
die sanfte herzenzähmerinn,
ohn einen seufzen ihr zu frohnen,
traht man auf ihrem hügel hin. Götter 1, 122;
kränze stolz zu neuen siegen
dich mit meines hügels moos. 261 ;
bis auf diesen leichenvolleu hügeln
die allmächtige posaune klingt.
Schiller ele'jie auf d. toä eines Jünglings r. 77.
IV. 11.
HÜGELAMEISE — HCGELSTAMM 1874
3) hügel auf etwas hügeldhnliches übertragen : hügel auf der
luiut, sonst buckel; bei den atialomen heiszt der gesUcifte hügel
eine rundliclie erhebung am gehirn, sehhügel solche erhebungcn
an den Sehnerven;
der mond von einem wolkenhügel
sah kläglich aus dem duft hervor. Göthe 1, 75 ;
vergl. doppelhügel vom weiblichen busen theil 2, sp. 1265 (aus
Wielaxd Oberou 3, 44), und unten hügeln 3.
4) eine redensart bei Keisebsberg den hugel henken: man
sol frölich syn, man sol nit alwegen den hugel henken, bilg.
16S', vergleicht sich der bairischen den hühel henken traurig,
niedergeschlagen sein (sp. 1S50) ; hier wie dort ist der köpf unter
dem bilde eines hübeis oder hügels gefaszt.
HLGELÄMEISE, f formica rufa. Neüsicb 2, 1642.
HÜGELCHEN, n. kleiner hügel. ThChmel 3,404; hüglichen
cdliculus Steinbach 1, 790.
HCGELFL'SZ, m. fusz eines hügels (vergL tlial 4*, sp. 1003
unten): aber am hügelfusze wollte der gerittene Blondin . .
die natur genieszen , die für ihn in gras bestand. J. Paul
flegelj. 1,90.
HUGELGEBURT, f.: aufgeblasene klug-dünkler, die mit
groszen hügelgeburten schwanger gehen, wenn es aber zum
kreiszen kommt, betrügen sie die weit mit einem herfür
hupfenden meuslein. Bctscbkv Palm. 2S8.
HÜGELIG, s. hüglicht.
HÜGELKETTE, /". eng verbundene reihe von hügeln:
mit leichter hügelkette
Europens letztem bergast angeknüpft. Göthe 41,224;
hügelketten von rothen abendwolken. J. Pacl Hesp. 3, 101.
HÜGELKREIS, m.:
diesz ist, erhabne herrscherin, der mann
mit seltnem augenhlitz vom hohen thurm
umherzuschaun bestellt, . . .
was etwa da und dort sich melden mag,
vom hügeikreis ins thal zur festen bürg
sich regen mag. Göthe 41, 211.
HÜGELLAND , n. land von vielen hügeln durchzogen : der
hof lag ganz allein an der grenze der fruchtbaren Börde, da
wo sie in das hügel- und waldland übergeht. Ixxerxann
Münchh. 1, 147.
HÜGELN, verb. l) als Itügel formen; so technisch, vom be-
reden der grabhügel: das hügeln der gräber (ausschlieszlich
des berasens) hat fernerhin lediglich durch die todtengräber
zu erfolgen. Leipziger tageblatt 1S67 no. 137 ; auch in poetischer
Sprache :
auf dem see, dem ruhevolleo,
nicht ein hauch die welle bügelt.
Strachwitz ged. s. 11 ;
auf dem gebügelten düng, der ihm vor dem thore des bofes
von maultbieren und rindern gehäuft lag. Odyssee 17, 297.
2) intransitiv, einen hügel bilden:
wo in dem sandigen boden
bügelnd kein dämm sich hob, ... da fugten die krieger
stamm auf stamme, dem wall zur dauernden stütze.
Ptrker Tunis. 7, 231.
I 3) das pari, gebügelt steht auch, nacJi hügel 3, ron etwas
I bucklichtem : ein kind soll sich nicht auf den elenbogen legen
I wie ein schmidt, noch gebogen sitzen wie ein gebügelter
j mayenkäfer. catholische einfalt oder kinderlehr (Mainz 1712) s. 79;
• es musz wol ein volkswitziger ausdruck gewesen sein.
\ HÜGELPFAHL, m. pfald auf einem hügeU der dem förster
! anfanq oder ende einer schlaglinie bezeichnet. Jacobssox 5,39*.
HÜGELPOLEI, ffi. slachys hirta, eine pflanzenart. Nemmich.
HÜGELREICH, adj.:
in bügelreicber küstenlandscban. Plate.'« 327.
HÜGELREIHE, f. reihe von hügeln. Brakoks astrononüe (iS27)
2, 22.
HÜGELROHR, n. arundo eplgeios, auf dürren hCtgeln wachsend;
auch hügelschilf. Neumch 1, 4S9.
HÜGELSCHWER, adj. lastend wie ein hügel:
fürstenhasz lag auf ihm hügelscbwer.
ScacBART ged. 2, 426.
HUGELSPITZE, f. spitze eines hügeU:
erheb ihn (den tchöpfer), wenn das milde abt^iulrotii
die hügelspitzen malt. Höltt 120 Halm.
I HÜGELST.\M.M, m. volkssiamm der in einem luigellonde woiml:
I mit Cyrus fängt jene Verschmelzung der hügelstämme mit
' den hewohnern der ebenen an, welche mit dem bau^des
'■• reiches des groszen küuigs endete. Asher übers, von BurkUs
i Essays $. 17.
118
1875
HÜGELSTRECKE — HUHN
HUHN
1876
HÜGELSTRECKE, f. strecke landes aus hitgcln bestehend:
der auf der hügelstrerke gewonnene wein. Götiie 43,250.
HCGELUFER, n. Ufer roll hügel: bald slrömlen thäler voll
Miimen um ihn, bald erhoben ihn heisze leere hügelufer.
J. Padl Hesp. 1,241.
HÜGELVOLL, adj. : bei Lützelstein, einem alten bergschlusz
in einer sehr hiigelvollen gegend. Göthe 25, 321.
HÜGLEIN, «. kleiner hügcl: hügelein, divulus, tnonticulus
Stieler 809; dasz es (das zeichen des hirsches) mitten in dem
trilte einem kleinen hüglein oder berglein gleichet. Göch-
iiADSEN not. ven. 24.
HCGLICH, ad}., ein nachklang des tnhd. hügelich freudig,
froh, munter, der im alemanniiclwu des IG. jahrh. noch hervor-
bricht: die Appenzeller warend gar hüglich und freudig dero
zilen. TscHüDi 1,627. der heutige dialekt scheint das wort nicht
meltr zu kennen; das Simtncnthal nur bewahrt von demselben
stamme huglos gedankenlos, leirtUsinnig, ruclilos. Stai.deh 2, 60.
HÜGLICHT, adj. voll hügel: hügelichl cliiosus Stieler 80") ;
hüglig und hügelichl clirosus Frisch 1,473'; ein weites hüg-
lichtes thal bewegt sich, zwischen zwei ansteigenden höhen,
gegen den Hundsrück zu. Göthe 43,252.
HUHLAH, ein ermunternder zuruf an hunde. Gökingk 3,18.
HUHN, n. pullus, alui. Iiüii, huon, mhd. huon; alts. \\(m;
niederl. hoen ; allnord. findet sich das nculr. pltir. hocns und
hains , hahn und kenne, kühner, auch hoensn und hoesn , das
als dän. höns kühner, schwed. höns huhn fortlebt, während ein
davon abstekender ddn. sing, hone , plur. höncr wol aus dem
deutschen eingedrungen ist. ags. engl, fries. ist das wort nicht
beuugt.
1) huhn wird zunächst von jedem gliede der hühnerfamilie
gebraucht , es reicht als allgemeine bezeichnung iiher hahn und
henne, die das natürliche geschleclU hervorheben, daher kann in
der alten spräche huon stehen , wo wir den kalm darunter be-
i/reifen :
tliu lougiiis min ze wäre, er hinaht liano krähe,
in nötlicbemo thinge, er thaj huan singe. Otfbid 4, 13, 36;
e; was dennoch so spxte
das ninder liuon da traeie. Pnrzivul 194, 6.
von den jungen, wo das geschlecht noch zurüclclritt, wird, wie
jetzt noch, allgemein huhn gesagt: ptillus ein iung huon o. ein
ieglich iung thier Dief. 472" ; ebenso kann der plural in dieser
allgemetnen bedeutung stehen : hüner aulem in plurali totum
gregem gallinarum et gallorum romplecluntur. Stieler 750, wäh-
rend Frisch 1,473' den plur. nur von jungen hünern von bei-
derlei geschlecht gelten lassen will; er (der fuchs) läget auch
allermaist baimlichem gefügel , sam hüenren und gensen.
Megenberg 163,27; als festliches gericht:
gense, hüener, vogel, swin,
uermel (wurue), pl'äwen suint du sin.
Steinmaii, minnt's. 2, 154* llagrn;
if» Sprichwort: jemandes hühner und gänse wissen, aufzählen,
iillen seinen besitz oder seine verhdltnis.^e ; ich kenne weder seine
hühner, noch seine gänse, albus aterve sil nescio. Serz 72'.
vgl. auch die allgemeine bezeichnung huhn bei den külinerartigen
vögeln unten no. 3.
2) diese alte bedeiäung von huhn aber wird alleriert, indem
der begriff liaiin sicli von dem allgemeinen huhn scharf loslöst,
so dasz das letzlere nur noch das weibliche huhn bezeichnet und
ganz mit henne zusammenfällt : gallina hriilhen, henne hiine
Dief. 256' {aus einem voc. des 15. jahrh.); hun, henn gallina
Dasyp., ebenso Maaler 233* ; wer eier haben will , musz der
hüner gatzen leiden, devilat, quicunque molam fugit, ille farinam.
Stieler 750; trittst du mein huhn, so wirst du mein hahn.
SinRocK tprichw. 262; ihre zoten seien nur wie die kranklieit
der hühner, wenn sie anfangen zu krühen, ohne gleichwohl
durch solche stimmübungen jemals die rechte hahnenhaftig-
kcil zu erringen. Immerma.nm Münchh. 1, 110; selbst das geschlecht
wird mit rückticht auf henne bestimmt: eben zu der zeit lieng
eine von unsern hUnern erhürinlich an zu schreien . . mein
kind, fieng endlich der selige mann zu mir an, die henne
schreit nichts gutes lierau«. Gkllrrt 3, 161.
Wie rou der lienne (.tp. 99«) heiszt es auch vom huhn , es
gackert, gatzet, scharrt, kratzt, legt, briitet, gluckt ; thaligkeit
und nutzen des vogel* werden in einer reilie sprichwörtltcJier redens-
arlen gezetehnel: hUner legen gern in neue nester. Schottkl
IIU'; die hüner im korbe {vergl. hühnerkorb) wollen gern
heraus, und die drauszen wollen gern hinein, nemo sua sorte
contentu*. 112»'; wer wil die eier haben, musz das kakelen
der hüner leiden. 1131"; das huhn legt gern ins nest, worin
schon eier sind. Simrock sprichw. 262; bereitet man den hüh-
nern nicht bei zeiten ein bett, so legen sie die eier in die
nesseln, kluge hühner scheiszen auch in die nesseln, hühner
die daheim essen und anderswo legen , soll man am brat-
spiesz ziehen, sieh auf die hühner und nicht auf die nester.
kein huhn scharrt umsonst, ebenda; was zum huhn geboren
ist, scharrt nimmer vor sich, sind die hühner brütig, so
hätten sie gern eier. seine hühner legen eier mit zwei dot-
tern. 263 ; die letzten kinder der irdischen vätej müssen
manchmal besorgen , dasz die ersten das beste und meiste
hinnehmen nach dem Sprichwort: das erste huhn sammelt
die besten körner. Scriver seelensch. 1,836; ivn einem nase-
weisen heiszt es: das ei Icret das hun, und die saw meistert
gott. Luther 6,139'; zeichen boshaßen mutwillens ist es, den
hühnern den schwänz aufzubinden : es ist schon allzu viel
mutwillens in der jugent und dem pöbel, darumb denken
sie vollend leuse in den pelz zu setzen und den hünern den
schwänz aufzubinden, wie sie ir vater, der lügncr und mörder
treibt, lio'; ton einem betrübten wird gesagt: ich zeigte es
darnach mit einem solchen . . armensüiidergesicht vor, als
hätten mir die hühner das brod gefressen. Hiehl culturgesch.
Jiot). 373. mit Sonnenuntergang gehen die hühner auf ihre hiüiner-
stangen schlafen, daher eine zcilbeslimmung : wäret nicht lenger
denn von der vesper bisz die hüner auffliegen. Kirchhof
wendunm. 42';
wenn die hühner sich auf ihren latten
eine schlall)ank wählen für die nacht,
und die sonn aus meinem schatten
einen ackerlangen riesen macht,
husch ich in den garten.
Gökingk tieder zweier lieh. (1779) s. 44 ;
und die Sprichwörter: wer mit den hühnern zu bette geht,
kann mit den bahnen aufstehen. Simrock sprichw. 262;
früh mit den hühnern zu bette,
und mit den bahnen zur wette, ebenda;
das gefkhl des hungers wird dem kratzen der hühner verglichen :
umb rünfe hin, so kratzen ihn
die hüner in dem magen,
mit groszem e:rimm, dnimm mos? man im
das essen bald licr tragen. Mittlkr (/. vulk.sl. nn. 855,4
(aus einer sammliiiig von 1583);
von einer schlechten schriß wird gesagt, sie sehe aus, als ob die
hühner über das papier gelaufen wären , vgl. unten liühner-
schrift ; nach dem geringen wert den das leben eines bukns kat :
die armen hübner, die man der eier wegen hält die sie legen
sollen ; denn wenn sie nicht recht fleiszig legen , so wird
man sie abschlachten, und aus ihrem fleische die brühe aus-
kochen. Nicolai bei Lessing 13, 188, heiszt es einen abwürgen
wie ein huhn, mit leichtigkeit, ohne bedenken: ihr müsset mir
sie in diesem augenblick copuliren, . . oder ich will sie alle
beide wie die hüner erwürgen. Simpl. 1,337 Kurz;
der bidemt vor girde (monilnsl) sam ein loup.
er sprach : icli briche In als ein huon. Meier Helmhr. 1851 ;
wie si in wollen zureiszen als ain huon. fasln, sp. 461,33;
hinrichten als die hühner warm. B. Ringwald /. warb. :<85 ;
wie auch in manchen andern Wendungen ein geringer wert des
kuhns überhaupt vortritt: keinem auf dem marsch ein huhn
kränken, in ilinere militari ordinem servare, iitcolas non laedere.
Frisch 1,473';
und hab im nie kein leit getan.
bet ii'li im neur erschreckt ein hun,
so soit e.s mir nit zorii tliiin. fnsln. sp. 269, 15;
und was du wilt liai, wil ich tiinn.
ich acht der aiiilern niclil ein huon. ri'ni/ II', 6.
vom rupfen des geschlachteten kuhns ist das bild hergenommen
ein huhn mit einem rupteii , ]inücken, eine sacke, Streitsache
mü einem ausmachen: die loryblätter, die keine gelegenheil
passiren lassen, um mit der admiralität ein huhn zu pflücken.
Weimar, zeitung ISM, no. 277 ; als zeichen eines mäs:igen wol-
standes gilt sonnlaijs das huhn im topfe : (der bauer i/ab) dem
könig auf seine fragen nach ilein landhau, nach seinen km-
dern, und ob er auch alle sonnlage ein hnhn im topfe habe,
gesprächige antwort. IIkiikl 3 (is.'.:i)22; es fliegt einem kein
gebraten hulin ins maul, das gUuk kommt ntckt mühelos ; aber
etliche sagen, ja verlas dich darauf, sorge nirlil, und sihe,
ob dir ein gebraten hun ins maul fliege. Luther 1, 2.%4' (sonst
auch gebratene taulie, r<j/. theil 2, '.\10). — Von einem schleckten
getange heitil es die hühner sterben davon (sonst er vertreihl
1877
HUHN — HÜHNCHEN
HUHNDIEB — HÜHNERDIEB
1878
ratien, mause): weilen ich mich meiner meuder erinnert, . .
dasz sie oft gesagt, sie besorge die hüner würden dermal-
eins von meinem gesang sterben, als beliebte mir auch zu
singen, damit das remedium wider den woIf desto kräftiger
wäre. Simpl. 1, 17 Kurz.
3) huhn, föfi hühnerartigen vögeln.
a) bei grüszern slelU das allgemeine, beide geschlecliler bezeich-
nende huhn nur im pluraL itn singular wird immer das männ-
liche hahn vom weiblichen henne oder huhn unterschieden, und
zwar heiszt es bei zahmen^ derartigem geflügel lieber henne : trut-
henne, pfauhenne, fasanhenne, bei wildem lieber huhn : auer-
huhn, birkhubn, haselhuhn: es sind etliche unerfahrene
weidleuthe in der meinung , es habe der auerhahn , weiln
er . . auf denen bäumen stehe, mit seinem hune die brut
auf demselben. Göchhaüsen not. ven. 72; dieser auerhahn
oder hun. 73; es ist der birkhahn ein vogel, welcher nicht
in solcher enge bleibet, als der auerhahn, . . hat meist sein
hun bei, oder doch nicht weit von sich. 7".
b) bei kleineren gilt huhn im singular als allgemeine bezeich-
nung der gattung und nur wenn das geschleclil ausdrücklich
hervorgehoben wird, ist zwischen hahn und huhn ausdrücklich
unterschieden; vergl. die ausführungen unter hahn sp. 162. 163.
gern wird auch das rebhuhn unter bloszein huhn verstanden :
so stand mein hund vor einer kette von einigen hundert
hühnern. Münchh. reisen (llbS) 5.36; eine flucht hühner. s. 25;
wer darum nur die raorgenröthe grüszet,
nur darum cern durch saat und hecken streicht,
weils ihn ergötzt, wenn durch sein blei erreicht,
ein huhn die rotben äuglein schliefet.
GöKi^GK lieäer zweier lieb. (1779) s. 34;
doch das wilde huhn bei Schiller meint einen hühnervogel im
allgemeinen :
das wilde hubn kann ich im fluge zählen,
den falk erkenn ich in den höchsten lorten.
Jungfrau v. Orteans 5, 11.
4) einmal ist auch huhn auf das junge anderer vögel gewendet :
da? si geben ein opfer, alse gesaget ist in der S des herren,
ein par torteitüben, odir zwei tübenhuon. mitteld. evangelien-
ühers. in Haupts zeilschr. 9, 299 (Lue. 2, 24, vulg. duos pullos
columbarum).
5) huhn, vom menschen, in halb verächtlichem sinne; man
schimpft du dummes huhn.';
man hell ihn für ein garstig hun. Ringwald laiil. warh. 170;
machs nicht darnach, sei kein leicht huhn.
ÜRODTKORB ileulsclie wahrh. 120.
aber das dim. hühnchen ist kosewort (s. nachher), wie im miltel-
hoclideutschen huhn selbst, wenn auch hier unter ausführuny eines
bildes :
'sine, ein guldin huon ; ich gibe dir weije'.
schiere dö
wart ich vro :
nach ir hulden ich vil gerne singe. NEiouARt 40, 1 ;
und im niederdeutschen :
Anke van Tharaw, dat war wy nich dön (iiiclic zanken),
du böst myn dyllien, myn schäpken, myu hon.
S. Dach bei Göoekk eilf bücli. dculsclier äiclu. 1,337*.
HÜHNCHEN, n. Verkleinerungswort zu huhn.
1) junges oder kleines huhn: hühnchen pullus galllnae, pul-
laster, yallinula Steixbach 1,792;
ein verhungert hühnchen fand
einen leinen diamani. Hagedorn 2,42;
es ist kein hühnchen noch so klein,
übers jähr wills eine henne sein.
SiMROCK siiricitw. 262;
ein hühnchen pflücken, vgl. oben unter huhn 2 : aha rief der
alte Münchhausen entgegen, kommt der ausreiszer endlich?
ich habe mit ihm noch ein hühnchen zu pflücken. IsiUEftHANN
Münchh. 2,06; ein hühnchen im salze liaben, wie sonst werk
am rocken, an der kunkel haben, etwas aliverschuldet haben:
und was dünkt ihnen ... von einer frau, die das so hin-
schreiben kann, dasz sie mit ihrem kammermadchen aus
guten Ursachen, nicht schmälen dürfe ; sollte die nicht schon
wohl so ein hühnchen im salze haben? Möseb patr. phant.
3,21. vgl. auch hühnlein und hünkel.
2) hühnchen , liebkosend von einem Jungen mädchen : hui !
spricht so mein hühnchen? Fr. MOllek 2, 114; ich wollte sie
nur fragen ob sie nicht wüszlen wo mein hühnchen hinge-
koDunen, mein liebes Suschen, ein böser hübe hat sie mir
gestohlen. Lenz l,20b.
HUHNDIEB, «i. der hülmer stielt: hundib Garg. 279'. vgl.
hühnerdieb.
HUHNE, ffi. s. hüne.
HUHNEI, n. hühnerei: {der trappe) hat nieinahls mehr als
zwei eier, welche weisz-gelbe und in der grösze zwischen
welschen hun- und ganse-ei sind. Göchhaüsen not. ven. 75.
HÜHNERAAR, »«. falco milvus, hühnergeier. Nemnicu; (die
henne) beschirmt si (die küchlein) vor dem weien oder dem
hüenrarn. Megenberg 193, 7. vgl. auch hühnerarn.
HUHNERABEND, ni. für polterabend, Vorabend einer hochzeil :
meine mutter entdeckte mir schon sonnabends am hühner-
öder polterabend, womit sie mich sonntags erfreuen würde.
Hippel lebensl. 1, 126.
HÜHNERALK, m. alca tetrattila, ein vogel um Kamtschatka.
Nemmch 1, 156. •
HÜHNERARN, n«. falco milvus, hühneraar: in gestalt eines
adlers oder hünerarns. S. Frank.
HÜHNERAUGE, n. schmerzendes hornhäutchen am fusze^ nach
dem aussehen so genannt (sonst auch egerstenauge, elsterauge,
theil 3,34. 418): gemursa, ein leichdom oder hunerauge voc.
opt. (Lc^ips. 1501) M2"; ein agesteraug, hüueraug Dasvp. 292';
von einem leichdorn oder so genanten hunerauge an einem
fusze. Ernst hist. confecttafel 298; die füsze sind dir voll hüner-
augen. Jucundiss. 120 ; (die obrigkeiten und magislrate) haben
äugen, die um keinen pfiff mehr werth sind als hühneraugen,
die nicht sehen, sondern nur schmerzen, predigt bei Ebelixc
gesch. der kam. litt, in Deutschi. 1, 115; wenn einer dem andern
zufällig auf die hühneraugen tritt. H. Heine 1, 19S.
HÜHNERAUGENBAUM, m. prunus padus, faulbaum, schwarze
vogelkirsche, und rhamnus frangula, fatäbaum. Nemnicb 4, 1074.
1146.
HÜHNERBEERE, f sedum album. Nemmch.
HÜHNERBEIZE, f. aucupium perdicum. Stieler 83.
HÜHNERBER, m. netz zum fangen von rebhühnern. Hohberg
2, 703".
HÜHNERBIRNE, f eine birnenart, franz. poir d'automne.
HÜHNERBISZ, f?J. name einer pflanze, alsine media, morsus
gallinae. Nemnich 1,202; morsus gallinae , iltecebra, hünerbisz,
hünerserb, hünerdarm Albercs FF 2'; auch ähnliche pflanzen
heiszen so: cucubalus baccifera der grosze schwarze hühnerbisz;
sagina procumbens, sonst auch vierüng.
HÜHNERBLIND, aJj. s. das folgende.
HÜHNERBLINZ, m.: hühnerplinz, eine blüdigkeit der äugen
da man nichts mehr siehel, wann die sonne untergegangen. Frisch
1, 473'. diese krankheü Iteiszt sonst bühnerblindbeit, der davon
befallene ist hühnerblind.
HÜHNERBLüT, n. blut von hülinem : weisz der einsichtige
psychische arzt seinem patienten eine mit hühnerblut ge-
ladene pistole unterzuschieben. Göthe 26,231.
HÜHNERBRÜHE, f juscutum de gallina cocta. Frisch 1,473':
wer . . den ersten löfl'el steck inn die hünerbrü. Garg. 45";
sie ist nahrung der Wöchnerinnen, darauf wird wol in folgendem
angespielt: da ligen wir (mann und frau) beide alleine, alleine,
das man die hünerbrü verdiene. 73'; und nahrung der schwaciten
und kranken : so dasz er zuletzt keine lasse hühnerbrübe mehr
nehmen darf. Thünhel 6,100; eines von den schwachen ge-
sf höpfen , . . deren kakochymische seele nichts als molken
und leichte hühnerbrühen verdauen kann. Wieland 12,54.
HÜHNERBRUT, f das brutgeschdft und die ausgebrüteten
jungen von hühnern und hühnerartigen vögeln: dasz ein trappe,
wenn er lerchen oder andere kleine vögel, auch hüner- und
wachtel-brutheu gewahr wird, diese jungen, wenn sie eist-
lich auskommen sind, ganz verschlucken und zu schänden
machen soll. Göcubause.n noiab. ven. 74.
HÜHNERDARM, m. l) dann von hiümern.
2) Pflanzenname, vorzüglich der alsine media (vgl. oben hühner-
bisz), aber auch der anayallis arvensis. Frisch 1,473', und ähn-
licher, hühnerdarm ist ein leckerbissen für vöyel: das Schicksal
fasse den leser, wie einen kanarienvogel , stets mit warmen
bänden an ! es stecke ihm immer ein Stückchen zucker
zwischen die stäbe seines käfigs, und verhänge letztern nie
mit etwas dunklererm, als mit dem grünea hühnerdarm der
hoffnung. J. Paul jubeisen. 8.
3) der gespaltene hühnerdarm heiszl auch eine schneckenart
des indi.<ichen meeres, serpula anguina. Nemnicii 4, 1286.
HÜHNERDIEB, m. der hühner stiehlt: er liesz den kopl
hängen und .sah zu boden wie ein hühnerdieb. Kiehl cultur-
yesch. nov. 4i'>. vom fuchs:
IIb*
1 879 HÜHNEREI — HÜHNERHANDEL
was wird wohl unser ende sein?
fräst Isegriram den fuchs : mein vater ward gehangen.
und meiner starb an gliederpein,
ihn hatten bauern grol) empfangen,
Tersetit der hühnerdieb. Hagkuorn 2, 139;
vom veihen, falco mikus, als dessen name auch das woit er-
scheint (Henisch 691. Nemnich, vgl. niederd. müvus kukendief
DiEF. 361') :
erschröckt der schwebend schall des hünerdiebs, des weihen,
die kücklein ungefähr dasi sie getukkelt schreien.
RoMPLER 104 ;
hühnerdieb endlieh auch name des haiiswiesels. Nemnich. ',
HÜHNEREI, n. et von hühnern : legt hüenrair under ain j
küssein und sprach, er mOht si so lang dar under hallen, ;
unz hüendl dar auj würden. Megenbebg 195,34; hünereyer,
ova gaüinacea Frisch 1, 473*. — hühnerei auch name einer I
schneckeiiart, Imlla ovtm. Nemnich 1, "17. |
HÜHNERFANG, m. venatio perdicum, rebhühnerjagd. Frisch j
1,473':
und unterm dach sasz einsam auf der stange
sein edler falk. dem war im hiihnerfange
kein andrer gleich. Hagedorn 2, 174. ]
HÜHNERFÄNGER, m. l) hühnerdieb: 'wie bist du gewisz-
lich so ein arger baurenscbinder, so ein schlauer hünerfänger
gewesen!' was? mutter, antwortet Springinsfeld, hünerfänger?
wollet ihr euch dann einbilden, ich seie mit solchen kinder-
bossen, mit solchen pubenspiel umgangen? es musten vier-
füszige thierer sein, . . wann ich sie würdigen soltc, selbige
mir zuzuschreiben. Simpl. 3,218 Kurz. |
2) hühnerfängcr, der rebhuhner fängt, venator qui capü per- \
dices Frisch 1,473'; es wollen auch verständige hünerfänger |
wahrgenommen haben, dasz oftmals ein bahn (i'om rebhuhn) ,
sich an zwei hüner züchtet. Göcn mausen nci. ven. 82.
HÜHNERFARBE, f. färbe der kühner, als pflanzenname :
quendel, so man auch hünerfarb nennt. Hoiiberg 3,1,430'.
v^. bühnerkohl.
HÜHNERFEDER, f feder von hülmern. auch name einer
Schneckenart, conus auratus. Nemnich 2,1170.
HÜHNERFELL, n. altUamentum gallinaccum. Stiki.er 465.
HÜHNERFLEISCH, n. fleisch von hühnern. die gerber nennen
hühnerlleisch ein zartes auf der rechten seüe kOniichles und
harlnarhichlcs ziegenieder zu handschuhen und fächern. Jacobsson
2, 292'. vgl. hüiincrleder.
HÜHNf>RFRAU, f die hühner besorgt oder mit ihnen handelt;
femina gallinaria, pnllaria Sri ei. er 540.
HÜHNERFRESSEN, n. anfressen des getreides von seilen der
hüliner: solle dem herren geben zwa garben habern ;\ne müsc-
fressen und äne hunrfrcssen und äne argelist gebonden uff
dem velde. weüth. 2, 1S5 {Hundsrück von 1407).
HÜHNERFRESSER, m. der hühner friszt; qui gallinarum csa
dtleclutur Stieler 899; ein aller liünerfresser veteranus miles
ebenda; vom iltis: etliche ilken oder hünerfresser. Lokmanns
fab. 32; vom fuclis :
wie, spricht er (der ruhe), hühnerfresscr,
ist itzo speck dein mablV du lebest zu genau.
Hagkdorm 2, 121.
HÜHNERFÜLLE, f? als pflanzenname: origanus agrestis,
cunila agrestis, salurei, büneriül. Alb. FF 1*.
HÜHNERGALLE, f tjnlle von hühnern. Sebiz fcldb. 109.
HLHNERGARN, n. ein netz rebhuhner zu fangen. Frisch
1,473'.
HÜIINERGEHACK, n. speise von gehacktem hnlmerfleisch.
AxARAMTHEs fmuenz.-kx. (1773) 14S8.
HLHNERGEIER, m. falco mikus, hühneraar.
HÜHNERGESCHREI, n. lockruf der rebhuhner und vogel-
l'feife, einen solchen lockruf nachzuahmen. Jacobsson 2,292*.
HCHNERGIFT, n. name des büsenkrautes, hyoscyamus niger,
auch hflhnertod. Nemmc» 3, 195.
HÜHNERHARICIIT, m. falco palumbarius {vgl. habiclit H,l
((. e., «p. 93): alle .. werden wissen, dasz der eichclhilher . .
;iu«/.ersl häufig den schrei aussVfgzt, der mit geringem unler-
«<bicd in der inodulalion dem hühnerhaliiciit . . eigen ist.
autlnnd 40. Jahrg. t. 9S9.
HÜHNERHAHN, m. hahn als mann der hühner:
die hehre himmeU^onne gehet
unwandelbar die gnt-ize bahn,
»orgloH, ob krncbzet oder krähet
•ui »einem mi.it der hiibnerhiiliii. Vosk 0, 251.
HtHNKRHAMK. m. ein Ibeit vom rebhü/inerneti. FluncH 1,478'.
H( MNKHIINMiKI., m h'KuIrl mit hiihneTn.
HÜHNERHÄNDLER — HÜHNERLOCH 1 880
HÜHNERHÄNDLER, m.
HÜHNERHAUS, n. gallinarium. Maaler 231':
doch jenes (geßiigel) macht sich unter dach,
und krähet, ihm {dem fnvhs) zum höhn, im sichern hfihner-
hause. Hagedorn 2, 122;
schlich vil hurtiger davon als der fuchs vom hünerhause.
Felsenb. 1,32.
HÜHNERHIRT, m. pullarius. Maalfr 231*.
HÜHNERHOF, m. septum ad nutriendos gallos et gallinas.
Frisch 1,473'.
HÜHNERHUND, m. hund der zur rebhfütncr- und wachteljagd
abgerichtet ist ; eine eigene hundeart : hünerhund et Wachtelhund,
cauis cubitor Stieler 967.
HÜHNERJAGD, f jagd auf rebhuhner: (edelleute) die mit
der flinte im arm auf die hasen- und hübnerjagd, so oft
sich nur gelegenheit zeigte, auszugehen nicht versäumten.
Göthe 25, 101.
HÜHNERKÄFIG, m. käfig um hühner darein zu sperren.
HÜHNERKÄLFEL, »?i. händler mit hühnern {vergl. käufei 1
Iheü 5 sp. 323): unser burger ain, ain hönrkäufTel. d. städte-
chron. 4, 331, 3 {Augsburg).
HÜHNERKETTE, besser HÜHNERKITTE, f küte von feld-
hühnern, vergl. unter kütte Iheil 5,2995; bildlich: er rauschte
schnell dicht hinter der bühnerkette von pilgern, die scheu
auseinander spritzte. J. Paul flegelj. 1,93.
HÜHNERKLEE, w». thymus serpyllum, quendel: serpillus vel
serpilluni, herba, kleiner costentz, quendel, huncrklee, huner-
serb, hunerkol. glossc zu eklog. 2, ll in Vergil. opp. {ed. Egenolph
1597) 314".
HÜHNERKOBEL, m. behälter worin die IMner über nacht
bleiben. Jacobsson 6, 122*. vergl. kobel tlieil 5 sp. 1539.
HÜHNERKOHL, wi. thymus serpyllum, quendel. vergl. oben
hühnerklee; quendel, so man auch hünerköhl nennt. Hohberg
3, 1, 430'.
HÜHNERKORB, m. korb zur einsperrung von hiVtnern : bofula
hunerkorp Dief. 77' ; puUinacium honerkorp, hunr-korp ; auch
hüerkorp u.ähnl. formen 471'; hüneikorh (/u/Zinunum Stieler
1014; hunerkorh, darein die hüncr legend, qualus Maaler 231'.
HÜHNERKOTH, m. kolh von hühnern: liünerkaht gedörret
{als millel dm haarwuchs zu befördern). Sebiz feldb. 109.
HÜHNERKRARBE, f cancer maenas. Nemnich 1,800.
HÜHNERKRÄTZE, /". hülinerlcorb: hüneikretzen ornithon,
vivarium Maaler 231'.
HÜHNERKRALT, n. thymus serpyllum, quendel. das hühiiei-
kraut mit spitzen blättern bezeichnet cassia sophera wler galli-
naria aculifolia. Nemnich 2, 909.
HÜHNEBLAGER, n. platz, wo ein volk feldhüiiner des nachts
auf dem felde beisammen sitzt. Jacobsson 2, 292'.
HÜHNERLAUS, f pediculus (jaltinarius. Fri.sch 1,473*.
HÜHNERLEREB, f Icber von hühnern. bünerlebern-gehäek,
eine spci.ie. Amabanthes frauenz.-lex. (1773) 1489.
HÜHNERLEDER, n. bei den gerbern ein zartes ziegenieder zu
handschuhen und fäclmn. Jacobsson 2, 292'. vgl. oben hübner-
fleisch.
HÜHNERLEITER , /". scala gallinaria qua ascendunt gdlinae
in gallinarium. Frisch 1,473".
HÜHNERLOCH , n. scidupftoch für hühner und hund neben
der thür eines bauernhauses :
die hiiner hrachiens (ilir Imneru) in ein Kammer . .
das hiiiier loch lieszen sie olfen.
umb milternacht da kam der luchs,
besorget sich nun keins bcirugs, . .
slillscliweigens kroch ins hfincrloch.
H. Waldi« Ksop 4, 9». 442.
als eine eigenthümliche sitte: csz soll auch ein jeglicher in-
whoner schullich sein umb ein recht ein masz weins bei
ime {dem ausschenker des bannweins) ze iiolen, es were dan
sarh, das der wein ze deuwer were und nit bezalen kuudt:
und weliiher dasz nit thell, so hctt der wirdt macht, ime
ein masz weins zum liünerloch in ze schfiden {schfUten), und
most sie ime bezalen. weisth. 2, :>9 {Saargegend von 1529).
Für den mensclwn ist der eintritt in ein haus durch das hühner-
lorh ein heimlicher:
Ich gnnd jcmerlich heim triefen (ton finer huhhchaft)
und miwt »u dem hunerinch einschliefen, fasln. *p. 119, r«.
aber auch das sterben wird einem kriechen durchs hühnerloch rei-
glicken: kurz es ist ein liilgerschaft hie uf diser erden, wir
inüs,«pn all durch das hftnerloch, dns ist der tod. Kkui»»-
iiKM(; ^l7l^. vorrede cap. 3.
1881 HCHNERMANN — HCHNERSERB
HÜHNERMANN, m. l) viann der kühner pflegt oder mit ihnen
liandelt: hünermann, der hüner zeucht, go/imanus. Maaler23i'.
vergl. hühnerfrau.
2) hahn, ah mann der kühner gedacht:
nie kräht der hühnermann allein,
man hört, wo hähne sind, auch gleich mehr hähne schrein.
BosT rcrm. (jeit. 1769 s. 67.
HÜHNERMILCH, f. l) milch von hühnern, als bild für etwas
unmögliches, schwindet- oder lügenhaftes: nacli dem text des
evangelii, füren sie dahin ins schlauraffenland, einer predigt
aus Aristoteles und den heidnischen büchern, . . ein ander
von blaw enten, ein ander von hüner milch. Luther 6, 96".
2) mit eiern abgezogene milch, eiermilch, eierevmlsion. J.\cobsso.n
6, 122'.
3) htibnermilch, pfianzenname, ornithogalum. Fbisch 1,473'.
HÜHNERMIST, vi. mist von kühnem. Sebiz fcldb. 109.
HÜHNERMYRTHE. f. alsine media, auch hühnermjTrhe.
HÜHNERN, verb. einen mit einer abgäbe von hühnern belegen,
oder mit solcher abgäbe belegt sän. ehemals hessisch, vergl.
ViLMAR 179.
HÜHNERNEST, n. nidus gallinarum. Frisch 1,473'; mhd.
hüenernest (Lexer 1,1375); als Schimpfwort für einen filzigen:
pfuy dich du garstig hünnernest.
B. BiNGWALD /. warh. 108.
HÜHNERPASTETE, f. pastete von hühnern. Amarantues
frauenz.-lex. (1773) 1476.
HÜHNERPOLEI, m. thymus serpillum, quendel.
HÜHNERRAUTE, f veronica triphyllos.
HÜHNERRUF, m. was hühnergeschrei. Jacobsson 2,292'.
HÜHNERSALRE, f alsine media, sonst hühnerserb. Frisch
1,473'. mit bezug auf das dichte wachsthum vnd die deckkraß
dieser pflanze ist das folgende bild gebraucht: das ist eine gar
köstliche hünersalLe für die herren bauren, dasz man ihnen
nicht in das herz, und den verborgenen schalk sehen kan, . .
sonst würde es oft gar kauterwelsche sprünge und närrische
müsterlein oder anschlüge geben, baurenst. lasterpr. 4. vergl.
auch hühnerschwarm.
HÜHNERSCHLAG, m. l) schlag, art von hühnern.
2) verschlug iti dem die kühner untergebracht werden : ist er
wirklich hinein? mein seel, wie der fuchs in hühneisclilag?
Fr. Müller 1,343;
unmuthig, wie ein fuchs, der einen hühnerschlag
IM wohl verschlossen fand. Wieland 5,49 (n. Amail. 13, IS).
HÜHNERSCHRIFT, f. griffonerie, gritzerei. DCez nomencl.
(1663) 166, schlecht» schriß, die mit den spuren der hühnertrittc
vergliclten wird, schon l'lautus braucht den vergleich, vgl. unter
hahnenfusz sp. 167 ; s. ferner oben huhn sp. 1S76, und krähenfusz.
HÜHNERSCHROT, m. eine art mütelschrotes, feldhükner damit
zu sckieszen. Jacobsson 6, 122".
HÜHNERSCHWANZ, m. «ropi/(/ium. Stieleb 1954. auchname
einer laubenarl, columba laticauda. Nem.mch 2, 1131.
HÜHNERSCflWAK.M , m. l) name des hühnerbisses , alsine
media, bei Nemnich 1,202 hühnerschweren: jeder narr dünkt
sich itzt berechtigt mit einer anekdote von einem groszen
mann zum Vorschein zu kommen , und statt lurbeer wächst
hünersciiwarm um sein grab , oder blumen von widrigem
geruch. Elise Reimarüs an Hennings, ^yattenback s. 36;
der boden ist noch hie und dort
mit hühnerschwarm, an manchem ort,
der auch der kälie trotzt, verstecket. Brockks 6, 191;
der sogenannte hühnerschwarm, der, als gewebte grüne decken,
sich in einander recht geschlungen, sich übers land pflegt her-
lustrecken. «. 207.
nach diesen belegen sckeint der ausdruck namentlich in Hamburg
gebräuchlich zu sein.
2) hühnerschwarm, ein schwärm, grosse menge von kühnern,
namentlich feldhüknern. der jäger wird aber hier hübnerkette
oder -kitte brauchen.
HÜHNERSEDEL, m.: hünersädel , stang darauf sich die
htlner zu nacht setzend, fulcrum pullarium Maaler 231'.
HÜHNERSERB, m. name des quendels: quendel werden auch
genennet künlein, hünerkoi, costcnz und hünerserh. Taber-
naemont. 748; hünerklee, hftnerserb, hflnerköl, serpyllus vel
serpyllum , asyla .Maaler 231'; auch name des hühnerbisses,
hühnerdarms , alsine media: serpillus, vel serpillum, herba.
kleiner costenlz, quendel, hünerklee, hunerserb, huncrkol.
doch nennt man das alsine auch hunerserb. glosse zu eclog.
2, 11 in Vergil. opp. ed. Egenolph 1597 314'; morsus gnllinae,
HÜHNERSTALL — HÜHNLEIN
1882
illecebra, hünerhisz, hunerserb, hünerdarm. Alb. FF 2. — Bet
Nexmch neben hühnerserb die form hühnersieb; bei Frisch
1, 473' hünerscherb oder -serb.
HÜHNERSTALL, m. stall ßr hükn er : hunerstal, hunerhausz,
ort da man die hflner und gefügel zeucht und neert, ornitko-
boscium Maaler 231';
das heisz ich recht gesoffen!
hub Reinke bellend an ; und zum vollkomranen schmaus
fehlt nur ein feister hahn : der hühnerstall steht offen.
Haceoor:« 2, 20.
HÜHNERSTANGE, f. stange worauf die kühner des nachts
sUzen : da war nur die sag von . . vierspännigen Juden inn
arabischen gebürgen, deren Hercules für floh zwelf Schilling
in ein nackenden busen schob, als sie ihm zwischen den
beinen umbgiengen zu grob, und ihm die hönerstang oder
das daubenstänglein unterstützten, darauf zu sitzen. Garg. 40'.
HÜHNERSTANGLEIN, n. fulcrum pullarium. Stieler 2133.
HÜHNERSTEIGE, f kühnerkäfig, ornithotrophiuni partum e
baculis ligneis factum eorum qui in foro gallinas vendunt. Frisch
1,473'.
HÜHNERSULZE, f. sulze von hühnern. Amara.vthes frauenz.-
lex. (1773) 1489.
HÜHNERSUPPE, /". suppe aus der bn'ihe gekochter kühner.
HÜHNERTAUBE, /'. columba laticauda.
HÜHNERTOD, m. name des bilsenkrautes, kyoscyamus niger
HÜHNERTORTE, /". torte aus hüknerfleisch. Amaramthes
frauenz.-lex. (1773) 1490.
HÜHNERTRÄÜBCHEN, »i. plur. name des mauerpfeffers, sedum
acre.
HÜHNERTRITT, m. anagallis arvensis, gauchkeil; auch alsine
media, küknerbisz.
HÜHNERTROG, m. trog aus dem die külmer fressen:
beschlüsz den spicher und duo die hüener in, . .
die schidachs und den holsschlegel,
den hüenertrog und unsern pflegel,
dan die beiden sind in dem laud. fa.'^tn. sp. S21, 26.
HÜHNERVOGT, m. l) der die kühner pflegt: gallinarius eiü
hunervogt Trochus G l" ; gallinarius , der hühner erziehet,
hühnerwärter, hühnervogt Kirsch cornuc.
2) beamter der den hühnerzins einnimmt; auch der ein register
über korige leute fiikrt. Haltaüs 964. «n der form hühnerfanth
{vergl. faut theil 3, 13S5) : vor mir waren die arlequiniana der
erde aufgeblättert, die hUhnerfauthe , die mauthbedienteu,
die hofstäbe, wenige rezensenten . . . J. Paul paling. 2, SO.
3) auch ein hühnerkändler. Jacobssox 6, 123*.
HÜHNERVOLK, n. ; die hennen und junges hühnervolk
standen im kreise umher. Freytac handschriß l, r26. unter
hühnervolk wird auck ein rolk rebhühuer verstanden.
HÜHNERWAGEN, m. wagen worauf hühner geführt werden :
als ich hinter jedem preuszischen bataillon fünf oder sechs
hühnerwagen herziehen . . sähe. Seume (1S35) s. 345.
HÜHNERWÄRTER, m. gallinarius. Kirsch cornuc.
HÜHNERWÄRTERIN, /". gallinaria, hühnerfrau. ebenda.
HÜHNERWEH , n. krampfartiger husten viit tönen , die dem
geschrei der kühner ähnlich sind.
HÜHNERWEIDE, f. ornüh(^oscium. Maaler 231*.
HÜHNERWEIHE, f. hühnergeier, falco milvus.
HÜHNERWINKEL, m. winket worin kühner gekalten werden :
den hühnerwinkel , worin mich vater gewöhnlich einsperrte,
wenn ich trauben genascht. H. Heine 1, 226.
HÜHNERWURZ, f. tormentilla erecta, tormentüwurz, blutwurz,
und geranium sanguineum, blutiger storchscknabel.
HÜHNERZEHNTE, m. der zeknte, welcker von küJmern oder
in kühnem gegeben wird.
HÜHNERZEUG, n. rebküknernetze, retia ad perdices. Frisch
1, 473'.
HÜHNERZINS, m. zins von hülinern oder in kühnem : man
sol ouch demselbigen meiger {als bevollmäclUigtem des hofherm)
die pfenningzins , hfinnerzins, haberzins, winzins und alle
zins geben, wy man dan von Zinsen geben soll, ireutf//. 4,201
{Elsasz).
HÜHNERZUCHT, f. zucht von kfüinem.
HÜHNERZÜCHTER, m.
HÜHNLEIN, n. junges oder kleines huhn: das hönle oder
hännele, pullaster Maaler 231*; gallinula ein hübnlein, kleines
huhn, kleine henne Kirsch cornuc;
das was ein hübsche und ein raine,
des mir das herz gleich nach ir echzet,
als ain liiiiiliii, das an der sunnen lechzet, fastn. sp. 333,22;
1883
HUHU — HUI
HUI
1884
ihr lauft ja so rasch, wie die hühiilein 1
über den hof, wenn die niagd an der hausihür (iitter umhersireut!
Voss 1, 32 ;
in s}iricbwürlern und redensarten {vgl. huhn sp. 1S7G) : dasz ich
ihnen vestiglich versprach, es solle gut rcgiment gehalten,
und nicht ein hiinlein gescheuchel werden (auf dem marsche).
IM. Lugd. 3, 246 j wir haben auch noch ein hiinlein mit ein-
ander zu rupfen (etwas auszutragen). Eiselein;
es ist kein hühnlein also kiein,
es gatzget so viel, als der hahnen neun.
Lehmann bei Lessinc 11, ti'9;
im vergleich von einem menschen: ich iiin auch ein armes
hühnlein, das eures brodes bedarf, sagte Franziska (zu .einer
die hiJiner fütternden frau), und bat sie um dienst. Hehel 3
(1S53) s. 13.
HL'HÜ, tnter;, des enlsctzens, s. unter hu sp.lUSfy.
HL'HU, m. strix bubo, neben hu sp. 1S48 und hub 1849 : bubo
ein huhu, nachlewi. Serranüs diel, cs'; also friszt nnd ver-
derbt nicht die eul des hiihers und der tauben cier? der
kauz die amsclncier, . . der lisch der wasserhüniin eier, der
huhu der krehen? Garg. 194'; widhopfen, eulen, huhu, fleder-
mäusz, geiren . . bienk. 217' ; der huhu hat zu nacht gar ein
scheützlich geschrei, von welchem er dann seinen nammen
überkommen. Heuszlis vogelb. 159' (wo die formen huhu, huw
und hüru uediseln);
am hculhach schreien greszlich hu
die sclilciereuln und die huhu.
Schade sat. u. pasqu. 1, 140, 484.
bei Stalder 2,60 huher. vgl. auch schuhu, uhu.
HUI, interj. i) im allgemeinsten sinne etwas schnelles, plötz-
liches malend; gewöhnlich einsilbig kurz gesprochen, auch huj
geschrieben (s. unten die stelle aus Uomi'leh unter no. 2, und
vergl. unter huien), selten zweisilbig gebraucht:
und hui! kommt im vollen lauf
der waijen angerollt. Ovkbbeck ged. 10";
und hui ! gehts im raschen trab, ebenda.
Es steht
a) zufrüliest zu raschem handeln antreibend : hui age Alb. s 3' ;
hui agednm, hui dran! Hb 3'; buyauf, wolan dran, agitedum,
huy auf, bebend euch darvon, streichend hiiiwüg, abile Maaler
233'; die könige haben sich mit dem schwert verderliet, und
einer wird den andern geschlagen haben, hui Moab, mach
dich nur zur ausbeute. 2 kön. 3, 23 (ebenso in der Zürcher bibel) ;
hui verklagt in! Jer. 20,10; hui, hui, flieht aus dem miller-
nacht lande. Sacharja 2,6; hui Zion, die du wonest bei der
tochter Babel, entrinne, k. 7 ; so warens auch nit ganz büchcr
vül lester wort, es war auch nit hui und trotz (trotz ist hier
interjeclion), jagten auch nie kein ausz dem land. IcKELSAMkR
Uag etlicher brüder a3'; hui hipenbub, stürz das vasz umb.
Garg. s7' ; hieher Cordele, imi auf, an mein grüne seilen. 92| ;
hui annen (= anhin), hui annen, lerma, Icrma, ir bofleut. %' ;
so hui, schnell uf, ir lieben gsellen.
RÖFF Adam u. Ileva D 3* ;
nun hui, gang naher, lüpl den siil. trag. Juh. kij;
ei das essen wird aller kalt,
setzt euch ihr leuilein hui nur bald.
amanlci amentes F8.
alt weidnuinnischer hetzruf: als einen jiiger träumet, wie er in
einem fruchtbaren aichwald ein wolgewaffnetes Wildschwein
antreffe, dessentwegen mitten im schlaf aufschreiet: hui sau!
AuR. A S. Clara Judas d. erzschelm 1, 2. vgl. dazu auch hu 6
sp. 1S48.
b) den fdOlzlichen uusbrucli einer freude begleitend: wenn die
dromele fast klingt, spricht es (das ross) hui, und reuchl den
streit von ferne. Htob 39,26; aber das beste ist, das sie .^.
umb sonst gerbüniel und hui gesungen haben. Luther 5, &1*;
summa, wir wollen beten und hoffen, bis voliend ganz gut
werde, und nicht für den hamen lischen , noch bei (dabei?)
hui sprechen, ehe wir recht gründlich eins werden, /ir. 4,220;
V.» »oll keiner hui sagen, ehe er ubern bach kenie. Matmes.
Sor. 16'; er spicch nicht hui, che er über den iterg koimne.
^KARDEll sprichw. 11 ; hui flaschenlrager, wie hast »u ein hold-
»eligeu rucken? Garg.b'';
und dacht in seiiiem llebetsino :
hui, hui, ich bilde mir last ein.
dasz die wird meine liebste »ein.
Nkuhaiik tuttwatdclicn 121.
mii einff» genütv verbunden: hui der künftigen morgenrülhe
in der h ind eines bessern erben. Clauuiüs 1, 113.
c) hui ermunternd: aber das sind mir die allerbesten ge-
sellen, die sich für der schlacbt ermanen und ermanen
lassen, durch die löbliche andacht ircr bulschaft, und lassen
inen sagen, hui nu, denke ein jglicher an seinen liebsten
bulen. LuTDER 3, 329' ; hui nu, antwortet doch mir, ich darf
hie nötiger Unterricht. 360'; hui las hie antworten, sie mügen
ja nicht leugnen, das hie gottes wort sei. 386"; hui nemet
ein exenipel ihr betrüglichen herzen, hui neinpt ein exempcl
ihr getrewen herzen. e»(//. comöJ. 1, Nn 3; hui kom geschwind.
Cc3'; da gedachte ich dann: hui, Simplici, lasz dich adeln!
Simpl. 1,300.
d) hui, als cinleUung zu einem Widerspruch, als zeichen der
7iichtberikksicbiigung von etwas vorher gebrachten : und kan ich
bei meinen pirn wol merken , wann andere zeitig sein, hui
geck! niögte mir einer antworten, wann du ein narr bist,
meinest du darum, andere sein es auch? i>imp/. 1,316 Äur;;
frau. sieh doch nur erst die prächtigen bücher an, die der
herr major ins haus geschafft haben, deine tochter betet
auch immer draus. Miller (pfeiß) hui da I betet I du hast den
witz davon. Schiller kab. u. liebe l, 1 ;
hui, singt er, hui! wer macht aus wind,
wer sich aus regen was? Uürükr 4".
e) auch als zeichen einer Überraschung : hui bislu der schelm
der ... engl. com. 2, V8'; hui: spricht so mein hühnchen?
Fr. MtJLLER 2,114;
hui da! was wollt ihr nur? — verdammt!
zu mäclilig sind mir die hallunkcn!
Freiligratu dichtungen 3, 6<J.
f) sehr häufig leitet hui einen plötzlidien einfail, einen schnell
außauchenden gcdanken ein: da sagte ich dann oft zu mir
selber: hui, Simplici, meinest du auch wol, es geschehe dir
unrecht, wann dir einer wieder wett spielte, was du zu Parisz
begangen? Simpl. 1,316 Kurz; hui! dacht ich da bei mir
selbst, wie der hcrr Veit musz man es nicht machen. Enuel
phil. für die weit 16 ; hui I dacht ich da wieder, das ist doch
drollig, das.;
hui,
der terapellicrr ist drum (um die tochter). Lbssing 2,32S.
vielfach vor einem abhängigen salz mit dasz: hui dasz sich das
blätgen umkehrt, ich werde fürste und du wirst narr. Chr.
Weise erzH. 228 ; hui! dachte sie, das deine ellern durch ihr.
geld und gut sich unsterblich machen wollen, pol. stockf 341 :
und musz er sich denn eben gleich bei mir anmelden lassen?
hui dasz nein, herr Valer, damit kommen sie zu spät.
Lessing 1,225; Chrys. kaum? was willst du mit dem kaum
sagen, schlingel? Anton, hui, dasz sie etwas schlimmers
darunter verstehn, als ich. 230 ; hui ! dasz Valer schon den
vogel gefangen hat. 236; hui, dasz ihm mein bruder von
Leandern elwas in den köpf gesetzt bat? 361; ich merke
zwar bald, was es sein kann? hui! dasz sie die liebe (|u:ill.
2,370; hui, dasz sie denken, feriam heisze: ich will tragen;
weil sie sich erinnern von ferain einmal ein gleiches gehört
zu haben? 3,409; wie weit bin ich? hui, dasz mir meine
leser alles, was ich mir so mühsam erstritten habe, von
selbst geschenkt hätten? 5,381.
g) hui, in der neuern spräche gewöhnlich, allgemein grosze
geschwindigkeil vialend : bei Frisch ist hui antrieb elwas yescJiwind
zu tliun, oder ein geschrei, dasz elwas zu geschwind geschieht.
1,473'; hui bin ich aus dem bette in die küche. Götuk 7,129;
hui! wie beide auf die füsze fuhren, als vor ihren langsam
sich öffnenden äugen plötzlich der helle lag stand. J. Güit-
HKi.F Uli d. päcläer s. 10;
und hui ! wars unter ihr hinab
verichwunden und versunken. Uörukk 15';
hui! nur der fieiherr, hui! heraus,
bewehrte sich zum streite. 53';
hui! will sie ihn beim wirbel packen;
hui! stellt sein angesichl im nacken. 'I';
hui! ich über den zäun, und im flug durch dornen und disteln
renn ich die koppel entlang. Voss 2, 76 {ulyll. 0. 29).
/i) hui in JiT reimenden Verbindung hui und pfui, rintn
plötzlich hirvurbrechcnden ekel bezeichnend :
buhlerisch gewogen
war sie mutichem jungen .schonen muini.
doch, SU bald sie satt der tust gepHot^tii.
spie sie, hui und plui ! s.mm antlitz un.
hui und plui ! wanl er zum ungeheuer,
dessen iiumen ihre zungo sprach. Ilütiicii 5'*.
2) hui iU, nactiweislich seit ätm m.jahrk., auch als tHbOantw
nel gebraucht, entweder in neutralem gesclileclit : da» der alluicch-
1S85
ULI
HUIEN — HULD
i8S6
tige gott nicht hat die weit auf ein hni geschaffen. Lother
4,4'; oder auch in männlichem : der hui. momentum Steisbacb
1, 700 ; etwas auf einen hui tuhn , subUo facere Stieler STl ;
geicühnlich aber begegnen nur die festen Verbindungen im hui,
in einem hui: in einem hui, das ist augenblick. Katziporus
hl*; wenn er die sonne aufgehen lesset, treibet er sie also,
das sie von morgen an bis auf den abend leuft, so sie doch
wol in einer stunde, vom morgen bis zum abend gehen künd,
ja in einem hui, an beiden orten sein, er thuts aber nicht,
sondern gibt räum und weil dazu. Luther 4, s' ; mit lauter
Tollen leuten, die inn einem hew mit dem köpf hindurch
wollen, wie das thoU vich. S. Fraxk laster d. trunkenb. h iij ;
im hui begundt der geharnischte zu fliehen. Kirchhof icend-
unmnt 25"'; dörfer, heuszer, zeune, fruchtbare bäume sindt
im hui dahin, dasz niemandt ihre statte finden kan. hin-
wider . . wirstu in einem hui so viel zelten, losamenter und
hütten, auch feuwerstätle finden, als ob in einem augenblick
ein grosze statt da worden wäre, milit. disc. 130 ; im hui und
schleunig . . die knechte in eine Schlachtordnung zu bringen.
162; der poet kan dich, wie Jupiter Europam, in einem hui
über das wilde nieer, ja bis in den himniel führen BcTscnnT
Palm. 270; bisz er eine band voll {erde eines am. eishau fens)
ergriff, durch deren kraft und würkung er mir in einem hui
verschwandt. Simpl. 4, 29 Kurz; gerieth er ans spiel , und
ward des geldes im hui los. Wesemgk spielsieben (1702) s. 100;
stellte ich mich neben eine der gröszten kanonen, die so
eben nach der festung abgefeuert ward, und sprang im hui
auf die kugel. Münchhausens reisen 52; hier und dort im hui,
hieb und stosz zugleich. Fr. MIilleb 1,365;
im hui Tie) tausend kugel kamen
daher geflogen wie die Talken. mückenkr. 3,586;
in einem hui wird dir das glücke ganz geneiget.
Opitz 2, 225 ;
in einem huj hernach fallt ungewitter ein. Romplir 77 ;
betrachte, wer ich bin :
im hui tahr ich dahin. P. Gerbard 37,6;
man zeucht in einem hui die Schwerter aus den scheiden.
A. Grtphius 169S 1, 73;
wer schwere Sachen lehrt und grosze bücher schreibet,
die man auf einmal nicht im hui durchlesen kan.
Wiedeman:« ijefangentchaflen, märz s. 14 ;
in einem hui verderben seine kinder. Necbare liisliFäldch. 4 ;
(liomit ich) vermögend war, im hui den reichsten bettler
in einen armen reichen zu verwandeln? Lessi^ic 2,210;
regiert
nicht eine Windsbraut oft und rührt
io einen garstgen brei die liebe weit zusammen,
setzt euch in einem hui das gröszte schlosz in flammen?'
WiELA!«D 10,315 (307);
führt mich in einem hui dabin, zurück
in einem hui. Schiller 16;
auch freier:
kennst du das wunderbare loo.«
der pflanze, die in ihrem schoos
zu viel empGndung nährt?
von einem linder angestört,
fährt sie, in blitzes hui. zusammen.
Kl. Schiiot poel. briefe 106.
hui auch personificiert : es sagen die Spieler selbst, hui sei
der Spieler .gott. wen rufen sie denn an? wer wird sie denn
erhören? 5/)iW/fu/i?i (1564) De'. — im nassauischen heiszl der hui
tausch in bausch und bogen. Kerreix 204; s. unten huien.
3) hui, adjectir, meist prädicativ in der formet hui sein,
schnell überhin sein: dieser (ariikel) ist wol ein wenig zu hui,
aber doch nicht ganz falsch. Luther 2,442'; darumb secht
ihr, auch wie die zimmerleut die feinen hauen, also hui
sind, wann sie über die blöcher springen. Garg. 127"; sei
nicht hui das innerste deines gemüths zu offenbahren, pers.
baumg. 7. 4 : er ist hui in allen sachen , res suas celeriter
eipedit, ventis remisque properal. Stieler &71; er ist hui im
reden, lingua celeri est, praecipitanter, inconsiderate loquüur.
872; der mensch ist von natur hui aufs böse, hämo natura
fertuT in scelera. das.; du bist immer zu huil Göthe lt,17;
drauf sein die münch so hui und wacker.
B. Waldis li. päbstl. reich 2, 11.
auch in attributiver Stellung: ein huier sinn, homo praeproperans,
praecipilavs res suas, praeceps, ein huier köpf, ingenium acre, '■
felix, persficax, acumen ingenii Stieler S7l ; nachdem aber die !
(allzu huie und geschwinde) execution war vollzogen gewesen. !
curiöse griller. {Chemnitz I72S) .«. 2<'6; j
(er) fast (f'ixii) sein huies pferd
im grimmen zwischen beide sporn, mückenkr. 3, 394. ;
femer als adrerbium : der allzu hui gesandte (abgeschickte), zeit-
rertreiber (I66S) s. 54; im nassauischtn ich bin hui wieder da.
Kehreix 204; redupliciert: grozse tiefe graben durch die schanz-
bauwren nur huihui einebenen. Kirchhof mil. disc. 157.
HUIEN, rerb. schnell thun ; Schweiz, hujen, hüjen, in die
welle eilen. Stalder 2. 61, kärntn. huien, eilen, übereilen Lexer
145; Schwab, huien plagen das.; nassauisch huien eilen, aber
auch tauschen, wobei aus eile nicht alles genau erwogen icird.
KEBREi:f 204; überhuicn übereilen (das.), etwas obenhin machen :
so mag man es (ein schriftstellerisches stück) dan auch so über-
huijet wiederkriegen (ron der erbetenen durchsiciU). Krause ers-
schrein der fruchtbring, gesellsehaft s. 143 (ron 1637). huien aber
auch schlemmen, schwelgen : dasz er gestern in einer compagnie
gewesen , in welcher man stark gehuiet hätte , da er denn
so unglücklich worden, und in trunkenheit sich betäuben
lassen , seinen guten hut vor einen so liederlichen hinzu-
geben. Salinde 33.
HülG, adj. subitus, cilus, velox, praeceps, praepes, praepro-
perus; als adrerb rapide, raplim, incUate, derepente, festinanter,
praecipitanter. Stieler 872 neben den formen gleichen sinnes
huiglich, buicht, und huihaft, und mU dem subsl. huigkeit.
HUIHLSS.X, interj.:
es ist ein schlosz eegnindet,
ein feuer angezündet,
ein fabnlein aufgestellt,
den jungfraun in dem leid.
chor. huihussa, huihussa!
die mägdlein der Libussal Brk;ita!«o 6, 165.
HUISCH, adj. dasselbe was huig : ich sag dir wyder, Luther,
bei meinem gewissen, ist dein trotzischer und huischer geist
recht, so ist mir unser herrgott feindt. Ickelsamer clag
etlicher brüder bl'; wir bitten dich [Luther) dasz du inn deinen
schreiben mehr scharpf und gelert, dann polderisch oder
wollest huisch sein. b4*.
HUK. m. zapfen im halse; bei Nen.mch ib der Schreibung
huhk und büke. t'<;/. hauch und buch.
HUKER, »7». t« Holland und ?iiedersachsen ein leichtes fahrzeug
mit rundem bord und plattem boden, auch hucker. Jacobsson
2,292'; niederl. hoeck-boot, baeck-boot, naäs piscatoria, ab
liamis dicta Kilian.
HüLBE, /■.. plur. hulhen, oder in lässiger ausspracht holm,
riegel oder balken, wodurch Ständer oder pfähle oberhalb vereinigt
werden; so jochträger bei brücken, oberholzer an feldgestängen,
welche die bijcke zusammenhatten; holz am kreuz des gOpels,
welches die büclise trägt worin das kreuz an der spindel geht;
endlich das durchlöcherte holz am pumpenstocke, worauf das leder
liegt. Jacobsson 2, 277'. dem worte entspricht das niederd. fem.
holwe grundbalken des daches (Frojiii. 5, 361), verwandt ist ohne
zweifei das sp. 930 aufgeführte helb und halb sttel, griff an axt
und beil.
HÜLBE, s. hüle.
HÜLCHEN. rerb. hohl machen, aushöhlen, zuerst im ib.jahrh.
nachzuweisen : holern cavare , rulg. hulchen roc. ine. theut.
k3', »ro 16. einigemal belegt: man soll sie (die ausgedroschenen
bahnen) . . auf den kornkasten schütten, so werden sie als-
dan von den w^rmern nit zerstochen noch gehülcht. M. Sebiz
feldb. 499; diser wurzel thun im winter die meusz gedrang,
hülchen sie ausz. Bo« kräuterb. 136. bairiseh ist bälgen, aus-
hulgen hohlen bezeugt (Schm. 1. 10S3), und da sich dort auch
ein fem. hülgen , hühlung im boden mit wasser angefidlt , lache
(das. 10«>4) vorfindet, als neben form zu gleichbedeutendem hül-
wen. so gehört vielleicht das verbum hülchen (mit Überyang einer
labialis in eine gutturalis) zu der unten unter hüle aufgeßhrien
Wortfamilie.
HLLCHERIV, terb. dem zusammenhange nach stumpf werden,
von den zahnen : von fruchten und dingen, so die zän schau-
dern oder hülchern. schachlafeln d. yesundh. (1533) s. 8 ; nusz
braucht man auch, so einem die zun verschlewt (stumpf
geworden) seind oder hOlcbern. als so man säur oder unzei-
tige ding ysset. so mag man darnach kein speisz kewen. 9.
aus dem fiassauischen wird verzeichnet hellgern. hullgem. krän-
keln und sich dabei bald da bald dorthin setzen, von hellig,
helg schwach, angegriffen, wofür auch die form hilch gilt (ryl.
Kehrei!« 193. 196). hülchern könnte, mit angenommener specia-
lisierter bedeiäung, dazu gehören.
HLLD, f gratta, favor. ahd. huldl, mhd. hulde lebt auch
im dltern nlid. in der form hulde fort (s. d.); daneben ergibt
sich, seit dem 15. jahrh., eine gekürzte form huld, m oberdeut-
schen, namentlich fränkischen quellen, die (als gleiche iildung
1887-
HULD — HULDA
HULDAUSSTRAHLEND — HÜLDE 1888
wie schuld, gcduld aufgefaszt), nach und nach die stelle der
allern berechtigten form ganz und gar einnimmt. Sie begegnet
tn den bedeutungen
1) abhängigkeit des dienstmanns gegen den Ichnslierrn, treue,
ergebenheil, und die bekraßujung derselben : humagium huld Dief.
879*; w beiug auf ein liebesrerhdltnis :
sei nicht erzürnt, Asterie mein leben,
weil ich anietzt so sehr weit von dir bin,
daüz ich mich hah in andre huld ergeben. Opitz 2, 172 ;
oder auch anders in freierm sinne:
llerodes in (Johnunes den tänfcr) enihaypt on schuld,
solchs kam im ausz der tugeiidt huld (weil Joliaimcs der luiiriiit
ergeben ivar). Scuwarzemskrc 150*.
2) Zuneigung des höhern gegen einen niedern, gnädige, geneigte
gcsinnung, eine bedeutung die jetzt ausscläiesilicli geblieben ist:
da mit ir unser aller huld habt gewunnen. fustii. sp. 7C7, 32 ;
dann stet der ann arbeiter zitrend bei der liir mit gescblosznen
benden, stilscbweigend, auf dasz er des kaiinierren buld nil
verlier. H. Sachs dial. 47, l'J ; seil dem 17. jahih. auch bei nieder-
und mitteldeutschen Schriftstellern : huld, gratia, favur Schottel
133U; huld {neben hulde) gratia, favor, clemcnlia, propensio
Stieler 852, als vorwiegend poetisches wort:
auch dürft ihr nicht erschrecken
vor eurer sündenschuld,
nein! Jesus will sie decken
mit seiner lieb und huld ! P. Gekuard 3, 8 ;
davor begehr ich nur mit redlicher gedult
den ewigen besitz von deiner gut uiid huld. Günthkk 377 ;
die erd ist voll der huld des herrn. Gkllkht 2, 9U ;
geiszic mich des hartsinns tadel!
wölke sich ob meiner schuld
selbst die stirne milder huld! üürgek 73';
bei allen meinen herrscherthaten
begleitet mich des himmcis huld.
Schiller ring des Polykrates;
was sind wir,
wenn kaiserliche huld sich von uns wendet! Piccul. 2,2.
duszcrung einer solchen gesinnung:
jetzt stand der mensch und wies den sterneu
das königliche angesicht ....
und scherz mit huld in anmuthsvollem bunde
entquollen dem beseelten munde, die künstter v. 1U5.
3) buld die geneigte gesinnung der geliebten gegen den geliebten,
s. unten hulde 2 a. e. und buldpfelz, buldtrank :
ein einzig lächeln voller huld (des harten mädclien$)
würd allen kummer lindern. Bürger 7' ;
es wird mir manche schöne band
ein pl'and der huld verleiben,
bald wird sie mir ein busenbaud,
bald eine locke weihen. 11*;
auch umgekehrt:
bnmstig wird das neue bild (der gclicblen) geküszt;
alle huld wird froh ihm zugetheilet. (58'.
4) auch das freundliche des äuszern, anmul der erscheinung
{nach hold 3, s/». 1735); vgl. tinlen buldpötlin, huldin 2.
J») huld , nur beliebtheit , ansehen : der herrschaft selbsl-
regiinent hat bessere huld als derer Statthalter, dieweil sie
sich ius gemein ihres ampls inisbruucben. ped. schulf. 146.
6) über den plural s. unter hulde ; die nebtnform hold sp. 1730.
HULD, adj. für hold, s. sp. 1733.
HL'LÜA, liLLUE, als einenname in der Verbindung fiau Hulda,
torzitglich bei LurnER : zum andern bescbleüszt er (golt) das
alle person, so sy noch in der natur und ersten gehurt sind,
unrecht und bösz ... hie tritt Iraw Hulde herfiir mit der
putznascn, die natur, und darf irem gut widerpellen, und in
lügen strafen, auslegung der episl. (Basel ir)22) 08'; hiufürder
lercl er (Carlstadt) uns, was fraw Hulde die natürliche Ver-
nunft zu diesen sachcn sagt, gerade als wüszten wir nicht,
das die Vernunft des teufeis hure ist. wertes, 71*; von fraw
Hulda der klugen Vernunft d. Carlstads. 78*; weil der texl
spricht, das ist iiit;in leib, der für euch gegeben wird, welch
wort deutet fraw Hulda also, es sei eben so viel gesagt, als,
das brul wird für euch gegeben, ebenda; wo seid ir nu fraw
Hulda mit cwcr klugheit? 7'/; das dritte stück fraw Hulden,
damit sie beweiset , das Christus leib nicht im siicranient
Ml. 81*; dii sind fast die besten und schönsten stücke fraw
Hulden, in diesen sacben, darin man sihet, wie sie des teu-
feU braut ist. 87'; darauf habe ich im büchlin wider die
himlitchen prophelen reichlich der fraw Hulda geantwortet.
4M'; bi« toilcD wir aber fraw Hulda der tollen nenin der
Vernunft antworten. 4, 16l' ; gott ist die Ursache zu sündigen ;
waiumb hat ers also geschaffen? spricht frau Hulda, die
veruunft. tischr. 290'. auch bei Mathesius: in diseiu läreu
Scheffel, da weder trost noch lehr innen ist, der nur ein
euäserlicbe geslalt und ansehen hat . . du sitzt fraw Hulda
die abgütterei. Sur. (1502) 143' (9. predigt); hier iiberall, im
gegcnsatz zur göttlichen Offenbarung, von der nalürliclicn an-
schauung und denkart; sonst aber auch, noch sinnlicliei; von
einem bösen u-eibe: fordert er (Lamech) seine Jesibel uud
lierodias, beide fraw Hulden, zu sich über tische und fehet
an Adams predigt und golles straff zu verlachen. Mathesius
6ur. 11'; einer liexe: die alle fraw Hulde wüste ohne das
wol, wo der pelz entzwei. Joh. Hoiide tugendsamer weiber Spiegel
(Erfurt 1580) F" (vorher eine alle hure . . die jederman für
eine kluge fraw hicll) ; wider den teufel , bapsl, weit , und
fraw Hulden. G '. frau Hulda ist die vorziiglirh in Hessen und
Duringen gekannte, oft unter dem bilde einer luiszlichen struppigen
allen gedachte, dem haushält vorstehende und Hin prüfende mylliu-
logische figur, vgl. Guimm d. inytlwl. '1\' f. sie erscheint unter den
genossen der wilden jagd, mit ihren beglvilcrinnen, den hulden:
die hulden sie kommen von durstiger jagd
und laszt ihr sie trinken, wies juder behagt,
dann sind sie euch hold die unholden. Gotue t, 220.
HULDAUSSTRAHLEND, pait^:
im rosigen alber
flatterten Wölkchen empor, die an ihrem verglühenden suum noch
lange den huldausstranlenden wink der lieblichen zeigten.
1'yrker 7'M/ii«. 3, 210.
HULDAUSSTRÖME.ND, pari. :
den frieden
ihm aus dem born der huldaussirömenden milde gewahret.
PvKKER Tunii. 7, 388.
HULDE, f. gratia, favor, die ältere form für das nlid. gekürzte
huld (s. d.). wie das mhd. hulde gewöhnlich ohne umlaut, trotz
der ahd. form huldi ; vereinzelt nur steht die umgelautete form
hulde : hülde und gnade. Heutter v. Si'EIIi kriegsordn. 77 ;
ach du mein zartes fräueicin,
schleusz auf das junge herze dein,
nimm iJiich in deine hülde.
Hoffkann gesetlsch. Ucder no. 6.
hulde bezeichnet:
1) ablidngigkeit , treue des lehnsmanns gegen den lehnsherrn,
und die feierliche bckrdftigung derselben : hulde, omagium, vulg.
uianschaft voc. ine. thcut. k4'; denjenigen, so mit leib und
gut unter irem (des kaiscrs und der fürsten) schütz leben sollen,
und mit eiden und hulden verbunden sind. Luther 4, 440';
ob man cid, hulde oder pllicht halten solle. 8,7'; gern in den
Verbindungen hulde schwüren, hulde thun:
si euphicngen albesuuder
ir lehen, ir liut unde ir lant
von ir herren Tristandes haut:
si swuorcii hulde und wurden man. Trist. 134, 13 ;
daj her deme kunge hulde tu nach vries mannes rechte.
Sachscnsp. 3, 54, 1 ; alle die, die des gotzshuss ze sant Blasi
eigen sind, und im hulde habend getan, ucisth. 1,31 (Zürich,
von 1347); damit sie trew, hulde, eide und pflicht, so sie
irer obcrkeit gelhan und geschworen haben, brechen. Luther
3, 108' ; das sie irer oberkeit trew und hulde geschworen
haben, unlertbenig und gehorsam zu sein. 121"; du scheud-
licber reiszender wolt', mein cid und hulde bab ich dir nicht
gelhan, sondern meinem rechten liirten. 8,7*; hulde nehmoii,
sich huldigen lassen : nennen sich christliche brüder, nemcn
eid und hulde. 3, 124' ; hulde führen , im stände der unter-
thänigkeit leben: wenn untersassen irem herrn huldeten, der
meinung sie wollen in lödlen, und über drei tage rewele sie
es, und geben sich recht in gehorsam von herzen, lieber,
were es hie auch noi, aufs ncwe und anders hulden? nein
zwar, weil sie nu die hulde recht füren, die sie doch fclsch-
lich gelhan hallen. 4,320*. — hulde tragen, treu, ergeben sein:
die Deutschen wüsten wenig für Zeilen von dem goldc,
sin trugen trew unit glauben l\ir allein alle hulde:
jetzt wiaüun UeuL-ichen wenig vom glauben und von trotte,
i>ie dienen mehr dem golde, dünn gott, obn ullu «cheui!.
LouAU 2, 173, hl.
2) hulde, gunst, giiade des höhern gegen den ntcdern: »o lieb
euch meines gnüdigen herrn hulde, guust, gnade (uler ungnndc
isl. ItEUTTER V. SpEiR kriegsordu. 32; einem inil hulde lUge-
tabu sein, i» aniorihus aliquem habere, et alicui est«. Stikler
852; in der form holde:
Apollo iinhin iiiitli auf in Keine guiitit und holdo.
ViilrniMiit liiiiin M'lion gemilcht von guleni f^oldo
die ledrr meiner fiiUDl. Uritt 2, 14^^.
IS89
HULDE — HULDEiN
HÜLDEN — HÜLDER
1890
von gott: befelil damit dieselbigen in gottes hulde, barm-
beragkeit, schütz und trust. Lutheb 3, Ol'; es fare mir lieber
weg fürsteu und menschen guust, und bleibe mir gottes hulde,
bleibt mir guttes hulde, sü wird sich menschen hulde wol
finden, findet sie sich nicht, su fare sie zum teufet, guttes
hulde ist mir gnug. verliere ich aber gottes hulde, so bleibt
mir zuletzt menschen hulde auch nicht, so fare ich denn zum
teufel sampt meinem fürsten, beide mit gottes und menschen
unhulde. 'iuT' ; der herr war mit im, und neiget seine hulde
zu im. 1 Mos. 39, 21 ; ja du bist viel williger die sünde zu
vergeben , denn wir sind deine hulde zu suchen , und die
besserung fürzunehmen. Schuppils 444. auch die gunst der
geliebten gegen den liebenden heiszt mhd. hulde, das liebesverhdltnis
ist ja von dem lerhältnis des dieners zum herrn beeinfluszt (auch
nhd. huld wieder in gleichem sinne, vergl. oben sp. ISS"):
so dien ich ir üi' sölben wän,
da; si mich hulde iä!;e hän.
U. V. LlCUTENSTEIK 129, 16 ;
e da; ich min ritterliche sisete bra'cb an guoten wiben,
icb wold e immer valscber wihe hulde vri belibea. 425, 2.
Z) der plural in mehrfiichem gebrauche.
a) im sinne von gnade, gute: das verdrosz aber die von
Augspurg . . und wurden zu rat, sie wollen über sein knecht
richten , . . und woll dan der Onsurg nit nach iren hulden
stellen und gedenken, so wollen sie über sein sun und die
andern knecht auch richten, d. städtechr. 5, 51, 10 ; nach dem
mich gott aus lauter gute und barmherzigkeit, aus dem elend
dieser weit zu seinen hulden erfoddert . . hat. L. Keiseb bei
LiTHER 3,421*; verbleiben euch mit beharrlichen churfürstl.
hulden und gnaden wohl beigethan. Dbevhacpt Sad/c/ey» 1,459
(aus einem churßirstl. schreiben von 1650);
und steht in groszeu huldeo.
B. RiMGWALD geisll. Heder A7';
" alles was Beuget, was wandert und springet,
freue sich solcherlei himmlischer gaben,
die wir zu hulden und gnaden uns haben. Locaü 3, 213;
ton der geliebten gegen den geliebten :
vind ich si, ich sol so ritterlichen nach ir hulden ringen.
LiCHTENSTCi;« 425, 24 ;
als schluszformel eines briefes: mich zu gunst und hulden
empfehlend. Götiie briefe an Voigt 373.
b) bei jemandes hulden, bei Verlust der huld jemandes: dar
nach sal her gezAg (zeuge) sin aller dinge , die man an in
zöhet (wegen deren man sich auf sein zeugnis beruß) bie des
riches hulden. Sachsensp. 3, 54, 2 ; und sol nieman dhain Wider-
rede darnach tun by dej rates hulden. d. städtechr. 4.145,42;
ich ermahne euch bei des reichs hulden. reform, kaiser Sigmunds
von 1436 bei H. a Lapide dissert. de rat. stat. s. US.
c) bei meinen hulden aber auch als bekrdßigungsformel , so
wahr ich treu bin (nach hulde l):
gnediger herr, bei meinen hulten,
damit eur fürstlich gnad ich bin
verwand und zugethau vorhin,
so will ichs alls mit fleisz verrichten.
J. AvBER 141^ (719, 19 Keller).
d) mit hulden, mit gunst, erlaubnis:
ich var mit iuwern buhlen herren unde mäge.
Hartsa;»;« v. Aue licder 22, 4 ;
ich sprach, o brüder ich euch haisz,
wann ewren namen ich nit waisz.
mocht ichs mit hulden von euch han,
ich bitt euch, laszi mich den verstan.
i. V. ScUWARZKrtBERb 151.
e) die hulden, auch boldseligkeiten , süszigkeUen, annehmlich-
keüen (vgl. das adjectiv hold 3, sp. 1735) :
sprecht vom lieben, theuern heerd?
von des friedens hulden?
FocQUE im frauentatchcnbuch von 1818 s. 34.
HLLDE, adj. gnädig, geneigt: so werden dir gott, die enget
und menschen hulde. M. Neasdeb mcnschensp. 119'.
HLLDE.N, verb., wie ahd. huldan, mhd. hulden, nach ver-
schiedenen bedeutungen des oben aufgeführten hulde.
I) treue, dienstbarkeU geloben, vom äiener oder unUrthanen
grgcn einen herrn. Es heiszt
a) einem hulden: nun het der inarggrave du? laut alles,
er und sein helfer, inne und da verbrant allenthalben, wa;
aber nicht verbrant was, da; het im gehuIdeL d. slädlechron.
2, 132, 2 ; die burger entpliengcn in als iren herrn mit fro-
lichcm herzen und huldten im. Aimon bog. ¥ l ; gebot Bein-
hart allen seinen undertbanen . . das sie seinem siin Aymonet
IV. II.
hulden sollen. Tl; wenn unlersassen irem herru huldeten.
Llther 4,326'; wenn ein fürst einen eid foddert , das man
im hulde. 5,385'; wenn man zu Leipzig gefraget würde, ob
man herzog Georgen daselbst hulden, und im unterthan sein
soll. 6, 14'; huldet dem sone, das er nicht zürne. 3, 3S5' (nach
ps. 2, 12, wo aber Llther in den text küsset den son gesetzt
hat, veryl. Bindseils bibel 3 s. 63 zu dieser stelle); der Rhein
auf bisz ghen Basel huldet im (dem könige), Basel weit im
ab^ nit hulden. Frank Germaniae chronicon (ib3>i) 194*; da
huldeten im alle freiherrn, obersten der sladl. c/iroiijca 204*;
so nuhn ihn die fürsten zu einem keiser haben wollen, . .
so wolle er gern weichen, und der erst sein, der ihm hul-
dete. ZiSKGRjiF apophth. l.2ü;
damit der söhn auf euch nit zornig sei,
so huldet ihm und geht ihm ehrcuküsse.
Opitz i)sulmen s. 14.
in der formet hulden und schwören : da nötet der marggraf
und die sein und der bischoflf von Bamberg und ander sein
helfer alle die pawern , die den von Nürmberg zustunden,
da; sie in hulden und swern musten, furbasz in die gült zu
raicbcn und für herrn ze haben, d. städtechr. 2, 167, 12 ; wie-
wol .nun ich dem lahdvogt im nanien ewer k. mt. gehuldet
und gesworn. Urkunde Max. 2S8; (dasz der kaiser) noch viel
weniger dem bapst hulde, und treue unferthenigkeit schwere.
Luther 1, 300* ; wir haben in der tauf nicht dem bapst, son-
dern Christo geschworen und gehuldet. 376*; wenn einer von
seinem herrn, dem er geschworen und gehuldet hat, abfeit,
und den geschwornen eid nicht hell. 4,64'; dasz ihr meine
tochter empfahen , und ihr euwer leben bekennen , und ihr
huldet und schweret, als euwer frawen. buch d. liebe 26b* ;
so musz nu hinfurt eur herr sein
mein junger bruder, der Keinmundt,
und ihr solt ihm zu dieser stundt
als eurm erbberrn huiten und scbwern.
J. AiRER 344» (1725, 7 KeUer).
einem hulden auch als herrn haben , ergeben sein : die Bur-
gunder hulden dem s. Andres für ein patronen. Fischart
ijienk. 183':
wiltu der Faulheit (personificierl) hulden, *
so mustu armuti dulden.
meisterijes. ms. gcnn. Bert. fu. 23, nu. SS.
b) zu einem oder etwas hulden : von ihren fendlin, darzu
sie gehuldet und geschworen , entlaufen. Reutter t. Spejb
ktiegsordn. s.',i;
fünfzehen könig bei treu und ehr
haben zu mir gehult und geschworn.
J. AiREK 316' (15S1, 10 Keller).
auf etwas hulden: hat nit gewolt, dasz man schwüre und
huldet auf sein Satzungen. Micyll. Tac. 3o'.
c) das particip gehuldet von einem der den treueid geschworen
hat : er vcrheiszet sich getreu zu sein mit allen seinen unler-
sassen, e. ko. wilden und dem reiche zu Polen, gleich als
es sich geziemet und angehöret einem gchuldeten und be-
lehncten fürsten seinem erblichen herrn. Waissel cAron. (1559)
27^*; auf das du uns und unsern nachkommen und dem
reiche zu Polen getreu bist und ein gehuldeter. 279*; einem
gebuldeten und belehnelem friedsamen fürsten. ebenda.
2) hulden, iw/» höhern gegen den niedern, mit huld behan-
deln, gnädig sein; mü dem accusaliv: aber keiserlicb mayestat
dorft sy nit hulden oder zu gnaden annemen. S. Frane chronica
247'; befridet und huldet er das landl. 178';
Chaira ist gehaiszeo mein nam.
meinem brüder Abel ward ich gram,
iJ,j-z in i.'i)t hiilil.'i ba»z dann mich.
ScuADi tat. «. pasqu. 2, 178, 98 ;
auch mhd.:
w,!/, i^i. iii^ iluii besten rät
j:ot ze tröste der kristenheit gegeben hat,
der uns mit im gehuldet hat um sioen strengen zom
bat hin geleit?
minnef. 1,3:19' Hagm.
3) sich mit einem hulden, amicitia jungi: mit der Stadt
s. Gallen huldet sich dieser abt träffealich. Sruxpr bei Frisch
1,474*. vgl. huldschaft.
4) in etwas hulden, willigen:
der rath ist gnot, ich hulden driu. Iraij. Joh. iiviij.
5) jetzt und bereits seit dem 17. jahrh. ist hulden ganz von
huldigen vcrdr'ingl, s. d.
HULDER, m. courmarher, liebhahcr. Lessing 11,625 (beitrage
iu einem Jeutsciten gloisarium) aus unbekannter quelle.
119
1891
HULDERFlI.Ll — HULDIGEN
HULDIGEN— HULDIGUNG
1892
HÜLDERFLLLT, pari. :
vielleicht verbirgt er sich im reJen und im schweigen,
!^ein bulderriilltes herz nicht gar zu früh zu zeigen.
IIagkdor!« 1, 6',.
HULDGEKOSE, n. gckose der liebenden gesinnung (vcrgl.
huld 3);
(in Venus ijUitel) war witz verwebt, von gut' erzeugt,
und ah! das süszo huidgekose,
da«, gleich dem milden öhl der rose,
sogar des weisen herz beschleicht. Borger 63*.
HULDGESICHT, »i. facies indulgenlior, vultus ereclior. Stie-
LEK 2023.
HULDGESPRÄCH, n. freundliches, geneigtes gespräch:
es schmarzt und jamert mich, dasz ich ietz mus entpären
der lieben gegenwart, des huld-gesprachs, der lahren (lehren).
ROKPLER äl.
HULDGESTALT, f. freundliche gestaU:
da werden deine (Wiens) theuren huldgestaltcn
in lieb uad Sehnsucht meine seele spalten.
KöH>ER teier u. schmert 35.
HULDGOTTIN, f. seit dem 17. jahrh. Übertragung von grazie
{älter war Luidin in diesem sinne oben sp. 1*38, s. auch huldin) ;
schon bei Stieler: huldgöttinnen, charitcs, grutiae 6S6; die übel,
die über euch kommen werden , wenn ihr die luusen und
huldgöttinnen , mit ihrem gefolge von scherzen und freudcn
des landes verwiesen habt. Wielanü 13,147(145):
wo Chloe sasz und niaienblumeu pOückie,
gleich einer jungen huldgölün. IIölty 125 llalm;
(überall) sieht er die huldgöttiuuen spielen.
ScuiLLEK äie kunstler v. 300;
huldgöiiinnen altern nie. Bürger ö3'.
HULDIG, adj. huld habend; ahd. huldig placabilis (Graff
1,916), mhd. huldic geneigt, freundlich (Lexer 1,13S0); nhd. in
rttchr fächern sinne:
1) nach hulde 1, treu wie ein unlerlhan gegen seinen Iwrrn;
ein huldiger herr, ein lierr dem man treue gelobt hat : de nemen
(nahmen) ön vor ein huldigh heren. Haltaus 969 (aus script.
Brunsvic. 3, 399) ; sich huldig mactien, den treueid leisten : zum
beispiel will ich setzen , dasz ein höriges kind sich auszer-
halb landes oder nur auszer hofrecht (extra curtem) besetze,
und einem andern herrn huldig mache . . . fällt dann diesem
kinde hiernächst ein erbe zu, so musz es zurückkommen und
sich auch huldig machen, dann ist es ein höriger und hul-
diger erbe, wie es die hofrechte nennen. Moser patr. pliant.
3, 1&7.
2) nach hulde 2 ufid 3, gütig, freundlich: der . . knaben-
huldigen nachtsonn, fraw Mona {mit anspielung auf Endymion).
Fischabt groszm. 93;
gestern war der freund mir huldig. RSckert 128;
abhuldig, viisgünstig, unfreundlich: es ist durch meine un-
verursachte abhuldigc und widerwertige, auch derselben an-
henger und hclfer, ain erdichter und uuwarhafler leumut uff
uns auszgangen. gedruckt ausschreiben von Heinrich detn dllern
burggr. zu Meiszen u. herr von Hauen vom 17. juni 1532.
HULDIGEN, verb. huldig machen, huld, abhängigkeit darthun;
in verschiedenem gebrauche.
1) aU ist die reflexive fügung, sich huldigen, sich unterwerfen,
sich in unlerthanigkeit geben : daj wir llen unsih ime (golt)
gehuldigcn. Graff 4,917; Tschytscheil . . und ander neben-
flecken sich von stund an huldigen und an e. ml. ergeben.
urJt. Max. 240 ; wir haben Weiden, das sich gestern auch ge-
huldiget und in e. mt. henndc zu ergcbn gepracht. ebenda;
Civitat . . werde sich huldign und ergeben, ebenda.
2) häufiger einem huldigen: omagium prestnre, huldighen,
den berren borsain loven Dif.f. nov. gloss. iOh"; dar wart dem
bischop gehuldiget van dem rade und der meinheit na wise
und wonheit, als de huldinge plecht to (o gan. d. slädtechr.
',A{h, Vi (Magdeburger schOppenchronik) ; waim die uiiterthanen
einem furslen huldigen sollen. Löiineys rei/ter&uni( (1679) 90*;
ich hoffe, ein cbrisle bleiben zu dörfen, da ich euch huldigle
{baniel tu Franz Moor). Schiller rduber 4,2; so huldigten
>ie ihm narb alter sitle auf fränkischer erde als Karls des
groszen nachfulger und kOnig der Franken. Giesebrecut geuh.
der deutschen kaiserzeÜ (l8«o) 1,243;
erneuert iit der glänz der allen kröne,
und Frankreich huldigt seinem königsiohne.
Schiller juuijji . vnn Orlcant 4, 1.
S) dat part. gehuldigt von einem der gehuldigt hat: gcbul-
difrle Lauern, die grenzbaunn in Ungarn, die dem Türken und
dem kOntg in Ungarn gehuldigt lubeu, einem jeden amudeuten,
wann ihn der andere mit volk überziehen will. Frisch 1,474'; —
orfer dem gehuldigt worden ist: die gesicherten und gehüldigten
(denen Sicherheit und huldigung geleistet ist), fuszknechl-liestaltung
von Speier 1570, tit. 17 (s. die stelle vollständig unter huldigung l);
neben dem gehuldigten lehenherren stand sein justizdepar-
temcnl, . . nämlich h. Kolb, der gerichlhalter. J.Paul uns.
löge 1, 176.
4) die neuere spräche braucht huldigen, in anschlusz an rfi/
bedeutung 2, freier, in poetischer spräche:
an jenes feisens andrer seile liegt
am grünen hang, ein arlig haus ver.'^l'iickt,
dich zij bewirihen keineswegs gebaut;
allein bereit, dich (köiiig) huldgend zu empfangen.
Göthe 9, 250;
einer frau huldigen :
sie (Thekla) fanden sich in ihres vaters armen,
in einer neuen weit, die ihnen huldigt.
Schiller Piccol. 3, 4 ;
der Schönheit, liebe, macht huldigen:
wie der regen des mais über die biüthen träufi,
naht die liehe; des Jünglings
seele zittert, und huldigt ihr! Holtt 96 Halm;
und zwischen trug und Wahrheit schwebet
noch zweifelnd jede brüst und bi-bet,
und huldiget der furchtbarn macht,
die richtend im verborgnen wacht.
Schiller kraniche des Ibykus;
sieh uns hier, das glas erhoben,
huldigen der schönlieit macht. R. Reinick tiedcr 323;
einem geschmack, einer richtung, neigung, lehre huldigen;
man musz nicht unbedingt dem zeitgeiste huldigen ; sobald
sie (frau von Stael) aber fremden einflüsterungen gehorcht,
sobald sie einer schule huldigt, deren wesen ihr ganz fremd
und unbegreifbar ist. H. Heine 6, 17; selbst der noth huldigen:
und huldige der noth. Gotter 2, 28.
5) einem etwas huldigen, huldigend bringen oder leisten:
aber sieh, wie langmülhig ich bin — ich biete dir eine be-
lohnung für das, was du mir huldigtest (als untcrthan geleislel
hast). Schiller rduber 4,2; in gehobener ipraclu::
sie (Cäcilia) huldigte in milder zarter :ichöne
als meisterin in jeder kunsi der töne
dem glauben ihr begeistert lied. Kohneh 1, 227.
HULDIGUNG, f das huldigen, seit dem m. jahrh. für huldung
(s. d.).
1) gelöbuis der treue von seilen der unteithanen an die hei-
schaß: habt ir von uns gefoddert huldigunge, dazu wir uns
willig ergeben. Waissel chron. (1559) 175"; sie (dw fuszknechle
bei der einnähme eines Schlosses oder einer Stadt) sollen auch die
gesicherten und gehüldiglen bei der Sicherung und huldigung
bleiben lassen, und niclil weiters gegen ihnen fürnemmen und
handien, fuszknecht-beslallung v. SfH'yer 1570, tit. 17; wer landes-
herr ist , dem gebühret auch die erb- und landes-huldigung.
PisTORius thes. pur. 4, 91 ; mit den erzstiflischen ständen und
der Stadt Magdeburg über der bevorsteh«nden huldigung Un-
terredung zu pflegen. Drevhaopt Saalcreys 1,458; der lange
Kunz sagte uns, dasz heute keine schule sei, wegen der hul-
digung (/iüc/( einem stattgehablen regierungswechsel). H. Heise
1, 233. Es heiszt huldigung thun orftT leisten, homaijium prae-
stare. Frisch 1,474'; huldigung ablegen: welcher gestall die
erzstiflischen berren stände sich nach dem friedensschlusz
i. churfürstl. durchl. dieevcntual-huldigung zu leisten eiklähret.
Drevhaupt Saalcr. 1,466; dasz sie nurt mit dem handschlage
die huldigung thun . . möchten. 476; unserin gnädigsten herrn
die eventual-huldigung abzulegen. 474. — die huldigung auf-
sagen, das abgelegte treugelübde fernerhin ßr unverbindlich er-'
klären : so sagen wir riltcrschafl und slädte des bundes euer
ehrwiirdigkeil auf huldigunge und alle pilicht von der hul-
digung. Waissel chron. 175'.
2) ir» der neuern spräche gern in freierem gebrauche (vgl. oben
Luidigen 4): Schillers huldigung der kün«te;
licrtog. erneute huldigung gi-üiatte mir.
Luijenie. zu ewigen vaballen iiinini uns an. Goihe 9,266;
Johaniiuü »chun.sit'r irhmuck,
kenn irh .sie recht, ist ihr bcsrhcidncs hcri.
der huldigung des groüztuii ist sie werih.
Schiller Jungfrau 3, 4 ;
an mann und weib, alt oder jung,
xiehu (i/iii titumchin Wundeiholii), wie ein talimnan,
der «rhoiision xeelen huldigung
unwid«r»lchlich an. llftRGi>i( «4*;
«X hat «Ich dir ein caiil" i.
der jcdcü hrri riir hiil'!
Körner 2, 1 . . i, getungen liatl,) ,
1 893 HULDIGUNGSBRIEF — HULDPFETZ
HULDREICH — HÜLE
1894
der gmsz der liebe von dem treuen,
der ohne gegenliebe schwur
dir ewig huldigung zu weihen,
wie der allwaltenden natur. A. W. Schlegel 1, 25.
der plur. huldigungen von tciderholten oder allgemeineren bezeu-
gungen der ergebenheit:
Anna wird im land besungen
als die allerschönste frau,
sie empfängt die huldigungen
wie die rose ihren thau. Lbsau neue ged. 292.
HCLDIGUNGSBRIEF, m. brief, Urkunde über eine huldiqung :
die zwei neuesten huldigungsbriefe, als kaisers Ferdinand! III
und erzbischofif Augusti. Dreyhadpt Saakr. l. 474. in freierem
sinne: weil der decan für zahlreiche Zusendung theologischer
werke und bewundernde huldigungsbriefe von dem fürsten be-
reits das comthurkreuz seines ordens erhallen hatte. Frevtag
handschr. 2, 164.
HULDIGUNGSEID, m. eid bei der huldijung: sie wollen den
gewohnlichen huldigungseid, so ihnen vorgelesen werden soll,
mit aufgerichten fingern wirklich abstatten. Löhneys regier-
kunst (1679) 90'.
HULDIGUNGSFORMEL, f. formet ßr die huldigung.
HULDIGUNGSLEHEN, n. lehenuaare, welche die unterthanen
einem neuen eriherrn entrichten, wenn sie ihre giUer von ihm in
lehen nehmen, weil sie gleich nach der erbhuldigung entrichtet wird.
Adelung.
HULDIGUNGSLIED, n. einer schönen huldigendes lied. Bür-
ger s' Überschrift.
HÜLDIGUNGSMÜNZE , f münze zur feier einer huldigung
geprägt, und vertheilt oder unter das volk geworfen: eine frau
wie diese . . hatte aus den bänden der natur selber die hul-
digungsmünze. J.Paul Hesp. 3. 20S; unglaublich steigerte die
musik seine Zuneigung zu unverheifatheten, er hörte die hul-
digungsmünzen klingen, die er unter die lieben warf, ßegelj. 2,71.
danach huldigungspfennig, huldigungsgroschen , huldigungs-
tbaler.
HULDIGUNGSPFLICHT, f pßicht zur huldigung: die hul-
digungspQicht i. churfürstl. durcbl. unterthänigst abzulegen.
Dreyhaüpt Saalcreys 1, 477. auch Schriftstück in welchem diese
Pflicht formuliert ist: verlasz {verlas) die huldigungspflicht. 479.
HÜLDIGUNGSPREDIGER, m. der die predigt zur feier einer
huldigung zu thun hat. i. Paul Tit. 2, 96.
HULDIGUNGSPREDIGT, f : eodem ist . . eine huldigungs-
predigt in der stadtkirchen zu Saltze angeslellet worden.
Dreyhacpt Saalcreys 1,476.
HULDIGUNGSS.\AL , m. saal m welchem die huldigung ge-
schieht: eine zuscbauer-loge am huldigungsal." J. Paul Tit. -2,91.
HULDIN, /■. in :wei bedeulungen.
1) in der formel frau Hnidin wie frau Hulda oben sp. 1S87:
Herodes und seine fraw Huldin, die alte Berchte, müssen ir
land mit dem rücken ansehen. Mathesius fastenpred. 86*.
2) in neueren quellen wie holdin sp. 1738, grazie, auch freier
bezeichnung einer anmulreiclien person: die huldinn Mecour
{eine Schauspielerin). Gotter 1, 271 ; die begierde die jeder
mensch hat, die hulbin und infanlin seines freundes zu sehen.
J. PwLHesp. 1,62; ihr sollt meine nachtigall hören, die sanft-
zaubernde huldin, die beseelerin der näcbte! Götiie 14,92;
eine, die an Jugend und an witz und silte,
und an jedem liebreiz der huldinnen dritte. Ramler 1,97;
aber täglich begrüszt dich (Vfnu.^ Urania) die gerecht it,
die nun unter uns bleibt, dich die tief forschende
Weisheit, leichtes gesprächs, dich die verschwiegene
freundschaft, deinen huldinnen gleich. 101 ;
das war ein mädchen, traun, das war
ein mädchen zum entzücken,
huldinnen ähnlich. IIöltt 19 Halm;
einen sessel ergriff Aphrodite, die huldinn des lächelns.
Borger 211'.
der sing, alterthümelnd huldinne:
sei süsz mir, o huldinne, «
sei, wehrauth, mir gegrüszt!
Ar;»dt geit. {1840} <t. 271 (an itie wehmul).
HüLDLÄCHELN, n. lächeln als zeichen der gnade oder ye-
uogcnheit. Klixger 3,42.
HüLDLUDER, n. lockmiUel, um huld oder geneigtheit jemandes
zu erwerben: {eine ehefrau die) sich beflciszet, inn ir selbs das
heurahtgut, den adel, das huldluder, den libzwang und das
je länger je lieberkraut, ja den huldreizenden venusgürtel zu
haben. Fischart ehz. 435.
HULDPFETZ, m. zwick, kneipen aus liebe: sein {des ehe-
mannes) streich halt sie {die gute frau) für huldpfelz. Garg. 70*.
HULDREICH, adj. gratiosus. Stieler 15s2 ; in passivem sinne
nach einer etymologischen bemerkung Luthers: wir künnens nicht
besser nennen, denn holdselig, dem jederman hold und günstig
ist , davon unser deutscher name Huldereich gemacht ist.
4,179*; jetzt in aäivem sinne, reich an huld, reichlich gnade
zeii;end: schon hebt sich der ernst von des fürsten stirne
hinweg, huldreich sieht er mich an, wie in jenen tagen, als er
mir diese kostbaren gemählde unvermuthet schenkte. Göthe
14,170;
wie hat (golt) dein väterlichs erbarmen,
wenn wir gar oft in sünden-strudel kommen,
auf erden dort sich unser armen
so huld- und liebreich angenommen! Brockes 3,643;
an die stelle
huldreich vertraulicher herahlassung
war feierliche förmlichkeit getreten. Schiller Kcco/. 2, 2.
HULDREIZEND, part. zur huld, liebe reizend: den huld-
reizenden VenusgürteL Fischart ehz. 435.
HULDSAM, adj. anmut habend, lieblich: sie war schön und
geberdhuldsain. ehz. 30.
HULDSCHAFT, f {neben gewöhnlichem holdschaft sp. 1739)
Zuneigung, liebe, gunst: von simonei der buler, so sie mit der
huldschaft treiben. Garj. 20*; gnade, huld: du gnädiger Jesu,
der du die sünder annimmst, ach nimm auch mich in deine
huldschafl auf. Otho 676; freundschaft, freundliche Verbindung:
der abt stund in groszer huldschaft mit den fürsten. Stdhpf
bei Frisch 1, 474*.
HULDTRANK, m. lisbestrank: ich sihe nun wol das die
Verzauberung und huldtränk in deiner person selbs stecken.
Fischart ehz. 434.
HULDUNG, f. treugelöbnis der unterthanen gegen den heim:
homagium huldunge Dief. 279*; als er nun gepürlich huldung
von den venvandten des reicbs forderet. S. Frans chron. 192*;
häufig in der Verbindung huldung thun : auf das tetten im
huldung die von Frankfurt, deutsche städtechr. 3, 27S; inen zu
schweren und huldung zu thun. bei Lcther 3,106'; montags
nach Jobannis des heiligen teufers haben bürgermeister, raht
und gemeine stad Augsburg röm. keiser. maie. huldung ge-
than . . . und die huldung ist geschehen mit aufgereckten
fingern. 5, 33' ; so thun die leute recht, dasz sie den kaiser
annehmen, und thun ihm huldung. Melanchthon 6,619 Bret-
schneider; dasz sie {die räthe) von der ritterschaft und Städten,
geistlich und weltlich, alier stände des landes Preuszen, hul-
dung thun sollen. Waissel cAron. (1559) 2S3*. seit dem 17. jÄ.
durcA" huldigung verdrängt.
HULDUNGSPFLICHT, f pßicht zu huldigen:
wie er in letzten zelten
dan schier dem Paulus cleich gewünscht, aus allem streiten
bald aufgelöst zu sein, aamit der freie geist
leib-lädig seinem gott die huldung^pflichten leist.
RoiPLER 117.
HÜLE, f alte, bereits sp. 1715 erwähnte form für höhle: da;
sü von sime anegesiht flulient und sich wider in ir hüle leitenl
{se in concavis . . reponerent). d. städtechr. 8, 52, 27 ; ihr wiszt
die ersten menschen wonlen in Lülcn, da begab sich oft,
das die wilden thier und menschen wollen vor ungewitter, kalt
oder hitz inn eine httl schliefen , da wolt keins das ander
einlassen. Garg. 194*; der fürst oder regent über das stille
meer und dessen hülen. Simpl. 2,77 {vorher i.76 kehreten wir . .
durch eine andere hole aus dem meer in das cenlrum terrae);
sein bule war vom blut gesprengt.
Spremc afii. (1610) 58".
HÜLE, f. sumpf, pßtze, das ahd. huliwa, mhd. hülwe, in
älteren quellen wie noch jetzt in oberdeutschen mundarten fort-
lebend: palus hül, hulgen Dief. 40s'; locus hulgen 316"; lacus
tief hulben, see, püczen nov. gloss. 227' ; nachdem und oft ein
hüll und pöser wege ist in den zeun und gerten vor der
stat. Tuch ER baumeisterb. 204,13; teich, stehendes wasser im
allgemeinen : man lest den Viscbpach gern durch dieselben
hüll laufen ein stund oder zwue und füllt die hüll von fewers
wegen, auch darumb, das das wasser nit als übel schmeckt
{rieclU). 238,35; {zur Verbesserung der luft) die sümpf, hülen,
lachen, inn ein flieszend wasser zu richten : dieweil kundbar
ist, das solche mosz, mur und pfutzcn iaule dämpf erregen.
Sebiz feldb. 8;
di frösch quaken in iren hulen. H. Sachs 2, 1, 88'.
jetzt noch schwäbisch hile , hilb wassergrube. Schmid 277; batr.
hül , hulgen , hülwen , hohlung im boden mit wasser angeßllt,
lache. ScHM. 1, 1084/". Fromm, mit manchen Weiterbildungen, auch
in Ortsnamen, vgl. auch gülle, und unten hüilmoos.
119*
189J
HÜLER — HULKENBOLD
HÜLLE
1890
HLLER, tn. als sclumpfuofl : also gieng einer zu E<opo und
«prach zu im, ach du mein schöner knabe, sag mir warumb
ha«tu so innicklichen gelachet, sprach Esopus du hülcr. do
sprach er was Liilers bin ich. Esopus sprach gehe an galgen
du wüste sau. Steinhöwei. (1555) 5'. die nähere bedeidung bleibt
unklar.
HÜLFE, und composüa, s. hilfe.
HLLFTJER, f. behdltcr am sattel für pistolen. ursprünglich
name für eine decke oder ein hehältnis überhaupt, corylus trird ver-
deutscht theils arnprustschcid, theils pogenfuoter, theüs kodier,
theils hulfter, hülfe, hoifte Dief. 15l'. hukilum heiszt hulit,
salil-hulft , hulf und mit einer $^-ableilung hülst 2Sl', welche
letztere form zu goth. hulistr decke, schleier, einer ableitung von
iuiljan hüllen, tritt; vergl. mhd. hülst und hulft decke, hülle
Bbn.-MCi.ler l.CSO'. schueij. heiszt noch hulf 'rfas auf dem
schullerbein eines pferdes liegende sätlelchen, wodurch ein riemen
gezogen wird, an dessen ende zu beiden seilen ein eiserner ring
angebracht ist, in welchem die arme eines wagciis ruhen (Stalder
2, 61). — hulfler ist nachweislich seit dem 10. jahrh. als name
für den pisloknbehäller verwendet: holflcrn sive Lulftern thecae
bombardularum Stieler 747; pislolenhulftern sclopolhecae ebenda;
ein held, ein landzwinger . . kan nicht alles so geschliffen
nach seim willen haben: er inusz zuzeiten mit keiser Cyro
ansz einer schmotzigen beckelhaub trinken , und mit dem
kärntischen fürslen ausz eim gebichten filzhiillin , und mit
könig Gwischard ausz meermuscheln, und mit jenem vertrie-
benen könig ausz einer schafschellen, und mit den hofleulen
ausz der scbwerzgcspickten hulfter, oder gar ausz der schwerz-
bQchsz. Gacj. 223*; seine hosen sein wie zween aller teutscher
puffert hui flern. schulbossen {\(JTi) Ti ; die ringe und kleinodien
steckte ich in meine iiosensäcke, stiffeln, hosen und pistolcn-
huiftern. .Sm/;/. 1, 290 A'urz; weil er mit einer pist ölen hulfter
zwei frauen todt geschlagen. Jucnndiss. 147.
!^euer ist für hulfter die form halftcr aufgetreten (s. oben
sp. 226 no. 6), die sich doch schon im 17. jahrh. nachweisen Idszt :
auf welchen (hengsten), wie man bemerkte, nur der kämpfer
ein par pistolen , die andern zwei aber statt derer ein par
auf solche art ausgeschnizte brügel in den aus alten stiefeln
mclamorphosirten halflern stecken hatten. Winki.er edelmann
(I69i) s. 10; ein schönes rosz, dem zu beiden seilen des sat-
teis anstatt der pistolenhalftern ein paar prächtige . . beutel
befestigt hingen. Götiie 24, 324.
HILFTEHSCHAFT, ni. scapus sclopolhecae, seu thecarum sclopi
pugilldlorii. Stiei.er 171&.
HLLGEN, verb. ist für helligen, plagen, quälen, beunruhvien
{sp. 974) geschrieben : item hat der scheffen geweist, dasz nie-
mandts den andern im hochgcricht Schawenburgh binnen-
wendig einer bannnieilen zu liiilgen oder zu liekuuiniern b;ibe,
er iiabe dann iimen erstlicii ersucht und erfordert guittlich
r.n seinen herrn und darnach richtlich, wehre aber iernandts
so freventlich, dasz er sulches alles verfolgte, so habe dann
der ander zu hiilgen, zu kümmern, zu lieclagen oder mit recht
anzufallen, who ihine das allerbcquemlichst wehre, weiith. 3,702
(Lothringen, von ir>>i7).
HLLIG, adj. wol ncbenform zu höhlig sp. 1710, höhlen habend,
hold: das podagra ist ein ziirug in den nulrimenten dieser
cuagulierung an die gleich, da es sich anhengt und nimmen
weiter mag: ausz der Ursachen, dasz die wege unter den
gleichen nit billig sein, dasz an dem endt sie sich mögend
setzen. Faracei.sus opp. \,4hQk.
liÜLK, IILLK, m. luslschiff mit flachem boden, nebenform zu
hülk sp. 1743: naris onerariu, hokas, ein hullich Apherdiani
Tyroein. (läsi) 157; da^z es (das holz des hreuzes) also ver-
manigfaltigl und gewaciisen ist, dasz man wol sibcn haupl-
schiff oder Holländer hulken darmit beladen, belasten und
liefmdilfii niuiht. Fischaht bienk. 175*;
I' heuen ein liülk mit wein genommen.
Atnlirn.i. tieäiirb. no. 215, 5ti.
IKjLKE. f k'ipßuch, kopfUedeckung, i. unter hülle i,b.
lILLkfc.NBOLl), m. als nrhtmyfworl :
einer dri iii« wiiln
datZ (Tri :' IHIll liilln
Af'j i.t. • t>lii.
nn.i '.,ii(fdit,
.1.1 I.
l»t ,
auf »tun iiii:k<-ii lri>'l iiIht t.iiul.
und im iloeb nimmer nirl Itrkuniit.
KiarHMor fendunm. 4h3*.
itr tigenthche tinn dts warte* id nitM klar.
HÜLLE, f decke, Umhüllung; subslunlivbildung lu dem fol-
genden hüllen.
1) wie ahd. hnlla (aus btilja) , mhd. hülle ttnd gekürzt bül
(Lexer wb t, 1380. 1381), bezeichnet nttd. hülle zunächst ein dm
körper schützendes stück zeug, als theil der kleidung oder als decke.
a) eine art mantel, ahd. hulla palla Graff 4, S49: calipson
bulle DiEF. 90"; terislrum sluck 1 bulle 579*; ^
tniegen si (die fniuru) mcnlel oder hüllen an,
wie söiten danue die jiuigen man
uf den absein die schule gesehen? Henner 424.
b) häufiger eine arl kopfbedeckung, als nonne n schleier : veloinen
non-sleycr, augenduch, unibhank, bulle, hultuch Dief. 009*;
oder als frauenkopfluch : capitalis ein bulle, hülle o. huubttuoch
97'; kopjbedeckung überhaupt: die hüllen, hauben, sunder der
weibern. i'i7/a Maater 23l'; hülle, rica, reticulum, peplum, taenia
Stiei.er S64, mit der nebenform liulke, die vielleicht aus einem
nieder- oder müleld. bullige = hüUunge erwuchs, auch Schottel
1339 hat liulke, rica, relkulum, haar ha übe ; auch in der form höll
rka Ai.r. Cc4", welche neben hülle sich noch in heuligen mund-
arlen behauptet; niederd. hüll, bullen, hülle als kopfbedeckung.
mutze, besonders auch weibliche und namentlich verheirateter frauen,
under de hüll kamen einen mann bekommen , under de bull
trouen, i'Oii der trauung der gefallenen, die nicht den jungfern-
kranz tragen dürfen {nnt(!egen in den baren tmuen). Fromm.
."•,432; redensart he bett wat in de hüll (etwas im köpfe). 430;
in der Helgoländer mundart hüll eine mutze mit rauchuitrk,
bündelhüll schwarze haube, mit perlen besetzt, kirchentracht der
frauen, hüllenduk weisze haube, kirchentracht der mddchen. 3,29*;
nordfries. hol kopfbedeckung für frauenzimmer, nordschle.^w. hol ;
auch 6o»nsf/i bille, kopßuch, mutze, haute. Senn. l,10t)5 fromm.
in Luzern ist hülle eine kopfbedeckung für kinder, die Verletzungen
fce/i» fallen vorbeugt, anderswo beiileknppe. Stai.der 1, 159.
e) auch ein deckbelt oder decklachcn hiesz hülle: hui oder
bulle damit man sich bedeckt, tegumen. lodex. voc. ine. Iheut.
k4', wie noch jetzt bairisch hille deckbelt, oberbett. Scn«. 1, 10S5
Fromm. ; kärnln. hüll, hülle Lexer 145.
2) alle diese spcciaWedeutungen faszt hülle in der Verbindung
futter und hülle, oder in der reimenden formet hülle und fülle
zusammen, wo es das den körper schützende im allijemeinen, klei-
dung, decke und auch Mach bezeichnet (vgl. dazu auch die stelle
aus Steinr. 1, 791 unter 4): derhalben nicht sorgen noch geizen
nach dem verdanilichen gut, wenn wir haben futer und hül,
daran wollet gnflgig sein. (L. Keiser bei) Luther 3,421*; der
halben sollen wir auch denken, das einem menschen nichts
besser ist denn armut, das wir nicht uberleng haben, sondern
nur hülle UJid fülle, umb und an, damit davon. 4,109*; da nun
die vierzehen jar umb waren, und er keinen lohn veidiencl
hatte, denn hülle und fülle, futter und decke, li'*'; wenn
man inen hüll und fülle gebe, so weren sie versehen und
versorgt, lischr. 183*; wir sollen uns genügen lassen, wenn
wir hülle und fülle haben. 373'; der biscboff soll dann die
armen kranken, die yr brot nit mögen erarnen, so vil ybm
immer müglich ist. mit hüll und füll dauiit (durch das opfer)
erhalten. S.Frank c/i;üh. (1..31) 3ü',t*j demnadi merk, goll hat
futer und deck, hüll und füll gentlgsau' im vorrhat vorsehen.
paradoxa 102*; wer aber umb solche zeitliche gaben re. ht
beten wil, der musz es dein genedigen willen und wolgefallen
gottes heimstellen und umb hüll und füll und sein bescheiden
theil wie der weise könig Salomon teglicli bitten. Mathksiüs
S(ir. 40*; wie gottes segen die füll und hüll, ja reicbthumb
gibt. Ar.R. .ipr. 102'; hülle und fülle, rock und kröpf, jujipe
und siippe, kleider und narung ist zu diesem leben genug.
l'KTBi der Teulschen weiszheit {\cm:,) ; wenn ein fraw ihren mann
soll lieb und wcrth hallen, iiukz er hüll und fülle können
schaffen. Lehmann 163; wenn es dabin koinnit, dasz man die
hülle und die fülle verdienen sol. Chr. W eise kl. leule M ;
wa« von austcn kämmen »oll, knmm euch auch mit niiltlem
hfluren,
Inbeo, fnügen, freude, troii. negen, hiill«, vAll und uufun.
l.ouiU 3, Mi, 53 (liochteiliiH'UUTi-'i)i
weih, gehl, gut, vich, hülle, vidle,
iiriil w;i.t (nn.>>t ern.irb «ein wilte, 12S, 52.
3) seit man mit fülle in der angegebenen formet nicht mein
den liegriff der nahrung, sondern den des uberflussts verband,
vi bidle und fiille dte hezeichnung für ein überaus grosses masz
i/etiorden, wöbet bulle freilich nunmehr in der t>edtulun) piii:
I zurücktritt (vgl. über die eiilwickelung auch unter fülle Ihfü V,
I ip. 491 403): wir wollen ihm leinwitnd lu weben verschaffen
1897
nÜLLE
HÜLLE — HÜLLEN
1898
die hülle und die fülle. Kotzeble dram. $;). 3,253; sie halten
von allem die hülle und fülle. Beckstein märch.Ui; in hülle
und fülle leben, in überflusz;
da trieb es der junker von Falkenstein
in hüll und in füll und in Ireude. Borger 60'.
4) die neuere spräche braucht hülle im gcgcnsatz zu der Ver-
wendung 1 entschieden als gewählten, ja als poetischen ausdruck.
bei Stein BACH 1,791 das letztere noch neben dem volksmäszigen,
uenn er aufführt mein kleid ist eine alte hülle, mihi amictus
est obsolelum legmcn, er hat eine schlechte hülle um, male
vestilus est, woneben das gewählte eine hülle des leihes, corporis
tegumentum ; so begegnet schon früher:
was hilft es dir, dasz du ein geistlich kleid will tragen,
und will im herzen dich der lasier nicht entschlagen,
unnöhtig, dasz du wllt in wülner hülle gehn,
dein herz sei from, dein köpf mag wie ein Tarier sehn.
pers. rosenlh. 2, 12.
später, seil der mitte des vorigen Jahrhunderts,
a) hülle kleidunq, kleidungsslücke : mein leichtes gewand war
in kurzer zeit völlig durchnäszt, . . und ich säumte nicht, es
mir ganz vom leibe zu reiszen. die pantoffeln warf ich von
mir, und so eine hülle nach der andern. Göthe 24,%; ich
hatte schon seine hübschen kleider, wie sie über den stuhl
hingen, längst beneidet, und war er von meiner taille ge-
wesen, ich hätte sie ihm vor den äugen weggetragen, mich
drauszen umgezogen und ihm meine verwünschte hülle, in
den garten eilend, zurückgelassen. 25,350;
{Thomas) war auf die schwelle gesunken, er deckte
mit der hülle sein antlitz. Klopstock I>, 51:
und ihr mitleid gab mir wenig speis und wenig hülle nur.
Stolrerg 14, 270.
b) der leib ist das kleid, die hülle der seele:
welch ideal aus engelsphaniasie
hat der natur als niuster vorgeschwebet,
als sie die hüll um einen geist gewebet,
den sie herab vom dritten bimmel lieh? BcrcerGO*;
die Seele ward mir aus dem leibe gezogen, und ich eilte in
jene gegenden. . . nun ist mein geist wieder hier, verbunden
mit der irdischen hülle, die inzwischen als ein lebloser klotz
zurückblieb. Göthe 14,160;
du starbst? o nein ! du warfst die hülle von dir,
die mit der körperweit dich höhern geist verband.
Ramler 2, 40;
ein finstres grab, dort wo die linde winkt, umfaszt,
der schönsten seele schönste hülle. HeLTi 48 Halm;
wanke naher Sn das Sterbebette,
wo Lucindens hülle starrt. 141.
c) allgemeiner jedes deckende, bergende, umschlieszende, oß mit
ausdrücklicher anlehnung an die brdculung a: es ist nicht jedem
äuge gegeben , die hülle zu durchschauen , in welche der
dichter eine Wahrheit zu kleiden für gut findet: aber wenn
eine dergleichen hülle einmal für den körper selbst gehalten
worden, so ist ganz begreiflich, wie sich mehrere hintergehen
lassen. Lessing 8,519; Themistokles besasz eine vorzügliche
geschicklichkeit, durch die hülle der zukunft zu sehen, was
dienlich oder nachtheilig sein würde. Heilman Thucyd. 15S;
die hülle der religion für die religiun selbst nehmen. Kant
1,244; vom thron gottes bis zum gewürm der erde kann alles
lügenbeweis, pfeil und hülle des allbetrügers werden. Herder;
aber seitwärts an dem gebirge kam Abbadona
in den hüllen der schweigenden nacht. Klopstock 3,269;
als er die hangende hülle des allerheiligsten wahrnahm (den
vurliany). 4, 52 ;
doch, hülle vor gottes
wegen, du hängest herab, und dich hebet einst das gericht
nur. 5, 352 ;
du hattest, o festliche nacht, des mitleids viel,
und nahniest in deine hüllen auf
die blutigen legionen. V, 203;
des nintcrs bulle deckte
nicht mehr die ude tlur. Gutbe 1.26;
Pul. warum hast du nicht
ins priesterrecht dich weislich eingebullt?
/yj/i. als eine bulle liah ichs nie gebraucht. Üöthe 9, 71 ;
das! uns mit fabeln oft ein fremder tauscht,
Biusz auch der nahrheit schaden, weiin wir sie
in abenteuerlicher hülle sehn. 363;
leis komm ich her in deine stille,
du schön belaubtes buchenzell,
verbirg in deiner grünen hnlle
die liebenden dem aug der weit!
Scbiller das gehchnnis;
erstiegen ist der wall, wir sind im lagerl
jetzt werft die hülle der verschwiegnen nacht
von euch, die euren stillen zug verhehlte. Jungfrau 2, 4.
d) in aufgetragener rede hülle selbst vom papierumschlage um
waaren :
du (dichter in deinen teerken) magst mit Klopstocks lluge der
ewjgkeit
entgegenQiegen oder braunem
pleffer und würze zur hülle dienen. Höltt 88 Ilulm.
5) hülle, in der botanik, inrolucritm, eine ort Umschlag welcher
eine oder mehrere blumen umgibt, vornehmlich bei den doUien-
pflanzen. Nemnich 3,244; auch in anderm sinne: die iiuszerc
hülle und der innere faden (des leins) steigen stracks und
innigst vereint hinauf; man gedenke welche mühe es kostet,
eben diese spreu vom faden zu sondern, wie unverweslich und
unzerreiszbar derselbe ist, wenn die üuszere hülle, selbst mit
dem gröszten widerstreben, den durch die natur bestimmten
Zusammenhang aufgeben soll. Göthe 55,114.
In der analomie ist hülle die sackförmige umkleidung eines
innern körpertheils.
6) hülle, in Baiern, der decket eines krugs. Sch«. 1,1085
Fromm.; fülls in einen krug mit einer hülle, wie man sie
sonst zum wasscr sieden brauchet. Hohberc 1,246*.
') hülle, in Kärnten, schutzgebäude für garben , sonst harfe
(sp. 476). Le.xer 145. hier steht hülle wol für hille, vgl. sp. 1331
am ende.
HÜLLEN", verb. celare. goth. huljan; ahd. hullao, mbd. hüllen;
altnfr. bi-hullean; altn. hyija; von den uncrwandten wOrlern
entspricht am meisten lat. oc-culere, die nähere Verwandtschaft
ist bei hehlen sp.liOf. aufgezählt.
1) die ältere spräche verwendet das wort niclU häufig: velare
bullen DiEF. 009'; bullen, palleare, tegere. voc. iuc. theut. k4';
den köpf hüllen, caput fascia quadam redimcre, ut li. qui cepha-
lalgia laboranl. Stieler 864; zureis er seine kleider, und hüllet
einen sack umb sich. Jes. 37, 1, und mit rücksicht auf diesen
jüdischen brauch bei Stieler a. a. o. gehüllet einher gehen,
opertum ingredi, et metaph. Irisliam prae se ferre ; in bezug auf
die kleidung auch in der reimenden formet sich hüllen und
füllen {vergl. oben hülle 2): daruiub sollen wir die wellliche
guter nicht mehr brauchen, denn das man sich hülle und
füll, und damit davon, und in ein ander laud. Llther 2,346'.
2) vielfach in der neuern spräche, als gewählter ausdruck. wie
das subst. hülle (x. d. 4), und schon früher verhüllen, und m
mehrfacher construction.
a) etwas hüllen, oder einen hüllen :
die finsternusz ist ar^, weil sie viel Sünden hüllet.
LoGAU 1, 228,49;
und mein klagegesang ruft der vergangenhi-it
bis mich hüllet die laseiignift.
und die hüllet mich bald! IIölty 93 Halm;
SU neu verherrlicht leuchtete das angesicht
l'andorens mir aus buntem Schleier, den sie jetzt
sich umgeworfen, hüllend guttlichen glicüeibuu.
GOTHE 4U, 407.
b) einen oder etwas in etwas hüllen: so wird er (Apollo)
ihn (den priester) gehüllt in dunkel, durch die feinde führen.
Klinger 2, 96; erst als er alle blumen auseinander gespalten,
alle freudlg-zitternde vögel in den glanzhimmel gestreuel, in
alle gipfel singsliminen gehüllt .. balle. J.Paul Heap. 4,62;
und hüllt in blütlie den wald. Railer 1, 13;
der du dem blutenden Cäsar beim dolcbe des freundes das antlitz,
(las noch den niörder liebreich straft, in purpur hUllsl. 30;
(i/fp mni) löst die haare des hains,
hüllt den schlehstrauch,
hüllt den hagilorn.
der den garten zäunet.
hüllt den kirschbaum in blüthenscbnee. Höltt 136 // dm ;
so jammervoll, durch glauhenszwaug entstellt,
gehüllt in öde linsiernisse,
lag Ueut-schland einst. Gotter 1.426;
das töchterchen, lieblich erröthend,
hüllete schnell in die soide den schon aulwnllenden busen.
Voss 1, 115;
(die qöllin) wollie nicht mein blut, und hüllte rettend
in eine wölke mich. Göthe 9, 20.
für den acc. bet in steht der datic:
sitzt er noch im pelz, dem braunen,
wahrlich wie ich ihn vcrliesz,
noch gehüllt ira rauhen vljesz ! 41,98;
oder statt sokher fügung ein adverb : da tritt herein, schwarz
gehüllt, das schwerl ihrer heimtückischen macht in der faust,
die königin der todtcn. 33,282.
1899
HÜLLEN— HÜLLWECK
HÜLS — HÜLSE
1900
c) reflexiv, sich in etwas hüllen: dasz ihr euch jetzt, wie
damals, in eure kalte eigenliebe hüllet, wenn uns das herz
bricht. GöTHE 20, 92;
dasz du in das geheimnis deiner ziiiiunn
vor mir wie vor dem letzten stets dich hüllest,
war unter keinem volke recht und gut. tt, 14;
in trübe wölken hüllt sich jenes bild,
so heiter du es mahlst, vor meinen äugen. 280;
der jede maske kennt, in die auT dieser weit
die leiJenschal't sich hüllt. Gotter 1,2S3;
du hüllst in räihsel dich. 2, 28.
d) etwas um etwas hüllen : der mond hatte schon das süd-
östliche gewitler um sich gehüllt. J. Paui. Hesp. 4,49:
also sprach er und hüllte die stattliche wehr um die schultern.
Odyssee 23, 3ü5.
3) die neuere spräche braucht auch aus etwas hüllen , eine
hülle wegnehmen, enthüllen :
hüllte das töchterchen dann aus bärenzottigem l'uszsack.
Voss 2, 2S8 (iilyll. 16, 188) ;
unter den thron lag jener geschmiegt und harg in des rindes
frische haut sich den leib, die dunkele Ker zu vermeiden,
eilig enttaucht er dem thron und hüllte sich rasch aus der
kuhhaut. Uiiyssee 22, 364.
HÜLLEN, n. decke, Umhüllung, für das gewöhnliche fem.
hülle: und er wird auf diesem berge das hüllen weglhun,
damit alle Völker verhüllet sind, und die decke, damit alle
beiden zugedeckt sind. Jes. 25, 7.
HÜLLENLOS, adj. ohne hülle:
die sie {Urania) auf ewig flammenden altären
erkor, das heiige teuer ihr zu nähren,
vor deren aug alloin sie hüllenlos erscheint.
Schiller ilie künsller v. 97.
HÜLLEPRACHT, f. pracht in der kleidung :
o! rufe mir nicht jene hüllepracht hervor! Göthe 40,406.
HÜLLER, m. der hüllende, nur in enlhüllcr {vgl. enthüllerin
theil 3, 558), verhüller.
HÜLLER, f. bairisch der oberste räum unter dem haus- oder
scheuerdach, der dachboden. Schm. 1, 10S5 fromm, es slelU zu-
nächst dem oben sp. 1898 aufgeführten hülle {no. l), und gehurt
zu hille sp. 1331.
HL'LLERN, verb. rollen: der köpf flog ihm vom rümpf
und bullerte den berg hinab. Bechsteim märch. 40. hullern,
düringisch, auch osterländisch und mei.':znisch, ferner im Fuldaischen
und Schmalkalden gebräuchlich (hier mit dem masc. huller, dicker
pack, bauen, besonders ein rund gepackter ballen, dann auch halb
scherzhafte bezeichnung eines unverhällnismäszig dicken kindes.
ViLMAR 178), ist als nebenform zu kullern, kollern th. 5 sp. 1619
erwähnt und beleuchtet.
HÜLLHAFEN, m. topf mit einem decket? (vgl. hülle 6, sp. 1898):
es ist dannoch ein schöner ermcl Hippocratis , darinn man
hauszhniten kan, wie die Gasconier inn iren Garageskenhosen,
und Diogenes im vasz, und die Tartaren im karren, und der
linkenritler in der lauten, und jener ungebachen jung scblüngel
im bölzpletz im büllhafen, und du im narrenkleid. Garg. \li'.
HÜLL.MOOS, n. fontinalis, fluszmoos, qucllmoos. Nemnicb
2, 1638. der erste theil des Wortes gehurt zu hüle sumpf, teich
sp. 1894.
HÜLLTL'CH, n. tuch zum verhüllen, Überwurf über die kleidung:
ralipson, hultuch Dikf. 90'; manide hulleducli, hulletucb 348';
relamen hultuch 609*; der erben zeher (za/iren) sind undcr der
klagkappen ein gelechter, dann wie die kindthcllern dariinih
einn umbhang für die betstat machen, das die man ir gut
leben nit sehen, also schlagen die erben dariimb ein hülttjch
umb sich, das man ir gelechter dcrunder nit sehe. Frank
sprich«. 1,47*;
>o will leb meiner locbter geben {zur atutteucr),
dat Hie wol dester pas mag geleben,
ain allsz nut\gn hülltuch. Jasln. sp. 547, 13.
HÜLLUNG, f \) das hüllen; vergl. die Zusammensetzungen
ent-, um-, Verhüllung.
2) das hüllende: der mann im schlillen sah auch fester
nach dem manne, welcher das gesiebt immer freier aus seiner
hüllnng Uerausgestreckt balle. Didaskalia vom 27. decbr. 1872.
vgl. auch Umhüllung.
HÜLLWECK, m.: die aus dem ausgeliöhllen weck (einem
tcatzenqebark) criialtenen brosame werden . . in diei .schüs-
ft<>ln vcrtheilt, noch mehr weck binzugehrockt und wein dar-
auf gegossen. . . der herrKchafiliche boh- ruft 3mal: herbei,
teerhei, drr hüllwerk ist fertig, bei drni drillen ausruf eilen
alli- kinder des dürft vi i'ii>it. |,ii./ii und Tcrzebren da«
eingebrockte nach gebetelem vater unser, v. Stramberc das
Rheinufer von Coblcnz bis Bonn l, 186 (beschreibung der bis ende
des vorigen jahrh. beobachteten gebrauche bei besiellunq des bürger-
meistrrs und der beiden waldförster zu Aisbach), hüll- geht noch
auf mhd. hüln für holn, hold machen, zurück.
HÜLS, HÜLSCH, n. Hex aquifolium. vgl. unter hülst.
HÜLSCHEN, n. d. i. hüls-chen, kleine, geringe hidse : der
Verlust triff nur die paleas levis fidei, nur die leichte christ-
liche spreu . . von dieser, sagt Tcrtullian, mag doch verüiegen
so viel als will . . aber nicht so unsre heuligen kirchenlehrer.
auch von der christlichen spreu soll kein hülschen verloren
gehen, lieber wollen sie die körner selbst nicht lüften und
umwerfen lassen. Lessing 10, 181.
HÜL^E, f folliculus, gluma. ahd. hulsa (aus hulisa) süiqua
Graff 4, 849, als hüllender, einschlieszender gegenständ, mlul.
hülse, wjrf. hülse; vorzüglich in den alemannisclten gegenden mit
Verbreiterung des inlautenden s auch hulsclie, hülsche: folliculus
hülse, hnische, hilsz, holszen Dief. 241'; gluma kornhülsen
266'; siliqua hülse, hulss, hülschen i. käfen 534*. m mehr-
facher Verwendung.
1) e.<! ist von alters her vorzüglich auf die schale oder decke
von fruchten bezogen worden, innerhalb der ein nicht fest ver-
wacfisencr kern steckt; die neuere botanik unterscheidet die hülse,
legumen , als samengehdusc mit zwei klappen , worin die samen
nur an einer nat sitzen, von der schote siliqua, worin die samen
an beiden näten sitzen (Nemnich 3, 359), die gewöhnliche spräche
kehrt sich an diese einschränkung nicht: siliqua, ein hülsze der
flüchten, welche legumina genant werden, als bonen, erbsen,
kichern etc., ziigemüsz hülsen, schmälsät hülsen. Dasypoo. ;
hülse der fruchten, siliqua, valvuli, scapus, calyx, follis. ebenda,
kifel oder bülscben, als an ärbsen , bonen und dergleichen,
siliqua. Maai.er243'; die bülscben einer yetlicben frucht, als
der nussen und mandel, calyx 231'; hülschle, das klein heülle,
darinn der kernen und saamen eines jeden dings ligt, folli-
culus. ebenda; wcinbeerhülsen, alias tröstern, tunica, cutis,
folliculus acini, hirscnhüisen appluda Stieler 865; hülsen von
oliven nach dem pressen, fraces Frisch 1,474*; Hart, wenn
eine nusz leicht aus der hülse fällt, ist sie denn auch wohl
schon vom wurme gestochen? Barth, ist das eine frage für
einen klugen mann? die wurmstichigen sitzen allemal fest
in der hülse. Mosers, 34; fruchte mit balm und hülse (Aa/m-
friiclite und hülsen fruchte). Freytag handschr. 1,117;
die knospen küss ich (der mnrneniiniid) auf im träum,
reisz ab die alten hülsen! Freiligrath dicht. 3,92.
oß im gegensatz zu kern : auch sol er nichts essen, das man
vom weinstock macht, weder weinkern noch hülsen. 4 Mos.
6,4; sprichwörtlich und bildlich: kern essen wollen, ehe die
hülsen drab sein. Schottel 1113*; lasset sich aber indessen
ein und andrer (leser) der hülsen genügen und achtet der
kern nicht , die darin verborgen stecken , so wird er zwar
als von einer kufzweiligen histori seine Zufriedenheit, aber
gleicbwol das jenige bei weitem nicht erlangen, was ich ihn
zu berichten eigentlich bedacht gewesen. Simpl. 2,124 Kurz;
Babcnberg.Trc ir spräche brengent
von den hülsen üf den kern. Henner 22258;
weswegen wird der kern dem . . vetter
und mir die hülse zugewandt? Lichtwkr 2,8.
hülse am schaß der kornfrucht : hülsen , hosen , scbloszkiele,
die landleute plleycn also die oberste, noch verschlossene
blaltscheidc einiger graser (z. b. der gersle) zu nennen. Nem-
MCH wörterh.;
es bestehet, an der ähre, die so zierliche stnictur
blosz aus einerlei »elinuse, einer netieii hülse, nur,
die, wo sich der obre Ibeil ilires lialms gcniahlich spitzet,
als ein eigenes gewachs, in so nciier Ordnung sitzet,
dasz es nett die eine seile von der abreii bau bescblagt.
da die andre seile gleirblalls eine solche hülse tragt,
die «in wenie höber sitzet; diesz geht wecbselswcite fort,
bis zu ihres nalnies spitze, an dem allerhAchsien ort.
Brocku 0. 73;
jede von den buszern hülten schlicszt ein onder In sich ein.
welche weichlicher und zarter, die diu blühten in sich heget.
etuHila.
2) von dieser Verwendung (l) aus noch manche bildcr : wohin,
wir Wissens fast wol, das die W'uiheii uns Peudschcn nuht
für ineiisrhen, sondern für eitel hülsen oder scheinen ballen.
Luther 5,227'; das al,«o nur die fünf sinn dahin sterben,
das ist das geringst sterben, und nur die büUen vom UiA,
da mau allem mit dem leiblichen Iml ringet, wiewol es uns
uiiversuihle leute das grOszcst dünl.i'i r>oo* ; da ist es denn
1901
HÜLSE — HÜLSEN
HÜLSENBAUM — HLM
1902
alles aus, und bleibt weder liebe, glaube, noch Christus,
sondern lauter hülsen, und taube nüsse, die wol den namen
der Christen behalten, aber den kern verlieren, und sich selbs
ausschelten und verweben, wie die sprew von dem reinen
körn. 6,49'; und ist niemand so evangelisch als sie, aber
das es eine lauter hülsen sei, sihet man dabei, das sie nicht
denken, dainach zu leben. 52'; die etwan uszerlich den namen,
schyn und hülschen der reichthumb nit habend. S. Frank . .
2, 20'; und das sy nüt dann die hülschen, schyn, won und
namen der rychthumb habend. 22" ; es ist fürwar ein Wunder-
ding, dasz der jenige theil eines oratoris oder redners, welcher
nicht über die hülsen eingehet, und vielmehr eines gauklers
tugend ist, als eines oratoris, . . als wann er der fürnembste
theil were , gleichsam allein gelobt werde. Schcppics 754 ;
yertrauen sie es mir allein, Harlekin; bei mädchen sind die
geheiraiiisse ohnebin etwas lose verwahrt, sie fallen leicht
aus der hülse. Moser S,63. das folgende bild isl seiner sinn-
lichen bedeutung nach nicht klar: so ums gewislich folgen, das
solche meister zuweilen gröblich irren , mit treumen umb-
gehen und durch die hülsen sehen, schreiben Maximilians I an
Leo X bei Luther 1, 99' (im lat. originale: necesse est interdum
hallucinari, somniare et cecutire magistros istos) ; Stei.vbach
1, 791 hat ebenfalls durch die hülsen sehen, obcaecatum esse.
3) hülse, in fernerer bildlicher Verwendung, von dem, was der
mensch duszerlich an sich hat, im gegensatz zu seinem wesent-
lichen, innern: hülse verblümt, das worinnen etwas bessers
als ein kern gewesen , der leib ist die hülse , worinnen die
seele gewesen , der reichthum die hülse des seegens gottes.
Friscb 1, 474' ; wie ganz anders hat sich da Klopstock (körjier-
lich) abzuhärten und die hülse seiner psyche zu erhalten ge-
wuszt. Wieland in Böttigers liUer. zust. 1,21S. gern von der
kletdung, dem stände, der Umgebung eines menschen (aber unedler
als hülle): überhaupt schälte ihn der romanschreiber so eifrig
aus seiner militärischen hülse. J. Paul uns. löge 2,49; (die)
h&lse der beine eines grafen. teuf pap. l, 82; so oft er hin-
über sah zu Lianen, die heute in ihrem langen Schleier ohne
schwere dicke gallahülse . . ging. TU. 3, lOS ; wenn die schran-
ken des Unterschieds einstürzen, wenn von uns abspringen
all die verhaszte hülsen des Standes, menschen nm- menschen
sind. Schiller kabale u. liebe i.S; (tische, schreine , sessel auf
einem eslrich) jetzt ruhten sie zusammengeschichtet in wüsten
häufen, die abgethanen hülsen früherer geschlechter. Freytag
handschr. 3, 129 ; — wir achten eine geschichte , die einmal
die unsrige war, und welche die hülse der verflognen stunden
ist, viel zu wenig. J. Fall Hesp. 1,89; jede physische Unord-
nung ist nur die hülse einer Ordnung, jeder trübe frühling
die hülse eines heitern herbstes. 2, 220.
4) hülse, nun auch von anderm umschlieszenden, in technischem
gebrauch.
a) in der gieszerkunst : wir brauchen messing hülsen, darein
man blei oder glockenspeisz geuszet, damit sich die gewicht
nicht abnützen und leichter werden. Mathes. Sar. loi';
sehet! wie ein goldner stern
aus der hülse, blank und eben,
schalt sieb der metaline kern. ScaiLLEft glucke v. 384.
b) hülse auf den hammerwerken, ein behdllnis, das den hammer-
helm umgibt. Jacobsson 2,293'.
c) am Schaft einer flinte die metallenen röhrchen, worin der
ladestock steckt; bei den Jägern auch das hörnerne mundstück
eines sckrotbeulels. ebenda.
d) beim lustf euer werker die papierne röhre, welche nachgehends
viü ihrem gehörigen salz angefiält und geschlagen wird, ebenda;
wie wenn von ungefähr unter der zurüstung ein feuerwerk
in brand geräth, und die künstlich gebohrten und gefüllten
hülsen . . unordentlich und gefährlich durch einander zischen
und sausen. Göthe 18, 118. auch bei einer patrone heiszt der
behaller der ladung hülse.
e) hülse, an den jonischen capitälen drei den bohnenhfäsen
ähnliche zweige oder lange blatter, welche aus der Schnecke zurxtck
auf das capitetl treten. Jacobsson 6, 123*.
/) bei einem flatclienzuge heiszt hülse die flasche.
<j) auch das papier, worein geld in rollen verpackt ist, wird
so fjcnannt.
5) hülse, eine muschelart, solen, auch messerscheide, scheide-
muschel. Nem.nicu 4, 1321.
HtXSE, f. Hex aquifolium. vgl. unter hülst.
HÜLSEN , verb. 1) hülsen bekommen : hülsen , hülsen ge-
winnen, siliquari, siliquas nancisci Stieleb 665 ; namentlich auch
(nach hülse 1 a. e.) bezüglich der blattscheiden der gräser gesagt:
wirdt das gewechs umb desz heiligen creutzes erfindungs tag
ausz einem hülsenden Stengel , wie der fenchel herfür zu
schieszen gesehen. L. Thdrneiszer beschreib, infl. wirk. 62.
2) hülsen entfernen : glubere, hulszen, glumas exuere Trochls
J6*. reflexiv: beim kochen hülsen sich die erbsen.
HÜLSEN BAUM, m. hymenaea, ein südamerikanischer bäum.
Nemnich 3, 194.
HÜLSENBEERE, f Uex aquifolium. vgl. hülst.
HÜLSENFRUCHT, f frucht in einer hülse: hülsenfrucht
legumen Alb. ttl'; hülsenfrüchte, legumina, als höhnen, erbsen,
kichern, linsen, wicken. Frisch 1,474'.
HÜLSENGEVVÄCHS, n. was hülsenfrucht. J.acobsson 6,123'.
HÜLSE.NMOTTE, f. phalaena pisi. auch phryganea, weil die
larve ein cytindrisches gehäuse um sich macht.
HÜLSE.NPFLANZE, f leguminosa planta, pflanze deren samen
mit einer hülse umgeben ist: fast die ganze klasse diadelphia
im Sexualsystem besteht aus hülsenpjlanzen. Nemmch 3, 359.
HÜLSENSTRAUCH, m. ilex aquifolium. vgl. hülst.
HÜLSICHT, adj. siliquatus, siliquis veslitus Stieler 865; hül-
sichte fruchte, legumina, hülsenfrüchte ebenda, in der neben-
form hülschet ßr hülschecht (hülsche /ur hülse 5. o6en): also
auch weiter, wie ein nusz, die soll voll in der schalen sein
mit ihrem kernen, ganz und gut : wo nicht, sondern sie ist
dumm, das ist, leer, doli, hülschet : jetzt ist die nusz nicht
änderst gegen den andern nüssen zu rechnen, als ein solch
raonstrum gegen den menschen. Paracelsus opp. 2, 279 B.
erweiterte form hülsechtig: werden die aber grünfarb, dar
zwischen wachsen kleine hülsechtige schöllein heraus. Taber-
naemontancs 552.
HÜLST, m. ilex aquifolium, Stechpalme, ahd. hulis ist von
ruscus, dem mäusedorn gebraucht (Graff 4,8S1), der seü uralter
zeit zu zäunen verwendet wurde, der name scheint mit rücksicht
darauf (als hüllender, einschlieszender) gewählt, auch nhd. ruscus
hüls DiEF. 504'; daneben taxus hüls, hulsbaum, verderbt holcz-
baum 574'; chamaeleon hülse 92' (sonst chlette, distel, eber-
wurtz) ; mit angetretenem t zufrühest niederländisch : hülst ruscus
silvestris, aquUenta, aquifolia Kilian ; ins französische aufge-
nommen als houlx, spater hous (Diez 2,348); der mäusedorn
heiszt dort petit houi , hoiuc-frelon , hou.x-fourgon , bousson.
«Ad. isl das wort, meist auf die Stechpalme bezogen, in verschie-
denen formen vorhanden, die Neünich 3,217 aufführt: die hülse,
der hülsenbaum, hülsenstrauch, hülse, hülst, hülst, hülsch,
holst , hülze , hüllgeholz ; hülst führen norddeutsche dichter in
die Schriftsprache ein:
umschattet rings von erl und hängebirk und hülst.
Schmidt von Wernecchen atm. 1802, s. 122 ;
(wo) Wacholdergesträuch um die hünen^raber der vorwelt
wuchernd kroch und stechender hülst mit gfänzenden blättern.
Voss 1, 54.
HÜLZEN, adj. s. unter hölzern.
HUM, interj. wie hem sp. 979 und hm sp. 15S6.
1) meist zur einftihrung einer Überlegung , ,ej)ies btdenkens,
zweifeis: jetzt ist guter rath theuer. — humi mir fällt was
ein. Wieland 11,148; aber, humI ich höre jemand kommen.
12,39; hum, humI ich kenne den pfarrer sehr genau. Fr.
MCller 1, 294 ; hum, dachte ich, hinein kommst du nun wohl,
allein wie hernach sogleich wieder heraus? Münchhauseiu
reisen 53;
hum! sagte der kaiser, der grund läfzt sich hören,
und mag den durchlauchtigen stolz wohl bekehren.
Borger 67*;
was hat man von dem dichten? bura!
vielleicht das biszchen ehre:
gekannt zu sein vom publicum? Gokinck daselbst 39*;
hum! mich dünket,
dasz sein hart so blau nicht sei. Gotter 1, 49.
zeichen der verdricszlichkeit :
auch
aber sieh ! wie bleich und stumm
.\marant dort sitzet.
und den round zu einem hum!
so verdniszlich spitzet. Gokinck Ued,
.lib. 61.
2) hum , ton eines unterdrückten schluchzens : so fahr denn
wohl, weil es nicht anders sein kann, liebes, liebes weih du!
gedenke meiner, ehe du aus der stillen quelFe trinkst —
hum — grab meinen nahmen in einen felsen — hum — dasz,
wenn ich einst entgegen komme, dir die band reiche —
hum — du nicht zurücke gehst, mich allein stehen lassest
— hum — das würde im bimmel noch mein herz zerreiszen.
Fb. MCller 1, 119.
1903
HUM — HUMMEL
HUMMEL — HUMMEL VOGEL
1904
HL.M, bei den fuhrleulen ein seichen für die pferde, sich mit
dem hinlern herein zu drelien, und sich in die sUänije zu stellen.
Jacousson 6, 123*. H'ol aus bie um.
HÜM, inlerj. lecte cocanlis : büm, hüin! audi, aUenU\ expeäal
Stieleb 865.
HL'MLICH, adj. hörncrlos: nobis vulgu huiiilicbe bocke,
huraliche ziehen, caeci, viulili. Klein quadrupedum disposUio \b;
dixeriin, moschoriim ulios esse corniilos, alios excornes, biim-
iicb. IS. nicderd. biiiniiielicb, in Uamburij huinmig, niedrig,
kuri, dick nach Aüeiunc (Schutze 2, 171 kennt daijegvn luiinmip
nur vom mehl, das sich angesteckt, einen faulen widriijen geschmack
bekam); in Danzig honiinbch, hürnerlos Fromm. 6, »69 ; bairisch
humlet ungebörnt. Sciix. 1, 1112 Fromm, vgl. unten das zweite
humincl.
HC.MMEL, f. 1) apis bombinatrix, ahd. huinbal und buniniel,
»lAd. humbel, buiiiiiiel, buinel (Le.xer 1. i%'i): niet/eri. bummel
und bommcl bombylius, fucus, crabro Kilian ; engl, bunible-
bee; dänisch bumle-bi, schwed. hiimla, aus dem tonnuilenden
Worte huinmen summen (s. (/.) herausgebildet, venß. auch unten
humse und humsea. das geschlechl ist im mhd. das masculinc:
der humbel der sol siechen. Iwein 106;
noch im 16. jahrh. der buiniiiel Maai.er 232'; seit der 2. hdlfle
des 11. jahrh. geben die uOrterbiicher (Sciiottei. 1339. Stieleh 865.
Steinbach 1,792) nur noch ueibliclies geschk'cht an, oline dasz
jedoch das männliche ganz untergegangen wäre: Franz kam sieb
in diesem au>;enblicke beinabe vor wie ein buniniel in einem
bienenkorbe. Felder sondert. 1,189 {vorarlbcrgisch) ; schwäbisch
der bummeler, brunneobummclcr hummel Schmid 291 ; vergl.
auch unten 3, c.
2) der name wird auch übertragen auf verwandle insecten:
apis terreslris erdbumtnel, grosze immmel, hummel Nemnicii
1,37«, vgl. auch moosliummcl, sieinhummel. selbst die dröhne
der bienen wird aflcrbunimel oder schlechtweg buniniel genannt
(Nehnich 1,375); humel, oestrus, asilus, allus, fucus, vulg. brcni
IOC. ine. theut. k i'; der iiumniel, das sind die groszeii liyiile
die kein angel habend und nit arbeilend, fucus. Maaler 232*;
es sei unbillicb, das die hummelen . die keine arbeil Ibiin,
des honigs genieszen , der durch andere mit groszer niiilie
erworben. Zinkgref apoplilh. 1,410, s. unten buinnieininser ;
auch eine grosze fliege (vergl. unten buninielllicge): heclzebub
heiszet eine grosze fliege, die wir Dcudscben eine buininel
nennen. Luther 8, 257'.
3) hummel in bildern und vergleichen.
a) 2udringliche bublcr werden so genannt:
die Jugend schmückt ein liebreich kiiid, die rosen wollen täglich
brechen,
da schwärmen humiuelu um den strauch, ein fiischcs hoiiij; aus-
zustechen. GÜNTUKi;429;
die bubcn sind den bummeln gleich:
ihr magdlein mögt euch liüten .
Ut^RbER 89* ('hummellicd').
6) auch unruhige, umherschwärmende mädclien: eine tolle
hummel, dicitur de jutulanli et effronti puella Stieler 865; bei
unverständigen* leuten ist das acadcmische fraueiiziiniiicr in
gar üblen credit . . hat eine . . einen Uiuntern und frischen
gang, welches doch nur von einem muntern und aufgeweckten
gemülbe und verstände zeuget, so nennet man sie eine wilde
hummel. Parthenophilus das bei academien hb. fraueni. s. 5 ;
das ist eine kleine ungezogne hummel. Hakener 6,62; mit
der tocbter de^ liederlichen pachters, einer wilden hummel
von brünette. Götiie 21, 111.
c) in altern quellen besonders gehl hummel auf faule und
raubeiische leule : solchs (brave leute am hofe verdrängen) thun
die allerlöscsten bummeln , so die erde tregt , die nur viel
speien und waschen k'inncn, und einem künigi- oder liirsleu
die obren füllen, das er gar taub wird gegen s^jineiii trewen
diener. gleichwie die bnniineln, das unliiiluig, faulfressig
nnziffer, so kein honig machen kdnneii, alles auifressen, was
die fromen bienljn machen, on das sie mit iren tliigeln ja so
geer oder auch iiielir >cbarren, sauissen und biiinseji können,
denn die rechten lieben bienen. Luther 6,149*; faule leut
und lose bummeln. Mathes. !i<tr. 'ü' ; dasz der nacbdruck
unbillig sei, dasz der nachdrucker sich schämen sollte, zu
enidlen , W4» er nickt gesäei bat, und der faulen hummel
gleich über den bonig der lleiszigen bienen berzufullen : wer
leugnet das? Leüsimu II, 181; daher als Sprichwort: ich brauche
kr-Kie liumaieln m meinem bienenkorbe. Simhock s/rrichw. 263.
d) bummeln haben, übler laune sein : denn es um i. f. g.
otchl gut sein war, wenn i. f. g. bummeln hatten. ScHwei-
NicHEN 1,114; bummeln im köpfe haben, tolle gcdanken (vgl.
unlen biimmelhirn, hunimelwilzig): er hat bummeln im köpf,
die beginnen izt zu schwärmen. S. v. Birke.n Androßu 49;
bummeln im gesäsz haben, unruhig sein, nicht ruhig an einem
orte bleiben können; einer der bummeln im sleisze bat, homo
inquielus ÜEDERicn 1339; in anderem sinne aber bei Fiscuart:
bi>rt zu, die magd hat hummelen int gcsäsz, ich hab sie
huren prummen. Garg. 137*.
e) sprichwörtlich : das niiitklein bleibet bangen, der hummel
reiszet durch; den reichen am geld, den ariiieu im feld
(gestraft, d. h. am. galgcn), so gelits jetzt in der weit. Otho 514.
4) hummel, eine arl seileninstrument, von nur zwei seilen : so
rief er seine niagd herein, und duettirte mit ihr die schone
aria: komm mit mir in grüne gehalten u. s. w., wobei von
seiner seile das spinett redlich dran muszte, und die küchen-
nymplie auf der hummel accompagnirtc. Siegfr. v. Lindenberg
1, 157. — Auch eine arl sackpfeife von nur zwei tönen, bei Frisch
1, 474' biimnielchen.
5) rheinisch ist der hunimel ein zur zicrde nalie am ende des
masti's befindlicher knöpf. Kehrei?! 204.
llü.M.MEL, m. in Schwaben und im Eiclistadtischen ein lucht-
stier. ScHM. 1,1112 Fromm.; berr Hummel, der ochs, eselkönig
bei Wackernauel roc. t'ur. aitiHi. 4ü ; im Oldcnburgschen dagegen
eine eigene rare rindvieh ohne unterschied des alters und ge-
schlechtes, oline hörner. Fromm. 3,497 ; im Ihinzigtr diaUlU hommel
hörnerloses thier. 6,369. nach dem was zu liiimincl 4, sp. 310
erwähnt worden, ist die letztere bedeutung uol die ursprüngliche,
und die zuerst erwähnte nur der nachklang davon , dasz einsl
über ganz Deutschland eine kurze hörncrhse rindvichracc lerbrcüet
war: ne arnientis quidem suus lion(U' aut gloria fronlis.
Tacitus Germ. 5. vgl. auch hummelbock.
HUiMMEL, f. malzlenne, in Übersachsen und Sclilesten. ein
aus dem slavischen herubergenommenes wort, an böhmisch humno,
Scheune, tenne, malztenne angelehnt; vergl. Fromm. 6,368.
mj.MMELBIKNF^, f apis violacea, holzbiene. Nem.mch 1,379.
IlUiMMELULL'ME, f. opl\rys apifera, wegen der ähnlichkeil der
blume mit einer hummel oder bienc. INemnich 4,776.
HUMMELBOCK, m. bock, widder ohne hörner. ebenso buni-
melgeisz, ziege ohne hörner. bairisch. Scim. 1,1112 Fr^nm.
HUM.ME1.,FÄISGEH, m. eine maschine, die man vor den flug-
löchern der bienenslöckc oder körbe anbiirnj, und die so ein-
gerichtet ist, dasz sie die kleinen arbettsbienen aus- und einßwgcn
läszt, die gröszern droncn oder hummeln aber vor dem emgang
zuriickhdlt, da man sie denn fangen und tödten kann. Jacobssun
2, 293'. vgl. unter hummel 2.
HUMMELFLIEGE, f. musca mijslacca. Nemnich: die bluinen
(von grosz und klein knubeuwurz) sind anzusehen gleich wie
die huinniellliegen. Lomcerus kraulerb. 233'.
Hl'MMKI.IIIH.\. n. htm voll hummeln (vergl. unter hummel
3, (/), voller gedanken und ungewvhnliclwr einfalle; bummelhirns
gesinde werden bei Kirciihoe wendunm. 5ü' leute genannt, die
gegenüber einem erlassenen , aber von dem erlasser selbst nultt
gehauenen befehle ihre eigene meinung kund gelicn.
HIJMMELLIED, n. bei Bühüer 89* als ubersihri/l ; s. oben
hummel 3, a.
HUMMELMILBE, f. name zweier mübenarten, acarus coleoiAra-
torum, und acarus gi/mnopterorum. ^EM.\ICH 1, 16. 17.
HL.MMELMUTTE, /". sphinx fucifornüs, ein dämmeruH§sfalter.
Nehnick.
HIJM.MKLN, verb. summen wie eine hummel: hummelen neben
liummen bombilare Scikittel 1339; buimnelii, bombilare, bom-
bilare (neben bununen und bumsen) Stiei kr 865, niU einigen
ableitungen: buminelicbt, bombilans, boinbttans, mussilans et
mutiens, humnieler, bombitans, bombilans, depressa tme cancns,
mussans, hummelei, bumbus. ebenda (wenn er bei IctUerem wvtte
hinzufügt: sed biiimuelei etiam pro timiditale el cuiutaltont
siimitur, so ist es m diesem falle aus hunipclei, s.d. asstmdieit);
kärntnisch humpeln summen, brummen Lexeh 115; mit deinen
biiicn hastu auch cinii llicgenden und /.ergangkliiben lust,
iniist das sausen und hummlcn unib deine uhren steU hOren.
l'etr. hl'.
HUM.MEL.NGAltTLN, m. garten in dem hummeln sich auf-
halten : (dir garten ist) ein bienen- und bumnielngarlcn , m»
oft sie gerade hineinlli(>gen. J. I'aul lUsp. I, KU.
HI'M.MELSTASCIIK, /. eine art seefiuhr, die brt Jevrr und
Ostfriesland gefangen werden. Frisch 1,171' (aus \Vimi.li.man."||
Oldenburg, chronik s. II).
UL'.MMELVUGEL, m. trochüus, der koltbri. Nen.iich.
1905
HÜMMELW ASSER — HUMOR
HUMOR
1906
HUMMELWÄSSER, n. honiijKosser ? mel? oder ich sei des
teufeis, wa sie (die feinde) niclit schon inn unserem klosler
sind, und so lustig zäun, reben und trauben abhawen und
klauben, dasz wir bei sant Olmars wareiu schimmeligen
raalzenlegelin disz jar nichts als daubenseufzen nach trauben-
seu&en und hummelwassern werden. Garg. 204'.
HU.MMELWlTZiG, adj. tolle gedanken habend, unsinnig (vgl.
hummel 3, d) : er ist bald (beinahe) hummelwitzig worden, der
aufgebrachte eliemann (1753) s. IftS.
HLMME.N , terb. summen, brummen, ein lautmalendes, und
dialektisch verbreitetes tcort, auch niederl. hummen, hemmen
mutire Kiiiax ; engl, lo hum; niederd. hummen, summen, sausen,
stridere Schambach SS'; hessisch hommen, hummen, vom brüllen
des rindviehs, namentlich von dem tießonigen brüllen desselben,
dem brüllen nach futter. Vilxar 174 ; auch in den oberdeutschen
mundarten nicht unbekannt, vie zum theil die fdgenden belege
ertcetsen. es trirrf gebraucht von dem summen der bienen und
hummeln: die peinen ruoent in irm va; des morgens in der
mettenzeit, unz da? aineu under in zwir oder dreistund ge-
prumt oder gehumt gegen dem liebten tag, als ain wahter,
der mit aim herhorn prummet gegen dem tag. Mege.nberg
289, 15 ; so ej an den äbent get, so prumment si (die bienen)
in dem vaj und daj prummen wirt ie klainer und kiainer,
unz aineu under in urob fleugt und hummet in der weis,
als da si wecket des morgens. 290, 15 ;
das bienlein sumbt, die hummel humbt. Etrisc 2, 130;
kein mäuseben schleicht, kein käfer summt,
kein Sperling zirpt, keine hummel hummt. Wisland 18,248;
vom summen der käfer:
(wir wulUen) mit brumn und humn die meusz erschrecken
(warte eines groszen käfen).
froschmätts. 3, 3, 12 (Bbb 6") ;
vom brummen eines baren und eines bösen tceibes: wann das
weih aber das maul hengt einer eleu lang, und nicht eh lacht,
es gehe dann ein dorf unter, oder lauft im hausz herum zu
hummen und zu brummen wie ein danzbeer, und siehet aus
wie ein nest voller eulen, da vergeht dem mann all lust und
freud. Cbeidics 2, 9 ; von dem leise singen : etwas daher hum-
men (sire humsen), obscura voce canere, ul nutrices infantes
gestantes sdent. Stieler 865;
der rüstige Jäger, soi^Ios
bummt er ein lied von den freuden derjagd. Stolbkrg 3, 270 ;
hummen endlich auch hum machen, alt einleitung zu einer üA«"-
legung (vgl. hum l):
bumm ! humrot der triton, hier müssen wir uns dazwischen legen,
sonst giebts ein neues stiergefecht.
Wiela;<d 4, 176 (ii. Amaäis 8, 8).
schweizerisch aber heiszt hummen ohrfeigen geben Stalder 2,61
(so das: es saust? oder dasz der köpf summt?), humme, ohr-
feige; Schwab, homm, humm o/ir/ifjy Schmid 2S6; im Fuldaischen
homme Vilmar 174.
HU.M.MER, m. ein grosser seekrebs, Cancer gammarus, vor-
zugsweise an den kästen Norwegens gefangen , daher der name,
zu frühest altnordisch bezeugt (humarr Vigfdssox 292*), dänisch
schwedisch hummer, wahrscheinlich nur durch entlehnung s^idlicher
gekommen, niederl. hummer, franz. homard; die Engländer
saiien lobster, nach ags. loppestre, lopystre. griech. entspricht
xäftfiagos, lat. cammarus seekrebs, nach Fick 347 von kamar
krümmen ;
wer kann rochen, kabbeljauen,
hummer, crocodillen, stör
ohn' ein furchtsam wundern schauen? Brockks 1,308;
die leber ist vom hecht, und nicht von einem hummer;
der erde Phöbus wacht, der meine liegt im Schlummer.
Rost «»-in. ged. 24.
HUMMERS.\LäT, m. salat von kümmern.
HIIM.MERSCHERE, f schere eines hummcrs; als leckere speise:
die Session war schon lange zu lisch gesessen, als ich mit
meinen hummerschecren erschien als letztes gericht. J. Paul
kom. anhang zum TUan 2,66;
vergehen des Verdrusses Talten
nach einem flügel vom kapaun?
und wird, von einer hummer-scbeere,
ein hofmann wohl dem andern trauo ? Gökihgk 1, 204.
HL'MOR, m. Stimmung, laune.
1) das wort ist seit dem 16. jahrh. aus der gelebrtensprache
in das deutsche aufgenommen worden , zunächst im lateinischen
gewande, mit dem plur. humores (belege s. unten) und mit der
betonung hümor des Singulars:
IV. u.
dann mau au der kleiduug
gar bald und leicht abnimmet,
wie herz, rede und zung
auch humor zsamen stimmet.
Opbl u. Coh;« 412, 3 (lon 1628).
später nach der mode der zeit in «älscher form gebraucht, wie
denn Röcelers kriegsschule (1668) s. 1023 unter den ^kriegswürtern
(d. i. uiäer den zierlichen warten der Soldaten) auch humeur mit
der erklärung natur auffuhrt, und Rädleix 556' köpf, sinn,
meinung, humör gibt; von dieser im 17. jahrh. viel gebrauchten
form sind wir seit dem IS. zur lateinischen zurückgekehrt, aber
die romanische betonung humür ist uns davon geblieben.
2) humor war in der natur- und heiUehre des mittelalters auch
auf die feuchtigkeit, den saß im innern des menschen bezogen:
naturlich feuchtigkeit, humor naturalis voc. ine. theut. o4'; und
da mit der beschaffenheit dieses saftes die menschliche art als eng
zusammenhängend gedacht ward, so nahm das wort diesen letz-
teren sinn an , man unterschied bekanntlicli vier hauptarten des
vienschen in bezug auf das gemüt (vgl. unter kalt 3 und kom-
plexion): complexion, die naturliche Vermischung und tem-
peratur der vier humoren. He.msch 611. daher erwuchs die
bedeulung Stimmung, gesinnung, laune, die bis in unsere zeit
vielfach beseugt ist : weil aber mergedachter monsieur Fontaine
des graven von Essex humores bekant, hab ich mich bei
ihme erkündiget (wie bei ihm zu verfahren sei). Bbecnikg
V. BccHENBACH 69 ; trabcte fürders in holländ. dienste, allwu
ich zwar richtigere bezahluog, aber einen langweiligen krieg
vor meinem humor fand; dann da wurden wir eingehalten
wie die inönche und selten züchtiger leben als die nonnen.
&mjj/. 1, 436 Ä'ur; ; man hätte eine Zeitlang an meinem melan-
cholischen htunor wohl gesehen , dasz ich halber desperat
gewesen wäre. 2, 56 ; die zeiten verändern die humorn, sonder-
lich in amptleuten. Lehmax.x flor. pol. 1,23; ein fromm weib
thut ihrem manne nichts zuwider, sondern richtet sich in
billichen dingen, so viel immer möglich, nach seinem humor.
Creidius 2,70; jeder buhe kann seinem humor nachlaufen,
jeder narr, jedes genie. Fr. Mt?LLER 2, 44 ; da siehst du nun,
wie viel vernünftiger es ist, die gelegenheit zu benützen, als
dem humor etwas nachzufragen, wie verwöhnte kinder. Felder
sondert. 1,229.
3) die ausläufer dieser bedeutung namentlich bei Götbe, irejin
er das wort in festen formein braucht, guter, bester, übler,
schlimmer humor, anlehnend an das häufige französ. belle,
bonne, mauvaise humeur (Littre 1, 2065") : wenn ich in dem
ei^ensinne künftige standhaftigkeit und festigkeit des Charak-
ters, in dem muthwillen guten humor, und leichtigkeit, über
die gefahren der weit hinzuschlüpfen , erblicke. 16, 41 ; es
sei mehr eigensinn und übler humor, als eingeschränkt-
heit des Verstandes, der ihn sich mitzutheilen hinderte. 44;
'ich habe noch nie gehört, dasz man gegen die üble laune
vom predigtstuhle gearbeitet hätte', das müssen die sladt-
pfarrer thun, sagte er, die bauern haben keinen bösen humor.
46 ; ihren mann fanden sie gleichfalls, da sie zu tische kamen,
bei sehr üblem humor, und er fing schon an, ihn über klei-
nigkeiten auszulassen. 18,202; jedes verSäumnis, jedes Unglück
muszte mit geld gebüszt werden, und man ward noch oben-
ein ausgelacht, diesz gab mir den allerschlimmsten humor.
24,233; ich fing mit dem besten humor meine h>'pot betische
lebensgeschichte zu erzählen an. 277; drum wünschen wir,
dasz er (Bürger) möge in guten humor gesetzt werden, (in
der Übersetzung des Homer) fortzufahren, im teutschen Merkur
1776 febr. s. 193; ebenso bei Wielasd:
wofern er durst und guten humor
zu bringen schwört (wird er zu einem feste tugelassen).
WiKLASB 5, 11 (n. .imait. 12, 13).
4) der neuere begriff des humors hat sich zuerst in England
ausgebildet, wie er auf grund der altern bedeutung der indivi-
duellen Seelenstimmung erwuchs, zeigt Lessing 7, 414, wie er
durch Smß und Sterne gepflegt und vorzugsweise auch auf geistes-
verwandtem deutsclien boden, zunächst als liUerarische erscheinung
entwickelt ward, beschreibt die liiteraturgeschickte. i. Paul definiert
in diesem stnne den humor: der humor, als das umgekehrte
erhabene, vernichtet nicht das einzelne, sondern das endliche
durch den konlrast mit der idee. es giebt für ihn keine
einzelne thorheit , keine thoren , sondern nur thurheit und
eine tolle well, er hebt — ungleich dem gemeinen spasz-
macher mit seinen seitenhieben — keine einzelne narrheit
heraus, sondern er erniedrigt das grosze, aber ungleich der
parodie, um ihm das kleine, und erhöhet das kleine, aber
120
1907
HUMORISCH — HUMPE
HÜMPELARZT — HUMPELN
1908
ungleich der ironie, um ihm das grosze an die seite zu
setzen und so beide zu vernichten, weil vor der Unendlich-
keit alles gleich ist und nichts, vorsch. d. äslh. l, 166. humor
wird der bhszen laune entgegengesetzt: in hloszen lyrischen
ergieszungen , worin der geist sich selber beschauet, malet
Leibgeher seinen welt-humor, der nie das einzelne meint und
tadelt, was sein freund Siebenkäs viel mehr thut, welchem
ich daher mehr laune als humor zuschreiben möchte, s. 168.
— Lessing hatte das englische humour noch in dem allen sinne
durch laune übersetzt: vor itzo will ich nur die erklarung
nülnehmen , welche Dryden von dem was die Engländer
bumor nennen, giebl. ich erinnere zugleich, dasz ich humor,
wo ich das wort übersetzen will, durch laune gebe, weil
ich nicht glaube, dasz man ein bequemeres in der ganzen
deutschen spräche fiiulen wird. 4, 3;<'J, nahm aber dwse Über-
setzung 7,416 als falsch zurück, mit reclU, wegen des damals
mehr uie heute völlig verschiedenen begri/fs, vergl. das weitere
unter laune.
Die heutige spräche braucht humor häufig nur in dem sinne
einer scherzhaften Stimmung tind deren duszcrung : man sagt,
redet mit humor; man findet sich mit humor in diese oder
jene läge; bei längerem Zusammensein der gesellschaft machte
sich der humor gellend ; man redet sogar von einem ausgelas-
senen, sprudelnden humor, mit beiwörtern die das gute deutsch
bisher nur auf spasz oder witz bezogen hat.
HUMOKISCH, adj. dem humor eigen: humorisebe totalität.
J. Paol vorsch. d. äslh. 1,160.
HUMORIST, m. Schriftsteller von humor: als man Sterne in
Deutschland zuerst ausschiffte, bildete und zog er hinter sich
einen langen wasserigen kometensthweif, damals sogenannter
(jetzt ungenannter) humoristen , welche nichts waren , als
ausplauderer lustiger selbstbehaglichkeit. J. Paul vorsch. der
ästh. 1, 169 ; wenn es dem humoristen erlaubt ist , das hun-
dertste ins tausendste durcheinander zu werfen , wenn er
kecklich seinem leser überläszt, das was allenfalls daraus zu
nehmen sei, in halber bedeutung endlich aufzufinden. Göthe
22, 206 ; nehmen wir sodann das bedeutende wort vor : er-
kenne dich selbst, so müssen wir es nicht im ascetischen
sinne auslegen, es ist keineswegs die heautognosie unserer
modernen hypochondristen , humoristen und heautontimo-
rumenen damit gemeint; sondern es heiszt ganz einfach:
gib einigermaszen acht auf dich selbst. 4'.), 110.
HüMOKISTISCH, adj. mit humor, humor habend: ein humo-
ristischer schriftsteiler ; jetzt auch eine humoristische rede,
anspräche, eine humoristische darlegung.
HUMPE, HUMPEN, f. und tn. groszes trinkgefdsz. auffallend
ist, dasz dieses wort bis jetzt vor dem 17. jahrh., wo es im Ost-
lichen Mitteldeutschland vorkommt und von da aus sich verbreitet,
nicht nachgewiesen werden kann, da es doch als ein uraltes sich
durch die vergleichung verwandter sprachen kennzeichnet: es ent-
spricfit genau dem griech. xvußoi gcfäsz, bccher, y.vußr} gefdsz,
hecher, kahn, ohne nasal xvßaä urne, aschenkrug, sanskr.
kumbha-s topf, krug, urne, aschenkrug (Kick 45), und gehört
zu jener würzet, die auch in haube, häufe und haupt lie(jt und
sp. 565. 5S3. 5% besprochen wurde, wenn aber Kii.ian ein nieder-
landisches horape, pars abscissa, extrema pars abscissa, hompe
broods, cuneus panis, pars panis instar cunei abscissa, frustum
praecidaneum, mit dem verbum hompen abscindere partes extremas
anführt, das in der bedeutung an das sanskr., zu den vorhin
genannten Wörtern in engster Verwandtschaft stehende kumba köpf,
dickes ende eines holzes, reicht, so legt dieses gleichförmige nicderl.
wort, mit berücksichtigung des griech. tcvftßr) kahn, die Vermutung
nahe, dcux humpe einst einmal tiulUs bedeutet hat, als ein aus-
gehöhlter klotz, ein durch schnitzen hergestelltes holzgefdsz, und
erst viel spdler zu seiner jetzigen bedeutung gelangt ist, was durch
das aus dem Schwäbischen von ScnMiD 291 beigebrachte viasc.
hump, 'groszes weites trinkgefdsz, unten ohne fusz, folglich ab-
gestumpft', gestützt wtrd. eine gleiche begriffswanddung hat auch
bei kumpf {vergl. Iheil 5, ip. 2615 oben) stattgefunden, dessen
rtijm'ilogische Verwandtschaft zu unterm bumpen indes höchst
:uiil>lhaft iü.
h'ii ijfirUlecht von humpe ist beim frültesten vorkommen des
worti-i frinunn, ertt seit dem li». jahrh. männlich: die humpe,
pif" I, urnfhora, vilrum amplum et capax . . . gmsze humpe,
fi/ithu\, craler tnagnus, et cratcra, congius .SrittHti h6(>; humpe,
.u/u//ui, einem mit grotzen humpen zusetzen, viullis aliquem
urgert culullis et lorquere mero HeoERiCH 1339 und danach Stein-
iiACH 1,7V2; culullus, ein rutuler becbcr, weiukrusel, irdener
Opferbecher, himipe, irdenes geschirr Kirsch cornucop. ; das
wort ist vielleicht zufrühcst nur ein aus einer mundart aufgegrif-
fener Studentenausdruck gewesen, und dann weiter vorgedrungen,
wie so mancher andere, denn seine lebendige ailuendung Ut zu-
frühest von dorther bezeugt: wir nahmen das buch der vier
könige und lieszen die groszen humpen wacker dabei lierumb-
gehen. jugend eines reuigen Studenten (1064) Ab'; also dasz
herr Storax dem Florindo eine humpe zutrank. Chr. Weise
erzn. 14S; er verstund sich endlich auf die humpe {d.h. mU
ihr bescheid zu thun). 149; alle dinge .. lieber allein thun, als
so hinter einer humpe gepflanzt sein, ohne prosit und pro-
ticiat. Fr. MtJLi.ER 2, 181; ein humpen, aus dem die kurfürsten
gezecht, ist schön. Bettine briefe 1,50;
hastu die grosze hump jetzt redlich ausgemacht?
so wirf sie auf den tisch, das alles klingt und kracht.
W. ScuERFt'KH i/ruhiaii. (1640) s. 146
bid FboJIJI. 4, 172;
doch mit g:eljüla und glied und köpf
bireb er (iirr mmscli) ein halber klumpen,
iiis endlich Noah für den trop!
das wahre fand, den humpen. Götue 5, 14;
der stadtrath musz sein lager auch verzapfen,
man greift zu humpen, greift zu napfen. 41, 14;
gib, 0 schenke, die gläscr raaszigen lumpen,
und mir reiche den unermeszlichen humpen. RCckert 369.
HÜ.MPELARZT, »j. pfuscharzt : so du es nit weist und ken-
nest,.. so bist du ein hümpelarzt. Paracelsls opp. 1,229A;
Jesus ist kein solcher leulbctrieger, kein solcher hümpel-
und stümpelarzt. Oxno 37.
HUMPELEI, HÜMPELEI, f. l) schwerfällige art zu gehen.
2) Stümperei im arbeiten : die hümpelei , inora , cunctatio,
dilatio, productio, sutcla, es ist lauter hümpelei, farturae, con-
glutinationes et centones sunt. Stieleb (566; auch nichtswerte
waaren: es könnens auch die bauren wol, die zu markt
kommen, bringt einer faule stinkende eier oder garstige kesz
zu marke, der macht sich stolzer damit, denn etwan einer
mit einem kram, der etlich hundert gülden werd ist, ein
ander kümpt mit ander hümpelei , und kau sich nicht ekel
gnug damit machen. Lutiieh 4, 527'.
HÜMPELMANN, wt. mann der schlecht arbeilet: er ist .. ein
hümpelmann. Schottel 1136', gleichbedeutend mit hümpler, s. d.
HUMPELN, HUMPELN, verb., iterativ zu dem unten folgenden
humpen, in zwei hauptbedeutungen.
1) schwerfällig und schlecht gehen, unterscliieden von hinken,
insofern als durch das letztere ein ungleichmdsziger gang, hervor-
gerufen durch einen fehler an einer bvslimmlcn stelle der gehurrk-
zeuge, bezeichnet wird, während huni|)cln den durch allgemeine
lähtnung oder uuvollkommenlieit der gtiedcr hervorgebrachten lang-
samen und schleppenden gang ausdrückt. — Das wort steht «r»
engster beziekung zu hampeln sp. 322 und den dort beigebrachten
verwandten; es war als mundartlicher ausdruck auf Niederdeutsch-
land eingeschränkt {im gegensatz zu humpen , was auch ober-
deutsch erscheint, und humpeln in der zweiien bedeutung), bis
die neuere schriftspraclw es allgemeiner gemacht hat: humpeln
und humpumpen hinken , auch im tanz nachlassig hüpfen und
schlendern SciißTZE 2,171; humpeln, hunkeln, lahmen, lahm
gehen, etwas hinken Scuambach s^' mä himipelig, hunkelig,
hinkelich, etwas hinkend, lahm; hmn|ieln , schwerfällig gehen,
hinken Fhümm. 3, 2S5 {aus Jevcr); huin|ieln sich hinkend fort-
bewegen 5, 347 {aus der Ruhrgegend) u. s. w. ; der gichlbrüchige
humpelt an seiner krückc daher;
humpl ich dann auf beiden krücken
ihr mit sack und packu nach.
HoLTY 206 llntm (bcUterode) ,
humpelt auf der krücke fort
zum wald, Voss 2, 147 ;
erst nachdem die nacht völlig eingetreten ist , bumpell der
womhal ins freie. Ürehn illustr. thierl. 2,57; im latifen iiber
der erde humpelt der gnfl'er schwerfällig dahin. 9'.); manch-
mal legt der seehund seine beiden rüder an den leih und
humpelt ebenso rasch vorwärts als wenn er sie mit ge-
hrauchen wollte. 7Sl.
2) humpeln, und gewöhnlich mit umlaut bümpoln , in über-
tragener bedeutung, langsam und schlecht etwas machen, iä allge-
meiner veibrcttit und weil früher in der Schriftsprache beteu'it :
humpelen , muere, quod agendum est, agere Schottel 1339;
bumpelen , hilmpelen , misere quod agendum est ngere, morarl,
tardiire, languere, desidiae plenum esse, trahrre et protrahere rem,
cunctari Stieleu k6«; lieber leser, wisse dich zu hillrn vor
den bücbliu »u undcr disetu namen gcstüropcll und gcbüm-
1909
HUMPELWERK — HUMPLER
HUMPLER — IIÜND
1910
pelt sind und doch nicht die halb meinung frater Johannis
i'aiili ist. Pauli schimpf, auf der rückseile des titeis ; verhümpcin,
durch schlechte arbeit verpfuschen : stünipeln ist verhtimpeln.
LtHMASN 101; es war null und vcrhinipelt. Simpl. X70S Keller.
3) humpeln, abgebrochen treinen Lexer mhd.vb. 1,13S3 steht
ganz ron dem oben angeßhrlen ab und gehört zu der unter
liimmein sp. 13G9 aufgezählten reihe.
HUMPELWERK, HÜMPELWERK, n. schlechtes, liederliches
werk: du inust (sagt ein beichtrater) ein regist-er haben, darinne
rechtscliaffenc sünd stehen , sol Christus dir helfen , must
rricht mit solchem hunipehvcrk und puppensflnden umbgehen,
und ausz einem jeglichen bomhart eine sünde machen. Luther
tischr. 101"; welche eitel hflmpelwerk auf das papier schmitzen.
5. Frank ... 42.
HUMPEN, m. s. humpe.
HUMPEN, verb. Stammwort zu humpeln, nur mundartlich,
aber tceit verbreitet : humpen 7im:< im gemeinen reden in Nieder-
sachsen an einigen orten eine art des hinkens' Frisch 1,474'; bair.
humpen Hinken Scnsi. 1,1113 Fromm.; humpen, hinhumpen,
pigere, desidere, oscilari Stieler S65 mit der nebenform himpen
(vielleicht = humpen, vgl. unten himpler für hümpler) ; er ent-
nahm das u'ort vol der düringischen Volkssprache, wo es heute noch
sehr gewöhnlich den langsamen wackelnden gang eines menschen
bezeichnet; — basleiisch verhumpen, liederlicher weise verscherzen
Stalder 2, C2.
HUMPLER, HUMPLER, m. nach humpeln und humpeln in
mehrfachem sinne.
1) schwel- fällig , schlecht gehender: Iiümpelser, ein etwas hin-
kender mensch Schambach 88' {auch in der bedeutung 2);
lange benannten wir dich (einen nelähmten) den humpeler.
Voss 2, 255 (idyll. 15, 40).
2) viel häufiger {nach humpeln 2) , und gewöhnlich in der
umgelauteten form hümpler, ein langsamer, träger; dann einer
der in seinen Verhältnissen zurückbleibt; endlich auch stümper,
Pfuscher in seinem fache: hürapeler, homo miser, nundinalis,
iners, languidus, deses, interpolator, veteramentarius Stiele« 866;
hümpler, nundinalis, der in neun tagen etwas zu arbeiten
kriegt. ScBOTTEL 1339 ; hümpelasr, einer der in seinen verviügens-
verhältnissen nicht weiter kommen kann; ein stümper, pfuscher
Schambach a. a. o. ; ein guter meister macht ein ding recht,
aber wer einen hümpler dinget, dem wirds verderbet, spr.
Sal. 26, 10 ; bleiben auch endlieh bettler und hümpler. Luther
6, 30S'; wer was lehrnen wil, der wende fleisz daran, sonst
musz er zum hümpler drüber werden. Kirchhof icendunm. 277';
kecke büchsenmeister . . die vorm feindt zu hanthleren wissen,
nicht hümpler, schreier, da nichts denn wort hinder seind.
milü. disc. 26 ; übel genehrt und wol gebleut, ist aller himpler
arbeit. Schottel 1120'; er ist ein humpeler, ein hümpelmann.
1136'; wer einen hümpler zum meister hat, der ist die zeit
seines lebens betrogen. Chr. Weise freim. redner 674; die
gröszesten hümpler machen die meisten spähne. Pistorics
thes.par. 1,48; der grüszte hümpler, die meisten späne. Hippel
1,208. oft mit ähnlichen ausdrücken verbunden: und werden
{aus ungehorsamen menschen) eitel suddeler, hümpler, sucker
draus, die viel verseumen, und niemand nichts zu liebe oder
dank machen, noch thun künnen. Luther 6, 147' ; desgleichen
gehets in allen andern künsten, ja in allen handwerken, das
die rechten meister müssen solche hümpler und sudler leiden.
220'; die hümpler und störer {ahmen nach) den handwerken,
wollen auch künstreiche meister sein, tischr. 55* ; ein hümpler
und störer, der nicht den rechten Steinmetzen grusz kan.
.Mathes. Sar. 98* ; hümpler, sturer, südler und faule kommen
auf keinen grünen zweig. Petri der Teutschen weiszheil (1605) ;
gern auch in der reimenden Verbindung hümpler und stümpler:
wann in mancher groszen Stadt ein handwerksmann eine
tochter hat, die weder zu sieden oder zu braten taug, . . .
so trotzt sie gleichwol , und sagt , sie werde noch wol ein-
mal einen mann bekommen, warumb? es könne niemand
ins ainpt kommen, er nehme dann eines meisters tochter.
und das gibt gemeiniglich böse ehelcut, böse meister, himpler
und stimpler. Schuppius 8; hümpler und stümpler. Harnisch
274; gar schimpflich stehet es, dasz heut zu tage ein jed-
weder elender hümpler und stümpler, wen er nur ein weinig
kann reimen, alsobald zufahret und seine närrische grumpen
öffentlich lasset auszulegen, auf welchen ofte mehr fehler
als verse sind. Rist Parn. vorbericht b7*; es ist an dem, dasz
die künste in der weit von denen hümplern und stümplern
am meisten prostituiret werden. Chr. Weise kurzwed. redner 652;
der ain andern haist ain himpler,
der selbig ist ain rechter stympler.
IL FoLZ, näujits zeitschr. 8, 539, 91 ;
stümpler und hümpler. Melissus ps. 06".
3) hümpler, nn lump, nichtswerter kerl:
der mdsz ein schmürzler (geithals), humpeler sin,
wer nil will sitzen Lv dem wyn (am feierlage).
Brant narremch. 95,42;
wird ein loser Iiümpler geehrt (kommt tu ehren),
von im wird jederraan beschwert.
lleinecke fuchs hochdeutsch (Frankf. 1583) 164',
nach: wer ein kerleman wert ein here,
dar geit it over de armen sere. Rein, vos 5357.
4) hümpler, heiszen schiffer in Mannlieim , welche den ranj-
schiffern mit leichtschiffen entgegen kommen, und so viel ron iltrer
ladung übernehmen, bis die gröszem schiffe hinlänglich geleichtet
sind, um auf dem üeckar bis Heilbronn gebraclU werden zu
können. Jacobsson 6,123*; auch schiffleute, die in kleinen fahr-
zeiigen holz und andere waaren auf dem Main rerßltren. Schm.
1.1113 Fromm, der name kommt rheinisch schon 1464 ror; der
kaufmann, verechter {frachtschiffer), schiffherre und humpeler
mit iren schiffen. Moxe zeilschr. 9, 31. der name des faiir-
zeuges dessen sie sich bedienen heiszl hümpelernaclien {das. s. 33),
humpelnachen (Lexer mhd. wb. 1, 13S3), hümpelschelch, himbel-
schelch (Schm. a. a. o.). — Dasz in dieser bedeutung hümpler
sich zunächst an ein humpe anlehne, des begriffs nachen, dem
griech. xvfjßrj, lat. cymba urverwandt und der form nach eins
mit dem oben sp. 1907 behandelten humpe, darf indes wol kaum
angenommen werden; der in Mannheim bestehende gegensatz
zwischen hümplern und rangschiffern, ßhrern bedeutender falir-
zcuge, deutet vielmehr darauf hin , wie handwerksstolz das wort
in der oben gegebenen bedeutung 2 auf geringere genossen an-
wendete.
HÜMPLERISCH, adj. und adv. pfuschermäszig : {es werde hei
der behandlung eines kranken) nichts barbierisch, baderisch
odcr_ hümplerisch gehandlet. Paracelscs opp. 1,1010 C.
HÜMPLICHT, adj. mutilatus, productus, prorogatus, assutus,
consarcinatus, interpolalus. Stieler 866; in demselben sinne das.
auch humpelhaft.
HCMSCHEN, i'er&. leviter tussilando quid indicare. Schottel
1339. Stieler 865, eigentlich hüm maclien, vgl. diese interjeclion
oben sp. 1903 ■; hümschen , chucheler, parier bas; einem etwas
zuhümschen , chucheler quelque chose d l'oreille de quelcun
ROXDEAÜ 318.
• HUMSE, f hummel: ein anderer seufzet, ein anderer grum-
met und brummet als wie eine humse in einer drummel.
Philander (1642) s. 16; die weiber wehren oft den mannen
mucken, wenn sie humbsen haben. Lehmann 159.
HUMSEN, verb. summen wie eine hummel : bubire, vox apium,
bumsen, susen Dief. 82'; gleich wie die hummeln. das un-
tüchtig faulfressig unzifer, so kein honig machen können,
alles auffressen, was die fromen bienlin machen, on das sie
mit iren Hügeln, ja so sehr oder auch mehr scharren, sausen
und bumsen können, denn die rechten lieben bienen. Luther
6, 149* ; der folgende beleg kann zu hummen oder bumsen ge-
hören :
also was hilfts dich, hurnaus thumm,
das du -lang bumst und prummst berum?
Fischart äiclif. 2, 232 (Iwhrab 692).
t'on menschen : er hatte sich kaum ein wenig gewärmet , als
er eine kleine discantgeige hervor zog, dieselbe stimmte, vor
unsern tisch träte und eins daher striche, worzu er mit dem
maul so artlich bumset und quickelirt, dasz ein^r, der ihn
nur gehört und nicht gesehen, hält glauben müssen, es wäre
dreierlei seitenspiel untereinander gewesen. Sw/jp/. 3, 157 Aur:.
mit dem folgenden ist wol leises singen gemeint {vgl. hummen):
er thut nichts als bumsen, ü ne faU que bourdonner, il bour-
donne sans cesse Rondeag 318. — !^iederdeutsch ist die bedeu-
tung von bumsen eine sehr verschiedene, am näcftslen stimmt
noch laut schnarchen im schlafe; aber mausen, stehlen {wozu
obersächsisches behumsen betrügen tritt), und im tanz nacfäässig
schlendern und hüpfen (SchIStze 2, 171) liegen weit ab.
HUMSUNG, f. dashumsen: bombatus, vox apium, humpszung
als die pynen thun Dief. 78*.
HUND, m. eünis.
goth. hund-s ; alts. altnfr. ags. fries. hund, niederl. hond;
engl, hound geht nur noch auf den Jagdhund; altnord. bund-r,
dän. schwcd. hund; ahd. bunt, mhd. hunt. die urverwandten
sprachen gewähren sanskr. ^uni-s und (jvä , gen. 9una< ; zend.
9uni-s; griech. xvcör, gen. xvvöi; lat. canis; Itlt. szunis, und szu,
120*
1911
HUND
HUND
1912
gen. szuns ; allpreusz. siini-s (Ficn 52), so dasz der schlteszende
l-latU au dem namen dieses allen hatislhieres der Indogermanen
eigenthümlich deutsch erscheint, nach welcher eigenschaß der hund
seine benennung empfangen, ist iinswher ; das: an die golh. würzet
han|), inßnitiv hinj)an in fra-liin|)an fangen, gefangen nehmen
nicht gedacht , der kund also nicht als fänger, jäger hingestellt
werden darf, ist längst erkannt; ob Zusammenhang mit griech.
xvEiv schwanger, träclUig sein besteht und das thier von seiner
groszert fruchtbarkeit genannt worden sei, steht dahin.
Bedeutung.
I. hund im eigentlichen sinne.
1) das woit geht auf die grosze familic des canis familiaris,
und zwar in beiden natürlichen geschlechtern ; nur wenn der weib-
liche hund ausdritcklich hervorgehoben werden soll, wird hündio
(s. d.) gesagt. Zusammensetzungen bezeichnen die einzelnen racen,
entweder nach ihrer ähnlichkeit mit andern thieren in kopfbildung
oder feil, vgl. Wolfshund, löwenhund, tigcrhund ; oder häufiger
nach ihrer Verwendung : Schäferhund, hirtcnhund, nielzgerhund,
Haushund, hofhund,jagdhund,j;igerhund(hiihnerhund, Wachtel-
hund, dachshund zur jagd auf solche thierc), kettenhund u.s.w.
2) besondere eigenschaßen der hunde durch adjectiva gegeben:
der hund ist treu, falsch, böse, munter, faul, bissig; böse
hunde haben zerrissen feil. Schottel 1118"; alte hunde sind
übel bendig zu machen. 1113'; stinkende hunde. Happel acad.
rom. 25;
herzog Ruprecht verachi das offenbare,
er kam zS ban grosz und schwäre,
er stank im bau als ain liund.
LiLiEMCRON volkst. 2, 46, 53;
der hund ist toll, wüthend : rapidus canis wütender o. toben-
diger hundt Dief. 4S2*; ein toller hund laufet nicht über
sieben tag. Pistoriüs thes. par. 10,21; damit ein wütender
hund, er seie so rasend wie er wolle, dem schäfer keinen
schaden thwe. Sebiz feldb. 147 ; alemannisch heiszi es tauber
hund. wütiger oder tauber hund, rabiosus canis MaalEr 232';
sonst auch törichter hund, rabiosus canis Stiei.kr 866;
der trag, der nit gern gat her für,
der spricht, der low stal vor der thür,
der dorecht hundt in heim behalt (er fürchte sich vor einem
tollen hunde, dei' ihn begegnen könne),
narrennch. 97, 31 ;
räudige hunde; ein bunter hund, im gegensatz zu dem mit
einfarbigem feil, gilt als auffallende erscheinung , sprichwörtlich
er ist bekannt wie ein bunter hutid, notus est omnibus et
singulis. Stibler 866; aber auch als falsch, tückisch:
der letzte, Trie^ewicht,
ist wie ein bunter hund, er laszt die tiicken nicht.
KoncEUL Innoc. 47 ;
ein wachsamer, lauter iiund ; gegensatz der stumme hund :
alle ire Wächter sind blind , sie wissen alle nichts , stumme
hunde sind sie, die nicht strafen können, sind faul, liegen
und schlafen gerne. Jes. 56, 10;
weil aber ich in meinem sinn
ein stummer hund gewesen bin,
der nicht gethan nach seiner pilicht.
b. BiNGWALD tr. Eck. 114';
der nasse, begossene, zitternde hund, ein bild äuszcrsler kläg-
lichkeit : stund so elend und erbärmlich allda, dasz es einen
nassen hund bette erbarmen sollen, cselkünig 335; er und
sein camerad zitterten wie nasse hunde. Simpl. 1,253 Kurz;
da kam ich aus der schlacht wie ein begossner hund.
KoTZKBUE dram. sp. 1, 216.
3) der hund bellt, gauzt, heult, jault, knurrt, winselt; des
abends las sie widerumb auch heulen wie die hunde. ps.
50,7; and wird nicht ein hund dich thüren anbellen. Judüh
11,13; lasse inzwischen die leute reden, und die hunde bellen.
SCBOTTEL 1147;
lasz iire hunde heulen
vor ihrer herren haus. W. Möller winterretse ;
tr schlagt an, kläfft, plafTt, päfft, packt, beiszt: todtcr hund
beiszt nicht. Schottei. 1114*; wann ein aller hund hälfet, so
siebe aus. 112!'; machst du dich selbst /um scbaaf, so beiszcn
dich die bunde. 1130* ; es schadet nicht wan die hunde schon
bellen, wan sie nur nicht beiszen. 1143'; hunde, die viel
bellen, beiszen nicht; er läuft, ist läulisrh; der hund läuft,
tanit caiulü Stieler H66| im schmerz und in der angst zieht
der hund den schwänz ein, in der frewle txley bittend wedelt
er mit dem schwänze : da lief der hund vorhin, welchen sie
mit sich genomen halten, und wedelt mit leiiipm schwänz,
•prang und stellet sich frOlicb. Tob. II, «j;
der hund wirt kaum halp gewert,
was er mit seinem schwänz begert. fastn.sp. 528,20;
ttt demut kriecht er, liegt er auf dem bauche;
doch einen hund an Unverschämtheit gleich
lebt er (der Schmeichler), und bellt, und kriecht sich adelich
und reich. Voss 6, 301.
durch setne kunstslücke belustigt er den menschen, er wird dazu
abgerichtet ;
auch betten sie bei inen einen hunt,
der kunt tanzen und überspringen :
da lachten sie derselben dingen.
Schade snl. u. pasqu. 1, 172, 655.
4) der hund ist der begleiter des menschen , und sein haus-
und zimmerqenosse. seine treue und anhdnylichkeil ist sprich-
wörtlich, vgl. hundetreu; fremden lockungen widersteht er: an
fremden hunden und kindern ist das brod verlohren. Fisto-
Rius thes. par. 9,35; wie kein anderes thier wird er geschätzt:
einen mann hungerte manche stund :
er gieiig und kaufte sich einen hund.
SiHRocK sprichw. 267.
mit der katze und dem bahn gehört er notwendig zu einem
hausslande (rechlsalt. 588); daher, wenn Verbrecher mit einem
hunde und einem hahne ersäuß werden, hierdurch die Vertilgung
des gesamten hauses angedeutet sein soll: wer seinen valer oder
muter totit oder andir sein elderen, den sol man . . in einen
lederin sag vornehin (einnähen) mit einem affin unde eini
notern und mit einem hanen und mit einem hunde, und sol
in werfin in ein wajsir. Magdeb. blume 2,h,lS. mildem bahn
ist er auch formelhaß verbunden in der redensart da krähl weder
hund noch hahn danach, wahrscheinlich doch aus weder hubn
noch hahn (sp. I6I) verderbt ;
unds würde weder hund noch hahn nach krähen.
(ScHi:«E) tlieuter (177S) ». 48.
auch in andern formcln ist seine Zugehörigkeit zu menschen und
hausstande betont: kein hund und kein seel heiszt in Tirol gar
niemand. Schöpf tirol. idiot. s. v; dasz ich bisz an die kitzing
weder hund noch katze , viel weniger einen menschen an-
treffen würde. Simpl. i, 412 Kurz; unangesehen auf dem ebenen
land in den dörfern weder hund noch katze anzutielTcn. 2,3t;
kein freund, kein mensch, kein hund erfährt mein ungemach.
GÖNTHER '/('''•. nacUleae 56.
sein amt ist das hauswescn zu hüten, daher können die schdtze
bergenden Schlösser bildlich des Schlossers hunde genannt werden:
weil selbiges (geld) sampl vielen klenodien in einem gewülb
aufgehoben und von etlichen desz Schlossers starken hunden
verwahrt war. Simpl. 4,91 Kurz; — und durch bellen gcfahr
zu verkündigen: aber wer in einem hause zutritt sucht, der
musz auch den hunden schmeicheln, damit sie nicht zu un-
rechter zeit bellen, ich trage immer ein Stückchen kuchen
für die hunde in der tasche. Kotzebue dram. sp. 3,239; ron
fremden und bettlern wird der hund aufgeweckt: dann indem
er (der landsknecht) so herumb zeucht den bawren die hundt
aufzuwecken und ein paar würst zu samlen, musz er manch
unnütz wort mit undcr fressen. Kircuhof m«7. (/isc. 215; daher
sjirichwörtlich : man musz den schlafenden hund iiicltl «erkcn.
Lehmann 82;
drumb magstu wol dein maul zu drücken
und liest den hundt wol billig schlafen. II. Sacds 3,3,13'.
Als hüfwart {sp. 1703) ist der platz des hundes auf dem miste,
daher er alid. mistbella (Graff 3, 92), mhd. und noch spater
mistbelle (Lexer 1,2176) heiszt: der hund ist tapfer auf &eineiu
luist. SiMRocK sprichw. 265;
iih»t sie zu haiLi auf irm mist
wie die verzagten hunde bellen
die an helsen tragen schellen.
Schade sal. u. pasqu. 1, 5t, 90;
dem Sprichwort nach nllteli du bist
ein freidig huiii ul deiiit-r niisi. 3, 125, 14.
aber auch das zimmei ist thm nicht verschlossen, er sucht suh
seine nahrung unter dem tische:
es niii.«t gar ain ge.'icheider hunt sein,
der unterm lisch hut gefunden ain j>ein ytieim gaslmahl eints
geiztijrn). fa»tn. $p. 783,17;
namr»i//ir/i liei üblem welter trird er in der stulie geduldet: weil
CS denn heute so ab'icheiilich weiter ist , das/ man keinen
hund vor die ibür jiigl. Kkttink briefe l,ix; und sein fdatz
m( hier gern in der fiisrhiililung des uuiruwn »fens, tum wo ihn
fortzubringen rs der tiHkiniKel bedarf; daher spnchwvrllirh , für
einen der uirlil rininal etwas yeiri>hnliches verstellt : der doch mit
all seinem verstund kaum eineii hund könie ausi dem ofen
1913
HUND
HUND
1914
locken. Phjlasder 1,60; gestallen ich, wie ich den wald ver- [
lassen, ein solcher elender tropf in der weit war, dasz man
keinen hund mit mir aus dem ofen hätte locken können.
Simpl. 1, 41 Kurz; wir (muskelierer) müssen städt und festungen
einnehmen, . . da hingegen ihr reuter auch vor dem geringsten
rattennest keinen hund aus dem ofen locken könnet. 2"9;
da musz einer weisz und fürsichtig heiszen, da er doch nicht
versteht einen hund aus dem ofen zu locken. Gcnse.n schalk-
heitshechel (Gera 1689) ode 22 ; wo mit der poeterei kein hund
mehr aus dem ofen zu locken ist. Wieland in Mercks briefs.
2, 213 ;
damit lock ich, ihr herrn, noch keinen hund aus dem ofen.
Schiller 95*;
versteh ich gleich nichts von lateinischen brocken,
so weisz ich den huud doch vom ofen zu locken. Borger 67*.
5) auch dem jäger ist der hund unentbehrlicher begleiter:
es riit ein Jäger wolgemut
wol in der morgenstunde,
wolt jagen in dem grünen wald
mit seinem ross und hunde. Uhla^id vnlksl. 243.
die weidmannssprache hat in bezug auf ihn mancherlei technische
ausdrücke; der hund wird abgeliebt, abgedankt, durch lieb-
kosungen von der fährte zurückgerufen : darauf bringet man den
hund vermittelst dem zuspruche wie beim arbeiten, mit recht
geben und ablieben , wo möglich auszer dem winde herbei.
GöcHHADSEN uot. vcH. 15; der hund wird gefaszt, am hänge-
seil, oder am pürsch- oder hetzriemen gefesselt; der hund faszt,
wenn er ein wild anpackt, niederzieht und würgen will. Jacobsson
1, 669* ; man ruft die hunde , gibt ihnen Signale mit harn oder
stimme, wenn sie bei der jagd sich verlaufen oder falsch jagen.
2,294'; die hunde haben gut gepackt, wenn sie etwas gut an-
gefallen haben. 3, 181*.
Bei Brai^t faszt hund die vorher aufgezählten jagdhundarten
zusammen :
dann leidthund, w^^nd, rüden und bracken
on kosten Tüllen nit ir backen,
des glich himd, vogel, fäderspil
bringt als kein nutz, und kostet vil. narrenscft. 74,7.
Sprichwörter und redensarten die vom Jagdhund ausgehen : viele
hund der haasen tod. Schottel 1122"; mit willigen hunden
Tähet man bald, ebenda; hingegen aber ist ein junger hund
zum jagen viel freudiger als ein alter low. Simpl. 1,60 Kurz;
mit allen hunden gehetzt sein, sehr schlau, wie das wild, das
dem jagenden hunde immer zu entgehen wüste; wir erschrecken
nicht darvor, wir sind mehr für den hunden gewesen. Fischart
bienk. 47" ; der mit allen hunden gehetzte pater. Riehl cultur-
gesch. nov. 283.
6) der hund als gehilfe des schäfers {vgl. hirtenhund, Schäfer-
hund, schafhund): (meine) herde ... zu dero hut gleicher
gestalt mein hund Phylax verblieben. Homburg Hulcimunda
(1643) 35;
wie er mit hangender zung um die heerd amtseiferig wandelt!
klug ist wahrlich ein hund! Voss 2, 179;
dann Tolg ich der weidenden heerde,
mein bündchen bewahret mir sie. Göthb 1, 94.
Sprichwörtlich: wenn der hund wacht, mag der hirte schlafen,
wenn die hunde schlafen , hat der wolf gut schafe stehlen.
SiMROCK sprichw. 263.
7) der lohn für die treue, Wachsamkeit und hilfe des hundes
ist oft schleclUe behandlung und geringes futter, daher es haben,
leben wie ein hund : halten das volk gottes wie einen hund.
Waissel cAron. (1559) 153"; und leiden deszhalh einen guten
theil des jahres wie die hunde. Göthe 27,190;
es möchte kein hund so länger leben. 12,30;
ein hund habe es besser als so eine bäurin, welche auf dem
hofe der schuhwisch sei und alle tage die erste und die
letzte sein müsse. J. Gotthelf schulde'nb. 323;
alte diener, hund und pferd
sind bei hof in einem werth.
PiSTORiüs thes. par. 1, 47.
sein mühevolles ieften zeichnet die redensart arbeiten müssen
wie ein hund: dann sei es nicht gesagt, dasz man immer
gesund bleibe und arbeiten möge wie ein hund bis in das
höchste aller. Uli d. pächter s. 97 ; damit zusammen hängt müde
sein wie ein hund, vergl. hundemüde. t;on dem schelten des
hundes heiszl es einem den hund lesen {vergl. bunzen): von
diesem, was er dachte, sagte der reisende dem wirthe eben
falls nichts, kein wörtchen, geschweige, dasz er ihm den
hund las nach noten. er wollte den wirth nicht beleidigen.
schuldenb. n ; das. strafende instrument, stock oder knültel, droht
ihm: damit nu denselbigen stolzen göttern der rhum und
trotz genomen werde . . . wird inen hie ein pflöcklin dafür
gesteckt, und der knüttel bei den hund gelegt. Luther 5 150';
alle gpsetz acht man gering,
wo nicht der knüttel war beim hund,
der ihn zur folge bringen kunt.
froschmäus. BbS' (2, 2, 11).
er tst launischer behandlung ausgesetzt: wie man saget, wenn
man dem hund zu will, so hat er das leder gefressen. Lutber
6,316'; wenn man dem hunde an die haut will, so sagt man,
er sei wüthig. Sixrock sprichw. 265; wer einen hund wil
werfen, findet bald einen prügel. Schottel 1131";
Hans, der hund den hängen man will, hat leder gefressen.
Voss 2, 2H.
8) schlechte eigenschaflen des hundes werden vielfach hervor-
gehoben, seine gefräszigkeü , frechheit, geilheit, Unverträglichkeit:
man lasse denen edelleuten ihr wildpret, denen bauern ihre
kirchweih, und denen hunden ihre hochzeit, so bleibt man
ungerauft. Pistorius tlies. par. 3, 5S ; der hund friszt wieder,
was er gespieen hat. SiMtiocK sprichw. 266 {nach 2. Petr. 2,22);
neidisch wie ein hund. Schottel 1145";
zwei hunde an einem bein
kommen selten überein. ebenda;
es ist dem einen hunde leid,
dasz der andre in die küche geit. ebenda.
die Unverträglichkeit äuszert sich namentlich auch gegen die katzen,
daher wie hund und katze leben, in gröster feindschaß: wie
wir aber miteinander gelebet, kan sich jeder leicht einbilden,
nembiich wie hund und katzen. Simpl. 3,40 Kurz;
der Herr, leben sie auch in einigkeit?
S. Peter, ja herr, wie hunt und katzen,
wo einer den andern kan betriegen und kratzen.
Schade sat. 1, 169, 550;
den amaysen so spinnen feindt,
als wie die hund den katzen seind. mückenkr. 1,742;
leichte gesellen wollen sich an ihren ehegatten nicht ersät-
tigen lassen, sondern wärmen sich bei andern weibcrn, und
halten ihre eheliche pflichte wie der hund die fasten. Crei-
Diüs 1,241; wann er mant seine wort hielt, und nehm sie,
wie er spricht, zu seiner fraw. aber ich denk, er wird halten,
wie der hund die fasten. Homburg Dulcimunda (1643) s. 40;
schwerlich essen die hunde bratwürste, sie stehlen sie denn.
SiMROCK sprichw. 265; den hund nach bratwürsten schicken.
Schottel 1113";
schwerlich indesz mir
waget er wol, auch frech wie ein hund, noch zu schauen ins
antlitz ! llios », 373.
9) hunde haben bisweilen ein verstelltes hinken :
an der hunde hinken,
der huren winken,
der Trauen weinen,
und krähmer schwören
soll sich niemand kehren. Pistorius thes. par. 5,20,
und von dieser Vorstellung aus heiszt es der hund hinkt an
einem bein, es ist etwas nicht in Ordnung, nicht richtig, auf
eine geschlechtliche aussckreüung bezogen:
dein herr musz ja gar sein ein narr,
wolt er den bock zum gärtner stelln?
zur Trawen schickn ein jungn geselln? ...
ich hab mich allzeit lahn bedünkn.
es müst der hund an ein bein hinkn.
H. J. V. BRAUNScuwErc 632.
davon wieder den hund hinken lassen, niederdeutsch den hund
hinken läten, falsch, unzuverlässig sein. Schiller zum meklenb.
thier- u. krduterb. 3, 4* ;
weil ich sies abr geheiszen hab,
und sie nicht dürlen stehen ab
götlichera gwalt und müszen dran,
woldn sie den hunt gern hinken lan.
Schade sat. 1, 126, 550.
sich eine ausschreitung erlauben, namentlich von frauen gesagt
{vgl. auch hinken sp. 1447): etliche frauen . . . welche zwar
ihren männern allein trew zu sein geschworen , und lassen
doch das hündlein ein wenig hinken, engl. kam. 2, MS;
es het ein man ein junge fraw,
die must er warten gar genaw;
drumb liesz crs selten auT die gassen,
denn sie den hund pllag hinken lassen.
B. Waldis Esop 2, 88, 4 ;
disi alle« gieng noch hin, als banketieren, trinken,
auch keifen, wann sie nur den hund nicht liesze hinken.'
(Kachel) verkehrtet weiber-lob.
1915
HUND
HUND
1916
10) auf der rerdchlltchkeü des hundes beruht dte alte strafe
des hundetragens, worüber rechtsalt. '\off. ausführlich gehandelt,
und der nach 'IS die idec zu gründe liegt, dasz, wie der ver-
urlheilte das schwert, die rute, den sträng um den hals trug, er
auch den hund tragen sollte, damii anzuzeigen, dasz er wert sei,
gleich einem hund erschlagen und aufgehängt, an der seile eines
hunds aufgehängt zu werden (vgl. unten 12) :
er musz xich olTenlich Ion schlagen,
ein Schwert, brand oder hund umb tragen,
dasz, ob man dsund sunst nit gdar nennen,
sie doch mög bei der bQsz erkennen.
Schade sat. 2, 227, 1157.
das andenken an diese strafe lebt noch in entsprechenden redens-
arten, wobei der erscheinende Ortsname ursprünglich als gaugrenze
verstanden werden tnusz (a. a. o. 717) : im Elsasz hunde nach
Lenkebach führen. Arnold pfingstm. 120 ; in Gieszen hunde
nach Endehach führen; in Franken hunde führen bis Buschen-
dorf; am verbreitetsten ist hunde nach Bautzen führen; er
musz hunde führen bis Bautzen {in Verachtung und ungemach
sein). SiMRocK spr. 2G8 ; sonst abgeblaszt: er musz die hunde
führen, ultimus, extremus est omnium Stiei.er 866. wobei aber
auch die Vorstellung vom hundejungen (s.d.) eingreifen kann;
bairisch den hund hüeten oder fail haben, von mädchen, auf
dem tanzplatz zugegen sein und nicht zum tanz aufgezogen werden,
den hund haiin füeren, vom tanzplatz nach hause gehen, ohne
getanzt zu haben. Scum. 1,1128 Fromm.; in Hamburg heiszt
hundmamsel ein mädchen die auf ballen nicht zum tanz auf-
gefordert ward. SchCtze 2, 171.
11) eine redensart auf den hund kommen ist mehrfach zu
erklären versucht worden; theils aus einem Würfelspiel der Griechen,
in dem ein gewisser verlierender wurf der hund (xvcov) hiesz,
vergl. morgenblalt 1819 no. 276; theils aus einer strafe der berg-
leule, die für vergehen den hund, den karren im bergweike
(unten II, 2, a) ziehen müsten, vergl. deutsche romanzeüung 1864
no. 48, eine erkldrung die aber auch Veith bergwörterb. 279 als
höchst unuahrsclieinlich abweist; theils endlich soll die redensart
aus mundartlichem hund sein = hunten (drunten, für hie unten)
sein , sich gebildet haben, am besten wird sie an den reclUs-
gebrauch oben 10 angeschlossen, auf den hund kommen, eigent-
lich bis zur strafe des hundetragens kommen, jetzt bedeutet es
theils in verächtliche oder schlimme äuszere Verhältnisse, theils mÜ
der gesundheit herunter kommen : er ist ganz auf dem hunde,
elend, krank; die bühne kam, nach dem etwas derben aus-
drucke der Jugend, durch Isidor auf den hund. Immermann
Münclih'i 1,28; einen auf den hund bringen, herunter bringen.
über den hund kommen, eigentlich jene strafe überstehen, jetzt
über widrige Verhältnisse hinauskommen ; mit ausfiihrung des bildes:
komm ich über den hund, komm ich auch über den schwänz,
«6«- die nacliklänge des elends; wahrscheinlich gehört auch hierher:
das war das rechte , dann kommst du vom hund auf den
bettelsack. Simrock sprichw. 268. so steht iiund in freierer an-
wendung dann auch für mangel, fehlen alles erwünschten: ich
hab den hund in den topfen gefunden , me absente omnia
peresa sunt, nihil mihi eduliorum reliquum fecerunt. Frisch
1,475*; du wirst den hund in dem hafen finden, post festum
venies. ebenda (aus Apherdiamus).
Wie Grimm rechtsalt. 717 als hierher fallend die fügung bei-
bringt:, das ding wird den hund haben (res redibü ad restim
aus Schilter gloss. 474*), so gehört wieder wol hierzu eine hand-
uerksformel : meister geben »Virer» gesellen den hund , entlassen
sie; die gesellen bekommen den hund, werden entlassen. Köder
lebensgcsch. eines bad. Soldaten s. 4G. 47. 49. doch vgl. hundsluhn.
12) die verächlliclikeil des hundes, wie sie im obigen rechts-
gebrauch sich äuszert, uie sie auch sonst im alten Strafverfahren
zu tage tritt: ao. 1462 am tage Matthiii ward zu Halle ein
Jude, Abraham genannt, wegen dieherei zum galgcn vcrur-
tbeilet, und weil er sich nicht wolle taufen lassen, nach
daniabliger manier mit einer ketten bei denen füszen auf-
gehangen , und neben ihm auf jeder seile ein hund aufge-
benkt. Dreyiialpt Saalcreys 2, 512, zeigen auch eine reihe Ver-
bindungen des gewöhnlichen lebens. einer ist so verachtet, dasz
qicht einmal ein hund ein stück brot vim ihm nimmt; er
richtet sie . . aus (schalt sie), das ein hund (wie man sagt)
nicht ein stück brods von ihren einem gcnoinen hette. Albkru*
uutder Witzeln G3'; da macht sie mich aus es hette kein
hundt ein stück brots von mir ncinen sollen. !i. J. v Kradn-
•cawetc Ml; ausgemacht, dasz kaum ein hund von ihnen
einen binen brod nehmen mOchte. A«eie unordn. 1C6U i. 90;
bei »traf einer j,ihtnerlicben scbimplir und laslerungslegt-nd,
die ihm so mitfahren soll , dasz kein hund mehr ein biszl
brod von ihm nimpt. Schwabe tinlenf. A l' ; dasz nicht ein
hund sich um ihn kümmert, sein gedenkt: ist doch nicht
ein hund in der ganzen weit der meines namens gedenk,
ich will der menschen geschweigen. Alberus widder Wüzeln
K2'; dasz die hunde ihn anpissen: soll ich den nrticul ver-
teidigen, der so gar explodiert ist, das die hunde widder ihn
seichen. L6'; von welcher zeit an er hei münniglich so ver-
acht ward, dasz ihn die hunde hätten anpissen mögen. Simpl.
1, 198 Kurz ; vor 4 wochen war ich ein kerl, der die fürsten
zur Verwunderung bewegte, . . jetzt aber so unwerlh, dasz
mich die hunde anpiszten. 381 ; nun wird erstlich die böse
Cathrina auch die verachtete werden , da die hunde auch
werden beigehen und ein bein aufheben, kunst üb. alle künste
105,8; dann nacher ists nit wcrth, dasz (dasz es) die hund
anbrundeln. Schwabe lintenf. s. 20. anders die redensart et
musz es haben als hätte ihn ein hund gebissen, nach Adelungs
deutung es ungeahndet , ungeklagt hingehen lassen : ich musz
meine feinde toben lassen , musz ihre schmach hinnehmen,
als hätte mich ein hund gebissen. Scriver seelensch. 2, 90.
Etwas sclüechtes wirft man den hunden vor, deren gefräszig-
keit auch das sonst verschmähte verschlingt; etwas gutes soll
man nicht den hunden vorwerfen : es ist nicht fein, das man
den kindern ir brot neine, und werf es für die hunde. Matth.
15,26; denn weil ein pfarrherr sol ein trewer diener Christi
sein, inus er, so viel im müglich ist, das sacrament nicht
für die sew oder hunde werfen, sondern hören, wer die laute
sind. Luther 6,109*. etwas geht vor, für die hunde, geht
zu gründe, geht unter, verdirbt: für die hunde gehn. Gonsen
schalklieilsliechel (las^) odeii; wann dich deine seelig verstor-
bene mutter nicht ernähret hätte, du wärest in deinem wittib-
stande vor die hunde gegangen. Jucundiss. 121 ; gewisz , ich
beklag es nunmehr recht herzlich, dasz ihre rede so vor die
hunde gegangen ist. Lessing 1,369; über deren verzweifelte
und unauflösbare theorien so mancher feine köpf vor die
hunde gegangen ist. Bode Tristr. 3,79.
Eine reilie composita, deren erstes glied hund- bildet, steigern
hierdurch den begriff des zweiten gliedes nach der seäe der nie-
driijkcit und Verachtung hin; vgl. hundearbeil, hundcdemuth,
bundeJumm, hundedürr, hundcieben, huiidezeug u.a.
13) noch manche andere Sprichwörter und redensarten von den
eigenhcilen des hundes übernommen.
a) hund und flölie gehören zusammen : je magrer der hund,
je giöszer die flöhe. Simroce 2C6; er schüttelt es ab, wie
der hund die tlöhe; wer sich mit hunden niederlegt, steht
mit flöhen auf. II. Heine 9, 176.
b) wann der hund nit lüstig ist zu jagen, so reit er uff
dem arsz. Acr. sjir. 173'; der hund reitet auf dem arsche mit
ihme, in extremis angustiis versatur, fortuna illum frustrata est,
fefcllit, elusit. Stieler 57; wenn du aber zu grosz werden
weitest, würde der hund auf dem a. reiten und wir keine
gute freunde bleiben, kunst id>. alle künste 20,11; nun reitet
der hund auf dem spunde (nun ists aus). 55,8; die lose möhre
(meine tochter) hat lange nicht dran gewolt (eine liebschaß ein-
gehen) , ich dachte immer der hund würde reiten (es würde
niciäs draus werden). Schoch stud. leb. D2'.
c) hunde bellen den mond an, ein bild sinnlosen thuns :
sorgen wie die hund, die bellen den mon an, meinen er
wöll ins hausz steigen. Garg.i\3';
der hund ballt nur umsonst des mondens fackel an.
A. Urtphius 1698 1, 349.
d) im 15. 16. ;oArA. begegnet öfters eine redensart der hund
geht mir vor dem licht um, im sinne iWi habe verdacht, merke
etwas; nähere nachweise über entstehen derselben können niciu
gegeben werden:
hausfrau, du zeihest mich einer «ach,
wie ich auf fremder geigan mach ;
du ieit dir den hunt vor dem licht umh laufen.
mir geht der hund umh vor dem liechl.
mich duiikt unser plalt der bostwirht
der hui iK'itnlirli tiiit nirinor fraweii. li. Sa< i
da» i«l, so ein l'ravv in dor eh
heimlich der hukrei nachseh,
henk sich bei .-indem gsellen an,
10 dasz zum (iK'il nierkei ir mann,
dasz sie i.Ht luiwilz ubi'rauüZ.
und vil uinlischweifet aiisz dem haust,
dergleich etwas hurt oder sieht,
der hund im umbgi-hi vor dem lierht, . . -
10 ihul fr ii <li>nn niitrl «nl ti.iwi't» M*,
1917 HUND
das ich weder desz keisers trauen,
noch ihm so vil giiis wolt ziuraueu,
als ich wolt trauen desz keisers söhn,
doch darf ich nichts sagen davon,
der hund geht mir umh vor dem liecht.
J. Ayreh 372" (18W, 36 Kellei).
e) an kleinen rieinen lernen die hunde leder kauen; ann
riemen lernet der hund leder fressen. Agk. sjtr. 310'; an
riemen nagen lernen die hunde leder fressen. Pistobius Ihes.
par. 7, 71 ; schon alt: föne derao limble so beginnit ter hunt
leder ej/^en. Müllenhoff u. Scherer 41, 13; aber das ist auch
tvar, welcher hund die leplin friszt, der fresse gewislich auch
das leder, wo er dazu komeu kündte. Lutuer 5, SOS*.
ß es bekommt einem wie dem hund das gras, übel : wenn
sich der hund purgieren wil, so friszt er grasz, und gibt es
baldt wider von sich, und empfahet vom grasz kein speisz
oder Sterke , denn es ist wider sein natur, das selbige zu
verdewen. wer nun etwas fürnimpt, anhebt oder thut, das
im nit zimel, odder des er keinen fug hat, und da fahr bei
ist , zu dem saget manu , es wcrd im bekommen , wie dem
hunde das grasz , und nit wol drob ergehen , es werd kein
glück dabei sein, es werd im nit gelingen. Agr. spr. bO' ; ich
sasz zwar emsig über allerhand büchern, aus denen ich viel
gutes lernete, es kamen mir aber auch theils unter die bände,
die mir wie dem hund das gras gesegnet wurden. Simpl.
1, 321 Kurz; solche vermahnung bekam mir wie dem hund
das gras, dann ich hatte von dieser zeit an weder glück
noch Stern mehr. 2, 29 ; aber es wurde ihnen gesegnet, wie
dem hund das gras. 3, 32 ; wie gewissenlos manche Vormün-
der mit allerhand fündlein ein fremdes aas angreifen und
auffressen , ist gott bekandt , der manchem schon das aas,
wie dem hund das gras gesegnet hat. Ohio lOfrJ.
14) die redcnsart da liegt der hund begraben {da ist der kern
der saclie) kommt seit dem 17. jahrh. häufiger vor ; ihrem Ur-
sprünge nach ist sie dunliel : da liegt der hund begraben, hinc
illae lacryviae, es liegt ein hund dahinter begraben, aliquid
monstri alunt Steinbach 1, 793; ich merke schon wo der hund
begraben ist. Chr. Weise comöd. 283; wie, wenn sie sich ent-
schlössen, sie (die geschickte) noch einmahl zu lesen? man
entdeckt oft erst beim zweiten oder dritten mahle , wo der
hund begraben liegt. Wieland 8, 71 ; wenn ich schon einfältig
aussehe, so merk ich doch wohl, wo der hund begraben liegt.
11,58; wer nicht merkt wo der hund begraben liegt, oder wo
es fehlt, der sieht auch das feinere schöne nicht, bei Merck
1,194; daliegt der hund begraben. Niebühr /e6en 2,2S8; Lukas.
ich weisz nicht. Tobias, du weiszt nicht? hihil ja, so weisz
Ichs, mein seel, auch nicht, der ältere bauer. der hund inusz
doch irgendwo begraben liegen. Gotter Jahrmarkt 81 ;
wo aber liegt der hund? da liegt er, dasz kein fleisz
uns klug und ernstlich treibt, die ursach vom ergetzen,
das ewig dauren soll, blosz in sich seihst zu schätzen.
GiSnther 422.
Lessing gibt eine notiz über die entstehung : in einer (erzdhlung)
. . will er (Lemnius) uns unter andern bereden, dasz Lutherüs
durch eine gewisse sträfliche handlung zu dem bekannten
sprüchworte : hier liegt der hund begraben , gelegenheit ge-
geben habe. 3, 291. vgl. auch unten II, 6. — Ähnliche redens-
arlen sind möglicherweise nur abdnderungen der aufgeführten:
es hat einen hund, remora quaedam tatet. Steinbach 1,793;
nur der vers : und so soll mein deutsches herz weich flöten
— das ist ein harter hund und will sich nicht (zum gesange)
fügen, ich habe mir selber schon die zunge daran wund ge-
rieben. Zelter briefw. mü Göthe 2, 366.
15) H. Sachs vergleiclit einmal den rausch einem beiszenden
hunde :
o wie war ich nechten so vol,
drumb thut mir heudt der köpf nit wol.
kan mich schier weder bueken noch regen,
wil gleich des hars heindt überlegen
vom hundt welcher mich nechten beisz. 3,1,240',
vergl. hundshaar.
16) wenn menschen hunde genannt werden, so gehl dieses bUd
gewöhnlich von der verächtlichen Stellung des hundes aus.
a) ein hund sein, ein veracläeler, unterdrückter mensch : und
der Philister sprach zu David, bin ich denn ein hund, das
du mit stecken zu mir kompst? l Sam. 17,43; wüst sich sagen
lassen den ganzen tag, hund sein sollen und nichts fressen,
obendrein noch schlüge, diese lebweise habe es satt. J. Gott-
helf Uli d. pdcht. s. 88; aber auch ein geizhals sein: eim lauser
stehet« nicht wol an, das er reich ist, und was sol geld und
gut einem kargen hunde? Sir. 14, 3; wann ich wüste die kunst
HUND
1918
gold zu machen, ich wolle kein hund sein, ich wolle es auch
nicht miszbrauchen, sondern ein ganz land soll dadurch ver^
bessert sein. Schuppiüs 118; ich diente bei einer frau, deren
mann ein hund gegen sie war. sie sollte per exempel in
einer woche nicht mehr als '/# pfund kafle brauchen. J. Gott-
HELF schuldenb. 153; ein schurke, schlecläer kerl sein: wer kein
hund ist, rette den hauptmanni Schiller räuber 2,3. mit
geniliv, in der bedeutnng geizhals, filz: er ist hunds genug, er
thuts. J. Gotthelf Uli der pächter s. 134 ;
sich bruder Luchs, bistu des hunds,
so soll du wol das erb vediern. H. Sachs 1, 228'.
b) hund, als Schimpfwort: aber Abisai . . . sprach zu dem
könige, soll dieser todler hund meinem herrn dem könige
fluchen? ich wil hin gehen und im den köpf abreiszen. 2 Sam.
16, 9 ; die wälschen hunde. Göthe 8, 173 ; abgehauen I ich
möchte toll werden, ich könnte den hund ermorden, der den
ersten hieb dran that. 16, 123 ; dann gab er dem spielmann
einen streich mit der band und rief: lauf, du hundl Imhee-
mann Münchh. 4, 12;
noch schreit vil kristelichu schar
fast main und mord gar ofenbar
über den haidnischen hund. Liliencron vo<ü»1. 2, 7, 279 ;
ich torst dir wol eins auf das maul geben,
du schwarzer bunt! (zu einem Juden), fasln, sp. 172,24;
wolt er umh gnad nicht werben
bei dem türkischen hund. Soltac volhsl. 422;
die hunde regnen kugelsaat
von ihrem thurm herab ! Gleim 4, 10 ;
ruft laut: der hunde nicht geschont! 33;
schlagt ihn todt, den hund! es ist ein recensent!
Göthe 2, 214 ;
was? was? ihr redt ihm das wort noch gar?
dem hunde! thut euch der leufel plagen?
Schiller Wallcnst. lagcr, 10. auftr. ;
ha ihr hund, ihr wähntet, ich kehrete nimmer zur heimat!
Odyssee 22, 35.
mit näher bestimmendem susatze (wie franz. chien d'homme,
chien de chrelien Littre 1, 602') : meine hunde von reitern !
Göthe 8,100; der hund von einem alten bedienten. 10,80.
17) ein bild: zwischen hund und wolf (im Zwielicht) ist dem
franz. entre chien et loup (Littre 1, 602*) nachgeahmt : es war
zweidunkel, zwischen hund und wolf. Seume spazierg. 1,50.
18) der eigentlichen bedeutung nach unerklärt bleibt hier einen
hund ins spiel werfen, mit dem deutlichen sinne es stören:
ir sind wol sicher das ich wil
kein hund hie warfen in das spil (die coinödie),
ich will mich züchtig halten fyn.
JffoJiE schausp. des ma. 2, 413 (16. jahrh.).
II. hund, in übertragener bedeutung.
1) die Zoologie begreift unter hund alle glieder der famüie
canis. — fliegender hund, eine fledermausart , vespertilio vam-
pyrus. Nemnich 4, 1560.
2) in der spräche der gewerbe.
a) bei den bergleuten ein länglich viereckiger, oben offener, auf
vier rädern ruhender kästen zur förderung auf stollen oder strecken.
Veith bergwOrterb. 277 ;
die winde keucht, es rollt der hund,
der hammer pickt, die stufe fällt.
Annette t. Drostk-Hölshoff gcdichle s. 178 ;
dann auch die quantität mineralien, die ein hund faszt; endlich
ein an den Schwengel eines pferdegöpels angehängter, mit steinen
angefüllter kästen als bremsvorrichtung. Veith 279. die deutsch-
heit des wertes in dieser bedeutung wird jedoch angezweifelt ; es
soll {a. a. 0.) mit slowak. hyntow, magyar. hinto kutsclu; prachl-
wagen zusammenhängen, aber auch franz. heiszt das gerät chien
des mines.
b) bei den böttchern ein Werkzeug, die reife um die fasset
damit zu legen und zu halten. Adelung; vergl.: harpago, in-
strumentuin quod nonnulü canem vocant, quo circi vasis
aptantur. Trochos R4'.
c) bei brauern ein stttck holz, welches den zapfen in der schirr-
grube Mit. Adeldnc.
d) bei den floszleuten auf der Isar, die verbundenen breter
oder bäume, welche sie unter einem gegen den ström mehr oder
minder offenen winket an einen auf dem sand fest sitzen geblie-
benen flosz bringen und mittels seilen fest halten, um durch diesen
auffang den andrang des wassers wirksamer und sich wieder flott
zu maclwn. Schm. 1, 1127 Fromm, hund lieiszt auch rheinisch
ein starker tannenbaum, der bei St. Goarshausen ins wasser ge-
lassen wird, um das flosz vor gefahr auf der 'bank' (felsen) zu
bewahren. Keubein 204.
1919
HUND — HUNDASZ
HÜNDCHEN — HUNDEFREUND
1920
e) im ofen oder kamin, das eisen worauf das brennholz gelegt
tcird : brandeisen, . . . der liiind, fulcrnm focarium, dalopus,
instrumentum ferreum quod in foco ligna suslinel Hemsch 475,57.
vgl. feuerhund theil 3, 1594.
ß hnnd, ein hier, was in Dassel im stiß Hildcsheim gebraut
wird. Jacobsso.-« 6, 123'.
g) im Berner oberland eine han/breche; in Zürich und im
Aargau einer der quer über die katzen {blocke der keller, die
parallel mit dem kelterbaum hiufen) gelegten tdücke, auf denen der
trott- oder kelterbaum beim herunterlassen ruht. Stalukr 2, 62.
h) hund , in Schwaben eine sperrslange an der hintern achse
des Wagens, um den wagen zu halten, wenn man an einem ab-
hänge die Pferde ausruhen lassen will. Schmiü 2ai.
3) astronomisch, groszer hund, kleiner hund, name zweier
Sternbilder, vgl. hundsstern.
4) der rothe hund, die rOteln, eine krankheit. RCdiger Zu-
wachs 2, 86 ; auch dänisch (im plural) de rode hunde ; früh
niürgens hatten wir (nachdeni sie die nacht im fieber gelegen)
beide grosze dicke köpfe, weiche krankheit der arzt den
rothen hund nannte, avantür. l, &6.
5) hund im spiel: bei einem gewissen karlenspiel, hundein
odei- bündeln genannt, ist es ein blalt das man nicht los werden
kann. Schm. 1,1128 Fromm.; im kegelspiel eine gewisse von den
kegeln gebildete figur: dahinter steckt blüsz das, dasz sie (die
Wucherer) mit dem armen teufei in verkehr kommen , eine
handhabe an ihm anbringen wollen, ist das einmal richtig,
dann ist er der hund im kegelspiel und kömmt nicht raus,
bis alle 4 beine weg sind. J. Gotthklf schuldenb. 13.
6) wenn bairisch hund auch der verborgene schätz heiszt (Schm.
1, 1128 Fromm), so ist hier metonymisch der häter für das ge-
hütete, mit bezng auf den glauben gesetzt, dasz hunde auf unter-
irdischen schätzen sie bewachend liegen, vgl. mylhol. 929. davon
redensarten : hunt hint haben, einen heimliclien schätz besitzen;
übertragen den hund schmecken wissen, wo vermögen und etwas
zu erhaschen ist ; den hund finden , die Ursache , den anstand
finden. — Dasz aber die oben 1, 14 mitgelheilte formel da liegt
der hund begraben, wie Schmeller will, von hier ausgehe,
dafür spricht nichts.
HUND, ältere form für hundert, noch in einer bairischen
quelle des 14. jahrh. als zahlwort auftauchend, vergl. Weinhold
bair. gramm. § 25S s. 264; sonst gewöhnlich erstarrt.
1) in der rechlssprache, nur in compositen, eine unterabthcilung
des gaues bezeichnend, in altaletnannischen quellen huntari, huntre
(rechlsall. 532); in fränkischen quellen hundding gerichtssitzung
über eine solche landstrecke: diese virhorunge und wisunge von
der warer rechter mase der fruchte, mels und des wins, daj
da heiszct da; huntdink. weisth. 2, 174 (Hundsrück, von 1442) ;
in der form hundelding: wa; busze in dem hundeldinge
gevallent, die sint zweileil des probstes und ein teil der
centener. 6,516 (Obermosel, von 1380); hundschaft die bevöl-
kerung eines solchen gautheils {v(jl. Lacomblet archiv 1, s. 209/7'.):
die huntschaf von Cleinenbroiche ind die huntschaf van Ilot-
husen die gievent samen einen scheffen an die grififliche banc.
weisth. 2, 759 (Eifelgegend, von 1359)-
2) hnnd, in niedersächsischen gegenden ein ßächenmasz zur
ausmessung der felder, ein stück landes von zwanzig ruten lauge
und vier ruten breite, als torfmasz enthält ein hund torf sechzig
bis siebzig grosze körbe voll torf. Jacobsson 2,294'; 60 morgen
4>/i hunt Kehdinger masze. Hannoversche bekanntmachung von
1853. dem masze liegt die eintheilung eines landstrichs in hundert
theüe zu gründe.
HL'ND, HU.NDE, m. centenarius, ein unterrichter : item hant
sie gewiesen, dasz die gerichtiherrn macht haben ihr gcseig
(geaicIUet mau) zu geben klein und grosz, keins uszgenum-
men, und »oll der schullheisz und hundt die von der herrn
wegen geben, weisth. 2, 30 {Saarge<iend, von 1421) ; und soll der
hundte den (verbrecher) antworten an die bucbenstaude. das.;
were »ach, dasz die gerichtsherrcn wollen ihr jahrgcding oder
ander geriebt ballen, so soll der schullheisz und der hundl
ir ieglicber einen knecht haben, und dieselben knecbt sollen
da steen mit gewapneter handl. 32. vgl. die assimilierte form
bunne.
HUNDASZ, n. fuUer für hunde, ahd. hunlAj cantubrum, fur-
furet tritici GiiArr 1,528: bunlasz, cantabrum, est cibus canum.
voe. ine. theui. ks'; ob dat gescbücb da» meiner frawen hunt,
und der berrscbaft bunt an gevür mit einander über ein bunt-
uz kamen, so so! man der berrscbaft bund bindan scblaben,
binti das meiner frawen bunt des als genicszen, und dar-
nach erst der berrscbaft bunt nycssen lassen, weisth. 3, 674
(Chiemsee, von 1462).
HUNDCHEN, n. kleiner oder junger hund: bündichen, catulus
Steinbacu 1,793;
(während wir) schmeicheladeo hündchen gleich, zu ihren füszen
UMS schmiegen.
W1KI.AND 5, 63 (n. Aniaä. 14, 3).
HUNDDING, n. vergl. oben hund 1.
HllNDE- vergl. auch hunds-.
HU.NDEAAS, n. aas eines hundes, todter hund. auch Schimpf-
wort für einen niedrigen menschen, schwäbisch bundaasen, einen
so schimpfen. Schmid 291.
HUNDEARBEIT, f schwere, niedrige arbeit {vergl. hund 1,7
sp. 1913 und 1, 12 sp. 1916) : wir hätten bis abends um vier uhr
keine lust gehabt, sondern bundearbeit. J.Paul Hesp. 1,90.
HUNDEART, f. 1) art, schlag des hundegeschlechts : pudel,
spitze, hühnerhunde, doggen sind hundearten.
2) art, benehmen der hunde: schweifwedeln, auf dem bauche
kriechen, das ist hundeart.
HUNDEAHTIG , adj. : verschiedene hundartige raubtbiere.
Hannov. magaz. 1844 s. 308.
HUNDEAUSFEITSCHER, »1. der die hunde auspeitscht, nament-
lich beim gottesdienste sie aus der kirche jagt: die collegius müs-
sen zusammenhalten, sagt der bundauspei(scher zum priester.
Interim 165.
HUNDEBELLEN, n. ; das hundebellen, latratus canum Fhisch
1, 475'.
HUNDEBENGEL, m. bengel zum prügeln der hunde. als
Schimpfwort: und schalten sie . . . baurcnflege), bundbengel,
galgenschwengel. Garg. 19"'.
HUNDEBETTE, n. bette des hundes, des bergmännischen fahr-
zeugs, bildlich für das ruhen desselben gebraucht : die zeche liegt
vm hundebette {die arbeit in ihr geht schlecht und lohnt nicht).
Jacobsson 2,294*; es liegt alles im hundebette, es will nicht
fort, ist der nächste grad zum aupässig werden (d. h. zum auf-
geben der zeche), miner. le.r. (1743) 305'.
HUNDEBIRNE, f. eine art backbirnen.
HUNDEBISZ, m. bisz eines hundes: sie {die liebe) gemahnet
mich wie ein hundebisz, welcher unversehens geschieht und
mit nichts bessers geheilet wird als mit des hundes haaren.
polit. stockf 108.
HUNDEBLAFF, m. einmaliges kurzes bellen eines hundes
{vergl. blaffen theil 2, sp. 60). als Zeitbestimmung für eine sehr
kurze strecke : einen hundeblaff weit. Nieüeriiöfkeh AfeA/cufcurji
Volkssagen 4,70; vielleicht auch so weit man den hundebla/f hört?
HUNDEBLUME, f. leontodon taraxacum; auch hundsblume.
HüNDEBROD, n. brol wie es für die hunde gut genug ist.
so heiszt ein aus kleien und dem schwärzesten mehle gebackenes
brot, auch hundsbrot. Jacobsson 6, 124'.
HUNDEDACHS, m. eine dachsart; ehedem wurden die dachse
nach der etwas verschiedenen gestatt des kopfes, in schweine-
dachse und hundedachse eingetheitt. Nem.mch 4, 1533; noch jetzt
im Göttingischen hunnetax und swinetax. Schambach 227'. 322*.
HUNDEDEMUT, f hündische, kriechende demut : ich spreche
von jener religion {der katholischen), die ebenfalls durch die
lehre vim der Verwerflichkeit aller irdischen guter, von der
auferlegten hundedemuth und engelsgeduld , die erprobteste
stütze des despolismus geworden. H. Heine 6, 20.
HUNDEDRECK, m. dreck vom hunde: crctum albitm bunde-
dreg DiEF. 157'. i. hnndsdreck.
HUNDEDU.MM, adj. hündisch, verächtlich dumm: unter den
zu Hanswursts hochzeit einijeladenen personen {in einem un-
gedruckten manuscript von Göthe) kommt auch vetter Michel
vor, mit dem epitheton : guter ge^ellschafter, aber hundedumm.
HUNDEDÜRR, adj. schmählich dürr (wie ein wmdhund):
dein han war hunddQrr, zech und all. II. Sachs 2,4,14*.
vgl. hundsmager.
HUNDEESSEN, n. schlechtes essen, wie für hunde: hund-
essen, coena paufterrima, llecales SriELtR hU4.
HUNDLFALL, aäj. auszersl faul, catulo segmor Stkinbaci
1,418.
HUNDEFELL, n. feil vom hunde.
HUNDEFETT, h. fett vom hunde. ehemals alt millel gegen
Schwindsucht yescliatzt.
HINDEFLEISCH, n. fleisch von hunden: man bereitet ein
mahl von hundlleiscb in bürentalg gesotten mit heidriberren,
wobei jeder tapfer zulangen inusz. Liciitenrerc (I803) 5,138.
HLNDEFHtUND, m. freund von hutuJea, hunäelubtutber.
1921 HÜNDEFUCHS — HUNDEJUNGENHAFT
HUNDEKALT — HUNDEMISERABEL 1 922
HÜNDEFUCHS, m. ah bezeichnung eines hündischen und
schlauen menschen, nach gr. xvvaXo/TtT]^ : ich bin schon wieder
mit einem dialogus zwischen Wilibald und Heribert nieder-
gekommen, wobei ich dem holden directoire {dem dircctorium
Frankreichs) einige harte pillen zu verschlucken gebe; alles in
der hoffnung, dasz das regiment dieser hundefüchse nicht
mehr lange dauern werde. Wiei.asd in Bölli'jers litt, ztist. 2,176.
HUNDEFÜHRER, m. ductator canum venaticormn. Stieler 411.
HUNDEGEBELL, n. gebell der hunde : was für ein hund-
gcbelle auf der gassen, quid canes glaucitant in vicis? Stie-
ler 132.
HUNDEGEKLÄFF, >». das klaffen der hunde:
und als du wichst,
verfolgt vom hundgeklaff, von meiner grenze,
rief ich den nachbar auf, dich zu verfolgen?
H. V. Kleist Kälhchen v. Heilhromi 1, 2 ;
bei Uhland auszerhalb der composition :
und als er (rfer hirsch) sprang mit der hunde geklafl".
ged. 304.
HUNDEGELD. n. 1) geld , abgäbe zum unterhalt von Jagd-
hunden. Lexer mhd. tcb. 1, 13S3 {von 1417).
2) geringes, spottgeld : er muste seine waare für ein wahres
hundegeld verkaufen.
3) in der bibelsprache lohn für unzucht : du soll kein hurlon
noch hundgelt in das haus deines herren bringen. Züricher
bibel 1530 103' (5 Mos. 23,18, auch bei LuTnER), nach der vulgata:
non offeres mercedem prostibuli nee pretium canis in domo do-
mini tui.
HUNDEGESCHWÄTZ, n. niederträchtiges, verachlungsurürdiges
geschivätz: 'aber die leute' — schon wieder das hundege-
schwütz. Lenz 1,183; und da man nun heule gar, wo ich
hintrete, mich bedauert, da ich höre, dasz meine neider nun
triumphiren, und sagen : da sähe mans, wo es mit den über-
müthigen hinausginge , die sich ihres biszchen kopfes über-
höben . . . und was des hundegeschwätzes mehr ist. Göthe
16, 106.
HUNDEGESTÄNGE, n. gestänge ßr den bergmännischen kund,
bergmännische fürderbalin. Veith bergw. 235.
HUNDEGEWÜHL, n. gewiVil der anstürmenden hunde:
das grinsende hundegewübl. Voss.
HUNDEGIFT, n. giß zur Vertilgung von hunden. Freytag
handscbr. 2, 15.
HUNDEHAAR, n. haar von hunden. vgl. hundshaar.
HUNDEH.\LSBAND, n. halsband, nie es die hunde tragen.
HUNDEHAUS, n. haus ico die hunde iliren aufenthalt haben,
hundehüUe: daj man uf iglichem sedilhofe sal finden ein
buhus , ein backhus , eine schüren und ein bunthus. ircisth.
6, 398 {^i'eckargegend, von 1338). auch als veräcMiche bezeichnung
einer geringen menschlichen wohnung.
HUNDEHEULEN , n. .■ das hundeheulen , ululattis canum
Stieler 62.
HUNDEHOCHZEIT, f.: denn so blind und unsinnig' ist
beide bapsfhum und Türke, das sie beide die stummen sünde
unverschampt treiben, als ein ehrlich löblich ding, und dle-
weil sie den ehestand nicht achten , geschieht inen recht,
das eitel hundehochzeit (und wolt gott, das eitel hunde-
hochzeit weren), ja eitel welsche hochzeit, und florentische
breute bei inen sind. Luther 4, 444' ; denn er wil keuscheit
haben, und ehebruch nicht leiden . . . sonst wäre es nicht
müglich, für den unsaubern teufel, eine stunde sein weib,
kind, gesinde, bei zucht und ehren zu erhalten, es würde
eitel hundehochzeit und viehisch wesen draus. 6, 313'. vergl.
dazu unter hochzeit 8, sp. 1642.
HUNDEHÜTTE, f. hütte für hunde: kreuch mir zu gefallen
in eine hundehüttel Chr. Weise kl. leute .58. auch kleines
schlechtes vohnhaus : das ist ja eine wahre hundehütte. sieh
hundshütte.
HUNDEJAHR, n. luklist schlechtes jähr: dann hätte er ein
hundejahr gehabt und könnte am ende mit leeren bänden
gehen. J. Gotthelt Schuldenbauer 113.
HUNDEJUNGE, m. junge der die Wartung der hunde besorgt;
bei den Jägern name des lehrlings während des ersten jahres seiner
lehrzeit. auch als ausdruck der Verachtung : aber sagen sie mir,
warum wechseln sie briefe mit solch einem hundejungen?
Lemz 1,280. bergmännisch ein junge, der mit dem hund erze
fördert, s. hundsjunge.
HUNDEJUNGENHAFT, adj.: von der bundejungenhaften
art, wie sich der kerl in meinen handel mit Nicolai in Berlin
gemischt bat. Wielasd bei Merck 1, 199,
rv. II.
HUNDEKALT, adj. abscheulich kalt: in diesem zimmer ists
hundekalt.
HUNDEKÄLTE, /". abscheuliche kälte: hier herscht eine wahre
hundekälte.
HUNDERNECHT, m. knecht ßr die Wartung der hunde; bei
den Jägern, was hundejunge.
HUNDEKOCH. m. coquus putidus. Stieler 1000.
HUNDEKOTH, vi. koth vom hunde; bei den saffianmacliern
in einer lauge zum lederbeizen verwendet, bundekoth, hunds-
koth heiszt auch eine art rasch, die man im 17. jahrh. häufig
verfertigte. Jacobsson 2, 29,>'.
HUNDEKRANKHEIT, f. eine seuche. von der oß junge hunde
befallen werden.
HUNDEKUPPEL, f. zwei oder drei vereinigle halsbänder mit
ringen oder wirbeln, worart der jäger die hunde fuhrt. Jacobsso.n
2, 294'.
HUNDEL.AGER. n. lager ßir hunde; abscheuliches lager.
HUNDELAGERSTÄTTE, f:
das ist eine hunde-Iagerstätt!
ein's missethäters folterbett!
aufliegen hab ich than mein'n rücken. Göthe 13, 82.
HU.NDEL.AND, n. abscheuliches land (schimpfend, im munde
eines handwerksburschen). J. Gotthelf II, 162.
HUNDELAÜF, m. bergmännisch, ßrderbalm für hunde, auch
hundslauf. Veith bergwOrlerb. 319.
HUNDELÄUFER, m. der auf solcher förderbahn arbeilet,
das. 320.
HUNDELEREN, n. vita ingloria. Stieler 1098: überhaupt
hatte man im Hoppedizelischen hause ein verdammtes hunde-
leben. J. Paui. uns. löge 1,111;
wahrhaftig, das ist nur ein hundeleben. HsntE 16, 109.
HÜNDELEDER, n. leder vom feil der hunde. Jacobsson 2,294*.
HUNDELEITSTRICK. m. venatoria copula. Stieler 2196.
HUNDELN, HÜNDELN, verb. in mehrfacher bedeutung.
1) wie ein hund riechen ; schweizerisch. Stalder 2, 62 ; in dem
hornung ist ir {der hunde) zeit zu zölen {läufisch zu werden),
hündlend erst so der tag am lengsten ist sommers zeit. Forer
thierb. 86'.
2) sich wie ein hund betragen, namentlich kriechend, schmeich-
lerisch: ein bündelnder Schmarotzer; schweizerisch in anderm
sinne: er bündelet recht mit seiner frau, beträgt sich gegen
sie auf die niederträchtigste art. Stalder a. a. o., wo auch das
subst. hünde!, mensch ohne gefüld und schäm, ebenso abgehärtet
gegen die leiden anderer, als im höchsten grade sinnlich und
wollüstig, aufgeführt wird.
3) hundein, bündeln, bairisch, ein gewis.'ses kartenspid spielen.
ScHM. 1.1128 Fromm, vgl. oben unter hund II. 5 s;>. 1919.
HUNDELOCH, n. canis tugurium, carcer canis, cubile canL<t.
Steisbach 1, 1063 ; auch auf ein schleclites gefängnis übertragen :
wollten ihn (Wallcnstein) drauf die Nürnberger herren
mir nichts, dir nichts ins carcer sperren ;
's war just ein neugebautes nest,
der erste bewohuer sollt es taufen.
aber wie fängt ers an? er läszt
weislich den pudel voran erst laufen.
nach dem hunde nennt sichs bis diesen tag.
Schiller Waltenst. lager, 7. aufir. ;
so ein flegel gehört ins hundeloch. Chr. Weise comöd. 178;
da kamen die scberganten bald . . .
und führten ihn ins hundeloch.
Wichgrevii Cornelius relegatus, deutxch
von SoMER, Ciiij;
den Fritzen, die Canaille,
wirft man ins hundeloch. Freiligratii dicht. 3, 76.
s. hundsloch.
HU.NDEMAGER, adj. macies ipsa, pumice aridior. Stieler 1249.
HUNDEMARKT, m. markt für ein- und verkauf von hunden:
in Apolda wird jährlich ein hundem.irkt gelialten.
HUNDEMÄSZIG, adj. und adv. in burschikoser redewcise unserer
tage steigernd nach der schlimmen seile hin verwendet {vgl. hund
sp. 1916 und hündisch 3): einen hundemäszigen bunger haben,
einen sehr heßigen; hier ists hundemäszig kalt.
HUNDEMELKER , m. Spottname eines hundenarren , hunde-
melker et katzenmc^lker, catellos et feles in manibus volutans
Stieler 1266, einer der diese thicre immer unter seinen händen
streichelnd bewegt; hundemelker stultus Trochcs Gs'.
HUNDEMISERABEL, adv. höchst miserabel: ich bin recht
hundemiserabel krank gewesen, zwei volle wochen nicht
arbeiten , nicht sehen , nicht schlafen , nicht aufsein , nicht
liegen können, das ist keine art meiner ait, Zelter an Göthe
3, 463.
121
1923
HÜNDE5IÜSIK — HUNDERT
HUNDERT
1924
HUNDEMUSIK, {. ululatus canuni. Stieler 1313. auch ver-
äclUlich toH einer sehr schlechten musik.
HÜNDEMUTH, »».;
für blanke majeslat. und weiter nichts, verbluten,
wer das für crosz, für schon und rührend halt, der int.
denn das ist hundemuth, der eingepeitscht mit ruthen
und eingefüttert mit des bofmahls brocken wird. Hühcer 102".
HUNDEN, adj. vom hund, vihd. hundin: huiidin caninus
voc. ine. theut. k5"; hündcin scLuoch sint guot an den füejen
für die gicht. Megenberg 126,16; zu seinen nesteln hat er
fünfzehen hundert neun haut, und dieselben zu eira theil
hünden. Garg.ivs'; wie denn auf einen wolfencn praten eine
hündene salsc schüret. Matuesios hislor. von Jes. Chr. 1,62'.
HUNDENAME, m. name den ein hund führt: Söliinann,
Gesellmann und Waldgesell sind bei uns . . . gebräuchliche
hundenarnen. Hagedorn 2, 134, anm. l.
HUNDENEST, ii. schlechtes ncsl, als Schimpfwort ßr eine
kleine Stadt , im munde eines handwerksburschen. i. Gottuelf
11,162.
HU.NDEPACK, n. hundegezücht , auch Schimpfwort für einen
häufen niedriger menschen: mitten in diesem unheil (eines
gefechts) spricht der graf von Soisons zum rilter Joitiville
.scherzend: senechal, lasz das hundepack bellen und blocken.
GöTHE 30,92.
HUNDEPEITSCHE, f. flagellum ad casligandum cancm. Stein-
BACR 2, 171.
HUNDEPEITSCHER, m. virgarius, virgator. ebenda, vyl. auch
hundeauspeitscher.
HÜNDERECHT, n. reclU der Jagdhunde auf gewisse Iheile des
erlegten wildes (bei Sebiz 5S7 der hund wildrechl). uuch acci-
dentale quoddam praefectorum venalionis. Stieler 1550.
HUNDERT, centum.
l) das dem lat. centum, sanskr. yatam entsprechende nume-
rale hund lud zufrühest im gothischen nicht sowol die Vollendung
der zahlreihe von eins bis hundert auszudrücken, da hiefür taihun-
taihund oder taihuu-tehund gilt, als vielmehr, nur im plural,
und mit entsprechenden andern numeralien, gruppen von hun-
deHen zu bezeichnen, tva, |)rija, ümf, niun hunda. auch im
ahd. und noch mhd. wird einfaches hundert durch zehanzo,
zChanzug, zehenzec gegeben, hund ebenso plural für hundert-
reihen genommen (zwei, Ihriu, finf bunt bei Tatian), doch kommt
bei Notier ps. S9, 5 bereits ein bunt vor. dieses hunt bleibt ein
immerhin seltenes wort, obschon es lange dauert (vyl. sp. l'Jiy),
weil sich die Weiterbildung hundert verbreitet, dieselbe Idszt sich
zufriihest in den nordgermanisciten spraclwn nachweisen, altnord.
hundrad, plur. hundrud, ags. hundred, fries. hundred, alls.
(9. jahrh.) huuderöd, und begegnet südlicher, zuerst im mittel-
deutschen des späten eüflen jalirhunderts :
Römere scrivin cisarain
io einer guldine tavelin
driu hunderit altheirrin,
die dir plegin zuht und erin. anno 263,
seit dem 12. jaltrh. auch im eigentlich oberdeutschen, und zwar
häufig, so dasz sie schon frülier eingebürgert gewesen sein musz.
Die ursprüngliche Verwendung von hundert scheint im angel-
sächsisrJien zu tage zu liegen, hier bedeutet es die centena, die
eitMeilung des volkes in reilien von hundert, hundertschaßen,
und das von einer solchen reihe bewohnte land, in freierem sinne
dann irgend eine schaar von hundert, endlich auch eine solche
Zahleinheit in bezug auf gegenstände, in welcher bedeulumj es
dann namentlich im'allnotdtschen und im altsäcltsischcn gebraudi-
lieh ist.
Bei der erwäguny des Verhältnisses von hundert zu dem oben
erwähnten einfachen hund darf wol an die alts. form hunderüd
als die vollste angeknüpß, und darauf aufmerksam yemaclU
werden, dasz, wie das worl von anfang an subst. neutr. ist, auf
-öd neutrale verbal substatitivc gebildet erscheinen, vgl. aitd. mit()i
augmentatto von mhöti augere, hanlalüd Iractatio von hanlalön i
tractare, opfiiröl, opfarud sacrificium, von (ipliilron sacrificare,
u. a., denen auch tolclte auf -id zur seile stehen (ferid navigium j
ton faran Graff 3, 5s8). danach würde hunderöd auf ein verbum
bunderön zurückführen, von dem alteu hund ausgelund, mit der
btdeulung in gruppen von hundert gliedern, wie noch Iwule von \
drei das verbum dreiern (<//. 2,137s), von fünf fünfern (4',5«l),
«m »ecb» Sechsern, von zehn zebnern gebräuchlich ist, und
ursprüngluh einiheilung m Hundeti besagen, mit frühester anwen-
^ng auf das sociale gebiet und mit enger verwandlschaß zu dem
q». 191» aufgeführten alemannischen huiilari.
2) daher ül hundert von alters lier ein collectives neutrum,
hundert in einer Zusammenfassung bezeichnend, wir sagen das
hundert; manche waaren werden nach dutzendcn, andere
nach schocken oder hunderten verkauft; das gcld trügt fünf
TOin hundert ; das hundert ist in seeslddten ein sulzmasz : ein
grosz hundert salz rechnet man für vier kleine hundert.
SciiEDEi. waarcnlex. 2,340". der beigesetzte galtungsname steht
jetzt im nominativ: das hundert eier, ein hundert schreib-
federn; in der altern spräche im genitiv: das erste hundert
nützlicher und lustiger histoiien. acerra philoloyica (nii) s.i;
alts. other half hunderöd hönero. Freckenhorsler heberollc 6; '
m/irf. si giengen üf ein palas.
hundert kröne du gehangen was (krunlruchler),
vil kerzen drüf geslöjen. Patz. 229,21.
das hundert jähre, das volle, erfüllte Jahrhundert:
doch jedes hundert jähr, vielleicht auch seltner noch,
kömmt so ein geist empor. Lessinc 1, 183.
das hundert war auf den alten zähl- und reclienbrettcrn die mü
C bezeichnete rubrik (im gegensalz zu den mit M, X, I bezetch-
nelen); darauf gründet sich die rcdensart das hundert in das
lausend werfen, vom unordentlichen setzen der rechenpfenniyc
auf unordentliches treiben überhaupt übertragen: tausent ist ein
gröszere zai dann hundert, wer nun hundert zu tausent wirft,
und rechnet nit darzwischen die andern hundert, und als
dann tausent, der macht es also, dasz nicmandt weisz was
er rechnet oder redt, daruinb wirt disz wort gebraucht wider
die, so vil gewäsch machen, aber selbs nit wissen wo es hat
angefangen, odder wo sichs endet. Agr. spr. -m' ; sie haben
eine seltzame weise zu reden, als die keine Ordnung hallen,
sondern das hundert ins tausent werfen. Luther 3,224'; der
teufel ist zornig, und wirft das hundert ins tausent, und
rieht so mancherlei gewirre an, das schier niemand weis,
was er gleubt. 4,332'; wiewol er (Jornandes) der Gcten und
Gothen historien . . wunderlich vermenget, und das hunderl
ins tausend wirft. Opitz 1,145; er warft das hundert ins
tausent. Sciiottel 1136'. vgl. auch unter hunderte, hundertste.
3) dieses Substantiv hat seine volle flexion , so namentlich im
yeniliv sing, und im plural: wir bedürfen eines vollen hun-
derts von diesen brettern ; in den siebziger und achtziger
Jahren des vorigen hunderts. Güthe 50,223, ungewöhnlich für
Jahrhunderts ; und si sä^in nider h\ teilen, bi Imaderten und
bi funfzigen. Behaims cvangelienbuch, Marc. 6, 40 ; er verkauft»
bei hunderten, centum simul vendit Frisch l,47ü'; der plural
steht gern im sinne einer unbestimmten yrösze (vergl. nachher
unter 7): hunderte von leuten strömten in die kirche; da
liegen die feinde bei hunderten lodt, hostium integrae centu-
riae prostratae jacent. Frisch 1, 474'.
4) häufiger abei- ist seit dem mhd. hundert als reines zahlwort
verwendet worden, und hier unflectiert. ein hundert wird (auszei-
in gröszeren Zahlenreihen, vgl. auch unter ein 2, th. 3, sp. 113),
nur in ausdrücklicher Sprechweise verwendet, sonst heiszt es kurz
hundert: vant einen von sinen züknechten, der solde ime
hundert jjfenninge. Behaims ev.-buch, Malth. is, 2& ; und war
dem Italiäncr diese lection so angenehm, als wann ihm ein
anderei- hunderl thaler verehret hatte. Haim'el acad. rom. 9;
es ist ein guter gülden, der hundert erspart. Schottel 1115';
was hundert jähr ist unrecht gewesen, das ward nie kein
stund recht. 1129';
hundert nette er ligen vaiit, . .
hunderl kulter drülTe lagen, fan. 229,28.
Man zählt von zwei bis neun hundert (zehnhundert tst unge-
wöhnlich und höchstens, wo es das unten no. 7 aufzuführende
unbestimmte hundert verstärken soll, angewendet: heisa! heisa I
so ist ja unser Roller zchnhundertfach vergütet! Schiller
raub. 3, 2), und wieder von eilf hundert bis neunzehn hundert :
das gruiidstück kostet sechzehn hundert thaler; acht hundert
und vier Ihaler tbiin vierzehn hundert und sieben gülden ;
bei der angäbe von Jahreszahlen heiszt es lieber sechzeiin, sieb-
zehn hundert u. s. iv. als ein tausend -•iechs hundert, ein
lausend sieben hunderl, eilf hunderl für ein tausend ein hun-
dert oder tausend einhundert, zwölf hundert für ein tausend
zweihundert ist sogar das übtrwiegend gebriiiichliche. dasz aber
ßr ein tans<Mid ein hundert nur tausend limidert gesagt werde:
lauM>nd hundert /wol und dreitzig,
um drclichnten tag de» maiinouds
war et, uU der gute Icldhurr
von llivar die weit vprlleii.
Umkkk zur IUI. i, 200 (Ud «i>.
1925
HUNDERT
trf nur dichterische freiheit, da bei angaben von Jahreszahlen, icie
von summen überhaupt, die neben lausenden auch hunderte nen-
nen, jede zahl der letzteren ausdritcklich hervorgehoben werden
musz. — Höhere reihen , über neunzehen hundert , zu zälüen,
ist ungewöhnlich, weil in solchen fällen die lausende markiert
werden, man hört etwa im volke noch drei und zwanzig hundert
für zwei tausend drei hundert und ähnliches, kauin aber gröszere
zahlen, wie sechs und fünfzig hundert, sondern dafür stets fünf
tausend sechs hundert.
Die hunderte anstatt mit der bloszen einer- oder zehnerzahl
zugleich mit dem multiplicationsworte mal aufzußhren (wie die
hunderttausende, s. unten), ist nur der dichterischen spräche erlaubt:
dem kaiserlichen ohr
das huldigung und preises melodei
in dreimal hundert völkerspracben trinkt.
Kl. Schkidt poet. hr. S9.
5) liundert im gegensai: zu eins läszt den zahlbegriff schon
unbestimmt erscheinen und will nur eine weit gröszere zahl der
geringsten entgegenhalten {dhtilich zehn gegen eins . tausend
gegen eins) : ein jähr büsz, hundert jähr bösz. Pistorids thes.
par. 2, 96 ; nicht nur Europa, ganz Asien und Africa werden
für ein beispiel dieser Wahrheit wol hundert geben. A. Gry-
PHics 169S 1,3; du wirst unter hundert, die ein groszes glück
gemacht haben, schwerlich einen einzigen finden, der es nicht
einer geschickten anwendung unsrer gnindsätze zu danken
habe. Wielaxd 1, 191 (163) ; es ist hundert gegen eins zu
wetten, dasz die sache nicht geht, ähnlich so ist hundert
zu drei in gegensatz gebracht: was drei wissen, das erfahren
hundert. Schottel 1131'.
6) anders ist bei ungefähren , nicht ganz exacten zahlbestim-
mungen die Verbindung von eins und hundert (vergl. darüber
tlieil 3, sp. 114): man sagte früher einen tag oder hundert, wenn
man mit belassung eines Spielraums aufs höchste hundert tage
meinte; es wil mir nit zuston, euwer gelt zu bihalten, sonder-
lich dieweil es so vil ist, es wer dann ain guldin oder hun-
dert ODgevarlich. Schade so/. 3, 217; so reiten irer einer oder
hundert mit einander. 109; so ich dann die kuntschaft von
dir hett, traut ich mir auf einen tag ein pferd oder zwei
hundert zusammen bringen, ebenda, das oder in dieser Ver-
bindung ist in der heutigen Volkssprache zu angehängtem er ge-
worden: eine kieinigkeit von ein liunderter fünfe. Engel pAi/oj.
f. d. well 19 (für altes ein hundert oder fünfe).
') hundert, mit ganz geschwundenem zahlenbegriff, bezeichnet
nichts als eine grosze menge (wie ähnlich tausend, dalier auch
aUi Steigerung eines adjectirbegriffs verwandt, vgl. unten hundert-
schön, und altnord. hundvlss auszerordentlich kundig), ößer auch
in der Verstärkung viel hundert: ob es müglich were, das er
hundert tode möcht erliden. theol. deutsch s. 62 Pfeiffer; schelten
schreckt mehr an dem verstendigen, denn hundert scblege
an dem narren, spr. Sal. 17, 10 ; war wol hundert mcile von
seiner meinung. Schottel 1119";
Gramont ward gewunnen,
in blut lag menger rot,
gar snell es ward verbrunnen,
man släg ir hundert tot. Lilie<(chon volksl. 2,67,12;
in seinem reich viel hundert städt
und unzehlicbe dörfer hett. mückenkr% 1, 123;
auf dieses wurde mein mann, beim schein von hundert Tackeln,
und auf des negers wink, beim spiel
von hundert schnarrenden geigen, die ihm entgegen rackeln,
herbei geführt. Wieland 5, 12 (h. Amud. 12, 14) ;
erzählten . . viel hundert ebentheur. Höitt 9 Hatm ;
rings zitterte das goldne band
der sonn' in hundert bäcben. 24;
hier schlingt sie (die glut) eine ganze strecke,
mit hundert ädern, sich durchs thal. Göthk 12,206.
die Verbindung ein hundert klingt hier an den gebrauch no. 6
an, sie soll so viel sagen wie wol hundert:
das ist kein kleiner räum,
da sieh nur hin! du siehst das ende kaum,
ein hundert Teuer brennen in der runde. 212.
S) das multiplicativ von hundert , im bestimmten wie im un-
bestimmten sinne wurde mihelhochdeutsch durch hundert warp,
hundert werbe, hundert stunt anschrieben, nM. durch hundert
mal: centesies hundert male, hundertmal, hundert mol Dief.
112' (mittelfränkisch, i. hälße des 15. jahrh.); ob ein Sünder
hundert mal böses thut. pred. 8,7;
der auf halbes götter-leben
thäte hundert mal verzieht. Kl. Schmidt pnel. br. 87.
häufig zusammengerückt gegeben : ein ding hundertmal sagen,
centies dicere, hundertmalen centies, hundertmalen theüwrer.
HUNDERT ARM — HUNDERTFÄLTIG 1 926
■ eentuplicate raeneunt Maaler 232*; habe ich ihnen nicht hun-
dertmal gesagt, sie sollen sich eine reiche frau wühlen?
i Gellert 3,339; aber hundert und hundertmal . . sagte ich
I mir die geschichte . . vor. Göthe 18, 33 : dasz Rom . . voller
j ruinen stehe, welche hundert und aber hundertmal gezeichnet
: worden. 27, 46 ;
denn Molly trillert hundertmal
so hell und silberrein {wie die nachligatl). BiSrcer 13*.
j 9) hundert eins ist ein kartenspiel:
' es kam ein weih ins haus (einen .^telsiichligen),
wein, hier, kamüffel, trumpf, und hunderteins war aus.
kofent ward eingeschenkt. Rachel .iiUi/r. ged. (1677) s. 22.
bei H.Sachs 1.518' wird ts eins und hundert genannt.
HUNDERTARM, m. exaToy/si^os :
du . . riefst hinan in den Olymp
den hundertarm, bei göttern Bria'reus,
Ägäon unter sterblichen genannt. Bürger 147".
HUNDERTÄUGIG, adj. hundert äugen habend: (verwandelte)
den hundertaugigen Argum in ein pfahenschwanz. Schade sat.
u. pasqu. 3,112,15; der hundertäugige Argus, pol. stockf 336;
unmöglich. . . einer hundertaugigen beobachtung zu entgehen.
Spielhagen in der zwölften stunde (1863) s. 120;
du hundert-äugichter!
Lohe:«stei» in den auserles. ged. 1, 279.
HUNDERTRLÄTTERIG, adj. centifolia, die rose mit hundert
j blättern. Frisch 1, 476' :
wenn sie lächelt voll zier,
die hundertblättrige mir;
wenn sie grollet, die zornige,
ist sie die hundertdornige. R(;gkert ges. ged. 1, 292.
HüNDERTBüRGIG. adj. hundert bürgen habend:
besteller der hundertburgigen Kreta. Hins 2,649.
HUNDERTDORMG, adj. hundert dornen habend. Rlckert
ges. ged. 1, 292. s. die stelle unter hundertblätterig.
HUNDERTE , ungewöhnlich ßr die Ordinalzahl hundertste :
der hunderte, centesimus Steinbach 1.794, u-oselbst auch die
zusamrt^nsetzungen acht-, drei-, fünf-, neun-, sechs-, zwei-
hunderte octingentesimus u. s. w.; dabei hielt ich meine Sachen
so geheim, dasz mich der hunderte vor keinen buhler halten
konte. Simpl. l, 324 Kurz (vergl. wegen dieser anwendung unten
unter hundertste) ;
ist« möglich? rief herr .\madis, neun und neunzig (hiliter auf
•^oKel felllern einen fächers)?
und diese, wie es scheint, in ziemlich kurzer zeit!
so bleibt gewisz das hunderte leid nicht einzig
in seiner art. Wieland 5, 71 (h. Amart. 14,15).
in einer Variante der unter hundert 2 aufgefülirten redensart
(vgl. hundertste) : weil ich auch sonst in meinem discurs das
tausende ins hunderte warf. Simpl. l, ist Kurz; frage du selbst
einen alten rübenscheeler, was ist deine oder der gemeinde
gerechtigkeit? der alte" wird das hunderte in das tausende
werfen, baurenst. lasterpr. 120.
HUNDERTEL, n. der hundertste theil eines ganzen ; aus hun-
derttheil (s. d.) zusammengezogen, vgl. auch hundertstel.
HUNDERTER, m. zahl aus der Ordnung der hundert; vergl.
über die bildung unter einer theil 3, sp. 16«. in einer zahl
nehmen die hunderler die dritte stelle von rechts nach links
ein. das wort scheint vor dem 18. jahrh. nicht vorzukommen;
Adelung ßhrt es auf.
HUNDERTERLEI, adv. auf hundert arUn, hundertfach geartet
(r^i. lei): es bedurfte der entschiedenen Zudringlichkeit dieses
niannes, um die hunderterlei bedenklichkeiten .. zu beseitigen.
Göthe 17,299:
da sähe man hunderterlei wehr,
Schwert, dolchen, federspies und speer. müciceukr. 1,965.
HUNDERTFACH, adj. und adr. hundeHfäUig, seü dem IG. jh.
nachzuweisen : hundertfach oder hundertfaltig, centum geminus
Maaler 232'; hundertfaclk centuplex Stieler 392; sie würden
sie doppelt und dreifach liehen, wenn nicht jede wahre liebe
an und für sich zehn- und hundertfach wäre. Göthe 21,16!».
HUNDERTFALT, adj. und adv. centuplex, wie mlid. hundert-
valt, später durch das folgende verdrängt: centuplex, c^ntufdus
hundirtfall, hundertfalt. hundirtvolt Dief. 113'; dö her (der
same) öf gtnc, dö machte her bundertvalt vrucht. Beliaims
ev.-buch, Luc. 8, 7 ; her sal intfän hundirtvalt. Matth. 19, 28.
HUNDERTFALTIG, -FÄLTIG, adj. und adv. centuplex, im
späten mhd. hundertvaltec (Lexer wb. l, 13S4). die unumgetautete
tcie-die umgelautete form kommt im 15. und 16. ;A. gleich häufig
vor : centuplex, centuplus hundertfaltig, bundertfeldig Dief. 113';
121*
1 927 HUNDERTFALTIGEN — HUNDERTSCHÖN
HUNDERTSORGEN — HUNDERTTAUSEND 1928
hunderlYcltig centuplum voc. mc. Iheut. k5'; hundertfaltig een-
tuplus Dasvp. ; und Isaac sccte in dem lande, und kriegt
desselben jars hundertfeltig. l Mos. 26,12; etlichs fiel auf
ein gut land, und trug frucht, etlichs hundertfeltig, etlichs
sechzigfeltig, etlichs dreiszigfeltig. Matlh. 13, S ; der niiht hun-
dertfeltig cnipfahe , itzt in dieser zeit , lieuser und brüder.
Marc. 10, 30 ; hundertfaltige frucht, cenlesimus fructus, hundert-
fältige maur, murtts centupU'x Maalek 232'; neit dem l'.jahrh.
herschl in der schrißsprache die umgelaiUcte form : hundertfältig,
centuplicatus , cetUuplicaio Fbiscu 1,476'; es kunimt hundert-
fältig zu stehen, venit Cfnluplicato Steinbacu 1,36S.
HUNDERTFALTIGEN, verb. cenluplkare. Dief. 113".
Hl'NDEUTFÜSZIG, udj. cenlipes. Frisch l,47e'.
HUNDEKTFÜTTEH, verhüllend ßr hundsfutt (s. d.): du
hundertfutter! narrenspital (16S2) x. IS.
HUNDERTHÄNDIG , adj. cctüimamis. Frisch 1, 476'; sie
wären doch keine hunderthändichte riesen-söhne des himmels
und der erde. Lohesstein Arm. 2, 379'.
HÜNDEIITHAUPT, u. pflanzenname: rubi rosarum, wild
rosenstrauch, bringt rauhe knöpflen, die heiszt man hunderl-
haubt, seind zum stein gut. Alberus diä. Gg3'; bei Nemmcu
2, 1526 aber ist hunderthaupt oder hundertkopf eryngium cam-
pestre, sonst krausdistel, mannstreu.
HUNDERTHÄUPTIG, adj. hundert häupter habend: hundert-
hüuptig, centipes, das hundert höupter hat. M aaler 232';
den bunderthäuptigen, den stürmenden,
mit mactit bezähmten Typhos. Stolbbrc 15,21;
aus hundert häuptern bestehend:
mit fleisz will ich dir (Minerva) dienen nun,
ein hunderthewblich opier thun^ H. Sachs 3, 2, 96'.
HUNDERTJ.ÄHRIG, adj. hundert jähre zählend, mhd. hundert-
jaerec: weil er (.Abraham) fast hundert jeiig war. ßöm. 4, 19;
hundertjährige bäume ; hundertjärige zeit , hundert jar lang
wält, seculum Maaler 232' ; diese unsere vorstehende hundert^
jahrige alterszeit. Scnui-Pius 775 (d. i. das siebzehnte Jahrhun-
dert; der dort stehende tractat trägt den lilel serinon von der
siebcnzehenden dieses hundertjährigen zeitlaufs glückseligkeit
beschreibung) ; der hundertjährige kalcnder, der für die zeit
vor hundert jähren berechnet war; die Witterung nach dem
hundertjährigen kalender voraussagen, weil man glaubte, dasz
alle hundert jähre die gleichen uilterunysverhältnisse wiederkehrten.
HUNDERTJAHRSZEIT, f zeit eines Jahrhunderts: es hat
diese hundert jahrszeit (das 16. jahrh.) mehr gelehrte gezeugel
und her fürgebracht , als vorhin in fünfzehenhundert jähren.
Scuuppius 77s.
HUNDERTJÄHRUNG, /". für Jahrhundert: für Wörter, die
aus dem latein- oder griechischen entlöhnt, und dannenher
aigentlich unteUtsch sein, liab ich bisweil versuecht , einen
tausch zu treffen, und gunz-teiitsche an ihrer statt zu ge-
brauchen: da ich nämlich schulen und kirclicn, lähr- und
bäthäuser nänn, das opfer, eine hailgen-gab, seculum, eine
bundert-järung. Rohpler vorrede s. 20; es hat in nächstver-
llossener hundert-järung die entstandene zwitracht des gottes-
diensts eine gräuliche Zerrüttung verursachet, s. 1.
HUNDERTJLNGENWURZEL, f. name der pflanze cyno-
ijlossum. Nehmcu.
HL'NDERTKOPF, m. eryngium campestre; s. hunderthaupt.
HL.NDERTKüPFlt», adj. hundert köpfe fiabend : ein hundert-
köpfiges ungeheuer; bundertköpficiit, centiceps Steinbach 1,915.
auch hunderterlei denkart, geschmack habend (vergl. köpf theil 5,
sp. 1758 /f.), vielfältigen sinnes : das hnnderlköpfige publicum.
HUNDERT.MAL, adv., vergl. unter hundert 8, sp. 1925.
HUNDERT.MALIG, adj. zu hundert malen, zu viel malen:
hier hilft ein hundertmaligcs befehlen nichts.
HLNDERTPFÜNÜER, m. kanone die kugeln von hutidcrt pfund
tchtent {vgl. Vierpfünder, scchspfünder u. (Ütnl.) :
doch hat er (der ft-ind) Hinten und nicht minder
kanonen, viele hundcrtptünder. H. IUikb 18, 283.
HLNDEBTPFLNDIG, adj. das hundert pfund wiegt, cente-
nariui. Frisch 1,476'. auch das hundert pfund schieszt, vom
geschult: eine bunderipfündige kanonr.
HUNÜERTSCHÜN, adj. hervorragend schön (»///. hundert 7):
dem lii'tt .llr tum Ir'.lntn-J i-I.imi
dann kte mil «cliuii weil ubi;iHuiiill
fraw ili-lrnam auiz lirierlit-iiland. mUckenkr. l.Stt,
VfL auch tau^f-riihi lir>ii.
HUNDERTSORGEN, f. plur.: von diesem schach- oder
könig-spiel etwas mehr zu gedenken, so nennens die Perser
sedrenz, hundert-sorgen. pers. rosenlh. 7, t3 anm.
HUNDERTSTE, m. cenlesimus. neicn der vollen form : cen-
tenus, cenlesimus hundertst, hundcrtest, hunderztc Dief. 112';
der huudertist centesitnus Maalek 232', ist im 15. bis 18. jalirh.
auch hunderst gewöhnlich: cenlenus hundirste Dief. a. a. o. ;
wann in einem kiiegsheer ein regiment Soldaten rebelliren, . .
so last sie der gencral nicht alle aufhenken, sondern last
sie spielen, wer unter ihnen sterben sol, und strafet etwa
den hundersten oder den zehenden mann. Schuppiijs 322; da
doch heut zu tage ihrer {der menschen) viel das hundersle
jähr erreichen. 777, vergl. auch das cital aus ThCmmel 3, 145
unten, es stellt, wie die cardinalzahl, theils in genauer arithme-
tischer bedeutung : der liundertste theil eines ganzen; es ist
unter ihnen gar nicht selten , dasz männer und frauen das
hundertste jähr zurücklegen. Immermann MüncZ/A. 1,9; so gebt
inen nu heuts tages wider ire ecker, Weinberge, ölegarlen,
und heuser, und den hundertesten am gelde, am getreide,
am most, und am öle, das ir an inen gewuchert habt. iVe/j.
5,11; theils nur zur bezeichrrung einer hohen stufe: {leute die)
den hundersten bauern und ackerbauer in der zahl über-
treffen. ScHOTTEL 1128'; der hunderste verstehts nicht, paun
intelligunl. Steinbach 1,794. Die redensart das hundertste in
das tau.sendstc werfen , etwas vermengen , verwirren , ist später
bezeugt als das hundert in das tausend werfen {sp. 1024), und
wol erst aus dem letzteren variiert, als man das bild nicht mehr
verstand: fieng er wieder an zu wöten und das tausendste
ins hundertste zu werfen. Simpl. i, 336 Kurz ; lasset den teufcl,
wenns ihm golt um der weit boszheit willen verhänget, das
hundertste ins tausende werfen, lasset ihn das unterste oben
kehren, trotz sei ihm geboten! Scbivek seelensch. 1,547; wenn
es dem humoristen erlaubt ist, das hundertste in das tauiend-
ste durcheinander zu werfen. Götue 22,206; jenes mangelnde
Verständnis hat auch das verbum manigfach wechseln lassen : sie
alsdenn das hundertste in das tausendste mengte, ehe eines
mannes 172 ; doch lassen sie uns nicht das hundertste ins
tausendste schwatzen. Lessinc 1, 402 ; die einbildungskraft
geht vom hundertsten aufs tausendste. Ka.nt 10, 1S2; so kam
ich von Margots halsluch auf das halstuch der heiligen, von
dem hundertsten ins tausendste. Thümmei. 3, 145 ; sie kamen
besonders über diesen letzten punkt aus dem hundertsten ins
tausendste. Göthe 19, 17 ; er verfällt immer aus dem hundert-
sten in das tausendste. Immermann Münchh. 1,8.
HUNDERTSTEL, adj. der hundertste theil eines ganzen: ein
hundertstel centner ist ein pfund. ursprünglich ist es ein Sub-
stantiv, das hundertstel, da es aus hundertste theil zusammen-
gezogen wurde, vgl. auch hundertel, hunderttheil.
HUNDERTSTIMMIG, adj. mit einer groszen anzahl von stimmen:
als ungesehen jetzt vom hoben eher
herab die orgel anfieng sich zu regen,
und hundertstinimig der gesung begann.
Schiller braut v. Mes.'iina v. 1505.
HUNDERTTAUSEND, num. centum millia, mhd. hundert-
tClsend. in arithmetischem sinne heiszt es ßr centutn millia ebenso
oß blosz hunderttausend:
gcneral Daun der ist geschlacen
mit hunderttausend mann. Iiiloerrand volkü. 417;
als ausdrücklich cinhunderttausend, oder mit einfügung von mal
{s. d.) cininalhunderttausend ; dieses mal ßndet sich bei den
folgenden hunderttausenden in der modernen spräche öfter ah
dasz es fehlt (lieber zweiinalhunderttausend als zweihundert-
tausend M. ähnl.). für zehnmalhundertt.nusend und folgende
brauclwn wir jetzt, doch erst seit dem is. jahrh., die Zahlenreihe
der niillioncn und ihrer verwandten, früher wurden auch diesen
angehörende zahlenreUien durch multiplication von hunderttausend
ausgedrüclit. die ältere sjrrache verwendet hierbei, wie bei den
reihen unter zehn hunderttausend das multiplication swurt mal
nur schwankend: hundertmal hunderttausend centies US Maaler
233'; viei-zehen liundertinal tausend inünche und nonneii.
Schottel 1128'; elfmal hundert und zwei und neunzig tau-
send menschen. Schuppius 781 ; fünfzehen mal hunderttausend
Soldaten, ebenda; C. Marius hat 2. hundert tausend Dcnne-
märker und mitternachtischer Völker zu boden geschlagen.
ebenda; sechszehn mahl hunderttausend. Happel acad.rom. II;
sechs hunderttausend und secbsr. Seriander rerhlschreibumi
(irM>] ■r.-i;
iiiülir dann drui hundert tausend
Nrurht er gerUit in« land. Soltao volk*l. 430 (■'. I5(t(>);
wol mit vierhundert tausend!. 471 (lon 1623).
1 929 HUNDERTTAUSEND — HUNDESCHLAG
HÜNDESCHLÄGER — HÜNDETUGEND 1 9^0
hunderttausend auch in unbeslimmiem sinne, nur eine un-
ge'iuure menge bezeichnend:
in Böhmen seindt erschlagen
viel hundert tauseudt man.
SoLTAU volksl. 469 {von 1622) ;
uns umspülen hunderttausend wogen. Götbe 1,84;
der straüsz, den ich gepflücket,
grüsze dich viel tausendmal!
ich habe mich oft gebücket
ach wol ein tausendmal,
und ihn ans herz gedrücket
wie hunderttausendmal! S7 ;
nun, Deutschland, horch mit hiuiderttausend obren,
nun schau mit hunderttausendrachem blicke. Kückkbt 137;
tt'ie schon mhd.:
treit ieman ganzen lip mit hundert tüsent wunden.
minnes. 3,451* Hagen;
in freierer Verbindung:
me danne tüseni hundert wunder,
die von disme lande sint.
W. V. d. Vogelweide v. Wackernagel,
s. Sl anmprk.
die Steigerung zehnhunderttausend mal ßr millionen mal noch
in neuerer spräche:
ein reines, lichtes wesen, über mich
zebnbimderttausendmal erhaben.
Kl. Schmidt poet. briefe 84.
die alemannische form hunderttüsig {nach tüsig aus tusendig,
für tausend, Weixhold alem. gramm. s. 309) als kosewort in
adjectivischer Verwendung :
ei, min hunderdusige Gret,
denk an dasz guot, dasz ich dir det,
do ich dich nam zuo der ee. fastn. sp. S25, 17.
vgl. zu diesem gebrauche herztausig sp. 1261.
HUNDERTTAUSE.NDFISCH, wt., dim. -üschchen, ganz Ueine
fischchen, welche m menge herumschwimmen (cyprinus aphya und
ähnl.) Nem.mch; das fischlein, das in Oesterreich sänglein
genennet wird, davon auch herr Cülerus meldet, dasz man
es in der mark Brandenburg grübe oder hundert tausendfisch
heiszet. Hobberg 2, 509* {gemeint ist cyprinus gobio, der gründ-
ling); die heurlingen werden in dem Neuenburger see häufig
gefangen, zu Genf nennet man sie hundert- tausend-fisch.
3, 2, 305'.
HL.NDERTTAUSE.NDSTEL, n. der hunderltausendsle IheU eines
ganzen.
HUNDERTT.\LSENDTHEIL, n. ebenso:
und jeder junge tag,
und jedes tages bunderttausend-theil
Dicht inniger uns in einander.
Kl. Scbhiot pvel. briefe 122.
HUNDERTTHEIL, m. der hundertste theil eines ganzen: in-
dess schritt ich doch nun zu der chemischen prüfung, und
bestimmte die bestandtheile in hunderttheilen des ganzen.
LiCHTENBEBG 5 (lS03) S. 165.
HL.NDERTTHEILCHE.N, n. dimin.:
wüszt ich, wüszt ich, dasz du mich
lieb und werth ein biszchen hieltest,
und von dem, was ich l'ür dich,
nur ein hunderttheilchen fühltest. Borger 11S^
HUNDERTTHORIG, adj. iy.axSu^iv/.os : die hundertthorige
Stadt {Theben in Ägypten). Becker tceltgesch. 1,43.
HU.NDERTWEISE, adv. nach der zahl von hundert: Streich-
hölzchen sind hundertweise verpackt, werden hundertweise
verkauft ; er hat die thaler hundertweise ausgegeben.
HUNDERTZUNGIG, adj. und adv. mit hundert zungen: o sie
müssen noch alle hervor, all die götter, die in mir ver-
stummen, hervorgehen hundertzüngig, ihr dasein in die weit
zu verkündigen. Fb. Miller 2, 35 ;
hundertzüngig singen
heil dir! die ihäler nach. 345.
HUNDESART, f arl, wesen eines hundes {vgl. hxindein): ein
neidischer und geiziger sind hundesarth. pers. rosenth. 8,41.
HL'NDESCHAFT, f. gesammtheit der hunde: den mops bei
der hundeschaft der allee aufzuführen. Kl. Schmidt bei Campe
unter aufführen.
HUMDESCHEU, adj. scheu vor den hunden:
ein eher fragt den hirsch : was macht dich bundescheu?
Bacedorn 2, 136.
HUNDESCHLAG, m. i) art, race von hunden: Neufundländer
sind ein guter hundeschlag.
2) toätschtag, Vertilgung herrenloser hunde {s. hundeschlager).
in freier Verwendung: wöchentlich zweimal einen hundeschlag
der ketzer anzuordnen, ist stets genug. J. Paul aus d. teuf
pap. 2,3,
HÜNDESCHL.\GER, m. schar frichterknedü, der lierrenlosc
hunde auff'Jnyt und tödlet, sciunder überliaupl: hundeschlager
canicida Hederich 1341; hundschlager Kirsch cornuc; älter
huntslaher, huntschlaher: dasselb heuslein, . . ee und man
das abprach und für die stat setzt, darinnen itzunt der
huntslaher sitzet. Tücher baumeislerb. 267, 24 ; hundsschlaher.
fastn.sp. 376,9; sprichwörtlich: wann got einen hund schlagen
wil, so beschert er im einen hundschlager. Fbask sprichw.
1, 50'; sein name als der eines ehrlosen, dient als Schimpfname:
das er uns so schendHch lestert, und hundschlaher nennet,
und mit fudder vol schmachwort uberschütt. Lütuer 3,66'; er
wohnt in ehrloser Umgebung: mein {eines hurenwirts) nachbauer
der huntschlager geb eim ein ganz roszhaut und xx pfund
waks dran umb v gülden. Schade sal. 3, 2S1, 36 ; daßr mein
nachbaur der hundschlachter und keibenschinder. 179,10.
HU.NDESCH.NAUZE, f rostrum canis. Stieler 1906.
HUNDESEELE, f. seele eines hundes oder wie von einem hunde:
ich will dir eine kürzere beschreibung machen, wenn ich
sage, dasz Ämourette . . alle Schönheiten eines schooszhundes
hat. was wunder, wenn in einem so schönen körper auch
eine schöne hundeseele wohnt ! Rabe.ner sat. l, 93 ; ihr {der
paviane) familienname ist auch hundskopf. hätten sie zimt
hundskopf nur auch die hundeseele. Brehm illustr. thierl. 1,73.
HUNDESEICHE, f. urin vom hund. auch name der pflanze
lepidium ruderale, wilde kresse, wegen ihres starken yeruchs und
selurrfen geschmacks; verhüllt hundeseig, hundeseife. Nem.mch
3, 375. •
HU.NDESMüTTER, f : wo musz doch das gebelle nur her-
kommen? ich sehe weder hund noch hundesmulter {sagt einet
dem es geschienen als ob ein hund bslle). pers. baumg. 4, 16.
HUNDESPCR, f. fuszspur von hunden. auch name der bären-
raupe, wolfsmilchraupe. Nemmch. bei Frisch 1, 476' aber heiszt
diese raupe hundespor, als niedersdchsisch.
HUNDESTALL, m. stall ßr hunde: wurst im hundestali
suchen {etwas vergebliches unternehmen). Schottel 1115*; auch
verächtlich ßir eine geringe wohnung:
wohn in stolzer pracht des Schlosses,
und verlasz den hundestali! Voss 2,141 {Idijtl. 8,129).
HUNDESTEUER, f Steuer für das halten von hunden. nach
altem sprachgebrauche Steuer der unterthanen zur Unterhaltung
herschaftlicher Jagdhunde. Haltacs 980 ; jetzt eine Steuer an die
olirigkeil für eigene, zum vergnügen gehaltene hunde: jene blech-
münze, die man den hunden umhängt, zum zeichen, dasz die
hundesteuer entrichtet ist. Riehl culturgesch. nov. 375.
HUNDESTÖSZER, m. ein bergarbeiter, welcher hunde, karren
stöszt, mit diesen fördergefäszen fördert. Veith bergwörterb. 470.
HüNDESTREUE, f. treue eines hundes. hundestrew Locac
3, 184, 67 überschr. s. hundetreue.
HUNDESTUBE, f stube ßr die hunde, schlechte gaslstube:
der gastmeister {eines klosters) fürt in {den gast) in die hund-
stuben, die stank fast übel. Pauli schimpf u. ernst 51 Üsterlei.
vgl. hundsstube.
HUNDESUPPE, f schlechte suppe wie für hunde, jusculum
caninum, aqueum. Stieler 1687.
HUNDETRAB, m. trab, wie ihn die hunde anschlagen: setzt
sich plötzlich in einen kurzen bundetrab. H. Heine 1,288;
zumeist waren es bandelsleute, die . . . von einigen hoch-
bepackten markthelferu, die in kurzem bundetrab hinter ihnen
herliefen, ihre einkaufe nach der herberge schleppen lieszen.
4,34; und vergnügt, im gemütblichsten bundetrab, lief er
{Börne) mir zur seile. 12, 25.
HÜ.NDETRAGE, f? glechoma hederacea, die gundelrebe.
HUNDETREUE, f treue von hunden:
der beste freund in unsrer weit,
Mops, war mit Hector aulerzogeo,
und blieb ihm immer unverstellt,
mit wahrer hundetreu gewogen. Hacbdoim 2,26;
gestärkt am herzen durch hundetreu. BSicbr 82*.
auch treue wie von hunden: der alte diener hieng mit wahrer
hundetreue an seinem herrn ; für solche herzbewegende hunde-
treue fand ich keinen gangbaren spruch des dankes. Riehl
culturgesch. nov. 395.
HUNDETUGE.ND, /". .• bei zunehmendem alter ward sie {eine
hündin) zu allen möglichen hundelugenden angehalten, ich
Terstehe darunter die Wachsamkeit, die treue, ein freund-
liches wesen, und die reinlichkeil. Rabeser sat. i, 90.
1931
HUNDEWACHE— HÜNDLEIN
HUNDNAGEL — HUNDSBENGEL
1932
HUNDEWACHE, f. auf den schiffen die dritte wache der nachi.
JAC0BSS05 6, 124\
HUNDEWÄRTER, m. udrter der hunde: es ist nicht einerlei,
ob man ein liunde-, ein löwen- oder ein bienenw5rter ist.
J. Padl Hesp. 1, 181.
HUNDEWOHL, adv. wohl, wie sich ein hund befindet: mir
war 80 recht kregel zu muthe, so was mnn hundewohl nennen
konnte. L. Tieck schrißen (1S53) 24, 81.
HL"NDEZ.\HN, m. zahn vom hunde, Sinnbild der begehrlichkeit :
den hundczähn weisen. Schottel 1115'; nun kamen die hunde-
ziihne bei dem münche zum durchhruche , und er rief der
beichttochter zu, er absolviere sie nicht, wenn sie nicht laut
der kirche die steine vermache. J. Paul komet l, 10. vgl. aber
bundszahn.
HUNDEZEUG, n. verächtlich, niedriges zeug; von menschen:
0 ihr hundezeug, das zuschwänzelt dem, der sie lockt! Fr.
Mt5LLER 3, 196 : von Sachen : wo ich in eine stube trete, find
ich das Berliner . . . hundezeug (Sicolais freuden des jungen
Werther). Göthe an .Auguste Stolberg 42.
HUNDEZWLNGER , ni. ein oben offener platz in hüfen und
gärten, mit mauern oder zäunen umgeben, zur außehaltung von
hunden. Jacobsson 2,294': ging herr Hummel selbst zum hunde-
zwinger hinab, um die neuen wüchler in ihren beruf einzu-
weihen. Frevtac handschr. i, 1S2.
HÜNDIN, /■. weiblicher hund: canicula hundynne, huntin,
hüntin Dief. 95'; wann aber die hündin oder brecken ire
jungen tragen. Sediz feldbau 578; jetzt nur in gewählter spräche
üblich, da sonst fttr den weiblichen hund eigene benennungen, land-
schaftlich wecliselnd (hetze, zauche, lusche u. ähnl.) existieren.
läufisch, geil, schamlos wie eine hündin; eilte die hündin
nicht, so würfe sie nicht blinde jungen. Simrock sprichw. 267.
HÜNDISCH, adj. und adv. nach der art eines hundes; cani-
cttianj hundisch Dief. 95*; cuntnux hündisch Stieler 867, doch
auch im i'.jahrh. noch ohne umlaut hundisch. pers. baumg. 4,9;
hundischer mensch, ctnoccphalus, est homo caninum caput habens.
voc. ine. theut. k 5* ; gewöhnlich auf die charactereigenschaften eines
Hundes gewendet, und zwar l) in lobendem sinne:
da der fTemdling ihn (den Argux), mit nassen äugen, streichelt, . .
ichzt, heult er, siehet auf, erkennt Ulysz, und stirbt.
»0 hündisch lieben nicht die klugen unsrer zelten. Hagedorn 1,41.
2) meist aber mit bezug auf die verächtlichen eigenschaflen eines
hundes: der geizige ist hundisch und nmirisch, wenn er etwas
ausgeben soll. Scriver seelensch. l,S41; man redet von hün-
dischem {niedrigem, kriechendem) benehmen, hündischer gier,
hündischer frechheit eines menschen ;
dein huntische weis, die du teglich treibst,
last sehen, wie lang du Ireunt dinnen (iIh innen) seist!
fifl^m. ap. 54, 12 ;
was birgt wohl das zaudern? verwegene that;
das lächeln, das neigen, was birgt es? verrath ;
die heiligen blicke? vernichtenden scherz;
der göttliche busen? ein hündisches herz. Görav 40, 397;
trunkenbold mit dem hündischen blick.
Stolbehg 11,16 {»cvroe Ofiunx' Ü/mi' II. 1,225);
und $0 Schimpfwort: Golol venätherischer, hündischer Golo!
Fr. MCller 2,205;
nur dir gefolget insgesammt sind wir, . . .
den Menelaus und dich hündischen {xwajTtfje Ilias)
zu riehen an den söhnen Ilions. bSRCKn 143V
adrerliial :
hündisch karg und genau. 11. Sachs 1,513';
indem ihr mund so hündisch spitzt und höhnet.
A. GrTPHIU« IfitS 1,499;
die herlichste gemühter
sind stets des Momus spiel, den wen er unsre );ülitcr,
welch überirdisch sind, nicht i'üglich ladlen kau,
so greift er die person auf »ein guht hündisch an.
hisT l'iirniig« Bj*.
3) wie das subsl. hund (sp. lOlo) namentlich in compositen,
nur sttigernd nach der übeln seile hin verwendet wird, so auch
höndisch : man gähnte, seufzte, wischte sich die stirne, rieb
die äugen, hatte hündische lange weile. Wielan» 19,266(235).
4) bundische tage, dies canicularet (vgl. hundstag) :
euch will ich dir mit triwen sagen,
hüt« dich vor den hundischen tagen.
munntmmK in der tittm. 8. tOb, 7 (Itt. Jh.).
HGNDISCHHEIT, f invidia canina, avaritta sordidisiima.
Stiele! 867. dafär ungut bundischkeit : der ausgnng zu Neapel
bat die buDdischkeil dieser WUlschen in ihr rechtes licht
gestellt. NiEBORB Irben 2, 467.
HÜNDLEIN, n. kleiner oder junger hund, tnfid. hundelln,
buudel : rarucu/ii hiHidtliti, liiridllin llif> <•.'<*; \iiiui\r\ ninimliit
voc. ine. theut. k 5' ; aber doch essen die bündlin von den
brossamlen, die von irer herrn tisch fallen. Afott/i. 15, 27 ; ein
fraw die hatte zwei bündlin. b. d liebe 288* ; der edelmann
stunde wie das hündJein von Breda {beschämt). Sciidppils 89.
HUNDNAGEL, m. hei den bergmaschinen die abhängend stehende
Stange am korbe des güpels, woran der gOpelhund mit einem seil
befestigt ist, um den güpel aufzuhalten. Jacobsson 2, 205*.
HUNDS-, dieser gekürzte genitiv von hund wird vom 14. jh.
ab häufig in uneigentUchei- composition angewendet, wovon nach-
stehend eine reihe von beispielen. die moderne spräche seit dem
18. ;aAr/j. ist diesen compositen abgeneigt, sie zieht die eigentlichen
mit hunde- vor, und so haben sich nur wenige solche genithe als
erste composUionsglieder allgemein erhalten (liundsstern, hunds-
tage , hundswuth «. a., sowie pßanzennamen). in den mund-
arten jedoch , vorab den oberdeutschen , sind sie noch ganz gäng
und gäbe, im alemannischen gibt es mit hunds- eine graste
reilie verstärkender Zusammensetzungen (hundsdürr, hundselend,
hundsschlecht , hundserbärmlich und ähni, als fluch hunds-
dunner, bunAs-chetzer. Fromm. 5, 13), ebenso im fränkischen
(3,360. Kehrein 204), und im bairischen (Scioi. 1, 1128 Fromm.),
vergl. dazu unter hund sp. 1916.
HUNDSAFFE, »». cynocephalus. Stieler 24.
HUNDSALBE, f salbe vom fett der hunde: hund-salbe vor
abgerittene pferde. Pinteh pferdschulz 429.
HUNDSAPFEL, m. alropa mandragora, der scblafapfel. Nemnich.
HUNDSAPOTHEKER, ni. schlechter, verächtlicher apotheker:
für bunds-apteekern uns bewahr,
die gute zehn auszbrechen. Ringwald rv. Ee Ib.
HUNDSARBEIT, f arbeit ßr dressur der Jagdhunde: {der
jägerjunge musz) wie sie {die Jäger) mit den hundei. arbeiten,
acht geben : zugleich auch auf alle vorkommende fährten,
deren zeichen und mancherlei unterschied wohl merken, auch
den Zuspruch bei der hundsarbeit, femer die vorfallenden
waidmännischen redensarten sich fein ins gedächtnis fassen.
Heppe jagdlust (1783) 1,28; diese hundsarbeit {zu sauen) ist
mühsamer als zum hirschen. 48. verschieden hundearbeit, s. d.
HUNDSAUGE, n. l) äuge eines hundes; Schimpfwort eines
verächtlichen menschen, nach griech. xvvcÖ7ir,s :
dir, schamloser, zu lieb bat jeder hierher dich begleitet,
für Menelaos und dich, du hundsaug, rühm zu erstr^iteu
von den Troeni. Ucrger 187'.
2) name mehrerer pflanzen : plantago cynops, ständiger wegerich.
Nemnich 4,1000; gnaphalicum dioicum, ruhrkraut. 3,62; inula
dysenterica, ruhralant, ruhrwurz. 242 ; conyza squarrosa, gemeine
dürrwurz, flöhkraut. 2, 1212.
HUNDSBAD, n.: wenn sie hören sagen {von den wider-
täufern), die taufe ist ein hundsbad. Luther 4,331*; wie wollen
sie auch bestehen , wenn gott ein mal zu inen sagen wird,
horestu, warumb hastu meine liebe taufe so grewiich ge-
lestert, und ein hundsbad geheiszen, von welchem ich selbs
gesagt, das maus solt halten, nicht für schlecht wasser, sun-
dern für mein (das ist, gotles) wasser. 6, 279*.
HUNDSBAND, u. halsband eines hundes: ersache der wolf
wie der hund uinb den hals mit dem hundsband geseret
{verletzt, durch reiben) was. Steiniiöwel (1556) 48*.
HUNDSBAUM, m. pflanzenname : des evonymus europaein,
spindelbaum, pfaffenhödchen. Nemnich 2,1551; lonicera xylosteum,
heckenkirsche. 3,443; prunus padus, faulbei^e. 4,1074; rhamniis
catharticus, gemeiner kreuzdorn, auch bundebauni. 4, 1144.
HUNDSBEERE, /". häufiger pflanzenname: für rhamnus cathar-
ticus, kreuzdorn ; viburnum opulus, wasserholunder ; ribes ruhrum,
rothe Johannisbeere ; auch für verschiedene arten von cornus; lonicera
caerulea blaue hiiiidshecre, lonicera nigra schwarze hundsbeere,
lonicera xylosteum rothe hundsbeere. Nemnich; /aftnjsca huntes-
pere, ahd. hundesberi Dief. 314*; hundsbeere, baccae caninae
siiv sambuci sylvestres Stielek 119.
HUNDSBEGR.XBNIS, n. schlechtes begrdbnis, tepuüura canina.
Frisch 1, 475*.
HUNDSBEIN, n. bein, knocken eines hundes: andere . . .
wollen neue Verfassungen und sitten schnOrkeln und mit
einem hundsbeiu die weit ausglätten. Fr. MOller 2, 22.
UUNDSBENGEL, m. bengel oder prügel am yüpelhund {vgl.
hund II, 2, a s/). luis). den huudsbengrl stechen (d. A. stecken)
wird bergmannisch gesagt von arbeitern, die an ihrer arbril faulenzen.
min. -iex. (1743) :«)5*. das am scliurngel des giipels oder vor dem
hunde angehrarhte, mit in den erdboden eingreifenden tpüten ver-
sehene, statke sturk holi {bengel) hat dir bestimmung gehabt, selbtl-
standig oder zur vristärkung der hemmenden uirkung des huitdtt
dm zu raschen umgang des gupeU zu verlangsamen.
1933
HUNDSBLUME — HUNDSDRECK
HUNDSBLUME, f. leontodon taraxacum. iNenmch 3, 365. bei
Fbisch 1, 475' ist es colila foelida, die stinkkamille.
HUNDSBLÜTHE, f. gnaphalium dioicum, hundsauge, ruhr-
kratit.
HUNDSBOCHT, m. n. hundekot (vgl bochl Ih. 2,201): nim
weiszen wejTOUch, inastix, und weiszen hundsbocht, dg ist
albuin grecüni. Gersdorf feldb. d. wundarzn. 56.
HUNDSBOCR, n«. acarus ricinus, eine milbenart, die häufig
auf Jagdhunden gefunden icird. Nemsich 1, lü.
HUiNDSBBAUTLAUF, m. hundehochzeit (s. spalte 1921): was
heiszen welsche hüchzeiten, Qorentiniscb bundsbrautlauf.
FiscBABT bienk. 230* am rande.
HUNDSBREMENHECKE, f.: daher werden diese gewächs
auf griechisch kynosbatos, hundsbremenhecken , hundsdorn
genennet, anm. veiszh. luslg. '10. vergl. brenienhecke Iheil 2,
s|>. 363.
HUNDSBROT, «., wie huuilebrot sp. l'J2ü, schkchUs, grobes
brot, wie zum futter für hunde: paiiis acerosus, grob brod,
hundsbrod Alberus Ri"; hundsbiod, ßr die hunde, panis
furfuraceus et sordidus canum, caidainum Fhisco 1,475'.
HüNDSBUBE, m., vie hundejunge sp. 1921, ein jdgerlehrling
der noch auf der untersten stufe stelU, die hunde führen musz: ;
Jägerknecht, hägerbuben oder hundsbuben. Sebiz feldb. 563;
die hundsbuben sollen holdselig, stark, kurzweilig und pos-
sirig sein , und die hunde von nafur lieb haben. 579. dann
auch veräclülich für einen tief stehenden menschen : darauf hat
mir der hauptmann öffentlich übers maul gefahren, als wenn
ich ein hundsbube wäre. Schweiniches 3,159; und ist sie
(die schuldverschreUmug) so aufgesetzet, dasz sich ein hunds-
bube, geschweige denn ein edehuann und verständiger mensch,
derer schämen musz. A. Gryphics I69b l, 8S3.
HUNDSBUCHSTABE, m. vom R, nach dem knurren eines
hundes: hört und merket vier verenderte teil in disem wort
(merz), nenilich zum ersten den brummer M, darnach den
geiszlaut E, zum dritten den hundsbuchstaben R und zum
letsten den spatzen- oder sperlingsschrei Z. Ickelsaxeb B7'.
HUNDSCHAFT, f. die gesamtheit der cenlenarii und ihr ge-
licht; vgl. unter hund sp. 1919 und hundert sp. 1923. von Voss
ist dieses erloschene wort in einer 'schwergereimten ode' wieder
hervorgesucht und in freierem sinne, als genossenschaft, verwendet:
eia stall von dunkler eib umgrünt,
stand am parna^z für Föbus bunilscbaft.
die ibm als hirten einst gedient. Voss 6, 119.
HÜNDSCHLAGER, m. schinderknecht , der herrenlose hunde
tödlet, Schinder überhaupt, s. oben hundeschläger, und hunds-
scblager.
HUNDSCHLAGERISCH , adj.: solche hundtschlagerische
räht und solche henkerische arznei. Paracelsüs opp. l, 730A.
HUNDSDARM, m. darm eines hundes; auch name der serpula
arenaria, einer schneckenart. Nemnich 4, 1286.
HUNDSDEMUT, f. kriechende demut (vgl. hundedemut): er
bewiese gegen mir fast eine huudsdemut. Simpl. 3, 37 Kurz ;
weil er mehr als eine hundsdemuth gegen mir verspüren
liese. 111.
HUNDSDIEB, m. der hunde stiehlt; Schimpfwort für einen
niedrigen menschen :
den alten stinketen buudsdieb. H. Sachs 2,4,32';
sieb auf, du fauler bundsdieb,
und bald den rossen ein futter gib. 4, 3, 6ä'.
HUNDSDILL, m. pflanzenname : für aethusa cynapium, garten-
schierling, und anthemis arvensis und cotula, kamillenarten.
Nem.nich 1, »S. 331. 332.
HUNDSDING, n. verhüllend für vulva canina: herzog Heinrich
Julius von Braunschweig sagt, das Justizwesen sei wie ein
hundsding, wer darein kompt, der kompt oft sehr schwerlich
wider rausz. Lehna.nn 1,650.
HUNDSDISTEL, f colila foetida. Fbisch 1,475', auch hunds-
blume. er meint die stinkkamüle.
HUNDSDORN , m. name von rosa canina (heckenrose) und
Crataegus oxyacantha {hagedorn).
HUNDSDRECK, m. kiA vom hunde: hundsdräck caninum
stercus Maaleb 232*; weiszer hundsdreck ist ein arzneifnittet :
weiszer hundsdreck, in den aputheken, graecum album Friscu
1,475'; in der arznei haiszt man album grecuro bundstreck.
Reijcblin augensp. xl' ; ein kfdmer wird beschuldüjt :
und gibst hutzeln für feigen hin,
gibst weiszen bunisdreck hin für zucker. fastn. sp. 470, 13.
vgl. auch hundsbocht.
HUNDSENTWÖHNER — HUNDSFOTT 1934
HrNDSENTWÖHNER, m. der hunden dressur beibringt:
unter niedrigen gewcrben sind genannt hundsentwener Fischart
groszm. 79 (607 Scheible).
HUNDSFELL, n. pelUs canina. Frisch 1,475':
boren sie, sprach ich mit wehmuth,
kann ich etwa von dem hundsfcll
sie belreiu? U. I1ei.-«e 17,92.
HUNDSFISCH, «l carcharia, eine art groszer seefiscJie. Frisch
1,475*. Scumelzl lobspruch lxuiii ; hundiiscli squalina Alberus
rl*; hundfisch carclmrias, mustelus Maaler 232*.
HUNDSFISEL, «i. penis caninus; als Schimpfwort: darnach
sah er, was für huudsiisel dise zwen birschützen, seine ver-
warer, wern. Garg. 255'.
HUNDSFISELIG, adv.: dessen {des hosenlatzes) form ward
fein gemouelet nach gestalt eines gespanten bogens, wie er
zu Roan in der kirchen hanget , war nicht so hundstiselig
gespitzel, wie der Spanier geiszreuter. Garg. lU'.
HUNDSFLECHTE, f. liehen caninus. Nem.mch 3,395.
HÜNDSFLIEGE, /. musca canina. Stieleb 510; mW. hunt-
TÜege und hundsvliege: cinomia haijl ain hundsmuck oder
ain hundsvlieg. . . diu vlieg belaidigt der hund örn gar ser
suraerzeiten, wan wie dick si die hund dar ab slahent, als
dick koment si wider. Megenberg 2'}8, 9 [sie wird dann auf
den teufel ausgedeutet); hundsüiege als bild ßr eine plage, etwas
quälendes :
und wenn nun solche hundesfliegn
im bittern tod verborgen liegn. Rij(gwald l. w. 405;
ich hat viel bundesOiegn,
that manchen guten man betricgn.
I.E. y
HUNDSFLOH, f?i. ricinus, redurius. Stieleb 521.
HUNDSFOTT, HUNDSFUTT, m. Schimpfwort ßr einen ver-
ächClichen, vorzüglich feigen menschen, dasz dieses wort, dessen
zu zweit gesetzte form die ältere, aber heule nicht mehr vorkom-
mende ist, eigentlich vulva canina bedeute und nur übertragen in
seiner heutigen bedeutung stehe, ist unter fut theil 4* sp.Km/f.
zu ausführlich abgehandelt worden, als dasz hier darauf zurück-
zukommen sein dürfte, auch Logau kennt den eigentlichen sinn
wol:
den, der sich nicht wehren wil, beist man, wie man beist das
theil,
das desz hundes weib so frei pflegt zu brauchen und so geil.
2, 93, 79.
als sdwnpfwort Idszt es sich seit dem 16. jcJirh. nachweisen:
(Gargantuas herkunß lasse sich darthun) vil besser als der
schöiisten wüsten unflätigen parisischen pastetenbecken, wei-
bische hundsfutt Paris von Troia. Garg. 31* ; sind freche
Parides, die in den toden Achillem stechen, sind hasen, die
umb den toden lewen danzen und ihm den hart auszreiszcn,
daher sie heiszen vom bartreiszen, sind öpfelspiler zu ernst,
wie ihr hundsfutt Parisz. 149*; auch als derbes scherzhaftes
kosewort: dann ihr meine lieben hundsfutt wüszt , im krieg
ist das gebralens das allerbest. 22S'; hier sieht walirscheinlich
das wort noch als femininum, wie noch manchmal im 11. jahrh.
{theü 4', 1062 unten), aber der umband , dasz mit ihm mannet
gescholten werden, läszt es seit dem 11. jahrh. allgemein als masc.
verwendet werden, es bilden sich die zwei zu anfang genannten
formen aus,
1) hundsfutt mit dem plur. hundsfütter: so bald er unter
die thüre kam, sagte sie zu ihm: ach schätz, was seit ihr
worden? er aber lief die stiege hinauf {ärgerlich), und im
vorbei gehen sagte er zu ihr: ein hundsfutt bin ich worden!
Simpl. 2, 200 Kurz; (die Studenten) fahen einen tumult an,
schärfen in die steine, und schreien hundsfutt koin raus von
der hure. Schoch stud. leben Kv*; es ist nicht zu sagen, v*ie
greulich sie mich armen hundsfutt verfolget und angefeindet
j {der teufel sprichts). Schcppiüs 405 ; ich bin ein armer hundes-
fut, ich hab mein tage zu fusze gedient. Chr. Weise comud. 19;
I du hunnsfuti Juc umius. 121 ; so hieszen sie ihn einen hunns-
! fut über den andern. 123; wie ein lustiges wasser uns die
hunnsfüter zu saufen gegeben. 1S3; ihr hundsfütter! Schurken!
Fr. MI3LLEB 3, 1S5; das ist ein schurkischer streich darüber
du ohrfeigen verdient hättest von einem hundsfutt. Göthe
57, 198 ; niemand macht mir mehr freude als die hunds-
fütter, die ich nun so ganz vor mir gewähren und ihre
rolle ausspielen lasse, un frau v. Stein 1,135;
der Tüffenbach sagt zu der zeit,
das* ihr schlimme buudslüder seid.
Opel «. Coh:< 2S, 66 (con 1619).
hundsfütter, kerls, seid ihr! Zacuaki.« 1.77.
1935
HUNDSFOTT — HUNDSFREMD
HUNDSFüRZ — HUNDSHÄRICHT
1936
2) hundsfutt inil dem plur. hundsföttcr: gnädigster könig
und heiT, wir sind für unscrm hcrren gott alle arme hundes-
fölter. Leyermalzs /«st. correspondenzgeist (1668) s. 170: nun so
hat er an mir wie ein anderer Lundsvott gethan. causen-
tnacher 99; die kerlc hieszen einander hundsvötter. 107; du
extract von allen hundsvöttern. 125; du hundsfolt, sagte er.
avanlür. 1,73; kann man euch hundsvötter so ins bockshorn
jagen? Lessisg 1,416; ich wollte lieber mein ander bein dazu
verlieren als so ein bundsfott sein [wie WeisUnqen). Götiie
8,71; ahal ein rothröckiger schurke, der uns die frage vor-
legen wird, ob wir bundsfölter sein wollen. 106; angefaulte
hundsf&tter. 42, 151 ; so gewinnt man auch bei einer solchen
behandlung des Franz Moor {wie sie Ifftand in spätem jähren
macMe) nur das, dasz endlich ein würdiger bundsfott fertig
wird, den ein cbrlicber mann ohne schände spielen kann.
49, 177.
3) die eigentliche, nodt lange nachgefühlte bcdeutung des wortcs
läszt manche rerhüllungsversuclie außommcu, entweder indem man
CS in der Schreibung unvollständig läszt: ich köntc nicht er-
sinnen, welcher unter diesen beiden s. b. der gröste hundsf.
sei. Sinipl. 4,217 Kurz; ich will meins nams imer und ewig
ein bunds et cetera sein , wan ichs nit auf der stell zruck-
schick. Schwabe tinlenf. A5'; oder indem man es umdeutend
verändert: einem eingebildeten ungescbrumpclten bundespfuten.
Leyermatzs lust. correspondenzgeist (166S) x. 142; bundsvoigt, wehr
dich! Chemnitzer rockenphil., 2. hundert, cop. 52;
wer eine hure nahm wissentlich,
der war ein hundsvoigt ölTentlich.
das. cap. 11 (rt/s alles sprichworl).
wie denn auch, unter manchen andern etymologischen versuchen,
die abstammung des bundsfutt aus hundsvoigt verfochten wird :
liundsvoigl, canum praefectus, dieses ist der teutscbe hunds-
futt, und bedeutet mithin einen, der über die bunde gesetzet
ist. Hederich 1342. vgl. auch hundertfutter sp. 1927, und unien
bundskutt, sowie hundsnase.
4) bundsfott, bei den Seeleuten, ein kleiner slropp {kurzes tau),
der am stropp eines blockes befestigt ist, um daran vermittelst
eines maulstiches den läufer oder tnantel eines talcels festzumachen.
5) das dim. bundsfüttchen heiszt bei den buchbindern eine
Ideine umbeugung an beiden enden des rückens von pergament-
bdnden. J.\cobsson C, 124'.
HUNDSFÖTTEREI, HüNDSFLTTEREI, f. hundsfötlisches ver-
fahren : kriechende gefälligkeit, ein schales loben, wo nichts
zu loben ist, sinnlose titular- und bücklingsscbmeicheleicn,. .
jene süszliche hingäbe , die man (man verzeihe der niedrig-
sten Sache einen niedrigen ausdruck) kaum anders als deut-
sche bundsfölterei nennen könnte , legen uns {er meint die
deutsche nation) treudevotest zu füszen der majestät Dullness.
Herder *i(r ///f. 18, 174; wann man bei der schönsten berbst-
zeit im bette liegt und noch dazu mit s. v. hundsfüttcreien
geplagt wird. Höpf.ner in Mercks briefsamml. 2, 110.
HU.NDSFÖTTISCH, HUNDSFÜTTISCH, adj. und adv. einem
kundsfotl gemdsi, erbärmlich:
Barrabas was dankt dich desz gselln,
er tbut sich gar tiundsrotlisch .stelln,
und ganz verzagt zu unsern tliaten,
förcht er werd uns ein mal verraihen.
II. Sachs 3, 1. 194*;
ich werde sagen, dasz ich gelogen habe, und dasz es eine
hundsföllische Sache ums lügen ist, weil man drüber ertappt
werden kann. Lessinc 1,555; 's ist bundsfüttiscb, herr! spitz-
bübisch! Fb. MCi-LER 2,41; bei meiner bundsfüttischen ehre!
(der Mohr zu Fiesko). Schiller Fiesko2,ib; wie 1700, so fand
das jähr ISOl den schwülstigen Lohenstcinschen, oder jenen
nervIosscblatTen geschmack, den ich den bundsföttischen
nennen möchte. Herder zur litt. 19,108;
das weih ist toll, rief Salomo!
hat zu viel schnaps genommen!
was seiner m.ijcstat also --
so — hundsloilscli anzukommen? Dürcer 49*.
HüNDSFOTTKRIEG, ni. ertonnener name für einen erbärm-
lichen krieg: ja ich bin im bund.sfutlkrieg darbei gewesen,
da ein e<el zu dem fensterladen hernusz spninge, und also
die pferd, die ihn geschlagen betten, verrihf. Garg. 133*.
HUNDSFRE.MD, adj. wildfremd, ganz fremd: Bcaumunt und
FIet*cber, .Hieb bundfri ' 'ii an einem gemcinschaft-
licbcn schnriderti«(he J. Paul flegetj. 1, 114, die
ausgabt ton 1604 hat bui. ..-,.' ...u.
HUNDSFURZ, m.: 'hör Juvenal, slosz den bund ausz, wer
hat so gefeust?' was? kanst du kein bundsfui-z riechen, so
solst du kein wildpret fressen. Garg. 87'.
HUNDSGEHEUL, «. gehenl eines hundcs: hundsgeheul und
nachteul bedeut kein beil. Fischart dicht. 1,186 Kurz am randr.
HUNDSGEILEND, part. begehrend, lüstern wie ein Imnd :
stecken sie {die prasser, wenn sie die braten zisclien hören),
die unvcrschnmptc bundsgeilendc obren . . vier spannen lang
in die höhe. Kirchhof wendunm. 212'.
HUNDSGERRER, m., ah ein Schimpfwort:
hiesz den bierlirew ein wasserferber,
und den Schlosser ein hundsgerbcr.
H. Sachs 4, 3, 58'.
HUNDSGERECHT, adj. bei den Jägern, di» gehörige kennlnis
von den hunden habend. Jacobsson 6, 124'.
HUNDSGESICHT, n. gesiebt eines hundcs; auch name der
pflanze plantago cynops, ständiger wegerich. Nemnich 4, 1000.
HUNDSGRAS, »i. eine grasart: hundsgrasz, grasz dasz die
bund frässend, sieb darmit zc purgieren, canaria, lappa.
Maaler 232'; bundsgras, gramen caninum arvense, quecken
Frisch 1,475'. die neuere bolanik zählt unter diesem namen
mehrere grasarten auf: triticum repens; dactylis; agrostis canina
und stolonifera; plantago coronopifolia ; elymus caninus {vergl.
Nemnich).
HUNDSGRIND, m.: buntzgrint, serpedo, est cutis rugosa et
scabiosa. voc. ine. Iheut. ks".
HUNDSGURKE, /". eine p/Zon:e, momordica elaterium. Nfhnmch.
HUNDSHAAR, n. haar vom hunde. es wird zur Verfälschung
des wollenzeuges verwendet {vergl. unter haar sp. 22), daher die
redensart hundsbaar eintragen, einhacken, betrügen, verfälschen:
und trifft {Paulus in einem aussprach) auch damit seine rotten,
die im bundshar eintrugen in diesen artikel, mit mancherlei
geschwetz, und etliche sagten, die auferstehung were lengest
geschehen, und nicht als erst künftig zu warten. Luther
6,235"; jetzt giebt man sich nun auf die practik, verwinet
die Sachen, schiebet und zeuhcts auf, backt allerlei hunds-
baar mit ein. tischr. 406";
wer aber hunde.'ihar eintregt,
mit lügen gute leut bewegt. Ringwald l. w. 134.
Nach dem allen heilaberglauben dasz von einem Schädiger auch
wieder die heilende kraß ausgehe, heilen aufgelegte hundshaarc
den bisz eines hundcs: ich fand, dasz mich der bund blutig
gebissen halte, zum glück fand sich unter den gasten ein
balsamhilndler, welcher mir seine hülfe anbot, mir die wunde
auswusch, und, nachdem er hundshaare mit baisam darauf
gelegt hatte, verband, d. d. Güblas 163. wenn nun der rausch
unter dem bilde eines hundebisses gefaszt ward {oben sp. 1917),
so nannte man die beseitigung der folgen dieses rausches durch
neues trinken hundshaare auflegen : ich musz hierzu hunds-
baar brauchen; licsz ihm darauf voll einschenken. Arele
künstl. unordn. 4, 487 ; katzenjamincr, ein name, mit welchem
die vollen brüder die nacbwehcn der trunkcnheit bezeichnen;
von neuem trinken, um den katzenjammer zu überteufeln,
heiszt in derselben spräche hundshaare auflegen. Brentano
schrißen 6, 441 ;
ein gläsernes pistol
tanzt manchen ümm den mund, dasz er hinsinken sol.
das ist ein schöner todt, der bald nach sieben stunden
uns wieder leben läszt. wir schlaeen frische wunden,
und heilen uns durch sie. kein pllaster ist so gut,
als wenn man hundcsbaar aul diese schaden thut.
I*. FLiaiNG IHC.
ah die heilung hinderndes mittel aber werden hundshaare in
folgendem angeselten: beute {nach der krankheit) schon .*o
schwärmen, dasz hiesze hundshaare auf eine kaum geschlos-
sene wunde legen. Arnim kronenw. l, 178.
HUNDSHABER, m. habcr als zins zur Unterhaltung herschnß-
licher Jagdhunde, eine redensart einem den hundshajier ausz-
drescben heiszt einen uol abschmieren , durchpriigeln : und bei
er lenger verharrt, sollten iine die pauren wol den hunds-
babern auszgedro.schen und ine sauber und ruMi il..-. >- luniil.t
haben. Zimmer, chrnn. 2,545,27;
das nicht dein mann kom in das haust,
und drt'sch mir den hundshabern ausx. H. Sachs 2,4, li>';
auch nur schelten: allnin das zu achten, es hab iine sein
gemahl , die herzogin , vielleucht hernach den hundRhabcrn
darumb auszgcdrosrheii. Zimmer, chron. 1,508,31.
HLNDSHALSRAND, n. coUare canis. Frisch l,47r/.
HrNDSHARICHT, adj. und adv. pilu camnis praedilm. nach
dem salze, vom dunrrn nufs innere :u sihUr^-"^ i,.<<-i ^» .- or
1937
HUM)SH AUPT — HUNDSKLINKE
sieht hiindsliäricbt aus, discordiae gliseent Steitib&ch 1,700
(d.h. er wird bissig werden vie ein hund).
HUN'DSHAUPT, n. haupt eines bundes: Jeronymus der liailig
lerer sagt von läuten, die Laijt er cynocepbalos, die habent
bnndeshanpt. Megesbebg 490,6. s. hundskopf.
HUNDSHAUPTIG, adj.: bundsLauptiger cynocepiialus Dief.
120'.
HCNDSHAUS, n. luitti für die Jagdhunde :
Adolf, geht bald ins bundshatuz !
Ys'iT müssen auf die schweinhatz nausz,
und alle sach richtig bestellen.
J. Atbe» 326' (1631, 23 Keller).
HUNDSHAL'T, f. haut eines hundes. allgemein, ßr eine
schlechte haut, schlechtes pergament:
(ablast und bann) der allein umb gelt wirt erdacht,
von Rhom uff einer hundszhui bracht.
a. Mahuil fastn. 399 Grüneifen;
sprichvürilich : er bat eine bundsbaut troffen (wann einer bös,
böses findt). Schottel 1124*.
HUNDSHOCHZEIT, f. vie bundebochzeit sp. 1921 :
(ein baus) wenig fresscns, vil laufens geit
gleich wie auf einer hundshoclizeit. ll. Sachs 3, 2, 16S*;
wie kommen wir in die unrhu,
es geht wie auf einr hundshochzeit zu. 5, 340'.
vgl. auch hundsbrautlauf.
HüNDSflODEN, f. plur. die hoden eines hundes. auch name
der zeillose. Colchicum autumnale. Nemmch 2,1101. Maaler 232*.
im diminutiv bundshödlein, cynosorchis Frisch 1,475*.
HUNDSHOLZ, n. der gemeine kreuzdom, rhamnus cathar-
ticus. Nemnich 4,-1144.
HUNDSHÜNGER, m. heiszhunger , appetitus caninus, eine
krankheü der menschen: den bundshunger oder kuehunger,
welcbs ein morbus ist, do die leut nimmer satt werden.
Thcrseiszer magn. alchym. 2,115; rockenbrot in baumöl ge-
weicht ist gut wider den bundsbunger, dasselbig gessen.
Tabernaem. 592; und doch, wenn das extrablätteben mitten
im entscheiden wäre, würde jeder aus hundhunger nach
bioszen vorfallen reiszaus nehmen und auf nichts auslaufen,
als auf die fortsetzung der vorfalle. J. Paul Hesp. 3, 29. auch
krankheü der pferde: von dem woIfs oder bundshunger. diese
krankheit, so von den alten scribenten der bundshunger ist
genennet worden, quälet und schwächt die pferde gewaltig.
Uffesbach neues rossbuch 2,159.
HUNDSHCTTE, f. tcie hundehülte sp. 1921 ; audi verächtlich
für ein kleines schlechtes haus. Frisch 1,475*.
HUNDSIGEL, m. erinaceus: einige haben die igel , nach
der bildung ihrer schnauze, unterschieden in bnndsigel und
Schweinigel. Nemsich 2, 1521.
HUNDSIMBISZ, m. nach dem lat. prandium caninutn: beim
bundsimbisz trinkt man keinen wein. LEDXAnif 1,213.
HÜNDSJACKE, f. eine art bekleidung der sauhetihunde, auch
bundspanzer. Jacobssox 6, 124'.
HUNDSJUNGE, m., une bundejunge sp. 1921, die unterste
stufe des jägerlehrlings : im ersten behäng {d.h. lelrrjahre) wird
er {der j'igerlehrling) genennet: lehrling, junge, jägersjunge,
hundsjunge. Heppe ;a<;rf/ust (17S3) 1,27; endlich kömmt er auf
seine hundesjungen, und sagt: mein hundsjunge gibt einen
gnten forsten Schdppius 106;
sich! dort kommt der hundtsjung gleich eben.
J. Atrkr 326' (1631, 21 Keller).
uherzhaft heisxt man auch in einem kaufmännischen geschäß den
letzten lehrling den bundsjungen. spru.htrürtUth : sie machten
den guten tropfen aus wie einen bundsjungen. gefl. fink. 23S.
HUNDSK A.MILLE, f anlhemis cotula, die stinkende kamille.
NEM5ICII 1,332; anthemis arvensis, die wilde hundskamille. 331.
HUNDSKAPPE, f. eine heim form des 15. jahrh., nach der
form des visiers : buntzkappen , mitra ferrea , est genus galee.
roc. ine. llieut. kb'.
HUNDSKETTE, f bergmännisch, das seil, Komit der hund
im Stollen gezogen vird. bergv.-lex. .'JOs'; bunds und bunds-
ketten halten die lenge nicht. Mathesics fastenpred. 3%' ; bunds-
ketten schmieden für verschvören braucht derselbe, Ltäher l5i',
vgl. unter Katharina 2, theü 5,276.
HUNDSKIRSCHE, /. lonicera xylosteum, heckenkirsche ; auch
cornus florida, ein Virginiseher bäum. Nemxich.
HUNDSKLINKE, utiprünglich f, ein aus der altem hollän-
dischen Volkssprache bezeugter, aber icd allgemein niederdeutscher
name für cunnus caninus {vgl. vajc HEl.TE^, proeren ran iroord-
verklaring, Rotterdam 1S71, s. 60), dann wie bondsfott, und
IV. H.
HUNDSKLTNKERISCH — HÜNDSLEICHE 1938
masculin, als Schimpfwort ßr einen erbdrmlicJien kerl, auch holländ.
bondsklinck: sie seind privilegiert einander zu injurieren
und diffamiren, gleich den comödianten, da ich oft im spiele
gesehen , dasz söhn oder tochter dem vater eine ohrfeige
gegeben und mit einem huntzklinken oder bärenhaut bedecket
{d.h. ihn so oder bärenhäuter genannt haben), interim 524; ihr
dörft noch wol einen guten prediger geben , aber nicht für
cavallier und Standespersonen , sondern für coujonen , für
hundsklinken und bernhäuter. Schcppiüs 3S2.
HUNDSKLINKERISCH, adj. erbärmlich : aber der tropf war
viel zu eselbaftig und bundsklinkerisch darzu {zu spitzbuben-
künsten). Simpl. 3, 13S Kurs.
HUNDSKNOBLAUCH, m. eineknoblauchart: bundsknoblauch
aUium caninum Alberüs CC2'.
HUNDSKOHL, m. name des bingelkrauls, mercurialis perennu,
eynocrambe; auch apocynum und aselepias st/riaca heiszen so.
HUNDSKOPF, m. l) köpf eines hundes : cynocephali thier in
Etbiopia wie äffen mit hundsköpfen. Dastp. ; darnach kamen
wir an die grosze leute mit hundsköpfen, so cynocepbalia
genannt werden. Roi.lexhages wunderb, reisen (1717) «.36; in
vielen bergen aber sind auch menschen mit hundsköpfen,
bekleidet mit der wilden thiere häuten, reden nicht, sondern
bellen, s. 77; bergmännisches Sprichwort: wer schweinsköpfe
haben will, musz bundsköpfe dran setzen, das ist, wer verlag
und ausbeute haben will , musz fleiszig und willig zubusze
geben, bergw.-lex. 305'.
2) träger eines hundskopfs: die paviane. ihr familienname
ist auch hundskopf. Brehx illustr. thierl. l, 73. hundskopf ah
Schimpfname Bode T. Jones 3, 161 ; da ward Abncr seer zornig
über diese wort Isboseth , und sprach , bin ich denn ein
hundskopf? 2 Sam. 3, 8.
3) daher auch name von thieren , deren kopfbUdung mtt der
eines hundes entferntere oder grössere ähnliclikeit hat, einer hai-
ftscliart, squalus carcharias, einer fleiermausart, vespertüio vam-
pyrvs {sonst der fliegende hund), und einer schlänge, boa canina ;
ferner pflanzenname von antirrhinum oronticum , orani, doranl,
nac/i der gestalt ihrer Samenkapsel. Nemäicu.
HUNDSKÖPFIG, adj. einen hundskopf habend : hundsköpGgte
leute werden in Indien gefunden. BoLLEftUAGEN icunderb. reuen,
im register.
HUNDSKOT, m. stercus caninum, hundsdreck. auch name det
pflanze pedicularis sylvestris, w<ildläusekratü. Nexmcb4, SSS; und
einer art rasch, eines zeuges aus seiäe, wolle und leinen. Friscr
1,476* {mit beleg aus dem 17. jahrh.).
HL'NDSKRä.MPF, m. spasmus cynicus, da einem der munä
gekrümmt und verzogen wird. Kirsch comuc. ; das lacbkraut,
und so auch die belladonna und andere giftpflanzen ziehen
die lacbmuskeln krampfhaft zusammen , so dasz man zu
lachen scheint, wie im hundskrampfe oder im hoben grade
der trunkenheit. Weber Demokr. 1,49.
HUNDSKRAUT, n. bingelkraut, mercurialis perennis. Nemmch;
huntzkrut, uligo, est quedam herba. roc. ine. theiU. kö".
HUNDSKRESSE, f. iberis nudicaulis, wilde kresse.
HUNDSKÜPPEL, f. kuppet an der die jäger hunde ßkren.
Adelung.
HUNDSKCRBIS, m. bryonia alba, die zaunrübe; bryonia
hündskürbs Alberus DD 3*; bundskürbe frryonja Maaler 232*;
wilde oder hunds-kürbis. anm.weiszh.lustg.U6. nocÄ Nemmch
auch momordica elaterium, eselsgurken.
HUNDSKUTT, m. Verstümmelung von hundsfutt, vergl. oben
sp. 1934 : lieber Hans , golt gibt nicht jedem bundskull eine
solche frau. Lehmann 173.
HUNDSLANGWEILIG, adj. äuszersl langweilig {vergl. hund
sp. 1916 und bunds- sp. 1932): das musz ihm hundlangweilig
werden, es täglich wiederholen. J. Pacl flegelj. 1, 15S; die
ausgäbe von 1804 1,240 liest aber noch hundslangwcilig.
HUNDSLATTICH, m. leontodon taraxacum, hundsblume.
HUNDSLAUCH, m. aUium vineale. weinlauch, u-Uder lauch.
HUNDSLAUFT, wi. lauß eines hundes. der plur. hundsläuflc
für Cichorium intybus, wilde cichorir, wegwart. .Nemsich 2, 103<«;
intuba hundtsluuff Gersoorf feldb. d. vundarzn. 102, ist ver-
derbt aus bindläufte, vgl. sp. 1412.
HU.NDSLAÜS, f. acarus ricinus, tergl. hund.sbock ; hunds-
laus, ricinus Maaler 232*; ricinus . . ein zeck oder hunds-
lausz beiszt die hunde inn die obrn. Alberus Xi3'.
HUNDSLEICHE, f leiche und leichenbegängnis eines hundes;
im folgenden in letzterem sinne: soll ich dir von der groszen
hundsleicbe vorerzählen? Schiller räuber 1,2.
122
1939
HWnSLOCH — HUNDSREBE
HUNDSR^'G — HUNDSSTERN
1940
HIJNDSLOCH, ti. wrtwu imiidelucli sp. 1922: wurf er sie
öffentlich ins hundslocb. Fiscuart bienk. 'lii';
(ich will) euch tollen und vollen nanu
ins bund^loch fülirea.
iVichijrcvii Cornelius rrligntus, deutsch
von SoMMZM F2'.
HUNDSMAGER, adj. magtr nie ein windhund. Fniscu 1,476'.
vgl. hundedürr, bundemager.
HUNDSMEISE, f. parus aler, die tannentneise , und parus
palustris, die sumpftneise.
HUNDSMELÜE, f. chenopodium bonus Hcnricus, gdusefusz ;
stinkende bundsnielde, chenopodium vulvaria. auch amarauthus
ilUum, der kleine amarant, und mcrcurialis perennis, bingelkraut,
hciszen hundsnirlde.
HLNÜSMILCH, f. lac caninuni. Maai.er232'; auch pflanzen-
name: hundsmilch, wulfsniilcii, esula, upocynuni Krisch 1,476*.
HL'NDSMÜÜS, H. liehen caninus, hundsßechte.
HUNDSMIJCKE, f. cynoinia, hundsßtege. Mkcenherg 298,9
(s. die stelle unter hiindslliege): roszmuck oder hundsinuck,
ein gatlung deren l>rämen, die den thieren das hlut ausz-
saiigend, cynomia, asylus, Maaler 336*; die vierde {egyplische)
pUige: das laut kam vol hundesinucken. d. stddlcchr. 8,203,9
(bei LcTiiF.R unzifer) ;
und die bumlgniucken. die do haut
geJurechtet Kgjrpteu landt. Ukamt nunensch. 27, 23;
umb in stachu die bundsmiicken. II. Sacus 1,529';
die burneusel, hundsmuckn und grillen. 4, 3, 9\
als bild für launen, lücken: wenn sie bezecht siindt, so
stecken sie toU hundtsmucken , und murren und beiszen
umb sich, de generib. ebriosor. 15;
wie sclimecken dir nun die bundsmucken,
du must dich vor dem jiidcn bücken. H. Sachs 4,1,27';
niemand, als ebn der vatter dein,
ist schuldig an deinem Unglück.
er ist vull eifersucht und duck
und hat den nagel glegt daher,
das2 unser eins drau gelenict wer.
0, ich kenn sein hund.sinucken vrol.
J. Atkkr fastn. 32' (2498, 15 Keller) ;
vea darf ich hie deiner bundsmucken? 38* (2529, 24);
hinder dem berge lielt.
steckt Toller hundesmückeu. B. Rl!4G^TALD geistl. lied D
HUNDSMÜDE , adj. so müde wie ein hund nach der jagd.
Frisch 1,476*.
HUNDSMLHE, f. müht wie sie ein hund hat: hal)t ihr nicht
gesehen, wie andechtig er (der hund) das markbcin, wann
er eins lind, Terschiitwachtet, wie eiferig er es halt, wie ver-
nünftig er es anatoinirt . . . was ist nun die huffnuug der
bundsmühe? was Termeint er hieraus guts zu erlangen?
Dtcbts meiir, als ein wenig schincrhaft uiark. Cary. 22*.
HUNDS.MUT, ni. gemüt, gesinnung eines hundes :
ich batt einen hundesmut,
der sich mit keinem knebelspies,
sondern mit gut versönen lies. Ri:46Wald Ir. tkk. G G',
der nicht der drohung mit waffen , sondern guten warten zu-
gänglich war.
HUNDSNASE, f. nase eines hundes. als Verhüllung für huu^is-
fütt : er ist eine reciile hundsnase, mulier est, animus ejus est
in pedibus. Stieler 1333; wenn einem rechtschaifenen dienir
die bände gebunden sind , dasz er als ein schclm uder gar
als ein hundsnase {wegen des masculinen geschlechts vergleiche
sp. 1934) leben soll. Chr. Weise comüd. i.
HUNDSNELkE, /. saponaria officinalis, Seifenkraut.
HL'.NDSOHIl, n. ohr eines hundes. auch name der perlmutter-
muschel, mylilus margaritiferus.
IIUNDSFANZEH, m. vgl. hund.sjacke.
HUNDSl'ARD, m. felis uncia, die unze. Nkmxicii 2, 1003.
HUNDSPEITSCME, /: peitsche für hunde. Adelung.
HUNDSI'ETERSII.IE, /". aetliusa cynapiwn. gartensehierling,
und coniutn maculatutn, gefleckter oder groszer Schierling.
HUNDSJ'KLAUME, f eine gelbe und frühzeitig reife pflaumenarl.
nCNDSPHILOSÜPHit, f philusuphia cynicorum:
tt* (>(>>■ iioeirrei) wird mir nutzer sein, ali migden zw Kefalltn,..
au dasz mein sinn im wein, und wein ncbwuuim in Jitm sinne;
als dasz der spieler dank, der schlecht ist, ich uewünna;
als da*x ich mich bafliesi auf hunds-philosuphei
und trieb als eine kuost «in bfluritch Icldgutcbrei, Logau 1,97.
HINDSHACKEHMUDE, adj. dusierst müde. Aukrbacub durfg.
(lH4e) l,2ä. vgl. hniidsinude.
HLNDSRAITE, f scrophularia canina, auch helmraulc.
HUNDSKEBK, f. s'xifraga granulata, ueuser tteinbrtch, keil-
kraul.
HUNDSRING, m. ring, woran im bergwerk der hund befestigt
wird, wenn man holz in die grübe lassen wUl. Krisch 1,1 7f/.
HLNHSHIPPE, f. rippe eines hundes ; auch name von plantago
lanceolata, Spitzwegerich.
UUNDSRüMEI, m. anthemis colula, stinkende camille.
HINDSROSE, f. rosa canina, heckenrosc.
HÜNDSRÜBE, f. bryonia alba, zaunritbe, auch hundskufbts.
HUNDSKUTUE, f. der schwänz und das muitnlwhe glied einci
hundes; auch nach der ähnlichkeit mit letzterem name eines
sihwatnmes, cynomorium coccineum, und einer thierpflanze, alcyo-
nium epipelrum. Neh.mcu 2, 1343. 1, 166.
HUNDSSCHADEL, m. schadet eines hundes; auch wie hund»-
küpf, pflanzenname, von antirrhiuuni minus und oronticwn.
HUNDSSCHAM, f. weibliches glied eines hundes; auch cyno-
metra, eine oslindische pflanzengattung.
HUNDSSCHL.ÄGER, m., wie hundeschiäger, schmderknecht,
der herrenlose hunde aufgreift und lödlet, abdecker tdierluiupt:
ieduch kein basen sy (mi-iiie frau) erlauft,
wer sy noch so rainig und hager.
ich wolt das sy het der bundlsscblager.
meinerl. lut. 23, no. 250;
man thut doch als nur von gelds wegen . . .
daher wird einer ein ankleger,
der andfr wird ein hundtsschleger,
der tiritt ein siaitkneclit oder büttel,
der viert ein baur in seinem kittet . . .
J. .\iRER ny (21S6, i6 Kellrr) :
ihr . . habt nicht mehr als ein rechts ohr.
das steht zunächst hinder dem backen
über dem lialsz und bei dem nacken,
und seclit recht wie ein liiindsschlager
oder ein alter relflrager. 450' r228ü, 31) ;
wer bislu mit der langen Stangen?
ein hundschlager und wildhundTangen?
futtn. sp. W (2838, 11).
HUNDSSCHLAMP, m.: vil weniger acht er den cynischcn
hundsscUamp, das ist ein maizeit ohn wein. Garg. 44*. vgl.
huudsimbisz.
HÜNDSSCHLANGE, /". boa canina. vgl. hundskopf 3.
HUNDSSCHLUND, m. caninus rictus. .Maaler 232*.
HUNDSSCHMETTERLING, m. paptlio rhamni.
HUNDSSCHNABEL, m. : huntzsclinabel, cathocolla, est herba
quedam. voc. ine. theut. k5*.
HUNDSSCHNAUZE, f. schnauze eines hundes: ein runder
dicker manu, der zwar weder einiiugig war wie die Agriofagcn,
noch eine huudsschnautze hatte wie die Cjmoigen. Wielanu
19,36.
HUNDSSEICHE, f. was hundeseiche. Nkümch.
HUNDSSOKF, in. grad der trunkenheit in der du bissigkttl
eines hundes hervortritt: was? du alter schelm! sagte der
leutenant, der eben einen rechten bundssoff hatte, soltcst
du einem cavalier solche werte vorhalten dürfen? zog damit
von leder und stach meinen lieben alten Herzbruder im bette
zu tode. Sinipl. i,i(H Kurz; bei btuscu einen hundssuff haben,
so gesoffen haben , dasz man sich anfängt zu zanken. 1, 476'
vgl. hundstrunk, hundstrunken, huudsvoU.
HUNDSSPRUNG, m. sprang eines hundes; einem den hunds-
Sprung weisen, ihn fortjagen: vermeinete nicht anders, als
es müsten wolfe sein, wolle derowcgen diesen schrürklicheo
reulauris den hudds-prnng weisen, und sie wieder abschaffen.
Simpl. 1, 18 Kurz.
HUNDSSTALL, m. wie bundeslull. Klägers Ihealer 4, lü5;
hunizstal, incastralura , est locus et slabulum canum. voe. ine.
theut. k 5* ; der hundsstail für Jagdhund. Sebiz feldb. 579.
HUNDSSTERN, «»., wie griech. xiiuir, stern im slernbtld des
hundes (sp. 1919), der üirius, der als besonders heiss gedacht
wurde; in der Meinauer naturlehre hriszt er noch lateinisch- gelehrt
canis: (in den hundstagen) sü g&l die kunne bi eime sterncu,
der hei^it canis, wun er als rebt ubii ist. f. 14 ; erst tm 15. jk.
ist die deutsche ubciselzung nachzuweisen : sirus die huDdestcrue
DiEF. »a*»' (niederrhetiiisch, aus der yemma gemmarum); und
hieraus erkennet man den wahu der Sterndeuter, welche die
bitze der hundstage dem buuds!<lerne zugeschrieben, der als-
deuu mit der sunu« aufgehet. Chr. Wol»k wn den würkungen
der natur t.m-, üb, du Qauimeoder hundsstern! Fr. MOller
I, 162;
jaiiund da eban dar buiidssteru sich auch erieigel.
VVt(.AMiaLi<i »67 ,
wia wenn zu souimerstait die dutialigi'u geUldcr
dar gtimme humit.^trni brennt. P. FLiaiiib 17;
nun sich der hundaitmi U<i sbiiran. da man auch
dia frucht wil scIiHaMau ab. Umt t'arn. 4u3.
1941
HUNDSSTÜBE — HCNDSVOLL
HUNDSWADEL — HÜNE
1942
HüNDSSTLBE, f. stube in der hunde aufbewahrt tcerden;
auch übertragen, schiicJUe stuhe, in der gan: geringe gaste be-
herbergt «erden, in einem kloster:
auf CID abeiit ein Sprecher kam,
der im kloster auch herberg nam
▼011 dem pastmeister obberürl.
der in hin int liundsstuben fürt,
doriiineii was ein wüst gesteok. H. Sachs 2, 4, 125*.
HL'NDSTAGE, m. plitr. die sommertage, in denen der hitzige
hundssiern regiert (24. juli bis 23. august), niederl. hondsdagen
(KiLiA!^). im li. jh. huntliche tage: danne (uenn die sonne im
lüwen stellt) die lüte versniahtent sint von hitzcn unde TOn durre-
keit. so sint huntlich tage, wan sü gät die sunne bi eime
Sternen, der heigit canis, wan er als reht ubil ist. Meinauer
naturlehre s. 14, rgl. auch hündische tage oben sp. 1931 ; das com-
positum neit dem 15. jA. 7iachzuiceisen : des sommers in der heilen
tid dat raen heilet de hundedage. d.stddtechr.-|,T^S,2i\ lasz niht
zu ädern Tom dntten tag nach Vita uncz auf den andern tag
nach Egidii, wann es seven die hundstag. kalender von 1428
im anz. für knnde deutscher rorzeit 11,334; bei disen heiszen
hundslagen. FrscnART bienk. 51' ; es war sehr heisz und eben
in den Dundstagen. Götz t. ß. 75; die hitre der hundstage.
Christian Wolff veriiürtfl. gedanken r. d. tmnkungen der natur
325 {s. die stelle ausführlich unter hundsstern); in der hölle ist
es ganz höllisch heisz, und als ich mal in den hundstagen
dort war, fand ich es nicht zum aushallen. H. Heine 1,190;
in den hundestagen herzen {lieben)
ist sehr treftlich ungesund. Rist iiirn. 401 ;
mit bezug auf die unrkungen der hundstage : das jederman sehe,
wie dich die hundstage reiten. Lctber 1,3S4'; sein« närriscJien
aufzüge und wunderlichen redensarten legeten zur genüge an
den tag, dasz in seinen gehirn immer hundstage sein müsten.
Darbennime 660.
HUNDSTAGFLIEGE, f. musca canicularis. Nemmch.
HUNBSTAGSHITZE, f. hitze t« den hundstagen oder wie in
den hundstagen.
HUNDSTASCHE, f. rtüva canina; als srhimpftcorl hunds-
tüschen (plur., in Lezug auf mehrere). Garg. 197'.
HUNDSTHEIL, m. antheil der Jagdhunde an getcissen stücken
des erlegten Ihieres (rergl. hunderecht): hundsteil, aiioi jäger-
recht, poiluctum canarium Stiei.er 2268.
HCNDSTICKE, f. hundslaus, aearus ricinus, in yorddeutsch-
land; ticke ist das oberdeutsche zecke.
HIINDSTOD, m. aconitum lycoctonum. gelber sturmhut, eine
pflanze; auch arnica montana, fallkraut, Lucianskraut.
HUNDSTRITT, m. tritt wie man ihn einem hunde gibt:
sprang aus dem wagen, indem ich ihn durch einen hundstritt
drei ehlen lang auf die seile sliesz. Kern er reisescbatten 13.
HUNDSTROPF, m. niederträchtiger tropf, (emeiner kerl: wie
etliche wohnweisen , pharisaeischen hundstropfen mich un-
schuldiger weise gehönet, verleumbdet. L. Thcrkeiszer noth-
gedrung. ausscltreiben, vorr. s. 4.
HUNDSTRUNK, m. grad der trunkenheit, in der man bissig
ist wie ein hund (renjl. oben hundssoS): einstmalen kam ich
nach haus mit einem bundstrunk. Abele Arünj/i. unotdn. 1,42.
HUNDSTRUNKEN, part. : ellich werden bernlrunken (d. i.
trunken dasz sie plump und faul ersclieinen uie ein bar), etlich
sewevoU, etlich hundstrunken, ellich der tcufel gar. S. Frakk
laster d. trunkentitit (l.i3l) C3'. rgl. hundsvoll.
HUNDSÜBEL, adj. und adv. duszersl übel {vgl. hunds- sp. 1932):
es ging mir . . hundsühel, wie man zu sagen pfleget. Simpl.
1,440 Kurz; das hundsüble fortfüllen, als ich die kugel zum
fenster hinaus gehangen. J. Paul kom. anh. zum Tit. 2, 70 :
traute, passe nur, bis wir wieder blutarm und hundsübel
dran sind: mit freuden will ich dann mit dir ächzen und
lechzen. Siebenk.i,ä; damals schöpfte ich die erste erfalirung
von dem satze, dasz die menschen, wenn ihre liebe recht
heisz ist, dem gegenstände derselbeu hundsübel machen
können. Ihhermann 2, 57.
HUNDSVEILCHEN, n. tiola canina; viola hirta das grosze
hundsreilcheu Neh.mco 4, I5es. bei Frisch t, 476* bundsviole,
eine blume wie eine viole, aber ohne geruch, viola sine odore.
HUNDSVOGT, m. anfscher über die hunde; kirchenknecht der
verhüten soll, dasz die hunde während des gottesdienstes nicht in
die kirche laufen. ADtlu.NC vgl. hundevogt.
HUNDSVOLL, adj. uie liuudstrunken . item aliqui assimulant
caoinam ebrietatem: vulgariter, etliche werden hundtsvoll, hoc
est, wenn sie bezecht seindt, so stecken sie voll hundtsmucken,
und murren und beiszen uiub sich, de generib. ebrios. s. 15.
HUNDSWADEL. m. schwänz eines hundes: der bös ist wie
ein hundswadel, so lang man den in banden hat, so ist er
grad, laszt man ihn aus der band, so ist er krumb, wie sein
art ist. Lehmann* 117.
HUNDSWEIZEN, m. trilicuni repens, quecke, und elymus
caninus, letzteres auch hundshaargras.
HUNDSWINDE, f. periploca, eine gattung ausländischer winden.
HUNDSWINKEL, m. winket fiir einen hund: und weiset uns
mit unserer bitte in den hundswinkel (fertigt uns verächtlich ab).
LCTHER br. 4. 458.
HUNDSWOLF, m. : weiter spricht Aristoteles . . das auch
hundswölf sollen gefunden werden, dieselbigen sollen art
und natur der hund haben, und ire jungen wie sonst andere
wölf werfen. Sebiz feldb. 615.
HUNDSWCRGER , m. pflanzenname , von cynanchum , einer
Schlingpflanze; asclepias vincetoxicum , schwalbenkraut , und von
minium cuspidalum. einer sternmoosart.
HUNDS\VURM. m. lytta, eine kleine oder unter der zunqe der
hunde, in gestall eines runden oder flachen wurms, welche zur
Verhütung der tollwut entfernt wurde. Kirsch comuc; rgl. Sebiz
feldb. 157. auch eine kranklieü derpferde: zum dritten (unter der
wurmkrankheit) der hundswurm, entspringt zwischen den hüften.
und «teigl durch die Schenkel hinab. Uffenbach neues rossb. 2.29.
HUNDSWTRZEL, f. triticum repens, quecke, hundsweizen.
HUNDSWUT, /■- tollwut der hunde. als wiedergäbe eines
französischen pflanzennamens : das Colchicum oder die weiszen
zeitlosen, welches auch zu französisch chien rage, das ist
hundsnüte, oder saftran bastard .. genant wird. Sebiz feldb. 457.
HUNDSWÜTIG, adj. die hundswtit habend: hundswütige Ihiere
{hunde, fuchse, wülfe, katzen). Hannov. mag. 1S44, «. 315.
HUNDSZAHN, m. l) zahn eines hundes.
2) nach der ähnlichkeit heiszen bundszähne die äugen- oder
spitzzähne der menschen, canini dentes.
3) bundszahn, name der pflanze erythronium.
4) name einer schneckenart, dentalium entalis.
5) ein spitzer meiszel oder eisen der bildhaucr.
HUNDSZECKE, f. hundshus, aearus ricinus (oberdeutsch, vgl.
hundsticke) : bei Maaler masc. : der hundszäch, redivius 232'.
HUNDSZOHiN, m. carlina acaulis, stammlose eberwurz. im
Würtembergischen. Nemxich 2. S91.
HUNDSZUNGE, f. zunge eines hundes; auch name der pflanzen
cynoglossum und auchusa ofßcinalis, und des fisches pleuronedes
cynoglossus.
HÜNE, m. rieu. das mhd. Hiune, dem ahd. Hftn, und mittel-
lat. Hunnus entspricht: die Hunnen, Hünen Hunni Maaler 233",
trar von dem begriff des Hunnen seil dem 13. jahrh. auch amjf
den eines riesen übertragen worden {vergl. Grimm mythol. 4S9/1),
und hielt sich in dieser bedeutung unter verschiedener dialektischer
form bis ins 16. jA. hinein, mittel- und niederdeutsch als hftne, o6er-
und schrifidetäsch als heune {vgl. sp. 1290) : gigas rese i hune.
hune 1 heune Dief. 263'; gygasrecVe.rese, hune nov.gloss. 192';
des achten wie kleine so ein har,
si bringen hunen ader resen.
Lilie?icro:< volksl. 1,223' {brandenburgisch, t. 1414).
die oberdeutschen gegenden lassen um die oben angegebene zeit
das wort aussterben (soweit nicht in dem ersonnenen eigennamen
Hans von Hun stratiola bei Stieler 750 ein nachklang erhalten
sein mag), während die niederdeutschen mit der ihren lautverhält-
Ttissen angemessenen wort form hüne einen reiclien, um dieselbe
angeschossenen sagensdiatz bewahren, einen sagenschütz, der gleich-
mäszig im norddeutschen tieflande von der Weichsel bis über die
Ems hinaus, so weit sächsisches und von Sachsen colonisiertes tand
geht, sich erstreckt, und der auch bis in mitteldeutsche gegenden,
wie Hessen (Vilmar 17s). hinunter reicht, als der sammelflei<s
des 17 jalirh. curiositdten, darunter auch sagen jener landslriche
sammelte, wurde das wort in der niederdeutsdien form dem
deutschen publicum wieder bekannt gemacht, nun unterschieden
von Hunne, das nach der oben angegebenen mittellateinischen
form sich festgesetzt hatte, obschon die gelehrten schriflsteller der
zeit sich des Zusammenhangs von hüne und Hunae bewust sind :
es sind noch heutiges tages nachrichtungen in Hinterpuiu-
mem, das Hungeren drin uiusten gewesen sein, dann wenn
sie einen groszen und slarken menschen sehen . nennen sie
ihn eineu bünen, wie also die Hungern zu der zeit genennet
sein. MicrXlils altes Pommern 2, 200. hüne wird nun vom
solchen scJiriflstellern als synonym mit riase ausdrücklich erklärt:
sonsten linde ich auch nachrichten von hünen oder riesen in
Vorpommern, ebenda; ein hüLne oder riese. Bebrens //ercj^nM
V12*
1943
HÜNENBETT — HUNGER
HUNGER
1944
curiosa 127 ; Ut aber vor der 2. Itdlfte des 18. jh. in diesem sinne
nicht verbreitet, zuerst, wie es scheint bei Wielahd, der für seine
romanlischen epen ein solch seltenes tcort sich nicht entgehen liesz:
auT abeiiteur lu getiu,
und wilde bfliieu zu bestehn.
21, 20S (Hlelia und Sinibalä 2, 249) ;
bekämpft die hüuen und die drachen,
die um das scblosz, worin sie schmachtet, wachen.
22, 184 (Ober. 4, 2C, später m riese tjedndert);
dann von andern:
i^ein lanzenwurf traf einen kriegesraann,
den hühnen Akamas, Eüssors söhn,
den rüstigsten der Thracier. Uöhgkr 169*;
vgl. auch hünenscbultiig, liünensclmert, liünenwuchs.
HUNENBETT, n. riesenhügel, riesengrab ; niederdeutsch liüne-
LeJde. Grimm mythol. 489. Frisch 1, 448*.
HÜNENGESTALT, f. von eitum gros: gewachsenen mensciun,
neuerdings -beliebt: es ist eine wahre bünengestalt. vergl.
büneD>Tuchs.
HÜNENGRAB, n. grab eines riesen, hünen; oberdeutsch »m
14. und 15. jahrh. heiszen vrllichkeiten ze Hiinengrebern , au
HünuDgreber weg Mone urgesch. des badtschen landes 216, vgl.
220 /y. (j. auch beidengrab sp. 805): spältr ist der name auf
!^orddeutschlünd eingeschränkt: da die Gieirswaldiscben iiu Jabr
1594 in der Buggenbagen guter . . . etlicbe grusze fellsteine
aus deu bügeln, oder wie sie sonst geneunct werden, büuen-
grabren , kieuben und abscblichteu lieszen. Micrälius altes
Pommern 2, 200 ;
wo . . . waclioldergettrauch um die hünengräber der vorweit
wuchernd kroch, und stechender hülst mit glänzenden blättern.
Voss 1, 54 (Lu«>« 1, 438).
HÜNENHAFT, adj. riesenhaft, riesenmdszig : ein büuenbafter
wuchs.
HÜNENHÜGEL, m. hünengrab. Frisch 1,448".
HÜNENSCHULTRIG, adj. und adv.:
hünenschultrig, wohlgebaucht,
glänzt die schneeige durchlaucht (ein st;hneemanu'). Voss 5, 216.
HÜNENSCHWERT, ». riesenschwert :
er schwingt sein hüiienschwert empor. UuLAno ged. 202.
HÜNE.NWüCHS, m.: es ist altsäcbsischer stamm, .. breite
schultern, hünenwuchs, offne züge, wucbt in jeder bewegung.
Frevtxc handschr. l, 109.
HUNGER, n«. fames. das uort ist über alle germanischen
dialekte gleichmdszig verbreitet, ohne dasi sich eine sichere Ver-
knüpfung mit Stämmen der urverwandten sprachen darböle: goth.
b&hru-s mit dem verbum huggrjan Aun^ent; allnfr. alts. hungar,
bunger, niederl. bongber, buiiger; ags. hungor, engl, bunger;
altfries. bunger, bonger; altnord. Iiüngr, schwed. ddn. bunger;
ahd. bungar, mlid. bunger. Es geht
1) auf die starke begierde nach speise, unterschieden vom
appetit, das einen bloszen reiz nach der speise bezeichnen will,
der bunger gelU voft magen, der appetit vom gaumen aus: ich
hatte bunger, aber keinen appetit. H. Heine 11,141; oft ist
bunger mit durst formelhaft verbunden {vgl. Ih. 2, 174h) : frost —
blosse — bunger — durst. Schiller räuber 4,6;
wan da{ in zailen ziten v/6
von bunger und von durste was. iwein 02u9 ;
werden von einer stat zu der andern gejagt,
im geleugnis mit bunger und durst geplagt.
ScuAOK sat. u. pasqu. 1, 159, 163;
od hatt er kaum wasser zu Schwarzbrot und wurst;
und olter noch litt er gar hunger und durst. Ucruer üO' ;
bunger und verschniacbtung : indem er hunger und ver-
scbmachlung vor äugen gesehen, poiit. slockf 183.
Et heitzt groszer, arger, wütender, scharfer, beiszer bunger;
itäter bunger, der nit abnam oder nacblicsz, continua fames,
unersettiger bunger, hians semper fames Maaler 232* ; den
galligen bunger vertreiben, durum famem depellere. ebenda;
da zu leiden sie groszeii hunger, und iiiüssen für durst ver-
scbniacbten. Judith 11,10; unser baut ist verbrant, wie in
eini ufen, für dem grcwlichen bhnger. klaget. 5.10; es halte
ein graf . . . den predigern und scbuldienern kaum so viel
gelassen , dasz sie sich des schwarzen bungers erwehren
können. VVeio.ier apophthegm. 5 (1655) i. 50;
Hecltii. ((esalllgt. will
ich nun nicht sagen; nein - bei weitem nicht —
Üiijii. deu huiszeu bunger nur gcilillt.
LissiNs 2, 208 [tgl. heiszhunger).
man tagt hunger haben; den hunger ertragen ; hunger leiden:
da nu da« ganze Egypteniand auch hunger leid. l.Vos. 41,55;
•ic witien das wir bunger leiden. 2 kin. 7, I2 ; vor bunger,
durch btinger, im hunger uiukuiuinen, verderben : das nicht
das land für bunger verderbe, l Mos. 41, 36; für hunger sollen
sie verschmachten. 5 Afoj. 32, 24 ; wie viel taglöner hat mein
vater, die brot die fülle haben, und ich verderbe im hunger.
Luc. 15, 17 ; durch bunger sterben : wer in dieser stad bleibt,
der wird durch scbwert, bunger und pestilenz sterben müssen.
Jer. 38,2;
mit gefahr und tod umgeben,
lebst du kümmerlich dein leben
einen sommer, und du stirbst
halb vor hunger. Glkim 3, 336 ;
gewöhnlich bungers sterben: das ir diese ganze gemeine hungers
sterben lasset. 2 Mos. 16, 3 ; den {denen) so da bungers stürben.
klagel. 4,9; bungers sterben. Lokmans fab. 3; unterdessen,
liis ein kenner uns auffindet, kann man bungers sterben.
GüTBK 19, 20;
mir lag das prot heut vor den äugen,
noch was ich also faul und las, '
das ich schier hungers gestorben was. failn.tp. 565, 1;
dafür auch bunger sterben : da bergegen Gertrud , die den
reichen Wucherer gebeiratbet, bunger stirbt. A. Gbyphius 1698
1,765; — bei tausend seind gen Straszbuig kummen schon
halb bungers todt. S. Frank ehr. 243'; den bat man vermauret
und hungers getödt. 408*; tödte ditb nicht selbst hungers,
du hast in viel tagen nicht gessen. buch d. liebe 215*; ent-
deckte mir, wie ich zum tode des bungers verurtiieilt gewesen.
Schiller räuber 4,5; den bunger schärfen:
du gabst — doch gleich auch nahmst du — schier,
um unsern bunger noch zu scharfen.
Fhkilichatu dicht. 3, 105;
den bunger stillen, famem explere, compescere Frisch 1,476';
hat . . ihnen also den hunger gestillet und vertrieben. Scbup-
Pius 783;
sie stillten ihren hunger,
und löschten ihren durst. Höltt 9 Halm;
den bunger büszen: suchen nicht dann den hunger zu büszen.
Frank wellb. 14'; etliche wollen aus diesem samen brot machen,
dasz man dasselbige in der theuren zeit, so das körn schwer-
lich zu bekommen ist, essen, und den bunger mit büszen
möchte. Tabehnaemont. krduterb. 539;
ich bitt, gebt mir ein bissen brot,
zu büszen hier den hunger mein. H. Sachs ä, 23U' ;
dem bunger ratben, abhelfen: gott gäbe im {so viel brot), das
er wol kund dem bunger ratben. Lütheh 4,184'; vor hunger
{durch hunger getrieben) etwas tbun: leder vor bunger esseu,
corjo famem levare Fiuscu 1,476'; der scblucker, der vor lauter
bunger verse machte. Koizebüe dram. sp. 2, 325.
Sprichwörtliches und redensarlen. der bunger kost wenig, der
verdrusz vil, Acr. spr. 327'; bunger leidt keinn verzug. 307';
bunger ist ein guter koch, bunger macht rohe honen lu
mandeln. der bunger ist die best würz, der bunger macht
hart brot zu lebkucben. 67*; freund, hier habe ichs erfahren,
dasz der hunger rohe bobnen gar kocht. Rieul culiurg.nov.Ali;
die dinge wie sie sind, und was der topf bescheret
würzt hunger zu götterkust, wie unser lioraz uns lehret.
WisLAMD 5, 55 (>i. .■imad. 13, 26);
bunger lehrt mausen. Scbuttel ill4*;
der liebt sonder tust,
trinkt sonder durst,
isset sonder hunger,
stirbet desto junger. 1130*.
der bunger personißciert wa bunger regiert , die slerk man
verliert. Garg. 218';
ihr des magern hungers buiidsverwandte,
der pest verschworene! ItAHLnit 1,51;
dann wie ein wolf, am hellen tage
kühn tritt der hunger in das haus. Frkilicratm dicht. 3, IbS.
2) bunger, die dauernde läge des hungers, leben in dem man
nicht das nötige hat sich zu saltigen: er kann sich des hungers
kaum erwehren. Schott el 114U*;
laszt weih und kind am hunger gan. II. Saci« 1, 51&*;
in hunger und armulh. Frcilicrath dicht. 3, 152;
(i(/i irniiniii) von den «ieleii. vielen quälen und mühen,
die das leben grimiii hrlnllpii:
krankheil und hunger und inangel und schmerz. 205;
in bezug auf einen ganzen bezirk, die hungertnol: aber ioi
iieunden monde ward der bunger stark in der stad, das das
Tulk des lands nichts /.u essen hatte. 2 kön. 25,3; da war
verstörung, schaden, bunger und srhwert. Jes. 51,19; ja bunger
und böse wilde tliier wil ich unter euch schicken, i/et 6, 17;
wir gott lob durch göttliche gnade, haben noch nicht einen
solchen hunger, wiewul einige theurung empfunden und gc-
spuret. SciiLFHius 783; es ist ein groszer hunger im lande,
tngens annonae difftcullat in rrgione est Stbi.>r*ch 1,795.
1945
HUNGER — HUNGERGOTT
3) bunger, übertragen auf irgend ein heftiges teelisdies ver-
langen, begter: {ein büchlein) daliin ich meine zuhörer hätte
weisen können, ihren geistlichen hunger daraus/ zu stillen.
ScHCPPiüs 215 ; eine art von unnatürlichem wissenschaftlichen
hunger. 23,25; die vorrede, über welche der leser noch mit
dem ersten hunger herfällt. J. Paul grönl. proc. 2, viii ; aber
der ehrgeiz fängt jedes mal von neuem an ... ja dieser
hunger begehrt noch nahrung nach dem tode des magens.
nachddmmtrungen 79; auch bei Schiller hunger so viel wie
ekrgeiz: kann mein herz deinen ungeheuren hunger nicht
stillen — 0 Fieskol das diadera wird noch ärmer sein.
Fiesko 4,14;
mit reich-frembder waar
des geizes groben hunger büszen. Wecshibli!« 380;
irdisch nennt es und Tergänglich,
was mit lust so überschwenglich
nur der sinne hunger stillt. Bcrcer 74*.
es heiszt hunger nach etwas: sibe es kompt die zeit, spricht
der herr berr, das ich einen bunger ins land schicken werde,
nicht einen hunger nach brot, oder durst nach wasser, son-
dern nach dem wort des herrn zu hören. Arnos 8, 11 ; soll
man den hunger nach bedienungen {staalsänüern), der jetzt
überhand nimmt, . . noch durch Vorzüge und ehre reizen?
Moser patr. phant. l, 151 ; wie soll ich meinen hunger nach
empfindungen stillen ? Leisewitz Jul. v. Tarent 1,1; vor hunger
nach edlen thaten schmachten. 2, 5 ; aber wofür der heisze
hunger nach glQckseligkeit? Scbiller räuber 4,5; so wenig
auch für meinen künftigen unterhalt da zu hoffen war, so
viel versprach sich mein hunger nach räche, in der rhein.
Thalia 2. 31 ; was sie (die roman- und tragödieuschreiber) und
die weltleute noch reell erhält, ist der hunger nach geld und
nach lob. J. Paol Tit. 3,172;
verlassen hatten ihn zum ersten mahl
in seinem leben ehr und biedertreu,
und heiszer bunger nach der süszen frucbt
der minne jedes edlere gefühl in seiner brüst
verdruDgen. Wielasd 18, 61.
hunger obscün {vgl. nachthunger):
einer, der seim weib ir nachtmal stilt (tliehll),
und das unter andern Trauen verspiii, . . .
und sein frauen daheim lest hunger leiden,
dem sei man sein beide nieru auszsneiden. /aiCn. sp. 309, 25;
nachpaur, ich hab ein diern, die ist stark und faist,
und tuot alles das gern, das maus heist;
die geet umb nach dem zersigen hunger. 348,2;
der püszt irs bungers unter irm nabel. 747, 33.
HÜNGER, adj. ßr hungrig, tgl. heiszbunger sp. 919.
HUNGERBISSEN, m. bissen ßr den hunger : ein schätz zum
hungerbissen der armen, pers. rosenth. l, 15.
HUNGERBLICK, m. blick der hunger anzeigt: weit schreck-
licher durch lumpen und den hungerblick der einwohner.
Niebcbr leb. 1, 423.
HUNGERBLÜMCHEN, n. draba, ein auf dürren platzen vor-
kommendes schcdengeicdciu. auch iberis nudicaulis, die stein-
kresse, heiszt so.
HUNGERBLUME, f Chrysanthemum segetum, die gelbe Wucher-
blume; die blaue hungerblume ist veronica triphyllos, dreibldlt-
Tiger ehrenpreis (Nemmch 4, 1556).
HU.NGERBHOT, n. name von juncus campestris, feldbinsen.
HUNGERBRUN.NE.N, ffi. ein quell der nicht immer wasser gibt.
Frisch l, 476' ; schweizerisch hungerbrunnen , periodische quelle,
oder ein brunnen , der bei einfallender trockenheil leicht ver.Hegt.
Stalüer2, 63; vgl. G&inn mythol. hbl : dann der hungerbrunne.
selbiger trocknet zu Zeilen aus, und zeigt in diesem fall ein
unfruchtbares jähr an. Rlling beschreibung der Stadt A'ord/tm»
(1779) s. 327. tgl. hungerquelle.
HUNGERD.XR.M, m. hungriger dorm:
zureis des Tressers bungerdarm. Rmcwald l. icarh. 428.
als Schimpfname ßir einen armseligen mensclien, hungerleider :
lasset diese hungerdärme alle jähr zweimahl kommen und
gebet ihnen soviel dasz sie die rächen füllen können. Fetsenb.
4,310; allein Rudolph ist ein bungerdarm, und kann nicht
mehr verthun , als ihm seine arme mutier zuschicket, west-
phdl. Robinson 15.
HUNGERKILZ, m. zweiwüchsige aolle. Jacobsso:« 6, 125*.
HUNGERFRANZOSEN, m. p/«r. eine art der Franzosen-
krankheit beim rindvieh, welche dasselbe mager macht und gänz-
lich abzehrt, auch mit stinkendem husten verbunden ist.
HUNGERGOTT, m. golt des hungers. H. Sachs 4, 3, 112'.
t. die stelle unter hungersucht.
HUNGERGRIMSHG — HUNGERLEIDER 1946
HDNGERGRIMMIG, adj.:
(in dieser nacht, wo) der löwe
und hungergrimmige wolf gern trocken halten
ihr feil. Shakesp. Lear 3, 1 ;
thid night, wherein . . .
the lion and the bellj-pincbed woir
keep their für dry.
HUNGERGRÜBE, f. eine Vertiefung beim vieh, welche sich
beim rückgrate zwisclien den letzten rippen und der grüben dicke
der schenket befindet. Stalder 2, 63.
HUNGERHAAR, n. spärliclies haar; hungerhaare nennt man
die keime des hartes bei jungen mdnnern; bei den pferden die
haare in den obren, vgl. unter haar sp. 11.
HUNGERHARKE, m. f. groszer scldeppharke , um nach dem
schneiden des gelreides die kurzen und zerstreut liegenden ähren
damit zusammen zu raffen. Frisch 1, 476'. bildlich in bezug auf
reisende, die nachrichten aus einem lande zusammen schleppen:
der hungerharke einer gewissen art von reisenden. Stolberg
6,337.
HUNGERHARKEN, verb. mit dem hungerharken die zerstreuten
Öhren sammeln:
nicht hungrig hungerharken wir;
genug noch fand zu lesen hier
der wais" und wittwe band. Voss
2,91.
HUNGERIG, s. hungrig.
HUNGERJAHR, n. jähr in dem hungersnot herscht, mhd.
hungerjär: der slern (komet) bedäut hungerjär in dem land,
da er den schöpf hin kert. Megenberc 75, 21 ; wenn es in
disem mon {dem monat mai) donret, so wirt ein hungerjär.
anzeiger für künde d. deutschen vorz. 11, 334 {aus einem kalender
von 1428); das hungerjahr 1817. Hannov. mag. 1847 s. 56.
HUNGERKORN , n. eine entartung des roggens, bei der das
Samenkorn in einen langen, pfriemenfürmigen, auszen schwarzen,
inwendig schwarzblauen oder weiszlichten körper auswdchst. Neh-
Nicu 4,1269.
HUNGERKRAUT, n. name des rumex acutus, mlden rhabarbers,
des Chrysanthemum segetum, der gelben Wucherblume, und der
viola tricolor, des Stiefmütterchens. Nemmch.
HUNGERKUM.MER, m. kummer, beschwernis durch hunger:
ob wir jetzt dem teufel und der weit müssen ein bock halten,
und aller weit schawspil und sichermal sein, und in hunger-
kummer zu fuszen gehen müssen. Mathesids hist. von Jes.
Christ. 2, 109'.
HUNGERKUR, /". heilung einer krankheit durch fasten: be-
durfte man einer hungerkur. H.Heine 6,21;
lebt mäszig wie Cornar,
auch eh ihm noch der arzt die hungercur empfiehlel.
Hagedor:« 1, 121.
HUNGERLAND , n. verächtlich ßir ein armes land: zwar
wann man einen musicanten vonnölhen gehabt hätte, so wäre
ich wol bestanden ; aber dasselbe hungerland behalf sich nur
mit trommeln und pfeiffen. Simpl. l, 390 Kurz.
HUNGERLEIDER, m. einer der hunger leiden musz:
so dacht ich auch und theilte ein die menschen
in zwei nationen, die sich wild bekriegen,
n&mlich in satte und in hungerleider. U. Ueim 16, 108.
seit dem 17. jahrh. oft verächtliche bezeichnung eines dürftigen
und kargen oder auch gierigen menschen: hungerleider, esurio
Stieler ; wenn sie gleich bette so einen hungerleider gekriegt,
was were es denn auch? Schoch stud. leb. D4; und damit
ich nicht vor einen hungerleider gehalten würde, steliele ich
auch zwo gaslereien ... an. Simpl. 1,323 Kurz; karge filze
und hungerleider gebrauchen sich ihres vorralhs nicht, pers.
rosenth. 8,140; so werden wir uns viel drum hudeln, ob wir
solche hungerleider kriegen oder nicht. Chb. Weise cömörf. 310;
ich dachte die Franzosen wären hungerleider. er:;i. 70; die
Pfälzer sind dir keine schmalhänse und hungerleider. Fr.
MC'LLER 3, 77 ; ihr redet wie groszmüthige hungerleider. Götbe
33, 278 ; hätte ich dein hungerleider doch kaum so viel con-
sequenz zugetraut! Kotzebüe dram. ip. 2, 328; ich habe man-
chen gelehrten hungerleider gesehen. J. Paul /7ege//. 1,67 ; die
Veränderung, die er den winter über mit seinen räuberischen
Vögten und beamten traf, setzte neue und um so gierigere
hungerleider an die stelle der alten gewaltthäter ein. Dahl-
MA.'t.f ddn. geseh. 1,507;
was Pharaoni träumt, wie sieben magre rinder
verschlungen sieben fett, ereignet sicn nicht minder
bei uns und in der that; dann mancher hungerleider
ist fett vom raubebrot, und glänzt durch fremde kleider.
LocAU 1, 85, bi;
1947
HUNGERLEIDEREI — HUNGERN
die Gothen sollens, diese hungerleider,
die nach dem segen nnsers deutschen landes
mit neidesbliclien raubbegierig schauen.
Schiller I'iccol. 2, 5.
in freierem sinne:
diese unvergleichlichen
wollen immer weiter,
sehnsuchtsvolle hungerleider
nach dem uncrreichlichen. Götiik 41, 165.
HUNGERLEIDEREI, f. zustand des hungerleidens , dSrßifjes,
karges uesen : hei ilim zu hause ist nichts als hungericiderei.
HUNGERLEIDERISCH, adj.: ein hungerleiderisches l.e-
nehmen.
HUNGERLING, m. eine soHe roter Weinbeeren, die bald reif
Verden und vielen , aber scfdechten und geringen nein geben.
Nkmnich; ftei Frisch 1,476' hiingerling; hüngerling ist gur ein
schlechter und dürrer mos!. Hohberg 3, 1, 258'.
HUNGERMANN, m. tcie hungerleider:
was fängt er an, der magre thor!
hat so ein hungermann humor?
GöTUK 41, 53 ('/er herold zum gein).
HUNGERMATT, adj. viatt von liunger: die hungcrmalten
Spechte konnte man mit der hand fangen, dorfzeil. 1^44, s. 210.
HUNGERN, verb. esurire, esurientem facere. goth. huggrjan,
alls. hungrian, ags. hyngran , altnord. hungra , ahd. linngeran
und hungarün , mhd. hungern ; dus ältere nhd., wie noch jetzt
die wettei'auische mundarl kennt neben hungern auch hungern
{belege unten 1 und '). die fiigungen sind mehrfach.
1) am frfihesten bezeugt ist unpersönliches hungern mit accu-
sativ, das geßhl des hungers haben ; goth. |iana gaggandan du
mis ni huggroi)». Joh. 6,35; ahd. mih hungrita inli ir gäbut
mir ejwn. Talian 152,3; mW. nhd. und dö her gevastete
virzek tage wnd virzek nacht, dar nach hungirte en. Behaims
evang.-buch, Malth. 4, 3 ; und inen hrot vom himel gegeben,
da sie lumgerle, und wasser aus dem felsen gehen lassen,
da sie dürstete. Luther i^'eh. 9,15; hungert deinen feind, so
speise in mit brot, dürstet in, so trenke in mit wasser. spr.
Sal. 25, 21 ; mit seinem schöpfen war er gar nicht zufrieden,
dasz er ihm einen magen gegeben hatte; denn er glaubte,
der mensch würde viel ersparen können, wenn ihn nicht
hungerte. Raheneb sal. 1,196;
da sprach der wolf (tum lamm) : die sach ist schlecht,
du korapst mir jetziindt eben recht,
dieweil mich hiingert, soit du mir
zutheil werden. Albehls Esoji (1550) s. 14;
mutter, rouiter! es huugert mich,
gib mii brot, sonst stirt) ich! Ubland volksl. 270:
es hungert mich nach etwas schlägt schon in die bedcutung 4
über: mich hungert nach fischen, piscis e.iurilur Stieler C45.
2) auch unpersönliches hungern mit dativ findet sich {vergl.
ebenso 6e» dürsten </ieii 2, sp. I75l): ob deinem feind hungert,
gib im ze essen und ob im dürst, gib im wasser zu trinken.
bibel 14S3 304; als ihnen hungerte, pers. rosenth. i,G; es sei
denn dasz ihnen hungere. 3,6;
dem railLsherrn hungerte. Zachariä 1, 195.
3) persönlick, ich hungere habe, ertrage hunger: ahd. we iu,
thie thar gisatöl^ birut, bithiu wanta ir hungeret. Tatian 23,2
{Luc. 6,25; bei Luther tu unpersönlicher fügung euch wird
hungern); weil nun die glocke eben zwei schlug und jeder-
mann hungerte., so wurde einhellig für gut befunden , dasz
man vor erst zu mittag essen .. wolle. Wikland 11.207; so
weisz der magen recht gut, wenn er hungert und durstet.
GJ^the 23, 243 ; — doch wird in der neuern spräche dien persön-
liche hungern, gegenüber der unpersönlichen fügung, immer mehr
durativ verwendet: die reichen müssen darben und liungern.
ps. 34,11; fiihe, meine knechte sollen cs.<!en, ir aber soll
hungern. Jes. 65, 13; da sie \n\ lange hungerten. Luther 4, IM*;
ich aber wolle lieber hungern, als meinen leib so abmergeln
{mit wache stehen). Simpl. 1,300 hurz;
in freiheit dich zu setzen und in ihr
zu hungern. Glkiii3, 37U;
einen hungern lassen : er demütiget dich und lies dich hungern.
S Mos. H, 3 ;
und weh dem armen leurel von lakaien,
der eine nacht fie (die nac/i(i<;"//frii iMiiigern I6«zi!
Kl. ScimiDT popt. br. 67;
ein hungernder magen ; der arme hat nicht brot fdr Mine
hungernden kinder;
ihr dkmpn den zonirur. o dcipoifn,
d«<i Volke« nicht, da« Umigrrna droiil.
i'lllllLII.IIATH iIilKI t, l"--!
HUNGERN— HUNGERQUELLE 1948
4) hungern übertragen {vgl. oben hunger 3), heftige begierde
haben, verlangen; in persönlicher und unpersönlichn construction,
häufig wird da.s veila?igte durch nach mit dem dativ verbunden :
selig sind die da' hungert und dürstet nach der geiechtigkeit,
denn sie sollen sat werden. MaUh. 5,6; meine predigt ist
süsrer denn honig . . . wer von mir isset, den hungert inmier
nach mir. Sir. 24,28; aber die seulc .. hungert und dürstet
nach dir. Scnuppiüs 435; liebe hat nur ein gut, thut verzieht
auf die ganze übrige schüpfuiig; herrschsucht hungert beim
raube der ganzen natur. Schiller Fiesko4,H; schon hungert
ihn nach dem vermögen anderer, welches er als seine beute
ansieht. Rabener sat. 4,360;
hab er beinah sich blind und stciT gegafTt,
ob seiner hungernden begierde
ein günstig fenster nicht sich endlich ölTnen würde.
WlKLA-«!. -21, 1S7.
in obscönem sinne {vgl. hunger 3 a. e.):
ich urteil, ainer, der ein Trauen hat,
und si des nachts ser hungKrn lai,
und l'uoters guuog hat in seim parn,
uml wil das iiudren pübin sparu,
und sein Trauen lest hungern, dasz si nicht mag slafen,
den sol man an seinem leib durunih strafen.
fii\tn. sp. 310, 5;
hungert die dirn ob im knice;).,
so schol ir mulcr darnach stellen,
und schol ir vor gehen aiim jungen gesellen. 747. 29.
5) in dieser bedcutung (4) ist hungern auch transitiv, aber
ungewöhnlich, gebraucht :
herr, speise mich mit dir, ich dürst, ich hunger dich,
du bist das himinelhrodt. Fleui>g 30;
vgl. dazu dürsten 2, titeil 2, sp. 1751.
6) reflexives hungern, mit einem ortsadverbium, hungernd wohin
gelangen :
so lang ein edler bicdermann
mit einem glied sein brot verdienen kann,
so lange schäm er sich, nach gnadenbrot zu lungern!
doch thut ihm endlich keins mehr gut,
50 hab er stolz genug und niuih,
sich aus der weit hinaus zu hungern. Bürger 79';
auch mk angäbe der Wirkung: ich war krank, aber ich habe
mich gesund gehungert.
7) einen hungern, hungrig machen, hunger leiden lassen {rgf.
au.xhungern), sich hungern, sich der nahrung enthatten: die
fnio äjen und trunken und in der füll lebten {bei einer seuclte),
den geschach nihts. welche aber sich hungerten , sam die
Walhen pflegcnf, die stürben, wan der püs lull duichgienc si.
Megenberg 112,13; bairisch einen hungern, ihn hunger leiden
lassen. Schm. 1,1132 Fromm.;
0 diese krankhcit ist verflucht,
sie hungert beide leib und seel. H. Sachs 3, 3, 10;
mit angäbe der Wirkung: einen zu tode hungern, jugiJare aliquem
inedia, fame suffocare, enecare Stieler 645.
b) in der spräche der gerber heiszl es die leder haben in der
grübe gehungert, wenn sie nicht lohe genug bekommen haben.
HUNGERNUTIG, adj.: famelicus, das ist hungerig, hunger-
stölig, hungcrnotig. Thur.neiszbr magn. alch. 2,115.
HUNGERPEIN, n.;
hier soll sie liegen,
bis hungerpein und lieber sie verzehrt.
.SliiiUesp. Uaclielb h, 5;
here Ict them lle,
tili faminc anJ tlie ague eai them up.
HUNGERPFOTE, f.: in der redensart die hungerpfoten
saugen, in hunger leben (Auelung), nach dem bdr, der im utnler
darbend an seinen tutzen saugt.
HUNGERPREDIGKR, m. hungriger, armer prediget : dasz ich
mich srhaiidc ballier krumm biege und daher trete, wie ein
hungerprediger, kein aulselm zu erregen. Fr. Müller 2, Ibo.
IIUNGERQUAL, f media, csuries; hungcrsqual Srium us:;
ihn (den wolf) quälte hungorqual. Hückku
ich hin ^;;ll ein ;uiiii'r wicht,
|. ■ . ■ •
! <\\n\
II ' > iiiiiic. UDrckr 50>.
HUNGERQUELLE, /. was huugerbrunnrn: {ein tliurm in
Halle) hat einen qiiellbruiinon, . . web her vor eine hunger-
qui-lle ausgegeben und ans dessen starken oder schwaibtii
aherlaufen von dem gemeinen mann Iheurung oder wohlfnle
zeit geweisHagel wird. DrkyhauI'T Saalcreys t, 1016. in über-
trayrner bedtutiiny: die leichligkeit, durch titglich wiederholte
1949 Hl > GERRECHEN — HUNGERTHURM
versuche die hungeiquelle des Vergnügens zu erschöpfen.
Thüüjiel 5,55; diese bisher bald strömende, bald stockende
hungerquelle von thränen. J. Faul biogr. belusL 1,90; in uns
verfeinerten ständen hingegen musz . . die hunger(juelle der
rübiung nur alimälig versickern, leben Ftbels 62.
HÜNGERRECHE.N , m. tras hungerharke. Jacousson 2,2%'.
HÜNGERSCHLANK, adj. schlank durch huwjer:
der hungerschlanke leib. Lksau Faust 93.
HUNGERSCHREI, m. schrei vom hunger hervorgerufen:
es schien des volkes hungerschrei
recht in der seele dich zu kränken.
Freiligrath dicht. 3, 105 ;
der schrei der nolb, der hungerschrei. 149.
HUISGERSCHWARM , m. ein hienenschtcarm , der mit der
kOnigin den stock aus mangel an nahrung gänilich verldszt.
Nehhich.
HÜNGERSFALL, m.:
im huugersrall ein bissen brot,
ein labescliluck in durstesnoth
genügen uns zur kost. Bi^RcsB 112*.
HUNGERSNOTH, f. i) quälender Hunger {eines einzelnen
menschen) :
lone beter ke^d noch smalz,
weder pfeffer noch salz :
sin salse was diu hungernöt,
diu5 (Jus erlegte uild) im briet unde söt.
daj ei ein süejiu speise was. Iwein 3279;
klagte dem wirte hungersnöt. Parz. 142, 21 ;
gab mir al tag für hungersnoth
nicht mehr, als nur zwei stücklein brot.
}. Atrer 341' (1711, 29 Keller);
voll angst ist dem sein herz, wer leidet hungersnoth.
pers. rofentli. 7, 20;
des müllers henn und wittwers magd,
hat selten hungersnoth geklagt.
PisTORics thes. par. 5, 30
ich jage (spricht der weiß
nach einem bissen sieben tage,
die freiheit bringt mir hungersnöt. Glkiii 3, 380.
2) not des hungers {in einem ganzen bezirke): in hungersnöt
oder in hungers zyt, t« fame Maaler 233* ;
die üjeren sprächen : hungersnöt
habt ir gedolt, ir armen (belagerten). Pari. 209, 4 ;
unter dein käyser Honorio ist zu Rom eine solche grausame
hungersznoth entstanden, dasz die menschen haufenweis ein-
ander angefallen. Schüppios 782;
{ich habe) die Stadt in hungersnoth mit Ostens körn gespeiset.
A. Grtphics 1698 1,378;
hungersnoth am Nil. Gottbr 1, t>3.
HLNGERSPLAGE, f. malesuada fames, inedia. Stieler 1458.
HUNGERSTELLE, f. anstellung die das darben nicht hebt:
wir haben hier eine hnngerstelle {sagt eine arme lekrersfrau).
Auerbach neues leben (1862) 2, 14.
HUNGERSTERBEN, n. das sterben durch hunger: so hette
er das hungersterben auch gewisz vor sich. anm. weiszh.
lustg. 681.
HUNGERSTÖTIG , adj. hungerig, der groszen hunger hat,
esurio, cibi avidus Maaler 233*; hungerstötig wölff, turba im-
pasta luporuvi ebenda ; famelicus , das ist hungerig , hunger-
stötig, hungemötig. Thur.seiszer magn. alchym. 2, 113.
HUNGERSTÖTIGE, f. jejuna cupido. Maaler 233*.
HUNGERSUCHT, f. krankhafter hunger :[
der hungergott fuhr
ausz seiner kalten hölenkluTt
und schwang sich gar schnell durch die luft,
fund Eristcbton, d^s er schlief,
dem bliesz er ein gar stark und lief
die unersetten hungersucht. H. Sachs 4, 3, 112*.
HUNGERTAG, m., plur. -tage, tage uo Hungersnot herscht:
aus feldesfrüchten bah ich ihn (den kiant) gewunden,
wie du in hungertagen sie gespendet. Uhland geä. 148.
HUNGERTHURM, m. thurm in den veibrecher zum verhungern
geworfen werden: dann werden wir (in einem trauerspiel Ugolino)
in den hungerthurni geführt. Güthe 33,214: wenn ökonomi-
sche Schreiber den Icscr lange durch uöthige hungerkuren
und fastenzelten durchgezogen, und sie ihn eben nun, da er
fürchtet , in einen Ugulinus-hungerthurm hinab zu steigen,
plötzlich vor eine suppenanstalt bringen : hiinmel , wer be-
schreibt das entzücken und den genusz? J. I'aul vorseh. der
isth.-l,U; der könig schrieb zurück, die mutier solle in den
bungerthurm geworfen werden, da wurde die geniahlin des
HUNGERTITEL — HUNGERTUCH
1950
königs wirklich in den bungerthurm gesperrt. Ver.nalese!«
ötterr. kinder- u. hausmärchen s. 178.
HUNGERTITEL, t». titel bei dein man hungert, der iiulUs
einbringt :
sich nicht aus phantasei nach hungertitelu dränget.
B. Neukirch geil. U'J.
HUNGERTOD , m. tod durch verhungern : den hungertud
sterben ; die wenigen terzinen, in welche Dante den hunger-
tod Ugolinos und seiner kinder eiuschlieszt. Götue 33,211.
HÜNGERTUCH, «. l) luch womit zur fastenzeit der altar ver-
hangen ward, mhd. hungertuoch (Leser wb. 1,13S7): telum hunger-
tuchDiEF. 009'; item ein mechtig schön fastentuch oder hunger-
tucb uff 200 linwat. verz. des kirchenschatzes im Berner münsler
in MoNEs anz. 5, 376; dich soll Icrcri das hungertüch, das man
uf spant, im selben 1er zu dem ininsten abstinenz und fasten.
Keisersberg narrensc/i. 153*; die fasten, palinlag, und marter-
wochen lassen wir bleiben (bestehen) . . . doch nicht also,
das man das hungertüch, palinenschieszen, bilde decken, und
was des gaukelwerks mehr ist, halten {soll). Llther 3, 254' ;
da (m den fasten) verhüllet man die altar und heiligen mit
tucb, und läszt ein hungertüch herab, das die sündigen leulh
die götzen nicht ansehen, noch die heiligen bilder die Sünder.
S.Frank weltb. (1567) 133'; darnach hat man . . die bilder
in kirchen verhenget mit dem hungertüch. Matuesius postilla
3, 86' ; Toniials ist nach päpstischen gebrauch das so genannte
hungertüch in der kirchen s. Johannis zu sehen gewesen,
welches a. 1472 Jacob Gürtler, ein gewürzkramer, verfertigen
lassGii und in die kirchen verehret, es war ein groszes auf
leinwand gemalles gemälde, worauf 90 biblische geschichte
alten und neuen testaments entworfen . . dieses tuch ward
alle jähre in der fastnacht aufgehenkt und mitten in dem
groszen gange der kirchen bis oben hinauf gezogen von einem
pfeiler die quer über bis zum andern, alhvo es bis auf den
guten freitag hangen bliebe, nachdem es 200 jähre gehangen
hatte, wurde es a. 1672 gar abgeschafft. J. B. Carpzov analecla
fastorum Zitlaviensium {Zittau 1716) 1, 63/'.; das hungertüch,
ein mit biblischen historien bemaltes tuch, das die papislen
von der fastnacht bis zum charfreitag aushingen. J. Fall briefe
u. lebensl. rorr. j. viii. sprichwörtlich : es rcimpt sich eben
wie der teufel und unser berget am hunger tucb. S. Fran«
sprichw. 2,51'. büJlich, von einer finsternis: von diesem hunger-
thuch das fürgefallcn ist , und der sonnen ihr bildtnusz,
glänz, schein bedeckt halt. Paracelsus opp. 2, 659A.
•2) im 16. Jahrhundert erscheint die redensart am hungertuche
nähen, flicken, fasten, kümmerlich sich behelfen, die keinen bezug
mehr auf das kirchliche Hungertuch zeigt: uiusz oft eine gute
fette küchen lassen , und am hungertuche flicken. J. Rhode
tugendsamer weiber Spiegel (1586) D 5' ;
dein eigen weih und kind
knecht, meid und alles hausgesiud
das musz am hungertüch dir nahen. U.Sachs 1,164',
er musz am hungertüch erst neben. 364';
das mus er neen am hungertüch. 5, 327'.
gleichzeitig und später heiszt es daßr am hungertüch nagen .
warlich, gnädiger berr, am hungertüch nagen macht schwecb-
lich zu schlagen. Garg. 218'; andere narren sihe ich, welche
ihren reichtum und pracht nur berauszen auf der gassen
erzeigen und sich statlich sehen lassen , aber anheimbs in
ihien häusern am hungertüch nagen und nichts weder im
zipfl noch sack haben. Albertiäds Gusman v. Alfarache (1616)
*. 398; inuste ich an meinem ordinari hungertüch nagen. Laz.
de Tormes 44; am hungertucbe nagen. Schottei. 1112'; denen
zum theil an dem hunger- und kummertuche nagenden cre-
ditoribus. mandat des herzogt Friedrich von Gotha vom 29. nm
1753 »» den Eisenachschen wöchentl. nachrichten 1753, 25. stück;
und wenn ich auch am hungertüch nagen müszte. Betti:<e
briefe 1, 149;
icb Tüll mein wanst und wasch mein kragen,
lasz weib und kind am hungertüch nagen.
H. Sachs 4, 3, 37" ;
ich war ein biedermann und nagte
am hungertüch. Wulasd 4, 301 (106).
3) andere redewendungen : auf königlichen tafeln breitet man
kein hungertüch. Otho 1365 ;
dann trat ich (der sühn eines armen webers tprichl) froh
ins kleine zimmer,
und riefe: vater, geld genug!
dann flucht er nicht, duun sagt er nimmer:
ich web euch nur ein bungerluch!
Frf.ilicrath dicht. 3, 84.
1951 HUNGER VIERTEL JAHR — HUNGRIG
HUNGERVIERTELJAHR, n.: dir drei lelzlrn monate vor
dfr roggenernte (juni, juli, august) pflegt man das trockene
oder hungerviertcliahr zu nennen. Mülha-c*e die urreligion des
d. Volkes 2S0.
HUNGERWACH, adj. ttach vor hunger :
jetzt heulen wöIfe am verschneiten gründe,
wie bettler, hungerwach, in nächtger stunde
am grabe eines milden königs jammern. Linav neue ged. 79.
HUNGERWIESE, f.:
(die kunst zu reimen, die) dich aber auf den weg der hunger.
wiesen führt. H. Niuxiacu yed. 141-
HUNGERWURM, m. hunger unter dem bilde eines uurms:
ach ! niemand that mir wa.s ni leide :
allein der bungerwurm nagt mir am eingeweide.
Mi'sÄL's kiiiderkUippfr 64.
HÜNGERWÜSTE, f. trüste, hungersnot erzeugende gegend:
was thaten wir, als halb im sa-nd
Dourgoynes beer sein grab
durch jene hungerwüste fand,
und halb sich uns ergab? Gökikgk 3,77.
HÜNGERWÜTHIG, adj. mit der wut des hungers behaßet:
ein griff gäbe dem Lungerwülhigen das , wofür er mahlzeit,
rimmcr, gastgeber und das liaus des gnstgebers kaufen könnte.
TiECR not', kränz 4.96.
HüNGERZAHN, m., phir. -ziiline, kleine zacken, fast wie
nadelspitzen, auf den maldzälinen junger schafe; es pflegen sich
diese zacken zu bilden, wenn die jungen schafe nicht zunehmen
vollen, wenig fressen und elend aussehen. Nemnich.
HüNGERZElT, ti. zeit der kärglichen oder stockenden nahrung:
das fett musz hei einigen (Ihieren) zur erliaitung des lebens
während der hungerzeit dienen. Brehm iilitstr. thierl. i,xxxiv.
HüNGERZITZE, f., plur. -zitzen, zitzen welche sich öfters
innerhalb der lefzen und am gaiimen der pferde befinden. Nemnich.
HU.NGRIG, adj. und adv. hunger habend; aM. hungarag,
hungercg, mhd. hungere.
1) nach hunger 1, im eigentlichen sinne: (sie waren) hungerig
imd durstig, und ire seele verschmachtet, ps. 107,5; brich
dem bungerigen dein brot. Jes. 58,7; ich bin hungerig ge-
wesen, und ir habt mich gespeiset. ich bin durstig gewesen
und ir habt mich getrenket. Malth. 25, 35 ; hungerige mucken
beiszen übel. Schottel 1120*; dem hungrigen ist nicht lang
predigen. 1142'; lasset mir die satten fliegen sitzen, kommen
hungerige, die saugen und saufen viel härter. Schuppiüs 833 ;
dem hungrigen bauch schmeckt alles wohl, hungriger bauch
singt einen bösen alt. eiaem hungrigen Lauch kann niemand
lügen. SiMBO« sprichw. 269 ;
auf eines felsen steiler höh,
die weder gras noch fetten klee
dem hungrigen zur speise gab,
stand eine ziege. Glei* 3, 324;
wann, wie ein winterstrom, der brausend überflieszt,
sich in Campanien dein (Hannihals) hungrig beer ergieszt.
Uz 2, 58.
bildlich, vom feuer : itzt verschlingt dich schnell die hungrige
flamme. J. Paol flegelj. 1,74;
und flammen aihmcnd in die bötten drangen,
und ihren Schlund — ein hungrig grab —
mit menschen fülleten. Kahler 1, 39.
2) hungrig, von leiten und orten, die hunger leiden lassen, wo
nahrungsnot berscht: mhd. hungerige jär hungerjahre Lexer wb.
1,13*6; dann die fuhr- und kaufieut die meiden oft die weg
zu den gastbäusern , wo es hungerig daher gehet , fahren
weitem umkreisz herumb, damit sie für einen bösen und
mühsamen tag, ein guten abend bekommen. Schlppius 740;
aber besichtige Polen, Preuszen und andere niitnächtige
lünder . . und wer ist doch der nicht weisz, dasz selbige ort
nicht hungerige, sondern dem paradeisz schier selbst glei-
chende ftrtcr sein? 741.
3) hungrig («ad» hunger 3), heftiget verlangen liabend, be-
gierig: füllet die hungerige seele mit gutem, ps. 107,9; dann
würde mein hungriger stolz satte demuth. J. Paol um. löge
t, 57; wollen wir auf die deutschen philosophen hinschauen?
jetzt haben wir deren so viele, dasz nicht einmal der hung-
rigste eklektiker noch eine neue mehr verlangt, nachdämme-
rungen *. 66; mit entschieden verdcluliclier nebenbedeutung : er ist
ein hungriger kerl, gierig nach gewinn; so entstand in hungriger
gescbwmdigkeit, in bankerotter begeisteiung das leben Napo-
leon« (ron IV. SeoU], ein buch das . . . gut bezahlt werden
soll'»-. M Hnr»e 3,4« ;
nicht hungrig hungerharken wir.
Srnug noch (and zu lesen hier
er wtii und wittw« band. Voss 2. 91.
HUNGRIG — HUNNE
1952
1,1 der altern spräche heiszt es hungrig eines dinges : dasz die
jungfrawp, welche so lange zeit dem Palinges widerstanden
und ir jungfrawschafl erhallen, dasselbige in ihres bulen
herrn Galoars armen verlöre , welcher dazumal dieser kurz-
weil ganz hungerig ward. Amadis 277 ; später hungrig auf,
nach etwas : als sei er nach neuen wundern hungrig. J. Paul
flegelj. 3, 81 ;
wer hungrig ist auf lob, ist gern an tugend leer.
LoGAU 2, 144. 15;
der teufel, hungrig nach dem raube. Gotte« 1, 156;
die lust, die jede frau, die jedes mädchen hat.
ich bin nicht hungrig drauf, doch bin ich auch nicht satt.
der putz, der ball! Göthk 7,49;
60 niederträchtig unser richter ist, so hungrig er ist, sich
bestechen zu lassen. Rabe<<er sat. 3, 52.
hungrig in obscönem sinne :
nimpt er ein weib zuo der ee,
die under der güriel wer hungrig und geitig. fasln, tp. 317, 12 ;
ir ding ist hungerig als des wolfs roagen,
so hat mir der schaur In die pnich geschlagen.
also hungerig ist sie und so geitig,
das mir die Kifarbeis alle nacht sein zeitig. 346, 16 (= 732, 10).
4) hungrig in der gewerblichen spräche der tuchmacher: kein
fleming sal sin tuch czu hungerig nvachen, by der'gesaczten
busze. Ortloff rechtsquellen 1,291, soll jedenfalls bedeuten zu
arm an kern, zu lockern gewebes.
HUNGRIG -NÜCHTERN, adj.:
dein bungrich-nüchtrer mund. Wsckherlik 215.
HÜNIN, /". riesin: eine hühnin oder riesentochter ergieng sich
einst auf dem rücken des Harzes. Grimm d. sagen 1,368 no. 320.
nÜNISCH , adj. einem riesen eigen: eine bünische gestalt.
öfter im alemannischen des ih.jahrh. war hünisch {mhd. hiunisch)
= roh, grob, gering an stand, eine bedeutung, über deren ent-
wickelung unter heunisch sp. 1291 nachzusehen : den tod Über-
sicht nyeman, er sig jung oder alt, edel oder hünisch, gelert
oder ungelert, rieh oder arm. Keisersberg trostspiegel (1503);
sonst wol auch sittlich roh: racha ein unwirsch 1 hunnisch {var.
honisch) wort Dief. 4S2'. — Dasz auszerdem mhd. hiunisch als
hinsch, krankheitsname, versteinert sich fortsetzt, ist sp. 1468 gesagt.
HÜNKEL, n. junges huhn ; ahd. huonichli, huonichlin (ale^
mannisch, fränkisch), mit doppeltem Verkleinerungssuffix (vergl.
jramm. 3, 681) ; mhd. buoniclin (Ben.-MOller 1,622*), pulcinus
hunichlin Dief. 47l'; später zu hünkel, hinkel verkürzt und
auf die mittel fränkischen und benachbarte landstriche eingeschränkt,
doch übersetzt es noch in Petris Basler nachdruck des Ltilherschen
neuen testaments desselben küchlin: kücblin , hunklen, junge
hilnlin, vgl. Promm. 6,43*, sonst gilt es heute in der Wetterau
und zwar als hünkel, hinkel, henkcl Kehrein 205; pullus galli-
naceus ein hünckel Alb. Hh2*; im bairischen Rheinkreise hünkel
ScHM. 1, 1133 Fromm.; im westlichen und südlichen Hessen hinkel,
küchlein und huhn bezeichnend Yilmar 170; aus diesen land-
strichen stammen auch die altern in der Schriftsprache angetroffenen
belege: vor ein baummeise (die unerlaubt erlegt ist, soll einer
geben) eine huhenrechte henne mit 12 hinkein. weisth. 1,465
(Lorsch, von 1423); ein koppechte henen und zwölf hunkeln.
499 (Dreieich bei Frankfurt, von 1338); eine falbe henne mit
sieben hünkeln. 535 (Rheingau, von 1324); wenn euch der narr
beim halskragen erdappt hätte, er hätte euch zerrissen als
ein junges hinkel. schaub. engl. u. franz. com. 2,145; in der
form hünklein: die junge hinkelein, so noch in den eyern
stecken. Uffenbach neues rossbuch 2,81.
hünkel ist kosewort, aber auch Scheltwort für eine frauens-
person : hinkel , dummes hinkel Vilmar a. a. o. ; für personen
ohne unterschied des gesrhlechts : und da sie nicht zu ihrem
gewöhnlichen taglohn kommen mochten, musten sie ihre zeit
(wie dann solchs liederliche hinkel im brauch haben) mit
fratzcn und bossen vertreiben, wiszbad. wisenhrunnl. 1,77; im
begegneten drei nasse nackete hinkel mit bickeln , hämern,
schaufeln etc. In willens ein grab zu berauben. 2, 5.
HÜNKELDIER, m. habicht : gesetzt aber, der habicht oder
hünkeldieb kSme über die hüner. Hätt-ckrn den ko W*.
im Stift Hersfeld heiszt der habicht hinkelhopcb (hähntrhahichl)
Vilmar 170.
HUNNE, n. llunnut; vergl. beune und Hüne.
HUNNE, m. centenarius, ein unterrirhter ; schon ahil. bunno
OHI hundo. rechtsall. 75«; niedenhein. bonne : der srboultis
(irhultheisz) sali denie boeden bevelen, dat he gebode die hon-
nen ind (und) dat l.ind. die up der gerirbte nnirh geboerirh
•int. weitlh. 2, 708 (von 1375). vgl. bund, hunde tp. 191».
1953
HÜNSCH — HÜPFEBEIN
HÜPFELN — HÜPFEN
1954
HÜiNSCH, f. pest. s. hinsch $p. 1468 :
das dich die bül emurgen mi'isz,
die liünsch und ouch do mil die driesz. Mikser fjeuchm. y2*.
HUNSTKRAUT, n. sonÄ hinsclikraut s/>. 1470; tgl. die stelle
unter beinskrniit sp. 8^7.
HLNTE.N, adv. kürzung aus hie unlen sp. 1321: sein land
ligt im sogen des lierrn, da sind edle fruchte vom himel,
vom taw, und von der tiefe die hunden ligt. b Mos. 33,13;
es ist kein gott. weder drohen im himel, noch hunden auf
erden. 1 km. S, 23 ; fodder dir ein zeichen vom herrn deinem
gott, es sei hunden in der helle, oder droben in der höhe.
Je«. 7, 11 ; auch ßir drunten oder bloszes unten : der pfarrer
hat heut ein hirschkalh geschenkt kriegt ; das hängt bunten
in der küchenkanmier. Göthe 57, 167.
HUNZ, adj.: und will der huntz und karg bauer als . . .
erkargen und ersparen. Valextis Schumann nachlbiichlein (l559)
2, 47. dieses hunz ist uol nicIUs anders als der gen. hunds aus
der phrase des lunuls sein, karg, filzig, schmutzig sein {veryl.
hund 16, a am ende), hier adjeelirisch gebraucht.
HLNZE.X, rerb., zunächst in reflexiver ßtgung sich hnnzen,
sich schinden, plagen: vergessen wir nicht ganz unsere existenz
und kraft, da wir länger uns mit solchen dampfseelen hunzen,
die weder für himniel noch hölle geschaffen sind. Fr. MClleb
2, 17, ist deutlich an hund in der bedeutung 7, 5/). 1913 ange-
lehnt, und wol nichts als eine frcquentativbildunq auf -zen, ahd.
-azan {gramm. 2, 21' fg.), also mit der urs]}rünglichen form
hundezen, hundzcn, vie ein hund sich gebirden oder wie ein
hund es haben, gerade nie ahd. riinazan susurrare auf das subst.
rftna, und das noch heutige bair. himlizen (Schm. 1,1112 fromw.,
vgl. oben sp. 1371) auf himmel zurückgeht, an fremde herkunft
des uorics ist nicht zu denken, auch nicht dasz es ableitung ron
dem compos. hundaas {sp. 1910) sei. zu der angenommenen her-
leitung slimmt auch, wenn einen hunzen Iteiszt einen übel be-
handeln (Fromm. 5, 465 ausiglau); vgl. dazu die redensart einem
den hund lesen sp. 1913, und die composita herunterhunzen
sp. 11S9, aushunzen th. 1, SS9. die bedeulungen ron verhunzen,
verderben, schimpfteren (schweizerisch lieiszt es verbunden Stalder
2, 62), und zerhunzen verderben , vernichten , viderslreben eben-
falls der gegebenen deutung nicht.
HÜP, s. hip sp. 1552.
HUPE , f. siißtalhorn viit nur einem tone, dem ton aus dem
nachtwächterhorn ähnlich: dasz es . . zweckmäsziger wäre, als
Signal für das ausweichen (auf einer pferdeeisenbahn) eine sog.
hupe einzuführen , wie man sie hei feuerwehren und auf
manchen bahnen bei den bahnwärtern zum signalgeben be-
nutzt. Leipziger lagebl. vom M.juni 1^72, l. beitage; das hupen-
signal. ebenda.
HÜPELCHEN, HCPEULNGE, s. unter hippiein sp. 1554.
HUPF, m. saltus, «« saut, diction. (Genf 1695) s. 178; that
einen hupf hinunter ins wasser. Bechstein märchen 4. vgl.
hopp 2, sp. 1798.
HUPFAUF, HLPFAUF, eigentlich imperativ zu aufhüpfen
th. 1, sp. 672, als subst. masc. in zweifaeher bedeutung begegnend.
1) name eines tanzes in dreilheiligem lad. der hupfauf als
vAerschr. in Newsidlebs netrgeordent künstl. lautenbuehe (iiürnb.
1536) th. I, bl. e2';
ei, jizt geht erst der hupfauf an :
drumb habt nur achtung auf mein geign!
i. Atrer fastn. sp. 100* (2840, 4 A'cMcr) ;
Prelor: ach hör auf! dann ich aller mann
fürwar nit lenzer tanzen kan.
siehst nicht, wie mir der schweisz rab lauft?
Dölla: ei herr, jtzt kummt erst der hupfauf. 101' (2S46.20).
übertragen auf eine geile regung: ein wolbelagter man bei siben-
zig jaren all, dem der hupfauf schier gelegct, doch darumb
im die flammen und brunst der liebe nit gar auszgeschlagen
noch vergangen waren. Bocc. (töSO) 1,36'.
2) hupfauf, der sattelförmige bruslknorhen von vögeln, vorziig-
lich von gänscn. aus denen kinder rin von selbst aupiüpfendes
Spielzeug machen. RCdicer neuester Zuwachs 2,86; auch hopf-
haus genannt, ebenda 5,207; in Baiern hupfhainzel, hupfer-
hänsel. Schm. 1,1142 Fromm, aus seiner färbe weissagt man
das künftige winterweiter, vgl. Grimm mythol. loes/". ;
der hüpuf ist so gut als .sonst ein allmanach,
die Itauern sehn daraus des winters ungeniach.
neu ernffnrtes musencnliinpt (lj>z. 1702) .«. 1141
(ijed. mU der iibcnclir. Gänsc-TolTels gebratene
märtensgans).
HCPFEBEI.N , m. scheltnamc ßr einen funkenden , empusa,
claiidicans. Stieler 124.
IV. II.
HCPFELN , rerb. leicht oder viel hüpfen : saitare hopfein
Diet. 509' ; das er anfieng vor rachgieriger boszheit zu veils-
dänzelen, zu hupfeien, schupfelen, zabelen, strabelen, zitteren.
Cart/. lll'; da muszt sie der jung reutersknab anführen und
üben mit sprengen, dummelen , umbwerfen, springen, den-
zelen, hupfeien. 132'; und rennt und springt und hüpfelt in
allen linien um unsern körper. Tiecr ges. nov. 6,338; als
daher der kreis sich gebildet hatte , schritt oder hüpfelte
vielmehr diese dichterin des woblthäligkeitsvereins zur heiligen
quelle. Immerman.n Münchh. 2, S7.
HUPFELKEI, m. hüpfender tanz, vcrgl. unier huppellanz
sp. 1799: der hupfelrei unter namen von spielen Garg. 165*.
HÜPFEN, rerb. saitare. auf die interjeclion hopp fithrte direct
das sp. 1799 aufgefidirte verbum lioppen zurück, das nicht nur
nieder- und mitteldeutsch, sondern gleichmäszig oberdeutsch bezeugt
ist. nebeufonn zu diesem hoppen ist das unten folgende huppen,
huppen ; diesem zunäclisl steht die form hüpfen , dessen labiale
pf nach oberdeutscher neigung aus pp verschoben ist. der umlnul
ist, namentlich in der altern spräche, sehr schwankend durch-
gedrungen, neben hopfen sp. 1795, das sich dem vocale nach ganz
zu hoppen stellt, ersciieint hupfen häufig, und noch ron G^ithe
bevorzugt; hupfen saliie Graff 4,833 (vom ende des ll. jahrh.);
hupfen, salire, assilire, saitare, rulg. springen, hupten vor
freiden, assilire, pre gaudio salire. voc.inc. lheut..kb'; tripudiare
utTspringen I. -hupfen mit schritten vor freuden. Dief. 59"' ;
hupfen als alleinige form verzeichnet Frisch 1.477"; ebenso hair.
nur hupfen Schm. 1, 1141 Fromm., wie tiberhaupt in den süd-
deutschen mundarten.
Das wort bedeutet
l) sich in kurzen , stoszweisen Sprüngen bewegen ; selten als
eine art des hinkens, rergl. oben hüpfebein ; weil er (der hund,
dem drei beine abgehauen waren) gleichwidl auf dem riiicn
hüpfete. }>ers. rosenth. 1,6; vielmehr als eiiienthümliche bewegvng
leicht füsziger oder freudig bewegter menschen und gewisser thier-
arten : das kind hüpft ; vögel hüpfen auf den zweiten ; der
(loh, der frosch hüpft; frewet euch als denn nnd hüpfet,
denn sihe , ewer lohn ist gros^ im himel. Luc. 6, 23 ; da ist
die stimme meines freunds, sihe er kompt und hüpfet auf
den bergen, und springet auf den bügeln. Iiohel. 2, S ; ir berge,
das ir hüpfetet wie die lemmer, ir hügel , wie die jungen
Schafe, ps. 114,6; doch das solt ir essen von vögeln, das sich
reget und gehet auf vier füszen, und nicht mit zweien beinen
auf erden hüpfet. 3 3/os. 11,21; die krähe gebet irs hupfens
nicht ahe. iSeandeb spr. 8 ; mit gleichen füszen hüpfen, ludere
jnnclis jiedibus, mil einem beine hüpfen, unica iibia saitare,
Empusac ludum ludere Stieler 856;
vil kleine grasemücke {zu einem mädchcn gesägt),
wä w^iltu hüpfen hin
üj; dem neste? minnes. Ilagen 2^124*;
man soll den fröschea ein tanz machen (ihnen zu-'trtzen),
das ihnen das hüpfen vergieng. froschmdus. Kn5" (3, 1, I);
die elster renkt den steisz und last das hüpfen nicht.
GC5THER 972;
schon als hüpfender knab, ehe der bardenkunst
funken in mir entglomm. Hcltt 69 Halm;
der kleine flügelbube hupft. Göthe 1, 149.
als sinnverwandt wird formelhaß verbunden hüpfen und springen,
und auf die wesentlich gleiche bedeutung zielt die redensart ge-
hupft wie gesprungen, tout meme chose Fromm. 6, 156 (aus Tirol,
aber auch in Mitteldeutschland verbreitet); doch ist auch hüpfen
dem springen entgegengesetzt:
wie jeder doch die beine lupft!
sich wie er kann herauszieht!
der krumme springt, der plumpe hupft
und fragt nicht wie er aussieht. Göthe 12, 228.
es heiszl davon , dahin , fort , heran , herein , hervor «. s. w.
hüpfen ; auf etwas oder einen, in etwas, über etwas hüpfen :
wo die stigel nider ist, da hupfen die hund all über. S. Frank
sprichw. 2, 38' ; die andern hupften alle einer uinb den andern
hernach (der erste war über den zäun gesprungen). Kirchhof
tcendunm. 257*; mit diesen wortcn hüpfte ich . . zu meiner
theorbe, leierte, indesz ich sie stimmte, ein präludium.
WlELAND 12,92;
sie hüpfet mit im, als ein liege,
in der Stuben en twcr. Haijemt gm. abcnl. 3, 121, 372;
konik. der Markolf ist uns cntslupfi,
ausz UDsem panden ganz gehupft, fattn. sp. 539,24;
drumb lasz mich (einen floh) wider anhin hupfen.
B. Waldis Emp 3, 82, 9 ;
der frosch hüpft in den pfuel,
wan er auch säsze auf güldnen stuel. Schottel 1131*;
123
1955
HÜPFEN
HUPFEN — HÜRDE
1956
inil dem blumenstrausze vurii am busen
hupTte dann das niadchen
durch die veilchen. IIöltt 50 Halm;
Laura, die grazie,
Laura hüpfet daher. 70;
vergönne doch auch der süszcn Cythcrc
den zutritt, und o ! dem freundlichen Amor,
der leicht gerüstet vor ilir hüpl't. IUmlbr 1, 6;
hüpfte die kleine liederfreuudin (eine wuchlcl)
auf die laute des mädchcns. IS;
Freude hüpfe voran, Unschuld begleite dich. 100;
»inicr dem schauer
hüpfte Packan (der hund) frohknurrend. hervor; und sie wehrte
dem schmeicheln.
Voss 1, 1U2 (Luixe 2. 225).
mit einer ins zeülidie umschlagenden näheren beslimniung:
wie solch ein nützlicher roman
fing eure liebe sich einst an.
doch nach verlauf der ersten bände . . .
da hüpftet ihr geschwind ans ende
und wurdet glücklich. Gottkr 1, 44.
unter spielen Kird aufgezählt hupf inn klce. Garg. 16S'; ein
ersonnener eigenname ist Hupfinsgrasz. ebenda 161*.
2) hüpfen , tanzen , tanzsprünge machen : tripudio ich hupfe,
lianze Dasyp. ; da sie den könig David sähe hüpfen und spielen
(i'or der bundeslade). 1 chron. 16, 29 ; da danzlen , sclmpflen,
liupflcn, lupften, sprungen (sie) . . nach den lustigen Schal-
meien. Garg.s2'; da hüpfen sie auch wol nach einer rostigen
truinpel, hackniesser, liecken oder dergleichen, fac. fac. 42S ;
zippelzchen, hüpfen nach der gigcn,
wandelieren hin unt her,
des sint si meister gar. mmnes. 3, 280,6 Hagen;
da fiengen sie auf einem plan
bei Arnensberg zu hupf«n an,
und hielten einen singentanz. E. Albehus 238;
wie sich leise der kahn schaukelt auf silberner Ihn,
hüpft der gelehrige fusz auf des lacts melodischer woge.
Schiller der tanz.
3) hüpfen, von ähnlichen bewegungen des hcrzens, des blules
in der freude: ein reizender gegenständ! riefSerlo; das herz
hüpft mir, wenn ich sie ansehe. Gütue 19,169;
miu herze hüpfet nibncgen sprunc.
miiincs. 3, 370* Hagen ;
vor freudt hupft mir das herze mein.
J. Ayrer 45« (240, 22 Kelter) ;
dasr die hoffnung zu ct^^erhen das blul in den ädern iiüpfcn
macht. Freytag handschr. 3, 124 ;
wohl dem menschen, dem das blut
in den ädern hüpfet. Gotter 1, 109.
in grausamem scherze ward bei der entluiuptung gesagt, der kojif
hüpfe über die klinge (vgl. t/i. 5. 1173): man soll wol fürsten
funden haben, wenn er (Carlsladl) solche stücke in iren landen
fürneine, . . die im, sampt seiner rotte, den köpf hellen über
eine kalte klingen lassen hüpfen. Lutheb 3,46';
das er in lasz hupfn über klingn. II. Sachs 3, 1, 118*.
das ungebome kind hüpft im miilterleibe: sihe, da ich die
stimme deines gniszes hörele, hüpfet mit freuden das kind
in meinem leibe. Luc. 1,44.
4) hüpfen bildlich, von flüchtigem hingehen über eine sache:
Ecolampad, wenn er uiter die schrifl gehü|ift hat, die im
fürgelegt wird. Llther 3.319'; ich hüpfte mit dem äuge blos
auf den nahen lauh- und blülenknospen herum. J. I'aul Ilesp.
1,21.
5) hüpfen von dingen, die dadurch ein eigenes leben bekmnmen:
das bächlein, das durch Kllerlein liüpft. 1. l'wi. flcgrlj. 1,54;
erst plumplen die scliwercren (steinbrocken) und hupften mit
dumpfem gclön an die kegelseite (des Vesuvs) hinab, die ge-
ringeren klapperten hinterdrein. Götiie 2s, 30;
schnee die von dem gebürg abgehend brnuscnd ruu»chcn,
hüpfende hagelstein, frost und steinhartes eis.
Wkckhihlin 129;
(wifl rr) manchen goldene stomchen
auf die hupfenden wellen streut. IIöltt 08 Uatm;
ich ralhe der jugnnd nicht, dasz sie sich um daclyÜHche
tpr»e bekümmere (sie zu machen strebe), denn sie hüpfen zu
»ehr. IJdiiiRtB grundsätze der tetäsch. spr. (ilTt) iVSh ; hüpfende
Kerne. Pi.ATEM 27S; die trunkener enlgegenhüpfeuden töne.
J. Paul Tit. 3. lo« ;
•chnelt hiipfl« zwar der leichte lldclhogen
... in de.H geigcri liaiid. Gökinck 2, 214 ;
»rhrme, iinzuKammrnhangende hüpfende gedanken und emplln-
diingrn dachte unA fühlte die begeisterte «eclc des knal)en.
KLiHceR 8,335; fuhf oll Ubcr die nassen äugen um den
feurigen schatten wegzuwischen, der auf alle gipfel und alle
stufen hüpfte. J. Pall Tit. 1,14; das blumige lustiager des
hüpfenden frühlings. 141. — der hüpfende punkt, functu/n
saliens: eben wt^il die akademie noch der einzige hü|ifende
punkt , wo noch der geistige bijdungtrieb gestaltet , in den
neuem Staaten ist. freih.-büchl. 104.
HUPFEN, n. apium gravcolens, eifich. Nehmcii 1, 380. der
name aus apium entstellt; vgl. auch hepfen s/). 999.
HÜPFEU, m. 1) e»icr der hüpft, saltator. Stieler 856; t«
7Vro/ gras- oder lieuhu|)fer, licuscltrecke, erdfloh. Frojii». t>, 156;
auch die tanzfliege, empis, heiszt hüpfer. Nemmch 2, 1486.
2) hupfer, ein sprung. Schm. 1, 1142 Frorwm. in der Wetterau
ist hüpfer ein tanz, sonst hopser (sp. 1801).
3) hu[ifer, eine arl fuszfcssel. bairisch. Scim. a. a. o.
4) ein theil der angelschnur zur kleinen springfischerei. Jacobs-
soN 6, 125".
HÜi'FERLING, m. monoculus salyrus, eine art schild flöhe.
Nemnich 3, 594.
IIÜPFIIAFT, adj. saltans, saliens, tripudians. Stieler 856.
HÜPFHAHN, «I. hahn der so yrosz ist, dasz er bis auf eine
gewisse höhe hüpfen oder fliegen kann. Grimm rechtsalt. 376, anm. 1.
HÜPFICHT, adj. gern hüpfend: hüplichlcs feuer, ignes fatui,
hüpfige flöhe, salientes jmlices Stieleh 856.
HLPFIGLICH, adv. subsultim. Dasyp.
HilPFLElN, n. kleiner hupf, s]n-ung ; sclinalter-, sclmilter-
büpi'lein, sprilchlein, aus vier, gewöhnlicher zwei, gereimten rcrscn
bestellend, das als tanzweise gesungen oder aufgespielt werden
kann. Sciim. 1, 1142 Fromm.
HL'PFLL'STIG, adj.: gelangt endlich das geschöpf auf die
Oberfläche, so ist es hupf- und sprunghistig. Göthe 55,320.
HÜPFUNG, f. das hüpfen : bupfung Iripudium Dasyp.
HUPP, interj. der Jäger, wodurch sie die bcendigung des treibens
anzeigen, vgl. nachher huppen.
HÜl'PELN, veib. tiipudiare, frequentativ zu huppen, wie
hüpfcln zu hüpfen. Stieler 856; das wort ist vorzugsweise in
UUringen üblich, vgl. auch hoppeln sp. 1799.
HUPPEN, verb. in abliuppcn, vergl. die interj. hupp: der
schütze musz, von dein augenblick an, wo ihm sein stand
angewiesen wird, diesen mit aller waidmännischen pflicht
behaupten, und ihn nicht einen inument früher verlassen,
als bis abgeblasen, abgepfifl"en oder abgchuppt, d. h. das
zeichen der geschehenen bcendiguiig des treibens und der
Zusammenkunft auf neuem vcrsammlungsplatz gegeben wird,
v. Tiit5NGEN waidmanns pract. 32; die schützen beim anstand
lieben sich gegenseitig abzuhuppen oder abzujuchen. v. Train
1, 102.
HUPPEN, HUPPEN, verb. ßr hüpfen, s. d.: wollen er-
forschen, wie lang ein floch leben könne? wie weit ein fluch
huppen könne? Scnuppius 818;
wenn der bunt thct tanzen und huppen,
licszen sie im machen ein leiste suppen.
ScuADE sal. u. pnsgu. 1, 172, 658.
HUPPEN, HÜl'PENBUHE, s. hippe, hippenbube sp. 1552.
1553.
HUK, st. n. Unzucht, ehebruch, ahd. mhd. als huor ziemlich
oft begegnend, später zu gunsten von hurerei selten geworden und
abgestorben, nur noch als erstes glied der comjwsita huriiaus,
burheit, buikind, bursohn geblieben, adulterium ubirbCir Dief.
15* ; incestus sippchiir 291".
HÜUCHEU, f, dim. hürchelein, tauchente : etliche (Mc««ert
den vogel mergulus) ein hürchele. Heuszlin vogelb. 49"; das
iiürcbeiin, ducheiillin, düchclin culijmbus minor Maalek 232*.
HilK.'IIFLN, verb. röcheln, vgl. hörchelii sp. 1802.
HÜHl'HEN, »1. meretricula, scortillum. Steinuacii 1,796; «lerc-
tricula imricliin Diek. 357*. vgl. hürlein.
HCHDE, f. flecittwerk von reisig oder Stäben, neben horde
sp. 1804 ; eine /um» die sich aus der gen.- und fJur.-fonn bürde
vmn enls}>rechenden mlid. Iiurt cntwicJiell hat, doch vor dem
10. jahrh. nicht nachgewiesen werden kann, und so, dasz «(h/*
in dieser zeit, namentlich in oberdeutschen guellen, die alte form
hiird , hurt , aber erstarrt , und oline umlaut tm gen. wu- tm
plural, dauert: erates hiirl, hunl Diek. 15.'i'; hurd cratis, est
inslrumentum de virgultis contextum. voc. ine. tlieul. k 5* ; craies,
cratis ein flonz oder hurd, cralicus da» von bürden ist, cratire
mit bürden decken Dastp. ; die hurd, erates Maalkr 233';
hurd, korb erates Frikciiiin nomencl. 470; dy (apfel\ leg in
einen truckrn keller auf ein hurd. küchenm. b 1 ; also iiameii
sie in uf ein burdt. Zimmer, chron. 3, 270, 12 ; noch im öcon.
1957
HÜRDE — HÜRDENLAGER
HCRDENMACHER — HÜBE
1958
lex. (lT3l) sp. 1077 hurt viereekigtes gefleeläe von ireidengerten, aber
als minder gebräuclüiche nebenform zu horde; darausz machen
sie küglein, machen sie dürr auf hurten im heiszen sommer.
Bock kräulerb. 204 ; der immenkorb oder dasz papiapiarium, da
unsere binen in wonen, schwärmen und iren honig machen,
wird mit zähen und starken Logischen und Parisischen, Jesu-
widerischen und Dillingischen wilgengerten, hurten und zäunen,
durch einander geflochten, bienenk. 235' ; die brücken überlegt
man mit brettern oder bürden. Kirchhof disc. milü. 42 ;
der bäumen rnicht und obs lag sicher auf der hurt (zum dörren').
Wkckherli?« 772;
beim vollentreber das geflecitt worauf die volle zum schlagen liegt :
holt dann die woll von der hurt. Ulensp. 51, s. 75 Lappenb.;
noch heute in Baiern die hnrd , aber mit dem plur. die hürd
bewegliche wand, Ihfir u. dgl. aus flechtwerk. Schj». 1,1160 Fromm.;
auch Maaler 232* kennt die pluralform die hürd , geflochten
körb, gerrae.
Zwischen der alten form hurd und bürde stelü das erweiterte,
aber unumgelautete bürde, plur. Iiurden {noch heute in Kärnten
blosz liegende baiimwurzeln, einen mit den wurzeln ausgegrabenen
baumslrunk bezeichnend, Lexer 14ß): das der ein einen häufen
nüsz auf einer bürden ersehen. Wickram rollw. 105,4; eine
form die auch bei Luther in den früheren drucken seiner bibel
und auslegungsschrißen erscheint, in der ausgäbe von 1545 aber
dem umgelauteten bürde oder hurte gewichen ist. und zwar ist
das wort nun vorwiegend auf die wände aus reisiggefleclU be-
zogen, mit denen die hirten des nachts ilire hulstatt umstellen, in
welcher bedeutung es Ins heute gebräuchlicher als horde {sp. 1S05)
und besonders auch in gewählter spräche üblich ist: wir wollen
nur schafbürten hie bawen für unser vieb. 4 Mos. 32, 16 ;
warumb bleibstu zwisschen den hürlen, zu hören das blecken
der berde ? rieht. 5, 16 ; ich wil sie auf die beste weide füren,
und ire bürten werden auf den hohen bergen in Israel stehen,
daselbs werden sie in sanften hürlen ligen, und fette weide
haben. Hes. 34, 14 ; es waren hirten in der selbigen gegend
auf dem felde, bei den hurten, die hüteten des nachts irer
berde. Luc. 2, s ; in iren bürden und bei ihren altarn. Mathes.
&jr. S2'; in schafstellen, bürten und pferchen, lis';
und den hürlen an dem Rheine (bei den schäfern)
bleibt sein schöner gei.<t bekandt. Nechark litstw. 101 ;
munter eröfnet bereits der schäfer die bürden.
ZicBARiÄ 2, 7 ;
hurtiger treibet vom berg der schäfer auf steinigtes brachfeld
seine heerde zur bürde, die ihre schranken verschlieszet. 62;
wie die schafe des reichen manns in der bürde
zahllos stehn. ItUis 4,433;
wo lebte wohl in forst und bürde,
und wo in luft und meer ein thier,
das nimmermehr geliebel würde? Bürger 27*.
auf menschliche wohnstatt übertragen :
was noch so wüthend ringt, sich zu zerstören,
verträgt, vergleicht sich, den gemeinen feind
der menschirdikeit, das wilde thier zu jagen,
das mordend einbricht in die sichre bürde,
worin der mensch geborgen wohnt.
Schiller Wallenstein.'s lad 1,6.
bürde, vinea, flechtwerk zum schütz bei belagerttngsarbeiten : die
Römer schanzten zu den mawren mit ihrem sondern gezeug
bedeckt und gerüst, als mit Schnecken und bürden. Rihel
Liv. 403; flechlwerk zum trocknen von etwas: an demselben ort
{Trebbin) bat jeder bawcr über seinem kacbelofen eine ge-
flochten hürlen, darauf sie winterzeit die kesen zu trucknen
pflegen. B. KbCger Hans Ciawert {Berlin 1591) s. 5; und fiel
mit der hürlen vom ofen heruntr. s. 7; die magd des Ver-
walters bat einige bandkäse oben auf der bürde vor dem
giebelfensler zum trocknen ausgelegt. L.SchCckisc im deutschen
nov.-schatz bd. 15, s. 210; bürde, flechtwerk, als hindernis bei
Pferderennen: die distanz war 4500 meter, die hindernisse
eine anzahl bürden. Karlsruher zeitung vom 31. aug. 1S75.
HLHDEN, adj. aus reu^iggeflecht : hürdine wände parieles
cratilii Frisch 1, 47S' {aus Wurstise.xs Basler chron.).
HLRDEN, verb. bürden machen: bürden, hordcn flechten
ScHOTTEL 1339; in bürden einthun: die schafe werden des
nachts gebürdet.
HLR1>F:NDR.\HT, m. dicker dralU, vie er zu darrhürden
gebraucht wird.
HLRDENtJERTE, f gerte, wie 'sie zum flechten der Schaf-
hürden dient; hürlgerten rimen Schottei. 13.39.
HÜRDENLAGER, n. mit bürden umschlossener lagerplatz für
eine Schafherde.
HÜRDENMACHER, m. verferliger von bürden; 6« Stieler S6S
hurtmacher, cratitor, hurtmacberin, ejus uxor aut alia femina
crates vinciens, sive cratiens.
HÜRDENPFAHL, m. pfähl zur befestigung von Hürden.
HÜRDENRECHT, n. das recht auf einem felde hürden auf-
zuschlagen.
HÜRDENRENNEN, n. Pferderennen, bei welchem hürden als
hindernisse aufgestellt werden.
HÜRDENSCHLAG, m. aufschlagen von hürden auf einem felde,
und das recht dazu.
HÜRDENSTECKEN, m. stecken, der das flechtwerk der hürden
zusammenhält; bei Frisch 1,47S' hurlenslecken.
HÜRDENWAND , f aus hürden geflochtene wand : hürden-
wände, cratitius Frisch 1, 47S*; cratitii parietes hürdwände
Kirsch rorniic; hürdwend, wend von bürden gemacht, cratitii
parietes Maaler 232'.
HÜRDE.NWERK, n. opus cratilium, aus hürden gefertigtes
geringes bau werk.
HLRDLER, m. eine ort Breslauischer fuhrleutt, die hürden-
wände an ihren wagen haben. Frisch 1, 47S*; sie besorgen im
weichbilde der stadt das verßhren schwerer lasten. Fromm. 4, 172.
HÜRDLERPFERD, n.: {ein bauer wird) so wenig hüHig-
keit erlernen, als ein hürdlerpferd das passagieren. Bctschkt
Palm. 154.
HÜRDüNG, /■. das hürden; auch das aus hürden geflochtene,
so in der kriegskunst die bedeckung, welclie sich der belagerer bei
Mageruugen von hürden macht, um sich gegen feindliche geschosse
zu decken; desgleichen dämme von hürden an sumpfigen orten.
Jacobsson 2, 295*.
HLRDWAGEN, m., dim. hurdwägelein , wagen mit wänden
von flechtwerk. Schm. 1, 1160 fromm.
HLRE, f. meretrix.
1) gM. ist uof/ös durch hörs widergegeben, während rrooiiy
das fremde kalkjö {Luc. 15, 30) ausdrückt, ahd. geht neben
buorari moechus, huorra {aus huorja), huora meretrix, scortum,
lupa, prostituta, mhd. huore, später auch mit vocalverkürzung,
die vielleicht das wort mehr verhüllen sollte, hurre, hurr lupa
DiEF. 339' {vergl. dazu unter huren 1, hurenhaus, hurer); ags.
altengl. höre, engl, whore; altnord. schwed. hora, dän. höre.
aus den urverwandten sprachen stimmt kirchenslav. kuruva meretrix,
russ. kyrwa , poln. kunva , wie zu dem goth. masc. hörs das
sanskr. g;ira der buhle tritt, das von Böhtlixck-Roth 3,90 mit
gar .sich nähern, sich anliängen, vermittelt wird, doch ist, wie
uof/fi? auf ouiyeiv, mingere zurückführt, sicher enger Zusammen-
hang des Wortes mit har-n urina und einem grundbegriffe etwa
flieszen, ergieszen, anzunehmen.
2) im mildesten sinne bedeutet das wort ein gefallenes, jung-
fräulicher ehre baares mädchen :
dum llos odorem perdit et virgo pudorem
lunc nos lit dorre, et virgo manet ein hörre. Dfep. 240» ;
eine zur hure machen, stuprum inferre virgini, ludificari rtr-
ginem, virginitatem eripere, zur hure werden, devirginari, cor-
rumpi Frisch 1,477*; auch eine beischldferin , concubine, und
hier der rechtmäszigen galtin entgegengesetzt: meine tochter ist
zu schlecht zu dero herrn sohnes frau, aber zu dero herrn
sohnes hure ist meine tochter zu kostbar. Schiller kab. u.
liebe 1,1;
pfui ! speit ihr aus : die hure da ! —
bin doch ein ehrlich weib. Göthr 1,204;
ferner ein ungetreues eheweib : der man . . scbleucht herzu und
lindt den pfaffen ob dem weib . . die huer springt davon.
Zimm. chron. 3, 65, 2S ; endlich aber, und am häuftgden , die
sich um gewinnes willen preis gibt, und hier oß mit den beisätzen
gemein, feil, öflenllich : hur umb zwen haller diobolare scortum
Maaler UZ' Jvergl. auf sp. 972); es ist kein sierkere oder
gwalligere hur, nulla proslibula magis prostat, zu einer olTent-
licben hi'iren werden, cdlocare se patam in meretricia vita.
ebenda; eine gemeine hure lieben, scortum vulgare amare.
Steisbach 1,796; bist du der scbelm, der die gerechtigkeit
zur feilen hure macht? Schiller rduber 2,3; Genuas freiheit
ist dahin — Fiesko hin — werde du eine hure! {Verrina zu
Bertha). Fiesko 1,10;
ich sag dirs im vertrauen nur:
du bist doch nun einmal eine hur;
so seis auch eben recht. Göthb 12, 196.
es heiszt huren ballen lenocinari Steisbach 1,796; sich mit
huren nähren: wer aber mit huren sich neeret, kompt umb
sein gut. spr. SaL 29,3; sich an huren hängen: henge dich
123*
1959
HURE
HURE — HUREN
1960
nicht an die huren, das du nicht unib das deine körnest.
Ar. 9,0; wisset ir nicht, das, wer au der huren hanget, der
ist ein leih mit ir? 1 tV. ü, IC; der sein gut mit huren ver-
schiungen hat. Luc. 15, 30.
Als böses Schimpfwort : bot zö sein von ainem hausz zu dem
andern, von ainer fraweii zu der andern, nyinnier hörend sy
ire aygeue nauien, aliaiu hur da, hur dort. Wirsung CalixsUts
L4'; hat mich und meine trau einen schehnen und einen
dich, eine hur und eine hex gescholten. Simyl. 3,325 Kurz;
die hirngespinste, welche die alte hure, deine groszmulter,
von ihrer ällermutter geerbt und dir in dein dunmies hirn
gesetzt hat. Wielano 11,175;
wann ir sie aber wolt hei.«zon liureu,
so heu irs mit uns nit gut. (usln. xp. 251, 5;
niuiue muuer, die hur,
die mich uniget)racht hat! Göthk 12,237;
aber auch als niedriges schmeifhelirorl {vergl. unter hürlein): er
(der gnädige hcn) kriegte mich beim kinne, und sagte, wie
er innner ganz spashaft ist: he! kleine hure, willst du dir
den informator Kaiie.ner sat. 3, 2S.
Formelhaft ist verbunden huren und hoben, vgl. bd. 2, sp. 4G1 :
linden (die nachbnrn) allda huren und bjben bei einander.
Luther tischr. 327'; bei einem kriegslieere hii'sz der trosz huren
und buhen, vgl. unter hurenweibel ;
ja uns huren und hüben all.
Manuel fastn. sp. 3G1 Griincisen ;
huren und buhen,
rettich und ruhen,
hiincr und hanen
bleiben gespanen. Wkidner aj.ojjhlhrgm. 5(1055)221;
huren und Juden:
ist der vater auf geld ersessen,
und nutzt sogar die lanipenschnuppen,
kriegen sie den söhn in die kluppen,
Juden und huren die werdens Iressen. Göibe 47, 230.
3) sprichwörtliches, dann es ist kein hur so verrucht, sie
zog dannoch gern ein from kind. (lurg. 225'; sein geld ist
eine huhr (wil immer unter frömden leuten sein). Sckottei,
1125'; huren und hüben sprechen immer von ihrer ehr. 1132';
man spricht: jung eine hur, alt eine hex. Üirio 87; es wird
selten eine hure um eines kerls willen, scortum raro uni
saitem copiam sui facit. Stieleu S34; huren und hüben freihen
gerne zusammen, dignum patella operculum, Mopso Sisn datur.
ebenda; den dieb soll mau henken, und die hur ertränken.
PiSTORius //les. per. 3, 4S ; wer eine hure zur ehe nimmet, der
ist ein schehn, oder will doch einer werden. 4,7; huren
pfeifen. 5,6; barbiercr und huren musz man recht bezahlen.
C7; einer ieden hure trost ist, dasz sie die erste und letzte
nicht seie. 6S; was von huren säuget, das ist zmn huren
geneiget. 69 ; es ist gleichviel, ob einen eine hur lobt, oder
ein Schelm schiltet. 7, 2 ; aus einer argen hur wird selten ein
gut eheweib. Simrock spricliw. 270; es sind nicht alle huren,
die einem manne zu willen sind, eine hure nimmt lieber
mit einem äuge verlieb, als mit einem buhler. junge hure,
alte beLschwester. junge huie, alle kuppicrin. ebenda; junge
huren, alte wettermacherinnen. 271 ;
wann man die junge burn ertränkt,
wer man mit alten nicht behängt.
UiRCK eltcsiiiegel 103;
da hielte ich mich, wie das alte Sprichwort lautet:
ein Schneider auf eiro rosz, ein hur aufm scbloüz,
ein laüsz auf dem grind seind drei stolzer hol'geüind.
Simiil. 3, 05 kurz ;
Stroh im sehn,
spiiidel im sack,
huhr im haus,
gucken aller^vcgen heraus. Sciiottkl 1145';
junK« huren, alte nonncn,
ballen sonst schon viel gewonnen,
wiMUi, viin pfafTen wohlherulhcn,
sie im klo«ti>r wunder tlinten. tiöruR .')G, 88.
4) die litbeisjiraclw braurlU das U'ort fnr abgöttische stiidte oder
stamme: darunib du hure (Jerusalem), höre des herrn wort.
lies. 10,35; ich kenne Ephraim wol, und Israel ist für mir
nicht verborgen, das Kphraim nu nw hure ist, und Israel
ist unrein. Ilosea 5,3; ich uil dir zeigen das urteil i|cr groszen
huren, die du auf vielen wassern sjl/t (//-///y/rm). o/ftnb. 11 , '1 ;
in anlehnung an diesen brauch hei I.utiikr : (dw gegner) sehenden
damit . . die gauze heilige chri.Htliche kirclie, als eine irrige,
verdampte burc, die uicht das rechte alle worl gotles ge-
ballen. &,2tt5'.
5) rolksmäszig ist hure als erstes glied rnn compositen ver-
uendel, um etwas schädlich wucherndes, oder ungehöriges zu be-
zeichnen; vgl. unten luirenast, burenkind, liurenweg.
6) hur, cenlo, diciiur pannus guo utrumiiue membrum post
coUum tergitur. voc. ine. theut. ks'.
7) thier- und pflanzenname : hure, wasserhure Iteiszt die libelle,
hure, die muscheln venus meretrix und donax scortum; nackte
hure, Colchicum aututnuale, die herbslzeitlose (in Franken): stin-
kende hure, nackte hure, chenopodium vulvaria, stinkender
giinsefusz, schamkraut. .Nemnich.
Hl'KK, f. hurerei, und ort wo solche getrieben wird, ahd.
höra, huora adulterium, proslibulutn Graff 4, 1011; nthd. huore:
ein hauszvatter bet einen erweiten son, der alle zeit in der
hur lag und nimmer zu haus kam. Steinhöwel (1555) 47'.
das schimpfliche bild einer mutier in der hure dient als rohe
abwe.isung :
so zai mir vor den hanen mein,
oder du must mir in den thurn.
'ich zaI dir deine mutter in der hurn'.
II. Sachs 2. 4, 14* ;
Wilin-iiU. allein bitt ich euch umb verzug,
bisz dasz ich etwas zu gell mach.
es steht so übet nicht mein sacb,
dasz ihr nur trohet auf den thurn.
Srrciaprl: sie steht der mutter in der hurn.
J. Ayhkr fiislii. I.JI. 129' (•29S4, 2 Keller}.
HL'REI, f. hurerei: hurei, uneerlirbe beiwonung, es seie
mit eefrauwen oder anderen weiberen und töchtern , durchs
gesatz verholten, stuprum, ßagilium, fnrnicatio, prohruni .Maai.cr
233' (der hinerei nicht aufführt); wolt ich zwar weitleufliger
auszfüren, was schad an leib, seel, ehr und gut ausz dem spil
erwuchs, nit weniger dann ausz hürei und saufen. S. Frans
sprichw. 2, lOl' (gleich darauf aber spil, saufen und hi"irerei);
auch hörend nit in gotles reich,
die mit hurei befleckend sich.
RüB. WoNLicu dax himmelische llierusalem
(1584) Str. 24;
Unzucht, hurei und chbruch meid.
Welle R lieder des dreistigj. kr. 269.
HLREiV, verb. scortari, fornicari; ahd. huorün fornicari,
mocchari, adulterare, mhd. huoren.
1) intransitiv: und Israel wonet in Sittim, und das volk
buh an zu huren mit der Moabiler töchler. 4 Mos. 25, l ; so
s(d man sie er aus für die thür ires valers haus füren, und
die leute der stad sollen sie zu tod steinigen, darumb, das
sie . . in ires vaters hause gehuret hat. 5 Mos. 22, 21 ; ein
levitischer man . . hatte im ein kehsweib genomen von Beth-
lehem Juda. und da sie hatte neben im gehuret , lief sie
von im. ric///. 19, 2; wer aber huret, der sündiget an seinem
eigen leibe. 1 Cor. 6, Ih ; das ir nit eures herzen dünken nach
richtet, noch euren äugen nach hurind (nee sequantur cogita-
tiones suas et oculos per res varias fornicantes. vulg.). Züricher
bihel 1530 77* (4 Mos. 15, 39, ebenso bei Luther) ; in der form
hurren , deren kurzes u alt ist (vergl. dazu unter hure 1): es
wissen doch alle leute, dasz man nicht stehlen soll, nicht
morden, nicht hurren und keinen falschen eid Ihun. J. Gott-
heit schuldenb. 45 (aus dem munde einer Unner bäuerin). —
huren und buhen formelhaft verbunden (vgl. oben hure 2 und
buhen theil 2,402): dieweil du denn .. so lange hurest und
buhest. Luther 5,343'; er huret und buhet was er kan, i«
omnibus lupanaribus cum scortis volutatur. Stiei.er s34.
2) huren (fi«c/i hure 4) in der bibelsprache ahgöUerei treiben,
abtrünnig werden : der priesler soll . . . mit nicht ire opfer
hinfort den feldleufeln opfern , mit den sie huren. 3 Mus.
17, 7 ; willu Israel ja huren , das sich doch nur Juda nicht
auch verschulde. Ilosea 4,15; ich sehe im hause Israel, da
mir für grawct, denn da huret Ephraim, so verunreinigt sich
Israel. 0,10; du (Israel) hurest wider deinen gott. 9,1.
3) huren tramitiv, eine eine hure schimpfen: die frauen
haderten miteinander und hureten einander. J. Paui.i schimpf
24; (dasz du) dazu umb sonst und nichts, irgend ein ursacb
und schuld vom zäun brechest, und sagest : sie hab disz und
das nicht gelhan, sie darzu hurest, seckesi, und aufs aller
schendilichst sclimehesl. (E. Scmi.no) spielteujel (I5tt4) Eo*;
wifwol er aber für uiul hin
mich huret, sacket, rauft uml schlug
lind wie ein fuszhadern iimbiug. II. Sacm
Hl HKN, verb. alemannische form für hnuern, kaunn, iit,/.
tp. bsi:
nun llg da bindet denen mureii,
darinnen muoitu ewig huren, frag. Joh. Hü,
1961
HUREN AST — IIURENGLCCK
HUBENGUT — HURENKIND
1962
HURENAST, m. Kasserast, Wasserreis an fruchlbäutnen. ober-
hessisch. ViLMAR 179.
HL'RENAUGE, n. : hurenaugen, oculi emissüii, vagi. Stie-
ler CT. ;
HL'RENBALG, m. hurerischer leib: auf das sie (die Mainzer
pfa/fen) ire hurnbelge und bubenbeuche in frieden und lust
mücbten sicher erhalten. Luther 3, 3S4'; ah Schimpfwort:
hurenbelg, schleppseck. Garg. 47* ;
so spotten si mein erst darzuo.
das tuet der pös huornpalk (meine liebstf) dan auch.
fastn. sp. 34U, 15.
HURENBAUCH, m. als Schimpfwort:
so sei nun trutz geboten euch
ihr widerchristlich hurenbeuch.
drei jesuitenlntein durch ein Altdorf-pfatTerlein
(Peter Denais 1607 s. 34).
HURENBEIN, n.:
du (ein mäJclieii) pist ein pesz hurrenpein. /Vi.>!<n. «/?. 997, 28.
HÜRENBEISZ, m. ein alemannisches wort, die ersllinge von
jungem {heurigem) obsl, fruchten und gemüseii, dann überhaupt
leckerbissen bezeichnend, bei Maaler 220' in der forvi der Schrift-
sprache heurenpeisz, die erst zeitig frucht allerlei gattung,
primetium; noch jetzt schweizerisch hürenbeisz, hüripeisz, hüra-
peisz Stalder 2, M ; öfters auch /«*j Keisersberc : soll er nil
alle ding die uszgiengen, zii dem ersten durch sin mul strichen
und die fressen, nein , das ist nüwer rot , hürenbeisz , soll
ich des nit ouch in minem husz haben, bilg. 125*; wann du
will den win der weit geben , und erst din alter, das sind
die trusen, got geben, das ist im nit so angenem. . . aber
die iungen, die gent got die erste frucht, Az, ist der nüw
rot, die hierenbeisz, die sint allewegen werder dann die
nochgenden frucht , und den hierenbeisz , die ersten frucht,
gent sie got, die gefallen im wol, und schmacken im wol.
151*; es seind drei hüerenbeisz hie zu Straszburg, da man
d; feber an isset. da; erst ist (vegetabilibus) die unzeitigen
rettich, das ander ist (in sensibilibus) die unzeitigen gens,
d; drit (in rationabilibus) seind die unzeitigen meidtlin oder
töehterlin. brüs. 12*.
HURENBETT, n. lustrum. Stieler 13C.
HURENBLICK, m. cvntuitus lascivus. Steixbach 1, 132.
HURENBLUT, n., als Schimpfwort:
was sagt dies hurenblut! (zu einer frau).
A. Gktpbh's H>96 1, öSS.
HURENBRAUCH, m.:
der freundschaft keuscher stand, war weiland voller ehren :
jetzt last sie sich durch geld, zum hurenbrauch betiiören.
LoGAU 1, 25, SS.
HURENBRÜCHE, f geldsirafe ßr eine uneheliche Schwängerung.
Adellng als besonders niedersächsisch.
HUREN BUBE, f«. buben die huren nachlaufen: wenn keine
bureububen wären, so gäbs lauter brave mädels. H.L. Wagner
kindermOrderin 11.
HURENBUCH, n.:
Prava stand im hurenbuche, bessert aber ernstlich sich ;
ward diauf ausgelescht im buche ; dennoch aber bleibt der strich.
LoGAL- 3, 179, 31.
HURENFEIND, wi. absteniius a re renerea. Stieler 4C1.
HURENFLEISCH, n.: nehmen geld von den pfaffen, das
sie die hurn bei sich behalten mögen, verkaufen also burn-
fleisch. .\lberls widder Witzeln Fl'.
HURENFKEUND, m. scortorum seclator. Stieler 555.
HURENFUHRER, tu. .• hiironfiirer, hurer, kuppler, per-
ductores, aquarioli, ganeones, scortatores Maai.er 233*; Crobilus
war ein riffener, benszeliner und hurnfürer, der het zwo schön
hurn dero er sich neret. S. Fraxk .«spr. 2, 131'; dieser huren-
führer (schimpfname ßr einen geilen riller). Amadis 73.
HURENGANG, m.: dasz in einer solchen Stadt die Jungfern
solche hurengänge nicht thun dürfen. Chr. Weise kl. leide 231.
HLRENtiAST, m. guneo cincinnalus. Stieler «14.
HURENGEIST, w». ; sie denken nicht darnach, das sie sich
kerelen zu irem gott, denn sie haben ein hurengeist in irem
herzen. Hos. 5, 4.
HURENGEL.\GE, n. convivium meretricium. Stieler 1121.
HLRENGLIEI), n..- wisset ir nicht, das ewre leibe Christi
glieder sind? soll ich nu die glieder Chri.sti iieuien, und
hurenglieder draus machen? l Cor. 6,15; das die unbedachl-
saine Jugend ihre glieder zu hurengliedem hinreicht. Bctschky
Patm. 432.
HURENGLUCK, n. amores faciles, Venus farens. Stiei.eb 675;
hat er niemals das Sprichwort gehöret, das man saget : dieser
hat hurenglücke? wenn es nun den huren nicht wol gienge,
woher würde das Sprichwort entstanden sein? Eksst gemüts-
ergetzlicltkeüen (1697) s. 25.
HURENGUT, n. : weil sie {die widertäufer zu Münster) selbs
rhümen, die vorige ehe sei eitel hurerei, so müssen sie alle
sampt eitel hurenkinder sein , sind sie aber hurenkinder,
warumb erben und besitzen sie dann der stad und vorfarn
guter? sie sollen je biliich die guter lassen faren, die sie
selber hurngüter schelten, und sich für keine erben halten,
und eigen ander guter suchen oder erwerben, in irem newen
ehestand, die nicht hurngüter, sondern eheliche ehrliche guter
weren. Llther 6, 318*.
HURE.NHAUS, «.: fornix hurenhaws, hurnhausz, und mit
kurzem vocal {rergl. unter huren 1) hurrenhaws Dief. 244";
gemein hurenhausz auf dem graben bei den rinkmauren,
summoenium Maaler 2.'53'; darentgegen hat der pabst und
seine cardinaln . . ausz dem bethause, welches zu Jerusalem
tempore Samuelis gewesen , hernacher nunnenklöster und
hurenhäuser fast bei allen kirchen gemacht, facet. fac. 192;
ich hab aber des ouch nit vergessen,
dasz du selb bist by der laden gesessen
im selben huomhus mee dann zeheu jar,
kempt TOD Straszburg usz der schwanzgasz dar.
fiistn. gp. 866, 25.
von geistlichen Stiftern : ich w il der rechten hurnheuser, Mentz,
Würzburg, Bamberg, Halberstad etc. jetzt schweigen. Lctber
3, 517'. vgl. hurhaus.
HURENHAUT, w.;
die zarte nackent burenhaut. Weckherlin 821.
HURENHENGST, m. scortator, qui ut equus hinniens equas
sequilur. Frisch 1,477'; du selbst (Jupiter), sagen sie, seist ein
(lizlausiger, ehebrecherischer hurenhengst. Simpl. l, 266 Kurz.
HURENHERBERGE, /". lenocinium. Stieler 165.
HURENHEUER, f., miete solcher:
Judenzins und hurenheuer
sind gemeiniglich sehr theuer.
I*isT08ics Uies. par. S, 68.
HURENJAGD, f. meretricium. Stieler 875.
HURENJÄGER, m. scorta venans ut venalor feras. Frisch
1,477': die pfaffen, so frawenreuber, eheschender und hurn-
jeger sind. Luther 3,517'; Apollo (sei) ein unverschämter
hurenjäger. Simpl. 1,266 A'«»;; hurenjäger und ebebrecher,
huren und ehebrecherinnen. Schcppids 465; an einem vor-
nehmen ort, da viele vornehme hurenjäger versamlet waren.
ebenda; ich habe ihn {den neffen) nur auf die hohe schule
geschickt, um ihm den umgang zu beschneiden, welchen er
vor diesem mit Soldaten, neuezeitungsträgern und hurenjägern
geführet. A. Gryphius 1698 l, 863.
Das dim. hurenjägerlein als kosewort ßir einen kleinen knaben:
das klein hurenjägerlin griff allezeit seinen seugamen zum aug.
Garg. 131'.
HURENKAUTE, f. hurenschlupfwinkel, vgl. kaute //ipi7 5, 364:
{ihre klOster) so abgesondert stehn von aller politischer ge-
meinschaft, wie die arsspulkäramerlin in häusern und die
hurenkauten inn statten. Garg. 245*.
HURENKIND, m. nothus, spurius, manser. manser huren-
kind Dief. 347', nov. gloss. 246*; bie mügen hürnkinder elich
werden. Luther adel <deutsclier nation Dij " ; gehe hin, und nim
ein hurenweib und hurenkinder. Hos. 1,2; das ich . . mich
irer kinder nicht erbarme, denn sie sind hurenkinder. 2,4;
weist du auch, wie es darumb leit,
das ir all drilach hurukinder seit? fiistn. sp. 27,33;
ein wolbenamtes volk .«ind gleichwol hurenkinder!
bei bauren heisl man sie zwar so nichts desto minder,'
bei bürgern besser noch, bankhart; und im geschlechte
der edlen, bastarten : und beischlag und unachte
bei fürst- und königen. Logau 1,2:13,75;
von einem kuckuck: bachstelzen . . . welche dergleichen ein-
gelegtes ei ausgebrütet, und hernachnials in einem Vogel-
bauer, allwobin man ihre brut mit diesem burenkinde gesetzet,
auferzogen haben. Göcbhausen not. ven. I.i3 ; auch sonst tn
freierem sinne:
das hen und zung ist wie vermählt,
die zeugen kinder ungezählt;
wenn beide sie nicht eines sind,
wird jedes wort ein burenkind. Logau 1,67,74;
weil französisch, wie man saget, ist, latein, dein hurenkind.
3, 83, 43.
in der spräche der htichdrucker heiszt hurenkind die als erste
zeile einer seile placierte ausganyszeile eines satzes, eine Stellung
1963 IIURENKINDISCH — HURENPUÜCESS
IIURENSACK — HURENTHAT
1964
die sie nach den regeln der lijpoyraphie nie einnehmen darf. —
vgl. burkind.
HURENKINDISCH, adj.: bankartisch, burenkindiscb. Para-
CELSüs opp. 2, 322 A.
HüRENKRALT, n. polypodium filix mos, das männliche farren-
kraul. Nemmch 3, 103S.
HÜRENLEBEN, «. ; dasz sie von dem schantlicben buren-
leben ahstabn. Schade sal. u. pasqu. 3, 2!»2, 40 ; bfiicn und
buben laben pellicatiis Maalek 233';
Faiinia meint: lainMilcben
sei ihr mehr als elistnnd eben. Logau t,81,34.
HURENLEIB, m.:
dich freiiis, aus hnrenloib
dir deine erben zu erzeugen.
SUalu'sp. Troilus «. Cressida 4, 1 ;
you, like a lecher, out oT whori.<h loins
are pleas'd to breed out your inhcrilors.
HlJRENLELiTE, plur.: weilen icb sihe, dj sü viel Cbrisli
briider bunger, so viel der schulen und kirchen dücl(ues
uiangel leiden , und icb sihe biszweilen , dasz den hunden
und andern burenleulen die vor Zeilen gott geweihte suchen
fürgeworfen werden. Schuppius "52.
HURENLIEBE, f. amor meretricius: ein weib das gott nicht
liebet, wird niinmerinebr ihren mann reciil lieben, sondern
es wird nur eine hureuliebe bei ihr sein, so lange ihr der
mann gibt was sie haben wil, und tbut allen ihrem begehren
ein genügen, so wird ein solches weih sagen, sie habe ihren
mann lieb, allein wo der mann in unglück geräth, so wird
ihre liebe ein ende haben. Schüppius 110; solche leute die
nicht reines herzen sind, sondern ihren leib . . mit hurenlieb
verunreinigen. 197 ;
wer .sich selb.«ten liebt und acht, la.s.se hurenliebe fahren ;
bureu geben immerdar, für gut geld gar l'aule wahren.
LoCAU 3,54,90;
hurenlieb so lange währt
als das Teuer auf dem heerd. Simrock sprichw. 2G9.
HURENLIED, n. versus fescennini: alter nach siebcnzig
Jahren wird man von Tyro ein burnlicd singen. Jes. 23, 15.
dim. burenliedlein : in krng und Wirtshäuser, .. da die spiel-
leute sitzen, und ein burenliedlein nach dem andern daher
liedein. Schuppius 198.
HIRENLIST, f. artes merelriciae. H. Sachs 1 (1590) 16S'.
HURENLUCKCHEN, n. pt. : hurenlöckle anliae Maaler 233'.
HURENLOHN, m. quaestus merelricius : du soll kein burn-
lohn noch hundgelt in das haus deines herrn bringen. 5 Mos.
23,18; war das erste wort, das ich ihn .. fragte, ob er gelt
hätte? und da er mit ja antwortete, dann er vermeinle, ich
fragte allbereit um s. v. den hureiilobn. Simpl. 3, 81 Kurz.
HURENLUST, f.:
die glocke desz Virgilius, wann diese weiland klang,
bei desz Arturus holcstat, so sah man wie da sprang
und stürzte sich ins wasser ein, wer ihm niu' war bewust
von schändlicher ehbrechcrei und andrer hureninst.
LoGAii 2, 78, 97.
HURENMÄRLEIN, n.:
was meinsiu, wölst die leut verfüren
mit reimen und mit kelherieren,
durch hnrenmerlcin, grobe schwenk.'
KiscHAHT (ticlil. 1, 174, 10.')9 Ah»:.
HURENMILCH, f.: manche annne bildet ihr ein, das sie
ein werk der hannherzigkeit an einem Iremhden kind thue,
dasz sie dasselbe mit ihrer hurenmilch säuge. Schuppius 476;
so wolle ich mich elier zcheninal in die zunge beiszcn, eher
ich mein kind, das im keuschen ehebetle gezeuget, einer
huren übergeben, und mit hurenmilch wolle auferziehen und
ernehren lassen. 480.
HURENMUTTER, /". lena : hnrenmuicr Arsbasia. Garg. 02'.
lll.RENNEST, n. luslrum, lupanar. Stiei.er 1311.
HURK.M'ACK, n. merclrifps, el qiii sunt in domo tenonis.
Frisch 1,477'; hurcnpakl. BuTscHkY l'alm. 952;
hurenpack, zuletzt prophetcn ! Cötuk ■'>(!, 88.
HURENTKAKKE, m. pfaffe der mü einer hure oder mit huren
lebt: einer hure aber gieng» wol hin, wenn sie gleich alles
gut irc» hurenpfufTenK ererbet. Luther 3,420*; da richlens
(die miinrlie) vinunder in der kirchen golles ans, . . heiszen
einander kflitjäger, hurenpfalTen. Aventim cliron. 370';
HO Wim du biiit ein burenprafT. II. .Sacu» 4,3,42*.
HURKM'HOCKSS, m. prttcets ueijrn uneheliiher schwiinijerung :
die erMe probe meiner gescbicklicbkeil waren einige liiiien-
procesM;, die ich glücklich ouHgefuhrt habe. Ramk.ner vvrke
3, 141.
HURENSACK, «i. scortum, proslibulum, ein Schimpfwort: du
loser stinkender hurensack. Melander ;'ocoser. 3, 35; wie dein
bapsibumb, der arme hßrnsack die äugen verwendlund schlickt
nach dem tode. Ai.berus widder Witzeln C4'.
HURENS.\LBE, f sie dicilur Spiritus frumenli, schlechter
branlwein. Stieler 1G73.
HURENSAME, tn.: und ist fast nicht das geringste dürf-
lein, darinnen man nicht hurensamen linden solle. Ernst
gcmi'Uhsergelzl. 25.
HURENSCHALK, m.;
du hurnschalk, du kumst mir doch ! {frait zu einem buhler).
fnsln. sp. 281, 5.
HURENSCHELM, m. slupralor. Frisch 1,477'.
HURENSCHMÜTZEN, n. buhlerische freundlichkeit : wan man
einem mit einem hnrnscbmolzen freundlich anlachet. Schottel
1125'.
HURENSCHMUCK, m. ornalus mcielricius : sihe, da begegnet
im ein weib im burnschmuck. spr. Sal. 7,10; fromme, von
allem hurenscbmnck falscher Weisheit entkleidete sillenrein-
heil. Stolberg 3, 143.
HURENSCHNEIDER, m. in Ulm ein amtsdiener, der unzüch-
tige dienen zur anzeige zu bringen hatte. Schmiü srhwäb. wb. 292.
den namcn hat er unstreitig davon, dusz er an solchen die strafe
des haarabschneidens vollziehen muste, vgl. unter haar sp. 13.
HURENSOHN, «i. als schimpfwmt : burensiin, bnb , weich
von mir. Aimon bog. d; heraus, Hassan! hurensohn der hülle!
Schiller Fiesko 2,8;
Ott, lieber gevatter mein,
ain hurnsun mag der arzt sein, fiixln. sj>. 085,27;
was schreibst du vor, ausländscher hurensohn?
A. (Jhyphius 109» 1, 628.
auch bezeichnung des (unehrlichen) henkers. Schmid schwäb. wb. 293.
vgl. hursohn.
HURENSOLD, m. hurenlohn: darüber alles was ich vom
hurensolt bah {s])richt ein hurenwirl) dabinden lassen als ein
verbaut gilt. Schade sat. u. pasqu. 3,292,42.
HURENSPEER, wi.;
so sei verflucht, der solch unehr
an dir, du keusche dame,
verrhäterlich, durch hurenspeer,
verübt, mit groszem namen.
liiLDERRAND vvlksl. 375,15 (roti 1631).
HURENSPIEGEL, m. von dem gesteht eines mannes: huren-
spiegel vuUus insubidus, lascirus, purpurissatus , itlex Stieler
2060; der hurnspiegel wurde mir glatt und meine leibskräl'te
nahmen handgreiflich zu. Simpl. 1, 105 Kurz (einfaches spiegel
fiir gesiebt steht dort mehrmals, z. b. vernarrete sich dermaszen
in meinen glatten s]iicgcl und geraden leib. 1,207); dann
aber auch von einem liederlichen menschen : cathedralitius, i. asotus,
vinulüs, viniolus archscbalk, bohrnspygel, loszmensche Trochus
bei DiEF. lOO'. nach Campe «•/></ im gemeinen leben mancher
gegenden ein liederliches uvibsbild ein hurenspiegel genannt.
HURENSTIRN, f frons expudorata: du hast eine hurnstirn,
du will dich nicht mehr scheinen. Jer. 3, 3.
HURENSTRANG, m. clemalis jUimmula und ritalba, die bren-
nende und qemeine watdrebe. Nem.mch 2, 1003. 1064. die pflanze
Iteiszl in Schwaben hurenseil. Sciisiiu 293.
HURENSTlCK, n. meretriciac artes: die iimb alle buren-
slück der Arsace wiiszte. b. d. liebe 209'; die sich ihr leblag
in allerhand scband und lästern uinbgewclzt und mit iiieb-
lern misselbalcn als Jahren , mit iiiehreni hurenstücken als
monalen , mit mehrerii diebsgrilfcn als wochen . . beladen.
Simpl. 'A,'.i Kurz; erzehlte ich meinem mann mein ganzes ge-
führtes leben bisz auf die hiirenstücke , die icb hie und da
begangen. .'>4.
HURENSUCHT, f furia libidinis, salacUas. Stiele« 2010.
Hl RENTANZ, wi..* es iiiinpt mich selber wunder, wie ich
den linrendanz weisz also zu erzelen. (iarg. Ci* ; ja auch bei
den allerheiligslen Übungen, an stall dasz ihr (der Jugend),
zur ehre golies, geisl- und anmulreicbe |isalnien erschallen
sollen, ihr mit wälschcn , lusen , leichllerligcn fugen, fusen,
fantaslereieii und coiicerlen , zu iin/.ücbligen , leicbtsjnnigen
hurend.'Inzen aniasz gegeben und nlT der orgel aufgespielel.
PuiUNbER 1,381.
HURENTEUFEL, m.: behfltc gott! was hat doch der leidige
hnreiileurel vor macht und gewnit in den sterblichen, wenn
er einen menschen i-inmal eingemiinineii? Ernst A«'<>r. con/(*r/-
tafel :m.
HURENTHAT, f. üuprum. Krisch 1,477*.
1965 HÜRENTHRÄNEN — HÜRENNMJRZ
HÜRENZEIT — HURISCH
1966
HUREMHRANEN, f. plur.: hurenthränen , säckelzieher.
SiMROCK sprichw. 270.
HL RENTREIBER, »i. hurenjdger, burer: wenn sie (die
bischöfe) es gelüstet , hurntreiber und hüben zu verleidigen,
arme leute zu plagen. Lcther 3,517'; das viel grosze hurn-
treiber, ehebrecher, buhen und schelke solche heiligkeit tragen
und anhaben (geistlicheil ornal). 527* (und noch oft bei Him.
z. b. 4, 190". 526'. 5, 8S'. 90'. 6, 30*. 97') ; ich halte dafür, dasz
es auch bei uns in Teutschland huren und hurentreiber gnug
gehe. Ernst gemtähsergetzl. 25;
du lotter, du scbalk und hurntreiber. fasln, sp. 89,10.
HüRENTROST, »?».; das ist der hurentrost : ich bin nicht
die erste, auch nicht alleine, werde auch nicht die letzte
sein! Fabricics kippe die ivippe oder münzbetrug (16SS) D3.
HURENVOLK. n. grex scorlorum et pellicum. Stieler 23S7.
IIURENWAGEN, m. iresen und genossenscliaft buhlerischer
personen unter dem bilde eines mil solchen beladenen tragens;
im sprichtrorte den hurenwagen treiben. Schottei. 1116'.
HURENWEG, m. meretricum divorlia. Stieler 2455. in einem
aj^wnzellisclien gesellschaflsspiele ist hueraweg der falsche iceg,
abiceg, den ein spielgeselle geht. Tobler 27S'.
HURENWEIB, n. .• gehe hin, und nim ein hurenweib. Hos.
1,2.
HURENWEIBEL, m. weibel der die aufsieht ftber die einem
heerc nachziehenden gemeinen iceiber, überhaupt iiber den trosz,
den man huren und buhen nannte (Frisch 1,477'), fithrte:
hurenwaibel, der wirdt etwan ansz einem alten verlebten und
vor den feinden beschädigten kriegsmann erwehlet. Kirchhof
mil. disc. 115; in der rangordnung der militärischen ämter steht er
mit zu Unterst: zwischen dem essen bestellt er die änibter, . .
ernanl . . den feldmarschalk , cardinal obersten, und wa er
etwann nicht zugegen wer, sein lochotenent, die unterhaubt-
leut, fenderich , rittmeister, quartierineister, Wachtmeister,
profosen, fcldweibel, fürer, rottmeister, hurnweibel, stecken-
knecht, brandmeister. Garg. 200*; rumormeister, wagenmeister,
hurnwaibele. Kirchhof mil. disc. 54; dasselbe waren lauter
personen vom stab, als welche gemeiniglich hinter die regi-
menter zu den marquetender logirt werden, nemlich der
caplan, regimentsschultheisz , regimentsquartiermeister, pro-
viantmeister, provosz, henker, hurenwaibel und dergleichen.
Simpl. 3, 108 Kurz, in der fojpt hurenwebel : so will ich ihn zu
einen hurenwebel verordiniret haben , das er soll den drosz
in zugordnung richten. Redter v. Speir kriegsordn. 31.
In freierem sinne: wer sich aber mit huren nehrct, und
vvil lieber ein hurenweibel als ein ehrlicher hräutigam sein,
der kompt umb sein gut. Creidius 1, 379.
HURENWESEN, n.: lose leute, welche des sontags morgens
in die kirch gehen, und nach mittag ihrem hurenwesen nach-
laufen. ScHüPPics 198.
HUREN WINKEL, vi. lupanar, lustrum: gieng dem israe-
lischen man nach hin ein in den hurenwinkel. 4 Mos. 25, S ;
ihr . . huren und ehebrecher, ich bitte euch umb der liebe
gottes willen, ihr wollet . . in euren hurenmnkeln an das
einzige wort 'ewig' gedenken. Schüppius 469; er hat . . alle
hurenwinkel durchkrochen. Schoch slud. leb. k3';
all humwinkel thus du durchlaulTeu.
H. Sachs 4, 3, 20'.
HURENWIRT, m. leno, ganeo, sdicitator, aquariolus, firo-
duclor Maaler 233', mil dem dim. hurenwirthle, lenulus, lenun-
culus ; meretricarius hurnwirt Trochüs bei Diefesb. 357'; sie
morden, henken, würgen, radbrechen die edle tugend der
jungfra» Schaft, . . die sind ja so böse, als kein hurnwirt
oder mörder. Luther 3,52'; unverschaniptc buhen, . . die
gar nicht gleuben, das ein golt sei, und den es nur um gelt
zu thun ist, gott geh mit ehren, oder Unehren, wie den hurn-
wirten. Ol'; in freierem sinne: (dasz tt-ir jetzt handeln) von
solcher kirchen, die sich über und wider gott und sein gebot
setzt und hebt, nemlich von des hellischen Lucebers crz-
huren, du die jtzige hurnwirte, die Niclas bischove in regieren.
518';
er (der fucbsschwänzer), ist ein hurenwirth, und kuppelt jedem bei
von schänden, waserwil, von sünden mancherlei. Locac 3,217.
HURENWIRTIN, f. lena. Maaler 233'.
HURENWIRTISCH, adj. : hurenwirtische treüw und glauben,
fides lenonia. daselbst.
HURENWIRTSCHAFT, f. hurenherberge, lenocinium, ganeum.
ebenda.
HURENWURZ, f. polypodium ßix mos, hurenkraut. Adelusg.
Hl^RENZEIT. f. zeit tn der buhlerische gelüste walten. Über-
schrift eines sinngediclits bei Logad 1, 27, 93.
HURENZEN , rerb. hure schimpfen : er fieng an sie zu hu-
renzen. il se mit ä l'appeller putain. Ro.vdeac 320.
HURENZL3FT, f.: das kräftigste mittel . . mag das hel-
lische feuer sein , dahin die unflätige hurenzunft dermahl-
einsten soll geworfen werden. Ernst /ii5<. tiWer/iai« (16S6) 413.
HURER, wi. scortator, moechus. ßr das goth. einfache hör-s,
ahn. hor-r fioi^os hat bereits das ahd. das erst von dem fem.
huora aus gebildete huorari, scortator, moechus, adulter (Graff
4. 1012), mhd. huorsere ; nhd. findet sich auch eine form viit
kurzem vocal (s. unter hure l): meretricarius hurrer Hief. 3.57'
(mittelfränkisch, 15. jahrh.); scorto horer 520'; hurer scortator,
meretricator, meretricarius. roc. ine. theut. k 5* ; das ir nichts
soll zu schaffen haben mit den hurern. 1 Cor. 5, 9 ; so jemand
ist, der sich lesset einen bruder nennen, und ist ein hurer,
oder ein geiziger, oder ein abgöttischer. 11; weder die hurer.
noch die abgöttischen, noch die ehebrecher . . werden das
reich gottes ererben. 6,9; alle hurer und ehebrecher im
ganzen lande. Schcppiis 467 ; es ist kein gesclilecht, darinnen
es nicht hurer und buhen giebt. Pistorics thes. par. 9,67.
HUREREI, f. stuprum, scortatus , fornicatio; erst seit dem
späteren mitlelalter gebräuchlich, da früher das einfache neutrum
huor (sp. 1956) dafür vencendet ward, scortatio horerye Pief.
520'; hurerey meretricium, crissarium, scortatio. hurerey triben.
scortari, crissari, meretricari, mecliari, fornicari. roc. ine. theut.
k5'; herzog Steffan lag ze Badaw und lept wol . und hett
ain gueten muet und trib grosz huererei mit schönen frawen.
d. städtechron. 5. 43. 37 ; denn von innen aus dem herzen der
menschen gehen heraus böse gedanken , ehebnich, hurerei.
mord. 3/arf. 7, 21 ; es gehet ein gemein geschrei, das hurerei
unter euch ist, und eine solche hurerei. da auch die beiden
nicht von zu sagen wissen, das einer seines vaters weih habe.
1 Cor. 5, 1 ; aber umb der hurerei willen habe ein jglicher
sein eigen weih, und eine jgliche habe iren eigen man. 7,2;
du pist mir auf der hurerei hie eben, fastn. sp. 281, 10,
auch bildlich, von der abgöUerei (s. hure sp. 1959) : das land lenft
vom herrn der hurerei nach. Hos. 1. 2. rgl. hurei.
HURERISCH, adj. und adr. meretricius, libidinosus, libidinose.
Stieler 835. vgl. hurisch.
HURHÄUS, n. ßr hurenhaus, vgl. unter hur sp. 1956 : ist dj
nit ein hurhausz uher alle hurheuser, die yemandt erdenken
mocht, so weisz ich nit was hürheüser heiszen. Lcther adel
deutscher nation D 2' ; treiben sie ehebnich , und laufen ins
hurhaus. Jer. 5, 7 ; das vil adels ab dem Schwarzwaldt und am
Necker in disem closter den ufritt gehapt , und het domals
mit gueten ehren und der warhait rilmehr des adels hur-
haus, dann des adels spittal mögen genempt werden. Zimm.
citron. 3, 69, 12 ;
wir wissen wol, ein pessere stut
leit in dem dorf, haist das burbaus. fasln, sp. 251, 8.
HURHEIT, f. meretricium. Dief. 357*.
HURIG, HÜRIG. adj. der hurerei ergeben: die all ihr leben
fräszig, geizig, hürig und faul gewesen seind. Paracei.sus
Chirurg, sehr. 17 A. es steht ßr huricht, hüricht, die erweiterte
form hurachtig. hurcchtig meretricius Dief. 357'.
HURISCH. HÜRISCH, adj. und adv. hurenmäszig, unzüehtig,
nach iinzüchtiger weise: ein hürisch weih kennet man bei irem
unzüchtigen gesiebt , und an iren äugen. Sir. 26, 12 ; ist es
nicht ein hürisch ebentewrer (Jacob), das im nicht genügt an
zweien, sondern noch zwo dazu haben mus? Luther 4.164';
das hurisch weih. C.krl^tabt wider bruder Man a3; es waren
auch hurisch männer im land Juda, und theten alle schand
wie die beiden. S. Frank f/*ron. (1531) 49'; d; der mensch,
so er viehisch sein will, das ist, er will hürisch sein. Para-
celsus opp. 2, 215C; im Superlativ hürist statt hürischst: dasz
die hurerei ärger und schändlicher nie gewesen ist . auch
von dem hürestcn volk. c/itr. scAr. 134 C; wenn ich ir hüri.sch
herz, so von mir gewichen, und ire hürische äugen, so nach
iren götzen gesehen, zurschlagen habe. Hes. 6,9;
wenn ich nur ein mannsbild an sich (ansehe),
so eifert er schon über mich,
sagt ich hab gar burische augn.
Atrer fastu. sp. 67' (2674, 14 Keller) ;
das hürisch und hübisch leben. Luther 2,172"; durch ihr
hurisch Unwesen. Hotten 5.1t Münch; hürisch lieb. H.Sachs
2,2.74'; die hurisch unkeuschheit. Paracelsds chir. Schriften
137 A; andere ledige weibs personen, welche nicht offent-
1967
IIURISCHHEIT — HÜRLIBURLI
HÜRLING — HURRE
1968
lieber hürischer weise , und doch gleitiiwoi in uiikcusclieidl
beiinlicli leben, gedr. cliepoliceyordnnn<j der yrafen von Yfenburg
von li'*4 ;
weil du mit aii^en hast pesehen und pespfiret,
auf was für weise sie ein tiürisch leben liihret.
D. V. D. Wr.RnER Ariust 6, 54, 6.
ak adv.: sjrissarc, i. mtilliter vivere, ziiillicii laben, sieb
weibisch oder bfiriscb sielln. Ai.rerus |)1'; auf das leichl-
verligest. bürisch geziert. I'rank iceUli. 121*.
HI:H!SCHHH1T, f. merfUidum, liürisebkeil Hif.f. 'Mu ; {die
tuerke des fleisches) dye do sind unkeuscbeil, kebeslinn, liin-
scbeil. dienste der ahgötler. npieyel mcnscid. beluilliius: (W'.ri) iss\
HrnKlNl), n. unelielirlies kind , vergl. luuenkind , und bur
5/). l'JöH: es sol anrii kein burkind in die gemeine des bcrrn
kennen. 5 Jt/»s. 2.3, 2 ; .lephlhah ein Gilcaditer war ein streitbar
bell, aber ein burkind. riclil. II, 1.
HIHLEHALS, m. lärmen, luinuU, saus ttnd braus, inlid.
burlehüs {mhd. wb. 1,7.34'); burlahfis bei Schm. 1. tifil Fromm,
(von 14,55). ein vialendes frort, das sich an das unleu folgende
bnrlen und an l)ausen (llwil l.l2(Ki) anschlicszl; dann auch auf
das lärmen machende kriegsinstrumcnl , die bikhsc oder kanone,
übertragen :
das thut die biirhsz, der burleliusic. Mukner lulli. iiurt 71);
nu sunt dicli nit und sags lierusz,
ec (lasz ich kuni mit hurlebiisz. 2511;
dreimol chlöpfl der hurlibaus. nei loset, wies schüttet,
luepet, wies dur d' chlimse blitzt. IIerkl (18.53) 1,150.
iw niederdeutschen aber ist das offenbar identische buripnlz ein
.schlag, stosz:
hedd ik dat nicht pedan, ik liedd ol'troals pekrcpen
huriputzen, ok wol oft musl kamen vor den depen.
I.ALtREiinKRu 1, 3S4 Ln\ipenh.
Hl'RLEBArSISCH , adj. und adv. lärmend, ungestüm: d;
hnriebansiseb gescbiilz. Garg. 1^2"; biemit schirmt tmd stür-
met Gargantoa mit seim groszen banm so burlebausisch wider
das scblosz, dasz er thnrn , manren und pollwerk nider-
sliesz. 23.3'.
HUKLEIN, n. meretricula, dein bnrlin Dief. 357'; das geile
bürlin. b. d. liebe 20!t'; eine pluralform hnrnlein: das gott ein
sidcbcr herr ist, der seine gnade gibt den armen bürnlin und
Sündern, und verwerfe die groszen heiligen. Luther 4,201*.
in der form iiürrel viü gekürztem vocal {vgl. unter bnre l) :
du macht ein hi'irrcl sein, '
mich triegen dann die .sinne mein, ring 14', 12;
als schimpf- und koseworl: wie oft nennet eine mutter irc
tochtcr ein hiirlin , beide fiir zorn und für liebe? LtTHER
3, 52*.
HL'KLEN, verb. rollen, kollern, der bedeutung nach eins mit
bullern sp. 1*«!>0 , nach der form aber iterativ zu dem unten
folgenden bnrren. es ist mundartlich oberdeutsch, bairisch als
bnrlen, horlen, borgein, bnrgeln Schmei.ler 1,1161 Fromm.,
ebenso fränkhch. Fromm. 0,400; schwäbisch daßr nur borglen,
bnrglen , kurglen uälzcn ; schueiz. burrlen , mit dem brumm-
kreisel spielen, neben burrli , bnrrlibnb, brummkreiscl STAi.rtER
2,05; englisch buri, scideuilern, werfen, schmelzen; niederdeutsch
ist ein adjectiv burri besliirzl, auch aufgebracht , betroffen vor-
handen, he wur gans biirrl, er kam sehr in hämisch. Scmütze
2,175; an es lehnt sich die folgende inlcrjection un, wol auch
die formen borlassen, horlitz, bCrIilze, neben formen zu Hor-
nisse sp. l'»2*<.
HrKLIlUiKLI, inlerj., überstürzende eile malend: bnrii liurii
musz es gebf-n. Immermann Münchh. 4,141;
mit ihrer raschen Tantasic
husch! durch die liiric, hurlihurli !
(ScHl!«K) mnriouctientitcairr (177•^) s. 121.
in der form bnripnri : anstatt den ström des gesangs vom
inJiitligen abbange, mit distinclem . vernehmbaren wobigetön
dahin strömen zu lassen, stellt man sieb auf eine schroffe
frlsensjiit/.e, wirft, unter priiszlirlien Verzückungen, den köpf
in den nocken. verdreht die äugen, und slür/l sein krüglein,
mit unvcrnebmiicbem verwirrenden geriiusch buripuri hinab,
und am ende ists doch wojti nicht so viel, dasz eitn- mücke
ftich daraus satt trinken ka;in. lifncER 320*; bei (jotme bur-
liirli biirli:
und Rchmnlm den keri die kreiii imd <|ucr
hiirlurli hurli In» ihnl daher. i:(, !>.
englisch tU hm\\]iur\^ subst. und adj., tumull, nußauf, uufruhr,
mmcarr, getUmmrl, und Idrmrnd , aufritlirrritch, verwirrt; in
beiden bedeutungen gilt auch einfaches burly. franz., und hier
wol als lehnwurl aus dem englischen, heiszt burluherlu celui qui
est incon-tidere , brnsgue, etourdi. Litthe 1,206S'; in der form
burlulirelu bezeichnete es im 17. jahrh. auch '«ne sorle de coiffure
de fe.mmc'. ebenda.
IIIjKLING, «». s. beuerling sp. 12S5. 12S6.
HUHMÄDCHEN, n.." virgo puella Cypria, pcsl partum, ein
bobrmedicbcn Trociius G5*.
HTHNAUSZ, m. vgl. unter hornissc.
Hl'ltNE.N, verb. s. burnen.
HLHMCELN, verb. s. bornigeln.
Hl'HH, intcrj., eine eilende bewegung malend {vgl. burre und
bnrren): derseiliigen {eigensinnigen köpfe) spottet mann, dasz
sie sieb des understebn, das ihnen scluidlich ist, bnrr, oben
au.sz und niergent an. Agr. spr. 110*. jetzt noch gebräuchlich,
auch um das auffliegen von vögeln zu schildern: burrI (log die
kette rebhiihner auf.
Hl'HHA, HLHHAH, intcrj., die erweiterte form der vorigen
{wie heia aus liei erweitert ist, sp. 7!»2. 794), schon im mhd.
begegnend :
we ! wer sach in rehte gän?
hurrä! wie er tohel, so man in nihi her enpreht!
winues. 3, 1H8' Hitgen ;
nbd. erst seit der zweiten hälfle des vorigen Jahrhunderts tn der
schrißsprache nachzuweisen, betont In'irra und bnrräb, als hetz-,
eil- und jagdruf: btirra I Im sasa ! hinten drein, camaraden I
. . . beute gefallen mir nnsre jungen degenpnppcben wieder
einmabl ! burral burra ! Fr. Müiler 2,112;
hurrah! die todten reiten .schnell!
BÜRGKR 15" (ron 1773).
in substantiver Verwendung:
wer liist du, dasz durch saat und forsi
das hurrah deiner japd mich treibt? 20".
als freudenruf: hurrah! bcrr bofmarscballl es wird eine stelle
vacant. gut welter für kupplerl Schiller kab. u. liehe 4,9;
auch in einer Weiterbildung freudige eile malend:
ein schlückchen auf den weg vom hciszen traubensohn,
und hurra rax da.vl gehts, als Mögen wir davon, rriiilier 4, 5.
die interjection war in den bcfreiungskriegen Schlachtruf der
preuszischen tru])}}cn und ward auch von fremden angenommen:
und I'reuszens hlüllie die knospe sprengt, hurrah !
ein jeder zur lanze, zum scliwert sich drängt, hurrah!
CS dröhnte das hurrah durch mark und hein,
die schaar .Mexanders stimmt mächlig mit ein:
hurrah, hurrah, hurrah! Soltau 592;
wir Prcuszen ziehen in ilas Feld
hurrah, hurrah, hurrah! IIildebrand volksl. 466;
unser könip ist ein braver held, . . .
und er soll leben mit hurrah!
hurrah, hurrah, hurrallerallcra ! clienda ;
das hurrah jauchzt, und die biichse knallt.
es fallen die frankischen Schergen.
KöBNKH 1, 135 (Liitiotts witile jainl);
der hoclizeitmorpcn praut.
hurrah, du cisenliraut.
hurrah! 144 (.sc/iireil/ifiO;
uiiff ist seit der zeit beliebt geblieben, als krieger-, matrosen-,
jubelruf:
stoszt an, Jena soll leben !
hurrah hoch! Uinzeh (ron 1818);
das hurrah schallt, die harke neiipl mit vollen
pefiedern. Hhlank i/ci/. 454;
ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!
hurrah, du schwarz, du roth, du pold !
Freili(.natu rfii7il. 3, 161 ;
hurrah, du stolzes schönes weilt,
hurrah, Cerniania ! 4, 05.
auch engl, burra, hurrah, burraw, dan. Iimra, schwed. hurra,
»(ii7 deni vcrbum hurra hurrah rufen , wofür deutsch hnrraheii
gesagt werden kiinnle. selbst das franz. Imt das wort aufge-
nommen : bomr.i , rris dncclamation , al>er auch imprerations,
malcdictions I.ittrk I.2(I.'>o'.
lllHhAIKlKSCUHKI. »1..
Doria luliri Ihn an Ixiril. ihm folgt«* der munteren KcbifTer
hurrahpcsrhrci. I'trkbr Tiiiiin. 4, 7'.(.
iil KltAIIKIF, m.: er ward mit begeisterten biirrahnifen
empfangen.
liritItK, i'ntrr;'. zur IwieitJinung sau sendir eile ; enreiterlc form
von hurr {s. d.): «
und hnrre hiirre, hon hop bii[i !
ging* fort io latuanaero galopp. Htmciii 14*;
1969
HüRREN — HURST
HURT— HURTIG
1970
gehorsam seinen rufen,
kams, hurrc hurre I nachgerannt,
hari hinier's rappen hulcn. 15";
und hurre liurre, vorwärts gings
feld ein und aus, herg ab und an. TO*;
den lauf eines Spinnrades malend:
hurre, hurre, hurre !
schnurre, rädchen, schnurre ! 29*.
HLRREN, verb., lautmalendes wort, aus der inlerjcction hurr
gebildet, sich sausend bewegen, sausend eilen, schon mhd. hurren
Le.xeb wb. 1,1397; im fuldaischen land, im HauiUhal, hurren
wild vorwärts rennen, blind hineinstiinnen Vilmar 179;
und kamen so grosz stein geschnurrt,
auch so viel bleikugel gehurrt. mUckenkr. 3, 634.
schweizerisch ist hurren und hurrnen activ, einen baUon $chlagen.
Stalder 2, 65.
HURRI, n. zusammcnslosz, zank, streit:
ich furcht es wird ein hurry geben,
wenn der hauptmann hört euer leben. Götbk 13,70.
aus dem verbum hurren selbständig gebildet, und wol nicht in
hinblick auf das gleichförmige englische hurry, eUe, getümmel,
lärm, das mit dem rcrbum hurry ungestüm eilen, auch treiben,
jagen, verwirren, dennoch der engste verwandle zu hurren ist.
HURRIG, adj. bei Fr. MtSLLER, soll wol das summende, dre-
hende gefühl eines kranken kopfes bezeichnen:
mir ist oft so hämisch, so dämiscli und dumm,
so hurrig und schnurrig und weisz nicht warum. 1, 314.
BURSCHEN, verb. accelerare, die hunde anhurschen, an-
hetzen, incitare canes Frisch 1, 47S* als altes worl, ohne quellen-
an-jut'C. es gemahnt an ahd. hurscan exercere, properare Gbaff
4,1041, dem denominativ von horsc, alacer, celer, praepes und
ähnl., was später ausgestorben ist. doch ist wol darauf zurück-
zuführen das schweizerische hurrsch, hursch eine interjeclion zur
bezeichnung einer „mit geschnurr verbundenen'''' geschwindigkeit,
auch in der bedcutung hinweg, fort.'; mit hursch /rei6t man
tchweine zum gehen an; das davon gcbildele verbum hurrschen,
harschen heiszt sich raufen, zanken, lärvien, verwirren. Stalder
2, 65.
HURSOHN, m. auszerehelich erzeu0er söhn, folglich unehrlich;
und daher als hartes Schimpfwort:
ich klag euch über disen scbalk,
ein hursun deckt im seinen palk. fastn. sp. 155,34;
der hürsuns paur leugt in sein mund. 349, 2;
ach Gruomatsack, lieber gvatter mein,
wie gar huoisunn mögen die pauren sein! 367, 18;
wiltu dich des nicht maszen
und dein unnütz claffen laszen,
so mustu iu dem treck auf stan
und wirt dir als eim hürsuu ergan. 5S7, 26;
wan er der gröst hürsun was. 590, 31.
vgl. hurensuhn.
HURST, m. und f. oberdeutsche form zu hörst Strauchwerk,
gebüsch {sp. 1S33), in quellen des 16. jahrh. häufig: so wolt er
(Christus) das sie (Maria) wer, wie ein gilg, die in den hürsten
und in den dornen wechset. Keisersberg Marie himelfart 15*;
darumb sol er (der hui) haben zwo schnüer, das . . er dir
von den hürsten und brombcrhecken nit abgezogen und gezert
müg werden, b'üg. 61* ; einer hüw (hieb) widen ab, der ander
hesel hürst. 62'; musz erst abstigen, und erst die hürst und
die bengel (eines hags) zerhouwen. 120'; das er den ganzen
vrald , alle bäum , stock und standen , das hoch und nider
gehölz, das baw- und daubholz, alle hürsten, vom nidersten
licbstöcke! an bisz zum cederbaum hinauf, und überall den
f'irst niderschlug. Garg. 147' ; der haur, welcher ein heilige
uilgemeinhilfliche purgaz seinen verlobrenen esel zu finden
einnam, und denselben als er sich zu pQülteren beim zäun
nidersetzet, durch die hurst ersähe. 172'; wiewol wann ich
vil soll durch hürsten kriechen, und über zäun und standen
klimmen, so laszt mein kutl das haar. 244' ; kroch zu aller
necbst am wasscr in ein dicke hurst.' Wickbam rMw. 120, 15
Kurz; kroch er ausz der hurst. 121,7;
si schluffen beid in einen Strauch,
verbargen sich in hürsten rauch, reit. hilg. 13;
der ander garten umbzeunt war
mit rosenhürsten ganz und gar. 7S.
sprichwörtlich auf die hurst schlagen wie auf den busch schlagen
{llieü 2, 55>) : die alle schlug von fernen auf die hurst, wolle
IV. u.
die begier der Arsace im nicht so deutlich offenbaren, buch
d. liebe 211*. — hurst geradezu für wald:
das ich mein kind musz sterben lan
in der verfluchten wilden hurst.
Habere» Abraham (1592) G3".
die jüngere nhd. spräche hat das wort zu gunslen von borst auf-
gegeben, oder gewöhnlicher ganz fallen gelassen ; wenn es erscheint,
ist es auffrischung des allen: wo dies münster jetzt steht,
waren zuvor nichts denn hürsten, wildnis und mistlachen.
SiMBOCE volksb. 2, 295.
HURT, m. das mhd. hurt der turniersprache , stosz, anprall,
stoszendes lotrennen, dem franz. heurt, ital. urto stosz entlehnt
(vgl. Lexeb wb. 1, 1397), ist seit dem 14. jahrh. erlosclien, soweit
es nicht noch in dem unten folgenden adj. hurtig, sowie in der
kärntnischen mundart fortlebt: hurt, m. die Schnelligkeit, das
rasche muntere arbeiten, an hurt haben, schnell sein, eile haben
Lexer 146.
HURT, f flechtwerk, s. unter horde und bürde.
HURTE.N, verb., das mhd. hurten der turniersprache, stoszend
losrennen , später fast verschollen : arielare stoszen t hurtten
sicut aries Dief. nov. gloss. 33' (von 1432), ist von der neuem
turnkunst wieder aufgenommen worden, wo es ein abstoszen der
Oberschenkel im stütz am schwingpferde u. ähnl. durch hilfe des
kreuzes bezeichnet, vgl. hürzen.
HURTIG, adj. und adv. alacer. wie das mhd. hurteclkh auf
hurt stosz, anrennen zurückgehend, ursprünglich turnierwort, aber
atuh nacJidem hurt ausgestorben, und das adjectiv seiner eigent-
lichen beziehung nach ganz unverstanden geworden war, doch bis
heute in einigen der ursprünglichen bedeutung nicht fern stehenden
lebendig geblieben.
1) bis in das 17. jahrh. ist hurtig als tapfer, zu angriff oder
abwehr gerüstet , gebraucht worden : accinctus , ringferig , hurtig
Dasyp. ; hurtig und mutig, mit groszer dapferkeit, acri animo
se defendebat. Maaler 233'; der fürst in Röhmen, einer von
den hurtigsten herren seiner zeit HoFFMAK.tswALOAi} bei Steik-
B.ACH 1, 797 ;
(tod) nimm dein geschosz zur band : mein herze steht dir offen,
der ganze leib ist da, ich will dir hurtig stehn.
V. Scuö:«bor:i bei Grtphics 1698 2, 32.
2) häufiger aber in dieser zeit und später noch ist hurtig auf
geistige fähigkeiten bezogen, es heiszt gewandt in erfinden und
reden; man sagte ein hurtiger mann, ein hurtiger köpf, ver-
stand , ein hurtiges gemüt : hurtiger mensch , scUus homo
Maaler 233'; der ist ein hurtiger mann, der ein Juden und
zöller ubervortheilen kann. Lebxa:<> 2,44; der eine hiesz
Maroboduus, oder Marboll, der ander Arminius, oder Herman,
beide tapfere, hurtige, kluge männer. Micbälius altes Pommern
1,77; ein hurtiger kluger vogel. pers. rosenth. 2,25; je das
musz noch wol ein hurtig kerl sein. Schoch stud. leben D 4' ;
die freiheit, welche junge und hurtige gemuther der maszen
vergnüget. A5'; nach antrieb ihres hurtigen geistes. A. Grt-
pniLs 169S 1,651; diese und andere hurtige leuthe (französische
dichter). Hoffmansswaldaü vorrede; ein hurtiger und gelehrter
geist. ebenda ; er dichtete . . eine so artige inscription, dasz
man einen gar hurtigen köpf darausz schlieszen muszte.
maulaffe 105; ein hurtiger und listiger köpf. polü. stockf 89;
das ist das beste mittel ; und w ir sind nicht drauf gefallen !
0 es lebe ein hurtiger verstand I Lessisg 2, 39S ; auch von
dingen, die auf solchen geistigen fähigkeiten beruhen: wie nun
die vermeinten rilter ihren hurtigen kehrab bekommen, in
dein ausbündigen spanischen buche, iu welchem das leben
und thaten des dorn Quichot lächerlich genung abgebildet.
A. Gbypoil's 1698 1,651; das ist hurtig! das gefällt mir! (es
ist vom knoten eines lustspiels die rede). 903. — Man sagte hurtig
in oder auf etwas sein : dasz er (Carl F) . . in hoffreden oder
apophihegmatibus sehr gut und hurtig gewesen sei. Zinkcref
apoplith. 2, S ; doch bin ich nicht mehr so hurtig auf die
Schelmerei, ped. schulfuchs 68.
hurtig adverbial: dasz sie (die gelehrten und weisen) dem
Studiren und der weiszheit desto freimühtiger und hurtiger
obliegen, pers. rosenth. 2, 28 ;
die durch vieler jähre wissen, die durch vieler jähr erfahren,
innerlich sich schön und hurtig, voller geist und witz gebahren.
LoGAU 3, 91, 77 ;
gebraucht von dem schmucken und netten, was der witz zur
hebung des duszem einer person erfindet : w eil die Schneider sich
mit kleider sauber und hurtig halten. Kircbiiof wendunm. 232'.
3) hurtig, flink im anrennen, flink auf den beinen, schnellen
laufes, eine bedeutung die bis heute sich gehalten hat: hurtig
124
1971
HURTIG — HURÜBEL
inJR WEISE — HUSARENTHEE
1972
impiger Dasyp. ; gebraucht von tcesen , dingen , gliedmaszen , die
sidi so betcegen, wie von den bevegungen selbst : ein freier und
hurtiger sprung, saltus strenuus Maaler 233'; noth macht
dem hinkenden hurtige füsz. Lehmann 1,574; mit hurtigen
schritten. Chr. Weise kL leute 26 ;
auch muntert ich den leib zu allen künsten aur,
«prang aur ein hurtig pTerd, begab mich in den laur.
A. Grtphics 1C98 1, 193 ;
wie hurtig ist der gang! wie artig steht das kleid. 222;
erst erlegt er die mäuler (maulthiere) und hurtigen hunde der
Griechen. Börcrr 1S6';
den hurtigen fersen vertrauend, llias 2, 792 ;
dann unsere hurtigen rosse
hemme zurück, das gezäuni am sesselrande befestigt. 5,261;
denn auch dorthin stairt' im hurtigen scbifTe Odysseus.
Odyssee 1, 201 ;
schnell zum hurtigen schiff an den Strand des raeeres enteilt
ich,
kam an das hurtige schiff und fand die theureu genossen
jammervoll wehklagend. 10, 4ü8.
hurtig adverbial: wenn er {der soldat) mit leerem bauch fechten
soll, wird er sich hurtig mit der flucht wehren, pers. rosenth.
1, 17 ; hurtig geh fort ! Lessinc 1, 305 ;
der fürst ist hinder dir, und jagt so hurtig nach,
als der geschwinde falk den tauben an der bach.
A. Grtpuids 1698 1, 55 ;
ich lief ihr hurtig zu. GBnthkr 508;
hurtig mit donnergepolter entrollte der tückische marmor.
Odyssee 11, 598.
4) hurtig, auf jedes behende thun bezogen: ich geschweig
der procession und kreuzgäng, da sie ire crucifix durch alle
straszen und gassen füren und spielen auch den ganzen
passion so hurtig nach, ... als ob es änderst nit geweszt
were, dann ein lauter fasznachtspiel. bienk. 151*; macht sie
von ihren banden hurtig los. ehe eines mannes 287 ; vor einigen
stunden konnte ich mich nicht hurtig genug entschlieszen?
Lessing 1,275; den Dacier nachgesehen! hurtig! 3,426; das
geht so hurtig nicht. Wieland 19,324;
sieh, dort sinket schon ein haus !
und hier auch! nun musz man eilen!
lasz uns noch die flasche theilen!
hurtig! hurtig! trink doch aus!
Lessikg 1, 80 (das erdbeben);
frisch gewagt, ist halb gethan ;
hurtig musz ihn TruUe freien. Gottkr 1,49;
was henkerl du bist nicht der abt von St. Gallen?
rief hurtig, als war er vom himmel gefallen,
der kaiser mit frohem erstaunen darein. Borger 67';
hurtig, geliebteste kinder, gewährt mir dieses verlangen.
Odyssee 3, 418 ;
der burtge dienst gefällt den königen.
Schillrr Wallenstfins tod 4, 6 ;
mach hurtig, Jenni. zieh die naue ein. Teil 1, 1.
et heisü hurtig sein zu etwas: hurtig zu tisch, hurtig zur
arbeit, ut quis tnanducat, sie etiam laborat. Stieler 862;
weiber sind zum zörnen hurtig. Locau 2,236,101.
5) schweizerüch lieiszt hurtig sowol munter, als auch gesund,
vol auf. Stalder 2, 66.
HUKTIGREIT, f. agilitas, concinnilas, strenuitas. Maaler 233',
nach den verschiedenen anwendungen des adj. hurtig; von ge-
denken und reden: nichts ist, welches die hurtigkeil des
gemüttes also schwäche, als die wobllust. Butscbky Pu^m. 99;
die hurtigkeit der gedanken. Kant 8,369; das ist eine sachc,
die eine hurtigkeit und biegsamkeit des Verstandes erfordert.
Liscov 61 ;
die rede flosz mit froher hurtigkeit. Hackdorn 2, 169.
von betcegungen: sie geben dem körper der menschen ein
freies wesen und eine hurtigkeit, die ihn nicht anders aU
angenehm machen kann. J. E. Schlegel 5,50; im plur.:
de«z «cbneilen AzaheU behende hurtigkeiten.
P. Flkmino 34 (vijt. 2 Sam. i, 18).
HURTIGLICH, adv. erpedite, impigre, hurligklich Dasyp.
HUKÜBEL, n. tortura veneris: amorerium hunihel Diep. 31*;
%o gehet CR zu, das hurübel nicht knn gebüszet werden, es
komme denn ein ander uhel drein, wie der poet nagt, cedit
amor furii«, weil sie (Potiphart weib) sihct, das nie veracbt
wird, und knn iren mutwiilen nicht erlangen, keret sich der
sinn iimb, und wird toll und töricht. Luther 4,204'; der kan
vor spiel nit schlafen, der bat das h&rUbel. S. Krank chron.
tut lOl'.
HURWEISE, /■. art des unzüclüljen lebens und dieses selbst:
die hauszthür wil ich riegeln zu,
mich stellen in cim laden nider,
bisz das der schlepsack (eine untreue frau) komb her-
widcr,
von ir hurweisz ausz den schlopfecken,
ob ich ir solches ab möcht schrecken,
das sie solch hurweisz nicht mehr trieb.
». Sachs 2.4,24',
ein kchsweib nam zu Bethlehem,
welche doch hurweisz trieb bei im. 3, 1, 5C*.
HURWIRTIN, f. vgl. hurenwirtin: gleich als, wenn ich
leret, die hurwirtin soll burgermeisterin heiszen und doch
bleiben so frumm als sy ist. Luther adel deutscher nation Dl*.
HÜRZEN, verb. anprallen, rennen, stoszen : bair. hurzen,
hürzen, hörzen Schm. 1, 1172 Fromm., und entstellt blitzen,
rennen, auch wie die bocke. 1195; kärntnisch horzen, stoszen,
balgen Lexkr 144; transitiv etwas weg hürzen, uegsloszen, ab-
stoszen : und verbindet sie mit dem rechten naphtha, caniphcr
und sparkalch, was sich nicht wil bessern lassen, das hürzct
er wegk. Mathes. Sar. 58*. atuh mhd. ist ein hürzen bezeugt
{mhd. u'b. 1,737' aus einem unechten ?ieidharlUede , vgl. Uau]As
Neidhart s. xiii, wo die participialformen gehürzet, gehortz und
gehurzet), aber mit unsiciterer bedeutung ; entbürzen heiszt ent-
eilen, entfliehen: abe ein man einen doitslach getaen bette,
und enthürze in den hoff, man solle yne nit da ynne nemen.
weisth. 2, 311 {Untermosel, von 1409). — hürzen wird wol aus
hurtezen entstanden und iterativ zu hurten {sp. 1970) sein.
HUSA, inlerj., ruf der freude: hasa! husa! lustig, lustig!
Fr. Müller 1,310;
husa! wie er zuckt und zappelt! BtSRcsR 303*.
vgl. hu 6 sp. 1848 und hussa.
HUSAR, m. Soldat zu pfcrde, ursprünglich des ungarischen
hccres, dann nach ungarischer kleidung und bewaffnung. sie
sind seil dem 16. jahrh. in Deutschland bekannt, der name geht
auch als huser, busseer, vgl. Frisch 1, 479' : da weisz keins
wo es beleiben soll vor den Welschen und huessern. Imhop
briefe {in den beitrügen von Knaake) 46; Moränen (Jlifauren) in
Granaten, husarn und heyducken in Ungarn. Fischart grosz-
muUer 72 ; das sein busar und heuducken. Kiechel reisen 100,
s. die stelle sp. 812 ; wann selbe {das weib) der zorn übergehet,
so förcht sie auch ein ganze troupen husarn nit. Simplicissimi
albern, briefsteller (1725) 9. in der neuern spräche allgemein ist
die betonung husir: so trat ein weimarischer busar zu mir.
Göthe 30, 113 ; gingen wir mit dem busar in das bezeichnete
haus. 114;
und ein hussar, wovon der anblick schrecket,
dem das gesicht blut, staub und pulvcr decket.
Hagkuorn 1, 126.
polnische busaren waren schwer bewaffnete reiter des könig-
reichs Polen. Ecgers kriegslex. 1,1230. auch herscliaßliche diener
sind busaren: die faustscblüge irgend eines herrschaftlichen
huszaren, panduren oder beiducken. Holtei der letzte komOdiant
(1866)2,56; vgl. auch leibhusar. — In Franken heiszt man ein
keckes und gleiclisam männlich auftretendes weib einen busaren.
Fromm. 3, 356.
Der name ist ungarisch, huszär der zwanzigste, d. h. der von
zwanzig ackerleulen zum heere gestellte reiter, vgl. Aiielünc.
HUSARENKLEID, n.:
natürlich war mein prinz bei so gestalten dingen
im achten jähre bereits ein kleiner Salomon,
ein kleiner Trismegist, wie auch, den damen zur freude,
schön wie ein Amor in seinem husareukleide.
WiELANi) 4, 02 (neuer Amad. 3, 8).
HUSARENMASKE, f: unter der busareninaskc dieses arztes
{der arzt war wie ein husar gekleidet). TnOmiEL 2, 25.
HUSARENPELZ, m. ; der prinz, den arzt im husurcnpelze
an seiner seile. ThCmmel 2,84.
HUSARENSÄBEL, m. ein Seitengewehr, dessen klinge krumm
ist und dessen gefdss keinen korb hat. Jacorsson 2, 295*.
HUSARENSATTEL, m. saltel mit einem ganz liesondern bäum,
ebenda.
HUSARENSCHWERT, n.:
der kreisel, und das stenkenpferd, . . .
da» hAlzcrii« hii«arenschwert
beluMlgen ihn Itzi {dm kniihru). IIAltt 121 Halm.
HUSARENTASCHE, f. lascJte eines hu.%aren. nach der ähn-
lichkeil eine muschelart, ostrea ephippium. Nkmnich 4, KtO.
HUSARENTHEE, m. nennt man in der mark Brandenburg
eine mtschung von halb cognat, halb glühwein.
1973
HUSCH
HUSCHE — HUSCHEN
1974
HUSCH, interj., auch aU subst. und adj. entwickelt.
1) als interjection in mehrfacher Verwendung.
a) um den schauer der kälte zu bezeichnen, schon im späten
mhd., vgl. Lexer tcb. 1, 1401 : o himmel und erde , erbarmet
euch doch über mich, husch, husch, husch ; er schlug sich
creuzweis mit beeden händen, aber husch, husch, husch! er
war vor kälte fast ganz erstarret. Co>li\ narrenueü 3, 2ö7;
wie lang sol ich bie sitzen (im bad)l
husch, es ist kalt, precht man mir palt
ein pelz ob ich möcht schwitzen.
meistert. Bert. ms. fol. 23, no. 93 ;
o husch, wie kalt! hart thut mich frirn.
J. ATisa fasln, sp. 3' (2349,8 Keller);
noch heule in diesem sinne itn bairisclien spradigebiele tiblich,
vgl. ScHM. 1, llSö Fromm. Leier kärntn. vb. 146.
b) husch, scheuchruf:
so hudelt man ihn erst, herr spatz,
und scheucht ihn hin und her husch! husch!
nun fenster auf! hinaus zum busch! Bösger 20^
bairisdi ist husch, husch! ausruf beim hetzen eines hundes.
ScBX. a. a. 0. vgl. dazu aber huss.
c) husch, zur bezeichnung einer groszen geschicindigkeil : so
bald er hört , dasz ich geld bei mir habe : husch I ist er
Anselmo. Lessi.ng 1,500; husch ist ihm denn ein ringelchen
an den finger prakticirt; er weisz selbst nicht, wie es dran
kommt. 552 ; es ist nacht, man liegt im bette . . es schleicht
was herbei , die rorhänge rauschen , klipp I klapp ! die pan-
toffela fallen, und husch! man ist nicht mehr allein. Gütue
19,170; sobald das rebhuhn mich erblickte, lief es in den
Weizen, lockte — husch da waren alle seine jungen bei ihm.
Salzii.\nn Conrad iC«c/er(S<ittt5. 1S45) 41; husch aus dem wagen
mit einem Sprunge ! Kotzebce dram. jp. i, 22 ; busch ! bin ich
wieder hier. 3,311;
und sprang, nachdem er gnug geguckt,
husch, in den bach hinunter. Uöltt 7 Halm;
husch ! steht sie, wie Cornelia
mit des Pompejus urne,
so schwarz und majestätisch da,
als trügen sie Cothume. Gottkr 1, 93;
husch ! sie voran ; husch ! ich ihr nach,
wie leichter frühlingswest. Bcrcer 103*;
und hu«ch ist es {das gerippe) unter dem rasen.
GöTHX 1, 230 ;
hu£ch! den riegel vorgescboben,
husch! den Schlüssel umgedreht.
KoTZKBCB dram. sp. 2,304;
mein liebchen kommt gesprungen, husch !
und herzt mich fast zu lod. Lhland ged. 24;
oß in mehrfacher Stellung: husch, husch, und ich bin fertig!
Lessknc 2,140; husch, husch! ich bin hinüber. Kotzebce
dram. sp. 2,213;
mir hat geträumt, ich klopf auf den busch :
da rauicnte der hirsch heraus, busch husch !
Uhlamo ged. 303;
und das gesindel, husch husch husch!
kam hinten nachgeprasselt,
wie Wirbelwind am haselbusch
durch dürre blätter rasselt. BErcbr 15*.
d) husch , ruf um aufmerksamkeit zu erregen , lehnt sich an
uoscha fp. 1S36 an: husch! nur näher angerückt ! Fr. MCll£r
t,294.
2) busch, als mascuünes subslantivy an busch l,c angeschlossen,
bezeichnet
a) grosze geschwindigkeit, eile, in Kärnten husch eine schnelle
bewegung. Lejek 146:
doch nimmt es richtig seinen husch
und mit gewandter schnelle
eilt es durch anger, feld und busch
zur kirche, zur capelle. Göihb 1,225;
man sagt einen auf den husch besuchen, ganz flüchtig; ich
sah ihn nur auf einen husch ; im husch war die erscheinung
verflogen ;
und thöricht wars von uns, so unterm husch
ihn zu bestalten. Shakesp. Humlet 4, 5 ;
and we have done but greenly,
in hugger-mugger to inter bim.
b) einen geschwinden scJUag, eine ohrfeige: busch, alapa
Fbischlin nomencl. 397; hnsch, masc., un soufflet, alapa Genfer
dict. (1695) i:s; Schweiz, der husch ohrfeige neben die husche
(s.d.). Stalder 2,66; äienso bairisch. Sch». l, 11S5 Fromm.
3) husch, als adjeäiv verwendet, eilig, geschwind:
ach 1 wie der wind,
»0 husch, so schwind. Klimcbr theater 4, 160.
HUSCHE, /., nach der interj. husch etwas schnell packendes
ausdrückend.
1) einen schnell kommenden regen oder Schneefall, den man
sonst schauer nennt; schnebe, nix, husch voc. ine. theut. 12';
eine husche heisit an einigen orten ein plötzlicher regen, der
aber bald vorbei geld, ein Strichregen. Frisch 1,479'; in Düringen
und Obersachsen namentlich spricht man in diesem sinne von
einer schneehusche, regcnbusche.
2) husche, griff ins haar, haarraufen, vgl. haarhasche sp. 29:
nachdem sich Gargantua mit frischen kleidern angethan, und
nun angefangen sich mit eim sträl ... zu kemmen und zu
reiben, da fielen zu einer jeden huschen übersieh und jedem
abzug untersich herausz mehr dann sieben ballenkugeln, weklie
ihm . . im langen haar behangen gebliben. Garj. 235'; der griff
des Scharfrichters in die haare des delinquenten vor dem kopf-
abschlagen. YlLMAB 179:
Caivus, der ganz kahl am köpfe (meint man) werd ans holz noch
kleben,
sorgt drum selbsten, wie der henker ihm wird doch die husche
geben. Logau 3, 51, 69.
3) auch die ohrfeige, heute aus der Schriftsprache ganz in die
mundarlen zurückgetreten, alemannisch und bairisch, vgl. unter
busch 2, 6, auch oberhessisch. Yilmab 179; hoscha, buscba oAr-
feige, schlag mit der flachen Iiand. Tobler 277'; schw(U)isch die
husch ohrfeige Schxid 293 ; niederd. husche sowol schelte wie
schlage. Schaxbaco 89': den gewalt und empfangene husche.
Pbilander 1,108; eine darre oder husche. 236; wegen vieler
huschen und kniestösz, so er mir denselben ganzen tag über
gegeben. Laz. de Tormes 24;
soll ihm die schwarte nicht von mancher husche knacken.
GC5THER 418.
4) bergmännisch heisst es der bergmann hat eine husche
bekommen, trenn er in der grübe zu schaden kommt oder von
einem gespenst vexiert wird, bergw. lex. 306*.
HUSCHELN, verb., frequentatio zu dem folgenden huschen.
hessisch lieiszt huscheln eilfertig, ungenau arbeiten, drüber hin
huscheln, oberflächlicli ungenau und in unbrauchbarer weise ein
geschäft vollziehen. Yilxar ISO, mit dem fem. huschel, unordent-
liche frauensperson, woßr aber auch hossel, hosel , und dem
adj. huschelig, hoselig, unordentlich, vergl. dazu unter hossen
sp. 1843; sonst sich raschelnd und flüchtig bewegen: wenn der
alte mann im zimmer huschelt. Gutzkow ritter vom geist 5, ISS ;
j fränkiscli aber ist huscTieln, an die interj. husch 1 angescläossen,
• frösteln, vor frost zusammenkauern, einhüllen. Fbomm. 6, 132 ; in
Tirol huscheln sich im belt erwärmen, von kindem. 154 ; henne-
bergiscli huscheln sich einhüllen. 3, 132. vgl. auch huschen und
huscbem.
HUSCHEN, verb., nach der interj. husch gebildet.
1) in der bedeuiung flüchtig über etwas hin gleiten, erscheint
es vor dem 18. Jahrhundert in der Schriftsprache niciU verbreäet
(M. Krämer wortbuch in deutsch-ital. sprach 1678 646' verzeichnet
es zuerst als eines smnes mit gleiten, glitschen, das war das
hoschen des 16. jahrk, vgl. sp. 1S37 ; nach dem Iteutigen begriffe
steht es zu frühest bei Adelung, als wort des gemeinen lebens),
bürgert sich aber schnell, und vornehmlich in der dichlersprache
ein: bohren sie das bret, wo es am dünnsten ist. das ist,
huschen sie über das weg, was sie zu lange aufhalten wird.
Lessisg 12,489; und ein junges mädcben huschte rasch hin-
über. Gutzkow rMer vom geiste 7, 93 ; verdächtige gestalten
huschten im zwielicht an uns vorüber; vgl. auch hinhuschen
ip. 1444;
bald huschen wir
leis aus der thür,
und fliegen, und fliegen zum tanze! Uoltt 195 Halm;
allnächtlich herunter vom rabenstein,
allnächtlich herunter vom rade
huscht bleich und molkicht ein schattengesicht.
^ , BSrgb» 62» ;
hui : wir Schwestern, band in band,
huschen über see und laud. 2j>9*;
da sie (die fledermaus) durch das offne fenster
abendlich hereingehuscht. Plats» 2S3;
und hinter ihm, wie eine docke,
ein armes kind im flittersiaat.
mit seidnem fäbnchen, seidner locke,
huscht frierend durch den engen pfad.
A. V. Drosik ged. (1873) 145;
durch die waldung huschten eigne scheine.
Friiligratu dicht. 3, 31 ;
was huscht vorüber dort im nu,
verlegen und beklommen? 89.
12-1*
1975
HUSCHERN — HUSS
HUSSA — HUSTEN
1976
2) huschen, raufen, nacli husche 2, aus der spräche des
17. jahrh. bezeugt: ich husche, vellico STEiRSAcn Ij'G? alt ein
provinci'iles wart :
wer die warhcit singt, den huscht nuiii bei dem scliopf.
WlEllKHANN JhI. 21 ;
bairisch einen huschen, ))ehuschen, mU der hand an den köpf
schlagen. Schm. 1, 11S5 Fromm., alem. huschen. Stalder 2,66.
3) nach husch l, der inlerjection bei kälteschauer, ist fränkisch
geblieben huschen {neben huscheln und huschern) frösteln und
vor fräst sich zusammenkauern, einhüllen. Fromm. 3, 132.
4) huschen, hetzen. Schm. 1,1185 Fromm. Schmid 293; vgl.
dazu oben den hetzruf husch, aber auch hursclien sp. 1969. auch
niederländ. hussen, hussehen, hisschcn, sligare, instigare Kuian.
HUSCH EHN, verb. sich ins bell schmiegen, um sich zu er-
wärmen, vgl. oben huscheln und liuschen 3: sie h;il es wol
▼erredt, in 4 wochen nicht hei dem bräutigain zu schlafen;
aber stille nur, laszt sie sich nur zusammen huschern , ich
weisz, dasz sies keinen augenblick lassen kan. Schoch stud.
leb. D4'.
HUSCHKOPF, m. wirrkopf, köpf mit wirren , nicht glatt ge-
kämmten haaren: eine dolde grellrother ebereschbeeren lose in
den huschkopf gesteckt — und das kleine ding {ein mädchen)
sah bezaubernd aus. Ueichenaü aus unsern vier wänden 2,23.
HUSECKE, f ein mantcl des 15. bis 17. jahrh., ursprünglich
für beide geschlechter, zuletzt nur für frauen; betont hüsecke.
das worl geht auf das franz. housse decke, überklcid, mantel
(LiTTRi 1, 2057') zurück, welclics der name für ein im 14. jahrh.
dort aufgekommenes modisches kleidungsstück war, das sich seit
anfang des 15. jahrh. auch in andere ländcr verbreitete {vergl.
Weisz koslümkunde 3, 72. 73) ; zunächst in die Niederlande, wo
wahrscheinlich die bezcichnung auch eine Weiterbildung erfuhr, die
zum theil in umdeulung übergieng: hussack, husseck, hushuyck
loga, pallium, mastruca Kiliax, die letzlere form mit bczug auf
hoike sp. 1731; dann nach Oberdculschland : maslruga buseck,
hasuyk Dief. 351"; husszäcken, langer rock, pallium, praetexta
toga .Maaler 233*, und mit ausdeutung auf alemannisch hüs,
Schriftdeutsch haus: mit einer hauszäcken bekleidet, palliatus
214'; pd/a schaub, huseck, frawcnmantcl Golii OHomasf. (1583)
206; pallium, husacken oder mantel dict. lat.-germ. {Frankf.
1610) 619 ; cyclas, sockeney- oder husacken 621 ; bei Stieler
buschk und husack, diphthera, ein frauenmantel 872; nach-
dem undter den mannsbilden, nit allein den crbcrn, sonder
auch den gemainen mann , ein mergkliche kostlichait ent-
standen ist, nemlich mit geprawchung merdreiner veher und
ander kostlicher rawber claydung an schawben , bussecken,
rocken und menteln. Nürnb.poliz.-ordn.xa^; das nun binfuro
einich mannsbildt, burger, burgerskindt oder innwoner diser
statt , an einichem rock , bussecken, schawben oder mantel,
weder von samat, atllass, damasco oder ander seiden über
ein halhe eleu allenthalben nit verpremcn oder verpremen
lassen, noch die also verprembt tragen soll. 107; wölcber
wind hat den layen ir rOck und mentcl auf die achszel gc-
wäet, wölcher wind hat in ire hnszöcken vornen zerrissen,
allso das man in sieht d; die natur undcrstat zu verbergen.
Keisersberg schiff d. pen. 4o'; Pura die jungkfraw gehet ab,
der ritter setzt sich in ihr huseckcn und piret trawrig nider.
H. Sachs 3, 1, 234' ; der trabandt zeucht im die handt mit der
busecken vom angesicht. 234'; in schwarzen huseckcn ein-
gewickelt, nemmen sie {die Portugiesen) den schlaaf auf dem
Stroh. S. Frank weltb. 70* ; {die Ungarn) tragen ob allen klei-
dern ein husecken oder langen rock. 80* ; und da man noch
busecken und feine lange jenker und ander ehrliche kicidung
trüge, stünde es vil besser. Matbes. Aoctot/prcrf. 28' ; die aller
schönste husücken, so jemals in occident gesehen worden.
Amadis 302; heutiges tages weisz man auch manchmal nicht,
wie man die kiciderkäslen gnug füllen soll, da haben manche
frauen ihre 10. 20. rock nach einander hangen in der Ord-
nung , so viel müder, so viel hussegen , dasz ihnen nur die
wähl wehe Ihut. Creidids 2, 56. vgl. auch heisockc sp. 903.
HUSEli, jagdruf: mit seiner Jllgerstimme und in seiner
weidmannssprachc hub er an zu schreien : frisch auf, gesell !
frisch auf, husch ! Bode Th. Jones ft, 477.
HUSS, hetzruf an hunde ; auch gebraucht zum verjagen von
thieren. Scn». 1, UM Fromm. Lexeh kärntn. wOrterb. 146. bei
tdülderung der Verfolgung ren menschen : und gilit ein ieder
htitx zß, dasz der iiuden tigt in nOten ycmeiir von iedcnnan
Terlasscn, und als gol und der weit ein grewcl, gehaszt wirt.
S. FiATiK sprithw. 2, 3<>'; da schreyet jcdcrinau husz an den
ketzcr. Mathesiüs hist. von Jesu Chr. 2,12'; einige waren so
muthwillig, dasz nie durch ein unaufliörliches husz! busz!
diese erhitzten vertheidiger der Wahrheit in ihren kritischen
Untersuchungen {gemeint ist eine halgerei aus anlasz einer Streit-
frage) noch mehr anfeuerten. Uaukner sat. 2, 249.
Schweizerisch hat sich ein masc. liusz, hausz der hund, aber
auch Unmensch , Wüterich gebildet (Stalder 2, 28. 66), wol nach
dem hetzruf — husz, lang gesproclien, aber ist daselbst ein aus-
ruf des ekels und abscheus. Stalder 2, 66. Torler 282'.
HUSSA, jagd- und verfolgungsruf:
(wenn nicht hei) dem hussa! in erschrocknen lüften
dreiszig stimmen durch einander schreien. Güüinck 1,46;
da mnszlen sie springen wie hasen über feld,
und hell liesz erkiiiiguii sein hussa! der held.
Arndt gcä. (1840) 284 ;
erweitert :
riscbrasch quer übern kreuzwcg gings,
mit horridoh und hussasa. Uörgeh 70*.
hussa auch jubelruf:
ein lautes hussa schallt baccliantisch durch den sahl,
und jung und alt, was lüsze bat, musz springen.
Wieland 22, 216 (Oh,-ron 5, 46).
Englisch ist huzza nationalruf der freude und des bcifalls, und
in der englischen form wird das wort bisweilen auch von deutsclien
schrißstcllern gebrauclit: frciheit war ihm nun nichts mehr als
ein leeres huzzagcschrei , das aus sklavenhälsen erschallt.
Sturz 1,242.
HUSSEN, verb. huss rufen; hetzen, zunächst von hunden,
aber auch von menschen, aufhussen aufhetzen, anhussen an-
treiben, es ist bairisch-üstreichisch Schm. 1, 1183 Fromm. Lexer
kärntn. wb. 146. Fromm. 6. 156; und es hat sicli daran ein adjectiv
hussig, husig, kärntn. hussik schnell, frisch, hurtig, munter, in
jenen ländern gebildet.
HUST, m. und f., vgl. unter dem subst. husten.
HÜST, fuhrmannsruf, für hist sp. 1580; alemannisch hüst
fuhrtnannswort , um die pferde links zu leiten. Stalder 2,06;
der Theodor sagte : . . luist um ! dort links ist die stuhen-
thür. denn der gast taumelte nach der thür eines mikh-
scbranks. Hebel 3, 8.
HÜSTELN, HÜSTELN, verb. leicht oder öfter ein wenig husten:
nach einer ängstlichen stunde bequemte sich endlich die alte
in einem groben hasse zu husten, und zugleich hüstelte auch
Klärchen , aber wahrlich so harmonisch , dasz der gröszte
kenner es eher für eine passage von Gluck hätte halten
müssen, als für einen kaiharr. Tii(5mmel 3,211;
so schielend und schleichend,
so hüstelnd und keuchend. Fr. Möller 1,339;
{ er hüstelt schon, er magert ab,
die Sehnsucht schaureli sein trübes grab. H. IlEinE 18,28.
HUSTEN, m. tussis. die vollste germanische form des Wortes
hat das ugs. im masc. hvösta , was noch im englischen dialek-
tischen whoost, und im schweizerisclwn der wüsten (wuesten)
husten Stalder 2, 4G1 nachklingt; alle andern dialekie haben den
labial vor dem langen vocale untergehen lassen: lüid. buosto,
masc. und huosta fem., mtid. iuiDste. masc, niederl. hoest tussis
KiLiAN, altnord: hösti, scliwed. hosta {fem.), dän. hoste, jene
labialis war eine eigenthümlich germanische erscheinung, die ur-
verwandten spradien kannten sie nicht: sanskr. kisa der husten,
k4s husten , litt, kosu , kosli, lett. käset tussire, kirchenslavisch
kuiili tussis, venjl. Fick 42. — Für das bis auf unsere teilen
allgemein gesprochene husten wird jetzt in Norddeutschland viel-
fach kurzes Imslen gehört.
Für die mhd. form huosle , mitteld. huste tussis Dief. 603',
ist wenigstens seit dem 15. jahrh. husten gebräuchlich: liuesten
tussis. voc.inc.lheut.kA'; der husten tussis .Maaler 233'; doch
hält die form ohne n noch bis ins 17. jahrh. sich hie und da.
Stieler 868 gibt der huste und der husten, tussis, tussedo;
gekünt und in die starke declination übergetreten der busi, gen.
des liustes:
wen der hust wolt verdorben,
der ncni des KcbmnU in seinen munt,
du4 milchet In piild gosunl. fusin. »/i. H, 16;
ir »preclit, ir biet uns mcr gei&jrl,
du mocbt ir hiebt vor huoales lulü.
nu dar, der huosl der ist do hin :
nagt, wn; biet Ir in dem sin? ling 20'. 32;
du bnltCRt vier tbhn vor xwsi jähren,
von Henpn kIoiz dir auix der huitt dai letin- jubr
ein pnar. Wkckherlin 808;
I.Ingus folte für den huit brauchen loch de Tarlara.
LoOAU 2, S3, 23.
t977
HUSTEN
HUSTEN— HUT
1978
Auch das fem. die husteo, gekürzt die hust lebt noch nhd., es
gehört dem bairischen und hochfränkischen Sprachgebiete an: die
huesten Schm. 1, 11S6 Fromm.; die huoste Lexer kärntn. tcb.
146 ; Frisch (aus der Oberpfalz i;ebürtig) führt in erster reihe
das fem. huste, husten an, das masc. nur als minder gebräuch-
liche nebenform 1, 479* ; so hat die hust ihren Ursprung aus
keldt. Zechendorfer 1, 50 ; die husten kommt den pferden
aus mancherlei Ursachen. Hohberg 2,206'.
Man sagt leichter, schwerer, trockner, feuchter husten ;
Idauer husten, keichhusten, wobei man vor anstrengung blau im
gesichte wird:
ich hab gar gute arzenei . . .
für die blaw husten und das pipperlein.
U. Sachs 1, 529* ;
ein dürrer husten , sive schafhusten tussis sicca Stieler S6S ;
ein trockner husten tussis arida, kleiner husten tussicula Stein-
bach 1,797; der kranke hat einen bellenden husten; ein mittel
wider oder für .den husten ; eine arznei wider die husten,
tussiculare medicamenlum Frisch 1,479';
ir kauft ein küdrecii für ein fladen,
der ist euch nüchtern gar gesunt,
des eszt alle morgen für den huosten ein pfunt!
fustn. sp. 370, 7.
Sprichwörtlich: trockner husten ist des trompeters tod. Sim-
ROCK 271 ;
liebe, husten, rauch und geld,
mit aller macht man nicht behelt. Schottel 1134';
einer sache so viel bedürfen als des hustens, gar nicht:
sidmal der kindertouf ie in zwispalt kumen ist , des man
doch so vil bedarf, als des husten, wie man spricht {des
Zwiespaltes nämlich). Zwingli vom toufrl'; einen husten an
eine sache geben, nichts, sich nicht drum kümmern :
wann dweil all küngreich nemen schaden
und alle weit im blut solt baden,
und alle land mit krie^ verwüsten,
so gebens nur daran ein husten.
B. Waldis päbstl. reich E 4' ;
in bösem scherze einem den husten büszen , vertreiben , indem
man ilin niederschlägt, tödlet:
mit meinem gsang so büs ich dir den deinen hust,
nun her (liörc) ich wol, dir kurret ser dein kragen.
meislerges. in der Herrn, 3, 318 ;
ich main man thet im dhusten püeszen (schnitt ihm den hals ab).
ScBMELZL zug i\
der husten, eine seurhe der schafe:
mein rieh trägt wenig ein, die zahl ist auch nicht grosz,
ich werde gar zu viel durch raud und husten los.
Rost sihältnjed. 126.
der plural des worles ist ungewöhnlich: maszen die tituln eine
art der husten an sich haben, als welche sich nicht in der
kehle lassen bezwingen, sondern herausgercuspert werden.
Brandt briefe vom leben Taubmanns 24.
HUSTEN , verb. tussire , ahd. huostön , mhd. huosten , ags.
hvöstan, engl, whoost; in verschiedener anwcndung.
1) husten, vermöge eines krankhaften reizes in der kehle, und
unwillkürlich :
von huosten, rützen und speiben
mocht wir in der kircben nit pleiben. fasln, sp. 472, 1 ;
drink sittlich und huest nit darein (hei liscli).
meistert, fol. 23, no. 212;
auch mit angäbe der Wirkung, blut husten, schleim husten,
vgl. aushusten ; und reflexiv : sich halb zu tod, sich ganz von
athem husten ;
ein bündel reiser wird auf dürren kien gelegt,
und als sie asch und kohlen aufgeregt,
facht, blist und hustet sie den ganzen stosz zu flammen.
IIagedor?) 2, lül ;
verhüllend: er wird vor angst in die hosen husten. anticoUo-
quinm 745; ist man gut, so hustet man einem gar aufs maul,
lenem vulgus calciil. Serz 73*;
hustet oft unden und oben. II. Sachs 5, 354*.
Sprichwörtlich die flöhe husten hören. Schottel ll2l'; die . .
ihnen einbilden, dasz sie in ihrer witz das grasz wachsen
und die flöhe (so zu reden) husten hören. Simpl. l (1713)270;
wer die flöh husten höret,
und das grasz wachsen sieht.
DoMAn lied r. d. hanse 63.
2) husten, als ein zeichen der verlegenlieit , oder um discrd
einen wink zu (jeben:
der ritter also hing die obren,
und sprach kein wori: als endlich Ferafis
sein Sekretär, nach öfierm husten, es wagte,
und seinen herrn um den ^rund von dieser traurigkeit fragte.
W ISLAND 5, 50 (neuer Amad. 13, l»j ;
die dame stand so ganz
wie eine göttin da,
dasz unser mann vor lauter glänz
nicht wuszte,
wie ihm geschab.
und bis er seine anred fand,
wohl dreimahl husten muszte. 18, 345.
3) husten, in der altern spräche, für unverständlich, leise,
schüchtern sprechen: ich hoff, dasz die toben neider wol ver-
steen, das diese wort Nero und Colonia nit aigen namen
seind, als etlich über die canzel {den lehrstuhl) gehustet haben.
d. städtechr. 3, 39, 6 ; er wil so viel gestammelt oder gehustet
(ich solt sagen) geredt haben. Luther 3,445*; und so einer
nur hust wider unsem glauben, den mögen wir nit leiden.
Frank wellb. 154*; ja die warheit bat niemant dörffen husten.
cAroB. 298*;
drutz das einer darwider hust. H. Sachs 3, 1, 63*.
4) auf etwas, in etwas husten, ausdruck der Verachtung:
denn irer {der papislen) kircben gewalt, da hust ich auf, und
las sie faren. Luther 3, 515* ; ich huste auf meine jungfer-
schaft und meine Unschuld dazu. (Schink) marionettentheater
1778 s. 66 ; will seine chocolade nicht versuchen ; hust ihm
in seine chocolade ! Fr. MtJLLER 2, 45 ; (er) legt dem ober-
sächsischen kreis die frage vor, wenn ein solcher herr, der
mit diesem feuer die landeshistorie und die familiengeschichte
des kleinsten landkindes treibe, nicht ein frommer und
menschenliebender herr wäre, so müss er selber (der salz-
revisor) nicht recht bei sinnen sein und er huste auf den
kreis. J. Paul hohschnilte 146. — einem etwas husten, derber
ausdruck der verwägerung: ich will dir etwas husten, ne erres;
nihil auferes inde. Serz "3*.
HUSTENäNFALL, m. anfall vom husten.
HUSTENFIEBER, m. das mit dem husten verbundene fieber.
Adelung: hustfieber, febris tussiculosa Frisch 1,479*.
HüSTENRRAüT, n. tussilago, huflaltich. Nejinich.
HüSTENKÜCHLEIN, n. arznei wie küchlein, wider den husten.
Frisch l, 479*.
HUSTENREIZ, m. reiz zum husten.
HUSTENWURZEL, f hustenkraut, huflaltich. Nehkich.
HUSTER, m. einer der hustet, in älteren quellen Spottname
ßr einen allen welken mann: als nun sein hochgedachter
preceptor inn dem 63. jar . . starb: ward ihm geordnet ein
anderer alter huster. Garg. 142*; diser alt huster. 15S*; {die
frau) must sich demnach mit dem alten kalten huster be-
gnügen lassen. Phil. Lugd. 3,221; aber lebte der alte huster
noch, ich wolle ihm die schrift dergestalt allegieren lehren . . .
Armatüs (Rist) rcllung 13.
HUSTFIEBER, n. vergl. oben hustenfieber.
HUSTIG, adj. mit husten behaftet: zu schliszen, das die
medici macht haben, sich zu lib den kranken in allerlai leut
zu verändern, wie ain hofman, der ruhen laszt biren sein,
iz (jetzt) rollig, nun schmollig: iz runzelend, dan schmunze-
lend: iz hustig, nun lustig. Fischart pod. trostb. bei Scheible
10, 657.
HUSTLICH, adj. exscreabilis, exscreans, phthisicus, aushustlich
Stieler 869.
HUSTPILLEN, f. plur. pilulae ad tussim. Stieler 88.
HüSTPÜLVER, n. pulvis contra tussim. ebenda 447.
HUT, m. pileus. ahd. mhd. buot ; niederl. hoed ; dem alt-
nord. fehlt das wort, daßr erscheint ein mit ihm wurzelhaft wol
kaum verwandtes hattr, was in schwed. halt, dän. hat fortlebt;
dds angels. kennt sowol hüd als hat in der bedeuCung pileut,
ebenso engl, hood und hal, nur dasz das erslere der ungewöhn-
lichere ausdruck, die bezeichnung ßr doclorhut, kappe, das letztere
das wort des gewöhnlichen lebens ist; fries. steht höd und das
seltenere hat in völlig gleicher Verwendung. — Die eijentliche
bedeutung von hut ist jedenfalls nur die allgemeine decke, schütz,
das wort scheint, wie das folgende und das verbum hüten, zurück-
zuführen auf eine u-urzel skad , sanskr. chad , mit Verlust des
anlautes und mit derselben mangelnden lautverschiebung des aus-
lautenden consonanlen, den auch das gleicher wurzel entstam-
mende, aber anlautend vollständig gebliebene goth. skadu-s schatten
zeigt.
hut ist kopftracht beider geschlechter, wird auch in freierem
sinne verwendet.
l) hut, als männliche kopfbedeckung.
a) form, sloff und färbe des hutcs werden näher bestimmt:
hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut ;
ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus Steinbacu
1979
HUT
HUT
1980
1, 797 ; hut von filz, seide, slroh ; den hut {des hohenpriesters)
vou weiszer seidcu. 2 Mos. 39, 28 ; nam er ein filzen hut.
Aimon v4';
inli hab eiii hilt,
isl plab, der tut mich frewen. Uhland volkd. 644 ;
der erste, der mit kluger hand
der manncr schmuck, deu hut, erfand,
trug seinen hut unauTgeschlugen ;
die krempen hiengen llach herab. Gkllkrt 1,9;
der hut wird geschmückt, staffiert (fertig gemacld durch aus-
putzen), veryi hulschmücker, hutstaffierer ; er isl viit Iressen,
band oder federn versehen: da brachte man mir ein weis/es
hemd, schuhe und strumpfe samt einem üherschlag oder
kragen, auch hut und federn. Simpl. 1, 73 Kur:;
der erbe reis/.t die sclinüre los {vom hüte),
umzieht den hut mit goldnen dresseu,
verherrlicht ihn durch einen knöpf,
und drückt ihn seitwärts auf deu köpf. Gkllert 1, 11 ;
bin ich als, edler Junker, hier,
in rothem goldverbrämten kleide, . . .
die hahnenfeder auf dem hut. Götub 12, 79.
verschiedene hutform und hutfarbe zeigt verschiedene stände an,
rergl. doctorhut , fürstenhut, kurhut, jügerhut, jesuitenhut,
kardinalshut, iifaffenliut ; daher als symbol der beireffenden
würde: bede bebeste .. malitent ander nuwe cardinale. doch
was ir vil, die in dirre zweigunge den hut und da; cardi-
naletum nüt woltent nemen. d. stddtechron. 9,610,31;
wie ihr denn auch den lohn des fleiszes überkämet,
als ihr den blauen hut vou Klio bänden nähmet.
Fleming 02 (um/' heim Michels sein tioctoral).
der spitze hut, ursprünglich baurenlraclU, isl seit dem 17. jahrh.
cluirakterislisch für den aus dem plumpen bauer entwickelten
hanswurst, dann auch ßr den inlriguanten, und spilzhut, spitz-
hüler bezeichnet einen Zuträger, zungendrcscher, verldumder : über
das sind noch die spitzhüter, stiegenträger, die den jungen
herreu alles was sie hören und sehen, vor die obren bringen,
wenn es gleich erdichtet und erlogen ist. Löhneys regierkunst
(1079) S'.
b) der eiserne hut, wie der heim kopßedeckung des kriegers,
vgl. eisenhut, sturmhut, auch haube:
im (dem riiter) wart bedecket ieslich loc
mit dem tiuren huote herte. Wolfram Willehalm 296,9;
wollen sie rennen, das sie sich mit iren hüten und was zum
rennen gehört, als ander von d^r ritterschaft, erwarten.
Wilw. V. Sdiaumb. 65; selbiger zeit ist eine höchste ehr ge-
wesen, bei früher tagszeit die adeliche bände an den pflüg
legen, nachmittag aber den heim und huht ergreifen, und
selben ritterspielen obliegen. Schuppius 711.
c) der hut ist von alters lier zeichen des adels utid der freiheü,
die edeln werden in den frühlaleinischen quellen des mütelalters
pÜeati (jcnannt, vgl. die nachweise bei Grimm rechlsall. 271. der
ein leiten übertragende reichte seinen hut dem lelwnempfänfjer zum
berühren hin (a. a. o. 14S. Hamaus 9b3), zum zeichen, dasz ein
theil von jenes reclden auf diesen übergieng. daher der hut
symbol der lierschaß : liesz . . ze Altdorf am platz bi den linden,
da mengklich für gon muszt, ein Stangen uffrichten, und ein
hut oben drulT legen , und liesz gcbielen mengklichen, im
land wonhaft, . . dasz jeder, so da fürgienge, solle mit neigen
und parel abziehen eer und reverentz bewisen , als ob der
künig selbs, oder er {der landtogl) an siner slatt persönlich
da wäre. Tschudi 1, 23ö', und danach bei Schiller :
und dici>e« ist des landvogt.-« will und meinung:
dem hut soll gleiche ehre wie ihm selbst geschehn.
man soll ihn mit geboKiiem knie und mit
eutblosztem haupt verelircn. Teil 1,3;
audt tpMer zeigt sich das noch, so wenn der hut als symbol des
ehelichen rcgimenls anßrilt, den bei eingehung der ehe die frau
dem manne überreiclit : braut und bräuligam liefern einander
die gewöhnlichen präsenten, wie bei dieser löblichen »ladt
bräucblicb und herkommens ist. *r iln ... einen ring, sie
ihm einen hut. Creiüius 1,496;
und das liebende mädchen (kclienkle) zur gcgi iiguhe dem jiingling
einen prunkenden hut, und »laltiicho brautitcunishumdo.
lluLTr 4U llllllll .
der frau den hut überlassen, unter den panloffel konimm
drauf
Uli:
iliii i< 1
'■iit in selnom muth
Iran den hut,
.iipeii :
■ KKirvn. UvKHtitcK yil. IM,
der mann ward, wie es sich gebühret,
von einer lieben frau regieret.
trotz seiner stolzen männlichkeitl
die fromme herrschte nur gelinder!
uns blieb der hut und ihm die kiuder. Hackdorn 3, 72.
ebenso zeigt auch der hut die e:ccmlion von der lierschaft eines
andern, die ffciheü an:
du bists der uns den hut der göldnen freiheit schenket.
LoGAU 3, 243, 142 ;
im hut der freiheit stimmet an
voll ernst der freundschaft lied. Voss 4, 128;
des menschen zierrath ii-t der hut, denn wer
den hut nicht sitzen lassen darf vor kaisern
und königen, der ist kein mann der freiheit.
ScuiLLKH l'icculumini 4, b.
d) durch das abnehmen des hutes bekennt man sich daher als
diener jemandes, eine sittc die ursprünglich nur von dem niedern
gegen den hölter stehenden geübt werden konnte:
und als er im (ein eilelkmibe einem Junker) so nähen
quam,
sinen huot er abe nnm.
hie mite eret er in also,
der junkherre gruojt in dö. Wigaloit 41, 12 ;
auf der wol auch die ceremonie des studentischen landcsialers
ruht, dergestalt dasz der abgenommene, auf den scUäger gesteckte
hut die hingäbe an die vertheidigumj von fürst und Vaterland
ausdrücken soll, das durchbohren der aufgethürmten hüte von
Studenten mit den degen auf das wolergehen der landesherren wird
bezeugt in Reupsch Schilderungen 2 (1759) 137 ; sie {die sludenten)
singen einer nach dem andern landesvater, trinken wein und
stecken die hüte auf den degen an die decke, der deutsclie
Student (1779) IS;
seht hier den geweihten degen,
thut, wie brave bursche pllegen,
und durchbohrt den freien hut.
A. NiKMAMN vom j. 1781, vgl. Hofpmanm
volksthüml. lieder 6.
jene sille schwächt sich zur reinen hüfliclikeitsbezeugung ab; in
einer reilte von redensarlen : vorm seiden kleid ziehet man den
hut ab. Lehmann 10«; wann man ein jähr vor einem den hut
abgezogen, so siebet man was hinder ihm ist und wie fromm
er ist. 17 ; kleine dieb hänkt man, vor den groszen thut man
den hut ab. 136; den hut in bänden tragen, schadet nicht.
134; deswegen hielt ich vor nötig, mich wieder demüthig zu
stellen, obschon ichs nicht sei, mit den gemeinen kerlen
wieder unten und oben zu ligen, vor den höhern aber den
hut in bänden zu tragen. Simpl. 1,304 Kurz; greife langsam
nach dem beulel und oft nach dem huth. Schuppius 263;
gute wort im mund und den huth in der hand, das kostet
kein geld, und bringet einen ehrlichen kärl oft sehr weit.
daselbst ;
hut in der hand
hilft durchs ganze land. Simrock sprichw. 272;
heute yrüszt man durch abnehmen , ziehen des hutes , in be-
quemerer weise nur durch rücken, lüften, lüpfen des hutes:
hier lupft er ein wenig den hut.
WiKLAND 5, 180 (neuer .\madis 18, 32);
von einem der lässig zu dieser höflichkeitsbezeugung isl, sagt ntan
scherzweise, er hat Sperlinge unter dem hut, kann ihn nicht
abnehmen ; er hat vögel unter dem hut , sein hut ist auf-
gelcimet. Duez sprichw. 60.
e) der hut wird abgelegt, wenn man in ein zimnur tritt, er
wird wieder genommen , trenn man aus dem hause gehen wiU,
daher den hut nehmen, sich bei jemand verabsdiieden : wie er
sah dasz die romanze kein ende nehmen wollte , nahm er
seinen hui, zog seinen reverenz, und entfernte sich. Wiblan»
12,92; aber auch durchgelten, ausreiszen, sich lieimlich entfernen:
kerl, der nunmehr den hut aufsetzen, und davon gehen will.
causenmacher 39.
/) in der freude wird der hut geschwungen:
jetzt schwingen wir den hut.
der wein der war so gut. IIkbkl 1, 241 ;
wohl jauchzen die andern und schwingen die hüt',
viel bund«r darauf und viel edle blüth . UuLAnu yed. 211,
im fetlesjubel bekränzt:
mit elchenlaub den hut bekränzt 1
wohlauf! und trinkt den wein! Voss 4,36;
inler iiul blindem geschmückt: der huchzeitbiltcr, . . drs^cn »n-
Ifgene micne mit hcine.m putze und mit dem lusligen husch«
Villi gewisz fünfzig farbigen bändcrn am hüte wenig übcrein-
»timiiite. IxMKHiiANN 3/ünf/iA. 3, 10 ; to bei den zu toUaUn aui-
gi-liulienen burschen .'
1981 HUT
als ich tur fahne fortgemüsft,
hat sie so herzlich mich geküsst,
mit bändern meiDen hut geschmückt. Hauff 1, 41 ;
tu kecker Kimmung auf ein ohr gesetzt: als Berlichingen und
Werther noch neu waren , nam jeder junge mensch , der
geniedrang fühlte, oder vielmehr, zu fühlen glaubte, sich vor
andern was heraus, sezte den hut auf ein ohr, zog den rock
aus, schmis alle die ihm zu nahe kamen, mit kot. almanach
ßr heUeUrislen 1782 ». 102 ;
frisch auf, ihr beckknecht alle,
schafft euch ein frischen mut!
laszt die trompeten schallen !
setzt nach der seit den hut!
ScHADK handicerkslieder 3 (i'. jahrh.);
setzt den hut frei nach der selten!
fragt wo ist das beste hier. s7 (17/18. jdtrh.).
g) den hut drückt in die äugen, vet sich nicht sehen lassen
tciÜ oder sich schämt: wer inn seinem herzen keinen nagenden
wurm hievon fület und darf für menniglich den hut nit in
die äugen ziehen. M.\thes. Sar. 156"; dem dummen icird ein
breiter hut aufgesetzt, der ihn am sehen hinderte ein breit her-
unter hängender hut ist zeichen eines hanreien. Pftjtz Holberg
s. 309. 479. 4S0 ; er wolte lieber keinen köpf als einen breiten
hut tragen. E. Fbaxcisci lustige Schaubühne 3, 9S6; und damit
stillete sie den guten mann, dasz er den breiten hut willig
aufsetzte und fünf grade sein liesze. lyrum-larum no. 7 ; um
einen zu hänseln, dreht man ihm den hut: wie ich in erst-
gedachter bursche höhnischen angesichtern lesen kondte,
bedunkte mich , sie wurden sich endlich underfangen , mir
den hut zu trähen, und den Kunzen mit mir zu spielen.
Simpl. 3, 149 Kurz {vgl. dazu auch unter Kunz theil 5, sp. 2751) ;
hätten sie ihm . . nasenstüber gegeben, ihm den hut gedrehet
und ihn vor ihren narren gehalten. 412.
h) der beltler hält den hut hin, um eine gäbe darin aufzu-
fangen: die Pfennige, die er euch abquälte, dem ersten dem
besten bettler in den hut warf. Schilleb rdtiber 1, 1.
i) unterm hüte, für im köpfe; unterm hüte nicht richtig
sein, nicht recht bei verstände: derowegen er denn für un-
richtig unter dem hutte gehalten wird. Bütschkt kanzl. 236;
dasz man mit bänden greifen kann, dasz sie nicht wohl unter
dem hut verwahret sind. Liscov 242; wiewohl die irrenden
ritter die solche thaten thun (jeden zwingen icdlen zu bekennen
ihre dame allein sei schön), in den äugen kluger leute ihre
enlschuldigung unter dem hüte tragen (d. h. durch mangel-
haften verstand entschuldigt Kcrden). Wieland 24, 51.
k) sonstige fügungen und sprichwörtliches, von eim ding daran
man gar zweifelt , und von weitem nit kennen kan , sagt
mann, . . es ist ein schiff oder hut. Agr. spr. 29S' ; man schlägt
den hut und meint den köpf. Lersia:«!« 201 ; es ist viel ver-
riebt , wann zwei köpf sich mit einem hut behelfen. 1S6 ;
viel kOpfe sind schwer unter einen hut zu bringen;
und wenn ihr halbweg ehrbar thut,
dann habt ihr sie all unterm hut. Götbb 12, 100;
vom hut zum schuh, me sonst vom köpf zum fusz:
die teute. wo denken, und wie denken wir?
Diogenes, so hört doch auf zu helfen !
der denker denkt vom hut zum schuh,
und ihm geräth, in blitzes nu,
das was, das wie, das beste. 3, 115;
»ii< einem hüte wird etwas verdeckt:
da sach er ain veiol sten.
mit freuden und mit hohen muot
decket er in mit seinm huot. fattn. fp. 418, 19 ;
in ihn werden die lose geworfen: und denn sei ain schriber
ir aller namen an ain sunder brieflin schriben, und die
brteflin alliu in ainen hut legen und denn sol der amman in
den hut ungeverlich grifen und ain brieflin nach dem andern
hcrusz nemen und allweg weheis nam des ersten herusz
kumbt der sol auch der erst sin. Statuten der stadt Isny {ende
des U. jahrh.) im anx. ßr künde deutscher vorzeit 1S59, 92. ein
böser scherz liegt in der folgenden redensart: wenn aber da-
zwischen die brn. kommissarien dem rath und den ältesten
hatten zuentbieten lassen, und zu gemüte geführet, sie sollten
sehen, womit sie umgingen, und es also machen, dasz sie
auch hüte aufsetzen könnten (d. h. nicht geköpft würden), waren
sie was kleinmütiger, als zuvor, worden. Schweimciiem 2, 117; |
vgl. dazu auch unter hütlein. [
2) hut, der träger des hutes, der mann, wie franz. chapeau
(LiTTRE 1,555'), und vieUeicht daher erst entlehnt : denken denu ,
HUT
1982
die herren hüte, dasz die damen nicht auch wein trinken
wollen? Lessinc 2,545;
aus diesem unbewiesnen gründe hat alle zeit und iedes land
witz, Vorrecht, herrscbaft, rühm und freiheit allein dem hüte
zuerkannt.
GiSsTBKR bei Stei^bach 1,79b;
sind alle personen vom stück
auf einmahl in einem sahl an einer tafel beisammen, . . .
fünf schöne prinzessen, die alle aus Bambos lenden stammen,
und (mit dem neger) ein hut auf jeden Unterrock.
WiKLASD 5, 157 (n. Amad. 17, 41).
3) auch die kopßedeckung der frauen wn ähnlicher form heiszt
hut:
der Sitte ist in Oesterrich
unminneclich,
daj schoene vrouwen
tragent alle hüete breit, minnes. 2, 283* r. d. Hngen ;
wa; obe si get an disem tanze?
frowe, dur iuwer güete
rucket üf die hüete ! Walthkr 75, 9 ;
bei dem augspurgischen und salzburgischen frauenzimmer ein
von zartem filz spitzig und hoch zubereiteter hut, den sie
zur Sommerszeit über ihre gestricke und hauben aufzusetzen
pflegen. Amaramhes frauenz.-lex. (1773) 1, 1495 ; bis der kahn
an eine wurzel stiesz und ihr rüder in das wasser fiel, und
als sie sich darnach bückte, gingen hui und Sonnenschirm
denselben weg. Frettac handschr. l, 42 ;
ihr (der bduerin) huet ist haberstro. Opitz 1, 156 ;
und scheint die liebe sonne warm,
dann kommt der mägdlein schaar,
den rock geschürzt, mit bloszem arm,
Strohhut auf glattem haar. Voss 4, 111 ;
wenn ich doch so schön war
wie die mädchen auf dem land !
sie tragen gelbe hüte
mit rosenrothem band. Göthk 1, 32.
4) hut, nach der ähnlichkeit der form, auch von andern dingen
a) eine decke überhaupt; so die nebeldecke einer bergspitxe:
hat der Pilatus einen hut,
dann wird das wetter gut.
vetlerregel am Vierwaldstädter see, bei
Bädeker Schweiz s. 78 ;
beim bergicerk, der oberste aus einer besondem ausfüllungsmasse
bestehende theil mancher gdnge nahe der gebirgsober fläche an ihrem
ausgehenden. Yeith 279;
es thut kein erzgang gut,
er hat ein eisern hut. sächsischer bergmannsreim ;
die decke der gältrenden trauten : mann und weih , jung und
alt arbeitet in dem weinberg, man leset die trauben, man
schüttet sie auf und lasset sie liegen , bis sie den hut auf-
setzen, man hebt ihnen den hut ab, dir aber o groszer Jupiter
machet kein mensch reverenz, der dir um das reiche wimmet
danken thäte. Abr. a S. Clara etwas ßr alle 1711 3, 4S5 ; 6e>
den gerbern heiszt hut die alte lohe, teomä die ausgesetzte grübe
oben bedeckt wird.
b) hut, im hüttenwerk, eine runde eiserne, inwendig mit lehm
überzogene decke über dem Ireibherd, welche an einem krahn über
dem herd hängt, und wieder weggezogen werden kann. Jacobsso!«
2, 296*.
c) im Schmelzofen ist hut oder haube die innere höhe oder
Vertiefung des treibherdes selbst, das. 2, 227*.
d) hut oder haube, ein kleines dach über dem pferdegöpel
der bergmaschine , welches das sparrenwerk desselben gegen die
Witterung beschützt, ebenda, sonst ist im bergwerk der hut, auch
wetterhut ein über der mündung eines Schachtes angebrachter
beweglicher holzaufsalz, durch welchen der wind aufgefangen und
in den Schacht geleitet wird, deutscher hut, ein in seinem Quer-
schnitte nicht vollkommen rund, sondern eckig gebohrtes bohrloch.
vgl. Yeith bergwörterb. 573. 2S0.
e) der obere theil der destülierblase, auch blasenhut oder heim ;
also geschiht auch dem dunst, der dd kümt von rösen prennen
oder von wein prennen: wenne der den kalten pleienne huut
rüert, so entsleujt er sich auch in wajijer. Mege.>(berg 81, 14.
f) hut nennt der Orgelbauer den decket von gedeckten pfeifen.
g) hut, püeus, der oben auf dem Strunk befindliche mehren-
Iheils tellerförmige theil eines piizes. Nemnicb 4, 966.
h) hut, calyptra, auch kappe, mutze, ein kleiner häutiger,
kegelförmiger theil der mose, der ihre büchsen oder umen be-
deckt, so lange sich dieselben noch nicht geöffnet haben. l,76s.
i) hut, die oberste garbe eines getreideschobers, tirolisch. Schöpf
270; auch rheinisch. Kehreim nachtrag 22. sie heiszt sonst battbe
oder kappe, vgl. theil 5, 195.
1983
II ÜT
HUT
1984
k) hut, eine schneckenarl , helix pileus, auch hulscknirkel.
Nemnich 3, 123.
/) nach der spitzen loujclfünnigcn gcstalt der alten hüte heiszt
der gewöhnlich in eine solche form gebrachte zucker ein hut,
schon seit dem mittelaller: ilciii libr liutc izuckcr und nicUt
uiyiiner {soll verkaufen beim handel im ganzen) ein gast dem
andern , den burgern einen hut. urkundenb. der sladl Leipzig
1, 315 {vom jähre 1464).
m) auc/i ein hut salz: die Holländer . . schicken das gc-
läulexte sak auf dem Rhein herauf in viele gegenden Deutsch-
lands und haJien davon zu Bingen am Rhein eine nicderlage,
wo es hutweise, der hut zu 172 pfd., verkauft wird. Sciieuel
waarenlex. 2, 340'.
n) ähnlich geformte melallgegenslände, vgl. fingerhut, lichthut,
hütchen; auch die hidse eines thurmknopfes : dasz sie {die vom
hafner gefertigten knöpfe in Ihürmen und erkvrdächern) vorausz
ser woll geprenut und verglast, auch undon an hüten weil
sein. Tdciier baumeisterb. 105, 1.
HUT, f. custodia; ahd. huuta, mhd. huote und gekürzt huot,
niederd. höde (Moser osn. gcsch. 1,70, von dem schütz- und ab-
hängigkeüsverhdllnisse eines lehnsmanns zu einem klostcr), nieder}.
hoede, das Substantiv zu dem unten folgenden verbum hüten.
in der altern nhd. spräche, bis ins 17. jahrh. hinein, ist die form
hüte nicht ungebrAuchlich : custodia hüte, hude {neben hui)
DiEF. 164'; hüte, wachung, excubiae, custodia Dasyp. {daneben
das in hut ist custoditum) ; dasz er ihm {gott) um seine hüte
und barmherzigkeit danke. Simp/. 2, 232 Kurz ; auch umgelautet:
custodia huyde, hidc Dief. 1G4' ;
und solte gleich die hüte
der well zu gründe gehn,
so wird doch sein gemüie
darunter sicher stehu.
Opitz 2, 135 (noch Horaz od. 3, 3).
hut bedeutet
1) behütung, aufsieht, fürsorge, schütz im allgemeinen : hut und
das aufsähen, custodia, sichere hut der liunden, canum ßda
custodia M.ialer 233'; gut braucht hut. Simhock sprichw. 217;
es kan und wil auf seine liut
allzeit mein mutli
sich hillich gern verlassen. Weckuerlim 9 ;
eigen hui
am besten tbut. Lebhami« 84 ;
nein, unter vieler starken hut
lehlt es auch hasen nicht an muth. IlACEDORn 2, 34;
auch du (spricht der hausliund) scheinst mir geschickt zu hut
und gegenwehr. 26;.
er (ijoll) schützte mich mit unsichtbarer hut. Gotter 3, 569;
eine gute, sichere, tapfere hut: in guter hut haben, probe
cuslodire Maaler 233'; gute hut macht guten frieden. Sihrock
sprichw. 272;
ez enist kein huote also guot,
so da's ein wip ir selber luot. Freidanli 101, 7;
fressen, saufen in sichrer hut. Mlriskr schctmenz. 10*;
so halt syn wyb im husz gut hut.
sy bedt, sy wescbl, sy zwagt im ((/cm manne) dar.
geucltmall !'53 Scheiblc ;
der bauer hat sein gut
zum festen ort gcllüchtct und häits in tapfrer hut.
UatAKO gtä. 367;
formelhaß ist hut mit ähnlichen begriffen verbunden , hut und
acht, hut und schütz, hut und sorge : {dasz) man desselben
jamcrs noch hut noch acht hat. Luther 1,s4'; man solle
kein hut, wache, oder acht, nachlassen, sie sei wie klein sie
sei. 3,326'; es ist alles gottes segen, gottcs hut und sorge,
oicbt das wir darumb sollen mUszig gehen, nichts erbeiten
noch hüten, gondern sollen das unser thun mit erbeiten und
hüten, aber doch wissen, das gott müsse das gedeicn und
geraten gehen iti unser crbcit und hut. 5, 4St' ;
desaen frorab und teutschcr mulit
ist «ein bewehrter schütz und hut
darunter »ein herz triumücret. Weckhirli!« 3S5;
reimende formet ist gut und hut : die nicht so engstlich thuD
nach gut und hut. Lutukb 2, 304'. br. 2, 607.
Kl heitit hut setzen, in hui nehmen, in der but sein,
liegen, ballen, behalten :
Rwer den vrowcn letiet huotr,
der luol dai; ijbclc dicke »tut. minntf. jitM. 65,21;
die«! vermagit du zu vollenden,
nimm e« hcrr in deine hut. Götuk 41, 5t);
SU einem guten hausvater gehuret, nicht allein wie er geid
und gut erwerbe und heimbringe, Mondern wenn er dax kan
und thut , das ers auch verwaren und in der hut behalten
könne. Luther 5,510*; was den Unfrieden mehrt, und die
nachbarn stört, bebalte nicht in huf und hut. Freytag hand-
schriß 1, 185;
wenn das ir muicr an ir (iler tochler) waisz,
so scbol sis halten wol in hut. fasln, sp. 748,31;
das neue testament, der letzte wille dessen,
der menschlich starb, nun göttlich lebt, und hut
für diese hält, so heiszcn gottes gut. Fleming 547;
wo die verborgnen schätze
sind unter deiner (des Ifufctn) hut. Ä. Grypuius 1698 1,60;
(am iir>:la(tr) all wo er, in der hut
des rosigen ^cstrauchs, am letzten strahl der sonnen,
halb angekleidet, matt und kcichend ruht.
VViKLAND 17, 36 (Idris 1, 47) ;
sei ruhig! bin in gottes hut. Halff 1,41;
und liegt auch das Zünglein in peinlicher hut,
verplaudern ist schädlich, verschweigen ist gut. Göius 1,228 ;
hut wider etwas: eine hut wider das straucheln. Sir. 34,19.
2) hut, von der schützenden, hütenden person selbst {vgl. unten
no. 6) :
ein schrecken seines feinds und seiner freinden hut.
Weckuerlin 688 ;
ößcr noch in die bedeutung 1 übergreifend:
lönet mirs diu guote,
wir zwei betriegen unser huote. minnes. (rüSd. 68, 5 ;
vil selten äne huote man riten He daj kint. fiib. 26, 1 ;
auch von einem schützenden gegenständ: so lange die wölke
auf der wonung bleib, so lange lagen sie stille, und wenn
die wölke viel tage verzoch auf der wonung , so warten die
kinder Israel auf die hut des herrn und zogen nicht. 4 Mos.
9, 19 ; von einem schützenden orte, gewahrsam :
denn Aeolus der lose man,
der bat ausz lauter Übermut
und fürwltz ausz befohlner hut
on mein vorwissen seine windt
hcrauszgelasscn. mückenlir. 1,638.
3) in speciellem sinne ist hut die militärische wache, der posten
zum schütz gegen einen feind oder kriegerischen Überfall: excubiae,
hQt, wachung lag und nacht Dasyp. ; die in der hut stehen,
stationarii ebenda; auch wart den viertelmeistern nemlich be-
folhen, mit iren hcubtieuten zu bestellen, wenn zu der wacht
gepotten wart, das der mit scins selbs leib da sein soll, . .
das er an die hüte gce, dahin man yn weist, d. städtechron.
3,359,13; es wart Jörgen Coler, zu den Zeiten richter zu
Werde befolhen, . . ein wachte daselbs zu machen, die weil
der kungkleich tag weret, und da^^ sie dest basz in hüte
weren. 384, lO; die auf die Ihor und tburn und auch unter
die dor bestall waren, yder an sein butt. :JS5, 30; item in
Crutenouwe und in andern vorstellen was nahtes grosze hüte.
9,826,16; herr, ich stehe auf der warte imerdar des lages,
und stelle mich auf meine hut alle nacht. Jes. 21,8; steckt
nu panir auf die mauren zu Babel, nemet die wache ein,
sclzet wechlcr, bestellet die hut. Jer. 51, 12; die bei .Messana
auf der hut stehenden schiffe {die flotte, welche Messana blokierte).
Heilmans Thucyd. 488; der grösle theil entkam in das bol-
werk , alwo sie mit dem daselbst auf der hut befindlichen
Soldaten fronte machten. 504; die eine ballte der Koriiitbier
welche zu Kcnchrca auf der but stand, damit die Atbenicnsor
nichts auf Krommyon unterneinen möchten. 514.
4) fo» dieser bedeutung, die seit dem vorigen Jahrhundert in
der technischen s]>rache ganz ausgestorben , ist die redensart auf
der hut sein, in freier Verwendung noch ülnig, früher auch auf
seiner hut stehen, securitati suae prospicere. Frisch 1,479';
(jraun hingegen hatte einen viel zu zärtlichen gcschmack,
um in diesen fehler {einer ausgebildeten tonmahrri) zu füllen ;
aber die hut, auf der er deslalls besiändig stand, machte
auch, dasz er selten oder gar nicht mahlte. Lkssinc. lt,344;
wie sehr man bei ihnen auf M'iner but s4-in inusz, Datiae!
WiEi-AND 10,113 {grazien <;); ii h habe brave leute gekannt:
sobald sie meine freunde waren , imiszt ich vor ihnen auf
der hut sein. Lknz 1,214;
lAiit «eine königin, nah bei der ihür, im «chntze
Ae!> treuen SrhernKiiiin, dum er nuf seiner hui
zu »ein gebful. Wieua;«» 22, 220 (Ol/rron 5, 54)
5) liul, dann auch hinterlnüt, vgl. hiuterhut tp. 1508: dornacb
! kürzlich kamen rilter und kneclit für ribcrach und namen
! da} lih mit 2o girffcn (/((»i:rfim/rrn) und bellen in der hut
' 50 glciTen. d. städtechron. 1,36,14; ilem am plincclag an smi
< (Jollen lag riten die uiiserii hie aus mit 24 pleidcn und hicltii'
1985
HUT — HÜTCHEN
HÜTEBÜBE — HÜTEN
1986
in einer huel bei Scheinberg. 2,173,2; und als sie in nach
eillen bisz zu der huet, da brach der häuf ausz der huet.
199,28; der gereisig zeug reit fürbasz gegen Vorchaim wertz
in ein huet. 220, 17 ; da seind dieselbige hueter {außaurer) auf
der huetten gewest und seindt seiner gewahr worden, tceitth.
3,752; also das in der osterwuchen gesagtes jars ein heim-
liche unbekante hut uff in zwischen Delsperg und Bruntrut
gehalten, ist aber, wü er verwarnet worden, zeruck verbliben.
BasUr chron. 1,216,8.
6) hut , persönlich (rergl. oben 2) , der reisige Wächter, scidal
auf wache ; im collectiven sinyular: die andern porten die raen
tages uf det, die worent alle besetzet mit hüte und mit ge-
weffeten lüten. d. städlechron. 9, 852, 26 ; sie gingen aber durch
die erste und ander hut. ap. gesch. 12, 10.
7) anders heimliche hut, spion, nachäeller: und wil man
ouch heimliche hiJten darüber seczen die daruf wameraen
süllent {auf ausselzung von ländem). d städlechr. 9, 1029, 24.
8) hut, in alten nürnbergischen queüen, waldhut, didrict eines
erbförsters: wer reisach hawet, da; nint paubolcz ist, der ist
schuldig zu geben dem erbvorster, in dej hut er e; hawet,
dej jars .. 4 haller. d. städtechr. 1,30,10; in swelhes forsters
huote der walt prinnet. Aürnfc. poiiz.-wdn. 299 ; so weist innen
{den der holz hauen will) dann der amptaian in ein huet.
TcciiER baumeisterb. S9, 27.
9) hut, das hüten des riehs, gnindäück auf dem dieses ge-
schieht und das gehütete vieh selbst: hut, pascua, der platz wor-
auf man das vieh weiden kann. Frisch 1,479'; eine but ganse,
eine hut schafe (Adeling), so viel deren zusammen gehütet
«erden ; weil mich der herr unter seine herde hat genomen,
und mit seiner weide und hut versorget. Luther 6,339*; was
der hirt in seiner hut verliehret, das soll er gelten. Pisto-
BiDS Ihes. par. 8, % ;
auch Jacob dient durch kalt und h'm
inn hOt {indem er hütete) seins scbwebers schaf und kitz.
SCBWARZKKBSRG 156' ;
den reihentanz Tollenden
die hirten auf der hut. Hagedorn 3, 70;
dann auch die hürtcnsteUe. Schm. 1, 1190 fromm. ; die but auf-
sagen, den httterdiensl, figürlich jeden dienst überhaupt aufsagen,
ebenda; ich habe diese grille so lieb, dasz ich dem, der mich
eines besseren belehren wollte, sogleich hut und weide auf-
kündige. Leisewitz brtefe 224; endlich ist hut auch die hut-
gerechtigkeit: die but auf einer flur haben.
10) in der bibelsprache tst but etn wachtdienst der Leviten im
tempel: und soll für der hütten des stifts tag und nacht
bleiben sieben tage lang, und soll auf die but des berrn
warten. 3 Afos. 8,35; darumb sollen die Lerilen der hut warten
an der wonung des zeugnis. 4M(U. 1,53; die priester stunden
in irer but. 2 chron. 7,6; und er stellet . . die Leviten auf
ire but zu loben und zu dienen für den priestern. S, 14.
HUTABNEHMEN, n., vergl. hut 1, d sp. 19S0 : tief bewegte
mich das demülhige hutabnehmen eines mannes, den ich
einst reich und vornehm gesehen. H. Heine 1, 259.
HUTAFFE, m. eine bengalische a/fenart, franz. bonnet chinois.
Nemmcb 4. 1301.
HUTANGER, m. anger worauf vieh gehütet wird: in Bamberg
wird im nächsten jähre auch ein Volksfest gefeiert werden,
der dortige magistrat hat zu diesem zwecke zum festplatz
den städtischen hutanger zur disposition gestellt, didaskdia
1853 no. 254.
HUTBAND, n. spira. Stieles 154.
HUTBAUM, m. terminalia catappa, ein malabarischer bäum.
Nem!(ich.
HUTBINDE, f spira. Stieler 152.
HUTBLU.ME, f pinguicula vulgaris, fettwurz. Nemsicb.
HÜTCHEN, n. kleiner hut: püleolum hoetghen Dier. 435*
{kölnisch, anf des 16. joArA.); piliolus houdeken not. j/ow. 291*
{niedersächsisch); hüttchen, ptieo/t« Steisbach 1, 798 ; ein aller-
liebstes Pariser bütchen. E. T. A. Hoffmanx (1844) l, 182 ; kleiner
hut der gaukler {vgl. hütlein), davon unter dem bütchen spielen,
heimlich etwas treiben, mit dem nebensinne des überlistens: dasz
ich mit andern leuten unter dem hütgen spiele. Cbr. Weise
comöd. 260;
weil sieb die erde Tühlt
und unterm hütgen spielt.
curiöte ijedaiiken v. deutichen rersen 425 ;
ein hutähnlicher gegenständ: lichtknecbt, bütchen, ein von zinn»
messing oder andenn metall bohl getriebenes, und an dem
einen ende zugespitztes hüteben , so man über die lichter
IV. II.
beim auslöschen deckt. Jacobsson 2,609", femer ein ähnlich
geformtes gerät, welches über wunde weibliche Brustwarzen gezogen
wird, um hindern das saugen :u ermöglichen; die kleine mit
etwas zündmasse versehene metallkapsel auf den hahn eines percus-
sionsgeuehres , vergl. Zündhütchen; endlich auch der punM auf
dem i : {einer) welcher von dem bütchen über dem buchstaben
i 2 folianten voll erklärungen heraus zu geben versprach.
Gdsther 1107.
HÜTEBUBE, m. bube der vieh hütet: die hochmüthigen
plänkler, welche . . durchgepeitscht werden sollten, wie die
hütebuben in der ochsenherde. Haitische zeit, com 28. oct. 1S66.
HÜTEL, n. vgl. hütlein.
HÜTEN, verb. cu^odire, ahd. huotan, buaten, mhd. hüeten;
altsächs. altnfr. hödian, huodian, niederl. boeden, hueden custo-
dire, legere, protegere, consercare, catere (Kilia!«); ags. hedan,
engl, heed; altfries. höda. die ältere mitteldeutsche form ist
hüten : cavere hüten {neben hüten) Dief. 108*, custodire hüettin
und hüten 164*. über die etymdogie s. beim masc. hut sp. 1978.
hüten äeht
1) absolut, in dem allgemeinen sinne wachen, die aufsieht
fahren : wenne ircu gensei noch krank {schwach) sint, so hüet
ain gans allzeit, und rekl den hals auf, da; der rauber, der
ar, iht körn. MEeENBEBC 168, 32 ; Pilatus sprach zu en : ir
habit di hüte, gel und hütet alse ir wi;;et. Beliaims evang.-
buch, Matth. 27,65; also wurden ir zwien, die da hütten,
wund in der stuben. d. städtechron. 4,23,11; zw ain knebten
die hüten under hailigcrütztor. s. lOl, anm. 3; die priester,
die an der schwelle hüteten. 2 kön. 12,9; befalb sie den
obersten der drabanten die an der thür des künigs haus
butten. 2 chron. 12, 10. sprichwörtlich : armnt hüt {hütet) wol.
Schottel 114l';
wo got nit sälber behüt die statt,
do ist vergeben aller rat,
wo got hat darfs kein sorgen.
Hii.dkbra?io rolksl. 146, 18 (>:i>n 1533) ;
dann auch im hinterhalt liegen, auflauern: sie hüteten aber
tag und nacht an den thoren , das sie in tOdten. ap. gesch.
9, 24 ; endlich vieh hüten , weiden : hueten , custodtre , pasceiv.
voc. ine. theut. k4'; ich suche meine brüder, lieber sage mir
an, wo sie hüten, i Mos. 37,16; Cyrus, der gewaltige könig
Persarum, ist nicht allein von Mithridate, einem hirten, er-
zogen worden, sondern hat auch selbst gehütet. Simpi 1,50
Kurz; sprichwörtlich: viel hirten, übel gehütet. Fbiscb 1,480'-
2) mit genitiv, eines oder eines dinges hüten, t» der alten
Sprache gewöhnlich: die des wingarten huotent. Williram 77,8',
da vanter inne . ...
manigio hellt guodin,
die dere bürge buodin. anno 298;
und ich sprach zu den Leviten, die rein waren, das sie kernen
und hütten der thor, zu heiligen den sabhatbtag. AeA. 13, 22;
ich will lieber der thür hüten in meines gottes hause, denn
lange wonen in der gottlosen hütten. ps. 84, 11; in der neuern
Sprache nur noch in poetischer oder alterthümelnder Schreibart.
hüte meines weibes als deines augapfels. Mcsäus 3, 135 ;
ihm däucht kein lager schlecht,
wo freundlichkeit und treu der offnen tbüre hüten.
WiKLAKD 22, 166 {Oberon 4, 38) ;
und hütet ihrer gegen jegliche gefahr. Bcsckr 78";
und in Griechenland lebte ein mägdlein zart,
die thät eines gartens hüten. Körper 1, 228;
aucA Aier im speciellen sinne als hirt hüten : kam Rahel mit
den Schafen ihres vaters, denn sie hütet der schafe. l Mos.
29,9; schicket in auf seinen acker der sew zu hüten. Luc.
15, 15; hüteten irer herde. J. Choreaxdee geburt des sons gottes
(1571) Dv"; hirten so irer herde hüteten und pflegten. Dv*;
da du . . . deinem knan noch der schweine hütetest. Simpl.
3,S4 Kurz;
das er zfi leti der sau must bätn. Schkklzi. verl. söhn 4';
zwar nur ein birt an stand, doch ein fürst von gescblecht,
(der Paris wirt genant) beld seiner herd tu hüeten
sich jetz auf Ida auf. Wkckuerli:« 722.
3) auf einen hüten, «"n«n aufpassen : da bat derselb ampt-
man . . seinen polten hergeschickt mit etlichen von Riinsbach
und bat lassen uf inen hueten. weisth. 3,752; 10 guld. dem
Hansen . . und andern unsern geselln, do si hüten uff die
Aunsorgen. d. städtechron. 4, 106, anm. 2.
4) einem hüten, einem Wächterdienste leisten:
ach beste! mir doch ein starke begein (spricht ein kranker narr),
doch das sie roüsi ein junkfraw sein ;
nit so ich wen, sie bietet mir,
duz sie dusi bullt vor der thür. Mciüir tuUt. narr 4538.
120
1987
HÜTEN
HÜTEN
1988
5) moderner isl die transitive ßyung von hüten, vor dem mW.
nicht nachiuweisen :
ti sprächen : läi die tumben büeten üf den wegen
den küenen Dancwarlen : der ist ein »neiler degen.
Hib. 177, 1 ;
und m mehreren bedetUunyen.
a) allgeviein bewachen, beaufsicfUigen, sorgen dasz kein schade
geschehe: es isl leichler eine heerd flöhe, als eine einzige
flau zu hüten. Pistorids Ihes. par. 9,32; es war mir wohl,
weil ich nichts mehr zu verlieren und nichts mehr zu hüten
halle. ScBiLLBB 708; den frieden hütet jetzt ein ewig gehar-
nischter krieg. 1004 ;
die selbig gemein^ hat übergeben
mir das schlosi zu bieten eben.
MuRSER tuth. narr 3508;
ich hüte haus imd hof, und halle nächtlich wache.
Hagkdorn 2, 26;
mein seliger öhm, der die höUung
hütete. ^ oss 2> 38 ;
der du von deinem ewgen thron
die Völker hütest, grosz und kleine. Uhlahd ged. 99;
ein gegenständ als subject:
(der schätz wird) einem kästen anvertraut,
den band und starke sclilösser hüten,
beim einbruch dieben trotz zu bieten. Hageporn 2,68.
WM» der hirtenthdligkeit, schafe hüten, vieh hüten: die schafe
hütten, oves poscfrc, der hirtc hültet das vieh, pastor pccora
pascü. Steisbach 1,799;
mein armes wollenvieh!
ich kann dich ferner nicht mehr hüten. Hölti 48 Halm;
den mund, das maul hüten, es von voreiligem sprechen zurück-
halten ;
drum hütet maul und feder! Freilicrath 3,91;
einen gefangenen hüten, verhindern dasz er ausbreche; ich
halle . . meine sonderbare diener, die mir aufwarten, oder
besser und teutscher zu sagen, die mich hüten und verwahren
sollen. Simpl. 2,101; zahlreiche flotten hüteten jeden hafen.
Schiller 1039; halten sie sich deszwegen an den major . .
der mich den ganzen lag wie ein Argus hütet, kabale und
liebe 3,6;
Duchvolles amt, dr.f mir geworden ist,
die unheilbrütend listige zu hüten. Maria Stuart 1, 1 ;
einen vor etwas hüten: sie hütel den kranken vor der ge-
ringsten Zugluft;
auch solche springfluth hört zum leben !
sie jagt es auf, sie frischt es an,
sie hütel es vor dumpfem stocken. rnEiLicBAiH dicht. 3, 81.
b) selten etwas hüten , etwas niciU aufkommen lassen , wie
sonst sich vor etwas hüten: denn so der mensch von einem
jglichen müssigen wort soll rechenschaft geben am jüngsten
tage, wer wil so küne sein, das er leglichc sünde nicht mit
furchten hüten oder beweinen wolle, und also in demütiger
furcht nach gnade und harmherzigkeil sich ernstlich sehnen.
LüTHEB 3,27*.
c) abgeblaszt der eigentlichen bedeulung nach sind formein wie
das Zimmer, das haus hüten, die nur noch besagen dasz das-
sclbc nicht verlassen werden kann oder darf: der kranke musle
lange das bell hüten; ich musz heute das haus hüten {hin
allein zu hause); wegen heftigen Schnupfens hütel er das
Zimmer ; bei Frisch 1, 479* auch hier noch in genüivischer fügung
des helles oder der kammer hüten als vulgdrausdruck für
kratik sein;
also dai wäre verbrechen, ...
dasz ich die allen nicht hinler mir liesz, die schule zu hulen,
dasz sie nach Lalium gern mir In das leben gefolgt?
GöTHE 1,330.
6) refltxiva hüten, äwas verderbliches achtsam von sich zurück-
hiUrn, ward in der alten spräche, entsprechend der fügung 2,
mü dem genitiv verbunden:
hüetei iuwer, guoten wip. Walth«» 102, 5.
dock tchon seil der mhd. zeü, und spdler einzig, mit den\ aecu-
taltv; und zwar steht u
a) absolut: mau musz sich baten, cauto opus est. Frisch
l, 47tt' ;
hüi dich! wo du mich wirst anrüren,
so ihuslu dich nur selbs verführen.
It. Waldis Esop 3,74,9;
hüta dich, schöns bIDmeleint
volkilird 'II t*t ein nclinitler, h*uU der tot;
das weEekraut sollst mehen lan.
hat dicli, junge, tiod nesseln dran.
Uumariucher wappentpruch ;
graf Eberslein,
hüte dich fein!
heul nachi wird dein schlöszlein gefährdet sein.
UuLAND ijed. 327.
ausruf der Warnung und drohung war hüel dich ! gekürzt auch
nur hüll! vgl. Schm. 1,1191 Fromm.; dasselbe ist wol auch die
folgende interjection :
hiei usz, arm und rieh!
wichi; mir usz dem pfad und slig
der mich zft der hübschen junglrouwen treill
UuLAMD votlul. 1.
b) sich hüten vor einem oder etwas :
der wise si, der hüete sich
vor tören spotte, daj rät ich. edelstcin 14, 35 ;
wenn du aus dem lager gehest, wider deine feinde, so hüte
dich für allem bösen. 5 Mos. 23,9; hütel euch für dem ver-
bauten. Jos. 6, 18 ; ich bin on wandel für im, und hüte mich
für Sünden, ps. 18,24; widerferel dir etwas böses von im
(deinem freunde), so wird sich für im hüten wers höret. Sir.
2-2,32; du musl dich vor disem hiMi-n, tibi ab isto cavendum.
Maaler 231'; ein jeder hüt sich vor dem ersten auszlegen.
ScHOTTEL 1129'; was gott und die natur hat zeichnet vor dem
hüte dich. 1145'; hüte dich vor der that, der lügen wird wol
rath. l'isTORius 1,59; vor galgen und rat kann man sich wol
hüten, aber nicht vor dem schwert. 7, 38 ;
hüte dich für dem inierim,
es hat einen schalk hinler ihm. 5, 58 ;
hüte dich vor dem landgrafen zu Hessen,
wann du nicht will werden aufgefressen. 9,5;
sol man dem adel hoch verbieten,
das sie sich ewig dafür bieten,
keim federspil kein schel an henken.
MuRHER luth. narr 1415,
dafür sich eines dinges hüten:
der abbt sich des gehütet hat,
das er nit übet päse ihai. Schwarzknbbrc 142*;
sich von etwas hüten: sich von solcher sache hütten und
vorsehen. Botschky Patmos 7, ist wol dem lut. cavere ab aliqua re
nachgebildet, wenn nicht ein blosser druckfehler für vor besteht.
c) sich hüten mit folgendem durch dasz eingeleiteten negativen
satze: hüte dich, dasz du mit Jacob nicht änderst redest
denn freundlich. 1 Mos. 31, 24 ; so hütet euch nu, das ir des
bunds des herrn ewrs gottes nicht vergesset. 5 Mos. 4, 23 ;
und hüte dich, das du in keine sünde willigst. Tofe. 4, 6; hül
dich wol dasz du es nit thilyest, servaveris. Maaler 23t'; er
hül sich das er nit werde betrogen oder beschissen, caveat
ne decipialur. 231*; ich kan mich hüten, dasz ich niemand
beleidige, pers. rosenth. 1, 7 ; hüte dich, dasz du die schranken
der billichkeil nicht überschreitest. 1,36; hüte dich, dasz du
nicht durch zufalle in eine stelle kommst, der du nicht ge-
wachsen bist. Lichtenberg verm. sehr. (1844) 2,128;
hütet euch,
dasz unter ^inem dach ihr nie mit ihm zugleich
ohn euren degen übernachtet. Göiimck 3, 145.
daßr eine andere, positive füyung:
hül dich, 0 groszer könig, ehe
dirs wie Sardanapaio gehe, tniickenkr. 1, 233.
d) es folgt ein durch zu vermittelter infinitiv : hol dich vil zu
reden, diyito compesce labellum. Maaler 231'; sich hüten etwas
zu sagen das einer nit gern hört, auribus alicujus parcere.
231'; ich hütete mich an den umstanden viel zu verändern.
GöTHE 24,100;
hüte sich in diesen zelten,
wer da wandelt, auszugleiten. Ublajid ged. 154;
in Verbindung mit der negalion: sorgfältig hüteten wir uns, nicht
durch einen hug der hügel uns nach der gegend umzusehen,
um derentwillen wir eigentlich herauf stiegen. 17, 234 ; ob wir
gleich uns sehr hülelcn nicht zu lügen und im groben sinne
falsch zu sein, so waren wir es doch im zartcrn. 23, 175.
e) sich hüten, mit einem durch und vennülelten nachiatz:
wenn du des, der dich hasset, esel sihest unter seiner last
ligen, hüt dich und las in nicht, sondern vcrseume gern das
deine uuib seinen willen. 2 Mos. 23,5; uud sprach zu den
richlern, sehet zu was ir thut, denn ir haltet das gerichl
nicht den menschen, sondern dem herrn . . daruiuh la^i.t
die furcht des herrn hei euch sein, und hütet euch uud
thuts. 2rAron. t», 7; hüte dich und kere dich nicht zum un-
recht. Iliob 36, 21 ; hül dich, log und Ihil es nit, cave faxis.
Maaikr 231':
im gedrtnge hier auf erden
kann nicht jeder was er will;
was nicht l>t, es kann noch werden,
büM dich und bleibe still. Uutus 19, 3U2.
1989
HUTER— HÜTER AMT
HÜTERIN— HCTLEIN
1990
f) in antKortsätzen steht sich hüten elliptisch, mü unterdriekung
eines dazu gehörenden nachsatzes: 'wirst du wol kommen?'
ich werde mich hüten ! (nämlich es zu Ihun).
HÜTER, m. hutmacher, pileorum artifex. teutsch-lat. icörter-
büchlein (yürnb. 1703) 111 ; füleator huoter DiEr. 435' (15. ;Ä.);
der hutter zunftmaister. d. städleckr.i,\Z\ wie wolt ein huter
eim jeden narren ein rechten hut aufsetzen. Garg. lis'; bairiseh
hueter, hueterer, huetler. Scbm. 1, 1190 Fromm.; die huter
habeji e"in sehr hartes und mühesames handwerk, machen
auch allerlei schöne hüt. Abr. a S. Clara etwas für alte 1,349
{verke 14, 33) ;
und nennt den ledrar ein lohknoln,
den buter ein pfoschenfilz mit woin. H. Sachs 4,3,58'.
auch in der umgelatttelen form htiter: hüter, pileo, pileorum
artifex Stieler S"1 mit dem fem. hüterinn, pileonis uxor, aut
alia mulier pileos ex lana eoacta faciens; hutmacher, hüter, ein
professionist, der aus wolle oder haaren filzhüfe Terfertiget.
Jacobsso!« 2,297*.
HÜTER, m. der da hütet, vacht, de aufsieht führt, ■ euäos
hieter, hyeter, huter Dief. 164*.
1) in der spräche des getcöhnlichen lebens jetzt mehr nur in
compositen, feldhüter, flurhüter, forsthüter, thorhüter, thür-
hüter u. ähnl., selten einfach : in vollem galop stürzt eine grosze
masse solcher edlen thiere (pferde) heran, sie werden durch
reitende hüter gelenkt und zusammengehalten. Göthe 22,152;
früher {heute nur mundartlich} auch als einfaches wort häufig:
do twanger die ron Nubiant,
daj si (lu^^en üf diu bant,
armisen, isenhalten.
sui kund er zühte walten,
das er dar hüetxr keinen sluoc.
Wolfram Willehalm 415,25:
hiter, hirt, achthaber, custos, excubüor MAALER23r; hüter..
in den badstuben {die die abgelegten kleider beaufsichtigen).
ScnniD schKdb. uU 290 {aus Ulm von 1501), vgl. hutstube; da
machte sich David des morgens früe auf, und lies die schafe
dem hüter. iSam. 17, 20; Sacharja . . war hütter am thor der
hütten des stifts. l ehron. 10, 21 ; es funden mich die hüter
die in der stad umbgehen , die schlugen mich wund, die
hüter auf der mauren namen mir meinen Schleier, hohel. Sal.
5, 7 ; die hüter für der thür hüteten das gefengnis. ap. gesch.
12,6; es was bestellt, da; alle nacht einer des ratz {rates)
must reiten, . . und must allenthalben in d«r stat und zu
allen toren hin und here reiten und aufmerkung haben, ob
die scharwachter, turner ithürmer) und hüeter bei den toren
und swipogen munter weren. d. städtechr. 2, 325, 2 ; in Baiem
bedeutet hüeter besonders den gemeindehirt. Schh. 1,1191 Fromm.;
ebenso kärntnisch hüetar hirt. Lexer 146. sprichwörtlich: es ist
niemand des heil, grabes hütt r umsonst. Pistorius thes. par.
9,79.
2) hüter in der edlern spräche: der hötfire der gesetze des
Lerren. Behaims evang.-buch s. 5 Beckstein; da sprach der herr
zu Kain, wo ist dein bruder Habel? er aber sprach, ich
weis nicht, sol ich meines bruders hüter sein ? i Mos. 4, 10 ;
sihe, der hüter Israel, schlefft noch schlumet nicht, ps. 121,4 ;
der hüter dieser poetischen ländereien {gemeint ist der custode
der Arkadier in Rom). Göthe 29,220;
und bin ich etwa zum hüter von Bambos töchtern bestellt?
WiELA^D 4, 91 (n. Amad. 4, 11);
der hüter, der die ungestümen gaste (die leidenschaften)
in schranken zwingt, und ihrer Wildheit spur
»orglaltig tilgt - Vernunft. Gottir 1,321;
himmlisch in die hölle klangen
und den wilden hüter zwangen
deine lieder, Thracier.
ScHiLLKN triumph der liebe v. 109;
ich weisz
aus Talbou munde, meines vorgen hüters . . Jtf. Stuart 1,7;
und wo ein mann schlaflos iwiefältigen lohn sich erwürbe,
diesen als rinderhirt und den als hüter des wollviehs.
Odyssee 10, 85.
3) hüter, auflaurer (tgl. hut 4 jp. 1984): da seind dieselbige
hueter auf der huetfen gewest {lagen im hinterhaite). weisth.
3, 752.
4) hüter von einem gegenständ, im compositum ladenhüter,
s. d. bei den buchdruckem hies: blattbüter das an den untern
rand einer seile gesetzte erste vort der folgenden seile
HCTEHAMT, n.:
ihr in paradiesen der liebe
büteramtes pflegenden äugen.
ROciiRT ge», qed. 1, 393.
HÜTERIN, f. euäos. Maaler 231': man hat mich zur hüferin
der Weinberge gesetzt, hohel. 1,6; armut demütiget den men-
schen, und ist für viel Unglück gut, ein erfinderin der kunst,
ein hOlerin der tugend. Schottel 1141';
eine (■':chöne) ward, in spröder blässe
und in strenger häuslichkeit,
hüterinn der feueresse
und die Vesta jener zeit. Hagkdoi?« 3,78.
HÜTERLOHN, m. lohn eines hüters.
HÜTERSCHWÄRZE, /. schwärze deren sich die hutmacher
bedienen, hüterschwärze, atramentum pileorum Stieler 1956.
HüTES, m. im nördlichen Franken eine art klösze. Wucke
sagen der Werra 1,118. Scbm. 1,1191 Fromm.; ^ach letzterem auch
die hode. der name soll aus der formet herr gott behütes, die
auch als name für diese speise galt, gekürst sein. Haupts zeitschr.
2, 191.
HLTFASZ, fi. ein durchlöchertes gefäsz, fische darin aufzu-
bewahren. Adelung.
HUTFEDER, f. feder auf einem hüte: stumm und gedemii-
thigt blickte ich vor mir hin, und spielte an meiner weiszen
hutfeder. ThI^iuiel 4, 506.
HüTFILZ, m. filz, wie er tu hüten verwendet wird. Adelcnc.
HÜTFLOR, m. ftor am hut: mein vergehender körper und
der folgende brief an Ferk hängen wie ein butßor an mir.
J. Pacl uns. löge 2, 161.
HÜTFORM, f form des hutes : eine veraltete, moderne hut-
forra. beim hutmacher die hölzerne form , worauf der hut eine
gestalt erhält. Jacobssox 2, 297*.
HLTFIJTTER, n. futter im innern des hutes.
HÜTFÜTTERAL, n. theca pilei. Frisch 1, 479'.
HLTGARBE, f garbe als lohn ßr den flurhüter. Schm. 1.1190
Fromm.
HLTGELD, n. qeld für das hfiten des viehes. Niebdhr 2. 156.
HUTGE.NOSSE, m. genösse im wdchteramt: indessen suchte
ich den custode (den vorstand der Arkadier in Rom) mit seinem
neuen hutgenossen auf das beste zufrieden zu stellen. Götbe
29, 225.
HüTGENOSSISCH, adj. : ich bin noch nnsers sebOnen hut-
genossischen abends eingedenk. J. Padl briefe 31.
HÜTGERECHTIGKEIT, f gerechtigkeü sein vieh auf einem
gewissen boden hüten zu lassen.
HÜTGEWEIFEL, n. widerholtes abziehen des hutes, als zeichen
demütigen gruszes:
jeder narr
mit hutgeweifel. Kl. Schmidt poet. briefe 28.
HCTGRIFF, m. griff an den hut, bei nur nachlässigem grüszen:
(als der hoffärtige) unsern grusz mit einem gelinden hutgrifife
würdigte, maulaffe 311.
HUTHABER, m. haber für die bewachung oder aufsieht über
etwas. ScHM. 1, 1190 Fromm.; man sol ouch dem rihter alle
jar geben sinen huthabern nach sini briefs sag. ipeif/A. 3, 645
{Baiern, von 1378).
HüTHAüS, n. haus für die wache, bei den bergwerken das
haus wo die bergleute beten und ihre Werkzeuge haben, auch
zechenhaus. Frisch 1,4s0'; m Baiern huethaus, hüethaus,
wohnhäuschen, das eine gemeinde ihrem hirten überldszt. Scn».
1, 1190. 1191 Fromm.
HüTHÄüSLEI.N, n. kleines haus für eine wacht: dopei {bei
einer brücke) was ein hütheuslein , darinnen stetigs schützen
waren und die strosz in acht betten. Tccbeb baumeisterbucli
211, 16.
HUTKAMMER, f. apodyterium, huetkammer Dief. 40', im
badehause dcu gemach wo die kleider aufbewahrt werden, vergl.
hutstube.
HUTKNECHT, m. reisiger knecht ßr die bewachung einer feste:
die vestinen Sarnen und Rotzberg wurdend mit hutknecbten
wol bewart. Tschüdi 1,231. daßr wartknecbt ebenda.
HUTKOPF, m. das hohle theil des hutes, worein sich der köpf
schickt, pilei pars eava. Frisch l, 479'.
HüTKRAMPE, f. der aufgeschlagen» rand am hüte; von Frisch
o. a. 0. noch als niedersächsisch aufgeßthrt, heute der allgemeinen
Schriftsprache angehörig, vgl. krampe theil 5, 2007.
HUTLAGER, n. verkaufslager von hüten, hutmacher empfehlen
dem publicum ihr reichhaltiges hullager.
HÜTLEIN, n. l) kleiner hut, mhd. hüelelln, hüetel : pileolum
ein dein hutlin, hietle I piret Dief. 435*; hütly pileolus .Maaieb
»1*; (die geissler) hettent alle nientel an und höteline uöe
mit roten crüzen. d. städtechr. S, 10^,10 ; eins jarkucbenjunker!>
125*
1991
HÜTLEIN
HÜTLEIN — HUTMANN
1992
und hofjungen hütlin, welchs fein aufs schweizerisch mit der
feder geblümt war. Garg. 136'; (die pflanse) gewinnet runde
schcublechtige breite blumen gleich einem breiten hütlein.
Tabeknagm. 441 ; die wunderlichst legend vum Ursprung des
. . . vierhornigen und viereckichten hülleins {jcsuiterhiUleins).
Fischart dicht. 2,241 Kurz; das schwarze hütlein, zeichen der
trauer: freu dich, liebes müllein, traure, schwarzes hütlein,
heiszts bei lachenden erben. Otho 1034. symbol der freilieit
ist das hütlein (vgl. hut 1, c sp. 1979):
komm güldne Trciheit, komm mein leben,
und setze mir dein hütlein auf. Fleming 501 ;
das hütlein ziehen: das hätly abziehen, adaperire caput, aperire
Caput Maaler 231*, nicht nur zum grusze, sondern auch als bit-
tender :
hält für der reichen thür
sein hütlein in der band, und kömpt doch selten für.
Opitz 1, 154 ;
eigebung in fremden u-illen anzeigend: sondern es heiszct
schlecht, dein hütlin zihen, und ja dazu sagen, und war
lassen sein, als das nicht aus deinem verstand komen ist.
Luther 6,67";
Hamnien, gib dich gewillig darein !
der von l'lm must du gelangiier sein,
weitest mir mein liüiliu rucken,
das dein will ich dir zucken. Uiilaihd volksl. 352.
das hütlein einem abziehen heiszt auch einem seine dominierende
stelle nehmen: man darf nicht Cephas gewall höher machen,
denn der andern aposteln, wie sie denn zu der zeit pflegten
zu sagen, Cephas hell dis also, der doch der fürnemste
apostel ist, darumb sol es Paulus, und ander auch so halten,
nein, spricht Paulus, und zeucht Pelro dis hütlein ab, das
sein ansehen und gewalt soll höher sein , denn der andern
apustel oder kirchen. Luther 6,524*; einem das hütlein wieder
geben, ihn wieder als ersten anerkennen :
gebt im das hütl wider.
PÖTKRicus ehrenbrief bei llutipt 6, 53.
anderes sprichwörtliches, einem ein hütlein aufsetzen , Hin
teuschen, vgl. hut l,g xp. 19S1 : falUre , betriegen, das hütlin
uf setzen. Hokfmann findlinge 1,77; vor mittag lesen sie (die
bischöfe) mess . . . nach mittag neinmen sie ein spiesz oder
schwerl. ungeschickler ding hal yemanl sein lebenlang ye
gehört, das heiszt dem bischoQ'iichen anipt ein hütlin aus-
gesetzt. S. Frank chron. 1531 377" ; die eergeitigen, die allem
ding ain hütlin aufsetzen und vcrklügen, und mit neüwea
fanden in (sich) ain ansehen bei dem fürwitzigen pofel machen.
guldin arch 190' ; unterm liütlein nicht wol verwahrt sein,
nicht recht bei verstände sein (vgl. hut 1, i sp. 1981) : unterm
hüllin nil allzuwol verwahrt. Harnisch 36 ; nicht recht unterm
hüllin verwahrt. 299. es lieiszt sehen wohin man das hütlein
setzen möge, nenn man die strafe des kopfabschlagcns verblümt
androht: derowegen sollten wir von solchem vornebmen ab-
stehen und unseru herrn zum gehorsam ermahmen, denn,
sollte es von uns nicbl beschehen-, so möchten wir sehen,
wohin wir die hüllein setzen möchten. Scmweimciien 2, 112.
Gaukler bedienten sich eines hutes, mit hilfe dessen sie ihre
kunslslücke ausführten:
genuoge Herren sint gelich den gougeltereo,
die Letiendecliche kuiinea triegen unde va.*ren.
der sprichei: 'sich her, wa; ist uiidur disem huote?'
DU zucke in üf, da stöt ein wilder valke in sinem muote.
zuck üf den liuot, so stet ein stolzer pl'äwe drunder.
DÜ zucke iü iil, da stül ein mervruiider.
swie dicke daj geichilit, so ist e; ze jungest wati ein krä.
Waltueh '.i'i, 34 ;
davon die namentlich im 16. jcJirh. sehr gebrducläiclie redensarl
unlcmi hüllein spielen, heimlich und in der absieht zu teuschen
eftroi thun: es ist eine heimliche mcuchlinge scbulkheit, und
wie man spricht, unter dem hütlin gespielet, das nians nicht
merken sol. Luther 4,407'; (die pdpste) brauchten des tür-
kischen kriegs zum hütlin, darunter sie spielclcn. 432'; hie
aber (bei der winkelmesse) sind keine zeugen , sondern eine
eiozele person, welche im lunkeln munkelt und unter dem
hütlin spielet. G, 88* ; es gilt hie nicht , so unter dem hütlin
spielen, und im finslcrn mausen, loo'; weil aber diese un-
genanten unter dem hüllin spielen und aus der flnslernis
heraus schreien und ganz Israel betriegen. J. Wicandu» ob die
ncven WiUenbcrger etc. l'; unter dem hütlein spielen. Scuottel
ttl2'; wohl aber können sie (die hutmacher) hauplsUchlich unter
dem hOlcl spielen, es wissen einige aus ihnen die ieut der-
geilalt zu betrügen, dasz jemand mörhl in zweifei setzen, ob
sie buter oder häutcr (hutabiiehir, uhinder) sein. Am. a S. Clama
etwas für alle 1, 349 (werke 14, 33) ; er würde es ihm wol ange-
sehen haben, dasz es unterm hülle spiele. Felder Nümnui-
mitlli'rs 171;
nach dem cid habt ihr stets geziehlt
und unterm büttlein lang gespielt,
man hat es wohl vernommen.
HiLDEBRAHD volksl. 401 (von 1664) ;
mit einem unterm hüllein spielen, ihn heimlich betrügen: auf
das mit mir ein solch spiel unter dem hütlin gespielet würde.
Luther 8,4';
nemlich auf das es bleib verschwiegen,
wie ir die leul nur thut betriegen,
und ewer mütlein an in kület,
unterm hütlein mit in spielet.
Fischart dicht. 1, 168, 1398 Kurz ;
auch, nach der alten Verbindung von spielen mit dem namen des
Spieles im genitiv: es heiszt des geiz under dem hüllein ge-
spilt. H. Sachs dial. 23,29;
wes sie da spielen unter dem hutlein
dasselb kann nymant auszspchen. fastn. sp. 1112;
die in der folgenden stelle erscheinende form hütlich sieht wahr-
scheinlich mit doppeltem Verkleinerungssuffix für hüteichen:
die andern, welch man nent kaufleul,
kleiden sich auch in wolf'es heut,
mit geiz den gemeinen mann bestelen,
doch wissen sies so fein zu helen,
des geiz lein unterm hütlich spielen.
B. Waldis Esop 4, 49, 137.
ähnliche redensarten sind: unterm hütlein stechen:
geit sich doch keiner an das licht,
tunt nur unter dem hütlein stechen. H. Sachs 2,1,74';
CS geht unterm hütlein zu, heimlich, verborgen, mit list: es
gieug aber under dem hödly zu und mit verettry (verrdterei),
das nit iedem zu wissen wart. Basler chron. 1,21,13;
unser gesellschaft geet unterm hutlein zu.
fastn. sp. 730, 9 ;
ein hütlein über etwas stürzen, eine sache verdeckend verändern,
wie die gaukler thun:
ain richter, der dem armen das recht verkürzt,
und im ain hütlin daiübor stürzt.
KüLLER ake gute schwanke no. 38 ;
so man aim armen das recht verquent,
und im ain hütlein für die äugen wendl. no. 40 ;
der schuldig clagt übern richter . . .
wanu in der arm vorm recht sol nützen,
und er im wol hüll' treulich hinüber,
so stürz er im ain hütlin darüber.
Gengknbach 407, 183.
2) hütlein in einem pflanzennamen , vergl. eisenhüllein. in
der Wappenkunst ist eisenhüllein vellus varium, petasi. Stein-
bach 1, 798.
HÜTLEINMACHER, m.:
nun schliesz dich auf, mein arkelei,
mein Schatzkammer voll Schelmerei!
nun nempt, ihr bütleinmachcr. drausz,
damit ihr spickt disz hutlein {Uas jesutlerhüllein) ausi!
FisciiAHT dichlunijen 2, 263, 852 Ami r.
HÜTLEINSAPFEL, m. malum turbinatum majus virescens,
lauchsapfel. Nemnich.
HÜTLEINSPIEL, n. spiel unter dem hütlein, yauJderkunst
(vgl. sp. 1991). bildlich:
der berren untreu ist zu vil,
die nenncnt sie das hütlinspil. Mur:<er geuchmitii.
HÜTLEINSPIELEH, m. der mit dem hiUletn taschenspielerkünste
treibt, gaukler: ihr . . . raucliverkeuirer, geucbstecher, blin<l-
meusz und hütlinspiler, liecbl.-icheue augennebeler. Garg. 17'.
HLiTLOS, adj. ohne hut, ohne aufsieht: eine hutlose herde,
die keinen hirlen hat, grex pastore carens Frisch 1,4^0*.
HlTMACliEH, m. pileoruni aiiifex, ein hutmacher, der htült
machet Maaler 233' ;
wann prasser zamun kumen
de hehl dio »uw die metteu an,
die prymzyt ist im esel thon,
die terlz Ist von sant (iroblnn,
hAtinachcr knecht syngiMi die seil,
von groben f'yluen Ist der text.
Urant narrentch. 72, M>.
IIIIMA.NN, m. einer der hiäet, die aufsieht führt, hütrr tm
allgemeinen sinne:
or (Chru(iM) ist der rechte hAtman,
•clilnr«t noch üchlumol nicht,
beliAlut uln(Mi icdurmaii
der »ich nach s«lm wurt rieht. Umlamu f«Uu/. 6Ui,
liulmnnn, der ili-<< mrnsrhrn leben
behüten toi. Thumiikikkr arcititluxu B;
1993
HÜTMERLE — KUTSCHEN
HUTSCHIESZEN — HÜTTE
1994
in eingfschrdnkler bedeulung der viehhirl. bairisch Schm. 1, 1190
Fromm., aber ebenso auch in Düringen, Obersachsen; im berg-
icerk der Steiger oder aufseher einer berguerksgrube. a.a.O.; der
wirt im huthause eines bergwerks. Frisch 1, 4S0'.
HÜTMERLE, f. tanagra pileata, eine ausländische vogelart.
NEMniCH.
HÜTNESSEL, f. eine nesselart: die hutnesseln bewegen
(erregen) das brennen und beiszen in den lenden und äugen.
Forer fischb. Üb'.
HüTOHR, n. auricula püei, alias butstulp Stieler 1386.
HUTRECHT, n. jus compascui, weiderecht. Stieler 1550.
HL'TREIF, m. pflanzenname, von crocns vernus. Nemnich.
HLTRING, m. uncus, uncinus auriculae pilei, krampe, kramp-
ring. Stieler 1649.
HUTSAM, adj. und adv. wol acht habend, achtsam:
wie ein kettenhund, der buttsam an der pforten
auf jeden billt und schnaubt. Lohe?istjci.-« Ibr. Bassa 20,82;
auch sich in acht nehmend, forsic/i/ij (irie behutsam th.l,lZlb):
die allerhutsamsle, verschmitzteste . . geister. Philan&er 1, 6"2.
HCTSAMKEIT, f. achtsamkeü: derwegen thue die äugen auf
deiner hutsanikeit. C. Bartb deutscher Phönix 2S.
HUTSCH, interj. tcie husch sp. 1973.
1) eines frierenden; ein vor kälte fast ganz erstarrter ruß:
0 mein gott, ich erkenne meine schuld, hutsch, hutsch,
butsch ! CoNLiN narrenivelt 3, 287.
2) zur bezeichnnng des unerwartet schnellen, plötzlichen: hutsch
hatt er noch eins {eine mauischelle), daszihm der köpf wackelte.
H. L. Wagner reue nach der that 23.
3) im Nassauischen ist hutsch lockruf ßr rindvieh; daher
dann auch als subst. fem. für rind, kuh gebraucht. Kehreix 206;
auch im Vorarlberg i%t hutsch I hutsch ! lockruf Froiiji. 5, 487.
HLTSCHE, HÜTSCHE, f. nach dem unten folgenden verbum
butschen in verschiedener bedeiäung.
1) in Mittel- und Niederdeutschland eine kleine fuszbank, schiebe-
bank: hütsche scabellum Stieler 782; niederd. hutsche fuszbank
ScBAMBACH 90'; vergl. auch die neben form hitsche sp. löSO. es
heiszt von der hütsche müssen, von einer höheren Stellung lier-
unler müssen, im folgenden geradezu vom thron:
und wat vaddr Blücher gesait, dei tralT,
de kerel (iWipo/eon) muszt von de hütsche raff.
HlLDEBRlMD vulksl. 485 (voH 1815);
bei Stieler a. a. o. steht eine augenscheinliche verderbung dieser
redensart, die ßr das alter des bildes beweist, neben er ist von
der hütsche heiszt es er hat die hütsche, sive schuppe be-
kommen, dejectus est ab officio, vel dignitate.
2) hütsche, hutsche, ein kleiner Schlitten ßr kinder. Schah-
BACU 90', vgl. kiisehütsche th. 5, sp. 251 ; in Baiern und Kärnten
aber ist hutsche die schaukel ; sonst im bairischen Sprachgebiete
butschen, schicankseil , daran die jungen hin und her fahren.
Leier 141. J. butschen 2.
3) hütsche, auf den galeeren die fuszbank oder stütze, voran
die sclaven den angeschlossenen fusi beim rudern setzen. Jacobsson
2, 297'.
4) hutsche, glacies lubrica, vel alias locus laevis et lubricus,
ubi pedes facile lubricantur. Stielek 872. vgl. butschen 2.
5) hutsche, name ßr die elster. Nehmich.
6) hutsche, berijmännisch, was husche sp. 1974 : hutsche be-
kommen, in der grübe zu schaden kommen. Jacobssü.n 6, 127'.
HÜTSCHE.N, verb., in mehreren bedeutungen.
1) rutschen, auf dem boden yleileu, kriechen : repere bytsczen,
butschen Dief. 4Jt3"; butschen {neben schwanken, schaukeln,
s. 2) auf dem hintern fortrutschen , wie kleine kindtr, kriechen.
ScHSi. 1,1192 Fromm.; butschen, qualere, serpere, proserpere,
trahere, auf dem hindersten butschen, trahere se podice Stie-
ler 7S2; rheinisch butschen, sich auf der erde kriechend fort-
bewegen, auf dem hintern fortrutschen, wie kleine kinder, als
seltenes wort, mit dem dimin. butscheln gleicher bedeutung.
Kehrein 206; schwäb. butschen {neben botschen und botlern)
auf dem boden umher kriechen, auch gekrümmt sitzen Scumid
290; auch niederd. butschen, am boden kriechen Schambach 90';
he was iam, da? her muste hutschin. Ködiz73, 9; wir wollen
an henken gehen, auf der erden hutseben. Leumann 25;
sprichwörtlich: ich denke, ich denke, es wird der hund zu i
letzt mit ihm butschen. Filidor Ernelinde i. 43, vergl. dazu
hund 1, 13, b sp. 1916. s. auch hatscben sp. 559. I
2) hutseben, von spielen : in Kärnten transitiv und intransitiv '
schaukeln Lexer 146; in Baiern schwanken, schaukeln. Schm. i
1,1192 Fromm.; im Salzburgischen hutseben auf einem seile \
schaukeln. Höfer 2, 82 ; son^ auch auf dem eise gleiten, woßr
es eine ganze menge kinderausdrücke gibt , vgl. unter kascheln
theil 5,247: butschen est lubricis pedibus volare, cursum agitare
lubricum, lubrico modo labi, ut pueri in glacie. Stieler 872.
vgl. dazu auch botzen, botzeln.
3) butschen, reizen, locken, hängt wol eng mit dem lockrufe
hutsch {s. d. no. 3) zusammen: hortari, anreiszen, hutzschen,
auctoritate et precibus Tbocucs Y2'; slimu/are anreyczen l hut-
seben Dief. 553'; butschen, canes ad venandum incitare, an-
hulschen , die luinde an eiueu butschen , instigare canes in
aliquem Stieler 782; bairisch butschen, hetzen, incitare Schm.
1,1192 Fromm.; schwäb. butschen, aufreizen, aufbutschen, tu
handeln, mit andern aufreizen, hetzen Scbmid 290; er butscbetc
auch sogar noch andere an mich, dasz sie ihren spasz haben
. . . sollen. Simpl. l (1713) *. 144 ; wann sie also zusamm ge-
butschet. 560.
HUTSCHIESZEN, n. ein spiel der Jugend, wobei es gilt, geld-
odcr bUchstücke aus einer gewissen entfernung in einen hut zu
schleudern : habend wir ... das kluckeren , stöcklen , bul-
scbieszen und derlei spiel, wie es die jungen in Übung habend,
genzlicb abgestelt. mandai u. Ordnungen . . . der statt Zürych
(1637) Dl".
HUTSCHMUCK, m. schmuck des hutes:
mein butschmuck die rose,
mein lager im mose,
der himmel mein zeit. ScuErriL gaudeamut 115.
HUTSCHMCCKER, m. ausputzer eines hutes, der Um mit
band, feder, tressen u. s. w. verziert. Schm. 1, 1190 Fromm, {aus
Augsburg von 1649). vgl. hutstaffierer.
HUTSCHNUR, f schnür um den hut, spira. Stieler 1907:
dann da tragen sie hutschnüre von seiden, von silber, von
attlasz, von daffat, dann gestickt, dann geschlagen, dann
geQochten . . Phil. Lugd. 2, 103 ; er reiszt seine goldene but-
schnur ab und erdrosselt sich. Schiller raub. 5,1. in Düringen
heiszt es bis über die hutschnur in schulden stecken, wie sonst
bis über die obren ; in Sachsen das geht über die hutschnur,
ist zu arg, superat modum.
HÜTSCHPOTT, m. als name eines ragouts, hocitepol, salmi-
gondis Rondeaü 312 der name ist dem niederländischen ent-
lehnt, aus welchem Kili^n verzeichnet butspot, caro jussulenta,
jurulenta, carnes e jure, aulicocia, dicitur a concutiendo {d. h.
nach dem niederl. hülsen, hutseien qualere) : quod carnes con-
scissae et in jure suo coctae a coquo in olla fervente concutiantur,
succussentur et invertantur. auch ins franz. ist das wort als
hochepot, ins englische früher als hotspote, botchepot aufge-
nommen, in welcher spräche es aber die umprägung bodgepodge,
hotchpotch erfahren hat und nun allgemein mischmasch, ge-
memjsel, quodlibet bedeutet.
HUTSCHRAUBE, f schraube der hutmaeher, um einen tu
engen hut zu wetten.
HUTSTAFFIERER, m. der einen hut nach der mode aus-
ritstet, auch so fertig gestellte hüte verkauß : man sagt, dasz ein
edelmann zu einem bubtslafiirer geschickt, und einen hut bei
ihm bab borgen wollen. Schüppios 616.
HUTSTELN, »j. markstein, wieweit die hut eines ortes geht.
FaiscH 1, 4so'.
HUTSTEPPER, m. hutstaffierer; in Ostreich. Jacobsson 6.127'.
HUTSTOCK, m. forma pilei lignea. Stiele« 2162, dasselbe
was hutform.
HUTSTUBE, f Stube im badehause, in welcher die abgelegten
kleider bewahrt werden, butstuben, apodyterium Maaler 233'.
HUTSTÜLPE, f hutkrämpe, auricula pilei reducta, intorta
crepido. Stieleb 2176.
HÜTTCHEN, n. kleine hätte, geringes wohnhaus : hutchen,
tugurium Tbochus 0 4'; büttcben , domuncula, casula Steib-
BACU t, 799; niederl. hutleken tuguriolum, casuUi Kilian ;
dein kleines, schwaries büttcben,
du guter biedermann,
soll eine kirclie werden,
mit einem thurm daran. Höttr U lljlm ;
liebes büttcben, das bewohnet
mein geliebter vater hat. Gleim 7, 1.
HÜTTE, f tugurium, casa, ein ursprünglich auf das hoch-
deutsche Sprachgebiet eingeschränktes wort, alid. butla {aus butja),
mhd. hülte, das aber als lehnwort {wie der stand der dentalen
lehrt) auch in andere dialekte gedrungen ist : niederd. {wie hoch-
deutsch) hutte casa Dief. 104', tugurium hulte oOl"; niederl.
bulle /«yurjura, scena, taberna, tabernaculum, tentorium Kilia.n;
engl, hut, schwtd. bjtta, dan. bjtle, selbst das franz. und span.
1995
HÜTTE
HÜTTE
1996
haben es aufgenommen, jenes als hultc, dieses als huta (Diez
üb. der rom. spr. 2,' 349). hätte hängt wurzelhaß zusammen mü
baus und haut (jp. 640. 701), dergestalt dasz die allen drei zu
gründe liegende inirztl sanskr. sku bedecken hier in secundärer
veisc durch wurzclschluszende dentalis rrrmclui ist, wie in griech.
xri'd'o) berge, schtiesze ein.
hütte bezeichnet
l) einen Zufluchtsort, bedeckten schutzort im freien, für solche
die sich dort zur ausübung ihres berufes aufhallen, namentlich
einen Unterschlupf von rieh- und feldhütern: hütten, allerlei
geheüsz von laden und braiteni auf die eil gemacht, taberna,
scena, mapalia, tentorium, attegiae Maaler 232", vgl. feldhütle,
hirtenhülte. schüferhütte , viehhütte; die hirten der hütten,
heüt stend si, morgen bricht man si ab und setzet si an
ain ander ort. Keisersberg granatapfcl 1511 M (>' ; Jacob zoch
gen Suchotli, und bawet im ein haus, und machet seinem
vieh hotten. 1 Mos. 33, 17; meine zeit ist dahin, und von mir
aufgereumet, wie eins hirten hütte. Jes. 38,12;
wohl! Lenore bewacht in der strehcrnen hütte die leinwand.
Voss 2, 25 ;
hütte eines weinbergshüters : tugurium ein hutt in vinea Dief. 601' ;
gheend die schützen (hfder) in den leisten tagen 1 oder 2 tag
ungeverlichen usz yder hütt, so abgelesen ist, alle bede uff
den hof. weisth. 4, 524 (weinbergordnung von Eszlingen 1518) ; —
hütte für einen kürzeren aufentlialt im freien, bei festen {wir
reden auch modern von einer fcsthütte, säiigerhütte , schiesz-
hütte als von einem aus brettern zusammengeschhgenen bau,
selbst grüszeren umfangs) oder beim lagern : umbraculum hütte,
schaltirhter ort, lauberhütte Kirsch cornuc; ein schirm wider
die hitze , eine hütte wider den hciszcn mittag. Str. 34, 19 ;
tentorium hut Dief. 57S* neben zeit, beide Wörter sind zwar in
der altern spräche begrifflich sonst gesondert :
al zchant ich slaben bat
für die stat verre uf daj velt
wol zehen hütte und ein gezelt. fraucndienst 68,22;
aber der unterschied scheint nicht sowol, wie später, auf das
material, sondern vielmehr auf form und grüsze zu gehen :
da stuonden sidin hütten und manic guot gezelt:
der was da gar erfüllet vor Wormez allej da? velt.
Nib. 551,3;
dö hiez man üf den grienen maneg'e hütten spannen
mit sidinen snüeren nern Hartmuote unde sinen mannen.
Gudrun 980, 3 ;
si giengen üf dem grleje da man ein hütte vant
von vil riehen siden, da si gestuonden under. 1662,3;
später werden hütten gemacht, aufgeschlagen, gebaut : hie ist
gut sein, lasset uns drei hütten machen. Marc. 9,5;
und bauten bütten tag und nacht,
bis in (Upm qriechischen heerc) die velder überal
zQ dem geliger warn ze smal. d. siädtechron. 4,349,200;
hütte eines im walde lebenden einsidlers: der einsidel merkte
meine nothdurft, darum liesz er mir den platz allein in seiner
hütte, weil nur einer darin ligen konie. Simpl. 1,27 Kurz;
einsiedlnr. hockt auf! hier in die hütte rein. Götub 13,79;
Lütte eines bewachenden hundes, vgl. hundehütte.
2) hütte , von der bedeutung l aus namentlich in der tech-
nischen sprathe mehrfach.
a) bei den Steinmetzen : erkundigen wir uns nun nach den
innern Verhältnissen dieser gesellschaft , so treffen wir auf
das wort hütte, erst, in eigentlichem sinne, den mit brettern
bedeckten räum bezeichnend, in welchem der Steinmetz seine
arbeit verrichtete, im uneigentlichen aber als den sitz der
gerechtsame , der archive und des handhabens aller rechte.
GStiie 43, 434 ; in diesem sinne auch im compositum bauhütte :
eine arbeit des aufsehers und polirers der bauhütte. 432.
b) beim bergwerk: hütte, insonderheit bei den bergwerken,
horreum, armarium, darinnen ist aller vorrath so zum berg-
werk gehört, berge, seile, und alles zum verkaufen fertige,
metalle und anders gut. Frisch 1,480'; welk man den an-
deren befinde over synen schaden, den he oine dede an sinen
butten , edder an synen berchwerke. weitth. 3, 266 (Goslar,
15. jahrh);
der gine (npritht ein betrüqeriieher bergmnnn) der ist
zerhouwen,
den wir fielen bestochen,
und in wundem wol enbrochpti.
nü sulte wir zuo der iiuttcn varn.
i.rriiiania 1, 348, 193.
c) bQtte , officina , xur arbeit in metallen , mineralien und
anderm: die liutte stehet kalt, non laburatur in officina. Frisch i
1,4M*;
so wie sie (die Bode im Harz) ilurcli unwirthliarc berge wohl-
thatig dahin llieszt,
läszt an ihren gestaden der genius über die gruben
pucliwcrkc, miinlen und hätten aufsteigen.
Zachariä tagcnzeitcn (1757) .t. 83.
vgl. dazu hüllenwerk unten, und eiscnhülle, glashüttc, schmelz-
hülte n. a.
d) hütle, der schxippen, unter welchem bei einer glashüite der
verglasungsofen steht. Jacobsson 6, 127'.
e) hülle, eines Vogelstellers: sobalden nun besagter maszen
alles gerichtet und bereitet worden {zum vogelfange), so musz
man auch die hülle verfertigen: selbige pllegt man aus einigen
in den boden gesteckten baumüsten zu machen, und mit Stroh
zu umlegen, auch solle sie nicht mehr dann drei schuh hoch,
ingleichem oben nicht zugedeckt sein, jagtsergützl. 3, 93.
f) hütte, der obere Iheil über dem halben verdecke eines srhiffes,
im hintertheil über der pßichl oder plichl. Jacobsson 2, 29S'.
g) hütte, die breterbude eines Verkäufers, krambude: wer ein
butten will setzen, der soll geben dem zoller vier pfenning
und dem abbt seinen zinsz. weisth. 4, 187. vgl. hüttholz und
hültler.
3) hütte, auf den Wohnraum nomadisierender Völker bezogen,
zum unterschiede des fester und für immerwährenden aufenthalt
hergerichteten hauses: da wurden si {alte Völker) von tag ze
tag menschlich Vernunft an sich neincn, . . und machten sieb
zesamen und viengen an hüllen ze machen mit ainem tüll
(zäun) und mit ainem aufgeworfen graben, und irn hüttlach
(collectiv, hütten) mit gerör gemacht, d. städtechron. 4,280,8;
darnach brach er {Abram) auf von dannen an einen berg, . .
und richtet seine hütten auf. \ Mos. 12,8; wie ich die kinder
Israel hab lassen in hüllen wonen, da ich sie aus Egypten-
land füret. 3 Mos. 23, 43 ;
laszt mich nur auf meinem sattel gelten !
bleibt in euren hütten, euren zelten ! Götub 4, 7 ;
hüllen bauen, das zeugnis für eine niederlassung , ein längeres
weilen :
da sprach ich oft mit recht : hier laszt uns hütten bauen !
GÜNTHER 317;
hier, rief er seinem freund, vom unverhofften schauen
des schönen orts entzückt, hier lasz uns hütten bauen!
Wieland 23, 84 (Oberen 8, 23) ;
laszt uns
zurück — hier ist kein hütten baun.
Grabbe (ton Juan u. Faust (2. aufl.) 107.
4) hütte, ßr kleines schlechtes haus: hütten, ein pauwren
hausz mit einem strauw oder schaublach, tugurium, easa
Maaler 232'; eine kleine, schlechte, elende, erbärmliche
hütle; man sagt auch das ist eine wahre hütte von einem
hause ; er {der Schulmeister) wohnte in einer hütle von lehm-
wänden, die auszer der schulstube nur sein schlafkiiinmer-
chen faszte. Immermann Münchh. 1,72 ; auch in poetischer spräche:
ir wonunge müsse wüste werden , und sei niemand der in
iren hütten wone. ps. 69, 26 ;
die sitt$nmkcit flieht goldne fürstensile,
und liebt die niedern hütten nur.
llöLTT 181 Halm;
wenn ihr müde seid
und wenig euch genügt, so kommt in meine hOtte ;
da steht euch milch und brot, und eine gute schütte
von frischem strob zu dienst.
Wirland 22. 166 (Oberen 4, 57) ;
in Myrtills lerfallner hütte
schimmerte die lampe noch.
ScBLOTTERBKCK (vgl. Hoffmantu volksthümt.
liedcr s. 91) ;
nun verlass ich diese hütte,
meiner liebsten aufenthalt. Götui 1,46;
siehst du eine hütte im felde frei,
wciszt nicht ob sie dir ein liebchen hegt. 6, 7U;
räum ist in der kleinsien hutte
für ein glücklicii liebend paar.
ScHiLLRR paratit 4, 4;
0 Winter, schlimmer winter,
wie ist dfis weit ko klein I
du dringst uns all in die thftler,
In die engen htiiteii hinein. Uhland gcd. 32;
(dm recht) «Ins im lande ein und aus
der armutli luiticn schützt. 85.
6) hutte, von der wohnung im jenseits: ich wil wonen in
deiner bütten ewiglich, ps. 61, 6 ; liisz ich endlich in die ewige
hütten zu dir aufgenommen werde. SrncFPius 684.
c) hütte, t'om leibe, gleichfalls nach der bibeltprache : wir
wissen aber, so unser irdisch haus dieser hütten zubrechen
wird (ar* iär t] tniyetoe rj/u'/y oixin tov oxi^rmt nara-
i.vd'^) , das wir einen baw haben von gotl erbawet. 2 Cor.
1997
HÜTTE — HÜTTENKARRE
HÜTTENKATZE — HÜTTENTHCR 1998
&, 1 ; denn ich achte es billich sein , so lange ich in dieser
hütten bin, euch zu erwecken und erinnern, denn ich weis,
das ich meine hütten bald ablegen mus. 2 Petr. i, 14 ; ausz
dieser sterblichen hütten in gottes gewalt dahin fahren. Scbcp-
P108 455; wenn mich gott, durch ablegung dieser Qeischlichen
hütten, bald fuilkommen machen wil. Bctscbky Palm. 548.
") hütte, für den sarg:
die engen todtenbütten fallen,
wie sehr ihr kiammert und verpicht.
A. Gktphids 1663 485;
öfToe meine bange kleine hütte,
biing in flammen liebende zur ruh! Götbi 1, 250.
8) nur in der bibehprache ist hütte auch die statte der Ver-
ehrung göltet, zunächst angeschlossen an die bedeutung 3, «dh-
reud des tcanderlebens der Juden, tgl. stiftshütte: Äaron und
seine söne, . . . wenn sie in die hütten des Stifts gehen,
oder hin tretten zum aitar. 2 Mos. 2S, 43; dann aber auch
auszerhalb dieses anschlusses: und höret eine grosze stim von
dem ituel, die sprach, sihe da, eine hütte gottes bei den
menschen , und er wird bei inen wonen. o/fenb. 21, 3. —
ton einem götzentempel : und ir namet die hütten Moloch an.
apostelgesch. 1, 43, doch nur im gegensatz zur stiftshütte : es
hatten unser veter die hütten des zeugnis in der wüsten. 44.
9) Sprichwörter, schöne hütten, schlechte sitten. andre
hütten, andre sitten. Simrock sprichw. 272 ; manch aufrichtiges
herz siebet einen heuchler für seines gleichen an und ver-
meinel lehr und trost von ihm zu schöpfen, da doch nichts
in der hütten ist (nichts dahinter). Otho '57.
HÜTTELBEERE, f. Crataegus torminaiis, eisenbeere, darm-
biere. Nemmch 2, 1272.
HÜTTE.\, verb. in abhütten theü 1,58.
HLTTE.N.\BTREIBER, m. beamter in einer schmelzhütU, der
über die schmeltarbeit die aufsieht führt. Jacobssox 6. 12S".
HCTTENäFTER, m. das gekrätze, u-elches auf schmelzhütlen
von der arbeit fällt. Jacübsso.'» 2, 29S*.
HÜTTENAMT, n. behörde über schmelzhütlen.
HÜTTENARBEITER, m. arbeUer in einer schmelzhütU.
HÜTTE.NBEA.MTER. m. beamter, aufseher eines hüttenmerks.
HÜTTE.NBEDIE.NTER, m. ebenso.
HÜTTE.NBLUME , f- syringa vulgaris, türkischer hoUunder.
Nexnich 4,1414.
HUTTENDACH, n. dach einer kütU:
(er) sah, unter niederm hüttendach,
der Schäfermädchen preis. Hölti 14 Halm;
weile, weile bei mir, unter dem hüttendach,
allgefäliige ruhe. 76;
unter niederm büttendacbe
wohn ich, jener im pallast. Plaik!» 1.
HÜTTENFAKTOR, m. Verwalter einer schmelzhütte.
HCTTENFENSTER, n. fenster einer hütte:
sie schwatzten, bis der morgen
durchs hüttenfenster schien. Hölit 10 Halm.
HÜTTEN GEBCHRMS, f. das geld , das einem orUherrn ßr
errichtung einer schmelzhütte gezahlt wird. Frisch l' 4S0*.
HÜTTENGEKRÄTZE, n. abgduge in der schmelzhütte bei be-
schickung und Verschmelzung der erze. Jacobsso» 2.29s'.
HUTTENGERICHT, n. gericht für die angelegenheilen einer
schmelzhütte. bergw.-lex. 307'.
HUTTENGESTCBE, «. staubförmiges metall in schmelzhütlen :
sind die wasser sehr kisig oder es legt sich ein staub drauf
wie ein hüttengestübe, so gibts ein anleitung, das die genge
metall füren. .Mathesiüs Sar. 37*.
HÜTTENGEZÄHE, n. sdmmtliche Werkzeuge, die bei der arbe'U
in schmelzhütlen gebraucht werden. Jacobsso.n 2, 29S'.
HÜTTE.NHERR, m. eigenthümer einer schmelzhütte.
HCTTENHOF, m. platz und räum, der zu einer bergmän-
nischen oder schmelzhüUe gehört: schege {geschähe) ein vrede-
brake upp einen huttenhofe, dat gerichte darover höret in
den Torst weisth. 3, 267 (Goslar, 15. jahrh.) ; hutthofif ebenda.
HÜTTENHüNDERT, n. in den glashütlen , bei verkauf von
flaschen die zahl von 25 stück. Jacobssü.n 6, 128'.
HLTTENHCT, m. kut den ein arbeiter in einer schmelzhütte
trägt:
er (d*r hütienmann) lUzt die sprühenden funken
um sich her verstreuen, und flammen den hüttenhut lecken.
ZiCHARiÄ tayesteilen (1757) 83.
HÜTTENKAHRE, f. eine art laufkarren bei den gruben-
gebäudenf mit welchen die schichten in den hüllen aufgelaufen
uerden. Jacobssok 6, 12b'.
HÜTTENKATZE, f l) in der glashütle glas, welches m dem
Ofen aus den häfen überfiieszt oder sich sonst im ofen sammelt.
Jacobssox 2, 29S'.
2) eine krankheit der hüttenarbeiter, vom dampf der schmel-
zenden erze herrührend und in gliederlähmung und husten be-
stehend, bergw.-lex. 307'.
HÜTTENRNAPPSCHAFT, /•. gesamtheü der arbeiter in schmelz-
kütten eines bezirks, unterschieden von der bergknappschaft, den
arbeäem in den bergwerken. ebenda.
HÜTTENKOSTEN , f. plur., die ausgaben die zu ausschmel-
zung der erze erfordert werden, das. 30S".
HÜTTE.NLEUTE, jdur. die bei einer schmelzhütte angestellten :
berclüde und huttelüte. Freiberger sldtr. s. 269.
HÜTTENMANN, m. arbeiter in einer schmelzhütte:
nie wird Vulkan hier müde, den hohen ofen zu feuern (am
Harze),
welcher unaufhörliche ströme von glühendem eisen
zischend ausgieszt ; indem bei meiner zehnfachen bitze
munter der hüttenmann geht. Zacbakiä tagetzeiten (1757) 83.
HCTTENMEHL, n. arsenik.
HUTTEN.MEISTER, m. oberster aufseher in einem hütlenwerk.
HÜTTENNICHT, n. zinkoxyd als lockeres weiszes mehl, wie
es sich im Schmelzofen anlegt.
HÜTTENRAUCH, HÜTTERACCH, HÜTTRAÜCH, m.
1) rauch vie er von einer hütte aufsteigt
2) specieU rauch einer schmelzhütte:
sie (die eifersuclu) schwärzt mit hüttenrauch die himmelreinen
flammen.
LoBK!«STir« in d. auserles. ged. 8, 7 ;
und der niederschlag aus den dämpfen einer solchen, der gewöhn-
lich arsenikliaüig ist: huttrauch, proprie arsenicum album quod
crescit in fornacibus vitrificum. voc. ine. theut. k5'; verderbt in
huttrich, hüttreich. Leier mhd. wb. l, 1410; was zumal nicht
viel im hütrauch und bösem weiter arbeit. Mathes. Sar. 2*;
Scheffel (/. schwefel), bech, salpeler, pulfer, hutrauch. Avheb
proc. 2, 11 ;
das täplich brod wollst geben . . .
den die da leib und leben
im bergwerg zugesetzt,
die nun bergsichtig worden,
verlähmet und verdorben,
den hütteraucb gezogen (eingeatmet).
Ri:<Kiuai eistleb. chrittl. ritter Fl.
bütteoraacb, als xaubermittel bei behexungen:
die hexen sollen mir
nun keinen knoten knüpfen.
denn dieser knoten hier (an einer schürze)
hilft wider allen bütteranch.
Wkisb überfl. gedanken (1701) 188 :
daher die glosse huttrauch, filtrum, est quedam herba mortifera.
voc. ine. theut. ka, gemeint ist das griech. ailroov; und ebenda,
durch ungerechtfertigte vermengung dieses cortes und des mittel-
lat. filtrum steht huttrauch als quoddam genus panni, vulg
filtz.
HÜTTENRAUCHISCH, HÜTTRAUCHISCH , adj.: in den
ersten hüttrauchischen geistern (destillation). Pabacklsls opp.
1, 655 C.
HÜTTENREGE, f. eine Stange, die über die hütte des Vogel-
stellers hinaus ragt, und worauf der hckvogel gesetzt wird.
Jacobsso;« 2, 29S\
HÜTTENREITER, m. (nach reiten rechnen, zdhUn), rechnungt-
beamter eines hültenwerks.
HÜTTENSCHREIBER, m. Schreiber einer schmelzhütte.
HÜTTENSCHWELLE, f. schwelle, eingang einer kleinen hütte:
wenn über meine iiüttenschwelle
die habsucht ihre bamsteraugen rollt.
Kl. ScBiiDT poet. briefe 61.
HÜTTENSOHLE, f. fuszboden in einer schmelzhüUe.
HÜTTE.NSPAN, m. in den zinnhütten ein breites holz, die
arten des zinnsteins darauf mit röthel zu zewhnen. Jacobss»:»
2, 299'.
HÜTTENSTEIGER, m. was hüttenmeister. ebenda.
HÜTTENSTE.MPEL, m. im hammerwerk ein zu beiden seilen
etwas zugespitzter hammer, der das zeichen des hammerwerks, das
auf jedem prduct angebracht wird, enthält. Jacobsson 4, 688*
HÜTTENTHÜR, f. thür einer hüUe:
wie ein engel, stand im scbäferkleide
sie vor ihrer kleinen hütieathür. Hölit 59 Halm;
(dast wir) so unvermutbet hier
SU Tunis, vor der büttenihür
des gartoere Ibrahim uns finden.
Wiu^ABO 23, 180 (Oberen 10,28).
1 999 HÜTTENVERSAMMLUNG — HÜTTLER
HtTTNER— HUTZEL
2000
HÜTTENVERSAMMLÜNG, f.: wir gelangten zu einer etwas
grüszern hiiltenversammlung, die man vieiicichl hätte ein dorf
nennen können. Göthe 23, 56.
HÜTTENVERWALTER, m. Verwalter eines bültentverks.
HÜTTENVOIGT, m. aufsehcr über eine sclmdzliiitte.
HÜTTENWÄCHTER, m. wächler in einer schmehhüile.
HCTTENWÄSCHER, m. ein arbeiter weklter das hütlengekrätz
und gelegentlich auch das zur hütle gelieferte erz wäscht. Jacobsson
2, 299*.
HÜTTENWERK, n. 1) ofßcinarum ferrariarum instrumenta.
Stieler 2556.
2) die anstalt selbst, in der die gewonnenen erze zubereilet,
nämlich qepoclit, gewaschen, geröstet und geschmolzen uerden.
Jacodsson 2. 299".
HÜTTENZEICHEN, n. bestimmtes zeichen, das den Werkzeugen
und geraten einer schmehhntte eingebrannt oder sonst gctjcbcn
wird, zum beweise des eigenthums.
HÜTTENZENTNER, m. zcntnergcwichl auf den schmehhütten,
115 oder HO pfund enthaltend.
HÜTTENZINN, n. reines zinn ohne zusatz und Zuschlag, wie
es aus den zinnhütlen kommt.
HÜTTENZINS, m. dasjenige was jemand, der m einer fremden
hitite schmelzt, für den gebrauch der hüllv bezahlen musz. Jacobsson
2, 300*.
HÜTTER, »?i. l) hüttenbauer : bauweten hütten in disem
landt, wurden Samaritani genant, das ist, hütter. Frank
weltb. 181".
2) arbeiter in der schmelzhütte. Neiihing hist.-polil. lex. (1736)
anhang s. 50". auch derjenige bergmann der im huthause wohnt
und auf die grübe und die Werkzeuge acht gibt, bergw.-lcx. 310*.
HtTTERLEIN, n. bezeichnung eines kleinen hundes: nun
merk du sprichst: was hunds soll ich denn mit mir haben
gon , und welles sinl die zwen bunt vor denen ich mich
böten soll, ich sprich du soll mit dir nemen dj getrüw
bescheiden hütterlin. bot dich zu dem ersten , dj du nit
für d; hütterlin erwüschesl ein unsinnigen scholkopfigen
wütenden dorfrüdden. Keisersberg bilg. 140' ; die den steuben
(Spürhund) für das hütterlin by in hant. 140*. es ist das
diminutiv zu dem vorigeri, der hund wol als bewolmer der hunde-
hülte gefaszt.
HUTTERN, verb. vor frost zittern und im geßhle des frosts
einhüllen, vgl. das zweite budern sp. 1S64, und crhuttern Ih. 3
tp. 857.
HUTTERN, verb. wiehern, vgl. hudern sp. 1865.
HUTTERSKRÄTZE, m. geflochtener korb eines hüttenarbeiter$ :
sein (des Bacchus) köpf ist wie ein kernmetzeD,
(ein bauch wie ein hütterskretzen,
lein schenke! wie zwei butterfasz.
J. Athkr fastn. sp. 32« (2500, 12 Keller).
HÜTTHOLZ, n. holz zum aufschlagen der krambuden (vergl.
hütte 2, g) : ein fuoder hüttholz den krämern. ueisth. 4, 00.
HUTTICH , m. Schimpfwort für einen armseligen , lumpigen,
bettelhaßen menschen. Vilnar 180 ; vgl. hotticht sp. 1846.
HL'TTICHVOLK , n. lumpenvolk : das hultigvolk auf den
bierbänken, die brantweinschlucker, das kuppel- und huren-
pack , die spitzbubenrotte. (Fabricius) kippe die wippe oder
münzbelrug (1688) C2.
HÜTTLEIN, n. kleine hütle, mhd. büttelin: tugurtum hüt-
telin , tuguriunculum hüttelcin Dief. 601' ; büttle , berbergle,
ein kleine bebausung , tuguriolum , teiUoriolum , stcga, mapale,
magale, magaria, magalia, ligellum Maai.eh 232'; darnach wurden
die junkfrawen und sant Dyonisius auch vcrprannt in aim
büttlin. d. chron. 4, 290, 20 ; das sie . . . ihre hcuszlin und
bütlin ganz wüst machen. MEi.Arccimiofi im corp. doctr. christ.
(1560) I. 491 ; wer sein hüttlein und gütlein mehr liebet denn
mich, der ist mein nicht werth. Otuu 704 ;
mir ist zugleich
ein hüttlein zuberaitet. Wcckbirlin 08;
armer leut sorglote liCittelein. 387.
HL'TTLEH, m. wie budicr 3 tp. 1865, eine traubenart am
Oberrhein : die Malv.isier (trauben), auch Drollinger oder huttler
genannt. Mone zeitschr. 3,250.
HCTTLER, m. 1) der hütten aufschlägt: der ttadt Kauf\)euem
eigens beitellle timmerleute wurden InHihr genannt. Scrm. 1,1189
Fromm.
2) Verkäufer in krambuden : in diesem sinne das fem. bütt-
Urinnen alt nümbergiseh bei Jacomson 6, 128*.
HÜTTNER, m. inhabcr einer hülle:
im grünen ihal ein liüttchcn lag
am quell mit feuchtem moose ;
nur lehm die wand, und slroh das dach,
der zäun von wilder rose.
der hüttner baut ein kleines gut,
und lebte fromm und wohlgemut. Voss 5,288;
im stifte Fulda nannte man iiütlner diejenigen landleute, welche
eine blosze hütle hatten, sie waren entweder begüterte oder ver-
schweliigte hüttner. im ersten falle besaszen sie auszer ihrer
hfUte auch noch ein dazu gehöriges hüttnersgütchen , im letzten
falle bestand aber ihr ganzes besüzthum in einer hütte. Maurer
dorfverf i, 139.
HUTTUNGSWAGEN, m. eine wagenart: allda miethen i. f. g.
zwei huttungswagen, welches lange wagen sein, wie da brauch-
licb. ScHWEiNiCHEN 1,140; haben i. f. g. abermals huttungs-
wagen gemielhet. ebenda; dahin sein i. f. g. auch auf hut-
tungswagen gefahren. 1, 141. die zweite handschriß liest aber
biUtingswagen.
HüTUNG, /". ort für Viehweide und das recht darauf: demnach
Hans Picttau von Eisersdorf mit i. f. g. wegen hutung im Rau-
disser teiche in streit gelanget, und sich also der hulung . .
eigenmächtig angemaszet. ScnwEiNiciiEN 3,231.
HÜTUNG, f custodia, pastio. Steinbach 1,800.
HUTUNGSl'ROZESS, m. prozess um eine hutun'j : durch dei:
bewuszten butungsprocess sind mir viele verdrüsziicbkeiten
zugezogen worden. Rabener werke 3,94.
HUTVVEHR, f bedeckter ort eines bürg- oder festungsgrabens,
an den man einen hinterhalt (vergl. hut sp. 1984) legen kann,
franz. caponniöre : gut vermurt ligend butweren mit schüsz-
lüchern. anz. für künde deutscher vorzeit 1870 39 (16. jahrh.}.
HUTZ, interj. neben husch sp. 1973 und hutsch sp. 1993 zur
bezeichnung des schnellen : butz, butz, lauft die alte Catherine
und schreiet mit beischerer stimme, frau braut, frau braut,
der herr bräutigam wil eins tanzen, welzabcnd (1658) B l'.
HUTZ, HÜTZ, f?i. baucr, tropf, vergl. unter bauz sp. 713:
hutzen die ihnen den lehem dippen (in der gaunersprache, das
brot geben). Fischart groszm. 50.
HUTZEICHEN, n. zeichen, auszeichnender schmuck am hüte:
zu einem federhalter, medeibild (metallene zierde) und hut-
zeichen, auch zu einem schauwpfennig und gnttelgelt, hell
er ein ganz güldene platten. Garg. 119*.
HUTZEL, f etwas eingedorrtes, geschrumpfies (vergl. unten
hutzeln), namentlich
1) gedörrtes obst, äpfel- oder birncnschnitz. die form butzel,
in den schrißlichen denkmälern bevorzugt, ist die oberdeutsche,
namentlich im bairischen Sprachgebiete gewöhnlich (Scun. 1, tI95
Fromm.; in Tirol. Fromm. 5,230; in Böhmen. 6,172), während
mitteldeutsch das stammhaße u mit o wechselt: in\ nassauischen
butzel und hotzel Kehrein 203; ebenso hessisch. Viluar 176;
in Düringen und Obersachsen gilt nur hotzel, eine form die auch
Bürger in der schrißsprache anwendet:
hu! ich will ihn trillen, zerren,
kraus, wie heu und hotzeln, dörren 1
288' (Macbelli 1, 3).
Adelung schreibt, mit langem vocal, huzcl (was in Coldiiz m
Sachsen eine schiefgebackene semmel bezeichnet) wie das ent-
sprechende verbum hülzeln ; das späte mhd. gewährt bUtzel und
butzel (Lexer wb. 1, 14iu) ; Stieler 803 butzel und butzel,
pamum et pyrum siccatum; von dürren pirn oder von groszon
buczeln. kuchenmeist. a6; diese werden von etlichen schon
empfangen und mit dürren hutzicn, milch und erbisz gelabct
und gespeiset. S. Frank weltb. 5t' ; wegen der gedörrten hutzeln
und schieben. Jucundiss. 111; wurde hrod gebackeu, das mit
hutzeln und nüssen ausgefüllt war. kvtnuKCU dorft/esch. \,TiH;
an jedem gaubiocb hUiigen perlenschnüre von getrockneten
schnit/.clii und hutzeln. Bettinr briefe 1,21; als redensart:
frisz butzel, wenn dir diese.s nicht schmeckt, si non vis paui
hit deltnis, non invuieo tüii Cy}>rii bovis merendam. Serz 73*;
ich will dir butzel anrichten, male mulcaberis; duras partes
sustinebit. ebenda;
und gibst hutzeln für feigen bin. faitn. »p. 478, 12;
leb gib euch hutzeln dürr und grün. 614, 19;
pfui teufl mit der ruiitelten altn I
•le ist gar eingschnurt und verscbmort
und wie ein butzel eingcdort.
Atrkr /'iijIii. s;i. 14' (2404, 26 Kelter).
und tolst du zu einer butzel brayio. 85' (2769, 3>
2) butzel, bairuch, ein runxlicJUrt altes weih; in Nassau ti>>t
alte etngeschrumpße perton, aber auch etn guter tropf, gutmüttget
2001
HUTZELBIRNE — HUTZEN
HCTZER — - HYPOCHONDRISCH
2002
mensch (Kebeei:i a. a. o.). an diesen letzteren sinn rührt es,
vxnn scherzend mägde hutzeln genannt verden: was können
doch die ehrlichen und aufrichtigen armen hutzeln oder
fronunen mägde und dienstboten für einen sulchen schlepp-
sack, mdgdelob 4;
wie müssen sich die guten mägd,
die armen hutzeln doch zerleiden. 49.
S) hutzel und huzel, die hdzbine, fyrut commutäs sylvestris.
NENKicn.
4) hutzel, in einem ausrufe, scheint mit anklang an dw iiiter-
jeelion hutz tericendei : schwur auch bei meinem hart und so
lieb mir mein calenderhandel wäre, ich wolte ihme, ehe einer
sagte: hutzel! wieder zurecht helfen {von der maulsferre).
Simpl. 2. 277 Kurz.
HDTZELBIRNE, f. gedürrU bime, oder holzbirne ? gute huczel-
birn. kuchtnmeist. b3. im Appenzell ist hutzelibera n'/te ^«son»
dere art von birnen. Tobleb 27S*.
HUTZELBROT, n. brot mit hutzeln gefüllt. Fbiscb 1,480'.
HUTZELBRÜHE. /". deeoctum pirorum siccatorum. ebenda.
HUTZELKRLMER, m. /id;iti/«T mü hutzeln: hutzelnkrämer,
hutzelwasserhündler zu Auesburg. Fiscbart groszm. 49.
HUTZELN, verb. schrumpfen, rugosum ßeri. Feiscb 1, 4S0*.
ScBH. 1, 1196 Fromm. ; vergl. auch einhotzein, einbutzeln th. 3
sp. 205, und \erhutzelD. das uort darf wol als eine» Ursprungs
mit dem sp. 1S46. 1S47 aufgeführten, meist mundartlichen hotzeln
schultern, rütteln angesehin werden, hat aber seine bedeutung in
der angegebenen ueise eingeschränkt.
HUTZELPREDIGER, m. im sinne ton elender prcdiger, ein
von Carlstadt anyeicendetes «ort, das van Lctueb verspottet vird :
das ander ^ück der hoben Ternunft ist, das Carlstad einher
feret, als habe er es erstritten, das nichts denn brot und
wein iu) sacrament sei, und sagt, wo Christus habe sein
leib zu empfahen befohlen, der doch habe gesagt, nemet das
brot und esset, darumb solten die hutzelprediger (o schön
deudsch) haben gepredigt, wie man des heirn brot wirdiglich
esse, \vie Paulus predigt. Lcther 3, 80*.
HUTZEL WÄSSER, n. brühe ton gekochten hutzeln; bildlich
schlechter kaffee oder met. Scax. l, ll9t> Fromm. :
ir lieb und gunst kan mir wol kummer stillen,
wie hutzelwasser, «awersenft und entian.
meistert, ms. ful. 23 no. 11.
HUTZEN, verb., nebenform zu hutseheo sp. 1993, und in
bedeutunsen desselben.
1) kriechen, rutschen : repere hutczin voc. Yratislav. ms. sec. 15.
2) hutzen, reizen, locken:
«onderu weit in noch mutzen, hutzen
mit schelten, bocben und mit trotzen.
Fkcoart dicht. 1, 124, 35 Kurs.
3) mit dieser bedeutung berührt sich hutzen für rennen, stoszext
Ute bücke, und rennen machen, ein vorzugsweise fränkisches «ort
(Schi. 1, 1195 Fromm.), das aber auch sonst sich findet, in der
bedeutung auf einen feindlich losgehen: etwen verhengt gott
über solch menschen , die sich also ton im keren zu der
weh, das sich ir die weit nit vermag, das inn kein freud
noch mulwill zu lieb würd und das die weit wider sy pfiset
und pfutzt und uff sie hutzt. Keisersbebc bilg. 119*; und das
unter hürzen sp. 1972 auf andere Verwandtschaft zuruckgeßhrt
«erden muste. eine specialisierung der ersteren bedeutung von
hutzen ist es wol, wenn voigtldndisch, böhmisch hutzen {auch
hüzen gesprochen) umherlaufen , auf besuch gehen heiszt; schon
im 16. johrh. : was spacieren und immer hutzen gehet . . das
gibt selten gute hauszhalterin. Matbes. hochuilpr. 25*; auch
fränkisch, hutzen gehen, in alterius domo consortium quaerere
Fsiscn 1, 4S0* : andere mundartliche formen «erden bei Kdh»
17, 12 aufgeführt {doch mit unrichtiger etymologischer anlehnung).
4) «ieiier ein anderes hutzen , rütteln , schüttem hängt mü
botzen und hotzeln sp. 1%47 zusammen: ein Torster sol auch
uf einen zun träten, und sol dreistund {dreimal) hutzen, und
wo er bricht, da sol er demselben gebieten, des der zun
ist, dasz er in besser mache, «eisth. i, 13S {canton Zürich, von
1484); erhutzen erschüttern: als das krütz zum dritten mal in
dem stein erhutzt ist, dasz alle sine wunden wider ufbrachen.
das grosze gebet S9.
HUTZER. m. nach hutzen 2, aufireixer: ein hatzer und an-
zünder des gemeinen pöbeis. bairische quelle bei Schm. 1, 1195
f Vonini.
HÜTZIG, adj., nach hutzen 3, xu feindlichem losgehen geneigt,
streitsüchtig : das ein narr, das ein cauch, das ein hutziger, der
also, 'das ist der weit eigenschaft. Pabacelscs tpp. 2, 175B.
HUTZIGE.N, verb. sich über einen aufhalten, ihn schmähen:
er kert sich zu got , haltet sine gebot , des spottet man,
iederman hutziget über in, des sol er nit achten. Keisebsbeic
bilg. 16«*.
HUTZLICH, adj. rugosus, runzUch. Fßiscn 1,4S1', mü der
ntbenfaftts hozlich; im nassauischen hotzelig. Kebbei:« 203.
HUTZUCKER, m. zucker in hutform {vgl. hut no. 2, / sp. 19S3) ;
bildlich: da er schon seit jähren nichts lieber machte als
eine Tcrbeogung sammt grusz, weil er allen menschen gern
eine kleine freude geben wollte, und doch nichts anderes
dazu halte als eben seinen hut, iu welchen er ihnen seinen
geistigen hutzucker der liebe präsentierte und Torhielt. J. Paul
komet 1, 106.
HUZEN, verb., gesprochen hüzen, foppen, narren, äffen; ein
düringisches und osterländisches wort: willst du deinen alten
vater hmen? Becbstein märch. 142. so nahe der zusammtn-
hing mü hutzen 2 und hutzigen zu liegen schetnt^ so kaitm
dennoch dieses htuen nur als nebenform zu dem «eUvertreiteten
uzen, utzen (Schh. 1, 1S2 Fromm.) angesehen «erden.
HUZZ.\, interj. s. hussa sp. 1976.
HYÄNE, /. eanis kyaena; alt bild ßr tm entsetzlithet ratib-
thier:
da werden weiber zu byänen,
und treiben mit enuetzen sehen.
ScuiLLER glocke v. 366;
und driuend wies mir die grimmigen zahne
der entsetzliche hai, des meeres braue.
taucher t. 120.
HYMNE, f lobgesang, jubelgesang, aus dem griech. mascul.
vfiros «ol erst seü dem 18. jahrh. in dieser form und bedeutung
aufgenommen ; mhd. galt das masc. ymne und imps (Leieb wb.
1, 1422) als kirchlicher lobgesang.
HYPOCHONDER, m. müzsüchtiger, grämlicher, :u finstem
Vorstellungen geneigter menuh. auch als adj. : wenn ich ihnen
diesen unbegreiflichen anfall einer hypochondern laune ver-
geben soll. TiECK ges. nov. 2,263. tgl. unten hypochondrisch.
HYPOCHONDRIE, /. müzsucht, grämdei: da stinkt die hypo-
chondrie heraus. Fr. MCueb 3, 55.
HYPOCHONDRISCH, adj. nach dem griech. vnoxovS^iaxoe :
Lucifer ist alt und hypochondrisch, das lange sitzen auf
seinem eisernen stuhl bekommt ihm nicht wohl. Fb. MIJlleb
2. 10 ; er schrieb sich vielmehr in hj^ochondrischen augen-
blicken den ganzen verfall allein zu. Götbe 19,60.
k
IV. 11.
1S6
2003
2004
I.
I, der höchste unter den voealen, nimmt im griechischen,
lateinischen und deutschen dphabet die neunte, im gothischen die
zehnte stelle ein, wie sich aus seinem werth als Zahlzeichen ergibt.
tn dem nordischen runcnalphabete steht sein zeichen an neunter,
in dem erweiterten angelsächsisch- gothischen runenalphabele an
elfter stelle.
Der itaiä, von dessen geschichle im folgenden zu handeln ist,
wird von Ickelsauer Ag" in naiver weise beschrieben, nach-
dem er angegeben, wie das e herioriiebraclU wird, sagt er: also
auch das i , allein mit engerer bescblieszung der zene , die
sich geneuer berieren, und ist fast der laut des kirrens der
seu, wenn nians (man ste) sticht oder würget.
A. Geschichte des lautes.
I. Kurzes i.
l) in der Stammsilbe, abgesehen von dialectischer auss^yrache
hat sich die kürze des lautes vor einfacher muta oder liquida nur
in den einsilbigen partikeln in in (im) und mit cum, in dem
pronominalen adv. bin illuc und in bin sum erhalten, häufiger
hat em ihm folgender, von keiner weiteren consonanz begleiteter
harter reibelaut (ch, s, sz, scb) seine kürze gewahrt, vgl. ich ego;
mich me; sicbel fcUx; kichererbse cicer; bis usque ad; wissen
scire; isz ede; biszchen offula; fisch piscis ; tisciie mensae;
zwischen inter. gewöhnlich aber folgt dem kurzen i mehrfache
consonanz, die doch nicht hindert dasz es in einzelnen fällen
gedehnt und demgemäsz bezeichnet wird, vgl. z. b. gebiert parit,
mhd. gebirl; stiehlst furaris, mhd. stilst.
Wie kurzes a und u zu den drei grund- oder urvocalen ge-
hörend, aus denen sich die reiche fülle der indo-europäiscli''n
vocale entwickelt haben mag, ist doch das i auf dem gebiet der
deutschen sprachen nur in den seltensten fällen ursprünglich d. h.
mü indogermanischem (altindischem) i identisch, und meist das
ergebnis verschiedenartiger lautveränderungen.
a) ^ursprünglich' wird man das kurze i der Stammsilbe nur
da nennen dürfen, wo auch die urverwandten sprachen es dar-
bieten oder darauf deuten, dies ist z. b. der faU in wissen scirc,
mhd. wi«en, ahd. wizzan, goth. vilan, kslav. videti, lat. videre,
griech. ioslv, sskr. v^dmi cognosco, von wz. vid ; mist slercus,
mhd. ahd. mist, goth. maihstus, lat. niingo, mejo, yriech. o/tiixeco,
sskr. mihiuii, von wz. niih ; bitter amarus, mhd. bitter, ahd.
bittar, goth. baitrs, mit beiszen, mhd. bljen, ahd. blzan, goth.
beitan aus der germanischen würzet hit =? lat. fid (in lidi, findo),
sskr. bhid (in bhinädmi ßndo) entsprungen; be-zichl-igen arguere,
ahd. mhd. bi-ziht criminatio, goth. ga-taihan var{) anrjyyekrj,
lat. dico, yriech. Sixrj, Seixwjut, sskr. di<;inii monslro, von
WZ. di9. und so liegt im allgemeinen kurzes i als ursprünglicher
stamm- oder wurzelvocal t« denjenigen verben nebst thien ablei-
tunyen vor, die in der heutigen spräche stark verblieben, ei zum
praesensvocal, i oder dessen durch ie bezeichnete dehnung im sing,
und plur. paeterili, sowie im conj. prael. und im particip des
praet. haben, wie in beisze mordeo, Lisz, bissen, gebissen; leide
potior, litt, litten, gelitten; pfeifen tibia canere; reiten ecjuitare;
reiszen tcindere; scheiszen cacare; schleichen repere; schleifen
acuere; schmeiszeu percutere; schneiden secare; schreiten in-
ctdere ; streichen mulcere; streiten pugnare; weichen cedere;
oder m bleibe maneo, blieb, blieben, geblieben ; gedeihe pro-
ficio, gedieh, gediehen, gediehen; leihen mutuari; meiden vitare;
reiben fricare; scheinen lucere; schicien clamare; sclireibeu
tertbere ; schweigen lacere; speien spuere ; steigen scandere;
treiben agere; verweisen, besser vcrweiizen vituperare; zeihen
arguere.
b) in den meisten fällen aber tsf germanisches kurzes i , mag
et im uhd. kurz geblieben sein oder dehnung erfahren haben,
velche graphisch bald durch einfaches i (vyl. mir), l>ald durch ie
{vgl. viel), bald durch ih (vgl. ihr), bald durch ich (vyl. gtiehlt)
autgedriiclit wird, eryebnit einer Schwächung des indogermanischen
a, »vbet, was du graeco-italisclun , du slavischen und selbst dte
germanischen sprachen lehren, der vucal c, seltener o, alt mtltel-
tlule aniunehmen ul. über diese Spaltung des alten alautes vgl.
G. LUiTii - br> d k iirhi. get. d. U\ \li,'j/f. verglrirtil man tMi/i-
lich hinsichtlich des alautes das griechische, lateinische und deutsche
miteinander, so erscheint er in denselben Wörtern bisweiten noch
in allen drei sprachen, z. b. in yiiech. ödy.(}v, lat. lacruma, goth.
tagr, ahd. zahar, nhd. zähre; griech. Txmrjo, lat. pater, goth.
fadar, ahd. falar, nhd. vater; sskr. ägras, griech. ayqos, lat.
ager, goth. akr», cM. ahiiar, nhd. acker; sskr. da94mi 'beisze,
griech. SÜKfw, goth. tahja ''reiste', alwUd. tangher 'bijtende op
de tonghe' (Kiliak 662'), ahd. zangar 'beiszend, scharf (Fic«
veigl. w;.* 1,85), ahd. zähi (G. Cühtiüs grundz.* 132), nhd. ziihe
und zach.
Viel häufiger treffen wir jedoch an stelle eines ursprüngliclten
a int deutschen ein i oder u an, während im griechischen und
lateinischen sich ein e oder o dafür darbietet, man vergleiche
sskr. atli (aus ad-ti), gr. e'Set, lat. edit, goth. fra-iti|), ahd. izzit,
nhd. isset, iszt; sskr. sddas ^sitzicng', zend. hadhis *silz', gr.
l'Sos, lat. sedere, goth. sitan, alul. sizzan, nhd. sitzen; sskr.
ahiim, gr. iyeöv, lat. ego, goth. \k, ahd. ih, nhd. ich; sskr.
asli, zend. a(;ti, gr. iaxi, lat. est, altbulg. jesli, lit. esli, golh.
und hocitd. ist; sskr. sdptan (vedisch saptdu), zend. haptan, gr.
sjirä, lat. septejn, goth. aM. sibun, mhd. siben, nhd. sieben ;
sskr. pa9Üs , lat. pecu , altpreusz. peku, goth. faihu, ahd. fihu,
nhd. vieh ; sskr. wz. var 'wählen', väras 'wünsch', gr. fiä/.ouai,
ßovlo/xai, lat. volo, velie, kslav. volja 'wille', goth. vilja, ahd.
wiilo, mW. wille ; altpers. parus, sskr. purus, gr. 7to).vs, goth.
ahd. lihi, nhd. viel, überhaupt gehören diejenigen in der Stamm-
silbe kurzes oder aus kurzem gedehntes i darbietenden nhd. Wörter,
besonders aber die verbalformen hierher, welche awurzeln ent-
sprungen, aus noch unerklärten gründen die in rede stehende laut-
abschwächung erfahren haben, erkennbar aber sind die hierher
gehörigen starken verba daran, dasz der singularis ihres praeteriti
den alten wurzelvocal a in der Stammsilbe aufweist, dessen ur-
sprüngliche kürze freilich sich nur vor zwiefacher, die wurzel
schlieszender consonanz (zuweilen mü Verdampfung zu kurzem o)
erhalten hat, vor einfacher consonanz dagegen zu langem a oder
des.ten verdumpfung, d. h. zu langem u geworden ist. als resultat
einer Schwächung von a ist daher jedes i (graphisch auch ie und
ieh) zu betrachten, das in der conjugation der gedachten verba
oder in der Stammsilbe ihrer ableitungen erscheint, es fallen,
nach ihrem wurzelauslaut geordnet, der bald in einfacher muta
oder Spirans, bald in einfacher liquida, bald in doppeller liquida
oder liquida cum muta oder spirans cum muta besteht, hierher
die verba: liegen (nhd. wz. lag) jacere; bitten (nhd. wz. bat)
precari; sitzen (nhd. wz. sasz) sedere; geben dare; weben
lexere; trelfen (nhd. wz. traf) icere; pflegen solere ; wägen
pendere; wiegen pondus habere; breciien frangerc; sprechen
loqui; stechen pungere ; geschehen fieri; sehen videre; er-
schrecken (nlid. WZ. schrak) terreri; lesen legere; essen edere;
fressen vorare; vergessen oblivisci; messen metiri; treten cal-
care ; ferner befehlen iubere, enipfeiiien commendare; (hehlen
celare); stehlen furari; nehmen j>rehendere; gebüren parere ;
schcien londere; schwären supjmrare; dann (bellen latrare);
quellen emergi; schwellen tumescere; glinmien gliscere; klim-
men enili; scbv\immen natare; beginnen incipere; rinnen
flune; sinnen meditari; sjiinnen nere; gewinnen luerari; wirren
turbare ; ferner helfen ;ui'iire; (melken mulyere); gelten pre/ium
habere; schelten oftjurj/uje; schmelzen lii/afti; vorderben jurtre;
sterben niori; werben ambire; werden /im; werfen jacere;
bergen abscondere, tervare; binden ligare; linden intrnire;
(schindun j/uiiere); winden lo/r^rr; schwinden Ijfrfjfrre; (dinncu
conducere); geYiageu succedere ; klingen jonarr; schlingen pfcc/#r<
(schlingen vorare ist aus schlinden i'Nüiatx/en, vgl. Schlund yu/a);
ringen luctari; dringen instare; springen rum;ii, salire; singen
canert; ichwingen vibrare; zwingen cogere; sinken sidere, cadere;
stinken foetere; trinken bibere; endlich dreschen trilurare;
löschen ezstingui; fechten pugnare; flechten ueclae; und
bersten dtrumpt.
c) mit dieser Schwächung eines ursprünglichen a häng! die er-
tcheinung der sogenannten 'brechung' aufs engste tusammen, über
urlrhc :t, I /f oesiiuidiru uantcn nt nur wird 'grhunheues' hd.
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2006
e, goth. ai nach Scherers ausßhrungen (zur gesch. d. d. spr.
'ff. u. andericärls) nicht mehr so aufzufassen sein, das: es, was
die ältere spräche betriß, ein i voraussetzt und aus diesom ent-
sprungen wäre, vergleicht man freilich z. b. unser lielfe adjuvo,
hilfst, hilft, mit mhd. hilfe, hilfest, Lilfet. ahd. hilfii, hilfis,
hilfit, goth. hilpa. hilpis, hilpiji, so stcfil die jwiorität der iformen
in diesem fall unzweifelhaft fest; Iielfe musz als ergcbnis beliebter
gleichmachcrei nach analogie der gebrochenen formen von helfen
betrachtet werden, wie denn mundartlich selbst die 2. sirig. imperat.
von dieser brechung ergriffen wird und man z. b. in fraukfurt-
wiesbadener gegend auch in den besseren kreisen ßsz , bübche,
Ssz ßr isz vernimmt und seh mal für sieh mal weit verbreitet
ist, was Fische RT auch schreibt:
seh an, wie ich geplaget bin. flöhh. (Seh.) 773.
Anders dagegen verhält es sich mit dem älteren hd. e und goth.
ai, trenn sie an stelle von ursprünglichem a i« wurzelhafter silbe
sich finden und in bestimmter läge das reiner articulierte i ihren
platz einnehmen lassen, stimmt zu altindischem bhärämi /pro,
biiärämas ferimus goth. baira, hairam , ahd. biru , bCrames,
mM. bir, bern , nhd. ge-bahre , ge-bähren , so lehrt das ent-
sprechende griech. fioco, <fioo-uev (-/tes), lat. fero. ferimus,
dasz die den gebrochenen laut darbietenden deutschen formen baira,
bairam, berames, bern dem ursprünglichen näher stehen als das
reiner articulierte akd. biru und mhd. bir, da man bei annähme
des umgekehrten Verhältnisses die allerthümlichkeit des althoch-
deutschen über die des gothischen, lateinischen und griechischen
erheben würde und goth baira als aus bira, lat. fero aus firo,
griech. fe'oco aus (fiocc entsprungen ansehen müste. das gesetz
der brechung, wonach goih. i vor h oder r zu ai, ahd. i vor
flexitischent a (e , 6) zu e getrübt eischeint , scheint also dahin
aufzufassen, dasz es ursprüvglich nicht einen gebrochenen laut
(g) hervorrief, sondern den schon vorhandenen schützte, ihn hin-
derte, sich zu i zu verdünnen, weshalb jedoch das nicht so
geschützte ahd. ß, goth ai zu i ward, ist zur zeit noch ein
räthsel, ein räthsel, warum wir nicht göbt (ßir gabt), sondern
gibt dat, nicht helft {für halft), sondern hiilt adiuvat sprechen,
die lösung desselben dürfte innerhalb der germanischen sprachen
gar nicht zu finden sein, zumal das gothische alle auskunft ver-
weijert und jüngere durch assimilalion bewirkte vocalschöpfungen
hierbei nicht in frage kommen.
d) ergebnis einer regressiven vocalischen assimilation aber ist es,
wenn wir gebirge {ahd. gibirgi) neben berg {alid. b6rg), gefilde
{ahd. gifildi) neben fSld {ahd. fiild) , gewitter {ahd. giwitiri)
ne6en wi-tter {ahd. wetar), geschwister neben Schwester, {ge-
dehntes) feder neben gefieder sprechen , indem das ß des ahd.
bßrg, fßld, wßtar bei büdung der collectiva gibirgi, gifiidi, giwitiri
durch einflusz des auslautenden i der ableitung tn i gewandelt
wurde; wie denn ähnliche assimilation bei entwickclting von irden
und irdisch aus erde vorliegt, was die entsprechenden ahd. formen
irdin, irdisc, erda beweisen, dem gegenüber ist es zu beachten,
dasz sowol das ableitende als das flexivische ahd. 5, i und j da,
wo es ^umlaut' zeugt, zwar das a der vorhergehenden silbe sich
assimilierend beeinflurzt, gesti gaste aus gasti, grebir gräber aus
grabir, gibenti compactio aus bant vinculum, menigi multitudo
aus managi entspringen läszt, dabei aber stehen bleibt und das
durch Umlaut entstandene q nicht noch in i verwandelt, und
dieses verhalten des ahd. bewahrt unsere Schriftsprache noch.
In den mundarten freilich hat das zu i verdünnte e, gleichviel
welches Ursprungs es ist, allmählich beaeutenden räum gewonnen,
was die von Weinhold alem. gr. § 2t. S2. 115, bair. gr. § IS
gegebenen beispiele ßr das süddeutsche reichlich belegen, hier nur
eine kleine lese, auf alem. gebiet begegnet z. b. ahd. pinimant
ßr pinemanl'ou/erunt, kelirnfta ßir kelßrneta dtscebat, rigenot
ßr regenöt pluit, farwihsalit ßr farwehsaiit commutat, here-
birga ßir hereberga mansio, miniscun für meniscun homines ;
mhd. willen ßir wellen velint, gewirbe für gewßrbe, lidec für
ledec, vemihseln für verwehsein, vrimiden für vremeden alienis,
wirme ßr werme calor, gcwilbe ßir gc\\c\he' fornix ; nhd.
atlgemeingeltend britl für bret, erkirnen für erkernen enucleare
Keisebsüerg pred. teutsch so', gegenwirtig praesens ebend. 9S',
schwinnen schwärmen Weckberli.^c 3. auf bair.-österr. ijebiet
findet sich i. b. amhd. niinnisken für mennisken homines, mhd.
sciiinkel ßir schßnkel crus, twirhiingcn ßr twerhiingeu inimice,
sigelii für segeln vela dare, mis<e für messe missa, swircn
ßr swem jurare, wirme für w^rme calor; nhd. allgemeingeltend
schmirz für schmerz , glirnig ßir gelernig gelehrig {auch bei
H.Sachs), stingel neben Stengel, wie schon im alid.; H.Sachs
schreibt schwirmen, schwürmen, sthwermen, schwärmen (vgl.
R.Köhler vier dialoge, zu 71,5) und ingedirme ßir ingedärme
intestina (Güdeke u. Tittmäns 1,19,31). auf mitteldeutschem
gebiet, wo namentlich altes a diesem wandet aitsgeselzt scheint,
lesen wir bei dem Südfranken Otfried 1,0,36:
allaz thaz sibirgi iiiti alle thia burgi
ioh dales eDonoü, so wis iz allaz lobonti.
ßr wis = was '/"««/' hat die pfälzer und freis. hs. wes, vgl.
1,5,37. 2,7,16; andere beispiele sind: hirtzog (frankf. hs. des
schwanr. Konr. v. Mir:6., 14. jA.) r. 3. 71 ; verdirben corrumpere :
enthyrben eiheredare. 315; hirte durus. 554.1054.1060; geplitz
'■albernes geschwätz' im Alsfelder passionsspiel 4910 == mhd. ge-
plätze ; das mirk ich ühlaxd S6 ; i« Luthers bibelübersetzung,
ausg. von 1545, findet sich neben häufigerem gewesser aquae
gewisser 1 .Vos. 7, 24. 8,7 und bei Zese\ steht dasselbe: (regen-
fasser und geschmolzener schnee veiursachen) solche« gewaltig-
grosze gewisser. Assenat (l679) 38; da er (der ^'U) seinen
Ursprung aus so vielem herzuflieszendem gewisser gewinnet.
40; ähnliches 6<n Mathesius : ach gott, lasz dirs geklagt sein,
wis (was) sihet man zebrechligkeit und greuliche feil (fehl)
und Schandmal an leuten! Sar. 202', und ebenda: ach, wis
werden schlimmer und schickeCer (ist schrickicht ^rimosus"
gemeint ?) gleser formirt, die ir lebenlang kein kraden (geraden)
tritt tliun! 203*; auch gelirnig schreibt er 33"; vorhersehend galt
in Deutschland vom 15. bis ins 18. jh. hinein küris für kürass,
s. 5, 2809 ; sehr verbreitet ist niseln ' durch die nase reden '.
Reinwald 1, 109; schmitlcrn neben schmettern frangere führt
Stiei.er 1S76 auf; in mittelrheinischcr und niederdeutscher gegend
gilt missing für messing. Schambach wb. 136* ; und auch das
niedersächs. iller für aller in illerbeste, illererste, illermeiste
(SchCtze 2. I90) ist hierher zu ziehn.
Haben alle diese i in unsere Schriftsprache keinen eingang ge-
funden, so hat doch volles bürgerrecht erlangt das ebenfalls hierlier
gehörende, erst im Ix. jh. durchdringende wich en fftr wachsen
''mit wachs bestreichen, wachsglanz geben'; ferner trichter, Hiederd.
und mitteld. trechter, trehter, spät-ahd. trahlaere aus miltellat.
tractarius ^heber; ebenso gilter cancelli, das erst in der zweiten
hälfte des 15. jh. in Sürnberger Schriftwerken vorzukommen scheint
(vgl. Lexer mhd. hwb. 1, 1025. Diefenbach 94') und wohl aus dem
älteren hd. ge*'er, geter = m/ii. galer (ahd. cataro? HattemEr
dnt. 1, 215*) unmittelbar hervorgieng ; in allgemeiner geltung ist
ferner ursprünglich md. hippe falx, mhd. und mniedcrd. hepe,
ahd. hepn, heppa u. a. (s. 4', 471. 472. 999. 1552), wie denn auch
das auf afranz. harnas beruhende mhd. harnascli seil dem
15. jh. immer allgemeiner zu hämisch geworden ist (s. 4-, 4SS).
beachlcnswcrth ist, dasz bei den meisten dieser vocahcrdünnungen
benachbarte liquidae , mehr noch reibelaute wie w , ch , s , seh
orfer das zusammenwirken beider den wandel des vocals begünstigt
oder herbeigefühlt haben.
2) in ableitungen, Zusammensetzungen und in der flexion.
a) in den ableitungssuffixen ich, icht, ig, igen, in, ing, ling,
isch, ist, nis liat sich das reiner articulierte i entweder ßr trüliere
vocalc der älteren s ^achperioden endgiltig eingestellt oder sctH
sich als alter laut einfach fort: vgl. z.b. kranich, mhd. kranech,
ahd. chranih, chranuh, chranoh; habiclit aus habich, mhd.
habech, ahd. habuh ; röhricht ^rohrdickiclit' aus röhrich, mhd.
rörich, rörech, rörach, ahd. rorahi; thöricht, mhd. töreht,
türoht, töraht; blutig, mhd. bluotic, bluotec, ahd. pluotac,
alts. blüdag ; mächtig, mhd. mehtic, mehtec, ahd. mahtic, goth.
mahteigs; heiligen sanctificare, mhd. heiligen, heiigen, ahd.
heiligön, heilegon, heilagön; be-schuldigen, mhd. schuldigen,
schuldegen, ahd. sculdigun ; königin, mhd. kiinigin, küniginne,
künigin u. a., ahd. kuningin, kuninginna; pfenning, pfennig,
mhd. phenninc, phennic, ahd. phantinc, pheuding, phenning,
phcnnig ( Taifun) ; jiingling, ni/jrf. jungelinc, a/id. jungeling;
irdisch, mhd. irdisch, irdcsch, ahd. irdisc; die volle form des
supeilativsuffixes -ist nur in dem substantivischen obrist erhallen;
finsternis, gefängnis, mhd. vinsternisse, gevancnisse, -vencnisse,
-nüsse, -nusse, ahd. finslarnessi, finstarnissi. mehr über diese
ableitungssuffixe an ihrer alphabetischen stelle.
b) in eigcntliclien nominalzusammenselzungen hol sich siamm-
haftes , das declinationsthema ursprünglich auslautendes, kurzes
scharfes i nur in bräutigam und nachtigall erhalten, bräutigam,
ahd- brütigomo, mhd. briutegome, mmd. brüdegam, brAdgam,
mundartlich, wenn es überhaupt vom volke gebraucht wird, im
Süden und norden stark gekürzt (vgl. kämt, präuggäm, ndsdchs.
lirOgam, sieb.-säclu. bregcin), verdankt die erhaltung seines i
nicht Luthers feder, da er, wie Dietz lehrt, gewöhnlich breutgam
schreibt. aucA Fischart schwankt zicischen beiden formen : bräu-
126*
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tigam bicnenk. (löSl) 23', präutigam ekezb. (Seh.) 413, bräutgam
ebend. 445, der Schwabe Wecriiehlin 457 hat ohne umlaut brau-
tigam; Maaler 227' verzeichnet brcütigam, Gomus (15S2) 108
dagegen hreutgam; W. Spancenbebg hat breutigani fangbr. Cy*;
Opitz 2,75. ^i. 55. 87 braucht beide formen, wie auch Horr-
«AitsswAi.DAU getr. seh. 204, hochzg. 36; Fleming, wie es scheint,
nur die gekürzte, GCntber beide, aber bräutgam apostrophiert.
Stieler 225 ffüirt breuligam und breutgain auf, Rädlein nur
noch bräiitigam, wie auch STEnnACH, Frisch, Adelung, während
auffallender weise Schottel 655 nur brciilgam kennt, was er
nicht zu erklären weisz. in der Ihat wird auch heute der thema-
voeal mehr blosz geschrieben als in gewöhnlicher rede vernommen,
wogegen er in nacbtigall ziemlich rein gesprochen zu werden
pflegt.
nacbtigall, ahd. nahligala und nahtagala, alts. nabtigala,
ftihd. gewöhnlich nnbtegale, nahtegal, daneben auch nabtigale,
nabtigal, hat ebenso wie bräutigam kämpfend den Ihemavocal zu
behf^ufien gehabt, obwohl die gloss. des 15. ;//. {vgl. Diefenbach
235'. 340') die mhd. formen bewahren , so wird a. a. o. und 10*
doch auch nacbtgallc, nachtgall verzeichnet, welche letztere form
im vocab. ine. teulon. o3' und von Maaler 300' als alleinige
aufgeftüirt wird, gleichwohl scheint nacbtigall im verlauf des
16. jh. in die Schriftsprache eingang gefunden zu haben: H. Sachs
(Göz) 4,33 preist die Wittembergisch nachtigal, und Luther selbst,
in dessen bibelühersetzung das wort nicht vorkotnmt, hat es in
einem briefe {Icseb. 3*, 170) und gewis ößer ; im Simplicissimus
(b. 1, cap. ') beginnt der einsiedel sein schönes lied mit den warten
'komm, trosl der nacht, o nacbtigall' und so nur die iform
gewähren Schottel 267, Rädlein und Frisch, überall durch-
gedrungen war sie trotzdem noch nicht, da Frischens Zeitgenosse
Steinbach (l,6t5. 2, 9o) nur nachtegall aufführt.
c) flexivisches {tonloses) i. als iin verlauf des 11. jahrh. die
vollen ahd. vocale in den tonlosen silben gleichmäszig zu e sich
abzuschleifen begannen, zeigte sich in oberdeutschen wie mittel-
deutschen hss. dafür auch i, vgl. z. b. unsir noster, giheiligit
sanctificatus , tiufilis diaboli; nur mit dem unterschiede, dasz
dieses tonlose i in mitteldeutschen dcnkmälern dieser zeit, z. b.
dem Annoliede und in n* x.'sxiv-.xxxvii der von MCllenhoff «.
Scherer herausg. dcnkm. {vgl. deren vorr. xxvii) ton anfang an
bis ins 15. jh. ein übergewicht behauptete, weiterhin findet sich
tonloses i für e auch noch in Luthers älteren, bis etwa zum jähre
152.J verfaszlen schriflen {vgl. Dietz 1, viii), von welchem zeit-
puncl ab, was wenigstens die bibelühersetzung betriß, er e dafür
eingesetzt hat. hatte er ehedem geschrieben : offinbart , vbir,
vbirband, Christis {Christi), eynis, edlisz nobile {leseb. 3*, 87),
gcystis, gottis, golltis oder goltis, grassis oder gra.sis, guttis,
haltist, helltist oder heltist u. a., so schrieb er nun: offen-
bart, yber, vberband, Cbristes, eynes, geistes, gottes, goldes,
grases, gutes, hallest, bellest ; vgl. Luthers bibelühersetzung von
Bindseil th.~, xiwff. und Opitz spr. L. 13/f.
3) ein wort über i als ergebnis einer kürzung.
In der grammatik l', 217 wird gelehrt, dasz trotz der neigung
unserer spräche, den ursprünglichen kürzen abbruch zu thun, sich
auch einige fälle ereignen, in welchen umgekehrt die organische
länge kürzung erleidet; zur begründung dieser behauplung werden
beispielsweise mM jämcr, riebe, iemer, inuotcr fn«< n/id. jaminer,
räche, immer, mutler verglichen, es ist jedoch damit viel mehr
auf die gleichmdszig durchgedrungene Schreibung dieser Wörter hin-
gewiesen als einheitliche ausspräche derselben gemeint, da ja ein
und dasselbe wort {z. b. gut, mltd. guot) in Deutschlands norden
langen vocal, im Süden diplUhongischen, in Mitteldeutschland kurzen
erhallen kann und erhält.
Faszt man die fälle ins äuge, in denen mhd. \ sich im verlauf
der zeit gekürzt zu haben sclwinl, so können etwa die mit -lieb
und -ricji, ahd. -Ilh und -rib(hi) gebildeten Zusammensetzungen,
wie glücklich, sirherlich, Dietrich, Frieilricb, Heinrich, Ulricii,
Hic:lKirJ angeführt werden , wiewohl schon mhd. dichter, z. b.
Walther «nrf IIartmann {vgl. Lachmann zu Iwein v. 5522) hin-
xiclalich der quantUdt des vocals schwankten und unser gleich, mhd.
gfllrh, soicie der eigenname Rrichard , ahd. Rtlibart schwanken
zwitclwn gcllch und gilich, zwischen Richard und Riebard i'or-
nuis'tzt. vgl. was über langes i im eingang gesagt wird.
Ebensowenig ist über die kürzung des diphlhongen ie in dirnc,
licht, nicht, immer, nimmer u. o. chronologisch etwas sicherei
zu tagen, da in einzelnen dieser Wörter bereits in guter mhd.
zeit die rocalquanlil<lt nicht mehr fetlüand. wenn Wulfram
im l'arüral mer (331, 12) und nimcr (359, ll) metrisch ein-
silbig alt hebung verwendet, so deutet das doch w<M ebenso auf
bereits eingetretene kürze des diphthongen , wie sein reimen von
lieht auf gibt und gcscbihl die volle dipluhongisclie ausspräche
des ie zwvifclhaß macht, wenn aber nach drei Jahrhunderten
Maaler ycmer, niemer und Hecht aufstellt, Luther {weish. Sal.
IS, 4. er. Malth. 6, 22) ebenfalls liecbt schreibt {was noch Radlein
allein verzeichnet), so spricht dies wieder gegen die kürze des
vocals. und wenn Luther, abgesehen von gelegentlichem dyrne,
dirne schreibt, Maaler nur dirn und dirnli aufslAlt, so beweist
dies doch nichts ßr damals überall geltende kürze des i, da
H. Sachs 1,479' diern auf fürn ^ßhren' reimt.
Bei alledem musz die Schriftsprache auf einheitliche Schreibung
dringen, sowenig diese die mannigfaltigkeü des lautes wieder-
zugeben vermag.
4) i mit ü (u) und ö (o) sieh berührend.
lAssige ausspräche des ü hat in mehreren fällen i dafür eintreten
lassen, das sich z. b. in fmdling, gimpel, kissen, kitt, spitzfindig
u. a. festgesetzt hat, während die mchrzahl dieser Utnechten i,
welche unsere litteratur aufweist, durch vcrsländvjc Schreibung uHeder
über bord geworfen wurden, gewöhnlich sind es auf den vocal
folgende liquidae oder reibelaute, welche dem Haut stelle verschafften,
da lesen wir z. b. abtrinnig dwerfcns. ULENnERG;>ja//. 208; brinn-
lein /bn<»cu/uj. H. Sachs (G.-f.) 2,4, 14; winschen o/j/are. ühland
704; fricbt fructus. H. Sachs a.a.o. 2,4,30; gewinnsichtigkeit
^gewinnsucht'. Simpl. sehr. {K.) 3,95,22; glick fortuna. Calürt.
u. Mel. Avi'; sich verdricken sc compingere. H. Sachs a.a.O.
2,2,10; bipsch lepidus. Weckherlin 403, und viele andere,
mitunter entspricht dieses i mhd. ü, nhd. ö oder o, vgl. kinge
reges. H. Sachs a. a. o. 2, 2, 631 ; minnicb monachi. 2, 2, 504 ;
tricknet siccat. L'hland 52; firt (l'nrt , fürt, fort) prorsum.
H. Sachs a.a.o. 2,2,466; firm, ftirm. form mensura. Diefen-
BACH 350', u. dgl. im cinklang mit diesen lautverhältnissen ge-
statten sich Opitz und Fleming, letzterer, wie A. Tscherninc
unvorgr. bed. 80 annimmt, es Opitz nachlhuend, reime wie
nimt:kömt (0. 1,44. 2,162. 3,72; Fl. [1642] 109. Läpp. 1,508),
sinnen : können (0. 1, 348), hinnen : können (Fl. 562), spinnt :
gönnt (0. 2, 206) u. a. da nun Fleming {Läpp. 1, 40;i) können
und künnen, ebenso a. a. o. l, 499 gönnen und günnen sprach,
Opitz (2, 186. ISO) sonnen au/" brnnnen, komme au/" verstumme,
Fleming (La;)p. l, 4G8. 156) sonnen au/' bniiinen, gescbwominen
auf summen reimt, und beide dicIUer selbstverständlich sich reime
wie gründen : finden (0. 2, 205) , gründen : winden (Fl. 205)
erlauben, so ist auch ihr auf i gereimtes, an ü anklingendes,
auf altes u hinweisendes ö nicht eben befremdlich.
In einigen Wörtern schwankt ü «nrf i: bilfe, hülfe; gebirge,
gebürge ; wirken, würken; giltig, gültig; Sprichwort, Sprüche
wort, und oft wird die frage aufgeworfen, uic man sie ^richtig'
zu schreiben habe. mU recht bemerkt Rumpelt rf.^r. 1,224 dar-
über, dasz jenes schwanken einerseits auf einer {irrigen) etymo-
logischen analogie, andrerseits auf einem phonetischen gesetz bc-
ruhe. das i cils allein berechtigt verthcidigt, wer nicht weisz, dasz
die jenen Wörtern zu gründe liegenden verha innerhalb ihrer con-
jugation neben i auch den ülaut {und diesen viel häufiger und
kräftiger) entwickelt haben ; und das ü nimmt in schütz, wer sich
lediglich an die ausspräche hält, da bei der starken assimilalion,
welche die liquidae, besonders \, r mit folgender consonanz auf
vorangellende helle vocale ülien und diese zu dunkelcn {», h)
machen, in der that jeder, selbst der vertheidiger des i, wenn er
sich nicht zwang anthut, jene Wörter mit ü sprictit.
b) i (i) m ablautenden schallnachahmungen, tautologien, spiel'
namen u. dgl.
Die eigenthümliche neigung unserer spräche zur reichsten ent-
faltung des ablauts, wobei der dreiklang i, a, u eine bedeutende
rolle spielt, zeigt uns, dasz eine grosze mengt gleiches Oiier ähn-
liches bedeutender Wörter zu einander in ablautverhdltnis stehn,
wofür angeführt werden mögen: bimmeln, bammeln, bummeln;
blabbcrn, blubbern br.wb.; flickern, flackern, fluckern br.wb.;
flinkem, flunkern; gitter, gatter; gnistrrn, gnastcrn; hippcin,
huppeln; kibhcin, kabbeln; kistcn, kasicn; klicken, klacken;
klippern, klappern; klitschen, klatschen; knicken, knnckcn;
knickern, knackern; knirren, knarren, knurren; knistern,
knastern; knitschcn, knAtscheii, knAtschen; knittern, knat-
tern; kribbeln, krabbeln; kritzcn, kratzen; (|nikeii, quacken
br.wb.; rimpeln, rumpeln runzeln br. wb. : rippeln , rappeln,
ruppeln Reinwali) 1, 129. Frommann 2, tu2; risch, rasch;
•cblicker- und Schlackerwetter; schlampe, schlumpe ; (cblipprr-
und srhiappermilch; «rbnippen, sclinappen; schwippen,
schwappen; snicken, snarken scIUuchzen br. wb.; snippsk,
tnappsk naseweis, beuzig. br. wb.; «ticbeln, stacheln; tippen,
2009
I
I
2010
tappen; titschen, tatschen; trippeln, trappeln; zwicken,
zwacken.
Ute nun viele dieser Wörter auf schallnarhahmung beruhen, so
Kältet doch der ablaut vornehmlich in schallnachahmenden inter-
jectionen, die lebendig gebraucht mehr gesprochen als geschrieben
«erden ; so ßr den glockenklang in bim ! bam ! bum ! die kinder
singen:
bimbam bämbau
die glocke läutet zu Spandau. Siirock kinderb. 70;
bum bam,
die glock ist krank. 87;
vgl. Garg. 93' {Seh. 163) : da giengen die glocken an : prini !
pram I ; ßr den schall eines brechenden dinges : krick ! krack !
GöTHE 14, 2*il ; fines auffallenden : klipp I klapp!; vom schusz:
piff! paff! puff! ; vom schlag auf nasses oder weiches : pifsch{e)!
patsch(c)! Bebnd d. spr. in F. 210, vgl. Fromm. 2,236; ßr
das geräusch von sloffen, die eilig zusammengerafft und weg-
gerissen werden: ripsl raps! br.wb.; Rädleis 74l'; auch grips!
graps! Fromm. 5,460; die zerrissen werden: ritsch! ratsch!
oder riz! raz! Bernd 235; für das geklapper der holzschuhe:
scbnip ! gchnap ! Bbast narrensch. 44, 10 ; ßir den sehlag der
uhr : tick! tack!; für die gebrochene Hnie des bläzstrahls: zick!
lack! WiELASD {beleg bei Campe).
Sie wachsen aber auch zu einem worte zusammen (manche sind
selbständig gar nicht nachzuweisen), das dann, zwischen inter-
jection und Substantiv die mitte haltend, thcUs collectirbegri/fe
bezeichnet, wie: fixfax gaukelei, blendwerk; grigelgragel undeut-
liches gemurmel br. üb.; klinipcrklamper geklimper ; kiingklang
gekiinge, yklingel; klippklapp eintöniges geklapper ; klitschklatsch
geschwäti, klatsch; krikelkrakel schlechtes ge schreibe ; krims-
krams gerümpet, geschwätz; mischmasch, miskmask gfmwfA
br. wb.; pinkepank gehdmmer br. wb.; piterpater geplapper
br.wb.; quitschqiiatsch yinn/ose trorte; srngsang gesingt ; snick-
snack geschwätz ; visevase = snicksnack /»r. «r6. 1, 397 ; Wirrwarr
gewirre; wischwasch, Wischiwaschi gewäsch, geschwätz Bernd
354; theils personen, thiere, gegenstände, z.b. raeister fickfack
der henker {s. 3,1619); gigäk die gans Fromm. 2,415, aber auch
die langgewachsene person Hegel riihl. m. 194 [vgl. weder gicks
noch gacks wissen. Stieler, Radlein ; (wir) niügen weder guck
noch gack. Mürner schelmenz. (nss) 82]; und die im br. wb.
verzeichneten: hiraphamp gebrechtiches vßerkzeug; hinkhank der
unentschlossene; nisenase der naseweis; pinkepank tier 5cAmid( ;
quiksquaks der lebhafte, wankelmüihige ; slikslak der piauder'
hafte; zieskezaaske die schmeichelnde, tändelhafle u. a. auch
an so gebildeten verben fehlt es nicht, abgesehen von denen die
einzelnen der genannten substantiva zur seile stehen, wie hink-
hanken, nisenasen, findet sich z. b. gripsgrapsen an sich reiszen;
nirtnarren narren; piikplacken wiederholentlich nicht zusammen
schieszen {vom unregelmdszigen salvenfeuer der Soldaten); snirt-
snarten oft farzen; tirtarren unaufhörlich necken; wigelwageln
hin und herschwanken, u. a., alle im br. wb.
Endlich aber waltet das in rede siehende ablautrerhdltnis in
Spielnamen und kinderreimen. ein bretspiel mit würfeln, das
französische trictrac, hiesz dickedak , dickedäcket {s. 2,1079);
klipklap spielen verzeichnet Scdottel 1W6 ; ein kartenspiel snip-
snapsnur wird im br. wb. 4, SSI beschrieben; und im einklang
mit dem kinderspielreim (Fromma.n'« 2,230):
pinka, panka,
Schmidt is kranka . . .
schreibt Bechereh neice thür. cAron. (l60l) 4S2 : {als beide grafen)
von Münzer selber gar spitzige drauwbriefe empfangen hatten,
dasz er sie mit seinen bauren besuchen und pinck panck auf
Nimrods ambosz, das ist, der grafen köpfe spielen weite,
wollen sie im zuvorkommen.
Für die kmderreime genügt es au/" Simroci zu verweisen, in
seinem kinderbuch wimmelt es von: bickebackeneie, billi balli,
dippe dappe, fimmelti fammelti, hicke hacke, lirum larum,
risthe rasche, sige sage, tri tra Irull u. dgl. m.
II. Langes i.
A'ur in vereinulten fällen ist unser langes i fortsetzung des
mhd. ahd. \, welches spurweitt bereits im 12. jahrh., wenn nicht
früher, und zwar zuerst auf steieriuh-österreiehischem gebiet, bald
nuch in Baiern als kurzes i mit einem dem a sich nähernden,
unsicher, ob vor- oder nachschlagenden laute gesprochen wurde
und demgemäsi in hss. bald durch ie, bald durch ei oder ei
geUiben wird (rcr//. ////. centralbl. 1S6S, 977/7.). allmählich aber
setUe für diese diphthongisclie auftösung des \, nachdem der früher
unbestimmte beilaut deutlicher geworden war und als e vor i
erklang, die Schreibung ei sich fest (vgl. Screrer i. GDS. 27),
woneben freilich noch in der zweiten hälfle des 13. jahrh. das \
bei baieristh-österreichischen dichtem stand hielt, während in den
Urkunden dieser zeit der neue vocal schon regel ist, ohne doch i
ganz verdrängen zu können; vgl. Weinhold bair. gr. § 7S. so
in die werdende reichssprache dringend verschaffte sich der neue
vocal nebst andern Veränderungen im vocalismus durch den ein-
fiusz der böhmischen hof- und kanzleisprache schon im 14. und
beginnenden 15. jh. auch in Schriftwerken mitteldeutscher land-
schaften östlich der Elbe 'geltung, während gleichzeitig im west-
lichen Müteldeutscidand der alte landübliche vocalismus, also auch
i, die herschaft behielt {vergl. MClle.shoff u. Scherer denkm.^
vorr. XXIX ff.), gleichwohl drang auch in diesen gegenden der
neue vocal frühzeitiger durch als es auf alemannischem gebiet der
fall war. wie spät er hier in die Schriftsprache allgemein auf-
nähme fand, lehrt Weishold alem. gr. § 57.99.131. Luthers
geläutertes mitteldeutsch, an die vorhandene spräche der knrsäch-
sischen, der kaiserlichen kanzlei sich anlehnend, verdrängte endlich
alles dialectische aus litteratur und schriftgebrauch, mithin auch
das alte i, das doch in den meisten deutschen mundarten fortlebt
und bald mit gröszerer bald geringerer consequenz vom vdke
gesprochen wird.
Fehlt also unserer Schriftsprache ein 'organisches' \ , so hat
sie 1) durch dehnung der mhd. kürze sich die länge geschaffen.
2) Jie hat das i, welches als Verengung des diphthongen ie in
mitteldeutschen denkmälern aus dem ende des 11., an fang des
n.jh., derartig dasz dinün, hilt, vir, w5 u.a. /«r dienön, hielt,
vier, wie geschrieben wird, auftaucht und bis auf Luthers zeit,
der selbst z. b. noch hilt ftir hielt sehrieb, ßrs mitteldeutsche
charakteristisch ist, in Mittel- und Norddeutschland dem laut nach
bewahrt, während die schrift es seinem Ursprung und der süd-
deutschen ausspräche gemäsz diphthongisch behandelt, es durch ie
bezeichnet. 3) ähnlich verfährt die spräche mit demjenigen ie, das
schon früh im ahd. ßr kurzes i sich hier und da einstellt {vgl.
Weinhold alem. gr. § 63), besonders aber in gedickten des n.jh.,
denen eine gewisse neigung zum nd. dialect beizulegen ist {vgl.
gr. i', 163). erscheint, in der mhd. kunstsprache nur ausnahms-
weise platz findet, dagegen im mitteldeutschen mehr und mehr
räum geuinnt und von hier aus ins nhd. gekommen ist. es wird
als einfache länge behandelt, 'unzerzogen, wie Logad in der vor-
rede zum dritten tausend seiner Sinngedichte sich ausdrückt, aus-
gesprochen, auch im Süden nicht anders {vgl. Scbmid schwäb.
wb. 297), aber ie geschrieben.
Demnächst ist an beispielen zu zeigen, wie der Ursprung unseres
langen ilautes und seine schriftliche wiedergäbe durch i, ih, ie, ieh
sich XU einander verhalten.
1) einfaches i empfangen
a)ßrmhd. i: bxherfiber; d\r tibi; ige] erinaceus ; mirmtAi;
wider contra; wir nos. auszerdem zum theil schon im mhd. vor-
handene fremdwörter, wie bibel biblia; bisam moschus; liLel
abecedarium; fiber fibra; mime mimus; mine cuniculus u.a.
h) ßr mhd. 5 : die mit win, mhd. win (wine) amicus, zusam-
mengesetzten eigennamen, wie Alwin, Edwin, Ortwin u. dergi;
auch andere, z. b. Isegrim, Wigand.
2) dehnendes ih, von noch geringerem umfang, erhalten für
mhd. i : ihm ei; ihn eum; ihnen üs; ihr ei, vos, suus.
3) ie erhalten
a) ßr mhd. i (ein seltener fall) : versiegen exarescert, woneben
Stieler 1661 allein zu erwartendes verseigen verzeichnet (Ver-
mischung mit siech, siechen seheint versiegen durchgesetzt zu
haben); friedhof coemeterium, wohl auf friede pax gedeutet,
wättrend golh. freidjan schonen, ahd. vriten ut delicias fovere zu
gründe liegt (s. 4*, 123), dessen \ sich in dem zustimmenden eigen-
namen Freithof regelrecht aufgelöst hat.
b) ßr mhd. i (md. ie): bieder probus; biene apis; gebiert
parit; bliebe remaneret; gediegen solidus; diele asser; dieser
Itic; fiedel fidula; gefieder pluma; friede pax; giebel sum-
mitas; gier eupido; glied membrum; kiel caulis pennae; kiel
Zwiebel des lauches; kies arena; kiesel calculus; augenlied
ptdpebra; lieferblut <T«or coagxäatus (vgl. Lessi.sc 8,299); liegen
jacere; liesest legis; miede caveret; nieder deorsum; riebe
fricaret; riege series, ordo; riegel pessulus; riese gigas; ge-
schieht fit; schiel limis spectans ; schiene lueeret; schiene ocrea;
schnüede officina ferraria ; schmieden rudere; schriebe imiere/;
schwiege loreret ; Schwiegermutter xocnw; sieb criftrum ; sieben
eribrare; sieben Septem; üeic\n se dem parare, habere ; einsiedler
eremita; sieg victoria; siepel sigillum ; siegeln %nare; siegen
vincere; sieht fi</e/ ; spi<'l/i<'fi<«, spielen /««/ere; gespiel joctui;
2011
I
I
2012
spiesz veru; Stiefel ocrea; stiege scanderet; Stieglitz carduelis;
stiel caulis, manuhrium; Striegel strigilis; trieb ifiifmlfio; triebe
ageret; vich peciis; viel mu//Km; wiebel curculio granarius ;
wiedc ligntim lorttim ; Wiedehopf upupa ; wieder i/<THm; wiege
pendo; wiege ctinae ; wiegen cunas movere; langwierig longin-
quus ; wiese pratum; wiesei mustela; Ungeziefer bcstiolae graves;
ziege capra; ziegcr jerarium; ziel sropiis; zielen collineare ;
ziemt deref; ziemer tergum eerri; ziemlicli modiats; zwie-, in
zwiefach rfi/p/ex h. a. ; zwiebel cepuUa ; zwiesel fiirca.
r) ßr mild, i, d. h. scheinbar ßtr inhd. ei (i-), welches noch
im allem vhd., z. b. bei Lütheh, stand iiehallen halle, die prae-
terila: blieb mansil, nthd. beleij»; gedieh profecit, mhd. gedech ;
lieh multtatus esl, mhd. Uch; mied carit, mhd. meit ; rieb
fricuit, mhd. reip; schien luxil, mhd. schein; schrie clamaril,
mhd. schrei, schre ; schrieb scripsit, mhd. schreip; schwieg
taeuit, mhd. sweic ; spie spuit, mhd. spei, spfe ; trieb egil, mhd.
treip; verwies obietit, mhd. verwei/^; zieh arguil, vihd. zecii.
bei allen diesen drang das kurze mhd. i des plur. praet. {vgl.
biiben, schinen u.s.ie), nhd. zu i gedehnt und durch ie be-
zeichnet, in den sing, praet. und stellte sich an den platz des
alten ei (e) ; wie ja überall in der heutigen spräche im sing,
und plur. praet. der starken verba, mit ausnähme von werden,
gleicher vocal in der Stammsilbe angetroffen wird, gewöhnlich aber
der vncal des sing, praet. den des plur. verdrängt hat.
d) für mhd. ie, und zwar
a) für 'gebrochenes' mhd. ie (mtf. i) = ahd. ie, io (ia), iu:
biegen fleclere; hier cerevisia; bieten offeire ; dieb /"«r; dienen
serrire; dienst servitus; Dietrich; verdrieszen pigere; fliege
«iMsro; fliegen volare; fliehen fugere ; flieszen fluere; friedel
amator; frieren frigere ; gieszen fundere; griesz sabulum; kiel
navis; kiesen eligere; knie genu; kriechen repere ; lieb carus,
gratus; liebe amo, amor; Med Carmen; verlieren perdere ; nierc
ren; niesen sternutare ; niel clavulus; nieten clavulo figerc ;
genieszen uli; nieszbrauch usus; pfrieme subula; riechen olere,
odorari; riemen lorum; riet carex ; schieben trudere ; schier
mox; scbieszen jaculari; schlieszcn claudere; schmiegen con-
trahere; s\ech aegrotus ; s\eden coquere ; spiesz /lasJa ; sprieszen
pullulare ; stieben ptdverem suscilare; slief privignus; stier
tatirus; tief profundus; tier bestia; triefen stillare; zieche stra-
gulum; ziehen trahere; zierde decus. an umfang hat dieses ie
im nhd. dadurch gewonnen, dasz bei den hierher fallenden starken
Verben die brechung auch in den sing, praes. ind. und imperat.
eindrang, sagte man mhd. :
sg. biute bintest biulet, pl bieten bietet bietent, imp. biut,
so lauten die nhd. formen :
biete bietest bietet, bieten bietet bieten, biete.
ß) für mhd. ie, welches auf ahd. thäls aus altem 6 (e) hervor-
gegangenen ea, ia, ie, theils altem eo ent.tprungenen io (iu), ie
beruht, die ursprünglich reduplicierten practerita : blies /Zai-t, briet
assavi; fiel cecidi; fieng cepi; gieng ivi; hieb eecidi; hielt
tenui; hieng pependi; lief cucurri; iicsz sivi; rief vocavi; rieth
eontului; schied teparavi; schlief dormivi; sticsz tiitudi.
y) für mhd. ie in fremdwörtern die folgenden: brief lit-
lerae, ahd. briaf, l(ü. breve; fieher, ahd. llebar, lal. febris;
Grieche, ahd. Crfeh, Creah, Kriach, Kriecho, lat. Graecus;
priester, ahd. prßstaf, priestar, altfranz. prov. prestre; spiegel,
aiid. spiagal , lal. speculum ; ziegel , alid. zcagal , ziagal , lal.
tegula. die ahd. formen zeigen, dasz hier dieselbe außüsuug
einet ursprünglichen e wie in den unter ß aufgeführten prae-
tenlit vorliegt, auf die quantUät des fremden e ward hei der
herübernahme keine rücksiciu genommen, im romanischen dieselbe
auflüiung, vgl. fr. brief, liivre ; it. brieve ; sp. liehre, Griego.
8) für mhd. ie — » ahd. * (e) : hier hie, golh. iii'r, ahd. hfr,
bear, hiar, hier (hir Tat. 91,2); mielhc merces, ahd. mfita,
meata, miala. auch hier hat sich aupösung eines alten c ereignet,
dessen quantitdl im ahd., wenn man die alts. ags. fries. formen
beider Wörter ver>jleicht, nicht festzustellen ist.
i) für mhd. ie = aW. io, eo: nie nunguam, ahd. nio, neo
(nifeo), allt. nfo, nio, golh. ni aiv; wie quomodo, ahd. «uio,
hnueo, uueo (uaito), aUt. bwiu, bweo, hwl, vgl. goth. hvaivs
vnd hfi.
C) für mhd. ie » golh. i-ti: vier quattuor, ahd. Rot, golh,
t) ßr mhd. iu, ahd. iu: die haec (fem. u. neutr.); »ie ea
(fem. u. neutr.). ßr mhd. ie, ahd. ia, i4, iö : die hane, hi,
lue; «ie e<im, n, eae.
fi für mhd. iie (uo) : micder thorax. wie tieh in diesem fall
e ßr mhd. Oe ftttgeteM hat, so finM urh im i:,. ic. jahrh.
tielfach: fiegen ßtr mhd. vücgen , fieren /Vir viieren, gietlich
für güetlich, bieten für hiieten, mieszen für miiei^en, mieszig-
keit für miiejecheit, schliege für sliiege, sie«z für siieje, und
viele andere.
g) für mhd. ahd. ei in leif, leip, leib *reliqiiine, progenies' :
die damit zusammengesetzten eigennamen, wie Hictlieb. mhd.
Dietleip; Friedlieb, niM. Fridleip (ßi/fro//' 5073) ; Örtlich, ahd.
Orlleip. dasz der zweite bestandtheil dieser namen frfthzeittg
nicht mehr verstanden, daher umgedeutet und durch lieh 'carus'
ersetzt wurde, lehrt auszer Orllicp in den Nibelungen und Fri-
doJiep bei Neiduart 39,20 der name Itundiicb im Eckenliede
S2, 6 und dem lat. ged. des 11. jahrh., wofür in der Tliidrekssaga
des Vi. jahrh. cap. 40 Hoseleif, Hozcleif, Itutseleif (= altnord.
Hrödslcifr?) steht.
h) zahlreiche auf ie auslautende , dem französischen entlehnte
substantiva, wofür beispiele zu geben nicht nöthig scheint.
4) ieb erhalten für mlitl. (md.) i: befiehlst jubes, befiehlt
Jubel; einpfiehisl commendas, empfiehlt commendat; stiehlst
furaris, stiehlt furatur.
B. Verhältnis des i zum j. hierüber wird unter j gesprochen.
C. Das schrißzcichen.
In den runrnalphabelen wird kürze wie länge des Uautes durch
I bezeichnet, der Guthe Vulfila, bei seiner schrißerfindung theils
an die runen theils an die griechische und lateini.sche schrift-
entirickelung anknüpfend, gibt die kürze durch I, die lange nach
der gi-iechischen diphthongischen Schreibung durch 61, denn ei
wie i auszusprechen war damals in Grieclienlind längst allgemein
üblich, nicht minder beruht es auf griechischem torhild , iceiifi
anlautendes oder silbenbeginnendes oder zwischen vocalen stehendes
i in den gothischen handschrißen zwei puncte erhält: I. da
schon in der ältesten griechischen uncinlscliriß iota auch mit
diesen diakritischen punclen bald selten bald häufiger versehen
wird, welche nicht diärelisch sind, auch wenn sie häufiger da
vorkommen, wo iota zwischen vocalen steht, vgl. Wattehbacb
anl. 2. griech. pal., autogr. 11.
Die lateinisch redende und schreibende kirche brachte uns mit
dem christenthum und der römischen cultur die lateinische schnß.
rücksichtlich des izeichens und seiner behandlung sei hier nur
soviel bemerkt, dasz es in der majuskel bald beibehalten : I, bald
nach oben verlängert, bald unter die zeile nach links sich krüm-
mend gezogen wurde tnid in dieser gestalt, jedoch noch ge-
schwungener und sonst verändert, zur heieichnung des i~ wie
des jodlautes, welcher letztere heute zur Unterscheidung von I
durch i bezeichnet wird, in die druckschiiß übergieng und endlich
die gestalt 3 erhielt.
Was die minuskel beiriß, so ward das i bis zum 11. jahrh.
ohne bestrichelung oder puncticrunq geschrieben, erst damals be-
gann man zusammentreffende istriche mit accenten zu bezeichnen,
um Verwechselungen vorzubeugen • li, tn. uf. ein frühes bei-
spicl dafür gewähren die genetive brmifacii, antonii, cnnii in der
im königl. archive zu Berlin befindlichen hs. der Freckenhorster
lieberolle; vgl. Heyne kl. altniederd. denkm.'9. schon im 12. jA.
erscheint das strichlein zuweilen auch über dem einzelnen i, da-
neben aber kommen immer noch i ohne bestrichelung häufig vor
und nicht selten sind vi älteren liss. dergleichen striche sfxiter
nachgetragen worden. aus dem strithlein ward weiterhin der
längst übliche puncl, doch finden sich puncte über dem i, wie
Wattenbach anl. zur lat. pal., atUogr. i> bemerkt , wohl kaum
vor 1350.
i, dem der punct, das 'ttipfchen' fehlt, ist uns ein bedeutungs-
loser strich, erst durch punctierung wird es ein buchstab, etwas
wirkliches, iiantes und pflegt daher in bildlicher rede jenachdem
auf mangelhap.es oder vollständiges, vollendetes bezogen zu werden :
der Sonnenschein hob die localfarben blendend hervor, und
die Schattenseiten waren so licht , dasz sie verhaltnismüszig
wieder zu lichtem hiltfcn dienen kennen, ein gleiches galt
von den Widerscheinen des meergrilncn wasscrs. alles war
hell in bell gemahlt, so dasz die schiinmenile welle und die
blitzlichlcr darauf nöthig waren , inn die tflpfchen aufs i zu
setzen. Göthe 21,135; I-udwig Philipp kokettierte mit dem
btirgerlicin'n oberrock und dem ffnveruu'idlichen regenscbirme,
damit bei »einem 'bOrgerkönigibume' auch das tüpfcichen auf
dem i nicht fehle. Rieiii. bürgert, gts. (isttl) 249; Homunculus
in GOthet Faust (41, lll. Hempel 13,74) strebt, ein gedanke, nark
vrrwirklichung, letblichkeit. gamheit und tagt daher heim scheiden
tu Wagner:
Indennen irli ein mfickrhi-n well durrhwindr«,
enUaok Ich wqI ilai Uiprchan aiit dks i.
2013
I
I
2014
I, IH, IE, Y, YE. die aufstellung dieser mit ei sich berüh-
renden, im plattdeutschen überall dafür eintretenden interjection
{gr. 3, 301) unrd durch den umstand erschwert, das: unsere soge-
nannte deutsche druckscbrifl l und J nicht zu unterscheiden vermag.
CS bleibt daher nicht selten zueifclhaß, ob 3c als langes i oder
als je :u fassen ist, uelches letztere Iheils aus der diphthongischen
Schreibung der iulerjeclion durch Verlegung des tons von i auf
e sich entwickeln konnte (Steixbacu l, sOS hält diese ausspräche
" des ie für sächsisch) , theils aber auch als geschwäcläes ja auf-
gefaszt werden kann. s. das erste je. besonders tritt diese un-
sicherlieit ein, sobald die interjection sich mit nun verbindet, wo
dann i nun, je nun, ja nun in ihrer bedeutung sich 'nahe
berühren oder zusammenfallen.
Vieldeutig wie ei, doch mehr der niederen rede als der Schrift-
sprache angehörend, wird i voti den älteren lexicographen und
gramm'jtikern , soweit sie es überhaupt aufstellen , verschieden
erklärt, bei Diefenbacu 197* entspricht es lat. eia, Maal£B 509'
verzeichnet y als 'indignantis particula', Schottel b67, wo man
es antreffen sollte, fuhrt es niclU auf, Stieleb SS3 nur nebenbei
in Verbindung mit freilich: ie freilich ''maxime'. auch bei
IUdleir und Fbiscu fehlt die interjection, dagegen gibt ihr
Stei.nbacu 1, SOI die bedeulung des lat. eheu, hem und führt als
beispiel an: ie! das halte ich nicht gemeint ^hem! hoc non
putassem'.
Mhd. scheint \, obwM belege kaum vorhanden sind, ausdrücke
des Unwillens und der Verwunderung gesteigert zu haben, darauf
deutet eine stelle bei Hcco v. Tbimberg :
swer aller spräclie kraft ^il haben,
der merke mit vli^e fünf puochstabeo.
die sint so wirdic und so sthi'ene
daj alle wort und aller gedcene
nach in gestimmet müeje sin,
des heilet mau sie die stimmerio.
a hebt und endet des mannes lebeu,
e dem wibes uamen ist gegeben,
i iraizes (troites) und auch wunder« pfligt,
u von im selber niht vil wigt,
0 schricket, ruofet, wünschet, wundert. Renner 221S8.
demgemäsi wendet Gotifbieo t. Stbaszbdrg unwilliges, verwun-
derndes \ in der frage an:
Tristan sprach 'merzi (gnade), bele Isöt!'
'i, übeler man', sprach Isöt, 'i,
unde Torderst du merzi?
meni gebaret niht ze dir'. Trislan 10206.
Nhd. findet die interjection dieselbe Verwendung, doch färbt sie
dabei in mannigfaltiger abstufung bald entschiedener bald leiser
den gedanken und wird, was ihren gebrauch betriß, in folgenden
fällen und lagen angetroffen.
1) gern tritt i tor den vocativ, um den anruf hervorzuheben:
i lieber goitl i du gerechter himinel!; ie du diebischer köpf!
hast du den dreck denn gar müssen vergessen? A. Gbypbids
Pel. Squ. IT; ie du tauseud-engel, machstu meinen heutigen
träum waiir? Cub. Weiss polit. redn. (1679) 359; Jud. ie du
schöner eidam! Phil, ie du freundlicher Schwiegervater! maul-
affe 43; ie herze frau gevatlerin, v»er v^ird sich denn flugs
darauf besinnen? Schlampampe krankh. u. lod (1696) 2; ie du
einfältiger tropf, vvilstu mir nichts mehr sagen? 51 ; ie Anton,
Anton, das ist ja eben der brief aus Berlin, weichen ich
erwarte. Lessi.ng 1,296; ie Peter, so könntest du uns einen
groszen dienst thun. 2,394; ie du verdammter hundsfott von
einem poeten ! 2, 406 ; Laura, ie herr vater — Wumsh. ie
Jungfer tochter, schvseig sie doch! 1,379; ie herr vvirth, wen
bringen sie uns demi da? 1,539 (Minna v. Barnh. 2,8); ie
mann, sagt ich, sei doch nicht arg ! Miller S/ejtr. 1,45. auch
kann der ausruf über driUe personen ein solches i erhalten: i der
seltsame mann!; Schlamp, (meine töchter) sprechen, sie müssen
Vielehe von adel sein, und sollen sie kein hembde auf dem
leibe behalten. CamiU. ie die närrische dinger! Schlampampe
kiankh. u. tod 10.
2) vermöge der analogie zwischen vocativ und imperativ tritt
auch vor den letztem die interjecliou, mitunter von so begleitet:
y lasz dir dz schnöd galt (geld) nit so lieh sein! Maaler 509';
ie sich (sieh) doch! es verlohnte sich . . Ch«. Weise er;n. 22s ;
ie fahre, galgenvogel, fahre und schmeisz da ehrlicher leute
kinder um! Schlampampe leben 95;
st! siebst du. sprach das licht, dort die raquete steigen?
ie denk» doch! ie wie hoch! wahrhaftig, das laszi schön!
Stopp« neue fabeln (1740J 1, 87 .
0. u. F. kost ihn (den wein) selbst! Sl. ie reicht nur her!
Götter 3, 4^5; ie so gehe und komme oiir nimmermehr vor
meine äugen wieder, du gottloses kind ! Schlamp, kr. u. tod 21 ;
ie so zweifle, du verzweifelter Zweifler! Lessing 1,493. und
ebenso kann i vor den optativ treten: y behüt uns got! waj
sagen ir nun? Llenspiegel (Läpp.) 133.
3) alle fragwOrler können denselben nachdruck erhallen : i wer
kommt uns da entgegen?; i wer wiids denn dem auf die
nase binden? Kotzebce dram. sp. 2,51; i was soll ich dir
mehr sagen, potz schlapperment! neue zeäung i;on Beriin (1614),
s. histor. genealog. kalender (lS2l) 18; ie was zum henker? bistu
es denn oder bist du es nicht? Schlampampe kr. u. lod 25;
ie was schadet es, wenn er auch was schuldig ist? Lessinc
2,402; ie! sprach sein freund, was fehlt dir? Göckingk 2,204;
i warum nicht gar?; ie wie so? ie wie denn so? Schlampampe
leb. 96; mir? ie wofür denn? hab iohs nicht recht gemacht?
Götter 3, 323.
Doch wird auch ohne diese wörlcr frage und ausruf durch i
hervorgehoben :
ach leben, bistu todt? ie kann denn gott sich enden,
der anfang anfangslos, das end ohn end und wenden?
Flemimg 12 (Läpp. 1, 24) ;
ihr ganz vergälltes volk, ihr gar verstockter sinnen,
noch thierischer als thier, ie werdet ihr nur küunen
erkennen eure schuld? 13 (Läpp. 1,25);
M. LolL verstehet ihr euch aufs calendermachen, so sehet
doch, ob der monde scheinen wird. P. ie sollte ich das
nicht können! lustig, lustig, ihr herren! der mond wird gewiss
scheinen , wenn wir spilen werden. A. Grypbics P. Squenz 6
(1,722); ie schämet ihr euch denn nicht für dem könige? 23;
ie ist das nicht eine plappertasche, die Camille? Schlampampe
krankh. u. tod 4i; ie sollten sie denn den kleinen mann nicht
kennen? Lessing 1,255.
4) an dieses frage und ausruf- begleitende i reiht sich das-
jenige, welches behauplungen, berichtigungen, Zugeständnissen, be-
kräßigungen nachdruck gibt: i ja wohl, das ist so! i das
versteht sich!; der junker fragte Hansen ganz ernstlich, ob
es nicht wahr wäre? ie ja, junker, freilich ist es wahr.
gepflückte finken (1667) 281; 'das buch hat den Prinzessinnen
recht wohl gefallen', ie ja! das buch ist ganz gut. Rabe:<es
6,222; Joh. ein atheist ist nichts -Heiter, als ein mensch,
der keinen gott glaubt. Hart, keinen gott? ie, das ist ja
noch viel ärger. Lessing 1,413; ie, das ist ja gar, mit ehren
zu melden, ein betneger. 1,496; was? was? mein vetter?
ie, dem sein schifif ist ja untergegangen, madame. 2, 3S4 ; die
frau doctorin und ich brachten sie in einer kutsche nach
hause? 'in einer kutsche! warum?' . . ie, sie lag ja in
einer Ohnmacht, die arme frau! Engel (Lor. Stark) 12,296;
sie scheinen, lieber freund, den sinn meines gedichts (sagt W.)
gefaszt zu haben, es hat sie fast zu sehr angegriffen, nehmen
sies nicht übel, sagte H., dasz ich meinen emplTndungen so
freien lauf lasse, i (erwidert W.), es ist ja auszerordentlich
schmeichelhaft für mich! Tieck sehr. 15,239; ie da hätte ich
mich doch zu tode geschämet ! Schlampampe krankh. u. tod b;
Cxfr. 0, mein einig zahn ! vertragen wir uns lieber in der gute
mit einander! Sempron. ie, meinethalben! was haben wir auch
sonsten vor? A. Gbypbids Horribilicr. (1665) 84;
erster Jäger. was? der blitz!
das ist ja die Gustel aus Blasewitz.
marketeiiderin. i freilich! und er ist wohl gar, musjö,
der lange Peter von Itzehö? Schuxk« 321*.
Ebenso aber auch ablehnungen und leugnungen:
bistu derjenig geist, der hie herumb sol sein,
so mach dien fluchs (flugs) von mir zur tiefen höll hinein!
echo. ie nein!
Hanmakks iimnerkunyen 199;
'hm ! ' flel ihr jener in die rede,
'wenn dirs an geld gebricht' —
ie, das nicht! doch . . . Göckingk 3, 83.
ablehnunq liegt auch in den formelhaßen ellipsen: i bewahre!
i behüte! i lieber gar!, und ironisch zu nehmen ist: i das wäre
schön ! == das könnte mir gefallen, daraus wird nichts ! oder
auf fragen wie: du meinst, ich würde morgen damit fertig?
die anlwort i ja doch! => keineswegs, das ist gar nicht
möglich!
5) besonders wirksam leüet unwilliges i Verwünschungen und
fluche ein: i zum dotinerwetter! i hols der teufel!; ie der
verfluchte brief! Lessing t,t>'; ie verflucht! 2,389; ie ver-
flucht! schrie er, wenn hat jemals eine fee diejenigen, die
sie in ihren schütz genommen hat, . . halb todl prügeln
lassen? Wiela.-id 12,14; ie zum henker I so warten sie noch
2015
I
1 — IBER
2016
einen angenblick! Lessi:<g 2, 36S; ie zum henker, schrie
Pedrillo, indem er sicii von ihm los risz, sind sies , herr?
reitet sie denn der teufel , dasz sie mich mit aller gewalt
erdrosseln wullen? peslilenzi man ist ja seines lebens nicht
bei euer gnaden sicher! wie? was ist das? rief don SyWio
ganz bestürzt, bist du es Pedrillo? ie zum wetler! wer soll
ich sonst sein? Wieland 11,185.
6) i in ausdrücken der Verwunderung, des Staunens, der be-
^digung und freude. manche der bisher aufgeführten belege
hätten für diesen fall gespart werden können, doch sollen hier
nur beispiele gegeben werden, in denen die ebengenannte anwen-
dung der interjection besonders hervortritt: Vansen. willst du
einen aufruhr erregen , wenn sie ihn (Egmont) gefangen
nehmen? Jetter. ah! Vansen. wollt ihr eure rippen für ihn
wagen? Soest, eh! Vansai {sie nachäffend), ih! oh! uh! ver-
wundert euch durchs ganze aiphabet. Götue 8,244; D. sie
war so krank. W. ahl D. höchst gefahrlich krank. W. eh!
D. wir fürchteten einige tage für ihr leben. \V. ih! Klincer
9, 123 ; L. ergebenster diener, herr Riepel . . A. i ! hat man
doch lange nicht die ehre gehabt, sie zu sehen. J. Chr. Bartu
galante etlticii (1748) 118; ie, guten morgen, herr don Sylvio,
schrie ihm dieser entgegen, sobald er ihn erblickte, leben
sie auch noch? Wieland 12, 32>J; ie, unvermuthete freude!
herr Paul Werner! «illkommen bei uns, willkommen! Les-
si.NC l,54ä;
nun eil) knikscheii ! — i!
wie niirs kracht im knie! L. Pa. Hahn ged. 53.
forvielhafte Wendungen, welche hierher gehören, sind: i der
tausend ! i sehen sie mal I i guck einer ! u. dergl. zuweilen
gesellt sich nein zu diesem i, «;;» erstaunen oder freude des
sprechenden, der was er sieht oder hört unglaublich findet, noch
mehr hervorzuheben: i nein! was du sagst!; ie neu ie neu
ie, ie, ie was schüne leute hots hie, ie neu A. Grvphius (/e/.
domrose (1661) 8, vgl. Palm 51, 1. auch leitet i antworten auf
fragen ein , die der befragte seUsan^ findet , da sie sich für ihn
von selbst beantworten : Lelio. wenn du als freund an mir han-
deln wolltest, so würdest du mir lieber einen rath geben,
wie ich etwau diese unglückliche heirath hintertreiben könnte.
Klit. wie so? Lelio. ie, meine erbschaft geht damit zum teufel.
Lessimg 2, 398 ; Seit. Lisette, lasz uns doch auch von unsrer
Sache etwas reden. Lis. was ist das vor eine sache? Seit.
ie, unsre sache — Lis. ich weisz nicht, was sie wollen.
Seit, ie nänchen — Lis. ha! ha! aus dem närrchen merke
ich bald was es sein soll. 2,439; 'nun, wovon denn?' ie,
vom klosler und dergleichen. Miller Siegw. 1, 25.
7) weniger bestimmt ist die bedeutung von i, wenn es mit nu
oder nun verbunden wird, wobei, was schon erwähnt wurde,
Vermischung mit je nun und ja Imn eintrilt und nicht zu ent-
sclieiden ist, ob i nun oder je nun vorliegt, im allgemeinen
kann sich so ausdrucken, wer zurücUialtend redet oder, Ula die
sache nun eintnal so liegt', widerstrebend etwas einräumt, hin-
gehen lasit oder auf etwas eingeht, auf dieses zurückhallende i
beliehen sich auch wohl Logaus verse (l, 7, 57), wenn er mit ähn-
lichem ȟOdlspiel wie H. v. Thihbehg sagt:
a ist (lerer die nicht wuilcn.
e ist derer die nicht sulien.
i ist derer die da lageii.
o ist derer die da klagen.
u ist derer die da plagen.
turückhcdlung hegt in dem ausdruck in folgenden stellen : Maskarül.
sein väterliches haus war ihm zu giosz — zu klein, zu
leer — zu enge. Anselmo. zu grosz, zu klein; zu leer, zu
enge, was heiszt denn das? Maskarill. ie nun! sie werden
es von ihm selbst besser hören könuen, wie das alles ist.
Lessing 1,493; cw. gnaden keimen den mcister Erich nicht?
{lächelnd uod verschämt) i nu — das ist so zu sagen die kar-
batsche. Kotzidue dram. jp. 2, 141. einraumung, hingehenlassen
in dieun : ye nu, wein {sagt die mutier zum kinde) das dich
der teufel holen müstc. Utenspiegel 142 ; ie nu , wenn es so
»ein sol. Chb. Weise comüd. 327 ; frau Oront. gefangen waren
sie! 80 ein unteruüniliger iiiaim; wenn man ilim einen (liigcr
giebl, nimmt er die ganze band! ühldinn. ic nu — wie gott
will, frau Oront. hehüts gott! sie werden doch das nicht
thuii! LessiMC 2, 3'.J0. bisweilen tritt dabei der Widerspruch starker
hrrvor, to datz i nun soviel wie ich gebe das zu, entgegne
aber brdrutel: Mich. St. ohne das {ohne glück) kann mau nicht
einmal ein guter Spitzbube «ein. Marl. Kr. ie nu, wenn icbt
beim lichte besehe, so nind wir kaum dadurch auf ein paar
tags langer dem stricke cntgaogen. Lcstinc 1,304;
ich warf dem Miion vor. dasz ihn so viele hassen!
'ie nun! wen lieb icli denn?' sprach Misou gani gelassen.
1, U;
und eine frau ist ohnedem ein lamm.
'ein lamm? du magst die weiber kennen'.
ie nun, man kann sie doch in so weit iämmer nennen,
als sie von selbst ins Teuer rennen. 1, 117 ;
i nu, damals war ich auch in sie verliebt. Kotzebue dram.
sp. 2, 198. baare ublehnung aber liegt darin , wenn nu (nun)
verdoppelt wird: ie nu nu, das todtschlagen kommt doch nicht
an uns. Chr. Weise comöd. 195, während i nu ja! (Lessikc
2, 3S9) i nun ja! i nu freilich! i nun freilich! (Kotzebuk
dram. sp. 3, 195) je nach der beziehung beharren auf der eigenen
meinung oder biltigung der entgegenstehenden anzeigt.
I, anruf an pferde, stehen zu bleiben (rheinisch). Kehbein 1,206.
I, s. ich,
I, s. in und ein (3, 140).
I, *. je.
lA, auch YA, YAH geschrieben, das schreien des esels. rudüus:
als Ulenspiegel nun mit dem rector und etlichen magisiri
kam, da legt er seinem schüler {dem esel) ein nüw buch für.
so bald er das in der kripfen fände , da warf er bald die
bletter hin und her, den habern suchen ; als er nüt fand, da
begund er mit lauter stim zu schrein : i. a. i. a. da sprach
Ulenspiegel: 'sehen, lieber herr, die zwen vocal i und a. die
kan er ietzund; ich hoff, er sol noch gut werden'. Ulen-
spiegel {Läpp.) 41. im Sprichwort heiszt es: wenn der esel zur
mühle kommt, so sagt er i-a. Simrock deutsche spruhw. (2. au/l.)
2176. auch bildlich wird es gebraucht : als ein wahrer esel friszt
er {der recensent) die disteln die um meinen garten wachsen,
nagt an der hecke die ihn vor solchen thieren verzäunt und
schreit denn sein critisches i! al ob er nicht etwa dem
herrn in seiner laube bedeuten möchte, ich bin auch da.
Göthe und Werlher (2. aufl.) 117. der esel selbst kann so heiszen:
zieht ein esel über Rhein,
kommt ein i-a wieder heim. Sibrock d. spricliw. 2193.
vgl. chika, gigag, hika, iha, ihha, ika.
IAHEN, YAHEN, lAHNEN, verb. wie ein esel schreien; lat.
rudere, griech. oyxäa&ai, ttal. ragghiare, ragliare, franz. brairc,
engl, to hee-haw, to bray:
statt den menschen in den thieren
zu verlicien,
findest du ihn klar darin
und belebst als wahrer dichter
schaT- und säuisclies geliebter
mit gesiunung wie mit sinn.
auch der esel kommt zu ehren
und yaht uns Weise lehren.
das, was liülTon nur begonnen,
kommt durch Tischbein an die sonnen.
GoTUK (an Titchbein) 2, 168;
bis der vorderste (esel) stillstand und fürchterlich zu iahnen
anfing. Stülberc 10, 2S2,
Alid. amhd. sagte mau luon. Hattemer 1, 28i';
der wilde esel luot niht vi),
wan so er ej^jen wil. Karajan deutsclie $priichil. M ;
mhd. lüejen, lüen u. o., gurren, brieschen {vgl. Sta.ldeb 1,225):
die nahtegal dicke müet
swi ein esel od ohte lüet. Vri:l. 142, 10;
der esel gurret üt' den wän,
er Wienet wol gesungen liän. 14u, 7 ;
ei waMiet niangur singen wol,
des slininiK liert ist undc hol,
und hrieschet als der esel tuot. Bonh 82, &3.
im 15. Jahrhundert begegnet vom schreien des esels l)ulk(ii und
luzeii. altdeutsche blatter 1,152; Maalek ni'. li>2'. -in' verzvichnet
gigagen, hauen {s. 4-, 43i), riichlen {vgl. Frisch 2,123*), UierKN-
BACii 5U2' auszer diesen noch geiren, kirren, ranken, welches
letztere an das osnabrückische ransken (Stbootmann 179) erinnert;
Stikler 594 fuhrt gii^agen, Haülein igagen uiiii ygaeii auf
Ilt, lUE, f 1) t'uus baccata, eibe. Diefenuacu 2^3'; Nkmmcii.
':) hcdtra, epheu. Diefenbach 194", 5. 3, 67S.
IHAUM, m. was ibenbauin, eibrniiaum: ybauin oder förchen-
hol/. Siunrr Schweiz, chron. bei I'Iiisch l,4b&'.
ibKL, I. übel.
illKN. f. eibi-ii und üben.
IHEMIM'.M, m. uui eibcnbaum: von dem ibcn- oder eiben-
baum. 0. weish. tusig. 024; DurKNBACU 574^ Nennicu.
IBENHLATT, n.
IKENLAlb, M. I) «9* eiltenlaub. 2) hedera, epheu, wmttr-
glUH. HlErENBACH 194*.
iKEH, I. Über.
2017
IBERIS— ICH
ICH
2018
IBERIS, f. lepidium iberis, schiatikkresse, pfefferkraut mit dem
grasblatte, wilde kresse. Nemsich 3, 374.
IBERPFLANZE, f iberis. Nemmch 3,213.
IBIS, wi. lat. Ms, griech. Ißt-, ägyptischer brachvogel, ägyp-
tischer storch, nilreiher. Nemsich 2, 1422; der vogel, ibis genannt,
nehrt sich der schlangen, bestreitet, tödtet und friszt sie;
seine jungen speiset er mit schlangeneieren, . . (tcird) aus
der ursach von Egj-ptiern geliebt, verehret und in hohem werd
gehallen, schlangenbuch (l5S9) 7*.
IBISCH, f l) tras eibisch : die ibisch, wildpappelen, hibiscus.
Maaleb 235*; hibiscus vel hibiscum, a quibusdam ebiscus,
ibisch, wildpappelen, ibschen genant, glosse zu eclog. 2, 30 in
Virgü. opp. ed. Egenolph 1597, 3U'; tgl. ScH.NCRa 228; Diefen-
BAca 21*. 75*. 2S3' ; Nemnicu 1,207.
2) auch hier icie oben bei ib, ibe, ibenlaub Vermischung mit
der u'unel von epheu, was ibisch bedeutet bei Diefenbach 194'.
3) eine gattung exotischer pflanzen aus der familie der tnahen.
KEB.^fiCH 3. 143. -
IBISCHKRAL'T, n. napaea hermaphrodüa. Nemmch 1,207.
IBISCHPAPPEL, /■. althaea officinalis, sammetp'jppel , weisze
pappel, wüd» pappel. Nemsicu 1,207.
IBISCHWLRZ, f auch gekürit bischwurz bistnalva. Diefes-
bach 75*.
IBISCHWURZEL , f mahariseus. Fbisch 1,485*; vgl. Diez
et. wb. l*,262.
IBSCH, m. ü)ex, Steinbock. Stalder 2, 6S; mit fem. ibsche,
Weibchen des Steinbocks.
IBSCHGEISZ, f was ibsche. Stumpf Schweiz, chron. bei Frisch
1,4S5'; Stalder 2, &S; auch tirolisch, vgl. Nemsich 1,851.
IBVOGEL, m. Fischart groszm. S7 (ScA. 615) nennt den Mercur
daucherund ibvogelfliegenden uiderlrager. da dem Hermes der
laros, ein weiszer, zum mewengeschteclU gehöriger scevogel heilig war,
so ist mit ibvogel vielleicht alcedo ispida, der eisvogel, königs-
fischer u. a. (Nemmich 1,15S) gemeint., als dessen lateinischer name
auch ipsida vorkommt, vgl. Diefe^bacu 310\
ICH, die erste person des persönlichen pronomens.
I. Formen und terwandtschaß.
a) sg. ich, mein und meiner, mir, mich, pl. wir, unser, uns,
uns. goth. sg. ik, meina, mis, mik. dual, vit, (ugkara?), ugkis,
ugkis und ugk. pl. Teis, unsara, unsis und uns, unsis und
uns. alid. sg. ih, m!n, mir, mih. dual, (uuiz?) unker, (unk?
unk ?). pl. uuir, uuir, uuer, unsar, uns, unsih. mhd. sg. ich,
min und mines, mir, mich. pl. wir, unser, uns, uns und
unsich. altsächs. sg. ik, ic (ec im taufgelöbnis), min, mi, mi
und mik (mih in d^r psalmenübersetzung). dual, uiiit, unkero,
unk, unk. pl. uui und uue, üser, üs, üs. mittelniederdeutsch
(Reinke de vos) sg. ik, dat. u. acc. mi. pi. wi, dal. u. acc. uns.
altmelilenbtirgische Schriftwerke gewähren bis über die mitte des
15. Jahrhunderts hinaus, abgesehen vom gen. sg., welcher miner
lautet, im sg. u. pl. die altsächsischen formen, die neumeklen-
burgischen stimmen zu denen im Reinke; vgl. K. Nercer gramm.
d. meklenb. dialekt. 107. 190. sehr abweichend aber sind die nieder-
deutschen formen von GöUingen und Grubenhayen: sg. ek (ek),
miner, dat. u. acc. mek (mek). pl. wi (wi , wei), we , üser,
dat. u. acc. Osek, Osch, sek. ScBAMBAcn 55*. mittglniederländ.
sg. ic, inins, mi, mi. pl. wi, onser, ons, ons. neuniederländ.
sg. ik, (miJDs), mij, mij. pl. wij, (onzer), ons, ons. angels. sg.
ic, min, me, me(c). dual, vit, uncer, unc, unc(it). pl. ve, üser,
üs, Ü8(ic). neuengl. sg. I, mine, me, me. pl. we, ours, us, us.
altfries. sg. ik, min, mi, mi. pl. wi, user, us, us. salerländ.
sg. ic, min, mi, mi. pl. wi, use, us, us. neufries. sg. ick,
myn* und myner, my, my. pl. wy, uwser, uwz, uwz. altnord.
sg. ek, min, mer, mik. dud. vit, okkar, okkr, okkr. pl. ver,
vir, 05S, oss. schwed. sg. jag, dat. u. acc. mig. pl. vi, vär,
dat. u. acc. oss. dän. jeg, dat. u. acc. mig. pl. vi, vores,
düt. u. acc. OS.
b) unter den mitteldeutschen dialektischen formen von ich ist
eich, aich bemerkenswert, will man ihr einen gelehrten namen
geben , so könnte man sie die gunierte nenneti , insofern sie ein
mit nachdruck gesprochenes, gedehntts ich (vgl. heniieb. ich Fbom-
MA5:t tnundar/en 2, 75) vorauszusetzen scheint, dessen langer vocal
bei träger ausspräche gekürzt, jedoch mit unbestimmtem nebenlaut
gesprochen wurde, welcher schlieszlich als a oder e vor i erklang,
was den umfang seines gebietcs betriß, so ist eich, aich ober-
hessisch, wird aber von Vilmar im idiotikon von Kurhessen nicht
aufgeführt, den lauf der Lalm verfolgend, ist es im Nassauischen
weit verbreitet {vgl. Kehkein 1, 12), nicIU aler im Siejeiland, wo
ech die herschende form ist [vgl. Hei5zerlinc 20). jenseits des
IV. II.
Rheins ist et in der Trierer gegend lebendig, wie Lavexs gedichte
in dieser mundart es lehren, ostwärts herscht es in der Wetterau
(vgl. C. Malsz die bauem, in seinem volkstheater in Frankfurter
mundart) und im Spessart, was Gruiheisuacse"» im Simplicis-
simus b. 1, cap. 2, in dem gespräch zwischen Simplex ujid seinem
valer bezeugt: knäno (sagt S.), sag mir aa wey der wolf seyhet
(aussieht), eich huun (ich habe) noch kan (keinen) wolf gesien.
für Sachsenhausen wird es von E. Wt^LCKEU vocalschwächung 7,
für die gegend um Mainz von C. Malsz a. a. o. 69 bezeugt.
c) kürzung zu i oder i erfährt ich auf alemannischem und
bairisch-öslerreichischem gebiet, über die formen und die declination
gibt Weinhold alem. gr. § 412, bair. gr. § 357. sowie Schmeller
mundarten 1S6 nähere auskunß. doch kann über das schwinden
des gutturalen reibelaules in chronologischer hinsieht hinzugefügt
werden, dasz i oder i (= ich) mit unmittelbar nachfolgendem
verbum, aligeschen von dem vereinzelten bei Graff 1,11*. 6,817
aus Reichenauer glossen des 8. Jahrhunderts aufgeführten i zislizu
secido, liäußg in Wiener glossen des 12. Jahrhunderts (Hoffmaxss
sumerlaten 1-20) erscheint, z. b. exlundo i blüwe 6,77; eluo
i chere 7, 1, fascino i zobere 8, 11 ; kio i gin 9, 62 ; tndo^o
i forsche 10,50; no i swimme 12,15 und öfter, vgl. 8, 12. 10,51.
11,7. 11,72. 12,33. 18,4. 20,46.
d) erweiterung durch ein verstärkendes sufßx a hat ich im ahd.
in den formen ihha (Graff 1, lis) und ihcha (Hattemer 1, 146')
mit der bedeutung '^egomel' erfahren, ein mhd. iche scheint nicht
belegbar, u^ol aber ein milteldeutsches bei N. v. Jeroschin, worüber
Leier mhd. hwb. l, 14U verglichen werden kann, gegenwärtig
begegnet nachdrückliches iche ebenfalls in mitteldeutschen viund-
artcn , z. b. im Posenischen (Bernd 104) und im Schlesischen,
voßr schon A. Gryphiüs [gel. dornrose (1661) 29. 52. 59. 61. 65
und öfter] zeugnis ablegt , während z. b. im Düringischen da «o
ech anstatt ich im gebrauch ist, mit nachdruck eche, ohne den-
selben ech gesprochen wird. vgl. Fromm an n mundarten 3,548'.
e) was die verwandtschaß von ich betriß, so entspricht ihm
sskr. ahäm, altpers. adam, zend. azem, gr. iyco, iyäv, lat. ego,
liL asz, kslav. azQ. armen, es. die gutturale media der graeco-
italischen form zeigt sich im gothischen ik dem gesetz gemäsz zur
tenuis verschoben, während daßr im sanskrü auffallender weise
h erscheint, da sich nun goth. ik nur aus älterem aga, agam
erklären läszt, so wird man vermuten dürfen, entweder dasz sskr.
ahäm sich nach der Sprachtrennung aus agam entwickelt hat oder
dasz schon vor der Sprachtrennung neben älterem agham ein
jüngeies again vorhanden war. vgl. Clrtics grundz.* 514. ahäm
wird dahin gedeutet, dasz m casuszeichen, die silbe ha aber die
mit dem demonstrativstamme a "dieser' oder aber mit dem zu a
verstümmelten pronominalstamm ma 'ich' verwachsene sonst ton-
lose Partikel ha (vedisch auch hä, gha, ghä) ist, welche wie das
verwandle griech. ye, dor. äoi ya gern an pronomina sich an-
schlieszt und ihrer bedeutung nach unserm ^wenigstens' oder ^gewiss'
entspricht oder auch blosz zur hervorhebung dient, vgl. Bopp vgl.
gramm. 2', 102. 110. Fick tgl. wb.^ 5. 67. 699.
II. Gebrauch.
1) in allen lagen die erste person singularis, den welcher redet,
meinend, begleitet ich in der regel die verbal form, während im
frühgermanischen, ganz wie im griechischen , lateinischen und in
den urverwandten sprachen überhaupt der redende durch die verbal-
flexion selbst hinreichend bezeichnet war und das pronomen nur
XU besonderem nachdruck, dann aber mit um so stärkerer Wirkung
beigefügt wurde, ungetrübt hat diese ausdrucksweise innerhalb der
germanischen sprachen nur im gothischen sich erhalten, allent-
halben braucht Vulfila die reine verbalform, heiszt ihm z. b. qi(»a
h'yco. viel seltener setzt er mit nachdruck das pronomen hinzu,
mag der griechische text hierin vorangehn, wie bei ik qijja eyä)
Xiyco Matth. 5, 2>, oder nicht, wie bei Ik tauja Tioaaoio Epli.
6, 21. vgl. gr. 4, 202. die frühesten ahd. quellen folgen bei noch
scharf genug geprägter verbalflexion zwar der gothischen weise und
selbst bei Otfried genügt zuweilen noch die blosze verbalform,
wofür in der gr. 4,211 beispicle gegeben sind, im allgemeinen
aber ist, abgesehen von gewissen verben (s. unten no. 9, d) schon
im ahd., noch mehr im alts. und ags., besonders aber im alt-
nordischen, namentlich in der edda, die das pronomen der ersten
}>erson sg. sogar xu häufen liebt, und selbstrerüäudlich im mhd.
das der verbalform beigefügte pronomen die gewöhnliche ausdntcks-
weise. vgl. gr. 4,219.
2) Stellung des pronomens.
a) die stelle des pronomens bestimmen die in der syntax vor-
getiagenen regeln von dem vorausgang oder der nachfolge des
subjects neben dem verbum überhaupt, wir sagen: ich bin, ich
127
2019
ICH
ICH
2020
habe, ich gebe; ich sei; dasz ich sei, habe, gebe; wenn ich
will, wenn ich kann; ob, wie, wenn ich wolle, könne; da
ich gieng, als ich kam, nachdem ich gesprochen hatte; ich
sprach diese worte mit bebender stimme ; ich entfernte mich
schweigend; ich gab dem knaben gute lehren, hingegen:
soll ich?; reise ich?; nehme ich das an?; komme ich bald,
so freuen sich alle; weisz ich das, so reicht es hin; käme
ich doch wieder in diese gegendl; nun hab ich genug!; fort
hin ich!; so bin ich geschieden; befrieiligt schied ich von
ihm; schweigend entfernte ich mich; dem knaben gab ich
gute lehren; einen stab trug ich in der band; unglücklich
war ich in jenen tagen, da also das pronomen nur eben auch
sich den gesellen dieser wechselnden Wortstellung xu fügen hat,
so ist hier nicht der ort, genau :u untersuclien, warum dieselbe
nach Verstümmelung oder gamlicher einbusie der allen gramma-
tischen wortformen sich gerade in dieser weise allmäläich bestimmt
und festgesetzt hat, und welchen vortheü unsere spräche daraus
lu ziehen wüste.
Wo nach der richtigkeit der aussage selbst gefragt, bestätigung
oder Verneinung derselben verlangt wird, wo gewünscht, gefordert
wird, dasj etwas geschehe oder gcthan werde, wo bedingung oder
einrdumung sich in die lebhaßere form der frage oder des be-
gehrens kleidet, mithin der hauptnachdruck auf dem rerbum ruht,
in solchen salzen scheint einleuchtend dasz das pronomen an kraß
verliere und nach dem verbum seine stelle finde.
b) wenn das epische gediciU um so roUkommener ist, je reiner
und ungetrül'ler das objcct desselben hervortritt, je weniger sich
die subjeäivitdt des dichters bemerkbar macht, ist das lyrische,
in welchem subject und o'.iject zusammenfallen sollen, um so
lyrischer, je subjectiver es ist, je mehr es uns an deii dichter
gemahnt und was sein inneres bewegt zur anschauung bringt,
daher pflegt denn auch der epische dichter von seinem ich zu
schweigen oder es nur selten zur spräche zu bringen, während
der lyriscfie es immerdar auf der zungc hat und, ohne doch ein
gewicht darauf zu legen, sich (jcrn damit einführt, unzählige
lieder beginnen mit dem pronomen, ohne dasz eben ein nachdruck
darauf läge; einfach weist es nur auf die quelle hin, aus welcher
das lied geflossen ist. und weim die folgende auswahl von belegen
sich den Vorwurf der willkür {wie wäre hier das rechte zu treffen ?)
gefallen lassen musz, so ist die häufigkeü der erscheinung doch
irgendwie anschaulich zu machen:
ich zöch mir einen Talken
■Däre danne ein jär. ilüF. 8, 33 ;
ich sa; ür eime sieiiie
und dabt« (deckte) beiu mit beine. VValtuer 8, 4 ;
ich sa{ üf einer grüne
und dachte an nianeger hande dinc.
Friukmlob, Barisch ileutsche licderd. 79,212;
'ich will zu land ausreiten',
sprach sich maister iiiliebrant. Uulamd 330;
ich hab« genagt mit sinnen
und trag des noch kain rew. U17 ;
ich stund auT einem berge,
ich iah in tiefe tal. 'J16;
ich we'iiz ein hiihscbes freueleio,
dat ligt mir in dem herzen mein.
GöOBKB-TiTTHAN!« tiedeib. 9;
ich setz das gläslein an den mund,
trinks heraus bis an den gruud. 134;
ich hab mein sach zu ^ott gestellt,
er wins wol machen wies im gfelt. 234;
ich war an kunst und gut und stände ^rosi und reich.
pLEHmc 670;
ich singe dir mit herz und mund,
hen, meines herzeus lust! P. Gbhhakot (1S49) riu. üh;
ich komme vor dein angesicht,
verwirf, o goil, mein lieben nicht! Gkllirt 2, 166;
ich trink, und trinkend fallt mir hei,
warum nalurreich dreifach sei. Lkssimc 1, G8;
icb träumt, ich war ein vugelein,
und flog auf ihren schosz. Höltt (Halm) 36.
während bei Sciiiukr , abgeselicn von seinen rätseln und tpi-
ijrammen, kein lyrisches gedieht mit ich xu beginnen scheint, hat
das pronomen bei Göthe, den divan ausgenommen, ganz wie im
Volkslied, Itdufig genug die erste stelle:
ich komme bald, ihr goldnen kiuder.
GAtbb (Heminl) 3, 40;
leb denke dein, wenn mir der loune Schimmer
vom mecre strahlt. 1,30;
leb habe geliobet; nun lieb ich erst rächt. 1,79;
ich ging im walde
so für mich liiii. 1, 21 ;
ich weisz, dasz mir nichts angehört
als der gedanke ... 1, 60;
ich wollt, ich war ein Tisch,
so hurtig und frisch. 1,25;
ich hab mein sach auf nichts gestellt. 1, 83.
3) diesem wenig betonten ich gegenüber wird das pronomen mit
nachdruck gesagt und betont.
a) wenn es wiederholt wird und zwar unmittelbar auf einander
folgend: ich, ich bin der herr und ist auszer mir kein heilaiid.
Jes. 43, 11; ich, ich tilge deine ubertietung umb meinen willen
und gedenke deiner sund nicht. 43,25; ich, ich bin euer
Irüsler. 51,12; ich, ich zureisze sie und gehe davon. Hos. 5,14;
das mein man ist beraubt der sinn,
icb, ich allein dran schuldig bin.
11. J. V. Braunscbwkiu (II.) 636,
ach Daphnis! ich! ich bin gefangen ! Gönthek (1730) 350;
0 mosler, o burgunderwein,
ich, ich solt euer landsmann sein! Lessing 1,85;
oder das pracdical in die mitte nehmend: ich iichaupte das, ich.
ich will es dir beweisen, ich. ebenso dia interjeclion : ich, ac4i
ich soll dich verlassen! ferner mit hervorhebendem ]di: ich, ja
ich hab es gesagt, ich bah im gerufen, ich wil in auch komen
lassen. Jes. 48, 15. mit eingefügtem allribut oder Opposition :
ich kranker, ich, was mach ich nun? Flehirc (Läpp.) 1,376;
da steh ich armer, ich
und bin bei leben auch schon halb in meinem grabe. 1.523;
ich, ein tolles kind, ich singe. Heine buch d. lied. 169.
b) im gegensatze zu einem andern: ich bin gemeint, nicht
du; ich trage die schuld, wer sonst?; ich habe das worl
und bitte die anwesenden um ruhe ;
wer ich bin weiszt du nicht, vergisz nicht wer du bist.
VViEtANi) (Oberun 12, 3b) 23, 2C0 ;
andre beten zur madonne,
andre aucli zu Paul und Peter,
ich jedoch, ich will nur beten,
nur zu dir, du schöne sonne. Heime buch d. lied. 21S.
f) iu lergleichungen :
er guote
lebe in hohem muote,
swer nu ininne als ich. ilSF. (Reinmar) 180,7;
leide dich mit dem euangeliu, wie icb, nach der kraft gottes.
2 Timoth. 1,8;
und so Ichs (ich sie) bei dem Hecht besieh,
sie ist vil böser denn ich. H. Sacus (6'öz) 1, 308 ;
könt ich als baisam doch auf deiner schosz zcrflüsseii,
so meint ich, dasz das weih, durch die die sonne musz
(die VV/iu»),
mir an der Würdigkeit wohl würde weichen müssen,
denn ich bin mehr als sie, sie krieget keinen kusz.
HotKitAiiNSWALOAU UelUenbr. 121 ;
gott schuf die weit nicht blosz für mich;
mein nächster ist sein kind, wie ich. Gbllert 2,120;
hier sitz ich, forme menschen
nach meinem bilde,
ein geschlecht das mir gleich sei,
zu leiden, zu weinen,
zu gcnieszen und zu freuen sich
und dein nicht xu achten,
wie ich] Götus 2, 81.
d) in Verbindung mit vorausgehendem auch, mit eben, gerade,
wenigstens, die dem pronomen vorangehen oder folgen können:
auch ich war in Arkadien geboren. Scuillxr 2u';
eben ich idem ego Steinbach 1,809; eben ich war die Ziel-
scheibe seines spoltes; gerad ich selbs und kein anderer.
Maaler 369'; ich wenigstens würde mich . . sehr schlecht
vertheidigen können. Lessing 1, 323.
e) in hindeutung und erkldrung:
der ie streit unib iuwer iSre
wider unstaite liuie, daj was ich. Waltuer 40,29;
'hastu nicht damals einen cammcralhen gehabt undcr denen
daselbst gelegenen trngoncrn, der sich Simplicius gencnuet?'
da nun Springinsfeld solches bejahete, sagte der schwarzruck :
'und eben derselbe Simplicius bin ich!' Simpl. 3,157 Kurz;
und Air glückliche bin ich. Hbinb buch d. lied. 281.
/) als antworl oder frage: 'wer hat das gethan?' ich; so
Latte ich gehandelt, ich?
Svpliie. er ist ein teufel !
Söller. wa»! ein leufül 7 Scheusal? Ich? GöTUB7,6y;
kiiiirr. tut, welsit du narr nicht auch noch eine notb?
Urphitl. ich keineswegs. 4t, 14.
y) im elliptischen salse: ich geschwind Qber die becke in
deu ^\aM;
2021 ICH
ich dich ehren? wofür? Göthk 2, 80;
ich, egoist! — wenn ichs nicht besser wüste!
der neid, das ist der egoiste. 2, 256 ;
Sophie, nein, das ist mir zu hoch ! jetit klagen sie mich an,
und sagten nur vorhin, sie hätiens selbst gethan!
wirth. du kröte! ichs gethan? ist das die schuldge liebe,
die ehrfurcht gegen mich? 7, 84.
h) als praedicat des satzes:
ir Sit mit der wärheit ich,
swie die namen t«ilen sich. Part. 369, 17 ;
ich bin nun nicht mehr selber ich;
ach liebe, worzu bringstu mich! Flemiwg 524;
was furcht ich denn? mich selbst? sonst ist hier niemand.
Richard liebt Richard ; das heiszt: ich bin ich. ilic/idid 111,5,3 ;
da dieser {der kurfüTsl), indem er seine {des kdmmerers) band
herzlich an seine brüst drückte, antwortete : denke, du seist
ich , und scbafif mir den zettel ! , so beschleunigte der käm-
merer . . um einige tage seine abreise. H. v. Kleist 3, 106.
•) nach bejahungen und Verneinungen, icie mhd. in betheu-
ernder antiLort lu ji und nein persönliche pronomina treten, vgl.
ji ich, nein ich {wb. 1, 763". 2*, 32S*), ist auch in nhd. schrißen
dieser gebiauch nicht ganz erloschen : da man nun in dem besten
essen was, da sprach der man zu der frawcn 'hausfraw,
ruck basz zu dem tisch', sie sprach 'ia ich', und ruckt hinder
sich mit dem sessel {im uiderspruch mit des mannes bitte).
Pacli schimpf u. ernst 103 Ösleiley; einsiedel. ich frage . . ob du
das vatter unser kanst? Simplicius. ja ich. Simpl. 1,31 Kurz;
narr, gar gwisz, du calvinisch ottrgezücht,
hast widerum was angericht!
pfarr. ja ich! für mir thät es wol bleibn,
wenns ander nicht so thun treibn. Opel «. Cohs 113;
derselbe gebrauch auch in bekräftigungen :
nicht sag ichs darumb, nein ichs zwar (ßrwahr),
das sie sich unter einander dar
kieffelten und hadderten, nein. T. GaKrr Latartu F4*.
4) schon goth. trat silba dem persönlichen pronomen verstärkend
lu ; ik silba. 2 Korinth. 10, l ; ebenso ahd. ih selbo (Graff
6,197); mhd. ich selbe, selber und nhd. ich selbs, selbst,
selber: ich selbs. vocab. ine. teuton. k6', Maai.er 235*;
Leo. wer gibt
acht auf die wach? Pap. ich selbst.
A. Gbtphius (1603) 38;
ich hatte selbst oft grillenhafte stunden. Göthi 12,60;
ich selber, gleich einer leiche,
die grollend ausgeworfen das meer,
lieg ich am strande. Heit«e buch der lieder 338.
5) soll ich als subject des satzes durch einen nebensatz näher
bestimmt werden, so icird es nach relativem der oder die ent-
weder wiederholt und das verbum in erste person gesetzt oder das
blosze relativum mit dem verbum in dritter person verwendet,
im letztern fall heiszt es i. b. ich, der gethan hat was er konnte,
habe nun diesen lohn davon; ich, der dein freund ist, ver-
diente eine andere behandlung;
ich, der mit jedem herzensichlag
ihr angehört, bin nur um einen einzigen tag
ihr leben noch zu fristen ihr nichts nütze!
WiKLA!<D 23, 32 (Oberuii 7, 45) ;
dagegen im ersten fall: ich bin der herr, euer heilige, der ich
Israel geschaffen habe, euer könig. Je«. 43, 15; so wii ich doch
umb der liebe willen nur vermanen, der ich ein solcher bin,
nemlich, ein alter Paulus. Philem. 9; ich armer bergmann,
der ich nichts anders gelernt habe denn in die grub faren,
glaub und bekenn . . Sar. 39' ;
ich, die ich gefangen sitze,
bin nur meinem herren nütze. Losac (1, 7, 49) 150 ;
ich. der ich oft in tiefes leid
und grosze noth musz gehen,
will dennoch goit mit groszer freud
und herzenslust erhöben. P. Gekhakdt no. 95;
wo ich geboren bin, ich, der ich so vielen leuten merkwürdig
bin. Gellebt 8, 257 ; ich , der ich die ganze weit ausreisen
NTüllte, werde, allem ansehen nach, in dem kleinen Wolfen-
büttel unter »chwarlen vermodern. Lessinc 12, 423 ;
ich, der ich diese kunst verstehe,
ich habe mir ein kind gewählt,
dasz uns zum glück der schönsten ehe
allein des prietiers segen fehlt. Göthk 47, 10;
er will in der apatbie was vor sich bringen , ich aber, der
ich sehe, es geht nicht, übe mich täglich in der anaka-
tastasis. 60,225;
ICH
2022
der ich liesx über den erstaunten schauern
die sonne Gibeons nicht untergehen,
kann ich nicht auch sie lassen auferstehen
für euch aus eurer nacht verzagtem trauern?
RöcsERT ijeii. (aimc.) 138.
in diesem fall das ich nach dem relativum zu sparen und das
verbum in der ersten person folgen zu lassen ist steif und tadelns-
wert:
Uannchen stirbet! dies erblassen
reiszt das herz der altern hin.
doch, kann ich mich hier nicht fassen,
ich, der nur ein fremder bin?
d. deutschen ges- in Leipzig öden
u. cant. (173S) 418;
einem N. v. Wyle läszt man es freilich hingehen , irenn bei ihm
gelesen wird: kere din wüterye und grimikait in mich, die
gewesen bin ain ursach des so verschuldet ist. translat. 87
Keller.
Es begegnen endlich auch fälle, tco dahingestellt bleiben musz,
ob in dem relativen salze ich unterdrückt ist oder das verbum in
dritter person steht:
ich, der der königin ein beer nach Suffolk brachte,
mich {man erwartet sich) bei der weit verhaszt und sie ge-
fürchtet machte, . . .
ich , der an sie zuletzt den könig selbst verrathen, . . .
ich werd itzt kaum gehört. Ch. F. Wkiszi bii Lesstrs 6, 218.
6) ich wird durch eine substantivische beifügung näher bestimmt,
a) mit folgendem Substantiv oder adjectiv, die ein selbsturlheil
des redenden enthalten.
«) im ausruf: ich glücklicher! ich narr!
ich arme (armer), wie genise ich? /»ein 3299;
si sprach 'ich arbeitsällge bürde!'
und fieng an weinen umb ir eer. fastn. sp. (110,20) 876;
ich eilends und barmherzigs weib, wie bin ich so armutsälig,
^memiseram'. Maäler235'; ach ich armer jung! H. J. v. Bbaüs-
scnwEiG (H.) 217 ; ach gott, ich anner mensch ! 472 ;
welch unthat hab ich nicht bis auf die letzte nacht
so manches schönes jähr, ich tbörichter, verbracht!
A. Grtphius (1663) 321 ;
da steh ich nun, ich armer thor! Göthe 12,29;
ich ebenbild der gottheit ! 12, 35 ;
ich sollte,
ich rasende 1 ein abgerissnes blatt
aus dieser blume schönem kelch verschenken? Schiu.br 263*;
ich unglückseiger Atlas ! Heike buch der lieder 194.
ß) als subject des satzes:
swenne ich vil tumber
ir tuon minen kumber
mit sänge bekant. USF. 141 ;
ich toller unverstendiger narr aber merkte nicht, das ich
durch diese rede . . schier ein heilsam gebot . . gemacht
hatte. Luther 1 (1575) 104*;
ich treuer Wächter trit daher,
und warne zwei mit meiner 1er.
GöDSKX-TiTTKAin« liederb. 359;
ich armer teufel, herr baron,
beneide sie um ihren stand. Götbe 18, 293 ;
hier wollten sie, von menschen unbehorcht,
den stillen wünschen ihres herzens leben.
ich söhn des Unglücks zeige mich : sogleich
ist dieser schöne träum gestört. Schiller 261*;
was hab ich unbesonnene gewagt! 264*.
y) nicht so eng sich anschlieszend ist die Opposition im engern
sinn, welche den inhcdt und Charakter eines verkürzten Zwischen-
satzes hat:
faerr! aller herren höchster gott, wo werd ich armer vor dir
bleiben,
ich dein durchaus unnützer knecht? A. Grtphids (1663) 745;
wie gern
wollt ich alsdann, ich ganz gefühl, ganz schmerz,
für eine sieben bluten. Lessing 2,511;
und ich, der gottverhaszte, hatte nicht genug,
dasz ich die felsen l'aszte
und sie zu trümmern schlug! Göthe 12, 176;
weisere fassung
ziemet dem alter,
ich, der vernünftige, grüsze zuerst. Schiller 490';
ich weisz . . dasz mein dasein oder hingang, ich, das schwache
erdcngebilde, an ihrem (der Vorsehung) plan und gang nichts
irre machen noch ändern kann. Hebel 5, 121.
b) der redende fügt dem pronomen seinen namen oder eine dem
gleichkommende bezeichnung bei, seiner rede nachdruck zu geben,
eindruck oder glaubwürdigkeit derselben zu erhöhen, besonders
hinzuweisen ist auf foiende fälle.
127*
2023
ICH
IHC
2024
a) goH reJel so, der heiland und die lehrer in der heiligen
sehriß: ich, der herr dein golt, bin ein eiveriger gutt. 7 Mos.
JO, 5 ; ich, der herr, behüte in. Jes. 27, S ; ich, der berr, kan
das herz ergründen. Jer, 17,10; ich, der herr, bin ein gott
alls fleischs. 32,27; du solt auf dem felde darnider ligen,
denn ich, der herr heiT, habs gesagt. Hesek.zo,h; ich Jesus
habe gesand meinen engcl , solcbs euch zu zeugen an die
gemeinen, o/fenbar. 22, 16 ; ich prediger war könig über Israel
zu Jerusalem, pred. Salom. 1,12; ich Daniel sähe ein ge.^ichle
in der nacht. Dan. 7,2; ich Paulus grüsze euch mit meiner
band. 1 Cor. is, 21 ; ich Paulus hab es geschrieben mit meiner
hand, ich wils bezalen. Philem. 19; ich Johannes sähe die
heilige stad. cffenbar. 21,2.
ß) ehtnso drücken sich dichter und schrißsleller der älteren
seit aus:
ich Wolfram von Eschcnbach,
swa; ich Ton Pariiväl gtsprach,
des sin ävcntiur mich wiste,
eislicli man daj priste. Willch. 4, 19;
Ton Wirzeburc ich Cuonrät
von welsche in tiutsch getihte
mit rimen gerne rihte
das alle buoch von Troye. troj. krieg 266,
vgl. Engelh. 6492, schwanr. 1354, der weit lohn 263; barumb wil
ich Jocop Twinger Ton Künigeshoven, ein priester zu Stros-
burg, US den croniken die Eusebius, Martinus, Sigebertus und
Vicencius gemäht bant, und us andern böchern zu dülsche
schriben etliche ding ... Strasiburger chron. 1,230; ich frater
Jobannes Pauli, Schreiber disz bfichs, ein barfuszer, bab ein
bauren kent. schimpf u. ernst 205 Oslerley;
alt man zeit vierzenhundert jar
und vier und neunzig jar i'ürwar
nach des herren Christi gehurt
ich Hans Sachs gleich geboren wurd.
II. Sachs {Güi) 1,3;
y) in dichtungen auftretende personen führen sich auf dieselbe
weise ein oder geben ihrer rede dadurch nachdruck:
ich Gundelwein von Tribetant,
i:h sach, das ein Trosch ein storch verschlant.
/■««In. sp. 93:
von TauTerei ich Rubenschlunt,
mir wart die abenteur kunt. 94;
ich Schweinszagel bin ein linecht,
mein urtheil setz ich schlecht und recht. 100 ;
ich Mercurius
bring botscbaft hin und wider. Wrllsr lieder 268 ;
ich Hans Unmuet von Ach und Weh,
notarius am Wildensee,
bekenn mich meiner aignen band . . .
UPEt u. CoRN 140;
ergetslich Idszt H. Sachs in etn;m schwank den guten montag,
wie ihn die handwerksgesellen, weil sie da nicht arbeiteten, nannten
{s. Frisch 1, 385", vgl. guter mittwoch, guter donnerstag 2,1253),
pertünlich auftreten:
ich guter montag mach toll köpf.
GÖDEIE-TlTTHAWJt 2, 33, 75.
S) notwendig {es sei denn dasz der redende an anderer stelle
lieh n^nnt) wird dem im eingang stehenden pronomen der name
beigefügt in Urkunden jeder art, gesettesvorlagen , Verordnungen,
Zeugnissen, erkldrungen, contraclen, quittun()en u. dgl. : als ältestes
beispiel dieser art dient die runeninschrift des goldenen horns nach
Hugges lesung (Kuiik zeilschr. 18,154): ck HIewagastir Holtingar
horna tawidu (ich Hlewagast Holts nachkomme d. i. söhn, fertigte
das hörn) ; vgl. die a. a. o. mitgelheilten inschriften auf den steinen
tu Tune und Varnum; hiernächsl die gothischen Verkaufsurkunden
tu Neapel und Artzio (6. jahrh.): ik M£rila bökareis bandau
nieinai ufm^lida ; ik Gudilub dkn. (diaconus) }iü frabaühtnbüka
fram mis gavaürbta ; femer angelsächsische königsgesetze und
erkldrungen bis zur invasion, vgl. Scbmid gesetze der Angelsachsen
2U. 126 u. 0. TnoRpE diplom. Angl. 332; I |)e king Adelstan. 180;
während auf dem germanisclien continente, durch den einflusz des
rümitchrn oder byzantinischen geschäftsstils, in den canzleien schon
der gothischen und fränkischen, dann auch der deutschen könige
am eingange der Urkunden mit dem namen der pluralis majeslalis
und das dazu entsprechend im plural gebraucfUe rerbum verwendet
ward, dieser gebrauch verbreitet steh allmdhluh nicht nur auf
du dem kaiser unmittelbar untergeordneten fiirsten und dynasltn,
sondern auch auf solche, du überhaupt hoheitsrechte ausüben, so
dasz das ich mit beigtsetstem namen und würde später nur noch
I» Urkunden bürgerlicher, sowie niederer geistlicher oder adlichtr
f*rtontn erscheint: ick HeriDaa fon Czjmnicru unde Til«
Schengke, wir bekennen mit diszem offenen brife . . Urkunde
von 1412 bei Dreyhaupt Saalcreys 1,670; ich Christoph Turgk
der rechten doctor . . bekenne und thue kund an diesem
brieve. das. 1, 918 (von 1536). statt dieses ich mit beigesetztem
namen heiszt es, aber wol erst seit dem 17. jh., ich der endes-
unterzeichnete ; ich endesgenannter; ich der unterschriebene,
unterfertigte, u. ähni: für mich, meine erben und erbnebmen,
Urkunde und bekenne hiermit ich endes eigenhändig unter-
schriebener. Seriander rechtschreib. 263; oder es kommt beides,
diese hinweisung und der name vor: ich unterzeichneter, Joseph
Clavigo, arcbivarius des königs . . bekenne. Göthe 10, 78.
7) Vertretung der ersten person durch die dritte und zweite.
a) dasz kinder in den ersten lebensjahren, bevor sie zum Voll-
gefühl ihrer persönlichkeit kommen, ein ich nicht kennen, von sich
in der dritten person reden und dazu ihren eigennamen setzen,
ist eine von J. Grimm kleine Schriften 3 s. 241 fgg. (über den
Personenwechsel in der rede) ausführlich dargelegte Wahrnehmung ;
eben dasselbe Ihtin geistig beschränkte, unselbständige : nach der
aussage des knaben sprach sie (Lisettc) dabei mit lauter
stimme die worte: Lisette soll zu gründe gehen, zu gründe
jetzt gleich. Schlegel Lucinde 49, wie englisch: who givcs any
thing to poor Tom ? Sbakesp. king Lear 3, 4 ; und demütige,
unterwürfige vertauschen ihr ich mit der hervorhebung ihrer eigci-
schaft als diener, knecht: ah herr, las deine obren aufmerken
auf das gebet deines knechts. Neh. 1,11; rede herr, denn
dein knecht höret. iSam. 3, 9; mein geist frewet sich guttes
meines heilandes. denn er bat seine elende magd angesehen.
Luc. 1,48; wirth. o ihro gnaden! zanken? da sei gott vor!
ihr unterthänigsler knecht sollte sich unterstehen, mit einem,
der die gnade hat, ihnen anzugehören, zu zanken? Lbssing
1,513. ,
Der gesetzte eigenname statt des ich kann aber auch gesteigertes
Selbstgefühl verraten (vgl. J. Grimm a. a. o. 3,243/3.). dichter des
15. und 16. jahrh. (über früheren etwas anderen gebrauch vergl.
oben 6, 6, ß sp. 2023), nenne« sich in dieser weise am Schlüsse
ihrer werke, indem sie zugleich bedeutsam eine lehre mitgeben:
üb dich zu weiszheit ist mein ler,
spricht Hans Folci zu Nürmberck barwirer.
H. FoLZ, Haupts leittchr. 8, 523,
auf das eliche lieb aufwachs
in rechter treu, das wünscht Hans Sachs.
H. Sachs 2, 10 Tiilmann.
sonst steht der eigenname statt des ich voll nachdrurks; so mhd.,
und mit der l. person wechselnd:
weit ir nilit volgen Hagnen, iu rastet Rümolt,
wand ich iu bin mit triuwen dienstlichen holt,
da; ir hie sult bcliben durch den willen min. Nib. 1406, 1 ;
oder ohne solchen Wechsel:
Heinrich von Ofterdingen, Reimär wil din vient wesen.
minnes. 2, 7* Hagen ;
nhd. aber da trifft er (Zwingli) den Luther allererst recht, da
er seine folgerkunst beweiset. Luther 3,464*;
auf, landskuecht gut und reuters mut,
laszt Hütten nit verderben !
HuTTKN in Gädeke u. Tillmann liederb. 274;
und wenn dir der verlobten kusz
zu stiller rciziing dienen musz,
so wisse: Günther kann nicht wanken. Gör^TUKR 328;
und greift mich irgend auch die arelist meiner feinde,
die Günthern auf der weit nicht ruhig leiden kan,
nunmehr zu guter letzt mit deiner trennung an? 472;
auch in heutiger gewohnlicher rede ist diese wendung nicht un-
bekannt; ein alter, der einem jungen eine warnung eindringlich
machen will, sagt: denke daran, der alle Johann liat dich
gewarnt ; m der bewegten spräche des abschiednehmens : lebe
wohl, du guter boden! wie oft hat der alte Daniel dich ab-
gefegt — lebe Wühl, du lieber ofen, der alte Daniel nimmt
schweren abschied von dir. Schiller rduber 5, 1 ; zugleich mit
Umschlag in die 1. person :
lebt wohl, ihr berge, ihr geliebten triften,
ihr traulich ilillen tlialcr, lebet wohl!
Juhanno wird nun nicht mehr auf euch wandeln,
Johanna tagt euch ewig Icbewohl !
Ihr wieiea, die ich wAsscne, ihr biume,
(iia ich gepflanzet, grünet Iruhlich fort!
jumifrnu v. Oilnins, vonpirl, 4. aufti\
In noch andern Wendungen steht für ich ein appellativum , so
wenn einer zum andern sagt: hüren sie, ein erfahrener mann
spricht zu ihnen (anstatt ich als ein erfahrener mann spreche);
ein armer mann bittet um eine guhe, ruft der brttter ; gnädiger
herr, erlaubet einem armen manne, euch um etwas zu bitten.
ScHiiLKH riub. 4,3; duliter futirrn swh in dieser r'igenschaft nn.°
2025
ICH
ICH
2026
k
dichler (zum direclor). geh hin, und such dir einen andern
knecbt!
der dichter sollte wohl das höchste recht,
das menschenrecht, das ihm natur vergönnt,
um deinetwillen freventlich versehenen? Göihe 12,13.
veraUgemeinernd wird für ich gesagt unser einer, unser eins:
unser einer kommt freilich nicht viel zum vergnügen ; unser
einem wird es nicht so wol; vergl. die beispiele xinler eins
tkeä 3, sp. 256; in obliquen casus auch nur die einzahl ohne
beigesetztes pronomen: man musz einem nur nicht so etwas
weisz machen ; einen so zu belügen I rergl. a. a. o. sp. 122.
b) wie beim sprechen, denken, zu ralhe gehen mit sich selbst
und ähnlichen prozessen bald die erste person, bald die zweite
gebraucht icird, ist bereits unter du theil 2, sp. 1472-1475 aus-
führlich dargelegt.
8) die alte spräche brauchte das possessivum aller drei personen
oder auch den gen. des eigennamens neben dem uorte 11p, um
dadurch die Vorstellung der person und der selbstheit hervorzuheben,
rgl. J. Grimm kl. schriflen 3, 265, min Itp hiesz in unzählichen
beispielen so viel icie ich :
Sit si min lip
für elliu wip
meinet besunder
. von herzen vil gar. frauend. 135, 7 ;
min lip mit frenden hatte sieb. 227, 5 ;
«n Wechsel mit ich : .
ze Venedige ich vil palde quam.
ein herberge min lip da nam
vil verre von den liuten hin. 160, 17 ;
ich wart e nie gekleidet ha;;
wan ich für war wol weste daj,
da^ min höh minne gernder lip
des tages sxh manc schcene wip. 239, 13.
dieser gebrauch hat sich seit Untergang des mhd. verloren, anders
und nicht damit zu vergleichen ist, wenn später für ich die Um-
schreibung meine person auftritt, une fiir du ebenso deine person;
dies geschieht, tcenn die rede das ganze einer persönlichkeit scharf
und bedeutend hervorheben will: meine person steht für alles ein.
was hier schade geschieht; sei ruhig, meine person deckt
dich ; aber das rate ich, das du zu dir versamlest ganz Israel,
. . und deine person ziehe unter inen. 2 Sam. 17, 11 ; ich lasse
euch aber wissen, welch einen kämpf ich habe umb euch und
umb die zu Laodicea. und alle die meine person im fleisch
nicht gesehen haben (gegen griech. xai oaoi ovx eioQäxaatv
ro Tcoöaca'Tcöv fiov ev aaoy.i, vulg. quicunque non viderunt
faciem meam in carne). KoL 2, 1.
Im munde eines unterwürfigen oder auch nur bescheidenen
verwandelt sich das ich zur Umschreibung meine Wenigkeit; kan
aber eurer eicell. meine Wenigkeit auszerhalb herren-diensten
in ichtwas zu gehorsamen die gelegenheit haben. Simp/. l,2S3
Kurz; meine Wenigkeit, ego in imo stibsellio positus, es ist
meiner Wenigkeit vorbehalten gewesen, in nostram tenuitatem
delatum est Serz 176"; allein, man wird fragen, was mich so
verwegen macht, der einsieht so vieler gelehrten kunstrichter
meine Wenigkeit entgegenzusetzen. Lessinc 3, 121 ;
doch meine Wenigkeit entweiit kein mädcbenspiel ;
so thu es denn ein gänsekiel. Bürger 104';
schon ahd. wird ähnlich nidiri niedrigkeit verwendet (vgl. gramm.
4, 29S):
tbes thanke euch sin gidigini joh unsu smäbu nidiri.
Otfiio ad Lud. 26.
9) ich verschwiegen oder fehlend.
a) in beigeordneten sitzen, deren gemeinschaftliches subjed die
1. person ist, wird ich vor jedem satzlheile nur im falle des
asyndetous in gehobener rede wiederholt:
ich Jauchze, ich zittre, ich weine wild,
ich werde selber zur leiche. H. Hki»ie 6. d. l. 130;
ich sah sie lachen, sah sie lächeln,
ich sah sie ganz zu gründe gehn ;
ich hört ihr weinen und ihr röcheln,
und habe ruhig zugesehn. werke 18,293;
sonst steht es im ersten Satzglied, ßr die folgenden mit geltend:
ich heisze Weber, bin ein mahler, habe jura sludirt, oder
ein reisender überhaupt, betrage mich sehr höflich gegen
jedermann und bin überall wohl aufgenommen. Gothe an frau
V. Stein l', 132;
den eilenbogen aufgestemmt
sasz ich in meiner sichern ruh,
hört all dem schwadronieren zu,
und streiche lächelnd meinen hart,
^^ und kriege das volle glas zur band
^ und sage: alles nach seiner art! werke 12, 191;
zu Thurneck bin ich hier, weisz was ich thue.
II. T. Kliist Kathctf'H 3, 6.
b) die ältere spräche ergänzt öfters tm gleuhen oder im un-
mittelbar folgenden satze ich aus vorhergehendem ich oder dessen
obliquen casus, oder aus dem possessiv mein ; ein brauch der sich
bisweilen noch in unsere elastische litteratur hinein erstreckt, so
a) aus ich:
mhd. ich kan iu niht so verre
gnaden mit dem munde,
als, ob ich künde,
vil gerne t3ete. Hartxani« Greg. 1217;
ich enweij wa; im tu. Herbort liet v. Tr. 9765;
nhd. weil ich nun einsehe, dasz er allerdings nicht unrecht
habe: so entsage mich hierdurch meiner vorigen protestationen.
Seriasder rechtschreiberey 14S ;
ihr äugen, wann ich euch so freundlich sehe schweben,
so bin ich als entzückt, so kenne ganz kein leid. Opitz 2, 217.
ß) aus vorhergehendem mir:
mhd. er wirt von mir gewihet schön,
und setz im üf des riches krön. Seifr. Helbling 8, 1133 ;
swaj mir geschee,
das vertrüge harte wol. Ukrbort 8369;
nhd. ob mir schon die ganze weit anhienge und widderumb
abfiele, das ist mir eben gleich, und denke : ist sie mir doch
zuvor auch nicht angehangen , da ich alleine war. Lctheb
autwort auf des königs zu Engelland lesterschrift , bei Scheibie
10, 395 ; da verschaffte er mir eine grosze menge holz von
den (dem) churfürsten, und hatte alle jähr mein gewisz holz
zu genieszen. curieuses gespräch zwischen Taubmann u. Belar-
minus {Frkf HZ',) iO ; mir geht in allem alles erwünscht, und
leide allein um andre. Göthk an Aug. Stolberg am ll. juli 1777;
sie ist mir lieb, die werde magd,
und kan ir nicht vergessen. Lctber 8,366';
jetzt sein kaum zwen oder drei (freunde),
die mir in nöten treten bei;
den andern häuf musz faren lassen.
B. Wallis Esop 4, 78, 127 ;
dnimb ist mir für dich herzlich laid,
und verfluch die unmiltigkait. ftöhhaz 794 Scheibie;
gehts mädchen mir vorüber,
rufts laut in mir. du bist ein mann,
und küsse sie so lieber.
Schiller männerwürde (1, 76 Kurt) ;
wie könnt ich über andrer Sünden,
nicht Worte gnug der zunge finden!
wie schien mirs schwarz, und schwärzts noch gar,
rairs immer doch nicht schwarz gnug war,
und segnet mich und that so grosz,
und bin nun selbst der sünde blosz ! Götbe 12, 188.
y) aus mich :
mild, und dö e^ an den äbent gienc,
einen stic ich dö gevienc :
der truoc mich Ü5 der wilde,
und kom an ein gevilde. Iwein 276;
wan (man) hat mich her gesant,
und hän erstrichen vrömdiu Taut
nach hern Dietrich von Berne. Ecken liet 37, 1 ;
nhd. es verdrosz mich heftig und sagte, pers. rosenth. 7, 5 ;
noch deucht sie (mein weih) mich schön weisz und klug,
und hett an ir gevallen.« genug
als könig Davit an Bersabe. fastn. sp. 135,15;
er bat mich kouft, und bin sein knecht.
geuchmatt (kloster 8, 1056);
0 hast du mich gnädig aus räubershand,
aus dem ström mich gerettet ans heilige land,
und soll hier verschmachtend verderben !
Schiller bürgschaft v. 82-
S) aus dem possessiv- mein:
mhd. des ist min jämer vester,
und beginne; nü ze späte klagen,
da; ich bi allen minen tagen
ir dinc niht ba; geschaltet hän. HAaraAim Gre^. 69;
si ist min österlicher tac.
und häns (habe sie) in minem herzen liep.
miniies. frühl. 170, 20 ;
«wer nemen welle golt,
der denke miner leide, und wil im immer wesen holt.
Kib. 1655, 4 ;
nhd. das ist meine speise, und werde fett davon. Luther
antw. auf des königs zu Engelland lesterschrift, Scheibles kloster
10, 391 ; meiner liebsten ist er, wie mich dünkt, bekant. doch
habe von ihr noch nichts erfahren können, kunsi üb. alle künste
115,20; nach meinetwegen: als wir nun den folgenden tag
examinirt wurden, und ich meities vatters factor nannte, der
ein ansehnlicher mann war, ward derselbe beschickt, meinet-
wegen befragt, und (ich) auf seine verbärgung los gelassen,
doch dasz ich bisz auf weitern bescheid in seinem huus im
arrest verbleiben solle, gantz neu eingerichteter . . Simplicius
Simplicitsimus 468; nach mein, dem gen. d«s persönl. pronomens:
2027
ICH
ICH
2028
got aber verschont mein allein.
sibenjerig danach anfieng,
in die lateinisch schule gicng;
drin lernt ich pueriüa,
grammatica und rausica.
Hans Sacbs 2,241,12 Tillmann:
külmer und seilen ist, uenn ein ich aus dem erst nachfolgenden
possessiv ergänzt trerden musz: beide prophelen und priester
sind schelkc, und finde auch in meinem hause ire büshcit,
spricht der herr. Jer. 23, 11.
c) ausnahmsweise, in lebhaftem zmegesprdche, ergänzt ein an-
geredeter sein ich in der antworl aus dem du des unmiUelbar
vorhergehenden, vom andern gesprochenen satzes : v. Hütten, diesen
lieblichen anblick wird sie (die utlt) fortfahren dir zu geben,
so lange du dich hütest , den Schleier aufzuheben , der dir
die Wirklichkeit verbirgt, so lange du menschen entbehren
wirst und dich mit deinem eigenen herzen begnügen. Angelika.
oder dasjenige finde, mein valer, das dem meinigen harmo-
nisch begegnet. Schiller 315' (menschenfeind).
d) vor bitte, danke, geschweige, sage.
Ganz üblich ist heule, dasz der redende vor ein- oder an-
gefiigtem bitte , danke das pronomen fortläszt {gramm. 4, 21S) :
bitte, nehmen sie platz, thun sie mir, bitte, den gefallen ; lasz
das, bitte; danke bestens; nie englisch fray thce, thank you;
Adam, kann ich inzwischen
mit einem guten frühstück, wurst aus Braunschwejg,
ein gläseben Danziger etwa — WattiT. danke sehr.
Adam, ohn' umstand' ! Walter, dank', ihr hörts , habs schon
genossen.
H. V. Kleist zeibr. krug 5;
auch in der altern spräche: es ist ein feiner brauch, wenn
man gevattern bittet, das man spricht, gott hat mir einen
beiden beschert, bitte, wollet ihm zur Christenheit helfen.
C. Spangenberc ehespiegel 395;
hitt, wölt mit mir haben vergut. H. Sachs 1, 470'.
das jetzt zur partikel herabgesunkene geschweige taceo wird bei
Schriftstellern des 16. jahrh. noch als volle verbalform mit dem
pron. ich gesetzt: das man es kaum mit dem herzen sehen
kan, ich schweige mit den äugen. Luther 5, 336' ; wo haben
die Lutherischen einen brief auslassen gehen , das sie sich
wehren wollen, ich wil schweigen, das sie aufrhürisch sein
oder anfahen wollen? 30"'; sy ist so züchtig, mag von denen
dingen nichts hören, ich geschwigen erst thün. Wickram rollw.
16,23 Kurz; darum können sie auch den himel nicht ver-
dienen, ich geschweig d; sie den himel andern leuten durch
ihre verdienst sollen zu wegen bringen. Fischart bienk. 19ö' ;
und hiesz sie mich den loten tragen
an galgn, ich Künt irs nit versagen,
ich wil geschweigen in ir haus.
II. Sachs 3,200 Tiltmann;
doch fängt schon in diesem Jahrhundert an das pronomen zu
fehlen, ein gebrauch der seit dem 17. allgemein wird: diejenigen,
die noch nie haben recht reden können, schweige denn dol-
metschen. Luther 5, 14o'; solche feine fabeln .. vermocht jtzt
alle weit nicht, schweig denn ein mensch erfinden. 5,269';
{wurde mir) von des zaarn pferden ein solches vorlrefliches
untergezogen, dergleichen ich zuvor mein lebtag keins gesehen,
geschweige beritten. Simpl. 2, 102 Kurz; gab mir nieinalen kein
sauern blick geschweige ein böses wort. 3, 107; gewisz, einem
gebildeten menschen, geschweige denn einem liebhaber, würde
ein solcher name auf den lippcn stocken. Göthe 26, 2S;
und sie streut dann das futtcr aus
mit einem blick — göuer zu entzücken,
geschweige die bestien. 2, 90. •
Auch eingefügtes sage inquam, wenn es etwas schon gesagtes
ausdrücklicher, deutlicher, eindringlicher wiederholt, steht ohne ich ;
10 wenn in Schuldbriefen oder quitlungen die erst in zahlen aus-
ijrdrückte summe ausgeschrieben wiederholt wird: 100 äi^., sage
einhundert thaler; auch sonst: dieses kleinen vergebens halber
bat er zehn , sage zehn jähre auf der feslung zubringen
mü.s8pn.
() bei terben des denkens, meinent, fühlens, Wissens, woUens,
namentlich wenn sie eingeschoben sind, doch auch in anderer
tteliung. so wird mlul. wene, wxn gebraucht (mhd.wb. 3,407),
vielleicht ist unser mundartliches halt ebenso aus halt ich rn(-
tprungen, vgl. die ausführungen oben sp. 273 ;
denkwol, \i'T ' ■ - ■ ,
iinil trink ■: ...
und w(!nn i! li
in reld uiiii t.
de Icn^l er ^ k,
und iriokl • , k. Uhu, 1,170;
bei den verben hoffen , fürchten , wissen , schätzen , wollen,
mögen : hoffe, solch werklein werde ihnen nicht unangenehm
sein. Simpl. t, A Kurz ; der kämm ist vertauscht {umgetauscht),
nicht so schön an färb und gestalt als der erste, hoffe doch,
brauchbarer. Göthe an Kestner 116;
so ist deines Türsten gunst
mir nicht, hoffe, gar ümmsonst. Fleming 414;
furcht warlich, sie werden im ein kappen kaufen. Schade sat.
1,57; St. wars eine starke summe? B. weisz nicht. Klinger
1,100;
weisz auch wol, wer dich auf sie hetzt. H. Sachs 1,114';
der graf v. Strahl, kind, was hältst du da?
Kälhchen. weisz nit, mein hoher herr.
II. V. Kleist häthchen 5, 11;
dein (der schwalbe) liedchen spriclit
'weisz selber nicht,
woher mir gekommen die mahnung'. J. Sturm.
bairisch schätz wol, das glaub ich, das will ich meinen, freilich,
allerdings Schm. 2,492 Fromm.; wollte, ich säsze noch zu
Lotlens füszen, und die jungen krabbelten auf mir herum.
üüthe an Kestner 6. oct. 1772; möchte wohl hören, was der
von uns, die wir hier so beisammen sind, sagt. Wieland an
frau ralh 31. dec. 1776; es ist noch nie, wil nicht sagen, ein
geschlecht, sondern auch keine republic oder regiment so
stark noch mächtig gewest. Schuppius 960;
ich sah in gehn in solch ein saubres haus
(will sagen, ein bordeil;. Shaksp. Hamlet 2, 1 ;
I saw him enter such a house of sale,
videlicet, a brothel.
f) ich fehlt bei gelehrtem, militärischem, stolzem lakonismus:
habe nun, ach, philosophie,
Juristerei und medicin,
und leider auch thcologie,
durchaus studiert, mit heiszem bemühn. Göthb 12,29;
heisze magister, heisze doctor gar. das. ;
bilde mir nicht ein, was rechts zu wissen,
bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
die menschen zu bessern und zu bekehren. 30;
soll wie ein böser Schuldner sitzen,
bei jedem zulallswörtchen schwitzen (uiorte Valentins).
192;
scharfschütz. kroat, wo hast du das halsbaod gestohlen?
handle dirs ab! dir ists doch nichts nütz.
geh dir dafür das paar lerzerolen.
kroat. nix, nix ! du willst mich betrügen, schütz.
tcharfschüt». nun, eeb dir auch noch die blaue mutz,
hab sie so eben im glücksrad gewonnen.
Schiller Wnlienst. lager, 3. auftr.,
i). er kömmt von Babylon,
mit zwanzig hochheladenen kanicelen,
. . . tempelh. kaufe nichts. Lessing 2, 223.
in mürrischer, kurz angebundener Stimmung: 'Lindenschmied,
geht ihr mit da hinüber ins herzogliche?' L. hab meinen
weg für mich. O.Ludwig dram. werke 1,87; aber auch in der
bescheidenen kürze eines fremd eindringenden:
bin so frei, grad hereinxuireten,
musz bei den fraün verzeihn erbeten,
wollte nach frau .Marthe Schwerdtlein fragen.
GÖTUK 12, 150.
g) ich fehlend in allerthümelnder Schreibart:
schicke dir hier den alten Götzen . . .
habs geschrieben in guter zeit,
tags, abends und naclitshorrlichkelt ;
und find nicht halb die freude mehr,
da nun gedruckt ist ein ganzes beer.
Und, dasz es wie mit kindern ist u. s. >r.
tii'r junge Göthk 2, 34.
h) seit dem ende des 17. jahrh. reiszl die gewohnheil ein , in
briefen das ich, wenn es dem verbum nachfolgt, su unlerdiuikni.
wahrgenommen wird sie zuerst in geschnftsbriefen , und enlstrlit
hier wol zunächst durch das streben nach kürze, das die brief-
tteller jener seit für solche briefe eindringlich empfehlen, thrt
beispiele enthalten zahlreiche austassungen des ich : cur. hoch-
für.stl. durchl. soll liierdurch in untcrthänigstom gehorj^am
berichten. Seriamdkr rechtschreibcrey 137; also boriihle mit
rielcn vergnügen. 14G ; cur. Iiorhwolilgh. gndn. bitte liirrdiirch
unlerlhilnig. 157; die erwähnte auslassung greift im Is. jahrh.
um sich, indem höfluhkvilsgründe einspielen : aber wdhcr kouiiiit
Oberhaupt dieser giamuialischc Selbstmord dc^ich..? »vahr-
•cheinlich daher, weil wir wie Perser und Tilrkcn viel tu
höflich sind, um vor ansehnlichen leulcii ein i<h zu haben.
J. l'Atn. vortch. ä. ästh. 1, l!*0; und u-ird in briefen und anreden
höflicher oder selbst vertraulicher arl üblich : zum fördristen sage
2029
ICH
ICH
2030
christlichen dank vor den herzlichen wünsch und gebet vor
mich. Speker theol. bed. c. 1, sect. 74 {Wackernagels leseb. 3*, 969);
hernach Temieiue, dasz ein unterscheid zu machen unter den
arten der zuhörer oder ieser. Leibniz unvorgr. ged., leseb.
3*, 1018 ; mein portrait habe nicht zu erhaltung seiner liebe,
sondern nur zum geneigten andenken beilegen wollen, irrgarien
56S ; wüsten sie meinen völligen zustand, so wolte mich ver-
sichert halten, ihr tugendhaftes hei-ze würde mir in allen
beifall geben, ebenda; meinen couffer erwarte mit groszem
verlangen, und ich bitte nochmals inständig alle die bücher
hineinzulegen, die ich in einem meiner briefe benennet habe.
Lessi.nc 12,11 (brief von 1749); für all die nachrichten, die
den grund meines herzens interessieren, danke tausendfach.
Lenz in Mercks briefs. 2,52; sonst liebe Wieland von herzen
wegen seiner Jugendsünden und bitte mir sein drama aus.
53; die musik beselige dich! wie sehr sie und die künste es
können, hab in Italien empfunden. Klixger (A^a/er 2, 122; mit
verlangen und groszen vergnügen erwarte die fortsetzung
von Wilhelm (Meister), frau TOlh an Gölhe {Keil 320). Göthes
neigung für diese satzfügung in seinen spätem lebensjaftren ist
beläinnt : ich eile jedoch gegenwärtiges abzusenden , hinzu-
fügend : dasz vor einigen tagen herrn Schulz aus London
gesprochen und ihn als einen werthen wohl unterrichteten
mann gefunden, auch demselben eine rolle mitgegeben, radirte
blätter nach meinen früheren skizzen enthaltend, welche ge-
neigt aufzunehmen und mir von dem empfang, sowie von der
ankunft des gegenwärtigen blattes gefällige nachricht erbitte,
an dr. Noekden vom 26. uov. 1821 {grenzboten 1S64, s. 491). —
Jetzt ist diese art auslassung des ich verschicunden und hält sich
höchstens noch im niedern kaufmannsstile.
IIL Oblique casus von ich.
1) die erweiterte form des genitivs meiner für mein taucht
bereits bei SccnENwiRT in Verbindung mit zaiilwörtem einmal auf:
meiner ahte (vgl. Koberstein Suchenw. 2, 63), verbreitet sich
mehr im 16. jalirh., nicht bei Lctuer, der noch mein braucht:
erbarm dich mein. Matth. 15, 22. Luc. 16, 24 ; aber bei andern :
der hat sich meiner angenommen, da ich nit wüst, wo hin-
aus. Alberüs uidder Witzeln E4'; und wird seit dem n. jahrh.
die übertnegende form, so dasz bereits Schottel 535 meiner vor
mein verzeichnet, heutzutage ist sie die alleinige form der gewöhn-
lichen rede: erbarme dich meiner; erwehre dich meiner wenn
du kannst ; er möchte sich meiner gern entäuszern, wenn er
nur könnte ; als er meiner ansichtig wurde ; und mein haben
wir der höheren und poetischen spräche überlassen :
und als der herre mein ansichtig ward
und mich erkannte. Schiller Teil 3.1;
hinter praepositionen und Substantiven ist überhaupt nur noch
meiner zulässig : wegen meiner kannst du bleiben ; meine
mutter . . hatte meine abwesenheit des morgens beim thee
durch ein frühzeitiges ausgehen meiner zu beschönigen gesucht.
GöTBE 24,314.
2) neben dem eigentlichen dativ mir der ersten person ist, tcie
bei dem der zweiten person (tlieil 2, sp. 14S5/".) der sogenannte
dativus ethicus oder commodi in vielfacher Verwendung, der nur
eine allgemeine beziehung des gesagten zum sprechenden ausdrückt
und die rede beleben hilß. er findet sich schon mhd. häufig (vgl.
Haupt zu ^eidhart 98,21):
den tiuvel ich mir selben weij
da; ich mir niht sanfte künde leben. Erec 4792;
dö däbte ich mir vi! ange,
wie man zer wehe sohe leben. Walihkr 8, 9;
allererst lebe ich mir werde. 14, 38;
nhd. das lasz ich mir gelten; du bist mir ein schöner kerl;
ich denke mir, die herrlichkeit dauert nicht lange; jeUt
kommst du mir nicht mehr in mein haus ; das lasz mir einer
ein besondem forttrib gehabt haben. Nas wamungsengel 23;
last mir das einen heiligen vater sein! Wesemgi spiWsietfn 54 ;
vergeizt nur nicht dem Schneider einzuschärfen,
da» er mir aufs genauste miszt. Göim 12, 111;
im vereine mit einem andern dativ: borgt mir nur dem men-
■chca nichts;
setie mir nicht, da grobian,
mir den krug so derb vor die nase I Götbi 5, 210.
3) über den acc. mich vergl. das fc^gende.
IV. Subslantivfr gebrauch von ich.
1) geschlecht und form, neben dem gewöhnlichen neutralen gilt
btsweiien das masculine geschleck: was ihn (Gölhe) auch hier
wie fast in allen seinen werken, von Homer und Shakspear
unterscheidet, ist, dasz der ich, der ille ego, überall durch-
schimmert. Mercks briefs. 1,236; sie wird dir, wenn du kommst,
mehr sein als ich, ob sie mir gleich so viel ist als dir, so
binn ich doch in meinem schwärmenden Unglauben, der ich!
und wie ich binn, dein bruder. Göthe an Lavater {der junge
Gölhe 3, 19) ;
mein andrer ich ist tod ! o ich sein andrer er
erwüniscbte dasz ich er, er aber ich noch war.
LoGAu 1, 84, 46 (über den loci eines lieben freundes).
auch der acc. mich wird, masculin oder neutral, Substantiv
gebrauclit: damit ich . . mein ganzes mich vermittelst gött-
licher gnaden beistands in eine beschaffenheit setzen möchte,
die gott angenehm und gefällig wäre. Simpl. 3,426 Kurz;
lugend ist mein leben,
der hab ich mich ergeben,
den ganzen mich. Flehitig 299;
Dafnis werd ich erstlich klagen,
Dafais meinen andern mich. 420;
wie? bin ich denn nicht mehr dasselbe ich?
hab ich denn aufgehört? trelT ich mein wirklichs mich
in mir nicht ferner an? Brocses 8, 593.
gewöhnlich aber hat ich als Substantiv den acc. ich, dat. iche
oder ich, gen. ichs oder ich: diese absolute Identität ist die
form des reinen ich. Fichte 6,297; das eigenthümliche unseres
ichs. Göthe 29,104 Hempel; plur. iche: (eine) weit von ichen.
FicBTE 2,703; häufiger ichs: seine verse, die beinahe so viele
ichs, micbs und mirs enthalten als zeilen. Zelter an Göthe
3,286; seine eigne Vervielfältigung (im spiegehimmer) ekelte
ihn: müsset ihr mich stören, ihr ichs? sagt er. J. Paul Tit.
4, 44 ; die metaphysische weit, mit ihren ichs und nicht-ichs.
Schiller an Göthe 1, 126.
2) ich bezeichnet das vernünftige im menschen im gegensalz
zu dingen und zum körperlichen überhaupt: vielweniger haben
wir noch das geheimnis entdeckt, wie denn die seele . . mit
dieser maschine (dem organischen leibe) so genau verknüpft sei,
dasz sie den körper zu ihrem ich rechnet. Reiüabus triebe der
thiere 8;
geheim entsteht das ich, geheim entstehn die dinge.
Platin 77 ;
bet festhaUung dieses gegensatzes wird von einem guten, bessern
ich, dem geistigen gegenüber dem sinnlichen gesprochen: da sich
der gesang dagegen wie ein genius gen himmel hebt und das
bessere ich in uns ihn zu begleiten anreizt. Göthe 18, 204 ;
wenn wir uns erst mit dem guten und mächtigen ich bekannt
gemacht haben, das so still und ruhig in uns wohnt, und
so lange, bis es die herrschaft im hause gewinnt, wenigstens
durch zarte erinnerungen seine gegenwart unaufhörlich merken
läszt. 15,172.
3) ich ßr einzelwesen, indiciduum, person überhaupt:
vrowe, da soitu mich meinen (lieben)
herzenlicben als ich dicb,
unser zweien so vereinen,
daj wir beidiu sin ein ich. frauend. 436, 3 ;
ein ich da; was min selbes üp,
da; ander ich da; was ein wip.
diu bet so berzeclicbeu mir
gesellet sich und ich mich ir
da; wir mit triuwen wären ein. liedersaal 2, 158, 41 •
ich möchte fragen, warum hat er mich gemacht? doch wohl
nicht gar aus liebe zu mir, der erst ein ich werden sollte?
Schiller räuber l, l ; ich hoffe also, sie werden dem groszen
ich in Osmandstädt im hei-zen abbitte thun. an Göthe l*, 76;
jetzt wurde es ihm leicht (seine papiere zu ordnen), da ein
freund diese bemühung übernahm, ein zweites ich die soo-
derung bewirkte, in die das eine ich nicht immer sich spalten
mag. Göthe 17, 42 ; o ich tolles ich. J. Pacl Hesp. i, 177.
4) ich, wesen, geistige eigenthümlichkeit des einzelnen bezeich-
nend: in sich gekehrt, betrachtete er sein hohles leeres ich,
das ihm als ein unermeszlicher abgrund erschien. Göthe
20,29; seit der zeit ist mein thätiges, productives ich auf
sü manche angenehme und unangenehme weise beschränkt
worden, an Schüler 1*, 408; darum aber ist es mir noch lange
nicht gemüthlich, mit der geberde des dünklings, der sich
oft so gern für edeln stolz verkaufen möchte, mein selbst-
zufriedenes ich vor mir her zu lächeln oder zu schnauben.
Bürger 323*;
(gedenk ich der teilen da) ich über mein ich , dea unbe-
friedigten geistes
düstre weg« zu spähn, still in betrachtung versank.
GorRK 1, 269;
2031
ICH — ICHEN
ICHEN — ICHHEIT
2032
neil mein ich sich ganz eniraltet. Platen 74;
kramprbart windet sich mein tiefstes ich. 27-I;
mit hervorhebung dieses tcesens als des gegenständes der eigcnliebe:
mache dasz mein ich mir schwinde,
das mich mit mir selbst entzweit,
dasz ich gott und dich empfinde
und die weit in einiglceit. Röckert ges. ged. 1,209;
fort mit dem ich und seiner kraft,
gebeut die liebe, ton damit! Dauker Uajis 18;
formelhaft das liebe ich: die . . um ihres lieben ichs, ihrer
kirche und schule willen, Privilegien, ausnahmen und wunder
für ganz natürlich hallen. Göthe 46,23.
5) der gelieble wird mein ich, mein besseres, edleres ich
genannt :
wenn du mich köntest lieben,
0 du meiu ich! Fleming 519;
lasz mich den groszen geist, der nunmehr aus wil zibn,
mein gauzes und mein ich, mit disen lippen küssen!
A. Gryphius (1B63) 238;
meine freundin, meine taube,
meine Schwester, ja mein ich! Günther 272;
und bist du auch verblichen,
mein mehr denn halbes ich? Opitz 2, 136;
häußg aiuh mein andres ich, seit dem 17. jahrh., nach dem
lal. alter ego:
als Peleus grimmer wagen
vorlängst mein {der Andromachc) anders ich, den Ileclor, niusie
tragen. Opitz 1, 223;
erbarmt dich mein (wenn dich mein erbarmt) , o du mein an-
dres icli. Abscuatz 21 ;
nimm hier, mein ander ich, was ich noch geben kan,
den allerletzten kusz als ein Vermächtnis an! Göntuer 1027;
du bleibst mein ander ich,
bis mir der tod das treue herze bricht. Menantes 1, 178;
nimm mich, mein ander ich! 193;
würde er das wohl gethan haben, wenn ich nicht sein ander
ich wäre? Lessi.nc 1,499; ihr andres ich, dessen glück ihr
glück, dessen Unglück ihr Unglück ist. 2,371; des herrn
Duschs anderes ich , oder sein critischer freund. 6, 201 ; ich
bin sein ander ich gewesen, er hat nichts vor mir geheim
gehalten. Le.nz 1,230;
die schöne braut siebt hier ihr ander ich {ihren bräulhjam)
den blumen gleich, durch kalten stahl erbleichen.
Kleist (1756) 133;
Pfriem ist nicht blosz mein freund, er ist mein andres ich.
Lessimg 1, 27;
komm, meine taubei spricht zu seinem andern ich
der graue tauber {ein verliebter <;rcü), komm, mein Röschen,
führe mich
zu jenem stillen grund. Wikland 22, 283 {Uberuu 6, 64).
6) in komischer rede wird ich selbst von thieren und leblosen
dingen gesagt: dasz manche den papageien gleichen, die im
verdunkelten bauer, worin blos ein Spiegel für das ich des
Sittichs steht, in der schaukel eines ringes, deutlich nach-
sprechen lernen. J.Paul palingcn. 1,99;
aschenbrödet. dieser schuh ist mein.
Pernutlo, wi9 dein? . . .
aschenbrödel (den andern panloffel hervurziehend). hier ist sein
andres ich , sie sind ein paar.
Platen 185.
7) das ich der Fichleschen philosophie, das grundthcma seines
idealismus, als die ewige allgemeine Vernunft dem iiiclit-ich, der
sinnen- und kürperwcU entgegengesetzt, vgl. Fichte werke 6, 294.
2%; von zeitgenössischen Schriftstellern oft erwähnt: nach den
mündlichen äuszeiungen Fichtes, denn in seinem buche war
noch nicht davon die rede, ist das ich auch .durch seine Vor-
stellungen erschaffend und alle realitüt ist in dem ich. die weit
ist ihm nur ein ball, den das ich geworfen hat und den es bei
der reflexion wieder filngt! Schiller an Göthe 1,26; ich spreche
hier (bei der vorgenommenen ausarbeitung der Malthser) wie ein
gesunder und rüstiger mensch, der über seine zeit zu gebieten
hat; aber bei der ausführung wird mich das nicht-ich (mein
kf/rper) schon erinnern. 27 ; weibliche liebe, die wie ein Fichle-
. sches ich sich selber setzt imd ohne weiteren grund fort
erhalt. J. Paul herbstbliim. 3, 25 ;
ich bin ich und «eizc mich bt- Ibsi und , oeiz ich mich selber
aU nicht gesetzt, nun gut, hab ich ein nicht-ich geteilt.
Schiller 05*.
iCHBKZUG, m. beiiehung auf das ich, die eigene perton, im
grammatischtn $inne. J. Paol vursch. i. ntth. l, lh2.
ICHEN, verb. 1) 'ich' tagen, eine frage mit ich beaiHworten:
ibngtt sprach ich: wer wil mich, ibriuogfeni, von euch nehmen?
die »age dreimal ich, »i« hat »ich nicht zu ichtmen.
da Ichlca alle dummen. RoriiaiKN lutl. poelt 334.
2) das ich stets im tnunde führen, immer von sich reden. Cami'e,
mit dem diminutiv ichein und dem subst. ichler, egoist. nd.
ikken Brem. wörterb. 2,694.
ICHEN [ichen] verb. eichen (vgl. theil 3, sp. 80). die älteste
nacliweisbare form dieses wortes ist ächten : ellü mas und ellü
gewäge du slant in der vier und zwenzigon gcwalt eins ielicheii
dinges, und swenne si die gemajont und geähtint, so sun si
sü eime einpfelhen, swein sü wcnt, und swer mit minre oder
inerre ma^c oder gcwüge koulit oder verkoufit, der begal
düpstal. SciiHEiiiER urkunJenb. 1,S2 (von 1275); dieser form steht
zunächst das aus dem osteilande (Lexer vilid. wb. 1, 1412) und
aus Hessen (Vilmar b3) beigebrachte ichten : auch sal man zu
allen ungeboten gerichten alle mosz, sie syn trogken adir
nasz, die sal man brengen bir an dit gerichte, unde sal sie
daran ichten. weisth. 3, 356 (Breitenbach in Hessen von 1467) ;
man soll besichtigen alle masz trocken und nasz, und wo
gebrech were oder funden worde, solt man dieselbigen vor
gericht besichtigen und die ichten lassen. 376 (Salzschlirf von
1506) ; weiter ab schon eichten , hessisch (Vilmar a. a. o.), und
nach dem subst. eichler, gewichteichler Sciim. 1,24 auch bairisch;
mit Verlust des inlautendem t entwickelt sich ichen und eichen :
sal sin maisz (masz) laszin ichen zu allen ungeboden dingen
(Franken von 1453) ; nd. iken , »in/, ijken , Schweiz, icha den
keltereid schwören, neben ichta eichen Tobler 2S3*;
{ich) bit dich das du hclfst mir
das mir mein teil auch werd gereicht
und in maszen recht gleich geeicht,
eim als dem andern ganz und gar. fasln, sp. 78, 14.
diesem verlaufe der formen gegenüber läge es nahe, eine herleUung
des Wortes vom adjectiv echt legitim , unverfälscht zu vertreten
und stufenweise Verdunkelung der dltest belegbaren form ächleii
anzunehmen, wenn nur das adjectiv echt nicht ausschlieszlich
niederdeutsch und millcldeutsch und den obern dialecteii unbe-
kannt gewesen wäre (vgl. th. 3, sp. 20), während gerade der älteste
beleg des vcrbums aus Freiburg im Breisgau stammt.
ichen , eichen bildete früher auch starke formen : das pari,
praet. geeichen Micuelsen rec/i/5rfenAm. aus Thüringen 50; dasz
. . alle und jede eychen (probationes mensurae aut ponderis) . .
durch die geschworne eycher geychen und mit nageln . . be-
zeichnet werden soll. Würtemb. herbstordn. (Stuttg. 1651) 7, § 10 ;
der wein seie dann zuvor in ordentlichen eychen geychen
und . . verzeichnet. 15, § 27.
ICHER, m. t>oii Klopstück gegen Fichte und dessen wissen-
schaftslehre gebrauclU :
welche verbildung der philosophie, die der ichcr im ernst macht!
noch verbildete so niemals ein mahler im scherz. 7, 350.
in Hamburg bedeutet ikkerl einen egoisten. SchCtze 2, 191,
ICHER [ichcr] m. obrigkeitlicher prüfer des maszes und ge-
wichtes, neben eicher theil 3, 81 : daj niemand kein «ein eichen
sol mit bullen , knbeln , gellen oder andern geschirren im
feld oder in der stat, heimlich oder offenlich, dan mit der
rechten ame, und mit dem geschwornen ycher. weisth. 3, 607
(Wirzburg, 14. jahrh.).
ICHEREI, f : bald nachlicr standen die erlegten ich in der
Fichteschen aseitäl, icherei und selbstlauterei in masse wieder
von den todten auf. J. Paul vorsch. d. ästh. 1, ISO.
ICHHAFT, adj. selbstisch, egoistisch : wesv\egen ist die reprä-
sentaliv-regierung (in Frankreich) untergegangen? .. weil alle
oralorischen und politischen talcnte anstatt patriotisch zu
denken, ichhafl dachten, colerieii bildeten. Augsb. allg. zeit.
1854, 2730.
ICHHEIT, f l) empfindung und betonung des eigenen ich,
egoismus: der mensche soll als gar frie An sich selber sl^n
und sin, das ist An selbheil, icheit, mir, min, mich und des
glichen , also das er sich und des sinen als weiiik silchle
und meinte in allen dingen, als ob er nicht were, und solt
ouch als whnk von im selber halden, als ob er nil \vJ*rc
und als ob ein ander h^le alle sine werk gelAn. Iheol. deutsch
26; der aide mensche das ist Adam und ungehorsam, selb-
heil und icheit und des glichen. 2b ; der mensche solle an
im selber sterben, das ist der menschiidun lustigkeit, Irosl.
freude , begirlikeil, icheil, selbheil, und was solches ist in
dem menschen. 2»; dar umb ist ouch geschriben: so ie m^r
selbheil und icheit, sA ie m^r sunde und bösheil. ouch ist
geschriben : so min, ich, mir, mich, das ist icheil und selh>
heil, m/> das ie niAr in dem menschen abe uiinpt, so gotles
ich, das ist got selber, ie iwh zu nimpt in dem menschen.
91, vgl. auch 3. 4t. 62; lasz dich dise wörlltn sich und leb,
2033
ICHHEIT — ICHT
ICHT
2034
sichheit und ichheit nit bevilen, dann du weiszt, dasz sie in |
ie'u}er leutschen theologia vielmal stehen. Kablstadt 6« Jäger |
327; alles darin ich und ichheit, mich und meinheit kleben ;
mag, dasselb musz ausgehen und abfallen, soll ich gelassen
sein, ebenda; ein gelassen ich oder ichheit ist, wann ich mich
Tcracht und übergib und gib dem alles das gut, der mirs
geben hat. 335; ichheit und selbheit, das gehöret alles dem
teufel zu. Ll'ther iheol. Taukri;
die unglückselge ichheit setzt dich wider alle deines gleichen ;
du willt der andern menschen ich , und sie dem deinen auch
nicht weichen. Brockes 6, 545 ;
wo, entwürdigt fast zur ihierheit,
unfrei ichheit schwärmt und wirheit. Voss 5, 249 ;
0 wirf die weit dir vom genick
und deine ichheit wirf ins meer. Röckkrt 346 ;
da hast mit deiner locken band
der ichheit fesseln abgestrüpft. 347.
2) das geistige im menschen, das tcesen des reinen ichs in
Fichtes phiiosophie : der mensch soll sein, was er ist, schlecht-
hin darum, weil er ist, d. h. alles was er ist, soll auf sein
reines ich, auf seine blosze ichheit bezogen werden; alles
was er ist, soll er schlechthin darum sein, weil er ein ich
ist. Fichte 6,296; dies war die bedingung der ichheit, der
vemünftigkeit überhaupt, naturrtcht 34.
3) person, persönlichkeit: ich will nur zu bedenken geben,
welche sonderbaren eindrücke in der seele eines kindes (das
den namen Ulrich erhalten) entstehen müssen, wenn es sich
immer mit einem dumpfen laut, wie ein verzauberter geist,
Ulrich gerufen hört, wenn es diesen seltsamen klang mit dem
begriff seiner ichheit verbindet. Tieck 15, 125.
ICHLEBIGKEIT, f.: Herder aber war gekommen mit dem
vollen Selbstgefühl, der vollen ichlebigkeit die er besasz; er
wollte seinem eigenen leben , seiner geistigen arbeit nach-
gehen und er wollte ganz und vollaus seinen beruf erfüllen.
L. ScBÜCKiNG vaikshalle (1S66) s. 215.
ICHLEIN, n. kleines ich: das kleine geistige ich oder ichlein.
J. Paul Lei-ana 1, 130.
ICHLICH, adj. dem ichgemäsz: aufgenommen in einen allge-
meinen begrif . . des ichlichen. Fichte nachgel. uerke l, 273.
ICHLING, m. egoisl: allerdings genieszt der ichling den
grösten grad häuslichen glucks, nämlich sein eignes. J. Paoi.
friedenpr. 29.
ICHMASZ [ichmasz] n. eichmasz: ichmasz pinla Dief. 436*.
ICHSCHWARM, m. schaar von egoislen:
der gottheitläugnende ichscbwarm. Baggeskk.
ICHSUCHT, f. egoismus, von J. Paul oft gebraucht: das
wachsthum des egoismus oder der Ichsucht, friedenpr. 29 ; so
ungeheuer weit die Ichsucht die europäische erde überstrickt.
dämmerungen 92 ; doch war er so sehr ohne Ichsucht. Hesp.
1,167; die Willkür der Ichsucht, vorsch. d. ästh. 1,32.
ICHSÜCHTIG, adj. : (der jetzige Zeitgeist) der lieber ichsüchtig
die weit und das all vernichtet , um sich nur freien Spiel-
raum im nichts auszuleeren. J. Paul vorsch. d. ästh. 1, 32.
ICHSCCHTLEB, m.: die letzte und beste frucht, die spät
in einer immer warmen seele zeitigt, ist eben Weichheit gegen
den harten, duldung gegen den unduldsamen, wärme gegen
ichsüchtler und menschenfreundschaft gegen den menschen-
feind. J. Pacl Siebenk. 3, 194.
ICHT, subst. pron., aliquid.
1) ahd. eo-wiht, ^oweht, eowit, iowibt, ieweht, iuuiht (Graff
1, 732), alls. eo-wiht, mit der noch ganz durchsichtigen bedeutung
trgend ein ding (über das alte eo vgl. unten unter je), mhd. in
den rerschiedensteu forvien gekürzt, schon Notkeb schreibt ieht;
im 13. 14. jh. ist iht die geieöhnliche form, woneben icht, ieht,
iet, itt (ytl Allswert 148, 8), id, iewet, iwit, iut, üt, üd, ut in
gebrauch waren (vgl. Weinhold alem. gramm. § 322, bair. gramm.
§ 255). mnl. und unl. entspricht iet ; ags. 4>nht, ivubt, äuht,
äht, engl, aught, ought (I never gave you aught. Shakespeare
Hamlet 3, 1) ; altfries. äwet, 4et, ncufries. aet.
icht ist noch im ts. und 16. jahrh. ein häufig gebrauchtes vort,
das erst im 17. abstirbt, mundartlich, schwäbisch gilt bis jetzt
icht in der Verbindung ichtes icht (Scuii. 1, 30 Fromm.).
2) icht wird zunächst wie ein Substantiv fkctiert und in ver-
schiedenen casus gebraucht, über den genitiv ichtes, ichts s. unter
ichts; der dativ, namentlich in den formein mit ichte {mhd.
mit ihtiu in instrumentaler ßexion kröne 11670), in ichte: mit
hciszen messet n, holzern oder ichte anderm. Nürnb. poliz.-
ordn. 229; daj sich die baj versuchen suUen, ob sie mit ichte
IV. u.
ein richtigung darrwischen finden und treffen mügen. deutsche
städtechron. 1,434,11; ob eur Weisheit in ichte irrig were.
10, 319, 8 ; dafür im 16. jahrh. mit icht, schon in der verblaszten
bedeutung irgendwie :
derhalben weil er deinem got
zu dienst noch nie gestanden bot,
auch nie mit icht ist gwest vorwant
in all seim wesen, lehn und stant.
ScuADB sat. 1, 122, 395 ;
vorwar, ider der nur mit icht
etwas verstehen kan, der spricht:
disz spil hat kein mensch zugericht. 1, 90. 375 ;
es soll der kleinste tittel nicht
vom gsetz verruckt werden mit icht.
BsEsniCER Christi, rittersch. (1553) ES'.
ein dat. ichten, in sckriflen des 16. jahrh. : gots wort mag nit
gefangen oder von ichten begrieffen werden. S. Fra.nk ;
wenn unverständig leul mit ichten
ein schweren handel wollen richten.
ElKRING 2, 417
in dem adverbialen sinne etwa, irgend, einmal (der im mund-
artlichen niederdeutschen ichtens, jichtens noch haftet. Fbomii.
5, 149. 6, 213 ; vgl. unten ichtens) :
baustu in (den kindem) ichten ein hausz
so zier es fein und machs gar aus. Etering 1, 161.
3) gewi^nlich ist aber icht nur als notninativ und accusaliv,
in der bedeutung etwas, verwendet, ein näher bestimmendes Sub-
stantiv tritt im theilungsgenitiv hinzu: geviel den an dieselben
gut (guter) iht irrung oder kriegs. d. städtechr. 4,137,42 (v. 1368);
wer es dag wir iht treffenlichs erfüren oder gewar wurden.
3,345,32 (r. 1414); ob icht fürnemens geschehe. «rA. lfa;r. 35 ;
dir wäre laid von herzen, das im icht Übels widerfüre. Kei-
SERSBERG predigen leutsch (1510) UO' ; do der herr Jesus ward
geschlagen, do hat er niemants icht Übels gewünschet, lli*;
dir wäre laid von herzen, das ir icht Übels darumb beschäh.
115*; du möchtest ir icht des geleichen auch thun. ebenda;
ist yt güttes an dir, das ist gottes und nit din. bilg. 14S';
über die Verbindung ichtes icht vergl. unten unter ichts and
ichtesicht ;
hab wir icht Unzucht bierinn verpracht,
das siüt ir uns nachlassen fein, fasln, sp. 39, 10;
das sie darauf gar fleiszig spehen,
wie diesem menschen sei geschehen,
ob er iht schaden hab genumeo. 214, 16;
ich weisz noch nüt.
ob er hab ler und tugent üt. Braut narrensch. 6,92;
wer sinem frund üt ubels dflt. 10, 5 ;
(er) redt keim menschen üt göts noch (nach),
er si joch nider oder hoch. 19, 5t ;
seltener ist, nach modemer weise, zu iht statt des gen. ein be-
stimmender acc. getreten :
bastu icht guoten alten wein.
des soltu mir füllen das fläscbelein. fa*tn. sp. 501, 19 ;
ungewis, ob gen. oder acc. :
du solt eim andern Stelen nicht.
auf niemand falsches zeugen icht. Llther 8,362*;
icht ohne solche nähere beslimmung: also hilten die feind bei
sant Wilbollz prünlein, und die unsern ranten hinaus gegen
in und zetzten (neckten) sich lang mit in , ob sie in icht
mochten abbrechen, d. städtechr. 2, 174, 8 ; wer icht trug, da;
an die peut gehört , dem nam man daj. 260, 1 ; ich w ürd
(irerde) vertrukt und verschmacht , niemans haltet icht von
mir. Kkisersberc predigen teutsch (1510) lio' ; und das wir nit
vor der zeit . . reden, schreiben, schweigen, und icht thun
oder lassen, dann das er in uns thSt. S. Frank chron. vorr.
a b* ; sie (die falsche liebe) thüt niemand! icht vergebens, sonder
sihet schalkhaftig allein auf den dank. Agr. spr. (1560) 139*;
vermag nicht aus nicht zu machen icht. Lotber 1,477*; besser
icht als nichts. A. Gartseri dicteria proverbialia (159S) 85*;
ein armer singt fri (ohne sonic vor räubern) durch den walt,
dem armen selten üt entpfalt. Brakt tiarrensch. S3, 54;
in der form ichte : ob ew von des verclagens wegen . . ichte
wissent sye, das ir uns das besunderbar under andern dingen
by disem potcn verschriben wissen lassent. d. städtechron.
5, 349, 11.
4) in abhängigen und conditionalen salzen in negativer bedeu-
tung , im sinne von nichts : auch sol man besehen , wag die
paurn in dem mist aus der stat fürn und mit langen spiesen
durchstechen , daj sie icht fürn , daj der stat schedlich sei.
d. städtechr. 2, 283, 11 ; sollen sy die (Stadtmauer) versehen, da;
andern leuten icbt schad darvon bescbehe. 5. 215, anm. i ;
128
2035
ICHT — ICHTES
ICHTES
2036
fraw, ich will dag Ton euch han;
hat Neithart gen euch icht getan,
so gebt im cur huld. lastn. sp. 423, 30.
vgL dazu itiiten no. C.
5) icht ifj'rrf adverbialer accusaltc , tcie sclion mlid., mil der
bedeulung etva, irgend : ob daj wer, da; er yemandcn ilit brief
geben het. d. städlecitron. 1, 194, 20 ; ob sie aber ander sache
dabei icht beteidingt oder czu schiken habm, des wissen wir
niht. 439, 21 ; ieder teil, ob er dem andern slosz, vesten, sicl
oder merkte in dem krieg icht angewunnen. 2,166,9;. man
schaut auch in die rugzettelcn, ob er icht gerügt wer. 262,24;
und ob icht geste und frembd leut . . zu der hochzeit ber-
komen wern. A'örnft. poli:.-ordn. 17; ist aber das ichl ein
scherz. Steinhöwel hl. 62 (14ST); ob du in deiner wohnung
oder in deinem kaufhaus ichl schreiende oder mutwillige
kinder bettest. 3' (1555);
set hin, ir vercleiter knecht.
clinglent aver die icht recht? ring 38", 17;
ob man mich gleich icht fangen thut,
so hab ichs bei den mensciien gut. Etering 1, 10;
wau icht ein pfründ und pl'arr vacirt. 91 ;
do einer icht verwirkt den todt. 2, 400.
6) icht in abhängigen und condilionalsätzen mit negativer be-
deiäung, icie nicht: so müssen wir gedenken, wie wir uns
selber erwern odir weg vinden, da? wir iht verdürben, deutsche
städlechron. 1,148,40; ouch ligen die fursten noch vor Winds-
heim , wir hoffen aber, daj wir kurzlich dorzu wollen , da;
sie iht lang da ligen. 156, 17 ; auch sol man die laib zu-
schneiden , das sie ichl geferliche sach darinnen hin ausz
tragen. 2, 2S3, 13; e; sullen auch dy von Augspurg zu geleicher
weis abnemen und widerrufen all zoll . . ., da; wir und
unser land davon fürba; icht beswärt werden in dhain weis.
4, 178, 24 ; so musz man des pachs auch eben war nemen
hinnen in der stat . . das icbl pretter und was'-hpenk im
pach sein. Tdcher baumeisterb. 229, 21 ;
lecht nicht vi! in nunnenzellen,
das euch der eilft vinger icht werde geswellen.
fasln, sp. 168, 28 ;
wolt ir dann euer ee icht zuprechen,
80 solt ir in kein hausmeid zechen. 23;
in einem verbietenden salze:
datz keiner ja icht auszen blieb
und das sie nu allsampt erschienen. ErsRntG 1, 51.
ICHTEN, verb. zu etwas machen: nicht also da; der geist
zu nichle werde , sunder da; er geichtet werde an gole.
H. V. Fritzlar in Wackernagels leseb. 1*, 858.
ICHTEN, verb. eiclien, vergl. unter ichen sp. 2032.
ICHTENS, adv. etwa, irgend, an eine dat.- form von icht
anlehnend und aus ihr erweitert, niederdeutsch noch jetzt vor-
handen, vgl. o6en icht 2: diejenige so dazu tüchtig und ichtens
des Vermögens sein. SrtvE wesen u. verf. 128 (17. jahrh.).
ICHTES, ICHTS, der geniliv des oben behandelten icht, der
mhd. in der formel ihtes iht zu dem letzteren worle nur ver-
stärkend zutrat, durch zusammenziehung dieser formet entstand
ichlesicht mü seinen Verstümmelungen (x. an alphabetischer stelle),
durch vertust des regierenden icht erhielt, seit dem 14. jahrh.,
der regierte geniliv ichtes für sich allein den sinn irgend ein
ding, etwas, ichtes lebt, zuletzt nur in einer formel {s. no. 4)
bis ins 17. jahrh., zum schaden der spräche entgeht es uns jetzt,
während die ganz gleich entwickelte neyation nichts besteht, für
ichtes iü geschrieben jchtcs Luther 8,72' und jegtes: den
ersten mangel zwar kan man auf keinerlei weisz verbessern
lind heilen, ist derowegcn ohne noth alhie jegtes davon zu
liandcln. UrrEKRAcii neues rossbuch (1603) 2, 97 ; können weder
rsj>en noch trinken noch iegtcs cinschlucken. 117.
ichtes, ichts bedeutet
1) irgendein ding, etwas; gewöhnlich absolut gebraucht: wolle
oder würde sich ycniant, geistlich oder werlllich, . . wider
die obgenchriben unsere gnade, gäbe und ledigunge 8eczen
oder ihts tSn. d. stddlechr. l, 127, 3 (von 1390) ; ab (ob) ichtes
an ir dheinem (an abgebrochenen vesten) gepawel oder ange-
fangen werde. 429,37 (von J397); ob wir ichtz von seiner
kuntschaft wegen schaftcn, dorumb srhull wir im ein schenk
thun. 2, 83, 1 ; ob man irhlz daran verhaut oder vcrsert bot.
274,8; ob die icbtx vernemen oder vermerkten, das sollen
sie demselben ircm obersten bauptmun im vorwerk zu wissen
ton. 377,7; ob sj icbtes mit im zu reden hätten, 5,359,33;
dann redent ir ycbu, das im zu icbinacb reichen mOch^ er
wirl euch darum am leib pfenden. Aimon bog. b ; der ychls
wider mich oder mein geschlecht fürnemen dörft. c ; ob ich
ychls volbringen mog (möge), e; (Jesus) spützet in seine äugen
und legete seine band auf in und fraget in ob er ichtes sehe?
Marc. 8, 23 ; (das recht) wclrlis die Römer, che denn Roma von
Christen (Christum) oder gölte selber ichts gehöret hat, gesetzet
und geordnet haben. Luther 6, 156' ; ich hab derselben einen
gesehen , der kund auch alles , . . niemand war ichtes , er
war es alles. 141'; er (der papst) wil auch weder keiser noch
kciserlich recht, weder Vernunft noch jchtcs hören. 493';
wolan schrei wer da schreie, mit schreien wird man lange
nicht antworten, noch ichts umbstoszen. 3,461*; darfst nil
wie andere deine freund im regen, schnee, kell tmd hitz
leiden und wanderen , noch für narung oder ichtes sorgen.
Schade sat. 2, 10 ; ist ein man dem andern ichts schuldig.
quelle bei Schottel 543;
secht ir aver ichts hie inn,
das weder nutz noch tagalt pring,
so mögt irs hai)en für ayn mär. ring i*, 11;
ha.«t dti yemanl ichcz versprochen,
da^ scholl du läistea ungeprochen. 29', 1.
2) seltener sind Oppositionen zu ichtes: wer dem andern
icbtes des seinen niml mit gewall, das sol er ihm wieder
gehen mil busze. quelle bei Schottel 543; sover ichts frucht-
barliches ausgericht werden solle, staatspap. über Karl V 408;
so hat er auch weder baus noch bof, weih noch kind, noch
jchtes eigens gehabt auf erden. Luther 5,167*; solich 1er..
geet vil tiefer in dann ichtes anders. Schade sat. 2, 12.
3) ichts in Verbindung mit negativen pronomen, wie niemand,
keiner, nie, verliert seine bestimmte positive bedcutuug, da nach
dem älteren sprachgebrauche gleichgiltig an seiner stelle auch nichts
stehen kann: das man nyemandts ichts annders zu essen oder
zu trinken geben soll , dann obs und frankenwein. Nürnb.
poliz.-ordn. 79; ist mir auch von niemanl ichts darumb ver-
heiszen. Reüchlin augensp.i^; nie hab ich ichts sträflichs ..
an im befunden. Aimon, vorrede; es hat nie keiner meiner
altern ychls von im zu leben gehabt, bog. 1 ; aber hie keret er
sich zu niemand, befilht auch niemand ichts. Luther 4, 2.50' ;
da eitel Vernunft und kein geist noch ichtes reines innen ist.
270'; da kein bischoff, doctor, noch hoheschulc jchts von
gewuszt. 5,81'; so kann ich in keinen weg . . ichts wider-
rufen, br. 1,596; mit dem überigen zeug, mil dem er kein
eer einlegen oder ichls auszzurichten wiszt (wüste). Frank
Germ, chron. (1538) 177 ; uszgenomen eszen, trinken, cleidung
und offenbare notturft, solt du niemant ichts geben. Schade
sat. 2,36;
wider si darf keiner ichls sagen:
furcht ieder in wurden die lieiligen plagen. 1, 32, 189;
des nachts wacht ich ihm urab Jas hausz,
auf das kein dieb trug ichtes rau.<iz.
B. W ALDIS Ksup 4, 9$t, 254.
auffallend aber ist ichls für nichts in relativsälzen nach dem
positiven jemand: wer auch zewnholz hawet, e; sei weidein,
beslein , ernlein oder ander holcz . da; niht pauholcz wer,
der ist darumb ymanl ihtz schuldig zu geben, d. städtechron.
1,30,6; almechtiger gotl, der du bist ein beschützcr aller
die auf dich hoffen, on welches gnad iemand ichts vermag,
noch etwas für dir gilt. Luther 3, 28l'. vgl. dazu unten unter
icbtesicht.
4) in der häufigen Zusammenstellung von ichts mÜ teiner
negation nichts hat sich das wort am längsten erhalten (vgl. dazu
auch die formel aul oder naut tlieil l. sp. 1014): Plato fabulirt:
oninia sunt non ens et omnia sunt ens, alles ist nichts und
alles ist ichts. Luther tischr. 2'; er mache dann darausz ichts
oder nichts. Faracklsos opp. 1,926 0; biszweilcn macht er
{'loll) ichts zu nichts, biszweilen nichts zu irhts. pers. haum-
ijarlen, vorr.; er mochte nun von der sache ichts oder nichts
verstehen. Chr. Weise erzn. 157; besser ichls, als nichts.
FiLiDOR verm. prins 87 ; (im sj)iel) da ist man bald reich bald
arm, bald hat man ichls, bald gar nichts. Wksknick spiel-
sieben (1702) 166; besser ichts als nichts, paurillum praestat
nihilo. Stieler 884 ;
dir gKchicht gar recht! vor bettest Ichu,
jeiit hsftu minder denn gar nichts.
il. Waldii Esnp 1.4, 17;
wiowol niim wenig kisckt,
»o int« doch beider, haben icnU ;
denn gieng ich ler, het nlleü nichts. 3,73,27;
ich wrrd mr ichts odr nicht« gehalten.
froichmeut. 3, 3, 3;
2037
ICHTES— ICHTWAS
ICHTWAS — IDEAL
2038
0 die ihr auf der kummerreichen weit ...
mich (die ewigkeit) sucht, wo alles bricht und (alt,
wo sich eur ichts in nichts terkehrt, und eure lust in herbes
weinen!
A. Grtphiüs 169S 1,96;
was ists das dich so thöricht macht,
dich kaum aus nichts zu ichts gebracht? 5S1;
wer oft nichts hofft, mein freund, bekommt oft mehr denn ichts.
675;
gestürztes Asien! aus ichts in nichts und staub verstobnes landl
ja wol aus ichts, als mein gekröntes haupt
ein haupt so viel gekrönter häupter war.
LoHESSTEis Ibr. Bassa 1, 12.
5) ichtes ist adverbial getiorden {icie ichl no. 5), in der be-
deutung irgendtcie, ettca, vielleicht: die selb {Jungfrau) füret er
auch für und fragt ob im die ichts gefiel. Steixböwel (1555)
92'; solches schreibe ich nicht darumb, das ich meine, ihr
werdet ichtes nachgeben. Lcther 5,147"; wiewol mir, als
prediger und geistlichen ampts, hierin weder zu richten noch
zu handeln jchtes gebürt, weil es so gar eitel weltliche Sachen
sind. 8, 46' ; wolan, das ist gründlich von der Sachen geredt,
dawider kein Jude ichtes mucken kan, ob er gleich euszer-
lich sich stellen mag, als gleube ers nicht. 72'; man mag ihm
ichtes etwas geben , modo vel tantillum ei dono des. Stieler
881 ; in der form mit ichtes : man sol die Christen leren, das
es des bapsts gemüt und meinung nicht sei, das ahlas lösen
irgend einem werk der barmherzigkeit mit ichtes solte zu
vergleichen sein. Lcther 1. 9'.
ICHTESICHT, ICHTSICHT, das durch seinen eigenen genitiv
verallgemeinerte icbt, mhd. ihtes iht, später in ein wort zusam-
mengeflossen und verschieden verstümmelt, aliquantulum ichtes
icht, ichtesch icht Dief. 23', neben itsicht das.; ob ichts icht
mit den selben ingsigeln . . versigelt were. d. städtechron.
3, 332, 21 ; am häufigsten hat sich die form ichtzit, ichzit, ichzet
ergeben: nu haben wir lange zeit gewartet, ob unser herre
künig Wenzlaw zu sülichen sachen ichzit tun wolt. 1,200,34;
ob dann derselb {ventorbene) iemans ichtzit schuldig were das
dann söllichs vorusz Ton söllichem varenden gut uszgericht
und betzalt werden-, und ob darüber ichtzit mer vorhanden
blibe, das sölte für den laasz (nachlasz) genommen werden.
weisth. 1,70 {Zürich von 14S3); sich erboten, wo er ichtzit ver-
handJt haben solle, das er darumb, was recht sei, gern ge-
dulden welle, urk. Max. 4 ; welche leüt ichtzet weder seen,
pflügen noch pflanzen. Frask xixltb. 80'; noch ichtzit darauf
erkennt werden. Frankf ref. 1,31 § 12;
frei, sicher bist du, so du wilt
wan ichzit dich Ja wolt verlötzen,
der warbeit stehts wehrhaften schild
des Unglücks stosz fürsetzen. Wkcmirlis 197 ;
auch ichtzig : dann von semem tod lang niemant ychtzig wüste
S. Franü cAron. 1531 2S6'; im negativen sinne nichts^ gar nichts
{vgl. dazu ichtes no. 3 a. e.): Vitellius wurde in nider Teutsch-
land . . als ein keiser gegrüst, darumb das er im hörleger
yemant ychtzig versaget. 135'; end/icA ützet, ütz: derselb müller
soll auch sitzen nebend einem schultheiszen, zu den dreien
gerichten, und solle künden ob jemand ützid darin {in der
mühle) hab gethan. tceisth. 1,288 (Thurgau); were och sach,
das utz ufferlüffe {vorkäme). 259 {ebenda von 1458).
ICHTESWANN, adv. : aliquando ichtes wanne, ichtes wannir
Dief. 23*. vgl. unten ichtwan.
ICHTHEIT, f. das etwas sein: gottes wert wer aus nicht,
und aus dem, das kein wesen und selbstendig ychtheit für
sich selbs het, gemacht und geflossen. S. Frank chronica
1531 342'.
ICHTIG, adj. was etwas ist : man nimet den geist in zweier-
leie wise. zum ersten alse her ist ein forme des libes und
gibet deme lichame leben ; zum anderen male als her ist ein
ichtige nature, vornunftig bi sich selber. H. ?. Fritzlar in
Wackernagels leseb. 1*, 855. auch wie icht, etwas, irgend etwas:
aufrichtig oder recti heiszen eigentlich die, so nicht heucheln,
sondern "Ihun was recht ist, keine person, gunst, gelt, ehre,
noch jchtiges angesehen. Ldther 5, 204'.
ICHTWAN, adv. irgend einmal, irgend, die durch das adver-
biale icht {sp. 2035) verstärkte zeiipartikel wann, ßr die häufiger
das im ersten Iheile anders zusammengesetzte etwan {th. 3, 1182 /f.)
sich findet : wie ich zu ichtwan einer angenehmen gesellschafl
widenimb gelangen möchte. Philakder 1,342; und ichtwan
mit einem stück tuch . . unter die arme zu greifen. 671 ; weil
sie das weih ichtwan einmal des jahrs angelacht. 2, 337.
ICHT^YAS, pron. aliquid, das durch adverbiales icht verstärkte
was, dem sinne nach gleich mü etwas {th. S, 11S5), aber seltener
und verzugsweise nur im 16. Hiid 17. j<Jtrh. hkr gern an feier-
lichen, gerichtliehen oder briefstil verwendet: aliquid icht wat
Dief. 23* {niederdeutsch, ib.jahrh.); a/jgua/e ichtewat, ichteswat
noo. gloss. 16"; so wollen wir an uns ungern ichtwas lassen
erninden. kurf. Johans Friedrich bei Melanchihon 5, 746 Bret-
schneider; es treffe den process des kammergerichts oder icht-
was anders an. reichsabschied bei Scdottel 543; darum so wil
ich ichtwas interloquirn lassen, äyrer proc. 1,9; dasz ich
ichtwas verwirket habe, dienda; umb ichtwas ansprechen.
Pbilander 1, 34 ; ichtwas derogleichen. Harnisch 1S6 ; kan aber
eu. excell. meine Wenigkeit auszerhalb herrendiensten in icht-
was zu gehorsamen die gelegenheit haben. Simpl. l,2S3 Kurz;
davon er doch kein intresse, keinen nutzen, keinen gewinn,
keine belohnung, noch etwas anders oder ichtwas dergleichen
zu hoffen hat 3, 424 ; haben die zeugen ichtwas widriges ein-
zuwenden. Arele unordn. 2, 245 ; ichtwas zu gewinnen, ist . .
eine kunsU 4, 242 ; so sollen auch in den feuer-pfannen auf
den gassen . ., sobalde sich diszfalls bei nächtlicher weile
ichtwas erreget, pechkränze, kühn oder ander holz angezündet
werden, der stadt Leipzig Ordnungen (1701) 543; allerthümelnd
noch bei Rarener: (dasz nicht) sonst auf dergleichen weise
ichtwas zum nachtheile der wolhergebrachten gerechtsame zu
verhängen sei. Satiren (1761) 2,415;
er bat ingleichen sie durch ichtwas nie betrübt.
Uallxa:«!« Adonis s. 9.
ichtwas adverbial, irgendwie, einigermaszen : so bald die an-
wesende sahen, dasz ich desz alten freündschaft hatte, dorfie
oder wolle deren keiner mehr mich ichtwas angehen oder
fragen. Philasder 2 (1643) s. 38. •
ICHTWASIG, adj. etwas seiend, einigermaszen geltend: dem
schluDunernden könige wird zu ichtwasziger besänftigung
ein anmuttiges nacht-liedgen gespielet. Haluiak.n Tkeodorich,
vorrede.
ICHTWER, fron, irgend wer: es mag ichtwer kommen,
quantus quisque ambiat Stieler 884.
ICHTWO , adv. irgend wo : ichtwo ankommen , vel levissi-
mum officium consequi {vergl. ankommen theil 1, sp. 3t>5 oben)
Stieler 884.
ICKELEI, ICKLEI, m. cyprinus aibumus, kleiner weiszfisch,
sonst ückeiei, uckelei, ocklei (Nehmch 2, 1354).
ICKELN, verb. ärgern, verdrieszen : in icklet das in der man
so verschmehet. Ulenspiegel 77, s. 112 Lappenberg. s. igeln.
ICKIS , als name des buchstaoens X : mache ein ickis für
ein V. Conr. von Dankrotzheim (1435) bei Weigasd 2^, 1115.
■ IDEAL, fj. der nur in der Vorstellung vorhandene begriff einer
Sache: ideal bedeutet die Vorstellung eines einzelnen, als einer
idee adäquaten wesens. Käst 7, 78 ; das ideal, worunter ich
die idee nicht blos in concreto , sondern in individuo , d. i.
als ein einzelnes durch die idee allein bestimmbares oder gar
bestimmtes ding verstehe. 2, 440 ; dennoch sind menschen
dieser art auszer uns, was die ideale im innern sind, Vor-
bilder, nicht zum nachahmen, sondern zum nachstreben.
GöTBE 20, 161 ; es heiszt ideal eines dinges oiier von einem
dinge: der mittelmäszigen portraits sollten unter den kunst-
werken nicht zu viel werden, denn obschon auch das Por-
trait ein ideal zuläszt, so musz doch die ähnlichkeit darüber
herrschen; es ist das ideal eines gewissen menschen, nicht
das ideal eines menschen überhaupt. Lessing 6,382; diesz ist
freilich sehr viel; aber für mein ideal eines Übersetzers noch
nicht genug. Herder zur U/. 2, 55; mein ideal von Schönheit
ist ein anders, das wort geht aus der philosophischen spräche
in die gewähltere des gewöhnlichen lebens über: so würde er
meine gestalt doch kennen und kein unerreichbares ideal
sich träumen. Kotzerde dram. sp. 3, 198 ;
barockiscber konnte man nichts als Blaffardinen sehn ;
vom köpf zum ^ürtel so scheuslicb, als bis zum knöchel schön!
von unten der tiesteu nymfe von Vanioo zu vergleichen,
von oben ein ideal um vögel zu verscheuchen.
WiBLAND 4, 166 ^n. Amad. 7, 30);
diesen feinen Seladon,
das ideal von einem besenbinder. 18, 151.
der geliebte nennt die geliebte sein ideal :
es war sein ideal, was er verkörpert erblickte.
4. 267 (neuer Amad. 11, 29);
ia freilich, dn bist mein ideal,
hab dirs ja oft bekräftigt
mit küssen und eiden sonder zahl. II. ttunt 16, l&l.
ideal, von einem vollkommenen kunstwerke, im gegensatze zur
wirkliehen lebenden körperweit:
128*
2039
IDEAL — IDEE
IDEE
2040
doch nein ! es (eine slatue) ist kein ideal !
wo sieht man eines, das so den seher täusche?
nein , nein ! dicsz athmende leben schafTt weder pinsel noch
stahl ;
man fühlt, mit den äugen sogar, in diesem schönen fleische
elastische wärme wallen — es aihmet wirklich!
Wieland 4, 218 (n. Amad. 9, 31).
BüncKR, der das ideal unter dem bilde eines in den liimmelssaal
/liegenden vogels faszt, braucht dem entsprechend masculines ge-
schleckt :
zur seile fliegt der ideal
dem wunder-phönix der moral.
wie dieser strahlt in heiligkeit,
so jener in Vollkommenheit. 93'.
Nach Lessinc 11, 326 scheint der ilaliänische Jesuit Franc. Lana
{gest. 1&S7) der erfinder des wortes ideal zu sein, das adjectiv
ideulis, ad ideam perlinens, in der spätem latinitdt bei Martianus
Capella (Forcellini).
IDEAL, adj. dem ideale entsprechend: die ästhetische weit,
das reich der schallen im idealen sinne. Schiller an Gothc
1,168; wenn die Jugend die Zukunft des lebens nur voll
idealer bluten und das aller sie voll dürrer reiser erblickt.
J. Paul herbslblum. 3, 3.
IDEALHELD, m.: der unermüdende, unermattende ist mein
ideaiheld. Fr. Müller 3, 148.
IDEALISCH, uie das adj. ideal: die idealische Vernunft,
die noch über die spliäre einer möglichen erfahrung hinaus-
geht. Kant 2, 228 ; idealische wesen {gedankenwesen, gedanken
ohne realitäl). 512 ; ein strenges , dennoch aber nicht ideali-
sches, sondern wahres vernunflgebot. 4,244; jene idealische
zweckmäszigkeit der natur {die blosz in der idee vorausgesetzte
zweckmdszigiceit). 7, 28 ; dasz er nun von dem idealischen zum
reellen . . übergehl. Schiller an GOthe 1,180;
welch herrliches werk! wie könnt es so vollkommen,
so idealisch, aus menschenhänden kommen?
von welchem sichtbarn gotte ward das modeil genommen?
Wieland 4, 218 (n. Avuul. 9, 30).
IDEALISIEREN, verb. : hätte schon von der wiege an eine
idealisirende kunst sie umgeben. Schiller a« Gotha 1, 7 ; er
tritt von einem leeren und unbestimmten ideal in ein be-
stimmtes Ihütiges leben, aber ohne die idealisirende kraft
dabei einzubüszen. 180. reflexiv, in der bedeutung sich zum
ideal, zur idee einer sache erheben : wie sehr sind wir {Lessing
und Herder) aber in dem eindrucke verschieden, den dieses
stück {Sophokles Philoktel) machen soll, einer von beiden kann
nur recht haben , und der andre hat sich nur nicht gnug
idealisiren können , um nicht zu lesen , sondern zu sehen.
Herder krit. wälder (17G9) 1,62.
IDEALISIERUNG, f.: eine nothwendige Operation des
dichters ist idealisirung seines gegenständes. Schiller 1233'.
IDEALISMUS, m. lehre von der ursprünglichkeit und Wesen-
heit des ideals. Schiller an Gölhe l, 353.
IDEALIST, m. anhdnger solcher lehre: sollte für die bedürf-
nisse des idealisten nicht etwas mehr gesorgt sein? ebenda 188.
IDEALISTISCH, adj.: obgleich seine phantasie auf sein
sehen einflusz hat, so ist dieses doch nur idealistisch, nicht
phantastisch, ebenda 172.
IDEALVOLLKOMMENHEIT, f.: {die frage) welche unter
denen in Europa recht bekannt gewordenen sprachen der
idealvollkommenheit einer spr.ichc, die wortf braucht, am
nächsten kömmt. Herder zur litt. 1,216.
IDEE, f. {betont idee, zweisilbig, plur. id^en, dretsiUng), das
griech. iSe'a, lat. idea.
1) gebrauch und begrißsenlwickelung dieses von Pluto zuerst in
eigenthümlicher philosophischir bedeutung verwendeten wortes m
deutschen phdosophischen werken seit dem vorigen Jahrhundert ist
hier näher nicht zu berühren. Kant, der an den l'latoschen
sinn von idee anknüpße : I'lalo bediente sich des ausdrucks
idee so, dasz man wohl sieht, er habe darunter etwas ver-
standen , was nicht allein niemals von den sinnen entlehnt
wird, sondern welches sogar die begriffe des Verstandes, mit
denen sich Aristoteles beschäftigte, weit übersteigt, die idcen
sind ihm Urbilder der dinge selbst, nicht blos scblüssel zu
möglichen erfahrungen, wie die kategoricn. 2,200; die idee
der lugend, in ansehung deren alle mögliche gegenstUnde der
crfahning zwar als beispicle, aber nicht als Urbilder dienste
Ibun. m, gibt seine eigene deßnilion des uorles: ich versiebe
unter der idee einen notliwendigen vernnnfllM>'rilT. dem kein
congruirendcr gegenständ in den sinnen gegeben werden kann.
MS; der untertcbied der ideea, d. i. der reinen vernunfl-
begriffe, von den katcgorien oder reinen verstandesbegriffen.
3, 251 ; der absolute räum ist ein nolhwendiger vernunft-
begriff, mithin nichts weiter als eine blose idee. 8, 560.
2) früher hat namentlich der französische Sprachgebrauch des
17. jahrh. das worl zu der bedeutung einer gedanklichen Vor-
stellung, eines gedankens, eines begriffes von etwas verflüchtigt
(LiTTRE 2, 5'). in diesem sinne treffen vnr dann idee auch bei
deutschen schrißstellern der 1. hälße des 18. jalirh., entschieden
unter französischem einflusse, es wird sogar bisweilen mit franzO-
sisclu;m accent versehen : wie köstlich sind vor mir, o gott,
deine gedanken, sagt David, deine speculalionen, deine idien
die du gehabt {bei erschaffung der erde); ihrer ist eine summa,
so grosz wie der sand am meer. Zinzendorf in Wackern. leseb.
3', lüGö {Homilie von 1747) ; das ist so der erste gedanke, die
erste hinreiszende gcfühligste iAie, die uns . . alle zugleich
einnimmt. 1069;
sasz etwas stille, dacht, und schien
die ganz zerstreueten Ideen zusammen und zu recht zu ziehn.
Brockes 8,418 {neujtihrs'ffiliclit auf 1745);
ging, mit sanften schritten, im ganzen zimmer auf und nieder,
von mancherlei ideen voll, gesenkt, im ernsten überlegen.
420.
seit dieser, zeit bürgert sich das wort, in mehrfachem sinne, zu-
nächst in der gewählteren spräche ein.
3) idee der gedanke, sofern er verschiedene seilen eines ganzen
zusammenfasst , einheitlich betrachtet und durchdringt: die idee
ist ein selbständiger, in sich lebendiger und die materie be-
lebender gedanke. Fichte grundzüge des gegcnw. Zeitalters 115;
es sind nicht diese gegenstände (blume, quelle, bemooster stein,
dicltterisch dargestelll), es ist-cine durch sie dargestellte idee,
was wir in ihnen lieben, wir lieben in ihnen das stille
schaffende leben, das ruhige wirken aus sich selbst, das
dasein nach eignen gesetzen, die innere nothwendigkeit, die
ewige einhelt mit sich selbst. Schiller 9, 441 Kurz; derjenige
welcher selbst nicht die allgemeine idee der Wissenschaft hat,
ist ohne zweifei am wenigsten fähig, sie in andern zu er-
wecken. ScHELLiNG vorles. über d. melh. des acad. stud. 9;
ich erseh,
in der die grosze weit vereinenden idee,
ein wunderbares bild von gottes werk gemahlt,
woraus die gottheit selbst mir in die seele strahlt.
Rrockks 8, 422.
namentlich auch der im dicfUer schaffende gedanke: sobald er
{der dichter) zum werke schreitet, nuisz der Vorwurf, und
nichts als der vorwarf, die herrschende idee in seiner seele
sein, er hüte sich in diesem augenblicke seine regeln allzu
deutlich vor äugen zu haben. Mendelssohn philos. sehr. 1,21;
wir haben nicht ermangelt die begriffe, welche auf dem wege
der erfahrung in den verstand des blosz sinnlichen menschen
kommen, von den ideen, welche schlechthin ohne alle erfah-
rung durch das in sich selber selbständige leben in dem be-
geisterten sich entzünden , streng zu unterscheiden. Fichte
grundz. des gegcnw. Zeitalters 146 ;
nun wüst ich nicht, was dir besondres bliebe?
«mir bleibt genug! es bleibt idee und liebe!" Götri 4,81.
4) idee, das durch dichterische thätigkeit erzeugte bild, phanlasie-
gebild :
den beiden sing, der lange die weit berg auf berg ab
durchzog, das gegenbild von einer schönen zu linden,
die aus dem reich der iileen herab
gestiegen war, sein junges herz zu entzünden.
WiBLAND 4,3 (neuer Amndis 1, 1);
nicht fern vom thurme. worin der junge Amadis
der liebe zu einer idee, die auszcr seinem gehirne
wohl nirgends ist, sich schmachtend uberliesz. 76(3,25);
an einem solchen ort liusz oft ein schmeichelnder träum
die schone idee, die er liebt, ihn unter rosen erblicken.
74 (3, 26, fpdter s. 79 hirngespinste genannt).
. 5) idee, der dichterische, künstlerische Vorwurf, stoff: wenn
ich nicht immer neue ideen zu bearbeiten habe, werde ich
wie krank. GOtue an frau v. Stein 2, 2S1; {das gedieht) ist so
musterhaft schön und rund und vollendet, dasz ich recht
dabei gefühlt habe, wie auch ein kleines ganze, eine einfache
idee , durch die vollkommene darstellung einem den genusz
des böcliHlen gehen kann. Schiller an GMe 1,312; auch die
skiiie eines künstlerischen gedankens: sollten denn nicht wir
beide unter ein paar freunden Lessings ein monumenl auf
seinem grabe zu stände bringen können? . . . ich bitte sie,
machen sie doch eine idee, t. b. von einer ganz simplen
pjTainide mit einer ganz simplen nufschrifl. Nicolai an Esfhrn-
burg, in Ueinemanns Lesting 160.
2041
IDEE — IDEEN>I ASSE
IDEENREICH — lENDER
2042
6) idee, gedanke, Vorstellung überhaupt, zunächst in lUterariseher
besiehung: alle die schönen ideen, die er {Wieland) aus den
alten Griechen will geschöpft haben. Lessing 6, 21 ; wie wun-
derbar hat der dichter (Sophokles im Philoctet) die idee des
körperlichen Schmerzes zu yerstärken und zu erweitern ge-
wuszt! 394; der poet will nicht blosz terständlich werden,
seine Vorstellungen sollen nicht blosz klar und deutlich sein ;
hiermit begnügt sich der prosaist. sondern er will die ideen,
die er in uns erwecket, so lebhaft machen, dasz wir in der
geschwindigkeit die wahren sinnlichen eindrücke ihrer gegen-
stände zu empfinden glauben. 471 ; welche gladiatorseele ge-
hörte dazu, um ein stück auszuhalten, in welchem diese
idee, dies gefühl des körperlichen Schmerzes, hauptidee, haupt-
gefühl wäre? Herder krit. icälder (1769) 1, 65; zu einem frucht-
baren Umtausch der ideen. Schiller an GOthe 1,2; dasz ich
mich auf eine öftere auswechselung der ideen mit ihnen
recht lebhaft freue. 5; er fand so viele spuren eines neuen
urgenies darin {in einem aufsalz), so tiefe und doch so
praktische ideen , dasz er es sich sechsmal hintereinander
vorlesen liesz. Tieck 15, 172 {unterschieden von den praktischen
ideen Herbarts : wie nun jeder kunstlehre ein theil der allge-
meinen aesthetik entspricht, der zu ihr die Vorbilder enthält:
so auch stützt sich die tugendlehre auf die ursprünglichen
bestimmungen des löblichen und schändlichen, oder auf die
praktischen ideen. lehrb. zur einleit. in die philos. 1S13 s.ö); —
dann auch überhaupt : ich will aufhören, sie mit diesen traurig-
angenehmen ideen {gedanken über Mylius' tod) zu beschäftigen.
Lessing 4,446; nicht blos der wirkliche gestank, auch schon
die idee des gestankes erregt eckel. 6,524; es greift sie zu
stark an, liebe Lotte! ich weisz, ihre seele hängt sehr nach
diesen ideen {dasz die verstorbene mutter sie umschwebe). Göthe
16, 84 ; sogar dem gemeinsten realisten, dessen ideen und tage
sich auf raupenfüszen und raupenringen fortwälzen, macht ein
unnennbares etwas das breite leben zu enge. J. P.\ül vorsch.
d. ästh. 1, 75. eine fixe idee, eine Vorstellung die die seele unauf-
hörlich und alle andere Vorstellungen beherschend, einnimmt.
7) idee, beijriff den man von etwas hat oder faszt, meinung:
das ist auch wirklich die idee, welche die lehrbücher der
mahlerei mit dem worte erfindung verbinden. Lessisg 6, 448 ;
der schwächere leser kann sich nicht entwehren, eine gering-
schätzige idee mit dem namen solcher männer zu verbinden,
denen solche stümper solche armseligkeiten unausgepfiffen
vordociren dürfen. 8,206; ich würde kaum eine gute idee
von dem Jünglinge fassen, den . . diese bilder nicht rührten.
Herder krit. w. (1769) 1,51.
S) heutzutage ist das allgemein gebrauclde wort überhaupt mit
gedanke synonym, sowd in dessen eigentlicher bedeutung, als
sofern man darunter Vorstellung, meinung, begriff, absieht ver-
steht: ich habe eine idee, man könnte das s6 machen; ich
habe keine idee, was das geben soll; ich hatte anfänglich
die idee, nach N. zu reisen, gab sie aber auf; die sachver-
ständigen haben keine gute idee von der Solidität dieses
Unternehmens; als bild für etwas geringfügiges, eine kleinigkeit :
das getränk sollte um eine idee süszer sein; das kleid ist
um eine idee zu kurz ; mit keine idee ! wird stark negiert, wie
sonst kein gedanke 1 gebraucht wird.
IDEENARM, adj. gedankenarm, arm an Vorstellungen.
IDEENAR.MUTH, f
lUEENFOLGE, f folge der gedanken oder Vorstellungen.
IDEENFÜLLE, f. fülle von gedanken oder Vorstellungen, i. Padl
vorsch. d. ästh. 1, 48.
IDEENHEER, n.;
und was für ein ideeabeer in ihm (einem weisen) entstanden.
Brockks h, 424.
IDEENINHALT, m.: da der ideen-inhalt eines dichtwerks,
vollends bei einem publicum wie das unsrige, so vorzüglich
in betracht kommt. Schiller an Göthe i, 180.
IDEENLAND, n.:
mein prinz, bethdrt von seiner idee,
glaubt, dasz er sie hier, im wahren ideenlande,
verkörpert in dieser schlärerin seh.
WwLAND 4, 76 (n. Amadis 3, 29) ;
*du kommst nicht ins ideen-Iand!'
so bin ich doch am ufer bekannt,
wer die inseln nicht zu erobern glaubt,
dem ist ankerwerfen doch wohl erlaubt. Göthr 2, 251. I
IDEENMASSE, f.: die neulichen Unterhaltungen mit ihnen i
haben meine ganze ideenmassc in bewegung gebracht. Schiller '
an Göthe 1, 6. '
IDEENREICH, adj. reich an gedanken oder Vorstellungen.
IDEENREICHTHL'M, m.
IDEENVERBINDLNG, f
IDEENWELT, f.: das gemüth wird also unwiderstehlich
aus der weit der erscheinungen heraus in die ideenweit,
aus dem bedingten ins unbedingte getrieben. Schiller 1224" ;
sie bestreben sich ihre grosze ideenweit zu simplificiren, ich
suche Varietät für meine kleinen besitzungen. an Göthe 1, 11.
IDEENZAHL, /■..• Schönheit, sagt Hemsterhuis, ist, was
gröste ideenzahl in kleinster zeit gewährt. J. Paul vorsch. d.
ästh. 1,48.
IDER, IDERMANN, s. jeder, jedermann.
IE- s. auch unter je-.
lEBE, f Übung, gewohnheit, ort, für übe, mhd. üebe (Lexkb
wh. 2, 1685) :
mein herr Moringer het die leb
dasz kein gast auf seiner bürg entschlief,
er sung dan vor ein hovelied. Uhlahd volktl. 780;
allzeit het ers in groszer ieb,
das er sich keiner liegen tet verschulden.
GöDEKE u. TITIMA?c^^ liederb. 325.
lEBEN , verb. ßr üben, mhd. flehen : lechteriiche hjoffwort
und schwenk ieben. G.V.Ehingen 9;
und so wirs etwo betten nicht
nach noiturft gnugsam ausgericht,
so bitt wir, nemt itzund für lieb,
bisz sich ein jeder besser ieb,
wenn er mer zeit und weile hat.
P. Rebbi!« Susanne, beschlust v. 126.
lECHZE, f bei Hobbebg ßr üchse, mhd. üechse, achselhöhle:
die schmalzfedern unter den iechzen und um den steus soll
man ausziehen (6« gänsen, die gemästet werden). 2, 336'.
IECHZEN, verb. ächzen, keuchen, eins jener lautmalenden
Wörter, von denen unter keichen theil 5, sp. 43S eine gröszere
anzahl aufgezählt sind, vgl. auch hecbzen c^n sp. 741 und
ächzen, ächzen theil l, sp. 172 ;
mich dunkt, ich hör was iehtzen dort ins.
ja sich ! da kreucht die frau herausz.
J. Atrer 267« (1337, 3 Keller).
lELEN, verb. alemannisch für eulen heulen {vgl. theil 3, 1194) :
und weinen, ielen, hülen, schrien.
Mdr;«ir geuchm. viij'.
lENDER, lENDERS, lENDERT, adv., das mhd. iener, ahd.
ioner, Soner {zusammengezogen aus io in eru, usquam terrarum
gramm. 3, 220 ff.) , mit eingeschobenem , etymologisch unberech-
tigtem d, das in oberdeutschen quellen bis ins 16. jh. sich findet,
zum theil in der form indert, im alemannischen, bairischen und
pfälzischen noch heute lebt {als iend, ienden, iendert, ienderts
Schm. 1, 9 Fromm.), es steht in localem, temporalem und mo-
dalem sinne.
1) local, irgendwo : so ligt der krieg auch mer uff uns und
haben mer sloj ümb uns ligen, doraw; man uns teglich an-
greift und beschedigt, danne dhein ainige stat die iender in
dem punde ist. d. städtechron. i, 159, 22 ; derwegen wol zu ver-
muten, dasz kein maulesel yenders in der wält seie, der
seiner art nach an im selbs fürkomme : dann die maulthier
nit gebären noch werfen wie anders vich. Forer thierb. 4S';
mag ich dich furpas indert erraichen.
fasln, sp. 508, 20;
ob uns unser vint iendert wider gen,
da; wir in mAjen wider sten
und wir in gesigen an. Uhi.a:«d volktl. 823;
und ob ich indert (im buche) hat gesetzt
das waren cbristenglaiben letzt,
ich volg der haiigen kirchen mer,
halt nicbtzet wider göttlich ler. Schwaizikbiig 1S9'.
vgl. auch endert theil 3, sp. 460.
2) temporal, je, irgendeinmal: ob sy indert selbscbol {selbst-
schuldner) oder bürg gegen in worden weren. d. städtechron.
1,112,13; da; sie da warten sollen, ob sich die feint indert
herzu wollen laszen. 2, 188, 29 ;
ob er indert pei uns tanz, fatln. tp. 430, 22.
3) modal, irgendwie, trgend, ein folgendes zahlwort oder subst.
verallgemeinernd: ob ewem gn. yendert anders von uns fürpracht
und gesagt würde, d. städtechron. 5, 341, 31 ; obe man yendert
wege erfunden möchte, dadurch wir des Nenningers entladen
würden. 352, 25 ; ir gewerb ist mancherlei , künstlich , als
iendert ein volk auf erdtrich. Fbani weltb. 46'; ob yendert
einer wer, der solichs nit vermocht. 145'; wo yndert ein
bischoff, priester oder diacon . . nit communiciert. chron. 1531
31^'; der geschmack und farw des sandharzes sich der biber-
2043
lENEN — lETLICH
geile gar vergleicht , mar weder yender undere ding. Foreu
thierb. 25* ;
ist ieiidert man niiT erden,
der doch der sacb nem acht. Ublaho volkil. 914;
ob jndert einer wer,
Her diser anenei beger,
der such uns in der herberg bic. H. Sachs 1,469';
ist indert ein weib oder man. Scbmelzl Saul 20*;
in Verbindung mit einem orlsadverb :
ist iendert hie ein Christen man. II. Sachs 3,1,250'.
lENEN, lENENT, m alemannischen quellen derselben be-
deutung wie das vorige iendert , und vielleichl eine andere Ver-
stümmelung des beiden zu gründe liegenden mhd. ieiier, riellcicht
aber auch eine andere bildung , zusammengezogen aus einem
freilich nur vorausgesetzten, nichi zu belegenden ahd. 6o in fiwun
irgend in der velt oder in der zeit, ein schon mhd. ienen wird
bewiesen durch die negation nienen , nienent (Lexkr wb. 2, 77),
die als niene, nienen noch heute schweizerisch ist (Staider 2,237.
ToBLER 333'). für das gewöhnliche ienen wird auch nur iena
gewährt: nun was der Teil gar ein guolter schütz, als man
inn im lande yena finden möchte. Etterlik in Wackern. leseb.
3, 1, 70.
ienen steht
1) local, irgendwo: losa, losa ho, sind yencn menschen
vorhanden, die kömmind har zu mir. Diogenes (1550) Cv';
küramind alle die anfechtungen die yenen sind, so mag sy
der wys man mit Vernunft dämmen und überwinden. D';
yenen, elwan an einem ort, uspiam, usquam Maaler 569';
lieber geschauw die färb seines angesichts, zeiget sy yenen
ein zeichen der schäm? das.; {die mause machen löchcr) in
der Stuben, küche, . . und anderen orten, wo sy yenen pro-
viant wüssend. Forer thierb. 108* ;
ein gut vernunfiip, witzig, man
desz glich man iiit niöcbt yenen han
in aller well, als Socraies. Brant narrensch. 112, 2 ;
lühis. jiast du ein wund am leibe ienen ?
Jephlhes.'menea. Jephlkes {Sirastburg bei Rihel) D*.
2) temporal, irgend, irgendwann: wer hat. dich yenen über-
troffen, quis homo te exuperavit unquam gentium? Maaler 509'.
3) modal, irgend, irgendwie : wo es yenen müglich ist, si ullo
modo est ut possit. ebend.; so yenen einem etwas durch betrug
und list entraubet und entzogen wirdt. Forer thierb. 164*;
kein gröszern zorn man yenant spürt,
dann so ein wilisbild zornig würl. Brant narrensch. 64, 45 ;
und helTent, wo ir konnent ienen. fastn. sp. 832, 32;
ob jenen eyr (einer) vom bundtschfi war,
dem do für kam disz schlecht gedieht,
bit ich er weis verachten nicht. P. Gkncenbach 2S, 182 ;
ob ich mög yenen
in güttem das umb dich verdienen. Daniel (1545) D'.
lEREN, verb. für irren, stören, hindern (s. d.): ich enpfind
wol in mir die stechen! gerst, gedenken und herzigungen zu
gytigkeit und unluterkeit, dise gerst sticht mich, und iert
mich in minem herzen. Keisersberg iilg. 9'.
lEREN , verb. für gären ? : nyeman mag von dem andern
ein wort erlyden, es kumpt als do har, dasz wir uszblodern
{herausfahren), und nit in uns ieren. 'ach wan ich es numen
einem menschen gesag, so würd mir destcr lichter, so gut
es mir ein wenig von dem herzen'. Keisersberg bilg. 88". —
Unser gären ist u. a. mhd. jern, *p<J<er jeren, vgl. Ih. 4*, 1350 ;
das wort wird auch vom kochen der leidenschaßen in der seele
gebraucht, vgl. ebenda sp. 1355.
lETLICH, pron. jeder, mhd. ietcllcb, ietcsllch aus ie eteltch,
ie etesUch ; eine seltenere und nur in dllern quellen vorkom-
mende bildung, die durch jeglich (s.d.) unterdrückt worden ist:
die sechs waren ir ietlicher 4 tag auf der vesten. d. stddtechr.
2,164,16; es ist unter einem iellichen tor gesteilet worden
ain wagenbücbsen. 2<jO, O; itdlichem sein gepürltch recht zu
geben. 10,232,16; die mühe und arbait so ietlicher haben
mu8z. 11,793,23; weiche ouch uns alle ingeinein und ein
iedlichen iosunders überhörten und frogten einen nach dem
andern, basler chron. 1,448,26; wie ein yedlicher mensche
für sich telbs mAsz recbnung geben vor dem strengen gc-
ricbt Christi. 458, 12 ; wie dan ein yedlicher in glichem vall
bcgert mit im gebandlet ze werdenn. 406,42;
IFEL — IGEL
IFEL, IFFEL, tt. aus dem lat. infula verderbt
2044
; infula ifel,
bischoffshut.
ein ietlicher tbAl sein beiligea rüeroen.
ScMADi tat. 1, 11
178.
in der form idlicb: und di Juden ir idleichcr tnidingt sich
■elb aus umb gelt. d. slAdtechron. 1,26,1; von cim gehertcn
stadtl von idicicbem anderthalb guld. 29, l\>.
yffel neben infle DiEr. 29&'; die yfifel, mitra,
Maaiej» 510*.
IFENHOLZ, n. eibenholi, laxus {vgl. auch ibe, ibenbaum
jp. 2016): allerlei standen und gartenbewmliii, so zum flechten
und binden dienstlich, als weiden, lindbast, ihnen, ifenholz
oder rüstbäwm, eilen oder eist. Sebiz feldb. 3; ästlin von ..
rustbüumen, aspen, yllinen, ypfenholz, ypenbäuinen, und sonst
weiche Stauden und bandweiden. 51.
IGEL, m. erinacetis. ahd. igil, mhd. igel, isldnd. igull (Biörn
Haldarson); litt, ezis, kirchenslav. jezi , griech. i/ivos, gewiss
so genannt wegen seiner stacheln (so wijj, daj der igel ain ticr
ist, daj vil natüileicher dorn auf seinr haut tregt. Mecen-
BERc. 138, 3), und mit griech. i'xie oller, als stechender, einer
abstammung. die ursprüngliche bedeulung ist manigfach erweitert
worden.
1) igel, herinaceus, herix, liericius, echinus Maaler 235*;
zweierlei geschlächt desz igels werdend zu unseren Zeilen
gefunden, der ein hat ein rüssel gleich einer sauw, wirdt
genannt auf theütsch seuwygel : der ander aber ein schneugen
{schnauze) wie ein hund, wird aus der ursach genennt hunds-
ygel. FoRER thierb. 93* ; mit des igels haut werdend die kleider
auszgebutzt. 94'; der igel, wenn er in dem wald lauft und
man in lagt , so sieht man fUsz und haubt und erkent oh
es ein hundigel ist oder ein Schweinigel. Keisersberg sünd.
des munds 13'; krümbt sich zusamen wie ein hogeriger igel.
Garg. 230*. die sorg« des igels für sein nest wird öfter hervor-
gelwben :
weisiu wie der igel sprach?
vil guot ist eigen gemach, minnes. frühl. 26,34;
gewlszlich het der igel vernommen,
das der winter würd balde kommen;
umb ein gut herberg er Im dacht,
da er lür kelle bleiben niocht.
B. Waldis Eiop 2, 98, 1.
Die bibelilbersetzung gibt mit igel zwei verschiedene thiere wieder,
einmal zählt sie ihn unter kriechenden thieren, anderswo unter
vögeln auf: {unrein sind) die wisel, die maus, die kröle, ein
jglichs mit seiner art, der igel {fivyälrj septuag.), der molch,
die aydex, der blindschleich und der maulworf. 3iVoj. 11,30;
wfl sie machen zum erbe den igeln {ajore xaroixeh> ixirov:).
Jes. H, 23; der igel {^xivos) wird auch daselbs nisten und
legen, brüten und ausheggen unter irem schatten. 34, 15; auch
rhordomel und iegel {ijilvoi) werden wonen auf iren thürinen.
Zephanja 2, 14.
2) sprichwörtliches und bilder, vom igel hergenommen: wenn
man den igel anrührt, so böistelt er sich. Simrocs sprichw.
s. 277 ; ich bin des bapstes kaulcpers, der stacblichte schuppen
hat, . . er hat einen igel an mir funden zu käwen. Luther
tischr. 224'; es {ihr) schickts enk zu der critica wie der igl
zum arschwisch. Schwabe tinlenf. 11 ; hei der arswolfreuter,
wie sind das reuterkerles , wie ein igel ein arswisch? Garg.
135': einen igel im leib haben, durstig sein, immer stechenden
durst empfinden, wie franz.: il a un herisson dans Ie venire,
s'il ne boit, il Ie pique. OuniN 5.210; ich hab ein igel im
bauch: der iiuisz gcschwummeu haben. Garg. 85'; ihr habt
gewisz einen igel im leibe, der visiert, exorcitt 56 ; wie ein igel
schnarchen :
der lag auT seinem kanapee,
und schnarchte wie ein igel. Blubauer 2, 180:
igel für Vulva, in der redensart einen igel stechen, coire :
mir ulTiiei ains mein puol ir gaden,
und ward mich au ir peitlein laden,
do solt ich ir ain igel stechen.
fastii. sp. 33$, 21, vgt, 259, 28;
ich aolt ir einen igel siechen. 553, 8;
unter spielen wird aufgeführt desz igehlecbens Garg. 169*.
3) igel als sclümpfwort, im östliclien Mitteldeutschland für einen
schmutzigen oder auch unkeuschen mensciu'n (reri;/. scliwi'iiiii;tl,
saiiigel); nach dem englischen aber für einen verächtlichen menulu-u.
einen nichtswürdigen:
Anna, hast du nicht diesen köuig umgebracht?
(ifuitfor. ich Keh es zu.
Anna. zugii-bsi du'« igel? nun .10 gcb auch galt,
dnkz du verdammt sciit (Qr die bOse thai!
Slinlu-sp. Iticlnird Itl. 1.2;
doit grant m«. hedge-bog?
4) das; JKi'l auch für cpel hirudn gehraucht werde, wie um-
gekehrt für icel echinus cgel sich findet, ist IhcU 3, sp. S3 htnvr-
gehoben (btidt Wörter stehen in enger etymologischer verwandl-
uhafl); vgl. auch blulegcl i(h<< bluligel theil 2,177.186;
2045
IGEL — IGELBALG
IGELBLÜME — IGELSKNOSPE
2046
0 Wucherer, was wilstu dich bemühn,
der fremder leuie blut den igeln gleich xu saugen?.
Habforio der Wucherer (1738) *. 15;
dort besieht ein volk das grosze Siegel
an dem allergnädigsten mandat,
seufzt und füttert traurig seine igel,
die d«s landes fett erzogen hat. Seuke ged. 89.
5) igel, name von muscheln : chama arcinella. Neiimcb 2,995;
und buccinum erinaceus. 1, 697 ; ebenso von meerwürmem mit
stachlkher schale, vgl. meerigel, seeigel.
6) igel für dinge, die an das aussehen eines igels erinnern.
o) ein balken mit stachlichlen eisen, bei belagertingen, icie lat.
ericius, ahfranz. herison, erijon, ireyon (la significalion de
defense qu'on metlail aux passages pour senir de barri^res, cheval
de Frise. Bürgcy 3, 200"), stacLclwehr, igel, friesische oder spa-
nische reiUr. Jacobsson 7, 41&' ; aber auch anyriffsicaffe , mhd.
igel:
er (i/cr kaiscr) hxte gerne sinen torn
gerochen an der grözen siat.
vil balde er dö wfirken bat
igel, kauen, berchfrit. herzog Ernst 1563 Bartsch
(lu einem obscönen bilde rericendet kröne 11735) ; die unterschriß
eines bildes mitlelaüerlicher belagerungsmasehinen , worunter ein
solcher igel, aus dem ende des 15. jahrh., lautet:
disen ygel saitu spisen
und wöl versiahen mit jsen,
den wurf man och spisen sol,
hütest du dich Ton (/. vor) inen beden , d; kumt dir wol.
am. des germ. mus. 1861 *p. 16.
b) ein geschosz mit spitzen : lad . . eisene stück , die an der
einen seilen gespitzt sein, rieht die gegen den feind und
zindt sie an , . . so fahren die spitzigen stücL , das du ein
ygel heiszt, herausz und tbun groszen schaden. Froxsperger
kriegsb. 2. 17S' ; einen igel schieszen. Schm. 1, 52 Fromm.
c) igel, 6« den landsknechten, eine besondere art, die spiesze
zu drecken: es werden auch Schlachtordnungen mit oder durch
den igel, mit gesenkten spieszen geschreg . . gemacht. Fboss-
PERCEB kriegsb. 1,53'; wurdent rädtig, dasz man solle alles
Yolk uffmusteren und zamen lageren, und in ein lanzknäcb-
tischen ygel ordnen. Bci.li!«ger 3, 197.
d) igel, 6« den müllern das Stirnrad.
e) igel , der kelch der buchecker. Schm. 1, 52 Fromm, auch
die stachliche hülle der kaslanien: kestinenygel, die stäcbend
haut, hülschen oder rinden darinn die kestinen wachsend,
echinus. Maaler 242'. Stalder 2, 68.
f) igel, eine in igel form zubereitete fleischspeise, mit pinien und
länglich geschnittenen mandeln besteckt, äiabanthes frauenz.-
lex. (1773) 1521.
g) igel auch icol eine grobe bürste, da igelshaut zum putzen der
Ideider diente {vgl. oben unter l die stelle aus Forer); in einem
spottliede auf die unterworfenen Erfurter ton 1664 heiszt es:
duckt euch. scHmügt euch,
last mit igeln euch abstriegeln
und fein putzen,
last doch eure hömer stutzen. IIitDEBKinD volksl. 503.
nach Stieler 731 heiszt die flaschenbürste igel oder krälzer.
h) in Appenzell bedeutet igel auch ein maulband mit eisernen
stacheln, damit das saugen des junrjcn thieres von der mutter
nicht gelitten werde. Tobler 284*.
7) igel , als name eines Sternbildes im munde eines betrügers
und Schatzgräbers: höret ihr, sagte er darauf, der schätz hat
abermal verblühet, welches alle sieben jähre einmabi ge-
schiehet. er ist zeitig und musz ausgenommen werden, die-
weil die sonne noch im igel gebet, sonst wirds künftig vor
verflieszung anderer sieben jähr umsonst sein. Simpl. 3, 101
Kurz.
h) igel, eine vielikrankJieil : der igel, ist auch ein krankheit,
80 das rinderbaft vych überkumpl zwüschend den klauwen,
darvon es binkeu musz. Haalei 235'. vergl. dazu unten das
rerbum igeln.
IGEL.\LOE, f aloe ferox, stachelaloe. NEn.ficH 1, 194.
IGELART, IGELSART, /. l) ort, gaUung des igeU.
2) art und weise des igels:
Hans ^Viderbo^st ist igelsart,
halt jedermann das widerpart. Simoce tprirhw. 277.
IGELARTIG, adj. nach arl einet igels.
IGELBALG, IGELSBALG, m. balg eines igels: über den
igelbalg gehört eine fuchshaut. Simboci sprichw. 277 ; *
darumb wer nutz sucht hinder eim schalk,
macht hauptkiissen vom igelsbalk.
KiRCHUor irendunm. 78'.
IGEL6LLME, f. anthyUis erinacea, stachliehU fPoUblume.
NevKicH 1,310.
IGELDISTEL, f. nanu zweier cactusarten, cadut mammülaris
und cactus melocacius. Neulich 1, 741.
IGELDORN, m. slacheldom: ygeldörn spinat Maaleb 510'.
IGELFELL, n. feil eines igels.
IGELFISCH, fn. diodon, ein meerfisch. Nemsicu 2, 1419.
IGELFLEISCH, n. fleisch vom igel: sol man in (den habicht)
mit igelQeisch, das feiszt davon gethon, ätzen. Hedsli.x vogel-
buch 125*.
IGELGRAS, n. cenlimorbia Dief. 112'; sonst aber egelgras,
eilgras.
IGELGBÄSBLUME, /". üaticc echinus. Ne»sicii.
IGELISCH, adj. nach art eines igels: daher (ron dem schelten
der evangelischen prediger) dann der grosze schad, als ich
acht, ist herkommen, dasz der gemein mann so spitzige und
iglische zungen erlangt. Kablstadt bei Jäger 370; Hansz Wider-
porst ist igelischer arl. Lebma>'5 1, 909. das adverb igeliscben
bei Megesberg: der mensch ist aller ungeordenst in den
werken (nämlich des beischlafs), wan er verkßrl menschleicheu
werk und würkl igliscben oder gensischen oder benimt der
frawen ir stat. 139,33.
IGELKÄFER, m. hispa, üachelkäfer , dornkäfer. Nehnich
3, 165.
IGELKALB, n. ; igelkälber, so nennt man die in dem trag-
sack der trächtigen kuh enthaltenen widernatürlich ausgear-
teten cotyledones (gewäcbse). IVeümch.
IGELKIEFER, f eine kieferart, pinus echinata. N'EiiniCB.
IGELKLEE, m. medicago intertexta, sonst homigel, domen-
krone, eine kleeart. Neji51ch 3,526.
IGELKLETTE, f echinophora, ackerkletle , und xanthium
strumarium, Spitzklette, ebenda 2. 1458. 4, 1553.
IGELKNOCHEN, m. die beinernen theile eines seeigels. Nemrich
2, 1460.
IGELKÖLBLEINGRAS, n. carex flava, gelbes riedgras.
IGELKRAUT, n. geum urbanum, benedictenkraut.
IGELM.ASZIG, adv. nach art eines igels: der selbst lag inn
der Schüssel unter eim lattichblatt, in einander igelmäsig
gekrümt, gepfumpft und gewickelt. Garg. 237'.
IGELMÜCKE, f tipula hirta, eine schnakenart.
IGELMUSCHEL, f cardium aculeatum, eine muschel des
mittelländischen meeres. Nemsich 2, 871.
IGELMCTZE, f mutze aus igelfeü.
IGELN, rerb. stechen, prickeln, was ickeln sp. 203S, zunächst
von dem stechenden geßhl der kälte. Schm. 1,52 Fromm.; dann
auch übertragen, ron stechendem verdrusz; so namentlich schwei-
zerisch: das iglet mich, sticht, ärgert mich, es iglet mich alles,
jede kleinigkeit macht mich verdrieszlich. Stalder 2,68; sorg
eines dings bemüyt und yglet uns, cura alicujus rei nos exercet.
Maaler 510'; welche anfechtunge . . . den menschen iglet,
frisset oder anfichtet. Thdbneiszer magn. alch. 2. 83.
theil 3, lOS wird igeln (ßr das daselbst noch zwei belege) als
Umsetzung von ilgern besprochen, schwerlich richtig, wenn man
nicht nur die ganz andere bedeulung dieses rerbums erwägt,
sondern auch, dasz als vollste form ron igeln vielmehr hornigein
(oben sp. 1826) bezeugt ist, das aber auch in verschiedenen um-
deutungen und Verstümmelungen erscheint, namentlich in den
kürzungen urigeln, nigeln, igeln, die letztere, mit der wir es
hier zu thun haben, kontüe durch begriffliche anUhnung an das
subst. igel halt empfangen.
IGELROSE, f echinus rosaceus, eine gattung meerigel.
IGELSCHNECKE, f echinus, seeigel, meerigel.
IGELSEELE, /. : nur weiche blaltwickler- und igelseeleo
ringeln und krempen sich vor jedem finger in sich zusanunen.
LPaül tu. 1,75.
IGELSHAUT, f:
mein bar gleicht eim schwarzem rosschwanz,
mein winpran einer igelshaut ganz, fatln. rp. 275,6;
ein igelshaut sol sein sein rok,
sein pnich die sei ain nesselstok. 710,28;
sitrUhwörtlidi : aus einer igelshaut macht man kein bnisttucb.
SiMBocK sprich». 277.
IGELSHUF, m. ein geschwür an den füszen der pferde, worauf
lange stachelhaare wachsen, öcon. lex. (1731) 1127.
IGELSKNOSPE, f. sparganium, knospengras; sparganium
erectum, aufrecht stehende igcisknospe, sparganium natans,
schwimmende igelsknospe. Nen.'^ich 4, 1330; bolus igelsknospen
Dief. 78' (aus TABERifAEMONTAitus).
I
2047
IGELSKOLBE — IHM
IHM — IHN
2048
IGELSKOLBE, f. l) hölzerne streükolbe, am köpf mit stacheln
beschlagen, falscher moryenstern : Scharmützeln mit der «echter
igelskolben. Garg. 50'.
•1) pflaniennatne , von spargaiiium eiectum, und von dalura
stramonium, sonst Stechapfel. ISemnicb.
IGELSSCHMALZ, m. als mittel gegen flöhe:
dann auch die kammer war besprengt
und igelsschmalz darein gehenkt,
desglcich vil junger eriinzweig,
damit man das flöhgsiiidlin trcug.
TiscuART flöhatz S19 Scheible ;
mein mercurisch ricliterstab
mit igelschmaiz ich gschmiret bab,
damit ich euch Qöh stillen mag,
dasz ir werd stumm und taub und zag. S85 ;
schmiere ain stecken mit igelsschmalz, stelle ihn mitten inn
die kammer, so kommen die flöh alle an den stecken. 900.
IGELSTEIN, m. versteinerter seeigel.
IGNOTE, IGNOT, adv., die zusammenziehung des mhd. ie
genöte immerfort, jetzt (Lexer wb. 1,1414) dauert auch noch im
11.-16. Jh.: tarn ingiiol Dief. 2b3', ein daselhst stehendes gleich-
bedeutendes iccen {niedermoseliscli, li. jahrh.) wird dasselbe wort
sein; innoten, ietzund, in praesentia, nunc Bas^p. ; dajj tonnen
holz, ligendes oder stcndes, da; ignot dinne ist {im waldc).
MoNE xeitsckr. 8, 336 {von 1362) ; sine lulc oder sine undir-
tanen . . cristen oder Juden, die ignod hinder im sitzen odir
wanent. 9,297 {Worms, von 1349); das ignote nüt anders do
ist, denne wiltnysse und wasser. d. slädlechron. S,^iS, iQ; das
jor hette vormals nuwent 10 monote und was doch also lang
also ignote. 319,21.
IHA, 1) den schrei des esels bezeichnend : so ich dann aneruft
die hilf des obersten gotes, so tett ich für ain menschlich
stimme geben ain grobes geschriye aines esels und nützit
anders danne yh ha yh ha mit groszer luterer stimme sagende.
N. T. Wyle translat. 259 Keller; als subst. :
die argen säu und esel,
die mit grunzen und iha nachts umhergehn. Voss 3,113.
2) inlerj. eines ächzenden: was ächzen sie denn so über-
mäszig? — aha! der könig kommt! — ach! uhe! ah! ihal
uhe! TiECK prinz Zerbino, 4. act.
IHM, dat. sing. masc. und neutr., zu er und es.
1) goth. imma {gebildet vom eigentlichen demonstrativstamme
i mittels des als pronominales dalivsuffix mehrfach fungierenden
-mma aus sma, sanskr. smäi, vgl. Leo Meyer goth. spr. s. 272),
alts. inm, ahd. imu, imo, ime, mlid. ime, im; die andern
deutschen dialecte bilden die entsprechende form von einem andern
stamme, das nhd. behält die form ime, ihme, vereinzelt bis ins
V,. jahrh. : aus dem glauben in ime. Luther 6, 32&'; Christus
gehet in das haus desz starken und nimpt ime seine wallen.
Reisz.neb Jerut. 2,56';
wer andren lebt, lebt recht: wer ihme lebt, lebt gut,
weil jener andren wol ; ihm übel der nicht thut.
LocAU 1, 3S, 15.
hei Fischart auch die form imo: gott . . der uns in form und
weisz, als es ihn gut bedunkt, schafft, wie ein hafncr seine
geschirr imo. Garg. 247' ; eine form, die mit der ahd. nichts zu
thun hat, sondern wie die gleich auslatUenden dero, ihro erst
im 16. jahrh. neu ersieht.
2) Substantive Verwendung der casusform:
Hajd. ihre ganze seeie war
die zeit her nur bei euch — und ihm. Nnth. bei ihm?
bei welchem ihm? Lessimg 2, 194.
3) neben den fällen, wo ihm in gewöhnlicher weise als dativ
nng. des persönlichen geschlechtigen pronomens masc. und netUr.
tlfht, und die hier weiter nicht zu belegen sind, dient es als
reflexivum, wie cJid. und mhd. im ahd., wo es einen dem goth.
sis entsprechenden dativ des reflexii'jironmnens nicht mehr gibt,
vertritt der dat. imu überhaujil mit den dativ des reßexivums, so
dasz nur der Zusammenhang lehrt, welcher gemeint sei, eben so
im mhd., nur dasz schon hier in den anfangen die erst nhd.
einreiszende yewuhnhcU aufkommt, den uccusaliv des reßexivums
»ich ^lir den dativ mit zu verwenden und demnach den dativ des
persönlichtn gesehUchligen jironomens von diesem gebrauche aut-
zuschluizen {vgl. tjramm. 4,324/3. 321 fg., mhd. wb. 2,1,291* fg.
und oben theil 3, (W3). 11 W. dauern die nachklänge der ahd. und
mhd. weist anfangs häufiger, spdler seltener bis in den anfang
duses jahrh., ihm steht für unser heuliges datnes »ich ; es genügt
«iK autwahl aus den vorhandenen überreichen belegen, nii heir
liet mancherlri jut under im. KeisBRtiiEiiG bilg. h* ; «er vcr-
»leodig i»t, d«T le»zt im raten, spr. Sal. l,b; unter keiner las
im feilen mit brangen, das man allenthalben spüren müge,
wo wir frölich gewesen sind, weish. Sal. 2,9; andern hat er
geholfen, und kan im selber nicht helfen. Matth. 21, i2; also
das einer bei iiij quatrin eins tags haben luiisz, der ihm
gnüg wasser will trinken. Frank wellb. 185'; nach solchem
wurde er beides, durch seinen beichtvatter und sein eigen
gewissen angesporl und getrieben , dasz er mich mit ihme
im bette copulieren liesze. Simpl. 3,24 Kurz; aber wie ist
dem miszgünstigen zu helfen? der ihm selber eine marter ist.
pers. rosenth. 1,7; so musz der schadenfroh ihm selbst sein
henker sein. 1,45; man kan ihm leicht einbilden, wie dem
guten Kuben zu muthc gewesen. Zesen Assenat 76; dahero
musz man ihm die freiheil, in der natur selbsten zu studiren,
stets vorbehalten. Sandrart teulsche acad. 2, 3, n'; solchen
antrag läszt ihm Taubmannus gefallen. Brandt bericht vom
leben Taubmanns 5.39; sobald er ein büchlein ans licht giebt,
musz er es ihm auch gefallen lassen , dasz man es lieset.
Liscov 257 ; er musz glauben , dasz der bar ihm habe das
feil über die obren ziehen lassen. 697 ; im Wechsel mit sich,
wo solches zweimal gesetil übel klänge {vgl. die theil 3, 6S3 mit-
getheille stelle aus Lessing 2,259): als der patient so mit ihm
reden hörte, liesz er sich sogleich den andern morgen die
Stiefel salben. Hebel 2,141 {rheinl. hausfreund von 1809);
da erweit im der fuchse schier
ein geselischalt von vogel, ibier . . U. Sachs 1,482';
und keiner lasset ihm, was recht und hiilich wol gefallen.
Weckheblin 4S;
der machte seine wehr und schild ihm wol zu nutze.
D. V. I). Werder Ariosi 11, 17, 1;
Coecutus ging zum brillenmacher , um eine brill ihm zu er-
kaufen. Brockes 8, 460.
vgl. auch ihr, ihnen.
4) ihm, als dal. sing, des neutr. es, steht mit den verben sein
und thun, zurückdeutend , auf eine schon früher eiwähnte sache
im allgemeinen sich beziehend {vgl. einen eben solchen gebrauch
von dem theil 2,966) und Zusammenhang mit üir betonend : aber
ihm ist wie gesagt. Fiscuart bienk. 72'; der liebe dienstbar
sein, . . heiszet die liebe zum herren haben : dann welcher
dienet, musz einen herren haben dem er dienet, ist ihm
nicht also? Opitz 2,250; dasz alles was schön ist, aus Ur-
sache der Schönheit, schöne sein müsse, dieses ist nun, was
ich mir kühnlich zu behaupten getraue, ist ihm nun nicht
also? HoFFMANNSwALDAü stcrb. Socr. 102;
ja, ich waysz wol, wie ym ist. ring 42', 43;
im sei nu gleich wol wi im sei,
so heir uns got und steh uns bei,
dasz wir di rechte warheit erkennen.
Schade sat. 2, 195;
was musz ich aber thun sprichstu, d; ich des kropfs ab
komme und der alten federn, und dj ich gar nüw werde?
... ich wil dich leren, wye du im tliust, das du dich muszest
und des kropfs ouch abkumpst und ganz ein nüwer fogel
wurst. Keisersberc bilg. 10" ; es war aber der ein seer reich
worden, . . der ander hat gar nichts, deszhalb der reich sein
spottet und sprach: wie hast du im doch gethon, dasz du
so gar nichts hast überkommen? Wickram rollw. 2s, 7 Kurz;
nu mag iclis lenger uit vertragen,
ich musz ie sehen, wie ich im thu. fasln. $;j. 40, 13;
ratt (vatliet), lieben herren, wie ich im doch ibuc. 4S, 26.
IHN, acc. sing, zum pronomen er, vgl. theil 3, enl/y., golh.
ina , alts. ina und einmal inan {in welcher form vom denion-
strativslamme i das accusalivsuffix doppelt steht), alid. inan
{gekürzt nan), in und im falle der anlehnung auch enc und en
(Meiseburgcr zauberspr.), mhd. inen und gewöhnlich in; nhd.
dauert neben dem gedehnten ihn, wofür im 16. Jahrhundert noch
in oder jn geschrieben, die vollste form ihnen fort, zum thetl
wechselnd mit dem häufiger in den altern quellen erscheinenden
ihne ; die unter er gajcbvnen beispiele lieszen sich sehr veniiflnm:
! treffe es unsir ein an (einen von vier amileulen, dasz er ici-
klayt werde), so sollen die andern dry über inen siprorhen.
treffe es unsir zwene an, so sollcnt die andern zwenc über
ine spreclieii. weisth. 1,532 {Mainz, li. jahrh.); wie Gurgel-
strotza den Bitlergrollinger künig hcrochol . . angriff, und
ihnen nach crlegung i«eins volks uusi dem land ptMT. Gai-:. .'• •
(ihne begegnet daselbst häufiger, s. b. auch IV.)'. 24l'); '"'
kenswerl ist ein heutiges ihnen eum, das mü uacJidrucA /
steht und nur der volksfi>rache angehurt: uuf die annum*'
iiiaimes bemerke ich, dn!<z derselbe keine frau rrnühren k.mh.
und nicht einmal credit bat, trotz, seinem gehult aU bahn-
2049
IHNEN— IHR
IHB
2050
Wärter, da ich ihnea ernähren musz von meinem wenigen
taglohn. Höllisches laijeblalt 1S66 s. 1524. — Über die nhd. kürsuny
en, n ivi falle der anlehitung rgl. Iheil 3,655; so hab ichn
mir immer von klein auf vorgestellt. Claudius 1 m. 2,111.
IHNEN , dat. plur. des persüHlichen geKhlechtigen pronomens
aller drei geschlechier, vgl. sie. goth. im {vom deinojislraltv-
slamme i mittels des geicöhnlicben suffixes des dat. plur. gebildet),
alls. im, ahd. im, iu und mü crweiterung durch doppelt gesetztes
Suffix inen (Weinhold alem. gramm. s. 457), mhd. in und inen.
1) die ursprüngliche kürzere form dauert, anfangs als in, dann
auch in der dehnung ihn, auch im nhd. noch lange fort: die
nilden felthabich die haben an yu das sie sich uff thun gegen
den warmen oslei-wint. Keisebsberg bilg. ll' {sonst öfter bei
diesetn schriftsteiler inen, ynen) ; glöcklein und schellen, die ein
fast grosz gethön von in geben. Fba.nk icellb. 19a*; ihn für
ihnen noch bei A. Grtphius 1663 j. 6S2; namentlich bei dichtem
des 16. jahrh. die gewöhnliclie form, während in prosawcrken die
gedehnte vorwiegt:
vom himel kam der engel schar,
erscbeiu deu birten otTenbar,
sie sagten jn, ein kindleiu zart,
das ligt dort io der krippeu hart. Luther 8, 35it';
kom heiliger geist, herre gott,
erfüll mii deiner guaden gut
deiner gleubgen berz, mut und siao,
dein brünstig lieb cutzünd iu Jn. 360*;
meiu gute werk die gölten nicht,
es war mit in verdorben. 366* ;
deu (denen) wer das narrenbat gesunt
und scherret in ir sin. U. Sachs 1,100,52 Gödeke;
die fliegen sie hart bissen und stachen, . .
machten in allenthalben bang,
das in beid zeit und weil wardt lang.
B. Waldis Esup 4, 57, 7 ;
solch böser lohn ward in gegeben. E. Alberus 17*;
bei FiscuART tm icechsel mü ihnen :
der inen so weit gbolfeu hat,
der helf in weiter zu der statt, glückh. schiff 517 ;
je meb von jnen der schwais flos,
je meh muts jn die rais eingos. 617.
in anlehnung an diese kürzere form vrird in der spräche noch
des heutigen gemeinen lebens, mit einer verbalfomv verschmolzen,
blosz en gehört : laszten {lasst ihnen) das vergnügen ; er behan-
delt seine leate hart, gönnten {gönnt ihnen) kaum das liebe
brot; und in unzählichen andern fällen.
2) 2u der gewöhnlichen erweiterten form inen, ihnen sind
nebenformea ine: ob ine künftigclich icht habe oder gute
zustünde, ^ürnb. pol.-ordn. 26; haben wir . . jne auf zway
monat gancze beczalung getban. urk. Max. no. 231 ;. 310; inne.
Maximilians geh. jagdbuch 24; innen: dasz man von innen sol
das recht nemen, da sy gesessen syend. weisth. 1,45 {Zürich,
von 1513) ; das die uneliche kind elich liberben nach irem todt
und abgang hinder innen verüeszent. 153 {Schwyx, 15. jahrh.).
die form ihnen selbst ist in poetischen quellen des 15. jahrh. noch
ganz selten:
vor inen faruder leuten vil
mit preiren und mit saytenspil
dönten sunderleicben wol. ring 4&', 9.
3) ihnen hat, wie die dative ihm und ihr {s. d.) auch rtflexin
fundion: diser beiderhant tuben, sollen die kröpf und die
federen Ton iu werfen. Keisersbebg bilg. 10' ; es haben doch
wol grosze philosophi ihnen die äugen auszgekratzt , damit
sie on bücher und specula unverhinderter speculirn möchten.
Garj. 242*; wann ein krieg einfiel, erwehleten sie den tapfer-
sten unter ihnen. Micbälius alt. Pommern 2, 215 ; weil die
Stargardischen . . in die vocation eine clausul hinein selzeten,
darin sie die macht, ihre prediger zu enturiauben, ihnen an-
maszeten. 4,166; es nahmen etliche wandersleutbe ihnen eine
reise vor. pers. rosenth. 2,5; drumb wollen sie allezeit gerne
hoch am brete sein, .. und bilden ihnen viel ein. 7,20; sie
fangen an, mit ihnen selbst nicht zufrieden zu sein. Liscov 414;
sie bilden jhnen selbs nichts für. Weckherli:« 3 ;
dasz die fürsten über menschen, und nach rechten, herrscher »ein,
doch nicht ewig; möchten fürsten ihnen täglich bilden ein.
LoGAU 1, 40, 4^.
IHR, tos, der plur. des persönlichen ungeschleclUVjen pronomens
zweiler person. goth. jus; alts. gi, ge; niederd. ji; mnl. ghy,
nnl. gij; ags. ge, engl, ye ; fries. gi und i; allnord. er, schwed.
dän. i; ahd. ier, ir, mJid. ir, in mitleld. quellen er. von den
urverwandten formen entsprechen am genausten zend. yös, alt-
preusz. iofts, lüt. jus, voller und allerlhümlicher dan iuffixe nach
IV. u.
ist das vedische yus'm^, dem wieder griech. vftftes, v/tels näher
steld. der seinem Ursprünge nach dunkle stamm ju-, welcher der
pronominalform in den indogermanischen spraclien zu gründe liegt,
zeigt sich nur im gothischen noch rein, in den andern ditdecten
zu gi- ge, i-, e-, m einer alid. quelle (Mclleshof sprachproben
2. aufl. s. 16*) zu ie- {nach Scueber gesch. d. deutschen spräche
s. 250 vielmehr zu je-) zurückgegangen ; der rest des ursprüng-
liclien bildungssufßxes ist im goth. noch als -s, tm nord. und
hochdeutschen als -r erhalten, in den andern dialecten abgefallen,
über die obliquen casus zu ihr, euer und euch tgl. th. 3,1190/«jf.
Verwendung von ihr.
1) nach Untergang des duals in den deutschen spraclien (über
den dual des pron. zweäer person vergl. tlieil 3, 1139 unter es)
drückt ihr auch diesen numerus mit aus, oft steht das genauere
ihr beide, ihr zwei, ahd. ir b^du (Gbaff Z,M):
mhd. ir zwei mit ein ander get. Parz. 549, 4 ;
nhd. o ihr zartfühlenden beide! Gerstenberg Ugol. 23; wollt
ihr beide sie treiben helfen? Shakesp. Hamlet 3,2;
ihr seid alle beide narren. Licutwer;
ihr ist vor beide unterdrückt:
beide wolltet gern, da lehrten euch vieles die väter.
Stolberg 11, 402.
2) ihr, in indicativen, conjunctiven , imperativen fügungen die
verbalform der 2. plur., nach analogie des singularen du begleik
tend, oder ohne jene in der anrede verwendet, wie die g;rammati-
lehrt, steht in nachdrücklicher rede doppelt:
ihr habt gut reden, ihr! Lessing 2,209;
und empfängt weitere bestimmung durch selbst, selber {vgl. ich
selber, du selber, er selber): ir selbs, tos ipsi. Maaler 237';
das sagt ihr mir so selbst? Lessi.'«g 2,215;
in andern fällen durch ein beigesetztes Substantiv oder substantives
adjectiv :
mhd. hungers not
habt ir gedolt, ir armen. Paiz. 209, 6;
ir reinen wip, ir werden man. Walthkr 66, 21 ;
nhJ. fliegt daher ihr stillen lieder! Gö^her 274;
ihr guten berrn, ihr schönen fraueo,
so woblgeputzt und backenrotb,
belieb es euch, mich anzuschauen. Götbe 12, 50;
ihr heitersten umgebet ihn,
im gaukehanz umschwebet ihn. 306;
ihr lutherischen fechtet
für eure bibel. Schiller Gallensteins tod 1,5;
lebt wohl, ihr berge, ihr gellebten triften,
* ihr traulich stillen thäier, lebet wohl!
Jungfrau, prolog, 4. auflr.;
ihr matten, lebt wohl!
ihr sonnigen weiden ! Teil 1, 1 ;
tm Wechsel mit dem bloszen Substantiv, das anredet:
raset, ihr winde, flammt herab, ihr blitze,
ihr wölken berstet, giesxt herunter, ströme
des himmels, und ersäuft das land ! 4, 1 ;
still, kiuder, still ! der könig bat euch lieb ;
unschuldige, harmlose kleinen ihr,
in eurer einfalt könnt ihr nicht erratben,
wer eures vaters tod verschuldet hat.
Shakesp. Richard III. 2, 2 ;
in der schelte: mich sendet die hohe obrigkeit, die über leben
und tod spricht — ihr diebe — ihr mordbrenner — ihr
Schelmen — giftige otterbrut, die im finstem schleicht . . .
Schiller räuber 2,3.
3) die blosze imperativ form, die von keiner anrede begleitet ist,
verschmäht das pronomen ihr, wenn sie strengen befehl ausdrücken
will; geht! folgt mir! reizt mich nicht! solche fügungen stehen
sireng imperativ, geht ihr! folgt ihr mir nur! reizt ihr mich
nur nicht! mehr adhortatiu; in diesem sinne hört man häufig
in gemeiner rede: kehrt ihr nur erst vor eurer thüre ; laszt
ihr mich nur macheu, was ich will; lehrt ihr mich nur nicht
die menschen kennen; begnügt ihr euch nur mit dem wa?
ihr habt, u.s.w.
4) barsclie rede verwendet nicht mehr als ein blosxes kurzes
ihr! cor dem imperativ oder einer frage, um aufmerksamkeit zu
fordern :
ihr! bohlt die sterbende, noch eh sie eanz vergehl
A. Grtpbids 1698 1, 167 ;
itu-, warum kränkt ihr doch mein abgeplagte seel? 3*25;
ihr mit Ortsbestimmung :
doch ihr dort, schelmgezüchl!
kroaten, hintern bänken!
laszt nach mit lärm und schwanken! Borger 21*;
ihr — ihr dort auszen iu der weit,
die nasen eingespannt ! Schiller 1, 121 Kurz.
129
2051
IHR
IHR
2052
5) ihr in Verbindung mit einem relativsatze , in verschiedeuen
Stellungen, das pronomen geht gcwülmlich voraus und u-ird nach
dem relatiium widerholt: ihr, die ihr die kranken pflegt und
den armen helft. Felder sondert. 2,311;
ihr. die ihr uns, die wir verteuU in unglücks-wellen,
noch haiid und armen reicht. A. Griphius 1698 1,452;
oder die anrede geschieht ohne ihr und es steld nur nadi dem
relativpronomen :
0 Seelen, die ihr noch bei uns, nun alles fällt,
ia wahrer treue steht! ebenda;
vergL das noch weiter gehende mhd.:
alle di ij habet vernomen
beide man unde wib,
^ denket an den öwigen üb
unde an daj äwigu leben ;
dar näh sult ir iiiier streben. Lahprscht AIcj;. 7129;
i» gewählterer rede geht der rclativsats voraus, der hauptsatz folgt:
die ihr der gewissen böser und guter nienscbea richler sind,
ir sind meine zeugen, buch d. liebe 216';
die ihr uot soho und heil itzt wieder sucht zu geben,
geht hin! A. Uniruius IC'JÜ 1,452.
das ihr des relativsatxes musx ergdnit werden : ihr, die in der
letzten zeit der iiebiosigkeit, der absonderung und berech-
nung euch nur noch an frommen klatschen erbauen musziet,
ihr würdet da mehr ßndcn . . . Felder sondert. 2, 311.
6) wie der plur. ihr für den sing, du aufkam und «m sich
griff, ist unter du Iheil 2 sp. lllbfg. mit abgehandelt worden:
ist« deutscher art gemäsz, mit Worten so zu spielen?
wir heiszcn äinen ihr, und reden wie mit vielen.
LocAU 3, 252, 1% (idiernclirift ilirzen).
heute ist diesz ihr aus der Umgangssprache verschwunden, soweit es
nicht in resten landschaßlich dauert, wie in Oberhessen (Vilmar
1&3), tn Sachsen, wo auf deni lande die eitern von den hindern
häufig ihr genannt werden; allgemein und uneingeschränkt gilt
es noch in den innern cantonen der Schweiz, wo unser sie nicht
gekannt wird, und auch in deni offiziellen slile der schweizerischen
behörden: die ehe wird dadurch abgeschlossen, dasz der ziviU
standsbeamte die verlobten einzeln fragt: N. N. erklärt ihr
hiermit, die N. N. zur ehefrau nehmen zu wollen ? N. N. er-
klärt ihr hiermit, den N. N. zum eheniann nehmen zu wollen?
bundesgeselz vom 24. december 1874, art. 39.
7) an diesen gebrauch von ihr knüpß an, wenn man von einer
Sache, um sie als vorzüglicher zu bezeichnen, sagte man musz
sie ihr nennen ; das ist ein pferd das ihr beiszt , ein kleid
das ihr heiszt. Adelu.nc. vgl. dazu den gebrauch von ihrzen
unter du theil 1 sp. 1476.
8) i'on anlehnung anderer pronominalformen an ihr unter gleich-
zeitiger Verkürzung derselben hat die spräche des gemeinen lebens
häufig ihnn' und ihrn für ihr ihm und ihr ihn: habt ibrm das
gegeben?; habt ihrn schon besucht?; damals hattet ihrn
noch nicht gesehen; die knrzung ihrs für ihr es ist auch der
sthnßsprache geläufig: dasz jrs (das kind) . . wollen auferziehen.
WiCKRAii roZ/if. lü, 27 Ä«ri; sehet, mensch, da habt ihr euren
herrn ; mit dem tnöcht ihrs auszmachen. Simpl. 4,49 Kurz;
wenn ihrs zu machen wüszlet, dasz ich das Werkzeug war.
^akesp. Hamlet 4, 7.
IHR, dat. sing. fem. des persönlichen geschlechtigen pronomens,
goth. izai, alls. und ahd. iru, iro, ira, mhd. ir. eine erweiterung
zu ihren, die sich im 16. jahrh. findet, s. unten an alphabetischer
steile, du easusform sieht auch reflexiv (wie ihm uu. 3, vergl.
ip. 2047), bu int vorige jahrh., wo sich die alleinige herrschaft
gewinnt:
SU wirt wol gcbio,
dagi si ir .selber büt bereit
kumer. not und arubeit. ßoni* edetst. 49,43;
da Maria Magdalena zu ym kam nnt ihr bringende ein ala-
basler bdchsz. Fran» ueltb. 173'; in dieser »achen , die an
ir >elb(t wurhaftig ist. Ayrer proc. 1,0; {eine tocIUer) die als
eine . . christin solche unthat ihres herren ihr nicht gefallen
liesz. Micrälics alt. Pommern 2, 204 ; Beatrix lie.s/:e ihr die ber-
slellung der ruhe angelegen sein. Hahn /im/. (1721) 2, 138; die
gelehrte weit würde an uns beiden viel verlieren ; aber wer
kann ihr helfen? sie würde ei ihr selbst zu danken haben.
Liicov 129; ausdruckiingen dieser art haben einen hObern Ur-
sprung, als die ihr seihst gelassene vernunlt des redners. 10t ;
die sshl, di« (hassend dein gebot)
ihr «Inen falschen gel
•rfcies«! bic auf erdan. WcctiicaLii) 51;
•s log die schöne dam, aus diesen stuten allen,
ihr ein allein heraus, nach ihrem Wohlgefallen.
D. v. 0. Wkhukh Ariusl 11, 12,6;
heist dieses denn wol stolz? sie bleibet unten an
und duldet über ihr so leichtlich Jederman.
LoCAU 1, 33, 18.
ihr zu einer» neu(ra/en Idndernamen, der aber personifinert, alt
weib, gedacht wird:
in guter Ordnung, wie die s&w zum tbore laufen ein,
klagt Deutschland, dast die krieg hi ihr biszher gefübret sein.
2, 136, 89.
da für du gegen weibliche personen im 17. 18. jh. das singulare
sie angewendet ward {Iheil 2,Wi6fg.), so sieht ihr iwt sinne von
dir; der mann redet die frau an: icii werde keinen hochmuth
und eigensinn an ihr dulden , ich werde aber auch nichts
dergleichen gegen sie blicken lassen. Reicuey patriol, dritlet
jähr (1729) i. 180.
IHR, gen. sing, und })lur., t. ihrer.
IHR, pron. possessiv., auf ein feminines Substantiv in» singular,
und auf Substantive jedes gcschlechts im ptural sich beziehend,
ejus, eorum.
1) die alte spräche drüclit diesen begriff durch die yenitive irÄ
{sg. fem.) und irö {]>lur.) des persönlichen geschtcchligen prono-
mens aus, die im mhd. beide in ir zusammenflieszen. in frän-
kischen quellen hat man zufrühtst aus diesem ir ein possessiv
gemacht, mit voller adjectivischcr flexion, belege aus niederriwi-
nischen gcdichten des 12. jahrh. in der granmi. 4,344:
dane was der welthero (Wächter) nechein
di da behildeu iren sin. Friedberijer clirist E', 13
(MÖLLKMUOrr u. ScusRitH s. 77);
nidir wendint wajjer Irin vluj. i4niio/ied 46 ;
doch bedwang Cesur al iri cral't. 292;
ir heilig verch und iriu bein. WoLraAK Wilteh. 259,9;
kurzen muot, lange; här
habent die meide sunderbär
die zu irn tagen komeu sint. Henner 322.
in alemannischen und bairischen quellen kommt es seit dem 12. jh.
auf, verdränijt aber erst nach und nach den gebrauch des geni-
tivischen k (W'tiyiiOLD alem. gramm. Ä. 459. bair. gramm. i. 374);
mitteldeutsch als ire und ure : so {sie) nani er den schum vou
urem munde, chronik des st. Ciarenklosters zu Weiszenfels in den
neuen mittheil, des dür.-sdchs. alterthumsvereins bd. II j. 393; su
vorchle den zorn uris sonis. 394 ;
da vil manich beiden sa;,
mit den sie iren kouf triben. livtdnd. reimchioutk 213;
da; sie einen meister dar
kören nach irem willen gar. 7546.
altfriesisch vergleicht sich das possessiv hiri, hire, aus dem gleicli-
lautenden genitiv herausgebildet (Richthofen 815*).
Im 15. jahrh. ist das possessiv allgemein geworden ; mU un-
echtem diphthongen:
also da; die fremden geste
wurden inun des ze loste,
da; das scheiden was ze swär,
jerem leben gar zgevär. rimj 40*, 38;
und der genitiv dauert nur noch in spuren fort: er {der papst)
sei über die heilige schrill, und die selbige müsse von seinem
stuci besteltigct und jr werd empfahen. Luther bei Biiidseil
7,377 (Variante jren werd); also schied die fraw vom doclor
heiinwertz zG ir magt. Wicsbam rollw. 16,28.
Üas ntulrum lautet ihres selbst in der Stellung unmittelbar vor
dem Substantiv, in alemannischen quellen: di^e wegen (wagen)
und ires kirren (knarren) sind erschruckenlich dem feind.
KEisEitsiiEitc Ae//. /öu> 5'; ires geliebt kind. das grosz» gebet 21 ;
ires gelicbleä kindli. 28; ires lieb kiud. 92;
diu (klottfifniufii) lad ich al bieher lu ston,
dariA mit aller geistlichkeit,
die von in werfen ires kielt.
Mummir hith. narr 4083 Kurt.
2) die abwandlung des ihr ist, wie die der andern possettiva,
sunächsl nur die starke, die schwache hat statt, wenn ihr in
vtrbindung mit dem aitiktl substantivisch steht, der ihre, die
ihre, da» ihre, wofür auch der ihrige u. t. w. gesagt wird: mit
dem wlne, der ine o(T dem iren (üirem etgenlhume) wechst.
Moke zeilschr. 4,391 ; was sie dann kaufen und in iren bö>ern
drinken mit den Iren (angehörigen). ebenda; sy suchen alle
das^ irr, nit das de» herrn Jesu ist. Keisen.oreik; preJ. teutich
m*; »ic (dit liebe) «uchcl nicht das jrc. l Cor. 13,6; sein
scbiir ist so bühnrh eingelaufen, wie das ihre. I.ksmnc 2, SK2;
was ihren höcktr betrifft, so hoffe ich, der mcinige darf siib
2053
IHR
IHR— IHREN
2054
noch immer neben dem ihren sehen lassen. Wieland 12, 280
(2Tl) ; mild, wurde in gleicliem sinne der geniliv ir subäantiv
verwendet:
er sprach : ich läje iu iiiwer guot,
und iuwer swester habe daj ir. Iwein 1689.
das ihre heiszl auch das wozu eine person verpflichtet ist, ihre
Pflicht: man kann ihr nichts vorwerfen, sie hat redlich das
ihre gethan; vergl. das deine theil 2,911; im falle der anrede
(unten no. 7):
kardinal, ich habe
das meinige getban. thun sie das ihre.
Schiller Carlos 5, 11.
3) die Verbindung von ihr mit dem beslimmlen artikel auszerhalb
dieses falles (no. 2) ist selten, aber ein nachklang mhd. brauches,
der zum genitiv ir, wie zu den possessiven min «»iii din den
artikei stellen konnte (pranim.. 4, 418. 419):
des morgens in dem mayen,
eh die sonn thet ausstreyen
den jren liechten schein.' 11. Sachs 1,432';
ich sag eur fraun preis, er und lob
der iren ganz miltreichen gut. 3, 260 Jitlmann.
4) ebenso wenig wie der bestimmte geht dem ihr der unbestimmte
artikel oder ein adjectirischer unbestimmter zaidbegriff voraus, wir
können nicht sagen weitere ihre schritte sind nutzlos ; manche
ihre dienerinnen; andere ihre bestrebungen ; docA frei Fischabt:
sie für dieben, räubern, spinnweppen, mucken, motten, scha-
ben und anderen iren feinden bewaren. bienk. 1S3'.
5) einem auf ein folgendes Substantiv bezogenen genitiv der
eigenheil fügt sich ihr pleonastisch oder nachdrücklich zu, ein alter
brauch, heute in der schrißsprache verpönt, aber in ihr bis ins
vorige jahrh. oß begegnend, heute noch in der Volkssprache lebend
(vergl. gramm. 4,351): ob ich jeder Wissenschaft jhren glänz
gleich lasse, so ist es doch die poeterey alleine, womit der
andern jhre Stirnen gleichsam bekleinodet werden. Logaü 3,2;
Floramenen ihr brief lautete nicht weniger schmerzlich, polit.
stockf 281 ; sie haben so viele jähre seit meiner altern tode
für mich gesorgt, dasz ich jener ihren Verlust wenig gefühlt
habe. Gellert 3,330; als der alten ihre kinder in mamior.
WiNKELMANN 1,S3; vou der art wie der Griechen ihr spon-
dcion war. 121 ; von der Griechen ihrer art zu denken. 132 ;
der alten ihre zimmer. 401 ; sonderlich wird die den Römern
entgegengesetzte gemüthsart der Griechen offenbar, aus dieser
ihren kriegen. 4,11; es wurden auch der alten ihre ruhe-
betten mit purpur belegt. 5,175; ein Schriftsteller wird von
seinen Zeitgenossen und von dieser ihren enkeln nicht ge-
lesen. Lessixg 4,6;
hernach faszt Simeon
der erden ihr bezirk und aller himmel thron
in seine kalte schoos. Sccltetls bei Lkssinc 8, 279;
so zeucht der liebsten ihr magnet
den buhler, wo er geht und steht. Tscberninc (1642) 258;
doch schaw, dasz dich nicht wo der weit ihr brauch bethört.
LocAO 1,207, 56;
die grund- und grenzenlose tiefe
des lirmamenis, der ewigkeit ihr bild,
ist so mit glani und licht erfüllt . . . Brockes 1, 114;
dasz der materie ihr wahres wesen
sei: dasz sie ausgedehnt. 3, b3;
du fühlest, was sie alle fühlen.
dein lirand ist der natiir ihr brand. IIaller (176S) 88;
so lieet Miltons gebcin von Homers gebeine gesondert,
und der Zypresse verweht
ihre klag an dem grabe des einen, und kommt nicht hinüber
nach des anderen gruft. Klopstock 1, 20 ;
(fanil) den weg, 'durch eine verborgene thür,
wohl in der prinzessinn ihr sonimerlosier. Bi^rcer 34".
in den fällen, wo zur Verdeutlichung der construction heute jener
genitiv schleppender durch ein der oder derjenige mit seinem Sub-
stantiv vermittelt wird, hielt sich die fügung länger: der künstler,
dessen modelle vor seiner milbewerber ihren den grüszten
beifoll fanden. Winkelmann 1,k7, heute wäre nur vor denen
oder denjenigen seiner mitbewerber möglich; anstatt dasz der
Griechen ihre (nämlich beinrüstungen) das Schienbein bedeckten.
3, 26t ; wenn dein herz nicht gröszer ist, als anderer ihrs. der
junge Göthe 3, 418 (in den werken 10, 103 geändert in als andrer
herzen);
ihr artet mehr nach eures vaters geist
als nach der routter ihrem.
Schiller Wallensteins tod 3, 2.
Oberdeutsche und mitteldeutsche mundarten setzen den voraus-
gehenden genitiv in den daliv um (i/ramm. 4, 351) ; in Düringen
hört man mehr den and«n ihre kleider als der andern ihre
kleider.
6) das pluiale ihr ist auf einen vorausgeltenden collecUcbegriff
im Singular bezogen: ich will diesem volke licht und recht
aufdecken, sie der götter sanfte leitung kennen lehren, will
die quelle ihres geistes eröffnen. Klincer 2, 26ü; das verblen-
dete Volk liesz sich von ihren betrügern so betäuben , dasz
sie ihren arzt als einen vergifter ansahen. 3, 223 ; kurz dieses
edle brüderpaar hat sich so ziemlich, ohne weiter ihr recht
zu beweisen, zu herren und herrschern der . . weit gemacht.
11, 4. kühner ist, wenn das plurale possessiv auf ein aus jenem
collectivbegriff geflossenes adjectiv folgt: so waren wir denn an
der gränze von Frankreich alles französischen wesens auf
einmal haar und ledig, ihre (nun verstanden : der Franzosen)
lebensweise fanden wir zu bestimmt und zu vornehm, ihre
dichtung kalt, ihre krilik vernichtend, ihre philosophie abstrus
und doch unzulänglich. Göthe 26, 71 ; kann man die teutsohen
Sitten und gebrauche, ihren character, ihre denkungsart nach
den werken ihrer Schriftsteller beurtheilen? Klinger 11,7.
7) seüdem man in der spräche der hößichkeü das pronomen
der 3. pers. plur. ßr das ursprüngliche du der anrede setzte (seit
der 2. hälße des 17. jahrh., vgl. unier du theil 2 sp. ii&i fg.),
gilt in gleichem falle das plurale possessiv ihr ßr das der zweiten
person. in einzelnen fällen aber haflet bis heute versteinert das
pluralpossessiv euer, irir sagen eure inajestät, eure durchluucht,
eure gnaden, eure excellenz, urui ihre gehört hier nicht der
Sprache der etikette an, doch findet es sich dichterisch (vgl. auch
ihro unten):
mich wundert, dasz ihr gnaden das vergasz.
Sliuke.Kp. liUhard III. 2, 2.
in Verbindung aber mit solchen versteinerten fügungen tritt doch
ihr auf: euere durchlaucht haben uns ihr (nicht euer) wol-
wollcn bewiesen; eure e.xcellenz erfreuten riele mit ihrem
besuche; da eur. hochedl. für ihr blutendes herz ein pflaster
aus der band des herrn empfangen. Seriander rechtschreiberei
242; ew. gnaden werden verzeihen, wenn ich mich heute ganz
kurz fasse . . . ihre fräulein tochter hat sich in jedem sinne
als die erste bewiesen. Göthe 17, 58.
IHRE, nur in der Verbindung ihre sein, ihr zugehören, die
abgeschwächte form des ahd. genit. sg. fem. iri und des gen. plur.
irö, wie sein mit prädicaticem genitiv die Zugehörigkeit ausdrückt :
des herrn sein, des todes, des teufeis sein, gramm. 4,654;
wan gutes rieh ist ir. theol. deutsch 51 ; vgl. auch unten ihren
HO. 3, und ihro 2. erst mitteldeutsche, vorzüglich obersächsische
sehrißsteller des vorigen jahrh. nehmen dieses ihre aus der Volks-
sprache auf, gewöhnlich im falle der anrede: dieses geld soll
mit der bedingung ihre, dasz sie sich nicht dafür bei mir
bedanken. Gellert 3,170; die andrienne ist so gut als ihre.
411; sie wollen es nicht abwarten? gut! der schade ist ihre.
Lessinc 1,293; fordern sie noch mehr, als das dokument;
mein halbes vermögen ist ihre. 302; die dose soll ihre sein?
335; der gröszle schade dabei ist ihre. 367;
ach, sprach der gönner ganz erfreut,
nun kenn ich sie; das amt ist ihre. Gellert 1, 174;
nein, sprach der wackre mann,
nunmehr soll dieses amt nicht ihre, ebenda ;
so lang die tasche noch
das biszchen gcld verwahrt,
ach! da ist alles ihre. Göthe U, 136.
derselbe wagt von diesem ihre einen comparativ : Stella ist schon
ihre, wird durch das schreiben immer ihrer, an Johanna Fahimer
(der junge Göthe 3, 72).
IHREN, eine im 15. jh. zuerst (Leier mhd. «*. 1,605), im
16. jh. ößers begegnende erweiterte form von ihr, vergleiclihar dem
zu eben dieser zeit außommenden deren für der (//*. 2, 955/y.),
in allen bedeulungen von ihr bezeugt, aber, während sich deren
hielt, bald wieder ausgestorben. Es steht
1) ßr den dat. sg. fem. ihr: und ihren die nechst insel ist
Thaso. biogenes Vi'; da schei-z ich dann mit jhr, . . und
schlaf bei jreta an jren schneeweiszen armen. Fischart Garg.
225* ; wann die braut mit dein schleier ist verhüllet, so setzt
man jhren auch ein kränzlein auf. ehz. 5; hat nicht Circe
den klugen beiden L'lyssen, der sich gegen jhren wuszt für-
sichtig zu halten, ubermäszig heftig geliebet? 9; die fraw
hielt der magt alles, was sy jren verheiszen hat. Wickram
ToUw. 17,10;
das jrn die äugen übergingen.
Fischart flöhhat "75 Scheihle;
ich schauet jren (der jumjfrau) Oeiszig zu. 797.
2) ßr den gen. sg. fem. ihr (vgl. unter ihrer):
mit jungfraublut ich jren pflag. ebenda 802.
129*
2055
IHRENTHALBEN — IHRER
IHRERHALB — IHRETWEGEN
2056
3) ßr den ficn. plur. ilir (jetzt ihrer, s. d.): die jlirrn wnrten
am hesipn, seind krank am mehstcn. Garg. 249* ; es können
jhren zwen geruliig neben einander drauf sitzen. 250'; als
nun die Bitfergiolliscben daselbs berumb . . streiften, wart
iren Gurgeliantua jnnen. 254*; als dann oft geschieht, das
jren vil {riel lanikueclile) on gelt wider Leim geschickt werden.
Wickram rolhr. 43,14 Kurz;
den win nit tis den henden gil),
min durst icli loscticn iiiiisz vorhin,
das übrig sol dann iren sin.
si dorltind in nol gar iilrilien.
J. FuNKELiN m ilen schnusp. den I6.jahih.
ron Tiltmatin 1,177, 131.
4) endlich ßtr das pron. poss. ilir; im falle der subslanliven
rertrendiing {rgl. ihr no. 2) : icii hab micii meiner liesüldiing
beholfen, nit gespill, noch den armen liauren das jren ge-
nommen. Wickram ro//«e. 2S, 7 Kurz; den iiiten das jren ab-
nemen. Diog. G;'.
IHREMHALBKN, -WEGEN, -WILLEN, s. ihrct-.
IliRER, enceitcrte form von ihr, wie derer fUr der, die ein-
tritt, trenn ihr genitir, sowol sing, ah plur. ist, nie, wenn datir.
die pluralform ist zufrühest bezeugt {in einer Kloslerneuhurger
Urkunde von 1329, vgl. Weimiot.d bair. gramm. s. 373), vgl. auch
eurer ßr euer titeil 3,119t; die singulare genilir form erst später.
1) ihrer, pluralform, eorum.
a) die kürzere form ihr, im 10. jahrh. noch die gewöhnliche,
hält sich bis ins 17. jahrh.: da wurden jr beider äugen auf-
getban. l Mos. 3, 7 ; zu der zeit . . wil icii der gölzen nanien
ausrotten aus dem lande, das man jr nicht mehr gedenken
sol. Sacharja 13,2; (deine kinder) frewcn sicli, das gott wider
jr gedacht hat. Itaruch 5,5; ich darf jr (der sacrameute) nir-
gend zu. Luther 6,27*; daher jr keiner es verbieten will.
Garg. 95*;
ihr etlich fielen ah die stiegen,
ihr zwen aulT dein raist hüben ligen,
ihr drei giengen an vrcnden lieim.
H. Sachs 2, 103 Göz;
ir viel sich auch aufs saufen legn.
B. RiNGWALDT /. warh. 72 ;
'dieser vers hat schrecklich viel füszc'. so kan er desto besser
gehen, ihr v>'erden noch mehr dergleichen folgen. A. Grypuius
1698 1,732.
6) die erweiterte form ihrer steht bei vcrbcn, adjecliven, seit
dem 17. jahrh. als die gewöhnliche : ohnwissend ilirer. Leipz.
avant. 1, 132 ; obgleich von denjenigen gelehrten , deren bei-
trage man sich ausbittet, nichts, was ilirer selbst und einer
solchen Zeitschrift nicht ganz würdig wäre, zu befürchten ist.
Scnii.i.ER an Gütlie 1,4; in der anrede: thun sie es doch! sie
ist ihrer viel würdiger, als ich bin. Gem.ert 3,187;
sie schonen ihrer nicht, mit hawen und mit stechen,
sich eins am andern (nicht weisz ich wanimb) zu rechen.
D. V. ». Wkrder i4rio.*( 11, 16,5.
häufig auch als theilungsgenitiv : so viel als ilirer sind, keinen
ausgenommen, sind betrieger, diebe und straszenräuber. Les-
sinc 1,308; da sind wir nun ihrer drei, ich, du und Char-
lotte, die wir auf seinen tod lauern, ist es wohl erlaubt,
dasz einer ihrer drei so lange aufziehen darf? 2,549; denn
es giebt ihrer, die selbst lachen, um einen häufen alberner
Zuschauer zum lachen zu bringen. Shakesp. Hamlet 3,2;
dieweil ein jede jlirer, recht dazu zu haben
sich ausz eigner iieb beredet. Weckhkri.i!« 720;
das weih ist jbres manne» herz j der mann ist seines weibcs haupt:
dasz eine* einem andren lebt, ist keinem ibrer nicht erlaulit.
LoGAU 3, -Hb, 96.
2) ihrer, fem. ejus.
Hier findet sich die alle form ihr uneingeschränkt bis ins 17.
jitirh.: sie (die seele) sol lieb haben den lyb, aber vil me sol
f)ic aciit haben ir seihs. Keisersrerc liilg. 3'; so sprechet,
der herr bedarf jr (der eselin). Matlh. 21,3;
gewinn ich diesen ichatz, weg aller überllusz :
WM aoll mir gut und geld, wenn ich ihr (der lielmlrn) darben
miisz? OriTz 2, 233.
M Sr.noTTP.l. 536 trird ah gen. tg. zu sie ea nur ihr aufgeführt,
hei Sriei.KR telirtrhr. von der hnriit. sprnrhkunst s. 118, dagegen ilir
und ilirer (irrthfimlich auch alt dntirform, m Sprachschatz 2013
ist dirser irrthum mmirden : ihr. sui et sibi, ilirer ii/i), •" GotT-
sr.RKDs ilern der deutsch, sprachkuntt (I7.'i3) wird nur ihrer ab
gen. des fem. sie w»e/«r gekannt, in Verbindung mit verben und
adjertiren : er hatte die frau früher einiiiai gfsrheii und «t-
innerte »ich ihrer noch lebhaft ; liebe die tilgend, spotlr nicht
ibrer; er hatte sie geheiralhel, ward ihrer alier bald nach
der liorhzeit überdrüssig; ich vergesse ihrer, obliviscor ejus.
Frisch 1,487*; eine ihrer selbst bewuszte nation. ßLUNiscni.i
allg. Staatslehre (1875) 112.
IHRERHALB, adv. für ihrethalben, ihrcthalb, beruM nur auf
der willkürlichen, im IH. jultrii. aber (Frisch 1,487*) gewöhnlichen
annähme, dasz das erste glied der Zusammensetzung ein genitiv
sei und auf dem vorhaben, in diesem sinne das wort wieder klar
zu legen: ist die billigkcit allemal eine so einleuchtende sache,
dasz ihrerhalb kein Zweifel im gemüthe aufsteigen kann?
Garve anm. zu Cic. de off. 1, 103.
IHRERSEITS, adv. von ihrer seiie, nach den verschiedenen Ver-
wendungen des poss. ihr (s/). 2052): die magd ist verschwiegen,
ihrerseits ist nichts zu befürchten; im falle der anrede: thun
sie auch ihrerseits etwas für diese sache. — vgl. ihresllieils,
und scits.
IHRESGLEICHEN, zusammengerückter genitiv eines mit dem
possessiv ihr stehenden schwachen Substantivs gleiche (s. d. und
vergl. ahd. min gilkho, sin gilicho, mhd. sin peliclic gramm.
3,81. 4,748), ursprünglich nur in abhängiger Stellung mit einem
zahlenbegriff zu denken, während ohne solche sich der correcle
plural ihre gleichen findet: Witzel, Straus, Mimtzer und ihr
gleichen. Ai.rerus widder Witzeln G5*; daher nur in Verbindungen
wie einer, manche, viele, andere ihres gleichen, jetzt jedoch
versteinert; gebraucht in bczug auf gteichlieit des Standes oder der
gesinnung, öfter noch getrennt geschrieben: on dem platze, . .
auf welclieni ihres gleichen ganze stunden ungestört schwatzen
dürfen. Lessinc 1,389; bei meinen eitern und ihresgleichen
Icuten. Arndt leben 44 ;
wenn sie
um mitgefühie wimmern, haben sie
der weit nicht ihres gleichen zugestanden?
und welche rechte, möcbt ich wissen, haben
sie aufzuweisen über ihres gleichen?
Schiller rion Cartos 5, 10 ;
die und ihres gleichen laszt
den krieg bezalilcn, den verderblichen,
den sie allein doch angezündet linben. Piccnl. 1,2.
IHRESTHEILS, adverbialer genitiv, quae illam, illos altingunt.
Stieler 2269. auch im fülle der anrede: sie ihrcstheils haben
nichts zu befürchten, unrichtig ist das in neuester zeit auf-
tauchende ihrentheils.
IHRETHALBEN, adv. sud, vestrd, tuä causa, der praepo-
siüonal gewordene dat. plur. von halbe mit dem dat. plur. des
pussessivums ihr in seinen verschiedenen bedeulungen zusnmmen-
gcrücld, vijl. über solche bildungcn unter iialben sp. V.t' fg. die
vollste und im 16. jahrh. herschendc form i.H ihreulhalben (aus
ihren hailien «»/'/ dazwischen geschobenem t ohne etijmologisclien
wert): wann vil giiter redlicher mann jrenthalben erschlagen
seindt. Aimon boj. S; für die viele mühe, so er sich ihreiit-
lialbcn (der frau) genommen. Riciiev der pairiot, 2. ;a/w (1728)
s. 182;
aber mir gscliicht nicht genügen,
wenn ich druinb meins giiheii (iielirhenen) gelde
ireiithallin (riuvr wuiwe wi'iiuu) enthcren sölde.
Rrbhuh;« Susaana 2, 2, r. 92 ;
und gehe in Anna Maria hausz
und sehe so lang zum leiister rausz,'
bisz das mein Jahn licrkombt gegangen,
den will ich jhrentbalben cinplangcii.
i. Atrkr 412" (2n-'> '■' /■•-/?fr);
gekürzt ihrenthalb:
da vil Volks war zu tisch gesessen
von burgern und fremd schützen zwar,
die jrenthalb (der 'lurchrr) warn kgnimen dar.
KiSCHART iiiuikii. sclii/f tt. 816;
neue form ist ihrethalben, mit ausgefitlenem n, jetzt die allge-
mein gebräuchliche, gekürzt ihrelhalb:
sag ihr, du rilumtest ihren oheim Clarence
und Itivers weg: ja, hallest ihrethnlb
der guten tani» Anna schleunig fort.
Sh-krsp. liicliard lll. 4, 4.
in Dünngen und Obersachsen begegnet ihrenthalher, ihrethalher
(vgl. halber für halb und halben sp. 199).
IHRETWEGEN, adv. in der ledeutung von ihrethalben, und
der bUdung nach veie dieses zu beurtheilen. es entsteht aus der
formet von ihren wegen : der sol (lon verkauftem alten hol:) . .
dem amptnian noch den vurstern noch jinant von irn wegen
nihtz schuldik sein zu geben, d. ttädlechr. 1,20,9; daher im
10. jahrh. ihrenlwegen noch mit der praep. von erscheint:
woltst du mich von jrent wrgn (iler mnad trrqtn) «rhiagn,
so wolt leb« meinen Ireiindeii kingn. II. Sachs l,4><li*.
Ihrent wegen ist noeb im is. jahrh. sehr gebrdurhiirh : ich bin
ihrentwrgeo sehr in sorgen. Rahener 0,107; der mensrh i«t
2057
IHRETWILLEN — IHRIG
IHRO
2058
ganz närrisch geworden, ich glaube der himmel hat ihn ihrent-
wegen gestraft. Lessi>c 1,366; ich kam blos ihrentwegen.
57S; alles was ich bisher ihrentwegen {der bübereien wegen)
ausgestanden hatte. Wielasd Lucian 4,271;
sie . . liegt (wiewohl ein weib in besten jähren)
so still auf ihrem platz, und atbmet euch so leicht,
ihr bettgenosz hält ihrentwegen
von einem fliegenfusz die tritte hören mögen. Wielawd IS, 97.
heute ist ihretwegen in der schrißsprache allein mehr vorhanden,
eine form , die schon seit dem 16. jahrh. aufzuweisen ist : der
gilt Ton jretwegen. Garg. 84"; was ihretwegen vor blut ver-
gossen, pdil. stockf 2S9.
IHRETWILLEN, adr., hervorgegangen aus der formel tun ihren
willen: die werk sind viel zu gering dazu, das uns gotl umb
iren willen gnedig sein soll. J. Jo.nas 6ej Luther 6,406'; daher
das zusammengerückte ältere ihrentwillen gewöhnlich in Verbin-
dung mit um erscheint : ich will ein schelm sein, wenn es um
ihrentwillen geschehen ist. Lessixg 1, 364 ;
miss Blaffardine, die blonde,
so blond und so sehr in ihre blondheit verliebt,
dasz lanee schon niemand die mühe sieb giebt
um ihrentwillen auch nur in einer ode zu sterben.
WiELASD 4, 12 (h. Amaäü 1, 13);
und schreckte dieses jammervolle beispiel
die rasenden zurück, die sich wetteifernd
um ihrentwillen in den abgrund stüi-zen?
ScBiLLER Uaria Stuart 1, 1.
die heute gebräuchliche form ihretwillen bereits seit dem 16. jh.
bezeugt: dein leben umb jret willen wagen. Ga/my 299; in der
anrede: ich habe noch zu wenig grund, die allgemeinheit
meines urtheils von den gliedern ihres Standes, um ihret
willen einzuschränken. LEäsi:<G l, 390 ; um ihrer willen ist
tadelhaß : dem es um ihrer willen unmöglich ist, durch seine
arbeit dies zu erwerben. Fichte 6 (ls45) 188.
IHRIG, vom geniliv ihr in seinen verschiedenen bedeutungen
gebildetes adjectit, erst im 16. jahrh. erscheinend, einmal in starker
form:
0 harpfeweisz Orpheus, jetzumal kompt widerumb hoche
dein artige reimeweisz, zu irigem ersten preisz. Garg. 39*;
in der neuern spräche aber immer mit dem artikel verbunden,
und in mehrfacher Stellung.
1) auf ein vorhergegangenes Substantiv sich beziehend:
laszt ihren kummer reden! laszt sie klagen!
mischt eure thränen mit den ihrigen!
Schiller Wallensteins tod 4, 9 ;
im falle der anrede {vgl. das possessive ihr no. 7 sp. 2054) : auch
die gerechteste sache kann verloren werden , wenn sie wie
die ihrige steht. Lessing 1,366; die gedanken sind so ver-
nünftig, dasz die ihrigen damit nothwendig übereinstimmen
müssen. 12,11.
2) die ihrige, braut, frau, ebenfalls in der anrede: ich bin
die ihrige und vollkommen glücklich, wenn ich mir ihre liebe
zeitlebens erbalten kann. Gellert 3,190; werden sie mich
auch beständig lieben? soll ich auch die ihrige noch werden?
33S; bin ich nun die ihrige? 341; Juliane wird die ihrige.
Lessi^ig 1, 279.
3) der plur. die ihrigen, auf ein vorausgegangenes feminines
suhst. bezogen, die angehOrigen, familie: und {die ameise) den
irigen ein schetzlein erübert. Mathes. Sar. 26' ; oder wiederum
»n der anrede: schreiben sie mir, wie die ihrigen sich be-
finden. GöTHE an Schiller 1,197;
ilax (tu Tliekla). o diesen morgen, als ich sie im kreise
der ihrigen, in vaters armen fand. Scbilleh Piccol. 3, 4.
4) am Schlüsse ron briefen ist empfehlende formel der ihrige ;
die ihrige ; ganz der ihrige, in verbindlicher rede ich bin ganz
der ihrige, ganz zu iliren diensten.
5) das ihrige , vermögen : wer ihr {der muhme) aber vor-
wirft, dasz sie das ihrige nicht zu rathe hält, der begeht
keine geringe Verleumdung. Gellert 3,14$; m der anrede:
sie {Juliane) wird sie durch übertriebenen Staat, durch be-
ständige ergützlichkeiten und schmausereien , um alle das
ihrige bringen. Lessinc 1,260. — das ihre und ihrige, bona
uxoris, paraphern alia, sie fordert das ihrige, sua postulat, exigit
jura sibi eompetenlia. Stieler 2013.
6) das ihrige, wozu eine person verpflichtet ist {vgl. das ihre
sp. 2053) : und musz ich bekennen, dasz . . gelehrte köpfe in
unserer mutlersprache das jhrige miv groszem lobe gethan.
Nelhark palmbaum 50. auch was einer oder mehreren zusteht,
spöttisch für eine schlechte behandlung : die roädchen waren zu
lange ausgeblieben, dafür bekamen sie auch das ihrige;
Philinen begegnete man noch schnöder; der harfenspieler
und Mignon muszten auch das ihrige leiden. Göthe 19, 4S.
IHRO, in verschiedener anwendung.
l) ah daliv sing. fem. ist ihro für ihr in alemannischen quellen
durch eine reihe pon belegen aus dem 13. bis ins 17. jh. bezeugt,
vgl. VVEI5H0LD alem. gramm. $.455; die daselbst beigebrachten
nebenformen ira und iri lassen den schluszvocal des loortes nur als,
im alemannischen so häufige, dunklere modification eines tonlosen
e erscheinen, dieses ihro, vornehmlich in Urkunden erscheinend,
doch auch sonst: wann {weil) Peter Schärer, eins herren sun
von Eich, bi iro lag. Hans Salat s. 41 Bächtold, wird im
17. jahrh. allgemeiner, die analogie des schon früher verbreiteten
dero {th. 2,1020) stützt es: die am meisten jhre hoffnung darauf
{auf gottes barmherzigkeü) haben, die gehen am forchtsamesten
mit jhro umb. Philander 1,447; spinnet sie {die frau), ich
musz ihro flachs, weber- und bleicherlohn schaffen. Simpl. 3
(16S4)169; namentlich im feierlichen stüe: e. gn. werden solche
wolgemeinte arbeit jhro auch nicht miszliebig sein lassen, . .
so ausz underthäniger affection entsprungen, jhro zu gnä-
digem gefallen gereichen zu lassen, anm. weiszh. lu^garten,
vorrede; so nehmen dann eu. chur- und hochfürstl. durch-
lauchten solche meine arbeit mit denen gnädigsten blicken
an, wormit sie, durch deren unbeschreibliche gütigkeiten,
ihro männiglich zu freiwilliger undertänigkeit und fertigstem
gehorsam . . verbündlich machen. Stieler, vorrede; eur. königl.
majest. und churfürstl. durchlaucht wollen allergnädigst er-
lauben, ihro hierdurch allerunterthänigst zu eröffnen. Seri-
ANDER rechtschreiberei 205.
2) eben so ist der gen. plur. ihre ßr ihr eine alle, in aleman-
nisdien quellen, namentlich Urkunden lange bezeugte form, vgl.
Weinhold 457 : {sie wollen) mit dem widertouf die iro kilchen
{ttiv iavröjv iy.x).T;at'av) zwar zemen samlen. Zwingli ron
dem touf a 2* ; ein herr von Costanz hat ihn och die freyheit
geben und verlassen, da; all zwing und bann, und fräfflinen
ihro sind, und ein herr dazu nit grifen soll, weisth. l,2vl
{Thurgau von 1532 u. 1611); die aber wenigstens im 16. jahrh.
auch auszerhdb Alemanniens angetroffen wird: desz hochgerichls
{scheffen) sollen recht brengen, erstlichen ob inen und iro
jedem insonderheit recht hergeboten, der hochgcrichtsherrn
gerechtigkeit zu weisen, weisth. 3,752 {untere Saargegend, v. 1560).
3) ihro, possessiv, in Verbindung mit einem tilel ist vor der neige
des 17. jh. nicht nachzuweisen, gute Schriftsteller brauchen zu dieser
noch, im falle der erwähnung wie der anrede, wenn sie im letztern
falle nicht eure vorziehen, ihre : gott . . wolle ferner ihre durchl.
mit allerlei segen überschütten. Schcppics 465 ; dasz ich nicht
meiner wähl, sondern ihrer majest. meines herrn brudern,
folgen musz. Talandeb Olorena (1694) s. 25. das früheste hier
zu gebende beispiel von ihro, deutlich nach analogie des älteren
dero gebildet, ist oberdeutsch : dasz aber ihro hochfürstl. gn. ich
dises busz-flötlein underthänigsl zu zueignen mich befreche.
L. SchnCffis mirant. flötlein (l6S2) vorrede s' ; ihro hochfürstl.
gn. demüthigst-underthänigster in Christo dienen 4* {vorher
anredend dero hoch- fürstlichen gnaden); ei breitet sich zu
anfang des IS. jahrh. aus: ihro königl. maj. allergnädigstes
vertrauen zu euer eicellenz. Frisch dict. des passagers (1730)
Widmung; ijilt aber noch 1755 ßr neu: wir müssen . . das neue
canzleiwort ihro und ihrer anwenden, welches unsrer heu-
tigen art der anreden in der dritten person der mehrzahl
gemäsz ist, und welches gleichfalls ohn unterschied des ge-
schlechts bei der hohen person statt finden musz. Jüsti an-
weisung zu einer guten deutschen Schreibart s. 20.
ihro steht nun unveränderlich in bezug auf beide geuhlechter
im sing, wie im plur., und in allen casus: ich bin gewisz ver-
sichert, dasz ihro gnaden keine ungnade . . auf mich geworfen
haben (irirt zu Teilheim). Lessing 1,513; indesz, sollte etwas
nicht Tollkommen nach ihro gnaden bequemlichkeit gewesen
sein, so geruhen ihro gnaden nur zu befehlen {wirt zu Minna).
529; wer ist sie? fragte die gräfin im hereintreten, eine Schau-
spielerin, ihro eicellenz zu dienen, war die antwort. Götbe
IS, 23S; abt. wo seid ihr her, hochgelahrter herr? 0/ear. von
Frankfurt am Main, ihro eminenz zu dienen. 42,45;
darf man sich unterstebn und ihro gnaden fragen? 7,57;
mjlord protector, seine hobeit wünscht,
dasz ihr zum ritt euch anschickt nach sankt-Albans,
zur falkenjagd mit ihro majestaten.
Shakesp. Heinrich VI 2, 1, 2.
I tn seinen spdlern lebensjahren braucht Götbe ihro gern bei cere-
j moniellen Wendungen: ihro majestät der künig von Wflrtemberg
2059
IHRZEN — IKA
IKLICII — ILLUMINIEREN
2060
beehren mich in begicitung unserer jungen herrschaften mit
ihrü gegenwart. 32, 182 ; durch den gewonnenen proccss und
durch die gnade ihro majestät {des künigs) habe ich ein an-
sehnliches vermögen . . erhalten. 37,250; in Verbindung niü
dem arlikel: ihru der herzugin Anna Anialia^ von Sachsen-
Weimar und Eisenach, hochfürstlicheu durchlaucht. 37,3; sie
(die druckblätter) enlbalten die dedication an ihro des königs
roa Preuszen majestüt. 55,324.
Adklüng wollte, enlgeyen dem liersclienden gebrauche, ihro auf
weibliche und mehrere personen eingeschränkt wissen, besser ist,
dasi die misbildung in der heutigen spräche abzusterben anfangt,
der von ebendemselben erwähnte absolute gebrauch des Wortes, 'nur
in einigen oberdeutschen kanzleien üblich', alle persönliche und
beiiehende pirwörter, so fern sie ehrenwörter sind, auf eine un-
abänderlicM art auszudrücken (von ihro von ihnen, aus sonder-
barem zu ihro gesetzten vertrauen, lu Uim, u. s. w.), ist nie
allgemeiner geworden.
IHRZEN, verb. einen in der anrede ifir nennen, mhd. irzen,
gebildet mit dem iterativen -zen von dem plur. des pronomens der
zweiten person ihr, wie duien von du, siezen von sie {vgl. gramm.
2,219); bairisch heiszt es auch ihrznen (Schm. 1,130 Fromm.).
In welcher weise sich ihrzen ausgebildet hat, ist bereits unter
du Iheil 2 sp. H'bfg. und duzeu sp. 1775 ausgeführt, so dasz
hier nur einiges nachzutragen, vobisare irtzen , yrtzen, ortzen,
hirtzen , iralzen, auch blosz ieren Dief. 627*; der wirth den
einen ihrczte oder ihr hiesze. zeitvertreiber (l66&) 539 ; ihrzen
im Verhältnis zu duzen als ergebnis der landessitte: und welchem
unablässigen Wechsel von sitten stellet man einen fixen pilger
blosz! von Tyrol an, wo man ihn duzet, bis nach Holland,
wo man sogar seine eEfekten ihrzet! J. Paul palingen. 2,66;
schaudert nicht, mein herr, sagte die maske und ihrzete
mich, wie leute thun , die lange in Frankreich und Italien
gewesen, wunderb, gesellsch. {werke bd. 39) 47 ; sonst ihrite der
niedere den höhern, wenigstens im deutschen :
dann man ihrzt niemand in latein,
wann «r gleich ein doctor thet sein. Eierinc 3,303;
du {der sich beklagt, dasz einer ihn du nenne) bettelst, dar-
umb solteslu billich mich und nicht ich dich irzen. Kirchhof
wendunm. 136' ; da doch der talkenkopf eben dazumablen, als
er seinen richler zu irrzen willens wäre, ihm getutzet hat.
fliegenwadel 79; erzen, ihrzen, bedeutet bei den iiandwerks-
gesellen so viel, dasz die Jüngern die altern gesellen ihr
heiszen müssen ; da sie hingegen von ihnen du geheiszen
werden. Jacobssox 5, 485' ;
den reichen hell man für ein herrn,
irzt ihn und hat jii werth in ehrn,
aber den armen der gleich alt,
dutzet man und Ja nerlich halt. Etehing 2, 719;
wann sie einander jhrzen lein,
das soll so viel als ehren sein. 3,303;
aber schon ini 17. jahrlt. will ein Verwalter nicht mehr mit ihr,
sondern in der dritten person angeredel sein: endlicli beliebte
ihm der punclus vossitatiunis , dasz der kable Schulmeister
einen so hauptsächlichen Verwalter schlecht iiin geihrzel hätte.
Chb. Weise polit. näscher s. SO. — Der söhn ilirzte den vater,
dtr vater duzte i/in .'
so merk auf, lieber Arnolt mein,
ich red mit dir als mit eim sfin,
drum wurd ich dich nim (nimmer) jrtzen mtn.
WicKKAH iiil(jfr Z, bl. 86.
Luther braucht ihrzen bezüglich gottes, der von sich im plural,
spricht , vgl. die theU 2 sp. 1775 unter duzen ausgehobene stelle '
drümb füret er gutt in dem alcoran ein , das er in zweier
personen namen redet, und sich irzet, und spricht, wir haben
das gethan, wir haben das geboten etc. H, 14*.
IHKZL'.NG , /l vobissatio, appellatio numero jilurativo. Stie-
ler 347.
IKA, das getehrei des estls wideriitbend : das gnilie inüliers
tbier kan noch mehr sein ika ika singen. Lutheii l,27l>*; dem
bapslesel jucken die obren und wil sein ika und grobbcit
gekützek haben. 3, 521* ;
wie nu der herr kam hnim gegangen,
wttll jii der Cücl uiirli ttn\\>\ai\^eu (u'ie der Itunä).
mit eials luszeii jii büschriit,
ri«f: Uta, ikal kund anders nit.
II. Waldis Etup 1, 14, 3« i
man kent den «sei bei den olirn.
verbifKt er abrr ohrn und pfoien,
«o siiiKi er doch din eseli noien,
und thut lieh selb mit namen nennen,
das Ika lert den «sei kannen. 4, iü, 32.
Mrpl. obtn ia und iba.
IKLICH, vgl. jeglicb.
IKS, nanie des buclistaben X, in Verbindung mit Y gebraucht,
wie sonst N. N., einen nicfU, näher genannten anzudeuten :
so wi« der napst auf seinem thron,
so sitzt Iks-Ypsilon auf seinem lohn ;
er ist bepfriuidet, hat er mehr zu hoffen? Götur 47,243.
ILAUB, n. hedera helix, ephcu, auch ilob, ilof. Nem:<ich 3, 107.
ILEN, verb. bei den kammachern, auf der innern seile der
gekociUen und gerade gebogenen hornschrolen die höcker abschneiden.
Jacübsso.^ 2, 307'.
ILER, m. Schneidwerkzeug der kammacher, zum ilen des horns.
ebenda.
ILERSTOCK , m. hölzernes gerät der kammacher, an welches
das hörn beim ilen gesetzt wird, ebenda.
ILGE, /. lilium. Nemnich 3,411. Schm. 1,67 Fromm, vgl.
auch gilge.
ILGERN, i"er&. stumpf werden, von den zahnen, ein altes ober-
deutsches wort, dessen unter eilen theil 3 sp. lOS verfochlene ver-
wandtschaß mit igeln sp. 2046 bei diesem letzten worle abgewiesen
werden muste, das vielmehr zu ahd. iiki famcs vel Stridor dentium
(Graff 1, 245), wie zu altnord. elgr, ningor gelidissimus, schnei-
dender Schneesturm, elgia aestuare, ags. ealgian tueri in nächster
beziehung steht, vgl. Zacher goth. aiphabet s. 96, wo der Wort-
familie ein weiter hintergrund zu geben versucitt wird, aus dem
sicher eine deutsche würzet alg mit der bedeulung des Schneidens
oder brennens hervorscheint ; in dem als iterativ gebUdelen verbum
ilgern auf das gefüllt der eszbegierde, der lüsternheil oder jener
empfindung beim wahrnehmen saurer speisen übe)irai,en, welche das
Wasser im munde zusammenlaufen läszt und die zahne stumpß,
wie auch litt. alUti hunger, isz-aikes, per-alke» hungrig, aus-
gehungert heiszt. obslupescere , illgern, zen-illgern Dief. 390*;
nun wir sehen täglich, wann ein mensch das ander sieht sur
ding essen, das in sein zen ilgern. Oberlin 72s ; es ist ein
frucht die hie nit zeilig ist, bissestu darein, die zeeu würden
dir ilgern, das du nyinme essen möchtest. Keisersberc bäum
d. sei 21*;
pleckender hals, geferbte wani;
machen manchem die zen so lang,
das si« im ilgern nacht und tag. fasln, fp. 1209;
in der Umsetzung iglern, wenn hier nicltl ein druckfehler vor-
liegt: das jr mir die zen also yglern und lang machend mit
ewrem schmatzen und küssen {sagt eine alte bei dem kosen
eines jungen paares). Wirsunc Cal. (1520) J7*. — Für ilgern
begegnet auch nur ilgen, s. 3,108; vgl. auch das adj. elger.
ILK, m. mustela putorius, illis. Nemnich 3, 676: etliche ilken
kommen in pfouengestalt zu den kranken hennen. Lokmans
fabeln 116 (32). vgl. iltis.
ILLANKE, Hl. salmo lacustris, vgl. unter anke theU 1,378.
ILLE, f anethum graveolens. Nemnich 1,302. vielleicht nichts
als Verstümmelung von dille, vgl. tlieil 2,1150.
ILLKER, n. bei den ßschern ein korb zur aufbewaJirung leben-
diger aale. Jacobsson 6, 15U*. der letzte llieil des wortes ist wol
Kar gefäsz {tlieil 5, 202 /</.).
ILLUMINIEREN, verb. aus dem lat. illuminare in verschie-
denem sinne aufgenommen.
1) selten im ursprüngluhen sinne, erleuchten, durdäeuchten,
von der sonne:
da nemlich , wenn durch sie (die hldtler) die gluih
der sonne Tillt,
ihr zart geweb, illuminirl,
ein gelblich ieur'x^ (,'run vor auf^en stellt.
ÜKocKts 2, 312.
2) im Sjxiten miltvlalter wird darunter das ausmalen der initialen
einer handschriß oder eines buches verstanden : so gib . . deu
bekantnüszbrier über dich, Christum Jesum den gecrülziglen
unsern beilinacher. disz ist der briel' die birmenlin hui des
unschuldigen lambs und nnbenecklrn, das da hynweg nympl
die sünd der menschen, disz ist die hut die do zerspunnet
ist , und zerdenet an dem galgen des heiligen crützcs , ge-
schriben mit der schwarzen dynien syner schwarzen mölcr
und wunden, gerobricierl mit der roten robrick sjns lulcn
rDsenfarben heiligen bli\ts, illuminiert mit dem hauptbncb-
slaben syner heiligen fünf wunden, versigell mit »yneni eigen
inund. Keisersbehc hilg. 4*; das buch bat hüpsihe burh-
staben, grusze capilel, ist hüpsch illuminiert. derstUt btt
Frisch t,4s7*. jetzt versteht man unter illuminieren überhaupt
eine zeirhnung oiter einen hdzuhnitt in Wasserfarben ausm<ilrn.
3) illnininieren , gebUude oder baumgänge zur nacldzcü mit
brennenden lampen fettluh auuchmücken. dasu das fem. tllu-
niDBlion.
2061
ILME — ILTISBALG
ILTISFALLE — IM
2062
4) illuminieren, verdeutlichen, erklären, ausdrücklich an die
bedeutung 1 angesMossen : Mattliesius sagt recht und wol, die
allegorien und gleichnüsse beweisen und gründen keinen ar-
ticul desz glaubens, sondern dienen darzu dasz die gegründete
artlcul als in einem gemälde den einfältigen deutlicher vor
die äugen gcstellet und illuniiniret werden. Schcppius 827.
5) das pari, illuminiert, erleuchtet in geiUiger bedeutung, als
eine ehrenbezcichnung , aber mit beziehung auf den eigentlichen
sinn: ob sie gleich weder oehl noch docht im lämpchen
haben, hciszen sie doch nicht minder wohl iliuminirle herren.
Fr. Mt:LLER 2, 21.
6) illuminiert nennt der vdkswitz einen trunkenen. Kehbei:< 207.
ILME. f. ulmus campestris: ulmus, ein ulmerbaum, ilmen,
rustbaum. glosse zu eclog. 1,59 in Vergü opp. {ed. Egenolph 1597)
312"; allerley Stauden und gartenbewmlin , so zum flechten
und binden dienstlich , als weiden , lindbast , ilmen. Sebiz
feldb. 3.
ILSE, f. clupea dosa, die alse, ein geringer fisch, vgl. unter
alse theil 1 sp. 260.
ILSTKRFALLE, f. was illisfalle, t'iPWTarium Steinbacb 1,366.
vgl. unter iltis.
ILTE, m. iltis, s. d.
ILTENSCHNECKE , f. voluta, eine gattung Schnecken, auch
rollenschnecke, wahcnschnecke. N'ehmcb 4, 1575.
ILTIS, m. muslela pulorius (bei Nemnich auch neulr.). der
name dieses thieies schwankt bedeutend in der form: ahd. illitiso
(Graff 1,23S) und elledis (Scmm. 1,60 Fromm.), mhd. eltes,
iltis, und citeis, alteis, illig, eltcchs {vgl. MECENBEnc s. 516
Pfeiffer), letitefe form rielleicht an dachs angelehnt, ein ver-
wandtes einte . ellentes , clintisel , heltenze ist auf die hyäne
gewendet, vgl. Lexer wb. 1,541. Dief. 277*, wie auch in dem
MS. 2 der Lüneburger ritteracademie nach Güdckcs mittheilung sich
die glosse hyena illcis findet; nhd. nach den landschaflen ver-
schieden: bair. cliedeis (Schm. a.a.O.), in Tirol ilkes (Fromm.
6, 157), in Kärnten cltas (Lexer 14S), rhein. eltes (cltes, rirerra,
silrestris mustcla Alb. hh2'); nassauisch ilser, eiser (Keurei!»
127), düringisch ilte (Rüling beschreibung von fiordhausen 16),
obersächsisch iltnisz (Fleming leutsch. jägcr l, 147*. 399"), auch
im üslr. Schlesien und Böhmen iltnis, eltnis, am böhm. Erz-
gebirge nelkcns (Fromm. 5,474); migale eltnjs Dief. mlat.-
hochd.-böhm. wörterb. 1S2; schles. ilster (Steinbach 1,810 als
neulr.), in Niederdeutschland ilk, ulk, elk, illink, ullink (Fromm.
2,319. 5,149), SOZIS/ auch elske, elbthier, elbkatze, ellenkalze
(Nemsich 3,676); im Bernbict das, däsen (Staldeb 1,269);
scliwed. iller, dän. ilder. die betraclUung dieser verschiedenen
formen lehrt, dasz wir es mit einem verdunkelten compositum zu
thun haben, dessen beide theile il und tis auch selbständiges leben,
tiieils in Weiterbildungen, entfalteten, was den letzten Iheil an-
bctiifß, dessen vollere form teis, deis war, so ist zur erklärung
an deisen schleichen, leise gehen (2,914) gedacht, in dem ersleren
aber Zusammenhang mit mythischen Vorstellungen vermutet worden
(vergl. unter ellendcis theil 3,411), was die deutliche anlehnung
des ersten compositionslheiles an elb und der weitere name des
thieres teufeiskind (Nen.nich a. a. o.) stützt.
Der illis, als gefährlicher feind der hennen, wird gefürchtet.
der eine von ihnen hatte bösen leumund wegen allerlei, und
sab ihn und den iltis niemand gern auf seinem hof. Hebel
(iSS-j) 3,16; sein feil wird verwendet:
seine schiäre
schüzet ein lederner heim von einem felie des iitif.
Stolberc li. 10, 326 ;
der gettank dieses thieres wird betont: alle geschliicht der wiselen,
so sy mit zorn gereizt, schmöckend stark und stinkend, vor-
ausz der illis, dcnnethar er bei den Latineren den nammen
bekommen bat. Foreb Ihierb. 152'; iltis, Schimpfname für ein
weib {vgl. iltisbalg):
du iltis, da> ich dich «olt zerreiszen,
nun hast du je ein eisen verrend (nbgclaufen) I
II. SiCHS 1, 479*.
Etn vornehmlich indisches thier, manis pentadactyla, das kurz-
geschwänzte schuppenthier , heiszt auch der gepanzerte iltis.
Nehnich 3, 503.
ILTISBALG, fM. bäg , feil eines iltis. seine gelbe färbe und
böser geruch veranlassen den gebrauch des Wortes als Schimpfwort
für ein verlebtes weibsbild:
du dichin, du lltesbalk du gelber. II. Sachs 1,512';
dasz du in all hurnwiiikel tchleufsl,
mit iltesbälgen Triszt und leuTst. 4,3,20';
würf sie mir aber ein andres Tur,
und schüldt mich für ein alte bor,
ein iltisbalg und chbrecbrin,
ein wetiermacher und zauberin.
B. Waldis I^sop 4, 68, 43 ;
ein jeden dünkt sein ildniszbalk
sei ein sperber und schöner l'alk. Etsri:«« 2, 116.
ILTISFALLE, f falU ßr einen Ulis.
ILTISFELL, fi. feil eines illis.
ILTISGARN, «. garn zum fange des iltis.
ILTISHÄL'T, f. wie iltisbalg, auch als Schimpfwort ßr ein
weibsbild: pfui, LH! so ein haargesicht, so eine iltishaut, so
einen tanzbär (ipj« die alte Ursel)', mir sollt keiner mehr auf
einen büchsenschusz nahe kommen, der sich an einer solchen
dreckpatsche beschmiert hätte I uhil wie stinkst! armermann
im Tockenburg 72.
IM, Verschmelzung der praep. in mit dem dat. sing, des männ-
lichen und neutralen artikels, mhd. inemc, inme, imme, ime.
sie hat sich seil dem 16. jahrh. so eingebürgert, dasz die fälle der
Verschmelzung gegen die wo in und dem unverbunden auf ein-
ander fol'jen, die weitaus bevorzugleren geworden sind, wobei die
freiere weise des 16. jahrh., die noch beide formen neben ein-
ander in einem verse verwenden konnte:
der hett vertrunken all das sein
im hier und in dem guten wein.
U. Waldis Esop 4, 68, 4,
heute einer grüszeren strenge , die nur eine von beiden formen
zuläszt, hat weichen müssen, heutiger Sprachgebrauch läszt in
einer anzahl von ßgungen überhaupt nur im, und nicht mehr
in dem zu, in solclien nämlich, wo ein allgemeinerer sinn das
übergewicIU der praeposition läszt, der artikel im werte zurück-
tritt; zum theil fclilte in der altern spräche hier der artikel über-
haupt {vgl. unten no. 3. 4). im stellt
1) wenn das neiärum von adjectiven substantivisch gebraucht
wird, wir sagen nur: im allgemeinen, im besondern, im ein-
zelnen, im ganzen; im groszen ; er war im kleinen treu;
die Sache liegt im argen; sich im stillen freuen; im trüben
fischen ; im dunkeln ist gut munkeln ;
er habe denn mit mir gelublt,
wie sanfte sichs im fill^te^n spielt. Gd!<ther 199;
nach mittage saszen wir
junges Tolk im kühlen. Göthe 1, 15;
wie ergötz ich mich im kühlen
dieser sciiönen Sommernacht! 46;
und als $icli gegen den abend
im stillen alles verlor. 105;
was ich besitze, seh ich wie im weiten. 12,6;
sie durfte frei im freien sich ergehen.
Schiller bruul v. Messina v. 1609;
noch bei Opitz aber findet sielt:
es ist zeit binausz zu .«chauen,
und sich bei den Irischen quellen
in dem grünen zu ergehn. 2, 206;
im besonders auch vor superlatnen {vgl. dazu unter am 1,275/9.):
nicht im mindesten, im geringsten, entferntesten nicht; er
war auch im kleinsten ehrlich; ohne dasz ich mich im ge-
ringsten etwas dergleichen . . hätte vermerken lassen. Simpl.
3, 106 Kurz.
2) bei allgemeineren Ortsangaben : wir speisten im garten ;
dieser fisch findet sich nur im meere; im flusse ist die
wasserinenge geringer, als im ströme; das dorf liegt schon
im badischen, nicht mehr im würtenbeigischen; ich lag da-
mals im Tauber-grund mit andern beschädigten mehr. Simpl.
3, 246 ;
ja, war im meere lauter wein. Lissinc 1, 87;
ich ging im walde
so für mich hin. Götuk 1,27;
aber im gehirse dröhnet
knall auf knall den tag entlang. Ublahd grd. 290;
auch uneigentlich: im Schiller lesen; er ist im Göthe völlig
zu hause ; das steht im Fiesco ; auch rücksichtlich der spräche
heiszt es im deutschen, im lateinischen, im französischen ; er
hat im englischen schon bedeutende fortschrittc gemacht;
im griechischen heiszt das so, im sanskrit ^0 ; habe Soliman
den zweiten gesehen, der hier (in Wien) zum erstenmale im
deutschen {in deutscher Übersetzung) aufgeführet wird. E. C.
Kö.tic bei Lessirg 13,244;
im deutschen lügt man, wenn man höflich iit. Götbi 41,101.
3) bei allgemeineren Zeitangaben: im frühling, im sommcr,
im herbst, im wintcr; im lenz; im nu ; im moment; im
augenblick ;
2063
IM
1MB — IMBISZ
2064
führet mich im au^enblick,
ach, mein weg zu ihr zurück. Göim i, 77 ;
im tage, im jähre; im alterthmne, im mittelalter; im leben
komme icli niclit wieder daliin ; im tag legt man mich {sagt
der hund) gefangen. Pauli schimpf u. ernst 259 Öslerley ; unsere
wein sind der art, dasz sy erst im alter gut werden. Wickr&m
roHw. 20,21 Kur:;
heur geschach mir ein «olchs im nicien.
faitn. tf). 520, 22 ;
das der wolfsbalk ist su gehitzt
das er mitten im n-inler schwitzt.
B. Waldis Esop 4, 77, 62 ;
was wird im alter mich Tergnügeu? Cronigk 2,233,
wofür mhd. nur in alter:
sit sprach er in aller: ich lerne
daj ich schaft muoi; läjen. Wolfham TU. 1,3;
nun im friihling, ach ! ists
um die truuden gethan. Göthk 1, 32;
greis, im frühling brcch ich rosen! Uhland t/cd. 22U ;
im wunderschönen monat mai,
als alle knospen sprangen, il. IlKinE 15, 00.
auch wenn eine solche Zeitangabe in dem iufinitiv einer Handlung
inbegri/jfen ist: das man kein hamer noch heil noch irgend
ein eisen gezeug im bawen hörete. 1 kön. 6, 7 ; im einreiten . .
hat sie {die kaiserl. majestät) die euangelischen fürslcn zu sich
foddern lassen. Luthek 5,27*; im essen hat der wirdt dem
lanzknecbt gar ein sauren wein fiirgcstellt. Wickram rollw.
20, 13 Kuri; der doclur besichtiget das wasser und im be-
sehen lachet er. 16,2; hört er an den gassen ungeferd im
fürgan in einem haus ein grosz geschrei. 35, 13 ; als sy . .
im heimziehen waren. 28,2; das ist im umsehen fertig; das
mach ich im schlafen; er fiel im laufen;
Philinde singt und glaubt im singen
sich Selbsten eine scIiäCcrinn. Ckonegk 2,225.
4) bei Substantiven des zustandcs, der läge, der Handlung brauchte
die alte spräche die praep. ohne arlikcl; mhd. in strite, in kämpfe
{Bari. 110,33), in zorne {Varz. 304,6), in sl&fc (476,20), in troume
(Walther 75,23), U.S.W., das 16. jahrh. verwendete hier auch
den unbestimmten artikel: in einem zorn. Wickram roHic. 21,13
Kurz, jetzt wird der artikel noch bei einigen masculinen gespart:
in kummer sein, in zweifcl stehen :
wie ein mann, dem zwei geschält obliegen,
steh ich in Zweifel, was ich erst soll tlinn.
Shukcsi). Hamlet 3, 3 ;
und gewöhnlich bei den femininen : lasz mich in ruhe ; ich bin
in furcht, angst, noth, gefahr; ich lebe immer in sorge; sonst
aber bei masculinen und neutren tritt die mit dem artikel ver-
schmolzene praeposition auf: den seinen gibts der herr im
schlafe; im träume sah ich dich; im streite tapfer; Hans
im gliicke; denn im tode gedenkt man dein nicht, ps. 6,6;
erleuchte meine augcn, das ich nicht im tode entschlafe. 13,4;
mitten wir im leben sind
mit dem tod uinbfangen. Luther 8,367*;
mich dünkt, die alte spricht im lieber. Götbe 12, 130;
ihr sprecht im fieber, einer wie der andre.
Schiller Wallcnsteins tvd 5, 5 ;
dann schwuren wir herzlich, bei ja und bei nein,
im leben und tode getreu uns zu sein. bÜRcsR 50';
ich hab im träum geweinet. 11. IIeink 15, 117;
nie hat dies schilT im stürme so geschwankei
wie unser hauschen, wenn mein weib gezanket.
UuLAKi) ijed. 432;
alles im stürme rings, groszes und klein!
McuLKH '(jrad aus dem wirtthnus'.
&) ahnlieh bei angäbe der art und weise, des grundes, der
mOgliclikeil ; auch hier bleibt das fem. ohne artikel: in gute und
liebe; in freundscbaft; in crwägung; in holTnung. Wiciram
rollw. 29, i3 Kurz; das masc. und ueutrum nicht: im ernst, im
»cberz etwas thun ; im verlranen gesprochen ; im falle meines
todct ; im gründe genoiniiieii; Minna, aber e.s giebt eine ge-
wisse, kalte, nachläszige art, von seiner tapfcrkeit und von
seinem Unglücke zu sprechen — Tellh. die im gründe doch
auch geprahlt un^ geklagt ist. Lessinc 1,542;
mit diesen werten, halb Im schimpf und halb
im ernst gesprochen. Wicland 1^, 18;
ich sag dirs im vertrauen nur. Göthi 12, IM;
ach Kou! In scherz und uubuwuszt
sprach ich, was ich gcfCihlei. 11. Iliini Ib, 158.
•) im bei angab» von kenntnisten und fertiijktilen : das kind
bat im le»en viele fortschrille gemacht, im schreiben aber
nicht; im rechnen war er gut; im combinieren sucht er
seines gleichen ;
ein berühmter held im fressen,
den das schlemmen aufgeschwellt. IIaseuorn 2,150;
ein inadchen, roeister im latent
die herzen anzuketten. Gotter 1, S9.
vergl. im übrigen auch unter in.
»MB, IMBE, I. imme.
IMBER, 1. ingwer.
IMBISZ, m. n. essen, kleine tnahlieit, ahd. inplj, mhd. inbl;,
das zu dem verbum ahd. inpijan reficere, solvere jejunia, pran-
dcre, mhd. enbijen gehörige Substantiv, das gcsdzmäszig, während
das prd/ix des verbmns unbetont bleibt, den hochton auf seine
erste silbe nimmt, das verbum selbst ist aus vollerem intbijan,
entbijcn geworden, wie nicht nur die ahd. einmal vorkommende
form intpijjun refecerunt (Graff 3,229), sondern auch allsächs.
ant-bitan, anbitan kosten, genieszen, ags. on-bltan /(7ir< {golh
andbeilan ist dasselbe wort, aber mit völlig anderm sinn), tiach
der analogic von ahd. inthei^an torerc, änlhei; vutuni könnte
man auch autbi;, ambij erwarten, wie sich niederländisch zu
ontbijten ientare ontbijt ienlaculum {neben inbijtcn und inbijl)
findet; aber schon in den frühesten quellen ist inpij, impij bezeuijt
{wie auch in einer reihe von andern fallen das präfix ahd. int-,
mhd. en-, nhd. ent-, vor nominihus als in- mit hochtone erscheint,
vgl. unten inbrunst , indenk , ingrimm), und wenn später eine
form anbij außauclU: gentaculum anbysz Dief. 26o', verderbt
ommyj, ummes (Lexer «*. 1,1420);
das igklicher zwei virtel guten wein
moru uns zum anpisz bringen sol. faitn. *;>. 220,9,
vgl. auch Schm. 1, 292 Fromm. , so kann leicht eine junge an-
Ichnunij des bci/riffs an die praepos. an vorliegen.
imbisz ist gleich häufig masc. und ncutrum. unter dem ein-
flusi des hochlons der ersten silbe gelU die länge des vocals der
zweiten silbe zurück, verliert sich auch ganz, wie sich auch die
end- und anfangslaute der beiden silben assimilieren, so dasz eine
reihe abweichender formen entstehen, die seltenste ist inbisz : daj
daj niderlegen zu Hiltlingen ist gesrbechen uf den donrstag
nach dem bailigen pfingstag uf fröen inbij. d. slädtechr. 4,51,8;
prandium inbis voc. opt. 24', 153; mü andhnlichung des nasals
an die labiale imbisz , die gewöhnlichste gestalt des wortes , und
assimiliert inimisz , inmiesz : prandium iinmesse , iniesz , und
niederdeutsch, aber wol entlehnt, immcl Dief. 450"; mit im zu
imysz zu esen. urk. Max. «o. 163 5.185; noch jetzt schweizerisch
imis, immis, und mit verschmolzenem artikel ziniis {aus das
imis) Stalder 2,60; in Hessen immcs schmaus Vilmar 184;
endlich mit untergegangenem vocal der zweiten ji76eimbs; pran-
dium imhs I)ii:f. 450'; gieng also mit irer gcsellschaft das
imbs zu bereiten. Bocc. l (15S0) 28*.
imbisz heiszt
1) essen, und erfrischung durch essen im allgemeinen : imbisz,
imbsz jede kleine malzeit, collation {schwäbisch, fränkisch). Schm.
1,80 Fromm.; dem hungrigen ein imbisz reichen, pers. baumg.
2, 7 ; unter dem obdach einer luftigen an der schlechten ber-
berge vorgebauten balle erquickten wir uns an einem mäszigcn
imbisz. GöTiiE 28, 153;
nach disem man die gselschaft nam
und aufs ammaisters stub i;l<Mch kam
und da die letz (nbtchiedimiihl) mit jnen as . . .
als nun der imbisz war geeudt.
FiscuART ijlückli. schiff 079 ;
führ ihn zum Imbisz in das apeisezelt
und tisisz ihm einen wanderpl'ennig reichen!
UiiLANO l.uiiicig ä. Üaier 2, 1 ;
Schwfjiiirrmiinn. zum zeichen, dasz da.^ fehl gewonnen ist,
laszt auf der offnen wahlstatt hier das mahl
uns halten ! bunjijraf. wird ein magrer imbis werden. 3, 4 ;
uinb inittentag aber, do halt jm die fiaw ein gfiten imbisi
Ix-reit; sy ii:nn das essen und gieng zö im hinausz. Wickrah
rollw. 79, 18 Kurz.
2) die beiden hauplmahlteiten des lages werden imbisz genannt,
und es wird morgen- oder mittag-inibisz und nacht -imbisz
unterschieden : hierauf behielt er mich wieder bei dem inillag-
imbisz. Simpl.l,illKurz; also bracht er alle lag nach mittag
und nachlinibisz die zeit auf das kurzweiligst zu. Üarg. 175*;
ihr wollt niclit zum nachl-ims bleiben? GOrnKfi, 7k; von
diesem pulvcr brauch des morgens und abends vor den beiden
inibsen. TAtiniMAKMonT. 305; gewohnlich aber geht iinbi«z ohni
Wtitertn susatt auf die früh- oder miltagsmahlseit, die nach allttn
hraucht um eilf uhr gehalten ward: prandere zu iiiitlage, t»
morgen, tu yinbis/. essen Dikf. 450'; der iiubisx, frandmm,
2065
IMBISZ — IMME
IMME — IMMENHANS
2066
zu imbis ässen, prandere, meridiare, meridiaii Maaleh 235';
an unser lieben frawen tag der himclfart nach dem ymbis.
Keisersburc Marif himelfart 2*; an dem dritten Sonnentag
des advents prediget doctor Keisersbeig inn dem münster zu
Straszburg nach dem ymbis. 14'; da gab man mir alle tage
zu imbis zu essen. Tu. Plater 107 ; giengen damit alle ge-
machlich fusz für fusz zu hausz, zu sehen ob der imbisz fertig
sei. Garg. 174* ; so kriege ich verhoffentlich auch einen guten
trunk , ihnen beides , beim imbs und confect , tapfer einzu-
schenken. Simfl. 4, 378 Kurz, der imbisz isl dem frühstück,
als dem geringeren, entgegengesetzt: jener {koch) aber rüstete
aus den abschrütlin (des gestrigen festes) wieder ein frühstück
oder vielmehr ein imbis zu (es war wieder ein groszes essen).
1, 119.
Sprichwörtlich: vor imbisz wird kein tanz. Keisersberg seh.
d. pen. 116*; wer allein malzeit hält, der hat ein imbsz wie
ein pferdt. Lehnann 1,214; hurtig zur arbeit, hurtig zum
Imbisz. SiMROCK sprichw. 277.
3) imbisz bildlich, in anlehnung an die bedetttung 1 : ist denn
nicht, du guter gott, schon das gefühl des daseins ein stehen-
des ver;;iiügen , und der erste süsze imbisz nach jedem er-
wachen? J. Pacl Besp. 3, l!>4 ; die gelassensten pursche wollten
einen vor.>chmack und imbisz vom morgendlichen Johannistage
nehmen, leben Fibels likJ; den ersten gelehrten imbisz. 1S3.
Das wüit, so ircit es nicht noch im volke lebt {vgl. im ein-
gange), musz jetzt als ein selteneres und nur gewählter spräche
eigenes, in der bedeutung l allein gebrauchtes, bezeichnet werden.
I.MBISZGAST, m. : imbiszgast, ein gast zu imbisz, pransor
Maaler 235'.
IMBISZMAHL, n. ; dieweil Gonella asz und das imbiszmalc
nam. S. Bhant bei Stei>uöwel 147.
IME, s. immi.
IMGLEICHEN, adv. zusammenrückung des dat. von gleich
mit im, vorzüglich in älteren quellen, heute gewöhnlich ingleicben
(«. unten) im sinne von ebenso: imgleichen ScHWEi.ticHEif l,^6•,
imgleichen hat sich die churfurstliche wiltibe aus Sachsen
in die sechste woche bei ihm aufgehalten. Micräliüs ait.
Pommern 4, 36 ; imgleichen siehel man ihn an der Juno zu
SamOS. WlNKELSAN.N 3, 20S;
das goldgelb ist vor schlecht, und leuerroth imgleichen.
FLsai^iG 174 ;
imgleichen kamen der Schwerin, der Scharnhorst und der Keitb,
und all die groszeu Preuszeu sonst aus alt und neuer zeit.
Fbeilichath glaubensbck. 132.
IMHUNDERT, Verdeutschung von procent: 4000 tbaler zu sechs
imhundert. Hermes Sophiens reise 3, 331.
IMKER, m. bienenzüchter. Adelung als niedersächsisches wort,
mit iinkerei, bienenzucht ; heute allgemein in technischem gebrauche.
LMMASZEN, assimilierte form für inmaszen, j. d. :
{llimiukriitea) heiszt uns erst den durst und dann das Geber heben ;
und folglich wird der durst mein erster vorwurl sein,
immaszen . . . IIagkdor:« 2, 97.
IMMAT, n. ßr emd, chordum, grummet (vgl. theil 3,419):
so sollen sack auf das hertest mit immat eingefüllt und ausz-
gehenkt werden. Fronspercer kriegsb. 1, 124".
l.MMCHEN, n. kleine imme, biene.
IMME, m. der bienenschwarm. ahd. impi, imbi, mhd. imbe,
impe, iuHue, bair. imp, imm (Schii. l, 79 Fromm.), Schweiz, ima
(ToBLER 2>>4'), bei Maaler yinbd, schwärm oder hanf der
ymmeu, examen, junger ynibd , ymmenzucht, junge byule,
pulläies opum 31U*; auch westfälisch der imme stock bienen;
wenn etwen ein iuie mit honingwaben uff einem boum ist.
Keisersberg büg. 126'; ganze häufen hangen an einander, als
ein imb, so er gelassen hat. Foreb fischb. 147';
do kamb ein imb geflogen,
in dlinden er genistet hat.
Scmpachcrlictl in Wtickern. Icseb. *, 1287,3.
auch bienenstock, selbst leerer: also fand er da binden in dem
hof ein hufen ymcn ston. Ulensp. O; in der selben nacht kamen
zwen dich und wollen ein ymcn stclen. ebenda; und da sie
kamen zu dem stock da LIenspiegel innen lag, der was der
schwerste, da sprachen sie: das ist der best ym. ebenda,
s. das folgende.
IMME, f biene: imb apes vel apis voc. ine. theut. k6*; imme,
bien, apes vel apis Dasyp.; ein sowd im obem als im niedern
Deutschland (Sciiaübach 9o'. Schütze 2, 190 u. o.) volk^mäsziges
wort, während es Müteldeutschland, und vorzüglich dem östlichen,
fremd isl; das Schweiz, neutrum imnic, immi (Stalher 2,69)
musz als deminutiv zum f-m. imme angesehen werden : wie ein
IT. II.
ime ausz einerlei blum allein nicht jbreu honig holet, sonder
ausz vielen unlerscheidenen. Fischart bienk. 6*; mancher ist
so begierig zu einem ding wie der beer zum honig, die
immen zur blumcn. Lebiiann 1,79; die immen küssen gern
schöne blumen und sie bleiben doch schön. 123; wer gut
honig wil haben, der musz der imben bisz gewertig sein.
3S2 ; woher die imme fleucht und wohin sie ihre waben ver-
birgt. Fr. Mlller 1, 22 ;
blumen gab der herr der imme,
liebesklang der nachtigall. Ahsdt ged. (1S60) 507 ;
es müsse nie zu eurem mund
nach honig gehn die imme. Rcceert 301 ;
der bär lauft zu den immen und bienen. wiszbad. wisenbr. 2, 31 ;
der immen oder bienen. Spkk truttnucht. 126.
unter spielen wird aufgezählt immen wigen. Garg. 170*.
Die Zusammenstellung von imme mit griech. iuTiii Stechmücke
und lat. apis unterliegt erheblichen zweifeln, das älteste Zeugnis
ßr das vorkommen des Wortes ist in den Juniusschen glossen:
impi piano examen apium Graff 1,257; examen apium impi
piano, aliquando uuaba Germ. 11,42,439; und im Lorscher bienen-
segen , wo imbi als bienenschwarm von bina als einzelner biene
scharf unterschieden wird, vergl. Pfeiffer forschung 2,4; nocA
spät findet sich nl. examen imme van byhen Dief. 214". hieraus
scheint zu folgen, dasz das wort impi, imme im gründe eine
allgemeinere bedeutung gehabt hat, etwa die eines volies, schwarmes
scldechthin, die durch das beigesetzte piano erst auf ein specieUes
gerichtet werden muste ; dasz daiier die beziehung des einfachen
imbi , imme auf ein bienenvolk erst in zweiter linie anwendung
fand, ist dies aber ricfUig , so wird an die verwandtschaß mit
dem oben erwähnten griechischen und lat. worte nicht zu denken
sein, imme und biene aber waren in der bedeutung zuerst scharf
unterschieden, da biene nur, wie auch heute noch, das einzelne
insect bezeichnete; als in einer sehr jungen zeit (mlui., r^/. Leser
wb. 1, 1421) nun auch imme auf das einzelne insect bezogen ward,
da änderte sich in diesem falle das geschlecht, unter einflusz des
von biene, und ursprünglich ein wort schied sich in zwei, die
eigentliche bedeutung von imme bleibt noch dunkel, die von Leo
ags. glossar 4S2 versuchte Zusammenstellung mit ags. umbor musz
umsomehr dahin gestellt werden, als dasselbe dem sinne nach bis
jetzt nicht gesichert ist.
LM.ME, /". ameise, neben emse, imse und ims. Nemnich 2, 1640.
vgl. emse theil 3,443.
IMMEL, m. der kornwurm. NEMSicn wb.
IMMEISBANK, f., früher m., apiarium. Stei.-»bach 1,63; wer
über sach , daj einer den imben verkoufte ze fasel , so leit
der in hinweg trcit, vier haller uf den imhbank. weisth. 5, 105
{Aargau), bei Nemnich immcubänkert, bicnenkorb.
LMME.NBÄR, m. ursus ardos.
IM.MEiSBLATT, n. die pflanze melittis melissophyllon : immen-
blat, pfaffenkraut, frawcnkraut, herzkraut, mutterkraut, melissa,
apiastrum Alb. EE3'; melissenkraut heiszt auch immenblat.
Taberxae.ii. 738; des fleiszigen erlesens allerhand romgrasz
und s. Peterskräuter, imenplat, platlosz und onplat. Fischabt
bienk. 2*.
I.MMENBROT, n. sandaraca. vgl. bienenbrot.
I.MMENBRÜT, f. Inenenbrut, apum foetura. Stieler 249.
LMMENDRECK, ««. der Überrest von den wachsscheiben , der
in tuch oder beutet zurückbleibt, wenn das wachs ausgepresst ist.
niedersächsisch. Jacobsson 1, 457*.
IMHENFASZ, n. bienenstock, mhd. imbenva;: imvasz, alve-
itrium voc. ine. theut. kö'; alle wäld und bauin stehn voller
immonfasz oder bynstöcke. S. Frane u-eltb. so*; sie sind wie
die brimiser in den immenrässern , welche, wann sie ihren
Stachel verloren haben , nicht mehr arbeilen , noch honig
machen, sondern nur fressen können. Simpl. 1,406 Kurz; umb
ihr haus herumb zu schwennen, wie die raubbienen umb
ein immen fasz. 3, 28.
IMMENFLUCHT, f bienenßug. Nejinich.
IM.MENFRASZ, m. eine vogelart, merops apiaster. Nemmcb
3,561. Fischart bienk. 51" (s. die stelle unter immenstock).
I.MMENFRESSER, m. merops apiaster. Nem.nich a.a.O. Stal-
der 2,69.
IMMENGELASZ, n. gelasz für die bienen. bei Stieleb 1074
in der forni iinmenlaszt neben bienengelasz, apum puUiiies.
IMMENHANS, m. als bezeichnung eines bäurischen bienen-
lüchlers {vgl. Hans 1.6 sp.ihl):
indes kam inimeiihansz gcstlilichen
zu den ((/»-»ii brummen \in<) lionigriechen tdem bärvn)
ergdlT dem diob die haiid im sack, fioschmäux. L3' (1,1,1t).
130
2067
IMMENHAUS — IMMER
IMMER
2068
IMMENHAUS, »i. bienenhaus, bienenbchälter : imhusz, aktarium
voc. ine. theut. kö'; ymhheüszle mellarium Maaler 51ü'.
IMMENKAPFE, f. bienenkappe, biencnhaube.
IMMENKÖNIG, m. rex, dux apium, der weiset: im bienkorb
der iinenkönig. Fischart ehz. 42.
IMMENKORB, «i. biencnkotb: zu letzt daran gehenkt und
bescbriben die gelegenbeit , art, weisen, gestallt und natur
diser binen, und ihres honigs und honigwaben inn disem
papiapiario oder apum exaniine und inienkorb. Fischart
bienk. 3*; das eine frau gleichsam eine köuigin im imenkorb
ires hauses seie. ehz. 503;
und der den aiiget schon liat hin,
was lörcbt er sich inch for der bin,
das er darunib hinwerfen woli
den imenkorb, des angels sold? dicht. 3, 24S Kurt.
IMMENKORBIG, adj. von gcstalt eines immenkoibes : sie (die
röm. kirche) ist auch in possessiun der . . herrlichen drei-
fachen imenkorbi^en krönen. Fiscuart bienk. 13&'.
IMMENKORBKÖNIG , m. : das eine hau gleichsam eine
konigin im imenkorb ires hauses seie, weiche mit anordnung
aller arbeit den imenkorbkonig anmase. Fischart cliz. 503.
IMMENKRAÜT, n. melissa officinalis, bienenkraut.
IMMENMANN, «». apiarius. Stieler 1234.
IMMENMEISTER, m. meltarius. Maaler 510'.
IMMENREICH, culj. reich an biencn. Stieler 15S2: immen-
reiches land.
IMMENSCHNEIDER, m. der den bienen den honig ausschneidet,
als spoUname für gewisse soldalen : wo mau einen oder mehr
(elende ioMu/e/i) .. antraf und fragte: wes regimenls? so war
gemeiniglich die antwort: von Meiode ! davon entsprang, dasz
man endlich alle die jenige, sie wären gleich krank oder
gesund, verwundt oder nit, wann sie nur auszerbalb der zug-
ordnung daher zottelten oder sonst nicht bei ihren regimen-
tern ihr quartier im feld namen, Mcrode-brüder nante, welche
burscb man zuvor säusenger und inunenschneidcr geheiszeu
hatte, dann sie sind wie die brumser in den iinmenfässern,
welche, wann sie ihren slachel verloren haben, nicht mehr
arbeiten, noch honig machen, sondere nur fressen können.
Simpl. 1,406 Kurz.
IMMENSCHWARM, nt. bienenschwarm : binenkorb des heil,
römischen imenschwariiis. Fischart bienk., lüel.
IMMENSTAND, «i. bienenstand : einem andern . . schlosz
einmal die Jrau nachts um 10 uhr die thiire zu und ging ins
bett, und wollt er wohl oder übel, so niuszte er unter dem
immenstand im garten über nacht sein. Hebel 2 (1853) 153.
IMMENSTICH, m. bienenstich:
und wer den honig wil erjagen,
luus sich der inienslich verwagen.
FiscuART dicht. 3, 249 Kuii.
IMMENSTIMME, f.: bombatus, vox apium, immenstymme,
immengedonc Dief. 78*.
IMMENSTOCK, m. bienenstock: s. Magnus der heilig würm-
stüriner, wöll den lieben cathol. imenstock für iemenfrasen,
bummeln und krautwürmcn . . ritterlich beschirmen. Fiscuart
bienk. 51*.
IMMENSUMMER, n. bienenkurb: imsunimcr alvearium voc.
ine. theut. k6*; bair. impsumper Schm. 2,283 Fromm.
IMMENTROG, m. fuUerlroy, in welchem den bienen der mit
woiser verdünnte honig zur zeit des mangels vorgesetzt wird.
Jacobsson 1, 816*.
IMMENTRÜPPEL, m. traube oder immenzopf (s. d.): angc-
henkter ymbdrüppel, ein schwärm eines angestosznen ymbds,
der sich an einen ast oder bäum gehenkt hat. Maaler 510*.
IMMENWEIDE, f.: imweid, apicio, est locus ubi apes recipiunt
alimenta. voc. ine. theut. k6*.
IMMENWERK, n. wabe, bienenwerk: frisch binen oder im-
mcnwerk. Seuter rotsarxnei 282.
IMMEN WOLF, fn. nierop« aptojfrr, bienenwolf. Nemnich 3,561;
der ymmenfrasz, ein frömbder vogcl, apiastra, ymbcnwolf.
Maaler 510*; übertragen auf einen räuberischen menschen:
hierein (m das kloäer) komm kein heuchier, windiialsz, und
noilbruder, . . imwolf, hundib, luftschnappcr und iiicszkiiapper.
Garg. 279*.
IMMENZOPF, fli. in Franken und!khwaben ein bienenschwarm,
der tuh gleich einer traube an einen bäum oder strauch gesetzt
hat. Jacomson 2, 308*. vgl. iinmcntrüppel.
IMMENZOCRT, f. bienenzuchl.
IMMER, m. die beute (vgl. t/teil 1,1750), der hölzerne korb
der valdbienen, wenn er von thnen bezogcit ist: wann bicoe
hinein zogen und bauten , hiesz es nicht mehr ein beuten,
sondern ein immer. Frisch 1,91*, wie es scheint, au$ nürn-
bergischen quellen.
IMMER, adv. semper.
1) ahd. CO m6r, iomer, iemer, tnhd. ieiner, immer, iiner;
frics. ainmer, eininer, immer; altnfr. iemer, niederl. ienicr;
millelnieäerJ. (während das alts. für den begriff noch das ein-
fache eo, io verwendete), junimer, neuiiiw/errf. jüininer und
jümme ; andern dvulsclien dialccten entgelU die bildung. die
zusavimcnrückung des allgemeinen zeitadverbs ahd. eo, mhd. ie
(vgl. unter je) mit dem zeit folge und forlschritl hervorhebenden
adverbiwn nicr ist unter dem cin/lusse davon, dasz der hauptton
auf die erste silbe fiel und in folge davon der lange vocal des
zweiten Wortes nach und nach zur tonlosigkeit sank, verdunkelt
worden, so dasz schon vM., wo der begriff des oft gebrauchten
iemer sich verallgemeinert und schwächt , eine neue zusammen-
rückung mit mere, ine aufkommt, die einujes vom ursprünglichen
sinne des advcibs wieder schärfer faszt , s. unten iinmermebr.
heutzutage wo die ursprünglich in form und bedeutung gleichen
immer und je mehr so verschiedene wegc gegangen sind, fühlen
wir, wie an den nachsiehenden vcrsen gezeigt werden kann, den
einstigen zusa^nrnenhang nicht im geringsten mehr:
am busen deiner schwesler,
der für dich schlagt,
entschläfst du immer fester,
je mehr es lagt, der juwje Göthe 1,262.
2) im ahd. dient zwar einfaches 6o, eo zur bezeichnung einer
forldauer, sowol in bezug auf vergangenheil als auf gegenwart und
Zukunft: nist uns des duruft, .. daj der sin namo kauuibit
uuerda, der eo uuas uuih enti eo ist. MOllenhoff u. Scherer
»10. 55, 6 ; sin ricbi uuas eo enti eo ist. 55, 10, eine bedeutung
die noch in der negation, uuserm nie lebendig oder wieder auf-
gelebt ist, aber schon hat der Sprachgebrauch einzelner Schriftsteller,
wie Otfrids (vgl. Lachmann zum Iwein 770) entschieden, io nur
bei praesens und jnaeleritnm, iaincr beim futurum zu verwenden,
im mhd. hat sich die regel ergeben, immer bei beginnender und
zukünftiger thätigkcit zu setzen (mhd. wb. 2,1,145/3. Lexer wb.
1, 1414), eine regel, die aber auch auf die schon begonnene, doch
in die Zukunft fortdauernde thäligkett sich ausdehnt, überhaupt
zu wanken beginnt, von der aber bei der darslellung des nhd.
Sprachgebrauchs auszugehen isl.
3) immer hebt das stete, dauernde eiiier beginnenden , künf-
tigen oder bereits begonnenen, aber in die zukuuft dauernden
handlung, eines zuslandes, eines entschlusses hervor, es tritt auszey
zu verben auch zu participien, adjecliven und adverbien, und ge-
bräuchliciiere Verbindungen dieser art werden häufig als ein wort
geschrieben (vgl. unten inunerbrennend, immermangelnd, iinmer-
sinkend, immerwährend ; iinmerferlig, immerfrisch, iminerfroh
u.a.; immerdar, immerfort, immerhin u.a.); auch, aber seltener
zu Substantiven in gleicher weise, s. iinmerhenker, iinmerjungler,
iinmerkuh, immerleben u.s.w. — ahd. in mincino herzen.,
uuil ih iemer gehuchcan der sinero michelen gnidun. Willira«
11,25;
mhd. ich wil im iemer wesen liult. minncs. friihl. 16, 13;
ich bin iemer ander und niht eine
der gi'öjen liebe der ich nie wart fri. 131, 26;
si sol mir iemer sin vor allen wiben. 150, 5;
eine ich mir ze trüte nani,
die ich immer triutc. Neiduaht 24,5;
da; ich wil guoten wiben
mit dienest ane valschen muot
immer bi beliben. LicuTtntiKiN 422, 25.
nhd. in vielen fügungen: wie es jetzt ist, so bleibt es immer;
er ist immer zu bause; ich werde immer so denken; er isl
immer heiter; der frembdling der bei dir ist, wird über dich
steigen und jmer oben schweben. 5 Mos. 28, 43 ; daruinb sol ex
jmer mein knccbt sein. 1 Sam. 27, 12 ; mus nicht der mensch
jmer im streit sein auf erden? Htob 7,1; ich bin zu leiden
gemacht, und mein schmerzen ist jmer für mir. ps. 3S18;
gott hat lust auf diesem berge zu wonen, und der herr bleibt
auch jmer daselbst. 68,17; es sind Icute, der herz jmer den
irreweg wil. 93,10; wer von mir isset, der hungert jmer nach
mir, und wer von mir trinket , den dürstet jmer nach mir.
Sir. 24,28.29; gott hab jmer lolt. 2 Macc. 1,17; nemet jincr
zu iu dem werk des herrn. 1 Cor. 15, 5"> ; lasset uns ablegen
die »Unde, so uns jmer anklebt und Irege macht. Hebr. 13, i ;
1*1 coli mein Koit und ich sein knecbl,
•0 lian ich iiiiii vuraui mit recht
ein immer heilsam glücke schlicaien. GÜNTliit 87;
2069
IMMER
IMMER
2070
du (kuckuck) nennest immer deinen namen ;
dein ausruf handelt nur Ton dir. Hackdor?» 3, 99;
es kann ja nicht immer so bleiben
hier unter dem wechselnden mond. Kotikbük;
immer strebe lum ganzen. Schiller votivtafeln 16;
nur zwei tugenden giebts; o wären sie immer vereinigt;
immer die güie auch grosz, immer die grösze auch gut!
gute und grösze;
immer niedlich, immer heiter,
immer lieblich ! und so weiter,
stets natürlich, aber klug. Göibk 3, 157.
immer in diesem sinne rerlritt ein adjectiv:
eine blond und eine braune
schlagen sich jetzt um mein herz ;
eine mit immer schlimmer iaune,
eine mit immer lust und scherz. 5", 172.
immer bei interjectionen : ach weh mir! ach weh mir! ach weh
und immer weh ! Zese."« Assenat (1679) 9 ; wie mhd.
iemer mßre ouwe ! Waithsr 124, 17. 34 ;
schade und immer schade, dasz er hat so enden müssen!;
und in dem ähnlichen ßgungen: da beklagte der penal das
pferd , dasz es immer schade sei , dasz es in der schinder-
gruben liege. ScHUPPics 117; es ist immer schad, dasz du
nicht an einem solchen ort sein soll! 203;
het ichs niht immer schände, ir soldet fiiesen da^ leben.
ISib. 2249,4.
4) gern mrd immer der bedeutung nach verstärkt.
a) durch ein beigesetztes u-ort ähnlichen sinnes, ewig, für und
für, oder durch Wiederholung , schon ahd. : do fertiligotost dft
dero ubelon namon iemer in euua {in aeternum et in saeculum
saeculi). Notier 2, 41' Hattemer;
mhd. so woldih, daj mih yerwijje
got von sinem riebe
imer Ewigliche. Lampr. Alexander 3674.
nhd. gott dein stuel bleibt jmer und ewig. ps. 45, 7 ; bis sie ver-
tilget werden jmer und ewiglich. 92, S; ich weis, wer jemals
des todes schrecken oder last gefület hat, der würde gerne
eine saw dafür sein, ehe er solchs jmer für und für tragen
wolle. Luther 8, lOi'; du .. lebest nimmermehr eine stunde
so sicher, sanft und still, als ich jmer für und für lebe.
ebenda; lasz mich immer ewig davon rennen! Schiller rduber
5,2; immer und ewig von einer sache reden zu hören, . .
dazu will meine geduld nicht ausreichen. Göthe 19, 194 ; nun
aber immer und immerfort den rüstigen kutscher spielend,
beschädigt er sich. 45, 25S ; es brachte ihn aber fast aus dem
bauschen, immer und immer zeit verlaufen zu müssen. J. Gott-
helf schuldenb. 259 ;
lob sei gott dem vatter fron,
lob sei gott seim eingen son.
lob sei gott dem heiigen geist
immer und in ewigkeit. Lobwasser ps. (1595) 129*.
b) durch doppeltes setzen des bei immer stehenden namens,
adverbs oder verbums: krank und immer krank sein verbittert
das leben; dulden, immer dulden predigt man mir; Vrcneli
sagte, es danke dem lieben gott, dasz dies überstanden sei,
das g'schaue und immer g'schaue hätte ihm fast das herz
abgedreht. J. GoTTHEtr Uli d. pächter (1870) 315.
5) immer, in Verbindung mit praepositionen , auf immer, für
immer: unglück über Unglück für immer und immer auf die-
jenige, die zum ersten male nach mir diese lippen küsztl
GöTHE 25, 2S5 ; die Staatenversammlung wird einmal für immer
verworfen. Schiller S04; sein urtheil war einmal für immer
gesprochen. 1064; die allgemeine protestantenverbindung . .
misslang ihm für jetzt und für immer. 970;
hier, Roderich, siehst du zwei feindliche
gestime, die im ganzen lauf der zelten
ein einzig mal in scheitelrechter bahn
zerschmetternd sich berühren, dann auf immer
und ewig auseinanderlliehn. don Caihs 1,2;
ins zweite jähr schon schleicht die Unterhandlung;
erfolgt auch diesz mal nichts, so will der kanzler
auf immer sie für abgebrochen halten.
Wallensteins tod 1, 5.
6) statt dasz immer auf die Zukunft deutet, bezieht es sich nur
auf eine gegenuart die mit der Vergangenheit in Verbindung tteM:
er ist einmal gefallen, und seither leidet er immer am köpfe;
ich glaubte bisher immer, er meine es ehrlich, aber jetzt
werde ich es nicht mehr glauben ;
des min herze inneclichen kumber lidet iemer sit.
Walthe« 119, 23.
dieser sinn wird namentlich auch durch das zu immer tretend*
noch hervorgehoben, mhJ. hiesz es daßr ie-nöch:
ienoch stet daj herze min in ir gewalt,
der ich den sumer gedienet hän. minnes. früht. 38, 1 ;
derhalben werfen sie ir netze noch jmer aus, und wollen nicht
aufliören, leute zu erwürgen. Habacuc 1, 17 ; ir gebeine grünen
noch jmer, da sie ligen. Sir. 46, 14 ; er ist immer noch der
alte; unsere freundschaft ist immer noch so warm, wie vor
Jahrzehnten ;
stolzer schönen grausamkeiten
sind noch immer ungemein. Hagedobti 3, 56.
Statt dessen auch einfaches immer: er kommt immer nicht!
und ich warte schon zwei stunden. Güthe 8, 208. — in er-
xählungen, tco immer noch ettcas von früher dauerndes bis auf
einen geu^issen, für die zeit der erzählung als gegenicart geltenden
Zeitpunkt führt: ich wartete immer noch, die frühern späsze
sollten zum Vorschein kommen. Göthe 24, 185 ; versuchte die
kraft meiner laschen und fand sie noch immer bewährt.
23, 81 ; eine stunde vergieng nach der andern, und Biondillo
kam noch immer nicht. Schiller 7, 138 Kurz {geisterseher).
7) immer wird endlich auch auf die schon abgeschlossene Ver-
gangenheit bezogen :
mhd. der selbe guote kneht,
SW& er den sumer hin vertreip,
den Winter er immer beleip
bi Artus massenie. Lanz. 7071;
nhd. so lange er lebte, wohnte er immer in diesem hause;
er war immer liebenswürdig gegen mich ; lies einen raben
ausQiegen, der Qog jmer hin und wider her. l Mos. 8, 7 ; da
sie jre klagwort jmer widerholet, rieht. 5, 29 ; sie thun dir, wie
sie jmer gethan haben. 1 Sam. s, S ; die härte, womit man jetzt
und immer gegen die Protestanten verfahren. Schiller 848;
so wars immer, mein freund, und so wirds bleiben.
votivtafeln 58;
war es immer wie jetzt? jettige generation.
8) die bedeutung der stdtigkeit, die in immer liegt, Idszt es
zu comparaliven treten, um eine fort und fort wachsende stärke
des begriffs zu bezeichnen : und der posaunen dohn ward jmer
stei ker. 2 Mos. 19, 19 ; er ward berümbt bis man kompt in
Egypten , denn er ward jme^ sterker und sterker. 2 chron.
26,8; Schemen müssen sie sich und erschrecken jmer mehr
und mehr. ps. 83, 18 ; wie jr sollet wandeln und gotte ge-
fallen, das jr jmer völliger werdet. 1 Thess. 4, 1 ; der tabaks-
dampf, der immer stärker und stärker wurde. Göthe 18, 139 ;
behandelte meinen immer kränkern mann mit warmer sorge.
19^105; ich ward immer heftiger und heftiger. 23,80; Tcr-
lischt hingegen das andenken der urgestalten immer mehr
und mehr, so treten die nachbildungen unvermerkt an ihre
stelle. 24, 193; fiel ich desto entschiedener in Verzweiflung, als
ich mich in einem kleinen Spiegel nur theilweise betrachten
konnte ; da denn immer ein theil lächerlicher aussah als der
andre. 25,350; der düstre harfenspieler wird immer düstrer
und geisterhafter. Schiller an Güthe 1, 80 ;
darnach ich jmmer weiter geh. H. Sachs 1, 484*;
ich sag euch, gebt nur mehr, und immer immer mehr.
Göthe 12, 13 ;
da schlug der greis die seilen : er schlug sie wundervoll,
dasz reicher, immer reicher der klang zum obre schwoll.
Uhland ged. 390.
immer in doppelter Stellung, wie je — je :
frauen denk ich auch zu sehn,
die den ehegatten,
ward er immer brummiger,
immer lieber hatten. Göthe 1, 152;
auch bei verben oder adverbien, die einen comparaliven sinn ent-
halten : er trachtet sein vermögen immer zu vermehren, seine
Verbindungen immer zu erweitern ; er getraute sich nicht die
kinder zu verlassen und sah das unglück sich immer ver-
gröszern. Göthe 19, 222 ; wir müssen immer vorwärts, immer
fortschreiten; und er zog jmer fort von mittag, bis gen
BethEl. 1 Mos. 13, 3. vgl. auch immerzu, immersinkend.
9) immer hyperbolisch ßr häufig, gewöhnlich, oft : unter den
stolzen ist jmer hadder. spr. Sal. 13,10; und war jmer zank
zwischen den hirlen. 1 Mus. 13, 7 ; das beste verliehrt man
immer am ersten, optima prima fere rapiuntur. Steinbach 1,810;
auch in Verbindung mit negationen: er hat immer kein geld;
er ist immer nicht zu hause.
10) der begriff des steten , jederzeitigen , der in immer liegt,
ändert sich, wenn es eine handlung oder einen zustand bestimmen
hilft, der sich wiederholt, ofinc stete dauer zu haben, es heisxt
dann soviel wie jedesmal:
130*
2071
BIMER
IMMER
2072
mUd. immer, als dicke er trat,
liut, belle liior von siner stat,
da? e was gestanden. I'arz. 567, 1 ;
ich inac wol diu unp^evüei^c schelten,
du muost immer wider mich sd gelfer worle cnkcllen.
Nkiduart 23, :iU ;
nhd. immer, wenn er kommt, bringt er eine neuigkeit mit;
man mag ihn abweisen so oft man will, er kommt immer
wieder; sie versuchten gott jmer wider, ps. "8,14; das ich
euch jmer einerlei schreibe, verdrcuszt mich nicht, und machet
euch desle gewisser. Phil. 3, 1 ; nur dasz ich es {das kästelten)
immer in und aus dem wagen hob, und mich wie vormals
mit dem verschlusz der ihüren beschäftigte. Göthe 23, 81 ;
hast recht, fiau! hast immer recht! Wagner kinderm. 24;
sie sagen, immer wenn die jahrszeit naht,
wo man des heilands ankunit feiert, singe
die ganze nacht duicli dieser Iriihe vogel.
Sliakesp. flainlet 1, 1.
11) immer verallgemeinert zu der bedeutung jemals, je, mhd.
luniühst wenn dieses je in die Zukunft weist:
si darr des niht denken daj ich mincn muot
iemer bekerc an dehein ander wip.
minnes. frühl. 114, 13 ;
gewinne er immer herzeliep,
dai; stel im der minnediep. Neiduaht 24, 9 ;
welle ich da^ brechen
odr immer versprechen
mit ungcduldc, so lä^c mich vri. Lichtewstein 135, 2!»;
des getrouwe ich iwern {frau Minne ist angeredet)
gnaden uiht,
da^ ir der werden zuversilit,
die ich gein miner vrowen liän,
mich immer heilet abe gestän. 145, 21 ;
und diese Verwendung dauert auch später: wiltu ymmer zu einem
chrisllichen und ganz geistlichen leben komen, so mustu ein
ganz gewarsamkeit dyn sclbs haben. Keisersberc 6i7(/. 9' ;
wie soll es immer werden gut
im reich, wenn ... E. Alberus 71;
in neg(üiven salzen: ist noch nie kein doctor so gelcret ge-
wesen , noch wird immer sein , der ein gewisse regel gebe.
Luther 1, CC'; denn welcher feind der klaren schrift nicht
gleubt, der wird freilich keifier veter glosen imer gleuben.
374"; rede ein jeder uf einer siten, wes er welle, sye im ver-
zigen, aber kein gottslesterung will ich immer lyden. Zwincli
1, 91. doch tvird immer in diesem sinne auch auf die Vergangen-
heit bezogen:
wo hat man das ie mer erfunden,
dasz ein volk hab seinen got
also gar lür einen spot! Scuade snt. 1, 15,98;
seit immer, seit je, von jeher:
wüst (wisspl) frau mich hat beschaiden
enr würdigs lob so gar,
das ich seit imer bin gedenken
wie gott so rainen wünsche
in ain person tliet senken.
I'ÖTKHiciis ehrenbrief, bei Haupt 6,33.
12) die bedeiüung jemals ist umgeschlagen zu einmal, einst,
in lukunß:
und dachten bei der zeite
wie wir werden imer,
seindt dise weldt nun geilhe (quitt, verfirlil),
je sieszer hie, und dort ewig je grimer.
iliisi-lb*!, Ilniipt 6, 43.
13) der allgemein gewordene sinn von immer (»o. 11) zeigt sich
auch in noch andern Verwendungen.
a) in den Verbindungen wie iinuier, was immer, als immer,
SU viel immer hebt es einen gradbegriff zu seiner höchsten stärke,
indem es ihn in beziehung zu einer steten zukunft setzt : können
jhin iiachümen in allem, dasz jncn jmmer müglich ist. Kischart
bienk. t4s'; ich habe seinen tod empfunden, als man nur immer
einen solchen zufali empfinden kann. Lessijig 12,159; ich
niüxzte liir ihren frevel biLszen, so unschuldig ich immer bin.
WitLAKD 11, IßS; die zärtliche Sorgfalt .., als nur iuuner die
stärkste persönliche Sympathie lilitte liervorhringen können.
SciiiixER 765; der üherselzer iint sicii , so viel immer mög-
lich, bestrebt. . Il(i7; die vortheile, die der allerweileste kreis
der lescr und kiiufer einem autnr nur immer verscharren kann,
an Cölhe 1, 3;
verttofz ja nicht in deinem grimm
mich deinen knecht, wie immer schlimm.
Wkckiunlin 121 ;
dan wie grntr. immer meine (chuld,
wi« immer ich fiir iiraf erduid. rlirmln;
•chau an diu groiie da«, das F«bu> gftui umrennen,
wie »tarfc e» itnmur 1>I, noch wird e* muimen bn-nnan.
r l'i.kMiNb :>H.
b) frag- und andere pronomina werden durch immer zu un-
bestimntten : wer immer, was immer, wo immer; wer immer das
gesagt hat, er hat gelogen; was du inuncr hörst, schweige;
wie immer sich das verhallen mag ; es treffe mich an wer
immer wolle. I'hilander 2,30; doch dem sei, wie ihm immer
sei. Lessing 8, 403 ;
mir sagt Pseudo halb sich zu; einem andren, auch so viel;
und das herie, hält er ihm; nehm ihn gar, wer immer wil.
LoGAU 2,88,50;
wer lügend hat und kunst, wird nimmer nie vertrieben,
ist, wo er immer ist, als wie zu banse blieben. 3, 225, 39;
so vil ich yemer mag, als v»yt sich mein vermügen streckt,
quantumcunque possum. Maalek 509*; sei mir ein starker ort,
dahin ich jmer fliehen müge. ps. 7i,3. in ähnlichem falle immer
für wenn immer :
wider willen schluckt ich das zeug, wie sollt es gedeihen?
kann ich es immer vermeiden, so bleibt mirs ferne vom gaumen.
GöTUS 40, 23.
c) Zahlwörter werden zu distributiven, wie sonst durch ]e: ihr
geht immer zwei und zwei; in gliedern von immer vier wurden
die theilnchmer des zuges aufgestellt.
d) immer tritt zu imperativen, wenn durch sie mehr die er-
laubnis als der befehl ausgedrückt wird: in einer stunde? ach
bleiben sie immer ein wenig länger. Lessing 2,405; erlauben
sie mir immer, mich ein wenig possierlich auszudrücken.
C, 222 ; lassen sie mich immer hören , wie ihr verdrusz aus-
sieht. Kunger 1, 127; wenn du mich um dieses Schnick-
schnacks willen aus der liöile gerufen hast , so lasz mich
immer wieder abziehen. 3, 50 ; laszt sie immer gehen , sie
kommt schon wieder! Göthe 25,343;
du rufer zwischen röhr imd Sträuchen (kiicUuck),
schrei immer rautliig durch den wald ! IIaceuorn 3,99;
immer zerreiszet den kränz des Homer, und zählet die väter
des vollendeten ewigen werks! Schiller Itius;
ich vermags,
mein vaterland zu retten. lasz miclis immer! Iphig. 5,5;
der graf im behagen des trauraes :
bedienet euch immer des raumes ! Göiui 1, 1%;
in der fügung immer her! wo der imperativ gieb ausgelassen ist:
nichts ist womit ihr sinn sich zu vergnügen (ftcjuMgcn) wüste ;
sie sagen: immer her! man gibt soviel man hat. Abscuatz V.iä ;
ebenso zu sohlte erlaubnis ausdrückenden indicativen und con-
juncliven :
ehret ihr immer das ganze; ich kann nur einzelne achten.
Scuiller diu ehrtriirdiijf ;
immer treibe die furcht den sklaven mit eisernem stabe.
vdlivlafeln 35 ;
da diesz bekenntnis im voraus ich abgelegt,
so darf ich immer sagen : komm. I'laten 2, 222.
e) immer 3« einer frage, die Verwunderung, unentschlossenheit,
zwei fei, bedenken ausdrückt, wo der heutige Sprachgebrauch aber
gewöhnlich denn setzt: wie soll ichs denn immer machen,
mein herr und gott? Scuurrius 414; wenn du mich nun
führen wollest für den thron deiner strengen gerechtigkeil, . .
ach wo solle ich denn immer bleiben, weil ich dir nicht eines
für tausend antworten könte? 445; wie wäre es immer ge-
kommen, dasz . . so viele Streitigkeiten und Unruhen in der
kirche entstanden wären? Lessing 8,422;
was will du mich doch immer kerren? II. Sachs 1, 4SI*;
was sul ich immer machen?
mein herze wird zertrennt von zweien .schweren Sachen :
hier ist mein liebster söhn, und liier mein liebster mann.
Opitz I. 230;
was hat der deutsch« krieg, der sich so lang erstrecket,
von fruchten und von nutz doch immer ausguhccket?
LoCAll 3, 90. «9 ;
sieh freund I sieh da ! was gehl doch immer
dort für ein reizend fraurnzimmer? Lkssing 1,46;
sprich, rief sie, wie e» immer kam,
das« man dir deine Inilieii nahm? RELtMT 1,165;
doch sage schnell, wie ging es immer zu? ROiIik 10, 200.
/) immer, finen alltjemeinen ijrgcnsatz, ein bedenken gegen etwas
vorhergegamjenes andeutend, in u'elchem falte es mit imniertiin irr-
lauscht werden kann : erlauben sie mir, sag ich, ihre schwesler
immer im voraus, als uieine freundinn zu betrachten. I.kssinc
t,356; simpel oder nicht simpel! ein weihsbild ist hall ein
Weibsbild ! und die unerfahrenste gibt uns iiuiner, was den
punkt betrifft, noch aufziirathen. 11. L. W aokr Aiii(/#rm<iri/. 4.'>;
genug, in diesem gefulil seiner bisherigen versi Inveiidiiiig
wollte iiirin vitter jene kupfer<liciic soviel wie möglich wieder
hergestellt wissen, dasz dieses durch bleichen möglich sei,
2073
IMMER— IM»IERD AR
IMMERFERTIG — DBIERHIN
2074
I
war bekannt: und diese bei groszen blättern immer bedenk-
liebe Operation wurde unter ziemlich ungünstigen localum-
ständen vorgenommen. Göthe 24,194; hier steht auch das
vornehme spielwerk, die Trajanische süule, in modeil ... es
ist immer ein schön stück arbeit, und man betrachtet es
gern. 27,10; Ängelica mahlt mich auch, daraus wird aber
nichts, es verdrieszt sie sehr, dasz es nicht gleichen und
werden will, es ist immer ein hübscher bursche, aber keine
spur von mir. 29, 8 ;
gleich erblickt sie diese bunte gäbe,
staunt, wie immer bei verschlossiieii thüren
dieses freundliche geschenk sich fmde.
2, 10" (= teälireiid die Ihür doch verschlossen war) ;
das Schicksal wollt es so! ich koonts einmal nicht hindern;
was ich nicht ändern kann, das will ich immer lindern! 7, "76;
was die neugier nicht thut! so rennt und läuft nun ein jeder,
um den traurigen lUg der armen vertriebnen zu sehen ;
bis zum dammweg, welchen sie ziehn, ists immer ein Stündchen,
und da l-äuft man hinab, im heiszen staube des mittags. 40,233.
g) immer endlich bei vergUichungen : es ist immer einer zu
einer gewissen krankheit mehr geneigt, sunt alii ad alins morbos
procliviores. Stieleb &S5; es ist immer einer schlimmer, als
der andere, alius alio-ncquior. ebenda; es hält einer immer
eine andere weise, aliis äliits vivendi mos est. ebenda; es hat
immer einer besser, als der andere geredet, alius plerumque
alio gravius atque ornalius dixit. Steinbach 1, $10; und das
getrenk trug man in gülden gefeszen, und immer ander und
andern gefeszen. Esther l, 7.
LMMERBREN.NEND , part.: dasz . . eine immerbrennende
lampe gestiftet werden sollte. Göthe 17, 406.
IMMERDAR, adv. das durch das adverbium dar, mlid. dare
dar {mhd. üb. 1, 307*), uelches auch eine zeitliche betcegxing aus-
drückt, verstärkte immer seit dem 16. jahrh. häufig begegnend:
yemerdar, allwäg, semper, perpetuum, perpetuo, perenue, noctes
atque dies Maaler 509*. Es steht, wie immer,
1) zur bezeichnung einer Zeitdauer, deren künßiges endziel niciU
abzuseilen ist: auf welch land der herr dein gott acht hat,
und die äugen des herrn deines gottes jmerdai' drauf sehen,
von anfang des jars bis ans ende. 5Afos. 11, 12; er (der gott-
lose) feret fort mit seinem thun jmerdar. ps. 10,5; werde
bleiben im hause des herrn jmerdar. 23,6; ich wil den herrn
loben alle zeit, sein lob sol jmerdar in meinem munde sein.
34,2; ich wil nicht jmerdar haddern, und nicht ewiglich
zörnen. Jes. 57, 16; danket im alle, denn er ist gütig und hilft
jmerdar. Judith n,2i; was er bescheret, das gedeict jmerdar.
Sir. 11,16; gib uns \ unser teglich brot jmerdar. Luc. 11,3;
gib . . das sich auch desselbigen (gottes) namens erkäntnis
und herrligkeit immerdar mehr und mehr auszbreite. Schup-
pius 439;
dein Zeugnis, herr, besitz ich immerdar.
Opitz psalmen t. 233;
mein liebchen sollst immerdar bleiben. Borger 61';
formelhaß immerdar und ewig, in perpetuum Steinbacii 1,255;
in der formet nun und immerdar der gegenwart entgegengesetzt :
alles leid und misbehagen,
jede sorge, jede last
war ich ganz allein zu tragen
nun und immerdar gefaszt. Böbckr 6*.
2) gern in Verbindung mit der praep. auf:
ein einzger blick zeigt ihm, was er besessen,
zeigt ihm, was er auf immerdar verloren.
Schiller Curtus 1, 4 ;
I). ists vorbei
mit seinem glück? Utitiler. vorbei auf immerdar.
Walletisteius tnd 5, 2 ;
er ist
dahin, ist fort auf immerdar. Teil 4,2.
3) immerdar auf eine schon abgeschlossene Vergangenheit sich
hexiehend (vie immer 7 jp. 2070): da aber der herr sähe, das
der menschen bosheit gros war auf erden, und alles lichten
und trachten jres herzen nur böse war jmer dar. l^os. 6,5;
auferzogen in den Worten des glaubens und der guten lere,
bei welcher du jmerdar gewesen bist. 1 Tim. 4, 6; ich bin vor
(zut'or) yemerdar darmitt umbgangen, usque dudum id egi.
Maaleb 509'; nun hab er immerdar tust gehabt zu der teut-
schen poesi, und hab exercitii gratia die.se lateinische pasquill
in teutscbe vers bracht. Schuppius 254.
4) immerdar, von einer oß oder regelmdsxig wiederholten Hand-
lung (vgl. immer 10 *p. 2071): ich merke, das dieser man gottes
heilig ist, der jmerdar hie durchgehet. Ikön. 4,9; denn du
hast jmerdar dein joch zubrochen und deine band« zurissen.
Jer. 2, 20 ; yemerdar, oder merteils wandlende, peregrinabundus.
Maaler 509'; das kumpt mir yemerdar wider inn sinn, ich
kan desse nit vergössen, recursar hoc animo. ebenda.
IM.MERFERTIG, adj. paratissinius ad omnia, allzeitfertig.
Stieler 406.
IMMERFORT, adv. in steter, ununterbrocliener dauer, oder
auch nur (wie immerdar 4) in regelmäsziger Wiederholung: aber
dis volk hat ein abtrünniges, ungehorsames herz, bleiben
abtrünnig und gehen jmer fort weg. Jer. 5, 23 ; ein grober
ungezogen mensch plaudert unfursichtiglich, und wesscht jmer
fort, wie es jm einfell. Sir. 20, 21 ; sie verneuerten ihre be-
stendigkeit immerfort, pdit. stockf. 345; wenn sie ihre dich-
terischen freunde und freundinnen nur immerfort aufmuntern.
Göthe an Schüler l, 360; dachte ich abermals nicht an meinen
beutel, sondern zahlte und spendete immerfort, so wie es
eben vorkam, werke 23, 7S ; so lange noch etwas im beutel
war, hatte ich immerfort bezahlt. Sl ;
es winkt mir immerfort. Sliakesp. Hamlet 1,4;
still I am caird.
IMMERFORTIG, adj. : jene stete bewegung und dabei immer-
forlige Sicherheit der volkssagen stellt sich, wenn wir es deut-
lich erwägen, als eine der trostreichsten und erquickendsten
gaben gottes dar. Grimx deutsche sagen l* s. viii.
IMMERFRISCH, adj. und adv., aus immer tini frisch zusam-
mengerückt: sie (die künstlichen blumen) blühen immerfrisch.
Götter 1, 1S6.
IMMERFROH, adj. zusammengerückt aus immer und froh:
der mit immsrfrohem muth
durch das leben schlüpfet. Gottkr 1, 109.
IMMERGLEICH, adj.:
der immergleiche sinn, den fälle nicht zerrütten.
IIagkoorn 1, 16.
IMMERGRÜN, adj.: umgeben von romantischen bügeln,
welche mit blühenden büschen und immergrünen eichen be-
deckt sind. Göthe 37, 147 ;
drum ist dir (der fichle) auch verehret
zum zeichen deiner trew das immergrüne kleid. Locau 1, 191 ;
anmuthig thal! du immergrüner hain! Göthe 2, 145;
dürr wird das laub der immergrünen eichen. Rückert 2S8.
IMMERGRÜN, n. das substantivisch gesetzte neulrum des vorigen
adj.: das schöne immergrün dieser blätter. auf verschiedene
pflanzen mit immergrünen blättern bezogen, vornehmlich auf viuca
major und minor, das in einer altern Zusammensetzung gleichen
Sinnes sin-grün, und auch in-grün (s. </.) heiszt. Nem.mch 4, 1567 ;
aber auch auf sempervivum, hauswurz. 4, 127S; liedera helix, epheu.
3, 107 ; und aizoon. l, 131 ; immergrün est planta, dicta sedum
majus et barba Jovis, alias hauswurz. Stieler 709; immergrün,
ein kraut, amerimnon; sedum majus. Frisch 1,37S'; gern bild-
lich gebraucht : über das immergrün unserer gefühle. J. Paul
kl. bücherschau 2, 97 ; die blumen (gelegenheitsgedichte), auf diese
art entstanden, sind . . von allen Zeitgenossen gekannt, und
werden es noch von der nachweit sein; — ein immergrün
für alle zeiten. Sculichtecroll bei Gotter 3, xiv;
{ich wünsche) dasz alle blumen mögen blühn
und grünen alle bäume,
wie mir aus holTuuugs immergrün
der Zukunft rosenträume.
RöcKKRT 1 (1S6S) 593 (lichesfrfihl. 6, 4).
I.MMERHENKER, m. : das ir herr wol möchl heiszen imer-
henker oder imerstockmeisler (als gegensatz zu ewiglich valer
vorher), denn da ist weder veterlich noch kindlich reginient
oder wesen, sondern eilel henkerisch und scbelkisch regiment,
da der henker vater ist. Luther 3, 185*.
I.M.MERHIN, adv., das mit dem adterb der richtung hin ver-
bundene immer, im 16. jahrh. noch getrennt (vgl. unten 3 die
stelle aus Luther):
sie mügen imer hin weit von uns draben.
Schade sat. 1, 65,355;
und l) rein temporal, erstreckung auf eine ins künßiye laufende,
ungemessene Zeitdauer, wie ferner, fortan, immer weiter, aus-
drückend.* und das gewesser verlief sich von der erden jmer
hin, und nam abe. iMos.S,:^ (gegen r. 5: es verlief aber das
gewesser fort an und nam abe) ; wer böse ist, der sei jmer
hin böse, und wer unrein ist, der sei jmer hin unrein, aber
wer frum ist, der sei jmer liin frum, und wer heilig ist, der
sei jmer hin heilig, offenb. 22,11; darumb dann auch noch
jmmerhien trachte, wie ich in einem anderen stand und
slath . . meine tage mit heil vollführen könte. Philahoer
2075^
IMMEBHIN — WßrERLEHRER
IMMERLICHT — IMMERMEIIR
2076
2,20; mag sein, dasz du heute deine tinklur für gediegenes
gold austropfest, wird aber nicht immerhin dauern. Stürz
1,213;
ach ! dasz sie wüste nur die kleinsten meiner nölhen,
so würde sie«inich doch auT einmahl lassen tödten.
nun sterb ich immer hin, und sterbe nimmer doch.
P. Fleming (i21.
2) ah ermunternder ausruf {wie auf! vorwärts! fort!):
immer hin zum dritten male I was gedrittet, ist vollkummen,
drei sind aller guten dinge : was nur gut, ist gut mit summen !
LocAU 3, 85 (an einen qiiten freund, zum
drittenmal brduligam).
3) immerhin in abgeblasxler bedeulung, erlaubnis, freiheit zu
einer in die zukunß reichenden Handlung anzeigend, bei Luther
noch getrennt: erstlich wollt ich wundschen, wenn sie ja wollen
einen konig wählen . . dasz e. k. f. g. im namen gottcs imer
mit hin hülfe wählen, br. 4,201; später zusammengerückt:
schlaf immerhin die erste zeit des lebensl
dir gab die gütige natur
den süszen hang zur ruhe nicht vergebens ;
drum schlafe, knabe, schlafe nur! Gotter 1, 172.
in der neuern spräche häufig gesetzt, um einen Widerspruch,
gegensatz, ein bedenken einzuleiten, oder ein solches zu enlkräßen
{vgl. immer 13, f sp. 2072): nenne die tugend immerhin Schwär-
merei ; diese Schwärmerei macht mich glücklich. Wieland
1,206(172); gut, gut, fiel ihm der sultan ins wort: wir wollen
immerhin bekanntschaft mit ihm machen, wenn es auch nur
wäre, weil er ein söhn der schönen Alabanda war. 7, 7 ; nun
mochte Engellrut . . immerhin kopfschmerzen oder grillen in
dem köpfe haben, oder arbeit in den bänden: sie behielt
jederzeit eine frei, um ihm {dem söhne) damit die backen zu
streicheln. J. Paul leb. Fibels 14 ; hofschulze, sagte der bauer,
es kann doch nun einmal nichts helfen, kommt also nur
immerhin zum stuhl, denn das gericht musz gehegt werden
auch ohne dieses. Immermann Münchh. 4,52;
Lominte. ich sorg, ich sorg, mein vater wird mich zwingen.
Lisetle. o zwingen mag er immerhin,
nur lassen sie sich nicht bezwingen. LE$sm6 2, 431;
sei immerhin der junge hirt verschwunden!
Wieland 9, 320 (290) ;
sei immerhin der schönste unter allen
im Frygerland, sei ein Endymion,
sei ein-Narciss, was hast dii hier davon?
10, 100 (180).
häufig elliptisch immerhin! {zu ergänzen mag es sein oder ge-
schehen) : Valer. und werden ausgezischt, wie die schlechten
komödienschreiber. Le/io. immerhin ! Lessing 1,352; aber das
fürchte ich , dasz man mir meine obige frage zurück geben
wird . . . immerhin ; ich bin wegen der antwort eben nicht
verlegen. 6, 314 ; immerhin ! rief der sultan ; das böse, das du
von ihm sagen wirst, bleibt unter uns. Wieland 7, 8 ; immer-
hin , sagte der sultan lächelnd , wenn dein Tifan auch ein
träum wäre. 198;
und des Undanks spott und höhn
giebt für wohlthat schlimmen lohn.
immerhin! ich leid es gern. Gönther 18;
eine närrische kommission! närrisch immerbin; genug, dasz
man mich bezahlt. Lbssing 1,494;
hat die misgunst ihren scherz,
redet falscher freunde tücke :
eitler kummer immerhin!
nichts beweget meinen .>^inn. G(Jnther 02.
IMMERJUNGFER, f.: was stehet im Suidas davon? dieses:
dasz nema^d'Evoe (immerjungfer) ein beinahme der furien
gewesen sei. Lessinc 6, 270. in voüer und edlerer form , von
der erde:
du immer-jungfrau, du der sonne braut.
Herder z. tili. 4, 5G.
IMMERKUH, f. eine kuh die von dem hopterrn oder pdchter
beständig erhallen und nach dem tode ersetzt werden musz, eiserne
kuh. rechlsall. 503; vgl. auch ewig 2, Ihcil 3, sp. 1202. auch rer-
Iragnidtzig immerfort bestehendes recht auf den nutzen oder wert
einer kuh. Sciim. 1,70 Fromm, vgl. iininerriiid.
IMMKKLKÜKN, n. dauerndes, ewiges leben, mhd. iemer-lebcn
(Ltxu w6. 1,1415): iinmerleben, immortalUai Stielk« 1008;
ei Itl kein immer leben,
ei rouiz geicheiden leln. geiitt. lied bei MCtzill lOTiS.
allnrird. heitzt et ei-llfd, everlasting life, eternity. VicrussoN 12ü'.
IMMKKLKMHER, m. der stets lehrt: jene süszlirhen, honig-
Ihaingt'ii, hli-izuckernen iiiiinerichrcr {es ü< ton kinderrrzirhein
du rede). J. I'aijl /.nxjna 2, 2(i.
IMMERLICHT, n. lampe die in kirrhen und kapeUen unauf-
hiiilich brennend erhallen wird, ewiges licht. Scum. 1, 70 Fromm.
IMMEHMANGELNl), part.: als "ich ihn das erste mal sah —
und mir das blut in die wangen stieg . . und mein herz den
immermangelndcn erkannte, bekräftigte {den, der mir bis dahin
immer gemangelt halle). Schiller kab. u. liebe 1,3.
IMMERMEHR, adv., das verstärkte immer, schon mhd. tritt
zu ieuier, als dessen zweiler theil mer {vgl. sp. 206s) nicht mehr
gefühlt wird, ein nochmaliges mere, me hinzu, um eine künftige
stete Zeitdauer zu bezeichnen {mhd. wb. 2, 1, 15l). diese hinzu-
fügung wandelt sich nach und nach, und seil dem 17. jh. stets,
in feste Verbindung zu einem worte, mit dem hochtone auf der
ersten silbe (Iminormehr); unterschieden von dem getrennten
immer mehr, in wclcliem immer nichts ist, als Verstärkung des
comparativs mehr {vgl. immer no. 8) und in dem daher mehr
den hauptton hat (immer mehr), fehlerhaft ist in dem letzteren
falle immermehr zusammengerückt: auch von Leipzig fanden sich
Zuschauer, sie sowohl als die von Halle wurden mit unsern
ernsten bemühungen immermehr bekannt. Göthe 31, 149. —
Für immermehr die form immermeder {vergl. über meder für
mehr beim letztern worte): ain lerch die hebt an an der erden
und schwingt sich hinauf ymermcder für und für bisz sy ganz
hinauf kompt . . . aber der arm heuschrickel , der kan nit
hinauf kommen, er feilt ymermcder herwider ab. Keisersrerc
Spinnerin {ISIO) cl'; auch ummermeder: und ist nüt den ytel
Unflat mit uns, umcrmeder angst und not. Marie himelf. 12* ;
das wenden sie umcrmeder für. 16'; s. auch nacliher l.
immermehr, dem heutigen sprachgebrauche veraltet {während
die negalion nimmermehr frisch lebt), bedeutet
1) immer fernerhin, fortwährend, stets von neuem {wie immer 3
jp. 2068): wenn du dich aber allwegen beclagst, und yemcr-
meder ein liblöchlin suchest. Keisersbehg bilg. 87'; das herz
fert do hin , wie ein ungeregiert schifflin uff einem wasser,
den do hin, den widerümb uff ein anders, iemer meder das
wasser ab, bisz es zerbricht. 113"; da gedacht er ymmenneder
an die fisch. Sünden des munds 7*;
darumb sie (die Stadt liotenhurg) imermere
der wirdc haubtstat soll sein benant.
Pütericu citrenbrief bei Haupt 6, 33, 9 ;
0 himclischer vatler mein,
des sei dir lob, dank, preis und er
iezunt ewig und immermer. H. Sachs 3, 186 Titim.
auf eine Vergangenheit bezüglich {wie immer 7 sp. 2070) : sie aber
treib ire hurcrei jmer mehr {xai inXrj&vvas rijv rcoqreiav
oov Sept.). Hes. 23, 19.
2) immermehr je, jemals, wenn es in die zukunft weist {wie
immer 11 sp. 2071) : weh dir .lerusalem, wenn willu doch jmer
mehr gereiniget werden? Jer. 13,26; so wil ich doch hiemit
für gott und aller weit bezeuget und bekant haben, das ichs
mit diesen sacramentslesterern und schwermern nicht halte,
noch je gehalten habe, noch jmermehr halten wil. Ldther
3,533"; so müssen sie nicht ehe teufen, sie wissen denn
gewis, das der teufling glaube, wie und wenn wollen sie
doch das jmer mehr wissen? 4,323'; wil ich sagen, der
gleubt nicht, darumb ist seine taufe nichts, er nuis kurzumb
sich so lange lassen teufen , bis er nimermehr fallen oder
on glauben sein könne . . sage mir, welcher christ wil denn
jmer mehr gnugsam getauft werden, oder seiner taufe ein
gewis ende bekomen. 327"; weder du noch ich, kündten jmer-
mehr etwas von Christo wissen , . . wo es nicht durch die
predigt des euangclij von dem heiligen geist würde ange-
tragen. 411* ; welch herz kan jmer mehr gnugsam begreifen,
welch ein wolthat und gnade das ist. 5,197'; denn jr keiner
wird solchen rhuui, und preis jmermehr auflmngcn, mit seiner
und aller weit heiligkeit, das er könne sagen, wer ein car-
Ihcuser oder münche bleibet, der bleibet in gott. fi, 52'; denn
wo wil er jmennehr den text linden , der da klerlirh .sagt,
die Schlüssel seien s. Tetro gegeben von Christo, s, 223*; ich
iiabc keine hufTining, dasz wir iinuierinchr in allen kirchen . .
eins wcrdi'u mögen, br. 5, .ViO; glaui)et nicht, «las/, ein lati-
sicliter und tmarliger mensch, oh er gleich des Crösus reicb-
tbuinh erlangetc, seiiu' verfluchte geizige arl inuneriuehr ver-
lassen werde, pers. baumg. r>, 13.
3) immcniiehr, mit veratlgemeinerudrm sinne.
a) wie nur, nur iiiuner (s. inuner t3, <i sp. 2071): kein bloszer
mensch, wie gronz der auch imiucruielir sei. Atrkr jrroe. 2,10;
da surlile idi die aller/.arlesten worte herfür, die mir meine
bSurische gndiheit iininennehr eingehen konte. Simftl. 1,.'I4
Kurs; ei luucklc so «■»""•■ ":<--«'r jn ,|,>ii röliriMi 'riii ;tl«
207 7 MMERMEHR — BDIER WÄHREND
lÄlMERWÄHRENHEIT — IMMERZU 2078
immermehr wollte. Chr. Wulff versuch z. erk. der not. u. kunst
th. 1 cap. 2 j. 40 ; ich will beweisen, dasz nur wenig menschen
diesen titel (schelm) verdienen, und dasz es mehr redliche in
der weit giebt, als man immermehr glauben sollte. Rabener
sat. 4, ö6;
er (der goitcsfürchtige) lacht nur dazu
was immermehr thu
der teufel mit blasen,
die weit mit viel rasen. Locau 1, 171.
b) in der verwundernden , zweifelnden frage {t. immer 13, e
sp, 2072) ; in der indireclen : er war und nennete sich so vieler
fürsten raht und consiliarium, dasz ich öfters bei mir nach-
dachte, was er doch immermehr solchen seinen fursten für
raht gebe? Schoppius 423;
und hett doch gern kundscbart geTragt,
wie es doch nur jmmermehr kebm,
das ich ewer keinen vernehm, fruschmeus. C8';
wie in der direden : wie bastu es doch immermehr gemachet,
dasz solch ein fressend wildes thier zahm bei dir geworden?
pers. baumg. 1,1;
wie ist dir immermebr gescbebn? P. Gebhasd 23, 7;
was hat euch immermebr das arme kind getban,
dasz ihrs laszt, neben euch, auf scbwacben füszen traben?
Canitz 131;
du pflegst um diese zeit die gasse nicht zu liehen;
was bat dich immermehr so eilig bergetrieben?
Hagedorn 1, 56;
was ist es immermebr, das dich so schrecken kann? 2,136.
l.MMEROFFEN, adj. für getrenntes immer offen:
was bewachst du mit immerofTnem äuge
jene goldne frucbt, die Hespers tocbter
deinem süszeu gesang zum lohn verehrte?
Voss an Gentenberg, in seinem musenalm.
1777 «. 144.
IMMERRIND, n. beständig zu haltendes rind oder recht auf be-
ständige nutzung eines rindes. Schm. 1,76 Fromm, vgl. immerkub.
IMMERS, adi: für immer, in der bedeutung immerhin (vgl.
immer 13, f sp.-lOli): so vil ist doch jmmers dran, dasz die
rom. kirch im possess und besitz der erbschaften ist, so
s. Peter im testament hat hinderlassen. Fiscbabt frienA;. 13S';
nun wissen wir jmmers wol, dasz alles fleisch dasz man
iszt, von der erden herkommet. I4b'.
IMMERSCHÖN, n. die pflanze gnaphaiium arenarium, gelbe
Strohblume. Nem.mch 3, 61.
IMMERSINKEND, adj. fortwährend, mehr und mehr sinkend
(vgl. immer 8 a. e., sp. 2070) : er glaubte in seinem söhne die
sicherste stütze seiner immersinkenden macht zu finden.
Klinger 4,221.
IMMERSTOCKMEISTER, m. Ldther 3, 185'. s. die stelle unter
iramerhenker.
IMMERTOL, adv. immerfort, immerzu, der letzte theil des wortes
ist aus mhd. tAlanc heute, jetzt, verderbt, das schon im mhii. auch
zu lUi gekürzt erscheint (theil 2 sp. 69s) :
inn spyegel siebt er yemertol,
und kan doch nit gemerken das
das er eyn narren siebt im glasz.
Bhakt uarrensch. 60,4;
manchem ist nit mit unglück wol
und ryngt dar nach doch yemer toi. 109, 2.
IMMERTRÖSTLICH, adj. stets trost gewährend:
hocbgeiobts
immertröstlicbs
kind ! (in einem liebetalphabete anrede an die geliebte).
Hätzlerin s. livii*.
IMMERVOGEL, m. sphinx atropos, der todtenkopf, eine schmel-
terlingsart. Nenn ich wb.
IMMERWACH, adj., stets munter, stets wachend:
der ruh will Zerberus, wenn Orpheus spielt, genieszen.
das immer-wacbe thier bringt Jasons kunst in notb.
Flbiii^g 568;
und sieg, und immerwacber götterscbuiz ! Stolberc 4, 69;
in substanlivem gebrauche: wann schliefe auch der immerwache
(der lufall)'. Klixger 9,216;
verhülltest du
in deinen Schleier selbst den schuldigen,
du birgst ihn nicht vorm blick der immerwachen (der
eumeniden). Götbk 9, 51.
IMMERWÄHREND, pari, fortwährend, stets dauernd: yemcr-
wärend, yemerwärende , sempiternus, jugis, perennis Maaler
509*; yemerwärende, unzergengkÜche, uncrniäszliche werk,
opera imtnortalia. ebenda; von yemerwärender trauwrigkeit ab-
neinmen und verscbweinen , luctu aeterno tabescere. ebenda;
sein leben und seine reden waren mir eine immerwärende
predigt. Simpl. 1,35 Kurz; immerwehrendes gehölz und feuchtes
gebüsch. pers. reisebeschr. 1, 4 ; Jobannes . . . war sein (Jesu)
immerwährender begleiter. Dister schullehrerbibel , neues lest.
(2. aufl.) s. 204 ; ein project zu einem immerwährenden frieden.
Lessihc 6, 11;
darinnen ist abent und morgen
ein immerwerent angst und sorgen.
H. Sachs 2, 167, 88 ;
adverbial: sag, immerwährend lieben wollt ich sie.
Shakesp. Richard /!/ 4, 4 ;
say, I will love her everlastingly ;
zu stetem gebrauch geeignet: ein immerwährender kalender;
ymmerwernde
zageltasch! (anrede an ein weih, in einem schmdh-
alphabetc). Hätzlerin tiviu*.
ein comparaliv zu dem warte ist nur möglich, wenn es sich zu
der bedeutung dauernd abschwächt: auf das aber unsere freindt-
schaft und verbüntnus desto immerwehrender und gewisser
sei. Zinkgbef apophth. 1,395.
IMMERWÄHRENHEIT, /■.:
was auf felsen wird gesetzt, widersteht der zeit,
dessen wachstbum nennet man immerwärenheit.
>'eu]iahx palmbaum 81.
IMMERWEG, adv. wie immerhin 3 sp. 2075 : lassen sie doch
diese sporleln immerweg dem richler. Moser 8, 5S.
IMMERWENIG, adv.: yemerwenig, aUgemachest, pauxi/tadm
Maaler 509*.
IMMERWESEN, n. stetes sein: din ie, din iemerwesen.
Hugo v. Momfort bei Leier wb. 1, 1413.
IMMERWESENLICH, adj.: in der ecclesia Christi geschiebt
täglich das gebett urab dieses immerwesenlich brot. REIsz^EB
Jerus. 1, 3S'.
IMMERWIEDERKEHREND, pari. : weder der tag, noch der
frühling, noch die liebe werden immerwiederkehrend alt.
GöTBE an frau v. Stein 2, 33.
IMMERWIERIGKEIT, f seinpüernüas : (du kinder sind) sein
{des Vaters) ewige gedächtnusz, immerwirigkeit und Unsterb-
lichkeit, in denen er wie ein mürber käsz zu vielen stücken
zerfällt. Garg. 67*.
IMMERWILLIG, adj. semper paratus, promtissimus , deditis-
simus. Stieler 253S.
IMMERZU, adv. das durch zu verstärkte immer, bis auf heute
noch oft getrennt gesetzt; sonst auch zu bloszem immerz verkürzt:
lieben hern, es will jmertz mangel an brot im leger sein,
desshalb e. f. w. in solchem sovil muglich fürsehung thun,
das dem leger prot zugefürt wird. Schertlin br. 170; selbst
immez wnmer Schm. l, 76 Fromm, (aus Nürnberg).
l) es bedeutet immer weiter, fort und fort, in bezug auf eine
gegenwärtige, oder in die Zukunft reichende thätigkeit : immerzu,
subinde, idemtidem, crebro Steinbach 2, 1123 ; beleih im streit
und fach ymerzu wider an. Keisersb. pred. teulsch (1510) 116*;
der weit nach leben da ist weder ruw noch raste, sunder
ymerzu angst und not. 74' ; die magd redt jmmerzu spötlich.
H.Sachs 1,477'; die ritter und edlen, die dem hoffleben umb
müsziggangs willen nachziehen, werden immerzu in unmusz
und unruh sein. Zinkgref apophth. l, S ; lieber alter, sage mir
doeh, von wem hat der junge krebs das kriechen gelernet?
es folget immerzu einer dem andern nach. Schüppiüs "S4;
und sihet und findet man immerzu thorheit. ebenda; immerzu
einen ansehen, aliquem subinde intueri. Steinbach 1,1123; er
fragt immerzu, idemtidem quaerit. ebenda; einem immerzu briefe
zu schicken, alicui crebro litteras mittere. ebenda;
doch dein befebl, an dem ich mich ergetze,
Tallt immer zu mir unvergessen ein. Opitz psatmen s. 236;
ob nun gleich ein goldnes tuch kan den esel decken,
sibt man ihn doch immer zu noch die ohren recken.
LoGAU 2, 152, 62 ;
adel, den die kunst ^ebieret, hat gemeiulicb diesen mui,
dasz er mehr für geld als ehre, immerzu das seine thut.
3,101,11;
wie thöricbt wer sich will an einen menschen binden,
man kan noch immerzu desselben gleichen finden.
Abscuatz verm. ged. 169.
in bezug auf einen aus der Vergangenheit in die gegenwart rei-
chenden zustand: gleichwol aber ist die pure einfall, gegen
andern menschen zu rechnen , noch immerzu bei mir ver-
blieben. Simpl. 1,36 Kurz; auf die Vergangenheit bezüglich: er
hatte seiner gemahlinn ein ansehnliches vermögen mit spielen
und lüderlicher gesellschaft verschwendet, und sich dennoch
immerzu des namens eines redlichen gemahls und zärtlichen
2079
IMMl — IMPFEN
IMPFEN — IMPFLING
2080
vaters angciuaszt. IUbeneb sat. 4,57; ich versprach was sie
begehrte, ich hätte zu und immer zu versprochen. Göthe
23,85.
2) immerzu, als ausruf, wie frisch dran! vorwärts! gewöhn-
licher aber getrennt geschrieben: immer zu! als zuruf, pergc,
pergile! Scheller deutsch-lut. handiex. (17%) 785;
immer zu! immer zu!
ohne rast und ruh ! Göthk 1, 93.
IMMI, »1. alemannisches masz ßr trockene und flCissigc waarcn,
mhd. imin und inii (Leier wb. 1, 142l); ob ein etymologischer
Zusammenhang mü ahm, cadus, amplwra, ahd. dma und üma
(n;/. Iheü 1, iifl) bestehe, kann nicht entschieden werden, modius
mutte, quartale vierteil, satum imi voe. opt. 2o', 11 ; man sagt
glaublichen, das sie von zweir ime habern wegen, darumb
sie gehadert und zanket, mer dann umb die hundert lau-
sendt guidin wert kommen. Zimmer, chron. 3,152,9; in der
Schweiz ist immi als hohlmasz für trockene sacluin llicils der neunte
llu^il eines lieitels {Luzern und Zürich), theils der vierte Iheil eines
mäszes (Bern) ; auch eine marktabgabc in körn. Staldeu 2, 69 ;
Fro.nsperger nennt ime als weinmasz, enthaltend zehn Eszlinger
masz, 16 imen = 1 eiiner. kriegsb. 1, 12«'.
IMMITTELS, IMMITTELST, adv. l) mittlerweile, inzwischen,
assimiliert aus inmittels, iiimittcisl (s. d.): ))efahien mir im-
mittelst. ScuwEiNiciiEN 1,214; er ward drei ganzer jähre lang
in der haft behalten , und immitlelst bewegten die geflüch-
teten Portugisen himmel und erde , dasz ihr könig ihnen
möchte frei gegeben werden. Geüauer bei Lessing 6, 149;
immittelst geben einige leute den ton an ; der grosze häufe
stimmt ein. Wieland 13,278 (266); einer von meinen leib-
eignen . . wird alles, was er hat, heimlich den abgehenden
kindern zuwenden, immittelst wollen diese von dem hofe
ausgelobet sein , und der anerbe wird ihnen ihren erhtheil
bei lebendigem leibe der eitern . . auszahlen müssen. Moser
patr. pfuint. 3,267;
so nehmt nun üisz imniitiülst,
auf euren nahmcnstag, das keines giuszen tittels
des lobes würdig ist. P. Klemipig 64 ;
immittcis werd icli oft vor diesem lenster stehn. 652;
immittelst nahm mein alter zu. Göntuer 196.
2) selten local, in der mitte zwischen:
ich schweb ilzuud immittelst tod und leben.
iloKt'HANNswALUAU ijclr. schäfcr s. 96.
IMMLEIN, n. apicula. Stieler sS9; Schweiz, die honigreichen
ynible, apes melliferae Maaler 510';
in a garte
hin i gestände,
ha de imhii
zugeschaut! Göthe l, 169 (Sdmeitcrtied).
IMMLEU, m. bienenwirt, bieuenzüclUer.
IMPF, m. oder n. das in den baumstamm geimpfte reis: oben
am bäume seind die äste, zweige^ laubäste, schosz, impf und
tragzweiglein. anm. weiszh. lusly. 95. vgl. impfleiii.
IMPFANSTALT, f anstall für das impfen der pocken.
IMPFARZT, w. arzt der die pocken impft.
IMPFEINSCHNITT, m. einsclinilt für das impfen gemacht,
bildlich: die vielen impfeinschnilte des Schicksals für neue
lügenden. J. Paul Uesp. 3, 83.
IMPFEN, verb. inserere. alul. linpiton, iinptön, imphön (Graff
1,262), mhd. impfeten , inpfeten , imjiien (Lexer wb. 1,1422);
nofÄ 6air. iinpten, impfen Schm. 1, 80 /"'romm. die lierleüung des
Wortes von ifi^msvBiv einpflanzen, pfropfen darf wol als siclier
gelten; das wort ist, wie so manciws andere, aus dem giiechischen
int spiilc lütein eingedrungen und in den romanischen landern
licbrauclit worden, wo sowol dem t/riech. i'fifjvxoi zunächst ent-
sprechend, ein inpotus m dei bedeulung pfropfreis in der lex
salica belegt ist: si quis in polus (/. inpotus) de poinario aut
de perario deruperiU ed. Merkel «.62; si (|uis inpotus de mi-
lario aul de piiario tuleril. s. 85; als steh auch bis jetzt im
fnemonletischen und jtarnusanischen enta, modcnesisch enlin, franz.
cnle Pfropfreis, enter pfropfen erhallen hat (Diez wb. 2,286).
impfen heitzt
I) ein fremdet reii in einen baumstumtn emfuijen: inserere
impfen, impten, pelzen Dief. 'MX)'; tntitus ingcimpll 301*;
ympfen, tweicn, einsetzen, inserere Maalkh Mo'; impfen,
pflanzen, plantare, terere, inocularr, pangere, em\>l(\strare 235*;
pfropfen oder propfen, so sontten auch impfen, pel/.en und
zweigen genannt wird. öcon. lex. (1731) 1S94 ; eh du etwas zu
impfen anfahesl, soitu mit sondcrm lleiüz brdarhlrii und
erwcgen . . . Sktiz feldb. 322; will man aber auf frcmbdc
bäume impfen. 323; man pflegt zwischen rinde und liolz zu
impfen , wann die bäum anfahen iren safl zu überkommen.
330 ; das soll man allezeit für ein gemeine regul hallen, das
man weder blüende noch fruclitlragende zweige impfen soll.
338 ; die sebesten könnten auch bei uns geptlanzet werden,
dann sie sich auf die nespel gern impfen lassen. Tabernaem.
1324; lorher auf eschenbaum impfen. HonnERG 1, 409'; er
wolt ihm zweig davon {von dem bäume) zu impfen geben.
Lehmann 160;
auf ihr gärtncr, senket reben,
Implet bäume mancher ahn,
pflanzet kraut und obst daneben,
dasz sich lein zusammen paart. Kist Parn. 851 ;
Infinitiv substantivisch: das versetzen und einlegen pringel
zwar schöne lustige und groszwachsende bäume und früclit
herfür: aber doch das impfen und propfen noch vil mehr,
dann durch das impfen werden . . die wilden bäume gezämt.
Sebiz 322.
2) impfen bildlich:
mhd. er (W. v. YMeckv) inphelc daj örste ris
in tiutescher zungen :
da von Sit este ensprungen,
von den die bluomcn kämen. Trist. 120, 18;
nhd. wir sind all durch die tauf in Christum geimpft, kriegb.
d. fr. 56; denn ich halte ein stolzes herz, und tugcnd auf
stolz geimpfet, giebt zwar schöne fruchte, aber andre ge-
nieszen sie nicht gern. Moser ;)u/r. pAuii/. 4, 72; risz den spalt
weiter, in den das Schicksal seine schmerzen impfte. J. Paul
Hesp. 3, .^7 ; der auf die saflröhren und das mark des hohen
ernstes geimpfte humor des Engländers, palingen. l,xi; an
die weiber wend ich mich noch weniger, diese gewähren hier
nichts ; überall mehr als jene (die männcr) auf fremde mci-
nung geimpft, stecken sie mehr ins ohr, als jene in den
magen. friedenpr. 23;
so eilt auf einen stumm, wie ihr seid, mich zu impfen.
A. Ghthuius 1698 1, 714;
daselbst schmissen sie ihn {einen kuchen) in die hecken,
dessen stücke die freudenvolle jugend aufsuchten, und gleich-
sam als zum ewigen andenken in sich impften nud aszen.
unw. doclor 619.
3) das seit dem jähre 1717 vom orient her in England bekannt
gewordene verfahren, künstlich blättern als Schutzmittel gegen die
nalürlichen zu erzeugen, hicsz dort ingrafting, als Übersetzung
einer wahrscheinlich neugriechischen bezeichnung: the small-pox,
so fatal and so geueral ainongst us, is here (in Adriano}Kl)
entircly harmless by the invention of ingrafting, whicli is
the terin they give it. Ladt Montacue brief vom 1. april 1717;
und wurde deutsch genau durch einimpfung, einimpfen, impfen
wieder gegeben, indem wie in England, der gärtneransdruck auf
die medicinische Operation anwendung erfuhr: das impfen der
blättern, pocken, und metonymisch das impfen der kindcr;
also sollte man die einimpfung der blättern ganz verbieten.
Moser patr. phant. 4, 6i ; die einhnpfung derselben ((/er pocte«)
ward bei uns noch immer für sehr problematisch angesehen,
und ob sie gleich populäre Schriftsteller schon faszlich und
eindringlich empfohlen, so zauderten doch die deutschen ärzte
mit einer Operation , welche der natur vorzugreifen schien,
speculierende Fjigländer kamen daher aufs feste land und
impften, gegen ein ansehnliches honorar, die kinder solcher
])ersonen, die sie wohlhabend und frei von vorurlheil fanden.
Göthe 24, 51 fj. der ausdruck ist auch dem seit 1796 angnien-
deten verfahren, kuhpocken auf menschen zu itbertragen, geblielicn.
vgl. einimpfen th. 3,312 und impfarzt, unten impfling, inipf-
narbe, inijifzwang.
IMPFEK , m. tnoculator. Maaler 23.'>': so vil den gezeug
und die iiisirumenlen belanget, welche ein jeder iinpfer hei
sich zur band soll haben, und auf das best, wann er will
zweigen und impicn. Sbbiz 324.
IMPFLEIN, «. kleines in einen baumstamm geimpftes rtis
{vgl. impf): die gäns, .. wo sie allein sein, da vericrben sie
die junge iinpflin, oder pflanzen, benagen allerhand garten-
kräuler, die jungen weinstück, oder das junge holz in den
reben. Seiiiz IIU.
IMPFLING, m. l) geimpfter oder zu impfender zteeig, impfreis:
die junge pllanzzweig oder impfling soll man impfen , ver-
paUslern, oder zweigen, ullwcil die iiüuiu ina der milch oder
im snft sindl. Seiuz 52.
2) üliertragen, auf kinder, ww sprüsiUng: die »orgfcllig«
Wartung, so an seine (des mannes) recht eingeimpfte impf-
2081
BIPFMSSER — IN
IN
2082
ling, zweig und erben angewendet wird. Garj. 66*; auf scküter :
da nämlich das markgräfliche konsistorium . . mehre seiner
{des kirihenrats Seüer) werke . . den fürstenthümern Bayreuth
und Änspach, nämlich den kindern darin, eingeimpft hatte:
so hielten wir Impflinge, auf welcher Schulbank wir auch
saszen, immer etwas gedrucktes in der band, was wir unsern
'Seiler' bieszen. J. Paul leben Fibels 3.
3) Impfling, ein mit den kubpocken zu impfender oder geimpßer
mensch: jeder impfling musz frühestens am sechsten, späte-
stens am achten tage nach der impfung dem impfenden arzte
vorgestellt werden, impfgcsetz des deutschen reiches vom 8. april
1874, § 5.
IMPFMESSER, n. messer zum impfen: ein scharfimpfmesser,
die schosz damit zu beschneiden und zu spitzigen. Sebiz 324 ;
weil du im spalten bist, sollu allwegen mit einer band das
impfmesser halten, und mit der andern den bäum fassen. 328.
IMPFNARBE, f. narbe die jemand vom impfen der packen an
sich trägt.
IMPFPFLICHTIG, adj. der dem impfzwange unterworfene,
impfgeselz vom 8. april 1874, § 2.
IMPFREIS, n. zu impfendes reis: man musz die obersten
äst (an groszen bäumen) spalten , und die impfreise darauf
zweigen. Sebiz 327 ; wann (du) etliche impfreiser in einen
Spalt setzen wilt. 32&; wovon will man denn impfreiser er-
nähren, wenn man den wilden stamm aushöhlet? J. Paul
freih.-büchl. 103. — dim. impfreislein : säge den stamm oder
den stock mit dem handsäglin oben inn die runde ab, un-
gefähr eines schuchs hoch von der erden, und setze ime
zwei impfreislin inn den spalten auf. Sebiz 327.
IMPFSCHEIN, m. schein über erfolgte pockenimpfung : über
jede impfung wird nach feststellung ihrer impfung von dem
arzte ein impfschein ausgestellt, impfgesetz v. 8. april 1>574 § 10.
IMPFSCHÜLE, f baumschule für zu impfende bäume, bildlich:
in dieser rücksicht {in rücksichl auf erziehung) ist das ganze
kben unsere iinpfschule ; inzwischen setzt diese ja eben die
samenschule voraus. J. Paul voisch. d. äslh. 2, 113.
IMPFSTOCK, m. stamm oder stock auf den geimpft wird oder
ist: über ein jar, wann nun der bclzzweig bollen trägt und
auszschlägt, dazu zimliche stärke vom impfstock empfangen
hat. Sebiz 336.
IMPFUNG, f plantatio, inoculatio, emplastratio. Maaler 235';
ahd. imbitunga inseitio Dief. 300'; es ist fast kein sonderer
unterscheid zwischen der impfung, so schiltlinsweisz, und der-
jenigen, welche in das aug geschieht. Sebiz 331 ; die impfung
der blättern, der kubpocken.
IMPFWL'NDE, f. uninde die behufs des impfens gemacht wird.
IMPFZWANG, m. der vom Staate aus an jedem seiner glieder
geübte zwang, rieh die kuhpocken impfen zu lassen.
IMPFZWEIG, m. zweig zum impfen : es ist genug, wann ein
jeder impfzweig ein oder zwei guter äugen über der zweigung
habe und behalte. Sebiz 330; damit sich die impfzweige desto
besser zusammenfügen, ebenda. — dim. impfzweiglein : die
rechte zeit aber die impfzweiglin zu erprechen, ist ungefähr
um das neue jar. 325; (die stamme sollen) wo müglich, am
gleichen ort, grund und boden gewachsen sein, wo die impf-
zweiglin selbs. 326.
IMS, s. imbisz.
IMSE, f. wetterauische form ßr ameise, neben dem nassauischen
imetz, vgl. unter ameise th. 1,277, und Kehbein 43; von Götiie
im 2. thcil des Faust gebraucht:
laszt euch solchen schätz nicht rauben ;
imsen auH es auszuklauben. 41, 138;
ihr imsen alle,
rührig im schwalle. 140;
pigmäcD. imsen, däumerlinge,
und andre ihäiig kleine dinge. 151.
IN, praep., mit dat. und acc., in.
A. Form.
1) die praep. ist gleichmäszig über alle deutschen dialecte in
derselben form verbreitet, nur im aitnord. i, schwed, dän. i ist
der nasal abgefallen, im ahd. selten (GitArr 1,295), im mhd.
häufiger findet sich die form en für in, die im nhd. cnzwei
{theil 3 sp. 672) noch nachklingt, urverwandt sind griech. itt,
iv, «'s, lat. in, altlal. en, liU. i, aus dem demonstrativstamme
sanskr. anä dieser erwachsen (Bdpp 3.495); die sonderung der
praep. an, golh. ahd. ana {theil 1,283) und der praep. in hat
sich erst innerhalb des germanischen ausgebildet und nicht einmal
streng vollzogen, denn wie beide in einer groszen anzaUl von ver-
lY. II.
bindungen ßr einander stehen können {vgl. theil 1, 284), so hat
der Sprachgebrauch des altern niederdeutschen gebiets {alts. ags.
fries.) an , on überhaupt bevorzugt und in alten fällen ßr das
viel seltener erscheinende in verwendet.
2) von in trennt sich, was bei anderti Wörtern dieser gattung
im deutschen nicht geschieht, die adverbial form ab, und zwar
als eine doppelte, den beiden hauptrcctionen der praeposition ent-
sprechend, dem in als praep. des weilens, der ruhe geht zur
seile für den begriff intus unser inne, innen, dem in als praep.
der bewegung unser ein für den beijriff intro ; nicht anders stehen
gothisch gegenüber inna, innana und inn, aitnord. innan und
inn, ags. inne, innan und inn :
undöd^ nie sniöme dum södfästra eäc,
))Ser ic gange inn. ps. 117, 19,
doch häufiger nach dem brauch, der Vereinfachung der geminata
im auslaute fordert, in geschrieben ; alts. innen, inne intus und
in intro, ßr das sich die Schreibung inn nicht mehr nachweisen
Idszt, in ganz gleicher weise auch ahd., so dasz sich hier das
adverb des zieles und der bewegung von der praepositionsform
nicht scheidet, mhd. zunächst auch innen , inne und dagegen
in ; bald aber kommt für den begriff intro ein gedehntes in auf,
das sich ausbreitet und in unser nhd. ein übergeht, während das
ahd. mhd. adverb in intro sicher nur aus früherem inn , df
älteren, übereinstimmend goth., aitnord. und ags. erscheinenden
adverbialform entstanden und demnach ursprünglich als Weiter-
bildung der praep. in zu fassen ist, als welche inne, innen intus
ohne weiteres sich ergibt, müssen wir mhd. in, nhd. ein intro
als eine junge dehnung des alten inn, in ansehen, wn welcher
mundart aus dieselbe um sich gegriffen hat, ist nicht zu sagen,
sondern nur darauf aufmerksam zu machen, dasz wie die ge-
dehnte form in sich mhd. vorzüglich in bairischen und fränkischen
quellen findet, gerade in solchen später auch die gedehnte form
ein für die praep. erscheint {s. nachher no. 4). das niederdeutsche
und anstosxende mitteldeutsche gebiet hat im adverb in intro und
seiner Zusammensetzung 'rin herein die alle kürze bewahrt {intus
lieiszt dort inne); und quellen dieser lieimat zeigen die angegebene
form auch wol in der Schriftsprache : von einem schiffe mit einem
hangenden roder, das daselbst ausz oder in ledet. weisth. 1,621
{Westerwald, von 1563); alle jair na dem herpst, so der letzte
drube {die letzte traube) in ist. ebenda; die linienschiffe . . die
leider sehr zurück waren , weder die kanonen in, noch die
steegcn auf hatten. Niehuhr leb. 2,41.
üie form inne intus kürzt sich, in den Verbindungen darin,
worin, hierin, schon seit dem mhd. ebenfalls zu in, selten in
freierer Stellung: wann einer, so auf freiers füszen gehet, in
ein haus, da Jungfern in seind, kommt, ped. schulfuchs 39;
wo ein Böhm kuder aus einem haus trage, da werde gewisz-
lich kein Teutscher Qachs in finden. Simpl. 3, 15 Kurz;
das erdreich . . .
ein Spiegel ist es, da man gott in schauen kan.
Rist Parit. 683.
daneben ist die kürzung in allen fällen häufig, wo inne- als erstes
glied von compositcn steht, wie unten an alphabetischer stelle eine
ganzi reilie von warten erweisen, bei denen doppelformen mit
inne- und in- gebräuchlich sind.
3) in solchen compositen ist vermengung des inne-, in- mit
ein- nicht unhäufig, wie ebenfalls die beispiele unten an alpha-
betischer stelle darlhun , zu denen die beireffenden nebenformen
mit ein- erwähnt sind, die auch ihres ortes nachgeschlagen werden
müssen, eine feinheit älterer spräche war es, die participia präteriti
von verben der Ihäligkeit, die mit ein- zusammengesetzt, auf in-
/■«;• inne- zu bilden, und auch dadurch das passive der genannten
bildung hervorzuheben, rest dieser art ist noch heute inbegriffen
»OB einbegreifen, früher auch inbewohnt von einbewohnen,
inbunden von einbinden, ingeben von eingeben, ingeschlossen
von einschlieszen u. a., s. unten, aber gerade liiir hat sich ein-
ßr in- am frühesten und am regelmdszigsten festgesetzt.
4) vorzüglich bairische und fränkische quellen des 14. jahrh.
und später haben ein ßir die praep. in {vgl. oben theil 3, 140
und ScHM. 1,93 Fromm.): und sullen ouch di selben fünf
man . . keinen zu in ein die verbuntnüjje nemen, di an dem
auflaufe und an der zwciung zu Nurembcrch schuldig sein.
d. stddtechr. 3, 329, 14 {von 1349) ; daz, uberig volk nit ein die
kirchen zu lassen. 363, 24 (15. jahrh.) ; darzu legt ein pau-
meister ein dieselben puchsen alle wochen vier, sechs oder
acht pfunt all {geld). Tcchers baumeisterb. 68,4;
sie (Marin) gebar
ihren ersten söhn, den wickelts ein
und legt ihn ein das krippelein. 11. Sachs 1,61*;
131
2083
IN
IN
2084
die alt sprach : wenn vol (belrunkun) ist dein man,
so schaw und bring in ein das pett. 445*;
et ut auch scbksisch : man vorbut (verbeul) mannen und knechtin,
das si nicht also hin und wedir ein der kirchen sollen gen
spazirn kaufslein und reden. Görlüzer stat. 394;
ich oder hilf mei gänsebliemel
ei banden. Uoltki scliles. gcd. (1874) s. 88;
auch aus Obersadtsen zu belegen, wenn das nachfolgend cüierte
gedieht um Dresden entstanden ist:
nirwahr ganz einen andern ziel
gott ein seinen rath beschlossen (hal).
licd von 162Ü, im anz. des gcrm, »ins. 1S65,
sp. 58, 20.
5) Verschmelzungen der praep. mit dem artikel kommen vor,
im ffir in dem, inn, in für in den (acc. sing, und dat. plur.),
ins für in das und in des , welclie an alphubdischer stelle zu
sehen sind, selten und nur in altern quellen ind für in die:
da; wir stechen mit dem gast,
und bindent uns ind sattel vast. ring 3', 21;
jetzt so ich int eh kommen bin. II. Sachs 1, 475^
6) dagegen ist für im bloszes in gesetzt: ich komme nach
Leijizig, an einen ort, wo man die ganze well in kleinen sehen
kan. Lessing 12,5 (ton 1749); ich kam in diesen Übungen
so weit, dasz mich diejenigen selbst, die mir in voraus alle
geschicklichkeit daiinnen abspiechen wollten , cinigennaszen
bewunderten, ebenda ;
hett ich in leben gQts geübt,
jetz ruwet ich ewig unbetrübt. Schwarzenberg 114'.
B. Verwendung.
Die praeposilion in, die das innere einer sache anzeigt, während
an auf die (Verflache geht (1,284), nimmt den daliv zu sich,
wenn sie auf Verhältnisse der ruhe und des weilcns sich bezieht,
den accusativ bei bewegung und streben, ursprünglich wie jede
praeposilion nur local, wird sie in zweiter linie auch temporal
und in abslracten fügungcn verwendet, die Verbindung von in
mit dem genitiv, wie sie im golhischen statt hat (gramm. i, 798),
kehrt in andern deutschen dialecten nicht wieder, unser indes,
indessen, das ebenso wie inmittels, inmittelst auf den ersten
blick in mit einem genitiv zu enthalten scheint, ist thatsächlich
innen , inne mit einem solchen , ahd. innandes , innedes und
gekürzt auch schon indes ; ebenso ist die Verbindung in willens
aus innen oder auch inner des willens hervorgegangen (s. innen
und inner): ol die hat noch viel vor ihrem tode in willens.
Lessinc 2,392.
I. in mit dem daliv.
1) local.
a) das innere eines umschlossenen raumes bezeichnend: das
Wasser im kruge, der wein in der flasche, im fasse; der
lodle im sarge, im grabe; im zimmer, in der stube, im hause;
die üsthe im meere; im flusse baden; so man tanzt in
kirchen, in kircbbüfen oder in andern gewichten steten, altd.
bldller 1,62 (i5. jA.); nil in der kirchen, sonder in der tabern
hinder dem spilbret und gutlen wein sitzen. Keisersberc has
im pf. Aa5'; und lüg ain ganz jar oder meer in des papsts
oder künigs hoffe. Aa8'; so sollu ..den widwen geben, das
sie essen in deinem thor und sat werden. 5 j'/oi. 26, 12 ; damit
gieng er im kloster im creuzgang und garten berumb. Garg.
164*; die gute trOpfln muste den jämmerlichen Schmalhansen
{den mangel) in ihrem quartier beherbergen. Simp/. 3, 60 Äuri ;
schon manche tbrüne bab ich dem abgeschiedenen in dem
verrallenen cabinetchen geweint. Göthe 16,7; man mOchte
zum niaikafer werden, um in dem meer von wohlgerücben
herum schweben ... zu können, ebenda; ich musz ihnen
schreiben, liebe Lottt, hier in der stube einer geringen bau-
renherberge, in die ich mich vor einem schweren weiter
gefluchtet habe, so lange ich in dem traurigen neste D.,
unter dem fremden , meinem herzen ganz fremden volke,
herumziehe, habe ich keinen augenblick gehabt, . . ihnen zu
schreiben; und jetzt in dieser bültc, in dieser einsumkeit, in
dieser einschrünkung, da scbnee und scbloszen wider mein
fenslercben wüthen, hier waren sie mein erster gedanke. »8;
nach tische gehn wir in dem groszen saal auf und ab. 103;
in welcher grufl des gcbirges soll ich euch linden! lö«; hier
in Jrna. ScHii.LEi an GCtthe 1,1;
an» «in«! biKchoT» »cbalx verlor «ich ein smaragd,
in dem ein hellet grun mit reinen färben «pleite.
, . ilACiDORN 3,43;
In der »ladt, ach! irh hab es
dem Junker geglaubt, üötiii 1,3};
von allen Seiten hundert quellen
vereinen sich, im reinlich hellen,
zum bade flach vertieften räum. 41, 125;
seis In der see, im feur, crd, oder luft.
Shukcsp. Itamlei 1, 1 ;
in der einzäunung, in den mauern, in den schranken, lelztcies
häufig bildlich: in den schranken einer selbstzufriedenen mil-
telmäszigkeit; seine Zudringlichkeit werden sie sehr in schran-
ken halten müssen. Götue an Schiller 1,64;
in diesen mauern, diesen hallen
will es mir keineswegs gefallen, werke 12,94;
im bofe; auch von einem fürstlichen, wo wir lieute an gebrauchen:
ncbcnst andern bedienten enthielt sich auch in seinem hofc
Eginhard. Hoffmannswaldau heldenbr. 1; ähnlich in einer lehr-
anstalt wirken (neben an), tio auch das locale hervorgehoben wird:
Professoren in beiden gymnasien. Goitscueu neuestes aus d.
anm. gelehrsamkeit (1753) 272.
Von einer solchen localen bedeutung geht auch die veibindung
im stillen aus, die etwas verblaszt ist, ursprtmglich ist an einen
heimlichen winket gedacht:
es schickt sich wohl,
dasz noch ein andrer zeug' als eine mutter,
die von iiatur parteiisch, ihr gesprach
im stillen anhört. iHtakesp. Humlct 3,3;
ob er vielleicht im stillen gew^eint, man wcisz es nicht.
UuLAND gcd. 3t)9.
b) namentlich auch in bezug auf fest und eng wnhülleudes,
einzwängendes: der bäum wurzelt in der erde; als lang sie (die
schrcibfeder) in der gans, ist sie weich und schwach, wann
sie aus der gans, wird sie hart und stark, grpfl. finken 275;
von kleidern: da stunden bei inen zween männer in wciszen
kleidern. apostelgesch. 1,10; angethan in weiszen kleidern.
ScHL'i'Pius 99; Arindal mein söhn stieg vom bügel herab,
rauh in der beute der jagd (in thierfellen). Göthe le, 174;
vom einhüllenden laube:
in allen wipfeln
spiirest du
kaum einen hauch. 1, 109;
ton wölken, nebeln: zu wandern über die beide, umsaust vom
Sturmwinde, der in dampfenden nebeln die geisler der väter,
im dämmernden lichte des mondes hinführt. 16,125; aus den
wölken , in denen seine leidenschaft sie emportrug. 18, 45 ;
von der lufl, die uns umgibt :
dimkt mir gleich, in frischer lufl
hätt ich manches noch zu schaffen. Uhland gi'd. 34;
kein blättchen rauscht im winde. 26;
von sonst einzwängenden: in fesseln, liegen; sich in einer
schlinge fangen ; in enger iiafl befindlich ; der arzt reckt
(reiclU) in (den narren) in der zangen. H. Sachs 1,467'; als
ein ochs, der von gewonheit in einem wagen züch {in die
deichsei eingespannt). Keisersbebg bäum d. sei. s';
leicht hast du den arm gebunden,
seit der geist mir liegt in haH. Uuland geJ. 286;
im feilster sitzen die glasscheiben; einer liegt den ganzen tag
im feilster, sieht zum fenster hinaus; sprichwörtlich: in keiner
guten baut stecken ; er ist ein schalk in seiner haut ; hyper-
bolisch das Volk in waffen , gewissermassen in waffen gehüllt,
dem in rüstung nachgebildet;
doch rittern auch in watfen
mit ehren bot er schach.
Frkiligratu glaubensbvkenninis 110.
c) in bezug auf das menschliche innere : könntest (du) dem
papiere das einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt.
GOthe 16, 8 ; auch bin ich auf acht tage gestiirkl, und in mir
selbst einig geworden. 102; diese entsetzliche Kicke, die ich
hier in meinem busen fühle. 127; welches unbestimmte slreben
wirkt in uns! 200; alles was an und in mir ist, werde ich
mit freiiden mittheilen. an Schiller 1,9. so bat nu Abraham,
90 viel in im war, erbeit und mühe nicht gesparet. Lutokr
4,132'; ich bin ihnen nahe, mit allein, was in mir lebt und
denkt. Schiller an Golhe 1,21; er hat gute gedankeii im köpfe;
lechl, das mochl In mir nit beleiben (ich mu-tt» m autspri-chen).
l'icuLiR (<iani<i ih Ttrul 107 (15. /'(.);
kaln ehr i%\ in meinem woib. II. Sach« 1, 480^;
*ei doch nicht ein kastvnhOtor,
in »Ich hal man benire guter.
Lomei««trii« Ifutiilte grd. (iMlirck 1700) 3,443;
was Ober allen icbeln trag Ich In mir.
ühakcitp. Ilnmtrt 1,1;
2085
IN
IN
2086
man sucht gedanken, plane, gefühle nicht in einem, aenn seine
äuszere erscheinung nicht den entsprechenden eindruck macht:
ich Lätt es nicht in ihm gedacht. Schlampampe leb. TO ; selten
ist in sich sein der gegensatz von auszer sich sein th. 1,1031:
G. hast du viel poetisches gefühl? begeisterung? feuer und
Phantasie? schweifende, glühende träume? I. neini ich bin
immer in mir. Klixcer theater 2, 177. — Rein körperlich: luft
in der lunge, blul im herzen, mark in den knochen, speise
im magen, im munde haben ; schwäche in den füszen spüren ;
so ist doch das ein edel gesang,
er käut es hin und her im wang,
sie singen noten klarier lang. Garg. 98'.
d) ähnlich von gliedmaszen, die etwas umschlieszen , kürper-
theilen, die enger umgränzt sind: {der erzbischof) salbet jn (den
kaiser) an der brüst, haupt, zwischen den schultern und in
den flachen bänden. Becheber netre thür. chron. (1601) 464;
das liebenswürdigste geschöpf in den armen zu haben. Götbe
16, 32 ; ritt mit thränen in den äugen davon. 162 : fräulein,
soll ich in eurem schoosze liegen ? Shakesp. Hamlet 3, 2 ; ver-
kehret die äugen im köpfe. Ä. Grypbics 169S 1,74S; die masik
klingt mir noch in den obren; er hat eine schmarre im gesteht;
band in band! und lipp auf lippe. Götbe 1,61;
in liebesarmen ruht ihr trunken. Uhlamd ged. 27;
bei der redensart sich im köpfe kratzen sieht köpf für schöpf,
kopfhaar (vgl. theil 5,1767): hierauf rerslummt er und kratzt
sich im köpf. A. Gryphics 169S 1, 732.
e) bei im buche stehen, lesen, waltet ebenfalls die vorsteüung
der vom deckel eingeschlossenen blätter, früfier hiesz es auch am
buche lesen (vgl. gramm. 4, 773) : wie denn geschrieben stehet
in dem buch der propheten. ap. gesch. 7, 42 ; Terentius der
so gar sauber sein sol , ist im eunucho nit so gar lauter.
Garg. 7 ; was liset man mehr in guten büchern als von der
gebrächligkeit und Sterblichkeit der manschen. Philaxder (1650)
1,449; ich habe unter andern drei vornehme grosze freund,.,
welche nicht allein hiebevor auf Universitäten wol studirt haben,
sondern auch noch heutiges tages in dem groszen weltbuch
lernen. Schcppids 9; hätte er nur Lucans Pharsalia gelesen,. .
so würde er sehr vieles in solcher auszusetzen Ursache ge-
habt haben. Gottsched neuest, aus d. anm. gelehrs. (1753)272;
dasz kein beitrag durch mehr als drei stücke {einer seitschriß)
fortgesetzt werde , und in keinem einzelnen stück mehr als
sechzig selten einnehme. Schiller an Göthe 1,4; ähnlich im
briefe: ich habe deinen vater in einem zettelchen gebeten,
meine leiche zu schützen. Götbe 16, 1S9; es steht in der
rechnung, im contracte;
frei wählten wir des reiches schütz und schirm;
so stehts beme^t in kaiser Friedrichs brief.
Schiller Teil 2, 2.
metonymisch ist der schripsteller statt des werkes genannt: darumb
ist dis der fürnemsten und tröstlichsten Sprüche einer in
s. Paulo. LcTBER 7,22'; ich brauche wiegengesang, und den
habe ich in seiner fülle gefunden in meinem Homer. Götub
16, 10.
/) in besieht sich statt auf einen eingeschlossejien räum auf
eine ausgebreitete, begränste fläche, über deren rand man ein-
gedrungen ist.